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German Pages 87 [88] Year 1950
VEITS
KLEINE
Fortgeführt
von
SCHACHBÜCHEREI
Schachmeister
Kurt
Richter
Mein erstes Schachbuch Ein Ratgeber für Anfänger von Kurt Richter Mit
zahlreichen
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Berlin
WALTER
Stellungsbilder
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uflage
1950
D E G R U Y T E R & CO
vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag,Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.
Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechtes, vorbehalten Archiv-Nr. 532049 P r i n t e d in Germany / Satz u n d D r u c k : Buchdruckerei Oswald Schmidt GmbH., Leipzig M 118
Vorwort zur zweiten Auflage Wer zum ersten Male vor dem Schachbrett steht und soll eine Schachpartie eröffnen —
zur weiteren Beschäftigung mit dem königlichen Spiel anzuregen. Der Verfasser ist zufrieden, wenn dieses erste
(Anfangsstellung; siehe S. 5)
(Endspiel Saavedra; siehe S. 61)
der weiß noch nicht viel von dem Inhaltsreichtum des Spiels, von seinen Feinheiten und Kombinationen. Er ist überrascht, wenn er hört, daß auch die „einfachen Stellungen" (s. Diagr. rechts oben) komplizierte Gedanken und schöne Ideen enthalten. Das vorliegende Büchlein, „Mein erstes Schachbuch", bemüht sich, die im Schach liegenden Schönheiten von vielen Seiten zu beleuchten und so
Schachbuch nicht das letzte bleibt, wenn es vielleicht sogar den Grundstock zu einer kleinen Schachbibliothek legt. „Mein erstes Schachbuch" hofft, aus Schachanfängern Schachfreunde zu gewinnen. Berlin, Januar 1950 Kurt Richter
Inhalt Vorwort I. Wir spielen eine Schachpartie Das Handwerkszeug Die Gangart der Steine Die Bezeichnung der Felder Berührung mit dem Gegner Das Ziel der Schachpartie Wir spielen eine Schachpartie Zwei Ausnahmen wichtiger Regeln II. Die drei Phasen des Spiels Einleitung A. Die Eröffnung B. Das Mittelspiel C. Das Endspiel
3 5 5 5 8 9 10 12 13 16 16 16 25 32
III. Kleines Schachlexikon
41
IV. Kunstschach Kunstschach und Schachkunst Direkte Schachaufgaben Ein Schlußwort Kunststudien
53 53 54 59 60
V. Schach und Sport Die ersten Schritte im Turnier Die Spitzenleistung Die Paarung im Schachturnier
65 65 66 68
VI. Kurzer geschichtlicher Blick Vom Wesir zur Dame Von Philidor zu Botwinnik
71 71 72
VII. Kurzweil im Schach Sprüche und Zitate Anekdoten und Grotesken
82 82 84
I. Wir spielen eine Schachpartie Bei deinem Tun gedenk' des Sprüchleins Eins nach dem andern, aber gründlich!
stündlich:
(Spruch im Berliner
Rathaus)
Das Handwerkszeug Wir brauchen zum Spielen einer Schachpartie ein Brett mit 64 abwechselnd weißen und schwarzen quadratischen Feldern, wie wir es auch vom Damespiel her kennen. Bei der Aufstellung des Brettes achte man darauf, daß sich rechts vom Spieler ein weißes Eckfeld befindet. Zwei Spieler sind nötig, um eine Schachpartie zu führen. Jeder hat ein Heer von 16 Steinen zur Verfügung, und zwar 8 Offiziere und 8 Bauern. Hier ist es abgebildet Weiß:
Schwarz
auf einem schwarzen Feld; eine kleine Gedächtnishilfe!
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Die Gangart der Steine
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. . . und alles dreht sich um den König
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Die Bezeichnungen „Weiß" und „Schwarz" für die beiden Heere haben sich eingebürgert; Weiß eröffnet stets die Partie. Wie werden nun die Figuren aufgestellt? Das sagt das folgende Bild. Auf der untersten Reihe stehen die „Offiziere", davor, gewissermaßen als Schutztruppe, die Bauern. Die weiße Dame steht in der Grundstellung stets auf einem weißen, die schwarze stets
Der ,König würdevoll — bedächtig, Zwar wichtig, doch nicht immer mächtig! Beginnen wir mit der wichtigsten, wenn auch nicht mächtigsten Figur: dem König. E r geht würdevoll über das Brett, mit langsam abgemessenem Schritte. Nach allen Himmelsrichtungen kann er jeweils nur ein Feld vorrücken. Seine Kampfkraft ist also nicht groß, um so mehr aber sein Kampfwert. Vom Schicksal des Königs hängt auch das Schicksal der Partie ab. Daraus folgt, daß er sich im Anfang der Partie hübsch hinten zu halten hat und nicht etwa in das Spiej
6 eingreifen wird. J e mehr sich aber die Reihen lichten, um so stärker t r i t t er hervor, und im Endspiel ist er, Würde und W e r t vergessend, sehr oft die Hauptfigur. Ein Beispiel für den Marsch des Königs.
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Dem weißen König sind hier alle punktierten, dem schwarzen König alle mit einem liegenden Kreuz bezeichneten Felder zugänglich. Lanier, Turm und Dame: ein mächtiges Dreigestirn Die Läufer Der Läufer: quert das ganze Feld, Ist flink und schlank, ein stolzer Held! Die Läufer sind flinke Gesellen, die über das ganze Brett eilen. Sie beherrschen die schrägen Linien. Jede Partei h a t einen weißfeldrigen und einen schwarzfeldrigen Läufer, die infolge ihrer Gangart niemals die Farbe wechseln können. Im Gegensatz zum König können Läufer, Turm und Dame in der einmal eingeschlagenen Richtung so weit ziehen, wie es ihnen beliebt. Der lernende Schachfreund erkennt deutlich die weitreichende Wirkungs-
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III ¡¡¡P IIP ¡¡P kraft des Läufers. Geschickt geführt, sind die Läufer eine mächtige Walle. Die Türme Der Turm: er liebt die graden Strecken, Verdoppelt, bringt er Furcht und Schrecken. I m Vergleich zu den Läufern erscheinen die Türme wuchtig, fast schwerfällig. Sie sind die Beherrscher der geraden Linien, ihr Tummelplatz sind die Senkrechten und Waagrechten.
Der Kampfwert der Türme ist größer als der der Läufer, weil sie nicht an eine bestimmte Farbe gebunden sind, sondern jeden beliebigen P u n k t
7 des Schachbrettes erreichen können. Zwei Türme hintereinander aufgestellt, auf ein bestimmtes Ziel gerichtet, haben zermalmende Kraft. Darüber später. Die Dame Die Dame: königlich, zeigt in vereinter Pracht Des Läufers Eleganz, des starken Turmes Macht! Nun gibt es aber eine Figur im Schachspiel, die wie ein Läufer auf den Diagonalen (schrägen Linien) und wie ein Turm auf den Senkrechten und Waagrechten herrscht: die Dame. Sie ist in Wahrheit die Königin des Schachspiels. Die Dame verfügt — welche Fülle an Macht! — über fast die Hälfte des ge-
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samten Brettes. Freilich ist sie im Gegensatz zum König nicht unentbehrlich, und oft genug b a h n t erst ihre Aufopferung den anderen Figuren den Weg zum Siege. Der Springer — ein windiger Geselle Der Springer: springt in kühnen Sätzen, Er liebt die Jagd, die Hätz, das Hetzen! Wie ein Wesen aus einer anderen Welt erscheint dem Anfänger der
Springer, der nicht eigentlich zieht, sondern „springt", und zwar immer auf ein zweitnächstes andersfarbiges Feld, wie die Tafel zeigt. Der weiße Springer thront inmitten eines Kranzes von 8 Feldern, während der schwarze Gegenspieler in der Ecke nur 2 Zugmöglichkeiten hat. Schon
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hier klingt eine leise Erkenntnis auf von der Wichtigkeit der Felder im Zentrum. Die eigenartige Bewegung macht den Springer zu einer äußerst gefährlichen Figur, die allerlei Unheil anrichten kann. Es wäre grundfalsch, in ihm etwa die schwächste Figur des Schachspiels sehen zu wollen. Die Bauern — Kampftruppe der vordersten Linie . . . aber sie tragen den Marschallstab im Tornister. Der Bauern Schar: verachtet sie mir nicht! Sie stützen die Partie, sind Rückgrat, sind Gesicht. Den bisher behandelten Figuren war es gestattet, sowohl vor- als rückwärts zu ziehen. Das ist den Bauern nicht gegeben. Wo sie einmal stehen, da
8 müssen sie bleiben. Wenn ihre Position etwa gefährdet erscheint, so dürfen sie sich nicht nach rückwärts retten, sondern müssen ausharren oder vorgehen. Die Bauern ziehen in gerader Richtung, von Feld zu Feld, jeweils nur einen Schritt. Damit sich indessen das Spiel schneller entwickelt, ist es dem Spieler gestattet, vom Ausgangsfelde der Bauern sie je nach Bedarf auch um zwei Felder vorzurücken.
denen Dame noch acht andere dazu bekommen. Dieser Fall wird sich freilich niemals ereignen.
Die Bezeichnung der Felder Wir müssen nun daran denken, die Felder des Schachbrettes näher zu bezeichnen, um die folgenden Erläuterungen besser verständlich machen zu können. Die gebräuchlichste Art ist die, die senkrechten Linien mit den Buchstaben a—h und die waagrechten Reihen mit den Zahlen 1—8 zu versehen. Wir haben die Bezeichnung einiger Felder in das Stellungsbild eingesetzt. Der Anfänger möge nun die „ N a m e n " der übrigen Felder feststellen u n d sie sich genau einprägen.
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Der weiße Bauer, der sich hier noch in der Anfangsstellung befindet, k a n n entweder einen oder zwei, der schwarze Bauer, der schon gezogen hat, indessen nur einen Schritt t u n . Gelingt es einem Bauern, alle Fährnisse des Mittelspiels zu überstehen und Reihe um Reihe vorzudringen, so winkt ihm eine besondere Belohnung: auf der ersten Reihe des Gegners (auf der zu Beginn des Spiels dessen Offiziere standen) verwandelt sich der Bauer in eine beliebige Figur seiner Partei (mit Ausnahme des Königs). Hierbei ist es gleichgültig, welche Offiziere schon vom B r e t t verschwunden sind. Rein theoretisch kann also jeder Spieler zu seiner anfänglich vorhan-
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Zieht ein Bauer vom Felde e2 nach dem Felde e4, so heißt das in der S chachsprache e2—e4. Macht ein T u r m den gleichen Zug, so wird sein Anfangsbuchstabe davor gesetzt: Te2—e4. Ebenso ist es bei den anderen Figuren. Das Schlagen feindlicher Steine
9 (siehe später) wird durch ein liegendes Kreuz angedeutet.
ganz einfache Regeln, die nachstehendes Beispiel noch einmal erläutern soll.
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bedeutet, daß die auf a2 stehende Dame einen feindlichen Stein auf e6 schlägt.
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B e r ü h r u n g mit dem Gegner Hemmungen auf der Zugbahn Schlagrecht und Schlagtechnik Doch hart im Räume die Sachen.
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Bis jetzt haben wir sozusagen am grünen Tisch betrachtet, wie sich die Figuren auf dem freien Brett bewegen. Die Sache kompliziert sich aber sofort, wenn in einer wirklich gespielten Partie beide Heere in Berührung kommen und sich die Figuren gegenseitig im Wege stehen. Was wird da mit dem Zugrecht? Für alle Steine mit Ausnahme des Springers bildet ein in ihrer Zugbahn stehender eigener Stein ein natürliches Hindernis, das sie weder besetzen noch überschreiten dürfen. Der Springer aber überwindet solche Hindernisse springend; auch er darf sich jedoch auf kein Feld stellen, das bereits von einem eigenen Stein besetzt ist. Stehen auf den Zugbahnen f e i n d l i c h e Steine, so können diese geschlagen werden (beim Springer nur der feindliche Stein, der etwa auf seinem Zielfeld steht). Ein Zwang zum Schlagen besteht nur dann, wenn keine andere Zugmöglichkeit vorhanden ist. Der feindliche Stein wird vom Brette genommen und der eigene an dessen Stelle gesetzt, eine Handlung, die besonders der Anfänger mit großer Begeisterung vornimmt. Das sind alles
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Hier hat Weiß folgende Schlagmöglichkeiten: KblXb2, Ld4Xf6, L d 4 x b 2 oder Sf3xh4. Schwarz; könnte schlagen: Lf6xd4, Th4Xd4. Der weiße Läufer d4 kann nicht in Richtung e3—f2—gl ziehen, weil ihm der eigene Bauer e3 im Wege steht. Der schwarze Turm h4 kann in Richtung h5—h6—h7—h8 nur bis h6 ziehen, weil er seinen eigenen König respektieren muß. Für den weißen Springer f3 wäre der Bauer e3 kein Hindernis, sich nach d4 oder d2 zu begeben. Da aber auf d4 der weiße Läufer steht, ist ihm dieses Feld verwehrt. Nach d2 kann er ohne weiteres. Wieder aber ist es der Bauer, der aus der Reihe tanzt. Nach den bisher erläuterten Regeln müßte auf obigem Bild der schwarze Bauer b2 den weißen König mit Schlagen bedrohen, weil dieser auf seiner Zugbahn steht. Der Bauer jedoch schlägt — als einziger Stein im Schachspiel! — anders als er zieht. E r kann nur einen ein
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Bauer den gegnerischen König m i t Schlagen bedroht, so s t e h t dieser im „ S c h a c h " u n d m u ß sofort darauf reagieren. Niemals darf der König „ i m S c h a c h " stehenbleiben oder sich in ein „ S c h a c h " hineinstellen. Hier h a t der schwarze Läufer, e t w a v o n d8 k o m m e n d , d e m weißen König „ S c h a c h " geboten, d. h., ihn angegriffen. Weiß h a t drei Möglichkeiten, darauf zu a n t w o r t e n .
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F e l d schräg links oder schräg rechts v o r i h m stehenden feindlichen Stein schlagen. D e r B a u e r c2 k a n n n a c h c3 ziehen, a b e r nicht n a c h c4. E r ist ferner berechtigt, entweder den schwarzen L ä u fer auf b3 oder den schwarzen Springer auf d3 zu schlagen, i n d e m er sich a n deren Stelle setzt. Der schwarze B a u e r g7 h a t n u r eine Zugmöglichkeit: den feindlichen T u r m auf f6 zu schlagen. Die Felder g6 u n d g 5 sind ihm wegen des weißen Bg6 nicht zugänglich.
Das Ziel der Schachpartie Das Matt bringt die Entscheidung Patt und andere Remisspiele Wer vom Ziel nicht weiß, kann den Weg nicht haben. (Christian Morgenstern) Schach
und Matt
Sieger ist, wer den feindlichen König m a t t s e t z t . Der König ist unverletzlich; er darf nicht geschlagen werden. E r darf sich aber a u c h n i c h t in d e n Z u g b a h n e n feindlicher Figuren a u f h a l t e n . W e n n eine Figur oder ein
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F l u c h t d e s K ö n i g s (nach b4, b3, c2 oder d 2 ; n i c h t e t w a n a c h c4, d e n n d o r t k ä m e er in den Schlagbereich des feindlichen B a u e r n b5); S c h u t z d e s K ö n i g s (durch Dazwischenwerfen eines eigenen Steins, hier d u r c h d3—d4); V e r n i c h t u n g des (hier durch Se4Xf6).
Angreifers
I s t keine der drei Möglichkeiten vorh a n d e n , so ist der König m a t t g e s e t z t u n d die P a r t i e zu E n d e . I n der linken D i a g r a m m h ä l f t e ist der schwarze König auf b8 m a t t g e s e t z t ; W e i ß h a t die P a r t i e gewonnen. D e r König k a n n weder flüchten (die Felder c7, b7, a7 n i m m t ihm der weiße
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König), noch sich durch einen anderen Stein schützen, noch den Angreifer (den T u r m d8) vernichten. I n der rechten Diagrammhälfte be. d r o h t der Le4 den weißen König. K a n n dieser flüchten? Nein! (Feld g l beherrscht der schwarze Springer, Feld h2 der schwarze König.) K a n n der Angreifer vernichtet werden? Nein! Weiß k a n n sich aber vorübergehend durch Sf4—g2 schützen, doch erzwingt Schwarz dann mit Le4Xg2 endgültig das Matt. F ü h r t eine Partie zu keiner E n t scheidung, so wird sie als unentschieden, „remis", abgebrochen. Das ist z. B. der Fall, wenn das noch vorhandene Material zum Mattsetzen nicht genügt, oder aber beiderseits Figuren und Stellung sich die Waage halten. Zwangsläufig remis wird eine P a r t i e beim ewigen Schach u n d beim P a t t . 3 2
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Hier k a n n Weiß das Schach nur durch Kbl—al parieren, m u ß aber nach Db3—a3f wieder nach b l zurück u n d n u n wiederholt sich das gleiche Spiel: D a 3 - b 3 f K b l - a l D b 3 - a 3 f , und so fort. Die Partie m u ß als unentschieden abgebrochen werden, d a Weiß dem ewigen Schach (man sagt auch Dauerschach) nicht entrinnen kann. Einige Verwandtschaft mit dem Matt h a t das P a t t . Links (Schwarz a m Zuge) sehen wir eine ganz einfache F o r m des P a t t s : der schwarze König k a n n nicht ziehen, er ist aber (im Gegensatz zum Matt) nicht angegriffen.
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Rechts (Weiß a m Zuge) ein etwas verwickelteres Beispiel: von der weißen Armee kann kein Stein ziehen; a u c h hier ist der König nicht direkt bedroht. In beiden Fällen haben wir die würdige Tatsache vor uns, d a ß Entscheidung gefallen ist, das aber nicht fortgesetzt werden I Es gilt als unentschieden.
merkkeine Spiel kann.
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Wir spielen eine Schachpartie Am Anfang einer Schachvergnügung Steh'n viele Züge zur Verfügung. Allmählich wird die Auswahl enger — Und dein Gesicht wird lang und länger! (A. Stoltenhoff) W e i ß m a c h t den ersten Zug, i n d e m er einen Stein auf ein anderes, i h m zugängliches Feld s e t z t ; Schwarz a n t w o r t e t in gleicher Weise. So g e h t d a s im selben Z e i t m a ß weiter, bis die E n t scheidung fällt. Niemals darf ein Spieler zwei Züge h i n t e r e i n a n d e r m a c h e n ! Versuchen wir es m i t einer kleinen Probepartie. Weiß
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Greift den B a u e r n e5 an. d7—d6
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Schwarz schützt („deckt") i h n ; bei 3. Sf3xe5 d6Xe5 w ü r d e W e i ß einen schlechten T a u s c h m a c h e n . 3.
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D e r L ä u f e r s t e h t auf c4 sehr g u t ; er b e o b a c h t e t d o r t einen schwachen P u n k t des Gegners (schwach = schlecht geschützt), nämlich f7. Freilich d r o h t n i c h t sofort etwas, denn L c 4 x f 7 f (f = Schach!) w ü r d e n a c h Ke8Xf7 zu materiellem Vorteil f ü r Schwarz führen. 3
4. Sbl—c3 Lc8—g4 B i n d e t scheinbar den Sf3 (,,fesselt" ihn), denn zöge der Springer, k ö n n t e Schwarz die weiße D a m e schlagen. W e i ß m a c h t n u n a b e r eine „ K o m b i n a t i o n " (Berechnung), er gibt die D a m e her u n d erobert d a f ü r den feindlichen König.
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Einer der typischen Angstzüge des Anfängers; er f ü r c h t e t Sf3—g5 mit nochmaligem Angriff auf den Bauer f7. Dabei h ä t t e er den Springer mit
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Schwarz
1. e2—e4 c7—e5 G e m ä ß den vorher e r l ä u t e r t e n R e geln bedrohen sich die beiden B a u e r n n i c h t , sondern h e m m e n sich n u r gegenseitig. 2.
D d 8 x g 5 vernichten können, falls dieser sich vorgewagt h ä t t e .
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(! b e d e u t e t g u t e r Zug, im Gegensatz zu ?, d a s einen schlechten Zug ankreidet.) Überraschenderweise s e t z t W e i ß D a m e u n d Springer d e m Zugriff des Gegners aus. Lg4x d l
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E r entscheidet sich f ü r den f e t t e n H a p p e n u n d g e h t zugrunde. Besser war d6xe5, worauf sich W e i ß m i t 6. D d l X g 4 schadlos gehalten u n d n u r einen B a u e r n erobert h ä t t e . 6.
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W i e zu sehen, bleibt d e m b e d r o h t e n schwarzen König keine a n d e r e W a h l . D e n L ä u f e r k a n n er n i c h t schlagen, d a ihn der Springer deckt.
13 7. Sc3—d5=)= (4= = Schach und Matt!) Weiß h a t den feindlichen König mattgesetzt. Die Felder e8 und e6 n i m m t der Läufer, das Feld d7 der Springer e5 und das Feld f6 der Springer d5. d8, d6 u n d f8 sind ihm durch eigene Steine verstellt. Die Partie ist aus. N u n haben sich Autor und lernender Schachfreund eine kleine Ruhepause wohl redlich verdient. Bevor der Schachfreund weiterliest, möge er versuchen, einige Partien mit einem geeigneten P a r t n e r zu spielen. E r wird das Folgende dann leichter verstehen. Doch mache er sich von vornherein zur Pflicht: keinen Zug zurückzunehmen und jede berührte Figur zu ziehen, sowie jede berührte feindliche Figur zu schlagen. E r spart sich und seinem Gegner dadurch vielen Ärger u n d lernt, ist er h a r t gegen sich selbst, mehr aus seinen verlorenen als aus den gewonnenen Partien. Pièce touchée, pièce jouée!
ausführen darf, ist es ihm einmal in der Partie gestattet, einen Doppelzug mit König und T u r m zu t u n . Nachfolgend geben wir vorerst das Schema dieses Vorganges.
Stand vor der „ R o c h a d e " (so wird diese Doppelbewegung genannt).
Jeder macht, bitte, Die ersten Schritte Wie sich's gebührt — Nie er verletze Die Schachgesetze: Berührt — geführt!
Zwei Ausnahmen wichtiger Regeln Doppelzug mit König und Turm Der Kreuzschlag des Bauern Die Rochade Während nach den strengen Regeln des Schachspiels der jeweils am Zuge befindliche Spieler nur eine bestimmte Bewegung mit einem seiner Steine
Weiß h a t „ k u r z " , Schwarz h a t „lang" rochiert. Was ist geschehen? Weiß und Schwarz haben einen T u r m an ihren König herangezogen, sind dann mit dem König über den T u r m hinweggesprungen u n d haben ihn auf der anderen Seite unmittelbar neben
14 den T u r m gestellt. Dieser Vorgang gilt als e i n Zug; die Rochade mit dem auf der Seite der Dame befindlichen Turm nennt man die „lange Rochade" (weil hier der T u r m einen längeren Weg zurückzulegen hat), die andere die „kurze Rochade". Bei der Wiedergabe im Druck gibt es dafür die Zeichen 0—0—0 (lange Rochade; drei Felder m u ß der Turm ziehen, daher die drei Nullen!), und 0—0 (kurze Rochade). Die Möglichkeit dieses Doppelzuges, der jedem Spieler nur einmal in jeder Partie freisteht, bedeutet eine Beschleunigung der Entwicklung und eine Sicherstellung des Königs. Sie ist jedoch an vier Voraussetzungen geknüpft : 1. der König, der rochieren will, darf nicht angegriffen sein (nicht im Schach stehen); 2. König und Turm dürfen vorher noch nicht gezogen haben ; 3. die Felder, über die der König springt (einschließlich des Feldes, auf dem er zu stehen kommt), dürfen von keiner feindlichen Figur beherrscht oder besetzt sein; 4. sämtliche Felder zwischen König und Turm müssen frei sein. Der Turm hingegen kann sich einem eventuellen Angriff sehr wohl durch die Rochade entziehen; auch darf der T u r m ein von einem feindlichen Stein beherrschtes Feld überschreiten. Weiß kann nicht lang rochieren, weil auf c l der feindliche Springer steht; auch nicht kurz, weil Feld f l vom La6 beherrscht wird. Schwarz aber darf lang rochieren, obwohl der Turm dabei das vom weißen Ld6 beherrschte Feld b8 überschreitet. Die kurze Rochade ist ihm indessen ver-
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a b c d e f g h wehrt; nicht etwa, weil der weiße T h l den Th8 angreift (das wäre kein Hindernis), sondern weil der weiße Läufer das Feld f8 beherrscht. Die Rochade ist ein sehr wichtiger Zug; es ist ein großer Erfolg in der Partie, wenn es gelingt, dem Gegner die Möglichkeit zur Rochade zu nehmen, „ihm die Rochade zu verderben". Der Kreuzschlag des Bauern (Schlagen im Vorübergehen, auch en passant-Schlagen genannt. Abkürzung im Druck: i. V.) Wir haben bei früherer Gelegenheit gehört, daß der Bauer, der sonst nur einen Schritt t u n darf, in der Grundstellung auch zwei Schritte vorrücken kann. Diese Vergünstigung, die nur zur Beschleunigung der Entwicklung eingeführt wurde, könnte einem feindlichen Bauern zum Nachteil gereichen, indem sie ihn um sein Schlagrecht brächte. Wenn Schwarz hier z. B. g7—g5 zieht, so ist der weiße Bauer auf h5 gewissermaßen um sein Recht zum Schlagen betrogen, das ihm beim Einschritt des schwarzen Bauern (g7—g6)
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a b c d e f g h zugestanden hätte. Deshalb gilt für diesen Fall folgende Sonderregelung: Ein Bauer, der von seinem Grundfelde aus im Doppelschritt ein von einem feindlichen Bauern beherrschtes Schlagfeld überschreitet, kann von diesem feindlichen Bauern so geschlagen werden, als ob er nur einen Schritt gegangen wäre — jedoch nur im unmittelbar folgenden Zuge. Weiß kann also in unserem Beispiel auf g7—g5 den feindlichen Bauern „im Vorübergehen" schlagen, indem er ihn
vom Brette nimmt und seinen Bauern h5 nach g6 (nicht nach g5!) setzt. Zöge Weiß im vorstehenden Bild c2—c4, so hätte Schwarz sogar die Wahl, ob er den weißen Bauern c4 mit dem Bauern auf b4 oder auf d4 schlagen will. Er nimmt in diesem Falle den Bc4 vom Brett und stellt entweder den Bb4 oder den Bd4 nach c3, „so, als ob der weiße Bauer nur einen Schritt gegangen wäre". Der Lernende präge sich diese Regel gut ein, sie ist im Verlaufe vieler Partien von großer Bedeutung, und ihre Beherrschung sichert ihn vor unliebsamen Überraschungen.
Damit wäre der rein technische Teil des Büchleins zu Ende geschrieben. Der Lernende ist jetzt in die Lage versetzt, eine Schachpartie zu spielen. Freilich, die Feinheiten und Schönheiten des Schachspiels wird er deshalb noch nicht zu würdigen wissen. Dazu soll ihm der nun folgende Teil eine kleine Hilfe geben.
II. Die drei
Einleitung „Wie verläuft denn eigentlich eine Schachpartie? Man .eröffnet' sie, k o m m t im .Mittelspiel' in Vorteil und gewinnt das .Endspiel'. So k a n n m a n o f t in Partiebeschreibungen lesen. Der Ausdruck .Eröffnung' ist an sich nicht recht glücklich gewählt, h a t sich aber n u n einmal eingebürgert. Richtiger wäre es, vom .Aufbau' zu sprechen, Aufbau nämlich der eigenen Figuren und Bauern." (L. Rellstab.) Bevor wir näher darauf eingehen, wollen wir aber noch einige Bemerkungen über den W e r t der Figuren voranschicken. N i m m t man den Bauer als Einheit, so ist der Läufer bzw. Springer etwa 3 Bauern, der T u r m etwa 5 Bauern und die Dame etwa 10 Bauern gleichzusetzen. Diese Zahlen sind natürlich nur mit Vorsicht zu verwerten, denn der wirkliche W e r t der Steine in der Partie richtet sich ganz nach der gegebenen Stellung. Immerhin k a n n meist damit gerechnet werden, daß z. B. die Dame durch zwei Türme oder drei leichte Figuren aufgewogen wird, aber nur selten durch T u r m u n d Läufer. Die Zahl der von den einzelnen Figuren beherrschten Felder ist je nach ihrem Brettstand verschieden, wie folgende Tabelle zeigt. Figur
Dame Turm Läufer Springer König
Höchste Wirkung
27 14 13 8 8
Geringste Wirkung
21 14 7 2 3
sen des Spiels Wenn einer, der mit Mühe kaum Geklettert ist auf einen Baum, Schon meint, daß er ein Vogel war'. So irrt sich dtrl (Wilhelm Busch) (Eine Figur beherrscht nur die Felder, auf die sie ziehen kann, nicht aber auch das Feld, auf dem sie steht!) Die einzige Figur, die, auf jedem beliebigen Feld des freien Schachbretts aufgestellt, die gleiche Felderzahl beherrscht, ist der Turm. Der Schachfreund sollte sich aber hüten, aus den nackten Zahlen allzu voreilige Schlüsse zu ziehen, denn in der praktischen Partie k o m m t es nicht so sehr auf die Zahl der beherrschten Felder an, sondern mehr auf ihre Bedeutung für das Kampfgeschehen.
A. Die Eröffnung Guter Anfang
ist halbe Arbeit. ( Sprichwort)
„ W o stehen meine Figuren a m besten, um den Kampf im Mittelspiel erfolgreich bestehen zu können? Wie stelle ich meine Bauern auf, so daß sie die eigenen Truppen nicht behindern, wohl aber gegen die feindlichen ein Bollwerk bilden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Eröffnungstheorie, die sich aus hundertjähriger E r f a h r u n g gebildet hat. Sie h a t goldene Grundsätze, die unverrückbar ihren W e r t behalten werden. I n der Eröffnung müssen besonders zwei Ziele verfolgt werden: Erstens B e w e g l i c h k e i t möglichst vieler eigener Steine (Figuren und Bauern); zweitens S i c h e r s t e l l u n g der eigenen Steine, besonders des Königs, vor feindlichen Angriffen." ( R e l l s t a b , Eröffnungen, I. Teil.)
17 Goldene Eröffnungsregeln 1. Greife nicht vorzeitig ant Es ist ein Fehler vieler Anfänger, schon nach den ersten Eröffnungszügen mit unzureichenden Kräften einen Angriff einleiten zu wollen. Meist ist dieser leicht zu parieren, die vorgeschobenen Figuren müssen zurückgehen oder sich abtauschen und der Gegner gewinnt Zeit und Entwicklungsvorsprung, so daß sein Gegenangriff oft genug schnellen Erfolg hat. Ein kleines Beispiel für viele: Dr. A l j e c h i n Weiß
Dr. F o r r e s t e r Schwarz
(Gespielt in Glasgow 1923) 1. 2. 3. 4. 5. 6.
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Die einfache Widerlegung: deckt und droht. 10. b 2 x c 3 2
Richter, Schachbuch
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e5-e6!
Dd8-f6
Deckt g7, verliert aber den König. Allerdings ist es schon gleich, was Schwarz spielt (f7Xe6 13. Dd4X g7 usw.). 13. L a 4 x d 7 f 14. L d 7 - c 6 t ! 15. e6—e74=!
Ke8-d8 Df6xd4
2. Ziehe nicht ohne Not in der Eröffnung mit ein und derselben Figur zweimal!
S t a t t nun bescheiden zurückzugehen (7. . . . L c 5 - d 6 ! 8. d4xe5 Ld6Xe5 mit gleichen Chancen), richtet Schwarz einen verfrühten Angriff auf den Be4 und den Sc3. Die Folgen sind katastrophal. 8. d4x e5 9. D d l - d 4 !
11. Lei—a3t
Um c7—c5 spielen zu können und damit den La3 wieder zu „töten". E s ist indessen bereits zu spät.
Eine für eine praktische Partie seltene und schöne Mattstellung.
e7-e5 Sb8-c6 a7—a6 Sg8-f6 Lf8-c5 . . . .
Nur ein „Scheinopfer", da Weiß j a die Figur mit der nachfolgenden Gabel zurückgewinnt. Bei richtiger Antwort braucht Schwarz diese Fortsetzung nicht zu fürchten. 6 7. d2—d4
Das kleinere Übel war Lb4—e7, denn jetzt erscheint auch noch der zweite weiße Läufer auf der Bildfläche.
Weiß
Diesem alten Erfahrungssatz liegt der gleiche Grundgedanke zugrunde wie dem ersten. Das kostbare Recht, in der Eröffnung einen Zug tun zu dürfen, darf nicht leichtfertig verschwendet werden. Jede Figur soll zunächst nur mit einem Zuge das ihr zugewiesene Feld besetzen und nicht ohne Not noch einmal ziehen. Ein drastischer Reinfall mag dies beleuchten: Dr. R a h n Weiß
R. Schwarz
(Gespielt in Bad Oeynhausen 1935) 1. 2. 3. 4. 5. 6.
e2—e4 Sgl— f3 d2-d4 Sf3xd4 Sbl—c3 Lei—e3
c7—c5 d7—d6 c5xd4 Sg8— f6 g7—g6 Sf6—g4?
18
Der Springer zieht ohne stichhaltigen Grund zum zweitenmal, nur in dem Bestreben, den Le3 abzutauschen. S t a t t dessen mußte Schwarz seine E n t wicklung mit Lf8—g7 fortsetzen. 7. L f l - b 5 t ! Die Strafe folgt ja nicht immer so auf dem Fuße wie hier! Da Sb8—c6 wegen 8. Sd4xc6 aussichtslos ist, muß Schwarz den König durch Lc8—d7 oder Sb8—d7 schützen und verliert dadurch sofort den Sg4. E r gab dann auch nach 7 Sb8-d7 8. D d l x g 4 das verfahrene Spiel auf. 3. Spiele in der Eröffnung nicht auf Bauerngewinn! Denn dies kostet Zeit, die der Gegner zur Beschleunigung seiner Entwicklung und damit zu einem starken Angriffsspiel ausnutzen kann. Ein Beispiel für viele. Kuhlmann Weiß
S. Schwarz
(Gespielt in Berlin 1935) 1. Sgl—f3 d7—d5 2. b2—b3 Lc8-f5 3. Lei—b2 Sb8—e6 4. d2—d3 f7-f« Züge wie f2—f3 oder f7—f6 soll man nur im Notfall machen; sie nehmen den Springern ihre besten Felder und erschweren so die Entwicklung. 5. Sbl—d2 e7—e5 6. e 2 - e 4 d5xe4 7. d3x e4 Lf5—g6 8. Lfl—c4 Sg8-h6 9. Ddl—e2 Sc6—b4? Schwarz, der sowieso schon nicht mehr ganz erstklassig steht, geht auch noch auf Bauerngewinn aus! Diesen
Zeitverlust verträgt seine Stellung nicht mehr. E r h ä t t e s t a t t dessen mit Lf8—d6 und nachfolgendem Lg6—f7 baldigste Rochade anstreben sollen. 10. 0-0! Sb4xe2 11. Tal—cl . . . . Hier hat der Bauernraub sogar noch die c-Linie für den weißen Turm geöffnet, der nun bald entscheidend in den Kampf eingreift. 11 Se2-d4 12. Sf3xd4 e5xd4 13. L e 4 - b 5 t c7—e6 Erzwungen; sowohl bei Ke8—e7 (Antwort: Lb2—a3j!) als auch bei Ke8—f 7 (De2—c4f) würde der schwarze König auf den Diagonalen zu Tode gehetzt. 14. TclX e6 . . . . Das hübsche Turmopfer bricht j eden Widerstand. Den Schwarzen ereilt die gerechte Strafe für seine verfehlte Strategie. 14. . . . b7xe6 15. Lb5x c6f Ke8—e7 16. L b 2 - a 3 f Ke7-e6 17. D e 2 - e 4 t Ke6-e5 18. f2—144= • 4. Bringe nicht die Dame zu früh ins Spiel! Die Vorliebe für die Dame, die stärkste Figur, im Schach, verleitet den neugewonnenen Schachfreund dazu, sie frühzeitig ins Spiel zu bringen. Das rächt sich aber oft, denn die Dame ist leicht Angriffen von Bauern und leichten Figuren ausgesetzt. Mindestens geht bei ihren dann notwendig werdenden Rückzügen Zeit verloren; in schlimmeren Fällen wird sie sogar gefangengenommen. Zwei amüsante Kurzschlüsse, mit „Selbstmord der Dame", seien als
19
abschreckende Beispiele hier vorgeführt: Dr. K ü n z e l Weiß
N. N. Schwarz
1. e2-e3 e7-e5 2. Ddl—13? Sie sollte statt dessen hübsch zu Hause bleiben. 2 d7-d5 3. Sbl—c3 e5—e4 4. Df3—f4i Wenn sie nun wenigstens heimgekehrt wäre! 4 Lf8—d6! und wohin die Dame nun auch blickt — sie hat keinen Ausweg mehr! Was hier der weißen Dame in vier Zügen widerfuhr, bekommt nun ihre schwarze Kollegin nach acht Zügen zu spüren. Dr. F r a z e r Weiß
Taubenhaus Schwarz
(Gespielt in Paris 1888) 1. e2—e4 e7—e5 2. S g l - 1 3 Sb8—c6 8. d2—d4 e5xd4 4. S f 3 x d 4 Bd8-h4? Wieder einmal wird die viel zu frühe Unternehmungslust der Amazone streng bestraft. 6. Sbl—c3 Sg8-f6? Versperrt der Dame auch noch den Rückzug! 6. S d 4 - f 5 ! Dh4—h5? Der letzte Fehler. Mit Dh4—g4! war noch Widerstand möglich, da Weiß mit 7. Lfl—e2 D g 4 x g 2 8. L e 2 - f 3 Dg2—h3 nichts Direktes erreichen würde. 7. L ! l - e 2 Dh5—g6 8. S i 5 - h 4 ! , und wieder war's um sie geschehen. Drum: schont das kostbare Stück — Und haltet die Dame zurück! 2*
6. Sei bemüht, jede Fesselung sofort aufzuheben! Zunächst ist es zu diesem Satz nötig, den Begriff der Fesselung, der einer der wichtigsten im Schach ist, näher zu erläutern.
echt
fast echt
unecht
Bei e c h t e n und f a s t echten Fesselungen handelt es sich immer darum, daß die gefesselte Figur mit ihrem Leib den König und bei u n e c h t e n Fesselungen immer darum, daß eine schwächere Figur mit ihrem Leib eine stärkere deckt. Bei der e c h t e n Fesselung kann die gefesselte Figur überhaupt nicht ziehen, bei der f a s t e c h t e n Fesselung kann sie höchstens so ziehen, daß sie den fesselnden Stein schlägt, und bei der u n e c h t e n Fesselung kann die gefesselte Figur jederzeit „abziehen". E s ist auch ohne viele Worte klar, daß eine Fesselung einen derart e i n schneidenden Eingriff in die B e w e gungsfreiheit einer Figur bedeutet, d a ß ihre unmittelbare Beseitigung s t e t s angestrebt werden sollte. |||g| A ||J||
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20 Der Sc3 ist echt, der Sf3 unecht gefesselt. Mit Lfl—e2 k a n n Weiß die Fesselung des Sf3 aufheben u n d ihn wieder bewegungsfrei machen. Dagegen k a n n Weiß die Fesselung des Sc3 nur durch Verdrängung des Läufers beseitigen, also durch a2—a3 und, falls d a n n Lb4—a5, durch nachfolgendes b2—b4. Diese Bauernvorstöße sind aber d a n n nicht anzuempfehlen, wenn sie den Schutz der eigenen Rochadestellung schwächen. Anfänger neigen meist dazu, die hier vorgeführten Fesselungen der Springer vorbeugend durch h2—h3 (h7—h6) bzw. a2—a3 (a7—a6) auszuschalten, doch ist der d a m i t verbundene Zeitverlust o f t das größere Übel. Wir lassen zu diesem Thema noch ein lehrreiches Beispiel aus der Praxis folgen. Der Meister
Unzählige Opfer
Weiß
Schwarz
(Zu allen Zeiten gespielt und verloren!) 1. e2—e4 c7—c6 2. d2—d4 d7—d5 3. Sbl—c3 d&X e4 4. Sc8xe4 Lc8— f5 5. I f l — d 3 Dd8xd4 Der B a u e r n r a u b ist an sich wohl angängig, wenn auch nicht gerade zu empfehlen. Schwarz m u ß Zeitverluste in Kauf nehmen und b e k o m m t eine schwierige Verteidigung.
er k o n n t e aber auch zunächst auf e4 tauschen u n d mit Sg8—f6 fortsetzen. 8. S e 4 ^ d 6 + ! E i n drolliges Fesselungsmatt, dem schon viele Schachfreunde zum Opfer fielen.
6. Stelle so bald als möglich die Verbindung der Türme h e r ! Das Ziel des Aufbaues einer Schachpartie m u ß das sein, allen Figuren möglichst günstige Plätze anzuweisen und besonders die Verbindung der Türme herzustellen. E r s t d a n n ist die Entwicklung eigentlich beendet, wenn zwischen beiden Türmen freier R a u m ist, so d a ß diese nach Belieben eingesetzt werden können und sich gegenseitig f ü r alle Fälle decken. Wird dieses Prinzip freiwillig oder zwangsläufig durchbrochen, so können schwere Nachteile die Folge sein. Nachstehende Partie illustriert sehr schön den Gegensatz zwischen vollentwickeltem und schlecht entwickelt e m Spiel. Herzog Carl von M o r p h y B r a u n s c h w e i g u. Graf I s o u a r d Weiß
Schwarz
(Gespielt 1858 in der Loge des Herzogs von Braunschweig im Pariser Opernhaus während der Aufführung des ,,Barbier von Sevilla")
6. Sgl— f3 l)d4—d8 1. e2—e4 e7-e5 7. Ddl—e2! Sb8-d7? 2. Sgl—13 d7-d6 3. d2—d4 Lc8—g4? Schwarz beachtet nicht, daß der Be7 in der Linie der weißen D a m e steht Am besten geschieht hier e 5 x d 4 . und daher bei Wegzug des Se4 „geDer L ä u f e r z u g m u ß getadelt werden, fesselt" ist. E r m u ß t e mit 7. . . . denn n a c h dem Abtausch des nächsten e7—e6 die Fesselung abschwächen und Zuges erhält Weiß einen klaren E n t mit nachfolgendem Lf8—e7 aufheben; . wicklungsvorsprung.
21 4. d 4 x e 5 Lg4x f3 6. D d l x f 3 d6xe5 6. L f l - c 4 Sg8— f6 Verliert an sich einen Bauern, weswegen 6 Dd8—f6 7. D f 3 - b 3 b7—b6 den Vorzug verdiente. 7. DI3—b3 Dd8—e7 Er möchte wenigstens durch De7—b4f die Damen tauschen. Deshalb verzichtet Morphy auf den durch D b 3 x b 7 möglichen Bauerngewinn. 8. S b l - c B c7-c6 9. Lei—g5 b7-b5 Fordert das (Schach-) Schicksal heraus. Mit 9 De7—c7 bestand Aussicht auf Verteidigung. 10. S c 3 x b 5 ! c6xb5 11. L c 4 x b 5 f Sb8—d7 12. 0 - 0 - 0 Der Schachfreund vergleiche das vollentwickelte weiße Spiel m i t den nach allen Seiten gelähmten u n d gefesselten schwarzen Streitkräften! 12. . . . . Ta8—d8 13. T d l x d 7 ! Beginn des letzten Aktes der (Schach-) Oper. 13 Td8xd7 14. Till—dl De7-e6 15. L b 5 x d 7 f S!6xd7 16. Db3—b8ft! Das Finale setzt mit einem mächtigen Paukenschlag ein. 16 Sd7xb8 17. Tdl—d8=(=. Das grandiose Schlußbild. 7. Laß Dir nicht die Rochade verderben! W e r nicht rochiert, verliert Zeit. E r bleibt in der Entwicklung zurück, sein König ist größeren Gefahren ausge-
setzt. Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, d a ß der Gegner nicht dazu kommt, die Rochade zu verderben. Michel
Metz
Weiß
Schwarz
(Gespielt in Berlin 1938) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
e2—e4 d2-d4 Sbl—c3 Lei—g5 e4—e5 Lg5xe7 Ddl—d2
e7—e6 d7—d5 Sg8-f6 Lf8—e7 S!6-d7 Dd8xe7 c7—c5?
E i n uralter Fehler! Richtig ist a7—a6, u m den Sc3 nicht nach b 5 zu lassen. 8. Sc3—b5! Sd7-b6 Schwarz m u ß zulassen, d a ß ihm die Rochade verdorben wird, denn auf 8 0—0 käme 9. Sb5—c7 nebst 10. S c 7 x a 8 . 9. Sb6—d6f Ke8-d8 Auf Ke8—f8 geht nach d 4 x c 5 entweder der Sb6 oder Lc8 verloren. 10. d 4 x c 5 Sb6—d7 11. Dd2—a5f . . . . Der Angriff gegen den in der Mitte stehenden schwarzen König läuft fast von selbst. 11 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.
b7-b6 c5xb6 Sd7xb6 Lfl—b5 De7—c7 c2—c4 d5xc4 0-0-0 Kd8—e7 Sd6—f5f! e6xI5 Da5—a3f Ke7—e6 Tdl—d6f Keöxeö Sgl—f3f Ke5—!4 Da3—e3| Aufgegeben.
(Noch stärker war 20. T d 6 - d 4 + !)
22 8. Überlasse dem Gegner nicht ohne Kampf das Zentrum! Um den Besitz des „Zentrums" (hauptsächlich die Felder e4 d4 e5 d5, dann aber auch die diesen benachbarten Felder c4 c5 f4 f5) dreht sich im allgemeinen der Eröffnungskampf. Wer hier stark wird und die Oberhand behält, hat schon halb gewonnen. Es ist klar, daß vom Zentrum aus die Figuren die größte Wirksamkeit entfalten, während sie am Rande beträchtlich an Wert einbüßen. Hierüber wird uns noch der folgende Abschnitt Näheres sagen. Ein krasser Fall für die Folgen des „passiven Spiels im Zentrum" mag aber vorerst hier noch Platz finden. Hamlisch Weiß
N. N. Schwarz
(Gespielt 1902 in Wien) 1. e2—e4 d7—d6 Ein nicht empfehlenswerter Zug, da er 1. für den Zentrumskampf zu wenig leistet und 2. für die Figurenentwicklung auch nicht gerade sehr förderlich ist. 2. d2—d4 Sb8-d7 Nun war schon e7—e5 folgerichtig, obwohl Weiß darauf mit 3. d4xe5 d6xe5 4. D d l x d 8 f K e 8 x d 8 dem Gegner die Rochade verderben kann. Bei dem damit verbundenen Damentausch würde dieser Nachteil weniger schwer ins Gewicht fallen. Das größere Übel ist jedenfalls, Weiß das Zentrum kampflos zu überlassen. 3. Lfl—c4 g7-gß 4. Sgl—f3 L!8—g7 ? Darauf ereilt ihn bereits die Katastrophe. E r mußte etwa Sd7—b6 oder e7—e6 ziehen.
5. L c 4 x f 7 f ! Ke8xf7 6. Sf3—g5f Kf7-!6? Auf andere Königszüge erobert Sg5—e6 die schwarze Dame. Galant wie er ist, opfert der König sein Leben für das ihre.' 7. Ddl—f34=. Jedenfalls ein gelungenes Matt!
Die einzelnen Spielanfänge Der Schweizer Meister Grob hat ein Eröffnungsbüchlein geschrieben, in dem er die gebräuchlichsten Eröffnungen in drei Kampfpläne einteilt. Den Kampf um das Zentrum stellt er mit Recht in den Vordergrund; in Kampfplan I versuchen beide Heere, durch ihren Vormarsch sofort (direkt) das Zentrum zu erobern. Beim Kampfplan I I nimmt eine Partei die Zentrumsbesetzung vor, während die andere ihre Zentrumsbauern zurückhält und dafür einen seitlichen Angriff auf das vom Gegner besetzte Zentrum unternimmt. Der Kampfplan I I I schließlich führt zu einem für den Schachfreund schwer zu behandelnden Eröffnungskampf; unter beiderseitigem Verzicht auf die sofortige Zentrumsbesetzung bereiten beide Parteien Flankenangriffe vor, um erst nach genügender Entwicklung gegen die Brettmitte vorzustoßen. Wir kommen für unsere Zwecke am weitesten, wenn wir, wie üblich, die Spielanfänge in zwei große Gruppen einteilen, 1. e2—e4 und 1. d2—d4. Ein Bauer rückt ins Zentrum; gleichzeitig wird zwei weißen Figuren der Weg ins Freie gebahnt. Andere Bauernzüge wie 1. c2—c4 oder 1. f2—f4 wirken zwar auch nach der Mitte hin.
23 leisten aber nicht soviel für die Entwicklung. 1. e2—e4 Wie kann Schwarz jetzt den Kampf um das Zentrum aufnehmen? Die einfachste Antwort ist 1 e7—e5, wonach die sog. o f f e n e n S p i e l e entstehen. „Offen" heißen diese Spiele deshalb, weil es sehr schnell zu Linienöffnungen für die Figuren und damit zu lebhaften Figurenkämpfen kommt. Das Bauerngerippe spielt dabei längst nicht die Rolle wie in den „geschlossenen" (I. d2—d4) Partien. Dem lernenden Schachfreund sind daher die offenen Partien besonders anzuraten, denn der Kampf der Figuren, die dadurch entstehenden Verwicklungen und Kombinationen sind interessanter und leichter zu verstehen als der meist träge dahinschleichende Kampf um kleine positioneile Vorteile in den geschlossenen Partien. Nach 1. e2— e4 e7—e5 kann Weiß den Zentrumskampf mit 2. Sgl—13 fortsetzen und gleichzeitig eine Figur entwickeln. Andere Möglichkeiten wären 2. f2—f4 (Königsgambit) und 2. d 2 - d 4 (Mittelgambit). Schwarz kann nach 2. Sgl—f3 nun den angegriffenen Bauern e5 decken (2 Sb8—c6 oder 2 d7—d6, nicht aber 2 f 7—f6?) oder zum Gegenangriff auf e4 übergehen (2 Sg8—f6, r u s s i s c h , oder 2 f7—f5, G a m b i t in der Rückhand). Letzteres ist jedoch im Hinblick auf den Anzugsvorteil von Weiß nicht empfehlenswert. Weitaus am gebräuchlichsten ist 2 . . . . Sb8—c6, was den Bauern deckt und ebenfalls eine Figur entwickelt. Jetzt hat Weiß schon verschiedene Fortsetzungen: 3. Lfl—b5 (spanisch, greift die
Deckung von e5 an), 3. Lil—c4 ( i t a l i e n i s c h , fixiert den Punkt f 7), 3. d2—d4 ( s c h o t t i s c h , erneuert den Angriff auf e5) und schließlich 3. Sbl—c3 (ruhige Weiterentwicklung). Bei allen diesen Eröffnungen spielen Angriffe und Kombinationen um den Punkt f7 (der, wie f2 bei Weiß, der schwächste im schwarzen Lager ist) eine große Rolle. Schwarz kann aber auf 1. e2—e4 auch andere Aufbausysteme wählen, die den Punkt f7 von vornherein sichern. Z. B. 1. e2—e4 e7—e6 (französisch). Schwarz will d7—d5 durchsetzen und so den weißen Läufer erst gar nicht nach c4 lassen. Aber nun entstehen andere Probleme; Weiß kommt später zu e4—e5, zu Lfl—d3 und sehr oft zum Königsangriff (Punkt h7 nach der kurzen Rochade). Schwarz dagegen greift das Zentrum mit c7—c5 an und sucht am Damenflügel Vorteile zu erlangen. Der Nachteil der französischen Verteidigung ist die Einsperrung des Lc8. So ist man schließlich auf die Idee verfallen, 1. e2—e4 c7—c6 ( C a r o - K a n n ) zu spielen, um nun auch d7—d5 durchzusetzen, ohne Lc8 einzusperren. Diese Idee hat in der Tat viel für sich. Schwarz hat aber noch weitere Auswahl nach dem Zuge 1. e2—e4, nämlich 1 c7— c5 ( s i z i l i a n i s c h , nimmt das Feld d4 unter Feuer) wonach meist schwierige positionelle Probleme auftauchen, und 1 Sg8—f6 ( A l j e c h i n - E r Ö f f n u n g ) . Im Gegensatz zu den bisher erwähnten Spielweisen nimmt Schwarz hier den Kampf um das Bauernzentrum nicht auf, sondern lockt die weißen Bauern vor, um sie später anzugreifen.
24 1. d 2 - d 4 Die natürliche Antwort ist 1 d7—d5. Für beide Teile ist es nun schwer, zum Doppelschritt des e-Bauern zu kommen. Bei 1. e2—e4 e7—e5 gibt es sehr bald d2—d4 oder gar d7—d5 zu sehen. E s entstehen also bei 1. d2—d4 d7—d5 längst nicht soviel Linienöffnungen wie bei den offenen Partien; darum nennt man die so eröffneten Spiele „geschlossen". Weiß wird sehr oft mit 2. c2—c4 ( D a m e n g a m b i t ) fortfahren. Die Annahme des Gambits ist nicht empfehlenswert für Schwarz, wie es denn überhaupt für ungünstig gilt, mit einem Bauern a u s dem Zentrum wegzuschlagen. Am besten ist daher 2 c7—c6 oder 2 e7— e6, und nun entwickelt sich ein ruhiger Aufmarsch der beiderseitigen Figuren, wobei Weiß über etwas mehr R a u m verfügt. Die Kunst, diesen geringen Vorteil langsam auszubauen und den Gegner allmählich immer mehr einzuschnüren und zu blockieren, beherrschen einige Spieler in vollendeter Weise. In ihrer Hand ist daher das Damengambit eine gefährliche Waffe. Auch alle i n d i s c h e n V e r t e i d i g u n g e n , gekennzeichnet durch 1. d2—d4 Sg8—f6 (Schwarz spielt auf Beherrschung des Zentralfeldes e4) nebst Fianchettierung der Läufer bieten der Lavierungskunst ein dankbares und weites Feld der Betätigung. Wer nun als Schwarzer der Eröffnung von vornherein ein mehr offenes Gepräge geben will, versucht es mit diesem oder jenem Bauernopfer. So ist A l b i n s G e g e n g a m b i t 1. d2—d4 d7—d5 2. c 2 - c 4 e 7 - e 5 3. d 4 x e 5 d5—d4 bei unternehmungslustigen
Spielern sehr beliebt; auch das B u d a p e s t e r G a m b i t 1. d2—d4 Sg8—fß 2. c2—c4 e 7 - e 5 8. d 4 x e 5 S l 6 - g 4 (oder Sf6—e4) führt meist zu lebhaften Kämpfen. Beides kann allerdings Weiß vermeiden, indem er nicht 2. c2—c4, sondern 2. Sgl—f3 zieht. Ganz radikale Vertreter der offenen Richtung wollen daher Weiß auf 1. d2—d4 mit e7—e5 bereits ihren Willen aufzwingen, doch ist das Bauernopfer in einem so frühen.Stadium wenig aussichtsreich. E s sei noch auf 1. d 2 - d 4 17-15 ( h o l l ä n d i s c h ) hingewiesen; allerdings gilt diese Art den Zentrumskampf zu führen, als nicht ganz vollwertig. Bei der „normalen" Entwicklungsweise 1. d2—d4 d7—d5 2. c2—c4 e7—e6 3. Sgl—f3 usw. verzweigt sich das Spiel bald ungemein; theoretische Untersuchungen und praktische Erfahrungen haben ein fein verästeltes System zustande gebracht, auf dessen Studium sich die Schachjünger stets mit Feuereifer stürzen. Ob freilich zu ihrem Besten? Wir haben in großen Zügen ein Bild der Eröffnungsprobleme entworfen. Mehr zu bringen, insbesondere einzelne „Varianten", verbietet Zweck und Umfang dieses Büchleins. Ein Wort noch über die „Varianten" (das sind in Meisterpartien erprobte Zugfolgen) : wer später einmal ein eröffnungstheoretisches Buch in die Hand nimmt, lerne nicht etwa die Varianten auswendig, sondern bemühe sich, ihren Sinn und ihre Logik zu verstehen. Im Schach kommt es nicht so sehr auf das Gedächtnis an, sondern auf das Denken und Sehen!
25
B. Das Mittelspiel Wer etwas Treffliches leisten will, Hütt' gern was Großes geboren, Der sammle still und unersch'äfft Im kleinsten Punkte die höchste Kraft. (Schiller) Ist der Aufmarsch beendet, so beginnen die eigentlichen Kampfhandlungen. Der Spieler muß sich einen Plan ausdenken, um den Gegner niederzuringen. „Der Plan, mit dem wir an eine Schachpartie herantreten oder den wir während der Partie erneut fassen, ist die Formulierung unserer Absichten für eine kürzere oder längere Zukunft, ein erster Ansatz. Überall da aber, wo ein menschliches Tun und Lassen nicht von einem einzelnen abhängig ist, sondern unter Gegenwirkung eines feindlichen, zunächst noch freien Willens steht, wird ein näher präzisierter Plan über das erste schwere taktische Zusammentreffen nicht hinausreichen können" (A. Brinckmann, Schachmeister im Kampfe). Gewiß gibt es auch „Partien aus einem Guß", aber auch bei diesen kann der Spieler unmöglich schon in den ersten Zügen vorausgesehen und geplant haben, wie sich das Ende gestalten wird. Wir können das schwierige Gebiet des Mittelspiels, das sich systematisch überhaupt nicht darstellen läßt, hier nur kurz behandeln und begnügen uns damit, zu seinen zwei Hauptbehandlungsarten einige Beispiele zu geben. Mittelbare Angriffsführung („Das Positionsspiel") Die mittelbare Angriffsführung, bei der wir einmal vom Materialgewinn an sich absehen wollen, sucht zunächst räumliche oder stellungsmäßige Vor-
teile zu erringen, um erst auf Grund dieser später den Königsangriff anzusetzen. Welcher Art diese sein können, dafür einige Hinweise. Schwache Felder und Linien Nichts schwächt eine Stellung so sehr als unbedachte Bauernzüge. Das klassische Beispiel dafür ist das N a r r e n m a t t : 1. g2—g4 e7—e6 2.12—14 Dd8—h4=(=, die kürzeste denkbare Mattführung, nur möglich durch die „närrischen" Bauernzüge von Weiß.— Nebenstehendes Bild 3 zeigt das „Loch", das sich durch die Bau0 ernzüge f2—f3 und 1 h2—h3 auf g3 in der weißen Stellung ge* g h bildet hat, und das nun eine feindliche Figur als wertvollen Vorposten in Besitz nahm. Felder, die durch Bauern nicht mehr gedeckt werden können, gelten als schwach, vorausgesetzt, daß sie dem Feinde zugänglich sind. Schröder
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26 Die praktische Auswirkung solcher Felderschwächen zeigt sehr schön vorstehendes Stellungsbild. Hier haben sich die weißen Figuren auf schwarzen Feldern eingenistet u n d fast die ganze feindliche Armee bewegungsunfähig gemacht. Der Gewinn ist nur eine Frage der Zeit. E i n Gegenstück hierzu:
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Stephan (Leipzig 1934) Weiß gab auf, da die D a m e angegriffen ist, zugleich aber M a t t auf f2 droht. Schwarz siegte durch die Oberherrschaft über die weißen Felder, die jeglichen weißen Bauernschutzes entbehrten. Ebenso nachteilig k a n n sich aber auch der mangelhafte Schutz wichtiger Diagonalen, Linien u n d Reihen auswirken. Ein T u r m wirkt z. B. auf einer offenen Linie a m besten; es ist nicht schwer, daraus zu folgern, d a ß zwei Türme hintereinander noch ungleich mehr K r a f t entwickeln. „Vereint wirkt also dieses P a a r . . .". K o m m t noch als dritte schwere Figur die Dame hinzu, so gibt dies eine Tripelallianz, der
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a b c d e f g h Heinicke (Oeynhausen 1939) k a u m eine Verteidigung gewachsen ist. W e m es also gelingt, auf einer wichtigen offenen Linie mit so schwerem Geschütz aufzufahren, h a t klaren Vorteil erzielt. In obenstehender Stellung k a n n Weiß den Bf2 nicht mehr verteidigen (Dc3—e3, D f 7 x c 4 ) ; er versuchte in seiner Verzweiflung noch 1. f2—!4 e4x f8f im Vorübergehen 2. e 2 x f 3 Sd4xf3 3. D c 3 - d 3 u n d gab nach Df7—b7! auf. Der Schachfreund beachte das eindrucksvolle Schlußbild und die harmonische Zusammenarbeit aller schwarzen Figuren! Der Sf3 droht mit Abzugsschach wegzuziehen, und auf 4. K g 2 - h 3 f ü h r t T f 6 - h 6 f 5. K h 3 - g 4 (Kh3-g2 Th6Xh2+) Db7—c8f zum Matt. Druck- und Belagerungsspiel Mit unendlicher Mühe u n d Geduld belagert der moderne Positionsspieler feindliche Schwächen und sucht sie zu erobern. Hier kann m a n sich vorstellen, d a ß Schwarz auf der offenen c-Linie im Mittelspiel den isolierten weißen Doppelbauern mit seinen schweren Figuren
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fang seiner Schachlaufbahn nur mit Schrecken erinnert. Wie eine eiserne Mauer liegen die weißen Bauern vor der schwarzen Stellung. Schwarz kann seine Truppen nur mühselig hin- und herbewegen und
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a b c d e f g h belagert hat und daß nach deren Abtausch schließlich der König selbst die Belagerung fortsetzte. Sobald sich die weißen Bauernzüge erschöpft haben, muß der weiße König weichen und damit den Bc4 dem Feind überlassen. Ein dankbares Objekt für das Druckspiel ist auch ein rückständiger Bauer, l ü ü . wie hier im \ & Bilde der Bb6. Wm.. Nicht immer ist schließlich die Eroberung des schwachen Punktes der EndI r ¡' : erfolg der Stras ¿ÜÜ tegie; oft genug a b o d nützt der Belagerer die Bindung starker feindlicher Kräfte zu plötzlichen Überfällen an anderer Stelle aus. Einengung und Baumgewinn Besser als viele Worte mag hierzu das folgende Bild sprechen, an das sich Verfasser dieses Büchleins aus dem An-
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b c d e f g Sämisch (Berlin 1925)
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muß an Luft- und Raummangel zugrunde gehen. Man spricht in einem solchen Falle von einer „Blockadestellung". Weiß gewann sehr leicht, indem er seine Türme über b4 und a4 nach a6 (bzw. a4) führte und zunächst den Ba7 eroberte. Vorposten. Strategisch wichtige Punkte Wenn eine Figur in das feindliche Lager eindringt und sich dort einnisten kann, so bringt dieser Vorposten unleugbare Vorteile. E r hemmt den Gegner auf Schritt und Tritt und läßt sich oft als Sprungbrett für Unternehmungen größeren Stils gebrauchen. In nachstehender Stellung z. B. h a t Weiß einen Turm auf d6 eingenistet,
28 aber nicht dieser bringt die Entscheidung. Pf.
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stimmter Felder erkennen. E s sollen hier indessen noch zwei lehrreiche Beispiele folgen.
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Schlage (Berlin 1934) Mit 1. Se4—f6 schuf Weiß sich einen neuen Vorposten; es folgte Lb7 —c8 (Schwarz deckt das Handgreifliche und wird matt! Daß g 7 x f 6 an D h 5 x h 6 | scheitert, ist klar. Notwendig war T f 8 x f 6 e5xf6 De7xf6). 2. D h 5 x h 6 f t ! Weiß krönt die positioneil gewonnene Partie durch eine glänzende Opferkombination. 2 g7xhß 3. T h l x h 6 f Kh8—g7 4. T h 6 - h 7 f Kg7xg6 5. Lc4—d3f K g 6 - g 5 6. T h 7 h5 matt. Der Vorposten d6 hat seine Schuldigkeit getan (die feindlichen Figuren gestört und gebunden); aber an der entscheidenden Kampfhandlung war er nicht beteiligt. — Strategisch wichtige Punkte, Felder, deren Besetzung mit einem bestimmten Stein einen beherrschenden Einfluß auf das Kampfgeschehen ausübt, können aber auch anderer Art sein als Vorposten. Wenn der lernende Schachfreund erst in der Spielstärke fortgeschritten ist, wird er schon von selbst in der Partie die Wichtigkeit be-
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Zunächst: Auf dem in diesem Bilde strategisch wichtigen Feld c4 beherrscht der Läufer den gegnerischen Springer vollkommen. Sodann: Der Springer revanchiert sich!
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Nun ist er es, der den Läufer „in Schach" hält. Der Schachfreund beachte indessen, daß der Läufer den Springer aus eigener Kraft einzukreisen vermag, während dem Springer umgekehrt ein solches nicht ganz gelingt (ohne den Bf4 hätte der Läufer ja doch freie Fahrt!). Von der strategischen Bedeutung wichtiger Linien und Reihen war schon die Rede; die offenen Linien sind das Ziel der Türme, lange, weithinreichende Diagonalen die Sehnsucht der Läufer. Kurz gestreift sei noch der Begriff der 7. (bzw. 2.) Reihe. Wem es gelingt, mit seinen schweren Figuren auf die 7. Reihe (bzw. 2. Reihe)
29 zu kommen, der h a t ein strategisches Hauptziel erreicht. W a r u m ist diese Reihe so wichtig? Weil die schweren Figuren hier den feindlichen König, der sich ja auf der 7. bzw. 8. (2. bzw. 1.) Reihe aufzuhalten pflegt, direkt bedrohen u n d weil die meisten Bauern des Gegners sich noch auf dieser Reihe befinden werden. E s winkt also lohnende Beute. Besonders wirkt sich der Besitz dieser Reihe im Turmendspiel aus, wenn es gelingt, den feindlichen König auf der untersten Reihe festzuhalten u n d vom Marsch zu einer wichtigen Kampfstelle abzuschneiden.
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(„Das Kombinationsspiel")
Direkte Mattkombinationen W e i ß droht Df5xf7t> weswegen Schwarz nicht sofort auf g2 nehmen darf. Aber mit 1 Th8xh2f! („Hineinziehungsopfer") wird der weiße König nach h2 gezwungen, so d a ß Schwarz auf g2 m i t S c h a c h g e -
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F. H . (Leipzig 1938)
Unmittelbare Angritfsfuhrung Das Kombinationsspiel strebt sofortige Entscheidung durch taktische Schläge an, wobei das Ziel durchaus nicht der König zu sein braucht, sondern sehr o f t auch ein zum Siege ausreichender Materialgewinn. E s gibt ferner Kombinationen, die im E n d erfolg lediglich positioneile Vorteile einbringen, während hinwiederum manche positionell überlegene Stellung n u r durch eine Kombination gewonnen werden kann. Hieraus ist zu entnehmen, daß sich die Grenzen zwischen beiden Stilarten leicht verwischen u n d derjenige a m besten fährt, der in beiden Sätteln fest sitzt.
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b o t nehmen kann. Also: 2. K h l x h'2 T c 2 x g 2 f 3. Kh2—h3 ( K h 2 - h l T g 2 - h 2 f usw.) Tg2—h2f 4. Kh3— g4 Db2—g2=(=. Troschier
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Dr. R a s t ä d t (Halle 1936) Mit 1. . . . . T f 8 — i l f t wurde der Sd2 von d2 w e g - und nach f l h i n g e l e n k t : 2. S d 2 x f l T b 2 - e 2 + . E i n Epaulettenmatt!
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B a j e w s (Rostow 1938) S t ä n d e B f 7 auf f5, so w ü r d e Td2—f2 m a t t s e t z e n . Schwarz h a t aber keine Zeit zu f7—f5, d a Sg4 angegriffen ist. Mit 1 e5—e4t! aber m a c h t e er eine typische Z e i t g e w i n n - K o m b i n a t i o n : 2. K f 3 x e 4 17—i5f 3. Ke4— f3 Td2—f2+. Angriffskombinationen O'Hanlon
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c d e f g Colle (Nizza 1930)
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1. L e 4 x h 7 f ! W i r sehen hier eine typische K o m b i n a t i o n , d a s L ä u f e r opfer auf h7, auf die wohl jeder Schachspieler schon hereingefallen ist. 1. . . . . K g 8 x h 7 2. S f 3 ~ g 5 t K h 7 - g 6 . I n den meisten Fällen v e r b i e t e t sich der R ü c k z u g nach g8, weil Schwarz d a n n nach D d l — h 5 das M a t t auf h7 n i c h t m e h r decken k a n n . Hier aber s t ü n d e ihm noch die Springerdeckung zur V e r f ü g u n g ; t r o t z d e m wäre er verloren. Z. B . : 2 Kh7—g8 3. D d l h 5 Sd7—f6 4. D h 5 x f 7 f K g 8 - h 8 5. T e l —e4 S f 6 x e 4 6. D f 7 - h 5 f K h 8 - g 8 7. Dh5—h7f K g 8 - f 8 8. D h 7 - h 8 | K f 8 —e7 9. D h 8 x g 7 + . 3. h2—h4 T e 8 - h 8 4. T e l X e 6 f ! Dieses weitere Opfer v e r s t ä r k t den Angriff entscheidend. Schwarz darf es nicht annehmen, nach 4 f7xe6 5. Ddl—d3f K g 6 - f 6 oder K g 6 - h 5 6. Dd3—f3| w ä r e er sofort erledigt. S d 7 - f 6 5. h4—höf K g 6 - h 6 . 4 Bei T h 8 x h 5 entscheidet D d l — d 3 f . 6. T e 6 x d 6 D d 8 - a 5 7. S g 5 x f 7 f K h 6 —h7 8. S f 7 - g 5 f K h 7 - g 8 9. D d l - l » 3 t Aufgegeben. N ä c h s t h7 ist f7 der schwächste P u n k t in der schwarzen Rochadestellung; bei W e i ß sind es analog h2 u n d f2. Auch auf f7 bzw. f2 lassen sich sehr o f t Opfer anbringen, die den König ins Freie locken u n d den Angriff unwiderstehlich gestalten. Nachstehend ein einfaches Beispiel. W e i ß gewinnt sofort durch 1. L c 4 x f 7 f ! K g 8 x f 7 2. Sd4—e6U, d a Schwarz bei K f 7 x e 6 d u r c h 3. Ddl—d5f K e 6 —f6 4. Dd5—f5 m a t t g e s e t z t wird u n d im a n d e r n Falle die D a m e einbüßt. Der Schachfreund beachte, d a ß eigentlich n u r der Sd7 schuld a n diesem Unglück ist: er verstellt dem L c 8 u n d der D d 8 den Weg.
ai Dr. Tarrasch (Simultan)
a b c d e f g h W. von Holzhausen (1912) Materieller Gewinn Dr. Heinekamp
a b c d e f g h Weiß gewinnt einen ganzen Turm wie folgt: 1. D c 6 x e 8 t ! De7xe8 2. Te3 x e5 De8 zieht beliebig auf der 8. Reihe (weder darf sie auf e5 schlagen noch die 8. Reihe verlassen, da sonst Matt käme!). 3. Te&—d5!. Weiß erobert mit 4. Td5—d8f die Dame zurück und behält einen Turm mehr. So geht es, wenn man kein Luftloch h a t ! Rettungskombinationen In schlechter Stellung kann oft nur ein rettender Einfall helfen. N. N.
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b c d e f g h Bradig (Godesberg 1936) 1 Tf8—e8! gewann die weiße Dame, die gefesselt ist und wegen Te8xel=)= nicht auf c6 schlagen darf. Ausnützung einer Fesselung! Zu der folgenden Stellung hätte es in einer Meisterpartie kommen können, wenn Schwarz mit T a 5 x e 5 einen vergifteten Bauern genommen hätte.
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b c d e f g h Heuäcker (Haynau 1937)
32 Weiß, mit Qualität und Bauer weniger in hoffnungsloser Lage, wollte schon aufgeben. Plötzlich hatte er aber noch eine gute Idee: 1. g3—g4!, die der Gegner nicht durchschaute: 1 Sa7—b5 ? (richtig war Tg8—e8!). Nun folgte 2. Sf3—g5f! h6xg5 8. Se6xg5t, und der Springer gibt auf f7 und g5 ewig Schach, so daß die' Partie als remis abgebrochen werden mußte. Der Vorbereitungszug g3—g4 deckte den Bh5. Rellstab
spiels, weil sie nur bei stark reduziertem Material möglich werden.
Damit müssen wir den kurzen Streifzug durch das Mittelspiel schließen und mit besonderem Bedauern die Wunderwelt der Kombinationen verlassen. Es ist nur ein ganz, ganz kleiner Ausschnitt, den wir bieten konnten, aber er wird hoffentlich Anregung zum weiteren Studium gegeben haben.
C. Das Endspiel Ein kleiner Feind, dies lerne fein, Will durch Geduld ermüdet sein. (Christ. Fürchtegott Geliert)
a b e d e f g h Heinicke (Oeynhausen 1939) Mit zwei Bauern im Nachteil, hoffte Schwarz mit seinem letzten Zuge (Db4—d2) noch auf einen Fehler des Gegners, der sich mit 1. Ld5— f3 ? auch prompt einstellte. (Er mußte vorerst auf g5 Schach bieten.) Nun triumphierte Schwarz: 1 Dd2— f 2 t ü , und die Partie bleibt unentschieden, da Schwarz nach 2. K g 3 x f 2 patt ist! Auf 2. Kg3—h2 kann Schwarz mit Df2—gif!, auf 2. K g 3 - g 4 mit Df2x g2f! fortsetzen. Pattkombinationen sind allerdings hauptsächlich eine Domäne des End-
„Wenn das Mittelspiel der Schachpartie derart endet, daß beiderseits nur wenig Steine übrigbleiben, so hat es ein Teil oft in der Hand, die Partie einem bestimmten, klar vorgezeichneten Ausgange zuzuführen, und der etwaige Unterschied in der Kombinations- und Erfindungsgabe der beiden Spieler vermag sich nicht mehr zur Geltung zu bringen. Die Spieler sind nämlich dann in das bereits viel durchforschte Gebiet der regelmäßigen Endspiele eingetreten. Ihre Züge sind ihnen von nun an weit mehr durch die Erfahrung als durch die augenblickliche Eingebung vorgezeichnet." ( J . Berger, Theorie und Praxis der Endspiele.) Im allgemeinen hat der Altmeister deutscher Schachspielkunst zweifellos recht; trotzdem gibt es aber genug Endspiele, die sich nicht regelmäßig erledigen lassen, sondern schöpferisches Denken beanspruchen.
33 Was nicht zum Sieg genügt Bleibt die eine Partei mit dem König allein übrig und hat der Gegner noch anderes Material, so braucht sie deswegen noch lange nicht verloren zu sein. Selbst 2 Springer und König vermögen gegen den blanken König nicht zu gewinnen, weil sie wohl mattset6 zen, nicht aber das 5 Matt erzwingen können. In beistehender f g Stellung darf Schwarz nicht Kg8—h8 (wegen Sg5-f7=(=) ziehen, sondern muß mit dem König nach f8 ausweichen. Dann ist kein Gewinn für Weiß mehr möglich. Randbauer und Läufer können dann nicht gewinnen, wenn der Läufer nicht das Umwandlungsfeld des Bauern beherrscht, der feindliche König es aber erreicht. In s i r nebenstehendem Bild 6 kann der schwarze König nicht von dem Felde a8 verdrängt, sondern höchstens pattgesetzt werden. Weiß hat den „falschen" Läufer! Randbauer und Springer verbürgen auch nicht immer den Sieg. Ist z. B. der König in der Ecke eingeklemmt und 3 in Stellungen wie der ( abgebildeten die Springerpartei am Zuge, so 1 bleibt das Spiel unentschieden. Der weiße f g König zieht zwischen f l undf2 hin und her; der Springer, der ja immer zuerst 3
Richter, Schachbuch
ziehen muß, kann ihm die Felder nicht streitig machen. Wer's nicht glaubt, probiere es aus! Ist dagegen in der Bildstellung Weiß am Zuge, so muß er dem schwarzen König Raum geben und damit die Umwandlung des Bauern gestatten. Nicht gewinnen können Läufer und König gegen König und selbstverständlich Springer und König gegen König. Dagegen läßt sich mit Läufer, Springer und König gegen König das Matt erzwingen; der König muß in eine der beiden Ecken von der Farbe des Läufers getrieben werden, was nicht einfach ist. Leichter ist die Mattsetzung mit den beiden Läufern. Ein Mehrbauer allein oder mit anderem Figurenmaterial reicht oft nicht zum Siege aus; es würde zu weit führen, hier alle in Frage kommenden Typen zu erörtern. Wir kommen später noch auf das reine Bauern- und auf das Turmendspiel zu sprechen. Mattführung mit Turm oder Dame Turm bzw. Dame und König setzen stets matt; das sehr einfache Verfahren besteht darin, den feindlichen König an den Rand zu drängen. Mit der Dame ist dies ganz leicht; nur muß man sich hüten, den Gegner pattzusetzen. Hier z. B. wäre Kdl—cl? oder Dd2—c2? ein Fehler, weil Schwarz den Gegner damit pattsetzen würde. Am schnellsten gewinnt a b c d Kai—a2 Dd2— 1 Kdl—c2! a5=t=. Für die Mattführung mit dem Turm geben wir ein Beispiel.
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a b c d e f g h Nach J. Berger k a n n Weiß hier in spätestens 10 Zügen das M a t t erzwingen. Der Schachfreund versuche es erst selbst, ehe er die Züge nachspielt. 1. Tel—e5! K beliebig 2. K d 4 - d 5 K-f6 3. K d 5 - d 6 KI6-f7 Auf 3 Kf6—g7 würde 4. K d 6 e6 K g 7 - g 6 5. K e 6 - e 7 K g 6 - g 7 6. T e 5 - e 6 K g 7 - g 8 7. K e 7 - f 6 schon im 9. Zuge zum M a t t führen; bei 3 Kf6—g6 4. Kd6—e7! geht es noch einen Zug schneller. 4. Te5—e6 Kf7-f8 Oder Kf7—g8 5. K d 6 - e 7 K g 8 - g 7 6. Te6—d6 K g 7 - g 8 7. K e 7 - f 6 usw. 5. T e 6 - e 7 KI8-g8 6. K d 6 - e 6 K beliebig 7. K e 6 - f 6 K-g8 8. K f 6 - g 6 Kg8—18 9. T e 7 - e 6 Kf8-g8 10. Te6— e 8 + . Bei f ü r den Angreifer ungünstigen Stellungen gilt der Satz, d a ß die Dame in spätestens 9, der T u r m in spätestens 16 Zügen das M a t t erzwingen kann. Eine Verpflichtung zum Mattsetzen in einer bestimmten Zügezahl besteht nur im Rahmen folgender Regel: Wird in 50 Zügen weder ein Stein geschlagen
noch ein Bauer gezogen, so ist die Partie unentschieden. Der Kampf um das Umwandlungsfeld (König und Bauer gegen König) Wie wohl der freundliche Leser schon bemerkt haben wird, spielt sich der H a u p t k a m p f im Endspiel um die Umwandlung eines Freibauern ab. I n einfachster F o r m erscheint dieser Kampf im Endspiel König und Bauer gegen König. Die Endspiellehre hat hier den Begriff der „Opposition" gesSSSt schaffen, bei der die beiden Könige, nur 6 ¡UH durch ein Feld getrennt, sich gegen1 " ' überstehen. Es leucht e t ein, d a ß bei der senkrechten Opposition (s. Bild) der am Zuge befindliche König dem anderen den Weg nach links oder rechts freigeben muß. Deshalb wird jede Partei anstreben, die Oppositionsstellung als Letztziehender zu erreichen und so den Gegner in Zugzwang zu bringen. In dem hier zur Debatte stehenden Endspiel k o m m t man indessen auch ohne den Oppositionsbegriff aus. In nachstehender Stellung wird Weiß versuchen, seinen c-Bauern mit Unterstützung des Königs zum Umwandlungsfeld zu führen. H l Bei richtigem Spiel jg von Schwarz ist dies .... indessen unmöglich. Schwarz darf nur den weißen König nicht eines der drei Felder betreten lassen, die —• in dem Zug- und Schlagbereich des
35 Bauern liegen (hier b3, c3, d3). Im Bilde wäre sowohl Kc4—b5 als auch Kc4—c5 fehlerhaft, weil Weiß darauf mit Kb2—b3! bzw. Kb2—c3 ! Gewinnstellung erreicht (etwa so: 1 Kc4—c5? 2. Kb2—c3! K c 5 - b 5 3. Kc3—d4 Kb5—c6 4. K d 4 - c 4 ! K c 6 - d 6 5. Kc4—b5! Kd6—c7 6. K b 5 - c 5 ! usw.). Schwarz verfährt deshalb wie folgt: 1 Kc4r—M 2. c 2 - c 3 f Kb4—b5 Auch K—c5 und K—c4 geht. 3. Kb2—b3 Kb5—c5 4. c3— c4 Ke5—e6 Auch K—b6 ist zulässig, aber nicht etwa Kc5—d4 wegen Kb3—b4 und Weiß gewinnt. 5. Kb3—b4 Kc6—b6 6. c4— c5f Kb6—c6 7. Kb4—c4 Kc6-d7 Ob dies oder K—c7 oder K—b7 geschieht, ist gleichgültig, da Schwarz im nächsten Zuge immer verhindern kann, daß Weiß eines der drei vor dem Bauern liegenden Felder betritt (hier b6, c6, d6). 8. K c 4 ^ b 5 Kd7—c7! 9. c5— c6 . . . . In dem Augenblick, wo der weiße Bauer die 6. Reihe betritt, ist es aber nicht mehr gleich, ob der schwarze König H ü nach c8 oder b8 ausweicht. R e g e l : Be6 i finden sich Bauer und König der anderen Partei auf der a b c 6. Reihe, so darf der verteidigende König nicht auf dem Umwandlungsfeld des Bauern stehen. Hiernach muß Schwarz 9 Kc7—c8! 10. Kb5—b6 Kc8-b8! ziehen. Erst jetzt, im letzten Stadium 3*
dieses Endspiels, spielt die Opposition eine Rolle, doch genügen die angegebenen Regeln durchaus. 11. c6—c7f Kb8—c8 Weiß muß nun entweder den Gegner pattsetzen oder den Bauern aufgeben. Iii beiden Fällen ist das Spiel unentschieden. Eine weitere Gedächtnishilfe bietet der Merksatz, daß der Bauer, welcher schachbietend die 7. Reihe erreicht, nicht gewinnen kann. Ein Bauer, der nicht vom eigenen König unterstützt werden kann, wird nur dann siegreich bleiben, wenn sich auch der feindliche König in respektvoller Entfernung befindet.
7 6 5 4 3 2 1 a b c d e f g h Will der Schachfreund feststellen, ob er einen Freibauern des Gegners mit seinem König noch einholt, so kann er entweder die beiderseitigen Züge abzählen oder sich der Quadratregel bedienen. Der Spieler denkt sich ein Quadrat, dessen Seiten gleich sind der Entfernung des Bauern vom Umwandlungsfeld. Kann er mit seinem König an irgendeiner Stelle in dieses Quadrat eintreten, so holt er den Bauern hoch ein. In der abgebildeten
36 Stellung betritt der schwarze König mit Kg3—f4 das Quadrat des Freibauern b4 und erobert diesen gerade bei der Umwandlung.
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Wettlauf der Bauern Hat jede Partei einen Freibauern, dessen Lauf vom gegnerischen König nicht aufgehalten werden kann, so kommt es darauf an, wer zuerst eine Dame erhält. Auch da hilft sich der Spieler gern durch Abzählen der Züge. Nicht immer aber gewinnt die zuerst entstandene Dame. Lolli
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Weiß zieht und gewinnt Hier ist der Bb2 nicht aufzuhalten; die entstehende schwarze Dame müßte dann gegen Turm und Bauer von Weiß obsiegen. Weiß rettet sich aber durch einen kleinen Kniff und gewinnt sogar: 1. Tc5— b 5 ! K a 6 x b 5 2. b6—b7 b2—blD 8. b 7 - b 8 D f K beliebig 4. Db8x b l und gewinnt. Durch einen ähnlichen Damenfang siegt z. B . Weiß in folgender Stellung: mit 1. h5—h6 a3— a2 2. La7—d4 Kc4
Mit Db3—c3f erzwingt Weiß K c l —bl und nähert nun seinen etwas entfernt stehenden König um einen Schritt. Das Spiel wiederholt sich so lange, bis der König nahe genug heran ist, um an der Mattsetzung mitwirken a b c zu können (1. D b 3 c 3 | Kcl—bl 2. K nähert sich K b l —a2 3. Dc3—c2! K a 2 - a l 4. D c 2 - a 4 f usw.).
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Gegen einen von seinem König unterstützten Randbauern oder Läuferbauern, der dicht vor der Umwandlung steht, kann sich die Dame dann
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nicht durchsetzen, wenn ihr entfernt steht.
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g h Schwarz zieht K h l !
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g h Weiß zieht K h 8 !
In beiden Fällen gewinnt die Damenpartei nicht die nötige Zeit, den König zu nähern, da im linken Bild Schwarz nach K h l ! patt steht und im rechten Bild der weiße König nicht nach f8 zu gehen braucht, sondern richtig in die Ecke zieht. Dg6X f 7 würde darauf nur zum Patt führen. Kunstgriffe im Turmendspiel Das Turmendspiel ist zwar nicht so schwierig wie das Bauernendspiel, bei dem selbst große Meister Fehler machen, aber doch schwer zu führen und zu beurteilen. Dabei ist es der am häufigsten vorkommende Endspielkampf, über den schon viele Erfahrungen vorliegen. Wichtig ist die Grundregel, im Turmendspiel den Kampf aktiv zu führen und möglichst Angriff mit Gegenangriff zu beantworten. Ein weiterer Merksatz ist der, daß die Türme stets hinter den Freibauern stehen sollen, hinter den eigenen oder hinter den feindlichen. Nebenstehend hat Weiß eine günstige, Schwarz eine ungünstige Turmstellung. Zieht der schwarze Turm, so kann der weiße Bauer sofort 1) vorrücken. Stünde der
weiße Turm statt auf a l auf b4, so wäre sein schwarzer Kollege viel beweglicher. Daß auch im Turmendspiel der Besitz der 7. (bzw. 2.) Reihe von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, wurde schon bei früherer Gelegenheit angedeutet. Abgesehen von der damit mitunter erzielten Gefangensetzung des feindlichen Königs, die Handlungsfreiheit für den eigenen ergibt, bietet sich auch oft Gelegenheit H. R i n c k
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b c d e f g h Weiß zieht und gewinnt zum direkten Mattangriff. Hierfür als lehrreiches Beispiel eine Studie aus der Werkstatt Meister Rincks. Bei gleichem Material entscheidet der Besitz der 7. Reihe. 1. Ta6—a7!. Droht Ta7—c7f K c 8 - d 8 T h 7 - d 7 # . 1 Te8—g8 (Noch am besten. Bei Te8—e6f Kcfi - d 5 ! wird Schwarz matt oder verliert den Turm.) 2. Th7—c7f Kc8—d8 3. T c 7 - d 7 f Kd8—e8 ( K d 8 c8, Ta7—c7=t=) 4. Kc6—c7!. Weiß gewinnt. Der angegriffene schwarze Turm darf sich nicht retten, da sonst Ta7—a8f zum Matt führt. Umgehungsmanöver Schwarz hat zwei Bauern mehr, doch ist der Gewinn nicht einfach, weil der Ta2 beide Bauern bewachen muß. Mit einem altbekannten Umgehungsmanöver stellte er aber sofort den Sieg sicher: 1 Ta2— a l f ! 2. K e l X e 2 a3—a2, und nun ist Weiß
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Dr. Euwe
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b e d e f g h R e t h y (Budapest 1940)
gegen die Drohung 3 Tal—hl 4. T a 8 x a 2 Thl—h2f nebst T h 2 x a 2 wehrlos (Ke2—d3, e3 oder f 3 scheitert ja an Tal—dl, e l bzw. f l f nebst a2—alD). Der
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nen König gehemmt. Der gegnerische T u r m bewacht wie ein Zerberus die Ausgänge des Königs, um ihn bei jedem Ausbruchsversuch sofort mit Schach zu empfangen. Der weiße T u r m b a u t aber seinem König eine „Brücke" : 1. Td2—d4! Kc7—c6 2. Kf8—e 7 Tgl—elf 3. Ke7—f6 Mit Ke7—d8 T e l - f l k o m m t Weiß nicht weiter. 3 Tel—flf 4. Kfß—e6 Tfl—elf Weiß drohte T d 4 - d 8 ! ; auf K c 6 - c 7 käme T d 4 - d 5 nebst T d 5 - f 5 . 5. Ke6—f5! Tel—flf 6. Td4—f4! Die Brücke! Die Umwandlung des Freibauern ist damit gesichert. Die W e g s p e r r e Gelingt es der schwächeren Partei, mit ihrem König das Umwandlungsfeld des Freibauern zu besetzen und den feindlichen König fernzuhalten, so ist ihr das Remis sicher. Solange
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Endspiele dieser Art sind häufig; der Freibauer steht dicht vor der Umwandlung, ist aber durch seinen eige-
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g h der schwarze Bauer nicht bis nach e3 vorrückt, bleibt der weiße T u r m auf der dritten Reihe als Wegsperre f ü r den schwarzen König. Erst wenn der Freibauer auf e3 steht, zieht der T u r m
39 nach oben (Tb3—b8), um nun den Feind von hinten mit Schachgeboten zu stören. Schwarz kann nicht gewinnen.
Richtig . . . Matthies
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Ein hübscher Witz, der auch eine Wegsperre, aber ganz anderer Art, zeigt, sei hier noch angefügt.
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Ohms (Bremen 1939) 1 T b 3 — b l ü 2 . K c 2 x b l 13— f 2 sicherte die Umwandlung des Freibauern; der weiße König wirkt als Wegsperre f ü r den eigenen Turm, der sonst mit Ta6—al verteidigen könnte.
Der tibergang ins Endspiel Ein wichtiges Thema müssen wir noch kurz anschneiden: den Übergang vom Mittelspiel zum Endspiel. W a n n ist er günstig, wann nicht; wann sollen wir ihn anstreben, wann ihn vermeiden? Entscheidend dafür ist die richtige Beurteilung des Endspiels, die sich aber dem Lernenden nicht ohne längere E r f a h r u n g darbietet. Zwei Beispiele mögen klarlegen, was gemeint ist.
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b c d e f g Kordts (Kiel 1936)
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Mit 1. d6—d7! Ld4x eäf 2. De2x e5!! T f ö x e S 3. Tc6—c8! wählte Weiß in schöner Weise den Übergang in ein sofort gewonnenes Endspiel. Der Freibauer ist stärker als der Turm, besonders im Hinblick auf die Mattstellung des schwarzen Königs. . . . und falsch. Teichmann
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b c d e f g h Olland (Karlsbad 1907)
Auch hier ist es der gleiche Freibauer, der Weiß nach 1. Tc6—c8 Dc3—a5? 2. De6— e 8 f ü den Sieg brachte. Jedoch Schwarz h a t auch Freibauern, sogar drei verbundene; ließen sich diese nicht verwerten? Und in der T a t ! H ä t t e Schwarz auf 1. Tc6—c8 m i t D c 3 — a l f ! 2. Kgl—h2 D a l - e 5 f ! 3. De6Xe5 f 6 x e 5 4. TcSxdSf Kf8 —e7 das Endspiel angestrebt, so wären die Freibauern dem weißen T u r m bald über den Kopf gewachsen: 5. Td8— a8 K e 7 x d 7 6. T a 8 x a 6 c4 - c B 7. Ta6—al b5—b4 8. T a l — c l Kd7—c6 9. Kh2—gl K c 6 - d 5 10. K g l - I I Kdfi—c4 11. K ! l - e 2 b 4 - b 8 12. Ke2—dl 1)3—b2 und Schwarz gewinnt. Endspiel mit Ideen Den Schluß dieses Abschnittes mag ein Endspiel bilden, das durch eine sehr hübsche Idee gewonnen wurde. E s soll uns zeigen, daß Wissen und Technik wohl die Grundlage geben, aber nicht Phantasie und Erfindungsk r a f t ersetzen können. (S. Diagr. rechts oben.) 1. S e 5 - d 7 ! Droht S d 7 - f 6 f . K h 7 - h 8 2. Sd7—!6! Trotzdem! Das Springeropfer leitet eine studienhafte Schlußwendung ein. 2 Tg8—18. N a t ü r lich nicht g 7 x f 6 ? wegen 3. Tf7—h7+.
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Dr. Aljechin (London 1922) 3. T f 7 x g 7 ! Die verblüffende Pointe. Weiß läßt den Springer auch weiterhin einstehen; man sieht noch nicht recht, warum. 3 T f 8 x ! 6 4. Kf4 — e5! Der König in eigener Person! Zieht sich nun der angegriffene Turm nach f8 zurück oder deckt ihn der andere T u r m auf f8, so erfolgt mit 5. Tg7—h7f Kh8—g8 6. Tc7—g7 ein bekanntes Matt. Schwarz gab daher auf. Doch welches Lehrbuch k a n n solche Kombinationen lehren? E n t weder man sieht sie — oder sieht sie nicht.
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III. Kleines Schachlexikon (Worin diejenigen Kunstausdrücke u n d Begriffe, erläutert werden, die nicht an anderer Stelle schon beschrieben sind.) Fragen macht klug Abgekürzte Notation. I n diesem Büchlein ist durchgehend die ausführliche Notation angewandt worden. Bei der abgekürzten Notation wird nur das Feld bezeichnet, auf das der betreffende Stein zieht, nicht aber auch das, woher er kommt. Z. B.: 1. e2—e4 e7—e5 2. S g l - f 3 S b 8 - c 6 3. L f l - b 5 a7—a6 4. L b 5 x c 6 d 7 x c 6 heißt abgekürzt: 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 a6 4. Lc6: dc6:, wobei also der Doppelp u n k t den Schlagfall bedeutet. Können zwei gleichwertige Steine dasselbe Feld erreichen, so wird die Linie der tatsächlich ziehenden Figur hinzugesetzt (etwa: Sde6 = der auf der d-Linie stehende Springer zieht nach e6; oder T a e l : der T u r m von der a-Linie geht nach e l usf.). Der Zweck ist, Platz zu sparen. Abtausch. Wenn ein Spieler einen Stein seines Heeres hergibt und d a f ü r einen gleichwertigen feindlichen erhält, so h a t ein Abtausch stattgefunden. F ü r manche Spieler besteht der Sinn des Schachspiels im Abtausch; sie holzen möglichst viel Figuren herunter, damit das B r e t t übersichtlicher und die Spielführung leichter wird. So spielt man indessen nicht Schach! Abzugsangriff. Die K r a f t des Abzugsangriffes liegt darin, daß zwei Figuren gleichzeitig Angriffe auf die feindlichen Stellungen richten; in der Gleichzeitigkeit liegt eben seine Stärke. Die W u c h t des Abzugsangriffes vergrößert sich noch, wenn die durch den abziehenden Stein freiwerdende
(Sprichwort)
Figur dem feindlichen König Schach bietet: das sog. Abzugsschach. Die Krone des Abzugsangriffes ist aber das Doppelschach, das den stärksten im Schach möglichen Angriffszug darstellt. F ü r den bedauernswerten König, der dabei von zwei feindlichen Figuren zu gleicher Zeit angegriffen wird, gibt es nur 8 M ¡Hü cine Rettung: schleunigste Flucht. I n nebenstehender Stellung setzt jf Weiß durch Dop, pelschach mit a D c d m „ , „ 1. T c 6 x b 6 m a t t . Analyse. Nach einer verlorenen Partie beweist die Analyse, d a ß der Verlierer „eigentlich" h ä t t e gewinnen müssen. Eine gute Analyse allerdings liefert wertvolle Erkenntnisse und bereichert unser Wissen. Anzug. Weiß h a t den „Anzug", Schwarz den „Nachzug". Ist der Vorteil, den ersten Zug machen zu dürfen, von entscheidender Bedeutung? Nein! Zwar kann Weiß weitgehend die Eröffnung bestimmen und die Initiative behalten, doch besteht auf der anderen Seite bei geschickter Spielführung von Schwarz die Gefahr der Überstürzung für Weiß. Ausgleich. Wenn Weiß die Initiative verliert und Schwarz ein gleichwertiges Spiel erhält, so h a t er „Ausgleich" (= der Chancen) erzielt.
42 Bauerngerippe. Wesentlich für den Gang der Partie ist das „Bauerngerippe", das, festgelegt, bis ins Endspiel hinein wirkt. Die Bauern können eigenen oder fremden Steinen wichtige Linien nehmen und so den Wert der Figuren entscheidend beeinflussen. Bauernmajorität. Ein wesentliches Kampfmittel ist die Bildung und der Vormarsch einer Bauern8 mehrheit. Ein ganz einfaches Beispiel: mit a5 —a6 erzwingt Weiß den 6 Vormarsch eines Bauern, weil er an der Kampfstelle einen Bauern mehr a b im Gefecht hat. Bauernumwandlung. In der Regel wird der Spieler bei der Bauernumwandlung sich die stärkste Figur des Schachspiels, die Dame, wählen. E s 8
6 d e f g h gibt aber Ausnahmen. Hier z. B . würde Weiß nach f7—f8D (das ,,D" hinter dem Bauernzug bedeutet: wird Dame) mattgesetzt durch Dd7—h7. Nach f7—f8St! aber bleibt die Partie remis, da der neuentstandene Springer die schwarze Dame erobert. Und hier wird Schwarz sich hüten, mit f2—flD den Gegner pattzusetzen, sondern (will er nicht das Spiel mit Kf3— 3 e2 unnötig verlän2 gern) auf f l einen Turm aufstellen, Weiß l zu Kh2—h3 nötigen und ihn dann mit T f l f —hl mattsetzen.
Beraubungssieg. Dem Anfänger macht es große Freude, dem Gegner einen Stein nach dem anderen wegzunehmen und ihn dann mit einer großen Übermacht mattzusetzen. E r hat also eigentlich einen „Beraubungssieg" erzielt. Verdienstlicher ist es freilich, selbst Material zu opfern und dennoch mattzusetzen! Berührt — geführt. Die Grundregel für jeden Schachspieler! Die berührte Figur muß gezogen werden, koste es auch Kopf und Kragen. In einem Turnier berührte Weiß einmal versehentlich nach 1. e2—e4 d7—d5 2. e 4 x d 5 Dd8x d5 den König, mußte nun 3. K e l —e2 ziehen und wurde mit Dd5—e4 mattgesetzt! Bilguer. Wir sagen: „Der Bilguer" und meinen: ,,P. R . von Bilguer (v. d. Lasa), Handbuch des Schachspiels", das Standardwerk des deutschen Schachschrifttums, dessen 8. Auflage 1916 Carl Schlechter bearbeitete und Hans Kmoch 1929 ergänzte. Auf über 1000 Seiten bietet es den E x t r a k t der Meisterpraxis und gediegener Analysen. In ähnlich grundlegender Form bearbeitete J . Berger ein Spezialgebiet des Schachs, die Endspiele („Theorie und Praxis der Endspiele"). Diese beiden Bücher gehörten neben Aljechins lichtvollen Partieglossierungen („Meine besten Partien", „Auf dem Wege zur Weltmeisterschaft"), Dr. v. Gottschalls Anderssen-Buch, Maröczys Morphy-Buch, Capablancas Lehrwerk „Grundzüge der Schachstrategie", A. C. Whites Loyd-Buch usw. zum eisernen Bestand jeder Schachbibliothek. Blindspiel. Große Meister des Schachspiels führen gleichzeitig meh-
43 rere Partien (bis über 20!), ohne Ansicht von Brett und Figuren. Blitzturnier. Bei einem Blitzturnier wird nach Kommando alle 5 oder 10 Sekunden gezogen. Eine solche Veranstaltung ist reich an lustigen Zwischenfällen und schrecklichen Fehlern. Caissa. Göttin des Schachspiels, trauert über jeden „Patzer" und lächelt huldvoll dem Sieger zu. Damenflügel. Der Teil des Schachbrettes mit den Linien a—d heißt Damenflügel, der andere Teil: Königsflügel. Doppelbauer. Doppelbauer nennt man zwei Bauern, die auf derselben Linie hintereinander stehen. Er ist im allgemeinen als nachteilig anzusehen, besonders wenn er „isoliert" ist (von keinem 6 ||| Bauern eigener Farbe mehr gedeckt werden i kann). Beifolgende Bauernstellung ist für Weiß sehr ungünstig; der Ba2 ist „isoliert", desgleichen der Doppelbauer c2—c3. Demgegenüber verfügt Schwarz über ,,ver11 '' ' bundene" Bauern, nebeneinanderstehende Bauern, von denen einer den andern schützt. Im Falle von Angriffen muß Weiß alle seine Bauern durch Figuren decken, während Schwarz nur den Bauer a7 zu schützen braucht. Epaulettenmatt. Spaßhafter Ausdruck für Mattbilder nebenstehender
Art. Der schwarze König hat die„Epauletten" an; das können nach Lage der Dinge nur die Türme sein. Ersticktes Matt. „Der König erstickt im eigenen Fett." Ein Springer gibt matt, alle übrigen Felder sind dem König durch eigene Steine versperrt. Stände vorstehend T f l auf gl, könnte Se4 auf f2 mattgeben. Das erzwingt Schwarz wie folgt: 1 Se4 —f2f 2. Khl—gl (Tfl X f2 geht nicht wegen D e 3 - e l f ) 2 Sf2-h3ft (Doppelschach!) 3. Kgl—hl D e 3 g l f ü 4. T f l x g l S h 3 - f 2 + . Ein immer wieder eindrucksvolles Matt! Ewiger Springer. Ein „ewiger Springer" ist ein gut aufgestellter und gedeckter Springer, der von keinem feindlichen Bauern angegriffen und von keinem gleichwertigen feindlichen Stein zum Abtausch gezwungen werden kann. Er übt fast stets eine entscheidende Wirkung aus. Falle. Mit Hilfe einer Lockspeise wird der Gegner veranlaßt, einen für ihn ungünstigen Zug zu tun: es wird ihm eine Falle gestellt. Welche Freude, wenn er zuschnappt und hereinfällt! Die kleinsten „Lockspeisen" sind die Bauern, doch werden sie merkwürdigerweise am ehesten genommen. Nach 1. Te2—f 2! spielte Schwarz T d l x d 6 ? (statt Kg6-h7!) und wurde nun mattgesetzt: 2. T f 2 x f 6 f ! g 7 x f 6 3. De6—g8f Kg6—h5 4. D g 8 - f 7 f
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b c d e f g Kuppe (Berlin 1940)
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K h 5 - g 5 5. h2—h4f Kg 5 - g 4 6. Dilg6=|=. Schwarz war in die Falle gegangen. Familienschach. Die eigenartige Angriffskraft des Springers bringt mit8
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unter Häufungsangriffe der abgebildeten Art hervor. Er bedroht die ganze feindliche Familie samt ihrem Oberhaupt, dem König. Fehler. Die Fehler sind das Salz des Schachspiels. ,,Niemand wird ohne Fehler geboren; der Beste ist der, den die kleinsten drücken." (Seneca) Fehlerfreies Spiel gibt es nicht; gäbe es solches, wäre es mit dem Schachspiel aus. Niemand verzage, wenn er einen Fehler macht; erst der letzte Fehler verliert!
Fernschach. Spieler, die am Brett nicht zusammenkommen können, spielen „fern". Sie übermitteln sich ihre Züge durch Briefwechsel. Fianchetto. Die Seitwärtsentwicklung der Läufer nach b2 (b7) bzw. g2 (g7) heißt Fianchetto, die Läufer werden „fianchettiert". Man sagt auch „Lochpartie", weil U § || der Läufer in das , '*W0 ä nach dem Aufzug O L des Bauern geöffnete 1 Loch hineinschlüpft. i Wird auch der ana c '' dere Läufer auf diese Weise entwickelt, so gibt es gar eine „Doppellochpartie" mit meist sehr langweiligem Verlauf. Fingerfehler. Unerklärlich sind die Versehen, die der Spieler eigentlich gar nicht — beabsichtigt hatte. Der Plan war fertig im Kopf ausgedacht — da plötzlich machte die mechanische Hand einen ganz anderen Zug, der sich dann als schrecklicher Bock erwies. Temporäre Geistesabwesenheit! Freibauer. Kann ein Bauer auf seinem Marsch von keinem feindlichen Bauern mehr aufgehalten werden, so ist er „frei" und wird mit aller Macht der Umwandlungsreihe zustreben. Der Freibauer ist die Hauptperson des Endspiels. Hauptsächlich im Bauernendspiel gibt es den Begriff des „entfernten Freibauern", der oft von entscheidender Bedeutung ist. Hat jede Partei einen Freibauern und sind noch andere Bauern vorhanden, so ist die Partei im Vorteil, deren Freibauer von den anderen Bauern am weitesten entfernt steht. Der Grund ist der, daß nach Eroberung der beiderseitigen
45 Freibauern der entfernter stehende König einen längeren Weg zu den noch verbleibenden Bauern zurückzulegen hat und damit im Nachteil ist.
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Weiß am Zuge; Schwarz gewinnt, weil er den „entfernten Freibauern" hat. Das ist nach dem Gesagten leicht auszuprobieren. Wäre das Bauernpaar a3 a4 indessen nicht vorhanden, so bliebe das Spiel unentschieden.
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Gabel. Wie auf einer Gabel aufgespießt, zappeln beim Doppelangriff des Bauern die feindlichen Figuren.
die beste Verteidigung verlorene Partien.
und rettet noch
(F. J. Marshall) Glanzpartie. Eine Partie aus einem Guß mit überraschenden und schönen Wendungen, die auch der Analyse standhalten, ist eine Glanzpartie. Glosse. Der „Glossator" erläutert gespielte Partien, indem er die einzelnen Züge mit „Glossen" versieht. Sind diese gut, so kann der Schachfreund viel daraus lernen. Hilfsmatt. In der Partie kämpft Weiß gegen Schwarz und Schwarz gegen Weiß. Beim Hilfsmatt aber, einer Form des Kunstschachs, vereinen beide ihre Anstrengungen, um das Matt herbeizuführen: Weiß hilft Schwarz und Schwarz hilft Weiß! Dabei ist es trotzdem meist recht schwierig, das Matt zusammenzubasteln, und insofern bedeutet die Beschäftigung mit dem Hilfsmatt eigentlich eine gute Übung im Sehen von Mattbildern. Von Dr. J . Niemann (Die Schwalbe, 1931)
Gambit. Wer in der Eröffnung einen Bauern oder (seltener) eine Figur zum Opfer anbietet, um zur schnelleren Entwicklung seiner Streitkräfte zu kommen, spielt ein „Gambit". Gegenangriff. Der Hieb ist die beste Parade! Dem Gegenangriff kommt im Schach ganz besondere Bedeutung zu. Wer sich nur verteidigt, muß verlieren. Denke groß vom Gegenangriff!
Er ist
a b c d e f g l i Schwarz zieht an; Weiß setzt mit Hilfe von Schwarz in zwei Zügen matt.
46 1 K c 3 x b 4 2. Sg8—e7 K b 4 x a 5 3. Se7—c64=. E s ist doch merkwürdig, daß trotz gegenseitiger Unterstützung ein zweizügiges Matt nur durch Aufopferung beider Türme zu erreichen ist. Initiative (Fähigkeit, aus eigenem Antrieb zu handeln). Wer im Schach die Initiative hat, diktiert das Gesetz des Handelns. Der Gegner m u ß sich verteidigen und b e m ü h t sein, das Gleichgewicht zu halten. J'adoube. J ' a d o u b e — ich rücke zurecht, h a t der Spieler vorher anzusagen, wenn er eine Figur wohl berühren, aber nicht ziehen will. Einen zu spät erkannten Fehler unter dem nachträglichen Zuruf: J ' a d o u b e ! korrigieren zu wollen, ist natürlich unzulässig. Kiebitz (schwarzweißer Sumpfvogel mit aufrichtbarer Haube). Gefürchtet u n d höchst unbeliebt sind im Schach wie bei anderen Spielen „Kiebitze", die ständig dreinreden. Am besten, man behandelt solche „Sumpfvögel" mit der ihnen gebührenden Rücksichtslosigkeit. Kombination (Verbindung von Vorstellungen, Urteilen oder Folgerungen). Das Schönste a m Schach ist — m a n mag darüber reden, soviel m a n will — die Kombination. Den Begriff zu definieren, ist nicht leicht. Man geht wohl a m besten mit dem Lexikon und sagt: eine Kombination im Schach ist eine „Verbindung von Vorstellungen, Urteilen öder Folgerungen" zu einem glänzenden Einfall, zu einer rettenden Idee. K u n s t der Berechnung, Phantasie und Vorstellungskraft sind wesentliche Eigenschaften des Kombinationsspielers.
Kurzpartien. Kurzpartien erfreuen sich bei allen Schachspielern großer Beliebtheit. In wenigen Zügen ist hier die D r a m a t i k der Schachpartie eingefangen. Freilich ist es nicht möglich, schnell zu gewinnen, wenn der Gegner keinen Fehler macht. Deshalb meinen manche, eine Kurzpartie sei grob im Fehler und gewaltsam in der Kombination und biete keine Feinheiten. Die Praxis aber beweist uns immer wieder das Gegenteil; eine Fülle von drolligen und überraschenden Einfällen breitet sich gerade in kurzen Partien v o r d e m Schachfreund aus. Läuferpaar. Die Lehre von dem unbedingten Vorteil des Läuferpaares wird oft allzu wörtlich genommen. D a ß zwei Läufer natürlich relativ eine ganz andere K r a f t haben als einer, ist selbstverständlich, da sie beide Felderfarben des Schachbrettes beherrschen. Nicht unbedingt aber m u ß das Läuferpaar den beiden Springern oder Springer und Läufer des Gegners überlegen sein. Entscheidend ist die Gesamtstellung. Leichte Figuren. Läufer und Springer sind „leichte" Figuren, im Gegensatz zu T u r m u n d Dame, den „schweren". Luftloch. Nach der kurzen Rochade nehmen die drei vor dem König stehenden Bauern ihm die L u f t weg; verliert die unterste Rei2 he ihren Schutz, so k a n n eine 1 feindliche schwere Figur ein bequemes M a t t der abgebildeten Art geben. Deshalb ist es ratsam, frühzeitig ein „ L u f t loch" zu machen, d. h. einen der drei Bauern aufzuziehen.
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Märchenschach. Es gibt eine A b a r t des Kunstschachs, die sich zur Darstellung von Schachaufgaben auf neuerfundene Figuren stützt. „ N a c h t reiter", „Grashüpfer" und ähnliche Untiere spuken über das Brett. Mit Recht findet das Märchenschach nur wenig Anhänger. Mattbild. Das Mattbild ist die Gesamtheit der am Zustandekommen einer Mattstellung beteiligten eigenen und feindlichen Figuren. Das Studium der Mattbilder ist eine wesentliche Vorbedingung zum „Schachsehen". Der
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f Schachfreund vergleiche die bisher gegebenen Mattstellungen und präge sich ihre Bilder ein. Vorstehend ein paar weitere einfache Mattbilder.
Mattnetz. „Der König zappelt im Mattnetz." E r ist noch nicht m a t t , k a n n aber seinem Schicksal nicht entrinnen. Wie ein Netz umspannen ihn die feindlichen Figuren. Meister. Zur Meisterschaft im Schach bringen es nicht viele, doch k a n n jeder, der Interesse und Liebe zum Schach hat, eine beträchtliche Spielstärke erreichen. U n d diese ist nötig, um alle Schönheiten und Anregungen, die das Schachspiel zu bieten vermag, voll genießen zu können. Nerven. Ein guter Schachspieler m u ß seine Nerven in der Gewalt haben. E r darf nicht über einen unerwarteten Zug des Gegners aus der Fassung geraten. Geistesgegenwart und Kaltblütigkeit haben schon viele Partien gerettet. Patzer. Dies Wort, das m a n im Lexikon vergebens sucht, bezeichnet ein Stadium in unserer Schachentwicklung, das wir alle einmal durchmachten : das Stadium, wo man nichts sieht, alles falsch macht, nun eben: ein Patzer ist. Das scherzhafte W o r t : Wo ein Patzer ein Schach sieht, da gibt er es, enthält eine lehrreiche Wahrheit: nicht ein Schach um des Schachs willen zu geben. Die englische Spottregel: Versäume nie ein Schach, es könnte Matt sein! ist in ähnlichem Sinne aufzufassen. Pfahl im Fleische. Wenn ein feindlicher Bauer in die eigenen Reihen eindringt und sich dort festsetzt, so spricht m a n von einem Pfahl im Fleische. Hier lähmt z. B. der Bf6 die Bewegungskraft i der feindlichen Fif g
48 guren ungemein, denn diese müssen nicht nur darauf achten, daß die gegnerische Dame nicht nach h6 gelangt, sondern auch die 8. Reihe scharf bewachen.
1 Sh6— g 8 | ! macht remis; dagegen verliert 1 S h 6 - g 4 t ? Bitte probieren — und studieren!
Praxis. Praxis ist alles, Theorie nur Hilfsmittel. Viel spielen mit guten Gegnern — mehr kann man dem Anfänger nicht raten. Psychologie. Der weiter vorgeschrittene Spieler wird seinen Gegner auch psychologisch behandeln, d. h., er wird eine Spielführung anstreben, d » die besonderen Eigenschaften des Gegners nicht zur Geltung kommen läßt und die ihn auf ein Gebiet drängt, das ihm nicht „liegt". Qualität. Wer einen Turm für eine leichte Figur hergeben muß, hat die „Qualität" verloren — der andere hat sie gewonnen. Ein Qualitätsverlust kann, wenn nicht andere Momente ihn ausgleichen, entscheidend sein. Im einfachen Endspiel von Turm gegen Springer bzw. Läufer reicht das Übergewicht der Qualität meist nicht zum Gewinn aus; doch steigen die Chancen des Turmes bei Randstellungen des feindlichen Königs. g 7 6 5
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Hier geht der Springer verloren: 1. K f 5 e6 K f 8 - e 8 2. T g l - g 8 t Sh7— f8f 3. K e 6 - f 6 , und das Spiel ist aus.
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Zwei Wege h a t Schwarz: einen falschen und einen richtigen. F a l s c h : 1 K f l - e l ? 2. Tf2—c2 L c 6 - a 4 3. Tc2—elf La4—dl 4. T c l - b l Kel - f l 5. T b l x d l f und Weiß gewinnt. R i c h t i g : 1. K f l - g l ! 2. K e 3 - e 2 Lc6 —d5 3. Ke2—el L d 5 - c 6 4. T f 2 - f 6 Lc6 —b7 5. T f 6 - g 6 f Kgl—h2 (nicht K g l h l ? 6. Kel—f2!) 6. K e l - f 2 K h 2 - h 3 . Weiß kann nicht gewinnen. Rand. Der Rand ist ein natürliches Hemmnis, das die Figurenkraft stark einschränkt. Am Rande stehende Figuren büßen im allgemeinen einen großen Teil ihres Kampfwertes ein, besonders der Springer. Ein Springer am Rande — welche Schande'
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Der weiße Sa3 beherrscht hier nur vier Felder; der schwarze Sal in der Ecke gar nur zwei; zudem ist er dem weißen König wehrlos ausgeliefert. Bei Randstellungen des Königs ist die Mattgefahr sehr groß.
Remistod. Ein Schlagwort, das immer wieder auftaucht, wenn große Meister schachmüde werden. Capablanca, der einst von sich sagte, er könne sich nicht vorstellen, daß er eine Partie verlöre, prophezeite den Remistod des Schachspiels, als er die Weltmeisterschaft an Aljechin abgeben mußte. E r meinte damit, daß die Kenntnis vom Wesen des Spiels und seinen Geheimnissen so weit vorgeschritten sei, daß fast alle Partien zwischen großen Meistern unentschieden werden müßten. In Wirklichkeit ist aber das Schachspiel unerschöpflich, und obwohl schon Tausende und aber Tausende von Partien gespielt wurden, ähnelt kaum eine der andern. Wer also Kampfgeist besitzt, wird immer noch genügend Möglichkeiten zur Verschärfung des Spiels finden. Rückständiger Bauer. Rückständig ist ein Bauer, der sich den anderen, vorgeschobenen nicht hat anschließen können und zurückgeblieben ist. E r wird leicht ein Opfer von Angriffen. Safety first! (Zuerst Sicherheit!) Mit diesem Grundsatz kommt man im Schach nicht weit. Wer gewinnen will, muß etwas riskieren. Ohne Kampf kein Sieg! 4
Richter, Schaehbucli
Schachbegabung. Nach Brinckmann besteht die besondere Begabung für das Schach 1. in der Fähigkeit, in rein zeitlichräumlichen Vorstellungen zu denken, 2. in der Fähigkeit, gedachte Veränderungen auf dem Brett anschaulich zu verfolgen (Anschauungskraft, anschauliches Gedächtnis). Uns dünkt aber, daß auch eine besondere Begabung dazu gehört, die einzelnen Steine einer bestimmten Stellung in Beziehung zueinander zu setzen und aus diesen Beziehungen einen guten Gedanken zu fassen. (Phantasie!) Schachblindheit. Immer wieder kommt es vor, daß auch Meister des Schachspiels die einfachsten Dinge übersehen, „schachblind" sind. Deshalb: Machst du Fehler, so denke daran. Daß auch ein Meister sich irren kann' Ein Beispiel für viele: Nimzowitsch (am Zuge) üi s
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a b c d e f g h Rubinstein (San Sebastian 1912) Weiß droht mit 1. D d 7 x f 7 | Kg8 -h8 2. D f 7 x f 8 f ! T a 8 x f 8 3. Tf2xf8#=
50 mattzusetzen, und dem glaubte Schwarz mit 1 Lf8—c5?? vorteilhaft begegnen zu können. Merkwürdigerweise war auch Weiß „schachblind" und antwortete 2.Lb2—d4? ?, worauf die Partie im späteren Verlauf remis wurde. Beide übersahen, daß auf 1 Lf8—c5? einfach 2. D d 7 x f 7 j ! K g 8 - h 8 3. Df7xg7#= geschehen konnte!! Schach-Gardez! Doppelangriffe auf König und Dame pflegte die frühere Zeit mit diesem Zuruf an den Gegner anzukündigen. Heute sagt man weder Schach an noch Schach-Gardez. Schachmaschine. Im Jahre 1770 erregte Wolfgang von Kempelen (geb. 1734 in Preßburg) mit seiner Schachmaschine (Schachautomat) ungeheures Aufsehen. Der Apparat zeigte einen Türken in natürlicher Größe, der vor einem Kasten in Form eines Schreibtisches saß. Der Türke spielte öffentlich gegen Einsatz Schach und gewann meistens. Da das Innere des Türken vor jeder „Vorstellung" gezeigt und leer befunden wurde, blieben seine überraschenden Schachleistungen ein unerklärliches Geheimnis. Der Schachautomat reiste durch ganz Europa und tauchte sogar 1826 in New York auf. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, den eigentlichen Spieler in dem Kasten zu vermuten. Nur wie er die Züge übermittelt bekam und wieder an den Türken übermittelte, das war das technische Geheimnis der Schachmaschine. Vermutlich hat es sich aber um eine magnetische Konstruktion gehandelt.
Schachuhr. In Schachturnieren werden ernste Partien mit Zeitbeschränkung ausgetragen. Die verbrauchte Zeit wird durch eine Schachuhr kontrolliert.
Heute, im Zeitalter des technischen Fortschritts, würde ein solcher,,Türke" uns gegen Einwurf von 10 Pfennig wohl den jeweils besten Zug verraten. Aber sollen wir das wünschen? Lieber nicht!
Spielstärke. Ein relativer, mit keinem Gerät meßbarer Begriff. Einzig zuverlässig ist die Prüfung in Turnieren. Dem ehrgeizigen Schachfreund aber raten wir Bescheidenheit an.
Schlagschach. Wenn die Schachfreunde einmal nicht zum ernsten Kampf aufgelegt sind, spielen sie wohl eine Partie Schlagschach. Jeder einstehende • Stein muß geschlagen werden; von mehreren Schlagmöglichkeiten kann man sich die günstigste aussuchen. Der König wird wie jeder andere Stein behandelt. Gewonnen hat, wer zuerst keinen Stein mehr besitzt oder patt steht. Selbstmatt. In der Problemkunst gibt es einen Aufgabenzweig, der bei vielen Schachfreunden auf Widerspruch, ja Ablehnung stößt: das Selbstmatt. Weiß will mattgesetzt werden; Schwarz weigert sich aber, mattzusetzen, und muß von Weiß dazu gezwungen werden. Mit diesen dem eigentlichen Schachspiel hohnsprechenden Gedanken können sich viele Schachspieler nicht befreunden, und doch gibt es auch in dieser verkehrten Welt überraschende und schöne Problemideen. ,,Er spielt auf Selbstmatt", sagt man in der Partie, wenn ein Spieler überraschend schwache Züge macht. Simultanspiel. Bei Simultanvorstellungen spielt einer gegen viele, indem er in einem Viereck von Tischen von Brett zu Brett geht und jeweils einen Zug macht.
51 ihn abzuwälzen (s. a. „Zugzwang"). In untenstehendem Bilde würde Weiß mit 1. Ke5—d4? verlieren; nach Ka2 —b3 m ü ß t e er die Deckung des Bc3 aufgeben. Aber nach 1. Ke5—d5! Ka2 —b3 2. Kd5—d4! gewinnt er, denn
Meide die Ignoranten' Sie wissen nicht, daß sie schwach spielen. Hilf den Einsichtigen! Sie wissen, daß sie schwach spielen. Achte die Bescheidenen' Sie wissen nicht, daß sie stark spielen. Folge den Schachweisen! Sie wissen, daß sie stark spielen. (Indische 'Schachsprüche) Strategie. Aus der Sprache des Krieges h a t das Schach die Begriffe Strategie und Taktik übernommen, die indessen hier wie dort ineinander überfließen und sich nur schwer trennen lassen. Man versteht sie im Schach so, d a ß Strategie die K u n s t der Führung, Taktik die Kunst der Ausführung ist. Oder, wie Dr. E u w e sagt: Die Strategie umfaßt die Zielsetzung und das Bilden von Plänen. Die Taktik umfaßt die Ausführung der Pläne. Die Strategie ist abstrakt, die Taktik konkret. Mit einfachen Worten: bei der Strategie kommt es auf das Denken an, bei der Taktik auf das Sehen.
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Technik. Der Rest ist Sache der Technik! Mit diesem Satz endet oft die Arbeit des Glossators. Technik ist das Erlernbare im Schach, die Summe aus Erfahrung und Wissen, mithin auch die Kunst, eine gewonnene Stellung zu gewinnen. Tempo. Ein Tempo gewinnt der, der zur Erreichung eines bestimmten Zieles einen Zug spart. Aber im Endspiel ist die Sache meist ganz anders: Hier gewinnt, so paradox es klingt, oft der ein Tempo, der einen Zug verliert. (K. Richter, Kombinationen) Ein solcher „Tempoverlust" ist im Endspiel manchmal nötig, um den Gegner aus einer günstigen Stellung herauszulocken und die Zugpflicht auf
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nun h a t Weiß das entscheidende Tempo gewonnen: der Gegner ist am Zuge und m u ß die Deckung des Bc4 aufgeben. Theorie. Besonders zu den Eröffnungen und Endspielen im Schach hat sich eine umfangreiche Theorie gebildet, die der Niederschlag der in der Praxis gewonnenen Erkenntnisse und eingehender Analysen ist. Während aber manches einfache Endspiel im Sinne der Forschung restlos geklärt werden konnte, ist die Theorie der Eröffnungen noch ständig im Fluß. Es sind daher keineswegs letzte Wahrheiten, die sie darzubieten hat. Turnier. F ü r den wirklichen Schachfreund gibt es nichts Schöneres, als seine K r ä f t e mit gleichwertigen Gegnern im Schachturnier zu messen. Hier spielt jeder mit jedem eine Partie, der Gewinn wird mit 1, Remis mit 1 / 2 , Verlust mit 0 bewertet. Sieger ist, wer die höchste Punktzahl erreicht, Die jeweilige Paarung ist aus besonderen Tabellen ersichtlich. Ungleiche Läufer. „Ungleichfarbige Läufer" sind im Remissinne f ü r die
52 materiell schwächere Partei vorteilhaft. Gelingt es ihr z. B., feindliche Bauern, wie hierneben abgebildet (das Bild zeigt zugleich, was unter ungleichfarbigen Läufern zu verstehen ist!), zu blockieren, so sind die Bauern wertlos und auf keine Weise vorzubringen. Unterschätzung des Gegners ist ebenso schädlich wie die Überschätzung des eigenen Spiels. Überheblichkeit ziemt dem Schachspieler nicht. Vergifteter Bauer. Auf Bauerngewinn zu spielen, ist sehr oft strategisch oder taktisch falsch und bringt den Spieler in Verlustgefahr. Bauern, die als Köder gedacht sind, nennt man in der Schachsprache vergiftete Bauern. Vorgabe. Um den Unterschied in der Spielstärke etwas auszugleichen, erhält der schwächere Spieler mitunter eine Vorgabe. Gebräuchlich sind Vorgabe von „Bauer und Zug" (der stärkere Partner nimmt Schwarz und spielt ohne den Bf7), „Springervorgabe" (der S b l wird vom Brett genommen), „Turmvorgabe" (der T a l verschwindet; allerdings wird als kleiner Ausgleich der Ba2 nach a3 gestellt) und „Damenvorgabe" (auf den Platz der Ddl, die in den Kasten zurückwandert, wird der T a l gesetzt; wieder rückt Ba2 nach a3 vor). Das Vorgabespiel ist freilich heutzutage wenig beliebt; denn wer sich vorgeben läßt, gibt damit seine Unterlegenheit zu — und wer täte dies gern?
Wissenschaft. Schach ist dem Wesen nach ein Spiel, der Form nach eine Kunst, der Darstellung nach eine Wissenschaft. (von der Lasa, etwa 18'JO) Wir aber wissen heute, daß Schach in erster Linie Kampf ist, und lehnen es ab, Schach als Wissenschaft anzusehen. Wäre es dies, so müßte es sich systematisieren lassen. Das ist aber nur im geringen Umfange bei manchen Endspielen möglich, wie wir schon unter „Theorie" hervorhoben. Für das Mittelspiel gibt es kein System und keine sich ständig wiederholenden Typen. Zeitnot. Die beschränkte Bedenkzeit, die dem Spieler in einem Turnier zur Verfügung steht, kann sich dieser nach Belieben einteilen. Verbraucht er anfangs viel Zeit, so muß er sie zum Schluß, wenn die Kontrolle naht, wieder einholen. E r gerät dann in „Zeitnot", ein Faktor, der das Turniergeschehen schon oft und nachhaltig beeinflußt hat. Zugzwang. Daß das Zugrecht auch Zugpflicht ist, wird vielen erst zu spät klar. E s gibt, hauptsächlich im Endspiel, Situationen, wo der Zwang, zu ziehen, sich für den Spieler nachteilig auswirkt. In nebenStellung ^ stehender z. B. könnte Weiß nicht gewinnen, wenn 1 Schwarz nicht ziehen müßte. So aber ist f Schwarz (am Zuge) zu h3—h2 genötigt, worauf Sil—g3 mattsetzt. Für derartige Situationen hat die deutsche Schachsprache das schöne Wort „Zugzwang" geprägt, das auch unverändert in fremde Sprachen Eingang gefunden hat.
IV. Kunstschach Das Schachproblem ist poetische Mathematik — mathematische Poesie.
Kunstschach und Schachkunst „Von den Feinheiten, die im Schachspiel verborgen liegen, gibt die praktische Partie nur einen unvollkommenen Begriff. Wenn m a n bedenkt, d a ß dem Willen des Spielers ein ebenbürtiger feindlicher Wille hemmend und störend gegenübersteht, so wird m a n ohne weiteres einsehen, daß ein abgerundetes Kunstwerk, wie es etwa ein Gedicht oder ein Musikstück darstellt, auf diesem Wege nicht leicht zustande kommen kann. U m solches zu erreichen, m u ß über die widerstreiten-
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den Parteien ein höherer Wille gesetzt werden, der alles nach vorbedachtem Plane lenkt und gestaltet. Hiermit betreten wir eine neue, leichter beschwingte W e l t : die des Kunst- oder Problemschachs." (W. von Holzhausen, Deutsche Schachblätter 1934.) Diese Ansicht des bekannten Problemkomponisten und Theoretikers kann nicht unwidersprochen bleiben. Auch die Meister der praktischen Partie bringen bleibende Kunstwerke zustande, die noch nach langen Jahren die Schachfreunde erfreuen und erbauen.
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Entscheidung, und 2. D g 5 x g 3 Sd4— e2f 3. K g l - h l Se2xg3f usw. ist ebenfalls aussichtslos).
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b e d e f g h Sämisch (Karlsbad 1929) Nach 1. Te3—e7! darf Schwarz keine der einstehenden weißen Figuren schlagen, z . B . S f 5 x h 4 2. T e 7 - g 7 + , oder h 7 x g 6 2.. Dh4-h7=t=, bzw. S f 5 Xe7 2. f 6 x e 7 mit entscheidender Gabel. Deshalb antwortete Schwarz
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m u ß t e aber nach 3. Sg6—e5f kapitulieren (Kf7—f8 4. D h 4 x h 7 D d 8 x f 6 5. Se5—d7| usw.). Ebenfalls eine prächtige Kombination! Dies zur Ehrenrettung der Partie. Selbstverständlich bringt das Pro-
blemwesen (neben vieler Mittelmäßigkeit) auch so manches Kunstwerk hervor, aber freilich doch in anderer Art und unter anderen Voraussetzungen.
Direkte Schachaufgaben Das Elementare Bei Schachaufgaben in der heutigen modernen Form steht nicht der Sieg an sich, sondern der Zeitbegriff im Vordergrund. Von dem Löser wird nicht nur verlangt, mattzusetzen, sondern das Matt in der geforderten Zügezahl herbeizuführen. Schwarz wiederum, als der Verteidiger, sucht die Zahl der Züge, die Weiß zum Mattsetzen notwendig hat, nach Möglichkeit zu vermehren. Die Forderung: M a t t in 2 (3, 4 usw.) Zügen bedeutet: Weiß zieht und setzt auf jeden möglichen Gegenzug des Schwarzen spätestens im 2. (3., 4.) Zuge m a t t . In den meisten Fällen wird der Gewinn für Weiß vom Standp u n k t des Partiespielers aus klar sein (Übergewicht an Material); was es zu finden gilt, ist eben der kürzeste Weg zum Matt. Selbstverständlich ist bei jeder Schachaufgabe Voraussetzung, d a ß es nur einen kürzesten Weg gibt, der zum Ziele f ü h r t : die Lösung. Findet der geübte Löser aber noch einen zweiten oder gar dritten Weg, so ist das Problem „gekocht", es hat eine oder zwei Nebenlösungen, die natürlich nicht beabsichtigt sind und vom Verfasser übersehen wurden. Der Anfänger im Problemwesen möge sich aber vor scheinbaren „Nebenlösungen" hüten; oft sind es vom Verfasser absichtlich hineingebrachte sogenannte Verführungen, die meist nur an einem einzigen Gegenzuge des
55 Schwarzen scheitern. Diesen Zug, der manchmal recht versteckt ist, zu finden, ist auch eine Aufgabe des Lösers. E s wäre falsch, ein Problem mit den Augen des Partiespielers anzusehen; die Welt der Schachaufgaben ist eine Kunst für sich. Nur wenige Meister des praktischen Spiels sind gute Löser oder gar Problemkomponisten, und umgekehrt sind bekannte Aufgabenverfasser oft nur mittelmäßige Schachspieler. Drei Haupteigenschaften In einer guten Schachaufgäbe ist Korrektheit unerläßlich, Schönheit notwendig, Schwierigkeit wünschenswert. (Konrad Erlin) Der Löser will Freude an der Aufgabe haben, die Lösung soll ihn befriedigen u n d ihm einen Genuß bereiten. E r erwartet von einer Aufgabe keine alltäglichen Züge, sondern auf Schritt u n d T r i t t Überraschungen. 1. K o r r e k t h e i t J. T o l o s a y C a r r e r a s (Problemes d'Escachs 1899)
Daß Weiß bei seiner großen Übermacht gewinnen muß, ist klar; aber in 3 Zügen k a n n er nur auf folgende witzige Art mattsetzen: 1. Sc4—1)2! c 8 x b 2 2. Sc2—al! b 2 x a l D 3. D a 7 x al4=- Gerade die für den Partiespieler scheinbar sinnlosen weißen Springerzüge brachten den Erfolg. Bei einer früheren Veröffentlichung dieser Aufgabe erhielt Verfasser mehrere Zuschriften, in denen behauptet wurde, die Aufgabe sei nicht korrekt. Weiß könne ebensogut mit 1. Sc2—d4 c3—c2 2. Sd4—e6 c2—clD (oder c2x b l D ) 3. Da7—g7 mattsetzen. S t i m m t das? Nein! Schwarz macht sich auf c l keine Dame, sondern einen Springer, bietet Schach und verhindert so das Matt im 3. Zuge. Also eine „Verführung", von der ja schon die Rede war. Es sei noch einmal betont, daß der Weg zum Ziel absolute Eindeutigkeit erfordert. I n einer schulgerechten Aufgabe dürfen keine „Doppelzüge" (Duale) vorhanden sein. Das H a u p t T. R. D a w s o n (Pittsb. Gazette Turnier 1913) n
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56 spiel ist die grundlegende Idee, die den Komponisten leitet; Nebenspiele (Varianten) entstehen, wenn Schwarz mehrere Verteidigungen hat. Dabei kann es vorkommen, daß Schwarz in einem Nebenspiel in kürzerer Zügezahl matt wird; deswegen bleibt die Aufgabe korrekt. (Siehe Diagr. auf S. 55, rechts.) Weiß muß so manövrieren, daß er die schwarze Dame zum Ziehen bringt, damit der Springer auf b6 oder c7 Matt geben kann. Dies erreicht er nur mit dem verblüffenden Tempospiel 1. Ta4—e4 f 5 x e 4 2. Ka3—a4! und die Dame muß eines der kritischen Felder preisgeben. Außer diesem Hauptspiel gibt es aber'.; noch ein Nebenspiel: wenn Schwarz auf 1. Ta4—c4 nicht f5xe4, sondern a5—a4 zieht, kommt Weiß mit 2. Te4—e8J zum Ziel. Korrekt ist die Aufgabe, denn alle anderen Versuche, die schwarze Dame in Zugnot zu bringen, scheitern: 1. Ta4—c4? oder 1. Ta4-d4? an a5—a4!, 1. K a 3 - a 2 (Ka3-b3)P an Dd8—g8!, 1. K a 3 - b 2 ? an Dd8-h8f !, 1. e3—e4? an f 5 x e 4 ! Hätte Schwarz allerdings nicht den Bf 5, so käme Weiß mit dem einfachen „Wartezug" 1. e3—e4 ohne weiteres zum Erfolg. Daß Weiß nach 1. Ta4—e4! bei Zügen der schwarzen Dame bereits im 2. Zuge mattsetzt, ist ohne Bedeutung; Schwarz muß j a stets versuchen, die beste Verteidigung zu finden. 2. S c h ö n h e i t Über das, was schön ist, gehen bekanntlich die Ansichten auseinander. In einer Schachaufgabe soll der größte Erfolg mit den geringsten Mitteln erreicht werden; jeder aufgestellte Stein
muß zur Darstellung der Ideen oder zur Verhinderung von Nebenlösungen unbedingt notwendig sein. Der Lösungszug soll tunlichst alles vermeiden, was die Verteidigungsmöglichkeiten des Schwarzen schwächt, wünschenswert ist sogar, daß er sie noch verstärkt. S. L o y d (Sissa 1868) '¿MW/-,
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o d e f g h Matt in 3 Zügen
1. Db6—h6! Der einzige Zug, der es in 3 Zügen schafft. Er ist „schön", weil die Dame sich 1. weit vom Schauplatz entfernt und 2. der schwarze König ein neues Fluchtfeld (a5) erhält: 1 Ka4—a5 2. Ka2—b3!, 1 Ka4—b4 2. Dh6— c l ! Die Mattzüge zu finden, möge der Löser selbst versuchen. (Auf 1 b5—b4 gibt es mit 2. Dh6— a64= wieder ein Kurzmatt). Das lustige „Intrigenspiel der beiden Bischöfe", das die folgende Aufgabe bietet, werden viele „schön" finden, weil es ursprünglichen Witz hat. 1. Ld8—c7! Le5—h2! Die beste Verteidigung. Zieht der Läufer in Richtung nach al, so ist er nach 2. Lc7—d6!
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J. V. U l e h l a
G. C h e n e y (1860)