Mikroökonomik: Anwendungsbezogene Grundlagen (Physica-Lehrbuch) (German Edition) 3790814741, 9783790814743


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Mikroökonomik: Anwendungsbezogene Grundlagen (Physica-Lehrbuch) (German Edition)
 3790814741, 9783790814743

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Physica-Lehrbuch

Physica-Lehrbuch Bannier, Christina E. Vertragstheorie Eine Einführung mit finanzökonomischen Beispielen und Anwendungen 2005, XVI, 218 S.

Huch, Burkhard u. a. Rechnungswesen-orientiertes Controlling Ein Leitfaden für Studium und Praxis 4. Aufl. 2004, XX, 510 S.

Duller, Christine Einführung in die Statistik mit EXCEL und SPSS Ein anwendungsorientiertes Lehr- und Arbeitsbuch 2006, XII, 279 S.

Kistner, Klaus-Peter Produktions- und Kostentheorie 2. Aufl. 1993, XII, 293 S.

Farmer, Karl · Wendner, Ronald Wachstum und Außenhandel Eine Einführung in die Gleichgewichtstheorie der Wachstumsund Außenhandelsdynamik 2. Aufl. 1999, XVIII, 423 S. Fink, Andreas Schneidereit, Gabriele · Voß, Stefan Grundlagen der Wirtschaftsinformatik 2. Aufl. 2005, XVIII, 316 S. Gaube, Thomas u. a. Arbeitsbuch Finanzwissenschaft 1996, X, 282 S. Göcke, Matthias · Köhler, Thomas Außenwirtschaft Ein Lern- und Übungsbuch 2002, XIII, 359 S. Graf, Gerhard Grundlagen der Volkswirtschaftslehre 2. Aufl. 2002, XIV, 335 S. Graf, Gerhard Grundlagen der Finanzwissenschaft 2. Aufl. 2005, XII, 334 S. Hax, Herbert Investitionstheorie 5. Aufl., korrigierter Nachdruck 1993, 208 S. Heiduk, Günter S. Außenwirtschaft Theorie, Empirie und Politik der interdependenten Weltwirtschaft 2005, XII, 429 S. Heno, Rudolf Jahresabschluss nach Handelsrecht, Steuerrecht und internationalen Standards (IAS/IFRS) 4. Aufl. 2004, XIX, 535 S. Hofmann, Ulrich Netzwerk-Ökonomie 2001, X, 242 S.

Kistner, Klaus-Peter Optimierungsmethoden Einführung in die Unternehmensforschung für Wirtschaftswissenschaftler 3. Aufl. 2003, XII, 293 S. Kistner, Klaus-Peter Steven, Marion Produktionsplanung 3. Aufl. 2001, XIII, 372 S. Kistner, Klaus-Peter Steven, Marion Betriebswirtschaftslehre im Grundstudium Band 1: Produktion, Absatz, Finanzierung 4. Aufl. 2002, XIV, 510 S. Band 2: Buchführung, Kostenrechnung, Bilanzen 1997, XVI, 451 S. König, Rolf Wosnitza, Michael Betriebswirtschaftliche Steuerplanungsund Steuerwirkungslehre 2004, XIV, 288 S. Kortmann, Walter Mikroökonomik Anwendungsbezogene Grundlagen 4. Aufl. 2006, XVIII, 674 S. Kraft, Manfred · Landes, Thomas Statistische Methoden 3. Aufl. 1996, X, 236 S. Marti, Kurt · Gröger, Detlef Einführung in die lineare und nichtlineare Optimierung 2000, VII, 206 S. Marti, Kurt · Gröger, Detlef Grundkurs Mathematik für Ingenieure, Naturund Wirtschaftswissenschaftler 2. Aufl. 2003, X, 267 S. Michaelis, Peter Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik Eine anwendungsorientierte Einführung 1996, XII, 190 S.

Nissen, Hans-Peter Einführung in die makroökonomische Theorie 1999, XVI, 341 S. Nissen, Hans-Peter Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 5. Aufl. 2004, XVI, 362 S. Risse, Joachim Buchführung und Bilanz für Einsteiger 2. Aufl. 2004, VIII, 296 S. Schäfer, Henry Unternehmensfinanzen Grundzüge in Theorie und Management 2. Aufl. 2002, XVIII, 522 S. Schäfer, Henry Unternehmensinvestitionen Grundzüge in Theorie und Management 2. Aufl. 2005, XVI, 439 S. Schüler, Mirja Einführung in das betriebliche Rechnungswesen Buchführung für Industrieund Handelsbetriebe 2006, XII, 216 S. Sesselmeier, Werner Blauermel, Gregor Arbeitsmarkttheorien 2. Aufl. 1998, XIV, 308 S. Steven, Marion Hierarchische Produktionsplanung 2. Aufl. 1994, X, 262 S. Steven, Marion Kistner, Klaus-Peter Übungsbuch zur Betriebswirtschaftslehre im Grundstudium 2000, XVIII, 423 S. Swoboda, Peter Betriebliche Finanzierung 3. Aufl. 1994, 305 S. Tomann, Horst Volkswirtschaftslehre Eine Einführung in das ökonomische Denken 2005, XII, 186 S. Weise, Peter u. a. Neue Mikroökonomie 5. Aufl. 2005, XI, 645 S. Zweifel, Peter Heller, Robert H. Internationaler Handel Theorie und Empirie 3. Aufl. 1997, XXII, 418 S.

Walter Kortmann

Mikroökonomik Anwendungsbezogene Grundlagen

Vierte, durchgesehene Auflage mit 250 Abbildungen sowie 100 Beispielen und Aufgaben samt Lösungen

Physica-Verlag Ein Unternehmen von Springer

ISBN-10 3-7908-1698-1 4. Auflage Physica-Verlag Heidelberg ISBN-13 978-3-7908-1698-3 4.Auflage Physica-Verlag Heidelberg ISBN 3-7908-1474-1 3. Auflage Physica-Verlag Heidelberg Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Physica-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Physica-Verlag Heidelberg 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner Herstellung: Helmut Petri Druck: Strauss Offsetdruck SPIN 11672579

43/3153 – 5 4 3 2 1 0 – Gedruckt auf säurefreiem Papier

SIMPLEX SIGILLUM VERI

Vorwort Das vorliegende Buch richtet sich an Studenten und Dozenten, die sich im Rahmen des volks- oder betriebswirtschaftlichen Grundstudiums an Universitaten, Gesamtund Fachhochschulen mit der Mikrookonomik befassen. Es hat sich auch fur das Nebenfachstudium als geeignet erwiesen. Dank der weiterhin guten Aufiiahme, die das Buch seit seiner dritten Auflage vom Jahre 2002 an erfahren hat, war nun wieder eine Neuauflage erforderlich. Die Konzeption »Tiefe statt Breite«, Anwendungsorientierung, ausfuhrliche und um Verstandhchkeit bemuhte Darsteilungen sowie die konsequente Nutzung formaler Hiifsmittel haben sich bewahrt, wie mir zahlreiche Lesermeldungen bestatigen. Dieses erfolgreiche Konzept ist fflr die vorHegenden vierte Auflage beibehaiten worden. Die Knappheit des Faktors Zeit HeB bei dieser Neuauflage nur eine grundliche Durchsicht, verbunden mit der Beseitigung der wenigen zwischenzeitHch noch entdeckten Fehler zu. Im iibrigen ist die vierte Auflage mit der dritten inhaltlich identisch. Es wird mit dem Buch weiterhin nicht das Ziel verfolgt, dem Leser einen Gesamtuberblick iiber das umfangreiche Gebiet der Mikrookonomik zu geben. Das ware beim heutigen Stand der Wissenschaft, wenn uberhaupt, nur mit einem Vielfachen des Seitenumfangs und ohne den gebotenen »Tiefgang« mogiich. In Lehrveranstaltungen kann ohnehin meist nur der Kemstoff behandelt werden, allenfails angereichert durch einige dem Dozenten wichtig erscheinende Spezialaspekte. Unser Buch konzentriert sich deshalb auf die grundlegenden Inhalte des Faches mit dem Ziel, diese eingehend und verstandHch darzustellen. Nur durch eine derart systematische Darstellung kann nach meiner Uberzeugung das Charakteristische der Wirtschaftstheorie verdeutlicht werden. Der Leser wird hier nicht mit der Fiille der heute in der Mikrookonomik konkurrierenden Ansatze und Modelle konfrontiert, weil dies erfahrungsgemaB bei »Einsteigern« eher zu Verwirrung und zu Zweifeln an der Brauchbarkeit okonomischer Theorien iiberhaupt fiihrt. Hier sollen im Gegenteil gerade der mogHche Anwendungsbezug, die NiitzHchkeit der Analytik und ein Eindruck von der Asthetik einer in sich stimmigen mikrookonomischen Theorie vermittelt werden.

^I

Vorwort

Die Konzentration auf das Wesentliche erfolgt in dreierlei Hinsicht: • Es wird durchgangig ein einheitUches theoretisches Modell entwickelt, untersucht und angewendet, namlich das »Kemmodell«, welches die zentralen Elemente und die Gmndstmktur der Mikrookonomik umfaBt. Der Leser kann hier das - auch in vielen anderen Bereichen wichtige - Argumentieren anhand von Modellen lemen, das heiBt: Logisch schlussiges Argumentieren auf der Gmndlage einer aussagekraftigen Theorie iiber die Realitat. Ein soiches logisches Denk- und Argumentationsvermogen gehort zum unverzichtbaren Riistzeug wissenschaftlich ausgebildeter Okonomen - und nicht nur dieser. Ftir die Mehrzahl der aufmerksamen Leser mag sich spater die verbesserte Denk- und Argumentationsfahigkeit, neben den zahlreichen inhaltlichen und methodischen Kenntnissen, als wichtigster Zusatznutzen der Beschaftigung mit der Mikrookonomik iiberhaupt erweisen. • Weiter konzentrieren wir uns hier auf die realitdtsnahen und anwendungsbezogenen Gesichtspunkte des Themas, Aspekte und Konzepte, die von rein formalem Interesse sind oder deren Anwendungsbezuge nur mit hohem zusatzlichen Aufwand hatten gezeigt werden konnen, bleiben ausgespart. Dagegen weise ich bei alien dargestellten Konzepten -selbst wenn auch sie zunachst etwas abstrakt erscheinen mogen - auf praktische Anwendungsmoglichkeiten hin. Auch jene Leser, die vielleicht aus fruherer Erfahrung den Eindruck gewonnen haben, die Mikrodkonomik habe nur wenig mit der Realitat zu tun, kSnnen durch unsere vielen empirischen Beispiele hoffentlich vom Gegenteil iiberzeugt werden. Diese Anwendungsorientierung hat tlbrigens in der englischsprachigen Mikrodkonomik-Literatur schon lange Tradition (siehe Anhang L des Buches). Sie gewinnt erfreulicherweise auch im deutschsprachigen Raum allmahlich an Boden. • SchlieBlich beschranken wir uns hier auf relativ einfache theoretische Falle, die sich auch graphisch gut veranschaulichen lassen. Denn alle Darstellungen in diesem Buch erfolgen sowohl verbal als auch formal und graphisch anhand von Diagrammen. So kann jeder Lemtyp seinen Zugang zum Stoff finden. Auf eine groBtmogliche Allgemeinheit der Aussagen (sog. n-Giiter-Falle) wird zumeist verzichtet. Es geht in erster Linie urn eine moglichst verstandliche Darstellung grundsdtzlicher mikrookonomischer Zusammenhange; und diese kann man bereits gut anhand einfacher Modelle (sog. 2-Gilter-Falle) verdeutlichen. Viele der so gewonnenen Erkenntnisse lassen sich problemlos verallgemeinem. Das fur dieses Buch gewahlte formale Anspruchsniveau ist, bezogen auf den »durchschnittlichen« studentischen Leser, moderat. An Universitaten wird es manchem als nicht alle mathematischen Moglichkeiten ausschopfend erscheinen; fiir Fachhochschulen kann es schon als gehoben gelten. Doch auch der mathematisch wenig vorgebildete Leser soil den prasentierten Stoff verstehen und etwaige formale Liicken anhand des Buches selbst schlieBen konnen (z.B. mit Hilfe des Mathematischen

Vorwort

VII

Anhangs M). Insofem werden beim Leser nur geringe mathematische Kenntnisse vorausgesetzt. Zudem habe ich die heute zur Darstellung der Mikrookonomik unverzichtbare Mathematik auf das fur eine schlussige okonomische Erklamng erforderliche MindestmaB beschrankt. Der Leser lemt, wie sich durch Anwendung formaler Methoden neue theoretische Erkenntnisse gewinnen lassen, und wie schon der Rtickgriff auf einfache Mathematik okonomische Analysen betrachtlich erleichtem kami. Auf formale Feinheiten, die eher fur Mathematiker von Interesse sind, wird nicht naher eingegangen. Im Mittelpunkt steht der okonomische Bezug, die verwendete Mathematik ist hier nur Mittel zum Zweck. Einige Darstellungen, die etwas abseits von der Hauptargumentationslinie iiegen, sind in verkieinerter Schrift gesetzt worden. Der eilige Leser kann sie iiberspringen. Jene Gleichungen und formalen Bedingungen, die aligemeingiiltig sind, werden im Text durch Einrahmung hervorgehoben, die »Schiiisselgleichungen« besonders dick. Bedingt durch die zahlreichen Verbindungen zwischen foimaler und graphischer Analyse iemt der Leser gleichsam nebenbei auch einige elementare Verfahren der analytischen Geometric kennen, die auch in vielen anderen Anwendungsbereichen der Praxis hilfreich eingesetzt werden kSnnen. Ich weise auf die zunehmende Mathematisierung in der neueren Marketing- und Managementiiteratur hin. Neuen Lemstoff kann der Mensch am besten begreifen, wenn er ihn be-greift, das heiBt: wenn er sich damit formal, inhalthch und hinsichtiich der Anwendungsmoglichkeiten aktiv auseinandersetzt. Der Text ist deshalb so konzipiert, daB der Leser immer wieder in den Gang der Argumentation einbezogen wird. So enthalt der Text viele Aufgaben, die dem Leser die Moglichkeit geben, den zuvor erklarten Stoff zu rekapituHeren, zu tiben und zu festigen. Auf den Losungen bauen teilweise die weiteren Darlegungen auf. Deshalb soUte beim Durchlesen moglichst keine der Aufgaben unbearbeitet bleiben. Im Anhang A des Buches sind zum Vergleich die Losungswege der Aufgaben skizziert. Zudem werden in etlichen Beispielen im Text wichtige Analysewege und -methoden exemplarisch aufgezeigt. Sogenannte Empirika enthalten zu den meisten theoretisch hergeleiteten Konzepten empirische Anwendungsbeispiele (Zahlen, Daten, Fakten aus der RealitMt). Einige sind zwar alteren Datums, aber vielleicht gerade deshalb vergleichsweise »unbefangen« und anschaulich. Bei der Auswahl wurde wenig kritisch vorgegangen: Auf die mit alien empirischen Untersuchungen verbundenen methodischen Probleme sei nur einmal an dieser Stelle allgemein hingewiesen. Die in den einzelnen Empirika enthaltenen Aussagen und Ergebnisse sind in der Wirtschaftswissenschaft zum Teil nicht unumstritten. Sie dienen hier aber vor allem didaktischen Zwecken und sollen belegen, daB die theoretischen Konstrukte in der Wirtschaftswirklichkeit tatsachlich angewendet werden konnen und nutzbringend angewandt werden.

VIIT

Vorwort

Die vier Hauptkapitel des Buches bestehen jeweils aus sieben beziehungsweise drei Kapiteln. Auf diese Kapitel bezieht sich die Numerierung der Abbildungen, Aufgaben, Beispiele, Empirika und Gleichimgen. Die ersten beiden Ziffem einer Nummer geben jeweils das zweistellige Kapitel an. Abbildung 14.5 ist beispielsweise die funfte Abbildung im Kapitel 1.4., und (22.8) bezeichnet die achte Gleichung im Kapitel 2.2. Zur besseren Orientierung werden die zweistelligen Kapitelnummem und -bezeichnungen in den Kopfzeilen der ungeraden Textseiten genannt. Zum SchluB mochte ich mich wieder bedanken. Bei meinen aufmerksamen Lesem filr die positive Aufiiahme und etliche Anregungen. Bei meinem Team bedanke ich mich fur die Mithilfe bei der Typoskriptkorrektur. Bei der vorliegenden vierten Auflage wurde ich tatkrSftig unterstiitzt von Corinna Rademacher und von Carsten Schdnwald. Nicht zuletzt meinen fleiBigen Studenten gebiihrt Dank fur die zahlreichen groBen und kleinen Verbesserungsvorschlage sowie die Hinweise auf Druckfehler. Deren Anzahi sollte nun in der Nihe von Null liegen. Gleichwohl freue ich mich tiber weitere konstruktive Kritik seitens der Leser.

Holzwickede, im Januar 2006

WALTER KORTMANN

Inhaltsverzeichnis

Beispielverzeichnis

XIII

Empirikaverzeichnis

XIV

Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis

XVI

0. Eiiileitu^g

1. Die Giiternachfrage der Haushalte

1

11

1.1. Subjektive Konsumpraferenzen

12

1.2. Obj ektive Konsummoglichkeiten (Budgetbeschrankung)

30

1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giiternachfrage

35

Exkurs zuKapitel 1.3.: OfFenbarte Praferenzen

46

1.4. Arbeitsangebot des Haushalts

51

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

57

1.5.1. Aggregation der einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane

57

1.5.2. Engel'sche Nachfrage und Einkommenselastizitat

59

1.5.3. Kreuznachfrage und Kreuzpreiselastizitat

75

1.5.4. Marshall'sche Nachfrage und Eigenpreiselastizitat

89

1.6. Externe EiTekte zwischen den Nachfragern (Bezugsgruppeneffekte)

122

1.6.1. Mitlaufer-Effekt

122

1.6.2. Snob-Effekt

125

1.6.3. Kombinierte Wirkung 1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage

127 129

1.7.1. Zahlungsbereitschaft und Nachfragervorteil (Konsumentenrente)

129

1.7.2. Kompensierende und aquivalente Variation

136

X

Inhaltsverzeichnis

2. Das Giiterangebot der Unternehmen 2.1. Technologische Produktionsbedingungen

141 141

2.1.1. Gmndbegriffe

141

2.1.2. Einzelfaktorvariation und Faktorertrage

149

2.1.3. Skalenvariation und Skalenertrage

171

2.1.4. Isoquante Faktorvariation und Grenzrate der Faktorsubstitution

180

2.1.5. Mehrproduktuntemehmen

200

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen (Kosten)

207

2.2.1. Kostenbudget und Isokostengerade

208

2.2.2. Kostenminimiemng

211

2.2.3. Langfristige versus kurzfiistige Kosten

226

2.2.4. Gesamtkosten, Durchschnittskosten und Grenzkosten

248

2.2.5. Investitionen und kostenoptimale BetriebsgroBe

279

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot

286

2.3.1. Gewinnmaximierende Ausbringungsmenge

287

2.3.2. Einzelwirtschaftliches Angebot und Angebotsflinktion

303

2.3.3. Langfi-istiges Angebot

318

2.4. Faktornachfrage

320

2.4.1. Gewinnmaximierende Faktoreinsatzmengen und Grenzproduktivitatsbedingung

320

2.4.2. Faktorpreisabhangigkeit der Faktornachfrage

323

2.4.3. Faktomachfi-age bei Kapazitats- oder Absatzbeschrankungen

327

2.5. Aggregation und Marktangebot

330

2.6. Externe Effekte zwisclien den Anbietern (BranchenefTekte)

342

2.6.1. FaktorpreisefFekt

342

2.6.2. Technologische externe EflFekte

344

2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots

3. Die Preisbildung auf voUkommenen Markten 3.1. Markt und Marktformen

347

351 351

3.1.1. MarktvoUkommenheit

352

3.1.2. Besetzungsverhaltnisse der Marktseiten

356

3.1.3. Die wichtigsten Marktformen im Uberblick

357

3.1.4. AnalytischeMarktformenunterscheidung

361

Inhaltsverzeichnis

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz

XI

3 64

3.2.1. Kurzfristiges Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage

364

3.2.2. Kurzfri^tige Wirkungen exogener Parameteranderungen auf das Marktgleichgewicht

382

3.2.3. Existenz, Eindeutigkeit und Stabilitat von Marktgleichgewichten

3 94

3.2.4. Kurzfristige Wechselwirkung zwischen den einzelwirtschaftlichen Angeboten und dem Marktgleichgewicht 406 3.2.5. Langfristige Wechselwirkung und langfristiges Marktgleichgewicht

411

3.2.6. Wechselwirkungen zwischen Markten

425

3.2.7. WohlfahrtsaspektedesMarktes

436

3.2.8. Wirkungen staatlicher MarkteingriflFe

439

3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol 3.3.1. Angebotssituation des Monopolisten

454 454

3.3.2. Erlosund Grenzerlos

458

3.3.3. Gewinnmaximierung

471

3.3.4. Wirkungen exogener Parameteranderungen

484

3.3.5. Vergleich des Marktergebnisses im reinen Monopol mit dem bei vollkommener Konkurrenz

486

4. Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

495

4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten

496

4.1.1. Angebotspolitische Instrumente und deren Wirkungen

496

4.1.2. Preisdiflferenzierung

499

4.1.3. Analyse durchschnittskostenorientierter Preissetzung

507

4.1.4. Auswirkungen anderer ZielgroBen auf die Angebotspolitik

509

4.1.5. Beriicksichtigung von Werbung in der Angebotspolitik

512

4.2. MonopoUstische Konkurrenz

515

4.2.1. Charakterisierung der Marktform

515

4.2.2. Kurzfristiges Angebot

517

4.2.3. Langfristiges Gleichgewicht

519

4.3. Oligopolinarkte

523

4.3.1. Charakterisierung der Marktform

523

4.3.2. Homogene Oligopole

525

4.3.3. Heterogene Oligopole

538

XII

Inhaltsverzeichnis

Anhange A. AufgabeiiH)Sungen

545

A.I. Losungen zu den Aufgaben des erstenHauptkapitels

545

A.2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels

559

A.3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels

587

A4. Losungen zu den Aufgaben des vierten Hauptkapitels

605

F. Funktionenverzeichnis

607

L. Literaturverzeichnis

610

M. Mathematischer Anhang

617

M l . Einige algebraische Grundregeln

617

M.2. Funktionen und Umkehrfunktionen

620

M.3. Ableitungen und Differentialrechnung

624

M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen

629

M.4.1. Monotone Funktionen

629

M.4.2. Lineare Funktionen

630

M.4.3. Konvexe und konkave Funktionen

634

M.4.4. Homogene Funktionen und Euler'sches Theorem

635

M.5. Totales Differential, Satz tiber implizite Funktionen und Enveloppen-Theorem

637

M.5.1. Totales Differential

637

M.5.2. Satz liber implizite Funktionen

640

M.5.3. Hiillkurven und Enveloppen-Theorem

644

M. 6. Optimierung unter linearen Nebenbedingungen: Der Lagrange-Atisatz.

648

M.7. Elastizitaten

653

M.8. Lineare Regression

662

S. Stichwortverzeichnis

667

Beispielverzeichnis Erstes Hauptkapitel 11.1 13.1 15.1 15.2 15.3 17.1 17.2

Formale Beschreibung und Untersuchung einer Praferenzordnung im 2-Guter-Fall .... 28 Formale Ermittlung des optimalen Konsumplans 40 Analyse der Einkommensabhangigkeit der Marktnachfrage 68 Analyse der Kreuzpreisabhangigkeit der Marktnachfrage 86 Analyse der Eigenpreisabhangigkeit der Marktnachfrage 98 NachfragervorteilseinbuBe bei linearer Nachfragefunktion 135 Kompensierende Variation 139

Zweites Hauptkapitel 21.1 21.2 21.3 21.4 22.1 22.2 22.3 22.4 22.5 22.6 23.1 23.2 23.3 23.4 24.1

Durchschnitts- und Grenzproduktivitaten bei der Cobb/Douglas-Produktionsfrinktion 162 Skalenertrage bei der Cobb/Douglas-Produktionsftinktion 176 Isoquantenverlauf bei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion 184 Herleitung der Produktionsmoglichkeitenfrinktion bei Cobb/Douglas-Produktionsstrukturen 204 Ermittlung des kostenminimalen Arbeitseinsatzes im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfonktion 220 Eigenschaften der Arbeitsnachfrageftmktion im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion 223 Langfiistige Kostenfimktion im Cobb/Douglas-Fall 231 Kurzfristige Kostenfiinktion im Cobb/Douglas-Fall 242 Ermittlung des Durchschnittskostenminimums bei der Standard-Kostenflinktion 268 Kostenelastizitaten bei der Standard-Kostenfunktion 277 Formale Ermittlung der Gewinnschwelle und Gewinngrenze eines preisinabilen Anbieters bei quadratischer Kostenfiinktion 292 Formale Ermittlung des Gewinnmaximums auf der Grundlage der Standard-Kostenfiinktion bei vorgegebenem Absatzpreis 295 Herleitung der einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktion aus der Standard-Kostenfiinktion 309 Ermittlung des Gewinnmaximums eines preisinabilen Anbieters mit einer Standard-Kostenfunktion 316 Herleitung der Arbeitsnachfrageflinktion aus der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion 325

Drittes Hauptkapitel 32.1 32.2 32.3 33.1 33.2

Ermittlung des Marktgleichgewichts bei gegebener Angebots- und Nachfragefunktion Wirkungsfolge eines dauerhaften Nachfrageanstiegs Arbitr^gegleichgewicht zweier Markte mit linearen Marktfimktionen Besonderheiten bei linearen Preis/Absatz-Funktionen Ermittlung des Gewinnmaximums eines Monopolisten

375 420 428 466 474

Viertes Hauptkapitel 41.1 Ermittlung des Gewinnmaximums bei Preisdifferenzierung im Falle linearer Preis/Absatz-Funktionen

504

Empirikaverzeichnis Erstes Hauptkapitel 11.1 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5a 15. 5b 15.6a 15.6b 15.7

Experimentell ermittelte Indifferenzkurvenschar Marktnachfragefiinktion fiir KafFee Engel-Kurven fiir drei Produktgmppen Einkommenselastizitaten der Nachfrage Kreuzpreiselastizitaten der Nachfrage Eigenpreiselastizitaten der Nachfrage Haufigkeitsverteilung der Eigenpreiselastizitaten von Konsumgutem Marktnachfragekurve fiir KartofFeln Marktnachfragekurve fiir ein Druckerzeugnis Geordnete Verteilung der Zuzahlungsbereitschaften privater Haushalte fiir umweltfreundlich gewonnenen elektrischen Strom

24 58 64 68 83 100 101 112 112 117

Zweites Hauptkapitel 21.1 21.2 21.3 21.4 21.5a 21. 5b 21. 6a 21. 6b 21.7 22.1 22.2a 22.2b 22.3 22.4 23.1 25.1

Blackboxmodell der Produktion am Beispiel eines Hochofens (Roheisenerzeugung in der ehemaligen DDR) Ertragsgebirge der norwegischen Tankerflotte Arbeitsproduktivitat und Arbeitskoeffizient der deutschen Schraubenindustrie Empirisch ermittelte Ertragskurve aus der Landwirtschaft Cobb/Douglas-Produktionsfunktion der westdeutschen Wirtschaft im gesamtwirtschaftlichen Modell der Deutschen Bundesbank Empirisch ermittelte Koeffizienten der Cobb/Douglas-Funktion Zunehmende Skalenertrage bei Produktionsverfahren, die Behalter erfordern Wachsende HochofengroBe infolge zunehmender Skalenertrage Riickgekriimmte Isoquanten in der Produktions&nktion der norwegischen Tankerflotte Zusammenhang zwischen Frachtkosten und Schiffsgrofie Empirische Kostenverlaufe in der deutschen Industrie Kostenfunktion der U S . Steel Corporation Elastizitaten der langfristigen Kosten einiger Wirtschaflszweige Schatzungen optimaler BetriebsgroBen einiger Wirtschaftszweige Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Erlos/Kosten-Relation Preiselastizitaten des kurzfristigen Angebots

144 147 154 159 165 166 177 179 195 235 251 251 277 284 298 336

Drittes Hauptkapitel 32.1 32.2 32.3a 32.3b

Kursbildung am Aktienmarkt Angebots-und NachfragefunktionaufdemKupfermarkt Angebot und Nachfrage aufdemWassermelonenmarkt Angebot und Nachfrage auf dem Weizenmarkt

373 381 385 386

Empirikaverzeichnis

XV

32.4 32.5 33.1 33.2

403 433 457 490

Multiple Gleichgewichte auf Devisenmarkten Wechselwirkung zwischen Edolmarkt und Erdgasmarkt Empirisch ermittelte Preis/Absatz-Kurven Lerner'sche Monopolgrade verschiedener Wirtschaftszweige

Viertes Hauptkapitel 41.1 43.1

Raumliche Preisdifferenzen bei Aspirin Preis-Reaktionsfunktionen beim KafFeeangebot

506 543

Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis Lateinische a

freier

Buchstaben Funktionskoeffizient

a A A

Arbeits(einsatz)menge Kurzzeichen (oben) fur "Angebot" Kurzzeichen (unten) fur "Arbeit"

AV AV b 6

Anbietervorteil Aquivalente Variation freier Funktionskoeffizient BetriebsgroBe, Skalenfaktor

B

Ausgabenbudget

B Kurzzeichen (unten) fiir "Billigmarkt" (Bo) Bowley'scher Punkt c freier Funktionskoeffizient c C C

Kapital(einsatz)menge Kostenbudget eingesetztes (Eigen und Fremd-)Kapital

(Ch) ChamberUn'scher Punkt (Co) Coumot'scher Punkt d Stiick-ZDurchschnittsdeckungsbeitrag d d 5 D e e E

Differential partielles Differential kleine Anderung/Differenz Gesamtdeckungsbeitrag Stuck- bzw. Durchschnittserlos Euler'sche Zahl (2,71828...) (Gesamt-)Erl6s(-fijnktion)

f f

allgemeine Funktion(svorschrifl) Kurzzeichen (oben) fiir "fix"

f F

Freizeitmenge Fixkosten

g

Stiick-bzw. Durchschnittsgewinn

g G

Kurzzeichen (unten) fiir "gegenwartig" (Gesamt-)Gewinn(-flinktion)

GE

Geldeinheit(en)

GV h % H

Gesamtvorteil allgemeiner Hilfsindex Homogenitatsgrad einer Funktion Kurzz. fiir "Haushalt" bzw. "Konsument"

i Index fiir einen Akteur I Anzahl der Akteure j Index fiir ein Gut oder einen Markt J Anzahl der Giiter bzw. Markte k Stiick- bzw. Durchschnittskosten k Kurzzeichen (oben) fiir "kurzfristig" K (Gesamt-)Kosten(-fiinktion) KV Kompensierende Variation C Lohnsatz (Faktorpreis fiir Arbeit) C Kurzzeichen (oben) fiir "langfristig" ^ Lagrange-Funktion m freier Funktionskoeffizient M Kurzzeichen fiir "Markt" ME Mengeneffekt ME Mengeneinheiten n fi-eier Funktionskoeffizient N Kurzzeichen (oben) fiir "Nachfi-age" NV Nachfragervorteil o freier Funktionskoeffizient p Preis eines Gutes PE Preiseffekt q Qualitat eines Gutes r Kapitalsatz (Faktorpreis fiir Kapital) re Kapitalrentabilitat T Kurzzeichen (oben) fiir "Transaktion" T Kurzzeichen (unten) fiir "Teuermarkt" ii Uberhang, UberschuB U Marktumsatz (Wert) U Kurzzeichen fiir "Untemehmen" V Einsatzmenge eines Produktionsfaktors V Kurzzeichen (oben) fiir "variabel" (vK) VoUkommene-Konkurrenz-Punkt WV WoWfahrtsverlust X Menge eines Gutes bzw. Produktes y allgemeine Variable V Einkommen z allgemeine Variable z Kurzzeichen (unten) fiir "zukiinftig" Z Gesamtzahlungsbereitschaft

XVII

Abkurzungs- und Symbolverzeichnis

Griechische a P y A 8 (^ r| e K

Buchstaben:

[kl. Alpha] freier Funktionskoeffizient [kl. Beta] freier Funktionskoeffizient [kl. Gamma] freier Fimktionskoefifizient [gr. Delta] groBe Andemng /Differenz [kl. Epsilon] ElastizitatsmaB [kl. Zeta] Einzelzahlungsbereitschaft [kl. Eta] Durchschnittsproduktivitat [klTheta] Anteil [kl. Kappa] freier Funktionskoeffizient

Diakritische

X [kl. Lambda] Lagrange-Multiplikator Skalenfaktor l^ [kl. My] Lemer'scher Monopolgrad ^IL [kl. Ny] Gutseinheit-Nummer V Kreiszahl (3,14159...) 71 [kl. Pi] [gr. Pi] ein konstanter Formelterm n Reaktanz [kl. Rho] Q a [kl. Sigma] Grenzsubstitutionsrate Praferenzstarke bzw. -niveau 9 [kl. Phi]

Zeichen:

[am Beispiel einer GroBe y bzw. Funktion y(x)] fester bzw. fixierter y-Wert

y^i

Teilvektor (yi,y2,...,yj-i,yj+i,...,yj) (y ohne die Komponente yi)

Xy

Erste Ableitung von y nach x (Steigung von y in x-Richtung)

Xy

Zweite Ableitung von y nach x (Kriimmung von y in x-Richtung)

geschatzter oder vermuteter y-Wert ein konkreter y-Wert (auch y",...) ein konkreter y-Wert (auch y(2),...) ein konkreter y-Wert (auch y^^\ ...) y-Achsen-Abschnitt (auch y°) hochstmogUcher y-Wert mindesterforderlicher y-Wert unterer SchweUenwert von y oberer SchweUenwert von y Vektor (yi,y2,.-.,yj)

* y

optimaler (insb. gleichgewichtiger) y-Wert

y y x^

maximaler y-Wert minimaler y-Wert das X, bei dem y(x) = y (maximierendes x)

X^

das X, bei dem y(x) = y (minimierendes x)

Abkiirzungs- und Symbolverzeichnis

xvm Relationen Symbol

Bezeichnung

Beispiel

Aussprache

= = :=

Gleichheit Gleichheit im Beispiel

X

= y z = x+y z :== x + y

X ist gleich y z ist beispielsweise gleich x+y

« > > <
y ^ y

X

X

< y ^ y < y < z

X X

^

Implikation

X

=> y

> < ~

Aquivalenz besser schlechter IndifFerenz

X

o

X

>-y < y ^ y

X X

y

z ist definiert als x+y; fiir x+y kann z geschrieben werden X ist ungefahr (fast) gleich y X ist groBer als y X ist groBer oder gleich y X ist kleiner als y X ist kleiner oder gleich y y liegt zwischen X und z, X < y und y < z aus X folgt logisch y; wenn x, dann auch y X und y sind logisch gleichwertig; X ist besser als y X ist schlechter als y X ist gleich gut wie y

"The study of theory must go hand in hand with that of facts. Practical uses of economic studies should never be out of mind of the economist." Alfred Marshall (Principles of Economics)

0. Einleitung a) Jede Volkswirtschaft besteht aus Menschen, die in Haushalten und Unternehmen wirtschaftliche Entscheidungen treffen und den Umgang mit knappen Giitem planen. Sie werden unter diesem Gesichtspunkt als Wirtschaftssubjekte oder Einzelwirtschaften bezeichnet. Auch der wirtschaftlich handelnde Staat kann als Einzelwirtschaft aufgefaBt werden. In den privaten Haushalten wird vor allem iiber den Umfang entschieden, in dem Arbeitsleistungen zur Erzielung von Einkommen angeboten werden sollen, sowie liber die Verwendimg des Einkommens fiir die Erspamis und den Kauf von Konsumgiitem. In Unternehmen betreffen die Entscheidungen besonders das Giiterangebot, die Art und das AusmaB der Gtiterproduktion sowie die Beschaffling der erforderlichen Einsatzgiiter. b) Die Mikrookonomik hat die Erklarung dieser einzelwirtschaftlichen Aktivitaten und deren Zusammenwirken (Interaktion) zum Gegenstand. Es wird zunachst analysiert, wie sich rationale Wirtschaftssubjekte in okonomischen Situationen verhalten. Okonomische Rationalitat zeigt sich in dem Bestreben, aus der Gesamtheit reaUsierbarer Entscheidungs- und Handlungsaltemativen stets die beste Alternative auszuwahlen. Untersucht wird hier vorwiegend das Verhalten der privaten Haushalte in ihren Eigenschaften als Nachfrager von Giitem, Konsumenten, Sparer, Arbeitsanbieter etc. und das Verhalten der Unternehmen in ihren Eigenschaften als Anbieter von Giitem, Produzenten, Investoren, Arbeitsnachfi-agem etc. Darauf auft)auend wird dann untersucht, wie die unzahligen einzelwirtschaftlichen Entscheidungsakte und Handlungsplane aufeinander abgestimmt (koordiniert) werden konnen, vor allem auf Markten. Auch die Auswirkungen unterschiedlicher Rahmenbedingungen auf das Ergebnis dieser Koordination werden analysiert. Das Ziel dieser Bemiihungen besteht letztlich darin, die reale Wirtschaftsstruktur und das reale Wirtschaftsgeschehen aus dem Verhalten der Einzelwirtschaften heraus zu erklaren, die Wirtschaft gleichsam von ihren Wurzeln her verstehen.

2

0. Einleitung

Neben der Mikrookonomik bildet die Makrookonomik den zweiten Pfeiler der heutigen Wirtschaftswissenschaft. Ihr Analysegegenstand ist das Zusammenwirken gesamtwirtschaftlicher Aggregate. Dazu werden alle gleichartigen Wirtschaftssubjekte zu sogenannten Sektoren zusammengefaBt (z.B. Haushaltssektor, Untemehmenssektor). Untersucht werden dann imter anderem die zwischen diesen Sektoren flieBenden Giiter- und Geldstrome sowie deren Koordination auf ebenfalls aggregierten Markten (Giitermarkt, Geldmarkt, Arbeitsmarkfetc). Es interessieren dabei weniger die okonomischen Verhaltensweisen einzelner Wirtschaftssubjekte als vielmehr gesamtwirtschaftliche Phanomene, wie Inflation, Wachstum, Konjunkturschwankungen und Unterbeschaftigung. Die Makrookonomik ist in der Lage, Phanomene zu beschreiben und zu erklaren, die sich aus einzelwirtschaftlichen Vorgangen allein nicht herleiten und deshalb mikrookonomisch nicht erklaren lassen. Das liegt daran, daB »groBe« Systeme, die aus vielen eigenstandigen Teilsystemen bestehen, haufig gleichsam eine eigene Wesenheit erlangen und voUig andersartige Phanomene (sog. Makrophanomene) zeigen. Umgekehrt gibt es auf der Ebene der Einzelwirtschaften Erscheinungen (Mikrophanomene), die nicht im Rahmen der Makrookonomik erklart werden konnen. Deshalb ist die Existenz beider Forschungsansatze gerechtfertigt. Wahrend die Makrookonomik vorwiegend (wenn auch nicht nur!) fiir den volkswirtschaftlichen Teil der Wirtschaftswissenschaft von Bedeutung ist, bildet die Mikrookonomik auBerdem das theoretische Fundament des betriebswirtschaftlichen Teils, der sich j a speziell und anwendungsbezogen mit dem Untersuchungsobjekt "Untemehmen" befaBt. Mikrookonomische Erklarungsansatze finden sich folglich in vielen betriebswirtschaftlichen Teilgebieten, wie zum Beispiel der Produktionswirtschaft, der Kostenlehre, der Investitions- und Finanzierungstheorie sowie im Marketing und der strategischen Untemehmensplanung. DaB mikrookonomische Konzepte zunehmend auch in der Untemehmensprox/^' Anwendung finden, zeigen zahlreiche Studien.^ Das ist im ubrigen keine Besonderheit der Wirtschaftswissenschaft, denn es gibt beispielsweise auch in der Physik zwei Theoriegebaude, namlich die Quantentheorie als »Mikrophysik« zur angemessenen Erklamng der Phanomene im Klemen (subatomarer Bereich) und die Relativitatstheorie als »Makrophysik« zur Erklamng von Naturphanomenen auf hoherer Ebene (Kosmos). Ebenso in der Psychologic, wo eine »Mikropsychologie« (namlich die Individualpsychologie) und eine »Makropsychologie« (namlich die Sozialpsychologie) unterschieden werden; denn Menschenmassen verhalten sich oft anders als es aufgrund der individuellen Eigenschaften der beteiligten Menschen zu vermuten ist. Auch die mathematische Statistik zeigt, dafi sogar zu^Uige Ereignisse, die einzehi nicht vorhersagbar sind, in groBer Anzahl betrachtet eine bestimmte »durchschnittliche« RegelmaBigkeit und Ordnung offenbaren, vor allem in Form der Normalverteilung arithmetischer Mittel (Zentraler Grenzwertsatz). Vgl. z.B. G.A. Forgionne: Economic Tools Used by Management in Large American Operated Corporations; Business Economics 19, 1984, S. 5-17. D. Ordelheide et al. (Hrsg.): Betriebswirtschaftslehre und okonomische Theorie; Stuttgart, 1996. W. Kortmann: Markt- und Industrieokonomik

0. Einleitung

3

Selbst in der Makrookonomik haben mikrookonomische Denkansatze an Bedeutung gewonnen (sog. Mikrofundierung der Makrookonomik). Man hoflft dadurch ein tieferes Verstandnis der Makrophanomene gewinnen zu konnen. Zudem spielen in der Makrookonomik einige spezielle Einzelmarkte, die sich auch mikrookonomisch imtersuchen lassen, eine zentrale RoUe (z.B. Arbeitsmarkt, Geldmarkt, Wertpapiermarkt, Devisenmarkt). c) Im folgenden geht es um die Darstellung der elementaren theoretischen Grundlagen der Mikrookonomik. Aus diesen kann eine Fiille weiterer Zusammenhange und SchluBfolgerungen hergeleitet werden, auf die hier aber nur hingewiesen wird. Aus Grunden der besseren Verstandlichkeit ist es geboten - ja unerlafilich - bei den theoretischen Erklarungsbemuhungen von vereinfachenden Annahmen iiber das betrachtete einzelwirtschaftliche Verhalten auszugehen. Eine solche zweckmaBige Vereinfachung eines Teils der Realitat mit dem Ziel, das Wesentliche eines Sachverhalts herauszustellen, wird als Abstraktion bezeichnet. Ihr Ergebnis ist ein analytisch besser handhabbares Abbild der WirkUchkeit: ein theoretisches Modell.^ Modelle werden nicht nur in der Wissenschaft angewendet (bekannt sind u.a. die Molekiibnodelle der Chemie), sondem auch im AUtagsleben: Jeder kennt den Globus als ein - stark vereinfachtes - Modeil unserer Erde, architektonische Modelle, Modelleisenbahnen etc. Ohne "vereinfachte Abbildungen der Realitat" in Form von StraBenkarten und Gebaudegrundrissen wixrden wir uns haufig nicht zurechtfinden. Die Vorteilhaftigkeit der Verwendung von Modellen steht also auBer Zweifel. Wirtschaftstheoretische Modelle sind heute iiberwiegend in der Sprache der Mathematik formuliert. Denn nur diese erlaubt eine knappe, prazise und schliissige Argumentation und eroffiiet zudem die Moglichkeit, auch verborgene logische Zusammenhange zwischen den betrachteten EinfluBgroBen aufzudecken. So laBt sich am Modeil Ursachen- und Wirkungsforschung betreiben. Dadurch wird ein tieferes Verstandnis des realen Untersuchungsobjektes moglich.^ Anhand der folgenden Abbildung 0.1 woUen wir die wirtschaftswissenschaftliche Vorgehensweise bei der Erklarung von Phanomenen (RegelmaBigkeiten, Muster - Ein integrativer Ansatz fiir Wirtschaftstheorie und Praxis; in: Wirtschaftswissenschaft Anwendungsorientierte Forschung an der Schwelle des 21. Jahrhunderts; hrsg. von U. Groner et al., Heidelberg, 1997, S. 263-280. In der Wirtschaftswissenschaft wurde die "Methode der isolierenden Abstraktion" von dem deutschen Okonomen Johann Heinrich von Thiinen (1783-1850) entwickelt: Aus der Erfahrung gewonnene Erkenntnisse (z.B. RegelmaBigkeiten) werden zu logischen Grundvoraussetzungen der Theoriebildung. Vgl. zum Folgenden auch meinen Beitrag: Von Praktikern und Theoretikern - Ein kritischer Methodenvergleich, IWIS-Paper 98117, Dortmund, 2001 2

Die mathematische, insbesondere die fiinktionale Betrachtungsweise wurde wesentlich von dem franzosischen Okonomen Antoine Augustin Cournot (1838) in die Wirtschaftstheorie eingefiihrt.

4

0. Eirdeitung

etc.) und der Losung von Problemen erlautem: Empirische, das heiBt aus der Realitat stammende okonomische Phanomene oder praktische Problemstellungen werden zunachst durch Abstraktion in ein mathematisch formuliertes Modell iibersetzt. Sie werden gleichsam aus der Ebene der Realitat oder Praxis auf die Ebene der Theorie gehoben. Viele Probleme werden dadurch tiberhaupt erst handhabbar. Das Modell wird dann mittels logischer Operationen einer formalen Analyse unterzogen. Dabei werden die einem Phanomen zugrunde liegenden Ursachen verstandlich, oder es wird eine formale Losung des behandelten Problems hergeleitet. Etwas erklaren heifit, es nachvollziehbar machen. Die gewonnenen Modellergebnisse konnen dann wieder in die empirische Ebene zurucktibersetzt, also anwendungsbezogen okonomisch interpretiert werden. Die auf der Ebene der Theorie gewonnene formale Losung wird auf der realen Ebene praktisch angewendet. Lag ursprunglich ein unerklartes Phanomen vor (z.B. irgendeine Korrelation zwischen zwei beobachteten GroBen), so liefert das theoretische Modell nun dafiir eine nachvollziehbare Begrundung, eben eine Erklarung. Diese kann etwa dazu dienen, das Phanomen zu prognostizieren oder sonstwie wirtschaftlich nutzbar zu machen. Abbildung 0.1: Modelltheoretisches Vorgehen ITheoretisches Modell

Konstruktion

Analyse oder Losung

Modellanwendung

Modellierung

Abstraktion

Interpretation

Theorie

Translation

Realitat / Praxis Phanomen Oder Problem

Erklarung oder Problemlosung

Wirtschaftstheoretische Modelle sollen demnach den folgenden Zwecken dienen: • Realitat erklaren, das heiBt sie nachvollziehbar, verstandlich machen. • Zukiinftige Zustande und Entwicklungen abschatzbar machen.^ • Anhaltspunkte fur die Optimierung von Zustanden und Entwicklungen geben.

Neuere Forschuneen, besonders im Rahmen der Theorie des deterministischen Chaos haben gezeigt, daB es auch einmche, zutreffende dynamische Erklarungsmodelle geben kann, die keine Prognose spaterer Systemzustande erlauben. Demnach ist nicht alles, was erklarbar ist, auch vorhersagbar.

0. Einleitimg

5

Die Qualitdt eines Modells bemiBt sich vor allem anhand seiner Anwendbarkeit und Einfachheit. Ein ideales Modell ist zugieich vielfaltig anwendbar und einfach im Verstandnis und Gebrauch. Modelle, die nicht anwendbar sind oder aufgrund ihrer Kompliziertheit nicht angewendet werden, sind letztlich uberflussig, weil nutzlos. Problematisch wird die Fordenmg nach Anwendbarkeit und Einfachheit nur dann, wenn beides nicht zugieich erreichbar ist, also das eine nur auf Kosten des anderen realisiert werden kann. So niitzlich oder gar unverzichtbar die mathematische Methode in weiten Bereichen der Wirtschaftswissenschaft auch ist, so diirfen doch auch ihre Grenzen nicht iibersehen werden:* Formale Methoden ermoglichen nur die Modellierung einfacher, grober, quantitativer Zusammenhange. Sie sind vor allem in der Physik und der Technik vergleichsweise haufig vorzufinden. Im Wirtschaftsbereich sind die Anwendungsmoglichkeiten der Mathematik auf wenige, wenngleich wichtige Phanomene beschrankt. Qualitative und komplexe Strukturen sind, selbst wenn sie eine quantitative Natur haben, mathematisch meist nicht beherrschbar, das heiBt: Die zu ihrer Beschreibung erforderliche Mathematik ist nicht handhabbar. Die meisten psychischen und sozialen Phanomene sind der mathematischen Methode nur sehr eingeschrankt zuganglich. Ein guter Okonom wird die Mathematik auch dort, wo sie einsetzbar ist, nur so weit anwenden, wie der damit verbundene formale Aufwand durch den Ertrag an zusatzlichen Erkenntnissen und Problemlosungsmoglichkeiten mehr als ausgeglichen wird. Das ist heute bei einigen fortgeschrittenen Modellen der Wirtschaftstheorie leider nicht mehr der Fall, so daB der formale Aufwand manchmal den winzigen Erkenntnisertrag bei weitem iibersteigt und letzterer auch auf einfachere Weise gewonnen werden konnte. Zudem wird jeder Okonom, der die Wirtschaft als einen Teilbereich der Realitat ansieht, die mathematische Methode nicht fiir wirklichkeitsfremde Gedankenspiele heranziehen, sondem sich, schon aus Griinden des sparsamen Ressourceneinsatzes, bei ihrer Anwendung um ein HochstmaB an Realitatsbezug bemiihen. Das gilt sowohl fur die Annahmen, die er den Modellen zugrunde legt, als auch hinsichtlich der Aussagen, die er daraus herleitet. AUes andere ware letztlich nur »metaphysische Spekulation«. Die im Zuge der Forschung aufgedeckten empirischen und theoretischen Zusammenhange, Tendenzen, RegelmaBigkeiten, Invarianzen und Muster okonomischer GroBen, werden als Gesetze bezeichnet. Diese haben nicht den Rang exakter Naturgesetze und sind deshalb eher als Gesetzmdjiigkeiten aufzufassen. In der Theorie gefiindene GesetzmaBigkeiten, Zusammenhange und Vgl. auch W. Kortmann: Markt- und Industrieokonomik; a.a.O., S. 265, sowie Ders.: Von Praktikern und Theoretikern...; a.a.O., S. 16ff.

0. Einleitung

Bedingungen werden als Theoreme, empirische GesetzmaBigkeiten als Empireme bezeichnet. Theoreme lassen sich als logische Wahrheiten beweisen. Die Gultigkeit von Empiremen muS anhand empirischer Daten uberpruft werden. Ein in sich geschlossenes und widerspruchsfreies (konsistentes) System von theoretischen Modellen, das nicht nur einzebie Phanomene erklart, sondem einen groBeren Ausschnitt der ReaUtat, heiBt eine Theorie. Das im folgenden in seinen Grundzugen dargestellte Erklarungsgebaude der Mikrookonomik ist eine solche Theorie. Genauer gesagt handelt es sich dabei um das Gmndmodell der heute in der Wirtschaftswissenschaft vorherrschenden Form der sogenannten neoklassischen Theorie. Diese ist der alteste und am weitesten entwickelte Zweig der Wirtschaftstheorie. Ihre Anfange reichen bis in die siebziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts zuriick. Als Begriinder der neoklassischen Wirtschaftstheorie kann der bedeutende engUsche Okonom Alfred Marshall (1842-1924) gelten, der mit seinem Grundlagenwerk "Principles of Economics" im Jahre 1890 die erste geschlossene Konzeption dieser Theorie schuf. d) Mit dem vorliegenden Buch wird nicht nur das Ziel verfolgt, dem Leser einen Einblick in diese Theorie, das heiBt ihre Struktur, ihre Aussagen und Erkenntnisse zu geben. Es soil zugleich gezeigt werden, wie reale wirtschaftliche Fragestellungen mikrookonomisch modelliert werden konnen - so wie es im vorigen Abschnitt c) skizziert wurde. Nach der griindlichen Bearbeitung des dargebotenen Stoffes soil der Leser zu einer logisch schlussigen Argumentation (hinsichtlich der Erklarung mikrookonomischer Zusammenhange und der Losung mikrookonomischer Problemstellungen) auf der Basis des hier zugrunde gelegten Modells befahigt sein. Um dieses Lehrziel zu erreichen, ist es erforderlich, zunachst die relevanten Teilmodelle zu verstehen. Einen ersten, groben Uberblick iiber die drei im folgenden behandelten Teiknodelle gibt die Abbildung 0.2. Die Pfeile kennzeichnen jeweils den mengenmaBigen FluB eines Gutes. Ihre genaue Bedeutung und Bezeichnung wird im Laufe der Darlegung klar werden. Abbildung 0,2: Struktur des mikrookonomischen Grundmodells 1

_ /

.

H

) \

Auf Marshall geht auch die Partialanalyse von Markten und Industrien zuriick sowie viele der in diesem Buch dargestellten zentralen Konzepte der Mikrookonomik.

0. Einleitung

7

Im ersten Hauptkapitel befassen wir uns mit den Konsumentscheidungen der privaten Haushalte (H). Diese fragen auf Markten (M) die von ihnen gewiinschten Giiter in bestimmten Mengen nacli. In der Ubersiclit ist fiir eines der von einem Haushait (H) nachgefragten Giiter der Bezugsmarkt (M) angegeben. Die nach reclits-oben und rechts-unten weisenden Pfeile symbolisieren die Nachfrage anderer Haushalte nach dem dort gehandelten Gut. Betrachtet wird zunachst nur das Verhaiten eines einzebien typischen Nachfragers. Spater werden dann die auf das betrachtete Gut gerichteten Nachfragen aller Haushalte zur gesamten Marktnachfrage zusammengefaBt. Im zweiten Hauptkapitel geht es um die wirtschaftlichen Entscheidungen, die in privaten Untemehmen (U) getroflfen werden, vor allem um die Beschaflfungs-, Produktions- und Angebotsentscheidungen eines Ein-Produkt-Betriebes. Die zwei Pfeile auf der linken Seite von (U) symbolisieren die von dem betrachteten Untemehmen zur Produktion eingesetzten Giiter. Der rechts aus (U) austretende Pfeil steht fiir die vom Untemehmen produzierte Gutsmenge, die auf dem Markt (M) angeboten wird. Zusammen mit den einzelwirtschaftlichen Angeboten der iibrigen Anbieter ergibt sich das Marktangebot des betrachteten Gutes, welches die linke Seite in (M) ausmacht. Gegenstand des dritten Hauptkapitels ist die Abstimmung der insgesamt von einem Gut angebotenen und nachgefragten Mengen aufeinander. Diese Koordination erfolgt auf dem Markt (M) des Gutes. Die Marktvorgange werden unter verschiedenen Rahmenbedingungen untersucht. Im vierten Hauptkapitel werden dann auch andere Gmndformen der Konkurrenz zwischen Untemehmen thematisiert und komplexere, realitatsnahere Marktformen betrachtet. Die in dieser Themeniibersicht zuun Ausdmck kommende Beschrankung auf die Analyse des Geschehens auf einen einzelnen, typischen Markt (ggf in Wechselwirkung mit einzelnen anderen Markten) wird als Partialanalyse bezeichnet. Darauf aufbauend kann versucht werden, auch das System aller Markte in seiner Gesamtheit zu modellieren und hinsichtlich seiner Eigenschaften zu untersuchen. Dies nennt man Totalanalyse. Da die Totalanalyse wegen ihres extremen Abstraktionsgrades, ihres hohen formalen Argumentationsniveaus, ihrer fehlenden Anwendungsmoglichkeiten und der mangelnden empirischen Fundiemng ihrer Grundvoraussetzungen unserem soeben begriindeten Bemiihen um Realitatsnahe und Anwendungsbezug nicht entspricht, werden wir uns hier nicht naher damit befassen. Der interessierte Leser wird auf die Spezialliteratur zur "Allgemeinen Gleichgewichtstheorie" verwiesen. e) Bei der Nutzung formaler (mathematischer) Hilfsmittel haben sich in weiten Teilen der Wirtschaftstheorie im Vergleich zur gelaufigen Mathematik einige

8

0. Einleitung

Eigenheiten etabliert, denen auch in diesem Buch gefolgt wird und auf die vorab hinzuweisen ist. Der Leser prage sich diese, zum Verstandnis der nachfolgenden Ausfuhrungen unerlaBlichen Vereinbarungen gut ein, auch wenn sie zunachst etwas fremd anmuten mogen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Mathematischen Anhang des Buches verwiesen. 1. Vektoren werden nicht durch einen obenstehenden Pfeil (in manchen Lehrbiichem wird auch Fettdruck verwendet), sondem durch einen untenstehenden Querstrich gekennzeichnet, also zum Beispiel X statt X fur (xi,X2,...,Xjj) 2. An Formelsymbolen konnen nicht nur unten rechts, sondem auch oben rechts Indizes und andere Symbole angebracht werden. Moglich sind zum Beispiel die Schreibweisen Xj x*^,Xj'. Damit oben rechts stehende Indizes nicht mit Exponenten verwechselt werden, schreiben wir, wenn MiBverstandnisse auflxeten konnten, bei echten Exponenten eine runde Klammer, also zum Beispiel bei "Xi zum Quadrat": (xj)^ 3. Funktionswert und Funktionsvorschrift werden (dem okonomischen Grundsatz der Sparsamkeit folgend) mit dem gleichen Symbol bezeichnet. Wenn also zum Beispiel die Variable y von der Variablen x abhangt, y also eine Funktion von x ist, dann schreiben wir y = y(x) statt y = f(x) Wenn es klar oder unerheblich ist, daB y von x abhangt, wird haufig auch noch die Funktionsklammer weggelassen, so daB nur noch y statt y(x) geschrieben wird. Soil dagegen hervorgehoben werden, daB es sich bei y um eine Funktion handelt, ohne daB es dabei im einzelnen auf deren BestimmungsgroBen ankommt (oder sind diese bekannt), so wird statt der unabhangigen Variablen nur ein Punkt als »Platzhalter« in die Funktionsklammer geschrieben: y(.) 4. Bei graphischen Darstellungen wird die abhangige Variable gelegentlich auf der horizontalen Koordinatenachse (Abszisse) und nicht - w i e nach der Achsenkonvention der Mathematik - auf der vertikalen (Ordinate) aufgetragen: Abbildung 0.3: Achsenkonventionen

statt

0. Einleitung

9

5. In der Mathematik dient der Kleinbuchstabe d zur Kennzeichnung infinitesimal kleiner Anderungen von GroBen (sog. Differentiale, z.B. dy oder partiell 5y), imd A zur Kennzeichnung endlich groBer Anderungen, Abweichungen oder Abstande (sog. Differenzen, z.B. Ay = y2- yi). Da es in der Wirtschaftswirklichkeit keine "infinitesimalen" Anderungen gibt, wird haufig d auch fur endliche, aber »kleine« Anderungen verwendet (manchmal wird dafiir auch 5 geschrieben). Wir werden im folgenden ein stilisiertes d, namlich 3, zur Kennzeichnung kleiner Anderungen verwenden, zum Beispiel 5y. Im Grenzfall kann 5y auch ein Differential sein (nicht mit dem partiellen 5 zu verwechseln!). A wird nur bei »groBen« Anderungen gebraucht. 6. Fiir Ableitungen von Funktionen sind in der Differentiakechnung mehrere verschiedene Schreibweisen iiblich. Wir werden haufig die folgende, etwas ungewohnliche, aber sehr niitzliche und einfache Schreibweise flir die erste und zweite Ableitung einer Funktion y(x) nach x verwenden: dy(x) dy ^y oder ^XC^) ^^^^^ —~— ^^^^ — dx dx d2y(x) d^y ^'y oder ^YC^) statt — oder dx2 dx2 Fiir die ersten partiellen Ableitungen einer Funktion y(x) mit mehreren unabhangigen Variablen Xj, X2, ... wird analog dazu die Variable, nach der difFerenziert wird - manchmal auch nur deren Index - unter den Ableitungsstrich geschrieben, der oben vor dem Symbol der Funktion steht. Zum Beispiel gibt es bei der Funktion y(xi,X2,z) folgende partielle Ableitungen (in der Mathematik wird bei partiellen Ableitungen bekanntlich d statt d geschrieben): 5y(x,z)

5y(x,z)

5y(x,z)

5xi

9x2

3z

Es sei daran erinnert, daB die Ableitung einer Funktion selbst wieder eine Funktion ist, die grundsatzlich von denselben Variablen abhangt, wie die Funktion, aus der sie gebildet wird.

Zur Differentialrechnung vgl. z.B.: J. Schwarze: Mathematik fur Wirtschaftswissenschaftler; Band 2, Herne/Berlin. G. Gams / P. Westerheide: Differential- und Integralrechnung; Miinchen/Wien. Die Beherrschung der Differentialrechnung ist heute eine unverzichtbare Voraussetzung fiir ein Studium der Wirtschaftswissenschaft.

10

0. Einleitung

Wenn bx iind 9y gemaB 5. hinreichend kleine Andemngen der GroBen x und y bezeichnen, daiin ist dy/bx imgefahr gleich dem Diflferentialquotient dy/dx und es kann geschrieben werden: by Graphisch entspricht eine Ableitung der Steigung einer Tangente an den Funktionsgraphen in Richtung der Achse, nach deren Variable differenziert wird. In okonomischen Anwendungen gibt eine Ableitung ^y = by/bx an, um wieviele Einheiten sich die im Zahler stehende GroBe (hier: der Funktionswert bzw. die abhangige Variable y) verandert, wenn die im Nenner stehende GroBe (hier: die unabhangige Variable x) um eine kleine Einheit erhoht (oder gesenkt) wird. Analoges gilt, falls ^yeine partielle Ableitung ist: Um wieviele Einheiten andert sich y, wenn x um eine kleine Einheit steigt (oder fallt). Bei der graphischen Interpretation der Steigung muB in der Mikrookonomik beachtet werden, an welcher Achse x und an welcher y steht. Ist namlich die Achsenkonvention wie im linken Diagramm der Abbildung 0.3 gegeniiber derjenigen Mathematik vertauscht worden, so gilt: Eine steil verlaufende Kurve hat eine geringe Steigung ^y = by/bx, und eine flach verlaufende Kurve hat eine grofie Steigung. 7. Wie in der Mathematik iibhch, werden jeweils in die Funktionsklammer die unabhangigen Variablen geschrieben; beispielsweise bei y(x) ist es das x. Hangt der Funktionswert y auch noch von einem oder mehreren Parameter(n) ab, also von GroBen, die grundsatzlich veranderbar sind, deren EinfluB aber gerade nicht betrachtet wird und die wie Konstanten behandelt werden, so werden diese Parameter von der oder den Variablen durch ein Semikolon getrennt in die Funktionsklammer geschrieben. Ist zum Beispiel z ein Parameter der Funktion y(x), so wird y = y(x;z) geschrieben. Auf einen ganz bestimmten Wert konstant gesetzte (fixierte) GroBen kennzeichnen wir durch einen oberen Querstrich (z.B. z). Es kann dann auch y(x, z) geschrieben werden. Im ubrigen wird hier grundsatzhch bei alien GroBen, insbesondere bei alien FunktionskoefiBzienten, von positiven Vorzeichen ausgegangen. Falls eine GroBe negativ ist oder sein kann, wird ausdrticklich darauf hingewiesen. Der im Umgang mit mathematischen Formalismen wenig geiibte Leser lasse sich durch die soeben genannten sieben Vereinbarungen nicht einschiichtem. Aller Erfahrung nach wird man mit ihnen bei der konkreten Anwendung recht rasch vertraut.

1. Die Giiternachfrage der Haushalte

In diesem ersten Hauptkapitel geht es um die mikrookonomische Erklamng des Nachfrageverhaltens der Konsumenten beziehungsweise der privaten Haushalte (wir wollen beide Begriffe synonym verwenden). Unter Haushalt wird hier die kleinste okonomische Entscheidungseinheit verstanden, die ein eigenes Ausgabenbudget verwaltet und selbstandig ihren Konsum plant. Konsum bezeichnet den endgiiltigen Verbrauch oder Gebrauch von Giitern (das sind Waren und Dienstleistungen). Zunachst wird die Situation eines einzelnen Konsumenten betrachtet, der iiber seinen Giiterkonsum zu entscheiden hat; danach fassen wir alle einzelwirtschaftlichen Nachfrageplane zusammen, um zur gesamten Marktnachfrage ftir die einzelnen Giiter zu gelangen. Die Analyse von Konsumwiinschen, die Ermittlung der Marktnachfrage nach einzelnen Giitern und die Vorhersage der Wirkung von Preis- und Einkommensanderungen auf die Nachfrage sind grundlegende Themen der Mikrookonomik. Den Ausgangspunkt fur die Modellierung des wirtschaftlichen Verhaltens bildet die Diskrepanz zwischen den begrenzten Mengen verfugbarer Giiter und den dariiber hinausgehenden Konsumwimschen der Menschen. Diese Diskrepanz wird als Knappheit bezeichnet. Sie zwingt jeden Konsumenten dazu, Auswahlentscheidungen dariiber zu treffen, welche Menge er von jedem der verfugbaren Giiter konsumieren mochte. Das Treffen solcher Konsumentscheidungen sowie die Eigenschaften der Nachfrage sind Gegenstand der folgenden Ausfiihrungen. Um dieses Thema allgemein, das heiBt auf moglichst viele Konsumsituationen anwendbar behandeln zu konnen, muB zunachst die im Abschnitt c) der vorangegangenen Einleitung erlauterte Abstraktion vorgenommen werden, also die Herausarbeitung der alien Konsumentscheidungen gemeinsamen Grundlagen, losgelost von konkreten Einzelfallen.

12

Die Gtiternaclifrage der Haushalte

1.1. Subjektive Konsumpraferenzen

a) Bei seiner Konsumentscheidung sieht sich jeder Haushalt einer bestimmten Anzahl von Gtitem gegeniiber. Diese Anzahl kiirzen wir allgemein mit J ab. Zum Beispiel beriicksichtigt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bei dem Warenkorb, den es der Ermittlung der Inflationsrate zugrunde legt, mnd 750 unterschiedliche Giiter, die ein typischer deutscher Haushalt mehr oder weniger regelmaBig konsumiert. Wiirden einem Haushalt nur diese »gangigen« Giiter zum Konsum zur Verfiigung stehen, so ware fiir ihn J = 750. Die einem Konsumenten insgesamt zur Auswahl stehenden Giiter numerieren wir mit dem Index j durch. Das heiBt, j kann alle natiirlichen Zahlen von 1 bis J annehmen (j = 1,...,J). j = 1 steht also fiir das erste Gut (z.B. Wasser), j = 2 fiir das zweite Gut (z.B. Brot) und so weiter. Die Menge, die ein Haushalt wahrend einer bestimmten Periode (z.B. eines Tages oder eines Monats) von einem Gut j konsumiert, wird mit Xj bezeichnet. Wir gehen davon aus, daB die Giitermengenvariable x jede beliebige nichtnegative reelle Zahl sein kann, so daB wir die Konsummenge jedes Gutes beliebig genau messen konnen. Im genannten Beispiel kann Xi = 3,14 Liter Wasser und X2 = 2^2 Pfijnd Brot sein. Wird von einem Gut j nichts konsumiert, so ist Xj = 0. Damit kann fiir den Konsumenten angegeben werden, welche Menge er von jedem der J zur Auswahl stehenden Giiter in einer bestimmten Periode konsumiert. Eine geordnete Zusammenstellung der Konsummengen aller J Giiter, also (XpX2,...,Xj), entspricht mathematisch einem Vektor. Dieser wird in der Mikrookonomik als Giitermengenkombination oder kurz als Giiterbiindel bezeichnet und mit x abgekiirzt. Die erste Komponente des Giiterbiindels, also xi, gibt die vom Haushalt konsumierte Menge des ersten Gutes (im Beispiel: Wasser) an, die zweite Komponente, also X2, die Menge des zweiten Gutes (im Beispiel: Brot) und so weiter, bis zum letzten Gut mit der Nummer J. Reduzieren wir die Anzahl der zur Auswahl stehenden Giiterarten gedanklich auf zwei (also J = 2), so ist eine einfache graphische Veranschaulichung der Giiterbiindel X = (XpX^) moglich. Dazu wird die Menge des Gutes 1 (also Xi) auf der einen und die Menge des Gutes 2 (also X2) auf der anderen Achse in einem rechtwinkligen Koordinatensystem aufgetragen. Jede Giitermengenkombination X entspricht dann einem Punkt in der durch die beiden Achsen begrenzten Ebene und umgekehrt. Diese Ebene (einschlieBlich der Koordinatenachsen) ist die Gesamtheit aller denkbaren Mengenkombinationen der betrachteten Giiter; sie

13

1.1. Subjektive Konsumpraferenzen

wird (Konsum-)Giiterraum genannt. Ihre graphische Darstellung heifit Konsummengendiagramm (siehe Abbildung 11.1). Abbildung 11.1: Gilterbundel im Konsummengendiagramm X2

rO)

10 11 12

Xl

Zur Unterscheidung einzelner Giiterbimdel numerieren wir sie in kleinen, hochgestellten Klammem durch. So enthalt beispielsweise das eingezeichnete Giiterbimdel x^ ^ sieben Mengeneinheiten des Gutes 1 imd funf Mengeneinheiten des Gutes 2, also ist x^ ^ = (7, 5), wogegen das Giiterbiindel x^ ^ von beiden Giitem vier Mengeneinheiten enthalt, das heiBt x^ ^ = (4, 4). Der Leser stelle zur Verdeutlichung zusatzlich das Giiterbiindel x^^^ = (8, 9) im Konsummengendiagramm der Abbildung 11.1 durch einen Punkt dar und kennzeichne ihn. b) Um nun aus der Gesamtheit aller denkbaren Giitermengenkombinationen (dem Giiterraum) das von dem Konsumenten nachgefragte Giiterbiindel herausfmden zu konnen, muB vorausgesetzt werden, daB er alle x hinsichtlich ihrer Wiinschbarkeit subjektiv zu bewerten imstande ist. Mit anderen Worten: Er muB Praferenzen (Vorlieben) fiir altemativ zur Auswahl stehende Giiterbiindel auBem konnen. Hat der Konsument also die Moglichkeit, eines von irgend zwei Giiterbiindeln x^ \ x^ ^ aus dem Giiterraum auszuwahlen, so kann er stets angeben, ob er entweder x^ ^ dem x^ ^ als besser vorzieht (geschrieben: x^ ^ :^ x^ ^) oder x^ ^ (2) .(1) ^^)^ gegeniiber x^ ^ praferiert (geschrieben: x^^:^x^^) oder ob er beide

14

Die Giiternachfrage der Haushalte

Guterbiindel als gleich gut erachtet (geschrieben: x ^ x ). >^ heiBt Besserpraferenz, ~ wird als Indifferenz bezeichnet. Indifferent ist der Konsument insbesondere bei der Bewertung zweier gleicher Giiterbiindel Die Tatsache, daB es Giiterbtindel gibt, zwischen denen der Konsument indifferent ist, hat zur Folge, daB er in seinem Konsumplan einzelne Giiter mengenmaBig gegen andere austauschen kann, ohne sich dadurch schlechter oder besser zu stellen. Zudem kann davon ausgegangen werden, daB alle zu irgendeinem vorgegebenen Guterbiindel x^^^ indifferenten Gutermengenkombinationen auf einer Kurve im Konsummengendiagramm liegen. Eine solche Kurve wird als Indifferenzkurve bezeichnet. Ihre Herleitung und Analyse ist Gegenstand dieses Kapitels 1.1. c) Mittels der Indifferenzkurven ist es moglich, die Praferenzen des Konsumenten zu beschreiben und damit den Guterraum gemaB seiner Vorlieben zu strukturieren. Um etwas, iiber die Form und die Eigenschaften von Indifferenzkurven aussagen zu konnen, gehen wir von zwei plausiblen Annahmen iiber die Einstellung und das Konsumgebaren eines typischen Konsumenten aus: Die erste dieser fundamentalen Hypothesen der mikrookonomischen Haushaltstheorie wird bezeichnet als (HI) Unersattlichkeit: Enthalt ein Giiterbiindel x^^^ von mindestens einem Gut eine groBere Menge als ein anderes Giiterbiindel x^"^^ und von alien iibrigen Giitem jeweils die gleiche Menge wie x^"^^, so zieht der Konsument das Giiterbiindel x^^-^ dem Giiterbiindel x^^^ vor: x^^^ >- x;^^. Der Konsument praferiert also von irgend zwei Giiterbiindeln immer dasjenige, welches ihm den groBeren Konsum ermoglicht. Beispielsweise wird in der Abbildung 11.1. das Giiterbiindel x^^^ als besser angesehen als das Giiterbiindel x^^^, well x^^^ sowohl vom Gut 1 als auch vom Gut 2 eine groBere Menge enthalt. Es ist sicher in unserem Kulturkreis nicht unrealistisch, von einer derartigen Bewertungsweise in Knappheitssituationen bei den meisten Konsumenten auszugehen. Aus der Annahme (HI) konnen einige wichtige logische Folgerungen hergeleitet werden: • (Hl.l): Es gibt kein Giiterbiindel, das der Konsument alien iibrigen Giiterbiindeln des Giiterraumes vorzieht, mit dem er also voUig zufrieden und gesattigt ware. Weil namlich die zu bewertenden Gutsmengen beliebig groB sein konnen, ist der Giiterraum nicht nach »rechts« und nach »oben« hin beschrankt. Zu jedem Giiterbiindel gibt es immer noch andere, die groBere Mengen der Giiter enthalten

15

1.1. Subjektive Konsumpraferenzen

und deshalb nach (HI) von dem Konsumenten als besser angesehen werden. Deshalb gibt es auch kein Giiterbundel, in dem sich aus der Sicht des Konsumenten »zu viel« von einem Gut befmdet. Daraus kann auch gefolgert werden, daB es sich bei der IndifFerenzkurve tatsachlich um eine Kurve beziehungsweise Linie handeln muB; Indifferenzstreifen mit einer bestimmten Breite sind nicht moglich. Der Leser mache sich dies wie folgt klar: Zeichnen Sie in ein Konsummengendiagramm einen beliebig gelagerten 1 cm breiten Indifferenzstreifen (z.B. von links oben nach rechts unten). Machen Sie sich klar, daB fur die senkrecht iibereinander liegenden Giiterbtindel in diesem Streifen die Unersattlichkeitsvoraussetzung (HI) nicht gelten kann und deshalb Indifferenzstreifen mit (HI) logisch nicht vereinbar sind. • (HI.2): Aus der Annahme der Unersattlichkeit folgt weiter, daB die gegeniiber einem Giiterbiindel x^^^ praferierten Giitermengenkombinationen - bildlich gesprochen - rechts und oberhalb von x^^^ liegen (siehe Abbildung 11.2). Denn in diesem Bereich des Giiterraumes liegen alle Giiterbiindel, die von mindestens einem Gut eine groBere Menge enthalten als das vorgegebene Biindel x^ ^. Zum Beispiel liegt x^^^ in Abbildung 11.2 in diesem sogenannten Besserbereich. Die Guterbundel auf den eingezeichneten Begrenzungslinien gehoren auch dazu. In gleicher Weise laBt sich begriinden, daB x^ ^ gegeniiber alien Giiterbiindeln praferiert wird, die links und unterhalb von x^^^ liegen (wie z.B. x^^^ und auch die Giiterbiindel auf den Begrenzungslinien des Schlechterbereiches). Folglich konnen die zu x^^^ indifferenten Giiterbiindel nur in den nicht-schraffierten Bereichen »links oberhalb« und »rechts unterhalb« von x^ ^ liegen. Abbildung 11.2: Besser- und Schlechterbereich im Konsummengendiagramm X2

10-

iv

98-

i

76-

0

In diesem Falle gilt das "Gesetz von der abnehmenden Grenzrate der Gixtersubstitution". - Wenn beide Voranssetzungen erfiillt sind, kann wie folgt vorgegangen werden: 3. Aus der Budgetbeschrankung S Pi Xi = B erhalt man durch Umstellen nach einer der Gtitermengenvariablen (moghchst nach der gleichen wie oben unter 1.) die Funktionsgjeichung fur die Budgetgerade zu einem bestimmten Budget B. Umstellen nach der Menge des zweiten Gutes ergibt im Zwei-Gtiter-Fall: x2(xi;B) = ^ Vi

-

~ ^ \ Pi

1.3. Optimaler Konsiunplan imd individuelle Giitemachfrage

43

4. Durch Bilden der ersten Ableitung dieser Budgetgeradengleichimg nach der Oder den anderen Gutermengenvariablen ergibt sich als Steigung der Budgetgeraden stets der negative Quotient der Giiterpreise, im Beispiel: ;x2(xi;B) =

- ^ P2

Den Absolutbetrag der Steigung erhalt man durch Weglassen des negativen Vorzeichens; er entspricht dem Giiterpreisverhaltnis pi / p2. 5. Zur Ermittlung des Konsumoptimums ist nun der Absolutbetrag der Indifferenzkurvensteigung (also die Giitersubstitutionsrate aus 2.) dem Absolutbetrag der Budgetgeradensteigung (also dem Preisverhaltnis aus 4.) gleichzusetzen (Konsumoptimumbedingung): |lX2(xi;(p)| = I I

a2,i = - ^ P2

= |ix2(xi;B)| ' '

Durch Auflosen der Gleichung a2,i =Pi /p2 ergibt sich im Falle quasilinearer Praferenzfimktionen die optimale Konsummenge xf. Wird der so gefimdene Term in die Budgetgleichung aus 3. eingesetzt, so erhalt man durch Umstellen auchxf. Aufgabe 13.1: Ein Haushalt habe die Praferenzflinktion (p(xi,x2) = a x i + ^-yfx^, mit a = 0,1 und P = 0,6. Sein Budget B = 1920 gebe er vollstandig fiir den Konsum zweier Outer 1 und 2 aus, die er zu den Preisen pi = 16 und p2 = 24 erwerben kann. a) Welches sind die aus der Sicht des Haushalts optimalen Konsummengen der beiden Giiter (Konsumoptimum)? b) Wie grofi sind die Budgetanteile, die der Haushalt fur die beiden Giiter ausgibt? Versuchen Sie, die Aufgabe zunachst allgemein zu losen und die gegebenen Zahlenwerte erst zum SchluB einzusetzen.

d) AUe bisherigen Ausfuhrungen zum Konsumoptimum bezogen sich auf ein sogenanntes inneres Konsumoptimum, bei dem der Konsument von alien Giitem positive Mengen zu konsumieren wiinscht. Wir woUen nun noch kurz einen Blick auf den sicher realistischen Fall werfen, bei dem ein Konsument von einem Gut Im Falle von mehr als zwei Gutem, sind alle partiellen Ableitungen der Indififerenzfunktion zu bilden. Jede ergibt gemafi der Tangentialb^ingung eine eigene Gleichung, die in dem zu losenden Gleichungssystem zu benicksichtigen ist. Am einfachsten findet man das Konsumoptimum im Mehr-Giiter-Fall mit Hilfe des Lagrange-Ansatzes, vgl. Anhang M.6.a).

Die Giitemachfi-age der Haushalte

44

nichts konsumieren mochte. 1st beispielsweise j = 1 dieses Gut, so ist xf = 0; das Konsumoptimum liegt auf einer der Koordinatenachsen (siehe Abbildung 13.2), gleichsam auf dem Rand des Konsumraumes. Man spricht daher von einem Randoptimum des Konsums. Der Leser markiere das Konsumoptimum (0, X2) mit einem Punkt. Unter welchen Bedingungen kann es zu einem solchen Randoptimum kommen? : Die Abbildung 13.2 zeigt, daB im Punkte (0, x^) auf der X2-Achse die Budgetgerade dem Absolutbetrag nach eine groBere Steigung [x2 aufweist als die eingezeichnete cp-Indiflferenzkurve. Mit anderen Worten: Das Verhaltnis der Giiterpreise (P1/P2) ist grofier als die Grenzrate der Giitersubstitution 02,1. Nach unseren Ausfuhrungen zur Konsumoptimum-Bedingung (13.3) bedeutet dies, daB in dem dargestellten Randoptimum die Zahlungsbereitschaft fur eine zusatzliche Mengeneinheit des Gutes 1 (gemessen in Mengeneinheiten des Gutes 2) kleiner ist als der zu zahlende Preis fflr eine zusatzliche Gutseinheit 1. Der Konsument wiirde gleichsam am liebsten noch weniger von Gut 1 konsumieren. Das geht im Punkt (0, x f ) aber nicht mehr, well er schon nichts mehr von dem Gut 1 in seinem geplanten Konsumgiiterbiindel hat. Er wiinscht nur von dem Gut 2 eine positive Menge X2 zu konsumieren. Die formale Bedingung fur ein Randoptimum der dargestellten Art (also xf =^ 0) lautet somit: ^2,1

Pi P2

Abbildung 13.2: Randoptimum des Konsums X,

(13.4)

1.3. Optimaler Konsumplan und individuelle Giitemachfrage

45

e) Die Analysen dieses Kapitels haben gezeigt: Bei gegebener Praferenzstruktur hangt jede einzelne der optimalen Konsummengen xj eines Konsumenten von der Hohe seines Einkommens oder Budgets B, dem Preis des betreffenden Gutes pj sowie von den Preisen der ubrigen Giiter ab. Die Bedeutung dieser KonsumeinfluBgroBen kann unterschiedlich stark ausgepragt sein - bis hin zu der Moglichkeit, da6 einzelne GroBen ohne merklichen EinfluB auf die optimale Konsummenge eines Gutes sind. So beeinfluBt beispielsweise in dem Beispiel 13.1 das Budget nicht die fur optimal befundene Konsummenge des Gutes 1. Es kann davon ausgegangen werden, daB jeder Konsument bestrebt ist, die aus seiner Sicht optimalen Konsummengen der Guter auch tatsachlich zu erwerben, sie also nachzufragen. Fiir jedes Gut j entspricht deshalb xJ der Nachfrage des Konsumenten nach dem betreffenden Gut. Wir schreiben dafiir im folgenden x^': Das hochgestellte N macht deutlich, daB es sich um eine nachgefragte Menge handelt; der Index i kennzeichnet den Konsumenten (Individuum), um dessen Nachfrage es sich handelt. Es gilt also annahmegemaB : Ni

X;

(•) = x j ( . )

(13.5)

Der Punkt in den Funktionsklammem steht als »Platzhalter« fiir die EinfluBgroBen des Konsumoptimums beziehungsweise der Nachfrage des Konsumenten nach einemGutj. "Nachfrage" bezeichnet allgemein die Bereitschaft, von einem bestimmten Gut unter gewissen Bedingungen eine bestimmte Menge zu kaufen. Genauer wird hier von der partiellen Nachfrage gesprochen, da es sich um die Nachfrage nach einem einzelnen Gut handelt. Die Abhangigkeit der durch den Konsumenten i nachgefragten Menge eines Guts j von den Preisen der Giiter, zusammengefaBt im Preisvektor p = (pi,p2,...,pj)5 und dem Budget des Konsumenten, symbolisiert durch B, wird allgemein durch die partielle individuelle Nachfragefunktion beschrieben: x f = x f (p,Bi)

(13.6)

Sie gibt an, wie die vom Konsumenten i nachgefragte Menge des Gutes j abhangt von seinem Budget und den Preisen aller Giiter. Bei den im Beispiel 13.1 und der Aufgabe 13.1 hergeleiteten optimalen Konsummengen der beiden Giiter 1 und 2 handelt es sich somit, wenn sie als Funktionen der Preise und des Budgets betrachtet werden, um die partiellen Nachfragefunktionen des betrachteten Konsumenten.

46

Die Gutemachfrage der Haushalte

Die geordnete Zusammenfassung aller partiellen Giitemachfragen eines Konsumenten, also sein optimaler Konsumplan x"^, ist - mathematisch gesehen ein Vektor und beschreibt - okonomisch gesehen - die totale individuelle Nachfrage des Konsumenten. Die Bezeichnung "total" bezieht sich darauf, dafi x*^ beziehungsweise x^' die gewtinschten Mengen aller betrachteten Giiter enthalt. Bei nur zwei Gtitem ist beispielsweise die totale individuelle Nachfrage eines Konsumenten i gleich x^' = (xf\ x^'). Auch die totale Nachfrage kann als Funktion der Preise und des Budgets aufgefaBt werden. Wir werden uns im folgenden jedoch nur mit partiellen Nachfragen befassen. ^^ Aufgabe 13.2: Ein Haushalt i, der sein gesamtes monatliches Budget B^ = 1920 fiir den Kauf zweier Giiter ausgibt, h^be die folgende partielle Nachfrageflinktion fur das Gut 1: Xi ^bP2.B»)

B^-12p2 Pi

:~; a) Welche Mengen der beiden Giiter fragt der Haushalt nach, wenn die Preise pi = 32 und p2=24gelten? I

b) Wie andert sich dieses nachgefragte Giiterbiindel, wenn der Preis des Gutes 1 gemaB a) aufdieHalftesinkt?

I; c) Wie andert sich das nachgefragte Guterbiindel aus a), wenn der Preis des Gutes 2 sich auf p2 = 48 verdoppelt?

Exkurs zu Kapitel 13.: Offenbarte Praferenzen a) In diesem Kapitel wurde bisher erklart, wie ausgehend von den Praferenzen und den okonomischen Bedingungen eines Konsumenten sein Nachfrageverhalten modelUert werden kann. Der amerikanische Okonom Paul A. Samuelson hat gezeigt, dal3 sich diese Vorgehensweise unter bestimmten Bedingungen auch umkehren laBt. Es ist demnach mogUch, vom beobachtbaren Nachfrageverhalten eines Konsumenten auf seine Praferenzstruktur zuriickzuschliefien, also seine Indiflferenzkurvenschar zu rekonstruieren, und damit kann dann unter Umstanden sein weiteres Verhalten vorhergesagt werden. Diesen interessanten Ansatz, der im englischsprachigen Raum unter der Bezeichnung Revealed Preference bekannt ist, woUen wir in diesem Exkurs stark vereinfacht skizzieren. Es wird davon ausgegangen, dafi sich die Praferenzen des betrachteten Konsumenten wahrend der Betrachtung nicht andem, dafi sie unseren Grundannahmen (H.l) und (H.2) geniigen und 1

Vgl. P. A. Samuelson : A Note on the Pure Theory of Consumer's Behavior; Economica 5, 1938, S. 6171. Ders.: Consimiption Theory in Terms of Revealed Preference; Econometrica 15, 1948, S. 243-253.

1.3. Exkurs: Offenbarte Praferenzen

47

daB es bei jeder Preis/Budget-Konstellation (g, B) genau ein Konsumoptimum x *^ gibt. Alles weitere ist eine Sache der Logik. Im folgenden lassen wir der Einfachheit halber das Superskript cp zur Keimzeichnung optimaler Guterbtindel weg iind betrachten wieder nur den Zwei-Guter-Fall. b) In der Abbildung 13.3 sei x' das hochstpraferierte Gtiterbundel des betrachteten Konsumenten bei der dargestellten Preis/Budget-Konstellation (pj',p^,B')- Beobachten wir also, daB der Konsument bei den Preisen p ' , p ' iind einem Budget in Hohe von B' das Gtiterbiindel x' nachfragt, so hat er damit qffenbart, daB er x' alien iibrigen Giiterbiindeln vorzieht, die er sich auch hatte leisten konnen. Das sind insbesondere alle iibrigen Punkte auf und unterhalb der Budgetgeraden (schraffierter Bereich) - zum Beispiel x". Dieses Biindel wiirde das Budget B' bei den Preisen p ' p ' nicht voll ausschopfen, das heiBt: pi'xj

+ Pi'x'i

< B'

(13.7)

Das ebenfalls dargestellte Gtiterbiindel x'" liegt dagegen oberhalb der Budgetgeraden und ist folglich bei der zugrunde liegenden Preis/Budget-Konstellation (p/, p^, B') nicht bezahlbar. Abbildung 13.3: Offenbarte Praferenzen I

Ein optimales Gtiterbiindel schopft dagegen das Budget wegen der Unersattlichkeitsannahme (H. 1) immer voll aus, so auch x': V\ •^\

+

P2-X2

=

(13.8)

^'

Setzt man (13.8) fiir B' in (13.7) ein, so resultiert: +

Po'^. ^2

2

(13.9)

48

Die Gutemachfrage der Haushalte

Unter der Voraussetzung, daB der Konsument stets das hochstpraferierte Giiterbiindel wahlt, bedeutet die Beobachtung, daB er das Biindel x' kauft, obwohl er auch x" hatte kaufen konnen, daB er x' gegentiber x" praferiert x' >^ x". c) Stellen wir anschlieBend bei einer anderen Preis/Budget-Konstellation (p J, p'2, B') fest, daB dann x" das optimale und somit nachgefragte Giiterbundel ist, und liegt x'" unterhalb der zugehorigen Budgetgeraden (siehe Abbildung 13.4), so hat der Konsument dadurch offenbart, daB er x" dem Bundel x'" vorzieht: x" >^ x'". Denn er hatte bei den Preisen p\, p2 und dem Budget B' das Gtiterbundelx'" kaufen konnen, hat aber x" gewahlt. Somit gilt analog zu oben: Pj -Xj

+

p ^ •X2


- schwach superiores Gut (Grundgut)

n:

einkommensstarre Nachfrage

inferiores Gut

Danach lassen sich Giiter mit einer positiven Einkommenselastizitat noch in stark und in schwach superiore Giiter unterteilen, je nachdem, ob sich Einkpmmenserhohungen tiberproportional ( s(Xj^ :B) > 1 ) oder unterproportional (0 < 8(Xj^ :B) < 1) auf die nachgefragte Menge auswirken. In der Abbildung 15.1 hegt der Engel'schen Nachfragekurve (1) ein stark superiores Gut (Luxusgut) und der Kurve (3) ein schwach superiores Gut (Grundgut) zugrunde. (2) ist ein in der Reahtat nur selten zu beobachtender Grenzfall (siehe "Mobel" im Empirikum 15.2). Der Leser schreibe die genannten Wertebereiche der Einkommenselastizitat an die zugehorigen Kurven in Abbildung 15.1. Die empirisch gestutzte Feststellung, daB es sich bei Nahrungsmitteln regehnaBig um schwach superiore Giiter handelt, geht auf den schon erwahnten Statistiker Ernst Engel (1857) zuriick und wird ihm zu Ehren als Engel'sches Gesetz bezeichnet. DaB es sich auch bei Wohnraum um ein schwach superiores Gut handelt, heiBt nach dem Entdecker dieser Eigenschaft Schwabe'sches Gesetz. Einige empirisch ermittelte Zahlenwerte fiir Einkommenselastizitaten enthalt das folgende Empirikum:

1

Der Berliner Wohnungsstatistiker Heinrich Schwabe veroffentlichte seine Untersuchung 1868. Die Aussage, dafi die Mietausgaben mit steigendem Haushaltseinkommen nur unterproportional ansteigen, gilt streng genommen nur fur Haushalte, die der gleichen sozialen Schicht angehoren.

Die Giitemaclifrage der Haushalte

68 Empirikum 15.3:

Die folgende Tabelle gibt einige in der Nachfrageforschung empirisch ermittelte Werte fur Einkommenselastizitaten verschiedener Produkte und Produktgruppen wieder: Nahrungs-ZGenuRmittel Weine und Spirituosen Alkohol Mahlzeiten im Restaurant Getranke Bier Wasser Bananen Orangen Kartoffein und Gemuse Fleisch und Fleischwaren Nahrungsmittel insg. Milch und Kase Molkereiprodukte Brot und Backwaren Butter Eier Obst Kase Kaffee Fisch Magarine Schweinefleisch Ole und Fette Mehl Zucker und SuSigkeiten Vollmilch Brot und Cereal ien

s(x^:B) 1 Sonstige Giiter 2j6 1,54 1,4 1,37 1,22 1,02 0,95 0,92 0,87 0,8 0,77..0,8 0,6..0,7 0,53 0,5 0,37..0,47 0,37 0,27 0,21 0 -0,03..0,9 -0,16..-0,2 -0,2 -0,32 -0,36 -0,45 -0,5 -0.5

1

Sportartikel Kraftstoffe, Schmiermittel Taxi-Leistungen Nachrichtenuberm itti ung Kraftfahrzeuge Gas Catering Wohneigentum Mobel Bildung und Unterhaltung Mieten Korper- und Gesundheitspflege Kunst, Sport, Vergnugen Verkehrsleistungen Bucher, Zeitungen Krankenversicherung Kabelfernsehen Telefonnutzung Medizinische Dienste Schuhe Spenden fur wohltatige Zwecke Kleidung Postdienst (Briefe) Tabak Wohnung Elektrizitat Bahnnutzung

s(x^:B)

_ 3,1.3,5 2,8 2,5..2,6 2,46..6,2 1,74 1,64 1,49 1,48 1,4 1,2 1,1.3,6 1,11,01 1,0.. 1,44 0,92 0,83 0,83 0,75..1,9 0,7..1,2 0,7 0,68.. 1,02 0,65 0,64 0,43..0,89 0,2 -0,4

Quellen: Gerfin, H./Heimann, P.: Elastizitat; in: Handworterbuch der Wirtschafts-wissenschaften; Stuttgart, 1979, S. 357, m.B.a. Gollnick, H.G.L: Dynamic Structure of l-lousehold Expenditures in the Federal Republic of Germany - Analyses and Projections 1955-1969/1971 and 1975/1977; Amsterdam u.a., 1975. - Lazear, E./Michael, R.: Family Size and the Distribution of Real Per Capita Income; American Economic Review, 1980, Tab. 2. - Houthakker, H./Taylor, L: Consumer Demand in the United States; Harvard, 1970, Tab. 3.2. - Kohler, H.: Intermediate Microeconomics; New York, 1986, Tab. 4.5, m.B.a. zahlreiche weitere Quellen. - Branch, E.R.: Short Run Income Elasticity for Residential Electricity Using Consumer Expenditure Survey Data; Energy Journal 14, 1993, S. 119. Deaton, A./ Muellbauer, J.: Economics and Consumer Behavior; Cambridge, 1980/94, Tab. 3.1. Deaton, A.S.: The Measurement of Income and Price Elasticities; European Economic Review 6, 1975, Tab. 1.

Beispiel 15.1: Analyse der Einkommensabhdngigkeit der Marktnachfrage. a) Die Analyse der Einkommensabhangigkeit soil exemplarisch anhand einer Nachfragefiinktion erlautert werden, die sich aus der Herleitung des Konsumoptimums in Beispiel 13.1 ergibt. Wir gehen hier einfach davon aus, dafi die Anzahl der I Nachfrager des Gutes 2 alle die gleiche individuelle Nachfrage-

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

69

funktion haben. Die betrelTende Marktnachfragefunktion lautet daim gemaC Gleichimg(15.4): xN(p,B) = I.xNi(p,B) = -

- ^ P2

-

l - l Pl_ ^ V^-P 2

(1)

Um formal zu klaren, ob diese Nachfragefunktion ein inferiores oder ein superiores Gut beschreibt, muB die erste Ableitung nach B gebildet und hinsichtlich ihres Vorzeichens iiberpruft werden. Es ergibt sich: BxN ^ - 1 . > 0 ^ P2

(2)

Die Engel'sche Nachfragekurve des Gutes 2 verlauft demnach mit konstanter positiver Steigung, also linear (siehe die folgende Abbildung). Das Gut 2 ist demnach superior. Zu einer positiven Nachfragemenge x^ kommt es jedoch erst ab einem bestimmten Einkommensniveau, welches dem Schnittpunkt der Nachfragekurve auf der B-Achse entspricht und das wir mit Bo kennzeichnen. Dieser B-Achsenschnittpunkt ergibt sich durch NuUsetzen von X2 (p,B) in Gleichung (1) und Umstellen nach B zu:

Bo = , P ^ V

(3)

a

Wer sich den graphischen Verlauf auch quantitativ verdeutlichen mochte, moge fljr die Konstanten in der Nachfragefunktion (1) Zahlenwerte einsetzen. Der Leser kann beispielsweise a = 1, p = 14, pi = 7, P2 = 2 und I = 200 annehmen. Dann lautet die Engel'sche Nachfragefixnktion einfach x^(B) = lOOB - 1400. Die Steigung gemaB (2) ist ^x^ = 100.

1

Der rechte Summand mit der Wurzel hangt nicht von B ab und fallt somit beim Differenzieren nach B weg.

Die Gutemachfiage der Haushalte

70

Mit der Ableitung (2) laBt sich auch die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach Gut 2 ermitteln:

,N s(x^ : B) =

I •B P2

B X.N 2^-B

IB P2

P-Pl a-p2

Teilt man Zahler und Nenner durch I-B/p^ und zieht im Nenner den entsprechenden Kehrwert quadriert in die Wurzel, so verbleibt: 8(xN : B )

1-

1 P-P1-P2 a-B^

(4)

Mit den oben genannten KoefFizientenwerten ergibt sich beispielsweise: s(x^ :B) 1-

1 14

B B - 14

Der Zahlenwert der Einkommenselastizitat hangt somit im vorliegenden Fall vom Einkommensniveau B ab. Betragt das Einkommen der Nachfrager beispielsweise B = 28, so hat die Einkommenselastizitat in dem genannten Zahlenbeispiel den

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

71

Wert 2, was der Leser nachpmfen moge. Bei B = 49 betragt der Elastizitatswert nur noch 1,4. Die Einkommenselastizitat ist dagegen ofFensichtlich unabhangig von der Anzahl I der Nachfrager. b) Fiir das Gut 1 ergab sich mit der in Beispiel 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlichen NachfragefUnktion gemaB Gleichung (15.3):

xr(p,B) = I. &

(5)

\a-pi Hierbei ist die Analyse der Einkommensabhangigkeit einfach. Denn nach (5) hangt xj^ nicht von B ab, so daB die erste Ableitung von dieser Funktion nach B (also B X D null ist. Deshalb ist auch die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach Gut 1 null. Die Nachfrage nach dem ersten Gut ist unabhangig vom Einkommen. Dies triflft bei quasilinearen Funktionen gemaB (11.2) fiir die Variable im Funktionsterm f(.) immer zu. Empfehlung: Der interessierte Leser moge auf die in diesem Beispiel dargestellte Weise auch fiir die in Aufgabe 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen (unter der Annahme, daB sie fur alle I Nachfrager identisch sind) die Einkommensabhangigkeit der Marktnachfrage untersuchen.

D Aufgabe 15.2: Betrachten Sie die Marktnachfragefunktion fiir Kaffee aus dem Empirikum 15.1. a) Welchen Wert hat die Einkommenselastizitat der Kaffeenachfrage? b) Was ist KafiFee demnach - okonomisch betrachtet - fiir ein Gut? c) Skizzieren Sie den Verlauf der Engel'schen Nachfi*agekurve.

g) Mit Hilfe der Einkommenselastizitat der Nachfrage kann erklart werden, wie die Anteile, die alle Nachfrager zusammen von Ihrem Budget fiir einzelne Giiter ausgeben (wertmaBige Ausgabenanteile), bei Einkommensanderungen variieren: Zur Verdeutlichung betrachten wir eine von nur zwei Konsumenten i = 1 und i = 2 gebildete Marktnachfrage nach zwei Giitem j = 1 und j = 2. Die folgende Tabelle (Abbildung 15.4) zeigt.ein Zahlenbeispiel mit Angabe der Giiterpreise pj und Nachfragemengen Xj sowie die sich daraus ergebenden Ausgaben. B- bezeichnet die Ausgaben des i-ten Konsumenten fiir das Gut j , B' steht fiir die Gesamtausgaben beziehungsweise das Gesamtbudget des Nachfragers i, Bj sind die Gesamtausgaben aller Nachfrager fiir das Gut j .

72

Die Gutemachfrage der Haushalte

Abbildung 15.4: Beispielhafte Nachfrage- und Ausgabentabelle

\ ^ i \

1

2

-^^ Bj

1-

2

(Pi=4)

(P2 = 3)

xf' = 7

x^'=5

B;=28

B" =15

xf2=6

B'

B' = 43

x f =9

Bj=24

B^=27

B^= 51

xf = 13

x^=14

~

B, = 52

B2 = 42

B = 94

Nachfrager 2 fragt also 6 Mengeneinheiten des Gutes 1 zum Preise von 4 nach und gibt dafijr 24 Geldeinheiten aus. Seine Ausgaben belaufen sich insgesamt auf 51 Geldeinheiten; dies entspricht zugleich seinem Budget. Vom Gut 1 werden insgesamt 13 Mengeneinheiten nachgefragt, und die Gesamtausgaben beider Nachfrager fur dieses Gut belaufen sich auf 52 Geldeinheiten. Die Tabelle zeigt, daB die Summe der Ausgaben aller Nachfrager fur ein Gut gleich dem mathematischen Produkt aus dem Preis des Gutes und der insgesamt von dem Gut nachgefragten Menge ist. Der Leser voUziehe auch die iibrigen in Gleichung (15.7) genannten Berechnungsweisen der Gesamtausgaben anhand der Tabelle nach. Wenden wir uns nun den Gesamtausgabenanteilen zu: Der Anteil, den ein Gut j an den Gesamtausgaben beziehungsweise am Gesamtbudget B aller Nachfrager hat, laBt sich nach dem oben Gesagten berechnen durch:

Vgl. Gleichung (12.2); dort war 9 - B' / B'

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

73

0 ._ ^ _ P r < ( p - B ) ' • B B

(15.10)

Der Leser trage in die untere Freizeile der Tabelle in Abbildung 15.4 die Zahlenwerte fur die Ausgabenanteile Q- ein, das heiBt 9, = 4-13/94 = 0,5532 (=B,/B) und e^ = 3-14/94 = 0,4468 (=B2/B). Die am Anfang dieses Abschnitts aufgeworfene Frage, wie sich dieser Gesamtausgabenanteil fur ein Gut andert, wenn das Gesamteinkommen B der Nachfrager sich verandert, kann durch Bilden der ersten Ableitung von (15.10) beantwortet werden. Da die Variable B sowohl im Zahler als auch im Nenner vorkommt, mufi die Quotientenregel der Differentialrechnung angewendet werden: Pj-Bxf-B-pj-xf B0j =

Pj-X

(B)2

(B)2

BX

•B

xN

In der eckigen Klammer erkennt man die Definitionsgleichung (15.8) der Einkommenselastizitat s(Xj^ :B). Deren Zahlenwert bestimmt somit die Wirkung von Einkommensanderungen auf den Ausgaben- beziehungsweise Marktanteil des Gutes. Denn das Vorzeichen von gBj hangt vom Vorzeichen der eckigen Klammer ab. Es gilt also allgemein folgendes Ausgabenanteilstheorem:

B ^9j ^

=0


s(xf :B) = 1

(15.11)

Das bedeutet: Bei einer allgemeinen Einkommenserhohung nimmt ceteris paribus der Ausgabenanteil fiir ein Gutes zu (oberer Fall ">"), falls dessen Einkommenselastizitat groBer als Eins ist (stark superiores Gut); er bleibt unverandert ("="-Fall), falls die Elastizitat gleich Eins ist. Bei einer Einkommenselastizitat kleiner als Eins (schwach superiores Gut) nimmt der Ausgabenanteil ab (unterer Fall "|.: Intermediate Microeconomics; New York, 1986, Tab. 3.6, m.B.a. weitere Quellen. Deaton, A./ Myellbauer, J.: Economics and Consumer Behavior; Cambridge, 1994, Tab. 3.1.

f) Bei der empirischen Ermittlung von Kreuzpreiselastizitaten ist zu beachten, daB letztlich die Nachfragen aller GUter in schwachem MaBe okonomisch interdependent, das heiBt voneinander abhangig sind. Das hegt einfach daran, daB die Budgets der Konsumenten beschrankt sind. Fiihrt die Anderung eines Preises ph zu einer Anderung der Ausgaben fur dieses Gut, so muB es - bei unverandertem Budget - bei anderen Giitem zu einer gegenlaufigen Anderung der Ausgaben und damit wohl auch der nachgefragten Mengen kommen. Steigt beispielsweise der Benzinpreis und erhohen sich wegen mangehider AusweichmogHchkeiten die Ausgaben der Haushalte fur dieses Gut, dann reduzieren diese zum Ausgleich ihrer Budgets vielieicht den Konsum von Zeitschriften. Mit der Benzinpreiserhohung w^e dann - nur aufgrund der beschrankten Budgets - ein Nachjfrageriickgang l?ei Zeitschriften einhergegangen. Deshalb wtirde dann zwischen beiden Gtitem eine komplementare Beziehung festgestellt. Dieser im folgenden vernachlassigte budgetbedingte Zusammenhang wird als schwache Nachfrageinterdependenz bezeichnet.

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

85

Es kann vorkommen, daB ein Gut j zwar ein okonomisches Substitut (oder Komplement) fur ein Gut h ist, nicht aber umgekehrt auch h ein okonomisches Substitut (bzw. Komplement) fur Gut j . Allgemein kann von einer solchen asymmetrischen Nachfrageverbundenheit gesprochen werden, wenn s(x^ : pj^) nicht gleich s(Xh^: Pj) ist. Ohne Anspruch auf Realitatsgehalt erheben zu woUen, sollen hier nur zur Verdeutlichung zwei mogliche Beispiele fur extreme, sich sogar in unterschiedlichen Vorzeichen der Kreuzpreiselastizitaten ausdriickende asymmetrische Nachfrageinterdependenz (sog. diametrale Nachfrageverbundenheit) skizziert werden. Bei funktionellen Substituten oder Komplementen ist eine diametrale Nachfrageverbundenheit in der Regel nicht zu erwarten. • So konnte zwischen der Nachfrage nach Elektrogeraten und Reparaturdienstleistungen eine solche Situation bestehen: Steigt der Preis fiir neue Elektrogerate, so werden weniger davon gekauft und folglich auch weniger Reparaturleistungen nachgefragt; demnach sind Reparaturdienstleistungen okonomische Komplemente zu Neugeraten. Verteuem sich hingegen die Reparaturleistungen, so wird die Nachfrage nach neuen Elektrogeraten zunehmen, well sich die Reparatur defekter Gerate vielfach nicht mehr lohnt. Folglich sind Neugerate okonomische Substitute zu Reparaturdienstleistungen. - Ein ahnlicher Fall liegt bei batteriebetriebenen Armbanduhren und den zu ihrem Betrieb erforderlichen Batterien vor. Steigt der Preis fur Uhren, geht (auch) die nachgefragte Batteriemenge zuriick (also sind Batterien Komplemente von Uhren). Steigt aber der Preis fur Batterien, nimmt unter Umstanden die Nachfrage nach Uhren zu, well neue Uhren mit Batterie haufig billiger sind als Ersatzbatterien (also sind Uhren okonomische Substitute von Batterien). • Ein weiteres Beispiel stammt von Horst Herberg : Zucker wird in unterschiedlichem MaBe fiir die Zubereitung von Kuchen, Schokolade, Konfittire und ahnlichem benotigt. Wenn der Preis fiir Mehl steigt und deshalb Kuchen teurer wird, dann werden »SuBmauler« weniger Kuchen, aber daflir mehr Schokolade etc. essen. Dadurch kann, obwohl weniger Zucker fiir die Kuchenherstellung verwendet wird, der Zuckerverbrauch insgesamt steigen. Zucker ist also (im okonomischen Sinne) ein Substitut fiir Mehl. Steigt dagegen der Zuckerpreis, so werden sowohl Kuchen als auch Schokolade teurer und weniger nachgefragt, so daB auch der Mehlverbrauch sinkt. Demnach ist Mehl (okonomisch gesehen) ein Komplement von Zucker. - Ein weniger extremes Beispiel ist Superbenzin, das zwar als Substitut fiir Normalbenzin dienen kann, nicht aber umgekehrt.

^ Vgl. H. Herberg: Preistheorie; 3. Aufl. 1994, Stuttgart u.a., S. 44, Fn. 32.

Die Giitemaclifrage der Haushalte

86

Beispiel 15.2: Analyse der Kreuzpreisabhdngigkeit der Marktnachfrage. Die Analyse der Kreuzpreisabhangigkeit soil exemplarisch wieder auf der Grundlage der Nachfragefunktionen (15.3) und (15.4) erfolgen, die sich durch Aggregation der als identisch imterstellten einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen aus Beispiel 13.1 ergaben (vgl. auch Beispiel 15.1). Die beiden Marktnachfragefunktionen lauten:

xr(p.B) = I x^(p,B) =

(1)

ya-Pi

IB

(2)

\a-p2

P2

a) Zur formalen Untersuchung, ob das Gut 1 ein okonomisches Substitut oder Komplement von Gut 2 ist, muB die Nachfragefunktion (1) nach p2 differenziert werden (dazu bietet es sich an, zunachst p2 aus der Wurzel herauszuziehen):

2^1

I-

•(P2)2

'a-P,

= I-

T-(P2) '

a-p,

P 2

>

^a-Pj-Pj

0

(3)

Die Ermittlung der Kreuzpreiselastizitat der Nachfrage fiir das Gut 1 in Bezug auf den Preis des Gutes 2 ergibt nach (15.18) mit der obigen Ableitung: '

N

.N.

B(xf:p2)

x^

P

21| a - P 2 - P i T . ( ^

p "2

=

i > 0

(4)

2

ap, Da die Ableitung und damit auch die Elastizitat positiv ist, handelt es sich beim Gut 1 um ein okonomisches Substitut von Gut 2. Da zudem der Elastizitatswert zwischen Null und Eins liegt, ist es gemaB Abbildung 15.7 ein schwaches Substitut. s(xf :p2) hangt weder vom Einkommen noch von den Preisen ab. Die Nachfrage des Gutes 1 ist deshalb isoelastisch (vgl. Anhang M.7.c). Auch die Nachfrageranzahl I ist unerheblich.

1.5. Aggregation und Marktnaclifrage

87

Die Kreuznachfragekurve des Gutes 1 in Abhangigkeit vom Preis des Gutes 2 hat den folgenden Verlauf:

X?(pJ

Die iiber der xpAchse konvexe (und tiber der p2-Achse konkave) Kriimmung des Graphen ist typisch, weil die Substituierbarkeit durch das Gut 1 mit steigendem Preis des Fremdgutes (P2) immer schwieriger wird, zumindest bei fiinktionell verbundenen Giitem. b) Zur Untersuchung der umgekehrten Beziehung (Abhangigkeit der Nachfrage nach Gut 2 vom Preis des Gutes 1) wird die Nachfragefunktion X2 (p,B) gemaB (2) nach pi differenziert: ' N 1^2

=

IB P2

I-

P a P2

•(Pl)2

= -I

a•P2

2

"2''ya- Pi •P2

'

< 0

(5)

Gut 2 ist demnach nicht auch Substitut fiir Gut 1, sondem hat einen komplementaren Charakter. Denn das negative Vorzeichen zeigt an, daB bei steigendem Preis pi die nachgefragte Menge des Gutes 2 sinkt. Die beiden hier verwendeten Nachfragefunktionen bieten somit ein Beispiel fur diametrale Nachfrageverbundenheit. Der interessierte Leser iiberlege sich analog zur Abbildung 15.6, wie dieser Fall haushaltstheoretisch begrimdet werden kann.

88

Die Giitemachfrage der Haushalte

Die vergleichsweise schwierige Ermittlung der Kreuzpreiselastizitat des Gutes 2 in Bezug auf den Preis des Gutes 1 bleibt dem interessierten Leser zur tjbung iiberlassen. Hier nur das Endergebnis: 1

T

0) oder negativ (bxf < 0) ist, hat die Ableitung hxf /Spj ein positives oder ein negatives Vorzeichen. b) Das Vorzeichen der Ableitung (15.21) dient zur Charakterisierung des Nachfrageverhaltens: • Sinkt die nachgefragte Menge eines Gutes, wenn dessen Preis steigt (negative Ableitung: Ixf 0), so heiBt die Nachfrage und ihre Preisreaktion anormal. Vergleichsweise niedrige Preise gehen dann mit einer geringen, vergleichsweise hohe Preise dagegen mit einer groBen Nachfragemenge des Gutes einher. • Andert sich die Nachfragemenge xf bei Variation von pj nicht Qxf =0), so spricht man von einer starren Nachfrage in Bezug auf den Eigenpreis. Dies ist ein theoretischer Grenzfall, der in der Realitat nur naherungsweise vorliegen

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

91

werden kann, zum Beispiel bei unverzichtbaren Gtitem, wie Energie, speziellen Medikatnenten und manchen Suchtstoffen. Der Leser kann die soeben genannten Definitionen neben die Ableitung (15.21) schreiben. Normale Nachfragereaktionen sind die Kegel - daher die Bezeichnung. Anormales Nachfrageverhalten ist allenfalls in einem gewissen Preisintervall moglich, weil bei extrem hohem Preis wegen des begrenzten Einkommens keine beliebig groBe Menge von einem Gut erworben werden kann. Anormalitat ist demnach (wie Inferioritat im Kapitel 1.5.2.b) eine lokale Eigenschaft; das heiBt sie kann in der Realitat nur in einem bestimmten Abschnitt der Marshairschen Nachfragekurve auftreten. Eine Nachfragekurve kann nicht »iiberall« anormal verlaufen; bei sehr hohen (und in der Regel auch bei sehr niedrigen) Preisen verlaufen die Nachfragen aller Giiter normal. Die Abbildung 15.8 zeigt beispielhaft einige Marshall'sche Nachfragekurven mit normalem oder anormalem Verlauf. Wir folgen hier der in der Mikrookonomik tiblichen Achsenkonvention und stellen die abhangige Variable x auf der Abszissen- und die imabhangige Variable p auf der Ordinatenachse dar. Es wird spater klar werden, warum dies zweckmaBig ist. Abbildung 15.8: Marshall'sche Nachfragekurven Pi

Xj

Die Kurven (1) bis (3) zeigen Beispiele normaler Nachfrageverlaufe. Uber die Art der Krummung kaim ja aufgrund der ersten Ableitung (15.21) nichts ausgesagt werden. Die Kurve (4) hat in ihrem mittleren Abschnitt eine positive Steigung, Von theoretischen Ausnahmefallen sei hier abgesehen.

92

Die Giitemachfrage der Haushalte

verhalt sich dort also anormal. Der Leser katin diesen Kurventeil zeichnerisch hervorheben und als anormal kennzeichnen. Sodatin moge uberlegt werden, welchen Verlauf die Marshairsche Nachfragekurve hat, weiin die nachgefragte Menge des Gutes j gar nicht von dem Preis Pj abhangt und folglich auf Anderungen von p j nicht reagiert (preisstarre Nachfrage). SchlieBhch soUte in der Abbildung 15.8 auch die in (15.21) definierte Grenznachfrage, also die Ableitung beziehimgsweise Steigung der Marshall'schen Nachfragekurve verdeutUcht werden. Dazu lege der Leser an einen behebigen Punkt auf einer der Kurven eine Tangente an und zeichne daran ein Steigungsdreieck. Die Steigung \xf = hxf / ^ j entspricht dann der horizontalen Schenkellange, wenn der vertikale Schenkel des Dreiecks auf die Lange Eins (z.B. ein Zentimeter) definiert wird. c) Wie konnen die in Abbildung 15.8 dargestellten moghchen Verlaufe der Marshall'schen Marktnachfragekurve haushaltstheoretisch erklart werden; mit anderen Worten: welche Gegebenheiten miissen dem einzelwirtschafthchen Nachfrageentscheidungsverhalten der Konsumenten zugrunde liegen, damit es auf der Marktebene zu solchen Kurvenverlaufen kommen kann? Interessant ist hier besonders die Erklarung fiir einen teilweise anormalen Verlauf der Marshall'schen Nachfragel^urve. Zur Beantwortung dieser Frage wird emeut auf das Konsumoptimierungsmodell des Kapitels 1.3. zuruckgegriffen. Dazu betrachten wir die folgende Abbildung 15.9, in der zwei Konsummengendiagramme dargestellt sind. Auf den Achsen werden wieder, wie schon in Abbildung 15.6, die Konsummengen zweier Gtiter j und h gemessen. In beiden Diagrammpn sind nun fiinf Budgetgeraden eingezeichnet, die sich nur hinsichthch des Preises des Gutes j unterscheiden: p(i) ist das niedrigste, pj^> das hochste Niveau des Preises pj. Auf jeder Budgetgeraden ist das Konsumoptimum durch einen Tangentialpunkt einer (hier nicht mehr eingezeichneten) Indififerenzkurve dargestellt. Die zugehorigen optimalen und somit von dem Konsumenten nachgefragten Mengen des Gutes j wurden auf die Abszisse gelotet. Nur die sich beim Preisniveau p^^^ ergebende Nachfragemenge des Konsumenten i wurde auch als solche gekennzeichnet: x^*(p^^^). Die alle Konsumoptima verbindende dick eingezeichnete Kurve ist die schon aus Kapitel 1.5.3.c) bekannte Preis/KonsumKurve. Der Leser kann sie als solche bezeichnen.

1

Diese etwa im Vergleich zur Abbildung 11.3 umgekehrte Steigungsmessung beruht darauf, dafi im vorliegenden Fall eine andere Achsenkonvention verwendet wird; die zu differenzierende Grofie x]" steht auf der horizontalen Achse.

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

93

Abbildung 15.9: Konsumentscheidungen im Falle normaler und anormaler Nachfrage

B

B

Xi

Y^7n^5>\_B_

_B_ ,W

_B_ nC3)

3_ p;(?)

B

Xj

D(1)

Im linken Diagramm sinkt die nachgefragte Menge xf mit steigendem Preis pj; der Nachfrager i reagiert dort folglich normal. Im rechten Diagramm nimmt dagegen seine Nachfragemenge des Gutes j zu, wemi der Preis vom Niveau p^^^ auf das Niveau p^^^ steigt; die Reaktion des NachJBragers ist in diesem Fall definitionsgemaB anormal. Bei hoheren Preisniveaus verhalt er sich wieder normal. Dpr Leser kann sich tiberlegen, wie die Preis/Konsum-Kurve weiter verlaufen ^luB, damit sich der Nachfrager bei Preisen unterhalb von p{^> auch wieder normal verhalt. Aufgabe 15.6: Messen Sie in der Abbildung 15.9 in jedem der beiden Diagramme die Nachfragemengen xf'auf der Abszisse aus, die sich bei den fiinf dargestellten Niveaus des Preises pj ergeben. Ubertragen Sie die gemessenen Nachfragemengen in die folgenden beiden Diagramme und verbinden Sie die sich so ergebenden jeweils fiinf Punkte durch eine individuelle Marshall'sche Nachfragekurve des betrachteten Konsumenten i fur das Gut j .

Lotet man von den Konsumoptima nach links auf die Xh-Achse, so zeigt der Vergleich der bei niedrigem und bei hohem Niveau des Preises pj von dem Gut h nachgefragten Mengen das Kreuzpreisveihalten (analog zu Abbildung 15.6): Im linken Diagramm (normale Nachfrage nach Gut j) steigt die Nachfragemmge des Gutes h mit steigendem Preis pj. Gut h ist somit ein okcmomisches Substitut von Gut j . Im rechten Diagramm (anormale Nachfrage nach Gut j unterhalb von pf>) ist dagegen Xh nach der Eihohung des Preises von p f^ auf p \^^ geringer als zuvor, so daB h dann ein okonomisches Kon^lement von j ist. Bei Preisen obeihalb von pf^ ist h wieder ein Substitut von j .

Die Gutemachirage der Haushalte

94

p(5)l

P(5>

l(^)

p(3).

Pf> (2)

PI

PP^+

PP+

-)(1)

XN'

x":*'

Die vorstehende Argumentation zeigt, wie die Konsumoptima der Konsumenten angeordnet sein miissen, wenn die Marktnachfragekurve normal oder anormal verlauft. Entscheidend ist offenbar wieder, welche Indifferenzkurvenstruktur die dominierende Nachfragergruppe hat. Damit es zu einem ansteigenden Verlauf der MarshaH'schen Nachfragekurve (also zu anormalem Nachfrageverhalten) kommt, bedarf es einer dominierenden Anzahl von Konsumenten, deren Konsumoptima wie im rechten Diagramm von Abbildung 15.9 gelagert sind. Umgekehrt kann ein Gut auch dann eine normal fallende Marshall'sche Nachfragekurve aufweisen, wenn nur eine Minderheit yon Konsumenten auf Preisanderungen dieses Gut anormal reagiert. Auf diese Aussage werden wir im spateren Abschnitt g) dieses Unterkapitels noch naher eingehen. Woran kann es liegen, daB Konsumenten im oben definierten Sinne anormal auf Preisanderungen reagieren, was - wie wir noch sehen werden - durchaus keine in der Realitat zu vemachlassigenswerte Erscheinung ist? Zwei Falle sind zu unterscheiden: Anormalitat (also jxj^ > 0) kann sowohl bei superioren Giitem (mit BXJ^ > 0) als auch bei inferioren Giitem (mit BXJ^ < 0) auflretenundkanndaher auf zweierlei Weise begrtindet werden: • Inferiore Giiter mit anormaler Nachfrage heiBen Giffen-Giiter . Ihr Auftreten (der sogenannte Giffen-Fail) ist recht selten. Ein einfaches Zahlenbeispiel kann verdeutlichen, wie es zum Giflfen-Fall kommen kann:

Nach dem Englander Sir Robert Giffen (1837-1910), der -Alfred Marshall zufolge - einen solchen Fall Ende des 19. Jahrhunderts beschrieb.

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

95

Ein armer Konsument habe ein Wochenbudget von 72 Geldeinheiten (GE) zur Verfugung, um sein Uberleben zu sichem. Damit kaufe er nur zwei Nahnmgsmittel, namlich die Menge Xj = 16 eines inferioren Gutes (mit dem Preis pi = 3) und die Menge Xs = 3 eines superioren Gutes (zum Preise von ps = 8). Jede Mengeneinheit des inferioren Gutes liefert einen Nahrwert von 864 Kilokalorien (kcal), wogegen das begehrtere superiore Gut nur 567 kcal je Mengeneinheit erbringt. In der Ausgangssituation ist die Budgetbeschrankung erfiillt (3-16 + 8*3 = 72), und der Konsument realisiert einen Nahrwert von 16-864 + 3-567 = 15.525 kcal pro Woche, die es ihm annahmegemaB gerade zu uberleben erlauben. Steigt nun der Preis des inferioren Gutes auf pi = 4, so kann der Konsument seine Budgetbeschrankung nur dann aufrecht erhalten, wenn er seinen Konsum einschrankt. Wurde er nur die Menge des superioren Gutes reduzieren (z.B. auf Xs= 1), so reicht zwar wieder das Budget aus (4-16 + 8-1 = 72), aber sein wochentlicher Nahrwert sinkt auf 14.391 kcal, also unter das Existenzminimum. Folglich bleibt dem Konsumenten nichts anderes iibrig als den Konsum des superioren, aber relativ wenig nahrhaften Gutes zugunsten des inferioren, aber nahrstoffreichen Gutes weiter zu reduzieren (z.B. auf Xs = 0). Ein auf Xi = 18 erhohter Konsum des inferioren Gutes sichert wieder das Uberleben (18-864 + 0-567= 15.552 kcal) und erfullt zugleich die Budgetbeschrankung (4-18 + 8-0 = 72). Beobachtet wurde der Giffen-Effekt unter anderem im vorigen Jahrhundert in GroBbritannien. Die Brotnachfrage der sehr armen Bevolkerungsschichten nahm zu als es zu einer Brotpreiserhohung infolge einer Weizenverteuerung kam. Ahnliches wird aus dem alteren Taiwan hinsichtlich der Reisnachfrage berichtet. Letztlich beruht der Effekt darauf, daB Preiserhohungen die Gesamtkaufkraft des Budgets senken und dadurch Konsumumschichtungen zugunsten eines inferioren Gutes erforderlich machen, well dieses etwa - trotz des gestiegenen Preises bestimmte Konsumerfordemisse besser zu erftillen imstande ist als andere Giiter. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, daB nicht jedes inferiore Gut zu anormalem Nachfrageverhalten fuhrt, selbst dann nicht, wenn es fur alle Nachfrager inferior ist! Auf den Beweis dieser Aussage woUen wir hier aber verzichten. • Auch bei superioren Giitem kann es zu einer anormalen Nachfragereaktion kommen. Das kann darin begriindet sein, daB die Nachfrager entweder einen niedrigen Preis mit einer inakzeptabel geringen Qualitat des Gutes assoziieren (sog. Qualitatseffekt) oder daB einem hohen Preis eine gewiinschte Bedeutung

96

Die Gutemachfrage der Haushalte

J\ Letzteres ist zum Beispiel bei vielen beigemessen wird (sog. Veblen-Effekt). Geschenkartikeln, Gesundheits- imd Korperpflegemitteln oder bei Prestige-Gtitem (sog. Veblen-Giiter) der Fall. Hier praferieren die Konsumenten ein Gut um so hoher und fragen folglich um so mehr davon nach, je hoher der Preis des Gutes ist. Darin kommt der Wunsch der Kaufer nach demonstrativem Luxuskonsum zum Ausdruck, wobei es oft auf die erwiinschte Wahmehmung durch Nichtkaufer des Gutes ankommt. Deshalb wird der Veblen-Effekt hauptsachlich bei stark superioren Giitem zu beobachten sein. Bekannt ist, daB beispielsweise die Nachfrage nach manchen Geschenkartikeln einen Verlauf entsprechend dem Fall (4) in der Abbildung 15.8 aufweist. Der normale Nachfrage verlauf im unteren Preisbereich riihrt daher, daB ein Gut bei vergleichsweise niedrigem Preis kaum flir demonstrativen Konsum geeignet ist und zudem einen Nachfragezuwachs durch zweckfremde Verwendung aufweisen kann. Wenn beispielsweise ein edles Tafelwasser zu einem »Schleuderpreis« zu haben ist, wird mancher Konsument uberlegen, darin zu baden oder damit seine Blumen zu gieBen. Bei extrem hohem Preis laBt dagegen das auch bei demonstrativen Konsumenten beschrankte Ausgabenbudget keinen beliebigen Mehrkonsum des teurer werdenden Gutes zu, so daB auch hier wieder normales Nachfrageverhalten auftritt.

Es muB darauf hingewiesen werden, daB sich der Veblen-Effekt nur durch eine Modifizierung des in Kapitel 1.1. zugrunde gelegten Praferenzmodells herleiten laBt (die Praferenzen mtissen preisabhangig sein), was hier aber unterbleiben soil. d) Die Nachfrageelastizitat eines Gutes in Bezug auf den Preis dieses Gutes wird als (Eigen-)Preiseiastizitat der Nachfrage (oder als direkte Preiselastizitat) bezeichnet. Links steht wieder die fiir Daten und rechts die fur gegebene Funktionen geeignete Definitionsgleichung:

rtx^pj)

Pj

:•

5pj

--

' N j ^ j -Pj

(15.22)

X^

Pj

Die Eigenpreiselastizitat der Nachfrage nach einem Gut gibt an, um wieviel Prozent sich die von diesem Gut nachgefragte Menge andert, wenn der Preis dieses Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Ihr Vorzeichen zeigt das

Nach Thorstein Bunde Veblen (1857-1929), einem kritischen amerikanischen Okonomen, der iinter anderem moderne Konsummuster untersuchte. Er ging bei der Begriindung des nach ihm benannten Effektes davon aus, daB Menschen um Anerkennung bemuht sind und daB Anerkennung durch das Zurschaustellen von materiellem Wohlstand erlangt werden kann.

1.5. Aggregation und Marktnaclifrage

97

Steigungsverhalten der MarshaH'schen Nachfragekurve an. Die Ableitung aus (15.21) bestimmt das Vorzeichen von s(Xj^ -Pj)- 1st sie negativ (normale Nachfrage), hat auch die Eigenpreiselastizitat ein negatives Vorzeichen; ist sie positiv (anormale Nachfrage), ist auch die E(xf :pj) positiv. Der Leser kann deshalb in (15.21) anstelle der Ableitung die Eigenpreiselastizitat hinsichtlich ihres Vorzeichens und der dadurch definierten Art des Nachfrageverhaltens unterscheiden. Nach der Hohe der Eigenpreiselastizitat werden gemaB der Abbildung 15.10 verschiedene Nachfragereagibilitaten unterschieden. Abbildung 15.10: Nachfrageklassifikation nach der Hohe der Eigenpreiselastizitat

8(xf:pj)

-00

i

anormale Nachfrage vollkommen preisunelastische (starre) Nachfrage

"I

(relativ) preisunelastische normale Nachfrage

(relativ) preiselastische normale Nachfrage vollkommen preiselastische Nachfrage

Eine besondere Art von Marshall'schen Nachfragefimktionen sind jene, die unabhangig von der Hohe des Preises den gleichen Zahlenwert der Preiselastizitat aufweisen. Solche Funktionen heiBen preisisoelastisch. Sie haben im allgemeinen die Form x(p) = n - p " , v^obei der Exponent a der konstanten Elastizitat s(x:p) entspricht, was der Leser nachpriifen moge (vgl. Anhang M.7.c). Im Normalfall hat die zugehorige Nachfragekurve dann den Verlauf einer Hyperbel, etwa wie die Kurve (1) in der Abbildung 15.8. Bei einer vollkommen preisunelastischen (starren) Nachfrage »steht« die Nachfragekurve senkrecht auf der x-Achse. Eine vollkommen preiselastische Nachfragekurve verlauft dagegen horizontal, steht also senkrecht auf der p-Achse. Kennt man den Elastizitatswerts(xJ^ -Pj)? so kann man durch Umstellen von (15.22) nach 9x^ eine Schatzformel fiir die absolute Nachfragemengenanderung des Gutes j gewinnen, die angibt um wieviele Einheiten die nachgefragte Menge

98

Die Gutemachfrage der Haushalte

steigen oder zuruckgehen wird, wenn der Preis des Gutes sich um 9pj Einheiten Oder um 5pj/pj Prozent andert: bx^

= x]^.s(xj^:pj).-^

(15.23)

Anmerkung: In der Literatur wird die Preiselastizitat haufig nicht dem tatsachlichen Zahlenwert, sondem dem Absolutbetrag nach definiert. Bei normaler Nachfrage werden dann positive Elastizitatswerte angegeben. Das ist hochst unzweckmaBig; zum einen weil dabei der Informationswert des Vorzeichens verlorengeht (normale vs. anormale Nachfrage). Zum anderen steht man dann vor Vorzeichenproblemen, wenn einmal ein tatsachlich positiver Preiselastizitatswert vorliegt; solche Falle stellen nach der im spateren Empirikum 15.5b) dargestellten Haufigkeitsverteilung keine vemachlassigenswerten Ausnahmen dar. AuBerdem werden durch Absolutbetrage die Definitions- und Berechnungsformeln der Elastizitaten unnotig kompliziert. Elastizitaten soUten daher stets - wie hier ohne Absolutbetrage definiert werden. Eigenpreiselastizitaten sind von vielfaltiger praktischer Relevanz, zum Beispiel bei der Bestimmung optimaler Angebotspreise durch Untemehmen. Sie zeigen dem Untemehmen auch, wie genau eine Preiskalkulation sein muB: Reagiert die Nachfrage sehr elastisch auf Preisanderungen, dann bewirken schon geringe Variationen der Aufschlagsatze (Margen) erhebliche Absatzanderungen. Preiselastizitaten sind daruber hinaus bei der Messung der Marktmacht von 2

Untemehmen bedeutsam. Beispiel 15.3: Analyse der Eigenpreisabhdngigkeit der Marktnachfrage. Die Analyse der Eigenpreisabhangigkeit soil wieder exemplarisch auf der Grundlage einer der in Beispiel 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen dargestellt werden (vgl. auch die Beispiele 15.1 und 15.2). Es wird abermals davon ausgegangen, daB es I Nachfrager gibt, die alle in ihren Nachfrageplanen iibereinstimmen. Die Marktnachfragefunktion fiir das Gut 1 lautet dann gemaB (15.3) wieder:

xr(P,B) = l-l^^

yapi

1

Vgl. z.B. die spatere Gleichung (33.16) Vgl. die spatere Gleichung (33.21)

(1)

1.5. Aggregation und Marktiiachfrage

99

Um zu klaren, ob sicli die durcli (1) beschriebeiie Nachfrage nach dem Gut 1 normal oder anonnaJ ¥erhilt, nmB xf (p,B) nach dem eigenen Preis pi differenziert werden. Dies ergibt: I^ P,

P^P.

i . i . i i P i . (P,)" 2 V a

(p.)

a

(2)

Die Nachfragekim^e fiir Gut 1 verlauft also uneingeschrinkt normal, das heifit durchweg fallend in pi. Achsenschnittpiinkte gibt es nieht. Dies zeigt- auch die folgende Abbildung:

Die Eigenpreiselastizitat der Nachfrage nach Gut 1 lafit sich mit der Ableitung (2) wie folgt berechnen: '

e(xN:pi) =

-I-,

N

ixf-Pi Xj

_

(P-Pl

V a T-

•f(Pl)"'''-Pl

FK

1 2

I«'P1 Die Elastizitat ist konstant, also niclit von den Preisen oder dem Einkommen abhangig; die Marshal! sclie Nachfrage nacli Gut 1 ist somit isoelastisch. Auch die Anzahl I der Nachfrager hat keinen EintluB, Der Leser niache sich klar, daB (1) tatsachh'ch die Funktionsfomi xf (pi)™ n-(pi)"^/" hat wobei n = 1-^P*P2 /ot ein konstanter Term ist.

Die GlJtemacMrage der Haushalte

100

Der Elastizitatswert ist iiegativ, was die Normalitat der Nachfrage aiizeigt, imd dem Betrage nach Memer als Eiiis, weslialb von einer relativ preisunelastisclien Nachfrage gesprocheii werdea kann. Empfehlimg: Der iiiteressierte Leser oioge aiicli fur die in Aufgabe 13.1 hergeleiteten einzelwirtschaftlicheii Naclifragefimktioiien (iiiiter der Aimahme, dafi sie fiir jeden der I Naclifrager gilt) die Eigenpreisabhaiigigkeit der Marktnaclifrage untersiicheii.

n

Aufgabe 15.7; Betrachten Sie die Marktnachfragefunktion fiir KafFee aus dem Empirikum 15.1. a) Welchen Wait hat die Eigenpreisekisrizitar der KatTeenachfrage? '. b) Was ist Kaffee deninach - okonomisch betrachtet - fur ein Gut*^ c) Skizzieren Sie den Veiiauf der Marsbairbclieii Nachfragekur\"e.

Empirikum 15.5: a) Die folgende Tabelle zeigt einige der Literatur entnommene empirisch ermittelte Zahlenwerte von Eigenpreiselastizitaten verschiedener Guter: Nahrungs- iind GemiOmittel Nahrunasmittel Fleischwaren insgesanit Milch Brot und Backwaren Huhiierlleisch Bier Alkohol insgesamt Rindfieisch Wasser Apfel Butter Zitrusfruchte Pfirsiche Eier Schweinetleisch Kartofleln Mahlzeiten im Margarine

s(x_j :p:) -0,63 -IJ

1

Sonstige Giiter

A3

Kraftfahrzeuae Radios, Fernsehgeral e \ Mobel Porzellan, Giaswaren

-L2

1

>0,3L."0,0

-1J3 -0,92 -0,92..-0,52 A3 ~L40..-0J A97..-0,8 "1,50 -0,23 -0,45 -0,68..-0,3 -1,63 -0,3

Vvohiiuiig

j Kdrper-Alesiiiidhei t spll ege Bildung und Unterhaltuiig Telefonnutzung Sportartike! Kinotllme Blunien, Samen, Pflanzen Kleiduiig Fkigfernreisen Schulie Hausiiaitsgerate ; Autoreifen Zeitungers, Zeitschriften Bahn- und Busfemreisen

-1.35..-0.6 -1,19 -2,0..-1,01 -1,34 -L0..-0,56 +0,3 -2,9 -l,0..-0,89 -2,40..-0,88 -0,87 -2,7..-0,82 -0,72..-0,51 -0,70 -0,70 -0,67 -0,0 -0,1 -0,2

1.5. Aggregation imd Marktnachfiage

Lammfleisch Griine Erbsen (frisch) Zigaretten Gefltigel Zucker Hammelfleisch Kohl Kaffee Tomaten (frisch) Marihuana Kase Orangen Fisch Wein und Spirituosen Molkereiprodukte Obst insgesamt SiiBigkeiten Ole und Fette Bananen

-1,9 -2,8 -0,51 -0,27 -0,44 -1,47 -0,4 -0,25 -4,60 -1,51 +0,17 -1,0 -0,09 -0,34 -0,03 -0,36 -0,19 -0,27 -0,62

101 Schmuck, Uhren Taxi-Leistungen Kabelfemsehen Schreibwaren, Papier Medizinische Dienste Postdienste (Briefe) Theater und Oper Streichholzer Elektrizitat Krankenversicherung Erdgas, Benzin und 01 Busfahrten (nah) Buromaschinen Mieten Catering Bahnnutzung Kohle Gas Biicher (wissenschaftliche)

-2,6..-0,54 -1,24 -1,2 -0,47 -0,8..-0,58 -0,05 -0,18 -0,0 -0,2..-0,13 -0,31 -0,15..-0,14 -0,77 -0,5 -0,15 -2,61 -0,54 -0,32 -2,64 -0,5..-3

Quellen: Gerfin, H./Heimann, P.: Elastizitat; in: Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaften; Stuttgart, 1979, S. 357, m.B.a. Gollnick, H.G.L.: Dynamic Structure of Household Expenditures in tine Federal Republic of Germany - Analyses and Projections 1955-1969/1971 and 1975/1977; Amsterdam u.a., 1975. - Lazear, E.I Michael, R.: Family Size and the Distribution of Real Per Capita Income; American Economic Review, 1980, Tab. 2. - Houthakker, H./Taylor, L.: Consumer Demand in the United States; Harvard, 1970, Tab. 3.2. - Woll, A.: Allgemeine Volkswirtschaftslehre; 7. Aufl., Munchen, 1981, S. 114, m.B.a. weitere Quellen. - Kohler, H.: Intermediate Microeconomics; New York, 1986, Tab. 4.3, m.B.a. zahlreiche weitere Quellen. - Branch, E.R.: Short Run Income Elasticity for Residential Electricity Using Consumer Expenditure Survey Data; Energy Journal 14, 1993, S. 119. - Bittlingmayer, G.: The Elasticity for Books, Resale Price Maintenance and the Lerner Index; JITE 148, 1992, S. 588f. - Deaton, A./ Muellbauer, J.: Economics and Consumer Behavior; Cambridge, 1980/94, Tab. 3.1. - Deaton, A.S.: The Measurement of Income and Price Elasticities; European Economic Review 6, 1975, Tab. 1.

b) Die folgende Abbildung zeigt das Ergebnis einer von G.J. Tellis vorgenommenen Haufigkeitsauszahlung der in wissenschaftiichen Literaturquellen genannten Schatzwerte fur Eigenpreiselastizitaten (insgesamt 367) gangiger Konsumguter:

102

Die Gutemachirage der Haushalte

E(/:p) Die Verteilung zeigt, daB Eigenpreiselastizitatswerte fast ausschlielilich im Zahlenbereich von -10 bis +2 liegen; Werte unter -10 sind seltene Ausnahmen (siehe etwa das Beispiel b3) im Anhang M.7.)- Die meisten Eigenpreiselastizitaten liegen zwischen -4 und Null, wobei der Modus (haufigster Wert) bei -1,5 und der Mittelwert bei etwa -2 liegt. Erstaunlich ist, daB circa sieben Prozent aller dokumentierten Eigenpreiselastizitatswerte positiv sind, also eine anormale Nachfrage der zugehorigen Guter anzeigen. Offenbar ist diese Tatsache den Anbietern dieser Guter nicht bekannt. Quelle: Tellis, G.J.: The Price Elasticity of Selective Demand - A Meta-Analysis of Econometric Models of Sales; Joumal of Marketing Research 25, 1988, S. 331-341, hier S. 337.

DaB, wie die Tabelle a) im vorausgegangenen Empirikum zeigt, landwirtschaftliche Produkte haufig geringe Eigenpreiselastizitatswerte aufweisen, wird als King'sche Regel bezeichnet. Dieser Sachverhalt fuhrt dazu, daB etwa Emteschwankungen zu iiberproportionalen Preisschwankungen flihren (sofem die Marktpreise nicht reguliert werden). e)Ahnlich wie fiir die Einkommenselastizitaten in Kapitel 1.5.2.h) lassen sich auch hinsichtlich der Preiselastizitaten der Naclifrage bestimmte logische GesetzmaBigkeiten herleiten, die vor allem bei empirisch-statistischen Anwendungen der Nachfragetheorie (Nachfrageforschimg) von groBer Bedeutung sind.

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

103

Bei der Herleitung des einzelwirtschaftlichen Konsumoptimums wurde in Kapitel 1.3.b) gezeigt, daB eine proportionale Anderung aller Preise und des Budgets zu keiner Anderung der optimalen Konsummengen x^ der Konsumenten fiihrt. Folglich wird sich bei einer solchen "Freiheit von Geldillusion" auch die aggregierte Nachfrage nicht andem, wenn alle Preise und die Budgets aller Nachfrager, und damit auch das Gesamtbudget beziehungsweise -einkommen, mit einem gleichen mathematischen Faktor |i multipliziert werden (beispielsweise entspricht jLi = 2 einer Verdoppelung). Es gilt somit: XjN(^i.p,^.B)

= x f (p,B)

(15.24)

Mathematisch gesehen ist die Marktnachfragefiinktion also homogen vom Grade null in g und B. Deshalb kann darauf das Euler'sche Theorem tiber homogene Funktionen angewendet werden, iiber das sich der Leser zunachst mit Hilfe des Anhangs M.4.4. Klarheit verschafFen soUte. Es besagt in seiner allgemeinen Form: Bei jeder homogenen Funktion ist die Summe aller mit den zugehorigen Variablen multiplizierten partiellen Ableitungen gleich dem mathematischen Produkt aus dem Homogenitatsgrad fi der Funktion und ihrem Funktionswert. Da die Marktnachfragefunktion gemafi (15.24) homogen vom Grade null ist, gilt nach dem Euler'schen Theorem damitflirjedes beliebige Gut j folgende Gleichung: Z h ^ f - P h + B^f-B

= 0

{=%]

(15.25)

h-l

Durch Erweitem mit 1 / xf entstehen aus den Summanden Elastizitaten. Es ergibt sich so das Elastizitatstheorem der mikrookonomischen Nachfragetheorie: J

E eCxf :Ph)

h=l

+

e(xr :B) =

0

(15.26)

Die Aussage dieses Theorems lautet: Die Summe aller Nachfrageelastizitaten (Einkommenselastizitat, Eigenpreiselastizitat und alle moglichen Kreuzpreiselastizitaten) eines jeden Gutes j ist stets null. Diese wichtige Eigenschaft zeigt uns, daB die in den vorangegangenen Unterkapiteln behandelten Nachfrageelastizitaten nicht unabhangig voneinander sind. Wenn in (15.26) alle Summanden bis auf einen bekannt sind, dann kann dieser letzte Summand nur einen ganz bestimmten Wert haben, namlich den, der die Gleichung erfiillt. Sind zum Beispiel alle Preiselastizitaten eines Gutes j bekannt, dann ist die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach diesem Gut einfach bestimmt durch:

104

Die Gutemachfrage der Haushalte

B(xf :B) = - X 8 ( x f : p J h=l

Die Summe aller Kreuzpreiselastizitaten eines Gutes j (ohne die Eigenpreiselastizitat) gibt an, welchen okonomischen Charakter j in Bezug auf alle tibrigen Giiter hat; wir definieren sie als die Nachfragereaktanz des Gutes j und verwenden dafiir den kleinen griechischen Buchstaben Rho:

Q^ = Q^(p ) := teCxf : p j •'

(15.27)

h=l

• 1st Qj^ > 0, SO nennen wir das Gut j ein okonomisches per-saldo-Substitut. Denn eine einprozentige Verteuerung aller ubrigen Giiter h ^ j fiihrt dann zu einer Mehmachfrage beim Gut j ; es wird folglich von den Nachfragem als okonomisches Substitut der tibrigen Giiter angesehen - zumindest im Mittel. • 1st Qj^ < 0, so bezeichnen wir das Gut j als okonomisches per-saldoKomplement. Steigen die Preise aller Giiter auBer j um ein Prozent, so sinkt die Nachfragemenge bei j ; die Nachfrager betrachten es daher als okonomisches Komplement der ubrigen Guter. • 1st Q^ ungefahr gleich Null, so ist j per-saldo-unabhangig von den Preisen der iibrigen Guter. Steigen oder fallen die Preise aller Giiter auBer j um ein Prozent, so andert sich die nachgefragte Menge des Gutes j nicht wesentlich. Gibt es deutlich von Null verschiedene Kreuzpreisabhangigkeiten zu anderen Giitem, dann gleichen sich diese insgesamt betrachtet gegenseitig aus. Zur indirekten Ermittlung der Nachfragereaktanz Elastizitatstheorem (15.26) wie folgt umgestellt werden:

Qf = - s ( x f : p p - 8 ( x f : B )

(15.27)

kann

das

(15.28)

Kennt man die Eigenpreiselastizitat 8(x^:pj) und die Einkommenselastizitat 8(x^:B) eines Gutes j , so ergibt ihre negative Summe die Nachfragereaktanz des 2

Gutes. Betrachten wir dazu einige Beispiele aus den Empirika 15.3 und 15.5: Fiir Kraftfahrzeuge ergibt sich mit den Mittelwerten der Eigenpreiselastizitat von s(Xj^:pj) = -0,98 und der Einkommenselastizitat von s(x]^:B) = 4,3 eine Nachfragereaktanz von Q^ = -(-0,98)-4,3 = -3,35. Sie sind demnach ein 1

Vgl. zur Definition substitutiver und komplementarer Giiter ggf. Kapitel 1.5.3.b). Auf die eingeschrankte Vergleichbarkeit der Elastizitatswerte aus unterschiedlichen Schatzungen sei hier nur hingewiesen.

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

105

okonomisches per-saldo-Komplement. Eine Verteuerung aller ubrigen Konsumguter fiihrt zu einem Rtickgang (sogar einem tiberproportionalen) der Kraftfahrzeugnachfrage. Brot imd Backwaren sind dagegen okonomische per-saldo-Substitute, ihre Nachfragereaktanz hat den Wert Q^ = -(-1,8) - 0,5 = 1,3. Sie werden verstarkt nachgefragt, wenn die ubrigen Produkte teurer werden. Beispiele fiir okonomisch per-saldo-imabhangige Outer mit Q^^-Werten nahe bei Null sind die Telefonnutzung, Nahrungsmittel insgesamt und insbesondere Bier. Proportionale Preisanderungen der ubrigen Giiter wirken sich nicht wesentlich auf die Nachfragemengen dieser Giiter aus. Bei ihnen addieren sich Eigenpreis- und Einkommenselastizitat zu Null. Das Elastizitatstheorem (15.26) beziehungsweise (15.28) erleichtert nicht nur die Arbeit bei empirisch-statistischen Nachfrageanalysen, sondem laBt auch einige interessante theoretische SchluBfolgerungen zu: So kann ein inferiores Gut j (s(x|^:B) < 0) nur dann eine normale Nachfrage (s(x^:pj) < 0) haben, wenn es ein per-saldo-Substitut ( Q J ^ > 0 ) ist. Der Veblen-Fall, also ein superiores Gut (s(x}^:B)> 0) mit anormaler Nachfrage (s(x5^: Pj) > 0), setzt dagegen voraus, daB j ein per-saldo-Komplement (Q^ < 0) ist. Analog ist zu erkennen, daB jedes per-saldo-Komplement mit normaler Nachfrage ein superiores Gut sein muB. Und jedes anormal nachgefragte persaldo-Substitut ist inferior. Ist j schlieBlich ein per-saldo-Substitut und superior, so ist seine Nachfrage normal. Ist es dagegen ein per-saldo-Komplement und inferior, so ist die Eigenpreisreaktion anormal. Der Leser mache sich diese Aussagen, die auch gut zur Rekapitulierung der friiheren Ausfuhrungen dienen konnen, anhand der Gleichung (15.28) und fiktiver Zahlenwerte klar. Das Elastizitatstheorem gibt auch AufschluB dariiber, worauf eine hohe negative Eigenpreiselastizitat der Nachfrage nach einem Gut beruhen kann, zum Beispiel s(x^ :pj) < - 4 . Allgemein hangt die Eigenpreiselastizitat stark von der Verfiigbarkeit enger Substitutionsgiiter ab. Gibt es viele gute fiinktionelle Substitute fiir ein Gut, man denke an unterschiedliche Benzin- oder Waschmittelmarken, so wird dessen Eigenpreiselastizitat dem Absolutbetrag nach groB sein. Denn bei einem superioren Gut fiihrt eine hohe positive Nachfragereaktanz gemaB (15.28) zu einem weit im negativen Zahlenbereich liegenden Eigenpreiselastizitatswert. Die Nachfrager konnen dann etwa bei Preiserhohungen des Gutes vergleichsweise leicht auf die Substitute ausweichen. Eine weitere EinfluBgroBe auf die Hohe der Eigenpreiselastizitat ist die Neigung der Nachfrager, bei dem betreffenden Gut zu sparen oder ganz darauf zu

Die Giitemachfrage der Haushalte

106

verzichten, wenn sich deren wirtschaftliche Situation verschlechtert. Das ist besonders bei stark superioren Giitem (mit hohen positiven s(Xj^ :B)-Wert) der Fall. Auch dann muB, unter sonst gleichen Bedingungen, s(Xj^ : pj) sehr negativ sein. y Aufgabe 15.8: ; ^ o; ^ :t i^ -

Bei einer empirischen Nachfrageanalyse wurden alle kaufbaren Konsumguter der Haushalte in vier Produktgruppen eingeteilt, die mit dem Index j beziehungsweise h durchnumeriert werden. Die Analyse habe die in der folgenden Tabelle genannten Nachfrageelastizitatswerte ergeben. (Im mittleren Tabellenteil stehen die Elastizitaten s(xf:pi^) beziehungsweise e(xr:Pj)). a) Prufen Sie, ob das Elastizitatstheorem der Nachfragetheorie (15.26) fiir alle vier Produktgruppen erfuUt ist.

i b) Geben Sie zu jedem genannten Elastizitatswert an, was er hinsichtlich der okonomisehen \. Eigenschaften der betrefFenden Produktgruppe beziehungsweise der Nachfrage danach aussagt.

P\h

1

2

3

4

e(xj:B)

1

-2

0

3

-1

0

2

2

1

-3

-2

2

3

-1

-3

0

5

-1

4

1

0

1

-4

2

e(Xh:B)

0

2

-1

2

f) Noch ein weiterer interessanter und bei praktischen Nachfrageanalysen ntitzlicher Elastizitatszusammenhang ist zu erwahnen. In den Gleichungen (12.2) und (15.10) kam die Definition des wertmaBigen Budgetanteils beziehungsweise der Ausgaben Bj ==pj Xj fiir ein Gut j zur Sprache. Diese Ausgaben konnen sich nicht nur auf einen einzelnen Konsumenten, sondem auch auf die gesamten Ausgaben aller Nachfrager fiir ein Gut beziehen. AuBer der in (15.22) definierten Eigenpreiselastizitat der Nachfi^age interessiert man sich haufig fiir die Preiselastizitat der Ausgaben (bzw. Ausgabenelastizitat) ftr das betrachtete Gut. Dieser ist wie folgt definiert: Vgl. etwa Kapitel 1.5.2.d) zu den sog. Engel-Kurven.

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

107

m. 5B.

Bj ^ ( ^ j ^ p j ) ••= ^

=

5Pj

Pj

P.Bj-Pj

1 ^ - ^

=

Bj

"

^

^

Bj

^

(l^-29>

Pj

Diese Elastizitat gibt an, um wieviel Prozent sich die (einzel- oder gesamtwirtschaftlichen) Ausgaben Bj fiir ein Gut j andem, wenn der Preis des Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Bei Nachfrageanalysen miissen die Eigenpreis- und die Ausgabenelastizitat nicht beide ermittelt werden, weil zwischen beiden ein einfacher logischer Zusammenhang besteht. Um diesen herauszufinden, gehen wir von der allgemeinen Ausgabendefmition Bj =Pj-x^(pj) aus und difFerenzieren diese nach Pj. Mit der Produktregel ergibt dies: 'B

=

fp-x^(p.)l

= x^(p.) + p..!x^(p.)

Wir setzen dies in die Elastizitatsdefinition (15.29) ein und erhalten mit Bj

B(Bj:Pj)

Pj-xf

'"

xN

Auf der rechten Seite erkennen wir die Definition der Eigenpreiselastizitat der Naclifrage gemaB (15.22). Somit gilt allgemein, dafi die Ausgabenelastizitat in Bezug auf den Eigenpreis stets gleich der um Eins erhohten Eigenpreiselastizitat der Nachfi*age ist: c(Bj:pp

=

l - , s ( xN -. ,p p

(15.30)

WeiB man also beispielsweise, dafi die Eigenpreiselastizitat der Nahrungsmittelnachfi'age -0,63 betragt (vgl. Empirikum 15.5), so sagt (15.30), daB dann eine einprozentige Nahrungsmittelverteuerung zu einem Anstieg der Ausgaben der Haushalte fur Nahrungsmittel um 0,37 Prozent fuhrt. Bei der Anwendung der Gleichung ist zu beachten, daB die Eigenpreiselastizitatswerte in der Kegel negative Zahlen sind. 1

Vgl auch den Spezialfall der Gleichung (7) im Anhang M.7.

Die Giitemachfrage der Haushalte

108

g) Speziell fur den Fall der Marshairschen Nachfragefunktion kann die in Kapitel 1.5.1. allgemein dargestellte Aggregation individueller Nachfragefunktionen Xj^^(p,B') zur Bestimmung der Marktnachfragefunktion konkretisiert und auch graphisch veranschaulicht werden. Bezeichnen wir wieder mit p^j den Vektor aller Preise auBer dem Preis pj, also p\j = (pi,..,pj.i,pj+i,..,pj), so lautet die Aggregationsformel fiir die Marshall'sche Nachfrage nach einem Gut j : I

;:ix

x^J = xf (pj,p^.,B) = I x f (pj,p^.,B')

(15.31)

Diese etwas kompliziert anmutende Gleichung besagt einfach folgendes: Die Marktnachfrage nach dem Gut j ergibt sich, indem fur jeden moglichen Zahlenwert des Preises pj (bei Konstanz aller librigen EinflufigroBen) die von alien I Haushalten nachgefragten Mengen dieses Gutes addiert werden. Die folgende Abbildung 15.11 veranschaulicht die in (15.31) formahsierte Aggregation der individuellen Nachfragen nach einem Gut j fiir den Fall dreier Nachfrager (1 = 3): Die drei linken Diagramme geben die Marshall'schen Nachfragefimktionen der drei betrachteten Konsumenten wieder, das heiBt die von jedem Konsumenten nachgefragte Menge des Gutes j in Abhangigkeit vom Preis dieses Gutes (vgl. Aufgabe 15.6). Wie zu sehen ist, verlaufen die einzelwirtschafflichen Nachfragekurven normal. Zu jedem moglichen Niveau des Preises Pj werden nun die von alien drei Konsumenten nachgefragten Mengen zusammengezahlt. Graphisch entspricht dies der Addition der horizontalen Abstande (dargestellt als Pfeile) zwischen den Preisachsen und den individuellen Nachfragekurven. Bei jeder Hohe des Preises p j entspricht diese Summe der auf dem Markt insgesamt bei diesem Preisniveau nachgefragten Gutsmenge Xj^(pj). Diese wurde im rechten Diagramm aufgetragen. Abbildung 15 J1: Aggregation von Nachfragekurven

1.5. Aggregation iind Marktnachfrage

109

Am besten kann man sich die Konstniktion der MarshalFschen Marktnachfragekurve klarmachen, wenn man den Preis Pj gedanklich von einem sehr hohen Zahlenwert herkommend gegen null fallen laBt. Oberhalb des Preisniveaus p^j^^ wird von keinem der Konsumenten eine positive Menge des Gutes nachgefragt. Bei p^j^^ beginnt der Konsument 1 das Gut nachzufragen. Ein Akteur in dieser Situation wird als Grenznachfrager bezeichnet; das betreffende Niveau des Preises ist seine individuelle Preisobergrenze. Die maximale Preisobergrenze iiber alle Nachfrager ist zugleich diejenige des gesamten Marktes, die sogenannte Marktpreisobergrenze Pj; im obigen Diagramm ist das pf\ Bis hinunter zum Preisniveau p-^^ ist Konsument 1 der einzige Nachfrager; die Marktnachfrage besteht nur aus seiner nachgefragten Menge. Diese wird reprasentiert durch den horizontalen Abstand zwischen der pj-Achse und seiner Nachfragekurve. Jeder Millimeter konnte zum Beispiel einer Mengeneinheit des Gutes j entsprechen. Bei Pj^^ ist Konsument 3 Grenznachfrager. Zwischen p-^^ und p-^^ setzt sich die Marktnachfrage aus der Summe der von Konsument 1 und Konsument 3 nachgefragten Mengen zusammen. Die Pfeillangen der beiden sind entsprechend horizontal zu addieren. Unterhalb des Preisniveaus Pj^\ bei dem der Konsument 2 Grenznachfrager ist, auBem alle drei Akteure positive Nachfragemengen, und die Marktnachfrage enthalt nun drei Komponenten. Beim Preisniveau p-"^^ ergibt sich beispielsweise die aggregierte Nachfrage Xj^(Pj'^0 = x]^^(pj'*0 + Xj^^(p.^^) + xf^ (pf^), was der Leser in die Abbildung eintragen kann. Aufgabe 15.9: Gegeben seien die individuellen Nachfragefunktionen zweier Konsumenten fiir ein Gut j : x r ( P j ) = 5-0,5-pj, x f ( p j ) = 7 - p j Frmitteln und zeichnen Sie die aggregierte Marktnaclifragekurve xf (pj). Versuchen Sie auch die Funktionsgleichung dafur anzugeben.

Im rechten Diagramm der Abbildung 15.11 ist zu erkennen, daB bei jedem Preisniveau, bei dem ein Konsument Grenznachfrager ist, die Marktnachfragekurve einen Knick aufweist, weil unterhalb dieses Niveaus eine zusatzliche individuelle Nachfragekurve auf die bis dahin schon beriicksichtigten »aufgesattelt« wird. (Der Knick bei p^^^ ist nur schwach ausgepragt.) Ist I die Anzahl der Nachfrager, dann gibt es maximal I-l Knicke. Ist I »groB«, dann treten diese Knickstellen kaum noch in Erscheinung und es ergibt sich eine annahemd glatte Marktnachfragekurve, wie sie beispielhaft in der Abbildung 15.12 dargestellt ist (ohne Giiterindexj). Im folgenden werden wir zur Vereinfachung stets von solchen geglatteten Kurvenverlaufen ausgehen.

110

Die Giitemachfrage der Haushalte

Des weiteren laBt die Abbildung 15.11 erahnen, daB sich aus einzelwirtschaftlich normalen Nachfragekurven auch ein normaler Verlauf der Marktnachfrage ergibt. Femer kann man sich vorstellen, daB die Marktnachfragekurve um so weiter »rechts« und um so flacher verlauft, je mehr einzelwirtschaftliche Nachfragekurven aggregiert werden. Der Leser kann noch eine vierte individuelle Nachfragekurve hinzufugen. Zur formalen Beschreibung von glatten Marktnachfragekurven, wird eine Vielzahl mathematischer Funktionstypen verwendet. Hier seien nur einige Beispiele genannt, die dem Leser auch zur Einiibung der Ausfiihrungen dieses Kapitels dienen konnen. Der Giiterindex j wurde weggelassen, m, n, o, a sind konstante, positive Funktionskoeffizienten, e ist die Euler'sche Zahl {e = 2,71828...): x^(p) = m - n-p

: Gerade

x^(p) = [m - n • p]^ : konvexe (a > 1) oder konkave (a < 1) Kurve x ^ (p) = n • p"^ x^(p) =

: Hyperbel ohne Achsenschnittpunkte m

: Hyperbel mit Achsenschnittpunkten

p+o x^(p) = n-e"^"P

: Exponentialfiinktion

Damit lassen sich vielfaltige Formen von Nachfragekurven erzeugen. Der interessierte Leser kann sich Zahlenwerte ftir die Funktionskoeffizienten m, n, o und a vorgeben und die Kurvenverlaufe skizzieren, um einen Eindruck von der Form der Graphen zu erhalten. Es soUte auch versucht werden, etwaige Achsenschnittpunkte zu ermitteln, wie sie in Abbildung 15.12 vorliegen.

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

111

Abbildung 15.12: Glatte Marktnachfragekurve P

Aus der Theorie hergeleitete Nachfragekurven konnen - mussen aber nicht! - die Preis- und/oder die Mengenachse schneiden (vgl. etwa Beispiel 15.3). Gibt es ein Preisniveau, das so hoch ist, daB oberhalb dieses Niveaus von keinem Nachfrager mehr eine Mengeneinheit des Gutes nachgefragt wird, so heiBt dieser Preis Marktpreisobergrenze (auch: Prohibitivpreis) und wird mit p symbolisiert. In der Abbildung 15.12 entspricht er dem Schnittpunkt der Nachfragekurve mit der Preisachse. Formal erhalt man ihn durch Nullsetzen von x in der betreffenden Nachfragefunktion und Umstellen nach p. Gibt es beim Preisniveau p = 0 eine endlich groBe Nachfragemenge, so heiBt diese Marktmengenobergrenze (auch: Marktsattigungsmenge) und wird mit x bezeichnet. In der Abbildung 15.12 entspricht sie dem Schnittpunkt der Nachfragekurve mit der Mengenachse. Formal ergibt sie sich einfach, indem man in der Nachfragefunktin p = 0 setzt. Herrscht auf dem Markt das Preisniveau p', so wird insgesamt die Menge x^(p') nachgefragt; siehe Abbidung 15.12. Der zum herrschenden Preisniveau nicht wirksame Teil der Marktnachfrage, also x - x^ (p'), wird als latente Nachfrage bezeichnet.

Die Gutemaclifrage der Haushalte

112 Empirikum 15.6:

a) Bei empirischen Nachfrageanalysen muli regelmaBig von Daten ausgegangen werden, die nicht exakt auf einer Kurve liegen. Das folgende Diagramm zeigt als Beispiel die "Datenwoike", die einmal zur Ermittlung der eingezeichneten linearen Marktnachfragefunktion fur Kartoffein in den USA diente. Bei den Datenpunkten handelt es sich urn Jahreswerte der sechziger und siebziger Jahre. Der Preis p ist in Dollar je Zentner angegeben, und die Menge x miSt die durchschnittlich nachgefragte Kartoffelmenge in Pfund pro Kopf und Jahr.

P 4,00 H 3,50 3,00 H 2,50 A ••

2,00 -] 1,50 H 1,00 H 0,50 -| 0,00

I

100

,

I

I

I

I

I

I

I

1

I

I

I

I

I

110 120 130 140 150 160 170 X

Quelle: Suits, D.B.: Agriculture; in: The Structure of American Industry; 5. Aufl., hrsg. von W. Adams, New York, 1977, S. 3f.

b) Das folgende Diagramm zeigt eine Anfang der achtziger Jahre vom Verfasser empirisch ermittelte und hier nur kurvenformig und geglattet wiedergegebene Marktnachfragekurve fur ein Druckerzeugnis.

1.5. Aggregation iind Marktnachfi-age

113

P [DM/St] 16 H

14H

12

10 i

8H

6H

2-\

100

200

300

X [St]

h) Wie wir gesehen haben, beschreibt die Marshall'sche Marktnachfrage die allgemeine Kaufbereitschaft fflr ein Gut bei altemativen Hohen des Preises eben dieses Gutes. Die MarktnachfragefUnktion x^(p) und ihre graphische Darstellung, die Marktnachfragekurve, stellen die Zusammenfassung (das "Aggregat") aller individuellen Konsumplane der Haushalte beziiglich des betrachteten Gutes dar. Der Sachverhalt, daB die am Markt insgesamt nachgefragte Menge eines Gutes bei hoheren Preisen dieses Gutes in der Regel geringer ist als bei niedrigen Preisen, wird als Gesetz der Nachfrage bezeichnet. Es ist erfiillt, falls die Marktnachfragekurve eine negative Steigung aufweist, also normal verlauft - wie etwa die Beispiele im vorigen Empirikum 15.6. Formal besagt das Gesetz der Nachfrage, daB ;xN(p) < 0 fur alle Preisniveaus p. DaB diese GesetzmaBigkeit indes keine empirische Giiltigkeit beanspruchen kann, zeigt die Abbildung im 15.5b, in der fur einen durchaus nicht zu vemachlassigenden Konsumgiitem eine positive Preiselastizitat und damit eine anormale reaktion(pX^ >0)imrelevantenPreisbereichausgewiesenwird.

(15.32) universale Empirikum Teil von Nachfrage-

Gleichwohl kann das Gesetz der Nachfrage auch dann gelten, wenn einzelne Konsumenten ein anormales Nachfrageverhalten zeigen (vgl. den friiheren

114

Die Gutemachfrage der Haushalte

Abschnitt c)). Um herauszufinden, unter welchen Bedingungen die aggregierte Nachfragekurve normal verlauft - auch dann, wenn einzelne Nachfrager anormal nachfragen - muB untersucht werden, wie sich die einzelwirtschaftliche Nachfrage in der Marktnachfrage auswirkt. Wir betrachten dazu die Nachfrage nach einem bestimmten Gut bei einem bestimmten Preisniveau p' (den Gutsindex j lassen wir wieder der Einfachheit halber weg). Die Ableitung Jx^* der partiellen individuellen Nachfragefunktion (vgl. Gleichung (13.6)) gibt an, um wieviele Mengeneinheiten sich die Nachfrage des Konsumenten i sich andert, wenn der Preis p, ausgehend vom Niveau p', um "eine kleine Einheit" steigt. Die Summe aller pX^^ entspricht dann der Anderung der insgesamt, also von alien I Konsumenten zusammen nachgefragten Menge des Gutes bei einer Erhohung von p um eine Einheit. Fiir diese Anderung der Marktnachfragemenge hatten wir pX^ geschrieben (vgl. Gleichung (15.21)) und sie als Grenznachfrage bezeichnet. Es gilt somit: i p ' x N i = p'xN

(15.33)

i=l

Multipliziert man beide Seiten der Gleichung (15.33) mit p'/x und erweitert zusatzlich die linke Seite mit x^Vx^', so ergibt sich: I 'x^^ -p' ^Ni T-•^^—

' x ^ -p' =

(15.34)

Hier erkennt man die Defmitionsgleichung (15.22) der Preiselastizitat der Nachfrage wieder: auf der linken Gleichungsseite fur jeden einzelnen Konsumenten, auf der rechten fur den Markt insgesamt. Der Quotient x^Vx^ entspricht dem mengenmafiigen Anteil eines Nachfragers i an der gesamten Marktnachfrage; wir schreiben dafur G*; das ist gewissermaBen sein Marktanteil. Damit kann nun mit (15.34) folgende allgemeingiiltige Aggregationsbedingung angegeben werden^ die uns die oben gestellte Frage zu beantworten erlaubt:

ie'

•8(X^' :p)

== s(xN :p)

(15.35)

i=l

Nach dieser hier hergeleiteten Bedingung entspricht die Eigenpreiselastizitat der Marktnachfrage der mit den individuellen Nachfrageanteilen gewichteten Summe der einzelwirtschaftlichen Preiselastizitaten aller individuellen Nachfragen. Normalitat der Marktnachfrage, 8(x^ :p) < 0, setzt demnach voraus, daB die

1.5. Aggregation und Marktnaclifrage

115

linksstehende Summe zu einem negativen Zahlenwert fuhrt. Anormalitat kann nur dann vorliegen, wenn - in einem gewissen Preisintervall - die Summe aller gewichteten individuellen Preiselastizitaten Qmcnpositiven Zahlenwert ergibt. Dies ist nun die Konkretisierung der zuvor im Abschnitt c) dieses Unterkapitels gemachten Aussage, daB das Nachfrageverhalten der "dominierenden Nachfragergruppe" den Verlauf der Marktnachfragekurve bestimmt. Nachfrager mit einem groBen Anteil an der Marktnachfrage und solche mit einer deutlich von null verschiedenen Preiselastizitat haben mithin einen vergleichsweise groBen EinfluB auf die gesamte Nachfrageelastizitat. Preisunempfmdliche Nachfrager und solche mit geringer Nachfrage tragen nicht wesentlich dazu bei und konnen folglich bei Nachfrageanalysen unberiicksichtigt bleiben. i) In diesem Zusammenhang ist auch die Frage interessant, wie sich die Preiselastizitat der Marktnachfrage andert, wenn die Anzahl der Nachfrager (I) zuoder abnimmt. Die Abbildung 15.11 deutete schon an, daB die aggregierte Nachfragekurve um so flacher verlauft, je mehr einzelwirtschaftliche Nachfragekurven bei der Aggregation beriicksichtigt werden. Aber steigt dadurch auf jeden Fall die Preiselastizitat? Um die Analyse nicht unnotig schwierig zu gestalten, gehen wir hier von Nachfragem mit identischen Marshall'schen Nachfragefimktionen der Form x^^(p) = [m-n-p]" aus. Nach Gleichung (15.2) lautet dann die Marktnachfragefiinktion: xN(p) = I - [ m - n - p f

(15.36) 2

Die Eigenpreiselastizitat der Nachfrage ergibt sich zu: N.„^ _ p'^'^-P _ x'^(p)

s(xf^:p) =

a-I-[m-n-pf-l-(-n)-p I-[m-n-pr -a-n-p m-- n •P a m 1 n-p

1 2

(15.37)

Fiir a > 1 verlaufen die einzelwirtschaftlichen Nachfragekurven konvex, fur a < 1 konkav und fur a = 1 linear. Zur hier angewendeten Kettenregel vgl. den Anhang M.3.b).

116

Die Gutemaclifrage der Haushdlte

Offensichtlich hangt die Preiselastizitat im hier untersuchten Fall gar nicht von der Nachfrageranzahl ab, derin I kommt in der Bestimmungsgleichung (15.37) nicht vor. Folglich verandert sich 8(x^:p) auch nicht, wenn neue Nachfrager mit gleichen einzelwirtschaftlichen Nachfragefunktionen hinzukommen. j) Wir haben in diesem Unterkapitel, wie es heute in der Mikrookonomik iiblich ist, die Abhangigkeit der nachgefragten Menge x^ eines Gutes vom Preis p dieses Gutes als Marshall'sche Nachfragefimktion bezeichnet. Tatsachlich hat Alfred Marshall in seinem vor uber hundert Jahren erschienenen Grundlagenwerk jedoch genau das umgekehrte Abhangigkeitsverhaltnis beschrieben und fiir angemessen gehalten. Seine »Originaldefinition« ermoglicht eine flir spatere Uberlegungen sehr niitzliche alternative Interpretation der Nachfragekurve, weshalb wir sie hier kurz erwahnen. Diese Sicht erfreut sich gegenwartig iibrigens auch in der Betriebswirtschaftslehre wieder zunehmender Beliebtheit. Marshall geht von einer bestimmten Menge des betrachteten Gutes aus und fragt, bei welchem Preis diese Menge von den Konsumenten insgesamt nachgefragt wird (siehe Abbildung 15.13). Diesen Preis nennt er Nachfragepreis p^. Seine Nachfragefimktion lautet somit p^ = P^(x). Dies ist - mathematisch gesehen - die Umkehrfiinktion von x^(p). Abbildung 15.13: Marshalls Nachfragekurve

P'(X)

Vgl. A. Marshall: Principles of Economics; 1890, London, Book III, Ch. III. Vgl. zur Umkehrfiinktion ggf. den Anhang M.2.b).

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

117

Marshalls Nachfragepreis p^ kann als monetare (geldmafiige) Zahlungsbereitschaft der Nachfrager interpretiert werden. In der Abbildung 15.13 ist beispielsweise p' der Preis, den die Nachfrager hochstens pro Mengeneinheit des Gutes zu zahlen bereit sind, wenn sie insgesamt die Menge x' des Gutes nachfragen. (AUe Mengeneinheiten des Gutes werden annahmegemaB zum gleichen Preis umgesetzt.) GroBere Mengen wurden nur zu einem niedrigeren Preis des Gutes nachgefragt. Mit anderen Worten: Die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager fiir die auf x' folgende nachste Mengeneinheit des Gutes ist geringer als die Zahlungsbereitschaft fiir die x'-te Mengeneinheit. Empirikum 15.7: Das folgende Diagramm zeigt eine Anfang der neunziger Jahre vom Verfasser empirisch ermittelte Haufigkeitsverteilung von Zuzahlungsbereitschaften von 200 privaten Haushalten fur elektrischen Strom, der aus regenerativen Energiequellen gewonnen wird. Denkt man sich auf den geltenden Strompreis die dargestellten Prozentsatze aufgeschlagen, dann kann die nach der Hohe der Zahlungsbereitschaft geordnete Verteilung als Nachfragefunktion der Befragten im Sinne Marshalls interpretiert werden. 160 n Zuzahlungsbereitschaft (in Prozent) 140 120 100 80 60 40 20 •

0

20

40

60

80

100

\

.

120

140

160

180

200

Geordnete Menge der Zuzahlungsbereiten

Es ist zu sehen, daS nur wenige Haushalte eine »hohe« Zahlungsbereitschaft fur das Gut haben. »GroSe« Mengen des Gutes werden nur zu geringen Preisen nachgefragt. Quelle: Kortmann, W.: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb; Frankfurt/M. u.a., 1995, S. 203.

Auf die theoretischen Vorraussetzungen, die mit der Anwendung der Marshall'schen Nachfragekurve verbunden sind, soil hier nicht eingegangen werden.

118

Die Gutemachfrage der Haushalte

k) Kommen wir zuriick zu der heute iiblichen Konzeption der Marshall'schen Nachfragefunktion als Abhangigkeit der nachgefragten Menge eines Gutes vom Preis des Gutes. Es darf bei der Anwendung nicht vergessen werden, daB diese Funktion unter der ceteris-paribus-Bedingung hergeleitet wurde, das heiBt unter der Voraussetzung, daB alle iibrigen BestimmungsgroBen der Nachfrage unverandert bleiben. Diese iibrigen NachfragebestimmungsgroBen, insbesondere die Preise der anderen Giiter und das Einkommen der Nachfrager, werden als exogen bezeichnet, well sie nicht innerhalb dieses Modells erklart werden. Dagegen heiBen diejenigen GroBen, deren Zusammenhang dargestellt und untersucht wird, die also - bildlich gesprochen - an den Koordinatenachsen stehen, endogen. Das sind die Variablen des Modells. Exogene EinfluBgroBen sind dagegen die Parameter, die in der Funktionsklammer hinter die Variablen und von diesen durch ein Semikolon getrennt geschrieben (vgl. Kapitel O.e). Welche Wirkung geht von Anderungen einzelner exogener EinfluBgroBen der Marshall'sche Nachfragefunktion Xj^ auf die zugehorige Nachfragekurve aus?: • Bei einem vergleichsweise hohen Einkommen fragen alle Nachfrager (bei jedem Niveau des Preises pj) groBere Mengen von dem Gut j nach - sofem es superior ist. Bei hohem Gesamteinkommen B verlauft die Marshall'sche Nachfragekurve daher »hoher« und »weiter rechts« als bei niedrigem Einkommen (siehe Abbildung 15.14; B" ist dabei das hohe und B' das niedrige Einkommen). Der Leser kann sich leicht iiberlegen, daB die umgekehrte Wirkung eintritt, falls j ein inferiores Gut ist. Abbildung 15.14: Marshall'sche Nachfragekurven bei verschiedenen Einkommensniveaus der Nachfrager

X!'(P,;B")

X?(P„B')

B">B'

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

119

• 1st der Preis eines Gutes h, zu dem j okonomisch substitutiv ist, vergleichsweise hoch, so wird von dem Gut j eine groBere Menge nachgefragt, und zwar bei jeder Hohe des Preises pj. Sind also Giiter, von denen j ein Substitut ist, teuer, dann verlauft die Marshall'sche Nachfragekurve von Gut j »hoher« und »weiter rechts« als bei niedrigem Preis ph (siehe Abbildung 15.15; p|[ ist dabei der hohe und p^ der niedrige Preis des anderen Gutes). Abbildung 15.15: Marshall'sche Nachfragekurven bei verschiedenen Preisniveaus eines anderen Gutes

x^Pi^p:)

• Ist der Preis eines Gutes h, zu dem j okonomisch komplementdr ist, vergleichsweise hoch, so wird von dem Gut j nur wenig nachgefragt, egal wie hoch der Preis pj ist. Bei hohem Preis ph verlauft die Marshall'sche Nachfragekurve von Gut j dann vergleichsweise »niedrig« und »weiter links«. Der Leser kann dies zusatzlich in Abbildung 15.15 kenntlich machen, indem neben p|] > p|^ geschrieben wird, daB dies fiir Gut j als Substitut von Gut h gilt. Darunter kann erganzend geschrieben werden, daB fiir j als Komplement von h der Preis p^ als groBer denn pj| interpretiert werden muB, also p^ > p^'. • Die Preise okonomisch unabhdngiger Giiter haben untereinander keinen EinfluB auf die Lage ihrer Marshall'schen Nachfragekurven. • Eine weitere exogene EinfluBgroBe auf die gesamte Nachfragemenge eines Gutes ist die Anzahl der Nachfrager, die wir durch I oder F symbolisieren. Allgemein kann davon ausgegangen werden, daB eine steigende Nachfragerzahl

120

Die Giitemachfrage der Haushalte

dazu fiihrt, daB sich die Marktnachfragekurve nach »rechts« imd »oben« verlagert. Dazu betrachte der Leser die Abbildung 15.11 und iiberlege noch einmal, wie sich die Hinzufiigung einiger weiterer individueller Nachfragekurven auf die Lage der aggregierten Nachfragekurve im rechten Diagramm auswirken wiirde. Aufgabe 15.10: Untersuchen Sie graphisch und formal anhand der linearen Marktnachfragefiinktion x^(p) = I - [ m - n - p ] , die zum Beispiel aus der Aggregation linearer individueller Nachfragefunktionen gemaB (15.2) entstanden ist, a) die Wirkung einer Veranderung des Parameterwertes n um 5n, b) die Wirkung einer Veranderung des Parameterwertes m um 5m, c) die Wirkung einer Veranderung der Nachfragerzahl I um 51. d) Wodurch konnten Anderungen von m oder n bedingt sein, das heiBt, welche exogenen Veranderungen konnten durch sie beschrieben werden ? e) Wie andert sich infolge einer Variation der Nachfragerzahl I bei irgendeinem Preisniveau p' die Preiselastizitat der Nachfrage ?

1) Zum AbschluB dieses Kapitels 1.5. seien die wichtigsten hier betrachteten Outer- und Nachfrageunterscheidungen noch einmal mittels der defmierten Elastizitaten in einer Ubersicht zusammengefaBt:

1.5. Aggregation und Marktnachfrage

121

Abbildung 15.16: Giiter- und Nachfrageklassifikation mittels Elastizitdten

Einkommenselastizitdt:


1 : stark superiores Gut (Luxusgut)

8(Xj:B) < 1 : schwach superiores Gut (Grundgut):

8( x^ : B) f— = 0 : einkommensstarre Nachfrage

Bei j = Nahrungsmittel: Engel'sches Gesetz Bei j = Wohnung: Schwabe'sches Gesetz

^ < 0 : inferiores Gut

Kreuzpreiselastizitdt: > 0 : Gut j ist ein okonomisches Substitut von Gut h s( Xj^: ph) f— = 0 : Gut j ist okonomisch unabhangig von Gut h < 0 : Gut j ist ein okonomisches Komplement von Gut h

Eigenpreiselastizitdt: ' 8( X ^ : B) > 0 : Veblen-Effekt (demonstrativer Konsum) Oder Qualitatseffekt (Preis als Qualitatsindikator)

> 0 : anormale Nachfrage / \ 8( Xj : pj) f— = 0 : preisstarre Nachfrage

' < 0 : normale Nachfrage

8( X ]^: B) < 0 : Giffen-Effekt

122

Die Giitemachfrage der Haushalte

1.6. Externe Effekte zwischen den Nachfragern (Bezugsgruppeneffekte)

Bisher wurde davon ausgegangen, da6 jeder Haushalt unabhdngig von anderen seine Konsumentscheidungen triflft. In der Realitat hangen jedoch die einzelwirtschaftlichen Nachfragen haufig auch davon ab, was und wieviel andere Haushalte aus der sozialen Bezugsgruppe des betrachteten Akteurs konsumieren. Die von dem Konsumverhalten anderer Haushalte ausgehenden Einfliisse auf die einzelwirtschaftliche Nachfrage werden unter dem Sammelbegriflf Bezugisgruppeneffekte Oder allgemeiner: externe Konsumeffekte erortert. Die von Bezugsgruppen ausgehenden Wirkungen auf das einzelwirtschaftliche Konsumverhalten haben den Charakter exogener EinfluBgroBenanderungen, wie sie im vorangegangenen Kapitel 1.5.4.k) beschrieben wurden. Im folgenden werden die zwei wichtigsten, erstmals von Harvey Leibenstein (1950) theoretisch untersuchten Bezugsgruppeneffekte in ihren Grundziigen beschrieben.

1.6.1. Mitlaufer-Effekt Der Mitlaufereffekt (band wagon effect) liegt vor, falls ein Konsument ein Gut hoher praferiert und es vermehrt nachfragt, weil auch die Menschen aus seiner Bezugsgruppe dieses Gut gem konsumieren. Die Nachfrage des Konsumenten steigt (d.h. seine individuelle Nachfragekurve verschiebt sich nach »rechts« bzw. »oben«), wenn er vermutet, daB die Anzahl der Kaufer oder die insgesamt nachgefragte Menge des Gutes zunimmt. In diesem Verhalten kommt sein Bestreben zum Ausdruck, sich beim Konsum ebenso zu verhalten wie die Angehorigen der sozialen Gruppe, zu der er auch gehoren mochte. Vor allem das Modekaufverhalten laBt sich durch den Mitlaufereffekt erklaren. Wie kann der Mitlaufereffekt mikrookonomisch begriindet werden? Zur Beantwortung dieser Frage gehen wir von einem Markt aus, auf dem sich ein wesentlicher Teil der Nachfrager als Mitlaufer verhalt. Im linken Diagramm der

1

Vgl. H. Leibenstein: Bandwagon, Snob, and Veblen Effects in the Theory of Consumers' Demand; Quarterly Journal of Economics 64, 1950, S. 183-207.

1.6. Exteme Effekte zwischen den Nachfragem

123

Abbildung 16.1 sind individuelle Nachfragekurven eines Mitlaufer-Konsumenten i fur ein bestimmtes Gut eingezeichnet, und zwar fiir drei verschiedene von ihm vermutete Niveaus der Gesamtnachfrage xjjx, x"(2) , und X(^), wobei Ml)
(pj)

(17.2)

v=l

Die Zahliingsbereitschaft eines Konsumenten fur ein Gut wird im allgemeinen auBer von seinem Budget auch davon abhangen, wieviel er von anderen Giitem kaufen mochte.

132

Die Gutemachfrage der Haushalte

In der Kegel ist die Zahlungsbereitschaft nicht gleich dem fiir die gewiinschte Gutsmenge tatsachlich zu zahlenden Betrag, sondem hoher. Insgesamt betragen die Ausgaben eines Konsumenten i fur das Gut j : Bj(pj) =

(17.3)

Pj-xij(pj)

In Abbildung 17.2 ist das die Flache iinter der p'-Horizontalen bis v = 2. Die Diflferenz zwischen der Gesamtzahlimgsbereitschaft Zj und den Ausgaben B'j wird als Einzelnachfragervorteil (oder Konsumentenrente ) bezeichnet: NVJ(pj) = Zj(pj) - Bj(pp

(17.4)

In Abbildung 17.2 ist die entsprechende Flache schrafBert dargestellt. Der Leser kann sie kennzeichnen. Der Einzelnachfragervorteil stellt gleichsam das AusmaB der ersparten Ausgaben des Konsumenten dar, die er beim Kauf eines Gutes realisiert. NV] entspricht auch dem Geldbefrag, den man dem Konsumenten mindestens zahlen muBte, damit dieser auf den Konsum des betrachteten Gutes iiberhaupt verzichtet (also x^ =0 akzeptiert). Da die Zahlimgsbereitschaft wegen des begrenzten Budgets notwendig endlich ist, ist auch der Nachfragervorteil von endlicher GroBe. Abbildung 17.2: Einzelnachfragervorteil P.? 4(1)

a2)

C(3)

C(4) C(5)

1 2

3

4

5

V

Die Ausarbeitimg des Konzeptes der Konsiimentenrente verdanken wir ebenfalls Alfred Marshall (1890).

1.7. Wohlfahrtsaspekte des Konsums und der Nachfrage

133

d) Weil es sich beim Nachfragervorteil um eine geldmaBige GroBe handelt, ist es grundsatzlich moglich, ihn tiber mehrere Konsumenten i zu summieren. Dadurch ergibt sich der Gesamtnachfragervorteil (bzw. die gesamte Konsumentenrente aller Nachfrager) hinsichtlich eines Gutes:

NVj(Pj) =

ENVJCPJ)

(17.5)

Er ist auch gemeint, wenn einfach nur von "Nachfragervorteil" gesprochen wird. Die graphische Reprasentation entspricht genau der oben gezeigten einzelwirtschaftUchen, nur da6 nun das Aggregat aller individuellen Zahlungsbereitschaften, geordnet nach ihrer Hohe beziiglich der einzehien Einheiten des Gutes, betrachtet wird. Dies ist iibrigens der von Alfred Marshall (1890) vorgeschlagene Weg zur Herleitung der Marktnachfragekurve (vgl. Kapitel 1.5.4J). In der heute vorherrschenden Interpretation entspricht die Gesamtverteilung der Zahlungsbereitschaften aller Nachfrager der Marktnachfragefimktion x]^(Pj). Ein empirisches Beispiel wurde im Empirikum 15.7 gezeigt. Im Falle »vieler« Nachfrager oder »kleiner« Gutseinheiten kann der treppenfonnige Verlauf von Xj^(pj) gut durch eine stetige Nachfragekurve angenahert werden, wie sie, zusammen mit dem Gesamtnachfragervorteil bei einem Preis p] in der folgenden Abbildung 17.3 zu sehen ist. Zur Berechnung der entsprechenden Flache zwischen der Nachfragekurve und der Horizontalen bei p] ist anstelle einer Summe nun ein Integral zu berechnen, worauf wir hier aber nicht naher eingehen wollen. Die Marktpreisobergrenze Pj entspricht der Zahlungsbereitschaft des zahlungswilhgsten Nachfragers fur die erste Einheit des Gutes. Abbildung 17.3: Gesamtnachfragervorteil

xr(p;)

Die Gtitemachfrage der Haushalte

134

e) Wichtiger als die Frage nach der absoluten Hohe des Nachfragervorteils ist die nach seiner Veranderung, etwa bei Anderungen des Preises pj. Steigt beispielsweise in der vorigen Abbildung der Preis von p- auf ein hoheres Niveau Pj , so verringert sich ofFensichtlich der Nachfragervorteil auf dem betrachteten Markt; siehe Abbildung 17.4: Abbildung 17.4:

Anderung des Gesamtnachfragervorteils

P

xr(pr) xr(p;) Der Nachfragervorteil nach erfolgter Preiserhohung, also NVj(pj), entspricht der verbleibenden doppelt schraffierten Flache unterhalb der Nachfragekurve und oberhalb der p'] -Linie. Die entstandende VorteilseinbuBe setzt sich - graphisch betrachtet - aus zwei Flachenteilen zusammen: Zum einen die Rechteckflache (A), zum anderen die rechts daneben liegende annahemde Dreiecksflache (B). Die Gesamtflache (A) + (B) entspricht in etwa der eines Trapezes. Die Rechteckflache (A) ist die VorteilseinbuBe, die sich ergibt, weil die Nachfrager jetzt fur die weiterhin gekauften Gutseinheiten Xj^(pj) einen hoheren Preis zahlen mtissen als zuvor. Die Dreiecksflache miBt den daruber hinausgehenden Vorteilsverlust aufgrund der gegeniiber vorher reduzierten Konsummenge. Denn der Nachfragervorteil, der aufgrund der Preiserhohung nun nicht mehr nachgefragten Gutseinheiten zwischen xj*(pj') und x^(p') ist verlorengegangen.

1.7. Wohlfehitsaspekte des Konsums und der Nachfrage

135

Beispiel 17.1: Nachfragervorteilseinbufie bei linearer Nachfragefunktion. \m Falle einer geradlinigen Nachfragekurve kann die EinbuBe an Nachfragervorteil, die durch eine Preiserhohimg hervorgerufen wird, auf einfache Weise und zudem exakt berechnet werden, weil die Teilflache (B) in Abbildung 17.4 dann genau einer Dreiecksflache entspricht. Sei x^(p) = m - n p die Marktnachfragefunktion eines bestimmten Gutes. Steigt nun der Preis von p' auf p", so sinkt die Nachfragemenge von x' = x^(p') aufx" = x^(p").

Die schraffierte VorteilseinbuBe ANV laBt sich berechnen entweder durch Addition der Rechteckflache x"0

(6)

Das positive Vorzeichen bedeutet: Ein hoherer Kapitaleinsatz erlaubt einen hoheren Output pro Arbeitskraft. Die Produktivitat der Arbeit steigt somit, wenn mehr Kapital zur Verfugung steht. Das ist ein plausibles Ergebnis. Werden abschlieBend die ermittelten Terme fiir die Grenzertrage (3) mit denen der Durchschnittsertrage (2) verglichen, so zeigt sich der folgende interessante Zusammenhang: aX = a r i A ,

c'x = P-riK

(7)

Danach sind bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion bei jedem Produktionsfaktor Grenz- und Durchschnittsertrage einander proportional, mit den Exponenten a und P als Proportionalkonstanten. Da a, P < 1, ist der Grenzertrag eines Faktors stets kleiner als der Durchschnittsertrag. Mit anderen Worten: Der durch eine zusatzKch eingesetzte Faktoreinheit ermoghchte Mehrertrag ist geringer als der durchschnittliche Ertrag der schon eingesetzten Einheiten des Faktors.

D Der FunktionskoefRzient y der Cobb/Douglas-Funktion kann als eine GroBe interpretiert werden, die die Beschreibung des technologischen Fortschritts in der Production erlaubt. Denn wenn y steigt, dann fiihrt jede Faktoreinsatzmengenkombination (a,c) zu einem gegeniiber vorher erhohten Output; das zeigt schon Gleichung (21.13). Die Ertragskurve dreht sich demzufolge nach »oben«, wie dies in Abbildung 21.7 dargestellt ist. Eine gleichartige Wirkung tritt ein, wenn die Einsatzmenge eines fixen Faktors (hier c) erhoht wird. Der Leser kann sich anhand dieses Diagramms verdeutlichen, welche Auswirkung eine Erhohung von y beziehungsweise c auf die Grenzproduktivitat des variablen Faktors (hier: Arbeit) hat: Ziehen Sie in der Abbildung 21.7 bei irgendeiner Arbeitseinsatzmenge a' eine senkrechte Linie bis zu den beiden Ertragskurven, und zeichnen Sie an den iiber a' liegenden beiden Punkten der Ertragskurven jeweils eine Tangente ein. Die Steigung der Tangenten entspricht, wie oben in Abschnitt c) gezeigt wurde, der Grenzproduktivitat des Faktors Arbeit. Es ist dann zu erkennen, da6 bei dem gewahlten a' (wie auch bei jeder anderen Arbeitsein-

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

165

satzmenge) die Grenzproduktivitat nach dem Wirksamwerden des technologischen Fortschritts oder nach der Erhohung des Kapitaleinsatzes (also auf der oberen Ertragskurve) groBer ist als zuvor (untere Kurve). Technologischer Fortschritt erhoht also, ebenso wie die Kapitaleinsatzerhohungen, iinter sonst gleichen Bedingimgen die Grenzproduktivitaten der Produktionsfaktoren. Das entspricht der neoklassischen Voraussetzung (U3). Abbildung 21.7: Wirkung technologischen Fortschritts auf die Lage der Faktor ertragskurve

CiTx®

Empirikum 21.5: a) Fur ihr gesamtwirtschaftliches Modell hat die Deutsche Bundesbank in den siebziger Jahren die folgende, hier etwas vereinfacht wiedergegebene Produktionsfunktion vom Typ Cobb/Douglas fur die Wirtschaft der fruheren Bundesrepublik Deutschland venA^endet: x = ya^'^^^c^'^^l Dabei ist a das Arbeitsvolumen [in Milliarden Stunden pro Jahr], c der genutzte Sachkapitalbestand [in Milliarden DM] und x das Bruttoinlandsprodukt [in Milliarden DM pro Jahr] in Realwerten gemessen. Der Verlauf der Ertragskurve x(a,c) gleicht dem in den vorigen Abbildungen. Das kann der interessierte Leser durch Aufzeichnen von x uber a = 0... 60 nachprufen. Dazu konnen die folgenden Daten venA/endet werden, die in etwa denen des Jahres 1980 entsprechen (gemessen in Preisen von 1991): Mit y = 5,2 und c = 7600 ergibt sich fur a = 45 ein Output x von rund 2100. Quellen: Das Produktionspotential in der Bundesrepublik Deutschland; Monatsberlchte der Deutschen Bundesbank, 1973, Nr. 10, S. 28-34. Neuberechnung des Produktionspotentlals fur die Bundesrepublik Deutschland; Monatsberlchte der Deutschen Bundesbank, 1981, Nr. 10, 8. 32-38. Eigene Berechnungen mit Daten des Statlstlschen Bundesanntes.

166

Das Giiterangebot der Untemehmen

b) Die folgende Tabelle zeigt einige empirjsch ermittelte Zahlen der Exponenten a und p von Cobb/Douglas-Produktionsfunktionen, die fur einzelne Branchen ermittelt wurden. Es ist zu erkennen, 6aQ> die a zumeist Werte zwischen 0,6 und 0,8 aufweisen, wahrend die p uberwiegend im Intervall von 0,25 bis 0,45 liegen. Branchen

a

P

Berg- und Tagebau

0,605

0,367

Nahrungsmittel

0,649

0,243

Textilien

0,587

0,278

Kleidung

0,615

0,346

Holzprodukte

0,753

0,364

Zellstoff und Papier

0,635

0,233

Druckerei

0,770

0,232

Chemie

0,657

0,327

Stahl

0,621

0,420

Metaliprodukte

0,608

0,382

nichtelektrisGhe Maschinen

0,726

0,319

elektrische Maschinen

0,655

0,576

Beforderungsmittel

0,778

0,280

Quelle: Ringstad, Vidar: Estimating Production Functions and Technical Change from Micro Data, Oslo 1971,8.40.

Das Empirikum zeigt, da6 die bei der Definition der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion getroflfene Annahme 0 < a, p < 1 in der Realitat erfullt ist. Die in der Literatur h^ufig verwendete strengere Annahme a + p = 1 gilt dagegen empirisch in der Regel nicht - und muB auch nicht gelten, wie spater noch deutlich werden wird. Sie geht vermutlich auf das (gerundete) Ergebnis zuriick, zu dem Cobb und Douglas in ihrer ursprunglichen statistischen Schatzung gelangten; vgl. die FuBnote zur Gleichung (21.13). Aufgabe21.7: Betrachten Sie die Cobb/Douglas-Produktionsflinktion: x -- y-a"-c^. Wie lautet die Ertragsfunktion, falls oc = l / 2 , p = l / 3 , Y = 2 und c = c = 27 ? Skizzieren Sie auch den Verlauf der Ertragskurve, insbesondere fur die Stellen a = 0, 1, 4, 9 und 16. a) Wie lautet die Funktionsgleichung der Grenz- und der Durchschnittsproduktivitat des Faktors Arbeit? Welche der beiden Produktivitaten ist die groBere?

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

167

b) Wie lautet die Faktoreinsatzfunktion fiir Arbeit? Wieviele Arbeitseinheiten (z.B. Arbeitsstunden) sind erforderlich, um mit den c = 27 Kapitaleinheiten (z.B. Maschinenstunden) 300 Outputeinheiten produzieren zu konnen? c) Wie ware der Verlauf der Ertragskurve nach a), wenn der fixe Kapitaleinsatz c = 64 betragen wurde? Vergleichen Sie bei a = 4 die Werte der Grenzproduktivitat nach b) fiir beide Ertragskurven.

i) Um die Auswirkimgen einzekier Faktoreinsatzmengenverandemngen bei verschiedenen Produktionen miteinander vergleichen zu konnen, ohne daB (moglicherweise ungleiche) Mafieinheiten dabei auftreten, werden Elastizitaten verwendet. Es handelt sich hierbei um sogenannte Produktionselastizitaten. Die Produktionselastizitat eines Faktors gibt an, um wieviel Prozent die Ausbringungsmenge sich andert, wenn die Einsatzmenge des betreffenden Faktors um ein Prozent erhoht (oder gesenkt) wird. Die Produktionselastizitat des Faktors Arbeit ist wie folgt defmiert: ax

IT c)x a aX-a s(x:a) := — = — — = Oa a

oa

X

(21.14a)

X

Analog dazu lautet die Produktionselastizitat des Faktors Kapital: 5x E(x:c):= ^

X

OC

5x

C

OC

X

= ——

=

cXC

(21.14b)

X

c Die linken Formebi werden bei gegebenen Datenwerten verwendet: da ist dabei zum Beispiel die Anderung der Einsatzmenge des Faktors Arbeit. Das a in der Formel ist dann etwa die vor der Anderung eingesetzte Arbeitsmenge. Die mittleren und rechten Formeln dienen der Elastizitatsermittlung, falls eine Produktionsfimktion x = x(a,c) vorliegt. Formt man den Doppelbruch der Elastizitatsdefinition etwas anders um als in den Gleichungen (21.14), so ergibt sich fiir jeden beliebigen Produktionsfaktor j , der

Vgl zum Elastizitatskpnzept allgemein den Anhang M.7.

168

Das Giiterangebot der Untemehmen

in der Menge Vj eingesetzt wird, der folgende interessante und allgemeingultige Zusammenhang:

(21.15)

Demnach ist die Prodnktionselastizitat eines Faktors j stets gleich dem Quotienten aus dessen Grenzproduktivitat jx und Durchschnittsproduktivitat r|j. Sie stellt gleichsam den mathematischen Proportionalitatsfaktor zwischen den beiden Produktivitatskonzepten dar, denn • x = s(x: v j) • r| j . Gleichung (21.15) erlaubt es, aus zwei bekannten Elementen der Formel jeweils die dritte zu berechnen. Ist beispielsweise bekannt, da6 bei einem bestimmten Faktoreinsatz (a,c) die Grenzproduktivitat des Faktors Kapital ^'x "" 10 und dessen Durchschnittsproduktivitat TJK = 25 betragt, so folgt daraus unmittelbar der Zahlenwert der Produktionselastizitat 8(x:c) = 0,4. Anwendungsrelevanter ist vermutlich der Fall, da6 man zwar r|j und c(x:vj), aber nicht • x kennt, Mit der obigen Formel laBt sich die unbekannte Grenzproduktivitat aus den beiden anderen Grofien berechnen. Da wegen des konkaven Verlaufs der Ertragskurven die Grenzproduktivitaten stets kleiner als die Durchschnittsproduktivitaten sind (siehe z.B. Abbildung 21.6), haben alle Produktionselastizitaten Zahlenwerte von kleiner als Eins. Fur den Fall, daB die Produktionsstruktur gut durch eine Cobb/DouglasProduktionsfunktion beschrieben werden kann, haben die Produktionselastizitaten der Faktoren dartiber hinaus eine interessante Eigenschaft, die in der folgenden Aufgabe erhellt werden soil. Aufgabe21.8: Betrachten Sie die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion: x(a,c) = ya*^c^ a) Wie lauten die Produktionselastizitaten der beiden Faktoren? , b) Was besagt das unter a) gewonnene Ergebnis bezuglich der Produktionssituation in Westdeutschland? Vgl. dazu das Empirikum 21.5a).

In diesem konkaven Verlauf kommt, wie gezeigt, das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs zum Ausdruck.

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

169

c) Wie hoch ist nach b) die Grenzproduktivitat des Faktors Arbeit, wenn der Arbeitseinsatz in Westdeutschland a = 40 Milliafden Arbeitsstunden und das jahrliche Bmttoinlandsprodukt X = 3000 Milliarden D-Mark betragt? (Vgl. Gleichimg (3a) aus Beispiel 21.1)

Von einem Zahlenwert kleiner Eins der Produktionselastizitat eines Faktors kann iibrigens im allgemeinen nicht - wie oft behauptet wird - zwingend auf einen konkaven Verlauf der Faktorertragskurve und damit auf die Erfiillung des Gesetzes vom abnehmenden Ertragszuwachses geschlossen werden. Die Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion bildet eine Ausnahme von dieser Regel, denn in Beispiel 21.1 wurde in (4) gezeigt, daB zum Beispiel ^x genau dann kleiner Null ist, wenn die Produktionselastizitat a (vgl. die vorige Aufgabe 21.8a)) positiv und kleiner Eins ist. j) In diesem Kapitel ist bisher davon ausgegangen worden, daB von den Produktionsfaktoren, die einem Untemehmen zur Verfligung stehen, zumindest einer variabel einsetzbar ist; hier war das a. Die Elastizitat der Produktion ist dann bestimmt durch s(x:a). Der andere Faktor (hier: Kapital) muBte in einer bestimmten Menge c eingesetzt werden. Nun kann es aber bei kurzfristiger Betrachtung durchaus vorkommen, daB alle Faktoren einer mengenmaBigen Beschrankung unterliegen. Es sind verschiedene realistische Formen solcher Faktormengenrestriktionen moglich, die wir flir das Folgende so symbolisieren und fiir die sich der Leser jeweils ein praktisches Beispiel iiberlegen moge: v". : kennzeichnet eine bestimmte, hochstens verfiigbare Menge des Faktors j , die aber nicht vollstandig bei der Produktion eingesetzt werden muB. Man spricht von einem "nach oben beschrankten Faktor" beziehungsweise einer Hochstmengenrestriktion. Unterhalb der Mengenbeschrankung kann der Faktor variabel eingesetzt werden. v-: kennzeichnet eine mindestens einzusetzende Menge des Faktors j , die bei der Produktion beliebig iiberschritten, aber nicht unterschritten werden darf. Dies nennt man einen "nach unten beschrankten Faktor" beziehungsweise eine Mindestmengenrestriktion.

2

Vgl. W. Kortmann: Produktionselastizitat und Grenzproduktivitat; I WIS-Statement 98167, Dortmund, 1998. Hierbei wird weiterhin von beliebig teilbaren Faktoreinheiten ausgegangen. Das ist unproblematisch, wenn man die Faktorleistungen in Zeiteinheiten miBt. Eine davon analytisch zu trennende Form der Faktorrestriktion ist die sogenannte Unteilbarkeit. Diese liegt vor, wenn die Einsatzmengen eines Faktors nur in ganzzahligen Einheiten mit jeweils betrachtlicher GroBe gemessen werden. Ein Fuhruntemehmen wird beispielsweise seinen ver^gbaren Fuhrpark zweckmaBig in ganzen Lastkraftwagen messen.

170

Das Guterangebot der Untemehmen

v- : keimzeichnet einen beidseitig beschrankten Faktpr j , von dem eine bestimmte Hochstmenge v- verfiigbar ist, der aber auch stets mit einer gewissen Mindestmenge Vj > 0 eingesetzt werden muB. Man kann deshalb auch von einer Intervallrestriktion sprechen. Im Intervall zwischen der Mindest- und der Hochstmenge - und nur dort - kann der Faktor variabel eingesetzt werden. Vj : kennzeichnet eine bestimmte Menge eines beschrankten Faktors j , die bei der Produktion stets voUstandig eingesetzt werden mu6; mengenmaBige Variationsmoghchkeiten bestehen nicht. Ein solcher Faktor wird als fixer Faktor bezeichnet. Sind alle Produktionsfaktoren eines Untemehmens in der einen oder anderen Weise nach oben hin beschrankt, dann ist auch dessen Produktionskapazitat beschrankt. Die technische Kapazitatsgrenze kann als die maximale Ausbringungsmenge des Untemehmens definiert werden. Ist zum Beispiel a = a und c = c, so betragt die Produktionskapazitat x = x(a , c). Mehr als diese Ausbringungsmenge kann das Untemehmen in einer Periode nicht produzieren, jedenfalls solange kein vermehrter Faktoreinsatz moghch ist. Das Untemehmen unterliegt somit einer Kapazitatsbeschrankung. a ist zum Beispiel das mit dem vorhandenen Mitarbeiterstamm pro Periode hochstens (einschlieBlich Uberstunden) leistbare Arbeitsvolumen. Bei c kann es sich um das in Form einer groBen Produktionsanlage gegebene Sachkapital handehi. Die Ertragskurve eines Untemehmens, das nur einen variablen Faktor bis zu einer bestimmten Hochstmenge einsetzen kann, bricht bei Erreichen der Hochstmengenrestriktion ab(vgl.Abbildung21.8). Abbildung 21.8: Ertragskurve mit Kapazitatsbeschrankung

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

171

2.1.3. Skalenvariation und Skalenertrage

a) Im vorangegangenen Unterkapitel wurden die Wirkungen einzelner Faktorvariationen auf die Ausbringimgsmenge untersucht, das heifit, es wurde die Einsatzmenge eines Faktors bei Konstanz aller iibrigen Inputs variiert. Damit kann eine kurzfristige Produktionssituation des Untemehmens beschrieben werden. Auf lange Frist sind jedoch grundsatzlich alle Faktoren beliebig variierbar; es gibt dann keinerlei Faktorrestriktionen, es herrscht totale Faktorvariabilitat. Eine Moglichkeit, diesen Fall zu analysieren, besteht darin, alle Faktoreinsatzmengen proportional, also um den gleichen Prozentsatz zu verandem und die dadurch hervorgerufenen Wirkungen auf den Output zu untersuchen. Dies wird als "totale proportionale Faktorvariation" oder kurz als Skalenvariation bezeichnet. b) Sei (a',c') irgendeine beliebig aber fest vorgegebene Faktoreinsatzmengenkombination, das sogenannte Ausgangsfaktorenbiindel, und x(a',c') der zugehorige Output, fur den auch kurz x' geschrieben werden kann. Werden nun jene Outputniveaus x betrachtet, die mit beliebigen Vielfachen oder Teilen dieses vorgegebenen Faktorenbiindels (a',c') realisierbar sind, so ergibt sich gleichsam ein Schnitt quer durch das Ertragsgebirge der Abbildung 21.3, genauer: in die durch die a- und die c-Achse aufgespannte Faktorebene hinein. Dabei werden jeweils beide Faktoreinsatzmengen a' und c' im gleichen Verhaltnis verandert, also mit der gleichen Zahl multipliziert. Dieser Multiplikator sei 6. Er wird als Skalenfaktor bezeichnet ("Faktor" hier im mathematischen Wortsinne) und gibt das Skalenniveau (totales Faktoreinsatzniveau) der Produktion an. Dieses Skalenniveau kann als BetriebsgroBe interpretiert werden (daher das Symbol 6 als stilisiertes b). Wird beispielsweise der zuvor definierte »Einheits-Faktoreinsatz« (a',c') verdoppelt, so betragt das Skalenniveau der Produktion 6 - 2 , und der Faktoreinsatz ist (2a',2c') beziehungsweise 2-(a',c'). Beim Skalenniveau 6 = 3,7 wird analog dazu das 3,7-fache von (a',c') eingesetzt. Bei jeder Skalenvariation bleiben die Faktorintensitaten (vgl. Kapitel 2.1. Lb) konstant, das heiBt, die Faktoren werden bei jedem Skalenniveau im gleichen Mengenverhaltnis eingesetzt. Damit laBt sich eine Funktion angeben, die die Abhangigkeit des Outputs x vom Skalenniveau beziehungsweise der BetriebsgroBe 6 beschreibt. Sie wird als Skalenertragsfunktion (auch: Niveauertragsftmktion) bezeichnet; ihr Graph heiBt Skalenertragskurve (siehe die spatere Abbildung 21.10). Es handelt sich dabei um eine zweite spezielle Form der allgemeinen Produktionsfunktion (21.1).

172

Das Giiterangebot der Untemehmen

Da von einem vorgegebenen Faktorenbtindel (a',c') ausgegangen wird, a' und c' also nur Parameter der Funktion sind, ergibt sich die Skalenertragsfiinktion zu: x(6a',6c') = x( 6 . (a' ,c') ) =: x(6)

(21.16)

c) Der Output hangt somit bei gegebenem Anfangsfaktorenbtindel nur noch vom Skalenniveau ab. Wir haben also nur wieder eine abhangige und eine unabhangige Variable. Das ist der Vorteil der proportionalen Faktorvariation. Je nachdem, ob nun beispielsweise bei einer Verdoppelung des totalen Faktoreinsatzes, also bei (2a',2c'), das Outputniveau x um mehr oder weniger als das Doppelte steigt, wird von zunehmenden oder von abnehmenden Skalenertragen der Produktion gesprochen. Fiihrt jede Inputverdoppelung genau zu einem doppelten Output, so liegen konstante Skalenertrage vor. Was fur eine Verdoppelung (6=2) gilt, mu6 auch fiir eine Verdreifachung (6=3) etc. und allgemein fur eine Ver-6-facliung gelten. Anhand der Tabelle in der folgenden Abbildung 21.9 wird dies an einem Zahlenbeispiel fiir zunehmende Skalenertrage verdeutlicht: Abbildung 21.9: Beispieltabelle Skalenertrage

6

a

c

x(6a',6c') =

X = x(6)

1

a'= 10

c'= 5

2

2a' = 20

2c'= 10

x(2a',2c') = 215 = x(2)

3

3a' = 30

3c' = 15

x(3a',3c') = 325 = x(3)

x(a',c') = 100 = x(1)

AnnahmegemaBfiihrthier eine Verdoppelung des ursprunglichen Faktoreinsatzes (a',c') = (10, 5) zu einer Erhohung der Ausbringungsmenge um das 2,15-fache, namlich von x(l) = 100 zu x(2) = 215. Eine Verdreifachung bringt ebenfalls mehr als den dreifachen Output, namlich x(3) = 325. Deshalb hegen hier zunehmende Skalenertrage vor. Ware dagegen x(2) < 2x(l), zumBeispiel x(2) = 190, so lagen abnehmende Skalenertrage vor. Allgemein lassen sich die Skalenertrage der Produktion fiir jeweils alle moglichen Zahlenwerte des Skalenfaktors 6 > 0 (insbesondere 6 > 1) wiefi)lgtformal definieren:

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

173

x(6) > 6x(l) : zunehmende Skalenertrage

(21.17a)

x(6) = 6x(l) : konstante Skalenertrage

(21.17b)

x(6) < 6x(l) : abnehmende Skalenertrage

(21.17c)

Die folgende Abbildung 21.10 zeigt drei mogliche Verlaufsformen der Skalenertragskurve, namlich fixr durchgehend zunehmende, abnehmende imd fur konstante Skalenertrage. Der auch denkbare Fall zuerst zunehmender und bei groBerem 6 dann abnehmender Skalenertrage wird hier nicht naher betrachtet. Abbildung 21.10: Skalenertragskurven bei verschiedenen Skalenertrdgen zunehmende Skalenertrage

konstante Skalenertrage

x(2a',2c') = x(2)

abnehmende Skalenertrage

x(a'.c') = x(1) +

Zunehmende Skalenertrage in der Produktion bringen fiir ein Untemehmen entscheidende Vorteile mit sich, well eine Ver-6-fachung des Outputs nur weniger als eine Ver-6-fachung der Inputs erfordert. In der Abbildung 21.10 fiihrt beispielsweise eine Verdoppelung des totalen Faktoreinsatzes im Falle zunehmender Skalenertrage zu einem Outputniveau x(2), das oberhalb von 2-x(l) liegt (siehe den oberen der drei Punkte iiber 6 = 2). Es ist daher zweckmaBig zu priifen, welche Skalenertrage die Produktionsfunktion eines produktiven Systems aufweist.

174

Das Giiterangebot der Unternehmen

Aufgabe2L9: Betrachten Sie eine Cobb/Douglas-Produktionsfunktion x = ya"c^, mit y = 1 und drei verschiedenen Konstellationen der Funktionskoeffizienten a und p: 1) a = 1/2, B - 1/3 2) a = 1/2,13 = 1/2 3) a = 3/4, fi = 1/3 a) Gehen Sie von einem beliebigen Faktorenbundel aus, zum Beispiel (a',c') = (9, 7), und vergleichen Sie zahlenmaBig den Output bei doppeltem totalen Faktoreinsatz, also x(2a',2c'), mit demdoppeltenOutput des einfachenEinsat^es, also 2x(a',c'). b) Welche Skalenertrage liegen in den drei Fallen vor?

d) Die Skaleneigenschaften eines Produktionssystems werden durch die Skalenelastizitat beschrieben. Das ist die Elastizitat des Outputs x in Bezug auf das Skalenniveau 6. Sie gibt an, um wieviel Prozent das Outputniveau verandert werden kann, wenn alle Faktoreinsatzmengen zugleich um jeweils ein Prozent erhoht (oder gesenkt) werden; was einer VergroBerung der BetriebsgroBe um ein Prozent entspricht:

6 Mittels der Skalenelastizitat lassen sich die zuvor definierten drei Arten von Skalenertragen auch quantitativ exakt unterscheiden und hinsichtlich der Starke ihrer Auspragung messen: Es liegen zunehmende Skalenertrage vor, falls s(x:6) > 1 und abnehmende bei 8(x:6) < 1. Bei konstanten Skalenertragen und somit linearem Verlauf der Skalenertragskurve ist s(x:6) = 1. Der Leser schreibe diese Zuordnung an die drei Kurven der Abbildung 21.10. e) Fur eine sowohl in der reinen als auch in der angewandten Wirtschaftstheorie sehr beliebte und deshalb haufig verwendete Gruppe von Produktionsfunktionen gibt es eine einfache Moglichkeit, die Skalenelastizitat zu ermitteln. Es handelt sich dabei um die Gruppe der %omogenen Produktionsfunktionen. Eine Produktionsfunktion x(a,c) heiBt homogen vom Grade ft, falls fiir alle 6>0gilt: x(6a,6c)= 6^.x(a,c)

Zur Homogenitat von Funktionen vgl. im einzelnen den Anhang M.4.4.

(21.19)

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

175

Okonomisch besagt das: 6-facher Faktoreinsatz erlaubt die Produktion der 6 fachen Ausbringungsmenge, egal von welchem Faktorenbtindel ausgegangen wird. 1st beispielsweise der Homogenitatsgrad h = 1,5, so bringt eine Verdoppelung des totalen Faktoreinsstzes (6 = 2) eine Ver-2^'^-fachimg des Outputs (wobei 2^'^ « 2,83). Die Skalenelastizitat einer solchen homogenen Produktionsfunktion ergibt sich gemafi (21.18) zu s(x:6) =

^•6^-i.x(a,c) • 6 , =n 6^.x(a,c)

(21.20)

Demnach ist die Skalenelastizitat einer homogenen Produktionsfiinktion gleich dem Homogenitatsgrad dieser Funktion. Sie hangt weder vom Input- noch vom Outputniveau ab; homogene Produktionsfunktionen sind folglich skalenisoelastisch. Die Ermittlung des Homogenitatsgrades ti einer Produktionsfiinktion entspricht somit der Untersuchung ihrer Skalenertrage. Dies ist eine wesentliche Vereinfachung, weil die Ermittlung des Homogenitatsgrades in der Regel nicht sehr schwierig ist (siehe Anhang M.4.4.a). Noch ein weiterer interessanter Zusammenhang laBt sich bei homogenen Produktionsfiinktionen feststellen. Dazu bedarf es der Anwendung des Euler'schen Theorems aus der Mathematik. Es besagt, dafifiirjede vom Grade fi homogene Funktion x(a,c) gilt: aX-a+

cX-C=^-X

Teilt man beide Seiten dieser Gleichung durch x, so ergeben sich auf der linken Seite die Formeln der Produktionselastizitaten (21.14) der beiden Faktoren: 8(x:a) + s(x:c) = fi

(21.21)

Folglich entspricht bei homogenen Produktionsfiinktionen der Homogenitatsgrad auch der Summe der Produktionselastizitaten. Durch Gleichsetzen von (21.20) und (21.21) ergibt sich schlieBlich das folgende Elastizitatstheorem der mikrookonomischen Produktionstheorie, das nach seinen Entdeckem auch als Wicksell/Johnson-Theorem bezeichnet v^ird: 8(x:a) + 8(x:c) = s(x:6)

(21.22)

Wgl. Anhang M.4.4.b). ^diOhKnut Wicksell (Vorlesungen iiber Nationalokonoriiie,; Bd. 1, 1913, S. 187ff) und W.E. Johnson (The Pure Theory of Utihty Curves; Economic Journal, 1913).

2

176

Das Giiterangebot der Untemehmen

Das Theorem besagt: Die Skalenelastizitat einer Produktionsfunktion ist stets gleich der Summe der Produktionselastizitaten. Das gilt allgemein, auch bei mehr als zwei Produktionsfaktoren, und, wie im Anhang M.5.1.c) gezeigt wird, sogarfiirnichthomogene Produktionsflmktionen. Der Vorteil, den das Wicksell/Johnson-Theorem bietet, besteht darin, daB es die Berechnung der Skalenelastizitat auch ohne Kenntnis der Skalenfiinktion ermoglicht. Kennt man aus der Analyse der Einzelfaktorvariation alle Produktionselastizitaten, so kennt man auch Art und Auspragung der Skalenertrage. Beispiel21.2: Skalenertrage bei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion. Im Falle einer Cobb/Douglas-Produktionsfunktion x(a,c) = y-a"-c^ ergibt sich die Skalenertragsfunktion flir jedes beliebig gewahlte Anfangsfaktorenbundel (a',c') mit x(a', c') = x', wie folgt: x(6) = x(6-a',6-c') = y • (6-aT * (6-cf

(1)

= y.6".(ar-6^-(cf = 6-P.[y(ar-(cf] Nach (21.19) ist die Cobb/Douglas-Funktion folglich homogen und weist den Homogenitatsgrad ^ = a + P auf. In der eckigen Klammer steht die urspriingliche Cobb/Douglas-Funktion, so daB dafur x(a',c') oder x' geschrieben werden kann. Damit ergibt sich die Skalenertragsfunktion im Cobb/Douglas-Fall zu (wobei (a',c') das vorgegebene Anfangsfaktorenbundel ist): x(6) = 6"^P.x(a',c') = 6"^P • x'

(2)

Fiir die Skalenelastizitat (21.18) erhalt man: f

«,

6X(6>6

(a + P)-6"-P-'-x'-6

^^^^'> = -mr =—^'^^—

= "^P

^'^

Die Skalenelastizitat ist also - wie das Theorem (21.22) besagt - gleich der Summe der Produktionselastizitaten, die bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion ja den Faktorexponenten a und p entsprechen (vgl. Aufgabe 21.8a). Nach den Definitionen mit der Gleichung (21.18) liegen bei a + P> 1 zunehmende, bei a + P < 1 abnehmende und bei a + P = 1 konstante Skalenertrage vor (vgl. auch Aufgabe 21.9b). Die Produktionsfunktion der BundesAnstelle von a steht nun 6a', und anstelle von c steht 6c'.

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

177

republik Deutschland aus dem Empirikum 21.5 weist mithm zunehmende Skalenertrage aus: Wiirden das westdeutsche Arbeitsvolumen a und der westdeutsche Kapitalstock c um jeweils ein Prozent erhoht, so stiege das reale Bruttoinlandsprodukt gemaB dem Elastizitatstheorem (21.22) um 0,689 + 0,378 = 1,067 Prozent. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dafi sich die Skaleneigenschaften eines durch eine ProduktionsfUnktion beschriebenen produktiven Systems (z.B. auf Untemehmen) auf zumindest vier Weisen ermitteln lassen: • Bei gegebener (oder gewinnbarer) Skalenfunktion x(6) wird mit Hilfe der gelaufigen Elastizitatsberechnungsformel die Skalenelastizitat s(x:6) berechnet. • Bei homogenen Produktionsfunktionen wird der Homogenitatsgrad h ermittelt. Dieser entspricht dann der Skalenelastizitat s(x:6) • Bei Bekanntheit aller Produktionselastizitaten s(x:vj), erhalt man die Skalenelastizitat gemaB dem Wicksell/Johnson-Theorem durch deren Aufsummierung. • Bei Problemen mit alien drei zuvor genannten Wegen kann (gleichsam als Notlosung) wie folgt vorgegangen werden: Ftir jeden Produktionsfaktor j wird irgendein positiver Wert v] festgelegt. Durch Einsetzen dieses Faktorenbiindels v' in die Produktionsfunktion erhalt man die damit produzierbare Ausbringungsmenge x'. Dann ist zu ermitteln, wie groB der Output beim doppelten Faktoreinsatz 2 • v' ist, und dieser wird dann mit 2 x' verglichen. Am Ende dieses Unterkapitels tiber die Skalenvariation woUen wir noch kurz nach den moglichen Ursachen fiir das eigentlich erstaunliche Phanomen der zunehmenden Skalenertrage fragen. Einen vergleichsweise einfach nachzuvoUziehenden Grund (neben mehreren anderen) zeigt das folgende Empirikum 21.6: Empirikum 21.6: a) Es soil hier eine grundsatzliche Ursache fur zunehmende Skalenertrage aufgezeigt werden, die bei einer Reihe von Produktionsverfahren in der Realitat wirksam ist, namlich bei solchen, die Behalter erfordern, um ein Produkt herzustellen. Dazu zahlen belspielsweise die Herstellung vieler chemischer Produkte, die Glas- sowie die Eisen- und Stahlproduktion, der Transport von Mineralol in Tankern oder Pipelines sowie die Brauerei.

178

Das Giiterangebot der Untemehmen

Am einfachsten laBt sich der in Rede stehende Zusammenhang anhand eines kugelformigen

Behalters

verdeutlichen.

Dessen

Inhalt

beziehungsweise

Volumen V ist durch die geometrische Forme!

V=

^-D^ 6

bestimmt. D steht fur den Durchmesser des Behalters, TI = 3,14159... ist die Kreiszahl. Das Volumen kann als Produktionskapazitat der Produktionsanlage und damit (bei voller Auslastung) als Output x pro Produktionsperiode aufgefaSt werden, zum Beispiel das Transportvolumen eines Oltankers. Der zu finanzierende Faktoreinsatz ist wesentllch durch den Materialbedarf fur den Behaltermantel, also durch die kugelformige Oberflache des Behalters bestimmt. Diese errechnet sich nach der geometrischen Formel: A = n n D 2 Umgestellt nach D gilt:

D = ' ^ Setzt man dies in die obige Volumenformel ein, so ergibt sich das Volumen (also das Aquivalent des Outputnlveaus x) in Abhangigkeit von der Oberflache (dem Aquivalent des Faktoreinsatzniveaus bzw. der BetriebsgroBe 6):

A

71-A

6

3/2

6.71^/^

A 3/2

6.71^2

Ergo:

V(A)

,3/2

6-VTT

In unsere mikrookonomischen Symbole ubersetzt lautet diese Skalenertragsfunktion:

x(6) = 0,094 • 6^'^ Die Skalenelastizitat s(x:6) Ist gleich 1,5. Das kann der Leser durch Anwenden der Berechnungsformel (21.18) prufen. Jede Verdoppelung des Faktoreinsatzes (also 6 = 2) eriaubt demnach eine Ver-2,828-fachung der Ausbringungsmenge (denn 2^'^ ist ungefahr gleich 2,828). Oder umgekehrt formuliert: Jede Verdoppelung des Outputnlveaus erfordert nur eine Ver-1,587fachung des Faktoreinsatzes. Denn durch Umstellen der letztgenannten Gleichung erhalt man 6(x) = 10,635-x^/^, und 2^'^ ist ungefahr gleich 1,587.

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

179

Dieses Faktum ist der Grund dafur, daB der soeben beschriebenen Zusammenhang in der Praxis als die "2/3"-Regel bezeichnet wird. b) Die Vorteile zunehmender Skalenertrage bewegen die Unterneiimen dazu, sich urn immer groBere Produktionsvolumina zu bemuhen. Skalenvorteile erzwingen eine einzeiwirtsciiaftliche Wachstumsstrategie. Ein empirisciies Beispiel bietet die Eisen- und Stahlproduktion. In der folgenden Abbildung ist die historisciie GroBenentwicklung von Hochofen, gemessen am Gestelidurclimesser [in Metern] dargestellt (vgl. auch Empirikum 21.1). Zu einem dermaBen drastischen Waciistum der HochofengroBe von knapp einem auf mittlen/veile uber funfzehn IVIeter Durchmesser ware es nicht gekommen, wenn hier niclit merklicii zunehmende Skalenertrage der oben erklarten Art hatten erschlossen werden konnen.

[m] 18

17 16-] 15-] 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5H 4 3 H 2H

1 ] 1840

1860

1880

1900

1920

1940

1960

1980 2000 Jahr

Quelle: Kreutzer, H.W., et al.: Der Hochofen - Stationen seiner Entwicklung; Stahl und Eisen 106, 1986, S. 934. Erganzend: Stahl und Eisen 116, 1996, 8. 87:

Die einzelwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit zunehmender Skalenertrage kann gesamtwirtschaftlich zu unen/vunschten Konzentrationsprozessen in den betroffenen Branchen fuhren. Gerade in den eingangs genannten Wirtschaftsbereichen, in denen der in a) beschriebene Effekt wirksam ist, hat die Unternehmenskonzentration in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen.

180

Das Giiterangebot der Untemehmen

Aufgabe 21.10: Priifen Sie die Skaleneigenschaften der durch die Funktion x =:: x(a, c) = ^ a • a + p • c beschriebenen Produktion durch Ermittlung der Skalenelastizitat a) auf dem Weg liber die Skalenfunktion b) auf dem Weg liber das Wicksell/Johnson-Theorem.

2,1.4. Isoquante Faktorvariation und Grenzrate der Faktorsubstitution a) Der dritte Schnitt durch das Ertragsgebirge (Abbildimg 21.3) bezieht sich auf alle Faktoreinsatzmengenkombinationen (a,c), die die gleiche Ausbringungsmenge x = x(a,c) zu produzieren erlauben. Alle entsprechenden Produktionspunkte liegen auf einer Hohenlinie des Ertragsgebirges, wie sie in der folgenden Abbildung perspektivisch dargestellt ist: Abbildung 21.11: Hohenlinie des Ertragsgebirges X

Anstelle der durchgezogenen Hohenlinie betrachten wir im folgenden nur die damit gleichwertige gestrichelte Kurve in der durch die beiden Faktoreinsatzmengenachsen a und c aufgespannten Ebene, dem sogenannten Faktorraum (siehe Abbildung 21.11). Diese "Kurve gleichen Outputs" wird als Isoquante bezeichnet und durch die Isoquantenfunktion

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

181

a = a(c, X)

(21.23)

beschrieben. Sie zeigt die fimktionale Abhangigkeit der Faktoreinsatzmengen voneinander. Fiir jede mogliche Ausbringungsmenge existiert genau eine solche Isoquante. Die Isoquantenfunktion a(c,x) gibt den Arbeitseinsatz in Abhangigkeit vom Kapitaleinsatz an - bei einer bestimmten Ausbringungsmenge x = x . Konkreter sagt sie, welcher Arbeitseinsatz a erforderlich ist, um in Kombination mit einem Kapitaleinsatz c eine vorgegebene Menge x des Produktes produzieren zu konnen. Aus der Produktionsfiinktion x(a,c) wird die Isoquantenfunktion durch Umstellen nach a ermittelt. Genauso konnte natiirlich nach c umgestellt werden, wodurch sich die Isoquantenfunktion c(a, x) ergabe. Aufgabe 21.11: ; Leiten Sie aus der Produktionsfunktion der Aufgabe 21.1, namlich x = ^ a • a + p • c , allgemein die Isoquantenfunktion a(c,x) her. Zeigen Sie dann damit, dafi die dort unter b) genannten Faktorenbiindel zum Outputniveau x = 6 alle auf derselben Isoquante liegen.

Es kann gezeigt werden, dafi die Isoquanten einer Produktionsfiinktion, welche die neoklassischen Bedingungen (Ul), (U2) und (US) erfuUt, stets einen fallenden und streng konvexen Verlauf haben. Den etwas aufwendigen Beweis findet der mteressierte Leser im Anhang M.5.2.c). Insbesondere der fallende Verlauf (negative Steigung) ist schon allein durch (Ul) gesichert. Er bringt zum Ausdruck, daB die Faktoreinsatze mengenmaBig gegeneinander substituiert werden konnen. Die neoklassische Produktionstheorie betrachtet also substitutionale Faktorbeziehungen (im Gegensatz zu den limitationalen aus Kapitel 2.1.2.g). Abbildung 21.12: Isoquante im Faktormengendiagramm

a(c,x)

182

Das Giiterangebot der Untemehmen

Der in Abbildung 21.12 dargestellte Isoquantenverlauf lafit erkennen, dafi die vorgegebene Ausbringungsmenge x mit mehreren verschiedenen Faktorenbiindeln (a,c) produziert werden kaiin, daB also die einzelnen Faktoreinsatze gegeneinander substituierbar sind. Das heifit: Ein verminderter Einsatz eines Faktors kaiin durch einen vermehrten Einsatz des anderen Faktors ausgeglichen werden, so da6 der gleiche Output erzeugt werden kann. Beispielsweise kann ein StraBenbauuntemehmen eine bestimmte Strecke x mit hohem Arbeits- und geringem Kapitaleinsatz bauen, etwa mit 1000 Bauarbeitem (= a'), die mit Schaufeln (= c') ausgestattet sind. Oder die gleiche Strecke wird mit geringerem Arbeitseinsatz, dafur aber hoherem Kapitaleinsatz errichtet, etwa mit 10 Bauarbeitem (= a"), die mit Baggem und Raupen (= c") arbeiten. Dazwischen gibt es viele weitere mogliche Faktoreinsatzmengenkombinationen. Auch bei zahlreichen Dienstleistungen ist eine Wahl zwischen verschieden arbeits- oder kapitalintensiven Produktionsweisen moglich (man denke an Buchfiihrungsbiiros mit und ohne EDV-Einsatz). Betrachtet man auch andere Einsatzguter der Produktion, zum Beispiel "Energie" und "Information", so zeigen sich zahlreiche weitere Substitutionsmoglichkeiten. So ist bei Produktionsprozessen in der Chemischen Industrie haufig der Einsatz von Energie (Warme) und von bestimmten Katalysatorstoffen erforderhch, wobei um so weniger von dem einen Faktor erforderhch ist, je mehr von dem anderen eingesetzt wird. In den vergangenen Jahren sind viele FheBbandarbeiter durch Roboter, technische Zeichner durch CAD-Systeme sowie Bankangestellte durch Geldautomaten und Auszugsdrucker substituiert werden. Ahnlich werden in Zukunft sprachgesteuerte Schreibautomaten viele Sekretarinnen iiberfltissig machen. Isoquanten stellen fiir den Produktionsplaner gleichsam ein Auswahhnenti aller verfiigbaren Produktionsverfahren dar, die es ermoghchen, eine bestimmte Produktmenge zu produzieren. Auf einer Isoquante kann jedes Produktionsverfahren durch eine Faktoreinsatzmengenkombination (a,c) reprasentiert werden. Die Gesamtheit aller bekannten Produktionsverfahren fiir ein Produkt wird als dessen Produktionstechnologie bezeichnet. Eine Isoquante der oben dargestellten Art umfaBt unendlich viele dicht beieinander hegende Faktorenbtindel. In der Realitat gibt es naturlich nicht unendhch viele entsprechende Produktionsprozesse. Aber auch dann, wenn es nur eine geringe Anzahl technologisch realisierbarer Faktoreinsatzmengenkombinationen zur Produktion einer bestimmten Menge eines bestimmten Gutes gibt, lassen sich diese doch in der Regel einfach durch eine »glatte« Isoquante annahem und beschreiben. b) Die in Kapitel 2.1.1.b) definierten Faktorintensitaten konnen im Isoquantendiagranmi graphisch veranschauhcht werden: Sie entsprechen namlich der

2.1. Technologische Produktionsbedingimgen

183

Steigung 9a /5c eines Fahrstrahls zu einem Punkt einer Isoquante. Zur Verdeutlichung zeichne der Leser in der Abbildimg 21.12 vom Koordinatenursprung ausgehend eine Gerade zu dem Punkt (a",c") der Isoquante. Die Steigung dieses Fahrstrahls entspricht der Kapitalintensitat c'Va", wenn die Strecke Oc", durch die Strecke Oa" dividiert wird. Definiert man dagegen den Quotienten aus Oa" durch Oc" als Steigung, so entspricht dies der Arbeitsintensitat a'Vc" in dem betrachteten Punkt der Isoquante. Der Leser kann die beiden moglichen Steigungsdefmitionen durch kleine Steigungsdreiecke an dem Fahrstrahl verdeutlichen. c) Da eine Isoquante stets zu einer ganz bestimmten Ausbringungsmenge gehort, muB diese an die entsprechende Kurve geschrieben werden. Da aber, wie bereits zu Beginn dieses Unterkapitels gesagt wurde, zu jeder moglichen Ausbringungsmenge X eine Isoquante existiert, kann die Produktionsfimktion x(a,c) durch eine Schar von Isoquanten reprasentiert werden. Je hoher die Ausbringungsmenge x ist, desto weiter »rechts-oben« verlauft die zugehorige Isoquante im Faktorraum. In der Abbildung 21.13 sind exemplarisch die Isoquanten einiger ganzzahliger Vielfache einer bestimmten Ausbringungsmenge x eingezeichnet, namlich x = 2 X, X = 3 X und so weiter. Zwischen je zwei Isoquanten lassen sich stets weitere angeben, die zu den dazwischen liegenden Outputmengen gehoren. Zum Beispiel liegt zwischen der 2 x - und der 3 x -Isoquante unter anderem eine Isoquante zum Output x = 2,33 X. Abbildung 21.13: Isoquantenschar im Faktormengendiagramm

Alternativ kann man auch das Symbol der Isoquantenfiinktion a(c, x) an die x-Isoquante schreiben.

184

Das Guterangebot der Unternehmen

Wie aus einer gegebenen Produktionsfimktion die Isoquantengleichung hergeleitet wird und wie diese daiin hinsichtlich ihrer Eigenschaften analysiert werden kann, zeigt das folgende Beispiel 21.3. Zuvor sei aber noch kurz vor einer zu weit gehenden Analogiebildxing zwischen Isoquanten und Indifferenenzkurven (Kapitel 1.1.) gewamt, wie sie in Teilen der Literatur zu finden ist. In der Tat kann man den Eindruck von Analogien zwischen der mikrookonomischen Haushalts- und der Untemehmenstheorie nur bei einer sehr oberflachlichen, formalen Betrachtung gewinnen. Inhaltlich okonomisch konnten die Unterschiede - hier die zwischen Isoquanten und Indifferenzkurven - kaum grofier sein: Auf der einen Seite ein objektiver, technologisch determinierter, stabiler, quantifizierbarer und durch gewisse GesetzmaBigkeiten strukturierter Zusammenhang zwischen Gutermengen; auf der anderen eine subjektive, psychisch bestimmte, zeitlich instabile, kaum quantifizierbare und jede beUebige Exzentrik abbildbare Relation in Bezug auf Praferenzen. Fiir andere behebte Objekte der Analogic gilt diese Kritik ebenfalls. Deshalb bringen weitreichende Analogien auf dieser Art weder einen inhaltlichen noch einen wesentlichen didaktischen Gewinn. Sie fiihren eher dazu, daB jedes der beiden Modelle aus der Perspektive des anderen entsteUt und verflacht wahrgenommen wird und die okonomischen Besonderheiten beider Modelle zu kurz kommen. Beispiel 21.3: Isoquantenverlaufbei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion. a) Um aus einer gegebenen Produktionsftmktion x = x(a,c) die Isoquantenfunktion a(c,x) herzuleiten, mu6 zunachst der Output x fixiert werden (symbolisiert durch einen Querstrich). Daim ist sie - falls mogUch - nach a (oder nach c) umzustellen. Ftir den Fall der Cobb/Douglas-Produktionsfimktion ergibt dies: = ya^-cP

y .CP

(1)

= a^ X

a = ycP

1 a

X

= — _Y_

1 a

_i_

•c"cx

= a(c,x)

(2)

2.1. Technologische Produktionsbedingungen

185

Dies ist die gesuchte Isoquantenfunktion. Die rechts stehende Schreibweise dient der einfacheren weiteren Analyse, weil die hier als unabhangig aufgefaBte Variable,c separat steht. b) Um nun bei der Cobb/Douglas-ProduktionsfUnktion den Verlauf der Isoquante zum beliebigen Outputniveau x zu untersuchen, ist zunachst die Isoquantenfunktion a(c,x) aus (2) nach c zu differenzieren. Diese Ableitung zeigt, welche Steigung die x -Isoquante hat, ob also (bei konstantem Output) a mit steigendem c zunimmt oder abnimmt:

^ - = ca(c,x) = oc

a ^ < 0

(3)

a

Da die Ableitung kleiner als Null ist, also ein negatives Vorzeichen aufweist, haben die Isoquanten der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion immer und tiberall eine negative Steigung, das heiBt einen fallenden Verlauf. Okonomisch bedeutet das: Ein Wenigereinsatz eines Faktors muB (und kann) durch einen Mehreinsatz des anderen Faktors ausgeglichen werden, wenn die gleiche Ausbringungsmenge wie zuvor produziert werden soil. Arbeit und Kapital sind demnach funktionelle Substitute. Der Leser zeichne zur Veranschaulichung an irgendeinen Punkt einer der in Abbildung 21.13 dargestellten Isoquanten eine Tangente mit Steigungsdreieck. Die senkrechte Schenkellange dieses Dreiecks sei die eine kleine Einheit, um die c erhoht wird (Pfeilspitze nach oben einzeichnen!). Die horizontale Schenkellange entspricht dann der zugehorigen Abnahme von a (negativen Anderung, Pfeilspitze links einzeichnen!) beziehungsweise - ohne Pfeilspitze - dem Negativen der oben ermittelten Ableitung, also -5a/5c. c) Die zweite Ableitung der Isoquantenfunktion gibt Auskunft iiber das Kriimmungsverhalten der Isoquanten. Dazu mu6 wird die Ableitung (3) noch einmal nach c diflferenziert werden:

Der mathematisch wenig getibte Leser mache sich klar: Bei dem Term in der rechten eckigen Klammer samt Exponent handelt es sich um eine Konstante, da hier sowohl a, y als auch x vorgegebene Groiien sind. Auch der Exponent von c, also -p/a, ist eine Konstante. Deshalb hat die Isoquantenfimktion(2)mathematischgesehendieeinfache Struktur: y = ax^. 2

In der mathematischen Schreibweise aus der vorigen FuBnote ergibt sich die Ableitung zu xY = b - a x ^ " i . Es sei daran erinnert, dafi Potenzen positiver Basis auch bei negativen Exponenten/>o5zY/ve Zahlen sind. Vgl. auch die formal analoge Darstellung bei der Steigung der Indifferenzkurven im Kapitel 1.1. c), zum Beispiel in Abbildung 11.3.

186

Das Giiterangebot der Untemehmen

ea(c,x) = ( - A _ ! ) . ( . £ ) . a a

• c'oc"^ >0

Das mathematische Produkt der beiden negativen runden Klammem ist positiv (weil a und P nach Voraussetzung positiv sind). Deshalb hat die gesamte zweite Ableitung hier stets ein positives Vorzeichen. Dies zeigt, da6 die Isoquanten der Cobb/Douglas-Produktionsfimktion immer und tiberall konvex gekrummt sind, das heiBt, ihre (negative) Steigung wird mit zunehmendem c groBer, also »weniger negativ«. Beim Ubergang vom Punkt (a',c') zmn Punkt (a",c") in Abbildung 21.12 steigt beispielsweise die Steigung da/dc von etwa -2 auf-2/3 (gleiche Skalierung der Faktorachsen unterstellt), was des Leser durch Anlegen von Steigungsdreiecken nachprufen moge.

D Wenn sich die Argumentation nicht auf eine einzelne Isoquante und somit auf eine ganz bestimmte Ausbringungsmenge x bezieht, dann kann bei der Isoquanten&nktion der Output x auch als Funktionsparameter aufgefafit werden. Wir schreiben dann a(c;x) statt a(c,x). Der x-Wert bestimmt, auf welche der Isoquanten sich die Argumentation bezieht. Es sei auch nochmals daran erinnert, daB die beiden im obigen Beispiel hergeleiteten Isoquanteneigenschaften, namlich ihr fallender Verlauf (ca0) eine logische Folge der Grundannahmen (Ul) bis (U3) sind und somit fur alle neoklassischen Produktionsfiinktion gelten. d) Bevor wir uns eingehender mit der okonomischen Bedeutung der Isoquanteneigenschaften befassen, ist es geboten, auf die Zusammenhange zwischen diesem Konzept (isoquante Faktorvariation) und den beiden zuvor betrachteten Konzepten (Einzelfaktorvariation und Skalenvariation) einzugehen. Denn alle drei stellen ja gleichsam nur verschiedene »Ansichten« einer Produktionsfiinktion beziehungsweise ihres Graphen - des Ertragsgebirges - dar. In der Tat lassen sich die in den beiden vorangegangenen Unterkapiteln besprochenen Produktionseigenschaften, namlich die abnehmenden Grenzertrage bei partieller Faktorvariation (Kapitel 2.1.2.) imd die zu- oder abnehmenden Skalenertrage bei totaler Faktorvariation (Kapitel 2.1.3.) auch mittels der Isoquanten darstellen. Beginnen wir mit den Grenzertragen: Bei Einzelfaktorvariation wird die Einsatzmenge eines Faktors (hier: a) verandert, wahrend alle iibrigen Faktoreinsatze konstant bleiben (hier c = c). In der Abbildung 21.14 Zur K-Fall), wenn die Lohnelastizitat der Arbeit groBer als minus Eins ist (relativ lohnunelastische Arbeitsnachfrage), und sie nehmen ab ( 0 beschreibt die Standard-Kostenfunktion einen kurzfristigen Kostenverlauf, da es, wie in Kapitel 2.2.3.e) gezeigt wurde, in der langen Frist keine Fixkosten gibt; bei langfristiger Betrachtung ist also F = 0. K > 1 ergibt einen konvexen, K = 1 einen linearen imd K < 1 einen konkaven Verlauf der Gesamtkostenkurve. Die folgende Abbildung 22.11 zeigt drei Beispiele kurzfristiger Kostenkurven, die mittels der Standard-Kostenfimktion darstellbar sind. Abbildung 22.11: Einige kurzfristige Gesamtkostenverldufe

Mathematisch handelt es sich um eine sogenannte Potenzfimktion. Sie erfordert - streng genommen dafi der Exponent K eine rationale Zahl (Bruchzahl) ist. Der wenig realistische Fall K = 0fiihrtzu einem konstanten Kostenverlauf K(x) = c + F.

250

Das Giiterangebot der Untemehmen

b) Die Standard-Kostenfunktion eignet sich insbesondere auch zur einfachen Beschreibung der kurz- iind langfiistigen Kostenfiinktionen, die sich aus der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion ergeben. Deiin die in Beispiel 22.3 ermittelte langfristige und die in Beispiel 22.4 hergeleitete kurzfristige Kostenfunktion konnen zur Form (22.31) vereinfacht werden: Nach der Gleichung (2) des Beispiels 22.3 sind fur den langfristigen Kostenverlauf bei einer Cobb/Douglas-Produktionsfunktion die FunktionskoeflSzienten wie folgt bestimmt (der Leser vergleiche dies, um sich den Zusammenhang zwischen der aus der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion hergeleiteten Kostenfunktion und der Standard-Kostenfunktion klarzumachen): F = 0 K

=

'>

a+p

a

" I ' a+p n-^^+P -r^+P = a + p a

a+p

r

LPJ

>

p a+p

(22.32a)

-J

Aus dem Beispiel 22.4, Gleichung (3), ergeben sich fur den kurzfristigen Kostenverlauf bei einer Cobb/Douglas-Produktionsfonktion folgende Koefifizienten: F = r •c K

^

=

y

a i,-y

1

(22.32b)

i

Der Leser erinnere sich daran, daB es sich bei den Funktionskoeffizienten a und p um die Produktionselastizitaten der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion handelt. Diese haben jeweils einen positiven Zahlenwert, der kleiner als Eins ist. a, P < 1 bedeutet abnehmende Grenzertrage (vgl. die Gleichungen (4) in Beispiel 21.1). Somit entspricht nach der KoeflBzientenzuordnung (22.32b) in der kurzen Frist das K dem Kehrwert der Produktionselastizitat des variablen Faktors (hier: Arbeit). Daraus kann gefolgert werden, daB eine aus der Cobb/DouglasProduktionsfunktion hergeleitete kurzfristige Kostenkurve nicht konkav verlaufen

Vgl.Aufgabe21.8.a).

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

251

kann (vgl. die untere Kurve in der Abbildimg 22.9). Denn K < 1 setzt eine Produktionselastizitat des variablen Faktors von groBer als Eins voraus, was - wie die Empirie zeigt - kaum zu begrunden ist. 1st der Zahlenwert von K in der Gesamtkostenfimktion bekannt und liegt eine durch die Cobb/Douglas-Funktion beschreibbare Produktionsstruktur vor, so lassen die obigen Formeln (22.32) auch einen RiickschluB von der Kosten- auf die Produktionsfiinktion zu. Im kurzfiistigen Fall folgt zum Beispiel aus einem bekannten K-Wert, daB a = 1/K, und aus bekannten Fixkosten F kann der fixe Kapitaleinsatz c = F/r errechnet werden. Der interessierte Leser kann versuchen, unter der Annahme eines bekannten, separat festgelegten Niveaukoeffizienten y auch P zu ermitteln. Es sei auch noch einmal daran erinnert, daB bei der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion a + p der Skalenelastizitat und nach Gleichung (21.21) auch ihrem Homogenitatsgrad entspricht. Bei a + P > 1 hegen zunehmende, bei a + P < 1 abnehmende und bei a + p = 1 konstante Skalenertrage vor (vgl. Beispiel 21.2). K entspricht nach den Formeln (22.32a) in der langen Frist also dem Kehrwert der Skalenelastizitat (beziehungsweise dem Homogenitatsgrad). Der Leser verdeuthche sich dies anhand der im folgenden Empirikum 22.2 genannten Daten: Welche Schlusse konnen aus den K-Werten auf die Skalenertrage der Produktion in Westdeutschland gezogen werden? (Vgl. dazu auch Empirikum 21.5a). Empirikum 22.2: a) In ejner 1971 von Wied-Nebbeling durchgefuhrten empirischen Untersuchung ergab sich, dali 95 Prozent der befragten Industrieunternehmen (als langfristig zu interpretierende) Kostenverlaufe aufweisen, die sich durch die Standard-Kostenfunktion (22.31) beschreiben lassen, zumindest bis zur Kapazitatsgrenze. Hinsichtlich des Koeffizientenwertes K ergab sich folgende Haufigkeitsverteilung: 56% nannten K < 1 ; 3 9 % nannten K = 1 und 0,4% nannten K > 1 als zutreffend. b) Basierend auf Jahresdaten zwischen 1927 und 1938 schatzte Yntema 1940 folgende kurzfristige Kostenfunktion fiir die Stahlerzeugung der U.S. Steel Corporation: K(x) = 55,734x + 182,1 . Dabei sind K die Gesamtkosten der Stahlerzeugung [in Millionen Dollar] und x die erzeugte Stahlmenge [in Millionen Tonnen]. Spatere Analysen zeigten, daB die Kostenfunktion tatsachlich nur naherungsweise linear verlauft. Quellen: Wied-Nebbeling, 8.: Industrielle Preissetzung; Tubingen, 1975, 8. 243. Yntema, T.O.: 3teel Prices, Volume and Costs; United Steel Corp., 1940, T.N.E.C. Papers 1, 8. 231ff.

252

Das Giiterangebot der Unternehmen

1st die Produktionsflmktion des Untemehmens unbekaimt, und somit eine Herleitung der Kostenftmktion aus der Produktionsfimktion nicht moglich, so besteht grundsatzlich die Moglichkeit, K(x) aus empirischen Daten direkt abzuschatzen. Sind fiir einige Ausbringungsmengen X(i), X(2), ... die zugehorigen Gesamtkosten K(x(i)), K(x(2)), ... bekaimt, so koiinen aus diesen Datenpaaren ( X(t), K(x(t)) ) - mit t als Datenindex - die Koeflfizienten der Kostenfunktion naherungsweise ermittelt und/oder die Kostenkurve graphisch dargestellt werden. Zur KoefiBzientenermittlung bieten Mathematik und Statistik mehrere probate Verfahren an. Ein solches "datafitting"ist aber mangels produktionstheoretischer Fundierung nur als zweitbester Weg anzusehen. c) Die durch die Ausbringungsmenge x geteilten Gesamtkosten K werden als Stiick- Oder Durchschnittskosten k bezeichnet. Sie geben an, wieviel jede produzierte Mengeneinheit des Produktes im Durchschnitt kostet. Mit K(x) als Gesamtkostenfunktion ist die Durchschnittskostenfunktion demnach wie folgt definiert: K(x) k(x) := - - -

(22.33)

Im Falle der Standard-Kostenfunktion K(x) = cx^ + F folgen die Durchschnittskosten der Funktion: k(x)^ c x ^ - i + —

(22.34)

Der erste Term entspricht den variablen Durchschnittskosten k^(x), der zweite den durchschnittlichen Fixkosten k^(x). Im Gegensatz zu den gesamten Fixkosten (K^ oder F) hangen letztere von der Ausbringungsmenge x ab. Allgemein ist also k(x) =k"(x) + k^(x)

(22.35)

Der interessierte Leser kann fur den Cobb/Douglas-Fall durch Einsetzen der in (22.32) zusammengestellten Terme fur c, K und F die Durchschnittskostenfunktion fur die langfiistigen und die kurzfiistigen Kosten ermitteln.

Eine methodische Darstellung aus der industxiellen Praxis, zusammen mit weitergehenden Nutzungsmoglichkeiten von Kostenfimktionai bietet W. Eversheim et al.: Angebotskalkulation mit Kostenfimktionen: Berlin/Koln, 1977.

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

253

Graphisch entsprechen die durchschnittlichen Kosten k(x) der Steigung des Fahrstrahls zu einem Punkt der (Gesaint-)Kostenkurve. Deshalb ist es moglich, aus einer gegebenen Gesamtkostenkurve auf graphischem Wege den Verlauf der Durchschnittskosten herzuleiten. Dazu wird wie folgt yorgegangen (siehe Abbildung 22.12): Auf der vorgegebenen Kostenkurve K(x) werden einige Punkte markiert. Senkrecht unter einem Punkt laBt sich die zu ihm gehorende Ausbringungsmenge x ablesen. Zum Beispiel gehort in dem oberen Diagramm der Abbildung 22.12 zu dem zweiten Punkt von links die Ausbringungsmenge x^iy Zu jedem markierten Punkt wird nun aus dem Ursprung des Diagramms eine gerade Linie gezeichnet. Je steiler ein solcher Fahrstrahl verlauft, desto hoher sind die Durchschnittskosten in dem zugehorenden Punkt der Gesamtkostenkurve - beziehungsweise bei der unter dem Punkt vhegenden Ausbringungsmenge x. Die Steigung des Fahrstrahls zu dem zweiten Punkt von links ist beispielsweise gleich dem Langenverhaltnis aus der senkrechten gestrichelten Linie iiber X(2) und dem horizontalen x-AchsenAbschnitt bis X(2). Ersteres ist aber K(x(2)), zweiteres ist X(2). Die Steigung, das ist hier der Quotient K(x(2))/x(2), entspricht den Durchschnittskosten bei X(2), also k(x(2)). Zu jeder Ausbringungsmenge x laBt sich auf diese Weise die Steigung des Fahrstrahls und damit der Wert der Durchschnittskosten in das untere Diagramm iibertragen. Der Gesamt- und der Durchschnittskostenverlauf konnen nicht sinnvoU in einem Diagramm zusammen dargestellt werden: Zum einen unterscheiden sich ihre MaBeinheiten, zum zweiten klaflfen in der Kegel auch ihre Zahlenwerte weit auseinander. Betragen zum Beispiel die Gesamtkosten der Herstellung von x' = 20 Millionen Stiick eines Produktes K(x') = 50 Milhonen GE^ so hegen die Durchschnittskosten bei k(x') = 2,50 GE/Stuck. Um deutlich zu machen, daB den beiden Diagrammen in Abbildung 22.12 unterschiedhche MaBeinheiten zugrunde hegen, schreibe der Leser die soeben genannten MaBeinheiten an die beiden senkrechten Achsen [jeweils in eckigen Klammem]. Entlang den x-Achsen wird in diesem Beispiel in [Stuck] gemessen.

254

Das Guterangebot der Untemehmen

Abbildung 22.12: Graphische Ermittlung des Durchschnittskostenverlaufs aus dem Gesamtkostenverlauf

K(x 0 fallen die Durchschnittskosten stets zunachst von unendlich her kommend, denn die durchschnittlichen fixen Kosten k^(x) = F/x steigen iiber alle Grenzen, wenn x gegen Null geht. Das heiBt, es gibt bei positiven Fixkosten keinen Schnittpunkt der Durchschnittskostenkurve mit der k-Achse. - Falls die Durchschnittskosten auch bei Fixkosten von null sinken (also bei langfristiger Betrachtung), liegt hingegen ein Effekt vor, der als Skalendegression der Kosten bezeichnet wird

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

255

Sind die Achsen im K(x)-Diagranim mit quantitative!! MeBskalei! versehe!!, so ko!!ne!! die k(x)-Werte durch Aus!!!esse!! sogar i!U!!!erisch ei!!iger!!!a6e!! exakt er!!!ittelt werde!! (vgl. die !!achste Aufgabe 22.8). A!!SO!!Stei! ist bei der Ubertragimg der Fahrstrahlsteigimge!! aus dem obere!! i!! das imtere Diagra!!!!!! !!iir zu beachte!!, daB i!!! k(x)-Diagra!!!!!! eii! Kiirve!!pii!!kt !!ur da!!!! hoher als ei!! anderer liegt, we!!!! bei der betreffe!ide!! Ausbri!!gungsme!!ge auch die zugehorige Fahrstrahlsteigimg i!!i obere!! Diagra!!!!!! grofier ist als die zu de!!! ai!dere!! Pimkt gehore!!de. Ln Falle der Abbildui!g 22.12 liegt beispielsweise die Steigu!!g des Fahrstrahls bei X(4) zwische!! de!! Steigunige!! bei de!! beide!! Me!!ge!! X(2) imd X(3). Deshalb !!!usse!! die Durchsclmittskoste!! k(x(4)) hoher sei!! als k(x(3)), aber geringer als k(x(2)). (Der Leser kai!!! dies deuthcher sehe!!, we!!!! im xmtere!! Diagram!!! die beide!! »rechte!!« Kurve!ipu!!kte auch horizo!!tal auf die k-Achse gelotet werde!!.) OfiFe!!bar gibt es kei!!e!! Pu!!kt auf der Gesa!!!tkoste!!kurve, desse!! Fahrstrahl ei!!e geri!!gere Steigu!ig hat als der uber x^y Das bedeutet, daB dort die Durchscl!!!ittskoste!! ihre!! i!!ii!i!!!alei! Wert k aimehtnei!, wobei k = k(x(3)). Bei!!! Output X(3) liegt so!!!it das Durchschnittskostenminimum. Die zugehorige Ausbri!!gu!!gs!!!e!!ge wird allgemei!! !i!it x'' sy!!!bohsiert. Der Leser schreibe x^ ui!d k a!! die betreffe!!de!! Achse!!pui!kte des u!!tere!! Diagranmis der Abbildu!!g 22.12. Gibt es ei!! solches Durchscl!!!ittskoste!i!!!i!!i!!!U!!!, je!!seits desse!! die Durchscl!!uttskosten wieder i!iit x ai!steige!!, spricht !!!a!! vo!i eiae!!! "U-formige!! Koste!!verlauf'. Diese iibliche Bezeicl!!!ung ist allerdi!!gs etwas irrefthrend, weil ma!! !!!ei!!e!! ko!mte, sie bezoge sich auf die Gesai!!tkoste!!. Tatsachlich bezieht sie sich aber auf die Durchsch!!ittskoste!!. - Das Durchscl!!!ittskoste!!!!!i!!i!!!U!n (sofem es existiert) erhalt !i!ai! auf graphische!!! Wege einfach dadurch, daB !!!ai! ei!!e!i Strahl aus de!!! Koordinate!!urspru!!g vo!! »ui!te!!« her ai! die Gesai!!tkosterJcurve a!!legt. Dort, wo er die Gesa!!!tkosterLkurve beruhrt, hegt das Durchscl!i!ittskoste!!!!!i!!ii!!U!!!. Li der Abbildui!g 22.12 handelt es sich um dei! Strahl, an de!! das Steigu!!gsdreieck eii!gezeich!!et wurde. Der Leser ka!!!! ihn verlangen!, um zu sehe!!, daB er wirklich die Koste!!kurve oberhalb vo!! X(3) tangiert. Ij Aufgabe 22.8: II Aus der Kostenrechnung eines Untemehmens sei der im fblgenden Diagramm dargestellte 11 Zusammenhang zwischen den Gesamtkosten und der Ausbringungsmenge pro Periode beII kannt (Kostenkurve). Ermitteln Sie auf graphischem Wege den numerisch exakten Durch) | schnittskostenverlaufimunteren Diagramm:

Das Gliterangebot der Unternehmen

256

X[St]

k [DM/St] 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 H

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

22

X[St]

Wir haben gezeigt, wie der Durchschnittskostenverlauf aus der Kurve der Gesamtkosten auf graphischem Wege hergeleitet werden kann. Es ist jedoch auch iimgekehrt moglich, von einer gegebenen Durchschnittskostenkurve auf die Gesamtkostenkurve zu schlieBen. Dazu kann die einfache Tatsache genutzt werden, daB K(x) = xk(x). Der Leser markiere zur Verdeutlichung im unteren Diagramm der vorigen Abbildung 22.12 auf der Durchschnittskostenkurve den Punkt iiber X(2). Die Durchschnittskosten bei dieser Ausbringungsmenge betragen, wie eingezeichnet, k(x(2)). Durch den markierten Punkt, den Koordinatenursprung und die beiden Achsenschnittpunkte X(2) und k(x(2)) wird ein Rechteck aufgespannt, das der Leser nun schrafiBeren moge. Die Flache dieses Rechtecks unter der Durchschnittskostenkurve entspricht den Gesamtkosten K(x(2)) = X(2) • k(x(2)). Dazu wird X(2) als Breite und k(x(2)) als Hohe des Rechtecks interpretiert, und die Flache eines Rechtecks entspricht bekannthch dem mathematischen Produkt aus dessen Breite und Hohe.

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

257

In maQchen okonomischen Studien werden auBer U-formigen auch sogenannte Lformige Kostenverlaufe betrachtet. Dabei fallen die Durchschnittskosten zimachst aufgrund der Fixkostendegression, steigen aber, nachdem sie ihr niedrigstes Niveau erreicht haben, nicht mehr an, sondem bleiben bei steigender Ausbringungsmenge konstant. In diesem x-Bereich verlauft die Durchschnittskostenkurve horizontal. Solche L-formigen Verlaufe konnen streng genommen nicht aus der Standard-Kostenflinktion generiert werden. Der Leser kann sich aber uberlegen, wie die Gesamtkostenkurve K(x) verlaufen mu6, damit k(x) eine L-Form aufweist d) Wahrend die Durchschnitts- oder Stiickkosten in der Praxis allgemein bekannt und gebrauchlich sind, ist, wie sich in den folgenden Kapiteln zeigen wird, fur die Herleitung einer optimalen Angebotspolitik von Untemehmen ein anderes Kostenkonzept von weit groBerer Bedeutung, namlich die Grenz- oder Marginalkosten. Grenzkosten sind definiert als der Gesatntkostenzwwac/25, der ausgehend von einer bestimmten Ausbringungsmenge x durch die Erhohung des Outputs um eine (kleine) Mengeneinheit entsteht. Dies entspricht dem Quotient aus Kostenanderung dK und Ausbringungsanderung Sx. Formal stimmt dies mit der Definition einer ersten Ableitung liberein. Deshalb ergibt sich die Grenzkostenfunktion durch DiflFerenzieren der Kostenfimktion: SK(x) xK(x) := — ^ ox

(22.36)

hn Falle der Standard-Kostenfunktion K(x) = cx^ + F ergeben sich die Grenzkosten beispielsweise zu xK(x) = K-c-x^-i

(22.37)

Da die Fixkosten F nicht von der Ausbringungsmenge x abhangen und sie keinen EinfluB auf den hier in Rede stehenden Kostcnzuwachs haben, fallen sie beim DiflFerenzieren weg. Deshalb spielen Fixkosten bei der Betrachtung von Grenzkosten keine RoUe. Der Gesamtkostenzuwchs entspricht somit dem Zuwachs der variablen Kosten: ,'K(X)=;K^(X)

(22.38)

Der interessierte Leser kann wieder fiir den Cobb/Douglas-Fall durch Einsetzen der in (22.32) zusammengestellten Terme fiir c, K und F die Grenzkostenfiinktion fiir die langfiistigen und die kurzfristigen Kosten ermitteln. Graphisch entsprechen die Grenzkosten xK(x) der Steigung der Tangente an einem Punkt der (Gesamt-)Kostenkurve. Deshalb ist es moglich, aus einer gege-

258

Das Guterangebot der Unternehmen

benen Gesamtkostenkurve auf graphischem Wege den Verlauf der Grenzkosten herzuleiten. Wie im Falle der Durchschnittskosten werden dazu einige Piinkte auf der K(x)-Kurve markiert. Daiin werden die Steigungen der Tangenten an diesen Punkten emiittelt (mithilfe von Steigungsdreiecken) iind in ein zweites Diagramm iibertragen. Je groBer die Tangentensteigung bei einer bestimmten Ausbringungsmenge x' ist, desto hoher muB der zugehorige Punkt xK(x') der Grenzkostenkurve liegen; siehe das untere Diagramm in Abbildimg 22.13. Die separate Darstellimg der Grenzkosten ist geboten, weil auch die MaBeinheit der Grenzkosten (zum Beispiel: "zusatzliche Geldeinheiten" je "zusatzliches Stuck", also G£'/Stuck) nicht mit derjenigen der Gesamtkosten (GE) iibereinstimmt. Der Leser versehe wieder die beiden senkrechten Achsen mit den zugehorigen MaBeinheiten [in eckigen Klammem]. Entlang der x-Achse wird in [Stiick] gemessen. - Zudem kann der ZahlenmaBstab verandert werden. Die Steigungen des oberen Diagramms sind hier beispielsweise im MaBstab 4:1 in das untere Diagramm iibertragen worden. Abbildung 22.13: Graphische Ermittlung des Grenzkostenverlaufs aus dem Gesamtkostenverlauf K|

)lK(x')

>^K(X)

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

259

Im dargestellten Fall nehmen die Grenzkosten mit der Ausbringungsmenge zu. Ob die Grenzkostenkurve allerdings einen konkaven, linearen oder (wie in Abbildung 22.13) einen konvexen Verlauf hat, kann im Rahmen einer qualitativen graphischen Analyse nicht ohne weiteres gesagt werden, Nur das Steigungsverhalten der Grenzkostenkurve laBt sich auf die erlauterte Weise begrunden. / Aufgabe 22.9: Welche Grenz- und Durchschnittskostenverlaufe ergeben sich Kostenfunktion, wenn a)K>2, b)K = 2, c ) l < K < 2 , d) K = 1, e) 0 < K < 1 ?

bei

der

Standard-

Die Flache unterhalb der Grenzkostenkurve bis zu einer bestimmten Ausbringungsmenge entspricht den variablen Kosten bei dieser Menge. Der Leser schrafiBere die Flache unterhalb der im unteren Diagramm von Abbildung 22.13 dargestellten Grenzkostenkurve bis zur Ausbringungsmenge x'. Diese Flache entspricht allgemein K^(x') beziehungsweise, im Beispiel der StandardKostenfunktion (22.31), speziell dem Term c-(x')^. Zum AbschluB dieses Abschnitts iiber die Grenzkosten sei noch kurz ein fur die Praxis typischer Fall angesprochen: Kennt man den Verlauf der Kostenkurve nicht, so ist die Ermittlung der Grenzkosten iiber die Tangentensteigung nicht moglich, da diese nicht bestimmbar ist. Haufig ist nur fur einige wenige Ausbringungsmengen die Hohe der Gesamtkosten bekannt. Will man daraus nicht erst die Kostenfiinktion herleiten (z.B. durch Interpolation oder Regression), so konnen die Grenzkosten dennoch zumindest abgeschatzt werden, namlich uber die Sekantensteigung. In der folgenden Abbildung 22.14 ist dies fur den Fall zweier bekannter Output/Kosten-Kombinationen (X(i), K(i)), (X(2), K(2)) dargestellt. Das Verfahren ahnelt dem von Gleichung (21.6) aus dem Kapitel 2.1.2.d).

Das liegt - mathematisch gesehen - daran, daB die Flache unterhalb einer Kurve dem Integral der zugehorigen Funktion entspricht. Das Integral der Grenzkosten entspricht aber den gesamten variablen Kosten. Denn die Integration hebt gleichsam die erste Ableitung xK(x) der Kostenfiinktion K(x) auf. Die durch die Ableitung ^K.{x) weggefallenen Fixkosten konnen durch die Integration nicht mehr eindeutig bestimmt werden; sie treten als unbestimmte Integrationskonstante auf.

260

Das Giiterangebot der Unternehmen

Abbildung 22.14: Ndherungsweise Ermittlung der Grenzkosten aus zwei Datenpunkten

Bekaimt sind hier also nur zwei Punkte einer ansonsten unbekannten Kostenfunktion K(x), fiir die einer von mehreren moglichen Verlaufen in Abbildung 22.14 gestrichelt dargestellt ist. Nach der Definition (22.36) entsprechen die Grenzkosten ^K dem Quotient aus Kostenanderung 9K und Ausbringungsmengenanderung Sx. Deshalb kann ^K im vorliegenden Fall durch die Steigung der Sekante (bzw. Sehne ) zwischen den beiden Kurvenpunkten naherungsweise ermittelt werden:

Ox

K (2)

K (1)

X (2)

^(1)

(22.39)

Bei praktischen Anwendungen dieser Naherungsformel ist darauf zu achten, da6 Sx moglichst klein ist, besonders wenn zu vermuten ist, daB die Kostenkurve eine ausgepragte Krummung aufw^eist. Das skizzierte Verfahren kann durch den Mittelwertsatz der Differentialrechnung gerechtfertigt werden. Angewandt auf den vorliegenden Fall besagt dieser Satz: Zwischen X(i) und X(2) gibt es zumindest eine Ausbringungsmenge, bei der die tatsachlichen Grenzkosten (also die Tangentensteigung an der unbekannten Kostenkurve) den durch die Sekantensteigung (22.39) geschatzten Grenzkosten entsprechen.

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

261

e) Die folgende Abbildimg 22.15 gibt einen Uberblick iiber samtliche Zusammenhange, die zwischen den drei zuvor erlauterten Kostenkonzepten bestehen: Abbildung 22.15: Zusammenhange zwischen Gesamt-, Durchschnitts- und Grenzkosten (Gesamt-)Kosten

K(x)

;K(X) = ;[k(x).x] Durchschnittskosten

Grenzkosten

k(x)

;K(X)

k(x:

_/;K(X)< t)x + F

Die Ermittlung der Durchschnittskosten aus den Gesamtkosten (ganz »linker« Pfeil) und der Grenzkosten aus den Gesamtkosten (ganz »rechter« Pfeil) waren Gegenstand der beiden vorangegangenen Abschnitte dieses Unterkapitels. Da6 die Gesamtkosten sich aus den Durchschnittskosten durch Multiplikation mit x herleiten lassen (zweiter Pfeil von links), wurde bereits erwahnt. Erklarungsbediirftig ist dagegen wohl die Gewinnimg der Gesamtkosten aus den Grenzkosten (zweiter Pfeil von rechts). Dazu muB - mathematisch gesehen - die erste Ableitung wieder ruckgangig gemacht werden. Dies geht mit Hilfe der Integration von xK(x). Durch das Integrieren lassen sich aber nicht die beim Diflferenzieren weggefallenen Fixkosten F wiedergewinnen. Diese miissen deshalb separat als sogenannte Integrationskonstante dazu addiert werden. Sowohl die soeben dargestellten formalen Zusammenhange zwischen Gesamt-, Durchschnitts- und Grenzkosten als auch die zuvor erlauterte graphische Herleitung und Analyse ihrer Kurvenverlaufe kann auch auf andere Konzepte iibertragen werden. Der interessierte Leser kann versuchen, diese Ubertragung auf

Der mit der Integralrechnung wenig vertraute Leser findet die Gnmdlagen in den einschlagigen Lehrbiichem erklart. Vgl. z.B. G. Gams / P. Westeiiieide: Differential- und Integralrechnung; MiinchenAVien, Kapitel 4. J. Schwarze: Mathematik fur Wirtschaftswissenschaftler; Band 2, Heme/Berlin, Kapitel 15.

262

Das GiJterangebot der Unternehmen

die produktionstheoretischen Konzepte Ausbringung (Ertragskurve), Durchschnittsproduktivitat und Grenzproduktivitat vorzunehmen, wie sie in Kapitel 2.1.2. thematisiert warden. f) Da die Gesamtkosten - allgemein betrachtet - nicht nur von der Ausbringungsmenge, sondem auch von den Faktorpreisen abhangen, gilt dies natiirlich auch fiir die daraus hergeleiteten Grenz- und die Durchschnittskosten. Wir haben die Faktorpreise hier nur der Einfachheit halber als konstant unterstellt, um sie nicht standig in den Funktionsklammem mitfiihren zu mtissen. Eigentlich muBte K(x'/,r), k(x:^,r) und xK(x;^,r) geschrieben werden. Die Kostenflinktionen der hier betrachteten Art gelten folghch nur auf der Grundlage fest vorgegebener Faktorpreise. Bei kurzfristigen Kostenfunktionen stellt zudem der fixe Kapitalbestand c eine exogene KosteneinfluBgroBe dar. Jede Veranderung eines dieser sogenannten Kostenparameter bewirkt eine Veranderung der Kostenfunktionen beziehungsweise eine Verschiebung der Kostenkurven; vgl. die Losungen der Aufgaben 22.4 und 22.6. Steigt der Preis eines variabel eingesetzten Faktors, verschieben sich sowohl die Grenz- als auch die Durchschnittskostenkurve nach »oben«. Die Verteuerung eines fixen Faktors bewirkt dagegen nur eine Verlagerung der Durchschnittskostenkurve nach »oben«, Grenzkosten hangen ja nicht von den Fixkosten ab. Die Auswirkung von Kapitaleinsatzanderungen auf die Verlaufe der Grenz- und Durchschnittskosten kann der Leser in Erweiterung seiner Konstruktion zur Abbildung 22.9 darstellen. g) Da die Durchschnittskosten und die Grenzkosten in der gleichen MaBeinheit [Geldeinheiten pro Mengeneinheit] gemessen werden, konnen sie zusammen in einem Diagramm dargestellt werden. Dazu miissen die in den vorangegangenen Abschnitten c) und d) durchgefiihrten graphischen Analysen simultan vorgenommen werden, das heiBt die Ermittlung der Fahrstrahl- und der Tangentensteigungen in jedem der zuvor markierten Punkte auf der Gesamtkostenkurve. DaB sich Durchschnitts- und Grenzkosten in Abhangigkeit von der Ausbringungsmenge durchaus unterschiedlich verhalten konnen, kann gut am Beispiel einer bodenertragsgesetzhchen Produktionsfunktion (z.B. der Sato-Funktion (21.10)) gezeigt werden, die der Kostenfimktion der folgenden Aufgabe 22.10 zugrunde liegt. Ein solcher Kostenverlauf ist zwar in der industriellen Produktion kaum zu beobachten, bietet aber eine gute Moglichkeit zur Eintibung der zuvor erlauterten graphischen Analysemethoden.

Vgl. Kapitel 2.2.3., insbesondere die Gleichungen (22.21) und (22.29).

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

263

Aufgabe 22.10: Ermitteln Sie graphisch (qualitativ) aus der folgenden Kostenkurve die Verlaufe der Durchschnittskosten und der Grenzkosten.

K

k,xK

Die Losung der vorigen Aufgabe zeigt, da6 die Verlaufe der Grenzkosten und der Durchschnittskosten unterschiedhch, aber nicht voUig unabhangig voneinander sind. In der Tat bestehen zwischen den beiden Funktionen einige logisch zwingende Beziehungen, die bei ihrer graphischen und formalen Handhabung zu beachten sind, um Fehlinterpretationen und falsche SchluBfolgerungen zu

264

Das Giiterangebot der Unternehmen

veraieiden. Im folgenden soil nur der wichtigste dieser Zusammenhange herausgearbeitet werden. Dabei wird einmal mehr deutlich werden, wie durch Anwendimg formaler Hilfsmittel neue und tiefere Einsichten in die logische Struktur eines okonomischen Modells gewonnen werden konnen, die autf anderem Wege nicht oder nur hochst umstandlich zu gewinnen waren. Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Grenz- und Durchschnittskosten gehen wir von der Gleichung K(x) = k(x)-x aus. Diflferenziert man beide Gleichungsseiten nach x/ so entsteht die sogenannte Kostengrundgleichung erster Ordnung, welche die gesuchten Beziehungen zwischen Grenz- und Durchschnittskosten allgemein beschreibt:

(22.40)

Unter der realistischen Voraussetzung positiver Durchschnittskosten ( k(x) > 0), konnen daraus unter anderem folgende Schliisse gezogen werden: • Dort, wo die Durchschnittskosten mit der Ausbringungsmenge steigen (also xk(x) > 0), sind die Grenzkosten ^K(x) groBer als die Durchschnittskosten k(x). Denn in (22.40) wird dann zu k(x) noch etwas Positives addiert. Die Grenzkostenkurve verlauft dann oberhalb der Durchschnittskostenkurve. • Dort, wo die Durchschnittskosten konstant sind (also eine horizontal verlaufende Tangente haben bzw. ^k(x) = 0 gilt), sind sie gleich den Grenzkosten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Durchschnittskosten ein Minimum haben. Dort sind Grenz- und Durchschnittskosten gleich hoch, ihre

Eine umfassende Darstellung der logischeti Zusammenhange zvsdschen Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskosten findet der Leser in dem gleichnamigen Beitrag des Verfassers in der Zeitschrift Das Wirtschaftsstudium (WISU), 1995, Heft 4, Seite 287 - 292. Dieser enthalt auch die im folgenden hergeleitete Kostengrundgleichung, und zwar in Gleichung (7). 2 Die in Empirikum 22.2a) zitierte Untemehmensbefragung von Wied-Nebbeling (1975) ergab unter anderem, daC viele Manager logisch widerspriichliche Ansichten iiber die Kostenverlaufe ihres Unternehmen haben. Unter solchen Umstanden sind vemiinftige, optimale Entscheidungen natiirlich kaum zu erwarten. Genau genommen handelt es sich dabei sogar um eine sogenannte Identitat, da die Gleichheit fiir alle Zahlenwerte von x stets erfiillt ist. "* Vgl. ggf. Abbildung 22.15. Auf der rechten Seite mit Hilfe der Produktregel der Differentiahechnung; vgl. Anhang M.3.b).

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

265

Kurven schneiden sich. Auch im Falle einer in einem bestimmten Mengenintervall horizontal veriaufenden Durchschnittskostenkurve fallt in diesem Intervall die Grenzkostenkurve mit der Durchschnittskostenkurve zusammen. Das ist zum Beispiel bei einem L-foimigen Kostenveriauf der Fall, auf den am Ende des Abschnittes c) hingewiesen wurde. • Dort, wo die Durchschnittskosten (z.B. aufgrund der Fixkostendegression) fallen (also: xk(x) < 0), Uegen die Grenzkosten unter den Durchschnittskosten. Der Leser kann sich den Zusammenhang anhand der Gleichung (22.40) gegebenenfalls auch zahlenmafiig klarmachen, zum Beispiel mit k(x) = 10, x = 100 und xk(x) einmal mit einem positiven Zahlenwert, einmal mit einem negativen und einmal mit xK^) ^ 0- Auch die umgekehrte Argumentationsrichtung ist einleuchtend: Wenn eine zusatzhch produzierte Produkteinheit mehr kostet als die bis dahin produzierten Einheiten im Durchschnitt, dann muB die Produktion dieser zusatzhchen Einheit nattirlich den Durchschnitt erhohen; also: xK > k => xk > 0. Ist dagegen eine zusatzliche Einheit bilhger als der bisherige Durchschnitt, so fuhrt deren Produktion zu einem geringeren Durchschnittswert: xK < k => xk < 0 . Kostet die zusatzhche Produkteinheit genauso viel wie die tibrigen, so andem sich die Durchschnittskosten nicht: ^K = k =^ ik = 0 . Das soeben gewonnene Ergebnis laBt sich formal im folgendem Satz iiber Grenzund Durchschnittskosten zusammenfassen:

xk(x)

> 0 <

xK(x)

> k(x)
^

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

267

Fur jede beliebige Ausbringungsmenge x' erhalt man den zugehorigen Punkt der Grenzkostenkurve xK(x) wie folgt: l.Der txber x' liegende Punkt auf der Durchschnittskostenkurve k(x) wird markiert und horizontal auf die k-Achse gelotet; dort ist die Hohe der Durchschnittskosten k(x') abzulesen. 2. An den Punkt ( x*, k(x')) der Durchschnittskostenkurve wird eine Tangente T angelegt. Deren Steigung ist definitionsgemaB ^ k(x'). 3. Die Tangente T wird nun parallel soweit verschoben, bis sie durch den Punkt k(x*) auf der k-Achse verlauft. Diese verschobene Tangente ist T'; sie hat die gleiche Steigung wie T, namlich ^ k(x'). 4. T' schneidet die senkrechte, gestrichelte Hilfslinie uber x' im Punkt (x\ xK(x'))» also in dem zu x' gehorenden Punkt der gesuchten Grenzkostenkurve. Denn an der Stellex'ist (xK(x') - k(x'))/x' = ik(x'). Auf die hier vorgestellte Weise lassen sich fur beliebig viele weitere Ausbringungsmengen Punkte der Grenzkostenkurve konstruieren, bis deren Verlauf ausreichend genau bestimmt ist. Der Leser kann dies fiir eine beliebige andere Ausbringungsmenge, zum Beispiel x", nachvollziehen.* i) Dem Minimum der gesamten Durchschnittskosten - sofem ein solches existiert - kommt fur das Folgende eine erhebliche Bedeutung zu. Deshalb zeigt das anschlieBende Beispiel 22.5, wie ein bestehendes Durchschnittskostenminimum formal ermittelt werden kann. Hinsichtlich der graphischen Ermittlung wird auf den Abschnitt b) dieses Unterkapitels verwiesen. Zu beachten ist femer der Unterschied zwischen Minimierung der Durchschnittskosten und der Minimalitat des Kostenbudgets (Kosteneffizienz), die hier hei jeder Ausbringungsmenge unterstellt wird.

DaB das hier vorgestellte Verfahren auch im Bereich fallender Durchschnittskosten funktioniert, wird im spateren Kapitel 3.3.2.f) anhand von Durchschnitts- und Grenzerloskurven gezeigt.

268

Das Giiterangebot der Unternehmen

Beispiel 22.5: Ermittlung des Durchschnittskostenminimums bei der StandardKostenfunktion. Aus der in Gleichimg (22.31) definierten Standard-Kostenflmktion K(x) = cx^ + F haben wir in (22.34) und (22.37) folgende Durchschnitts- und Grenzkostenfiinktionen hergeleitet: F k(x) = c-x^-i + —

(1)

xK(x) = K-c-x^-i

(2)

a) Eine erste Moglichkeit, das Minimum der Durchschnittskostenfimktion zu ermitteln, besteht in dem »traditionellen« Verfahrens des NuUsetzens der ersten Ableitimg von k(x): xk(x) = ( K . l ) - c . x - 2 _

1 0

(3)

x^

(K-I)CX^

=

F

Durch Umstellen der letzten Gleichung nach x ergibt sich die durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge fiir den Fall der Standard-Kostenfunktion: x^^ = .(K-I)C.

"" = ( K - 1 ) ^ -c ^ -F^

(4)

Diese Bestimmimgsgleichung zeigt, daB nur dann ein positiver und damit okonomisch sinnvoUer Wert fiir x^ herauskommt, wenn F > 0 und K > 1, also bei einer kurzfristigen und zudem konvex verlaufenden Kostenfunktion K(x). Die Bedingung zweiter Ordnung fur ein Minimum der Durchschnittskostenfimktion erfi)rdert xk(x^) > 0. Durch Einsetzen von x^ aus (4) in die geft)rderte Bedingung

Vgl. den Abschnitt a) dieses Unterkapitels.

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

;k(x)

=

^

269 .

2F

(K-2)-(K-1)-C-X'^-3+ ^

>

0

(K-2)(K-1)C-X'' +

>

0

2F

(5)

ergibt sich: (K

- 2) • ( K - 1 ) • c • (K-l)-C

+ 2F > 0

KF

> 0

(6)

Dies zeigt, da6 die Bedingung zweiter Ordnung im Bereich des Durchschmttskostenminimums erfiillt ist, sofem K und F positiv sind. Da K aber gemafi (4) schon groBer als Eins sein mu6 und wir nur die kurze Frist (also F > 0) betrachten, kaiin die Bedingung zweiter Ordnung im Falle der StandardKostenfunktion stets als erfullt vorausgesetzt werden. Die Hohe der minimalen Durchschnittskosten k bei der Ausbringungsmenge x^ ergibt sich nach dem »traditionellen« Verfahren durch Einsetzen von (4) in (1): K-l

k = k(x^) = c

(K-l).

^

F"^.[(K-1).C]^

(7)

Nach einigen Umformimgen, die der Leser nachzuvoUziehen versuchen soUte, ergibt sich hieraus: K ( K - 1 ) " -c"

F

(8)

Ftir den links stehenden K-Term kann, da es sich hierbei letztlich um eine Konstante handelt, auch einfach Yl^ geschrieben werden, was die Schreibweise von (8) vereinfacht. Beispielsweise ergibt sich fiir K = 1,4 ein Konstantenwert von ni^ = 1,819. b) Eine zweite Moglichkeit zur Ermittlung des Durchschnittskostenminimums eroffiiet der Satz (22.41). Denn nach seiner Aussage stimmen im Minimum der Durchschnittskostenfiinktion die Durchschnittskosten stets mit den Grenzkosten iiberein. Diese Eigenschaft laBt sich fur die Lokahsierung des Minimums nutzen. Durch Gleichsetzen von k(x) mit xK(x) aus (1) und (2) folgt:

270

Das Giiterangebot der Unternehmen

_, C-X^ ^ +

F

!

_.



=

K-C-X'^ ^

F = c • x^ • (K - 1)

(9)

[(K-I).CJ

Dies ist das gleiche Ergebnis wie in (4). - Die Hohe der minimalen Durchschnittskosten laBt sich nach dem Satz (22.41) auch tiber die Grenzkostenfunktion eraiitteln: K-l K

k = k(x^) = X(x^)

= K-c-

(K-1).

(10)

Nach einigen Umformungen ergibt sich hieraus die in (8) genannte Berechnungsformel. Beide Wege fiihren demnach zum gleichen Ergebnis. Der zweite Weg ist oft der einfachere, zumal dann, wenn die Grenzkostenfunktion schon gegeben ist. Dann braucht namlich keine Ableitung mehr gebildet zu werden.

D Aufgabe 22.11: EinUnternehmenhabe dieKostenfunktion K(x) = 4x^ +144. Eraiitteln Sie a) durch NuUsetzen der ersten Ableitung von k(x) und b) durch Anwendung des Satzes (22.41), also durch Gleichsetzen von Durchschnitts- und Grenzkostenfunktion, diejenige Ausbringungsmenge x^, bei der die Durchschnittskosten k(x) minimal sind. c) Wie hoch sind die Durchschnittskosten in ihrem Minimum?

Fiir den Fall der Cobb/Douglas-Produktionsfiinktion x = ya"^ c^ woUen wir die Durchschnittskostenverlaufe der kurzen und langen Frist noch einmal direkt betrachten. Die langfristige Gesamtkostenfimktion ergab sich im Beispiel 22.3 in der Gleichung (2). Division durch x fiihrt zu folgender langfristigen Durchschnittskostenfunktion: k^(x)

TT . p a+P . J. a+P . -^ a+p

-1

(22.43)

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

271

Um zu sehen, wie sich die Durchschnittskosten andem, weiin das Outputniveau x langfristig um eine kleine Einheit erhoht wird, mufi k^(x) nach x differenziert 1 1-a-p werden. Die Ableitung ergibt (mit 1 = ): a+p a+p . ,

^k^(x) =

1-a-p

-^

-^

--7-2

l-.n./^+P -r^+P -x^+P a +P '

(22.44)

Das Vorzeichen dieser Ableitung hangt vom Zahler des Bruches ab. Es ist zu erkennen, da6 xk^(x) genau daiin groBer als Null ist, wenn im Zahler a + P < 1 ist (das ist der Fall abnehmender Skalenertrage). xl^^(x) ist kleiner als Null, wenn a + p > 1 (das ist bei zunehmenden Skalenertragen der Fall). Bei konstanten Skalenertragen ist a + p = 1 und xk^(x) in (22.44) ist gleich Null, das heiBt: k^(x) ist konstant tiber alle x. Diese Analyse zeigt, da6 die langfiistigen Durchschnittskosten im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion entweder zunehmen, abnehmen oder konstant sind. k^ (x) kann demnach kein Minimum aufweisen. Die kurzfristige Gesamtkostenflinktion ergab sich in Beispiel 22.4 in der Gleichung (3). Auch hierbei erhalten wir durch Division mit x die zugehorige Durchschnittskostenfunktion fur die kurze Frist: k^(x;c) = / . y ^ - c ^ - x ^

+

(22.45)

Die erste Ableitung dieser Funktion nach x zeigt wieder das Steigungsverhalten bei Variation der Ausbringungsmenge: 1-a xk^(x;c)

= a

- 1 -A 1-2 ^.y oc .c a .xa _

r-c (22.46) x^

Das Vorzeichen dieser Ableitung ist nicht eindeutig, da es zwei Summanden mit unterschiedhchen Vorzeichen gibt (der erste Summand ist stets positiv, da bei der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion a annahmegemaB positiv, aber kleiner Eins ist). Die kurzfiistigen Durchschnittskosten konnen folghch in x sowohl abnehmen als auch zunehmen. Wir interessieren uns hier nur fur das Minimum der Durch-

Zu den Skalenertragen vgl. ggf. Kapitel 2.1.3, insbesondere das Beispiel 21.2.

272

Das Giiterangebot der Untemehmen

schnittskosten&nktion (der interessierte Leser kaiin auch das Kruinmungsverhalten naher untersuchen). Ein Minimum von k^(x ;c) erfordert, da6 die erste Ableitung (22.46) null ist: '. ir. X r. xk^(x;c) = 0

l-oc ^ — -— —2 i-y « .c a .xoc a -1

-A

i-

' 1 "" X^

a l-a =y.

a 1-a

rc x^

r £

r ±+1 -L i '^ ^ a 1-a

a

:^+P

(22.47)

Dies ist im Falle einer Cobb/Douglas-Produktionsftinktion die in der kurzen Frist durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge (ausgedriickt mit den KoeflBzienten der Produktionsfunkion). Der interessierte Leser kann versuchen, auch das zugehorige k zu ermitteln. Es ist: N 1-a

kk

a 1-a.

.j.l-a . ^ - 1 . ^ - 1 .^1-a-p . ^ a

(22.48)

j) Hinsichtlich der drei in diesem Unterkapitel erlauterten Konzepte der GesamtDurchschnitts- und Grenzkosten kann eine Reihe von Elastizitaten ermittelt werden. Sie messen die relative (prozentuale) Abhangigkeit der Kosten von der Ausbringungsmenge und machen Vergleiche zwischen verschiedenen Produktionen und Untemehmen moglich: • Beginnen wir mit der Gesamtkostenelastizitat. Sie gibt an, um wieviel Prozent die Gesamtkosten K = K(x) sich verandem, wenn die produzierte Menge x um ein Prozent erhoht wird:

Vgl. zu einigen der hier dargestellten Kostenelastizitaten auch die ausfuhrliche und detaillierte Betrachtung in L. Pack: Die Elastizitat der Kosten; Wiesbaden, 1966.

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

273

Teilt man im rechten Ausdruck Zahler und Nenner durch x, so erscheinen im Nenner die Durchschnittskosten, so daB allgemein gilt:

(22.50)

»(K:x) = «'^ k(x)

Die Gesamtkostenelastizitat miBt also letztlich das Verhaltnis von Grenz- zu Durchschnittskosten. Bei der graphischen Analyse (vgl. diefruherenUnterkapitel c) und d)) entspricht die Gesamtkostenelastizitat dem Verhaltnis von Tangentenund Fahrstrahlsteigung. WeiB man also beispielsweise, daB eine zusatzliche Ausbringungseinheit ^K= 120 Geldeinheiten kostet, wahrend die Durchschnittskosten bei k= 100 GE/ME liegen, so nehmen gemaB (22.50) die Gesamtkosten K um 1,2 Prozent zu, wenn x um ein Prozent steigt. Da dieser Quotient aus Grenz- und Durchschnittskosten gemaB der Bedingung (22.41) im Minimum der Durchschnittskosten (also bei xK^) "^ 0) gleich Eins ist, kann man die Bedingung fiir das Vorliegen eines Durchschnittskostenminimums auch mittels der Gesamtkostenelastizitat ausdriicken: xk(x) = 0

s(K:x)

(22.51)

Das Minimum der Durchschnittskosten liegt demnach bei derjenigen Ausbringungsmenge, bei der die Gesamtkosten eine Elastizitat von Eins haben, bei der also eine einprozentige Ausbringungssteigerung zu einer ebenfalls einprozentigen Produktionskostenerhohung fuhrt.'^ Das Vorzeichen der Gesamtkostenelastizitat hangt vom Vorzeichen der 3

Grenzko'+en xK(x) ab. Da diese in der Regel positiv sind, ist auch s(K:x) zumeist positiv. Das ist formal analog zu Gleichung (21.15), die besagt, daB die Produktionselastizitaten einer Produktionsfunktion dem Quotient aus Grenzproduktivitat und Durchschnittsproduktivitat der Faktoren messen. 2

Das war in Abbildung 22.12 genau dort der Fall, wo der Fahrstrahl die Kostenkurve tangiert. Vgl. auch die Formeln zur graphischen Ermittlung von Elastizitaten im Anhang M.7.g). 3

Negative Grenzkosten konnen nur dann vorliegen, wenn die Gesamtkosten mit zunehmender Ausbringungsmenge sinken. Es gibt nur wenige Falle, in denen dies moglich erscheint. Vgl. W. Kortmann: Zusammenhange zwischen Gesamt-, Grenz- und Durchschnittskosten; Das Wirtschaftsstudium (WISU), 1995, Heft 4, Seite 287 - 292.

274

Das Giiterangebot der Untemehmen

• Als nachstes ist die Durchschnittskostenelastizitat zu nennen. Sie gibt an, um wieviel Prozent die Durchschnittskosten k = k(x) = K(x) / x sich verandem, wenn die produzierte Menge x um ein Prozent steigt: n

A

_5k T"

^k

X

x'kx

/oo^o^

Das Vorzeichen der Durchschnittskostenelastizitat ist durch die Steigung ^'k der Durchschnittskostenfunktion bestimmt. Diese kann, wie zuvor gezeigt wurde, positiv, negativ oder null sein, je nachdem, ob k mit x steigt, feUt oder konstant bleibt. Zwischen der Gesamt- und der Durchschnittskostenelastizitat kann wie folgt eine allgemeine Beziehung hergeleitet werden: Greifen wir auf unsere Kostengrundgleichung (22.40) zuriick und teilen beide Gleichungsseiten durch k(x), so ergibt sich: xK(x) _ ^ ^ xKx)-x k(x)

(22.53)

k(x)

Auf der linken Gleichungsseite erkennen wir die Gesamtkostenelastizitat s(K:x) gemafi Gleichung (22.50). Auf der rechten Seite steht neben der Eins die Durchschnittskostenelastizitat s(k:x) nach (22.52). Es gilt somit allgemein: s(K:x) = 8(k:x) + 1

(22.54)

Durch Umstellen nach k(x) zeigt sich entsprechend, daB die Durchschnittskostenelastizitat stets dem um Eins verminderten Zahlenwert der Gesamtkostenelastizitat entspricht. WeiB man also beispielsweise, daB 8(K:x) = 1,2 betragt, wie im vorigen Zahlenbeispiel, so ist nun auch bekannt, daB s(k:x)==0,2 ist. Die Gleichung (22.54) gilt tibrigens auch fiir die variablen Kosten, was der interessierte Leser zu zeigen versuchen soUte. Aus den vorangegangenen Formeln kann noch eine weitere interessante Relation hergeleitet werden; der Leser soUte dies selbst versuchen (nutzen Sie z.B. (22.40), (22.53) Oder (22.54) in Verbindung mit (22.50)): ^K(x) = k(x).[l + 8(k:x)]

(22.55)

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

275

Hier wird eine allgemeine Beziehung zwischen den Grenzkosten iind den Durchsehnittskosten sowie deren Elastizitat beschrieben. WeiB man beispielsweise, da6 die Durchschnittskosten im betrachteten Outputbereich um 1,5 Prozent steigen, wenn die Ausbringungsmenge um ein Prozent erhoht wird, so zeigt (22.55), daB dann die Grenzkosten beim 2,5-fachen der Durchschnittskosten hegen. • Wegen der herausragenden Bedeutung der Grenzkosten fur die optimale Angebotsplanung des Untemehmens empfiehlt sich auch die Definition der Grenzkostenelastizitat. Sie gibt an, um wieviel Prozent sich die Grenzkosten x'K = xK(x) verandem, wenn die Ausbringungsmenge um ein Prozent zunimmt:

, .^

.

xK

9xK

X

xKx

/oo ^/;\

X

In der rechten Darstellungsform kommt neben der ersten Ableitung x'K auch die zweite Ableitung ^K der Gesamtkostenfunktion vor. Bei positiven Grenzkosten hangt das Vorzeichen der Grenzkostenelastizitat folglich von der durch ^K gemessenen Krummung der Gesamtkostenkurve K(x) ab: Verlauft diese konvex (x'K > 0), so ist 8(xK:x) positiv; verlauft K(x) konkav (^K < 0), dann ist s(xK:x) negativ. Ist die Gesamtkostenfunktion linear (^K = 0), so ist die Grenzkostenelastizitat null. • Eine weitere Kostenelastizitat bezieht sich auf die variablen Kosten K^ = K^(x). Sie gibt an, um wieviel Prozent sich die gesamten variablen Kosten verandem, wenn ein Prozent mehr an Output produziert wird: dK^ s(KV:x) : = ^ Sx

= ^

. bx

^ K^

= ^ ^ - ^ K^

(22.57)

X

Da die variablen Kosten allgemein den Gesamtkosten abzuglich der Fixkosten entsprechen, ist xK^(x) = ^K(x) , und es gilt: s(K^:x)

xK(x).x KV(x)

Im spateren Kapitel 2.3.2 wird gezeigt, dafi die Grenzkostenelastizitat dem Kehrwert der Preiselastizitat des Angebots entspricht.

276

Das Giiterangebot der Unternehmen

Wird nun der rechte Bruch im Zahler imd Nenner mit 1/K(x) erweitert, so entsteht im Zahler die Formel der Gesamtkostenelastizitat nach (22.49), und es ergibt sich nach Multiplikation mit K^ die folgende allgemeingiiltige Beziehimg (der Leser voUziehe dies nach): K^(x) . s(K^ : x) - K(x) • s(K: x)

(22.58)

Bei bekannten Gesamtkosten und variablen Kosten erlaubt die Gleichung (22.58) beispielsweise die einfache Berechnung einer der beiden Elastizitaten, wenn man den Zahlenwert der jeweils anderen kennt. Schreibt man (22.58) als Quotient, so besagt die Gleichung: Das Verhaltnis von variablen zu gesamten Kosten entspricht dem umgekehrten Verhaltnis ihrer Elastizitaten. • Fiir den Fall einer Produktion, die durch eine homogene Produktionsfimktion (mit dem Homogenitatsgrad ft) beschrieben werden kann, ergaben sich die langfristigen Gesamtkosten in Gleichung (22.23) zu K^(x) = cx^^^. Durch Anwendung der Gleichung (22.49) kann der Leser nachweisen, daB sich daraus die Gesamtkostenelastizitat s(K^:x) = l/ti errechnen laBt. Nach Gleichung (21.20) entspricht bei homogenen Produktionsfunktionen der Homogenitatsgrad h der Skalenelastizitat 8(x:6). Daraus folgt, daB die Elastizitat der langfristigen Kosten dem Kehrwert der Skalenelastizitat entspricht:

s(K^:x) =

s(x: 6)

(22.59)

Es kann gezeigt werden, daB die Gleichung (22.59) tatsachlich allgemein, also nicht nur fiir homogene Produktionsfunktionen gilt. Sie stellt eine hilfreiche Moglichkeit dar, von der formalen Modellierung der Kostenstruktur eines Untemehmens auf dessen Produktionsstruktur zunickzuschlieBen. Hat man beispielsweise ermittelt, daB die Elastizitat der langfristigen Kosten s(K^:x) = 0,8 betragt, so laBt sich aus (22.59) auf eine Skalenelastizitat von s(6:x) = 1,25 schlieBen, was bekannthch auf zunehmende Skalenertrage in der Produktion hinweist. Es sei auch nochmals daran erinnert, daB nach dem Wicksell/JohnsonTheorem (21.22) die Skalenelastizitat stets der Summe aller Produktionselastizitaten der Einsatzfaktoren entspricht. Der Leser verdeutliche sich diese Zusammenhange nochmals anhand der Daten des folgenden Empirikums 22.3:

Wgl. Kapitel2.1.3.d).

2.2. Okonomische Produktionsbedingungen

277

Empirikum 22.3: Die folgende Tabelle zeigt einjge mittels statistischer Verfahren ermittelte Zahlenwerte fiir die Elastizitaten der langfristigen Gesamtkosten einiger ausgewahlter westdeutscher Wirtschaftszweige: Industriezweig

SCK'IX)

Chemie

0,749

Kunstoflverarbeitung

0,928

Gummiverarbeitung

0,834

Steine und Erden

0,858

Keramik

0,663

Glasverarbeitung

0,943

Nichteisenmetalle

0,789

Giel^ereien

0,656

Ziehereien, Walzwerke etc.

0,873

Maschinenbau

0,857

Elektrotechnik

0,677

Feinmechanik, Optik etc.

0,626

Eisen, Blech, Metallwaren

0,736

Musikinstrumente, Spielwaren etc.

0,834

Papiererzeugung

0,859

Papierverarbeitung

1,007

Druckereien und VervielfSltigungen

0,943

Textil

0,880

Bekleidung

0,883

Quelle: Steiner, V.: Gewinnmargen, Skalenertrage und Untemehnnenskonzentration im Verarbeltenden Gewerbe der Bundesrepublik Deutschland; in: Stmkturtheorie und Strukturforschung; hrsg. von E. v. Boventer et al., Tubingen, 1992, S. 68.

Beispiel 22.6: Kostenelastizitdten bei der Standard-Kostenfunktion. Bei der Standard-Kostenfunktion K(x) = cx'^ + F sind bekanntlich cx^ die variablen Kosten K^x) und F die Fixkosten. Die Durchschnittskostenfunktion lautet k(x) = c-x^"^ + F/x und die Grenzkostenfunktion x K(x) = KCX^"^ a) Damit ergibt sich die Elastizitat der variablen Kosten nach (22.57) zu: 8(K^:x)

xK^(x)-x K-(x)

KCX^ ^ X =

CX'

K

(1)

Der Exponent K der Standard-Kostenfunktion entspricht demnach der Elastizitat der variablen Kosten. Da diese unabhangig von x stets den gleichen Zahlenwert hat, ist K^(x) isoelastisch in x.

278

Das Guterangebot der Unternehmen

Angewendet auf die Daten des Empirikums 22.2a) bedeutet dies, da6 bei der Mehrzahl der Industrieuntemehmen wegen K < 1 eine Erhohung der Ausbringimgsmenge um ein Prozent zu einem Anstieg der variableni Kosten um weniger als ein Prozent fuhrt. Das Empirikum 22.3 bestatigt dies fur die meisten Wirtschaftszweige. Im Falle einer Cobb/Douglas-Produktionsfunktion ist K = l/(a+p), wie in (22.32a) gezeigt wurde. Die Gleichung (1) gilt allerdings auch in der kurzen Frist. Im Cobb/Douglas-Fall ist dann K = 1/a. b) Fiir die Elastizitat der gesamten Kosten gilt bei der Standard-Kostenfunktion nach der allgemeinen Beziehung (22.58): s(K:x)

=

K^(x) ---K K(x)

(2)

Die Elastizitat K der variablen Kosten aus (1) wird also noch mit dem Anteil der variablen Kosten an den Gesamtkosten gewichtet. Je hoher dieser Anteil ist, desto naher liegt der Wert von 8(K:x) an K. Insbesondere zeigt (2) auch, da6 die Gesamtkostenelastizitat nicht grolJer als K sein kann, weil ja stets K^(x) < K(x). c) Ftir die Elastizitat der Durchschnittskosten der Standard-Kostenfunktion folgt mit Gleichung (22.54) und durch Einsetzen der Gleichung (2): s(k:x) = s(K:x) - 1 =

K^(x) - - K-1 K(x)

(3)

Im Falle K = 1 (lineare Kostenfunktion) gilt wegen K(x) = K^(x) + F speziell: s 1 die Bedingung zweiter Ordnung fur ein Maximum der Gewinnfunktion, namlich xK(x) > xE(x), stets erfiillt. K > 1 bedeutet aber nach Abbildung 22.11 einen konvexen Kostenverlauf. Bei der Absatzmenge x^ reahsiert das Untemehmen dann tatsachlich seinen hochsten Gewinn. Die Hohe des maximalen Gewinns G erhalt man durch Einsetzen von x^ fiiir x in die Gewinnfunktion G = G(x^) = p x ^ - [ c ( x ^ ) ^ + F]

(7)

296

Das Giiterangebot der Untemehmen

Mit (4) ergibt sich: 1

P "

p

G = p.

-

C-

K

(8)

K-C

K-C

Durch einige Umformungen (die der interessierte Leser zur Ubimg nachvollziehen moge) lafit sich (8) vereinfachen zu:

G = n.

- F

(9)

-L

zz: V 1-K mit n=, := K

JL -

K

K-1

1-K

_

-L . 1-K

Aus dieser Berechnungsformel fiir den maximalen Gewinn eines preisinabilen Anbieters mit einer Standard-KostenJfunktion lafit sich cine interessante, weil okonomisch interpretierbare, Gleichung fiir G herleiten. Dazu stellen wir (3) nach c um imd setzen den betreffenden Term p/(K-x^"^) in (9) fur c ein. Dies flihrt zu: 1

p-

TT - .

A^G

Kl-*^ • P ^ K

K-1

1 J

p/(K-x'^"^)

- K - X ^ ^ ]K-1

_ F

••

1

1

• • K^^ • p • X • K

Da die beiden Potenzen zur Basis K sich herauskurzen und x = x^ ist, verbleibt: G = ^^-p-x^ - F

(10)

Der linke Summand beschreibt den maximalen Gesamtdeckungsbeitrag D des Untemehmens. Darin kommt p-x^ vor, das ist der Erlos im Gewinnmaximum E(x^). Oflfensichtlich gibt (K-1)/K den Anteil an, den der Deckungsbeitrag im Gewinnmaximum am Erlos hat. K ist, wie wir in Gleichung (1) des Beispiels 22.6 gesehen haben, die Elastizitat der variablen Kosten. Bei K = 1 , 5 macht der Deckungsbeitrag demnach ein Drittel des Erloses aus, wenn sich das Untemehmen im Gewinnmaximum beiSndet.

D

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Gtiterangebot

297

h) Die in Kapitel 2.2.4. entwickelten "Kostengesetze" konnen auf das Gewinnmaximum des Anbieters erweitert werden. Nach Gleichung (22.49) ist die Elastizitat der Gesamtkosten bei irgendeiner Ausbringungsmenge x bestimmt durch: s(K:x) = xK(x).x K(x) Wenn der Marktpreis p vorgegeben ist (Fall des preisinabilen Anbieters), dann ist der Grenzerlos gleich diesem Preis. Nach der Coumot-Bedingung entsprechen dann aber bei der gewinnmaximierenden Ausbringungsmenge x^ die Grenzkosten X K in der obigen Gleichung dem Marktpreis p. Daraus folgt allgemein: B(K:x^) = l u t = ^ ^ = -XK(x^) K(x^) k(x^)

(23.12)

Demnach entspricht im Gewinnmaximum des preisinabilen Anbieters die Gesamtkostenelastizitat dem Quotient aus Erlos und Gesamtkosten (gewinnmaxitnales Erlos/Kosten-Verhaltnis) beziehungsweise, nach Division durch x^, dem Verhaltnis aus Absatzpreis und Durchschnittskosten. Schreibt man in (23.12) K(x^) + G(XG) fur E(x^) und stellt nach G(x^) um, so ergibt sich mit s(K:x^) = s(k:x^) + 1 aus (22.54) folgende interessante Relation zwischen dem maximalen Gewinn G(x^) = G und den Gesamtkosten der Produktion im Gewinnmaximum: G = 8(k:xG).K(xG)

(23.13)

Die Durchschnittskostenelastizitat bestimmt somit allgemein dartiber, wie groB der maximale Gewinn bezogen auf die Gesamtkosten des preisinabilen Untemehmens ist. Ein positiver Maximalgewinn setzt eine Durchschnittskostenelastizitat von groBer als Null voraus, also steigende Durchschnittskosten. Die durchschnittskostenminimierende Ausbringungsmenge x^ (dort ist s(k:x) = 0 ) ist folglich fur ein gewinnoptimales Untemehmen in der Kegel nicht die optimale Menge. Der Maximalgewinn iibersteigt genau dann die Gesamtkosten, wenn die Durchschnittskostenelastizitat groBer als Eins ist. Nach Gleichung (22.54) muB die Gesamtkostenelastizitat dann groBer als Zwei sein. Relativ hohe Gewinne setzen also relativ hohe Kostenelastizitaten voraus.

298

Das Guterangebot der Untemehmen

Durch Umstellen von (23.13) nach 8(k:x^) und Herauskurzen von x^ auf der anderen Gleichungsseite erhalten wir schlieBlich: (23.14) Diese Gleichung besagt, dafi der gewinnmaximierende Gewinnaufschlag g auf die Durchschnittskosten der Durchschnittskostenelastizitat entsprechen muB. Hier zeigt sich einmal mehr die Bedeutimg der Kostenelastizitat. Obwohl die hier hergeleiteten Gleichungen nur unter bestimmten Bedingungen als Bestimmungsgleichungen unbekannter GroBen interpretiert werden konnen, erhellen sie doch die engen logischen Beziehungen zwischen den bisher behandelten Konzepten im Gewinnmaximum eines preisinabilen Anbieters Beziehungen, zu denen man nur auf formalem Wege gelangt. Betrachten wir ein kleines Beispiel, das der Leser nachvoUziehen soUte: Weisen die Kosten eines Anbieters im relevanten Mengenbereich eine konstante Durchschnittskostenelastizitat von 8(k:x) = K-1 auf, so wird er im Gewinnmaximum einen Gewinn pro Mengeneinheit in Hohe des (K-l)-fachen der Durchschnittskosten reahsieren. Bei K = 1,3 ist also beispielsweise g = 0,3 k. Die Gleichung (23.14) zeigt ebenfalls, daB ein positiver Gewinn, also g(x^) > 0, nur dann moghch ist, wenn s(k: x^) > 0. Eine positive Durchschnittskostenelastizitat bedeutet aber steigende Durchschnittskosten (^ k(x) > 0 ). Empirikum23.1: Das folgende Diagramm zeigt die zeitliche Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Erios/Kosten-Relation fur die Untemehmen (ohne Landwirtschaft) der westdeutschen Wirtschaft. Die Berechnung erfolgte auf der Grundlage von Daten des Sachverstandigenrates. Formal entspricht die Erios/Kosten-Relation dem Quotient E/K. Die Differenz zwischen der E/K-Relation und der Horizontalen bei 1,00 entspricht der Gewinn/Erlos-Relation, die vom Sachverstandigenrat in seinen Jahresgutachten ausgewiesen wird. Zur Zeit der beiden OIkrisen 1974/75 und 1980/82 waren die Gewinne wegen der starken Kostensteigungen negativ.

Nach dem Satz (22.41) impliziert dies Grenzkosten, die oberiialb der Durchschnittskosten Uegen und nach (22.54) eine Gesamtkostenelastizitat s(K:x) > 1.

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot

299

1,20

1960

1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

Datenquelle: Jahresgutachten 1998/99 des Sachverstandigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, S. 256.

Unter der (sicher nicht sehr realistischen) Annahme, daH alle westdeutschen Untemehmen preisinabil sind und stets ihr Gewinnmaximum realisleren, entspricht die Erios/Kosten-Relation gemafl unserer Gleichung (23.12) der mittleren Gesamtkostenelastizitat 8(K:x) der betreffenden Anbieter, was der Leser an die Ordinatenachse des Diagramms schreiben kann. Nach Gleichung (2) aus Beispiel 22.6 muB dann bei dem uberwiegenden Fall 8(K:x) > 1 der KKoeffizient der unterstellten Standardkostenfunktion auch groller als Eins sein, weiljaK^(x) < K(x). Noch weiteres laBt sich aus den E/K-Daten herleiten. Bei einer Gesamtkostenelastizitat von s(K:x) = E/K = 1,05 betragt die Durchschnittskostenelastizitat nach Gleichung (22.54): 8(k:x) = 8(K:x) - 1 = 0,05. Dies entspricht nach Gleichung (23.14) zugleich dem gewinnmaximierenden Verhaltnis von Durchschnittsgewinn g zu Durchschnlttskosten k. Mit p = k + g als Preis ergibt sich aus (23.14), was der Leser nachvollziehen moge: _g _ s(k: x) p" '" l + 8(k:x)

^ 0,05 ~ 1 + 0,05

0,048

Dies ist tatsachlich in etwa die empirlsche Umsatzrentabilitat der Unternehmen (4,8 Prozent der Preise sind Gewinne).

300

Das Giiterangebot der Unternehmen

i) Die Coumot-Bedingung (23.5) und die Bedingung zweiter Ordnung (23.10) stellen nicht sicher, daB im Gewimimaximum auch wirklich ein positiver Gewiiin realisiert wird. Der maximale Gewimi kann auch ein Verlust sein, namlich der minimale Verlust. Als Beispiel dient die in Abbildung 23.3 dargestellte Situation, in der bei x^ sowohl die Bedingung erster Ordnung (Coumot-Bedingung) als auch die Bedingung zweiter Ordnung fiir ein Gewinnmaximum erfiillt sind. Der Fall zeigt, daB beim Gewinnmaximierungskalkill nicht darauf verzichtet werden darf, auch die tatsachliche Hohe des maximalen Gewinns G, zumindest aber dessen Vorzeichen zu ermitteln. Denn ein nach wirtschaftlichen Kriterien operierendes Unternehmen wird die gewinnmaximierende Menge x^ natiirhch nur dann tatsachlich bereitstellen, wenn damit Qm positiver Gewinn reahsierbar ist. Abbildung 23.3: Kosten-Erlos-Konstellation bei durchgehendem Verlust G,E,K

Fiir ein Unternehmen ist es nur dann vorteilhafter x^ als x = 0 zu produzieren, wenn es die Produktion nicht sofort einstellen kann. Denn dann ist der Verlust bei X = x^ geringer als bei x = 0. Von diesem Fall sehen wir aber im folgenden ab. Wir unterscheiden insofem zwischen "Einstellung der Produktion" und "Produktion der Menge Null".

Dies unter der Voraussetzung, daB die Produktion entweder noch nicht aufgenommen wurdeoder dafi das Unternehmen nach Produktionsaufiiahme sofort und ohne Aufwand die Produktion einstellen und aus dem Markt austreten kann.

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot

301

Das grundsatzliche Vorgehen bei der Ermittlung des Gewinnmaximums wird nun im folgenden Schema noch einmal zusammengefafit: Herleitungsschema fur die gewinnmaximierende Angebotsmenge eines Unternehmens: 1. Sicherstellen der Coumot-Bedingung (23.5): Durch Gleichsetzen von Grenzerlos x E(x) und Grenzkosten x K(x) und Umstellen nach x ergibt sich x^ als Kandidat fur die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge. Bei x^ ist die Bedingung erster Ordnung fur ein Maximum der Gewinnftinktion G(x) erfullt: x G ( x ^ ) = 0. LaBt sich kein x^ fmden, so existiert kein Gewinnmaximum. Im Falle eines preisinabilen Anbieters vereinfacht sich die CoumotBedingung zu p = xK(x),weil xE(x) = p konstantist. 2. Priifung der Bedingung zweiter Ordnung: Damit bei x^ tatsachlich ein Maximum (und nicht ein Minimum oder ein Sattelpunkt) von G(x) vorliegt, mu6 dort xE(x) < xK(x) gelten, denn dann ist X G ( X G ) < 0. Wenn die Kostenfunktion durchgehend konvex ist (xK(x) > 0) und die Erlosfunktin nicht konvex (xE(x) < 0), dann ist die Bedingung zweiter Ordnung sicher erfullt und bei yfi liegt wirklich das Gewinnmaximum. Ist die Bedingung zweiter Ordnung bei x^ nicht erfullt, so liegt dort kein Gewinnmaximum vor. Im Falle eines preisinabilen Anbieters ist die Bedingung zweiter Ordnung erfullt, falls x'K(x) > 0, weil X'E(X) = 0. 3. Priifimg der Voraussetzung fiir die Angebotsaufiiahme: Bei der gewinnmaximierenden Ausbringungsmenge x^ kann sich ein Maximalgewinn G = G(xG) ergeben, der negativ ist, also ein Verlust. In einem solchen Fall wird das Untemehmen die Menge x^ nicht anbieten, seine Angebotsmenge ist null. Ist dagegen der bei x^ realisierte Gewinn G > 0 , so kann es zum Angebot dieser Menge x^ kommen. j) Falls das Untemehmen einer Absatzbeschrankung unterliegt, konnen die Bedingungen erster und zweiter Ordnung fur ein Gewinnmaximum moglicherweise nicht erfiillt werden. Im Gegensatz zu einer Kapazitatsbeschrankung, die den Verlauf der Kostenkurve nach »rechts« hin begrenzt, bedeutet eine Absatzbeschrankung, daB wegen der Existenz einer hochstmoglichen Absatzmenge x die Erloskurve an der betreffende Stelle endet (siehe Abbildung 23.4). Hat bis zu dieser Stelle der Gewinn sein "inneres" Maximum nicht erreicht, so wird die Absatzbeschrankung als bindend bezeichnet.

Das ist beispielsweise der Fall, wenn von Anfang an ^ K(x) groBer als jeder ^ E -Wert ist.

Das Giiterangebot der Unternehmen

302

Das Unternehmen wtirde dann gem mehr als x absetzen. Die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge des Untemehmens ist in diesem Fall (imabhangig von der Hohe des Preises) die hochstmogliche Absatzmenge x. Das gilt auch im Fall einer Kapazitatsbeschrankung. Es liegt dann ein sogenanntes RandGewinnmaximum vor, bei dem die Coumot-Bedingung nicht erfullt wird. Eine solche Situation der Absatzbeschrankung kann bei fiinktionierenden Markten allenfalls fur kurze Zeit bestehen, da sie zu Anpassungsprozessen fiihrt, die bald wieder ein inneres Gewinnmaximum sicherstellen. Abbildung 23.4: Gewinnmaximum bei Existenz einer Absatzbeschrankung E,K

X

X

Aufgabe 23.2: Ein Unternehmen mit der Kostenfunktion K(x) = 4x^ +132 erziele auf dem Markt fiir jede abgesetzte Produkteinheit einen konstanten Preis p = 56. a) Ermitteln Sie die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge und priifen Sie, ob die Bedingung zweiter Ordnung erfullt ist. b) Wie hoch ist der maximale Gewinn? c) Wie andern sich die Ergebnisse unter a) und b), wenn das Unternehmen einer Absatzbeschrankung bei x = 5 unterliegt? Diese Prozesse sind Gegenstand des spateren Kapitels 3.2. Hier als Erklarung nur soviel: Wenn ein Anbieter seine gewinnmaximierende Angebotsmenge nicht (vol!) absetzen kann, er also im laufenden Geschaft bereit ist, zum geltenden Preis mehr zu verkaufen als tatsachlich bei ihm gekauft wird, dann liegt auf dem betrefFenden Markt ein Angebotsiiberhang vor. Dieser gibt den betrofFenen Anbietem AnlaB zur Preisunterbietung (Kapitel 3.2.1.b) und zur Kapazitatsreduzierung (umgekehrt wie in Kapitel 3.2.5.a). Beide Prozesse bewirken, daB der Angebotsiiberhang nach einiger Zeit verschwindet. Dies zeigt, daB Absatzbeschrankungen auf fiinktionierenden Markten nur temporare (voriibergehende) Phanomene sind.

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot

303

2.3.2. Einzelwirtschaftliches Angebot und Angebotsfunktion a) Die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge x^ entspricht, sofem der Gewinn nicht negativ ist, der Menge des Produktes, die das betrachtete Untemehmen auf dem Markt anbietet, also dem einzelwirtschaftlichen Angebot dieses Anbieters. Wir kennzeichnen den Anbieter mit i und seine Angebotsmenge mit x^. Die gewinnmaximierende Menge hangt tiber den Erlos E = px vom Preis p ab, zu dem der Anbieter seine produzierte Gutsmenge am Markt absetzen kann. Bei einem vom Markt her vorgegebenen Preis ist der Grenzerlos gleich diesem Preis, und die Erloskurve ist eine Gerade aus dem Ursprung. Das wurde im vorigen Unterkapitel gezeigt. Veranderungen des Absatzpreises fuhren - graphisch argumentiert - zu Drehungen der Erlosgeraden um den Koordinatenursprung. Denn die Steigung der Erlosgeraden (der Grenzerlos) entspricht dem Preis. Der Leser schreibe dies zur Erinnerung in Form eines Steigungsdreiecks (ahnlich wie in Abbildung 23.2) an die E(x)-Gerade in der folgenden Abbildimg 23.5. In dieser Abbildung wird beispielhaft gezeigt, wie sich diese ursprungliche Erlosgerade dreht, wenn der Preis p steigt oder sinkt. Steigt der Absatzpreis (pt), verlagert sich der Punkt auf der Kostenkurve, in dem die Coumot-Bedingung (23.5) erfullt ist, nach »rechtsoben«; die gewinnmaximierende und angebotene Menge x^ = x^ nimmt zu, das heiBt, es wird fur das Untemehmen vorteilhaft, eine groBere Menge als zuvor anzubieten. Der Leser mache dies in der Abbildung 23.5 dadurch deutlich, daB ausgehend von der gestrichelten Linie iiber x^ - ein Pfeil nach rechts bis zur nachsten eingezeichneten Strichellinie gezeichnet wird. Sinkt dagegen der Absatzpreis (p>l), so verlagert sich infolge der Erlosgeradendrehung der Tangentialpunkt auf der Kostenkurve nach »links-unten«; die gewinnmaximierende und angebotene Menge x^ geht zuriick. Auf Preiserhohungen reagieren Untemehmen also mit einer steigenden und auf Preissenkungen mit einer sinkenden Angebotsmenge.

Im spateren Kapitel 4.1.4. werden auch andere Zielsetzungen als die Gewinnmaximierung betrachtet.

304

Das Giiterangebot der Unternehmen

Abbildung23.5: Preiswirkungen aufdie einzelwirtschaftliche Angebotsmenge

E, K

b) Es gibt einen niedrigstmoglichen Preis, bei dem der Gewiim des Anbieters null wird, er aber auch gerade noch keinen Verlust macht. Sinkt der Absatzpreis unter diese Preisuntergrenze p^ des Untemehmens i, dann fuhrt jede beliebige Absatzmenge x zu einem negativen Gewirni (Verlust). Die bei der Preisuntergrenze angebotene Gutsmenge markiert die Angebotsmengenuntergrenze x ^ des Anbieters. Zusammen werden beide auch als Angebotsschwelle des Untemehmens bezeichnet: ( p \ x^). Diese kann man wie in der Abbildung 23.5 graphisch dadurch ermittehi, daB die Erlosgerade um den Koordinatenursprung soweit nach »rechts-unten« gedreht wird, bis sie die Kostenkurve gerade noch tangiert. In diesem Tangentialpunkt ist der Gewinn des Untemehmens null, weil dort zwischen Erlos- und Kostenkurve kein positiver vertikaler Abstand (Gewinn) mehr besteht. Bei jeder groBeren und jeder kleineren Ausbringungsmenge als x ^ reahsiert der Anbieter dann einen Verlust. Ein solcher auf seiner Angebotsschwelle operierender sogenannter Grenzanbieter hat folglich einen extrem eingeschrankten Handlungsspielraum. Die Angebotsschwelle darf nicht mit der in Kapitel 2.3.1.e) definierten Gewinnschwelle verwechselt oder gleichgesetzt werden. Die Gewinnschwelle ist - etwas

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Gliterangebot

305

einfach ausgedriickt - der erste Schnittpimkt einer Erloskurve mit der Kostenkurve. Da die Steigimg der Erlosgeraden in Abbildung 23.5 vom Preis abhangt (es gilt hier ja xE = P), ist auch die Gewinnschwelle preisabhangig: Bei einem hohen Absatzpreis (steile Erlosgerade) liegt sie bei einer geringen Absatzmenge, bei einem niedrigen Absatzpreis (flache Erlosgerade) liegt sie bei einem groBeren X. Die Angebotsschwelle liegt dagegen dort, wo die Erlosgerade die Kostenkurve tangiert und ist somit eindeutig definiert - unabhangig von der Hohe des Absatzpreises. In der Angebotsschwelle fallen gleichsam die Gewinnschwelle und die Gewinngrenze des Untemehmens in einem Punkt zusammen. Da die gedrehte Erlosgerade als Fahrstrahl interpretiert werden kann, der bei der Angebotsmengenuntergrenze x"^ seine geringste Steigung aufweist, entspricht diese Menge nach der Definition der Durchschnittskosten (vgl. Kapitel 2.2.4.c) der durchschnittskostenminimierenden Ausbringungsmenge x^. Und der durch die minimale Steigung reprasentierte Absatzpreis, also die Preisuntergrenze p^ des Anbieters, entspricht dessen minimalen Durchschnittskosten k. Mit anderen Worten: Die Angebotsschwelle stimmt mit dem Durchschnittskostenminimum (x^, k) des Untemehmens iiberein. Der Leser zeichne in Abbildung 23.5 an die unterste Erlosgerade ein Steigungsdreieck und schreibe als Steigung xE = p^ = k daran. Links neben x"^ kann zudem "x^ = " geschrieben werden. c) Die vorstehenden Analysen des einzelwirtschaftlichen Angebots mithilfe der Gesamtkosten- und Gesamterloskurven sind zwar lehrreich, aber recht umstandhch. Daher bedient man sich in der Mikrookonomik nicht der Gesamt^oRQn, sondem der zugehorigen Grenz- und DurchschnittsgroBen. Denn wie schon die Coumot-Bedingung (23.5) zeigt, wird das untemehmerische Gliterangebot in erster Linie durch den Grenzkosten- und den Grenzerlosverlauf bestimmt. Lediglich die Angebotsschwelle ist tiber das Durchschnittskostenminimum determiniert.

In der Literatur wird haufig das Minimum der variablen Durchschnittskosten als "absolute kurzfristige Preisuntergrenze" eines Untemehmens aufgefafit. Eine solche vermeintlich exakte Angabe von Preisuntergrenzen ist wenig realitatsnah. In der Praxis konnen absatzstrategische Erwagungen einem Untemehmen auch Preise unterhalb der variablen Stiickkosten gebot^i erscheinen lassen. Auf Dauer miissen jedoch in jedem Fall die gesamten Durchschnittskosten gedeckt werden, wenn das Einproduktuntemehmen Bestand haben soil. Deshalb entspricht das Minimum der gesamten Durchschnittskosten der einzigen »objektiven« Hohe der Preisuntergrenze. - Ohnehin ist im Falle der hier verwendeten empirisch bewahrten Standard-Kostenfimktion das Minimum der variablen Durchschnittskosten null. Ein Minimum der variablen Durchschnittskosten k^(x) setzt eine doppek gekriimmte Kostenftmktion wie in Aufgabe 22.10 voraus. Solche Kostenverlaufe sind aber in der Realitat kaum vorzufinden.

306

Das Gtiterangebot der Untemehmen

Um nun dementsprechend das Untemehmensangebot mittels der Grenzgrofien naher zu untersuchen, gehen wir wieder von einem vom Absatzmarkt her bestimmten Produktpreis p aus. Dieser ist, wie zuvor schon des ofteren gezeigt wurde, mit dem Grenzerlos des preisinabilen Untemehmens identisch: xE = PDie Coumot-Bedingung (23.5) reduziert sich deshalb fiir einen preisinabilen Anbieter, also bei gegebenem Marktpreis p, zu:

p = x'K(x)

(23.15)

In dieser Form wird sie auch als Grenzkostenpreisregel bezeichnet. Sofem die Grenzkostenfimktion xK(x) gegeben ist, erhalt man durch Auflosen dieser Gleichung nach x die gewinnmaximierende und deshalb angebotene Produktmenge x"^ des Anbieters - sofem die Bedingung zweiter Ordnung, die hier wegen xE(x) = 0 einfach xK(x) > 0 lautet, erfflUt ist und sich ein G > 0 ergibt. Die Grenzkostenpreisregel (23.15) ist somit die Gewinnmaximierungsbedingung ftir ein preisinabiles Untemehmen. Die Angebotsmenge x^ hangt vom Marktpreis p des Produktes und iiber die Grenzkosten x K = xK(x;4r) auch von den Preisen der Produktionsfaktoren ab. Das einzelwirtschaftliche Angebot ist somit allgemein eine Funktion des Absatzpreises und der Faktorpreise: x"^ = x^(p;6,v). Der Absatzpreis p wird als HaupteinfluBgroBe angesehen; £ und r sind Parameter der einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktion. Wie andert ein Untemehmen die Angebotmenge, wenn sich die BestimmungsgroBen p, £ und r verandem? Wir betrachten zunachst ceteris paribus den EinfluB unterschiedlicher Preise des angebotenen Gutes. Gesucht werden die Angebotsmengen, die fur das Untemehmen bei verschiedenen Preishohen gewinnmaximierend sind. Daruber gibt nach (23.15) der Grenzkostenverlauf Auskunft. Denn gemaB dieser Form der Coumot-Bedingung wird ein nach Gewinnmaximierung strebendes Untemehmen die Produktions- beziehungsweise Angebotsmenge so wahlen, daB die Grenzkosten der Hohe nach dem geltenden Absatzpreis entsprechen. Abbildung 23.6 zeigt dies:

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot

307

Abbildung 23.6: GewinnmaximierendeAusbringungsmengen in Abhangigkeit vom Absatzpreis

;K=P

xK(x)

k

P rk"

P

k(x)

-

1

Bei einem vom Markt her bestimmten Absatzpreis der Hohe p' realisiert das Untemehmen genau bei der Angebotsmenge x' Grenzkosten xK(x'), die gleich dem Preis p' sind. Das heiBt: x' = x^(p') ist die beim Preis p' gewinnmaximierende und somit auch angebotene Produktmenge. Bei einem niedrigeren Preis p" wird ein maximaler Gewinn bei der Angebotsmenge x" = x^(p") realisiert. Die Grenzkostenkurve gibt dem Untemehmen ofFensichtlich zu jedem moglichen Preisniveau p die gewinnmaximierende und deshalb anzubietende Menge des Produktes an. Sie entspricht daher grundsatzlich der einzelwirtschaftlichen Angebotskurve x^(p) des preisinabilen Untemehmens. Es ist allerdings eine wichtige Einschrankung zu beachten: Ist der Preis des Gutes »sehr niedrig«, zum Beispiel p'" in Abbildung 23.7, dann wird das Untemehmen bei der F^stlegung seiner Angebotsmenge der Grenzkostenkurve nicht mehr folgen. Das ist stets dann der Fall, wenn der Preis unterhalb der minimalen Durchschnittskosten k liegt. In einem solchen Fall kann das Untemehmen, das dann auch als submarginaler Anbieter bezeichnet wird, bei keiner Ausbringungsmenge seine Kosten decken und reaUsiert somit stets einen Verlust. Daher sinkt sein mengenmaBiges Angebot sprunghaft auf null, wenn der Preis des Gutes unter das Minimum der Durchschnittskosten fallt. Hat jedoch die Durchschnitts-

308

Das Giiterangebot der Untemehmen

kostenkurve kein Minimum, etwa weil sie nicht u-formig verlauft, dami braucht die Angebotsfunktion des Untemehmens keine solche Sprungstelle zu haben. Abbildung 23.7:Angebotsmengen in Abhangigkeit vom Absatzpreis

x^(x") x^(x')

Die durchschiiittskostemninimierende Ausbringungsmenge ist x^. Sie entspricht der in Abschnitt b) schon angesprochenen Angebotsmengenuntergrenze x ^ des Untemehmens. Die minimalen Durchschnittskosten k entsprechen der Preisuntergrenze p \ Denn die Preisuntergrenze ist als der niedrigste Preis definiert, zu dem ein Produkt vom Anbieter noch ohne Verlust abgesetzt werden kann. Bei Preisen p, die unterhalb der Preisuntergrenze liegen, ist die angebotene Menge null; bei p = k ist das einzelwirtschaftliche Angebot gleich x^ und steigt dann bei hoheren Preisniveaus entlang der Grenzkostenkurve an. Das Durchschnittskostenminimum (x^ ,k) entspricht demnach der Angebotsschwelle des Untemehmens. Das wurde in anderer Form schon im vorangegangenen Abschnitt b) gezeigt. Es kann somit zusammenfassend festgestellt werden: Der oberhalb des Durchschnittskostenminimums liegende Teil der Grenzkostenkurve entspricht der Angebotskurve x^(p) des Untemehmens. Diese gibt (bei konstant vorgegebenen Faktorpreisen) zu jeder moglichen Preishohe p des Produktes die gewinnmaximierende Ausbringungs- und Angebotsmenge an. Die Kurve stellt gleichsam den Angebotsplan des preisinabilen Untemehmens dar. Die Bedeutung dieses Planes wird am besten klar, wenn man davon ausgeht, da6 das Untemehmen mit

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot

309

Blick auf den geltenden Absatzpreis anhand seiner Angebotskurve festlegt, welche Menge seines Produktes produziert und anschlieBend angeboten werden soil' Streng genommen handelt es sich bei der einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktion oberhalb des Durchschnittskostenminimums um die mathematische Umkehrfunktion der Grenzkostenfunktion (inverse Grenzkostenfiinktion). Derm die Angebotsfunktion gibt ja die angebotene Menge x in Abhangigkeit von der WertgroBe "Preis" an, wogegen die Grenzkostenkurve umgekehrt die WertgroBe "Grenzkosten" in Abhangigkeit von der Menge angibt. Es gilt daher fiir die Angebotsfunktion eines Untemehmens i:

X^HP) =\

f x^(p) fur p > p^ bzw. X > x^^ '^' [ 0 sonst

(23.16)

Hierbei ist, wie zuvor im einzelnen begriindet wurde: p^ = k, x^^ = x^ und xG(p) = inv{xK(x)}.

Beispiel23.3: Herleitung der einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktion aus der Standard-Kostenfunktion. Analog zu Beispiel 23.2 erhalt man aus der Standard-Kostenfiinktion K(x) = c-x^ + F durch Differenzieren die Grenzkostenfunktion xK(x). Diese muB dann gemaB der Coumot-Bedingung (23.15) gleich dem Absatzpreis gesetzt werden (Grenzkostenpreisregel): f

.•K(x) = K-c-x^-^ = p

(1)

Umstellen der Gleichung nach x fiihrt zu der inversen Grenzkostenfunktion, die dem Untemehmen zu jedem Absatzpreis die gewinnmaximierende Menge angibt (Erfullung der Bedingung zweiter Ordnung vorausgesetzt): 1

'(P)

= inv {xK(x)} K-C

(2)

X

Wie im spateren Kapitel 3.2.1. gezeigt wird, sorgt der Preismechanismus dafur, dafi beim geltenden Marktpreis - sofem es sich dabei um einen Gleichgewichtspreis handelt - alle Anbieter ihre Absatzplane auch tatsachlich realisieren konnen.

310

Das Guterangebot der Untemehmen

Daraus ergibt sich die gesuchte Angebotsfunktion des Untemehmens, indem der Funktionsbereich unterhalb der Angebotsschwelle »abgeschmtten« wird: .Ai X^HP)

fiir X > X "^^ bzw. p > p *

(3)

K-e

Die beiden Komponenten der Angebotsschwelle (x'^, p') entsprechen den Koordinaten des Durchschnittskosternninimums x^ vmd k. Diese wurden im Beispiel 22.5 ermittelt. Danach ist die Angebotsmengenuntergrenze:

jc^

= xk

=

(4)

(K-l)-C

Und als Preisuntergrenze ergibt sich: 1

p'

l-K

K-l

= k = ITK -CK -F K

,mit

FIK

=

K-(K-I)

K

(5)

Der Leser soUte durch Dififerenzieren von x'^ und k nach F auch untersuchen, welchen EinfluB die Fixkosten auf die Angebotsschwelle (x^, k) haben. Fiir spatere Analysen kann es erforderlich sein, die Angebotsftmktion speziell bezogen auf die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion zu kennen. Ersetzt man in (3) die Koefifizienten der Standard-Kostenfiinktion durch die der Cobb/DouglasProduktionsfunktion gemaB (22.32), so ergibt sich: x^^ (p) = a i-« • y i-« • f «-i • c i-a • p i-a

(6)

fiir p > k Oder x > x^ (vgl. Kapitel 2.2.4.i)). Der Leser moge diese Herleitung zur Ubung nachvollziehen.

D Auf zwei Sachverhalte ist im Zusammenhang mit der im vorigen Beispiel 23.2 hergeleiteten Angebotsfunktion x^Xp) besonders hinzuweisen: • Weil x"^^ iiber c auch von den Faktorpreisen I und r abhangt (vgl. die Gleichungen (22.32)), lautet die einzelwirtschaftliche Angebotsfiinktion allgemein: x^(p, ^ r). Da wir uns im folgenden auf die Preisabhangigkeit des Angebots konzentrieren werden und die Faktorpreise als gegebene GroBen (Parameter der Angebotsfunktion) betrachten, erscheinen letztere - wenn iiberhaupt - nach einem Semikolon in der Funktionsklammer: x^*(p; ^, r).

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot

311

• Aus der Standard-Kostenfunktion kann nicht unter alien Umstanden eine Angebotsfiinktion der oben genannten Art hergeleitet werden. Die Herleitbarkeit ist vom Zahlenwert des Exponenten K (also der Elastizitat der variablen Kosten beziehungsweise - im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion - dem Kehrwert der Produktionselastizitat des variablen Faktors) abhangig: Bei dem aus didaktischen Griinden in der Literatur sehr beliebten linearen Kostenverlauf ist K = 1 und damit der Exponent der Angebotsfunktion (3) nicht definiert. Denn im Nenner steht dann eine Null, und die Coumot-Bedingung (23.15) ist bei keiner Ausbringungsmenge x erfflUt. Auch bei K < 1 gibt es Probleme. In diesem Fall liegen namlich durchgehend fallende Durchschnittskosten vor, was der Leser an der dann stets negativen ersten Ableitung der Durchschnittskostenfiinktion sehen kann (vgl. (3) in Beispiel 22.5). Bei fallendem Durchschnittskostenverlauf liegen aber nach dem Satz (22.41) die Grenzkosten stets unterhalb der Durchschnittskosten. Bei gewinnmaximierendem Verhalten mu6 aber gemaB (23.15) "Preis gleich Grenzkosten" gelten. Der Preis liegt dann also unter den Durchschnittskosten und der Anbieter realisiert folglich immer, das heiBt bei jeder Ausbringungs- und Angebotsmenge einen Verlust. Bei einem vom Markt her vorgegebenen Absatzpreis kann folglich ein Anbieter mit einer konkaven Kostenfunktion (also K < I) nicht am Markt bestehen. d) Die Abhangigkeit der von einem Untemehmen angebotenen Produktmenge von der Hohe des geltenden Absatzpreises kann durch die Preiselastizitat des einzelwirtschaftlichen Angebots wie folgt gemessen werden: 5x Ai g(xAi:p) := _2L_ = 5p P

5p

P = P ^ x"^* x^*

(23.17)

1 Vgl. Gleichung (1) in Beispiel 22.6. Der Leser denke sich in den Abbildungen 23.1 und 23.2 einen linearen Kostenverlauf. Bei linearem Kostenverlauf und positiven Fixkosten nehmen die Durchschnittskosten k(x) mit steigender Ausbringungsmenge anhaltend ab. Nach Satz (22.41) sind dann die Grenzkosten kleiner als die Durchschnittskosten. Da aber gemaB der Cournot-Bedingung der maximale Gewinn bei p= xK(x) realisiert wird, liegt im Gewinnmaximum auch der Preis unter den Durchschnittskosten. So dafi der betreffende Anbieter nur Verluste realisieren kann. Dies zeigt, daB lineare Kostenkurven und preisinabile Anbieter nicht »zusammenpassen«.

312

Das Giiterangebot der Unternehmen

Sind die Preisanderung dp und die Angebotsmengenanderung 5x^ zaWenmaBig gegeben, so wird die Elastizitat zweckmaBig mit der links stehenden Definitionsgleichung berechnet: Dividieren der prozentualen Angebotsmengenanderung durch die prozentuale Preisanderung. 1st hingegen die einzelwirtschaftliche Angebotsftinktion x^(p) bekannt, so wird die Elastizitat durch die mittlere beziehungsweise rechte Formel ermittelt: Ableiten der Angebotsfunktion, Multiplizieren mit dem Preis und Dividieren durch die Funktion. In jedem Fall gibt die Preiselastizitat des einzelwirtschaftlichen Angebotes an, um wieviel Prozent sich die von dem Unternehmen angebotene (gewinnmaximale) Menge verandert, wenn der Absatzpreis des Gutes um ein Prozent steigt (oder sinkt). Relevant sind Angebotselastizitaten im Rahmen von Konkurrenzanalysen, bei Marktanteilsprognosen und fiir die Erklarung angebotsbedingter Preisschwankungen, zum Beispiel auf RohstoflBnarkten. Da x^(p) im wesentlichen der Umkehrfunktion der Grenzkostenfunktion des Anbieters entspricht, ist die einzelwirtschaftliche Angebotselastizitat in Bezug auf den Preis gleich dem Kehrwert der Grenzkostenelastizitat in Bezug auf die Menge,! jedenfalls oberhalb der Angebotsschwelle. Die Grenzkostenelastizitat war in (22.56) definiert und in der Gleichung (5) des Beispiels 22.6 fiir den Fall der Standard-Kostenfimktion zu 8(xK:x) = K - 1 ermittelt worden. Folglich ist die Preiselastizitat der im vorigen Beispiel 23.3 hergeleiteten Angebotsfunktion (3) gleich s(x^:p) = 1/(K-1). Das kann der Leser in der folgenden Aufgabe auch durch direktes Berechnen nachpriifen. Aufgabe 23.3: Analysieren Sie die im vorigen Beispiel 23.3 hergeleitete Angebotsfiinktion (3): a) Zeigen Sie durch Bilden der ersten Ableitung, ob sie einen steigenden oder einen fallenden Verlauf hat. b) Skizzieren Sie den Angebotskurvenverlauf, einmal fiir K = 1,5 und einmal fiir K = 2,5. In beiden Fallen sei c = 1 und x = 1. c) Ermitteln Sie den Zahlenwert der Preiselastizitat des einzelwirtschaftlichen Angebots fiir die in b) genannten Falle. d) Vergleichen Sie die in c) hergeleitete Elastizitat mit der in (5) des Beispiels 22.6 hergeleiteten Grenzkostenelastizitat. Was fallt dabei auf?

^ Vgl. das "Lemma von der inversen Elastizitat" im Anhang M.7., Gleichung (5).

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Giiterangebot

313

Ein Extremfall liegt bei einem preisunabhangigen (vollkommenen preisunelastischen) Angebot vor. Weiin das Untemehmen etwa einer Kapazitatsbeschrankung mit ausschlieBlich fixen Faktoreinsatzen unterliegt, es also die vorhandenen Bestande aller Faktoren nur voUstandig einsetzen kann (vgl. Kapitel 2.1.2.J), dann ist auch die produzierbare Ausbringimgsmenge fix (x). Diese Menge wird das Untemehmen zu jedem Preis oberhalb der Preisuntergrenze anbieten. Da samtliche Kosten des Untemehmens fix sind, liegt die Preisuntergrenze bei F/x. Oberhalb dieses Wertes verlauft die Angebotskurve senkrecht, wie in Abbildimg 23.8 dargestellt. Die Preiselastizitat des Angebots ist dann durchgehend null, es hegt ein "starres Angebot" vor. Abbildung 23.8: Einzelwirtschaftliche Angebotskurve beifixem Angebot

X

e) Die Faktorpreise sind, wie zuvor gezeigt wurde. Parameter der Grenzkostenund damit auch der Angebotsfimktion. Erhohungen der Faktorpreise fuhren beispielsweise zu einer Verlagerung der Grenzkostenkurve und der Durchschnittskostenkurve nach »oben«; siehe Abbildung 23.9. Denn C erhoht c, und r erhoht (in der kurzen Frist) F. Eine detaiUierte formale Analyse woUen wir uns hier ersparen. Der interessierte Leser katm sie anhand der Gleichung (6) aus Beispiel 23.3 selbst vomehmen.

^ Wenn es sich um ein verderbliches Gut handek, wird das Untemehmen vermutlich notfalls auch bereit sein zu Preisen unteihalb der Preisuntergrenze zu verkaufen. Dies fuhrt allerdings zu Verlusten, die zur Aufgabe der Produktion zwingen.

314

Das Giiterangebot der Untemehmen

Abbildung 23.9: Wirkung von Faktorpreisdnderungen aufdie einzelwirtschaftliche Angebotskurve

x^(p.^.r)

f) Da der Gewinn, den die Anbieter realisieren, eine - wie im spateren Kapitel 3.2. noch zu sehen sein wird - wichtige steuemde Rolle im Marktsystem spielt, mussen wir uns mit der Hohe des Gewinns eines preisinabilen Anbieters nocli etwas naher befassen. Bei der Grenz- und DurchschnittsgroBenbetrachtung ist er auch noch nicht zur Sprache gekommen. Dazu kann von folgender altemativer Schreibweise der Gewinndefinition (23.2) ausgegangen werden: G(x) = x.g(x) = x.[p-k(x)]

(23.18)

Hierbei steht g(x) gemaB (23.3) fur den Durchschnittsgewinn bei irgendeiner Absatzmenge x, also fur die Differenz zwischen dem vom Markt her vorgegebenen Absatzpreis p und den Durchschnittskosten bei der betrachteten Ausbringimgsmenge. Der Leser mache sich klar, daB auf der rechten Gleichungsseite nach Auflosen der Klammer x-p dem Erlos und x-k(x) den Gesamtkosten K des Anbieters entspricht. Der maximale Gewinn wird bei der Absatzmenge x^ erreicht: G(xG) = x ^ - g ( x ^ ) -

xG.[p-k(xG)]

(23.19)

Diese Formel zur Berechnung des maximaien Gewinns G eines preisinabilen Anbieters ermoglicht eine graphische Representation. Bei der durch die CoumotBedingung bestimmten gewinnmaximierenden Ausbringungsmenge x^wird die Differenz zwischen dem Marktpreis p und den Durchschnittskosten k ( x ^ ) ermittelt, also der gewinnmaximierende Durchschnittsgewinn g(x^). Das mathe-

2.3. Optimaler Produktionsplan und einzelwirtschaftliches Guterangebot

315

matische Produkt aus x^ und g(x^) entspricht der geometrischen Formel zur Berechnung der Flache des schrafBerten Rechtecks in Abbildung 23.10 ("Lange mal Breite"). Somit entspricht diese Flache dem maximalen Gewinn G des Anbieters: Abbildung 23.10: Gewinnmaximum eines preisinabilen Anbieters

k,p,iK ;^(x),x*'(p)

g(x°)
xi

[ = x] Oder p > pi

(25.7) [=p ]

Die fur alle Anbieter identische Angebotsmengenuntergrenze entspricht zugleich derjenigen des Gesamtangebots (x), und die einzelwirtschaftlichen Preisuntergrenzen entsprechen aufgrund ihrer Gleichheit der Marktpreisuntergrenze p . Der links vor der Variable p stehende Term ist konstant; dafiir kann auch einfach ein FunktionskoefBzient a geschrieben werden kann (nicht zu verwechseln mit dem in firtiheren Kapiteln verwendeten fett geschriebenen Symbol a fiir den Arbeitseinsatz). Wenn I, K und c bekannt sind, dann ist auch a eine durch den entsprechenden Term bestimmte Zahl. Den ebenfalls konstanten Exponent von p symbolisieren wir im folgenden durch a. Auch dieser FunktionskoeflBzient hat also ab hier eine andere Bedeutung als etwa bei der Cobb/Douglas-Funktion. Um bei der vereinfachten Schreibweise der Angebotsfimktion auch die Marktpreisuntergrenze zu beriicksichtigen, fiigen wir noch einen KoefBzienten b an, so daB beispielhafte Angebotsfimktionen von nun an allgemein in folgender einfacher Form geschrieben werden: x^(p) = apoc - b

(25.8)

In der Aufgabe 25.1 ergab sich beispielsweise a = 7/12, a = 0,5 und b = 0.1st bei ansonsten positiven FunktionskoeflBzienten das a positiv, aber kleiner als Eins, daim verlauft die Marktangebotskurve konvex iiber x, wie in der folgenden Abbildung 25.5. Ist b groBer als Null, dann weist sie einen Schnittpunkt oberhalb des Koordinatenursprungs auf der p-Achse auf Diesen Achsenschnittpunkt po erhalt man aus der Funktionsgleichung (25.8) durch NuUsetzen von wie folgt:

2.5. Aggregation und Marktangebot

0 -= a-p'^-b

po

x definiert ist.

340

Das Gtiterangebot der Untemehmen

Die hier nur geometrisch interessanten, aber okonomisch irrelevanten Achsen- und Kurvenabschnitte wurden gestrichelt gezeichnet. J Aufgabe 25.2: a Die Angebotsfiinktion eines Marktes laute x^(p) = a-p" - b , m i t a = 2, b = 30 imd a = 0,5. Ill 11 a) Welche Menge wird von dem Gut insgesamt angeboten, werni der Marktpreis p = 400 betragt? B b) Wie hoch ist die Preiselastizitat des Marktangebotes bei p = 400? v

Pi

II c) Bei welchem Preisniveau liegt die Marktpreisuntergrenze p ?

h) Die Marktangebotsftmktion und -kurve ist im vorigen, das darf nicht vergessen werden, unter der ceteris-paribus-Bedingung hergeleitet und erlautert worden, das heiBt unter der Annahme, daB bis auf den Preis p alle BestimmungsgroBen des Angebots unverandert bleiben. Diese iibrigen AngebotsbestimmungsgroBen, insbesondere die Faktorpreise und - auf der Marktebene - die Anzahl der Anbieter, werden als exogen bezeichnet. Diese nicht innerhalb des Angebotmodells erklarten GroBen haben den Charakter von Parametern der Marktangebotsfianktion; vgl. Gleichung (25.1). Zum AbschluB der Angebotstheorie soil noch kurz gezeigt werden, welche Wirkungen von Anderungen einzelner exogener EinfluBgroBen auf die Lage der Marktangebotskurve ausgehen. Wir betrachten dazu unsere beispielhafte Angebotsfiinktion (25.8) in leicht modifizierter Form: a wird gleich Eins gesetzt, was zu linearen Angebotskurven fiihrt, und die Anbieteranzahl I wird explizit ausgewiesen. Anhand der dadurch entstehenden linearen Marktangebotsfunktion xA(p) = I.(a'p - b)

(25.10)

lassen sich nun drei Formen, in denen ein Angebotsanstieg auftreten kann, verdeutlichen (fiir Angebotsriickgange gelten die folgenden Aussagen analog): • Im linken oberen Diagramm der folgenden Abbildung 25.6 ist die Ausgangslage der Marktangebotskurve zu (25.10) mit Angabe der Achsenabschnitte und der durch pX^ = 9x^/dp definierten Kurvensteigung angegeben. Der p-AchsenSchnittpunkt p^ = b/a entspricht der Marktpreisuntergrenze p. • Zu einem Angebotsanstieg, also einer Verlagerung der Angebotskurve nach »rechts« oder »unten« kann es nun nach unserer Leseransprache im vorangegangenen Abschnitt c) zunachst dadurch kommen, daB die Anbieterzahl I durch den Hinzutritt neuer Anbieter steigt (It). Dieser Fall zeigt das rechte obere Diagramm. Oflfensichtlich hat eine Anderung von I keinen EinfluB auf die Marktpreisuntergrenze; die Angebotskurve wird nur flacher. Dabei wird unterstellt, daB

2.5. Aggregation und Marktangebot

341

die neu hinzutretenden Anbieter die gleiche Kostenstruktur (insbesondere auch die gieiche Preisuntergrenze) haben, wie die schon auf dem Markt befindlichen (sog. inkubenten) Anbieter. • Kostensenkungen bewirken, dass sich die Grenz- und damit auch die Angebotskurven der Anbieter nach »unten« verlagem. Dies kann vereinfacht durch eine Parallelverschiebung der Marktangebotskurve nach »unten« beschrieben werden, wie es im linken unteren Diagramm von Abbildung 25.6 dargestellt ist. Ein solcher Eflfekt wird durch eine Senkung des Koeflfizientenwertes b erreicht (bl). • Soil schlieBlich eine Angebotserhohung modelliert werden, die auch auf sinkenden variablen Kosten beruht und/oder auf Markteintritten neuer Anbieter mit niedrigeren Preisuntergrenzen, so ist dies durch eine VergroBerung des Koeffizientenwerte a moglich (at). Dieser kombinierte Eflfekt von Abflachung (Drehung) und Nach-unten-Verlagerung der Marktangebotskurve ist im rechten unteren Diagramm dargestellt. Abbildung 25.6: Erscheinungsformen eines Angebotsanstiegs

x*(p)=I(ap-bL

Ix^a P -a.

342

Das Giiterangebot der Untemehmen

2.6. Externe Effekte zwischen den Anbietern (Brancheneffekte)

In den vorangegangenen Kapiteln der mikrookonomischen Untemehmens- und Angebotstheorie wurde davon ausgegangen, da6 jeder Anbieter unabhangig von anderen seine Produktions- und Angebotsplanung vomimmt. In der Realitat hangen jedoch die einzelwirtschaftlichen Kosten- und Angebotsbedingungen haufig auch davon ab, wie und wieviel die anderen Untemehmen der Branche produzieren. Die von dem Produktions- und Angebotsverhalten anderer Unternehmen ausgehenden Einfliisse auf das einzelwirtschaftliche Angebot werden als externe Produktionseffekte bezeichnet. Wir woUen im folgenden nur einen ersten Eindruck von dieser weitreichenden Problematik vermittein, indem jeweils ein Beispiel fiir einen positiven und einen negativen branchenbedingten extemen Produktionseffekt erlautert wird. Von branchenbedingten externen Effekten wird gesprochen, wenn Anderungen der Gesamtausbringungsmenge der Branche die Kostensituation der einzehien Anbieter beeinflussen. Ein negativer extemer Effekt dieser Art (externer Nachteil) hegt vor, wenn eine Erhohung des Branchenoutputs zu Kostenerhohungen bei den Anbietern fuhrt. Ein positiver extemer Effekt (externer Vorteil) bringt dagegen eine Kostenreduzierung, wenn die Ausbringung der Branche steigt. Exteme Vor- und Nachteile konnen technologisch oder rein geldhch (pekuniar) bedingt sein.

2.6.1. Faktorpreiseffekt Ein wichtiges Beispiel fiir einen extemen pekuniaren Nachteil ist der Faktorpreiseffekt, der wie folgt beschrieben werden kann: Das aggregierte Angebot einer Branche sei gemaB Gleichung (25.1):

x^(p) = i

x^(p)

(26.1)

i=l

(Warum hier die Angebotsfiinktionen oben mit einer Tilde versehen wurden, werden wir gleich sehen.) In der Anfangssituation (siehe Abbildung 26.1) betrage der Preis des Produktes p(i), und der Gesamtoutput der Branche sei X(i).

2.6. Exteme EfFekte zwischen den Anbietem

343

Abbildung 26.1: Extemer Nachteil AV)

)f(p) beir">r' 5^P) beir-

Pf2)t

Pm^

Steigt nun - aus welchem Grunde auch immer - der Marktpreis auf das Preisniveau P(2), so konnte man vermuten, daB sich dann die Marktangebotsmenge entlang der Angebotskurve ^"^(p) erhoht und schlieBlich insgesamt die Menge X(2) produziert und umgesetzt wird. Das gilt jedoch nur ceteris paribus, also insbesondere bei unveranderten Preisen der Produktionsfaktoren. Bei deutlichen Anderungen des Produktpreises p ist diese Annahme jedoch wenig realistisch, falls es sich um eine »gro6e« Branche handelt. Denn durch das steigende Produktions- und Ausbringungsniveau der Branche erhoht sich auch deren aggregierte Faktomachfrage, und dies fiihrt in der Kegel zu einem Anstieg der Faktorpreise/ Die steigenden Faktorpreise bewirken aber bei jedem Anbieter eine Verschiebung der Grenzkostenkurve nach »oben«. Denn bei jeder Ausbringungsmenge erhohen sich die Kosten pro zusatzhch produzierter Ausbringungseinheit. Da die einzelwirtschaftlichen Angebotskurven im wesenthchen mit den Grenzkostenkurven ubereinstimmen, verschieben sich infolge des Faktorpreisanstiegs auch die Angebotskurven der Untemehmen nach oben. Gleiches gilt in der Folge fiir die aggregierte Marktangebotskurve. (In Abbildung 26.1 wurde ein Anstieg des Faktorpreises r unterstellt.) Das bedeutet: Die gesamte Branche kann unter realistischen Bedingungen gar nicht entlang der Angebotskurve x^(p) anbieten; diese Kurve gilt nur bei Konstanz der

Wie es dazu kommt, wird allgemein im spateren Kapitel 3.2.2.d) erlautert.

344

Das Giiterangebot der Untemehmen

Faktoipreise. Bei steigenden Faktorpreisen verlagert sich die aggregierte Angebotskurve nach »oben«, und bei dem Marktpreis p(2) wird tatsachlich nur die Menge XQ) < X(2) produziert und angeboten. Dies wird als Faktorpreiseffekt bezeichnet. Weiin er bei Analysen nicht beriicksichtigt wird, dann werden zu grofie Angebotsmengenanderungen bei Produktpreisanderungen vorhergesagt. Durch den Faktorpreiseffekt reduziert sich das AusmaB der Angebotsmengenanpassung an Anderungen des Marktpreises fur das hergestellte Produkt. Verbindet man alle Preis/Angebotsmengen-Kombinationen (p,x), die sich nach der Auswirkung des Faktorpreiseffektes ergeben, so entsteht die effektive Angebotskurve der Branche x^(p). Sie hat einen steileren Verlauf als jede der »scheinbaren« Marktangebotskurven ^\p). Die effektive Angebotskurve weist also iiberall eine geringere Preiselastizitat auf Der Faktorpreiseffekt hat zur Folge, daB die Angebotskurve beziehungsweise der Angebotsplan jedes Anbieters davon abhangt, was die anderen Branchenteilnehmer auszubringen planen. Je mehr die anderen produzieren, desto teurer wird die Produktionfiirjeden einzelnen Anbieter.

2,6,2. Technologische externe Effekte Hirshleifer und Glazer bringen folgendes anschauliche Beispiel fiir technologische externe Effekte:^ a) Ein extemer technologischer Nachteil ist gegeben, wenn Farmer, die liber trockenes Land verfiigen, sich bemiihen, ihren Output durch zusatzhche Bewasserung zu steigem, indem sie Brunnen graben und Wasser daraus abpumpen. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel, was dann zu steigenden Wassergewinnungskosten und damit erhohten Grenzkosten der Produktion fiir alle Anbieter fiihrt. Die einzelwirtschafthchen Angebotskurven verschieben sich nach »oben«, ebenso die Marktangebotskurve. Die effektive Angebotskurve der Branche ist steiler als die »scheinbaren«. Die Wirkung entspricht dem zuvor erlauterten Faktorpreiseffekt. Die Kostensteigerung beruht hier jedoch auf der produktionstechnologischen Verbundenheit der Anbieter.

Vgl. J. Hirshleifer/ A. Glazer.: Price Theory and Applications; 5. Aufl., (Englewood Cliffs), 1992, S. 184f

2.6. Exteme EfFekte zwischen den Anbietem

345

b) Ein extemer technologischer Vorteil konnte in dem genannten Beispiel dann gegeben sein, wenn das Farmland nicht zu trocken, sondem zu naB ist. Bemiiht sich in diesem Fall jeder Farmer, seinen Output dadurch zu steigem, da6 er eine Drainage zur Trockenlegung des Bodens einrichtet, so verbessert er dadurch nicht nur seine eigenen Produktionsbedingungen, sondem auch die seiner angrenzenden Nachbam; deren Produktionsbedingungen verbessem sich ebenfalls. Es hegt also ein technologisch bedingter extemer Vorteil vor. Steigt beispielsweise in der Abbildung 26.2 der Preis fiir Getreide von p(i) auf p(2) und erhohen daraufhin alle Anbieter ihr Produktionsniveau durch verstarkte Trockenlegung, so verschiebt sich die aggregierte Marktangebotskurve infolge der dadurch bewirkten Kostensenkung nach »rechts« oder gegebenenfalls nach »unten«. Abbildung 26.2: Extemer Vorteil

MD

•^(2)

^(3)

Das Marktangebot erhoht sich beim Preis p(2) also nicht auf X(2), wie aufgrund der ursprunglichen aggregierten Angebotskurve x^(p) zu vermuten ware, sondem auf X(3)>X(2). Denn die Produktionserweiterungen der Anbieter bringen Kostensenkungen mit sich, die zu einer Verschiebung der einzelwirtschaftlichen Angebotskurven nach »rechts« beziehungsweise »unten« fuhren. Verbindet man alle Preis/Angebotsmengen-Kombinationen (p,x), die sich nach Benicksichtigung des extemen Vorteils ergeben, so entsteht die effektive Angebotskurve x^(p) der Branche (siehe Abbildung 26.2). Sie verlauft flacher und

Das Guterangebot der Untemehmen

346

weist uberall eine hohere Preiselastizitat auf als die »scheinbaren« Marktangebotskurven x^(p). Es liegt die Frage nahe, ob ein extemer Vorteil so stark sein kaiin, daB die Branchenangebotskurve x^(p) nicht nur einen sehr flachen, sonderti Qmewfallenden Verlauf aufweist, wie in der folgenden Abbildung 26.3 dargestellt: Abbildung 263: Fallender Verlauf der effektiven Marktangebotskurve

p

^p^

\

y^p)

P(1)

j ^

J

^S.

^^(2)

1 X(i>

^(2)

In der Tat ist ein solcher Fall nicht auszuschlieBen: Kommt es, zum Beispiel infolge eines Nachfrageanstiegs zu einer erhohten Produktion, und bringt dies die unterstellte starke Kostensenkung mit sich, so verschiebt sich die »sclieinbare« Marktangebotskurve x^(p) so weit nach »rechts-unten«, daB der neue Preis p(2) unter dem vorherigen Niveau p(i) liegt. Ein in der Wirkung ahnlicher, wenn auch anders zu begriindender Effekt tritt ein, wenn bei neuen technologischen Produkten der wachsende Absatz dazu fiihrt, daB die Anbieter zu inrnier kostengiinstigeren Produktionsverfahren tibergehen konnen ErschlieBung zunehmender Skalenertrage^), die dann auch zu einer Senkung des Produktpreises fiihren.

Vgl. Kapitel 2.1.3.c).

2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots

347

2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots

a)Im Kapitel 1.7.1. wurde der Nachfragervorteil als Differenz zwischen der maximalen Zahlungsbereitschaft und dem tatsachlich zu zahlenden Preis definiert. Ein analoges WohlfahrtsmaB kairn auch fur die Angebotsseite des Marktes angegeben werden: der Anbietervorteil. Hierbei wird von der Differenz zwischen dem Preis, zu dem der Anbieter ein Produkt absetzen kann, und den Kosten, die dessen Bereitstellung erfordert, ausgegangen. Steigen die Grenzkosten eines preisinabilen Untemehmens mit zunehmender Ausbringungsmenge, dann realisiert es bei alien abgesetzten Produkteinheiten einen entsprechenden Vorteil, nur bei der letzten abgesetzten Produkteinheit nicht, weil fiir diese ja die Grenzkosten mit dem Preis iibereinstimmen (Coumot-Bedingung); in Abbildung 27.1 ist das bei der Ausbringungsmenge x' der Fall. Abbildung 27.1: Einzelanbietervorteil p.x'K

b) Um zu ermitteln, welchen Vorteil ein Anbieter aus seinen insgesamt abgesetzten Produktionseinheiten realisiert, miissen die Vorteile (iber alle seine produzierten und angebotenen Einheiten aufsummiert werden, analog zum Vorgehen in Kapitel 1.7.1. Die Aufsummierung der Grenzkosten uber alle Ausbringungsmengeneinheiten von 0 bis x' ergibt die gesamten variablen Kosten der Produktion von x'

348

Das Giiterangebot der Unternehmen

1

(vgl. Kapitel 2.2.4.d)): K^(x'). Da x' = x'(p') konnen wir auch K^(p') schreiben. Das entspricht dQi nicht schrafJBerten Flache unterhalb der Grenzkostenkurve bis zur Stelle x'. Der Erlos des Anbieters ist p' • x'. Die DiflFerenz zwischen dem Erlos und den variablen Kosten entspricht somit der Summe aller Diflferenzen zwischen dem vom Markt her bestimmten Angebotspreis p' und den Kosten der einzehien abgesetzten Mengeneinheiten des Produktes und wird als 2

3

Einzelanbietervorteil (odQi Produzentenrente ) des Anbieters i bezeichnet: A V H P ' ) := p ' x ' - K^(p') (27.1) Graphisch entspricht der Einzelanbietervorteil der schraffierten Flache in Abbildung 27.1. Der Leser trage dies dort ein. Okonomisch gesehen ist der Anbietervorteil gleich dem sogenannten Deckungsbeitrag des Anbieters. Zieht man von diesem "tJberschuB der Erlose iiber die variablen Kosten" noch die hier nicht beriicksichtigten Fixkosten ab, so erhalt man den Gewinn. Der Anbietervorteil ist bei gegebenem Marktpreis um so hoher, je gunstiger die Kostenstruktur des Anbieters ist. c)Da es sich beim Anbietervorteil um eine geldmaBige GroBe handelt, ist es grundsatzlich moglich, sie iiber alle Anbieter des betrachteten Gutes zu summieren und so zum Gesamtanbietervorteil zu gelangen: AV(p) := X A V H P )

(27.2)

i

Graphisch entspricht der Gesamtanbietervorteil der Flache zw^ischen der Preishorizontalen p' und der Marktangebotskurve; siehe die folgende Abbildung 27.2:

X

1 Bei infinitesimaler Betrachtung ist das Integral 2

f ' ^ K(x) • 5x zu bilden. 0

Das Konzept der Produzentenrente geht wesentlich auf Alfred Marshall (1890) zuriick. Den Gutsindex j lassen wir der Einfachheit halber weg.

2.7. Wohlfahrtsaspekte der Produktion und des Angebots

349

Abbildung 27.2: Gesamtanbietervorteil

d) Steigt der Preis von p' auf p", so vergroBert sich der Anbietervorteil um die doppelt schraflBerten Flachen in Abbildung 27.3. Der rechteckige Flachenteil [A] gibt den AV-Zuwachs fur die schon zuvor angebotenen Produkteinheiten an, der aufgrund des Preisanstiegs zustande kommt. Der annahemd dreieckige Flachenteil [B] entspricht der Zunahme des Anbietervorteils, der aus dem damit einhergehenden Anstieg der Angebotsmenge von x' nach x" resultiert. Abbildung 27.3: Anderung des Gesamtanbietervorteils

3. Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

Nachdem im ersten und zweiten Hauptkapitel die beiden Seiten eines Marktes getrennt betrachtet worden sind, geht es nun um die mikrookonomische Erklarung der Mechanismen, die auf dem Markt zu einer Abstimmung (Koordination) der zuvor hergeleiteten Angebots- und Nachfrageplane der Wirtschaftsakteure fuhren. Nach einigen grundlegenden Ausfiihrungen tiber die moglichen Marktfonnen befassen wir uns in diesem dritten Hauptkapitel speziell mit idealtypischen Markten. An ihnen laBt sich vergleichsweise einfach zeigen, wie Markte grundsatzlich funktionieren. Behandelt werden die Grundforaien der Preisbildung. Zunachst betrachten wir in Kapitel 3.2. einen Markt, auf dem es zugleich viele kleine Anbieter und Nachfrager gibt. AnschlieBend wird im Kapitel 3.3. auf den Fall eingegangen, bei dem einer groBen Nachfragerzahl nur ein einzelner Anbieter gegeniibersteht.

3.1. Markt und Marktformen

Als Markt bezeichnen wir allgemein den virtuellen Ort, an dem das Gesamtangebot und die Gesamtnachfrage fiir ein bestimmtes Gut zusammentrefifen. Diese Zusammentreflfen von Anbietem und Nachfragem muB nicht imbedingt an einem raumlichen Ort geschehen (man denke an den Telefonhandel mit Devisen, die Anzeigenmarkte in Zeitungen und die "Marktplatze" im Internet). Die Marktverhaltnisse und Marktvorgange, die es im folgenden zu untersuchen gilt, hangen wesentlich von der Struktur des jeweiligen Marktes ab, das heiBt von den auBeren Gegebenheiten, die das Verhalten der Marktteilnehmer wesentlich bestimmen. Wir werden hier nur jene Charakteristika der Marktstruktur

352

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

betrachten, die der analytischen Unterscheidimg von Markten dienen und fur die Erklarung der Preisbildung relevant sind. Die Kombinationen dieser Strukturmerkmale werden als Marktformen bezeichnet. In jeder Marktform findet die Koordination von Angebot und Nachfrage auf eine spezifische Weise statt. Die fur die Mikrookonomik wichtigen Charakteristika der Marktstruktur konnen eingeteilt werden in: • qualitative Merkmale: Sie betreflFen vor allem den Grad der Vollkommenheit des Marktes, zum Beispiel hinsichtlich des Informationsstandes der Marktteilnehmer, sowie die OfFenheit des Marktes, das heiUt der Moglichkeit von Marktein- und -austritten. • quantitative Merkmale: Diese beziehen sich hauptsachlich auf die Besetzungsverhaltnisse der beiden Marktseiten, also auf Anzahl und relative GroBe der Anbieter und Nachfrager eines Gutes. Diese beiden Merkmalsgruppen werden im folgenden eingehender dargestellt.

3.1,1. Marktvollkommenheit Als Idealtypus und Referenzsystem fiir alle (ibrigen Arten von Markten dient in der Mikrookonomik das Modell des vollkommenen Marktes. Das Konzept geht auf den englischen Okonomen William Stanley Jevons (1835-1882) zuriick, es ist jedoch spater wesentlich verfeinert worden. a) Ein voUkommener Markt ist durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet, die auch als Voraussetzungen dem gesamten dritten Hauptkapitel zugrunde liegen:^ (Ml) Homogenitdt: Auf dem Markt wird ein einheitliches, undifferenziertes Gut gehandelt. Dies bedeutet im einzelnen: (Ml.l) Alle gehandelten Einheiten des Gutes sind im Urteil der Nachfrager sachlich gleichartig, insbesondere hinsichtlich Art, Aufinachung, Funktion und Qualitat. Ein Gut mit dieser Eigenschaft wird als homogenes Gut bezeichnet.

Jevons wirkte an der Gnmdlegung der Mikrookonomik mit und leistete wichtige Vorarbeiten zur neoklassischen TTieorie. Sein Hauptwerk, The Theory of Political Economy, erschien 1871. 2 Im nachfolgenden vierten Hauptkapitel werden die Auswirkungen von »Verletzungen« dieser Annahmen thematisiert, wie sie in der Realitat haufig zu finden sind.

3.1. Marktund Marktformen

353

Wird ein Gut dagegen beispielsweise in verschiedenen Varianten, Qualitaten oder Verpackungen angeboten, oder karni es fiir ganz unterschiedliche Zwecke verwendet werden, so wird von einem heterogenen Gut gesprochen. Was uberhaupt ein Gut ist und ob homogen oder heterogen, hangt allein von der subjektiven Einschatzung der NachJBrager ab. Homogenitat bedeutet daher auch: (ML 2) Die Praferenzen der Nachfrager und Anbieter sind nur auf die Giiter und deren Preise, nicht aber auf die Tauschpartner oder den Ort oder die Zeit des Tausches gerichtet. Es herrscht somit Abwesenheit sachfremder Praferenzen. Diese Bedingung ist verletzt, falls • zwischen den Marktteilnehmem personliche Vorlieben oder Abneigungen bestehen, ein Nachfrager beispielsweise das Gut nur deshalb bei einem bestimmten Anbieter erwerben mochte, weil dieser ihm besonders sympathisch ist. • die Marktteilnehmer raumliche Praferenzen haben, es ihnen etwa aufgrund unterschiedlicher Beschaflfiuigs- oder Belieferungsaufwendungen (Raumtiberwindungskosten) nicht egal ist, wo sie das Gut kaufen oder verkaufen. • es zeitliche Diskrepanzen bei der GiiterbeschaflRing oder -belieferung gibt (Zeituberbriickungskosten) oder die Plane der Marktteilnehmer von zeithchen Aspekten des Angebots oder der Nachfrage abhangen, wie es zum Beispiel bei Erwartungen hinsichtlich des zukiinftigen Preises des Gutes der Fall ist. Ein Markt, auf dem insbesondere keine raumlichen und keine zeitlichen Praferenzen bestehen, wird als Punktmarkt bezeichnet, da er sich gleichsam in einem Zeitpunkt und an einem Ort ohne raumliche Ausdehnung ereignet. Ein naherungsweises Beispiel sind Borsen, bei denen Anbieter und Nachfrager zu bestimmten Zeiten an einem Ort zusammenkommen. Erfiillt ein Markt die Homogenitatsbedingung (Ml) voUstandig, so wird von einem homogenen Markt gesprochen. Ist sie verletzt, so liegt ein heterogener Markt vor; dann wird ein diflferenziertes Gut in unterschiedlichen Varianten oder unter uneinheitUchen Bedingungen gehandelt. Die Nachfrager haben dann unterschiedhche Praferenzen hinsichtlich der einzelnen Angebote des Gutes. Das extremste Gegenteil eines homogenen Marktes ist der Basar. Auf ihm werden die einzelnen Einheiten auch sachlich gleichartiger Giiter zu unterschiedlichen, jeweils individuell ausgehandelten Preisen getauscht. Wegen ihrer mangehiden Regelmafiigkeit lassen sich solche Markte theoretisch kaum erfassen. Das Einzelne und Spontane entzieht sich grundsatzlich der theoretischen Erklarung.

Unter diesem Gesichtspunkt wird es erklarlich, warum die okonomische Theorie erst im 18. Jahrhundert entstand, und zwar im sich industrialisierenden Westeuropa.

354

Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

b) Eine zweite wesentliche Eigenschaft eines vollkommenen Marktes ist die folgende: (M2) Transparenz: Es herrscht voUstandige Markttransparenz; alle Anbieter und Nachfrager sind tiber die Marktbedingungen, insbesondere iiber die Guter und Preise, voUstandig informiert, haben also eine umfassende Marktiibersicht. Ist dies nicht der Fall, gibt es also Kenntnislticken oder falsche Informationen, dann liegt unvoUstandige Markttransparenz vor. Die Voraussetzung der Markttransparenz schlieBt nicht die allgemeine Kenntnis aller Angebots- und Nachfrageplane der Akteure ein, was eine sehr unrealistische Annahme ware. Es geniigt, wenn sich jeder Marktteilnehmer iiber seinen eigenen Wirtschaftsplan im klaren ist und die Preise der Guter kennt. Eine fur das Folgende wichtige Feststellung besagt: Auf einem homogenen Markt kann es bei voUstandiger Markttransparenz nur einen einheitlichen Preis fiir das dort gehandelte Gut geben; zu diesem Preis werden alle Umsatze getatigt. Dies ist das Gesetz des einheitlichen Preises (law of indifference), welches auf den zuvor schon zitierten Okonomen Jevons zuriickgeht imd deshalb auch als Jevons'sches Gesetz bezeichnet wird. Der Leser kann sich leicht vorstellen, was passieren wiirde, wenn auf einem homogenen Markt bei voUstandiger Markttransparenz ein Gut zu zwei unterschiedlichen Preisen angeboten wurde. Die durch das Jevons'sche Gesetz zum Ausdruck gebrachte Markteigenschaft erleichtert erheblich die vor uns liegende Marktuntersuchung. Es mu6 aber beachtet werden, daB nicht umgekehrt von einem einheithchen Preis auf die Homogenitat des Marktes oder auf voUstandige Markttransparenz geschlossen werden kann. Denn es kann heterogene Markte geben, auf denen unterschiedliche Giiter »zufallig« zu gleichen Preisen gehandelt werden. Die Voraussetzung voUstandiger Markttransparenz ist, wie schon angedeutet wurde, nicht sehr restriktiv. Auch bei unvoUstandiger Transparenz kommt es auf Markten nach einiger Zeit tendenziell zu einer Preisvereinheitlichung. Das jeweils gunstigste Angebot spricht sich herum und zieht Nachfrager von Anbietem mit iiberhohten Preisforderungen ab. Auf der anderen Seite wird es keinen Anbieter geben, der einen Preis akzeptiert, der fur ihn ein kostendeckendes Angebot nicht erlaubt. Wir woUen den ProzeB der Preisvereinheithchung als Jevonsmechanismus bezeichnen.

Ein System zmtraler Planung kann dagegm dme diese einzelwirtschaftlichm Datoi nicht ftrnkticmierm - iind funktioniert eben wegen der UnerfuUbarkeit einer solchen Voraussetzung nicht.

3.1. Markt und Marktformen

355

c) Die dritte Voraussetzung eines vollkommenen Marktes lautet: (M2) Freitausch: Zwischen den Anbietem und Nachfragem finden freie Tauschhandlungen (sog. Transaktionen) statt. Ein freier Marktaustausch ist insbesondere durch folgende Merkmale gekennzeichnet: (M3.1) Die Tauschhandlungen und ihre Vorbereitung (z.B. die Informationssuche) sind nicht mit Kosten verbunden {keine Transaktionskosteri). (M3.2) Der Staat greift nicht in das Marktgeschehen ein (Abwesenheit staatlicher Interventionen). Das heiBt, es gibt insbesondere keine Preisvorschriften, Steuem Oder InvestitionskontroUen. (M2.3) Der Zutritt zum Markt und der Austritt aus dem Markt stehen jedem Akteur frei (sog. offener Markt) und verursachen keine Kosten. Gleichwohl erfordem Markteintritte eine gewisse Zeit, sind also nicht augenbhcklich moglich. (MS. 4) Der Austausch zwischen Anbietem und Nachfragem Qrfol^freiwillig nach deren eigenen Interessen. Nachfrager sind an Praferenzmaximiemng und Anbieter an Gewinnmaximierung interessiert. Auf die Auswirkungen staatlich bedingter Verletzungen der Voraussetzungen (M3.2) und (M3.3) wird im spateren Kapitel 3.2.8. eingegangen. d) Als vierte und letzte grundlegende Eigenschaft eines vollkommenen Marktes wird vorausgesetzt: (M4) Unabhangigkeit: Die Marktteilnehmer entscheiden unabhangig voneinander; die einzelwirtschaftlichen Plane hangen nicht voneinander ab. Diese Bedingung ist verletzt, falls • Nachfrager sich bei ihrer Konsumplanung an dem Verhalten anderer Nachfrager orientieren (Bezugsgmppenefifekte; vgl. dazu Kapitel 1.6.). • Anbieter die Praferenzen der Nachfrager (z.B. durch Werbung) oder Nachfrager die Planungen der Anbieter (z.B. durch Initiativen) beeinflussen. • Anbieter bei ihrer Produktions-. oder Angebotsplanung die Aktivitaten anderer Anbieter berucksichtigen, sei es weil sie es mussen (z.B. Branchenefifekte; vgl. dazu Kapitel 2.6.), sei es weil sie das woUen (Absprachen zwischen den Anbietem ). Auch die direkten Reaktionen von Anbietem auf MaBnahmen einzehier anderer Untemehmen zahlen dazu.

Die damit verbundenen Probleme sind Gegenstand des spateren Kapitels 4.3.2.c).

356

Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

e) Einen Markt, auf dem die Voraussetzungen (Ml) bis (M4) erfiillt sind, bezeichnen wir als vollkommenen Markt. Auf ihm wird ein homogenes Gut bei vollstandiger Markttransparenz und Abwesenheit SachJfremder Praferenzen frei und von unabhangig entscheidenden Akteuren gehandelt. In der Realitat konimen die RohstoflBnarkte und Borsen diesem Idealtypus am nachsten. Ein Markt, auf dem mindestens eine der oben genannten Bedingungen nicht erfiillt ist, heiBt unvoUkommener Markt. Ursachen fur die Unvollkommenheit eines Marktes konnen nach dem Gesagten etwa sein: die Heterogenitat des gehandelten Gutes (z.B. die Existenz mehrerer Produktvarianten), mangelnde Markttransparenz (z.B. fehlende Preisiibersicht), sachfremde Praferenzen (z.B. Vorlieben fiir bestimmte Anbieter),fremdbeeinfluBtesVerhalten auf seiten der Nachfrager oder Anbieter, Staatseingrifife sowie Marktein- oder Marktaustrittshemmnisse. Jede dieser Verletzungen fiihrt zu spezifischen Veranderungen in der Funktionsweise des Marktes und beeinfluBt das Ergebnis der dort zustande kommenden Koordination.

3,1,2. Besetzungsverhaltnisse der Marktseiten Auf Heinrich von Stackelberg geht die "morphologische Klassifikation der Markte" zunick. Ausgangspunkt ist dabei die Anzahl der Anbieter und der Nachfrager sowie deren GroBe. Hinsichtlich der Anzahl der Akteure unterschiedet von Stackelberg auf beiden Marktseiten drei Klassen: viele, wenige, einer. Die GroBe der Akteure, gemessen an ihrem M^ktanteil, erfaBt er durch die Kategorien: klein, mittel, groB. Unterstellt man, daB alle Nachfrager in etwa den gleichen Anteil an der Gesamtnachfrage haben und daB die Anbieter untereinander annahemd gleich groB sind, darm existieren fiir jede der beiden Marktseiten lediglich drei relevante Kombinationen: "ein groBer Akteur", "wenige mittlere Akteure", "viele kleine Akteure". Die Gegentiberstellung in einer Tabellefiihrtzum morphologischen Marktformenschema nach von Stackelberg, das die neun moglichen Kombinationen samt ihren Bezeichnungen zeigt:

Der bedeutoide deutsdie Okonom Heinrich von Stackelberg (1905-1946) stellte die vcai ihm entvsdckelte morphologische Klassifikation der Markte 1934 in seinem Buch "Marktform und Gleichgewicht" vor und legte damit die Grundlage der Markttypenlehre. Auch der Kosten- und der Preistheorie gab er entscheidende Impulse; vgl. das spatere Kapitel 4.3.2.b).

357

3.1. Markt und Marktformen

Abbildung 31.1: Marktformenschema l^-^^v^Nachfrager

ein groBer

wenige mittlere

viele kleine

ein groBer

bilaterales Monopol

beschranktes Monopol

Monopol

wenige mittlere

beschranktes Monopson

bilaterales Oligopol

Oligopol

viele kleine

Monopson

Oligopson

Polypol

Anbieter ^^^-.^^

Neben den in der Tabelle genannten Marktformen, bei denen die Akteure auf jeder Marktseite untereinander in etwa gleich groB sind, gibt es noch solche, bei denen dies nicht der Fall ist. Die beiden wichtigsten sind: • Das Teilmonopol: ein groBer Anbieter und zusatzlich viele weitere kleine Anbieter (bei vielen Nachfragem). • Das Teiloligopol: einige groBe Anbieter und zusatzlich viele weitere kleine Anbieter (bei vielen Nachfragem).

3.1.3- Die wichtigsten Marktformen im Uberblick Jede der quantitativ definierten reinen Marktformen aus Abbildung 31.1 kann mit den im vorangegangenen Unterkapitel 3.1.1. genannten qualitativen Kriterien der Marktvollkommenheit kombiniert werden. Dadurch ergibt sich eine groBe Anzahl gemischter Marktformen. Wir werden uns im folgenden auf die Untersuchung der wichtigsten dieser Marktformen beschranken, und zwar auf das Monopol, das OKgopol und das Polypol, jeweils auf einem homogenen und auf einem heterogenen Markt. In jedem Fall wird von einer Vielzahl kleiner Nachfrager (sog. atomistische Nachfrage) ausgegangen. Der an den Besonderheiten der tibrigen Marktformen interessierte Leser wird auf die Spezialliteratur zur Preistheorie verwiesen. a) Im Monopol hat der eine Anbieter eines Gutes, der sogenannte Monopolist, keine Konkurrenten; sein Marktanteil fur das gehandelte Gut betragt Eins (bzw. hundert Prozent). Er kann den Gutspreis in Abhangigkeit von der erwarteten

358

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Absatzmenge festlegen, ist also in diesem Siime preisabiL Sein Verhalten wird auch als Preissetzerverhalten bezeichnet. Der Fall des Monopols auf dem voUkommenen Markt (sog. reines Monopol) wird in Kapitel 3.3. untersucht. Es wird dabei ein einheitlicher Preis fiir das Gut verlangt. Auf einem unvollkommenen Markt hat der Monopolist hingegen unter Umstanden die Moglichkeit zur Preisdiflferenzierung. Diese setzt eine unvollstandige Markttransparenz oder ein nichthomogenes Gut voraus. Die Heterogenitat kann auch durch den Anbieter selbst hervorgebracht worden sein, zum Beispiel durch Werbung oder unterschiedliche Aufinachungen des Produktes. Hierauf wird im spateren Kapitel 4.1.1. naher eingegangen. b) Im Oligopol konkurrieren einige wenige und in der Regel einander bekannte Anbieter (sog. Oligopolisten) um den Absatz. Jeder von ihnen hat einen erhebhchen Anteil am gesamten Marktangebot. Dies hat zur Folge, daB absatzpolitische MaBnahmen eines Anbieters die Angebotssituation der tibrigen Anbieter fiihlbar beeinflussen. Bei Versuchen eines Anbieters, seinen Marktanteil zu Lasten seiner Konkurrenten zu vergroBem, ist mit VergeltungsmaBnahmen der Konkurrenten zu rechnen. Die Oligopolisten stehen deshalb untereinander in einem engen direkten Reaktionsverbund und miissen bei ihren Angebotsentscheidungen auBer den Nachfragereaktionen auch die Reaktionen ihrer Konkurrenten beriicksichtigen; es findet strategisches Konkurrenzverhalten statt. Je nach der Homogenitat des Marktes werden homogene und heterogene Oligopole unterschieden. Beide werden im spateren Kapitel 4.3. thematisiert. Der Spezialfall des Ohgopols mit nur zwei Anbietem wird als Dyopol bezeichnet. c) Im Polypol bieten viele Anbieter (sog. Polypolisten) jeweils einen verschwindend geringen Teil des gesamten Marktangebotes an. Auf einem vollkoEomenen Markt haben sie deshalb keinen sptirbaren EinfluB auf den Marktpreis; sie sind preisinabil. Hir Verhalten nennt man deshalb auch Preisnehmerverhalten, da sie den vom Markt vorgegebenen Absatzpreis hinnehmen mtissen. Die Angebotspolitik der preisinabilen Polypolisten beschrankt sich auf die Festlegung der Angebotsmenge. Uber den Markt sind die Anbieter nur indirekt und auf anonyme Weise miteinander verbunden. Das Polypol auf einem voUkommenen Markt wird als voUkommene Konkurrenz bezeichnet und ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels 3.2.. Die in der Realitat haufig vorfindbare Situation eines Polypols auf einem imvollkommenen Markt hat die Bezeichnung als monopolistische Konkurrenz erhalten; sie ist Gegenstand des spateren Kapitels 4.2.

Das war der in Kapitel 2.3.1. fur die gesamte Angebotsliieorie des zweiten Hauptkapitels unterstellte Fall.

3.1. Markt und Marktformen

359

Die wichtigsten und hier im folgenden behandelten Marktformen zeigt die folgende Abbildung noch einmal im Uberblick. Abbildung 31.2: Ubersicht der wichtigsten Marktformen Polypol

Oligopol

Monopol

voUkommenes Polypol

voUkommenes Monopol

voUkommene Konkurrenz

reines Monopol

vollkommener Markt

unvollkommener Markt

unvollkommenes Polypol

homogenes Oligopol

unvollkommenes Monopol

monopolistische Konkurrenz

heterogenes Oligopol

Monopol mit Preisdiflferenzierung

d) In der mikrookonomischen Theorie der Preisbildung auf Markten steht das Polypol auf dem vollkommenen Markt seit jeher im Mittelpunkt. Diese Marktform heiBt - wie gesagt - voUkommene Konkurrenz (auch: vollstandige Konkurrenz). Sie dient als Referenz oder BeurteilungsmaBstab fiir alle iibrigen Marktformen. Denn sie weist eine Reihe wiinschenswerter Optimalitatseigenschaften auf und ist theoretisch vergleichsweise einfach zu handhaben. Nicht zuletzt hat sie aufgrund ihrer Erklarungskraft, ihrer Symmetrien sowie der Einheitlichkeit und Anwendungsbreite ihres Aussagensystems einen besonderen asthetischen Appeal. Bei vollkommener Konkurrenz handeln viele Anbieter und viele Nachfrager frei ein ihnen bekanntes homogenes Gut zu einem einheitlichen Preis, der sich unverfalscht durch das Zusammenspiel von Gesamtangebot und Gesamtnachfrage auf dem Markt bildet. Wegen der groBen Anbieter- und Nachfragerzahl hat jeder Marktteilnehmer nur einen sehr kleinen Anteil an der insgesamt umgesetzten Gtitermenge und kaim folglich keinen merklichen EinfluB auf die Marktvorgange nehmen. Insbesondere den Preis muB jeder Akteur als gegeben (man sagt: als

Der seit Ende der 70er Jahre in den USA entwickelte Contestable-Markets-Ansatz hat uns gezeigt, wie wichtig eine grofie Anzahl inkumbenter Anbieter ist. Denn es konnte nachgewiesen werden, daB ein vollkommaier Markt mit geringer Anbieterzahl nur dann zum gleichen Maiktergebnis wie die vollkommene Konkurr^iz fiihrt, wenn Voraussetzungen geltoi, die in der Realitat niemals erfiillt sind. Zur Begriindung einer grofien Anbid:eranzalil vgl. auch das spateren Kapitel 3.2.5.

360

Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

Datum) hiimehmen; nur die gewunschte Angebots- oder Nachfrage/we/ige kann er bestimmen. Die Untemehmen mtissen folglich ihre Produktions- und Angebotsplanung am geltenden Marktpreis ausrichten. Bei vollkommener Konkurrenz werden die preisinabilen Marktteilnehmer daher auch als Mengenanpasser bezeichnet. Sowohl Anbieter als auch Nachfrager streben unabhangig voneinander - aber in Konkurrenz untereinander - danach, ihren Vorteil zu maximieren, also nach dem hochstpraferierten Konsumgiiterbiindel (Nachfrager) beziehungsweise nach dem maximalen Gewinn (Anbieter). Es bestehen keinerlei Beschrankungen der freien Preisbildung oder des Marktzutritts, und die Transaktionen verursachen keine zusatzlichen Kosten. Diese ideale Situation wurde stillschweigend in den beiden vorangegangenen Hauptkapiteln unterstellt: Sowohl die Konsumenten im ersten als auch die Unternehmen im zweiten Hauptkapitel erstellten ihre Wirtschaftsplane auf der Grundlage gegebener Gtiterpreise. Die Untemehmen planten zudem bei gegebenen Faktorpreisen. Es wurden also bisher die okonomischen Entscheidungssituationen preisinabiler Wirtschaftsakteure untersucht. Als "vollkommen" wird die Marktform der vollkommenen Konkurrenz unter anderem deshalb bezeichnet, weil sie auf einem vollkommenen Markt im Sinne unserer Definition aus dem Kapitel 3J.L beruht. Ihre Vollkommenheit besteht auch darin, daB kein Marktteilnehmer (iber Marktmacht verfiigt, die er zu seinen Gunsten (und zum Nachteil anderer Marktteilnehmer) ausnutzen konnte. Zudem kommt, wie wir noch sehen werden, bei vollkommener Konkurrenz das beste aller moghchen Marktergebnisse zustande. Dies ist der Grund, warum diese Marktform, beziehungsweise das auf ihr basierende Marktmodell, als Referenz oder MaBstabfiirdie Ergebnisse anderer Marktformen dient. Die vollkommene Konkurrenz ist auBerdem das einfachste Marktmodell. Es oflfenbart sehr gut die prinzipielle Funktionsweise von Markten. Reale Markte weichen zwar mehr oder weniger vom Idealtypus ab. Das ist allerdings bei alien anderen Modellierungen ebenso, auch wenn sie spezieller, das heiBt weniger aUgemein als das vollkommene Konkurrenz-Modell sind. Manche Markte der Realitat werden sogar recht gut durch dieses Modell erklart, zum Beispiel Wertpapiermarkte, Devisenmarkte und Markte fiir standardisierte Waren. SchlieBlich reagieren, wie sich gezeigt hat, die Modellergebnisse nicht sensibel auf leichte Abweichungen von den Voraussetzungen (Ml) bis (M4). Insofem erweist sich die vollkommene Konkurrenz auch bei Anwendungen auf die Realitat als sehr robust.

Das wird in den folgenden Kapiteln 3.2.1. und 3.2.5. gezeigt.

3.1. Marktund Marktformen

361

3.1 •4, Analytische Marktformenunterscheidung Bei theoretischen Arbeiten wie auch bei praktischen Anwendimgen (z.B. im Rahmen von Marktuntersuchungen) stellt die genaue Abgrenzung der Marktform haufig ein Problem dar. Wo liegt beispielsweise die Grenze zwischen Oligopol und Polypol? In diesem Unterkapitel woUen wir zwei formal analytische Ansatze skizzieren, die dem Problem abhelfen soUen. a) Der amerikanische Okonom Robert Triffin (1940) entwickelte, in Weiterfuhrung fruherer Arbeiten, ein Konzept zur Marktformenunterscheidung auf der Grundlage von Kreuzpreiselastizitaten: Der sogenannte Triffin-Koeffizient 8(x'^:p*) miBt, welche relative Absatzmengenandemng eine einprozentige Preiserhohung (oder -senkung) durch einen Anbieter i bei seinem Konkurrenten k auslost. Er gibt also an, um wieviel Prozent sich die Absatzmenge des Konkurrenten k verandert, wenn der betrachtete Anbieter i seinen Absatzpreis p* um ein Prozent erhoht:

8(xk:pO :. f ^ op^

= ^ . 4 dpi

(31.1)

x^

p' Diese Elastizitat miBt die Konkurrenzbeziehung zwischen den beiden Anbietem i und k. Der Anbieter i besitzt nach TriflHns Definition eine Monopolstellung, falls 8 (x^: pi) =0, wenn er also seinen Preis festsetzen und andem kann, ohne durch Absatzverlagerungen bedingte Reaktionen von Konkurrenten fiirchten zu mussen. 1st es ihm dagegen unmoglich, seinen Preis nach eigenem Ermessen festzulegen, gilt also 8 (x^: p^) -> 00, dann liegt laut Triffin der Fall "homogener Konkurrenz" vor, was in etwa dem Polypol auf dem vollkommenen Markt entspricht. Jede noch so kleine Preissenkung des i beraubt k seines gesamten Absatzes. Von einem Ohgopol spricht Triffin, wenn 8(x^:pi) deuthch ungleich Null ist und die durch Preisanderungen des i hervorgerufene Nachfrage- beziehungsweise Absatzverlagerung auf sein Preissetzungsverhalten zuriickwirken, so daB auch 8(pi:x^)9^0. Durch diese OUgopoldefinition wird das Angebotsverhalten der Untemehmen bei der Charakterisierung eines ohgopohstischen Marktes mitberiicksichtigt. Auf die Probleme, die der Triffin-Koeffizient aufwirft, woUen wir hier nicht naher eingehen.

Vgl. Robert Triffin: Monopolistic Competition and General Equilibrium Theory; 1940 (7. Aufl. 1962); Cambridge/Mass. Kreuzpreiselastizitaten waren Gegenstand unseres Kapitels 1.5.3.e).

362

Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

b) Der deutsche Okonom Wilhelm Krelle (1961) hat diese neue Art der Marktformenunterscheidung zum Konzept der "Beweglichkeit der Nachfrage" verallge1

2

meinert. Der sogenamite Krelle-Koeffizient ist in seiner ursprunglichen Form wie folgt definiert: s(x^^^:pO

^ 5p^

^

^ V ^ 5pi xi

(312)

5x^ bezeichnet darin die Nachfrage- beziehungsweise Absatzmenge, die aufgrund einer Preisanderung 5p^ des Anbieters i von diesem zu dessen Konkurrenten k iibergeht (oder umgekehrt). p^ iind x^ sind der Preis und die Absatzmenge des Anbieters i vor der Preisanderung. Die Elastizitat s(x^'^ :p^) gibt demnach an wieviel Prozent seines Absatzes der Anbieter i aufgrund einer einprozentigen Preiserhohung an den Konkurrenten k verliert beziehungsweise bei einer entsprechenden Preissenkung von ihm abzieht. Ist die Nachfragebewegung so stark, daB sie vom Anbieter i wahrgenommen wird, so wird sie als fiihlbar bezeichnet. Mit Hilfe des Krelle-Koeflfizienten konnen die wichtigsten Marktformen wie folgt abgegrenzt werden: • Ein Polypol liegt vor, wenn Preisanderungen eines Anbieters nur fiir diesen, nicht aber fur andere Untemehmen fiihlbar beweglich sind. Preiserhohungen rufen bei i starke AbsatzeinbuBen hervor, ohne daB jedoch die Konkurrenten fuhlbare Absatzzuwachse wahmehmen, well sich das Absatzdiflferential auf viele Anbieter verteilt. • Ein Oligopol liegt vor, wenn die Nachfrage zwischen einem Anbieter und seinen Konkurrenten fur beide Seiten fiihlbar beweglich ist. Deshalb kommt es bei Preisanderungen zu Reaktionen der Konkurrenten, die jeder Anbieter bei seinen Marktaktivitaten (zusatzlich zu den Abnehmerreaktionen) beriicksichtigen muB. • Ein Monopol liegt vor, wenn die Nachfrage zwischen dem Monopolisten und alien iibrigen Untemehmen nicht fuhlbar beweglich ist. Kein anderer Anbieter kann durch angebotspolitische MaBnahmen einen merklichen Teil des Absatzes von dem Monopolisten zu sich ziehen.

2

Vgl. Wilhelm Krelle: Preistheorie; 1961 (2. Aufl. 1976), Tubingen. In der zweiten Auflage seines Buches liefert Krelle eine etwas andere Definition (vgl. ebd. S. 8).

3.1. Markt und Marktformen

363

c) Im folgenden Kapitel 3.2. ist zimachst herzuleiten, wie bei vollkommener Konkurrenz der Preis, an dem sich alle Marktteilnehmer zu orientieren haben, zustande kommt. Dabei wird zugleich deutlich werden, wie auf einem Markt das Angebot und die Nachfrage eines Gutes aufeinander abgestimmt, also koordiniert werden. Ausgegangen wird dabei von einem bestehenden, »reifen« Markt. ^ Bei dem gehandelten Gut (Ware oder Dienstleistung) kann es sich um ein Konsumoder um ein Investitionsgut handeln; auch Geld- und Faktormarkte konnen gmndsatzlich auf die beschriebene Weise erklart werden. Die folgende Abbildung 31.3 verdeutlicht noch einmal unser Vorhaben (vgl. auch Abbildung 0.2): Abbildung 31.3: Der Markt zwischen Angebot und Nachfrage

Angebot

Nachfrage 1

H Preisbildung

Im friihen Entwicklungsstadium eines Marktes gelten u.U. andere als die hier genaimten Bedingungen; vgl. dazu im einzelnen W. Kortmann: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb; Frankfurt/M., 1995.

364

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konliurrenz

In diesem Kapitel gehen wir von einem vollkommenen Markt aus, auf dem ein bestimmtes Gut gehandelt wird (den Gutsindex j lassen wir der Einfachheit halber weg). Die im vorigen Kapitel 3.1. genannten Bedingungen (Ml) bis (M4) seien erfiillt. Auf beiden Seiten des Marktes gebe es eine groBe Anzahl von Akteuren (Polypol), von denen keiner einen EinfluB auf die Marktbedingungen hat, insbesdndere nicht auf den Marktpreis. Es ist im folgenden zu zeigen, welche Marktergebnisse sich unter diesen Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz ergeben.

3,2.1. Kurzfristiges Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage a) Das Resultat des ersten Hauptkapitels war die Marktnachfragefiinktion x^(p), entsprechend ergab sich im zweiten Hauptkapitel die Marktangebotsfunktion x'^(p). Im folgenden nennen wir sie nur noch kurz Nachfragefunktion und Angebotsfunktion fur das betrachtete Gut. Bei ihrer graphischen Darstellung, der Angebotskurve und der Nachfragekurve, wird jeweils der Preis als unabhangige Variable betrachtet. Beide Kurven konnen zusammen in einem Diagramm dargestellt werden, dem sogenannten Marktdiagramm oder Preis/Mengen-Diagramm nach Marshall (siehe Abbildung 32.1). Dadurch wird es moghch, verschiedene Marktsituationen mikrookonomisch zu untersuchen.

Zu Alfred Marshall, auf den diese Darstellung zuriickgeht, vgl. die Hinweise in den Kapiteln O.c) und 1.5.4.. Marshall hat jedoch die Menge x als unabhangige Variable angesehen.

3.2.Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

365

Abbildung 32.1: Angebot und Nachfrage im Marktdiagramm

p . X^(P) p'-

1 , p".

—-f"

^ v ^ > ^

^' 1 1

1—1

AP')

1

X*(P")

' 1 1

\

^ -

x^(p)

1

Av") x*(p')

b) Bei der in Abbildung 32.1 dargestellten Angebots/Nachfrage-Konstellation ist bei dem vergleichsweise hohen Preis p' die angebotene Menge x^(p') des Gutes groBer als die nachgefragte Menge x^(p'); es liegt ein Angebotsiiberhang in Hohe von

u>') := x^(p') - x V )

(32.1)

vor. Der Leser vermerke dies uber der beim Preisniveau p' gestrichelten Linie zwischen der Nachfrage- und der Angebotskurve. Offenbar liegt oberhalb des Schnittpunktes der beiden Marktkurven stets ein Angebotsiiberhang vor. Was passiert, wenn es auf einem Markt - wodurch auch immer - zu einer solchen Situation konunt?: Bei einem Angebotsiiberhang, also ii^(p) > 0, konnen die Anbieter zum herrschenden Marktpreis nicht die Menge voU absetzen, die sie bei diesem Preis abzusetzen bereit sind beziehungsweise entsprechend ihrer Angebotskurve abzusetzen geplant haben. Die Produktionsmenge droht die Absatzmenge zu iibersteigen und unerwiinschte, kostspielige Halden entstehen zu lassen. Um nicht auf einem Uberhang »sitzen« zu bleiben, gewahren jene

366

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Anbieter, die eine vergleichsweise niedrige Preisuntergrenze haben, ihren Kiinden Preisnachlasse. Dadurch erhoffen sie sich einen Abbau ihrer einzelwirtschaftlichen Uberhange. Die Nachfrager werden diese Preissenkungen im eigenen Interesse geme ausnutzen und bevorzugt bei den preisunterbietenden Anbietem kaufen. Dies zwingt jedoch die iibrigen Anbieter zum Nachziehen, da sonst deren Angebotsuberhange weiter zunehmen wtirden. Auch sie senken somit - in Reaktion auf den PreissenkungsvorstoB der Konkurrenten - ihre Preisforderungen. So kommt es aufgrund der Konkurrenz unter den Anbietem zu einem ProzeB der gegenseitigeii Preisunterbietung, in dessen Folge das Preisniveau auf dem Markt sinkt. (Der Leser mache dies in Abbildung 32.1 durch einen nach unten gerichteten Pfeil zwischen den oberen Asten der Nachfrage- und der Angebotskurve deutlich.) Der sinkende Marktpreis fiihrt in der Folge zu einem • Ruckgang der insgesamt angebotenen Menge, weil sich bei alien Anbietem bei sinkendem Absatzpreis die gewinnmaximierenden Ausbringungs- und Angebotsmengen reduzieren und Grenzanbieter ihr Angebot einstellen. • Anstiegder nachgefragten Menge, weil die Nachfrager bei normaler Reaktion von dem billiger werdenden Gut mehr erwerben woUen. Es mag auch Nachfrager geben, die zu dem niedrigeren Preis nun erst das Gut zu kaufen beginnen. Durch den gleichzeitigen Rtickgang der angebotenen und den Anstieg der nachgefragten Menge des Gutes schrumpft der urspninghche Angebotsiiberhang (in Abbildung 32.1 veranschaulicht durch die dtxnnen horizontalen Linien oberhalb des Kurvenschnittpunktes). Diese Verringerung von ii'^(p) setzt sich solange fort, bis kein preissenkender Angebotsiiberhang mehr besteht. Durch den beschriebenen ProzeB hat sich der Uberhang gleichsam selbst zum verschwinden gebracht. Sobald es zu einem neuen Angebotsiiberhang kommt, setzt der ProzeB aufs neue ein. Fazit: Beijedem Angebotsiiberhang fiihrt die Preisunterbietungskonkurrenz der Anbieter tendenziell zu einem sinkenden Preis.

DaB es gerade flir Anbieter dieser Gruppe vorteilhaft ist ihre Preisforderungen zu senken wird gezeigt in W. Kortmann: Optimale Reaktion auf Absatzrationierungen bei vollkommener Konkurrenz; IWISStatement Nr. 98049, Dortmund 1998. 2

Falls sich im Laufe des Prozesses bei den Anbietem \JbQxsch\jSSbestdnde aufgebaut haben (Lagerbestande,an nicht abgesetzten Fertigprodukten), dann wird der Marktpreis voriibergehend so tief sinken bis die UberschuBbestande abgebaut worden sind.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

367

c) Liegt hingegen bei der in Abbildimg 32.1 dargestellten Angebots/NachfrageKonstellation der vergleichsweise niedrige Preis p" vor, so ist die nachgefragte Menge x^(p") groBer als die angebotene Menge x^(p"); es liegt daiin ein Nachfrageiiberhang in Hohe von u^(p") := x^(p") - x^(p")

(32.2)

vor. Der Leser vermerke dies unter der beim Preisniveau p" gestrichelten Linie zwischen der Nachfrage- und der Angebotskurve. Unterhalb des Schnittpunktes der beiden Marktkurven liegt stets ein Nachfrageiiberhang vor. Was passiert, wenn auf einem Markt - wodurch auch immer- eine solche Situation eintritt?: Bei einem Nachfrageiiberhang, also ii^(p) > 0, konnen die Nachfrager zum herrschenden Marktpreis p nicht die gesatnte Menge erwerben, die sie entsprechend ihrer Nachfragekurve geme erwerben wiirden beziehungsweise zu erwerben geplant haben. Um doch in den Genufi des Gutes zu kommen, bieten jene Nachfrager, deren maximale Zahlungsbereitschaft fur das Gut iiber dem herrschenden Preis liegt, den Anbietem Preiszuschlage, um vorzugsweise bedient zu werden. Die Anbieter werden diese Preiserhohungsspielraume im eigenen Interesse geme ausnutzen und die preisiiberbietenden Nachfrager bevorzugt mit dem Gut versorgen. Dies zwingt die iibrigen Nachfrager zum Nachziehen, da sich sonst ihre Aussichten, das Gut zu erhalten, noch weiter verschlechtem wiirden. Auch sie machen also - in Reaktion auf den PreisiiberbietungsvorstoB ihrer Nachfragekonkurrenten - Preiszugestandnisse. So kommt es aufgrund der Konkurrenz unter den Nachfragem zu einem ProzeB der gegenseitigen Preisiiberbietung, in dessen Folge das Preisniveau auf dem Markt steigt. (Der Leser mache dies in Abbildung 32.1 durch einen nach oben gerichteten Pfeil zwischen den unteren Asten der Angebots- und der Nachfragekurve deutlich.) In Reinform kommt der PreisiiberbietungsprozeB von Nachfragem bei Auktionen zum Ausdmck. Der steigende Marktpreis fiihrt in der Folge zu einem • Anstieg der insgesamt angebotenen Menge, weil bei alien Anbietem wegen des steigenden Marktpreises die gewinnmaximierenden Ausbringungs- und Angebotsmengen groBer werden. • Ruckgang der nachgefragten Menge, denn die Nachfrager fragen bei normaler Reaktion von dem teurer werdenden Gut weniger nach. Zugleich werden sich

Fiir diese Nachfragergmppe ist ein bestimmtes PreisdifFerential realitiv kleiner als fur die iibrigen Nachfrager.

368

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Grenznachfrager, denen das Gut nun zu teuer geworden ist, nach Altemativen umsehen und auf dem Markt keine Nachfrage mehr entfalten. Durch den gleichzeitigen Anstieg der angebotenen und den Rtickgang der nachgefragten Menge schrumpft der urspriingliche Nachfragetiberhang (dargestellt durch die diinnen horizontalen Linien unterhalb des Kurvenschnittpunktes in Abbildung 32.1). Diese Verringerung von u^(p) setzt sich solange fort, bis kein preissteigemder Nachfrageiiberhang mehr besteht. Der Uberhang hat sich dann durch den geschilderten ProzeB selbst zum verschwinden gebracht. Sobald ein neuer Nachfragetiberhang zustande kommt, setzt der ProzeB emeut ein. Fazit: Bei einem Nachfrageiiberhang fiihrt die PreisUberbietungskonkurrenz der Nachfrager tendenziell zu einem Anstieg des Preises. d) Damit ist gezeigt worden: Bei vollkommener Konkurrenz konnen weder Angebotsixberhange noch Nachfrageiiberhange auf Dauer bestehen. Denn es werden dann sofort - quasi automatisch - konkurrenzgetriebene kurzfristige Anpassungsprozesse bei den Marktteihiehmem ausgelost, die jeden Uberhang alsbald zum Verschwinden bringen. Diese sehr wichtige kurzfristige Regulationsftmktion von polypohstisch strukturierten voUkommenen Markten wird als Preismechanismus bezeichnet.^ Die zentrale RoUe, welche dabei die Konkurrenz zwischen den Marktteihiehmem spielt, ist der Grund fiir die Bezeichnung der Marktform als "vollkommene Konkurrenz". Aus dem Gesagten folgt, da6 ein Marktzustand ohne wirksame Preisunter- oder -tiberbietungskonkurrenz und damit ohne immanenten Preisanpassungsdruck nur bei Abwesenheit von Angebots- und Nachfragetiberhangen, also im Schnittpunkt der beiden Marktkurven vorhegen kann. Dieser Zustand wird als kurzfristiges Marktgleichgewicht bezeichnet. Im Marktgleichgewicht - und nur dort - stimmen bei einem Preis, dem Gleichgewichtspreis p*, die insgesamt nachgefragte Menge x^(p*) und die angebotene Menge x^(p*) des Gutes iiberein, man sagt: es hegt Marktraumung vor. Angebot und Nachfrage halten sich gleichsam die Waage; die Angebots- und Nachfrageplane der Marktteilnehmer sind restlos aufeinander abgestimmt (koordiniert). Der durch den Preismechanismus hervorgebrachte kurzfristige

Der Mechanismus-Begriff ist von der Wirtschaftstheorie zwar der physikalischen Mechanik entlehnt worden, darf hier aber nicht »mechanistisch« interpretiert werden, sondem ist im Sinne eines spezifischen dynamischen Vorgangs zwischen zwei oder mehreren eng zusammenhangenden Grofien zu verstehen.

3.2. Angebot, NachfrageundPreisbildungbei voUkommenerKonkurrenz

369

Anpassungsdruck ist dann verschwunden, Angebots- und Nachfrageuberhang sind null, der Markt befindet sich in einer Ruhelage. Die Summe aller beim Gleichgewichtspreis angebotenen, zugleich nachgefragten und umgesetzten Gutseinheiten wird als Gleichgewichtsmenge x* bezeichnet. Das Marktgleichgewicht ist somit durch (p*,x*) bestimmt. (Der Leser zeichne den Gleichgewichtspreis p* und die Gleichgewichtsmenge x* in die Abbildung 32.1. ein.) Allgemein liegt ein Marktgleichgewicht Uberall dort, das heiBt bei den Preis/Mengen-Kombinationen, wo sich Angebotskurve und Nachfragekurve treflfen. DaB der Gleichgewichtspreis in der kurzen Frist, wie soeben gezeigt wurde, durch die Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage zustande kommt, wird auch als das Prinzip von Angebot und Nachfrage bezeichnet. Diese grundlegende Idee der Preisbildung geht ebenfalls auf den schon mehrfach erwahnten englischen OkonomQn Alfred Marshall zMTixck.^ Die Bedingung fur ein kurzfristiges Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz, kurz: Marktgleichgewichtsbedingung, lautet formal: x^(p*) = x V )

[-X]

(32.3)

Im Gleichgewicht stimmt die angebotene mit der nachgefragten Gutsmenge iiberein und entspricht der Marktgleichgewichtsmenge x*. Die Bedingung (32.3) beschreibt, wenn man sie graphisch interpretiert, den Schnittpunkt der Marktangebotskurve mit der Marktnachfragekurve. Mit dem zuvor definierten Nachfragetiberhang ti^ oder dem Angebotsilberhang ix^ kann die Marktgleichgewichtsbedingung auch in der Form i i V ) = 0 Oder i i V ) = 0

(32.4)

geschrieben werden. Bei jedem Marktpreis p, der nicht dem Gleichgewichtspreis p* entspricht, befindet sich der Markt in einer Situation eines Ungleichgewichtes. Angebotene und nachgefragte Menge sind daim nicht gleich. Wegen der mangelnden Marktraumung sind dann die Krafte des Preismechanismus wirksam, die unter normalen Bedingungen auf einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage

2

Sie wurde erstmals 1890 in seinen "Principles of Economics" veroffentJicht und stellt, was man sich heute kaum noch vorzustellen vermag, eine der groCten wissenschaftlichen Leistungen in der Geschichte der neoklassischen Mikrookonomik dar; ja sie kann vielleicht sogar als deren historischer Ausgangspunkt betrachtet werden. Es kann auch mehrere Schnittpunkte geben; die Gleichung (32.3) hat dann mehrere Losungen.

370

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

drangen. Die GroBe des Angebots- oder Nachfrageiiberhangs gibt gleichsam die Starke des Preisanpassungsdrucks an. AuBer durch auBere Einfliisse (z.B. staatliche Preisvorschriften^) kann ein ungleichgewichtiger Preis auf einem Markt nur auftreten, weil die Preisanpassung regelmaBig Zeit erfordert.^ Die Marktseite, deren Akteure beim ungleichgewichtigen Marktpreis ihre Plane vol! realisieren konnen, wird kurze Marktseite genannt; die andere, die einen Uberhang hinzunehmen hat, heiBt lange Marktseite. AuBerhalb des Marktgleichgewichtes konnen die Marktteilnehmer auf der langen Marktseite ihre Plane nicht voUstandig realisieren; man sagt: sie werden rationiert. Der Leser (iberlege anhand der Ausfuhrungen in den obigen Abschnitten b) und c) dieses Unterkapitels, welche Marktseite jeweils kurz und welche lang ist. e) Die auf dem Markt umgesetzte Menge des Gutes, die sogenannte Transaktionsmenge x^ (auch: mengenmaSiges Marktvolumen genannt), ist bei jeder denkbaren Hohe des Preises p gleich dem Minimum von angebotener und nachgefragter Menge. Man sagt: "Die ktirzere Marktseite bestimmt die tatsachlich umgesetzte Menge", oder: "Die kurzere Marktseite rationiert die langere". Fur jedes behebige Niveau des Preises p gilt: x%) = min { x » , x^(p) }

(32.5)

In der Abbildung 32.2 entspricht beispielsweise beim Preis p' die tatsachlich umgesetzte Menge der nachgefragten Menge x^(p'), denn das dariiber hinausgehende Angebot konnen die Anbieter gemaB der Voraussetzung (M3.4) den Nachfragem nicht aufzwingen. Beim Preis p" bestimmt hingegen die Angebotsmenge x^(p") die Transaktionsmenge, weil natiirlich auch die Nachfrager die Anbieter nicht zu einem groBeren Angebot zwingen konnen. (Der Leser kann in Abbildung 32.2 die bei p" angebotene und nachgefragte Menge sowie die Transaktionsmengen bei p' und p" erganzen.) Oberhalb von p* ist x^ = x^, unterhalb von p* ist x^ = x^. Die dick gezeichneten, »links« vom Gleichgewicht (p*,x*) liegenden Aste der beiden Marktkurven geben die bei alien moglichen Niveaus des Preises sich ergebenen Transaktionsmengen x^ an, die sogenannten Transaktionspunkte (p, x^(p)). Nur diese sind tatsachlich auf dem Markt reahsierbar.

Das ist Gegenstand des spateren Kapitels 3.2.7. 2

Der Handel zu ungleichgewichtigen Preisen wird in der Ungleichgewichtstheorie als false trading bezeichnet; er kann zu nachteiligen EfFekten auf makrookonomischer Ebene fuhren.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

371

Abbildung 32.2: Angebot, Nachfrage und Transaktionsmenge P ,X^(P)

Es ist zu erkennen, daB im Marktgleichgewicht die maximale Transaktionsmenge x^ = x^(p*) erreicht wird; sie entspricht der Gleichgewichtsmenge x*. (Der Leser schreibe dies in der Abbildung dazu.) Dies ist eine vorteilhafte Eigenschaft eines Marktgleichgewichts bei vollkommener Konkurrenz: es fuhrt zu dem hochstmoglichen Giiterumschlag, der unter den Bedingungen eines freien Austausches moglich ist. Damit wird das okonomische Hauptziel der Knappheitsminderung bestmoglich erreicht. max {x^(p)}

X

=

(32.6)

Bemerkenswert ist, daB dieser Zustand optimaler Gtiterversorgung vermittels des Preismechanismus gleichsam von selbst zustande kommt, ohne daB es auBerer Steuerungen oder Eingriffe bedarf. Bei jedem nicht gleichgewichtigen Marktpreis (p ^ p*) ist die Transaktionsmenge geringer als im Gleichgewicht. Dann kommt es nur zu einer Gleichheit der tatsachlich umgesetzten Angebots- und Nachfragemengen, aber nicht zur Marktraumung im Sinne eines Ausgleichs der geplanten Mengen. Das Ergebnis zeigt, daB durch staathche Markteingriflfe die Gtiterversorgung imter sonst gleichen Bedingungen nicht verbessert werden kann.

372

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Das Beste was der Staat tun kann ist, den Gleichgewichtspreis vorzuschreiben. Dieser kommt aber auch ohne den Staat zustande. f) Als Marktumsatz U definieren wir das mathematische Produkt aus Marktpreis und Transaktionsmenge: U(p) := P-X^CP)

(32.7)

Aus der Sicht der Anbieter ist der Marktumsatz gleich der Suninie aller Erlose, die sie durch den Absatz des Gutes bei einem bestinunten Preis p realisieren konnen. Aus Nachfragersicht entspricht er der Summe der Ausgaben aller Haushalte fiir dieses Gut beim Preis p. Der Marktumsatz wird auch als wertmaBiges Marktvolumen bezeichnet. Graphisch entspricht U der Rechteckflache, die unterhalb eines Punktes der Transaktionskurve x^(p) Kegt; siehe Abbildung 32.2: Als Beispiel betrachte der Leser den Transaktionspunkt (p', x^(p')). Hier ist die Gleichung (32.5) erfiillt, und es ist: x^(p') = x^(p'). Das von diesem Punkt, den beiden Achsenschnittpunkten p' und x^(p') sowie dem Koordinatenursprung aufgespannte Rechteck moge nun vom Leser schrafBert werden. Die Rechteckflache ("Hohe und Breite") entspricht dem Marktumsatz beim Preisniveau p', also: U(p') = p'- x^(p'). Im Marktgleichgewicht (p*, x*) ergibt sich der Marktumsatz U* - p V

(32.8)

Das ist der Gesamtwert aller im Marktgleichgewicht umgesetzter Mengeneinheiten des Gutes. Es stellt sich nun die Frage, ob im Marktgleichgewicht auch der maximale Marktumsatz U erreicht wird. Das ist aus der Abbildung 32.2 nicht unmittelbar zu erkennen. Klar ist, da6 bei Preisen unterhalb des Gleichgewichtspreises kein Marktumsatzmaximum hegen kann, weil dort bei einer Preiserhohung zugleich die Transaktionsmenge zunimmt und somit der wertmaBige Marktumsatz px^ auf jeden Fall steigt. Oberhalb des Marktgleichgewichts nimmt dagegen die Transaktionsmenge mit steigendem Preis ab. Es kommt dann darauf an, ob die Transaktionsmenge prozentual starker oder weniger stark sinkt als der Preis prozentual gestiegen ist. JErhoht sich beispielsweise in Gleichung (32.7) der Preis um 10 Prozent, so ist p mit 1,1 zu multiplizieren. Sinkt daraufhin die Transaktionsmenge um 5 Prozent, so ist x^ mit 0,95 zu multiplizieren. Das mathematische Produkt beider relativer Anderungen ist dann 1,1 0,95 = 1,045. Somit nimmt der Marktumsatz in diesem Fall zu, namlich um 4,5 Prozent. Ware

Mehr dazu im spateren Kapitel 3.2.8.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

373

der Transaktionsmengennickgang dagegen starker ausgefallen, sagen wir 15 Prozent, so hatte sich der neue Marktumsatz durch den Faktor 1,10,85 = 0,935 ergeben, ware also um 6,5 Prozent zuriickgegangen. Das Beispiel zeigt, da6 oberhalb von p* der Marktumsatz dann hoher als im Marktgleichgewicht ist, falls in (p*,x*) eine kleine prozentuale Preiserhohung zu einem im Vergleich dazu geringeren prozentualen Riickgang der Transaktionsmenge fiihrt, weim also die Preiselastizitat der Nachfrage im Marktgleichgewicht zwischen minus Eins und Null liegt. Daim wird das Marktumsatzmaximum U bei dem Preis p (> p*) erreicht, bei dem die Marktnachfragekurve eine Preiselastizitat von minus Eins hat. Liegt das Marktgleichgewicht dagegen im preiselastischen Bereich der Nachfragekurve, also bei s(x^ :p) < - 1, darm ergibt sich bei p* auch der maximal mogliche Marktumsatz. Dies zeigt, daB im Marktgleichgewicht nicht zwingend der hochstmogliche wertmaBige Marktumsatz zustande kommt, deim dort kann die Preiselastizitat der Nachfrage allenfalls zufalhg gleich minus Eins sein. Empirikum32.1: Eine in der Realitat vorzufindende Art von Markten, die den Bedingungen der vollkommenen Konkurrenz sehr nahe kommt, sind die Borsen. In diesem Empirikum wird deshalb die Preisbildung am Beispiel einer Aktienborse, auf der Eigentumsanteile an bestimmten Unternehmen (Aktiengesellschaften) gehandelt werden, veranschaulicht. Die Funktion des Preismechanismus wird hierbei von amtlichen Borsenmaklern iibernommen. Deren Aufgabe ist es, fur jede Aktie einen das Angebot und die Nachfrage ausgleichenden, also marktraumenden, Gleichgewichtspreis (Aktienkurs) zu ermitteln. Zu diesem Aktienkurs, der auch als Einheits- Oder Kassakurs bezeichnet wird, werden dann die tatsachlichen Transaktionen getatigt. Jeder Borsenmakler bekommt zu Beginn der taglichen Borsensitzung von den Kauf- und den Verkaufsinteressenten der Aktie eines bestimmten Unternehmens Kauf- und Verkaufsauftrage mitgeteilt. Diese sammelt er zunachst in einem sogenannten Skontrobuch. Solche Auftrage (Orders) erfolgen in der Regel limitiert: Bei einem limitierten Kaufauftrag erklart sich ein Nachfrager bereit, eine bestimmte Stuckzahl von der betrachteten Aktie zu kaufen, falls der Kurs nicht hOher als das von ihm vorgegebene Limit Ist. Analog dazu erklart sich bei einem limitierten Verkaufsauftrag ein Anbieter bereit, eine bestimmte Stuckzahl von der Aktie zu verkaufen, falls der Kurs nicht unter dem von ihm

In Abbildung 32.2 ist das ungear in der Mitte zwischen dem Marktgleichgewicht und dem Punkt (p',x^(p')) der Fall.

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

374

vorgegebenen Limit liegt. Unlimitierte Auftrage werden dagegen auf jeden Fall, und zwar zum festgestellten Aktienkurs ausgefiihrt. Der Borsenmakler hat nach § 29.3 des deutschen Borsengesetzes die Aufgabe, festzustellen, bei welchem Kurs Angebot und Nachfrage am besten ausgeglichen sind. Dazu muR er zunachst die moglichen Transaktionsmengen ermittein, die sich bei verschieden Kursniveaus ergeben wurden. Nehmen wir an, fur die Aktie der XYZ Aktiengesellschaft laufen bei dem Borsenmakler wahrend einer Borsensitzung die in den Spalten "Kaufwunsche" und "Verkaufswunsche" der folgenden Tabelle und schon nach der Kurshohe geordnet dargestellten Auftrage ein {GE steht fur "Geldeinheiten"): mogliche Angebot kumuliert Verkaufswunsche kumuliert Transaktionsmenge

N a c h f r age

moglicher

Kurs

Kaufwunsche

[GE/St]

[St] 0

[St] 160

[St] 0

[St] 0

[St] 0

[GE]

235

0

160

0

0

0

0

240

20

160 •

0

0

0

0

245

0

140

30

30

30

7.350

Marktumsatz 0

250

0

140

0

30

30

7.500

255

30

140

20

50

50

12.750

260

10

110

40

90

90

23.400

265

40

100

10

100

100

26.500

270

0

60

10

110

60

16.200

275

40

60

10

120

60

16.500

280

20

20

30

150

20

5.600

285

0

0

.0

150

0

0

0

0

0

150

0

0

Bei den dargestellten Orders betragt der vom Borsenmakler amtlich festgestellte Aktienkurs p = 265 GE/St Denn dieser Gleichgewichtskurs bringt das Angebot und die Nachfrage auf dem Markt dieser Aktie zum Ausgleich (Marktraumung). Es wird dann die maximale Transaktionsmenge x^ = 100 realisiert und der dabei (hier auch maximale) Marktumsatz U* = 26.500 GE. Alle Nachfrager, die mindestens 265 GE pro Aktie zu zahlen bereit sind, kommen zum Zuge; ebenso alle Anbieter, die nicht mehr als 265 GE pro Aktie erhalten wollen. Das folgende Marktdiagramm zeigt die graphische Darstellung der obigen Tabellenwerte. Wegen der nicht beliebig feinen Kursabstufung haben die beiden Marktkurven einen treppenformigen Verlauf.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

Kurs [GE]

375

285 280-1

275-1 270 265 260 4

255-1 250 245 240 N 0

20

40

60

80

100

120

140

160

Menge[1000St]

Das folgende Beispiel zeigt, wie Marktgleichgewichte auf formalen Wege ermittelt werden konnen: Beispiel 32.1: Ermittlung des Marktgleichgewichts bei gegebener Angebots- und Nachfragefunktion. a) Gegeben seien^ • die Angebotsfimktion:

x^(p) = ap^^^ - b

(1)

• die Nachfragefiinktion:

x^(p) = m-np^^^

(2)

Die Achsenschnittpunkte der beiden Kurven ergeben sich wie folgt: A: 0 = a-p"^-b

o

p^ =

N: 0 = m - n - p " ' 0 ; pX^ 8(x^:p*)

(32.24)

Ein Marktgleichgewicht ist demnach Wahas-stabil, falls dort die Preiselastizitat des Angebots numerisch groBer ist als die Preiselastizitat der Nachfrage. Bei normalen Kurvenverlaufen ist erstere positiv (Gesetz des Angebots) und letztere negativ (Gesetz der Nachfrage), so daB die Bedingung (32.24) dann auf jeden Fall erfuUt ist. Das ist beispielsweise bei der in Aufgabe 32.1 untersuchten Angebots/Nachfrage-Konstellation der Fall, wovon sich der Leser durch Anwendung der Bedingung (32.23) iiberzeugen moge (vgl. auch die Existenzbedingungen in (32.21)). Neben der soeben erlauterten Walras-Stabilitat gibt es noch ein zweites, speziell auf Einzelmarkte bezogenes Stabilitatskonzept, das auf den schon mehrfach zitierten Okonom Alfred Marshall zuriickgeht und deshalb als MarshallStabilitat bezeichnet wird. Hierbei wird nicht von einem PreisanpassungsprozeB

Es ist zu beachten, dafi diese Ableitungen Steigungen der Marktkurven in Bezug auf die p-Achse messen. 2 Nach demfranzosich-schweizerischenOkonom&n Marie Esprit Leon Walras (1834-1910), der sich vor allem mit der formalen Analyse des Gleichgewichts des Systems aller Markte befafite (sog. totales Gleichgewicht). Eigentlich bezieht sich deshalb das nach ihm benannte Stabilitatskonzept nicht auf Einzelmarkte.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

401

ausgegangen, sondem von einer Anpassung der Mengen: Sind die Nachfrager bei einer bestimmten Transaktionsmenge bereit, einen hoheren Preis fur zusatzliche Mengeneinheiten des Gutes zu zahlen als die Anbieter auf der Grundlage ihrer Kostenstrukturen dafiir fordem, so werden letztere ihre Angebotsmenge erhohen. 1st dagegen der von den Anbietem geforderte Preis (dieser entspricht den Grenzkosten) bei einer bestimmten Transaktionsmenge hoher als der von den Nachfragem akzeptierte, so senken erstere ihre Angebotsmenge (Mengenmechanismus). Marshall betrachtet also -graphisch argumentiert - den vertikalen Abstand zwischen den Marktkurven und nicht, wie Walras, den horizontalen (Angebots- oder Nachfrageiiberhang). Beide Stabilitatskonzepte sind aus bestimmten Perspektiven heraus plausibel, jedoch stimmen sie in ihren Aussagen nicht ganz tiberein: Ein Walras-stabiles Gleichgewicht mu6 nicht zugleich Marshall-stabil sein und umgekehrt (siehe dazu die folgende Abbildung 32.11). Im linken Diagramm sind mehrere moghche Nachfragekurvenverlaufe in Kombination mit einer bestimmten, normal verlaufenden Angebotskurve A dargestellt. Der Leser mache sich anhand der vorangegangenen Ausfuhnmgen klar, daB (p*,x*) in den Fallen 1 und 2 ein Wakasstabiles und im Fall 3 ein Wakas-instabiles Marktgleichgewicht ist. Der Leser zeichne dazu horizontale Linien zwischen jede der Nachfragekurven und der Angebotskurve ein und untersuche, ob es sich dabei um einen Angebots- oder Nachfrageiiberhang handelt. Daraus laBt sich dann folgem, in welche Richtung der Preismechanismus den Preis treibt (ggf. durch Pfeile andeuten). Marshall-Stabilitat liegt in den Fallen 1 und 3 vor, wogegen der Fall 2 Marshallinstabil ist. Dazu sind die vertikalen Abstande zwischen den Nachfragekurven und der Angebotskurve zu untersuchen. Es moge sodann tiberlegt werden, welche der im rechten Diagramm der Abbildung 32.11 dargestellten Angebotskurvenverlaufe in Kombination mit der dargestellten, normal verlaufenden Nachfragekurve N sicherstellen, daB (p*,x*) ein Walras- und/oder Marshall-stabiles Marktgleichgewicht ist? Das Konzept der Wakas-Stabilitat ist nicht anwendbar, falls eine der Marktkurven horizontal verlauft, weil dann "horizontale Abstande" zwischen den Kurven nicht identifizierbar sind. Das Konzept der Marschall-Stabilitat ist nicht anwendbar, falls eine der Kurven vertikal verlauft, weil dann "vertikale Abstande" zwischen den Kurven nicht identifizierbar sind.

402

Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

Abbildung 32.11: VerschiedeneAngebots-Nachfrage-Konstellationen mit stabilem oder instabilem Gleichgewicht N

Ai

^ \ ^^A2

P*

Az""^ ^Ai

^ A a ^N

X*

Bin Marktgleichgewicht, das sowohl Walras-stabil als auch Marshall-stabil ist, bezeichnen wir einfach als stabiles Gleichgewicht. Bin Gleichgewicht, das sowohl im Sinne von Wahas als auch im Sinne von Marshall instabil ist, kann nur dann vorhegen, wenn sowohl die Angebotskurve als auch die Nachfragekurve einen anormalen Verlauf aufweisen, wovon sich der Leser anhand eines Diagramms analog zur Abbildung 32.11 uberzeugen kann. Da wir in der Realitat auf den allemieisten Markten keine Prozesse wachsender Ungleichgewichte beobachten, liegt die Vermutung nahe, daB Stabilitat bei Markten die Kegel ist (sog. "Selbstheilungsfahigkeit des Marktsystems"). c) Auch wenn die Bedingungen fiir die Bxistenz und die Stabilitat eines Marktgleichgewichts erfuUt sind, kann noch eine Problemsituation vorliegen, namlich dann, wenn ein Markt mehrere Gleichgewichte aulRveist. Dies wird als Mehrdeutigkeit bezeichnet. Favorisiert wird dagegen ein einfaches und eindeutiges Gleichgewicht. Das heiBt, es soil nur einen Punkt (p*,x*) im Marktdiagramm geben, der die Marktgleichgewichtsbedingung (32.3) erfuUt. Die folgende Abbildung 32.12 zeigt eine Marktsituation mit mehreren Gleichgewichten. Die Nachfragekurve weist einen ausgepragten Veblen-Bfifekt auf, und wird an drei Stellen von der normal verlaufenden Angebotskurve geschnitten.

Vgl. dazu Kapitel 1.5.4., besonders Abschnitt c).

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei vollkommener Konkurrenz

403

Abbildung 32.12: Marktsituation ohne einfaches Gleichgewicht P

Der Leser kami anhand der im vorangegangenen Abschnitt b) gemachten Ausfiihrungen erkeimen, daB der mittlere Schnittpunkt ein Walras-instabiles Marktgleichgewicht ist, wogegen der obere und der untere Schnittpunkt stabile Gleichgewichte darstellen. In welches Gleichgewicht der Markt durch den Preismechanismus gefuhrt wird, hangt bei solcher Mehrdeutigkeit von der Ausgangslage beziehungsweise dem »Startpunkt« sowie von der Richtung und Starke der auftretenden Stoning ab. Jedenfalls kann der Preismechanismus einen Markt nicht in ein instabiles Gleichgewicht fuhren. Wenn die Angebots- und die Nachfragekurve durchgehend normal verlaufen, das heiBt, wenn pX^ > 0 und pX^ < 0 fiir alle Preisniveaus p gilt, dann kann es hochstens einen Schnittpunkt, also nur ein eindeutiges Marktgleichgewicht geben. Empirikum 32.4 Auf Devisenmarkten lassen sich mehrfache Gleichgewichte auch theoretlsch begrunden. Dazu betrachten wir exemplarisch den Doliarmarkt (siehe folgende Abbildung) und nehmen an, dad dort Angebot und Nachfrage uberwiegend vom AuRenhandel (Waren- und Dienstleistungsexporte und -importe) bestimmt sind - was heute wegen der groBen Bedeutung des Kapitalverkehrs nicht mehr der Fall ist. Die Nachfrage nach Dollars (N$) verhalt sich normal: Je hoher der Dollarwechselkurs w$ ist, desto weniger Dollars werden nachgefragt, well die In Dollar zu zahlenden Importguter entsprechend teurer werden. Ein Beispiel: Bei einem Olpreis von 20 Dollar ($) pro FaB (Barrel) kostete ein Fali 40 DM, als der Dollarkurs 2 DM/$ betrug, aber nur 30 DM, als w$ = 1,50 DM/$ war.

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

404

W$

$-Menge Das Dollarangebot verhalt sich dagegen nur bei niedrigen Dollarkursen normal, also steigend. Denn bei niedrigen Dollarkursen sind die heimischen Exportguter fur auslandische Kunden vergleichsweise teuer. Beispiel: Fiir eine in Deutschland gefertigte Maschine im Wert von 100.000 DM muRte ein amerikanischer Kunde nur 50.000 Dollar bezahlen, wenn der Dollarkurs w$ = 2 DM/$ betrug. Beim niedrigeren Wechselkurs w$ = 1 DM/$ mulite er dagegen 100.000 Dollar bezahlen, was fur ihn vielleicht den Kauf unattraktiv macht. Deshalb stelgt die angebotene Dollarmenge bei steigendem Dollarwechselkurs. Bei sehr hohen Dollarkursen ist dann aber zwar die Exportmenge groR, well die heimischen Waren dann fur das Ausland - in Dollar gemessen - billig sind; wegen des hohen Dollarkurses werden aber auch nur wenige Dollar fur die Kaufe gebraucht: Ausgaben und Eriose sind folglich in Dollar gemessen gering. Im Beispiel wijrden von den deutschen Exporten bei einem Dollarkurs von 4 DM/$ nur noch 25.000 Dollar fur die Maschine eingenommen und auf dem Devisenmarkt gegen D-Mark angeboten. Dadurch »biegt« sich die Angebotskurve auf dem Dollarmarkt bei hohen Wechselkursen zuruck. Deshalb kann es, wie in dem Diagramm dargestellt, zu mehreren Kurvenschnittpunkten kommen. Das obere Devisenmarktgleichgewicht ist instabil, das untere stabll. Ahnlich anormale Angebotskurvenverlaufe werden auch auf dem Arbeitsmarkt und dem Roholmarkt vermutet. Quellen: Zum anormalen Angebotsverlauf auf dem Devisenmarkt vgl. z.B. Jarchow, H.P./Rtihmann, P.: Monetare AuBenwirtschaftslehre; 1982, S. 634ff; sowie Sperber, H./Sprink, J.: Monetare AuBenwirtschaftslehre; Stuttgart u.a., 1996, 8.125ff. Zum Olmarkt: Cremer, J. / SalehiIsfahani, D.: The Rise and Fall of Oil Prices; Annals D'Economlque et de Statistique 15/16, 1989, S. 427-454, sowie Dichtl, E.: Das Preis-Angebots-Paradoxon bei Erdol; WiSt, 1981, H. 4, S. 180f. Zum Arbeitsmarkt z.B. unser Kapitel 1.4.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildimg bei vollkommener Konkurrenz

405

d) Auch wenn auf einem Markt grundsatzlich ein eindeutiges und stabiles Marktgleichgewicht existiert, konnen gleichwohl gewisse Umstande dazu fiihren, daB der Markt kurzfristig nicht in sein Gleichgewicht geiangt. So sind etwa zyklische Schwankungen des Preises um den Gleichgewichtswert denkbar. Des weiteren konnen staatliche Eingriffe sowie mangelnde Preisflexibilitat, die auf das Verhalten der Marktteilnehmer zuriickzufiihren ist (z.B. Schwierigkeiten bei Preiserhohungen oder Widerwillen gegen Preissenkungen), dazu fiihren, daB es nicht zur Marktraumung kommt. Dann werden Transaktionen auBerhalb des Marktgleichgewichtes, das heiBt zu ungleichgewichtigen Preisen, ausgefiihrt (sog. false trading). Die damit verbundenen Probleme sind Gegenstand der 2

Ungleichgewichtstheorie. Sie befaBt sich vor allem mit anhaltenden Nichtraumungs- beziehungsweise Rationierungssituationen auf Markten. "Ungleichgewicht" bezieht sich hierbei nicht auf die fehiende Ruhelage, denn zu einer Ruhelage kann es, wie die Ungleichgewichtstheorie zeigen konnte, unter bestimmten Bedingungen auch bei Nichtraumung von Markten kommen. Als wichtigstes Beispiel wird der Arbeitsmarkt genannt: Im Ungleichgewicht unterliegen die Akteure der langen Marktseite jeweils einer Mengenbeschrankung, die sie daran hindert, ihre optimalen Angebots- oder Nachfrageplane zu verwirklichen. Das zwingt sie zur Revidierung ihrer Plane, was wiederum Auswirkungen auf andere Markte haben kann (sog. spill-over-Ejfekte). Beispielsweise werden private Haushalte, die damit rechnen, auf dem Arbeitsmarkt ihren Angebotsplan (Arbeitsuchende sind ja Arbeitsanbieter) nicht realisieren zu konnen, also arbeitslos zu werden, ihren Konsum einschranken und dadurch unter Umstanden die Absatz- und Produktionsmoglichkeiten der Konsumgiiteranbieter verschlechtem, was diese wiederum bei der Beschaftigung von Arbeitskraften zuriickhaltender werden laBt. Das geschilderte Szenario hat zur Voraussetzung, daB die Preise (hier: der Lohnsatz und die Konsumguterpreise) nicht rasch genug eine Marktraumung herbeifuhren. Uberlegungen dieser Art sind auch bei dem Versuch herangezogen worden, die Makrookonomik mikrotheoretisch zu ftindieren.

2

Vgl. dazu spater das Kapitel 3.2.8. Vgl. z.B. den Uberblick von Benassy, J.-P.: Nonclearing Markets - Microeconomic Concepts and Macroeconomic Applications; Journal of Economic Literature 31, 1993, S. 732-761.

406

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

3.2.4. Kurzfristige Wechselwirkung zwischen den einzelwirtschaftlichen Angeboten und dem Marktgleichgewicht a) Nachdem in den vorangegangenen Unterkapiteln die grundsatzliche Funktionsweise von Markten behandelt wurde, geht es nun um das Zusammenspiel zwischen der Angebotspolitik der Untemehmen und der Marktpreisbildung: Wie bestimmt der Marktpreis das einzelwirtschaftliche Angebot, und wie wirken sich Anderungen der einzelwirtschaftlichen Angebote auf den Marktpreis aus? Bei der Beantwortung dieser Fragen konnen wir auf die Ergebnisse des zweiten Hauptkapitels (Untemehmenstheorie) zuriickgreifen. In Kapitel 2.3.2. wurde die Angebotsplanung eines typischen Untemehmens unter den Bedingungen vollkommener Konkurrenz modelliert. Ein solcher preisinabiler Anbieter hat definitionsgemaB eineifi sehr geringen Marktanteil und muB den Preis, zu dem er sein Produkt auf dem Markt absetzen kann, hinnehmen (Preisnehmerverhalten). Dieser Marktpreis, der auf einem vollkommenen Markt dem im vorigen hergeleiteten Gleichgewichtspreis p* entspricht, ist also fiir jeden Anbieter ein Datum. Das heiBt: Keiner der zahlreichen Anbieter bei vollkommener Konkurrenz kann durch seine Absatzpolitik einen merklichen EinfluB auf den Marktpreis nehmen. Durch .Veranderungen seiner Angebotsmenge kann er es nicht, durch Veranderungen seiner Absatzpreisforderung will er es nicht (vgl. auch Kapitel 3.1.3.d). Denn bei vollkommener Konkurrenz gibt es fiir keinen Anbieter Veranlassung, einen vom Gleichgewichtspreis abweichenden Preis fiir das Produkt zu fordem: • Wtirde ein Anbieter einen Preis oberhalb von p* verlangen, so verlore er alle Kunden an seine Konkurrenten, die weiterhin zum niedrigeren Gleichgewichtspreis anbieten. • Unterhalb des Gleichgewichtspreises wird ebenfalls kein Anbieter einen Preis ansetzen, weil er die dann immens steigende Nachfi-age aufgrund seiner begrenzten Kapazitaten nur zu hoheren Kosten befiiedigen konnte. Preisforderungen unterhalb von p* brachten daher Gewinnschmalerungen. Denn schon zu p* kann er seine gewinnmaximierende Menge absetzen

Dies kann, wie im Kapitel 3.2.1.b) gezeigt wurde, nur aufieriialb des Gleichgewichts der Fall sein.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

407

Wenn keine MiBverstandnisse auftreten konnen, schreiben wir im folgenden der Einfachheit halber wieder einfach p statt p* fur den Markt- beziehungsweise Gleichgewichtspreis. b) Wenn ein preisinabiler Anbieter auch keine Moglichkeit zu einer autonomen Preispolitik hat, so kann er doch zumindest seine Angebotsmenge frei festlegen (Mengenanpasserverhalten). Er wird dies annahmegemaB so tun, daB sein Gewinn maximal wird. Dazu mu6 er die Coumot-Bedingung (23.12) realisieren, wonach jene Produktions- und Angebotsmenge gewinnmaximal ist (typische Kostenverlaufe unterstellt), bei der die Grenzkosten gleich dem Preis sind (Grenzkostenpreisregel). Das Auflosen dieser Gleichung nach x ergibt die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge x^ des preisinabilen Anbieters, die, oberhalb seiner Angebotsmengenuntergrenze, zugleich seiner optimalen Angebotsmenge x^ entspricht (i kennzeichnet den betrachteten Anbieter). Fiir jeden moglichen Marktpreis p oberhalb des Durchschnittskostenminimums gibt seine Grenzkostenkurve die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge an, so daB sie der Angebotskurve des preisinabilen Anbieters entspricht. Im rechten Diagramm der Abbildung 32.13 ist die Angebotskurve irgendeines typischen Anbieters i etwas hervorgehoben dargestellt worden. Abbildung 32.13: Marktpreis und Angebotsplan bei voUkommener Konkurrenz

Vgl. ggf. im einzelnen Kapitel 2.3.2.

408

Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

Die Zusammenstellimg von Angebotsdiagramm und Marktdiagramm in Abbildimg 32.13 zeigt folgendes: • Im linken Diagratnm ist dargestellt, wie sich der Gleichgewichtspreis p* des betrachteten Gutes auf dem Markt durch den Ausgleich von Gesamtangebot x^(p) und Gesamtnachfrage x^(p) bildet. • Dieser Marktpreis p = p* ist einem jeden Anbieter als ein durch ihn iiicht veranderliches Datum vorgegeben. Seine Angebotsplanung richtet er daran aus; er verhalt sich als Mengenanpasser. - Damit haben wir nun die in Kapitel 2.3. noch als exogen betrachtete Variable p (Absatzpreis) zu einer ebenfalls im Rahmen unseres Modells erklarten Variablen gemacht (man sagt: p wurde endogenisiert). • Jeder Anbieter i bietet annahmegemaB eine Menge x^ des Gutes an, die so hoch ist, da6 seine Grenzkosten dem Marktpreis p entsprechen. Denn dies bringt ihm den maximalen Gewinn. (Der Leser kann zur Verdeuthchung die Bedingung p = x K(x) an den Schnittpunkt der p-Horizontalen mit der x K(x)Kurve schreiben.) Da sich jeder Anbieter des Gutes an demselben Marktpreis p orientiert, produzieren alle Anbieter im Marktgleichgewicht zu den gleichen Grenzkosten. Die Grenzkosten aller Anbieter entsprechen namhch dem Preis des bereitgestellten Gutes. • Durch Veranderungen seiner Angebotsmenge x^ kann ein einzehier Anbieter keinen merklichen EinfluB auf den Marktpreis nehmen. Denn der Marktpreis wird (bei gegebener Gesamtnachfrage) vom aggregierten Angebot aller Anbieter bestimmt: x^(p) = Zx^(p). Da der betrachtete Anbieter i aber annahmegemaB nur einer von vielen kleinen Anbietem ist, wirkt sich seine Angebotsmenge x^ nicht spiirbar auf das gesamte Marktangebot im Gleichgewicht aus - und folghch auch nicht auf den Gleichgewichtspreis! • Das bedeutet: Die Anbieter haben nur zusammen EinfluB auf den sich am Markt bildenden Preis. Erhoht beispielsweise eine groBere Anzahl von Anbietem ihre Angebotsmenge (etwa aufgrund einer allgemeinen

Es sei daran erinnert, daB alle iibrigen Preise der Volkswirtschaft (insb. die Preise von Produktionsfaktoren und verbimdenen Giitem) bekannt sein miissen, damit die Angebots- und die Nachfrageflinktion eines Marktes eindeutig definiert sind. Umgekehrt muB allerdings auch der Preis auf dem betrachteten Markt bekannt sein, damit die Angebots- und Nachfragefunktionen auf den anderen Markten eindeutig definiert sind. Dies zeigt die grundsatzhche Problematik von Versuchen, das System aller Preise einer Volkswirtschaft in einem Modell zu erklaren, worum sich die Allgemeine Gleichgewichtstheorie bemiiht.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

409

Kostensenkimg), dann verschiebt sich die Marktangebotskurve nach »rechts«. Der EinfluB jedes einzelnen Anbieters ist dagegen verschwindend gering. c) FaBt man den Begriff des Gleichgewichts etwas verengend als einen Zustand ohne immanente Andemngstendenzen auf, so kann er auch auf das System "Untemehmen" iibertragen werden. In Analogie zum kurzfiistigen Marktgleichgewicht kann dann definiert werden, da6 ein Untemehmen sich im kurzfristigeii Angebotsgleichgewicht befindet, wenn es innerhalb einer Periode mit seiner Absatzmenge zufrieden ist, so daB sich ein Mehrabsatz nicht mehr lohnen wurde. Das Untemehmen reahsiert dann die Coumot-Bedingung und weist ein inneres Gewinnmaximum auf (vgl. Kapitel 2.3.1 j). Man kann dann von einer VoUauslastung seiner Kapazitaten sprechen (kurzfristige okonomische Kapazitatsgrenze). Jede hohere Ausbringungs- und Absatzmenge wtirde die Kosten mehr erhohen als den Erlos. Ein Untemehmen, das sich im kurzfiistigen Angebotsgleichgewicht befindet, hat keine Veranlassung seine Dispositionen kurzfiistig zu verandem. Befinden sich alle Anbieter eines Produkts in ihren kurzfiistigen Angebotsgleichgewichten, so hegt auf dem Markt kein Angebotsiiberhang vor. Gibt es dabei jedoch noch unbefiiedigte Nachfrage, zeigen sich also bei den Anbietem Warteschlangen von Nachfragem oder unublich lange Lieferfiisten, so ist zwar die Gesamtheit der Anbieter, nicht aber der Markt im kurzfiistigen Gleichgewicht: Es existiert dann ein Nachfragetiberhang, der bei fimktionierendem Preismechanismus zu Erhohungen des Preises fiihrt (vgl. Kapitel 3.2.1.c). Dies bringt den Uberhang zum Verschwinden. Operiert ein Untemehmen nicht an seiner Kapazitatsgrenze, so daB xKC^) = P nicht gilt und durch einen Mehrabsatz (und entsprechende Mehrproduktion) der Gewinn kurzfiistig noch gesteigert werden konnte, so befindet es sich nach unserer Definition nicht im kurzfiistigen Angebotsgleichgewicht. Es hat einen einzelwirtschaftlichen Angebotsiiberhang hinzunehmen. Ist dies bei mehreren Anbietem der Fall, so wird es zu Anpassungsreaktionen dieser Anbieter kommen. Bei fimktionierendem Preismechanismus fiihrt jeder Angebotsjiberhang zu Preissenkungen. Der Preisriickgang geht im Idealfall genau so weit, bis der Uberhang verschwimden ist und sich alle Anbieter wieder im kurzfiistigen Angebotsgleichgewicht befinden, also ein inneres Gewinnmaximum realisieren.

^ Vgl. Kapitel 3.2.2.

410

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Auf die interessante Frage, ob und - weiin ja - unter welchen Bedingungen auf einem Markt zugleich ein Angebots- und ein Nachfrageiiberhaiig auftreten kaiin, koiinen wir hier nicht naher eingehen. Das ist ein Thema der im vorigen Unterkapitel 3.2.3.d) schon erwahnten Ungleichgewichtstheorie. d) Wenn ein Untemehmen eine bestimmte Ausbringungsmenge fur den Absatzmarkt produziert, dann gibt es zumeist schon einen Preis fiir das Gut, namlich dann, wenn es regelmaBig gehandelt wird. Ein um Gewinnmaximierung bemuhtes Untemehmen legt seine Produktions- und Angebotsmenge dann - wie bisher besprochen - nach MaBgabe der Coumot-Bedingung fest. In der Reahtat gibt es jedoch Ausnahmen, bei denen der reahsierbare Absatzpreis zum Zeitpunkt der Produktionsentscheidung (noch) nicht feststeht. Das ist zum Beispiel bei emteartiger Produktion (Landwirtschaft, Fischerei etc.) der Fall, wo sich der Preis erst nach der zeitgleichen Produktion aller Anbieter bildet und deshalb im vorhinein (man sagt: ex ante) nicht der einzelwirtschaftlichen Angebotsentscheidung zugrunde gelegt werden kann. Eine weitere Ausnahme ist das erstmahge Angebot eines Gutes (Innovation); in diesem Fall mu6 der Anbieter irgendeinen sinnvoU erscheinenden Angebotspunkt (Preis/Mengen-Kombination) wahlen. Bei emteartiger Produktion mufi sich der Anbieter, vielleicht gestutzt auf friihere Erfahrungen, auf einen bestimmten Produktionsaufwand festlegen und den sich dann spater ergebenden Ertrag (Emte, Fang) hinnehmen, wie er kommt. Triflft das Angebot dann auf die Nachfrage, so bildet sich durch den Preismechanismus (kurzfristiger MarktausgleichsprozeB) ein marktraumender Preis, zu dem jeder Anbieter sein gesamtes Angebot absetzen kann. Fraghch ist allerdings, ob und inwieweit die Anbieter mit dem zustandekommenden Preis zufrieden sein konnen, inwieweit sie also im nachhinein (man sagt: ex post) ihr Gewinnmaximierungsziel erreicht haben. Stellt sich die reahsierte Angebotsmenge ex post als zu groB heraus, dann wird der Anbieter vermutlich beim nachsten Mai eine geringere Produktionsmenge anvisieren. War die reahsierte Angebotsmenge dagegen zu klein, hatte also bei einer groBeren Absatzmenge ein hoherer Gewinn erreicht werden konnen, dann bemiiht sich der Anbieter wohl um eine groBere Produktionsmenge in der Folgeperiode. Es kommt also zu mengenmaBigen Anpassungsreaktionen der Anbieter, die denen des Mengenprozesses aus Kapitel 3.2.3.b entsprechen.

1

Die Ausfiihrungen in diesem Unterabschnitt gelten mutatis mutandis auch ffir den Fall des Monopols ^(Kapitel 3.3.) Vgl. zur Angebotsproblematik bei Innovationen W. Kortmann: Diffusion, Marktentwicklung und Wettbewerb; Frankfiirt/M., 1995, Kap. 2.2. und 3.1.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

411

3.2.5. Langfristige Wechselwirkung und langfristiges Marktgleichgewicht a) Das Bestreben, einen moglichst hohen Gewiiin zu realisieren, fuhrt die Untemehmen dazu, nach Moglichkeiten zu suchen, diesen auch tiber das kurzfristig maximale Niveau hinaus zu vergroBem; sie verfolgen uber das Ziel der Gewiimmaximierung hinaus das Ziel der Gewinnsteigerung im Zeitablauf. Bei vollkommener Konkurrenz (also vorgegebenem Absatzpreis) konnen die auf dem Markt tatigen Anbieter - wir nennen sie die inkumbenten Anbieter - dieses Ziel nur durch Kostensenkungen erreichen. Graphisch argumentiert heifit das: Jeder Anbieter versucht, seine Durchschnittskostenkurve und damit auch seine Grenzkosten- beziehungsweise Angebotskurve nach »rechts« und »unten« zu verschieben. Dadurch steigt unter sonst gleichen Bedingungen die gewinnmaximierende Angebotsmenge und der Gewinn, wahrend die Preisuntergrenze unter bestimmten Bedingungen sinkt. Der Leser skizziere dies in Abbildung 23.10. Bei einer unter den gegebenen technologischen Bedingungen schon kostenminimalen Produktion kann eine substantielle Kostensenkung nur durch Anpassung des Kapitaleinsatzes c bewirkt werden. In der Kegel geht es dabei um die Ausweitung der Produktionskapazitat durch die Vomahme von Investitionen (vgl. Kapitel 2.2.5.). Welche Wirkungen rufen solche Erhohungen des Kapitaleinsatzes auf die Angebots- und Gewinnsituation eines Untemehmens unter den Bedingungen vollkommener Konkurrenz hervor? Zur Beantwortung dieser Frage konnen wir auf einige Ergebnisse des Kapitels 2.2. zuriickgreifen. Die Darstellung soil der Anschaulichkeit halber wieder auf der Grundlage einer Cobb/DouglasProduktionsstruktur erfolgen: Im Beispiel 22.4, Gleichung (3), wurde fiir diesen Fall folgende kurzfiistige Kostenfimktion ermittelt: K^(x;c) = i'j

« -c ^ -x^ + r-c

Die zugehorigen Funktionen der Durchschnittskosten und der Grenzkosten sind: k^(x;c) = £'y «-c " - x " " + — X

^K^(x;c) = i-y

«-c «-x^

'(I/a)

Durch Ableiten dieser beiden Funktionen nach c kann gezeigt werden, da6 Erhohungen des Kapitaleinsatzes die Grenzkosten stets und die Durchschnittskosten zumindest jenseits ihres Minimums senken. Der interessierte Leser priife

412

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

dies nach; die Ableitungen miissen ein negatives Vorzeichen auRveisen (vgL ggf. Beispiel 22.4. sowie Gleichimg (22.46)). Bei unverandertem Marktpreis erhohen solche Kostensenkungen den Gewinn des Anbieters; dies zeigt die folgende wichtige Aufgabe 32.7 an einem zahlenmaBigen Beispiel). Ill Aufgabe 32.7: II Ein Untemehmen habe die oben dargestellte kurzfiistige Kostenfunktion K''(X) mit den jl Koeffizienten a = 0,5 , p = 0,75, y = 1 sowie r = 4 und ^= 0,25. II a) Zeichnen Sie die Verlaufe der Durchschnitts- und der Grenzkosten im Mengenbereich bis X = 12, einmal fiir einen Kapitaleinsatz c' = 0,25 und einmal fiir den Kapitaleinsatz c" = 1. iii

II b) Heben Sie jeweils den Veriauf der Angebotskurve hervor. ill

III c) Schraffieren Sie die bei einem konstanten Preis p = 6 jeweils realisierte Gewinnflache des Anbieters, und vergleichen Sie die Gewinnhohe bei c' mit der bei c".

Sinkende Grenzkosten infolge von Kapitalerweitemngen bedeuten eine Verlagenmg der einzelwirtschaftlichen Angebotskurve nach »rechts« beziehungsweise »unten«. Da aber alle Anbieter einen Anreiz zu gewinnsteigemden Kostensenkungen dieser Art versptiren, bewirkt ihr Verhalten in der Aggregation langerfristig eine Rechtsverschiebung und, nach unseren Erkenntnissen aus Kapitel 2.5.c), auch eine Abflachung der Marktangebotskurve. Infolgedessen sinkt dann aber bei normalem Nachfrageverlauf der Gleichgewichtspreis. Dadurch wiederum werden die Gewinne der Anbieter komprimiert. Wir bezeichnen dies als Kostensenkungsmechanismus: Weil die inkumbenten Anbieter in ihrem Streben nach mehr Gewinn Kostensenkungen realisieren, kommt es zu einem Riickgang des Gleichgewichtspreises, der die anfanglichen Gewinnzuwachse wieder zum Verschwinden bringt. Dieser erstaunliche »Trick« des Marktsystems bewirkt, da6 letzthch alle Untemehmen sich um Kostensenkungen bemiihen miissen (Kostensenkungskonkurrenz), auch wenn die dadurch induzierten Preisnickgange absehbar sind. Denn jene Untemehmen, die im Zeitablauf am schnellsten und am weitesten ihre Kosten senken, konnen sich am meisten und langsten an tiberdurchschnittlichen Gewinnen erfreuen; die reahsierten Gewinne konnen wieder zur Finanziemng weiterer Investitionen dienen. Dagegen werden Untemehmen, die den Kostensenkungsprozefi nicht erfolgreich vollziehen, irgendwann durch den von ihren Konkurrenten vorangetriebenen Preisriickgang zu Grenzanbietem und miissen schlieBhch wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit ihre Produktion aufgeben und den Markt verlassen. Der geschilderte Investitions- und Kostensenkungsprozefi wird sich solange fortsetzen, wie es noch ungenutzte Kostensenkungspotentiale fur die Produktion des betrachteten Gutes gibt, solange also die langfristigen Durchschnittskosten noch gesenkt werden konnen.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

413

Ein groBes Problem tritt dairn auf, wenn die langfristigen Durchschnittskosten mit steigender Ausbringungsmenge anhaltend fallen. Der Kostensenkungseflfekt fiihrt dann namlich dazu, daB die am wenigsten wachsenden Anbieter, unabhangig von ihrer sonstigen wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit, wegen ihrer vergleichsweise hohen Kosten zum Marktaustritt gezwimgen werden. Dieser ProzeB kann sich fortsetzen, bis nur noch ein einziger Anbieter tibrig bleibt, nachdem alle anderen tiberrundet und aus dem Markt verdrangt worden sind. Ein solcher Vorgang wird als ruinose Konkurrenz bezeichnet und stellt eine Art Fehlfunktion des Marktsystems dar. b) Der soeben beschriebene Kostensenkungsmechanismus wird unterstutzt durch einen Wirkungszusammenhang, den wir als Markteintrittsmechanismus bezeichnen. Er beruht auf der Erfahrungstatsache, daB positive Gewinne der inkumbenten Anbieter andere Untemehmen von auBerhalb des Marktes (sog. potentielle Anbieter) zur Au&ahme der Produktion des betrefifenden Gutes ermuntem. Dabei kann es sich um schon existierende Untemehmen handeln, die bereits auf anderen Markten engagiert sind und nun ihre Angebotspalette um das betreflfende Gut erweitem, oder um ganz neu gegrundete Untemehmen. Die Aufiiahme des Angebots eines Gutes durch einen zuvor nicht inkumbenten Anbieter wird als Markteintritt bezeichnet. Durch die gewinninduzierten Markteintritte von solchen Neuanbietem (sog. newcomers) kommt es nach unseren Erkenntnissen aus Kapitel 2.5.c.) zu einer weiteren Rechtsverschiebung und Abflachung der Marktangebotskurve. Dies fiihrt unter sonst gleichen Bedingungen zu einem Riickgang des Gleichgewichtspreises (siehe Abbildimg 32.5). Dadurch sinken die Gewinne der Anbieter. Die hochsten Gewinne konnen von jenen Neuanbietem realisiert werden, die vergleichsweise friih in den Markt eintreten. Es kommt deshalb zu einer Markteintrittskonkurrenz unter den potentiellen Anbietem. Unflexible Grenzanbieter geraten durch den Preisriickgang in die Verlustzone und sind schlieBlich zum Marktaustritt gezwungen. Dadurch scheiden im Laufe der Zeit alle vergleichsweise kostenintensiven Produktionsverfahren xmd Unternehmen aus der Branche aus (Selektionswirkung der Konkurrenz). Durch Investitionen, besonders auch von seiten der Neuanbieter, werden hingegen regelmaBig die jeweils modemsten und leistungsMiigsten Produktionsweisen in die Branche gebracht.

Der soeben beschriebene Markteintrittsmechanismus (und damit die langfristige Marktanpassung) hat zur Voraussetzung, daB Markteintritte nicht augenbhcklich erfolgen konnen, scmdem - reahstischerweise - einige Zeit erfordem. Dies wurde in der Annahme (M.S.3) beriicksichtigt. Zudem kommt die Wirkung des Markteintrittsmechanismus nur dann zustande, wenn es zu tatsachhchen Markteintritten von Neuanbietem kommt. Die bloBe "Drohung" durch potentielle Konkurrenten reicht nicht aus.

414

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Entscheidend fur die Rechtsverschiebung der Marktangebotskurve aufgrund des MarkteintrittsefFektes ist nicht so sehr die Zahl der pro Periode neu in den Markt eintretenden Untemehmen oder Produktionskapazitaten, sondem die Nettoeintrittsrate. Diese ergibt sich aus der Bruttoeintrittsrate nach Abzug der pro Periode aus dem Markt ausscheidenden Anbieter. Die Nettozutrittsrate wird solange positiv sein, wie es noch ungenutzte Gewinnerzielungspotentiale in dem betrefFenden Markt gibt. Ill Aufgabe 32.8: II Auf einem Markt biete eine Anzahl von I Unternehmen unter den Bedingungen II voUkommener Konkurrenz ein Produkt an. Alle Anbieter i verwenden annahmegemaB die III gleiche Produktionstechnik und haben somit gleiche Kostenfunktionen, namlich K*(x) = 11 c(xf + F. DieMarktnachfragefblge derFunktion x^(p) = m - n p II a) Bestimmen Sie den Gleichgewichtspreis des Marktes. (Dabei kann von den Angebotsschwellen der Unternehmen abgesehen werden.) 11 b) Wie hoch ist der Gleichgewichtspreis, wenn sich die Zahl der Anbieter durch Markteintritte auf 21 verdoppelt? Hat sich der Preis gegeniiber vorher erhoht? Ji c) Welche Wirkung habeai Veranderungen der Fixkosten auf das Marktgleichgewicht?

c) Sowohl durch die Markteintritte neuer als auch durch die Kapazitatserweiterungen inkumbenter Anbieter wird nach dem zuvor Gesagten die Marktangebotskurve immer weiter nach »rechts« und gegebenenfalls auch nach »unten« verschoben. Zudem wird sie flacher. Der durch den Kostensenkungs- und den Markteintrittsmechanismus bewirkte trendmaBige Preisnickgang kommt im theoretischen Grenzfall erst dann zum Stillstand, wenn • alle Anbieter ihre langfristigen Kostensenkungsmoglichkeiten vol! ausgeschopft haben und ohne Ausnahme mit der bestmoglichen Technologic und zu den niedrigstmoglichen Kosten produzieren, also im Minimum ihrer langfristigen Durchschnittskosten. • kein inkumbenter Anbieter mehr einen positiven Gewinn reahsiert, durch den sich weitere Kapitalerhohungen finanzieren lassen oder Neuanbieter in den Markt gelockt werden. Zudem miissen alle verlustbringenden Produktionen eingestellt worden sein.

Der Kostensenkungsmechanismus kann allerdings den Markteintrittsmechanismus nicht ganz ersetzen, weil Untemehmen in der Regel nicht bereit sind, ihre Kapazitaten iiber das langfnstig optimale Mafi (langfiistiges Durchschnittskostenminimum; vgl. Kapitel 2.2.5.) hinaus zu erweitem.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

415

Ein solcher Endzustand, in dem sich die beiden beschriebenen Anpassiingsmechanismen nicht mehr auswirken, wird als langfristiges Marktgleichgewicht bezeichnet. Alle Anbieter realisieren daiin gerade voile Kostendeckung. Sie operieren allesamt in ihrem Betriebsoptimum nach Gleichung (22.64). Hier sind die langfristigen Durchschnittskosten minimal und entsprechen den langfristigen Grenzkosten, die ihrerseits mit dem Gleichgewichtspreis iibereinstimmen. Folglich entspricht der langfristige Gleichgewichtspreis p** den minimalen langfristigen Durchschnittskosten. Das ist die langfristige Marktgleichgewichtsbedingung: 3* -

k'

(32.25)

Da im Idealfall in der langen Frist alle Untemehmen die gleiche (namlich die beste) Technologic verwenden und auch die gleichen Faktorpreise zahlen, weisen samtliche Anbieter das gleiche langfristige Durchschnittskostenminimum auf. Die langfristige Marktangebotskurve verlauft bis zum langfristigen Marktgleichgewicht horizontal, ist also vollkommen preiselastisch; siehe das linke Diagramm in AbJ)ildung 32.15. Verlagerung der Marktnachfrage fiihren zu Ein- oder Austritten von Anbietem mit identischen Betriebsoptima. Das langfristige Durchschnittskostenminimum - sofem es ein solches gibt - reprasentiert die niedrigstmoghchen Kosten, die bei der vorhandenen Produktionstechnologie zur Herstellxmg einer Einheit des Gutes iiberhaupt realisierbar sind (siehe das rechte Diagramm in Abbildung 32.15 analog zu Abbildung 22.19). Von einem Untemehmen, das im Minimum der langfristigen Durchschnittskostenkurve ist, kann man in Analogic zum Abschnitt 3.2.4.c) sagen, es sich in seinem langfristigen Angebotsgleichgewicht befindet. Der iiber die voile Abdeckung aller Kosten hinausgehende Gewinn ist null, und die Ausbringungsmenge entspricht derjenigen, die langfristig optimal ist (langfristige okonomische Kapazitatsgrenze). Die im langfristigen Marktgleichgewicht insgesamt umgesetzte Menge x des Gutes entspricht dem sogenannten Marktpotential. Sind die Betriebsoptima x^^ der Anbieter im Vergleich zum Marktpotential x** »klein«, so kann je nach Lage der Marktnachfragekurve annahemd jede Transaktionsmenge zwischen Null und

Auf den Unterschied zwischen kurzfristigem und langfristigem Marktgleichgewicht hat erstmals A. Marshall (1890) mit aller Deutlichkeit hingewiesen. Er zeigte als erster, daC der kurzfiistige Gleichgewichtspreis durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, wogegen der langfristige nur von den Produktionskosten (den minimalen langfristigen Durchschnittskosten) abhangt. ^Vgl.Kapitel 2.2.5.c)

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

416

X realisiert werden. Der horizontale Abschnitt der langfristigen Marktangebotskurve ist daher weniger imbestimmt als die Spmngstellen in den kurzfristigen Marktangebotskurven (vgl. Abbildung 25.1). Abbildung 32.15: Langfristige Marktanpassung p

x*^p)

\ n** P

xip)

k.iK

/S//

"Xv^ i ^~~~---xl(P)

Das Erreichen eines langfristigen Marktgleichgewichts kann wegen der zeitbeanspruchenden Investitions- und Markteintrittsaktivitaten in der Realitat mitunter viele Jahre oder gar Jahrzehnte dauem. Daher ist die zu seiner modellhaften Herleitung getroffene Voraussetzung einer konstanten Nachfrage und einer unveranderten Technologie nicht sehr wirklichkeitsnah. Tatsachlich verandem sich infolge des technologischen Fortschritts die Lagen der langfristigen Kostenkurven im Zeitablauf. Das Aufkommen neuer Produktionstechnologien und deren Leistungsfahigkeit ist nicht vorhersehbar, ebenso die Anzahl der langfiistig inkumbenten Anbieter. Im Gegensatz zum kurzfristigen Marktgleichgewicht aus Kapitel 3.2.1. kommt es beim langfristigen Gleichgewicht deshalb nicht so sehr auf die exakte Bestimmung dieses an sich fiktiven Zustandes an, also auf die Ermittlung der Lage des Minimums der langfristigen Durchschnittskosten sowie die Stabilitat und Eindeutigkeit des Gleichgewichts. Eine realitatsnahe Analyse kann sich auf die Betrachtung eines kurzfristig als konstant unterstellbaren Abschnitts der langfristigen Kostenkurven beschranken. Was den Okonomen interessiert, ist vor allem die Wirkung der Krafte, die den Markt auf (jliesen Zustand hinfiihren. Prozesse sind relevanter als Gleichgewichte. So gesehen kann das Modell des langfristigen Marktgleichgewichts unter anderem erklaren, • warum Untemehmen in Konkurrenzmarkten sich einem standigen Kostensenkungsdruck ausgesetzt sehen;

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildimg bei vollkommener Konkurrenz

417

• warum die Preise in vielen Markten im Zeitablauf sinken (zumindest in realer Kaufkraft gemessen, also inflationsbedingt) wahrend die umgesetzten Mengen zimehmnen; • warum es in Markten zunachst zu einer zunehmenden, spater dagegen zu einer abnehmenden oder sogar negativen Nettoeintrittsrate neuer Anbieter kommt; • warum die Gewinne in Markten, bei denen der Eintritt relativ leicht moglich ist, meist gering sind im Vergleich zu Markten, in denen die inkumbenten Anbieter sich vor der »Konkurrenz von aufien« durch sogenannte Markteintrittsbarrieren schiitzen konnen. • warum die Gewinne in Konkurrenzmarkten eher gering sind und von jedem Untemehmen immer aufs neue durch Leistung verteidigt werden miissen, wogegen in Markten ohne Konkurrenzdruck dauerhaft hohe Gewinne auch ohne besondere Leistungen realisiert werden konnen; Dariiber hinaus kann von einem bekannten langfristigen Marktgleichgewicht auf jene Anzahl von Anbietem geschlossen werden, die langfristig hochstens auf dem Markt existieren konnen. Ist namlich das Marktpotential x** und betragt die langfristig kostenminimale Ausbringungs- und Angebotsmenge eines »mittleren« Anbieters x^^^ (siehe Abbildung 32.15), so »passen« nicht mehr als x*7x'^^^ Anbieter auf den Markt. Werden beispielsweise jahrlich weltweit vier Millionen Lastkraftwagen nachgefragt, so konnen bei einer mindestoptimalen BetriebsgroBe von 200.000 Einheiten pro Jahr (vgl. Empirikum 22.4) auf dem LKW-Markt langfristig nicht mehr als 20 Anbieter bestehen. Solange es Untemehmen gibt, die beim Angebot eines Gutes Gewinne realisieren, ist der Markt (noch) nicht im langfristigen Gleichgewicht. Dauerhaft positive Gewinne sind stets ein Indiz fiir einen gehemmten Markteintritt, also fiir das bestehen wirksamer Markteintrittsbarrieren. Den Nachfragem werden dann Preise abverlangt, die tiber den Kosten bei eflfizienter Produktion liegen, ohne daB diese »Ausbeutung« dem Zweck der Marktanpassung dient. d) Da der in diesem Unterkapitel erlauterte langfristige MarktanpassungsprozeB durch den Untemehmensgewinn gesteuert wird, nennen wir sein Wirken Gewinnmechanismus. Er beruht auf dem Gewinnerhaltungs- und Gewinnerhohungsinteresse der inkumbenten Anbieter (Kostensenkungsmechanismus) sowie auf dem Gewinnerzielungsinteresse neuer Anbieter (Markteintrittsmechanismus). Zusammen mit dem in Kapitel 3.2.1.d) dargestellten kurzfristigen

Exakt betrachtet ist nur der ganzzahlige Teil des Quotienten x**/ x^^^ relevant.

418

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Preismechanismus wird auch allgemein vom Marktmechanismus gesprochen (siehe Abbildung 32.16). Auf dessen Eigenschaften sowie den Eigenschaften der durch ihn hervorgerufenen Gleichgewichtszustande beruht letztlich die wirtschaftstheoretische Rechtfertigung des marktwirtschaftlichen Systems, worauf schon in Kapitel 3.2.1.h) hingewiesen wurde. Der Marktmechanismus ermoglicht unter alien bekannten wirtschaftlichen Steuerungsverfahren die denkbar beste Gixterversorgung. Es lenkt die Produktionsfaktoren in ihre produktivsten Verwendungen. Bei voUer wirtschaftlicher Entscheidungsfreiheit der Nachfrager und Anbieter kommt es im Marktgleichgewicht zu der groBtnioglichen Transaktionsmenge und langfristig zum niedrigstmoglichen Preis (p**= k% der fiir die Anbieter gerade noch kostendeckend ist und es ihnen erlaubt, ihr Angebot aufrecht zu halten. Obwohl alle Marktteilnehmer nur nach ihren eigenen Interessen handeln Oder vielleicht gerade weil sie es tun -, kommt es zu dem fur alle bestmoglichen Versorgungszustand. Abbildung 32.16: Komponenten des Marktmechanismus Marktmechanismus

r

Preismechanismus

Gewinnmechanismus

I kurzfristige MarktrMumung

Be\Ap)>Ap)Preisunterbietung Preisunterbietungskonkurrenz der Anbic Anbieter

PreisQberbietungskonkurrenz d. Nachfrager

=>pi=>x^|,x'^t-

kurzfristiges Marktgleichgewicht

langfristige Marktanpassung

KostensenkungsMarictointritlsmechanlsmus mechanismus Gl => •K(x)4=> X*(p)t=> f4 —^ G>0 => l*t => x*(p)t => P j

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langfiistiges Marktgleichgewicht

Preise und Gewinne sind, das haben unsere Ausfuhrungen gezeigt, in der Marktwirtschaft nur vermittelnde GroBen. Sie haben die Aufgabe beziehungsweise Funktion, die Koordination der unabhangig voneinander aufgestellten Angebots-

Die Grundziige des Marktmechanismus wurden bereits vom Begriinder der Wirtschaftswissenschaft, dem schottischen Philosopher Adam Smith im Jahre 1776 beschrieben. 2

Ob die bestmoglidie Marktversorgimg auch stets absolut gesehen eine gute oder ausreichende Versorgung ist, ist nicht gesagt.

3.2. Angebot, Nachfrage und Preisbildung bei voUkommener Konkurrenz

419

und Nachfrageplane und die langfristige Marktanpassimg zu bewirken sowie die Produktion der Nachfrage gemaB zu steuem: • Preisdnderungen signalisieren kurzfristig veranderte Giiterknappheiten (z.B. hervorgerufen durch exogene Datenanderungen) und machen zugleich die erforderlichen Anpassungsleistungen fiir die Wirtschaftsakteure lukrativ. Eine gestiegene Knappheit schlagt sich beispielsweise in einem steigenden Preis nieder; dieser »stutzt« die Nachfrage auf die dringendsten Bedarfe (nach MaBgabe der individuellen Zahlungsbereitschaften) zuruck und macht gleichzeitig eine Erhohung des Angebots lohnend und finanzierbar. • Gewinne stellen fur Untemehmen zugleich wirtschafthche Anreize und Finanzierungsquellen fur die mengen- und quahtatsmaBige Anpassung ihrer Produktion an die Nachfragenvimsche dar. Okonomisch gerechtfertigt sind sie nur dann, wenn eine auBergewohnliche Marktleistung, also ein iiberdurchschnitthcher Beitrag zur Knappheitsminderung erbracht wird. Das ist zum Beispiel bei vergleichsweise kostengiinstiger Produktion oder beim Angebot besonders knapper Giiter der Fall. Gewinne stellen dann gleichsam eine Belohnung fiir die sich erfolgreich um die Verringerung bestehender Knappheiten bemtihenden Untemehmer dar. Im Vordergrund steht aber Aire Anreizfunktion. Untemehmen, die auf Dauer auch ohne iiberdurchschnitthche Marktleistung Gewinne realisieren, zum Beispiel nur aufgrund ihrer Marktmacht, beeintrachtigen ebenso den Marktmechanismus wie »falsche«, das heiBt ungleichgewichtige Preise. Da es sehr unwahrscheinlich ist, daB ein Untemehmen iiber lange Zeitraume hinweg eine tiberdurchschnittliche oder sogar noch zunehmend iiberdurchschnitthche Marktleistung erbringt, zwingt die Forderung von Eignem nach immer weiter steigenden Gewinnen die Untemehmensleitungen letztlich zu Praktiken, die der marktwirtschaftlichen Ordnung widersprechen. Durch wachsende Marktmacht konnen Gewinne auch dann gesteigert werden, wenn dies fiir die Nachfrager von Nachteil ist. Der »Clou« des unverfalschten marktwirtschaftlichen Systems besteht gleichsam darin, daB ein urspriinglich auf dem Markt sich zeigender Gewinnanreiz (unter sonst gleichen Bedingungen) langfristig zum Verschwinden aller Gewinne fiihrt, dabei aber eine dauerhaft verbesserte Marktversorgung fiir die Nachfrager hinterlaBt. Gewinne sind also nur dann akzeptabel, wenn sie die Untemehmen zu

Die Finanzierungsflmktion von Gewinnen ist allerdings nachrangig, weil fur rentable Investitionsprojekte die Moglichkeit der Fremdfinanzierung besteht. 2 Das wird im spateren Kapitel 3.3. gezeigt.

Die Preisbildung auf vollkommenen Markten

420

Handlungen veranlassen, die zur Verringerung der Gewiime fiihren. Das folgende Beispiel zeigt noch einmal zusammenfassend die Fimktionsweise des Marktmechanismus: Beispiel 32.2: Wirkungsfolge eines dauerhaften Nachfrageanstiegs Bin dauerhafter Anstieg der Nachfrage auf einem Markt kommt in einer Rechtsverlagerung der Marktnachfragekurve zum Ausdmck. (In der folgenden Abbildung 32.17 werden der Einfachheit halber lineare Kurvenverlaufe unterstellt.) Auf kurze Frist ist sowohl die Anzahl der Anbieter eines Gutes als auch deren einzelwirtschaftliche Produktionskapazitat unveranderlich. Hire kurzfiistigen Anpassungsmoglichkeiten an veranderte Preise oder Nachfragemengen sind auf die Variation der flexibel einsetzbaren Produktionsfaktoren beschrankt. Durch Aggregation der einzelwirtschaftlichen Angebotskurven ergibt sich so eine vergleichsweise steile, preisunelastische Marktangebotskurve A^. Abbildung 32.1 ViAnpassung des Angebots an eine dauerhaft gestiegene Nachfrage

p A"* ,A^

^ ^ A '

/

p'^>

\---^

p 0 ) stets der Fall. Dann kann es also nur ein Maximum des Gewinns geben. xK(x) > 0 bedeutet, daB die Kostenkurve konvex verlauft; entsprechend weist xE(x) < 0 einen konkaven Erlosverlauf aus. Es kann gezeigt werden, daB letzteres dann gesichert ist, wenn die Preis/AbsatzKurve einen fallenden und zudem nichtkonvexen (also konkaven oder linearen) Verlaufhat. Bezogen auf die Preissetzung in der Praxis besagt die Bedingung zweiter Ordnung somit folgendes: • Wenn durch eine VvQissenkung und den damit verbundenen Absatzzuwachs die Erlose starker steigen als die Gesamtkosten, dann sollte der Preis weiter gesenkt werden. Steigen die Erlose dagegen schwacher als die Kosten (oder sinken sie gar), dann ist der Preis zu niedrig und sollte erhoht werden. • Wenn durch eine FrQisanhebung und den damit verbundenen Absatzriickgang die Erlose starker sinken als die Gesamtkosten, dann ist der Preis zu hoch und sollte gesenkt werden. Sinken dagegen die Kosten starker als die Erlose (oder steigen die Erlose sogar), dann sollte der Preis weiter erhoht werden. Der Leser mache sich diese Aussagen auch anhand der folgenden Abbildung 33.7 klar. Die Grenzerlose und Grenzkosten entsprechen den vertikalen Schenkellangen der eingezeichneten Steigungsdreiecke.

Der interessierte Leser kann dies sehen, wenn er die zweite Ableitung der Erlosflinktion E(x) = p(x) • x betrachtet.

474

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Abbildung 33.7: Gewinnmaximum im Kosten/Erlos-Diagramm

K,E

Damit bei ErfixUimg der Bedingung erster Ordnung (Coumot-Bedingung) und der Bedingung zweiter Ordnung mit der gewinnmaximierenden Ausbringungs- und Absatzmenge x^ tatsachlich ein positiver Gewinn zustande kommt, mu6 der gewinnmaximierende Preis p^ iiber den Durchschnittskosten im Gewinnmaximum liegen: G > 0

0. Der Lemer'sche Monopolgrad kaim auch in anderen Marktformen, das heiBt bei einer Mehrzahl preisabiler Anbieter verwendet werden. Er miBt dann, um wieviel ein Anbieter oder alle Anbieter zusanmien den Preis tiber das Niveau bei vollkommener Konkurrenz (Grenzkosten) hinaus anheben konnen. Ein hohes Ma6 an Marktmacht Kegt insbesondere bei Kartellen vor oder bei Preisabsprachen der Anbieter zu Lasten der Nachfrager. Der Lemer'sche Monopolgrad ist jedoch nur dann ein taugliches MaB fur die Marktmacht eines Anbieters, wenn dieser auch tatsachlich Gewinnmaximierung betreibt. Weicht er bewuBt oder unbewuBt von diesem Ziel ab oder »versteckt« er seine marktmachtbedingten Gewinne in iiberhohten (Grenz-)Kosten, so erscheint er bei Betrachtung von ^L als weniger marktmachtig als er tatsachlich ist. Empirikum 33.2: Die folgende Tabelle zeigt fur einige Wirtschaftszweige empirisch ermittelte Durchschnittswerte des Lerner'schen Monopolgrades. Die einzelnen Studien wurden von Timothy Bresnahan zusammengestellt:

Dies hat der Autor in einem Diskussionsbeitrag (Offenbares Marktverhalten und "wahre" Marktsituation, IWIS-Paper 93037, Dortmund 1993) im einzelnen aufgefuhrt.

491

3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol

Wirtschaftszweig Nahrungsmittelverarbeitung Kaffeerostung (groBtes Untemehmen) Gummiverarbeitung Textilindustrie Elektromaschinen Tabakverarbeitung Eisenbahn (mit Kartell) Tankstellen Automobile (70er Jahre) Aluminiumherstellung GroBbanken vor Deregulierung GroBbanken nach Deregulierung Schwarz-WeiB-Femsehgerate Philippinisches KokosnuBol

^L

0,50 0,06 0,05 0,07 0,20 0,65 0,40 0,10 0,10.. 0,34 0,59 0,88 0,40 0,58 0,89

Quelle: Bresnahan, T.: Empirical Studies of Industries with Market Power; in: Hanbook of Industrial Organization; Bd 2, hrsg. von Richard Schmalenbach und Robert D. Willig; New York, 1989, mit Einzelquellenangaben.

Aufgabe33.5: a) Vergleichen Sie fiir die in Beispiel 33.2 angenommene Marktsituation das Marktergebnis (Marktpreis, Transaktionsmenge) des Monopolfalls mit dem, das bei voUkommener Konkurrenz zustande kame. b) Bestimmen Sie daim auch den Lemer'schen Monopolgrad des Monopolisten.

d) Es gibt eine mogliche Ausnahme von der These, im Monopol sei der Preis hoher als bei vollkommener Konkurrenz: Die Nachfrager stehen sich im reinen Monopol preislich nur daim mit Sicherheit schlechter als bei vollkommener Konkurrenz, wenn in beiden Marktsituationen die gleiche Kostenstruktur gegeben ist. Das heiBt: Alle Polypolisten haben zusammen die gleiche Grenz- und Durchschnittskostenfimktion wie der Alleinanbieter. Weist die Produktion dagegen zunehmende Skalenertrage auf, so kann eine auf den Monopolisten konzentriQrte Produktion zu geringeren Durchschnittskosten und unter bestimmten Bedingungen auch zu niedrigeren Preisen fiir das bereitgestellte Gut fiihren als bei einer Aufteilung des Marktvolumens auf mehrere kleine

Vgl.Kapitel 2.1.3.

492

Die Preisbildung auf voUkommenen Markten

Produzenten. Fiihren zunehmende Skalenertrage zu fallenden Durchschnittskosten im relevanten Mengenbereich des Absatzes, so kommt es zu einem ProzeB der ruinosen Konkurrenz zwischen den um Absatzwachstum bemiihten Anbietem. Infolge der Marktaustritte niinmt die Anbieteranzahl im Zeitverlauf ab. Auch bei zunehmenden Skalenertragen bleiben allerdings die tibrigen mit der Monopolstellung eines Anbieters verbiindenen Eflfizienz- und Marktmachtprobleme bestehen, die hier nur angedeutet werden koiinen: Da ein Monopolist nicht dem Konkurrenzdruck durch andere Anbieter ausgesetzt ist, sieht er sich nicht zu einer engen Kundenorientierung gezwungen. Er wird vergleichsweise schlechte Produktqualitaten anbieten und zu ineffizienter Produktion neigen. Die hohe Marktmacht erlaubt es ihm, trotz iiberhohter Kosten Gewinne zu realisieren. e) Zum AbschluB des Marktergebnisvergleichs soil noch kurz der Frage nachgegangen werden, wie sich einzelwirtschaftliche Angebotsmengenanderungen auf den Marktpreis auswirken. Auch dadurch laBt sich Marktmacht messen. Mit jedem zusatzhchen Angebot sinkt tendenziell der Marktpreis, wenn wir von einer festen Marktnachfragefunktion ausgehen. Sei s(x:p) = Y'^

(33.22)

die Preiselastizitat der Nachfrage im Gleichgewichtspunkt eines Marktes und dabei fix =fix^die Angebotsmengenanderung eines Anbieters i. Wir betrachten hier also nicht die Auswirkung einer Preisanderung auf die Nachfragebeziehungsweise Transaktionsmenge, sondem umgekehrt die Auswirkung einer angebotsbedingten Transaktionsmengenanderung auf den (Gleichgewichts-)Preis. X ist die Transaktionsmenge im Gleichgewicht. Umstellen von (33.22) ergibt dann: p

x-8(x:p)

Nun erweitem wir auf der rechten Seite mit xV x^ und schreiben 6^ = xVx fiir den Marktanteil des Anbieters i: bp P

x'-bx' _ d' bx' xs(x:p)x' s(x:p) x'

Die Stemchen zur Kennzeichnung der GleichgewichtsgroBen lassen wir zur Vereinfachung weg.

3.3. Angebotspolitik und Preisbildung im reinen Monopol

493

Dividieren wir diese Gleichung nun dutch 5xV x\ so entsteht auf der linken Seite (Sp/p)/(dxVx^) =: 8(p:x'), also die Elastizitat des Marktpreises in Bezug auf die Angebotsmenge eines Anbieters i. So erhalten wir die folgende interessante Beziehung: s(p:x ) =

(33.23)

s(x:p)

Die Elastizitat des Marktpreises in Bezug auf die Angebotsmenge eines Anbieters ist also gleich dem Quotient aus dem Marktanteil dieses Anbieters und der Preiselastizitat der Marktnachfrage im Gleichgewicht. 8(p:x^) gibt somit an, wie sich der Gleichgewichtspreis auf dem Markt prozentual andert, wenn ein Anbieter i mit dem Marktanteil 6^ sein Angebot um ein Prozent erhoht. Hat ein bestimmter Anbieter beispielsweise einen Marktanteil von 10 Prozent (also 0^ = 0,1), und betragt die Preiselastizitat der Nachfrage im Marktgleichgewicht -2, so andert sich der Gleichgewichtspreis um 0,l/-2 = -0,05 Prozent, wenn der betreflfende Anbieter seine Angebotsmenge im Marktgleichgewicht um ein Prozent erhoht. Mittels der Elastizitat s(p:x^) kann demnach ebenfalls der EinfluB einzelner Anbieter auf einem Markt gemessen werden. Im Extremfall des Monopols ist der Marktanteil des Alleinanbieters 9^ = 1 und (33.23) ergibt s(p:x^) = l/8(x :p) = - fiL- Der PreiseinfluU des Monopolisten entspricht also dem Negativen seines Lemer'schen Monopolgrades. (Der Leser wende dies auf die ^L-Werte des Empirikums 33.2 an.) Im anderen Extrem der vollkommenen Konkurrenz ist 0^« 0 und folghch ist der PreiseinfluB s(p:x^) « 0.

4. Die Konkurrenz auf unvoUkommeneii Markten

In den vorangegangenen Kapiteln stand der vollkommene Markt im Mittelpimkt der Betrachtungen. Es ging um die untemehmerische Angebotspolitik unter den idealtypischen Bedingimgen (Ml) bis (M4), sowie um das Geschehen auf dem entsprechenden Markt, insbesondere die Preisbildung. Nun wenden wir uns den unvollkommenen Markten zu. In der Realitat sind praktisch alle Markte mehr oder weniger unvollkommen, weisen also Verletzungen der in Kapitel 3.1.1. genannten Vollkommenheitseigenschaften auf. Ein wesentlicher Grund dafiir liegt, wie wir noch sehen werden, im Interesse der Anbieter, Markte unvollkommen zu machen. Denn dadurch konnen sie ihre wirtschaftliche Position verbessem. Das zuvor analysierte Modell des vollkommenen Marktes weist den entscheidenden Vorteil auf, daB es die wirtschaftlichen Grundzusammenhange auf einfache Weise erhellt. Die dargestellten Theorien des preisinabilen Untemehmens (Kapitel 2 und 3.2.4.) und des/?re/^aZ>//ew Untemehmens (Kapitel 3.3.) konnen bei realen Marktanalysen auch als einfache Naherungen dienen, falls die Voraussetzungen des vollkommenen Marktes (Ml) bis (M4) nicht »zu sehr« verletzt sind. Die diesbeztighche Robustheit des betreffenden Modells ist auch empirisch nachgewiesen worden. Liegen dagegen »erhebHche« Abweichungen von diesen Voraussetzungen vor, so sind Modifikationen des Modells erforderhch, von denen die wichtigsten in diesem vierten Hauptkapitel behandelt werden. Zunachst geht es in Kapitel 4.1. allgemein um die Angebotspolitik eines Unternehmens im unvollkommenen Markt. Dabei kommen auch praxisrelevante Probleme zur Sprache. Danach werden realitatsnahere Modellierungen der Anbieterkonkurrenz dargestellt. Der vollkommene Markt war namlich nach imserer Definition ein Markt ohne direkte Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Anbietem: Im Falle der vollkommenen Konkurrenz agieren die vielen Anbieter ohne direkten Bezug zueinander, sie orientieren sich nur an den vom Markt her gegebenen Daten, insbesondere am Preis; im Falle des reinen Monopols gibt es keinen Konkurrenten und folghch auch keine Konkurrenz. In der Realitat sind jedoch direkte Wechselwirkungen zwischen Anbietem die Regel. Im Kapitel 4.2. geht es zunachst um die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten bei vielen

496

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

(kleinen) Anbietem. Im darauf folgenden Kapitel 4.3. wird die Konkurrenz zwischen wenigen (groBen) Anbietem untersucht. An der Modellierung der Marktnachfrage, wie sie in Kapitel 1.5. erfolgte, andert sich nichts, bis auf den Umstand, da6 die Preis/Absatz-Kurve eines Untemehmens im folgenden nicht mehr notwendig der Marktnachfragekurve entspricht. Denn die Marktnachfrage verteilt sich nun stets auf eine Mehrzahl von Anbietem, die jeweils nur einen bestimmten Marktanteil und eine sich nur darauf beziehende (Preis/)Absatz-Funktion haben.

4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten

In diesem Kapitel geht es um eine Erweitemng und Diflferenziemng der Theorie des Untemehmensaugebots, wie wir sie in den Kapitehi 2.3. fiir einen preisinabilen Anbieter und 3.3. fer einen MonopoHsten entwickelt haben. Aus der FuUe der moglichen Weiterfiihrungen greifen wir einige heraus, die unter dem Anwendungsaspekt einzelwirtschafthch von groBer Bedeutung sind. Deshalb haben diese Ergebnisse der Mikrookonomik auch in die betriebswirtschaftliche Spezialliteratur zur Preis- und Produktpolitik Eingang gefimden und werden - haufiger als viele meinen - in der Praxis angewendet.

4.1.1. Angebotspolitische Instrumente und deren Wirkungen Der Preis und die Angebotsmenge sind in der Realitat nicht die einzigen Instmmente der untemehmerischen Angebotspolitik. Eine Ubersicht der wichtigsten Gmppen angebotspolitischer Instrumente, die in der Literatur auch als Aktionsparameter bezeichnet werden, zeigt die folgende Abbildung 41.1:

4.1 Angebotspolitik auf unvollkommenen Markten

497

Abbildung 41.1: Instrumente der untemehmerischen Angebotspolitik

Angebotspolitische Instmmente

strategische (langfristig)

Produkt-und Distributions- KapazitSts-und Sortlmentsund Service- Investltionspolitik politik politik

operative (kurzfristig)

ProduktionsPreis-und Werbungs-und und Auslastungs- Konditionen- Kommunilcationspolitik politik politik

Vom Einsatz der meisten genannten Instrumente gehen ceteris paribus zwei allgemeine und sich (iberlagemde Arten von Wirkungen aus: • Wirkungen auf die Absatzsituation des Untemehmens: spezieller Effekt. • Wirkungen auf das Gesamtabsatzvolumen des Marktes: genereller Effekt. Beispielsweise erhoht eine Preissenkung oder eine Intensivierung der Werbung in der Kegel nicht nur den Absatz des betreibenden Untemehmens, sondem auch die insgesamt auf dem Markt nachgefragte Menge. Insofem gibt es - analog zur Produktion - auch angebotsseitig exteme Effekte zwischen den Untemehmen. Der spezielle Effekt laBt sich weiter unterteilen in den Absatzzuwachs, den der Anbieter durch das Abziehen von Kunden seiner Konkurrenten realisiert (Umleiteffekt), und den Absatzzuwachs, den er durch das Anlocken ganz neuer Nachfrager auf den Markt erzielt (Einleiteffekt). Im Falle einer Preiserhohung oder einer Verringerung der Werbimg wirken die Effekte in umgekehrter Richtung. In jedem Fall muB bei der Quantifizierung die ceteris-paribus-Bedingung erfiillt sein, das heifit, dafi insbesondere die iibrigen Anbieter auf die Veranderung der Angebotspolitik des betrachteten Anbieters nicht reagieren, sondem stillhalten.

^ Vgl. Kapitel 2.6.

498

Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten

Die absatzpolitischen Instrumente konnen auch nach ihrer speziellen Wirkung unterschieden werden: Es gibt solche, die nur auf den Erlos, nur auf die Kosten oder sowohl auf den Erlos als auch auf die Kosten wirken. Beim Erlos kann direkt der Preis p und die Absatzmenge x genannt werden, indirekt wirken auf den Preis und/oder die Absatzmenge zum Beispiel die Werbung und die Produktqualitat. Bei den Kosten kann die Wirkung des Instruments struktureller (z.B. Rationalisierungsinvestitionen) oder additiver (z.B. Werbeau^endungen) Natur sein. Diese Unterscheidungen spannen einen weiten Facher moglicher Modellierungen auf. Nimmt man den Gewinn G als ZielgroBe des Untemehmens, dann konnte die Gewinnfunktion zum Beispiel folgende Struktur haben: G = p(q) • x(p,W) - K(xAq) - W

(41.1)

Hierbei wirkt die gewahlte Produktqualitat q indirekt (iiber den Preis p) auf den Erlos E = p-x und strukturell auf die Produktionskosten K. Der Werbeaufwand W wirkt indirekt (iiber die Absatzmenge x) auf den Erlos und additiv auf die Kosten. Die Kapitaleinsatzmenge c wirkt nur strukturell auf die Produktionskosten. Naturlich ist auch eine Wirkung der Werbung auf den Preis oder der Produktqualitat auf die Absatzmenge modellierbar. Die Wirkungsrichtung der EinfluBgroBen wird in der Gleichung fur gewohnlich durch Plus- oder Minuszeichen angegeben, die unter die unabhangigen Variablen geschrieben werden. Dies soUte der Leser in Gleichung (41.1) jetzt vomehmen: Ein Pluszeichen © wird gesetzt, wenn die betreflfende EinfluBgroBe den Funktionswert erhoht. Das ist oben vermutlich bei q in Bezug auf p und K sowie bei W in Bezug auf x und x in Bezug auf K der Fall. Ein Minuszeichen 0 wird unter EinfluBgroBen geschrieben, deren Erhohung den betrachteten Funktionswert senkt. In der Gleichung (41.1) ist das normalerweise bei p in Bezug auf x und moglicherweise bei c in Bezug auf K der Fall Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden zunachst einige erganzende Untersuchungen zur Preispolitik vorgenommen: Preisdifferenzierung, Analyse einiger in der Praxis verbreiteter Preissetzungsverfahren sowie der Auswirkungen alternativer Zielsetzungen des Untemehmens. Danach wird das vermuthch wichtigste Nichtpreis-Instrument, die Werbung, mikrookonomisch analysiert.

Das sind praktisch die Vorzeichen der partiellm Ableitungen.

4.1 AngebotspolitikaufunvoUkommenenMarkten

499

4.1.2. Preisdifferenzierung a) In der Theorie des vollkommenen Marktes wurde von einem homogenen Gut ausgegangen. Dafur kann es nach dem Jevons'schen Gesetz nur einen einheitlichen Preis geben (vgl. Kapitel 3.1.1.b). In der Realitat haben Untemehmen jedoch unter bestimmten Bedingungen die Moglichkeit, ihr Produkt verschiedenen Kaufergruppen zu unterschiedlichen Preisen anzubieten - auch dann, wenn die Produktionskosten gleich sind. Voraussetzimg einer solchen Preisdifferenzierung ist, dafi der betrachtete Anbieter seinen Absatzmarkt in unterschiedliche Teilmarkte separieren, also eine sogenannte Marktspaltung betreiben kann. Die Nachfrager eines hochpreisigen Teilmarktes dtirfen nicht die Moglichkeit haben, das Produkt auf einem niedrigpreisigen Teilmarkt zu kaufen. Eine Marktspaltung ist fiir einen gewinnorientierten Anbieter natiirhch nur dann interessant, wenn sie eine Gewinnsteigerung ermoglicht, das heiBt, wenn sie mehr einbringt als ihre Durchsetzung kostet. b) Haufig wird in solchen Fallen das Produkt in verschiedenen Aufinachungen angeboten, um die vorgenommene Preisdifferenzierung vor den Kunden zu rechtfertigen. Aber auch falls dies nicht erfolgt, handelt es sich bei den auf den verschiedenen Teihnarkten angebotenen Gutseinheiten aus Sicht der Nachfrager um verschiedene Gutsvarianten. Denn nach erfolgter Marktspaltung ist es fiir einen Nachfrager nicht gleich, auf welchem Teihnarkt er das Gut kauft. Es liegt folglich ein heterogenes Gut gemaB der Definition aus Kapitel 3.1.1.a) vor. Aus der Sicht des produzierenden Untemehmens handelt es sich gleichwohl um ein einheitliches Gut, dessen Einheiten unter gleichen produktionstechnischen Bedingungen (und folghch mit gleicher Kostenstruktur) bereitgestellt werden. Es lassen sich verschiedene Erscheinungsformen der Preisdifferenzierung unterscheiden. Die folgende Auflistung nennt auch einige empirische Beispiele: • personelle Preisdifferenzierung: Eintritts- und FahrpreisermaBigungen fiir bestimmte Personengruppen; Mitarbeiterrabatte. • zeitliche Preisdifferenzierung: unterschiedliche Preise fiir Tag- und Nachtstrom; fiir Telefongesprache zum Normal- und zum Billigtarif; Vor-, Haupt- und Nachsaisonpreisunterschiede, Subskriptionspreise bei Buchreihen.

1 Mit der Terminologie aus dem Kapitel 3.2.6.a) heiBt das: Zwischen den Teilmarkten darf keine Arbitrage lohnend sein.

500

Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten

• rdumliche Preisdifferenzierung: unterschiedliche Preise fur ein Automobil oder ein Pharmaprodukt im In- und Ausland. • sachliche Preisdifferenzierung: hohere Preise flir Heizol als fiir Dieselkraftstoff, fur Putter- als fur Nahrungsgetreide, fur Haushalts- als fijr Industriestrom. c) Zur Herleitung der Bedingungen flir eine gewinnmaximale Angebotspolitik bei Preisdifferenzierung reicht es aus, von einer Zweiteilung des Absatzmarktes eines Anbieters auszugehen. Jeder derbeiden Teilmarkte j = 1 und j = 2 weist eine eigene Preis/Absatz-Funktion pj(xj) auf und folglich auch eine eigene Erlosfunktion Eji Teilmarktl:

Ei(xi) = pi(xi)-Xi

(41.2a)

Teilmarkt2:

E2(x2) = P2(x2)-X2

(41.2b)

Da die Produkteinheiten beider Markte jedoch aus derselben Produktion stammen, hangen die Kosten der Bereitstellung von der Summe beider Absatzmengen ab, also: K = K(x),

mitx := X1+X2

(41.3)

Die Gewinnfunktion des preisdifferenzierenden Anbieters lautet somit: G = Ei(x,) + E2(X2) - K(x)

(41.4)

Ein Gewinnmaximum erfordert, dafi beide ersten partiellen Ableitungen der Gewinnfunktion null sind: Teilmarktl:

xi'G =

xiEi(xi) -

Teilmarkt2:

x^G =

X2'E2(X2) -

1 0

(41.5a)

x2'K(x) 1 0

(41.5b)

X,'K(X)

Hierbei sind x]Ej(xj) = 5Ej /dxj die Grenzerlose auf den Teilmarkten j = 1 und 2. Die beiden jeweils rechts vom Minuszeichen stehenden Grenzkosten sind einander gleich. Denn es ist egal, ob die Ausbringungsmenge flir den Teilmarkt 1 oder den Teilmarkt 2 um eine kleine Einheit erhoht wird. Der Kostenzuwachs ist in beiden Fallen der gleiche, denn produktionstechnisch handelt es sich um ein einheitliches Gut. Es kann folglich einfach ^ K(x) daflir geschrieben werden. Bringen wir die Grenzkosten auf die rechten Gleichungsseiten, so entsteht die CoumotBedingung (23.5), und man sieht, daB sie auf jedem Teilmarkt erfuUt sein muB: Teilmarktl:

J,Ei(xi)

=

^'K(x)

(41.6a)

Teilmarkt 2:

,',E2(x2)

=

xK(x)

(41.6b)

4.1 Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten

501

Da die Grenzkosten fur die Produktion der auf den beiden Teilmarkten angebotenen Gutsmengen gleich sind, folgt aus den Gleichungen (41.6), daB im Gewinnmaximum auch die Grenzerlose einander gleich sein miissen. Damit ergibt sich fur den Fall der Preisdifferenzierung folgende Form der Coumot-Bedingung, die naturlich auf eine beliebige Anzahl von Markten verallgemeinert werden kann und die als Gewinnmaximierungsbedingung bei Preisdifferenzierung bezeichnet wird: (41.7)

Um seinen Gesamtgewinn zu maximieren, muB ein preisdiflferenzierende Anbieter demnach dafiir sorgen, daB die Grenzerlose auf alien Teilmarkten gleich sind und zudem den Grenzkosten der Gesamtproduktion entsprechen: • Solange die Grenzerlose einander ungleich sind, kann der Gewinn durch Absatzverlagerungen vom Teilmarkt mit dem niedrigen Grenzerlos zum Teilmarkt mit dem hoheren Grenzerlos gesteigert werden. • Solange die (einander gleichen) Grenzerlose noch iiber den Grenzkosten hegen, ist eine Erhohxmg der insgesamt produzierten Gutsmenge angezeigt, da sie zu einer Gewinnsteigerung fiihrt. Im umgekehrten Fall fiihrt eine Reduzierung der Ausbringungsmenge zu einem hoheren Gewimi. Um die Angleichung der Grenzerlose der Teilmarkte zu bewirken und diese zugleich auf die Grenzkosten abzustimmen, muB der Anbieter die Preise auf den Teilmarkten »geschickt« festsetzen. Denn durch unterschiedliche Preise kann er unterschiedliche Absatzmengen und Grenzerlose reahsieren. Zur graphischen Verdeutlichung der Gewinnmaximierung bei Preisdifferenzierung betrachten wir zunachst die in Abbildimg 41.2 dargestellte Ausgangssituation. Flier betreibt der Anbieter noch keine Preisdifferenzierung. Er bietet das Produkt auf beiden Teilmarkten, dargestellt durch die Preis/Absatz-Funktionen in den beiden linken Diagrammen, zum gleichen Preis p' an. Dieser entspricht dem CoumotPreis, bei dem er ohne Preisdifferenzierung den hochsten Gewinn erzielt. Bei diesem Preis bietet das Untemehmen auf dem Teilmarkt 1 die Menge xl und auf dem Teilmarkt 2 die Menge X2 an. Im rechten Diagramm ist die aggregierte Preis/Absatz-Kurve p(x) beider Teihnarkte dargestellt. Die Aggregation entspricht derjenigen, die wir in Kapitel 1.5.4.g) beschrieben haben, also etwa p(x) = Pi(xi) + P2(x2). Unter p(x) liegt die Grenzerloskurve xE(x) des Gesamtabsatzes, die an der Knickstelle der

502

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

aggregierten Preis/Absatz-Kurve einen Sprung macht. (Anhand imserer Erkenntnisse aus Kapitel 3.3.2.f) tiberlege sich der Leser den Grund dafiir.) Oberhalb des Schnittpunktes von Grenzerloskurve und Grenzkostenkurve liegt der Coumot-Punkt (Co). Die zugehorige Gesamtausbringungsmenge ist x^ = xj + Xj Abbildung 41.2: Gewinnmaximierende Preissetzung ohne Preisdifferenzierung

Ohne Preisdiflferenzienmg stimmen auf den beiden Teilmarkten Grenzerlos und Grenzkosten nicht uberein. Bei den Angebotsmengen xl und X2 ergeben sich ungleiche Grenzerlose, die auch mit den Grenzkosten XK(XG) im rechten Diagramm nicht tibereinstimmen. Der Leser kann zu VerdeutUchung die betreffenden Punkte von den Grenzerloskurven der beiden linken Diagramme nach links auf die Ordinate loten und mit dem Ordinatenwert xK(x^) des rechten Diagramms vergleichen. Der Gewinn kann nun dadurch erhoht werden, daB der Anbieter eine Marktspaltung betreibt. Auf dem Teihnarkt 1, wo der Grenzerlos x'iEi(xi) unter den Grenzkosten liegt, muB er durch eine Preiserhohung die Absatzmenge reduzieren; auf dem Teihnarkt 2, wo der Grenzerlos X2E2(X2) ilber den Grenzkosten liegt, ist durch eine Preissenkung der Absatz zu steigem, und zwar solange, bis die Bedingung (41.7) erfiillt ist. Der Leser iiberlege, wie die Preise in Abbildung 4L2 auf den beiden Teilmarkten festgelegt werden miiBten, damit die Grenzerlos auf beiden Markten gleich sind. In der folgenden Abbildung 41.3 ist diese Situation dargestellt. Auf dem Teihnarkt 1 verlangt der Anbieter nun den Preis ppund auf dem Teihnarkt 2 den Preis pf. (Die vorherigen Angebotspunkte sind zum Vergleich als oflfene Punkte auf den Preis/Absatz-Kurvem angegeben.) Bei dieser Preiskonstellation werden auf den beiden Teilmarkten gerade solche Mengen xp,x^ abgesetzt, die zu gleichen Grenzerlosen auf den beiden Markten fiihren und zudem den Grenzkosten xK(x^)

4.1 Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten

503

der Gesamtproduktionsmenge x^= xp+ x£ entsprechen. Der Gesamtgewinn setzt sich nun aus den auf beiden Teilmarkten realisierten Gewinnen zusammen. Er ist hoher als vor der Preisdififerenzierung Abbildung 41.3: Gewinnmaximierende Preissetzung mit Preisdifferenzierung

d) Sind die Preiselastizitaten des Absatzes auf den beiden Teilmarkten sowie die Grenzkosten der Produktion im Bereich des Gewinnmaximums bekannt, dann kann die Preissetzung anhand einer Elastizitatenregel vorgenommen werden. Zu deren Herleitung werden die Grenzerlose in den Gleichungen (41.6) gemafi der Amoroso/Robinson-Relation (33.7) jeweils durch den Preis und die Preiselastizitat des Teilmarktes ausgedriickt. Mit 8j := e(xj:pj) als Preiselastizitat des Absatzes auf dem Teilmarkt j muB dann im Gewinnmaximum gelten (vgl. auch (33.16) ):

pp = P? =

si

8i + 1 S2

•xK

(41.8a)

xK

(41.8b)

82+1

Betragen die Grenzkosten beispielsweise xK = 10 und sind 8i = -1,5 und 82 = -2, so ergeben sich gewinnmaximierende Preise von pp = 30 und p£ = 20. Im hier betrachteten Fall zweier Teilmarkte hangt das gewinnmaximale FrQisverhaltnis nur von den beiden Preiselastizitaten ab, weil sich durch Division der beiden Gleichungen (41.8) die Grenzkosten herauskurzen:

Im Falle von mehr als zwei Teilmarkten mu6 die Bedingung (41.9) fur alle moglichen Paare von Markten gelten.

504

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

(41.9)

Die Gleichungen geben zu erkennen, da6 der Anbieter auf dem preiselastischen Teilmarkt (mit dem vergleichsweise »sehr« negativen 8-Wert) einen niedrigen, auf dem preisunelastischen Teilmarkt (mit dem nur »weiiig« negativen s-Wert) dagegen einen vergleichsweise hohen Preis setzen muB, wenn er seinen Gesamtgewinn maximieren will. Dies zeigt auch das obige Zahlenbeispiel. Sind die Preiselastizitaten auf den Teilmarkten gleich, so lohnt sich Preisdiflferenzierung nicht. Die Gleichung (41.9) laBt auch Riickschlusse darauf zu, wie sich Anderungen der Preiselastizitaten auf das gewinnmaximale Preisverhaltnis auswirken: Wird etwa die Nachfrage auf dem Teilmarkt 1 weniger preiselastisch, steigt also Si in unserem Zahlenbeispiel von -1,5 auf -1,4, so lohnt es sich fiir den Anbieter (ceteris paribus) den Preis auf dem ersten Teilmarkt anzuheben, so daB sich anstelle von 1,5 nun 1,75 als neues gewinnmaximales Preisverhaltnis ergibt. Es sei nochmals betont, daB bei positiven Grenzkosten stets 8j < -1 gilt (vgl. Kapitel 3.3.3.a).

Beispiel41.1: Ermittlung des Gewinnmaximums bei Preisdifferenzierung im Falle linearer Preis/Absatz-Funktionen. Ein Untemehmen stelle ein bestimmtes Produkt her und bietet es auf zwei getrennten Teihnarkten an. Die Preis/Absatz-Funktionen der beiden Teilmarkte seien: pi(xi)

= ni - mi-xi,

p2(x2)

= n2 - mi-xi

(1)

Die beiden Erlos- und Grenzerlosfunktionen sind dann: Ei(xi)

= nrxi - mr(xi)^,

^;Ei(xi) = ni - 2 m r x i ,

E2(x2)

= X2-X2 - m2[n^-nj 2 m^mj + c[mi+m2]

^^^

Dies ist die gewinnmaximierende Angebotsmenge des Untemehmens auf dem Teihnarkt 1. Der gewinnmaximierende Preis ergibt sich durch Einsetzen von xpin die Preis/Absatz-Funktion des ersten Teilmarktes gemaB (1), also: pf = Pi(xf)

(9)

Der Leser kann zur Ubimg auf die beschriebene Weise auch xf ermitteln. Dazu muB zunachst die Gleichung (5) nach xi umgestellt werden.

n

Kann der Anbieter selbst festlegen, in wieviele und welche Teihnarkte er seinen gesamten Absatzmarkt aufspaltet, so wird er vermutlich jene Aufteilung wahlen, die ihm den hochstmoghchen Gesamtgewinn in Aussicht stellt. Dazu muB er die gemaB der Bedingung (41.7) bei jeder moghchen Aufteilung reahsierbaren Gewinne miteinander vergleichen. Der Grenzfall, bei dem der Anbieter jede

506

Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten

Gutseinheit einzeln und zu einem jeweils gewinmnaximalen Preis zu verkaufen versucht, wird als totale Preisdifferenzierung bezeichnet. e) Welches Marktergebnis stellt sich bei praktizierter Preisdifferenzierung ein, und wie ist es zu beurteilen?: • Die Nachfrager auf dem preisunelastischeren Teilmarkt miissen einen erhohten Preis bezahlen. Zu diesem Preis wird nur eine vergleichsweise geringe Menge umgesetzt. Die Gesamtausgaben dieser Nachfrager fiir das Gut sinken, weil ein Angebot nur in preiselastischen Bereich erfolgt. • Die Nachfrager auf dem Teihnarkt mit der dem Absolutbetrag nach hoheren Preiselastizitat konnen das Gut zu einem vergleichsweise geringen Preis erwerben. Die am Markt umgesetzte Menge steigt, und die aggregierten Ausgaben dieser Nachfrager fiir das Gut nehmen zu. • Der Gewinn des Untemehmens steigt, falls die differenzierungsbedingten Erloszuwachse hoher sind als die Kosten der Marktspaltung. Es ist ein Fall vorstellbar, bei dem das Untemehmen ohne Preisdifferenzierung nur Verluste realisieren konnte, mit Preisdifferenzierung dagegen einen Gewinn. Preisdifferenzierung ist dann eine Voraussetzung dafiir, daB das betreffende Gut tiberhaupt angeboten wird. Daran ist zu sehen, dafi die Preisdifferenzierung nicht pauschal negativ zu beurteilen ist. Empirikum41.1 Preisdifferenzierung auf unterschiedlichen regionalen und internationalen Markten wird besonders von Pharmaunternehmen betrieben. Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft, was 100 Aspirin-Tabletten in verschiedenen GroBstadten der Erde im Jahre 1995 in D-Mark gemessen kosteten: Ort

Preis

Tokio

52.66

Rom

25.53

Munchen

23,75

Hongkong

16.68

London

15.18

Sydney

11,16

Paris

10,70

Los Angeles

10.67

Stockholm

9,01

Toronto

7.26

Mexico City

2.56

Quelle: Focus 51/1995. S. 152. m.H.a. USA Today.

4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten

507

Keirnt man die Preise auf den einzelnen Teilmarkten und die Preiselastizitat der Nachfrage auf mindestens einem Teilmarkt, so lassen sich mit der Gleichung (41.9) auch die Preiselastizitaten auf den tibrigen Teilmarkten berechnen. Dazu ist diese Gleichung nach der unbekannten Elastizitat umzustellen. Der Leser kann dies anhand der Preisdaten des Empirikums 41.1. nachvoUziehen, wenn beispielsweise von einer Preiselastizitat der Aspirin-Nachfrage in Tokio von s = -1,1 ausgegangen wird. Es laBt sich etwa berechnen, da6 dann die Preiselastizitat in Hongkong -1,4 betragt.

4.1.3. Analyse durchschnittskostenorientierter Preissetzung

a) Die in den Kapitehi 2.3. und 3.3. hergeleiteten Preissetzungsregeln fiir eine gewinnmaximierende Angebotspolitik finden in der Praxis zwar zunehmend, aber noch nicht sehr haufig Aiiwendung. Ziim einen mangelt es vielerorts an dem zur Umsetzung der Coumot-Bedingung erforderlichen analytischen Wissen. Zum anderen mtiBte - streng genommen - ein um die Gleichheit von Grenzerlosen und Grenzkosten bemiihter Anbieter bei jeder exogenen Nachfrage- oder Kostenanderung auch seine Preisforderungen anpassen, was mit allerlei Schwierigkeiten verbunden sein kann. In der Praxis bedient man sich daher haufig »einfacher« Preissetzungsverfahren, die den Charakter von Faustregehi haben. Von diesen ist die sogenannte KostenPlus-Regel die bedeutendste. Sie soil deshalb im folgenden hinsichthch ihrer Wirkungen auf das Gewinnziel mikrookonomisch imtersucht und mit der Grenzkosten-Preisregel (Coumot-Bedingung) der vorangegangenen Kapitel verghchen werden. b) Nach der Kosten-plus-Regel (auch markup pricing oder cost-plus pricing genannt) wird der Angebotspreis p durch einen absoluten oder prozentualen Aufschlag auf die gesamten oder die variablen Durchschnittskosten k des Produktes bestimmt: p= k + g p = (l+a)k

: additiver Aufschlag : multiplikativerAufschlag

(41.10) (41.11)

Das zeigen mehrere Untersuchungen. Beispielsweise fend Wied-Nebbeling (Das Preisverfiaken in der Industrie; Tubingen, 1985, S. 137) heraus, daB rund zwei Drittel der befragt^i Untemehmen die Kosten-Plus-Regel bei der Preisbestimmung zugrunde legen oder sich zumindest an ihr orientieren.

508

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

Der additive Aufschlag g entspricht dem intendierten Durchschnittsgewinn. Entweder dieser oder aber der Aufschlagssatz a wird exogen vorgegeben. Beide Kosten-plus-Varianten konnen wie folgt ineinaader uberfuhrt werden: g = ak

(41.12a)

a = ^

(41.12b)

In der Gleichung (23.14) hatten wir gezeigt, daB - aus theoretischer Sicht - der gewiimmaximierende Aufschlagsatz eines preisinabilen Anbieters seiner Durchschnittskostenelastizitat entspricht, was jedoch in der Praxis weitgehend unbekannt sein dtirfte. Ein Sonderfall der Kosten-Plus-Preissetzung ist die Festlegung von Zielrenditen (sog. target return pricing). Danach wird der Preis so gesetzt, daB sich eine bestimmte Verzinsimg re des eingesetzten Kapitals C , also eine bestimmte Kapitalrentabilitat ergibt: E(x)-K(x) = rcC ; K ] C - ; C [ E - K ] ' -, = 0

510

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten 1 ist. Die folgende Abbildung 41.4 zeigt noch einmal die Unterschiede aller in diesem Buch imtersuchten Zielsetzungen: Abbildung 41.4: Untemehmensziele im einzelwirtschaftlichen Preis-Mengen Diagramm

iE(x)

4.1.5, Beriicksichtigung von Werbung in der Angebotspolitik

Ein Anbieter, der Werbung fiir sein Produkt betreibt, geht davon aus, daB dies tendenziell seinen Absatz erhoht. Zugleich steigen dadurch aber auch die Kosten. Symbolisieren wir die periodenbezogenen Werbeausgaben mit W, so ist nun die Absatzmenge x auBer von p auch von W abhangig (vgl. Gleichung (41.1)). Damit hangen auch die Kosten liber x von p und W ab. Die Gewinnfunktion des Anbieters lautet: G(p,W) = px(p,W) - K(x(p,W)) - W

(41.21)

4.1. Angebotspolitik auf unvoUkommenen Markten

513

Im Gewinmnaximum mtissen beide partiellen Ableitungen dieser Funktion null sein (die Fimktionsklammem lassen wir der Einfachheit halber weg): pG = X + P p X -

xKpX

! =

0

(41.22a)

= 0

(41.22b)

!

wG = p-wX-xK-wX - 1

Durch Umstellen beider Ableitungen nach x K und Gleichsetzen folgt: X + p-px

P-

1

Durch geeignetes Erweitem der Ableitungen im Zahler und im Nenner gelangt man zu folgender Elastizitatsform fur die gewinnmaximierende Angebotsmenge des werbungtreibenden Untemehmens: X

8(x:p)

W

8(x:W)

p

=

Im Gewinnmaximum (p ,W ,x^) mu6 folglich gelten:

W"^ p^x^

^

s(x:W) -s(x:p)

(41.23)

Auf der linken Seite steht der Anteil der Werbeausgaben am Erlos p • x. Dieser Anteil muiJ im Gewinnmaximum gleich dem Verhaltnis aus Werbeelastizitat 8(x:W) imd dem Absolutbetrag der (normalerweise negativen) Preiselastizitat des Absatzes sein. Diese Bedingung wird nach ihren Entdeckem als

514

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

Dorfman/Steiner-Theorem bezeichnet. Sie erfreut sich im Marketing groBer Beliebtheit: 1st beispielsweise 8(x:W) = 0,2 , was in etwa dem mittleren Zahlenwert der Werbeelastizitat in der Realitat entspricht, imd s(x:p) = -2,5 , so ist es gewinnmaximal, wenn 0,2/2,5 = 0,08, also acht Prozent der Erlose fur Werbung ausgegeben werden. Das Theorem zeigt, daB der relative Werbeau^and unter Optimalitatsbedingungen um so groBer ist, je holier die Werbeelastizitat und je geringer der Absolutbetrag nach der Preiselastizitat des Absatzes ist. Da, wie in Gleichung (33.21) gezeigt wurde, der Kehrwert der negativen Preiselastizitat dem Monopolgrad p,L entspricht, kann das Dorfinan/Steiner-Theorem auch wie folgt interpretiert werden: W^

H,.8(x:W)

(41.24)

Die Formel zeigt den direkten Zusammenhang zwischen Werbung und Marktmacht: Ein gewinnorientiertes Untemehmen wird einen um so groBeren Anteil seines Erloses ftr Werbung ausgeben, je groBer seine durch den Monopolgrad gemessene Marktmacht ist. Fiir einen preisinabilen Anbieter (mit ^L= 0) lohnt es sich nicht, Werbung zu treiben. Bei vollkommener Konkurrenz wird die Information der Nachfrager durch die VielzaW der Anbieter und auch tiber den Marktpreis sichergestellt. Informative Werbimg ist dann nicht erforderhch und suggestive Werbung entbehrhch. In vermachteten Markten spielt Werbung (in ihren positiveri und negativen Erscheinungsformen) eine groBe RoUe. Da es sich zum einen fur preisabile Anbieter lohnt, Werbung zu treiben, und zum anderen Werbung die Praferenzen der Nachfrager beeinfluBt, indem sie zum Beispiel das Angebot eines Untemehmens von dem seiner Konkurrenten abhebt, weist das Marktsystem eine stete Tendenz zur Heterogenisierung des Giiterangebotes auf (vgl. Kapitel 3.1.1.a).

Das Theorem wird hier etwas vereinfacht wiedergegeben. Zum Original vgl. R. Dorfinan/ P.O. Steuier: Optimal Advertising and Optimal Quality; American Economic Review 44, 1954, S. 826-836.

4.2. Monopolistische Konkurrenz

515

4.2. Monopolistische Konkurrenz

Als monopolistische Konkurrenz wird seit Edward Chamberlin (1933) die Marktform des Polypols auf einem unvollkommenen Markt bezeichnet; vgl. Kapitel 3.1.3.d): Zahlreichen Nachfragem wird von einer Vielzahl kleiner Anbieter ein heterogenes Giiterangebot ofFeriert. Diese Marktform kommt in der Realitat wesentlich haufiger vor als die des Polypols auf einem vollkommenen Markt (vollkommene Konkurrenz). Daher ist das Modell der monopolistischen Konkurrenz eine realitatsnahere Beschreibung von Markten mit vielen Anbietem.

4,2.1. Charakterisierung der Marktform a) Bei monopolistischer Konkurrenz bietet jeder Anbieter aus der Sicht der Nachfrager eine im Vergleich zu seinen Konkurrenten unterschiedliche Variante eines Gutes an. Der Unterschied kann auf besonderen raumlichen, zeitliehen, sachlichen oder personlichen Praferenzen der Nachfrager beruhen. Dies kann auch durch den Einsatz absatzpolitischer Instrumente - vor allem der Werbung bedingt sein, weil jeder Anbieter versucht, sein Produkt von den Konkurrenzprodukten abzugrenzen, etwas »Besonderes« anzubieten. Dadurch kormen sogar objektiv gleichartige Gutseinheiten in den Augen der Nachfrager zu unterschiedlicheii Gutsvarianten werden. Ein Beispiel hierfiir, wenn auch nicht fur einen Polypohnarkt, bieten die bekannten Benzinmarken. Auch bei Waschmittehi, Zigaretten, Kaflfee und Bier sind die objektiven Unterschiede zwischen den einzebien Produkten geringer als es der Einschatzung der Nachfrager entspricht. Fur das Folgende ist es jedoch unerhebhch, ob die Heterogenitat des Angebots auf objektiven Unterschieden, subjektiven Einschatzungen oder womoglich auf unvoUstandiger Markttransparenz beruht. Entscheidend ist, da6 zwischen den einzehien Angeboten enge, aber nicht perfekte Substitutionsbeziehungen bestehen. Ftir jede Gutsvariante besteht ein eigener Teilmarkt, der annahmegemaB von nur einem Anbieter bedient wird. Bei heterogenen Markten tritt somit das Problem der Marktabgrenzung besonders deutlich hervor.

1

Der amerikanische Okonom Edward Chamberlin lieferte 1933 (zeitgleich mit der Englanderin Joan Robinson) die erste geschlossene Konzeption dieser vergleichsweise realitatsnahen Marktforai. Vgl. Kapitel 3.1.1., insbesondere die Bedingung (Ml) ist nun aufgehoben.

516

Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten

Aufgrund der Nichthomogenitat des Gutes, der Nachfragerpraferenzen und der Tatsache, da6 jede Gutsvariante von jeweils nur einem Anbieter angeboten wird, ist die Nachfrage nach jeder Gutsvariante nicht vollkommen preiselastisch. Jeder der zahlreichen Anbieter verfiigt auf dem von ihm bedienten Teilmarkt Uber einen wenn auch begrenzten Preissetzungsspielraum - wie im Monopol; daher die Bezeichnung dieser Marktform. b) Da jeder Anbieter annahmegemafi nur einen sehr geringen Anteil am Gesamtangebot des Gutes hat, sind seine absatzpolitischen und insbesondere seine preispolitischen MaBnahmen in ihren Wirkungen zwar fiir ihn, nicht aber fur die tibrigen Anbieter wahmehmbar. Zieht beispielsweise ein Anbieter durch eine Preissenkung Nachfrager von seinen Konkurrenten auf sich, so erleidet wegen der groBen Anbieterzahl jeder dieser Konkurrenten nur eine unmerkliche AbsatzeinbuBe. Daher reagieren die Konkurrenten auf Preisanderungen eines einzebien Anbieters nicht. Jeder sieht die Angebotspohtik der tibrigen als Datum an. Um es noch einmal zu betonen: Preisinduzierte Nachfragebewegungen zwischen den Anbietem sind nur fur das einzehie, den Preis andemde Untemehmen fiihlbar, nicht aber fiir die groBe Zahl seiner Konkurrenten. Die einzelwirtschaftliche Absatzveranderung verteilt sich auf diese groBe Zahl, so daB die Konkurrenten die auf sie entfallenden geringen Absatzveranderungen nicht bemerken. Denn in der Reahtat unterhegt der Absatz zufallsbedingten Schwankungen. Kleine Absatzdiflferentiale, die durch MaBnahmen eines Konkurrenten ausgelost werden, sind deshalb nur schwer als systematische Absatzanderung zu identifizieren. Dies hat zur Folge, daB jeder Anbieter seinen Preis in einem gewissen Intervall andem kann, ohne Reaktionen seiner Konkurrenten befiirchten zu mtissen. Hinsichthch der Nachfi-agereaktionen die ein Anbieter durch eine Veranderung seiner Preisforderung auslost, sind vier Falle zu unterscheiden: • Senkt er den Preis nur ein wenig, so steigt sein Absatz, weil er einige Kunden, die von seinen Konkurrenten zu ihm wechsehi, hinzugewinnt und zudem seine eigenen Kunden groBere Mengen nachfi-agen. • Senkt er seinen Preis drastisch, so fiihrt ihn der stark wachsende Absatz rasch an seine Kapazitatsgrenze und treibt seine Durchschnittskosten in die Hohe. • Erhoht er seinen Preis ein wenig, so geht sein Absatz zuriick, denn einige Nachfi-ager wandem von ihm zu seinen Konkurrenten ab; die tibrigen fi-agen eine geringere Menge nach. • Erhoht er den Preis drastisch, so wird er alle Kunden an seine Konkurrenten verheren, und sein Absatz sinkt auf null.

517

4.2. Monopolistische Konkurrenz

c) Die Abbildung 42.1 zeigt diese Absatzsituation eines Untemehmens i, das unter der Bedingung monopolistischer Konkurrenz sein Produkt anbietet. Deutlich ist der durch die soeben genannte Nachfragereaktion bedingte monopolistische Preissetzungsspielraum im mittleren Bereich der Preis/Absatz-Kurve zu erkennen. Da jeder Anbieter annahmegemafi nur eine Gutsvariante anbietet iind jede Gutsvariante von nur einem einzelnen Untemehmen angeboten wird, konnen die einzebien Produkte mit dem Index der Anbieter gekennzeichnet werden. Deshalb steht der Anbieterindex i nun unten-rechts an den Preis- und den Mengensymbolen. Er kennzeichnet zugleich die jeweils betrachtete Gutsvariante und das die Gutsvariante anbietende Untemehmen. Abbildung 42.1: Preissetzungsspielraum eines Anbieters bei monopolistischer Konkurrenz

Pi(Xi)

4.2.2. Kurzfristiges Angebot a) Zur Analyse der Angebotspolitik und der Preisbildung bei monopolistischer Konkurrenz betrachten wir nun die Situation eines einzehien reprasentativen Anbieters etwas genauer. Von der Preis/Absatz-Kurve fiir die von ihm angebotene

Das Konzept dieser sogenannten doppelt geknickten Preis/Absatz-Kurve geht auf den deutschen Okonomen Erich Gutenberg (1951) zuriick; sie ist auch empirisch bestatigt worden.

518

Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten

Gutsvariante ist hauptsachlich der mittlere, relativ preisunelastische Bereich relevant (siehe Abbildung 42.1). Deim nur hier kann der Anbieter sich trotz seines geringen Gesamtmarktanteils wie ein Monopolist verhalten. Die von Chamberlin verwendete Nachfragefiinktion hinsichtlich des von einem Untemehmen i angebotenen Produktes lautet: xf = m i - m - p i + X p^.p^

(42.1)

k=\

Die Koeffizientenwerte pA:, die den EinfluB der Preise der tibrigen Anbieter (Konkurrenten) auf die Absatzmenge des Untemehmens i angeben, sind annahmegemaB jeweils sehr gering, so da6 die Absatzmenge des Anbieters i durch Preisanderungen eines anderen Anbieters k nicht merklich verandert wird. Gleichwohl ist die Summe aller Preiseinfltisse der Konkurrenten eine merkliche BestimmungsgroBe fur den Absatz des i. Das gilt auch fur den Fall, da6 sich die Anzahl K der Konkurrenten etwa durch Markteintritte fiihlbar verandert. b) Der betrachtete Anbieter i wahlt annahmegemaB denjenigen Angebotspunkt auf seiner Preis/Absatz-Kurve, der ihm den maximalen Gewinn in Aussicht stellt. Das Gewinnmaximum wird, wie bei einem Monopolisten (vgl. Kapitel 3.3.3.), bei der Ausbringungs- und Absatzmenge erreicht, bei der seine Grenzkosten dem Grenzerlos entsprechen. Der Schnittpunkt der zur Preis/Absatz-Kurve gehorenden Grenzerloskurve mit der Grenzkostenkurve bestimmt die gewinnmaximierende Angebotsmenge xf und tiber den zugehorigen Angebotspunkt (Co) den gewinnmaximierenden Preis pf; siehe Abbildung 42.2. Liegt pp iiber den Durchschnittskosten ki(xp), so reahsiert der Anbieter einen positiven Gewinn.

519

4.2. Monopolistische Konkurrenz

Abbildung 42.2: Gewinnmaximum eines Anbieters bei monopolistischer Konkurrenz

iEi(Xi)

4.2.3. Langfristiges Gleichgewicht Kommen bei den auf dem Markt tatigen (inkumbenten) Anbietem merkliche Gewinne zustande, so werden dadurch Neuanbieter eraiuntert, mit weiteren attraktiven Angeboten in den Markt einzutreten. Die Markteintritte neuer Anbieter haben zur Folge, daB sich das Marktvolumen beziehungsweise die Gesamtabsatzmenge nun auf eine groBere Anbieterzahl verteilt, so daB der Marktanteil jedes einzelnen Anbieters sinkt. Das bedeutet, daB sich die einzelwirtschaftlichen Preis/Absatz-Kurven nach »links« verlagem. Dies wiederum fiihrt dazu, daB die Anbieter ihre Preisforderungen reduzieren. In der folgenden Abbildung 42.3 ist dies fiir den mittleren Bereich der Preis/Absatz-Kurve des betrachteten Anbieters i dargestellt. Die Verlaufe wurden linearisiert und bis zu den Koordinatenachsen verlangert: Durch die Markteintritte der Neuanbieter verschieben sich seine Preis/Absatz-Kurve und seine Grenzerloskurve ausgehend von der lang gestrichelten Position nach links. Der Coumot-Bedingung folgend paBt er seine Angebotsmenge von xp^auf x p und seine Preisforderung von p p auf p p an. Der Leser mache in dem Diagramm die Hohe des ursprunglichen und des nach der

520

Die Konkurrenz auf unvollkommenen Markten

Anpassung realisierten Gewinns durch SchraflBenmg der entsprechenden Rechteckflachen kenntlich. Es ist daiin zu erkennen, daB im hier dargestellten Fall infolge der Markteintritte der Gewiim des Anbieters zuriickgeht. Bei den tibrigen Anbietem ist es ebenso. Abbildung 42.3: Markteintritte bei monopolistischer Konkurrenz

x & \xi^i

xE(x) In der langen Frist passen die inkmnbenten Anbieter auch ihre Produktionskapazitaten an, so daB sich die Durchschnittskostenkurven entlang der lang2

fristigen Durchschnittskostenkurve verschieben. Diese beiden Prozesse setzten sich fort, solange noch merkliche Gewinne auf dem Markt realisiert werden, solange also die Preise p^der Anbieter noch oberhalb der Durchschnittskosten k(x^)hegen. Langfristig werden gerade dann keine Gewinne mehr realisiert, wenn sich die Preis/Absatz-Kurven der inkumbenten Anbieter soweit nach links verschoben haben, daB sie die (langfristige) Durchschnittskostenkurve nur noch tangieren. Ein

1 Vgl. ggf. Beispiel 33.2. 2 Vgl. die Kapitel 2.2.5.a) und 3.2.5.a).

521

4.2. Monopolistische Konkurrenz

solcher Tangentialpunkt ist der sich langfristig einstellende Coumot-Pimkt eines Anbieters bei monopolistischer Konkurrenz. Er wird als Chamberlin'scher Tangentialpunkt (Ch) bezeichnet. Er stellt den Endzustand des beschriebenen Anpassimgsprozesses und damit das langfristige Gleichgewicht eines Anbieters unter monopolistischer Konkurrenz dar (siehe Abbildung 42.4). Ln ChamberlinPunkt gilt:

und

xPi(Xi) = xkf(Xi)

(42.2)

Pi(xi) = kf(xi)

(42.3)

Abbildung 42.4: Langfristiges Gleichgewicht bei monopolistischer Konkurrenz

xEi(Xi)

Hat jeder Anbieter sein langfristiges Marktgleichgewicht erreicht, dann realisieren die inkumbenten Anbieter keine Gewinne mehr und der Zustrom neuer Anbieter hort auf. Dieses Marktergebnis ahnelt dem langfristigen Gleichgewicht bei voUkommener Konkurrenz, das in Kapitel 3.2.5.c) erlautert wurde. Es besteht jedoch ein entscheidender Unterschied: Bei voUkommener Konkurrenz produzieren langfristig alle Anbieter im Minimum der langfristigen Durchschnittskosten; bei monopohstischer Konkurrenz wird dagegen »links« davon, das heiBt bei einer

522

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

langj&istig suboptimalen Ausbringungsmenge produziert. Demi wegen der negativen Steigung der Preis/Absatz-Kurve liegt der Chamberlin-Punkt (Ch) jedes Anbieters stets im Bereich fallender Durchschnittskosten. Die Produktionskapazitaten werden daher langfristig nicht in bestmoglicher Weise genutzt und ausgelastet. Die Kostensenkungsmoglichkeiten werden durch den beschriebenen Anpassungsmechanismus nicht voUstandig erschlosssen. Mit anderen Worten: Das Gut konnte kostengiinstiger bereitgestellt werden, wenn sich der Absatz auf weniger Produzenten verteilte und diese dann zu geringeren Durchschnittskosten produzieren wtirden. Es gibt demnach im langfiistigen Gleichgewicht bei monopoKstischer Konkurrenz zu viele Anbieter mit einer jeweils zu geringen Ausbringungsmenge. Diesem Efiizienznachteil steht jedoch der Vorteil gegentiber, da6 die Nachfrager aus einem vergleichsweise breiten Sortiment unterschiedhcher Gutsvarianten auswahlen konnen, das ihren Bediirfiiissen vermuthch besser entspricht als ein homogenes Angebot, wie es bei vollkommener Konkurrenz oflferiert wird. Eine theoretische Abwagung zwischen Preisnachteilen und Produktdifferenzierungsvorteilen ist kaum moghch.

4.3. Oligopolmarkte

523

4.3. Oligopolmarkte

4.3.!• Charakterisierung der Marktform

Die Marktform des Oligopols ist dadurch gekennzeichnet, daB es auf der Angebotsseite des Marktes nur einige wenige Anbieter (Oligopolisten) gibt, von denen jeder einen erheblichen Anteil am gesamten Marktumsatz des gehandelten Gutes hat. Es handelt sich also um eine Marktform zwischen den Extremen des Monopols mit nur einem imd dem Polypol mit sehr vielen Anbietem. Die Besonderheit des Oligopols besteht darin, daB die wenigen Untemehmen in ihrem Markterfolg wechselseitig voneinander abhangig sind. Jede absatzpolitische Aktion eines Anbieters beeinfluBt spiirbar die Marktposition der iibrigen Anbieter imd veranlaBt diese zu gezielten Reaktionen, die wiederum auf den Verursacher zuriickwirken. Zwischen den Anbietem besteht somit eine direkte AktionsReaktions-Verbundenheit, die iiber die indirekte Absatzverbundenheit bei vollkommener sowie monopolistischer Konkurrenz hinausgeht und Wettbewerbsstrategien auf seiten der Anbieter moghch macht. Die gegenseitige Abhangigkeit der Angebotspolitiken wird auch als oligopolistische Interdependenz bezeichnet. Die Entscheidungssituation der Ohgopohsten ist somit strategischer Art. Im Oligopol weiB jeder Anbieter, daB sein Absatz und Gewinn nicht nur von seiner Preis- oder Mengenentscheidung abhangt, sondem auch von den analogen Entscheidungen seiner Konkurrenten. Folglich wird sich jeder OligopoHst fragen, wie die Konkurrenten auf seine Aktionen reagieren werden und was angesichts der zu erwartenden Reaktionen seine »beste« Vorgehensweise ist. Das fiir ein Untemehmen optimale Angebotsverhalten hangt folghch von den zu erwartenden Reaktionen seiner einzehien Konkurrenten ab. Individuelles Verhalten ist aber (auch in strategischen Situationen) in der Regel nicht im einzehien theoretisch erklarbar und vorhersagbar. Jeder Versuch in dieser Richtung ist zum Scheitem

Brauchbare und stabile Regularitaten treten erst auf aggregierter Ebene (z.B. auf der Marktebene) auf Der methodologische Unterschied zu den einzelwirtschaftsbezogenen Theorien in den vergangenen Hauptkapiteln 1 und 2 besteht darin, dafi es dort um typisches Veiiialt^ ging, dessen Verstandnis fiir die Erklarung der Aggregate "Marktangebot" und "Marktnachfrage", um die es letztlich geht, hilfreich ist. Im Oligopol kommt es dagegen entscheidend auf das spezifische Verfialten jedes eiazelnen Akteurs an. Spezifische einzelwirtschaftliche Erklarungsmodelle sind aber wegen der Irregularitat individuellen Verhahens nicht moglich, Das gilt auch fur einzelne Untemehmen.

524

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

verurteilt. Es kann sogar gezeigt werden, daB gerade irrationale Reaktionen einem Akteur in strategischen Situationen haufig Vorteile bringen. Vorhersehbare Strategien der Konkurrenten sind im Wirtschaftsleben eine ebenso absurde Annahme, wie etwa beim Schachspiel. Man »niischt« ja gerade deshalb mit, well der Ausgang der Interaktion offen ist. Deshalb handelt es sich beim Oligopol in der Realitdt um eine hinsichtlich des Marktergebnisses hochst unbestimmte Marktform. Das bringt nicht nur Schwierigkeiten bei der Wettbewerbspolitik, sondem hat auch zur Folge, daB theoretische ModeUierungen bei dieser Marktform wenig relevant sind. Es hat sich gezeigt, daB sie zu keinen allgemeingiiltigen 2

Aussagen fuhren und ihr Anwendimgsbezug auBerst gering ist. Gleichwohl ist es fiiir das Verstandnis von Marktvorgangen forderlich, sich das Wesentliche der oligopolistischen Interdependenz klar zu machen. Nur so kann man das Charakteristische der Verhaltensweisen von OhgopoKsten zu verstehen. Aussagen tiber die Preisbildung im Ohgopol lassen sich nur auf der Grundlage vorgegebener Annahmen uber die Strategien und Reaktionsweisen der Anbieter herleiten. Im folgenden werden einige vergleichsweise einfache und grundlegende Erklarungsmodelle dargestellt, die das Typische der oligopoKstischen Preisbildung, namlich die direkte Abhangigkeit der einzelwirtschaftlichen Angebotsplane voneinander, deuthch machen. Zunachst werden wir Oligopole in einem homogenen, danach in einem heterogenen Markt betrachten. Von einem Oligopolgleichgewicht auf einem homogenen Markt wird dann gesprochen, wenn die folgenden beiden Bedingungen erfullt sind: • Ein marktraumender Preis p* ist zustande gekommen, so daB ix^Cp*) = x^(p*)

(43.1)

i=l

Dies entspricht der aus Kapitel 3.2.1. d) bekannte Marktgleichgewichtsbedingung. • Jeder Ohgopolist wahlt genau die (far ihn optimale) Angebotspolitik, welche die ixbrigen Oligopohsten erwarten, so daB alle Anbieter ihre Erwartungen bestatigt sehen und folglich keiner eine Veranlassung hat, seinen Angebotsplan zu revidieren. Ein solcher Zustand wird als Cournot-Gleichgewicht bezeichnet.

In der Realitat zeichnet sich ein guter Stratege - gleich in welchem Bereich - in erster Linie durch ein eigentiimliches Gespiir, einen besonderen Sensor, ein intuitives Erkennen des gerade angemessenen Verhaltens aus, nicht durch seine Ratio und kaltes Kalkul. 2

Das Problem besteht nicht darin, daB es keine »ausgefeilten« Ohgopohnodelle fur spezielle Situationen gibt, sondem dafi man in realen Situationen nicht sagen kann, welches dieser zahlreichen Modelle die vorhandene Situation angemessen beschreibt.

4.3. Oligopolmarkte

525

4.3.2. Homogene Oligopole Im homogenen Oligopol wird von den Anbietem ein homogenes Gut bereitgestellt, das auf dem Markt zu einem einheitlichen Preis gehandelt wird. Denn nach dem Jevons'schen Gesetz (vgl. Kapitel 3.1.Lb) kann es auf einem homogenen Markt bei voUstandiger Markttransparenz nur einen Preis geben. Fiir die Oligopolisten bleibt somit nur die Wahl der fiir sie jeweils optimalen, das heiBt hier gewinnmaximierenden Produktions- und Angebotsmenge. Homogene Oligopole werden daher auch als Mengenoligopole bezeichnet. Im folgenden beschranken wir die Darstellung auf den einfachsten Fall des Oligopols, namlich auf das Oligopol mit nur zwei Anbietem. Diese Art wird als Dyopol (auch: Duopol) bezeichnet. Die beiden Anbieter heiBen DyopoUsten. Zwei Grundformen des Dyopols, die nach ihren theoretischen Entwicklem benannt wurden, werden unterschieden: das Coumot'sche Dyopol und das von Stackelberg'sche Dyopol. a) Cournot-Dyopol. Das alteste und auch einfachste Ohgopolmodell stammt von AugustinA. Coumot (1838), auf den auch die bekannte Coumot-Bedingung (23.5) zuriickgeht. Er analysiert den Fall zweier Oligopolisten i = 1 und i = 2, die jeweils im Besitz einer Mineralwasserquelle sind. Das angebotene Gut ist also homogen. Der einheithche Preis p bildet sich im Ausgleich der von beiden Anbietem insgesamt angebotenen Gutsmenge x = x^ + x^ und der Marktaachfi'age (die Symbole A und N lassen wir im folgenden weg). Die Marktnachfi-age wird durch die gemeinsame Preis/Absatz-Funktion der Dyopolisten beschrieben und hier der Einfachheit halber als linear unterstellt: p(x) = n - mx = n - m(x^ + x^)

(43.2)

Die Coumot'sche Verhaltensaimahme lautet: (C) Jeder der beiden Anbieter geht davon aus, dafi sein Angebotsverhalten keine Reaktionen bei dem Konkurrenten hervorruft, dafi also der jeweils andere Anbieter seine optimale Angebotsmenge festlegt unddann dabei bleibt. Glauben die Dyopolisten in dieser Weise, da6 der jeweils andere stillhalten wird, so bringt jeder der beiden die Gutsmenge auf den Markt, die seinen Gewinn maximiert. Der Gewinn eines Dyopohsten hangt auBer von der eigenen auch von der Angebotsmenge seines Konkurrenten ab, also von einer GroBe, die er nicht selbst direkt kontroUieren kann. Anbieter 1 sieht gemaB der Annahme (C) die Angebotsmenge x^ als gegeben an und ermittelt unter dieser Voraussetzung seine gewinnmaximierende Angebotsmenge. Entsprechend betrachtet der zweite Anbieter die

526

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

Menge x^ als konstant und maximiert seinen Gewinn. Die Gewiimflmktionen der Anbieter lauten (mit p aus (43.2)): G^(x^x^) = p(x).x^ - K^(x^)

(43.3a)

= [n-m.(x^ + x^)]x^ - K V ) = n-x^ - m.(x^)^ - m-x^-x^ - K^(x^) G^(x^x^) = p(x)x^ - K V )

(43.3b)

= [n-m.(x^ + x^)].x^-KV) = nx^ -mx^x^ - m i x y

-K\X^)

Die Bedingung erster Ordnung (Coumot-Bedingung) fur ein Gewimimaximum lautet damit fur die beiden Dyopolisten (unter der vereinfachenden Voraussetzung konstanter und gleicher Grenzkosten iKi(xi) = ^^^(x^) =• ^ • G^ = n - 2 m x ^ - m x ^ - c = 0

(43.4a)

^^G^ = n - m x ^ - 2 m x ^ - c = 0

(43.4b)

Die Bedingung zweiter Ordnung ftr ein Gewinnmaximum ist ebenfalls in beiden Fallen erfiillt: JG^ = -2m < 0 , f u r i = l u n d i = 2

(43.5)

Auflosen der Gleichungen (43.4) nach den Angebotsmengen der Anbieter ergibt: n - m • x2 - c 2m 7



n - m • xi - c 2m



n - c 2m

X2

n - c 2m

xi

2 2

(43.6a) (43.6b)

Die obere Gleichung gibt die gewinnmaximierende Angebotsmenge des ersten Anbieters in Abhangigkeit von der als gegeben unterstellten Angebotsmenge des Anbieters 2 an; sie wird deshalb als Mengen-Reaktionsfimktion des Anbieters 1 bezeichnet: x^(x^). Analog dazu stellt die imtere Gleichung die MengenReaktionsfimktion des zweiten Anbieters in Abhangigkeit von der Angebotsmenge des Anbieters 1 dar : x^(x^). Der Leser erganze dies rechts in den Gleichungen (43.6). Die Steigungen der Reaktionsfunktionen werden als Reaktionskoeffizienten bezeichnet und mit dem kleinen griechischen Buchstaben Rho (p) symbolisiert.

527

4.3. Oligopolmarkte

Sie geben an, um wieviele Einheiten ein Anbieter seine Angebotsmenge andem wiirde, falls sein Konkurrent eine Mengeneinheit mehr anbote. Hier ist: hi^

1

5x2

1

(43.7a) (43.7b)

"y

bx

Anstelle der Steigungen konnen auch Reaktionselastizitaten verwendet werden, die wie folgt definiert sind: l-^2\ 8(x':x^)

_

8(x2:xi)

=

5x1

dx^

x\x^)

1 n-c 1 mx^

dx^ bx^ x2(xi)

1 -

1 n —c

(43.8a)

(43.8b)

mx" Es stellt sich nun die Frage, ob es eine Kombination der Angebotsmengen x^ irnd x^ gibt, die beide Reaktionsflmktionen (43.6) erfuUt, bei der also die Angebotsplane beider Dyopolisten wechselseitig miteinander vereinbar sind. Um dies herauszufinden, betrachten wir zunachst die graphische Darstellung der beiden Reaktionsfunktionen, die als Reaktionslinien bezeichnet werden. Sie werden in einemsogenannten Angebotsmengendiagramm dargestellt^-siehe Abbildung 43.1: Abbildung 43.1: Mengeri'Reaktionslinien im homogenen Coumot-Dyopol

528

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

Das Diagramm zeigt, daB es tatsachlich eine der gesuchten Art gibt, und zwar im Schnittpunkt der beiden Reaktionslinien, also bei Angebotsmengenkombination (x^*, x^*). In diesem Oligopolgleichgemcht auf dem Coumot'schen Dyopolmarkt entspricht die Angebotsmenge jedes Anbieters genau den Erwartungen des jeweils anderen (vgl. Kapitel 4.3.1). Das Gleichgewicht kann aus (43.6) formal wie folgt ermittelt werden. Durch Einsetzenvon x^(x^) in x^(x^) ergibtsich: X"

=

.1

-

n-c 2m n-c 4m

1 2

n-c 2m

x^ 2

x^ + — 4

n-c 3m

x*i

(43.9a)

Durch Einsetzen von x^(x^) in x^(x^) folgt analog (was der Leser zur Ubung nachvollziehen moge): *2 n-c (43.9b) 3m Die insgesamt angebotene Menge im Coumot-Dyopol betragt somit: *

X

*i

*9

= X ^+X^

(43.10) Den Gleichgewichtspreis p* erhalt man durch Einsetzen der gleichgewichtigen Gesamtangebotsmenge x* in die gemeinsame Preis/Absatz-Funktion (43.2): p(x*) = n - m - 2 n - c

3*^ir

(43.11) Das Marktgleichgemcht (p ,x ) ist somit bekaimt. Aufgabe43.1: Leiten Sie das Gleichgewicht (p*,x*) noch einmal fiir den Fall her, daB beide Dyopolisten weiterhin konstante, aber moglicherweise ungleiche Grenzkosten c \ c^ aufweisen.

4.3. Oligopolmarkte

529

Es kann gezeigt werden, daB es bei wechselseitigen Anpassungen zu einem MengenanpassungsprozeB kommt, der zu den gleichgewichtigen Angebotsmengen x^* und x^* hinfijhrt -*- egal welche Angebotsmengen die beiden Dyopolisten zimachst wahlen. Dieser ProzeB wird in Abbildung 43.2 veranschaulicht. Abbildung 43.2: MengenanpassungsprozeB im homogenen Cournot-Dyopol

Nehmen wir an, der Anbieter 1 gehe zunachst davon aus, daB er keinen Konkurrenten hat (also x^ = 0). Dann wird er die Menge x\o) anbieten. Der Anbieter 2 beobachtet dies und benicksichtigt diese Angebotsmenge des ersten Anbieters in seiner Angebotsplanung; er bietet gemaB seiner Reaktionslinie die Menge x^(i) an. Dies beobachtend wird der Anbieter 1 seinen ursprtlnglichen Angebotsplan revidieren und nun die Menge x^(i) als gegeben unterstellen; er kommt dadurch zu der jetzt fiir ihn optimalen Angebotsmenge x^i)- Dies nimmt nun Anbieter 2 zum AnlaB, seinen Angebotsplan neu zu optimieren und bietet nun die Menge x^(3) an. Dieser wechselseitige AnpassungsprozeB setzt sich solange fort, bis beide Dyopolisten ihre gleichgewichtigen Angebotsmengen im Schnittpunkt der Reaktionslinien wahlen. Im Gleichgewicht hat kein Anbieter mehr eine Veranlassung seine Plane zu revidieren; Anpassungen finden nicht mehr statt. Ein solcher Zustand hat daher den Charakter eines Cournot'schen Oligopolgleichgewichts, wie es im Unterkapitel 4.3.l.c) definiert wurde.

530

Die Konkurrenz auf unvoUkommenen Markten

b) Die Losung des Couraot'schen Mengendyopolmodells kann fiir eine Anbieterzahl I > 2 verallgemeinert werden. Die von alien I Anbietera zusammen angebotene Gutsmenge ist dann X = Zx'

(43.12)

i=i

Wenn wir wieder von einer linearen Preis/Absatz-Funktion p(x) = m - n • p ausgehen, dann lautet die Gewinnfunktion eines beliebigen Anbieters i: G^ = [m - n-x] . x^ - K ^ x ^

(43.13)

Dabei kann x als die Summe aus x* und x^ aufgefaBt weden, wobei x^ (lies: "x ohne i") die Summe der Angebotsmengen aller iibrigen Anbieter (auBer i) darstellt. Damit kann (43.13) auch wie folgt geschrieben werden : G^ = m x ^ - n- (x* + x^^) • x^ -

K^(x*)

= m-x^ - n- (x*)2+ n- x^^ • x^ -

K'{x')

Die Maximierung von G' erfordert das Verschwinden der ersten Ableitung nach x': ^i'G* = m - 2n-x^ -

n • x^^ - ^iK^x^

= 0

(43.14)

Sind die Grenzkosten konstant gleich 'K*^ so ergibt sich daraus analog zu (43.6) durch Umstellen nach x* die Mengenreaktionsfunktion des Anbieters i (in Abhangigkeit vom Gesamtangebot der iibrigen Anbieter) : ^. ,. x-(x-)=

m - 'K^ ^ ^ ^ -

x^* —

(43.15)

Im Vergleich mit Gleichung (43.6) erkennt man, daB sich die hier untemommene Verallgemeinerung nur im Zahler des rechten Summanden nierderschlagt. x^ ist das vom Anbieter i erwartete gesamte Marktangebot aller seiner Konkurrenten. Diese zunachst noch unbekannte GroBe kann wie folgt ermittelt werden: Durch die Summierung der gewinnmaximierenden Angebotsmengen (43.15) aller Anbieter ergibt sich das Marktangebot zu: x^ = Zx^'\x^') i=l I

m

'K^

2n

2n

1

I m

- - — 2n

I _.

1

I ^.

— • S'K^ - - Z x ^ ^ 2n

i=i

2

(43.16)

i=i

Beachtet man, daB Zx^' = I • x"^ - x^ = ( I - l ) x ^ , so laBt sich die Marktangebotsi=l

gleichung weiter vereinfachen (die Summenindizes lassen wir der Einfachheit halber weg):

531

4.3. Oligopolmarkte Im 2n

I - 1

1 X'K^

2n

I- r max! x^ + x^x )

G^ = n - m

(43.19)

2m x^ - c = 0

5x^ ()xi(x^) ::— = P12 der ReaktionskoeflBzient des ersten Anbieters ()x^ in Bezug auf Mengenaktionen des zweiten Anbieters. Im hier betrachteten Fall gilt pi,2 ^ -1/2. Damit und mit Gleichung (43.6a) ergibt sich aus der vorigen Formel:

Nach (43.7a) ist

m-

X2 = 80

zu b) Es erfolgt eine Drehung um den festen Schnittpunkt auf der Xi-Achse, well x° B/pi unverandert geblieben ist. X2 nimmt auf das Doppelte (= 160) zu, wenn p2 halbiert wird und sinkt auf die Halfte (= 40) des vorherigen Wertes, wenn p2 verdoppelt wird (siehe die dunn gezeichneten Budgetgeraden im Diagramm). zu c) Es erfolgt eine Parallelverschiebung nach »rechts-oben« (B-Erhohung) oder nach »linksunten« (B-Senkung), well die von den beiden Gutem hochstens konsumierbaren Mengen (Achsenschnittpunkte) sich bei Budgetanderungen proportional verandem (siehe die gestrichelt gezeichneten Budgetgeraden im Diagramm). zu d) Es erfolgt keine Lageveranderung, denn auf jeder Achse j andert sich der Achsenschnittpunkt B/pj nicht, wenn B und pj proportional verandert werden.

548

Aufgabenlo sungen

Losung zu Aufgabe 13.1: zu a) Zur Sicherstellimg der Konsumoptimumbedingung (13.3) beziehungsweise (13.2) muB zunachst die Indifferenzkurvensteigung ermittelt werden. FaBt man xi als abhangige Variable auf, dann ergibt sich durch Umstellen der in der Aufgabenstellung gegebenen Praferenzfunktion nach xi die Indifferenzfunktion Xj(x2;(p) =

1

P •(XJ2

9 a

(1)

a

Ihre erste Ableitung nach X2 ergibt die Steigung: 1

2Xj(x2;(p) =

(2)

-^^•(X2)

Die Budgetgeradengleichung ist: Xj(x2;B) =

B

(3)

Pi

Pi

Ableiten nach X2 ergibt: 'x,(x2;B) =

Pi

(4)

Pi

GemaB der Bedingung (13.2) miissen im Konsumoptimum die durch (2) und (4) beschriebenen Steigungen von Indifferenzkurve und Budgetgerade gleich sein. Da beide Steigungen negativ sind, konnen nach (13.3) auch ihre Absolutbetrage gleichgesetzt werden: 2a

•(X2)

(5)

2

Pl

Durch Umstellen der Gleichung (5) nach der Unbekannten X2 ergibt sich die gesuchte optimale Konsummenge des Gutes 2: P-Pi

n2

(6)

2 a •p2

Die optimale Menge des Gutes 1 erhalt man durch Einsetzen von x^ gemaB (6) in die Budgetgeradengleichung (3): x;P -

x^(x^;B) =

B

P-P, 2 a . p,

B 2a

(7)

Einsetzen der Koeffizientenwerte in (6) und (7) ergibt die Zahlenwerte der optimalen Konsummengen: 1920

~T6~

0,6 2 0,1

16 2 —- = 120 - 9 — = 114 24 3

(8)

Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels

0,6-16 2-0,l'24

^2

^

549

92 ^

(9)

Der optimale Konsumplan des Konsumenten ist somit: x^ = (xf,xf) = (114,4)

(10)

zu b) Die Ausgabenanteile im Konsumoptimum ergeben sich aus: = 1-

B

(Pi)'

2a

P2'X|

P2-B (Pi)

B

2a

2

P2-B

= 1 0,6 2-0,1

0,6 2-0,1

16^ = 0,95 24-1920

16^ = 0,05 24-1920

(11)

(12)

Der Budgetanteil des ersten Gutes betragt also 95 Prozent und der des zweiten Gutes 5 Prozent.

Losung zu Aufgabe 13.2: zu a) Die Nachfragemenge des Gutes 1 ergibt sich einfach durch Einsetzen der Parameterwerte in die NachfragefUnktion: '

32

Der fiir das Gut 1 ausgegebene (in Geldeinheiten gemessene) Budgetanteil betragt: Bi = pi.xf = 32.51 = 1632 GE Also bleibt fur das Gut 2 noch der Budgetanteil B2 = B - Bi = 1920 - 1632 = 288 GE tibrig. Damit kann die Gutsmenge xf = ^ P2

= ^

== 12

24

gekauft werden. Ein unersattlicher Haushalt schopft sein Budget voll aus. Das von dem Ni Ni Haushalt nachgefragte Gtiterbtindel ist somit (xi ,X2 ) = (51, 12). zu b) Bei pi = 16 ergibt sich analog zu a): . ^ 1920-12-24 ^ j^2 16 Ni B xi .pi = 16-102 = 1632 B2 = 1920-1632 = 288 Mi

288

24

= 12

Von dem Haushalt wird also nun das Gtiterbiindel (xi , X2 ) = (102, 12) nachgefragt. Wie man sieht, wirkt sich hier die Preisanderung des Gutes 1 nur auf die von diesem Gut nachgefragte Menge aus, nicht aber auf die Nachfrage nach dem Gut 2.

550

Aufgabenlo sungen

zu c) Bei p2 = 48 ergibt sich analog zu a): Ni

1920-12-48 = 42 32

Bi = x'.pi = 3242 = 1344 B2 = 1920-1344 = 576 576 = 12 48 Von dem Haushalt wird nun das Guterbiindel (x^', x^*) = (42, 12) nachgefragt. Wie man sieht, wirkt sich bei der hier unterstellten NachfragefUnktion auch die Preisanderung des Gutes 2 nur auf die von Gut 1 nachgefragte Menge aus. Offenbar ist die Nachfragemenge des Gutes 2 (x^' = 12) unabhangig von der Hohe der Preise. Der interessierte Leser kann feststellen, daB auch Anderungen des Budgets B keinen EinfluB auf die von Gut 2 nachgefragten Menge austiben. Um dies zu zeigen, kann aus der Budgetbeschrankung prxf^ + p2-x^' = B' durch Umstellen nach x^' die allgemeine Bestimmungsgleichung fur x^' gewonnen werden. Setzt man darin fiir xf' die in der Aufgabenstellung gegebene Nachfrageflinktion ein, lassen sich alle GroBen bis auf eine 12 herauskiirzen.

Losung zu Aufgabe 14.1: zu a)

Parallelverschiebung nach oben

zu b) und c)

Drehung nach oben

zu d)

Parallelverschiebung nach links

Losung zu Aufgabe 14.2: zu a) Beim Ubergang von £' auf 2 i ' geht die Freizeitnachfrage zuriick. Da der Lohnsatzanstieg einer Verteuerung des Gutes Freizeit gleichkommt (jede Stunde Freizeit bringt jetzt einen hoheren Verzicht auf mogliches Arbeitseinkommen mit sich), reagiert Freizeit normal; auch das Arbeistangebot reagiert also normal, weil der steigende Lohnsatz zu einem groBeren Arbeitsangebot gefuhrt hat.

Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels

551

zu b) Beim Ubergang von iV nach 3 £ ' nimmt die Freizeitnachfrage wieder zu und das Arbeitsangebot entsprechend ab. Das ist eine anormale Arbeitsangebotsreaktion. Diesen Fall kann man in der Realitat beobachten: Arbeitnehmer, die sich eines sehr hohen Lohnsatzes erfreuen, messen zumeist der Freizeit wieder einen hohen Wert bei und bemiihen sich, ihre wochentliche oder jahrliche Arbeitszeit zu verringem, um sich besser den Freuden der Verausgabung ihres hohen Einkommens in der Freizeit widmen zu konnen.

q)(5) (p(4) (p(3) (p(2) cp(i)

Losung zu Aufgabe 15.1: Die Berechnung der Einkommenselastizitat ergibt: B 8(x^:B)= > ^ . — =

2B 2

B - 2 B' p-2

Die Einkommenselastizitat der Nachfrage ist hier also gleich Zwei; alle iibrigen GroBen lassen sich herauskurzen. Das bedeutet: Wenn das Einkommen der Nachfrager um ein Prozent steigt, dann nimmt die nachgefragte Menge des betreffenden Gutes um zwei Prozent zu. Da der Elastizitatswert groBer als Null ist, liegt ein superiores Gut vor. Es zeigt sich, daB die Einkommenselastizitat nicht vom Einkommen B abhangt, also fiir alle Einkommenniveaus gilt. Engel'sche Nachfragefunktionen mit dieser Eigenschaft heiBen einkommensisoelastisch

552

Aufgabenlo sungen

Losung zu Aufgabe 15.2: zu a) Schreibt man flir den hier als konstant zu betrachtenden Term y-(pK)'^'^^-(pT)^'^^ n , so lautet die Engel'sche Nachfrageftinktion fur Kaffee einfach XK Einkommenselastizitat der Kaffeenachfrage ergibt sich zu: 8(x^:B)

0,5inB"'

n.B°

kurz

0,51

Die Einkommenselastizitat hat somit (unabhangig von der Hohe des Einkommens) den Wert 0,51. Sie entspricht hier dem Exponenten von B in der Nachfragefunktion. Die verwendete KafiFeenachfrageftinktion ist einkommensisoelastisch. zu b) Nach der Definition aus Abbildung 15.3 handelt es sich um ein schwach superiores Gut (Grundgut), da der Wert der Einkommenselastizitat groBer als Null, aber kleiner als Eins ist. Da es sich bei Kaffee um ein Nahrungs- bzw. GenuBmittel handelt, war dies nach dem Engel 'schen Gesetz auch zu erwarten: Einkommensveranderungen wirken sich nur unterproportional auf die nachgefi-agte Menge aus. zu c) Die Engel'sche Nachfragekurve fiir Kafifee hat in etwa folgenden Verlauf:

Dies kann man entweder durch Einsetzen einer Zahl fur n und Ermittlung einiger x^ -Werte (fiir verschiedene B-Werte) durch Einzeichnen zeigen oder - exakter und allgemein - durch Biiden der ersten und zweiten Ableitung, die das Steigungs- und Krtimmungsverhalten beschreiben: QX^

> 0 : steigender Verlauf

g x^

< 0 : abnehmende Steigung in Richtung der positiven B-Achse

Losung zu Aufgabe 15.3: Sei L: Literatur, W: Weiterbildungsveranstaltungen und F: Femkurse. Dann sind die Ausgabenanteile und Einkommenselastizitaten: 0L = O,5

s(xN:B) = 0,72;

ew = 0,3

S(XN:B) = ? ;

6? = ?

S(XN:B)=1,1

Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels

553

Nach (15.12) muB gelten: 0L + 6w + 6F = 1 - Folglich haben Femkurse einen Ausgabenanteil von 9F = 1 - 0,5 - 0,3 = 0,2, also 20 Prozent. Nach dem Engel'schen-Theorem (15.15) mul3 auch gelten: 0L-8(XN:B) + ews(xN:B) + 0FE(XN:B) = 1. Umgestellt nach der Unbekannten 8(XN :B) ergibt sich: / Km

E(XN:B) =

1-0,5.0,72-0,2.1,1 '-

'—

=

^ .

1,4

Weiterbildungsveranstaltungen haben also hier eine Einkommenselastizitat von 1,4 und sind demnach stark superiore Giiter (Luxusgiiter).

Losung zu Aufgabe 15.4: Wenn der Haferflockenpreis ph steigt, dann sind zwei unterschiedliche Reaktionen der JoghurtNachfragex|^ denkbar: •

x^ steigt, well zum Beispiel nun morgens statt der verteuerten Haferflocken (mit Milch) mehr Joghurtprodukte zum Fruhstuck gegessen werden. Dann ware j ein okonomisches Substitut von h. • x^" sinkt, weil zum Beispiel nun morgens statt Miisli (bestehend aus Haferflocken und Joghurt) mehr Brot gegessen wird. Dann ware j ein okonomisches Komplement von h.

Welcher der beiden Falle in der Realitat vorliegt, konnen nur empirische Untersuchungen zeigen. Eine theoretische Aussage dariiber ist nicht moglich.

Losung zu Aufgabe 15.5: zu a) Bei der Untersuchung der Teepreiselastizitat der KaflFeenachfrage ist der Term y-(Pj^)-0,16.(B)0,51 konstant und kann durch 11 abgekurzt werden. Die Kreuznachfragefiinktion fijr Kaffee lautet dann einfach x^ = Ilp/'^^. Als Kreuzpreiselastizitat der Kaflfeenachfrage in Bezug auf Tee ergibt sich: 8(xN:p^ = / x N . - ^

= 0,15.n.(p,)^'^^^

P^^

= 0,15

Die untersuchte Kreuzpreiselastizitat hat somit (unabhangig von der Hohe des Teepreises) den Wert 0,15 (sog. fremdpreis-isoelastische Nachfrage). Sie entspricht dem Exponenten von pT in der Kreuznachfragefiinktion. zu b) Nach der Definition aus Abbildung 15.7 handelt es sich bei KaflFee - okonomisch gesehen - um ein schwaches Substitut von Tee, da der Wert der Kreuzpreiselastizitat groBer als Null, aber kleiner als Eins ist. zu c) Die Kreuznachfragekurve (x^ in Abhangigkeit von px) hat den in der folgenden Abbildung gezeigten Verlauf. Dies kann man entweder durch Einsetzen einer Zahl fiir n und Ermitteln einiger x^-Werte (fiir verschiedene pT-Werte) durch Einzeichnen zeigen oder exakter und allgemein - durch Bilden der ersten und zweiten Ableitung, die das Steigungs- und

Aufgabenlosungen

554 Krummungsverhalten beschreiben: p xN > 0 : steigender Verlauf p xN < 0 : abnehmende Steigung in Richtung der positiven px-Achse

PT

Losung zu Aufgabe 15.6:

xr(P,)

x»(pf>)

Losung zu Aufgabe 15.7: zu a) Schreibt man fur den hier als konstant zu betrachtenden Term Y(PT/'^^-(B)^'^^ einfach kurz n , so lautet dieNachfragefunktion fur Kaffee x^ = rTpK"^'^^. Als Eigenpreiselastizitat fiir KafFee ergibt sich: s(x-:pj

> ^ - ^

Pk K

=-o,i6-n.(pj-

-0,16 n(p,)-

Al. Losungen zu den Aufgaben des ersten Hauptkapitels

555

zu b) Der Wert der Eigenpreiselastizitat der KafFeenachfrage liegt (unabhangig von der Hohe des Kafifeepreises) zwischen 0 und -1. Nach der Definition handelt es sich deshalb um eine relativ preisunelastische normale Nachfi-age. Der konstante Elastizitatswert von -0,16 (eigenpreisisoelastische Nachfi-age) besagt, daB jede einprozentige KafFeepreiserhohung zu einem Riickgang der nachgefi^agten Kafifeemenge um 0,16 Prozent fohrt. zu c) Die Marshall'sche Nachfi-age hat denfi^lgendenVerlauf:

PK

XK

Dies kann man wieder entweder durch Einsetzen einer Zahl fiir n und Ermittlung einiger x^ Werte (fiir unterschiedliche pK-Werte) durch Einzeichnen zeigen oder durch Bilden der ersten und zweiten Ableitung, die das Steigungs- und Kriimmungsverhalten beschreiben: „ XK < 0 : fallender Verlauf X j^ > 0 : zunehmende Steigung in Richtung der pK-Achse (konvexer Verlauf)

PK

Losung zu Aufgabe 15.8 zu a) Das Elastizitatstheorem ist erfiillt, weil sich die Nachfi-ageelastizitaten jedes Gutes zu null addieren. In der Tabelle ist das daran zu erkennen, daB alle Zeilensummen und alle Spaltensummen jeweils null ergeben. Bei den Zeilen ist es das Gut h, dessen Preis sich andert. Beispiel 2. Zeile: 8(x^ : p^) + s(x^N : p^) + s(x^ ; p^) + 8(x^ : p^) + 8(x^ : B) := 0

2

+

1

+

(-3)

+

(-2)

= 0

+ 2

Bei den Spalten ist es das Gut j , dessen Preis sich andert. Beispiel 3. Spalte: 0 2-x

: (Ul) ist erfiillt

.xOa,c)= ^[Va-a + p-c] = ^ - • (a • a + p • c) 2

•(a-a + p-c)"

4-x^

: fl/2; ist erfuUt

- 2-9,940 = 2-9^^^-7^^

564

Aufgabenlosungen

zu b) Es liegen also vor im Fall 1)

, also bei a + 6 < 1 : abnehmende Skalenertrage.

2)

, also bei a + B = 1 : konstante Skalenertrage.

3)

, also bei a + B > 1 : zunehmende Skalenertrage.

Losung zu Aufgabe 21.10: Sei (a',c') ein beliebiges Anfangsfaktorenbiindel und x' := x(a',c') der zugehorige Output. zu a) Die Skalenfiinktion ergibt sich wie folgt: x(6) = x(6-a',6-c') = ^a(6'a')

+ p.(6.c')

= 7 6 ( a . a ' + p.cO = V 6 - ^ a - a ' + p.c'

Dies zeigt, daB die betrachtete Produktionsfiinktion homogen vom Grade ^ = y ist, denn x ( 6 a ' , 6 c ' ) - 6'x(a',c'). Die Skalenelastizitat ist:

'^""'^^ = ^^(6)" =

6-.X-

= 2

Es liegen demnach abnehmende Skalenertrage vor: Jede Erhohung des totalen Faktoreinsatzes um ein Prozent fiihrt zu einem Anstieg des Outputniveaus um nur 0,5 Prozent. zu b) Die Produktionselastizitaten der beiden Faktoren ergeben sich (mit den Grenzproduktivitaten aus Aufgabe 21.4) zu / >. J x a E(x:a) = X

/

V

=

^-a X

o'x> C

^ C

X

X

=

a a —^

2x

pC 2x

Das Elastizitatentheorem der mikrookonomischen Produktionstheorie (Wicksell/JohnsonTheorem) besagt nun: E(X:6) = 8(x:a) + s(x:c)

aa P'C X = 7;-^ "*" o 2 2?~ "^ 2x^ ~ 2 ? " ~

1 2

A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels

565

Losung zu Aufgabe 21.11: Die Isoquantenfunktion ergibt sich durch Umstellen von x = ^ a a + (3c nach a: _

x2 - p-c

a(c,x)

a Um zu zeigen, daB die in Aufgabe 21.1 b) genannten Faktorenbundel (a, c) = (2, 17), (30, 3) und (12, 12) alle auf derselben Isoquante zum Outputniveau x = 6 liegen, kann man ihre cWerte in die Isoquantenfunktion einsetzen und sehen, ob sich als Funktionswerte die zugehorigen a-Werte ergeben. Mit a = 1 und (3 = 2 gemafi Aufgabe 21.1 ergibt sich: a(17,6)=^^2:lZ

=

2

a(3,6) = ^^ ~ ^'^

= 30

a(12,6) = ^^ " ^'^^ = 12 Es zeigt sich somit, dal3 die genannten Faktorenbundel alle auf derselben Isoquante liegen.

Losung zu Aufgabe 21.12: Die Veranderung der Grenzertrage wird beschrieben durch ^'x und ^'x. Nach Gleichung (4) aus dem Beispiel 21.1 ergibt sich im Falle der Cobb/Douglas-Produktionsfunktion: ^ ( g - l)>ax a2

.,^ ^ (P - 1)P'X "

c2

Demnach nehmen die Grenzertrage der Arbeit ab (also a x < 0), falls a < 1; analog dazu liegen bei P < 1 abnehmende Grenzertrage des Kapitaleinsatzes vor. Im Beispiel 21.2 wurde dann gezeigt, daB die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion bei a + p > 1 zunehmende, bei a + P < 1 abnehmende und bei a + p = 1 konstante Skalenertrage aufweist. Dies zeigt: • Zunehmende Skalenertrage (a+p > 1) konnen auch dann vorliegen, wenn die Grenzertrage beider Produktionsfaktoren abnehmen. Beispiel: a = 0,7 und P = 0,4. • Bei abnehmenden Skalenertragen (a+p < 1) nehmen auch die Grenzertrage beider Produktionsfaktoren sicher ab. Beispiel: a = 0,5 und P = 0,3. • Nur falls die Grenzertrage der Produktionsfaktoren zunehmen wurden (a, P > 1), was nach Voraussetzung (U2) ausgeschlossen ist, konnte sicher auf ebenfalls zunehmende Skalenertrage geschlossen werden. Beispiel: a = 1,3 und p = 1,1.

Aufgabenlosungen

566 Losung zu Aufgabe 21.13: zu a) Mit den Grenzproduktivitaten aus Beispiel 21.1 folgt:

P-x ^

^ c^ ^ _ C _ ^ M_ 'x oc-x ac

zu b) Setzt man in der Formel fiir 5a/5c im Beispiel 21.3 anstelle von x = x die Cobb/Douglas-Produktionsftmktion y-a^-c^ ein und laBt das negative Vorzeichen weg (well ja der Absolutbetrag zu nehmen ist), so ergibt sich: 1

y a

c

5c

a

•ac" c

a c Beide Wege fiihren folglich zum gleichen Ergebnis.

Losung zu Aufgabe 21.14: zu a) Bei der Cobb/Douglas-ProduktionsfUnktion gilt nach der Losung von Aufgabe 21.8 a): 8(x:a) = a und s(x:c) = p. Mit Gleichung (21.28) ergibt sich die Isoquantenelastizitat zu: s(a:c) =

8(x:c) 8(x:a)

.1 a

0,378 = -0,549 " 0,689

Durch eine einprozentige Erhohung des Kapitaleinsatzes kann somit (bei gleichem Output) etwa 0,55 Prozent der vorherigen Arbeitseinsatzmenge eingespart werden. zu b) Die Arbeitsintensitat betragt a/c = - — = 2/3. 300 zu c) Nach Gleichung (21.29) in Verbindung mit (21.28) ist die Faktorsubstitutionsrate s(x:c) a / Na ^a,c = - ; — 7 - - = - s ( a : c ) - s(x:a) c

0,378 200 0,689' 300

c

•(-0,549)-^

0,366

Das bedeutet: Bei der betrachteten Faktoreinsatzmengenkombination (a,c) = (200, 300) ermoglicht eine Erhohung des Kapitaleinsatzes um eine Einheit eine Reduzierung des Arbeitseinsatzes um 0,366 Einheiten; eine zusatzliche Kapitaleinheit kann somit 0,366 Arbeitseinheiten substituieren (bei gleichem Output).

A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels

567

Losung zu Aufgabe 21.15: Die Problemstellung wird in der folgenden Abbildung veranschaulicht; sie zeigt die Isoquante zum Outputniveau x = 48:

a(81,48) = 64

a{16;48) = 144

Einsetzen der beiden vorgegebenen c-Werte in die Isoquantenfunktion der Cobb/DouglasFunktion aus Gleichung (2) des Beispiels 21 3 ergibt die Zahlenwerte der zugehorigen aWerte: 1

a(c;x) =

a(c;48) =

X

y-cP 48 2.c^/^

n2

= 144 fur c = 16 = 64 fur c = 81

Die Grenzrate der Faktorsubstitution errechnet sich mit der Formel aus Aufgabe 21.13:

_ t^ - j i i ^ _ i ^ ^^'^ ~ a-c ~ Vz'C ~

I'c

Einsetzen der soeben ermittelten a- und c-Werte fur die beiden Punkte der Isoquante ergibt: 1 144 = 4,5 2 16 CT , =

1 64 -'—

2 81

«

0,395

Interpretation: Bei a = 144 beziehungsweise c = 16 bewirkt ein Anstieg von c um eine Einheit einen Ruckgang von a um 4,5 Einheiten.

568

Aufgabenlosungen

Bei a = 64 beziehungsweise c = 81 bewirkt ein Anstieg von c um eine Einheit einen Riickgang von a um knapp 0,4 Einheiten. Dies zeigt, daB mit fortschreitender Substitution der Arbeit jede zusatzliche Kapitaleinheit immer weniger von dem verbliebenen »Restarbeitseinsatz« ersetzen kann. Der Leser kann die formal ermittelten a-Werte auch durch Ausmessen in dem Diagramm (Steigungsdreiecke an die Tangenten zeichnen!) nachpriifen.

Losung zu Aufgabe 21.16: zua)x2(xi;v) = ^Jy - (x,f

-

[v-(xi)'f'

zu b) Xj = 0 => X2 = x° = ^|v = Vl44 = 12 x,=

0

0 = v-(x,)^

x° = Vv - Vl44 = 12

zu c) ;x2 = y- [v-(x,)^]~'^^ (-2x1)

< 0 : fallenderVerlauf

;'x2 = - i [ v - ( x j ) ' p ' ( - 2 x i ) ' + i [ v - ( x j ) ' p ' ( - 2 ) < 0 : konkaver Verlauf. zu d)

c^2,i= 1.5

x;=io 12 X2(10;144) = ^144 - lO' = V44 « 6,63 ie)

a^,

= \;x,\ = -[x,

= [ v - ( x 0 ^ p x , = [l44-10^]"

^0-Jk-

lA

A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels

569

Losung zu Aufgabe 22.1: Die Kostenbudgetgleichung zum vorgegebenen Kostenbudget C lautet; 26a + 39c = 312.000 GE. Die Achsenschnittpunkte sind: ao = C/^ = 12.000 FE und Co = C/r = 8.000 FE. Zeichnet man die dadurch beschriebene Isokostengerade zusammen mit den zu priifenden Faktorenbiindeln in ein Faktormengendiagramm, so ergibt sich: C

Das Diagramm zeigt, dal3 die Faktoreinsatzmengenkombinationen vi, V2 und V4 mit dem verfiigbaren Kostenbudget bei den geltenden Faktorpreisen finanzierbar sind, wobei vi und V4 das Budget C vol! ausschopfen. V2 kostet dagegen nur 286.000 DM, schopft also nicht das gesamte Kostenbudget aus. Die Faktorenbiindel v3 und v5 sind nicht finanzierbar; zu ihrer Beschaffung reicht C nicht aus, denn V3 und V5 kosten jeweils 338.000 DM. Ihre gleiche Kostenhohe zeigt, dafi V3 und vs auf derselben Isokostengerade liegen, die - weil die Faktorpreise konstant sind - eine Parallele zur eingezeichneten Isokostengerade zum Niveau C sein muB. - Der Leser kann sich in Erganzung dazu iiberlegen, wie sich das Ergebnis andert, wenn der Kapitalpreis auf 32,50 GE/FE sinkt.

Losung zu Aufgabe 22.2: Die Kapitalnachfi-agefiinktion lal3t sich auf mindestens zwei Weisen ermitteln. Zum einen kann, analog zum Beispiel 22.1 so vorgegangen werden, dal3 die Minimalkostenkombinationsbedingung (2) statt nach c nun nach a umgestellt wird. Dies ergibt: a =

p-^

Nach Einsetzen in die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion verbleibt nur noch c als die zu bestimmende Unbekannte:

570

Aufgabenlosungen

y.

« L.J .-£ ..r3 jf =

a +p

y...

X

I« '1

X

fa r l "

y

..-x

r — .,

C^(XJ,T)

M Va r/

y

2 K=2

Das Steigungsverhalten der Durchschnittskosten wird durch die erste Ableitung der Durchschnittskostenfunktion

k(x) = c • x""^ + F / x beschrieben: x'k(x) = (K -1) • c • x''"^ - F / x ^

Die Durchschnittskosten nehmen demnach zu (x k(x) > 0 ), falls (K -1) • c • x""^ > F / x^, also ( K - O - C X " > F . Das setzt K > 1 voraus. Das Kriimmungsverhalten von k(x) wird durch die zweite Ableitung

beschrieben:

L'k(x) = (K - 2) • (K -1) • c • x"^-' + 2F / x \ Hier ist " k(x) > 0, also ein konvexer Verlauf, bei K > 2 gesichert.

k]

A2. Losungen zu den Aufgaben des zweiten Hauptkapitels

Losung zu Aufgabe 22.10:

K

k.^K

Losung zu Aufgabe 22.11: zu a) ,, , K(x) ^ 144 k(x) = —^^ = 4x + X

x'k(x)=4-

X

144

= 0

579

580

Aufgabenlosungen

ib)[^K(x) =]

8x =

4x =

4x+ - ^

[= k(x)]

144 X

0 ,

px^ = -n = -100 < 0

Also liegt der Normalfall px'^> pX^ und px'^pX^ < 0 vor. Zur Ermittlung der p-Achsen-Schnittpunkte werden die Funktionen x^ und x^ gleich Null gesetzt. Dies ergibt (siehe auch die Abbildung bei der Losung der Aufgabe 32.4): ^^

a

100

"

n

100

Die Bedingung PQ > PQ ist also erfuUt. Zur Ermittlung der x-Achsen-Schnittpunkte ist p in x^ und x^ gleich Null zu setzen. Daraus folgt: Xo = -hi

= -504 =-200,

x^ = m-B = 2500 = 1000

Die Bedingung XQ >XQ ist also auch erflillt. Somit ist die Existenz eines Gleichgewichts auf dem betrachteten Markt gesichert. Der Gleichgewichtspreis liegt bei p

m-B + b-^ a+n

=• —

=

2-500 + 50-4 100 + 100

= 6

Einsetzen von p*, etwa in die Angebotsfiinktion, ergibt die Gleichgewichtsmenge: X* = a-p* - hi = 100-6 - 50-4 = 400 Das Gleichgewicht liegt demnach bei (p*,x*) = (6, 400). zu b) Der gesuchte Hochstwert flir i ist dadurch bestimmt, dal3 sich die Angebots- und die Nachfragekurve dann genau auf der Preisachse schneiden, also den gleichen p-AchsenSchnittpunkt haben. Also erhalt man den gesuchten ( -Wert durch Gleichsetzen der beiden Achsenschnittpunkte;

a ^

n

_ a m - B _ 100-2500 ^^ " bn " 50100 ~ ^"

Bei 4iax = 20 ist die Transaktionsmenge auf dem Markt gerade gleich Null, und es gilt p ^ = p ^ = 10. Die folgende Abbildung veranschaulicht die hier analysierte Marktsituation. Das Ergebnis zeigt, daB die Existenz eines Marktgleichgewichtes von den Werten exogener Parameter abhangen kann.

Aufgabenlosimgen

592 p

/X^CPSO X*(Pi^)

10.

fi D -

\ ^ ( P i B ) / ^

11

-200

1000

400

Losung zu Aufgabe 32.7: zu a) Die aus der kurzfristigen Kostenfunktion K(x; c) = 0,25 • c~ ' • x + 4c hergeleiteten und darzustellenden kurzfristigen Durchschnitts- und Grenzkostenftinktionen lauten: k(x;c) = 0,25.c''''.x+

4-c

;

xK(x;c) = 0,5.c"'''.x

wobei fur c jeweils einmal c/ = 0,25 und einmal c"= 1 einzusetzen ist. Die Verlaufe zeigt das folgende Diagramm:

/'(p;c") K(x;c")

k(x;c")

10

12

A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels

593

zu b) Die Angebotskurve ist jeweils der oberhalb des Minimums der k-Kurve verlaufende Teil der ^K-Kurve. Beim Durchschnittskostenminimum »brechen« die Angebotskurven zur Ordinate hin weg (gestrichelt gezeichnet). Der Leser kann die Angebotskurven farbig hervorheben. zu c) Bei dem hoheren Kapitaleinsatz c" ist der durch die aufsteigend schrafFiert gezeichnete Flache reprasentierte Gewinn des Unternehmens deutlich groBer als bei c' (absteigend schraffiert). Denn bei c ' ist sowohl die gewinnmaximierende Ausbringungsmenge groBer (etwa 12 im Vergleich zu 1,5) als auch die Hohe der Durchschnittskosten geringer (etwa 3,4 im Vergleich zu 3,7), was auf zunehmende Skalenertrage in der Produktion hindeutet.

Losung zu Aufgabe 32.8: zu a) Wenn von den Angebotsschwellen der Untemehmen abgesehen werden kann, dann entsprechen die einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktionen einfach den inversen Grenzkostenflinktionen der Anbieter. Durch Anwendung der Coumot-Bedingung flir preisinabile Unternehmen ergibt sich: ! xK^x) = 2 c x = p => x^(p) = -P•2c Wegen der Gleichheit der einzelwirtschaftlichen Angebotsfunktionen entspricht das aggregierte Angebot dem I-fachen des Angebots eines Unternehmens: x^(p) = Lx^(p) = I - X 2c Der Marktgleichgewichtspreis ergibt sich durch Gleichsetzen dieser Marktangebotsflinktion mit der gegebenen Marktnachfragefunktion: ! AP) = IlP = m - n p = x'^(p) 2c

P*

^

2cm I+ 2 c n

zu b) Bei doppelter Anbieterzahl 21 betragt der Gleichgewichtspreis: * ^

2cm 2I + 2 c n

_

cm I+ cn

Der Preisvergleich zeigt: p*(2I) < p*(I), das heil3t der Gleichgewichtspreis ist durch die Zutritte neuer Anbieter gesunken. Denn in der Formel von p*(I) ist der Zahler doppelt so groB wie bei p*(2I), aber der Nenner ist weniger als doppelt so groB; folglich ist der Bruch in p*(I) groBer. zu c) Fixkosten treten in den einzelwirtschaftlichen Angebotsfiinktionen nicht auf (sie fallen ja bei der Ermittlung der Grenzkosten weg). Folglich hangt auch die Marktangebotsfiinktion und damit auch das Marktgleichgewicht nicht von den Fixkosten der Untemehmen ab. Tatsachlich wirken sich die Fixkosten nur auf die Angebotsschwellen und Preisuntergrenzen der Anbieter aus, die hier aber nicht zu beachten waren.

594

Aufgabenlosungen

Losung zu Aufgabe 32.9: zu a) Die Gleichgewichtspreise der beideii Markte ergeben sich jeweils durch Gleichsetzen von Angebots- und Nachfragefiinktion: %0

= 0,4.pi-75

=

'

1 1--0,75-

1 8 "2

1 j _ ^ ^ 3 Po

2*

5 96

Aufgabenlosungen

Die Erdgasnachfrage reagiert also normal und relativ preisunelastisch auf Anderungen des Erdgaspreises: Ein Prozent Gaspreisanstieg senkt die Nachfragemenge um 0,5 Prozent. zu c) Die Kreuzpreiselastizitat der Erdgasnachfrage in Bezug auf den Olpreis ist:

3 Po Bei po = 8 und id po pG == 22 ergibt ergibt sich: sich: 1 1

S(XG'PO)

=

1

1

4 2 ^

1

- - - + 1 3 8

31

1

2"

- - +1 3

Erdgas ist folglich ein okonomisches Substitut von Erdol. Jedes Prozent Olpreisanstieg erhoht die nachgefragte Erdgasmenge um 1,5 Prozent. zu d) Bei po = 8 und ergibt sich: ' A

.

A

X

PG^GPG

2-PG

x^A

2.po+14 + 2

eCxo^Po) =

1

^^± PG

Bei PG = P G = 2 ist die Preiselastizitat des Erdagsangebots S(XG:PG) ^ Y74

" ^'^"

Steigt also - ausgehend vom Ergasmarktgleichgewicht - der Gaspreis um ein Prozent, dann nimmt die Angebotsmenge um 0,2 Prozent zu. zu e) Die Erdolpreiselastizitat des Erdgasangebots ( oder kurz: Kreuzangebotselastizitat) ist eZ-^A.^ X ^

PO4PO

Q>2^'Po

XG

2 - P Q + 14 + 0 , 2 D - P Q

Im Erdgasmarktgleichgewicht, also fiir po = P G ^ 2 ergibt sich: , A

,

0,25.Po

e(xG-Po) = 2-2 + 14 + 0,25.po ' ^^

1

72 ^ — +1 Po

Fiir po = 8 ist S(XG:PO)

= -j^

= 0,1.

—+ 1 8 Jedes Prozent Olpreissteigerung erhoht also die Angebotsmenge an Erdgas um 0,1 Prozent.

A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels

597

Losung zu Aufgabe 32.11: zu a) Die Marktftinktionsgleichungen ergeben sich zu X^'CP) = 200p - 400 und x'^Cp) = 1200-120p P

X (p) = 200p-400

x(p)=?1200-120p x=600 zu b) Das Marktgleichgewicht ergibt sich durch Gleichsetzen von Angebots- und Nachfragefunktion: X'^CP) - 200p - 400

>

320p

>

P*

1200-120p = x^(p) 1600 5

Mit dem Gleichgewichtspreis p = 5 folgt durch Einsetzen, zum Beispiel in die Angebotsftmktion, die Gleichgewichtsmenge: X

= x^(5)

200 • 5 - 400

600

zu c) Der Gesamtvorteil betragt 2400 und setzt sich aus dem Anbietervorteil 600-(5-2) AV

900

und dem Nachfragervorteil NV =

600-(10-5)

= 1500

zusammen. AV und NV entsprechen in der obigen Abbildung den Dreiecksflachen und konnen mit der geometrischen Formel zur Berechnung der Flache eines rechtwinkligen Dreiecks berechnet werden: "Hohe mal Breite durch zwei".

Aufgabenlosungen

598 Losung zu Aufgabe 32.12: Der Gleichgewichtspreis ergibt sich durch I x^(p) = 3 p - 5 = 1 0 - 2 p = x^(p)

zu p* = 3. Der staatlich festgesetzte Preis p = 4 liegt oberhalb von p* und ist somit ein Mindestpreis. Bei p = 4 wir die Menge x^(4) = 7 angeboten und die Menge x^(4) = 2 nachgefragt. Demnach ist ein Angebotsiiberhang in Hohe von u \ 4 ) = 7 - 2 = 5 zu erwarten, der etwa vom Staat aufgekauft werden muB. Das wurde beim Mindestpreis p = 4 insgesamt p 11^(4) = 4-5 = 20 pro Periode kosten. Die Transaktionsmenge ist x^ = 2 und entspricht der nachgefragten Menge, weil diese kleiner als die angebotene ist. Der Marktumsatz ergibt sich zu px^ = 4-2 = 8.

Losung zu Aufgabe 33.1: zu a)

p(x) = n - mx E(x) = n x - mx^ xE(x) = n - 2 m x

Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind Geraden mit negativer Steigung:

xE, p I

JL\ 2m \ ZU b )

\xE(x)

n m

P(x) = [n - mx]^ E(x) = [n - mx]^x = n^x - 2mnx^ + m^x^ xE(x) = 3m^x^ - 4 m n x + n^

A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels

599

Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind Teile von nach oben geoflOieten Parabeln, also konvex: xE,p

ZU c)

p(x) = n - mx E(x) = n x - mx^ xE(x) = n - 3mx^

Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind hier Teile von nach unten geofFneten Parabeln, also /conkav:

600

zu d)

Aufgabenlosungen

p(x) = mx'" E(x) = mx^-" xE(x) = (l-a)mx""

Die Preis/Absatz-Kurve und die Grenzerloskurve sind Hyperbeln (ohne Achsenschnittpunkte). Der Verkauf von ^E{x) hangt von dem Zahlenv^ert von a ab; fur zwei a-Werte wurde der Verlauf skizziert:

Losiing zu Aufgabe 33.2: zu a) Aus den bekannten Achsenschnittpunkten lassen sich die Koeffizienten m und n der Preis/Absatz-Funktion p(x) = n - mx bestimmen (siehe Abbildung): po = n = 10 xo=iL=400 m

=>

m = ^ _ = J400 40

Die Preis-Absatz-Funktion lautet also: p(x)

10 -

^ 40

Die Erlosfunktion ist dann: E(x) = p ( x ) x = lOx -

40

und die Grenzerlosfiinktion als erste Ableitung:

A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels

;E(X)

10-

601

A 20

Bei X = 0 ist x'E = 10 und ^E ist null, wenn x = 200. Dies sind die Achsenschnittpunkte der Grenzerloskurve (siehe Abbildung).

iE(x)

zu b) Die Edoskurve E(x) ist eine nach unten geofl&iete Parabel mit NuUstellen bei x = 0 und bei X = 400 (siehe folgende Abbildung). Das Maximum liegt dort, wo die erste Ableitung der Erlosflinktion null ist; das ist der Achsen-Schnittpunkt der Grenzerloskurve. ^E(x)=0

«

10 - A = 0 20

x^ = 200

Der maximale Erlos betragt E = E(x^) = 10 x ^ -

E=1000

(x^ 40

= 10-200 -

200" 40

= 1000

602

Aufgabenlosungen

Losung zu Aufgabe 33.3:

iE(x) Die notwendige Bedingung fiir ein Erlosmaximum, das Verschwinden der ersten Ableitung ( iE(x) - 0 ) ist im vorliegenden Fall bei zwei Ausbringungsmengen erfuUt, namlich ungefahr bei X = 1800 und x = 2300. Die zugehorigen Preise ergeben sich iiber die Preis/Absatz-Funktion p(x) zu 6,8 und 5,4. Im ersten Punkt ergibt sich ein Erlos E = p x von 12240 GE. Im zweiten Punkt wird ein Erlos von 12420 GE erreicht; hier liegt folglich das Erlosmaximum.

Losung zu Aufgabe 33.4: Die relevanten Grofien sind (in allgemeiner Schreibweise): K(x) = e x + F

p(x) = n - mx

F k(x) = c + — , k''(x) = c

E(x) = n x - m-x^

xK(x) = c

x ^ W ^ ^ ~ 2mx

Die quantitativen Zusammenhange veranschaulicht das folgende Diagramm:

A3. Losungen zu den Aufgaben des dritten Hauptkapitels

603

[Mio. t]

Uber die Cournot-Bedingung (23.5) erhalt man die gewinnmaximierende Absatzmenge: ^E(x) = ^K(x) n-2mx = c

x^ = £ z £ 2m

94,266-55,734 = 20 Mio t 2 0,9633

und den gewinnmaximierenden Preis: p^=p(x^)

= n - m i l Z ^ =^^±^= 2m 2

94,266-55.734 2

^^^^^^

Die Ermittlung des maximalen Gewinns erfolgt mittels der Formel (23.18): G = x^-[p^-kXx^)] n-c 2m (n-cf 4m

F

n+c

- F

(94,266-55,734^ 4 0,9633

182,1

= 203,22 Mio $ Die Formel, die den maximalen Gewinn beschreibt, ieigt: Wenn der Abstand zwischen n und c geiing ist, kann G bei Vorliegen hoher Fixkosten auch negativ werden.

604

Aufgabenlosungen

Losung zu Aufgabe 33.5: zu a) Das Beispiel 33.2 ergab in den Gleichungen (2) und (3) fiir den Monopolfall (M) das Marktergebnis; *

XM

n = -—-2c+2m

1 und

*

PM

2cn + m n - —-— 2c+2m

Bei vollkommener Konkurrenz (K) beschreibt xK(x) = 2cx die aggregierte Grenzkosten- und Angebotskurve aller Anbieter. Dann lautet die Coumot-Bedingung (Grenzkosten = Preis): ! xK(x) = 2cx = n - m - x = p(x) Auflosen nach x ergibt die aggregierte gewinnmaximale Angebotsmenge bei vollkommener Konkurrenz: 2c + m * * . * . . OfFenbar ist Xj^ -^ ^ M ' ^^^^ ^^^ Nenner im Fall K kleiner ist. Einsetzen von Xj^ in die gemeinsame Preis/Absatz-Funktion p(x) aller Polypolisten (diese beschreibt dann die Marktnachfrage) ergibt den Preis bei vollkommener Konkurrenz: * 2c-n PK = — ^^ 2c + m Es gilt: 2c-n 2c + m

2cn + m n 2c + 2m

Diese Bedingung ist unter unseren Annahmen stets erfiillt, so daB der Marktpreis bei vollkommener Konkurrenz unter dem Monopolpreis liegt. zu b) Der Lemer'sche Monopolgrad ist in der betrachteten Monopolsituation: ^

^

PM - XK(X*M)

^'

P*M

^

2c-x*^

"

PM

^ _ 2c.: ' 2c +" 2m 2cn + m n 2c + 2m 1 ^ . 1 m

^ 2 c n + m n - 2c>n 2cn + m n

1 -e(x:p*M)

A4. Losungen zu den Aufgaben des vierten Hauptkapitels

605

A4. Losungen zu den Aufgaben des vierten Hauptkapitels Losung zu Aufgabe 43.1: Die Coumot-Bedingungen fiir die Gewinnmaxima der beiden Dyopolisten unter der Voraussetzung konstanter, aber ungleicher Grenzkosten ^iK^x*) = cV und x i ^ W ^ ^ lauten; axi

= n - 2m-xi - m x 2 - c^ = 0 = n - m x i - 2m-x2 - c^ = 0

Auflosen der Gleichungen nach den Angebotsmengen der Anbieter ergibt: n -- m x ^ - ci 2m

n - c^ 2m

n -- m-x^ 2m

n - c^ 2m

-

C2

X2

2 x^ 2

Das Gleichgewicht kann nun formal wie folgt ermittelt werden: Einsetzen von x^(x^) in x^(x^) ergibt: x^ =

n-c^ 2m

1 - — 2

n-2ci+c2 ^^ = 7 4m n-2ci+c2 x*i 3m

2m xi + T" 4

Durch Einsetzen von x^(x^) in x^(x^) folgt analog: *^

n-2c2+ci

Die insgesamt auf dem Markt angebotene Menge im Coumot'schen Dyopol betragt somit: X ' + X^

2n-ci-c2 3m

Den Gleichgewichtspreis p erhalt man durch Einsetzen der gleichgewichtigen Gesamtangebotsmenge x* in die gemeinsame Preis-Absatz-Funktion: p = p(x) = n - m - 2 n - c ^ - c ^ 3m

606

Aufgabenlosungen

n + c^ + Q/-

Das Marktgleichgewicht (p*,x ) ist somit bekannt.

Losung zu Aufgabe 43.2: Die Bedingung fiir ein Gewiimmaximum des zweiten Anbieters unter der Voraussetzung konstanter, aber ungleicher Grenzkosten ^ iK^(x^) = c^, x2K^(x^) = c^ lautet: dG2_

dxi(x2)

dx2

dx2

Nach (43.7a) ist

X2 +

2m-x2 - c2 =

X1 = x,

logb(x) = logb(e) • ln(x)

Die Euler'sche Zahl e ergibt sich ubrigens als Grenzwert, wenn man in

1 + -L n die natiirliche Zahl n gegen unendUch gehen laBt.

(17)

M. 1. Einige algebraische Grundregeln

619

Logarithmen sind nur fur positive Argumentwerte x definiert. Fiir die Arbeit mit Logarithmen gelten folgende Rechenregeln: log(xy)

=

log(x) + log(y)

(18)

log[-J

=

log ( x ) - l o g (y)

(19)

log(x'')

=

blog(x)

(20)

log(V^)

=

-.log(x) (21) n f) Der Absolutbetrag einer Zahl a, geschrieben |a|, ist definiert als die Zahl a, falls diese positiv ist (a > 0) und als das Negative der Zahl, also (-l)a, falls sie negativ ist (a < 0). In jedem Falle ist der Absolutbetrag also der positive Zahlenwert von a. Beispiele:

| 6 | = 6,

|-4| = 4

Einfach gesagt muB man bei der Bestimmung des Absolutbetrages einer Zahl oder Variablen einfach nur etwa auftretende negative Vorzeichen weglassen. g) Ist ein System zweier Gleichungen mit zwei Unbekannten gegeben, deren Losungsw^erte man sucht, so kann versucht werden, eine der Gleichungen naeh einer Unbekannten umzustellen und den so gewonnenen Term fur die betreflfende Unbekannte in die zweite Gleichung einzusetzen. Diese kann moglicherweise nach der zweiten Unbekannten umgestellt werden. Viele nichtlineare Gleichungssysteme lassen sich jedoch nicht exakt losen. Bei Systemen linearer Gleichungen sind die Losungsmoglichkeiten besser. Wir zeigen die Losung anhand des soeben skizzierten Verfahrens am Beispiel zweier linearer Gleichungen mit den beiden Unbekannten x und y und den bekannten Koeflfizienten a, b, c, d, e, f: ax + b•y = c d•X+ e•y = f Stellt man die erste Gleichung nach x um und setzt das sich dadurch ergebende c - by X =

c

b

=

y a a a fiir X in die zweite Gleichung ein, so ergibt sich nach einigen Umformungen: af -

cd ir7 (22) ae - bd ^ ^ Setzt man diese erste Losung fur y in eine der beiden Anfangsgleichungen ein und stellt dann nach X um, so ergibt sich fur die zweite Unbekannte : y =

ce ae -

bf bd

(23)

Bei Systemen mit mehr als zwei Gleichungen kann dieses Verfahren ebenfalls sukzessive angewendet werden. Es gibt allerdings andere, unter Umstanden efifizientere Losungsverfahren, zum Beispiel die Cramer'sche Kegel.

620

Mathematischer Anhang

M.2. Funktionen und Umkehrfunktionen a) Eine mathematische Funktion stellt in ihrer einfachsten Form den Zusammenhang zwisehen einQT unabhdngigen Variablen (z.B. x) und omer abhangigen Variablen (z.B. y) dar. y hangt also von x ab. Deshalb kann bei okonomischen Anwendungen x auch als beinflussende und y als (von x) beeinfluBte Variable aufgefaBt werden. Man sagt: y ist eine Funktion von x, geschrieben: y = f(x). Die x-Werte entstammen dem sogenannten Definitions- oder Argumentebereich X und die y-Werte dem Wertebereich Y der Funktion. Das sind meist die reellen Zahlen. y = f(x) wird als Funktionsgleichung bezeiehnet, lies: "y ist gleich f von x". f steht fiir die Funktionsvorschrift. Dahinter steht in einer runden Klammer (sog. Funktionsklammer) die unabhangige Variable beziehungsweise alle unabhangigen Variablen, falls es mehrere gibt. Mit der Schreibweise y = f(x) wird zum Ausdruck gebracht, daB die Variable y (bzw. die damit symbolisierte GroBe) gemaB der Funktionsvorschrift f von der Variablen x (bzw. der damit symbolisierten okonomischen GroBe) abhangt oder von dieser bestimmt wird. Jedem moglichen x-Wert (sog. Argument) aus X ordnet f eindeutig einen y-Wert (sog. Funktionswert) aus Y zu. ispiele:

y = m = y = m =

x^

y =

=

f(xi, X2)

az^ + b z + c ^ a x ] + bx2

Konstanten, die in Form von Buchstaben (als Platzhalter fiir Zahlen) in Funktionen auftreten, heiBen Funktionskoefflzienten oder, falls ihnen verschiedene Werte zugewiesen werden konnen, Funktionsparameter. In den Beispielen sind a, b, c Funktionskoefflzienten. Die graphische Darstellung der Funktion in einem Koordinatensystem wird als Funktionsgraph bezeiehnet; siehe die folgende Abbildung. Auf einer der Achsen des rechtwinkligen Koordinatensystems werden die x-Werte des Definitionsbereichs abgetragen, auf der anderen die y-Werte des Wertebereichs. Die horizontale Achse nennt man Abszisse und die vertikale Ordinate. Jeder Punkt (x',y') des Funktionsgraphen reprasentiert eine eindeutige Zuordnung eines x-Wertes (x') zu dem zugehorigen y-Wert ( y' = f(x') ). In der Wirtschaftswissenschaft wird eine Funktion y = f(x) haufig einfach als y = y(x) geschrieben, lies: "y abhangig von x". y bezeiehnet dann sowohl die Funktionsvorschrift als auch den Funktionswert. Diese Schreibweise wird auch hier im folgenden verwendet.

621

M.2. Funktionen und Umkehrfiinktionen

Kubische Funktion y(x) = a x^

Beispiele: LineareFunktion y(x) = a + bx

y

y^{y) y'-

X'

X

b) Unter bestimmten Bedingungen^ laBt sich auch jedem y-Wert einer Funktion y = y(x) ein bestimmter x-Wert zuordnen. Diese »umgekehrte« Zuordnung wird durch die sogenannte Umkehrfunktion (Inverse) von y beschrieben, die wir durch inv{y(x)} symbolisieren, in der Mathematik auch f "^(x). Sie ordnet jedem y-Wert aus Y eindeutig einen x-Wert aus X zu. Rechentechnisch wird die Umkehrfiinktion ermittelt durch Umstellen der Funktionsgleichung y = f(x) derart, dafi nun x auf der linken Seite als Funktionswert (abhangige Variable) steht und y zum Argument (unabhangige Variable) wird: x(y) = inv {y(x)}. Beispiel: y(x) = a + b • x

x(y)=^ 0

Bei der graphischen Darstellung der Umkehrfunktion ist folgendes zu beachten: • Behalt man die Zuordnung von x und y zu den Achsen bei, so andert sich der Funktionsgraph nicht, aber es andert sich die Bedeutung der Achsen, weil nun x die abhangige und y die unabhangige Variable ist. • Vertauscht man die Zuordnung von x und y zu den Achsen, so mul3 der Funktionsgraph an der 45°-Winkelhalbierenden gespiegelt werden (siehe die folgende Abbildung, die eine Invertierung der oben gezeigten Funktionsgraphen zeigt):

x(y)

A Die Funktion f muB streng mcmoton steigend oder streng monoton fallend sein; vgl. M.4.1.

622

Mathematischer Anhang

c) Wird eine Funktionsvorschrift z auf eine andere Funktion y(x) angewendet, dann ergibt sich eine sogenannte Funktionsverkettung z(y(x)) . Dabei heiBt z(y) auBere Funktion (manchmal auch: Transformation) und y(x) innere Funktion. Beispiel:

Wenn z(y) = VY

und y(x) = a + b • x \ dann ist z (y(x)) = V^ + b • x^

d) Bei der graphischen Darstellung von Funktionen muB klar zwischen den Wirkungen von Anderungen einer unabhangigen Variablen (sog. endogene EinfluBgroBe) und den Wirkungen von Parameteranderungen (sog. exogene EinfluBgroBen) unterschieden werden. Wir zeigen dies am Beispiel einer Funktion y, die von der unabhangigen Variablen x und von einem Parameter z abhangt: y = y(x;z). • Wird der Wert der unabhangigen Variablen x verandert, zum Beispiel von xi auf X2, so bewegt man sich im y/x-Diagramm entlang des Graphen der Funktion y(x); der y-Wert andert sich, zum Beispiel von yi auf y2:

• Wird der Wert des Parameters z geandert, zum Beispiel von zi auf Z2, so fiihrt dies zu einer Verlagerung des Graphen y(x) nach »oben« oder »unten«; es kann auch zu einer Drehung der Kurve kommen, wie im folgenden Diagramm:

y

y(x;z2) y(x;zi)

623

M.2. Funktionen und Umkehrfunktionen

e) Zu den wichtigsten Eigenschaften einer Funktion gehort die Lage ihrer Achsenschnittpunkte, das sind die Schnittpunkte ihres Graphen mit den Koordinatenachsen. Sei y = y(x) eine bekannte Funktion. Dann erhalt man den y-Achsenschnittpunkt y° einfach durch NuUsetzen von X in der Funktionsgleichung: y(0). Zur Emiittlung des oder der x-Achsenschnittpunkte x° wifd der Funktionswert y gleich Null gesetzt und die Funktionsgleichung nach x umgestellt. Die xAchsenschnittpunkte werden auch als NuUstellen der Funktion y(x) bezeichnet: Beispiel:

y(x) = - 0,25 • x^ + 3,5 • x - 3,25

Der y-Achsenschnittpunkt ergibt sich zu: y° = y(0) = - 0,25 • 0^ + 3,5 • 0 - 3,25 = -3,25 Zur Ermittlung der x-Achsenschnittpunkte wird zunachst y(x) = 0 gesetzt. Nach Divison durch -0,25 kommt man auf folgende quadratische Gleichung: 0 = x^ - 14 • X + 13 Nach der Gleichung (16) aus M.l ergeben sich zwei Losungen: -14

(-14)^

- 13 = 7 ± V36

7 + 6

Also ist x°i = 13 und x°2 = 1. Das folgende Diagramm veranschaulicht die Lage der Achsenschnittpunkte:

y°=-3,25

624

Mathematischer Anhang

M.3. Ableitungen und Differentialrechnung a) Die erste Ableitimg einer Funktion y = y(x) an einer Stefle x' ihres Definitionsbereiches gibt die Steigung des Graphen der Funktion im Piinkte (x', y(x')) an. Als Steigung ist das Verhaltnis der Seitenlangen 5y und 5x eines Steigungsdreiecks definiert, das an den Graphen der Funktion (oder genauer: an die Tangente des Graphen) im Punkte (x*, y(x')) angelegt wird, also 5y/ 5x. Formal wird dieser sogenannte Differentialquotient y/5x als erste Ableitung der Funktion y an der betrachteten Stelle x' bezeichnet und hier durch x y(x') oder kurz x y symbolisiert; in der Mathematik wird meist f '(x) geschrieben. Die erste Ableitung xy gibt an, um wieviele Einheiten der Funktionswert y sich andert, wenn x, ausgehend von x,' um eine kleine Einheit erhoht (oder gesenkt) wird; siehe die folgende Abbildung. Betrachten wir beispielsweise die quadratische Funktion y(x) = x , so steigt ausgehend von einem beHebigen x-Wert der Funktionswert von x auf (x + 5x), wenn x um 5x erhoht wird. Die Funktionswertanderung ist also: 5y = (x + 5x) - x = x + 2x • 5x + 5x - x Da sich x herauskiirzt und 5x vemachlassigt werden kann (weil 5x annahmegemaB sehr klein ist), verbleibt: 5y = 2x • 5x oder in der ublichen mathematischen Schreibweise:

Dies ist die erste Ableitung von y(x) = x . Das Ermitteln von Ableitungen wird als Differenzieren bezeichnet. Definieren wir eine Erhohung von x um 5x als eine positive Anderung von x (5x > 0) und eine Verringerung von x um 5x als eine negative Anderung (5x < 0), und analog fur Anderungen von y um 5y, so gilt: • Werm x und y zugleich steigen oder zugleich fallen, dann ist 5y/5x > 0 und es liegt eine positive Steigung der Funktion y(x) in Richtung x vor: x y > 0 • Steigt hingegen y wenn x sinkt und sinkt y wenn x steigt, dann ist 5y/5x < 0 und es liegt eine negative Steigung der Funktion y(x) in Richtung x vor: xy < 0

Als Tangente wird eine Gerade bezeichnet, die den Graphen einer Funktion y(x) in einem Punkt eben beriihrt ("tangiert") und folglich in diesem Tangentialpunkt den gleichen Funktionswert und die gleiche Steigung au^eist wie die betrachtete Funktion. Wir verwenden die Schreibweise ^ y, weil dies eine zugleich kurze und eindeutige Kennzeichnung der Ableitung ist und auch das Argument angibt, nach dem abgeleitet bzw. differenziert wird. Rechts vom Funktionssymbol y bleibt sowohl oben als auch unten Platz ftir Indizes und andere Symbole. Die Klammer wird mit der Binomischen Formel (11) aus M.l. aufgelost.

625

M.3. Ableitungen und Differentialrechnung

Die erste Ableitung der Funktion y(x) ist in der Kegel selbst wieder eine Funktion von x, fiir die folglich XYW geschrieben werden kann. Mit anderen Worten: Die erste Ableitung hangt von der Stelle (d.h. dem x-Wert) ab, an der sie gebildet wird. Eine Funktion y(x) heifit differenzierbar, wenn sie an jeder Stelle x ihres Definitionsbereiches eine erste Ableitung besitzt, wenn man also - bildlich gesprochen - bei jedem moglichen xWert eindeutig eine Tangente an ihren Graphen legen kann. Wird die erste Ableitung einer Funktion y(x), also ^y(x), nochmal nach x abgeleitet (difFerenziert), so ergibt sich die zweite Ableitung der Funktion, die wir durch XYW oder kurz ^y symbolisieren. Sie erlaubt Aussagen uber die Kriimmung der durch y(x) beschriebenen Kurve (vgl. M.4.3.). Eine Funktion heifit glatt, wenn sie beliebig oft stetig differenzierbar ist. Die meist stillschweigende Voraussetzung, dal3 in praktischen Anwendungen alle verwendeten Funktionen glatt sind, ist keine sehr einschrankende Annahme. Denn nach dem Satz von WeierstraO aus der Approximationstheorie kann jede beliebige Funktion durch eine beliebig oft diflferenzierbare Funktion beliebig genau angenahert werden. b) Seien y(x) und z(x) zwei diflferenzierbare Funktionen von x und xVW? x^Cx) deren erste Ableitungen. a sei eine Konstante (Zahl). Es gelten damit folgende Grundregeln der Differentialrechnung: Stantnenregel: Produktregel: Quotientenregel:

speziell;

^[y(x)±z{iC)\ x[y(x)z(x)] "y(x)

= ^y{x) ± ^z{x) x'y(x)z(x) + y ( x ) x z ( x )

a

(2)

^ y ( x ) z ( x ) - y(x)- ^2(x)

^Lz(x)

z(x)

(1)

z(x)^

-a • ^z(x) z(x)^

(3a)

(3b)

626

Mathematischer Anhang

V(X)'Z(X)

• Expontentialregel:

z(x).ln[y(x)]

^[a-(x)] ^ az(x). ^z(x)-ln(a)

spezieE:

;[y(z(x))]

• Kettenregel:

(4a)

(4b)

= >(z) . ;z(x)

(5)

Die Ableitung einer Funktion y(z(x), x) nach x ergibt: 'y(z(x),x) =

'y(z) • z(x) +

'y(x)

(6)

Der erste Sxunmand miBt den tiber z vemiittelten Einflufi von x auf y und wird entsprechend (5) uber die Kettenregel bestimmt. Hinzu kommt bei der hier betrachteten Funktion ein direkter EinfluB von x auf y, der durch die direkte Ableitung von y nach diesem x ermittelt wird (rechter Summand) und zu dem erstgenannten Effekt zu addieren ist. c) Fur die wichtigsten elementaren Funktionen ergeben sich (mit den konstanten FunktionskoefiSzienten a, c, m, n) folgende Grundableitungen:

X [a • x^ + c] = a-n-x" ^

allgemeiri: x [a • y(x)" + c] = a»n.y(x)" ^ • xy(x)

j^m/nj ^ _ . x^^

m n

(7b)

= jj [a. x" ] - -n . a . X " = —-^^ , speziell:

J [a' ] = a^ ln(a),

M] xWx)] ^ ™ ,

(7a)

(7c)

aUgemein:

J [a '^""^ ] = x y(x) • a^^^^ • ln(a)

(8a)

aUgemein:

x[e-^^^] -

xy(x) • e'^'^^

(8b)

xf(x) ^^^^

(9)

allgemein: x[ln y(x)] =

d) Die Ableitung einer Funktion mit mehreren unabhangigen Variablen xi, X2,..., Xn nach einer dieser Variablen wird als partielle Ableitung bezeichnet. In der Mathematik wird bei partiellen Ableitungen im Differentialquotient anstelle des sonst tiblichen d ein 6 geschrieben. Bei unserer Notation mit 5 beziehungsweise dem Ableitungsstrich ist keine Unterscheidung erforderlich. Ist y(xi,X2,...,Xn) eine Funktion, die nach der Variablen Xj partiell differenziert werden soil, so ist ihre erste Ableitung: dy(x X ....,x ) 5x.

627

M.3. Ableitungen und Differentialrechnung

Sind alle Argumente der Funktion y wie hier durchnumeriert, so reicht es, unter dem Ableitungsstrich den Index der Variablen anzugeben, nach der (partiell) difFerenziert wird, also im Beispiel: j . Die zweite paitielle Ableitung von y nach Xj ist entsprechend 'j y. Das Symbol ij y kennzeichnet die gemischte zweite partielle Ableitung, bei der die Funktion y zuerst nach Xj, und diese Ableitung dann noch einmal nach xi abgeleitet wird, also i [jy] Fiir die gemischten zweiten partiellen Ableitungen gilt nach dem Satz von Schwarz, daB es egal ist, nach welcher Variable zuerst abgeleitet wird:^ •y(xi,...,x„) =

(10)

jiy(xi,...,x„)

Bei der Bildung partieller Ableitungen gelten die gleichen Regeln wie oben unter b); es miissen nur beim Dififerenzieren nach einer Variablen Xj alle iibrigen Variablen wie Konstanten behandelt werden. Ist z = % i , y2) eine Funktion von den Variablen yi, y2 und hangen diese Variablen ihrerseits von einer anderen unabhangigen Variablen x a b , also yi = yi(x), y2 = y2(x), so ist auch z indirekt von x abhangig: z = z(x). Die Ableitung von z nach x, die angibt, um wieviele Einheiten sich z andert, wenn x um eine kleine Einheit steigt (oder fallt) heiBt totale Ableitung und ist im voriiegenden Fall wie folgt bestimmt: xZ = y / • xYl + y^f • xYl

(11)

Die Wirkung von x-Anderungen erfolgt sowohl uber yi als auch uber y2. Daher miissen die Auswirkungen diese beiden Anderungen zunachst nach der Kettenregel der Dififerentialrechnung ermittelt und anschlieBend addiert werden, um zur Gesamtwirkung von x auf z zu gelangen; vgl. (5) und (6). Beispielefur partielle Ableitungen: a)

f(x,y) =

2x • y + 4x + 6y

^'f = 2y + 4, b)

f(x,y) =

yf

f(xi,X2;z)

2x + 6

a-X-y^ + b • x^ + c • y

x'f = a- y^ + 3 • b • x ^ c)

=

yf = 2 a x - y + c

= (xi + z f .(x2+zy-«

f = a-(xi + z r ' . (x2+zr

f = ( l - a ) ( x i + z r • (x2+zr

X2 + Z

1-a

Xi + Z

(1-a)

Xi + Z X2 + Z

* Der Satz gik unter sehr schwachen Voraussetzungen, die hier stets erfiillt sind.

628

Mathematischer Anhang

e) Bin wichtiges Anwendungsgebiet der Differentialrechnung ist die Bestimmung von Extrempunkten (das sind Maxima imd MiBima) von Funktionen. Hat eine differenzierbare Funktion y(x) an der Stelle x ein lokales Extreinum (Maximum oder Minimum), dann gilt dort filr die erste Ableitung: xy(x*) = 0

(12)

Graphisch bedeutet dies, daB die Steigung der Funktion in einem Extrempunkt null ist. Dieses Verschwinden der ersten Ableitung ist aber nur eine notwendige Bedingung (Bedingung erster Ordnung, BEO) fiir ein Extremum, nicht eine hinreichende. Denn bei xy(x ) = 0 kann an der Stelle x auch ein Sattelpunkt (das ist ein Wendepunkt mit horizontal verlaufender Tangente) vorliegen. Gilt indes an einer Stelle x fiir die erste Ableitung xy(x) = 0 und existiert dort auch die zweite Ableitung x y, dann kann die hinreichende Bedingung (Bedingung zweiter Ordnung, BZO) fiir ein Extremum wie folgt angegeben werden: • Wenn xy(x ) > 0 , dann liegt bei x* ein lokales Minimum

(13a)

• Wenn x y(x*) < 0 , dann liegt bei x* ein lokales Maximum

(13b)

Weist eine Funktion mehrere lokale Minima auf, so heiBt dasjenige mit dem geringsten Funktionswert globales Minimum, sofem es keine noch geringeren Funktionswerte gibt. Entsprechend ist bei mehreren lokalen Maxima das groBte ein globales Maximum, sofem die Funktion keinen noch grSBeren Funktionswert au^eist. Die Problematik globale Extrema zu testimmen wird erleichtert, wenn man weifi, daB eine Funktion konvex oder konkav ist (vgl M.43.). Denn bei konvexen und bei konkaven Funktionen ist jedes lokale Extremum zugleich ein globales Extremum. Bei einer Funktion y(.) mit mehreren unabhtngigen Variablen xi, X2, ... miissen auch die gemischten Ableitungen betrachtet werden, um Aussagen iiber lokale Extrema machen zu konnen. Ist zum Beispiel eine Funktion y(xi,X2) mindestens zweimal differenzierbar, dann besitzt sie iiber einem Punkt X* =(x*i,x2) nur dann einen Extremwert, feUs: *xi2

i y ( r ) = o, 2y(r) = 0 und iy(r).2y(x) > [i2y(x*)]

(14)

Bei dem Extremum handelt es sich um ein • lokales Minimum, falls

i y(x*) > 0 ,

2y(x*) > 0

(15a)

• lokales Maximum, falls

i y(x*) < 0 ,

2y(x*) < 0

(15b)

629

M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen

M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen M.4.1. Monotone Funktionen a) Eine Funktion y(x) heiBt monoton steigend, wenn mit einem groBeren x-Wert stets ein nicht kleinerer y-Wert einhergeht, wenn also aus x" > x' stets folgt, dafi y(x") > y(x'). Sie heiBt streng monoton steigend, wenn aus x" > x' stets y(x") > y(x') folgt. Analog dazu heiBt eine Funktion monoton fallend, wenn aus x" > x' folgt, daB y(x")< y(x'); sie heiBt streng monoton fallend, wenn aus x" > x' stets y(x") < y(x') folgt. Eine (streng) monoton steigende oder fallende Funktion wird auch allgemein als (streng) monoton bezeichnet. Eine monotone, aber nicht streng monotone Funktion heiBt auch schwach monoton. In der folgenden Abbildung ist die im oberen linken Diagramm dargestellte Funktion y = y(x) schwach monoton fallend, weil teilweise konstant verlaufend. Die Treppenflinktion im oberen rechten Diagramm ist schwach monoton steigend. Das linke untere Diagramm zeigt eine streng monoton steigende und das rechte untere Diagramm eine streng monoton fallende Funktion:

J

X

X

Die Monotonieeigenschaften einer Funktion bleiben auch bei der Addition von Konstanten zu der Funktion unverandert. Bei der Multiplikation einer Konstanten zu einer Funktion gilt dies nur fiir Konstanten, die groBer als null sind. Bei diflferenzierbaren Funktionen y(x) konnen die Monotonieeigenschaften auch mit Hilfe der ersten Ableitung beschrieben werden; vgl. M.3. Ist ^y ^ 0 fiir jedes x aus einem bestimmten Intervall des Definitionsbereiches, dann ist y auf dem betrachteten Intervall monoton steigend (fixr ^y > 0 ist y streng monoton steigend). Ist xT - ^ fiir jedes x aus dem Intervall, dann ist y auf dem Intervall monoton fallend (fiir xY ^ ^ ist y streng monoton fallend).

630

Mathematischer Anhang

b) 1st eine Funktion y(x) streng monoton (steigend oder fallend), dann gibt es fiir y(x) eine Inverse beziehungsweise Umkehrfunktion x(y) = inv {y(x)}; vgl. M.2.b). Bei differenzierbaren streng monotonen Funktionen kann auch die Ableitimg invertiert werden: 'x(y) = -T—y y(x)

beziehungsweise

-j— = -^— oy oy

(1)

"ST Beispiel: Die erste Ableitung von y(x) = a + b-x nach x ist ^ Y "^ t). Die Umkehrftmktion von y—a l a , 1 y(x) lautet: x(y) = ^—-— - ^ "= T -rY' ^ ~"T - Deren Ableitung nach y ist x = - ^ b

b

b

y

b

Das ist aber genau der Kehrwert von ^ y-

M.4.2. Lineare Funktionen a) Eine Funktion y = y(x) heiBt (affin) linear, wenn sie von der Form y(x) = a + b x ist. Bei a = 0 heiBt sie rein linear (y = b-x), bei b = 0 liegt eine konstante Funktion vor (y = a). Jede lineare Funktion y(x) = a + b-x hat tiberall die gleiche Steigung ^y = b, ihr Graph ist eine Gerade. b) Lineare Funktionen lassen sich in verschiedenen Darstellungsformen angeben, die zum Teil auch bei anderen Funktionen moglich sind: • Die implizite Form (oder: Normalform) einer linearen Funktion zwischen zwei Variablen ist die allgemeinste Darstellungsweise: f(x,y) = a-x + p.y -

c = 0

(1)

Hierbei sind a, p und c konstante Funktionskoeffizienten. Fiir a = 0 ist die durch (1) beschriebene Gerade eine Parallele zur x-Achse, fur p = 0 eine Parallele zur y-Achse; bei c = 0 verlauft sie durch den Koordinatenursprung. - Allgemein stehen bei der impliziten Darstellung einer Funktion alle Variablen (anhangige und unabhangige) auf einer Seite der Funktionsgleichung. • Die explizite Form einer Funktion ergibt sich aus der impliziten (1) durch Umstellen nach der abhangigen Variable; sie ist die gelaufigste Darstellungsweise, wenn es um den funktionalen Zusammenhang zwischen y und x geht. Im Falle einer linearen Funktion wird die explizite Form auch als Steigungsform bezeichnet. Sie erlaubt auf einfache Weise die Ermittlung der Geradensteigung. Dabei muB allerdings p T^ 0 sein: y(x)=^-^-x oder einfacher: y = a + b x ,

(2) c wobei a = -JT-

und

a b = - -x-

a = c/p ist der Schnittpunkt der durch die lineare Funktion beschriebenen Geraden auf der y-Achse (y°). Der x-Achsenschnittspunkt ergibt sich durch Nullsetzen von (2) und Umstellen nach x zu x° = c/a; siehe die folgende Abbildung. Die erste Ableitung von (2) gibt die Steigung der Geraden an:

M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen

ay(x) ax

Xx)

631

a

T

• Die implizite Achsenabschnittsform einer linearen Funktion ergibt sich aus der Normalform durch Division mit der Konstanten c, wemi man auch die Funktionskoeffizienten a und P in den Nenner bringt: y

^

c/p

X

c/a

= 1

Oder: - ^ + - ^ = 1

(3)

Dabei bezeichnet y° den Schnittpunkt der Geraden mit der y-Achse (also den y-Wert bei x = 0) und x° den Schnittpunkt der Geraden mit der x-Achse (also den x-Wert bei y = 0). • Kennt man die beiden Achsenschnittpunkte x°, y° einer Geraden, so lal3t sich aus (3) die explizite Form der sie beschreibenden Funktionsgleichung ermitteln. Dazu ist zunachst (3) mit x° • y° zu multiplizieren: y-x° + x-y° = x°-y° o

y y(x)

=

x°-y° - x - y ° '—7°

= y° - ^ - x

= y°(l--^)

(4)

Dies ist die explizite Achsenabschnittsform der linearen Funktion durch x° und y°. Ihre Umkehrfunktion lautet analog: x(y) = x ° - ( l - ^ )

(5)

Die folgende Abbildung veranschaulicht noch einmal die ermittelten Geradeneigenschaften:

y

Mittels der Achsenschnittpunkte laBt sich auch die betragsmaBige Steigung der Geraden (die z.B. auch eine Tangente einer anderen Kurve sein kann) ermitteln. M t 15y | =y° = c/p und | 5x | = x° = c/a gilt: \by/bK\ = \^y\ =a/p.

632

Mathematischer Anhang

c) Eine Gerade beziehimgsweise die sie beschreibende lineare Funktion ist eindeutig bestimmt, wenn man entweder zwei ihrer Punkte kennt oder einen ihrer Punkte imd ihre Steigimg. Es ist haufig erforderlich, aus solchen Daten die Geradengleichung zu ermitteln, was hier kurz gezeigt werden soil: • Zwei-Punkte-Ansatz: Sind von einer Geraden zwei Punkte (xj, yi) und (x2, yi) bekannt, die nicht notwendig auf den Koordinatenachsen liegen miissen, so kann daraus die Geradengleichung y(x) = a + b-x wie folgt ermittelt werden. Man nutzt dazu die Tatsache, daB aufgrund der konstanten Steigung 5y/5x der Gerade gilt:

5X2

72-yi

y-Yi

X2-X1

X-

(6)

5xi

Hierbei bezeichnen x und y die Koordinaten eines beliebigen Punktes (x, y) auf der Geraden; siehe die Abbildung:

y

y(x) = a + bx

y\^

^ 1

V

^-~\

h '--ff^

y-

>y2-yi >y-yi -J



V

\

a-

y

N/ 1

X2 - X^

,— Xi

Mukipliziert man (6) mit dem rechten Nernier, so folgt: —-(x-Xi)

=

y2-yi

y-yi

,

,

(7)

y = yi + - — 7 - ( x - x i )

y(x) = yi -

X2 — Xi

=a

X2 — X |

=b

Damit ist die gesuchte Geradengleichung y = a + b • x bestimmt.

(8)

M.4. Arten und Eigenschaften von Fimktionen

633

• Punkt/Steigungs-Ansatz: Eine Gerade ist auch eindeutig bestimmt, wenn man einen Punkt (xi, yi) und ihre Steigimg b kennt. Die Steigimg ist durch das (iiberall gleiche) Verhaltnis von y- und x-Anderung bestimmt:

^

= b = XZlL OX

(9)

X-Xi

Hierbei bezeichnen xi und yi die Koordinaten des bekannten Punktes auf der Geraden und x, y die Koordinaten eines beliebigen anderen Geradenpunktes; siehe die vorige Abbildung. MultipMert man (9) mit (x - xi), so ergibt sich: b-(x-xi)

= y - yi yi + b - ( x - x i )

0), ihre Steigung ^y also mit wachsendem x zunimmt.

y(x) = 10/x^

y(x) = 3(x-4)^ + 5

•y(x) = 60/x^ > 0

"y(x) = 6 > 0

y(x) = 2"y(x) = 2".(ln2)^ > 0

D b) Eine Funktion (bzw. ihr Graph) heiBt - graphisch argumentiert - uber der Achse der unabhangigen Variablen konkav gekrummt, wenn die Verbindungsstrecke zwischen zwei beliebigen Punkten ihres Graphen stets unterhalh des Graphen liegt (betrachtet von der Achse der unabhangigen Variablen). Eine difFerenzierbare Funktion y(x) hat genau dann liber der xAchse einen konkaven Verlauf, wenn ihre zweite Ableitung ein negatives Vorzeichen hat (" y(x) < 0), ihre Steigung ' y also mit wachsendem x abnimmt.

y(x) = -3-(x-4)^ + 5

y(x) 1

"y(x)

< 0

"y(x) = -6 < 0

y(x) = 10-e^ "y(x) = -e^ < 0

M.4. Arten und Eigenschaften von Funktionen

635

M.4.4. Homogene Funktionen und Euler*sches Theorem a) Eine Funktion y = y(x) mit x = (xi,...,x«) heiBt homogen vom Grade ^ , oder kurz: ^-homogen, wenn fiir jede (positive) Zahl \x gilt: y(^i.x) = ^i^y(x)

(1)

Eine Ver-|x-fachung aller x-Werte fiihrt dann immer zu einer Ver-ji^^-fachung des y-Wertes. h heiBt Homogenitatsgrad der Funktion. 1st eine Funktion homogen vom Grade Null, also h = 0 , so heiBt sie nuUhomogen. Wegen jj,^ = 1 in (1) gilt dann stets: y(^x) = y(x)

(2)

Jede beliebige Ver-n-fachung aller unabhangigen Variablenwerte xi,. .,Xn hat dann keine Veranderung des Funktionswertes y zur Folge. - 1st die Funktion homogen vom Grade Eins, also ft =1, so heiBt sie linearhomogen. Wegen (i^ = [i in (1) gilt dann: y(|ix) = ^i-y(x)

(3)

Jede beliebige Ver-(j,-fachung aller Variablenwerte fiihrt dann stets auch zu einer Ver-(ifachung des Funktionswertes y. Beispiel 1:

y(xi,X2) = (xi/ + (X2/ y(|ixi,^iX2) = (^ixi)^ + (^1x2/ = H^-(Xi/ + H^.(X2f

= H^-[(xif + (x2rt = (i^y(xi,X2)

Beispiel2:

: Also ist die Funktion homogen vom Grade 3

D

y(xi,X2) = 4• Vxi • Xi = 4'[xiX2]''^ y(HXi,|iX2) = 4 • ^ ( ^ i x O - C f i x z )

= 4.Vi^ Xi • X2 = 4-|iVxi-X2 = [i^y(xi,X2)

: Also ist die Funktion linearhomogen

D

b) Homogene Funktionen weisen eine Reihe von vorteilhaften Eigenschaften auf. Einer dieser Vorzuge findet im Euler^schen Theorem seinen Niederschlag. Die Aussage dieses "Satzes iiber homogene Funktionen" lautet wie folgt:

636

Mathematischer Anhang

Fur jede vom Grade h homogene und difFerenzierbare Funktion y(x) gilt:

(4)

Z j y ( ^ ) - X j - ^-yCx)

wobei .'y(x) die partielle Ableitung der Funktion nach der Variablen Xj symbolisiert (vgl. M.3.d). In Worte ge&Bt besagt das Euler'sche Theorem, daB die Summe aller mit ihren zugehorigen Variablen multiplizierten partiellen Ableitungen einer homogenen Funktion dem mit dem Homogenitatsgrad multiplizierten Funktionswert entspricht. Diese recht abstrakt klingende Aussage hat allerdings weitreichende Konsequenzen, auf die hier allerdings nicht naher eingegangen werden soil. Zti Beispiel I: Die Funktion y(xi,X2) = (xi)^ + (xi)^ ist, wie wir oben gezeigt haben, homogen vom Grade h =3. Deshalb gilt nach dem Euler'schen Theorem: iy(xi,X2)-Xi + 2y(xi,X2)-X2 = 3.(Xi)'-Xi + 3-(X2)'-X2 = 3-[(Xi/ + (X2/] = 3-y(xi,X2)

= h •y(xi,X2)

D

ZuBeispiel2: Die Funktion 4• vxioc^ ist, wie oben gezeigt wurde, linearhomogen (h =1). Deshalb gilt nach dem Euler'schen Theorem: l'y(xi,X2)xi + 2y(xi,X2)-X2 = 2-(Xi)"'HX2f^-Xi + 2.(Xi)'^-(X2)"'^-X2

= 2ixifix2f =

+

2ix^fix2f

HxO\x2f

= l-y(xi,x2)

= h •y(xi,x2)

n

c) Ist y(x) homogen vom Grade ft, dann sind auch stets die Ableitungen jy(x) homogen, und zwar vom Grade ftdifferenziert: j'yC^ix)-^i j'yCtA-x)

I. Dies laBt sich Idcht zeigen, indem man die Definition (1) nach x,

^l' • jy(x)

= \^'-'

j'y(x)

(5)

M.5. Totales Differential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem

637

M.5. Totales Differential, Satz fiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem M.5.1. Totales Differential a) Die erste Ableitung ^ y einer Funktion y(x) mil3t bekanntlich die Steigung des Graphen der Funktion in einem Punkt, und zwar in Richtung der x-Achse (vgl. M.3.a). Dazu wird an diesen Punkt eine Tangente T angelegt und ein Steigungsdreieck betrachtet; siehe Abbildung. Dabei wird von infinitesimal kleinen Anderungen ausgegangen. Steigt x um eine infinitesimale Einheit, so andert sich der Funktionswert um ^y infinitesimale Einheiten. Sei x' die Stelle, an der die Steigung ermittelt wird:

Geht es nicht um infinitesimal kleine, sondem - bei realen Anwendungen - um endlich groBe Anderungen 5x, 5y, so tritt stets ein Fehler bei der Steigungsmessung auf, der um so groBer ist, je groBer die Anderung von x ist. Die Tangente kann als eine einfache lineare Annaherung der Funktionskurve in der Umgebung des betrachteten Punktes angesehen werden (sog. Approximation). Wetm X dann um Dx Einheiten steigt, so entspricht die Anderung des Funktionswertes der Tangente in etwa der Anderung des Funktionswertes von y(x), sofem 5x nicht allzu groB ist. Die Anderung des Funktionswertes der Tangente laBt sich durch folgende Uberlegung ermitteln: Andert sich der Tangentenfianktionswert um ^'y Einheiten, wenn x um eine kleine Einheit steigt, dann andert er sich um xV " ^ Einheiten, wenn x um 5x Einheiten steigt; siehe die folgende Abbildung:

638

Mathematischer Anhang

Bezeichnet 5y die endlich grofie tatsdchliche Anderung des Funktionswertes von y(x), das sogenannte Differential der Funktion, so gilt mithin: 5y « x Y ' ^

(1)

Statt des eigentlich erforderlichen Ungefahr-Zeichens («) wird allerdings meistens einfach ein Gleichheitszeichen geschrieben, also hy = ^yhi. b) 1st eine Funktion mit zwei unabhangigen Variablen gegeben, also y(xi,X2), so tragt sowohl die Anderung von xi als auch die Anderung von X2 zu einer Veranderung des Funktionswertes y bei. Das sogenannte totale Differential von y ist somit: 5y = 5yi + 5y2 Fiir jede Komponente des totalen DiflFerentials gilt nun genau das oben unter a) Gesagte. Mittels der partiellen Ableitungen j y, 2 y ist: Dy « I'y-dxi +

2y^2

(2)

Bei Anwendungen von (2) wird statt des Ungefahr-Zeichens der Einfachheit halber wieder ein Gleichheitszeichen geschrieben. Das totale Differential ()y einer Funktion y(xi,X2) gibt somit an, um wieviele Einheiten sich der Funktionswert y andert, wenn sowohl xi sich um Dxi als auch X2 sich um 5x2 andert (daher die Bezeichnung "totales" Differential). Weifi man beispielsweise, dafi y um 3 kleine Einheiten steigt, wenn xi um eine kleine Einheit steigt (also fiir die partielle Ableitung gilt: ly = 3) und daB y um 5 kleine Einheiten steigt, wenn X2 um eine kleine Einheit steigt (also 2 y = 5), so kann mittels (2) abgeschatzt werden, um wieviel Einheiten y sich in etwa verandert, wenn xi um 5xi = 10 und X2 um 5x2 = 7 kleine Einheiten zunehmen: Es ergibt sich: 5y = 310 + 5-7 = 65.

M.S. Totales Differential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem

639

Ein anschauliches Beispiel fur das totale Differential bietet das Wandem im Gebirge: by gibt dann den Gesamthohenunterschied an, wenn man 5xi Schritte in Richtung Westen (entspricht der xi-Achse) und 5x2 Schritte in Richtung Siiden (entspricht der X2-Achse) geht und die Steigung des Berges in Richtung Westen ^y und in Richtung Siiden 2y betragt. Ein analoges okonomisches Beispiel ist die Frage, wie sich der Erlos E = p • x eines Untemehmens verandert (also 5E), wenn sich sowohl der Preis p um dp als auch die Absatzmenge x um 5x verandem. Die Formel (2) sagt dann: pE • 5p + ^E • 5x

5E

X • 5p + p • 5x c) Betrachten wir den speziellen Fall eines totalen Differentials (2), bei dem die Anderungen aller unabhangigen Variablen proportional erfolgen, das heil3t um den gleichen Prozentsatz, bezogen auf den jeweiligen Anfangswert. Die relative Anderung von xi und X2 sei gleich b[i/[x, was als Proportionalitatsfaktor interpretiert werden kann: 5xi

=

Xi

5x2

=

5(1

X2

J

V

Oder

o x i = Xi

^l

^^A

,

^

0 x 2 = X2

[X

^^A

\X

(3)

Das totale Differential der Funktion y = y(xi,X2) lafit sich dann gemafi (2) wie folgt schreiben und umformen:

dn

Sy

'

y

+ zyx,-

Xi

lY'— y

dn

,

,y.x,._ '

X^

+ 2y — y.



dpi

(4)

Dividiert man beide Gleichungsseiten durch b[x/[i, so ergibt sich:

o

- ^

5|j,

=

^y 5|i

1^ y

Xi

--

ly-

y

X2

+

ly '

y

(5)

In Elastizitatsschreibweise^ (siehe Anhang M.7.) lautet die Beziehung: E{y:[i) = 8(y:xi) + 8 (y:x2)

(6)

Diese Eigenschaft liegt dem sogenannten Wicksell/Johnson-Theorem der Produktionstheorie zugrunde. Sie ist weitgehend unabhangig vom Typ der Funktion y(xi,X2).

^ Vgl. dazu Anhang M.7.

640

Mathematischer Anhang

M.5.2 Satzfiberimplizite Fimktioneii a) Manche Funktionen koimen nur in impliziter Form angegeben werden, das heifit so, dafi alle abhangigen und unabhangigen Variablen auf einer Gleichungsseite stehen (vgl. M.4.2.b). Eine Auflosung der impliziten Funktionsgleichung nach der abhangigen Variablen ist dann nicht oder nicht eindeutig moglich. Beispiele:

1)

^y)

=^ +f

+1=0

2)

f(x,y) = x . y l n ( x + y) = 0

Wenn sich der Zusammenhang zwischen einer unabhangigen Variable x und der abhangigen Variable y nicht explizit angeben laBt, so kommt es doch haufig darauf an, zu wissen, wie y sich verandert, wenn x sich verandert und f(x,y) = 0 erhalten bleibt, welchen Wert also die Ableitung Dy/5x hat. Man betrachtet dann eigentlich die implizite Funktion f(x,y(x)) und fragt nach der Ableitung ^y der unbekannten Funktion y(x). Ohne weiteres ist dieses Problem nicht losbar. b) Erfreulicherweise gibt es aber einen mathematischen Satz, der diese Ableitung zu berechnen gestattet, auch ohne daB eine explizite Funktion y(x) vorliegen muB: der Satz fiber implizite Funktionen. Ist namlich die impHzit voriiegende Funktion f(x,y(x)) = 0 partiell diflferenzierbar mit den Ableitungen ^f, y f ^ 0 , so ergibt sich durch DifiFerenzieren dieser Gleichung nach x (gemaB (6) aus M.S.): , ' f + ;f. ; y = 0 wobei xV = hyfbK die gesuchte »innere Ableitung« ist. Durch Umstellen folgt daraus die gesuchte Ableitung: (7) Der Zusammenhang zwischen den Variablen x und y der impliziten Funktion kann nach diesem Satz durch das negative Verhaltnis der partiellen Ableitungen der impliziten Funktion beschrieben werden. Und ^ f und y f konnen auch dann bestimmt werden, wenn man y(x) nicht kennt. Fiir die beiden oben beispielhaft genannten impliziten Funktionen ergibt sich so: 5y dx

5y 5x

=

x'y =

x y y.to(x.y) +

=

x-y

^

x'y =

xln(x + y) + ^'•^

x+y

Anwendungsbeispiel: Die Funktionsgleichung x(a,c) = x beschreibt in der Produktionstheorie den Zusammenhang zwischen den Faktorinputs a und c, bei dem der Output x auf dem Niveau X unverandert bleibt (sog. Isoquante). Diese Produktionsfunktion sei differenzierbar mit den

M.5. Totales DiflFerential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem

641

beiden partiellen Ableitungen: a'x > 0 und Jx > 0 (Grenzproduktivitaten). Sie kann auch dann, wenn sie explizit zum Beispiel nach a auflosbar ist, in impliziter Schreibweise verwendet beziehungsweise als implizite Funktion interpretiert werden, um die Steigung da/Sc = c ^ der Isoquante zu ermitteln: f(a,c) = x(a,c) - X = 0 Nach dem Satz uber implizite Funktionen (7) ist nun: 5a ^

_ _ ^ ^ _ c'x

Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn das totale Differential 5x der Produktionsfunktion x(a,c) gebildet wird (also: bx = a'x • 5a + c'x • 5c) und man dabei beriicksichtigt, dal3 sich der Funktionswert x auf der Isoquante nicht andert, dal3 also 5x = 0 ist. Umstellen nach 5a/5c ergibt dann ebenfalls die obige Formel. Demnach ist die Steigung der Isoquante gleich dem negativen Verhaltnis der Grenzproduktivitaten c'x und a'x. Ist beispielsweise in einem Punkt (a,c) der Isoquante ^x = 7 und c'x = 14, so ist dort 5a/5c = -2 . Das heiBt: Eine zusatzlich eingesetzte Einheit der Faktors c erlaubt (bei gleichbleibendem Output) einen Mndereinsatz des Faktors a um zwei Einheiten.

Die Funktion y(x) beschreibt den Verlauf einer Isohohenlinie von f(x, y(x)). Mit Hilfe des Satzes (7) laBt sich zeigen, daB die Steigungen der Isohohenlinien, also Jy = 5y/5x, im Falle einer fi-homogenen Funktion f (vgl. M.4.4.c) entlang eines beliebigen Strahls aus dem Koordinatenursprung konstant sind. Denn fiir alle (i > 0 gilt: ;f(^ix,^y) -^y =

'X-.

| i ' " ' ' x'f(x,y)

X = -rr.—r-——

x'f(x,y) = -T~—-

(8)

Das heiBt: ^y ist nicht von \i, also von der Position auf dem Urstrahl abhangig. Diese Eigenschafl weisen iibrigens nicht nur homogene Funktionen auf, sondem auch alle streng monoton steigenden Transfomiationen (vgj. M.4.1.a) derselben. Funktionen, die streng monoton steigende Transformationen (vgl. M.2.c) von homogenen (insb. linearhomogenen) Funktionen sind, heiBen homothetisch. Beispiel: ^

ist eine in y streng monoton steigende Funktion. Ist y = y(x) eine homogene

Funktion, so ist ^y(x) eine homothetische. Auch bei ihr gilt folglich (8). c) Durch nochmaliges Diflferenzieren von (7) kann iiber die zweite Ableitung xY auch das Krummungsverhalten von y(x) untersucht werden. Bd x'y > 0 hat y(x) einen konvexen und bei x'y < 0 einen konkaven Verlauf (vgl. M.4.3.). Die Ableitung von (7) nach x ergibt gemaB der Quotientenregel (3) aus M3,b): xf(x,y(x)) yf(x,y(x))

642

Mathematischer Anhang

xf

+

y^f-xY

:f

..

-yf-xY

M t - x'f/yf ^ xY aus (7) und y^f = xyf (Satz von Schwarz, vgl. M.3.d) ergibt sich schlieBlich:

(9)

Bei yf > 0 hangt das Vorzeichen dieser zweiten Ableitung der Funktion y(x) von dem Vorzeichen des in der eckigen Klammer stehenden Ausdrucks ab. Es gilt dann:

;;y

=

0

Mit ^y = - ^f/;f folgt hieraus:

> x'Y = 0


y

* /ir-x2

(;fr ^

2^f-4^

Nach Division durch (^ f )^ verbleibt

> "y

"f sJ

=0

"f ^ ^r

(11)

Anwendungsbeispiel: In der Produktionstheorie kann f(x,y) als Produktionsfunktion x(a,c) des Untemehmens inteipretiert werden. Fafit man so das x aus f als Kapitaleinsatz c, y als Arbeitseinsatz a und f als Ausbringungsmenge x auf, so lautet (11) in dieser Anwendung: nX

.a = 0

( »

2 • 1X

aX

(aX)

^

^X-aX

(*)

Die Konvexitat der Isoquante a(c) setzt voraus, dal3 i a ^ 0 ist (vgl. M.4.3.a). Nach der Bedingung (*) ist dies genau dann der Fall, wenn iiX

(>)'

_^

c^

(>)'

^

^ ' ac^

/^**y

M.S. Totales Differential, Satz iiber implizite Funktionen und Enveloppentheorem

643

Um zu priifen, ob die Isoquanten einer Produktionsfunktion x(a,c) konvex sind, muB also die Bedingung (**) gepriift werden: Die beiden links stehenden Terme sind negativ, denn das Quadrat ist positiv und die zweiten Ableitungen der Produktionsfunktion sind nach Voraussetzung (U2) strikt negativ (Gesetz der abnehmenden Grenzertrage). Auf der rechten Seite sind die Grenzproduktivitaten a'x und c'x nach Voraussetzung (Ul) strikt positiv. SchlieBlich ist nach Voraussetzung (US) auch das Vorzeichen der gemischten zweiten Ableitung ac'x positiv (zunehmender Grenzertrag eines Faktors bei vermehrtem Einsatz des anderen Faktors), zumindest aber nicht negativ. Folglich ist die Bedingung (**) unter den Annahmen (Ul) bis (US) sicher erfiillt, die Isoquanten verlaufen dann also stets konvex. Das gilt speziell auch fiir die Cobb/Douglas-Produktionsfunktion. Die Bedingung (**) zeigt, daB sogar noch schwachere Annahmen ausreichen, um die Konvexitat der Isoquanten zu sichem. Denn auch falls ac x negativ ist kann sie erfiillt sein, sofem nur die rechte Ungleichungsseite einen »weniger negativen« Zahlenwert hat als die linke. Auch kann bei einem der Faktoren das Gesetz der abnehmenden Grenzertrage verletzt sein (z.B. a X > 0 ) , sofem die rechte Ungleichungsseite einen hinreichend positiven Wert aufweist. Dies kann sich der Leser gegebenenfalls anhand einfacher Zahlenbeispiele verdeutUchen.

M t Hilfe der Bedingung (11) konnen wir zeigen, unter welcher Bedingung Funktionen vom Cobb/Douglas-Typ, alsofl^x,y)= y • x" • y^, konvexe Hohenlinien y(x) haben, das heiBt solche mit Jy > 0. Zur Anwendung von (11) benotigen wir folgende Ableitungen der Cobb/Douglas-Funktion: 'f' =

'f =

Pf

af yl

X

(a-l)af

(a-l)-,f

X^

X

=

;f =

y

(P-i)Pf

(P-Oy'f y

a p f _ Jf •;£ ^

xy

f

Das eingesetzt in (11) ergibt:

i'y = 0

(a-l)^(P-l) a f P-f

Nach einigen Umformungen folgt: ;'y

= 0


max!

u.d.N.

prXi + P2X2 = B

Xi,X2

Verlangt wird also: "Maximiere das Praferenzniveau cp des Konsumenten hinsichtlich der konsumierten Giitermengen xi und X2 (das sind die beiden gesuchten GroBen!) unter der Nebenbedingung (u.d.N.), daB die Budgetbeschrankung eingehalten wird". 2. Schritt: Aufstellen der Lagrange-Funktion. Die Lagrange-Funktion S? enthalt als unabhangige Variablen die der Zielfunktion (xi und X2) sowie fur jede vorliegende Nebenbedingung einen sogenannten Lagrange-Multiplikator X. In unserem Beispiel gibt es nur eine Nebenbedingung und folglich auch nur einen Lagrange-Multiplikator. Die Lagrangefiinktion setzt sich additiv zusammen aus der Zielfunktion und der mit dem Lagrange-Multiplikator multiplizierten, nuUgesetzten Nebenbedingung. NuUsetzen der Nebenbedingung bedeutet in unserem Beispiel, daB die Gleichung prXi + P2X2 = B so umgestellt wird, daB auf der linken oder der rechten Gleichungsseite eine Null steht, etwa in der Form B - prXi - P2X2 = 0. Somit lautet die Lagrangefunktion des Konsumoptimierungsproblems: SP(xi,X2,A.) = xi^-X2'' + X[B-prXi-P2-X2]

->

max! Xl,X2

M.6. Optimiemng unter linearen Nebenbedingungen: Der Lagrange-Ansatz

649

Der Satz von Lagrange besagt nun, daB die Losung des im Schritt 1 genannten Optimierungsproblems (Maximierung einer Funktion unter Nebenbedingungen) logisch aquivalent ist zu der Maximierung der soeben aufgestellten Lagrangefunktion ohne Nebenbedingungen. Dadurch wird gleichsam ein schwieriges auf ein einfaches Problem zuruckgefiihrt. 3. Schritt: Nullsetzen aller erstenpartiellen Ableitungen der Lagrangejunktion. Ein Maximum oder Minimum der Lagrangefimktion setzt voraus, daB alle ersten partiellen Ableitungen von S£ null sind (vgl. M.3.e). In unserem Beispiel ergeben sich durch die nullgesetzten ersten Ableitungen drei Gleichungen mit den drei Unbekannten xi, X2 und X: (1) , ; ^ =

a - x r ^ - x / - X-pi

- 0

X = '^•^^"'•''^^

(1')

Pi

(2)

, > =

P - x ^ - x / - ^ - X.p, = 0

o

X= ^• min! a,c

M.6. Optimiemng unter linearen Nebenbedingungen: Der Lagrange-Ansatz

651

Der Satz von Lagrange besagt nun, daB die Losung des in Schritt 1 genannten Optimierungsproblems (Minimierung einer Funktion unter Nebenbedingungen) logisch aquivalent ist zu der Minimierung der soeben aufgestellten Lagrangefunktion ohne Nebenbedingungen. 3. Schritt: Nullsetzen allerpartiellen Ableittmgen ckr Lagrangejunktion. Ein Maximum oder Minimum der Lagrangefunktion setzt voraus, daB alle ersten partiellen Ableitungen v o n ^ null sind (vgl. M.3.e). In unserem Fall ergeben sich drei Gleichungen mit den drei Unbekannten a, c und X: 1

(1)

>

=

^ -

(2)

>

=

r - X'^x

(3)

l^ =

x(a,c) - X

A,-3 X

i X = ^-

(V)

! = 0

max ! a,c

u.d.N.

?-a + r-c =

M.7. Elastizitaten

653

M.7. Elastizitaten a) Zur Messung des Zusammenhangs beziehungsweise der Abhangigkeit zweier okonomischer GroBen werden sowohl in der Wirtschaftstheorie als auch in der Wirtschaftspraxis haufig sogenannte Elastizitatswerte verwendet. Das Konzept geht auf den englischen Okonomen Alfred Marshall (1890) zunick. Wir bezeichnen die beiden GroBen durch x und y und fassen x als unabhangige und y als (von x) abhangige Variable auf. Die Elastizitat zwischen den Variablen y und x wird dann durch s(y:x) symbolisiert; lies: "Elastizitat von y in Bezug auf x" oder: "x-Elastizitat von y". Die Elastizitat 8(y:x) gibt an, una wieviel Prozent sich der Wert der Variable y andert, wenn der Wert der Variable x um ein Prozent zunimmt (oder abnimmt). Bei s handelt es sich somit - ahnlich wie bei den Ableitungen aus der Differentialrechnung (vgl. M.3) - um ein SteigungsmaB. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daB bei Ableitungen absolute, bei Elastizitaten relative Anderungen zweier GroBen ins Verhaltnis gesetzt werden. Zwischen den betrachteten GroBen x und y muB im allgemeinen keine kausale Abhangigkeit bestehen; es kann sich auch um einen hypothetischen oder statistischen Zusammenhang handeln. Meist wird aber von einem kausalen Zusammenhang ausgegangen, bei dem Anderungen von x ursachlich fur Anderungen von y sind. Es wird dann untersucht, wie Anderungen von x auf y wirken. Elastizitaten sind demnach Quotienten zweier relativer (prozentualer) Anderungen. Im Zahler steht in der Kegel die Anderung von y (also 5y) bezogen auf den y-Wert vor der Anderung; im Nenner steht die Anderung von x (also dx) bezogen auf den x-Wert vor der Anderung. Formal ist die Elastizitat somit wie folgt definiert:

e(y:x) := - ^

(1)

Steigt oder fallt x um ein Prozent, so andert sich y um £(y:x) Prozent. Beispiel. x steigt von 200 um dx = 6, also um drei Prozent (5x/x = +0,03 = +3 %), und damit geht eine Erhohung von y um sechs Prozent einher (also 5y/y = +0,06 = +6 %). Dann ist E(y:x) = +6 % / +3 % = 2. Auf jedes Prozent x-Anstieg kommt dann ein y-Anstieg von 2 Prozent. Ein positives Vorzeichen von 8(y:x) zeigt an, daB mit steigendem [sinkenden] x auch y steigt [sinkt], wogegen ein negatives Vorzeichen eine gegenlaufige Anderung von x und y zum Ausdruck bringt (y sinkt, wenn x steigt oder umgekehrt). Im Unterschied zu den Elastizitaten werden bei dem anderen SteigungsmaB, namlich den aus der Dififerentiab-echnung bekannten Ableitungen, die Anderungen als solche (Dy, 5x) ins Verhaltnis gesetzt: ^y = by/bK (vgl. M.3.). Der wesentliche Vorteil von Elastizitaten gegenuber Ableitungen besteht darin, daB ihr Zahlenwert nicht von MaBeinheiten abhangt. Denn die moglicherweise unterschiedlichen MaBeinheiten von y und x kiirzen sich im Zahler und im Nenner von (1) jeweils heraus. Elastizitatsberechnungen ergeben daher einheitenlose Zahlenwerte, die auch fiir verschiedene Anwendungsfalle miteinander vergleichbar sind. Ableitungen weisen dagegen

654

Mathematischer Anhang

haufig MaBeinheiten auf, die sich okonomisch kaum interpretieren lassen: Zum Beispiel ergibt die erste Ableitung der Nachfragefunktion x(p) nach dem Preis p x = 5x/Dp. Wird die Mengenanderung 5x in "Stiick" gemessen und die Anderung 5p des Preises in "Geldeinheiten pro Stuck", so hat p x die MaBeinheit "Stiick^ je Geldeinheit". Die entsprechende Elastizitat von x in bezug auf p ist dagegen einheitenlos. 1st im relevanten Wertebereich die Elastizitat 8(y:x) bekannt, so kann mit ihrer Hilfe eine einfache Abschatzung der absoluten Anderung von y (also von 5y) bei Anderung von x um 5x erfolgen. Dazu mufi nur die Definitionsgleichung (1) nach 5y umgestellt werden. Dies ergibt:

5y = JL..e(y:x).5x

^^^

Hierbei sind x', y' die Koordinaten des Punktes, in dem man die Abschatzung vomimmt. Ist beispielsweise x' = 10, y' = 1000, 8(y:x) = -0,2 und andert sich x um (k = 4, so ist noch (2) mit 1000 einer absoluten Anderung von y in Hohe von 5y = • (-0,2) -4 = - 80 zu rechnen. Fiir alle Arten von Elastizitaten s heiBt die als abhangig definierte Variable (hier y) in Bezug auf die als unabhangig definierte Variable (hier x): • vollkommen unelastisch, falls

Is| =0

• relativ unelastisch,

falls 0 < | g | < 1

• relativ elastisch^

falls

181 > 1

• voUkommenelastisch,

falls

| s | ^^QO

Zur Definition werden also nur die Absolutbetrage (vgl. M.l.f) der Elastizitatswerte betrachtet. b) Hinsichtlich der Ermittlung von Elastizitaten sind zwei Falle zu unterscheiden: Liegen (empirische) Daten fur die Variablen y und x vor, so wird (1) in Form der sogenannten Bogenelastizitatsformel geschrieben, in welche die gegebenen Daten einzusetzen sind. Fur 5y und 5x werden die Anderungen (Dififerenzen zwischen End- und Anfangswerten) der Variablen eingesetzt/ Der Index 1 kennzeichnet dabei den Anfangswert einer Variable und der Index 2 ihren Wert nach der Anderung (Endwert): y 2 - Yi

s(y:x) =

yi

„^'

X 2 - Xi

(3)

* In der spateren Foraiel (10) wird eine akemative BerechnungsmogUchkeit fiir die Bogenelastizitat

M.7. Elastizitaten

655

Einige realitatsnahe Beispiele zur Bogenelastizitat: Beispiel bl: Wachst das Bruttoinlandsprodukt Y von 3000 Mrd. GE um 60 Mrd. GE, so steigen die Steuereinnahmen S des Staates von 750 Mrd. GE auf 780 Mrd. GE. Wie groB ist die Elastizitat 8(S: Y) ? - Losung:

8(S:Y) =

780-750 750 3060-3000 3000

5S S 5Y Y

+ 4% + 2%

Ausgehend von den genannten Daten bringt also jedes Prozent Wirtschaftswachstum dem Staat Steuermehreinnahmen von zwei Prozent; das Steueraufkommen reagiert relativ elastisch auf Anderungen des Bruttoinlandsproduktes. s(S:Y) wird iibrigens als Aufkommenselastizitat bezeichnet. Fur den Zeitraum von 1950 bis 1973 wurden in der Bundesrepublik Deutschland Aufkommenelastizitaten von 1,78 fiir die Lohnsteuer, 1,11 fur die veranlagte Einkommensteuer und 0,79 fiir die Korperschaftssteuer gemessen. Beispiel b2: Nach einer Untersuchung uber "anbieterinduzierte Nachfrage" steigt die Zahl der arztlichen Behandlungen B in esinem Gebiet um 30 %, wenn sich die Anzahl der Arztpraxen A verdoppelt. Wie groB ist die Elastizitat 8(B: A) ? - Losung:

E(B:A) =

^

^

R dA

-ft-

=

+ 30% = 0,3 +100%

—rzzTT

Jedes Prozent Mehr an Arztpraxen erhoht die Anzahl der Behandlungen um 0,3 Prozent. Die Behandlungshaufigkeit reagiert also positiv, wenn auch relativ ww^tofcc/i auf Anderungen der Praxenzahl. Interpretiert man die Aussage kausal, so »schaflfen« sich Arzte folglich zu einem gewissen Grad te^ Patienten. Beispiel b3: Das Untemehmen Reemtsma senkte im Januar 1983 den Preis p der Zigarettenmarke "West" von 3,80 auf 3,30 DM/Packung. Dadurch stieg der Absatz x auf das Siebenfache (also um 600 Prozent). Wie groB war die Elastizitat 8(x:p) ? - Losung:

^^""•P^ ~

jc_ ^ P

_ ~

+600 3,30-3,80 3,80

_ "

+ 600% -13,2%

^ ""^^'^

Jedes Prozent Preissenkung lieB den "West"-Absatz um gut 45 Prozent steigen. Somit reagierte der Absatz extrem elastisch auf Preisanderungen. s(x:p) wird als Eigenpreiselastizitat der Nachfrage bezeichnet. Wegen des negativen Vorzeichens liegt zudem eine normale Nachfragereaktion vor.

D

656

Mathematischer Anhang

c) 1st anstatt empirischer Daten eine Funktionsgleichung y = y(x) gegeben, die den Zusammenhang zwischen y und x formal beschreibt, so wird (1) in Form der sogenannten Punktelastizitatsformel geschrieben und zur Berechnung verwendet. Dazu wird der Doppelbruch so umgeformt (vgl. M.l.(2)), daB sich ein Dififerentialquotient (vgl. M.S.a), also eine Ableitungsvorschrift 5y/5x ^xY'^^gi^t: 5y(x) X , , ^ X xy(x)-x s ( y : x ) = -^^'—r-r = xy(x)--7-r- = ^ \ , (4) ^^ ^ bx y(x) -^^ ^ y(x) y(x) ^ ^ Um den Elastizitatswert an einer bestimmten Stelle x', das heiBt in einem bestimmten Punkt der durch y(x) beschriebenen Kurve zu ermitteln, mu6 x' fiir x und y(x') fiir y in die Punktelastizitatsformel (3) eingesetzt und die Ableitung XYC^') gebildet werden. 8(y:x) gibt dann an, um wieviel Prozent sich der Funktionswert y an der betrachteten Stelle andert, wenn x, ausgehend von x', um ein Prozent steigt (oder ^llt). Dabei wird unterstellt, daB "ein Prozent" eine infinitesimal kleine Anderung der unabhangigen Variable x ist. Mit Blick auf reale Anwendungen ist dies stets unproblematisch. Wenn die beiden Variablen x imd y nur positive Zahlenwerte annehmen konnen, dann stimmt das Vorzeichen der Elastizitat mit dem der Ableitung iiberein. Eine Funktion y = y(x), die fur alle moglichen x-Werte den gleichen Elastizitatswert s(y:x) aufweist, heifit x-isoelastisch. Isoelastische Funktionen sind der Regel keine Geraden.^ Einige Beispiele zur Punktelastizitat: Beispiel cl: Gegeben sei eine Funktion f(x) = a-x", mit a = 3 und a = 0,5. Wie groB ist die Elastizitat s(f:x) bei x = 25 ? - Losung: s(f:x) =

:f(x).^

= a-a-x"~^

X

a-x"

= a = 0,5

Wenn x also um ein Prozent steigt, dann steigt f(x) um 0,5 Prozent. f reagiert also relativ unelastisch auf Anderungen von x. Der Elastizitatswert hangt hier nicht von x ab; f ist also xisoelastisch. Beispiel c2: Gegeben sei eine Funktion y(z) = az" - b, mit a = 3, b = 20 und a = 0,5. Wie groB ist die Elastizitat e(y:z) bei z = 25 ? - Losung: 8(y:z) =

:y(z)-^

= a • a • z"" a-z" - b

a-z" - b

Dividiert man den Zahler und denNenner durch az", so ergibt sich:

' Vgl. den nachfolgenden Abschnitt d).

M.7. Elastizitaten

657

.„., . ^ ^

= .,,3

. ^

az"

35

Wenn z also um ein Prozent steigt, dann sinkt y um 1,5 Prozent. Eine prozentuale z-Anderung fiihrt also zu einer anderthalbmal so starken entgegengerichteten y-Anderung. y reagiert relativ elastisch auf Anderungen von z (well s dem Absolutbetrag nach groBer als Eins ist).

D Fur jede diflferenzierbare Funktion lassen sich auf die gezeigte Weise Punktelastizitaten ermitteln, sei es allgemein in Form von Berechnungsformeln, sei es konkret als Zahlen durch das Einsetzen bekannter Koeffizienten- und Variablenwerte in eine Berechnungsformel. d) Fur den besonders haufigen anzutreffenden Fall linearer Funktionen soUen die Elastizitaten im folgenden etwas eingehender betrachtet werden. Gegeben sei die allgemeine lineare Funktion: x(p) = a p + (3 wobei die Variablen x und p nichtnegative und die Funktionsparameter a und P beliebige (positive Oder negative) reelle Zahlen sind. x(p) beschreibt zum Beispiel bei a > 0 eine normale Angebotsfunktion und bei a < 0 eine normale Nachfragefunktion, wobei dann x die Gutermenge und p den Giiterpreis symbolisieren. Der Graph der linearen Funktion ist eine Gerade, deren Lage durch ihre Schnittpunkte mit der der x- und der p-Achse bestimmt ist (x°,p°; vgl. M.4.2):

' p = 0

' =>

x° = p

und

X = 0

P ^

P° = - —

Mit pX = a ist die Preiselastizitat (des Angebots oder der Nachfrage): 8{x: p)

px(p)p x(p) ap

a.p+P

_

p

,P

p + a

_

1

(5)

1 + -^^ a p

Je nachdem, ob a und p groBer, Ideiner oder gleich Null sind, ergeben sich die im folgenden Tableau dargestellten Falle. Leere Felder sind okonomisch irrelevante Konstellationen. s steht jeweils fiir s(x:p). Die Darstellung zeigt, dafi lineare Funktionen im allgemeinen nicht liberall den gleichen Elastizitatswert aufweisen, obwohl ihre Steigung liberall gleich ist. Insbesondere eine negativ geneigte Gerade weist alle Elastizitatswerte von Null bis minus Unendlich auf Genau in der Mitte liegt der Punkt mit s = - 1, der sogenannte einheitselastische Punkt.

658

Mathematischer Anhang

\^ a :

=0

>0

P\

8->l

p

0

-

- >^B -

2a

1/ X

^P

a

P

X

P/2

-1

P ^

P

= 0

ys= 1 X

P

00

p

^^^>

S = 00

\

1p