Max Weber-Gesamtausgabe, Band I/12: Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit: Schriften und Reden 1908-1917 3161502965, 9783161502965


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German Pages 680 [675] Year 2015

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Siglen, Zeichen, Abkürzungen
Einleitung
I. Schriften und Reden
Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft
Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz“
Rezension von: Christian von Ehrenfels, Sexualethik
„Energetische“ Kulturtheorien
[Rezension von: Adolf Weber, Die Aufgaben der Volkswirtschaftslehre als Wissenschaft]
[Der Begriff der Produktivität]
[Technik und Kultur]
[Die Begriffe Rasse und Gesellschaft]
[Wirtschaft und Recht]
[Rechtswissenschaft und Soziologie]
[Über Ethik. Ein Fragment]
[Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung]
[Das Recht der Nationalitäten]
[Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie. Über Nation und Vaterlandsliebe]
[Beitrag zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik]
Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie
Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften
Erklärung [zum Aufsatz von: Edgar Jaffé, Das theoretische System der kapitalistischen Wirtschaftsordnung]
II. Bericht über einen Diskussionsbeitrag
[Entwicklungswert und Menschenökonomie]
III. Anhang
[Exzerpte zu:] Simmel, Soziologie
[Exzerpt:] Spann gegen Simmel
Verzeichnisse und Register
Personenverzeichnis
Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur
Personenregister
Sachregister
Seitenkonkordanzen
Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden
Bandfolge der Abteilung II: Briefe
Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften
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Max Weber-Gesamtausgabe, Band I/12: Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit: Schriften und Reden 1908-1917
 3161502965, 9783161502965

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Max Weber Gesamtausgabe Im Auftrag der Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Herausgegeben von

Horst Baier, Gangolf Hübinger, M. Rainer Lepsius †, Wolfgang J. Mommsen †, Wolfgang Schluchter, Johannes Winckelmann † Abteilung I: Schriften und Reden

Band 12

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

Max Weber Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit Schriften und Reden 1908–1917

Herausgegeben von

Johannes Weiß in Zusammenarbeit mit

Sabine Frommer

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

Redaktion: Ursula Bube-Wirag – Edith Hanke – Anne Munding Die Herausgeberarbeiten wurden von der Fritz Thyssen Stiftung, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Land Baden-Württemberg und dem Freistaat Bayern gefördert.

ISBN 978-3-16-150296-5 Leinen / eISBN 978-3-16-157748-2 unveränderte ebook-Ausgabe 2019 ISBN 978-3-16-150298-9 Hldr Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio nal bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer-tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen gesetzt und auf alterungs beständiges Werkdruck papier gedruckt. Den Einband besorgte die Großbuchbinderei Josef Spinner in Ottersweier.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Siglen, Zeichen, Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

I. Schriften und Reden Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz“ Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Rezension von: Christian von Ehrenfels, Sexualethik Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

„Energetische“ Kulturtheorien Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Rezension von: Adolf Weber, Die Aufgaben der Volkswirtschaftslehre als Wissenschaft Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

VI

Inhaltsverzeichnis

Der Begriff der Produktivität Diskussionsbeiträge auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik am 29. September 1909 in Wien Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Technik und Kultur Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Werner Sombart auf dem Ersten Deutschen Soziologentag am 20. Oktober 1910 in Frankfurt am Main Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Die Begriffe Rasse und Gesellschaft Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Alfred Ploetz auf dem Ersten Deutschen Soziologentag am 21. und 22. Oktober 1910 in Frankfurt am Main Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Wirtschaft und Recht Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Andreas Voigt auf dem Ersten Deutschen Soziologentag am 22. Oktober 1910 in Frankfurt am Main Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Rechtswissenschaft und Soziologie Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Hermann Kantorowicz auf dem Ersten Deutschen Soziologentag am 22. Oktober 1910 in Frankfurt am Main Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

Über Ethik. Ein Fragment Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Paul Barth auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag am 21. Oktober 1912 in Berlin Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

Inhaltsverzeichnis

VII

Das Recht der Nationalitäten Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Ferdinand Schmid auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag am 21. Oktober 1912 in Berlin Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318

Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie. Über Nation und Vaterlandsliebe Diskussionsbeiträge zu den Vorträgen von Franz Oppenheimer, Ludo Moritz Hartmann und Robert Michels auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag am 22. Oktober 1912 in Berlin Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

Beitrag zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389

Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445

Erklärung zum Aufsatz von: Edgar Jaffé, Das theoretische System der kapitalistischen Wirtschaftsordnung Zusammen mit Werner Sombart Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

VIII

Inhaltsverzeichnis

II. Bericht über einen Diskussionsbeitrag Entwicklungswert und Menschenökonomie Diskussionsbeitrag auf dem III. Internationalen Kongreß für Philosophie am 3. September 1908 in Heidelberg Editorischer Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524

III. Anhang Exzerpte zu: Simmel, Soziologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 Exzerpt: Spann gegen Simmel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 Verzeichnisse und Register Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur . . . . . . . . . . 580 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 Seitenkonkordanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe, Abteilung I: Schriften und Reden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 Bandfolge der Abteilung II: Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650

Vorwort

Webers Wendung zur Soziologie gründet in seiner über viele Jahre (1904– 1908) gehenden methodologischen Kritik sozial- und kulturwissenschaftlicher Erkenntnis. Nach kurzem Vorlauf deutet er, im Zuge der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, den überkommenen, „unpopulären“ Begriff der Soziologie mit seinem „schwankenden Inhalt“ um zum Inbegriff der Kriterien dieser Kritik. Sie äußert sich in den in diesem Band versammelten Texten: den längeren und kürzeren, im wichtigsten Fall auch nur fragmentarischen Rezensionen, den Diskussionsbeiträgen auf den beiden ersten Soziologentagen, schließlich, und in erster Linie, in den Schriften zur Wertfreiheits-Problematik. Aus dieser Kritik geht als deren konstruktiver Ertrag – nicht intendiert, aber folgerichtig – der ebenfalls in diesen Band aufgenommene Kategorienaufsatz hervor, in dem Weber seine Konzeption der Soziologie als einer Disziplin eigener und besonderer Art in knapper und in manchem vorläufiger, im Grundsätzlichen aber bleibend gültiger Form darlegt. Daß die Bearbeitung und Edition dieses Bandes überhaupt möglich wurde, ist in erster Linie der Fritz Thyssen Stiftung zu verdanken, die für zwei Jahre die erforderlichen Personal- und Sachmittel bereit stellte. Von der Universität Kassel wurde dafür gesorgt, daß wir ungeachtet der Entpflichtung des Herausgebers über die benötigten Arbeitsräume und Arbeitsmittel verfügen konnten. Angehörige der Universitätsverwaltung standen uns bei Bedarf immer zur Seite, dasselbe gilt für das Dekanat und das Sekretariat des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften, hier in besonderem Maße für Silke Stoklossa-Metz. Der Kasseler Universitätsbibliothek und der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar sei gedankt, ebenso und in besonderer Weise der Staatsbibliothek in Berlin sowie der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Das Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt, an dem der Herausgeber ein Jahr als Fellow verbrachte, erwies sich wegen des weiten Horizonts seines Weberianischen Forschungsprogramms als geradezu natürlicher Ort für die Arbeit an der Max Weber-Gesamtausgabe und auch für die Durchführung einer darauf bezogenen internationalen Konferenz. Der Band wurde vom Herausgeber zusammen mit Sabine Frommer bearbeitet. Ohne ihre Erfahrung, Sorgfalt, Ausdauer und, vor allem anderen, ihre Liebe zur Sache, wäre die Bearbeitung ganz unmöglich gewesen. Nicht genug zu loben ist auch die überaus kundige und zuverlässige Unterstützung durch unsere Wissenschaftliche Hilfskraft, Katharina Terörde.

X

Vorwort

Sehr viel Inspiration und Herausforderung verdankt sich der über alle Grenzen reichenden Weberforschung. Die von dieser Seite erfahrene Förderung und Irritation ist im einzelnen kaum persönlich zuzuschreiben, noch weniger ändert sie etwas an der ungeteilten Verantwortung für das jetzt Vorgelegte. Doch ist für alles zu danken, was mir über die Jahre hinweg aus langen Gesprächen, vor allem mit Jean-Pierre Grossein und Klaus Lichtblau, mit Guenther Roth, Stephen Kalberg, Hans Henrik Bruun, Hubert Treiber und Rainer Greshoff, Martin Albrow, Sam Whimster, Takeji Ibaraki, Takemitsu Morikawa, Duk-Yung Kim und Kolyo Koev, Con­stans Seyfarth, Weyma Lübbe und Uta Gerhardt zugeflossen ist. Als ungewöhnlich kenntnis- und hilfreicher Kollege erwies sich, vornehmlich im Zuge der Arbeit an dem „benachbarten“ Band der Max Weber-Gesamtausgabe, Gerhard Wagner. Großer Dank gebührt schließlich den Herausgebern der MWG für die Übertragung und kritische Begleitung der Edition, M. Rainer Lepsius, den uns der Tod vor drei Jahren nahm, und Wolfgang Schluchter, der sich auch um diesen Band in besonderem Maße verdient gemacht hat. Daß Horst Baier nicht, wie lange vorgesehen, alle methodologischen Schriften Webers (in zwei Bänden) herausgeben konnte, hat vor allem private Gründe, die ihn, was den vorliegenden Band betrifft, nicht über Vorarbeiten hinaus kommen ließen. Die großen Verdienste dieses bedeutenden, überaus anspruchsvollen Gelehrten um das Werk Max Webers bleiben davon unberührt. Der letzte, große Dank gilt Edith Hanke, deren Sachwissen, tatkräftige Professionalität und große Hilfsbereitschaft ihresgleichen suchen. Die Texte dieses Bandes, die darauf bezogenen Berichte und Erläuterungen sowie die Einleitung sind überwiegend der Methodologie zuzurechnen. Sie aber droht, um ihrer selbst willen betrieben, nach Weber zu einer wahren „Pestilenz“ zu werden. Dem wirkt man am besten entgegen, indem man sich mit Weber auf sie einläßt.

Warburg, November 2017

Johannes Weiß

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

| Seitenwechsel / Zeilenwechsel, Virgel > Textersetzung Max Webers < kleiner als 〈 〉 Von Max Weber gestrichene Textstelle : : Einschub Max Webers [ ] Im edierten Text: Hinzufügung des Editors […] Auslassung des Editors [??] Ein oder mehrere Wörter nicht lesbar 1), 2), 3) Indices bei Anmerkungen Max Webers 1, 2, 3 Indices bei Sachanmerkungen des Editors A, B Siglen für die Textfassungen A 1, A 2 Edierte Textvorlage bei paralleler Überlieferung A 1, A 2 Seitenzählung der Textvorlage a, b, c Indices für Varianten oder textkritische Anmerkungen a .  .  . a, b .  .  . b Beginn und Ende von Varianten oder Texteingriffen & und § Paragraph → siehe % Prozent = gleich; bedeutet ∑ Summenzeichen a. a. O. am angeführten Ort Ab.Bl. Abendblatt Abh. Abhandlung Abs. Absatz Abt. Abteilung AfSSp Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik a. M. am Main Anm. Anmerkung a. o. außerordentlich(er) Aufl. Auflage Aug. August BA Bundesarchiv BAdW Bayerische Akademie der Wissenschaften Bd., Bde. Band, Bände bes. besonders, besonderer bezw., bzw. beziehungsweise Bl. Blatt Boese, Verein Boese, Franz, Geschichte des Vereins für Sozialpolitik 1872– 1932 (Schriften des Vereins für Sozialpolitik 188). – Berlin: Duncker & Humblot 1939

XII

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

BSB Bayerische Staatsbibliothek bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise ca. circa c/ contra a. cf. confer Cie., Co., Comp. Compagnie d. der das. daselbst dass. dasselbe DDP Deutsche Demokratische Partei Dep. Deponat dergl., dgl. dergleichen ders. derselbe Dez. Dezember DGS Deutsche Gesellschaft für Soziologie d. h. das heißt d. i. das ist Diss. Dissertation Dr, Dr. Doktor Dr. jur. doctor juris Dr. jur. utr. doctor juris utriusque Dr. med. Doctor medicinae Dr. oec. publ. doctor oeconomiae publicae Dr. phil. doctor philosophiae Dr. rer. pol. doctor rerum politicarum Dr. sc. pol. doctor scientiarium politicarum dt. deutsch ebd. ebenda ed. edited, editor erg. ergänzte erw. erweiterte etc. et cetera ev. eventuell Ew. Euer f. für f., ff., ff folgende Fasc., Fasz. Faszikel Febr. Februar Fn. Fußnote FZ Frankfurter Zeitung geb. geboren, geborene Gen. Genesis gg., gg gegen GLA Generallandesarchiv GSG Georg Simmel Gesamtausgabe

Siglen, Zeichen, Abkürzungen GStA PK

XIII

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz

HA Hauptabteilung hg., Hg. herausgegeben, Herausgeber Hg.-Anm. Anmerkung des Herausgebers Hr., Hrn. Herr, Herrn i. im i. B., i. Br. im Breisgau i. e. S. im engeren Sinne IJB Internationaler Jugend-Bund incl. inclusive insbes. insbesondere i. S. im Sinne ISK Internationaler Sozialistischer Kampf-Bund Jan. Januar Jg. Jahrgang Kap. Kapitel KGA Ernst Troeltsch, Kritische Gesamtausgabe kgl. königlich kl. klein k. u. k. kaiserlich und königlich KZfSSp Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Lindenlaub, Richtungs-   kämpfe

Lindenlaub, Dieter, Richtungskämpfe im Verein für Sozialpolitik. Wissenschaft und Sozialpolitik im Kaiserreich vornehmlich vom Beginn des „Neuen Kurses“ bis zum Ausbruch des er­sten Weltkrieges (1890–1914). – Wiesbaden: Steiner 1967

M., Mk. Mark masch. maschinenschriftlich MdprAH Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses MdprHH Mitglied des preußischen Herrenhauses MdR Mitglied des Reichstags MEGA Marx-Engels-Gesamtausgabe m. E. meines Erachtens Misc. Miscellana Mo.Bl., Mgbl. Morgenblatt M. W. Max Weber MWG Max Weber-Gesamtausgabe (vgl. die Übersicht zu den Einzelbänden, unten S.  640–643, 649 f.) NB, NB. notabene n. Chr. nach Christus N. F. Neue Folge Nl., NL Nachlaß No, Nr., No. Numero, Nummer Nov. November

XIV

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

o. ordentlicher Okt. Oktober o. O. ohne Ort o. V. ohne Verfasser; ohne Verlag p, p. pagina Ph.D. philosophiae doctor, Doctor of Philosophy phil. philosophisch PK Preußischer Kulturbesitz pp. perge, perge Prof. Professor r recto (Blattvorderseite) red. v. redigiert von Ref. Referent Rep. Repositium resp. respektive Rez. Rezension S. Seite s. siehe scil. scilicet Sept. September SHLB Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek s. o. siehe oben sog., sogen. sogenannte, sogenannter Sombart, Der moderne Sombart, Werner, Der moderne Kapitalismus, 1. Band: Die   Kapitalismus I, II Genesis des Kapitalismus; 2. Band: Die Theorie der kapita­ listischen Entwicklung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1902. Sp. Spalte SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands St. Sankt, Saint St.W. Staatswissenschaft s. u. siehe unten s. Z., s. Zt. seiner Zeit TH Technische Hochschule Tl. Transliteration u. und u. a. und andere, und Andere, unter anderem, unter Anderem u. ä. und ähnliche UB Universitätsbibliothek überarb. überarbeitete u.dgl., u. dergl. und dergleichen umgearb. umgearbeitete undat. undatiert u. ö. und öfter USA United States of America, Vereinigte Staaten von Amerika usw., u.s.w. und so weiter u. U. unter Umständen

Siglen, Zeichen, Abkürzungen

XV

v verso (Blattrückseite) v. von VA Verlagsarchiv v. Chr. vor Christus verb. verbesserte Verf. Verfasser Verhandlungen des III. HT Verhandlungen des III. Deutschen Hochschullehrertages zu Leipzig am 12. und 13. Oktober 1909. Bericht erstattet vom engeren geschäftsführenden Ausschuß. – Leipzig: Verlag des Literarischen Zentralblattes für Deutschland (Eduard Avenarius) 1910 Verhandlungen DGS 1910 Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 19.–22. Oktober 1910 in Frankfurt a. M. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911 Verhandlungen DGS 1912 Verhandlungen des Zweiten Deutschen Soziologentages vom 20.–22. Oktober 1912 in Berlin. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1913 Verhandlungen VfSp 1905 Verhandlungen der Generalversammlung in Mannheim, 25., 26., 27. und 28. September 1905 (Schriften des Vereins für Socialpolitik 116). – Leipzig: Duncker & Humblot 1906 Verhandlungen VfSp 1909 Verhandlungen der Generalversammlung in Wien, 27., 28. und 29. Sept. 1909 (Schriften des Vereins für Socialpolitik 132). – Leipzig: Duncker & Humblot 1910 verm. vermehrte VfSp Verein für Sozialpolitik vgl., vergl. vergleiche Vol. Volume v. u. von unten W. Weber Weber, Marianne, Weber, Marianne, Max Weber. Ein Lebensbild, 3. Aufl. – Tü Lebensbild3 bingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1984 (Nachdr. der 1. Aufl., ebd. 1926) Weber, Roscher und Weber, Max, Roscher und Knies und die logischen Probleme   Knies I, II, III der historischen Nationalökonomie [1. Artikel], in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, hg. von G. Schmoller, 27. Jg., Heft 4, 1903, S.  1–41 (= S.  1181–1221); dass., [2. Artikel] II. Knies und das Irrationalitätsproblem, ebd., 29. Jg., Heft 4, 1905, S.  89–150 (= S.  1323–1384); dass., [3. Artikel] II. Knies und das Irra­tio­ nalitätsproblem (Fortsetzung.), ebd., 30. Jg., Heft 1, 1906, S.  81–120 (MWG I/7). WS Wintersemester Z. Zeile z. B. zum Beispiel zit. zitiert z. T. zum Teil Ztg. Zeitung zw. zwischen

Einleitung

1. Kritik der Soziologie, S.  2. – 2. Methodologische Vorklärungen, S.  6. – 3. Grenznutzlehre, S.  13. – 4. „Energetische“ Kulturtheorien, S.  15. – 5. Simmel-Kritik, S.  17. – 6. Zwei Soziologentage: Diskussionsbeiträge, S.  3 4. – 7. Werturteilsfreiheit I, S.  3 9. – 8. Werturteilsfreiheit II, S.  4 4. – 9. Normative Ethik, S.  5 4. – 10. Ergänzendes, S.  5 8. – 11. Verstehende Soziologie, S.  6 0. – 12. Anstöße und Einflüsse, S.  77. – 13. Theorie, S.  8 4. – 14. Zur Anordnung und Edition, S.  91.

Der vorliegende Band der Max Weber-Gesamtausgabe (MWG) versammelt Texte höchst unterschiedlicher Art aus den Jahren 1908 bis 1917, die den Weg Max Webers in die Soziologie dokumentieren und erhellen. Die Einleitung wird diesen Weg am Leitfaden der Texte nachzeichnen. Dazu ist vorweg in gebotener Kürze die Ausgangslage zu beschreiben, von der der Weg seinen Anfang nimmt und bestimmt ist, und zwar zunächst (1.) in soziologiegeschichtlicher, dann (2.) in werkgeschichtlicher Hinsicht. Der erste der auffällig wenigen Verweise auf die Soziologie in Webers frühen methodologischen Schriften betrifft die sehr grundsätzliche Kritik Wilhelm Diltheys an den umfassenden Erklärungsansprüchen, die von Auguste Comte, Herbert Spencer und den von ihnen inspirierten Soziologen mit dieser neuen Wissenschaft verbunden wurden. Zur Information über „Diltheys Stellung zur ‚Soziologie‘“1 verweist Weber auf eine Abhandlung, in der Othmar Spann Diltheys Kritik eingehend darstellt und aus der Perspektive seiner eigenen Gesellschaftstheorie zurückweist.2 Dieser Seitenblick Webers auf die Soziologie spielt nur eine marginale Rolle im Zusammenhang der eingehenden Selbstprüfung und Selbstkritik, der er in seinen methodologischen Schriften die kultur- und sozialwissenschaftliche 1  Weber, Roscher und Knies II, S.  137, Fn.  1. 2 Spann, Othmar, Zur soziologischen Auseinandersetzung mit Wilhelm Dilthey, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 59 Jg., 1903, S.  193–222 (hinfort: Spann, Dilthey); in gekürzter Form in Spann, Wirtschaft und Gesellschaft, „hineinverarbeitet“ (ebd., S.  37). Ganz ebenso verfährt Weber wenig später (Weber, Roscher und Knies II, S.  138, Fn.  2), indem er zur Auseinandersetzung mit Georg Simmels Äußerungen über den „Gesellschaftsbegriff und die Aufgaben der Soziologie“ auf die neue­ste Abhandlung Spanns verweist: Spann, Othmar, Untersuchungen über den Gesellschaftsbegriff zur Einleitung in die Soziologie. Erster Teil: Zur Kritik des Gesellschaftsbegriffes der modernen Soziologie. Dritter Artikel: Die realistische Lösung, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 61.  Jg., 1905, S.  302–344, insbes. S.  311 ff. Dies geschieht ganz ungeachtet dessen, daß nicht Simmels, wohl aber Spanns „Gesellschaftsbegriff“ in die von Dilthey (und dann auch von Weber selbst) kritisierte Denktradition gehört.

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Erkenntnis unterzieht. Ganz offensichtlich ist dieser Klärungsprozeß also nicht auf einen Übergang zur Soziologie hin angelegt. Wohl aber werden darin wichtige Voraussetzungen für diesen Schritt für Schritt vollzogenen Übergang geschaffen. So bildet der Ertrag der methodologischen und begrifflich-theoretischen Analysen den zweiten und konstruktiven Teil der Wendung zur So­zio­logie.

1. Kritik der Soziologie In seiner Geschichte der Soziologie sagt Friedrich Jonas, in Deutschland sei die Soziologie aus einer „Kritik der soziologischen Erkenntnis“ hervorgegangen.3 Dies ist eine sehr richtige Beobachtung. Nach einer verbreiteten und auch gut begründeten Auffassung ist der originäre Entstehungs- und Motivationszusammenhang der Soziologie einer historischen Lage zuzuordnen, in der sich die Erfahrung einer „großen Krise“ (A. Comte) mit einem dieser Erfahrung entspringenden und sie zugleich verstärkenden Kritikbedürfnis verband. Nach Friedrich Jonas folgte auf diese erste Phase eine zweite, in der diese mit größter Entschiedenheit, höchstem Anspruch und beträchtlicher Wirkung begründete Soziologie auf eine ebenso entschiedene Ablehnung traf – und dies nicht nur bei den in ihrer angestammten Sicht- und Erklärungsweise herausgeforderten Wissenschaften, etwa der Philosophie und der Geschichtswissenschaft. Schärfste und ganz prinzipielle Ablehnung erfuhr sie vielmehr auf Seiten dezidiert empirisch, in einem theoretischen Bezugsrahmen und außerordentlich produktiv arbeitender Forscher, die in der Gesellschaft bzw. der sozialen Wirklichkeit ihr spezifisches Untersuchungs- und Erklärungsfeld sahen. Gerade sie hätten allen Grund haben können, sich als Soziologen und damit als Protagonisten der „scientia scientiarum“4 zu verstehen, oder, wie Franz Oppenheimer es noch 1909 sah, mit ihr zumindest auf dem „Herrenthron der Geisteswissenschaften“ zu sitzen.5 Eine prinzipielle Weigerung, dieses Angebot anzunehmen, findet sich nicht nur in den deutschsprachigen Sozialwissenschaften des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, ist bei ihnen aber doch besonders

3  Jonas, Friedrich, Geschichte der Soziologie, Band IV. – Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1969, S.  7 (hinfort: Jonas, Soziologie); vgl. Wolf Lepenies: „In Deutschland beförderten die Anti-Soziologen die Soziologie“ (ders., Die drei Kulturen. Soziologie zwischen Literatur und Wissenschaft. – München: Hanser 1985, S.  310). 4  Wie Lester F. Ward, Reine Soziologie. Eine Abhandlung über den Ursprung und die spontane Entwicklung der Gesellschaft, 2 Bde. – Innsbruck: Wagner 1907 (hier zit. nach Jonas, Soziologie (wie oben, Anm.  3), S.  116), sie allen Ernstes nannte. 5 Zit. nach Stölting, Erhard, Akademische Soziologie in der Weimarer Republik. – Berlin: Duncker & Humblot 1986, S.  5 6.

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stark und bestimmend. Eben deshalb konnte Jonas mit gutem Grund behaupten, die Soziologie sei hier als eine Kritik soziologischer Erkenntnis begründet und in einer konzertierten Aktion herausragender Gelehrter auf den Weg gebracht worden. In diesem wissenschaftsgeschichtlichen Zusammenhang spielt Wilhelm Diltheys Einleitung in die Geisteswissenschaften (1883) 6 – „der erste groß angelegte Entwurf einer Logik des nicht naturwissenschaftlichen Erkennens“7 – eine herausragende und auch für Max Weber sehr wichtige Rolle. „Wir stehen an der Grenze der bisher zur Ausbildung gelangten Einzelwissenschaften“, sagt Wilhelm Dilthey in dieser Einleitung,8 die den Untertitel Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte trägt. Gemeint ist die Grenze der Möglichkeiten derjenigen Einzelwissenschaften, die sich aus je eigener Perspektive der Erforschung der „geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit“ resp. „der Gesellschaft“ (ein auch von Dilthey durchgehend und im gleichen Sinne verwendeter Begriff) widmen. Gemeint ist aber zugleich eine Beschränkung, mit der die Selbstbesinnung geschichtlich handelnder Menschen sich nicht zufrieden geben und abfinden kann. Die von Comte u. a. der Soziologie zugewiesene Aufgabe ist also auch für Dilthey unabweisbar und von großer Dringlichkeit, doch ist sie weder auf herkömmliche Weise, in der Form einer materialen Geschichtsphilosophie, noch auf streng erfahrungswissenschaftliche Weise, also vermittels der Soziologie als Überwissenschaft, zu bewältigen. Der geschichtsphilosophischen Lösung steht nicht weniger als die historische Forschung entgegen, sofern sie die Vorstellung, daß es eine sinnvoll geordnete und voranschreitende, ihrer Vollendung zustrebende Geschichte gebe, als unhaltbar erwiesen habe, der soziologischen, daß sich das Ganze geschichtlich-gesellschaftlicher Wirklichkeiten jeder empirischen Beschreibung und Erklärung entziehe: „Philosophie der Geschichte und Sociologie sind keine wirklichen Wissenschaften“.9 Die einzige Möglichkeit, die große Aufgabe – die Erhellung des „Ganzen der geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit“10 – zu bewältigen, besteht nach Dilthey im Rückgang in den einen und selben Erkenntnis-Grund aller empirischen „Einzelwissenschaften der Gesellschaft“11 resp. des „geschichtlich-gesellschaftlichen Lebens“, also in der Form der Erkenntnistheorie. Diese 6  Dilthey, Wilhelm, Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und Geschichte, Erster Band. – Leipzig: Duncker & Humblot 1883 (hinfort: Dilthey, Einleitung, 1883). 7  Weber, Roscher und Knies II, S.  9 0. 8  Dilthey, Einleitung, 1883 (wie oben, Anm.  6), S.  108. 9  Ebd., S.  108. 10  Ebd., S.  110. 11  Ebd., S.  X V u. ö.

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hätte, zwar „in philosophischer Absicht“,12 aber im Durchgang durch die ungeheure Fülle der historischen Erfahrung und am Leitfaden der Begriffe einer „beschreibenden und zergliedernden“ Psychologie zu den „allgemein­ sten Eigenschaften der menschlichen Natur“,13 dem „ganzen Menschen“ als „wollend fühlend vorstellendem“ Wesen14 bzw. den der „inneren Erfahrung“ zugänglichen elementaren „Tatsachen des Bewußtseins“15 vorzustoßen. Diltheys Versuch, den gesuchten Einheitsgrund in einer „logischen Kon­ stitution des Zusammenhangs der Wissenschaften vom Menschen, der Gesellschaft und der Kultur“16 zu finden, ging weit über Max Webers Inten­ tionen hinaus. Damit hängt zusammen, daß er es sehr früh unterließ, die zur Frage stehenden Wissenschaften als „Geisteswissenschaften“ zu bezeichnen; die umfassenden, auf die Erschließung der „Totalität“ des Lebens zielenden Vorstellungen, die Dilthey mit dem „Verstehen“ verband, teilte er durchaus nicht.17 Diltheys prinzipielle Kritik der „gigantischen Traumidee“18 dagegen, die Comte und viele andere neben und nach ihm mit der Soziologie verbanden, war auch die seine.19 Das hat gewiß wesentlich dazu beigetragen, daß er 12  Ebd., S.  115. 13  Ebd., S.  111. 14  Ebd., S.  XVIIIf. 15  Ebd., S.  XVI. 16  Dilthey, Wilhelm, Die Wissenschaften vom Menschen, der Gesellschaft und der Geschichte. Vorarbeiten zur Einleitung in die Geisteswissenschaften (1865–1880) (ders., Gesammelte Schriften, Band 28). – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977, S.  64. 17  Die Anerkennung der Bedeutung Diltheys für die Verstehensproblematik verbindet Weber, Roscher und Knies II, S.  130 f., mit dem ausdrücklichen Verzicht, darauf, wie auf Diltheys Beiträge zu einer „Theorie des ‚Verstehens‘“, näher einzugehen, weil man dabei zu leicht „ins Bodenlose“ gerate (ebd., S.  137). Das hält ihn nicht davon ab, auf drei in dieser Hinsicht beachtenswerte Abhandlungen Diltheys zu verweisen: Zur Entstehung der Hermeneutik, in: Philosophische Abhandlungen. Christoph Sigwart zu seinem 70. Geburtstage 28. März 1900. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1900, S.  185–202; Beiträge zum Studium der Individualität. Vorgetragen am 25. April 1895, in: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Jg. 1896, 1. Halbband: Januar bis Juni, Stück XIII. – Berlin: Verlag der Königlichen Akademie der Wissenschaften 1896, S.  2 95–335, und Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften. Vorgetragen am 2. März 1905, in: ebd., Jg. 1905, 1. Halbband: Januar bis Juni, Stück XIV, ebd., 1905, S.  322–343. Auf die erstgenannte bezieht er sich wenig später (Weber, Roscher und Knies II, S.  139, Fn.  2). – Dieselbe Sorge, ins erkenntnistheoretisch oder sogar metaphysisch „Bodenlose“ zu geraten und die methodologische Zielsetzung aus dem Auge zu verlieren, hält Weber auch von einer intensiveren Auseinandersetzung insbesondere mit Gottl und Simmel ab. 18  Dilthey, Einleitung, 1883 (wie oben, S.  3, Anm.  6), S.  108. 19 Spann, Dilthey (wie oben, S.  1, Anm.  2), auf dessen Abhandlung Weber, Roscher und Knies II, S.  137, Fn.  1, verweist, referiert diese Kritik sehr genau. Webers Zustimmung galt aber ebenso gewiß nicht dem „letzten Prinzip“, anhand dessen

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recht lange und ausdrücklich Distanz zu dieser neuen Wissenschaft gehalten hat.20 Im Zuge einer späteren Bearbeitung der Einleitung konnte sich Dilthey Spann die Soziologie über Diltheys Kritik hinaus zu führen beanspruchte. Daß Weber „Diltheys vernichtende Kritik an der Soziologie des 19. Jahrhunderts“ (Lichtblau, Klaus, Soziologie und Anti-Soziologie um 1900. Wilhelm Dilthey, Georg Simmel und Max Weber, in: Merz-Benz, Peter-Ulrich und Wagner, Gerhard (Hg.), Soziologie und Anti-Soziologie. Ein Diskurs und seine Rekonstruktion. – Konstanz: UVK Universitätsverlag 2001, S.  17–35, Zitat: S.  24) wahrgenommen und geteilt habe, heben auch Rossi, Pietro, Vom Historismus zur historischen Sozialwissenschaft (Heidelberger Max Weber-Vorlesungen 1985). – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987, S.  52 f., und Acham, Karl, Diltheys Bedeutung für die Soziologie, in: Scholz, Gunter (Hg.), Diltheys Werk und die Wissenschaften. Neue Aspekte. – Göttingen: V & R unipress 2013, S.  149–173 (hinfort: Acham, Bedeutung), hier S.  149 f., hervor. 20  Nicht in seinen frühen Publikationen, sondern in den Vorlesungen zur „Allgemeinen (‚theoretischen‘) Nationalökonomie“, die er viermal in Freiburg, zweimal in Heidelberg zu halten hat, bezieht sich Weber zum ersten Mal ausdrücklich auf die Soziologie. Das geschieht in dem Teil, der in dem für die Vorlesung erstellten und gedruckten „Grundriß“ (MWG III/1, S.  9 5 f.) und in den Vorlesungsnotizen (ebd., S.  3 64–370, hier S.  3 67 ff.) mit „Verhältnis der Wirtschaft zu den übrigen Kulturerscheinungen, insbesondere zu Recht und Staat“ überschrieben ist, außerdem in der „Einleitung“ (ebd., S.  191–193, wo es um die Verortung der Nationalökonomie im System der Wissenschaften geht). In dieser Passage (ebd., S.  3 68 f.) gibt Weber einen Überblick über die Etablierung der Soziologie durch Comte und Spencer und über ihre unterschiedlichen Ausprägungen bis zu Georg Simmel (Über sociale Differenzierung. Sociologische und psychologische Untersuchungen (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, Band 10, Heft 1). – Leipzig: Duncker & Humblot 1890; Das Problem der Sociologie, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirthschaft im Deutschen Reich, N. F., 18. Jg., 1894, S.  1301–1307) und auch, jedenfalls in den Literaturangaben zum „Grundriß“, zu Ferdinand Tönnies (Gemeinschaft und Gesellschaft, 1887). Webers Bemerkungen laufen auf die Feststellung hinaus, daß „noch keine Einigkeit über die Aufgaben der ‚Soziologie‘“ (ebd., S.  370) erreicht sei, daß es dazu im Rahmen der „wissenschaftl[ichen] Arbeitsteilung“ eines „Ausbau[s] neuer Methoden“ und der Erwartung „neue[r] Wahrheiten“ (vgl. auch ebd., S.  192 f.) bedürfe und daß die Soziologie deshalb so lange unmöglich resp. unergiebig sei, wie sie, am deutlichsten bei Comte, als allumfassende „Wiss[enschaft] vom menschl[ichen] Gemeinschafts-[...]Leben und dessen Phänomenen. Alles in einem Salat“ (ebd., S.  191), verstanden und beansprucht werde. – Weber begründet seine Zurückhaltung gegenüber der Soziologie demnach im Kern ganz ebenso, wie es Dilthey getan hatte. Bei seiner Hinwendung zur Soziologie im Umkreis der DGS-Gründung wird zunächst auch die – in den Vorlesungen wiederholt vorgebrachte – scharfe Unterscheidung von „erklärenden“ und „bewerthende[n]“ Urteilen (ebd., S.  195 f.; vgl. auch S.  123 und 566) sowie die Abgrenzung von naturwissenschaftlichen Erklärungsweisen in bevölkerungstheoretischen und biologisch-anthropologischen Konzeptionen (ebd., S.  9 3– 95, 323–344 und 347–362) im Vordergrund stehen. Bemerkenswert ist im übrigen, daß Weber in diesem Zusammenhang (ebd., S.  3 60) die Nationalökonomie und die „Geisteswissenschaften“ insgesamt insofern von den Naturwissenschaften absetzt, als sie auf das „Verstehen“ menschlichen Handelns abzielten. Weber verwendet hier einen wohl an Dilthey anschließenden, aber ganz unentwickelten Begriff des Verstehens (qua „nachempfinden“).

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die „Aussonderung“ eines als Soziologie zu bezeichnenden „wissenschaftlichen Gebietes“ (bzw. zurückhaltender: einer entsprechenden „Auffassungsweise“) vorstellen. Derartiges habe, so bemerkt er hier, Georg Simmel unternommen, und tatsächlich habe er selbst ja in der ursprünglichen Fassung der Einleitung mit der Abhebung der „äußeren Organisation der Gesellschaft“ eine Gebietsabgrenzung ähnlicher Art ins Auge gefaßt.21 Als „eine Methode, die von einem angenommenen Erklärungsprinzip aus möglichst viele Tatsachen ihrer Erklärung unterwirft“, sei die Soziologie „heuristisch nützlich“. Der „Name für eine Wissenschaft“ aber sei sie nicht.22 Diese nachträgliche Selbstinterpretation Diltheys ist plausibel, und deshalb ist es nicht ausgeschlossen, daß Weber auch bei der Ausarbeitung der eigenen Verstehenden Soziologie nicht nur von Simmels expliziter, sondern auch von Diltheys impliziter Soziologie23 zwar nicht ausdrücklich, aber doch erkennbar beeinflußt wurde.24

2. Methodologische Vorklärungen Unter den Einzelwissenschaften von der geschichtlich-gesellschaftlichen Welt hob Dilthey in seiner Einleitung drei hervor: die Geschichte, die Nationalökonomie und die Jurisprudenz. Es sind dies genau die, in denen sich Max Weber vornehmlich akademisch qualifiziert und schon in jungen Jahren als höchst eigenständiger und produktiver Forscher hervorgetan hatte. In Freiburg und bald darauf in Heidelberg wurde er auf Lehrstühle für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft berufen, und als Nationalökonom hat er sich seitdem und bis zu seinem Tode in erster Linie verstanden. Und auch seine ausgedehnte und geradezu obsessive Beschäftigung mit methodologischen Problemen, die ihn in den ersten Jahren nach der schweren Erkrankung so 21  Dilthey, Wilhelm, Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte (ders., Gesammelte Schriften, Band 1). – Leipzig und Berlin: Teubner 1922, S.  420 ff. 22  Ebd., S.  423. 23  Die Ordnungen der „äußeren Organisation“ der Gesellschaft (i.e.S.) bezeichnet Dilthey, Einleitung, 1883 (wie oben, S.  3, Anm.  6), S.  102 ff., 139, terminologisch als „Verbände“, die der Kultur (Religion, Wissenschaft, Kunst) als „Systeme“. Das elementare, diese Ordnungen schaffende und tragende Geschehen des „geschichtlich-gesellschaftlichen Lebens“ sind ihm „die psychophysischen Wechselwirkungen zwischen Individuen“. Das erste zeigt eine schwache Affinität zu Weber, das zweite eine deutliche, in den erwähnten Zusätzen zur Einleitung so auch festgestellte zu Simmel. 24  Über Diltheys Verhältnis zur Soziologie und seine nachwirkende Bedeutung vgl. Hahn, Alois, Verstehen bei Dilthey und Luhmann, in: Annali di Sociologia/Soziologisches Jahrbuch, 8. Jg., 1992, Nr.  1, S.  421–430, und Acham, Bedeutung (wie oben, S.  5, Anm.  19).

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außerordentlich beansprucht, setzt er mit Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie bei den Debatten über die Ziele und die Methodik nationalökonomischer Erkenntnis an.25 Von Anfang an aber hat Weber dabei die methodologischen Besonderheiten und Schwierigkeiten aller Wissenschaften im Blick, die sich der Erforschung der geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit in empirischer und kausal erklärender Absicht widmen, sich also weder auf die „hermeneutische“ Auslegung beschränken noch auf eine wissenschaftliche Begründung von „praktischen“ Wertsetzungen abzielen. Daß auch die von Weber später konzipierte und auf die Bahn gebrachte Verstehende Soziologie in den Umkreis dieser Wissenschaften gehört und darin gerade in methodologischer Hinsicht sogar eine systematisch wichtige Rolle spielt, wird sehr deutlich, wenn man diese vor-soziologischen (und in der erläuterten Hinsicht sogar anti-soziologischen) Abhandlungen rückblickend, aus der Perspektive der Verstehenden Soziologie und der mit ihr verfolgten Ziele, liest. Im Folgenden seien deshalb in knapper Form die hauptsächlichen Klarstellungen und Festlegungen genannt, in denen Webers Auseinandersetzung mit vorgegebenen Auffassungen26 resultierte: – Die empirische, insbesondere die auf kausale Erklärung abzielende Tatsachenforschung ist aus rein logischen Gründen außerstande, mit ausschließlich eigenen Mitteln (also ohne Rekurs auf entsprechende „normative“ Voraussetzungen) praktische, etwa moralische, politische oder rechtliche, Wertsetzungen zu begründen oder einen Streit zwischen solchen Wertsetzungen wissenschaftlich zu entscheiden. Aus denselben Gründen folgt die Unmöglichkeit, von Wertentscheidungen auf die empirische Geltung von Tatsachenurteilen zu schließen. 25 Vgl. die konzentrierte, sehr informationsreiche Beschreibung dieses ‚Methodenstreits‘ und seiner wichtigsten Protagonisten (nebst Überblick über die einschlägige ältere und neuere Forschung) in: Mommsen, Wolfgang J., Einleitung, in: MWG III/1, S.  1–51, hier S.  21–31. Zu Weber heißt es (ebd., S.  3 0 f.) zusammenfassend, er habe wie sein Freiburger Vorgänger Eugen von Philippovich die „abstrakte Theorie“ (Weber) durch eine „historische Betrachtungsweise ergänzen“ und damit „einer theoretisch angeleiteten historischen Nationalökonomie universalen Zuschnitts die Wege bahnen“ wollen. 26 Die Breite und Intensität der Auseinandersetzung Webers (von 1903 bis 1909, dem Gründungsjahr der DGS) mit den erkenntnistheoretischen und methodologischen (bzw. ‚logischen‘) Arbeiten anderer Autoren ist ohne Parallele. Eigene Abhandlungen widmet er Roscher und Knies, Eduard Meyer, Rudolf Stammler, Lujo Brentano und Wilhelm Ostwald, ausführlich und wiederholt erörtert er Argumentationen von Friedrich Gottl, Emil Lask, Johannes von Kries, Gustav Radbruch, Hugo Münsterberg, Wilhelm Wundt, Georg Simmel, Wilhelm Windelband und Heinrich ­Rickert, kaum überschaubar ist die Zahl der darüber hinaus in diese Selbstbesinnung einbezogenen Autoren und Schriften.

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Der Kern der Argumentation, die Weber später immer aufs Neue vorgetragen hat (mit aller Ausführlichkeit in den beiden Abhandlungen zur Werturteilsfreiheit), findet sich also, nach später „vielfach unreif“ genannten Ansätzen in der Antrittsrede,27 vollkommen klar formuliert schon zu Beginn seiner methodologischen Selbstbesinnung, die auch der – tatsächlich notwendigen – Selbstdisziplinierung diente. – Erfahrungswissenschaftliche Erkenntnis ist in keiner Weise zur Absicherung eines umfassenden und absoluten Wissens imstande. Die Möglichkeit eines metaphysischen, das Sein und das Sollen („empirisch Seiendes“ und „dogmatisch Seinsollende[s]“) 28 zugleich umfassenden und den „objektiven“ Sinn der Geschichte enthüllenden Wissens bleibt offen; Erfahrungswissenschaft hat darüber nicht zu befinden. – Naturalistischen (biologischen, des Näheren erbbiologischen, evolutionstheoretischen und hirnphysiologischen) Erklärungsansprüchen gegenüber haben die Sozial- und Kulturwissenschaften ihre Leistungsfähigkeit offensiv zu vertreten. Die mit solchen Erklärungsansprüchen regelmäßig verbundenen praktisch-politischen Postulate sind (s. o.) als wissenschaftlich unbegründet zurückzuweisen.29 – Die organologische resp. organizistische Auffassung und Deutung geschichtlich-gesellschaftlicher Einheiten (auch bei Roscher) entspricht, was die dabei verwendeten Begrifflichkeiten und Methoden angeht, den Anforderungen strikt empirischer Forschung ebenso wenig wie die damit einhergehenden „emanatistischen“30 Entwicklungstheorien. Die – auf ihre Art sehr eindrucksvolle – Hegelsche Geschichtsmetaphysik kann nicht erfahrungswissenschaftlich ‚aufgehoben‘ und womöglich sogar überboten werden.31 – Weniger voraussetzungsvoll, aber ebenfalls unhaltbar ist die Hypostasierung von „Kollektivbegriffen“, also das Verfahren, soziale Kollektive als unhintergehbare und aus sich selbst heraus wirkende Akteure zu betrachten und zu Erklärungszwecken zu beanspruchen.32 In diesem Zusammenhang findet sich schon sehr früh (so in Roscher und Knies 33 und in der Stammler-Kritik) 34 die für Webers Soziologie konstitutive Feststellung, daß unter dem Dasein resp. Bestehen sozialer Gruppen und Ordnungen aus empirischer (und nicht normativer, etwa juristischer) Sicht

27  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 67 mit Anm.  3 3. 28  Weber, Stammlers Überwindung, S.  131. 29  Weber, Roscher und Knies I, S.  10 f., 24 f., Fn.  5; dass. II, S.  9 0, 144 f. u. ö. 30  Weber, Roscher und Knies III, S.  119. 31  Weber, Roscher und Knies I, S.  15 ff., 41. 32  Weber, Roscher und Knies II, S.  133. 33 Ebd. 34  Weber, Stammlers Überwindung, S.  140, 146.

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nichts anderes verstanden werden könne als die „Chance“, daß ein entsprechend geregeltes „Zusammenhandeln“ stattfindet und beobachtbar ist. – Die geschichtlich-gesellschaftliche Wirklichkeit ist demnach als eine von menschlichem Handeln geschaffene, erhaltene und fortlaufend umgebildete aufzufassen und zu konzeptualisieren. Handeln aber läßt sich, bei hinreichend genauer und gründlicher Betrachtung und Bestimmung, nur einzelnen Akteuren zuschreiben.35 Das hier gemeinte Handeln bestimmt Weber als „verständliches Handeln“.36 Dabei nimmt er offenbar eine Formulierung Gottls 37 auf, indem er sich zugleich gegen dessen Gleichsetzung von „verständlich“ mit „logisch“ oder gar „vernünftig“ wendet: Auch ein von Affekten motiviertes Handeln sei durchaus nicht als solches der sinnhaften Verständlichkeit entzogen.38 Handeln ist, auch schon als je individuelles, ein Verhalten, das sich seinem subjektiven Sinn nach immer auch auf sich selbst bezieht. Diese sinn-vermittelte Selbstbezüglichkeit ist die Voraussetzung sozialen (seinem subjektiv gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogenen) Handelns – wie dieses die Voraussetzung aller höherstufigen, komplexeren Formen der Selbstbezüglichkeit ist. Das mit Verständlichkeit Gemeinte erläutert Weber, indem er schon in diesen frühen Schriften 39 von der „Kommunikabilität“ der zur Frage stehenden 35  Weber, Roscher und Knies II, S.  9 3 ff. 36  Weber, Roscher und Knies I, S.  145. 37  Friedrich Gottl wurde, ungeachtet prinzipieller Einwände, als Erkenntnistheoretiker und Methodologe – „einer der geistvollsten Methodologen“ (Brief Max Webers an Carl Neumann vom 3. Nov. 1906, MWG II/5, S.  174–176, hier S.  175) – von Weber sehr geschätzt, da er in ganz eigenständiger und ungewöhnlich gründlicher Weise der Frage nachging, wie sich im sozialwissenschaftlichen Erkennen das Idiographische mit dem Nomothetischen verbinde; vgl. die auf Webers Initiative hin im Archiv abgedruckte, dreiteilige Abhandlung: Gottl, Friedrich, Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung I. Umrisse einer Theorie des Individuellen, in: AfSSp, Band 23, 1906, S.  4 03–470; dass., II. Der Stoff der Sozialwissenschaft, ebd., Band 24, 1907, S.  2 65– 326; dass., III. Geschichte und Sozialwissenschaft, ebd., Band 28, 1909, S.  72–100 (hinfort: Gottl, Begriffsbildung I-III), und auch die darauf bezogenen, ausführlichen Briefe Webers an Gottl vom März und April 1906 (MWG II/5, S.  5 9 f., 62 f., 64–67, 69– 72, 78 f.); als zusammenhängende und eingehende Darstellung der Wissenschaftslehre Gottls und ihres Verhältnisses zur Weberschen vgl. Morikawa, Takemitsu, Handeln, Wissen und Welt. Zur Logik, Erkenntniskritik und Wissenschaftstheorie für Kulturwissenschaften bei Friedrich Gottl und Max Weber. – Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag 2001, ders., Friedrich Gottl und Max Weber. Von der Kritik der sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung zur Phänomenologie des Wirtschaftslebens, in: Wagner, Gerhard und Härpfer, Claudius (Hg.), Max Webers vergessene Zeitgenossen. Beiträge zur Genese der Wissenschaftslehre. – Wiesbaden: Harrassowitz 2016 (hinfort: Wagner/Härpfer, Webers vergessene Zeitgenossen), hier S.  193–212. 38  Weber, Roscher und Knies II, S.  146. 39  Weber, Roscher und Knies III, S.  9 5 f., Fn.  1, S.  9 9; vgl. dazu Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  149 f.

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Handlungsmotive und einer menschliches Handeln insgesamt kennzeichnenden „qualitativen Rationalität“40 spricht. Damit überschreitet er schon hier die Grenzen der im nationalökonomischen Kontext vor allem im Blick stehenden Zweck-(Mittel-)Rationalität (und einer entsprechenden „rationale[n] Konstruktion historischer Vorgänge“).41 – Die Wirklichkeit menschlichen Handelns erschließt sich dem sozial- und kulturwissenschaftlichen Erkennen über ein (Sinn-) „deutendes Verstehen“, das aber dem Zweck eines der Sache angemessenen kausalen Erklärens dient, und das kausale Erklären kann in diesen empirischen Wissenschaften nicht durch ein teleologisches ersetzt oder überboten werden. Deshalb richtet sich das Verstehen hier in der Hauptsache (aber keineswegs ausschließlich) auf die menschliches Handeln bestimmenden sinnhaften Motive. Von einem „psychologischen“ Verstehen zu sprechen, ist mißverständlich, da es nicht um psychische Gegebenheiten und Abläufe als solche geht, sondern um von diesen ermöglichte und getragene, aber je konkrete, „qualitative“, sinnhafte Inhalte. Das – auch damals (so auch gegenüber der Protestantischen Ethik) – beobachtbare Ausgreifen der Psychologie (als vermeintlicher „Grundwissenschaft“ allen menschlichen Verhaltens) auf diese Sphäre und darüber hinaus auf das Gebiet des „Weltanschaulichen“ qualifiziert Weber als „Psychologismus“.42

40  Weber, Roscher und Knies II, S.  114 f. 41  Ebd., S.  145. 42  Ebd., S.  6 3, Weber, Roscher und Knies III, S.  8 4 f. und S.  9 9, Fn.  1. – Dieser umfassende Anspruch gründet in der Vorstellung, daß geschichtlich-gesellschaftliche Handlungszusammenhänge und Entwicklungen sich in letzter Instanz von fundamentalen psychischen Faktoren und Gesetzmäßigkeiten (dieser oder jener Art) her erklären ließen. Im Blick auf diese Vorstellung als solche richtet sich Webers spätere Psychologismus-Kritik, so auch gegen Brentano wegen dessen Rekurses auf das Weber-Fechnersche Gesetz (Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 13. April 1909, MWG II/6, S.  9 3–96, hier S.  9 3; vgl. in diesem Zusammenhang: Weber, Roscher und Knies III, S.  107, Fn.  2) und gegen Eulenburgs „engen psychologistischen Standpunkt“ (Brief an Franz Eulenburg, nach dem 12. Juli 1909, MWG II/6, S.  172–175, hier S.  172). In einer methodologisch gewendeten, das Problem der (kulturwissenschaftlichen) Begriffsbildung betreffenden Weise formuliert Weber seine Kritik Gottl gegenüber: „Der Kern der Irrtümer Gottls“ entspringe der „allem Psychologismus so naheliegende[n] Verwechslung des psychologischen Hergangs bei der Entstehung sachlicher Erkenntnis mit dem logischen Wesen der Begriffe, in denen sie geformt “ werde (Weber, Roscher und Knies II, S.  142 f., Fn.  2). Selbst wenn es zur „Erkenntnis der Zusammenhänge des ‚Handelns‘ […] „psychologisch eigenartige[r] Wege“ bedürfe, stimme der „logische Charakter der Begriffe“ prinzipiell mit dem für alle Wissenschaften Geltenden überein. – Von „Psychologismus“ spricht Weber demnach, über die unterschiedlichen Verwendungsweisen des Terminus hinweg, dann, wenn die in den jeweiligen „Zusammenhängen des Handelns“ motivierend wirksamen Sinngehalte nicht klar von ihren psychischen Entstehungs- und Existenzbedingungen unterschie-

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Die wesentlichen Merkmale eines solchen sozial- und kulturwissenschaftlichen (also immer auch historischen) Verstehens sah Weber am besten bei Simmel entwickelt,43 bei dem allein er auch Ansätze zu einer „Theorie des Verstehens“ vorfand. Was die Abhebbarkeit der Sinngehalte von ihren psychischen Realisierungsbedingungen betrifft, verwies er vornehmlich auf Edmund Husserls Logische Untersuchungen. So hebt auch Gottl hervor, daß Weber in dieser Frage (der Frage nach dem „objektivierenden“ Charakter geschichtswissenschaftlichen Erkennens) ganz „im Geiste Husserls“ argumentiere; daß Weber auch ihm wie Wundt und Münsterberg Psychologismus vorwirft, weist er – zu Recht – zurück.44 – Die zur Frage stehenden Wissenschaften sind „Wirklichkeitswissenschaften“.45 Mit diesem von H. Rickert übernommenen Begriff wird, entgegen einer bis heute unter Soziologen anzutreffenden Meinung, ihr erfahrungswissenschaftlicher Charakter nicht so sehr bekräftigt als vielmehr problematisiert. Gemeint ist nämlich, daß diese Wissenschaften ihre Rückgebundenheit an das konkrete geschichtlich-gesellschaftliche Leben nicht hinter sich zu lassen, sondern bei der Entwicklung und Verwendung ihrer Begrifflichkeit und ihrer Methoden jederzeit zu bedenken und zu berücksichtigen haben. So bedeutet die Einsicht in den „idealtypischen“ Status von Begriffen und Theoremen,46 daß diese zwar der methodisch kontrollierten Beobachtung, Unterscheidung und Erklärung von geschichtlichen Wirklichkeiten dienen, dies aber so, daß sie ihre Distanz zu diesen Wirklichkeiten bewußt halten und zum Ausdruck bringen – und sich nicht in deren Subsumtion unter ein Allgemeines, Immergleiches oder Gesetzmäßiges bewähren. – Die Behauptung, daß das erfahrungswissenschaftliche Verstehen und Erklären historischer Abläufe und Gestalten eine prinzipielle Grenze an der Irrationalität resp., „positiv“ gewendet, Kreativität menschlichen Handelns finde, beruht in der Regel nicht auf einem gründlichen Durchdenken der Probleme und Begriffe. So ist es auch nicht sachgemäß, Freiheit, und zwar ausschließlich oder in der Hauptsache, mit Irrationalität und Kreativität zusammenzubringen.47

den, von diesen her vielmehr aufgefaßt und erklärt werden. Eben deshalb, so schreibt Weber später an Rickert (Brief vom 5. Nov. 1915, MWG II/9, S.  161–163, hier S.  163), sei Eduard Spranger ebenso wenig ein „einfacher ‚Psychologist‘ [...] wie sein Lehrer Dilthey“ – auch wenn beiden „der leidenschaftliche Drang nach Klarheit und die erkenntnistheoretische Sicherheit“ fehle. 43  Vgl. Simmel, Probleme 2, S.  27 ff. 44  Gottl, Begriffsbildung II (wie oben, S.  9, Anm.  37), S.  270. 45  Weber, Roscher und Knies I, S.  4, dass., III, S.  87; Weber, Objektivität, S.  4 6 ff. 46  Weber, Roscher und Knies II, S.  133, dass., III, S.  91 f., und vor allem Weber, Objektivität, S.  6 4 ff. 47  Weber, Roscher und Knies II, S.  91 ff., 110.

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Einige über diese Klarstellungen hinausgehende und auf die Soziologie vorausweisende Festlegungen finden sich in der Abhandlung Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, ebenso in dem von allen Herausgebern gemeinsam im ersten Heft der Neuen Folge des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik (1904) veröffentlichten Geleitwort. Mit dieser Neuen Folge verbinde sich eine Ausweitung des Problemhorizonts auf „die historische und theoretische Erkenntnis der allgemeinen Kulturbedeutung der kapitalistischen Entwicklung“,48 und das bedeute, daß über die Sozialökonomie hinaus mehrere „Nachbardisziplinen“ mitwirken müßten: so die allgemeine Staatslehre, die Rechtsphilosophie, die Sozialethik und die „gewöhnlich unter dem Namen Soziologie zusammengefaßten Untersuchungen“.49 Außerdem müsse sich der Schwerpunkt der Beiträge von der bloßen „Materialsammlung“ zu „wissenschaftlichen Synthese[n]“ verschieben, die einerseits von Seiten der Philosophie, andererseits vermittels „sozialer Theorie“50 bereitzustellen wären. Die von solchen „Theorien“ zu erbringenden „Synthesen“ werden dabei unterschiedlich bestimmt – als Systeme von „klare[n] Begriffe[n]“51 idealtypischen Charakters, aber auch als abstrakte Erklärungsmodelle (nach Art der „Grenznutztheorie“), die aber ebenfalls als idealtypische Konstruktionen zu verstehen seien 52 und nicht auf allgemeine „Gesetze und ihre Ordnung in generellen Begriffen“ abzielten.53 Besondere Beachtung verdient im gegebenen Zusammenhang, daß Weber in der programmatischen Abhandlung über die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis sehr dezidiert feststellt, eine „allgemeine Sozialwissenschaft“ könne es nicht geben.54 Dabei schließt er an das an, was er zuvor über den – nicht nur ökonomisch bedingte, sondern auch 48  Jaffé, Edgar, Sombart, Werner, Weber, Max, Geleitwort, in: AfSSp, Band 19, Heft 1, 1904, S.  I –VII (hinfort: Jaffé, Sombart, Weber, Geleitwort; MWG I/7), Zitat: S.  V, Hervorhebung im Original. In der Abhandlung wird diese Aufgabe allgemeiner und zugleich enger beschrieben, nämlich als „wissenschaftliche Erforschung der allgemeinen Kulturbedeutung der sozial-ökonomischen Struktur des menschlichen Gemeinschaftslebens und seiner historischen Organisationsformen“ (Weber, Objektivität, S.  4 0). 49  Jaffé, Sombart, Weber, Geleitwort (wie oben, Anm.  4 8), S. V. 50  Ebd., S.  VI. 51 Ebd. 52  Dazu Weber, Objektivität, S.  6 4 ff. 53  Ebd., S.  51, vgl. S.  5 4 f. 54  Vgl. dazu vor allem: Kim, Duk-Yung, Georg Simmel und Max Weber. Über zwei Entwicklungswege der Soziologie. – Opladen: Leske + Budrich 2002, S.  8 6 ff., sowie Ghosh, Peter, Max Weber and The Protestant Ethic: Twin Histories. – Oxford: Oxford University Press 2014, S.  4 5, 133. Weber hat diese Auffassung nie revidiert, und so wäre auch die Verstehende Soziologie sehr mißverstanden, wenn man darin eine „allgemeine Soziwissenschaft“ sähe. Wegen der Geschichtlichkeit ihres Gegenstandes und ihrer Erkenntnisinteressen bedarf auch sie bei der „Auswahl und Formung“ ihrer Untersuchungsobjekte der Beziehung auf – materiale und historisch wandelbare – „Kulturwerte“.

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ökonomisch relevante (etwa religiöse) Erscheinungen umfassenden – Problembereich der „Sozialökonomik“ gesagt hatte.55 Wie hier, so ergebe sich aus dem „Gesichtspunkt des ‚Sozialen‘ [sic; J.W.], also der Beziehung zwischen Menschen“ nur dann eine zur Abgrenzung wissenschaftlicher Probleme ausreichende Bestimmtheit, wenn dieser Gesichtspunkt mit „irgend einem speziellen inhaltlichen Prädikat“56 versehen werde.57 Weder tauge die lange Zeit grenzenlos überschätzte, eben darum inzwischen vielfach unterschätzte „ökonomische Interpretation des Geschichtlichen“ als allgemeine Sozialwissenschaft, noch lasse sich eine solche auf irgendeine andere Weise konzipieren und betreiben.58

3. Grenznutzlehre Wie schon in seinen Vorlesungen zur theoretischen Nationalökonomie 59 zeigte sich Weber auch in seinen Abhandlungen zum ‚Methodenstreit‘ von der Möglichkeit und Unverzichtbarkeit begrifflich-theoretischer Abstraktion (nach Art des homo oeconomicus im allgemeinen, der Grenznutzlehre im besonderen) in den Wissenschaften von der geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit überzeugt. Zugleich trat er allen Bestrebungen entgegen, solche 55  Weber, Objektivität, S.  3 6 ff., Zitat: S.  41. 56  Ebd., S.  41. 57  „Es ist nun kein Zufall, daß der Begriff des ‚Sozialen‘, der einen ganz allgemeinen Sinn zu haben scheint, sobald man ihn auf seine Verwendung hin kontrolliert, stets eine durchaus besondere, spezifisch gefärbte, wenn auch meist unbestimmte, Bedeutung an sich trägt; das ‚[A]llgemeine‘ beruht bei ihm tatsächlich in nichts anderem als eben in seiner Unbestimmtheit. Er bietet eben, wenn man ihn in seiner ‚allgemeinen‘ Bedeutung nimmt, keinerlei spezifische Gesichtspunkte, unter denen man die Bedeutung bestimmter Kulturelemente beleuchten könnte“ (ebd., S.  41 f.). 58 Ebd., S.  43. Die materialistische „Geschichtsdeutung“ nimmt zwar die Gesellschaft als qualitativ (eben ökonomisch) bestimmte in den Blick, vermag deshalb auch vieles angemessen zu erklären, dies aber um den Preis, daß alle übrigen sinnhaften Bestimmungen (die religiöse, die philosophisch-ideologische, die rechtliche, moralische, ästhetische etc.) nur als aus dieser abgeleitet und „in letzter Instanz“ wirkungslos betrachtet werden. In der – selbst für Webersche Verhältnisse – überaus scharfen Kritik an Rudolf Stammlers – als Vollendung gemeinter – „Überwindung“ der materialistischen Geschichtsauffassung ironisiert Weber, Stammlers Überwindung, S.  2 94 ff., das Vorhaben, indem er ihm eine rein „spiritualistische“, ausschließlich mit sozial-religiösen Letztursachen operierende allgemeine Sozialwissenschaft entgegenstellt. 59  Vgl. dazu Weber, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, mit der Einleitung von Wolfgang J. Mommsen, insbesondere S.  21–31; außerdem Kim, Duk-Yung, Max Weber und die Grenznutzenschule um Carl Menger. Zur Bedeutung der theoretischen Nationalökonomie für die Soziologieentwicklung, in: Sociologia Internationalis, Band 34, Heft 1, 1996, S.  41–66 (hinfort: Kim, Grenznutzenschule) und Mommsen, Wolfgang J., Max Weber als Nationalökonom. Von der theoretischen Na­ tio­nal­ökonomie zur Kulturwissenschaft, in: ebd., Band 42, Heft 1, 2004, S.  3 –36.

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Formen der Generalisierung durch Rekurs auf psychologische oder sogar psychophysische Theorien noch zu überbieten, weil damit sinnhaftes Verhalten nicht tiefer erfaßt, sondern im Ansatz verfehlt werde. Beides, die Vorstellung eines zwar begrenzten, aber doch unverzichtbaren methodischen Nutzens zweckrationaler Handlungs-Modelle ebenso wie die Ablehnung der Psychologie als „Grundwissenschaft“ wird Weber in die Soziologie als eine der Ökonomie besonders affinen Handlungslehre übernehmen. Zwar ist, wenn Weber in der Besprechung von Brentanos Abhandlung von „unsere[r] Disziplin“ spricht,60 die Nationalökonomie gemeint. Doch geht seine Argumentation über eine solche nach Gegenstand und Selbstzuordnung fachspezifische Perspektive hinaus: Generell gilt für ihn, daß bestimmte Einzelwissenschaften weder ihre Grundbegriffe noch ihre grundlegenden theo­ retischen Annahmen von anderen Einzelwissenschaften übernehmen können. So führt es nach Weber in die Irre, als Kultur- und Sozialwissenschaftler bei naturwissenschaftlichen oder naturwissenschaftlich verfahrenden Disziplinen Anschluß zu suchen – so wie es beispielsweise Lujo Brentano tat, indem er die Grenznutzlehre in der Ökonomie mit dem, „psychophysischen Grundgesetz[es]“61 zu fundieren suchte. Was Weber vom Standpunkt der ökonomischen Theorie gegen einen derartigen Rekurs auf die Erklärungs­ ebene der Psychophysik – und der Psychologie überhaupt – vorbringt, betrifft aus seiner Sicht alle die geschichtlich-gesellschaftliche Wirklichkeiten erforschenden Wissenschaften. Die Grenznutzlehre hat es wie die Nationalökonomie überhaupt mit dem Handeln von Menschen zu tun. Handeln aber ergibt und erklärt sich aus je bestimmten Wahrnehmungen, Erfahrungen, Bedürfnissen und Wertsetzungen, der Orientierung an „Vorausberechnung“ und Zweckmäßigkeit. Die relative Wichtigkeit oder Dringlichkeit konkurrierender Bedürfnisse ist keine Funktion allgemeiner psychischer oder psychophysischer Gesetze, sondern der „Bedeutung“ (sic), die ihnen von den Handelnden beigelegt werden: „Diese ‚Bedeutung‘ ist nun ersichtlich nicht etwa mit einer durch physischen ‚Reiz‘ erzeugten ‚Empfindung‘ identisch“,62 und sie ist nicht wie diese erfaßbar und meßbar, sondern zu „verstehen“ (sic).63 Immer aufs Neue und nachdrücklich betont Weber,64 daß solches Verstehen wie alles wissenschaftliche Erkenntnisstreben aus der „Alltagserfahrung“ erwächst. Tatsächlich beruhe, so bemerkt er, darauf das „Existenzrecht“ „aller 60  Weber, Grenznutzlehre, unten, S.  122. 61  Ebd., unten, S.  130. 62  Ebd., unten, S.  123. 63  Ebd., unten, S.  127, vgl. S.  120. So bilde die „Geltung der logarithmischen Linie der Psychophysiker“ keineswegs die Grundlage für die „Sätze“ der ökonomischen Theorie, „ohne die sie nicht verständlich“ seien. Auch hier heißt „verständlich“: dem (sinnhaften) Verstehen zugänglich, in ihm gründend. 64  Ebd., unten, S.  122 f.

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empirischen Einzeldisziplinen“, doch „überwinde“ und „sublimiere“ jede von ihnen die Alltagserfahrung „in anderer Weise und nach anderer Richtung“.65 Die unterscheidende und zentrale Bedeutung, die dem „Verstehen“ in dieser Hinsicht, also etwa hinsichtlich der „Begriffsbildungsprobleme, soweit sie auf unserem Wissensgebiet liegen“,66 zukommt, wird in dieser Abhandlung nicht erörtert, auf die genau darauf gerichteten Bemühungen von Friedrich Gottl und Othmar Spann nur verwiesen.67 In der nachfolgenden Auseinandersetzung mit Wilhelm Ostwalds „energetischer“ Theorie der Kultur kommt Weber auf die Problematik zurück.

4. „Energetische“ Kulturtheorien Wie die Brentano-Rezension entstand auch die Auseinandersetzung mit den „energetischen“ Kulturtheorien im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Webers Engagement für die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und ihre erste Tagung. Auch hier ist, wenn Weber resümierend vom Nutzen der „energetischen Betrachtungsweise“ für „unsere Disziplin“ spricht,68 weiterhin die Ökonomie gemeint, und fast alle kritischen Argumente, die er gegen Ostwalds „energetische“ Grundlagen der Kulturwissenschaft vorbringt, hatte er nach dem oben Dargelegten im Kern schon vertreten, als er sich auf Distanz zur Soziologie als einer Disziplin eigenen Rechts gehalten hatte. Ostwald aber schließt, wie Weber bemerkt, „in hohem Maße“69 an die Bestrebungen des von Ernest Solvay gegründeten „Institut de Sociologie (Institut Solvay)“ an, in einer am „Comtismus und Queteletismus“ orientierten Weise eine „(vermeintlich) ‚exakte‘ soziologische Methode“70 und damit die Soziologie überhaupt als strenge Wissenschaft auf dem Felde der kulturwissenschaftlichen Forschung zu etablieren. Den damit verbundenen sehr weitreichenden kognitiven, aber auch sozial- und bildungspolitischen Ansprüchen begegnet Weber nicht, indem er sie der Soziologie als solcher zurechnet, sondern, ganz im Gegenteil, mit dem konfrontiert, was diese neue Disziplin zu leisten bestimmt sei. So unternimmt er es – vor allem in der ins Einzelne gehenden ersten Fußnote71 – zu zeigen, welche „Wechselbälge“ sich ergeben, „wenn rein naturwissenschaftlich geschulte Technologen die

65  Ebd., unten, S.  127. 66  Ebd., unten, S.  132. 67  Ebd., unten, S.  133 mit Anm.  3 4 und 35. 68  Weber, Kulturtheorien, unten, S.  179. 69  Ebd., unten, S.  150. 70  Ebd., unten, S.  150 f. 71  Ebd., unten, S.  151–155, Fn.  1.

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‚Soziologie‘ vergewaltigen“,72 wie wenig sachgemäß und genau also eine Soziologie ist, die „mit energetischen Formeln auskommen muß“.73 Die für die „energetische Betrachtungsweise“ wie für jeden „Naturalismus“74 charakteristische „Vermengung von Werturteilen und empirischer Wissenschaft“75 verrät nach Weber nicht nur einen prinzipiellen Mangel an methodologischer Reflexion. Sie habe auch eine völlig inadäquate, auf energetische Nut­zen­ erwägungen reduzierte Auffassung der eigentümlichen Wirklichkeiten und Wirksamkeiten – „Gesellschaft“,76 „Vergesellschaftung“,77 „(soziale) Vergesellschaftung“,78 „soziale Eigenschaften“79 –, die den spezifischen Gegenstands- und Erklärungsbereich der Soziologie ausmachten. Nur ihre Erforschung könne über die Entstehungsbedingungen und über den sozialen (oder ökonomischen) Nutzen und Nachteil von energetischem „Güteverhältnis“ und „Energiebilanzen“80 im Besonderen, „technologische[r] Ideale“81 im Allgemeinen aufklären. Ostwalds Programm einer Soziologie auf energetischer Grundlage nimmt Weber demnach nicht zum Anlaß, sich noch deutlicher als zuvor von jedem mit diesem – unglücklichen, vieldeutigen und seit Comte mit den überschwänglichsten Ansprüchen verbundenen – Namen belegten Unternehmen zu distanzieren. Vielmehr sieht er sich durch Ostwalds Programm herausgefordert, diesem Vorhaben eine eigene Bedeutung und Aufgabe im Zusammenhang der Kultur- und Sozialwissenschaften zuzuweisen. Derart läßt Weber, von der Fragment gebliebenen und nicht veröffentlichten Simmel-Kritik abgesehen,82 in seiner Auseinandersetzung mit der energetischen Konzeption zum ersten Mal einen eigenen, obzwar nicht explizierten Begriff von Soziologie erkennen. Wenig später, im Umkreis der Gründung der DGS und der beiden ersten Soziologentage, wird er wesentliche Bestimmungsmerkmale dieses Begriffs programmatisch und ausdrücklich ins Spiel bringen, um sie dann im Kategorienaufsatz in einer ersten und im Kern gültig bleibenden Form im Zusammenhang zu entwickeln. Nicht speziell auf die Soziologie bezogen, sie aber doch wesentlich betreffend, ist Webers scharfe Ablehnung der von Ostwald modifiziert übernom-

72  Ebd., unten, S.  151. 73  Ebd., unten, S.  153, Fn.  1. 74  Ebd., unten, S.  179 und 181. 75  Ebd., unten, S.  175. 76  Ebd., unten, S.  172. 77  Ebd., unten, S.  168. 78  Ebd., unten, S.  150. 79  Ebd., unten, S.  177. 80  Ebd., unten, S.  169. 81  Ebd., unten, S.  178. 82  Weber, Simmel, unten, S.  101–110. Dazu Kap.  5 dieser Einleitung, unten, S.  17–34.

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menen „Comtesche[n] Hierarchie der Wissenschaften“,83 aus der sich die Forderung der die für alle Wissenschaften maßgeblichen Bedeutung der „allgemeinsten“, d. h. physikalischen Begrifflichkeiten ergebe. Weber weist diese Forderung – wiederum – speziell für die ökonomische Theorie (als „Inbegriff gewisser hypothetischer, ‚idealtypischer‘ Lehrsätze“) zurück,84 und zwar auch im Blick auf deren Fundierung durch die Psychologie 85 – die in Comtes „Hierarchie“ allerdings nicht vorkommt.86 Alle Wissenschaften, so bemerkt Weber, verfolgten „gänzlich verschiedene Erkenntnisziele“, und wie die Natio­ nalökonomie so gehe auch jede andere Wissenschaft von „gewissen unmittelbaren Alltagserfahrungen“ aus, um sie unter „ganz verschiedenen gänzlich selbständigen Gesichtspunkten“ zu „sublimieren und [zu] bearbeiten“.87 Die Frage, wie sich das für die Soziologie, also für deren „gänzlich selbständige“ Zielsetzung und Rückbindung an „gewisse unmittelbare Alltagserfahrungen“, darstellt, läßt Weber in der Ostwald-Kritik unerörtert, und sie bleibt auch im Zuge der Ausarbeitung der Verstehenden Soziologie unbeantwortet.

5. Simmel-Kritik Im Unterschied zur Nationalökonomie, Geschichtswissenschaft, Psychologie und Philosophie kommt die Soziologie mit ihren spezifischen Erkenntnisproblemen in Webers frühen methodologischen Schriften nur ganz am Rande vor,88 und in der Stammler-Kritik heißt das umstrittene, vornehmlich in seinem 83  Weber, Kulturtheorien, unten, S.  162. 84  Ebd., unten, S.  162 f. 85  Ebd., unten, S.  165 f. 86  Eine eingehende Lektüre verrät Webers Handexemplar von Comte, Auguste, Der Positivismus in seinem Wesen und seiner Bedeutung. – Leipzig: R. Reisland 1894 (Diözesanbibliothek Aachen). Dabei handelt es sich um eine Übersetzung des „Discours préliminaire sur l’ensemble du Positivisme“ (zuerst 1848). 87  Weber, Kulturtheorien, unten, S.  164. Hier genau liegt der Einsatzpunkt von Gottl, Herrschaft des Worts, wie der im Archiv veröffentlichten großen Abhandlung Gottl, Begriffsbildung I-III (wie oben, S.  9, Anm.  37). 88  Nur dreimal spricht Weber in seinen frühen methodologischen Schriften von ‚Soziologen‘ (Weber, Roscher und Knies II, S.  9 5), „so vielen modernen ‚Soziologen‘“ (Weber, Roscher und Knies I, S.  11) resp. „manchen ‚Soziologen‘“ (Weber, Roscher und Knies II, S.  100, Fn.  1), dies immer in Anführungszeichen und nur, um ihnen einen Mangel an methodologischer Klarheit vorzuhalten: hinsichtlich einer eigenständigen Erkenntnisbedeutung des historisch Individuellen (indem das Wesentliche mit dem Wiederkehrenden gleichgesetzt, „Massenerscheinungen“ als per se nicht-individuell betrachtet würden) sowie wegen der Annahme, „qualitative Veränderungen“ psychischer Art ließen sich nicht „wertfrei“ analysieren. Weber schreibt diesen ‚Soziologen‘ also die Beschränkung auf ein nomothetisches Erkenntnisinteresse und, in Verbindung damit, auf quantifizierbare Erkenntnisgegenstände zu. – Der erste Kritikpunkt findet sich in ähnlicher Form auch noch in „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“

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Verhältnis zur Rechtswissenschaft erörterte Forschungsgebiet nicht Soziologie, sondern (allgemeine) Sozialwissenschaft. Dem entspricht es, daß Weber, was Diltheys Verhältnis zur Soziologie betrifft, fürs erste auf eine einschlägige Abhandlung Othmar Spanns verwiesen und sich auf dieselbe Weise jeder eigenen Beschäftigung mit der Soziologie Georg Simmels enthalten hatte: Spanns einschlägiger Aufsatz informiere über die „in seinen verschiedenen Schriften verstreute[n] Äußerungen“ Georg Simmels über „den Gesellschaftsbegriff und die Aufgaben der Soziologie“,89 und er enthalte überdies Wichtiges zu einer – offenbar die Erkenntnis- und Geschichtstheorie Simmels insgesamt betreffenden – „logischen Kritik“. Von ihm selbst, sagt Weber, sei an gegebener Stelle eine „systematische Kritik von Simmels Standpunkt [...] nicht beabsichtigt“, doch stellt er eine „wohl im Jaffé-Braunschen Archiv“ zu veröffentlichende Abhandlung über Simmel in Aussicht, in der er auf „manche seiner, wie immer, sachlich feinen und künstlerisch geformten Thesen“ zurückkommen werde.90 (1908/09; in: MWG I/11, S.  162–380), wo sich Weber an zwei Stellen, beide Mal kritisch, „den Soziologen“ zuwendet. Der bei diesen „häufige Mißbrauch, alle (hypothetischen) Determinanten der konkreten Qualität eines Individuums glatt unter ‚Anlage‘ und ‚Milieu‘ aufzuteilen“, sei für die „Förderung der Arbeit äußerst wenig vorteilhaft“ (ebd., S.  3 65). Der „Milieu“-Begriff sei, wenn damit „konstante“, „universell verbreitete“ und deshalb „auf das ihnen zugehörige Individuum einwirkende Zuständlichkeiten“ gemeint seien, „offenbar gänzlich nichtssagend“ (ebd., S.  3 65 f.). Mit dem Begriff der „Anlage“ stehe es anders, „aber für unsre Zwecke dennoch ähnlich bedenklich“ (ebd., S.  3 66). Ohne Berücksichtigung der „individuellen Differenzen“ resp. der „individuellen Eigenart“ der Arbeiter (ebd., S.  3 63 f.) kann es für Weber keine sachadäquaten Kausalerklärungen geben. Das „individuelle Lebensschicksal“ sei entscheidend – „dies, und nicht der verschwommene Milieu-Begriff, ist der ‚Anlage‘ entgegenzusetzen“ (ebd., S.  364). Auch die Soziologie bedarf demnach einer „idiographischen“ Perspektive (vgl. Schluchter, Einleitung, ebd., S.  5 6), und zwar auf der Basis einer – damit keineswegs in eins zu setzenden – dezidiert „individualistischen“ Auffassung menschlichen Handelns. – Hier ergibt sich ein interessanter, aber sehr klärungsbedürftiger Bezug zu dem, was Weber in den Soziologischen Grundbegriffen (MWG I/23, S.  166) sagen wird: Man müsse wissen, was z. B. ein „König“, „Beamter“ etc. seinem „typischen“ Handeln nach „leistet “, um zu wissen, worauf sich die „Analyse“ – als „wichtig“ – zu richten habe (die Bemerkung, es gehe hier um „Wertbezogenheit“ i. S.  Rickerts, verrät, wie wenig genau Weber es damit inzwischen nimmt). Erst so komme es zu dem, „was das soziologische Verstehen des Handelns von typisch differenzierten einzelnen Menschen (und: nur bei den Menschen) leisten kann und also: soll“ (ebd., S.  167). Mit dem „ungeheure[n] Mißverständnis“, „als ob eine ‚individualistische‘ Methode eine (in irgendeinem möglichen Sinne) individualistische Wertung bedeute“ (ebd.), habe das alles nichts zu tun. – Die hier von Weber angeführten ‚Soziologen‘ sind für die Entwicklung seines Begriffs der Soziologie also ex negativo wichtig und insofern Stammler vergleichbar, auch wenn dieser sich nicht als Soziologe ausgibt und von Weber auch zunächst nicht vom Standpunkt der (seiner) Soziologie (sondern eben: der empirischen Sozialwissenschaft) aus kritisiert wird. 89  Weber, Roscher und Knies II, S.  138, Fn.  2. 90  Ebd., S.  143, Fn.  1.

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Dieser Absicht verdankt sich offenbar der Fragment gebliebene Text Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft.91 Es ist unsicher, wann Weber mit seiner Niederschrift begann. Nach der Quellenlage spricht aber alles dafür, daß er zu diesem Zweck zunächst die 1908 erschienene „große Soziologie“ Simmels gründlich studierte und exzerpierte, außerdem die einschlägigen Teile von Spanns Buch Wirtschaft und Gesellschaft (1907), in das die oben genannten Zeitschriftenaufsätze über Simmel und Dilthey eingegangen waren.92 Die in Exzerpten überlieferten Anmerkungen Webers zu Simmels Soziologie sind recht umfangreich (ca. 140 Zeilen auf gut 16 Seiten im Typoskript),93 detailliert und eingehend, beziehen sich aber nicht gleichmäßig auf das ganze Werk, sondern im Wesentlichen auf die Seiten 1–24, 27–45 (Exkurs), 50–168, 172–242, 403–474 und 556–562 der Erstausgabe von 1908. Ein großer Teil der Bemerkungen betrifft von Simmel zum Zwecke der Exemplifizierung resp. Analogisierung angeführte historische Fakten. Sie sind weit überwiegend kritischer Art, und sie zeugen nicht nur von Webers immensem, viele Epochen und Weltregionen einschließendem Tatsachenwissen, sondern auch davon, daß er die Soziologie zunächst und vor allem als strenge „Tatsachenforschung“ verstanden wissen wollte, der die methodologischen Reflexionen ebenso wie die begrifflich-theoretische Analytik zu dienen hatten. Diese i.e.S.  empirische Kritik hat, jedenfalls in den handschriftlichen Exzerpten, nicht selten einen belehrenden Ton, und das gilt, wie ebenfalls wieder in den Diskussionsreden, auch für die zahlreichen Hinweise darauf, daß Simmel die Grenze zwischen analytischen und Tatsachenurteilen einerseits, Werturteilen andererseits nicht beachtet habe.94 Im vorliegenden Zusammenhang viel ergiebiger sind die Bemerkungen, in denen Weber die Simmelsche Soziologie nicht in ihrem strikt empirischen Charakter und Anspruch in Frage stellt, sondern als solche, als Soziologie. An ihnen nämlich läßt sich ablesen, worin Weber seinerseits die Notwendigkeit und die differentia specifica dieser ihm sehr lange sehr fragwürdigen Wissenschaft sehen wollte und, einige Jahre später, darzulegen unternahm. Von einem „überwiegend antagonistischen Standpunkt aus Stellung zu nehmen“, sagt Weber hier, fühle er sich verpflichtet, weil er Simmels „Methodik in wichtigen Punkten“ ablehne,1 seinen „sachlichen Ergebnisse[n] unge91  Weber, Simmel, unten, S.  101–110. 92  Das Nähere zu Art, Umfang, Entstehungskontext und Überlieferung des diesen Komplex betreffenden handschriftlichen Nachlasses findet sich im Editorischen Bericht zu Weber, Simmel, unten, S.  9 5–98. 93  Weber, Exzerpte Simmel, im Anhang, unten, S.  528–552. 94  Ebd., unten, S.  529, 534 f., 541, 546, 550 u. ö. 1 Auf der folgenden Seite ist in dieser Hinsicht von den „erkenntniskritischen und methodischen Grundlagen“ die Rede.

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mein häufig mit Vorbehalt, nicht selten negativ“ gegenüberstehe und von Simmels „Darstellungsart […] zuweilen fremdartig und häufig wenigstens nicht congenial angemuthet“ werde.2 Ein derart deutlicher „antagonistischer Standpunkt“ wäre auf interessierter Seite nicht dadurch ausgeglichen worden, daß Weber im gleichen Zuge hervorhebt, ein wie herausragender, gedankenvoller Gelehrter mit feinster Beobachtungs- und „schlechthin glänzend[er]“ Darstellungsgabe Simmel sei. In fast allen seinen Arbeiten enthielten „nicht nur die richtigen, sondern selbst die falschen Ergebnisse eine Fülle von Anregungen zum eignen Weiterdenken […], der gegenüber die Mehrzahl auch der achtbarsten Leistungen andrer Gelehrter oft einen eigentümlichen Geruch von Dürftigkeit und Armuth zu tragen scheinen“.3 Angesichts dessen sieht sich Weber vor die Frage gestellt, wie sich dieser Widerspruch zwischen höchst Bedeutendem und durchaus nicht Überzeugendem erkläre: „Vermittelst der Kritik von Simmels wissenschaftlicher Eigenart an seinen beiden soziologischen Hauptschriften möchten die nachfolgenden Darlegungen einen Beitrag zu deren Beantwortung und zur Beurteilung von Simmels in so vieler Hinsicht eigentümlich problematischer wissenschaftlicher Stellung liefern“.4 Auf die durchgehend unsachgemäße, oft sehr scharfe und auch gehässige Kritik (insbesondere der Philosophie des Geldes) in Kreisen der Philosophie und der Nationalökonomie will Weber sich nicht einlassen,5 ebenso wenig darauf, daß es „auch sehr ernst zu nehmende Gelehrte in den an Simmel’s soziologischen Arbeitsbezirk angrenzenden Disziplinen“ gebe, die Simmel zwar Anerkennung im Einzelnen zollten, ihn im Ganzen aber ebenfalls ablehnten.6 Ganz unerörtert sollen schließlich auch die allzu offenkundigen Gründe bleiben, warum Simmel das längst verdiente 2  Weber, Simmel, unten, S.  101. 3 Ebd. 4  Ebd., unten, S.  102. 5  Der in diesen Kreisen keinem „aufmerksamen Beobachter“ entgehende „Unterton von Animosität“ gegenüber Simmel lasse sich, meint Weber (ebd., unten, S.  105), nicht zureichend mit dem „lächerliche[n] Sich-Bekreuzigen vor dem Namen der So­ zio­logie“ erklären, „unter dem in Deutschland auch andere Gelehrte bei unbestrittensten Leistungen ersten Ranges doch dauernd zu leiden hatten und haben“. Zu diesen „anderen Gelehrten“ zählte für Weber gewiß Ferdinand Tönnies, womöglich aber auch Othmar Spann. – Im Übrigen ist diese Nebenbemerkung deshalb nicht uninter­ essant, weil es bei Weber selbst auffällig lange zwar kein „Sich-Bekreuzigen“, wohl aber eine deutliche Distanz gegenüber „dem Namen der Soziologie“ gab und weil deren Spuren sogar seine Wendung zur Soziologie (in eben diesen Jahren) überdauern und sich bis in seinen allerletzten Äußerungen zum eigenen soziologischen „System“ finden. Die sehr wesentliche Frage, warum Weber selbst die Philosophie des Geldes als eine der soziologischen „Hauptschriften“ Simmels auffaßt, läßt sich auf der Grundlage des unten edierten Fragments und der überlieferten Exzerpte nicht beantworten. 6  Weber, Simmel, unten, S.  104.

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Ordinariat versagt geblieben sei. Ohne Rücksicht auf alle diese feststehenden und kaum zu erschütternden Urteile soll es vielmehr darum gehen, Simmels „soziologische Arbeitsweise an seinen beiden soziologischen Hauptwerken methodisch und sachlich zu prüfen“.7 Weber sieht „an sich“ keinen Grund, sich näher mit Simmels eigenen Darlegungen zum „Wesen der Soziologie und den Sinn seiner soziologischen Methode“ zu befassen, statt die entsprechenden Vorstellungen an Simmels „Art der Behandlung der Einzelprobleme“, d. h. hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf seine konkreten soziologischen Analysen, zu erörtern. Weil aber auch von „sehr ernst zu nehmenden Soziologen“ (zu denen Weber in einer – offenbar nachträglich eingefügten – Fußnote im Simmel-Fragment vor allem Othmar Spann rechnet) 8 die Definition des Gesellschaftsbegriffs zur wichtigsten, wenn nicht einzigen Aufgabe der „Gesellschaftslehre“ erklärt worden sei,9 wendet sich Weber zu Beginn seiner kritischen Auseinandersetzung der Simmelschen Lösung dieser Aufgabe, also dessen Grund-Begriff der „Wechselwirkung“, zu.10 Simmels Begriff von „Gesellschaft“ steht im größtmöglichen Gegensatz zu jedem substantiellen, also „wesenhaften“ Verständnis und insbesondere zu einem solchen, bei dem damit das übergreifende, mehr oder minder geschlossene Ganze eines geschichtlich-gesellschaftlichen Lebenszusammenhangs gemeint ist. „Gesellschaft“ bedeutet für ihn dasselbe wie „Vergesellschaftung“, diese verstanden sowohl als Geschehen wie als Zustand, und sie ist überall gegeben, wo sich „,Wechselwirkungen‘ zwischen Individuen“ (M. Weber)11 vollziehen. Insofern sagt Spann in seiner von Weber geschätzten und genutzten Simmel-Kritik sehr zu Recht, daß es bei diesem keinen eigentlichen Begriff von Gesellschaft als der einen fundamentalen, alles übergreifenden und zu einer organischen Einheit verbindenden Wirklichkeit gebe, damit aber, meint Spann, auch keine wirklich soziologische, sondern nur eine psychologische Betrachtungs- und Erklärungsweise. Obwohl es sich bei Weber in diesem Punkt sehr ähnlich (und grundsätzlich anders als bei Spann) verhält, erscheint auch ihm der Begriff der Wechselwirkung als Grundbegriff der Soziologie ganz unbrauchbar: Angesichts dessen, daß „Wechselwirkung“ auch in den Naturwissenschaften als eine elementare und ubiquitäre Gegebenheit gelte – derart, daß man ihr „generelles 7  Ebd., unten, S.  108. 8  Ebd., unten, S.  108 f., Fn.  1. 9  Ebd., S.  108. 10  Die knapp einseitige und ihrerseits unabgeschlossene Erörterung dieser Problematik bildet den Schlußteil des Textfragments. Genau dazu und zu den anderen Hauptpunkten der Weberschen Kritik läßt sich Ergänzendes den Exzerpten zu Simmel, Soziologie, und Spann, Wirtschaft und Gesellschaft, entnehmen. 11  Weber, Simmel, unten, S.  109, und Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  528.

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Bestehen sogar zu den ‚Axiomen‘ hat zählen wollen“ –,12 werde damit durchaus nicht die spezifische Differenz zwischenmenschlicher Verhältnisse bezeichnet. Darüber hinaus werde das von Simmel13 als zwischenmenschliche Wechselwirkung Definierte so weit gefaßt, daß auch eine nur potentielle oder „rein ‚einseitige‘, d. h. nicht irgend ein Moment von ‚Wechselwirkung‘ enthaltene Beeinflussung eines Menschen durch einen Andern“14 nicht ausgeschlossen sei. Während sich zu diesem ersten Kritikpunkt zusätzliche Notizen in Webers Soziologie-Exzerpten finden,15 lassen sich die weiteren nur aus diesen herauslesen, das aber mit hinreichender Deutlichkeit. Das gilt zunächst für Webers Beurteilung des Umstandes, daß Simmel das unterscheidende Erkenntnis­interesse der Soziologie darin sieht, die vielfältigen Formen zwischenmenschlicher Wechselwirkung zu identifizieren und zu analysieren. Zwar seien, so bemerkt Simmel, diese Formen in der „Wirklichkeit [...] jedes sozialen Seins und Geschehens“16 untrennbar – in einer „unlösbare[n] Einheit“17 – mit je konkreten „Inhalten“ (Interessen, Zwecken, Motiven, Gefühlen etc.) verbunden, doch gewönnen diese Inhalte nur durch „eine Form oder Art der Wechselwirkung unter den Individuen [...] gesellschaftliche Wirklichkeit“.18 Die eigene „Legitimation des soziologischen Problems“ (soll sagen: die Legitimation der Soziologie) aber liege in der „Feststellung, systematische[n] Ordnung, psychologische[n] Begründung und historische[n] Entwicklung der reinen Formen der Vergesellschaftung“.19 In Webers Exzerpt werden diese Darlegungen Simmels teils wörtlich, teils sinngemäß zitiert. Der Kern seiner Kritik äußert sich zunächst nur darin, daß er die Untrennbarkeit der Formen von den Inhalten durch Unterstreichung betont,20 ebenso Simmels Rede von „reinen Formen“. An späterer Stelle des Exzerpts21 aber spricht er, unzweideutig kritisch-ablehnend, von „Simmels Formalismus“ und notiert: „Die Inhalte entscheiden doch“.22 12  Weber, Simmel, unten, S.  109 mit Anm.  16. 13  So zu Beginn des Dritten Kapitels „Über- und Unterordnung“ von Simmel, Soziologie, S.  134. 14  Weber, Simmel, unten, S.  110. 15  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  528 f. 16  Simmel, Soziologie, S.  6; das Handexemplar Max Webers mit Randbemerkungen, An- und Unterstreichungen befindet sich in der Diözesanbibliothek Aachen. 17  Ebd., S.  9. 18  Ebd., S.  6 f. 19  Ebd., S.  9. 20  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  529 f. 21  Ebd., unten, S.  5 37. 22  Vgl. die ganz entsprechende Formulierung an etwas späterer Stelle (ebd., unten, S.  542): „Die Inhalte, nicht die Form entscheide[n]“; ähnlich: ebd., unten, S.  5 41 (unter Bezug auf Simmel, Soziologie, S.  153) und ebd., unten, S.  5 49 (zu Simmel, Soziologie, nach S.  442).

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Zu einer Passage, in der Simmel im Blick auf Umbildungsprozesse in den Zünften des ausgehenden Mittelalters sagt, die „Herauslösung dessen, was wirklich die reine Vergesellschaftung ist, aus der komplexen Gesamterscheinung“ sei, „nicht logisch zu erzwingen“,23 bemerkt Weber: „Entscheidende Schwierigkeiten selbst [d. h. von Simmel] hervorgehoben […] Form u. Inhalt nicht zu trennen, weil historisch“.24 Im selben Sinne widerspricht er an anderer Stelle der Behauptung, am „Charakter der für beliebige Inhalte sich bietenden Form“ könne z. B. auch in dem Falle festgehalten werden, daß „Phänomene der Über- und Unterordnung für den Untergeordneten ganz entgegengesetzte Folgen“25 hätten: „S[immel]’s Ansicht, er habe die anscheinend inhaltlich bedingten Unterschiede des Schicksals der Unterworfenen in formal bedingte aufgelöst“, sei „nicht richtig“.26 Als schlicht „unrichtig“ gilt Weber schließlich auch das Argument, mit dem Simmel die Beschränkung der So­zio­ logie auf die „reinen Formen“ der Vergesellschaftung wesentlich begründet. Es lautet in Webers (zutreffender) Formulierung, eine „Wissenschaft, welche s[ich] mit den Inhalten der Vergesellschaftung abgeben wollte, würde nichts (!) als e[ine] Zusammenfassung der Einzelwissenschaften sein“.27 Die Einzelwissenschaften, setzt Weber dagegen, „erschöpfen den Umkreis des Gesellschaftlichen nicht!“28 Mit dieser Kritik am „Formalismus“ Simmels sind zwei weitere, im gegebenen Zusammenhang wichtige Kritikpunkte verbunden. Der eine betrifft Simmels unzulänglichen Begriff des soziologischen Verstehens, der andere das Verhältnis von Soziologie und Psychologie.29 Sie sind insofern miteinander (und eben mit der Form-Inhalt-Problematik) verknüpft, als Weber behauptet, Simmel begreife das Verstehen als ein psychologisches, und es sei ihm grundsätzlich nicht gelungen, eine genuin soziologische Gegenstandsauffassung und Erklärungsweise von einer psychologischen (resp. sozialpsychologischen) zu unterscheiden und abzugrenzen. Die Soziologie hat es – für Simmel wie für Weber – mit der Wirklichkeit und Wirksamkeit des Sozialen zu tun. Weber bestreitet jedoch, daß sich diese Wirklichkeit und Wirksamkeit in den reinen oder abstrakten Formen des So­zia­ 23  Simmel, Soziologie, S.  15. 24  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 31. 25  Simmel, Soziologie, S.  182. 26  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 44. 27  Ebd., unten, S.  5 51, unter Bezug auf Simmel, Soziologie, S.  9. Dort heißt es, „daß eine Soziologie, die die Totalität dieser Erscheinungen, mit ihrer Ineinsbildung von Form und Inhalt, umfassen wollte, sich als nichts anderes ergeben konnte, denn als eine Zusammenfassung jener Wissenschaften“. 28  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 51. 29  Zur Vieldeutigkeit und zum Bedeutungswandel des Simmelschen Psychologiebegriffs vgl. Kitagawa, Sakiko, Die Geschichtsphilosophie Georg Simmels. Phil. Diss., Freie Universität Berlin, 1982, o. V., S.  9 ff.

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len (Über- und Unterordnung, Konkurrenz, Arbeitsteilung, Vertretung etc.) 30 finde und nicht, wie Weber annimmt, in diesen als jeweils „inhaltlich“, d. h.: sinnhaft und damit historisch, bestimmten. Aus der richtigen Beobachtung, daß, wie Weber einen entsprechenden Satz Simmels zusammenfaßt,31 die gleiche Form sich mit verschiedenen Inhalten verbinde und vice versa, sei durchaus nicht zu schließen, daß die jeweilige Form der Wirkung resp. Wechselwirkung der „einzig mögliche“32 oder auch nur, so ist zu ergänzen, ein zureichender Gegenstand der Soziologie sei. Webers oben zitierte Feststellung, „die Inhalte, nicht die Form entscheide[n]“,33 besagt, daß ein auf kausales Erklären zielendes, also motivationales Verstehen mehr oder minder geformte soziale Orientierungen in ihrem Sinngehalt zu erfassen habe. Die Form-Inhalt-Unterscheidung sei zwar analytisch nützlich, könne aber auch in die Irre führen, und zwar insofern, als die jeweilige Formung wechselseitigen sozialen Handelns keinesfalls jenseits der Sphäre des Sinnhaften, also deutend zu Verstehenden, angesiedelt sei.34 Das soziologische Verstehen richtet sich nach Weber auf denjenigen „subjektiv gemeinten Sinn“, dem gemäß sich Handelnde auf das Verhalten anderer beziehen. Im Simmel-Fragment, wie schon in den frühen methodologischen Arbeiten und auch noch in der „Vorbemerkung“ zu den Soziologischen Grundbegriffen, moniert Weber,35 daß Simmel, und dies sogar absichtsvoll, diese Restriktion nicht beachte und immer wieder den subjektiven mit einem als objektiv gültig unterstellten (und tatsächlich einer wertenden Stellungnahme entspringenden) Sinn vermenge. Die in den Exzerpten zu Simmels Soziologie wiederholt geübte Kritik ist fundamentaleren Charakters. Nicht daß Simmel den empirisch konstatier-

30  Simmel, Soziologie, S.  8. 31  Ebd., S.  8. 32 Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  530, unter Bezug auf Simmel, Soziologie, S.  7. 33  Vgl. oben, S.  2 2, Anm.  2 2. 34  Den „reinen Formen“ einen zumindest quasi-apriorischen Status zuzuschreiben und sie auf diese Weise von ihrer jeweiligen sinnhaft-geschichtlichen Konkretion zu unterscheiden, erscheint Weber methodologisch resp. „erkenntniskritisch“ unangemessen. Dem darin liegenden residualen „Kantianismus“ setzt er die Konzeption der Idealtypen entgegen. Diese liefern klare und präzise begriffliche Unterscheidungen („Formen“), die, und dies auch in ihrer soziologischen Verwendung, von geschichtlichen Wirklichkeiten zwar abstrahieren, so aber, daß sie damit deren „gedanklicher Ordnung“ zu dienen vermögen. Auf Webers gelegentliche Bemerkungen zu Simmels Verwendung des Idealtypusbegriffs (Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 33, bzgl. Simmel, Soziologie, S.  27 f., Exkurs „Wie ist Gesellschaft möglich?“; Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 41, bzgl. Simmel, Soziologie, S.  150) wird hier nicht eingegangen. 35  Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  148.

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baren Sinn gelegentlich mit einem vermeintlich objektiven Sinn zusammenbringt oder verwechselt, ist das eigentliche Problem, sondern daß sich das von ihm gemeinte soziologische Verstehen überhaupt nicht auf motivierende Sinngehalte menschlichen Zusammenhandelns, sondern auf dabei aktivierte psychische Vermögen oder Vollzüge beziehe und insofern durchaus kein sinndeutendes, sondern eben psychologisches Verstehen sei. Allerdings ist die Position Simmels in dieser sehr wichtigen Frage offenbar nicht von hinreichender Klarheit, und auch Weber tut sich schwer damit, das von Simmel Gemeinte nachzuvollziehen. So hält er es für „schief “ ausgedrückt,36 wenn Simmel im Blick auf soziale Erscheinungen von einem „objektiv geistigen Inhalt“ spricht, „der nichts Psychologisches mehr ist“ – „so wenig wie der logische Sinn eines Urteils“.37 Schief ist das für ihn offenbar, weil bei einer solchen Disjunktion von logischer (resp. „geistiger“ oder „ideeller“) Objektivität einerseits, empirisch-psychologischer Gegebenheit andererseits das (nach Weber) für eine soziologische Betrachtungsweise Entscheidende, nämlich die Wirklichkeit und Wirksamkeit sinnhafter „Inhalte“ (als solcher, nicht als psychischer Gegebenheiten oder Faktoren) im sozialen Handeln, aus dem Blick gerät. Weber selbst wird erst in der überarbeiteten Fassung seiner Überlegungen zur Wertfreiheit ein in dieser Hinsicht zumindest mißverständliches „rein logisch“ durch „rein sinnhaft“ ersetzen.38 Weber hält hier der psychologischen Perspektive Simmels vor, das „Rationale“ zu unterschätzen und nicht scharf vom „Psychologischen“ abzugrenzen oder (so angesichts der Interessen der Tories an Arbeitsschutzgesetzen) zu einer „psychologisierende[n] Umdeutung eines rationalen Verhältnisses“ zu verleiten.39 Daß Simmel das „Machtverhältnis“ als einen „psychische[n] Vorgang“40 betrachte, zeige, daß er den Gegensatz von „rationaler u. ,psycholog[ischer]‘ Erkenntnis“ verwische.41 Die bei Simmel zu beobachtende „Ausschaltung der Inhalte“ geht demnach mit einer „Ausschaltung des Rationalen“42 einher. Indem Weber so das Inhaltliche eng mit dem Rationalen verbindet und auf diese Weise dem Psychischen entgegensetzt, scheint er selbst mit einer Disjunktion zu operieren, 36  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 38. 37  Simmel, Soziologie, S.  5 59. 38  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  473 mir textkritischer Anm. f. 39 Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  537, unter Bezug auf Simmel, Soziologie, S.  112 f. 40  Bei Simmel, Soziologie, S.  2 3: „seelischer Vorgang“. 41  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 52. In einem Brief an Lujo Brentano, zweite Aprilhälfte 1909, kennzeichnet Weber mit dieser Unterscheidung seine eigene Posi­ tion: „Unsre ‚Theorie‘ ist ‚rational‘, nicht ‚psychologisch‘ fundamentiert“ (MWG II/6, S.  108). 42 Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  546, unter Bezug auf Simmel, Soziologie, S.  219 f.

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die der bei Simmel kritisierten (ideell, geistig, logisch versus psychisch) zumindest nahe kommt. Dieser Anschein verschwindet aber, wenn geprüft wird, in welchem Sinne Weber im gegebenen Zusammenhang die Termini „rational“ oder „Rationalität“ verwendet. In dieser Hinsicht helfen die stichwortartigen Notizen im Exzerpt nicht weiter, wohl aber das Wissen, daß Weber schon in seinen frühen methodologischen Abhandlungen die sinnhafte Verständlichkeit menschlichen Handelns nicht nur mit dem Begriff der „Kommunikabilität“ erläutert,43 sondern, und zwar im selben Sinne, von einer „qualitativen Rationalität“ solchen Handelns spricht.44 „Rational“ heißt hier also: sinnhaft verständlich und kommunikabel, seinem motivierenden Sinn nach intersubjektiv mitteilbar, damit auch – im Prinzip – interpretierbar, begründbar, überprüfbar etc. Diese sehr elementare Bestimmung dessen, was „rational“ heißen soll, gilt a fortiori für die besondere Form von Rationalität, die Weber später terminologisch als „Zweckrationalität“ fassen wird. In ihr kommt in einer sonst nicht erreichbaren Weise zur Ausprägung, was Rationalität überhaupt, also auch schon auf jener elementaren Ebene, kennzeichnet: sinnhafte Durchsichtigkeit, Verständlichkeit und Kommunikabilität, und das begründet den – ausschließlich methodischen – Sonderstatus, den Weber ihr im Kategorienaufsatz und dann in den Grundbegriffen zuspricht.45 Aus dem Simmel-Fragment und den zugehörigen Exzerpten geht unzweideutig hervor, daß die Konfrontation und Auseinandersetzung mit Simmels Soziologie sowohl Webers Wendung zur Soziologie als auch seine eigene Konzeptualisierung dieser Wissenschaft stark beeinflußt haben. Daß er diesen Einfluß auch nach Simmels Tod – also vor allem in den Soziologischen Grundbegriffen – nicht einmal ansatzweise zur Sprache bringt, ist nicht leicht zu erklären. Eine sehr grundlegende und keineswegs selbstverständliche Übereinstimmung liegt in dem, was Weber später im Blick auf Spanns Sim-

43  Weber, Roscher und Knies III, S.  9 9 und S.  9 5, Fn.  1 (unter Bezug auf Münsterberg). 44  Weber, Roscher und Knies II, S.  114 45  Vgl. Weiß, Johannes, Max Webers Grundlegung der Soziologie, 2., überarb. und erw. Aufl. – München u. a.: K. G. Saur 1992, S.  51, 57 f. (hinfort: Weiß, Grundlegung). Die Bestimmung von Rationalität (resp. Vernünftigkeit) als Kommunikabilität kann hier nicht näher begründet werden. Zwei Hinweise mögen ihrer Plausibilität dienen: Kant glaubte, einen empirisch brauchbaren Begriff von Vernunft zureichend als „allgemeine Mitteilbarkeit“ und „allgemeine Beistimmung“ bestimmen zu können (Kant, Immanuel, Kritik der Urteilskraft. – Hamburg: Felix Meiner 1963, S.  143 ff. (S.  153 ff. nach der Originalausgabe von 1790)), und Jaspers kam in seinen späten Jahren (Jaspers, Karl, Philosophische Logik. – München: Piper 1947) zum Ergebnis, daß sich Vernunft überhaupt nur vermittels des Begriffs der Kommunikation definieren lasse (nach Henrich, Dieter, Einführung, in: Jaspers, Karl, Max Weber, Gesammelte Schriften. – München, Zürich: Piper 1988, S.  21).

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mel-Kritik die „individualistische Methode“ nennt46 – und entschieden gegen Spanns „universalistische“ (d. h. organologische und funk­tio­nale) Methode als die der Soziologie einzig mögliche vertritt.47 Vieles spricht dafür, daß Weber seinen Grundbegriff der „sozialen Beziehung“, der für die Definition aller höherstufigen, komplexen und überdauernden sozialen Ordnungen konstitutiv ist, im Anschluß an und in Absetzung von Simmels Grundbegriff der „Wechselwirkung zwischen Individuen“ [Hervorhebung; J.W.] entwickelt hat.48 Der Behauptung einer Simmel und Weber 46  Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  166 f. 47  Neben Ferdinand Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft, dessen „Gedankengang“ er zumindest „in Auszügen skizziert“ hatte (Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 29. Aug. 1909, MWG II/6, S.  2 37 f.), und Georg Simmels Werken, hat Weber auch Othmar Spann, Wirtschaft und Gesellschaft, rezipiert, wie das überlieferte Exzerpt „Spann gegen Simmel“, unten, S.  5 53–557, belegt. (Ein Handexemplar ist nicht überliefert.) Das ist bemerkenswert, weil seine Stellung zu Spanns Gesellschaftstheorie zweifellos „antagonistischer“ ist als zu Simmels Soziologie. Zwar folgt er Spanns Kritik an Simmels – von den konkreten sozialen Sinngehalten abstrahierendem und insofern nur psychologischem – Grundbegriff der „Wechselwirkung“ in allen Punkten. „Ganz richtig“ bemerkt Weber, Exzerpt Spann, unten, S.  5 56, – auf sein eigenes Urteil im Exzerpt zu Simmel, Soziologie, S.  7, verweisend – zu der Feststellung von Spann, Wirtschaft, S.  216, Wechselwirkung werde bei Simmel durch („natürlich unbewußte“) „Erschleichung“ „zur ‚Form‘ eines ‚Inhaltes‘“. „Richtig“ erscheint es Weber (ebd., unten, S.  5 56) auch, wenn Spann, Wirtschaft, S.  219, konstatiert, „Gesellschaft“ könne für Simmel nur ein „Sammelname“ sein. Spann selbst formuliert, jedenfalls an dieser Stelle, etwas vorsichtiger: Sie gelte Simmel „mehr im Sinne eines Sammelnamens“. Die diesen Punkt betreffende „Polemik“ Spanns allerdings hält ­Weber für „nicht überzeugend“, und tatsächlich steht er in dieser sehr wesentlichen Frage Simmel viel näher als Spann. Schon in seinen frühen methodologischen Schriften, insbes. in Roscher und Knies, bilden organizistische Gesellschafts- und Entwicklungstheorien einen Hauptgegenstand seiner Kritik. Zwar gilt ihm Spanns „funktionale“ Einordnung einzelner „Objektivationssysteme“ (Spann, Wirtschaft, S.  2 28) resp. „funktionelle[r] Teilsysteme“ (S.  2 25) in das „Ganze der Gesellschaft“ (ebd.), das „Gesamtsystem des sozialen Körpers“ (S.  2 25), hier wie auch noch in den Soziologischen Grundbegriffen (im Sinne einer „funktionalen Vorfragestellung“; MWG I/23, S.  166) als methodisch zulässig und hilfreich, doch wendet er sich am – ganz Spann gewidmeten – Ende des Exzerpts scharf gegen dessen Resümee, der „funktionelle Aufbau der Gesellschaft“ zu einem „einheitlichen System“ (ebd., S.  2 28) lasse sich „am besten vorstellen“, indem man „den Begriff des höchsten Zieles oder ‚höchsten Gutes‘“ einführe: „Höchstes Gut nötig pp. Stammlerei!“ (Weber, Exzerpt Spann, unten, S.  5 57). Dazu paßt das zuvor (in Bezug auf Spann, Wirtschaft, S.  2 24) angemerkte allgemeine Urteil: „Ganz falsche Behauptungen über den Werth!!“ (Weber, Exzerpt Spann, unten, S.  5 57). 48  In einer späteren, von Weber offenbar nicht mehr zur Kenntnis genommen Publikation erörtert Spann den Begriff der Wechselwirkung als unvermeidlichen Grundbegriff aller soziologischen Konzeptionen, die „universalistischen“ Gesellschaftstheorien diametral entgegenstehen und von ihm als „formalistisch“, „empiristisch“, oder „individualistisch“ (insofern auch psychologisch) charakterisiert und kritisiert werden. Dabei verweist er auf Simmel und, als an ihn anschließend, Alfred Vierkandt und Leo­

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gemeinsamen „individualistischen Methode“ steht nicht entgegen, daß diese „Methode“ von beiden unterschiedlich begründet wird und daß Simmel eingehender als Weber der Frage nachgeht, wie das Individuelle im Vergesellschaftungsgeschehen bestimmend ins Spiel kommt. Unter den nicht wenigen zustimmenden, immer wieder auch sehr zustimmenden Anmerkungen Webers ragt die heraus, die genau diese ganz fundamentale Frage betrifft: Von „wunderschöne[n] Ausführungen“ spricht Weber da,49 wo Simmel bemerkt, die Soziologie habe sich „im ganzen [...] eigentlich auf diejenigen gesellschaftlichen Erscheinungen beschränkt, bei denen die wechselwirkenden Kräfte schon aus ihrem unmittelbaren Träger auskristallisiert“50 seien, etwa zu „Staaten und Gewerkvereine[n], Priesterschaften und Familienformen, Wirtschaftsverfassungen und Heerwesen, Zünfte[n] und Gemeinden, Klassenbildung und industrielle[r] Arbeitsteilung“.51 Dabei seien die elementaren, sich unablässig vollziehenden Prozesse der „Vergesellschaftung unter den Menschen“ (als „Individuen“) ausgeblendet worden, bei denen es sich „gleichsam um die mikroskopisch-molekularen Vorgänge innerhalb des Menschenmaterials“ handle, „die aber doch das wirkliche Geschehen sind, das sich zu jenen makroskopischen, festen Einheiten und Systemen erst zusammenkettet und hypostasiert“.52 Es seien diese „nur der psychologischen Mikroskopie zugängigen Wechselwirkungen zwischen den Atomen der Gesellschaft, die die ganze Zähigkeit und Elastizität, die ganze Buntheit und Einheitlichkeit dieses so deutlichen und so rätselhaften Lebens der Gesellschaft tragen“.53

pold von Wiese, darüber hinaus auch auf den biologischen, physikalischen und psychologischen Gebrauch des Begriffs. Vgl. Spann, Othmar, Gesellschaftslehre (zuerst 1914), 4., durchges. Aufl., eingerichtet von Horst Kitzmantel. – Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1969, S.  51 ff. und 68 ff. (hinfort: Spann, Gesellschafts­ lehre). 49  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 31. 50  Simmel, Soziologie, S.  18. 51  Ebd., S.  18. 52  Ebd., S.  19. 53  Ebd., S.  19. Ungeachtet seiner geradezu enthusiastischen Zustimmung in der Sache stecken für Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 32, „zahlreiche Dunkelheiten“ in der von Simmel selbst (Simmel, Soziologie, S.  21) aufgeworfenen Frage, ob die „psychologische Mikroskopie“ (in Webers Handexemplar, Diözesanbibliothek Aachen, unterstrichen) etwas anderes als ein „Kapitel der Psychologie, allenfalls der Sozialpsychologie“ sein könne – in der Frage also, die Weber der Simmelschen So­zio­logie insgesamt kritisch entgegenhält. „Es fehlt eben eine Behandlung der Grundfrage[n]: inwieweit rational, inwieweit erlebbar, inwieweit physiologisch bedingt, u. wie sie zusammenwirken“ (zu Simmel, Soziologie, S.  21). Im zweiten Durchgang (und Exzerpt) werden Simmels einschlägige Erörterungen (Soziologie, S.  21–23) als „Lauter Törichtes!“ (Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 52; zu S.  2 2), am Rande derselben Seite des Handexemplars als „Unsinn!“ qualifiziert.

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Daß die „individualistische Methode“ in Gestalt des sinnhaften Verstehens nicht auf psychische Gegebenheiten, Abläufe oder gar Gesetzmäßigkeiten abstellt, ist ein cantus firmus der Weberschen Methodologie von den frühen Abhandlungen bis zu den Soziologischen Grundbegriffen, so auch im Exzerpt zu Simmels Soziologie.54 Auch das Urteil, die „Bemerkungen z[um] Problem des Individuellen“ seien „wenig zutreffend“ (zu S.  3 3 der Soziologie),55 läßt sich auf diesen Kritikpunkt beziehen. Zugleich ist sie aber insofern erstaunlich, als Weber selbst sich mit diesem Problem weit weniger intensiv beschäftigt als Simmel. Im Zweifel strikt an den Bedürfnissen der „Tatsachenforschung“ orientiert, teilt er durchaus nicht Simmels Bedürfnis, dem Wesen der Individualität, und zwar im Sinne der Einzelnheit und Singularität eines jeden Menschen, philosophisch oder gar „metaphysisch“ auf den Grund zu gehen.56 Dieses Bestreben durchzieht das Simmelsche Denken, es erklärt seine Absetzung von der Soziologie in seinen späten Jahren.57 Zugleich aber ist Individualität in diesem prinzipiell außersoziologischen Sinne von elementarer Bedeutung für die Konstitution von „Gesellschaft“, und so auch für deren angemessene Erkenntnis. Diese konstitutive Bedeutung formuliert Simmel im Exkurs als zweites Apriori: „daß der Einzelne mit gewissen Seiten nicht Element der Gesellschaft ist, bildet die positive Bedingung dafür, daß er es mit andern Seiten seines Wesens ist: die Art seines Vergesellschaftet-Seins ist bestimmt oder mitbestimmt durch die Art seines Nicht-Vergesellschaftet-Seins“.58 Das gelte in besonderer Weise, aber keineswegs nur für gesellschaftlich marginalisierte Menschen-Typen (Fremder, Feind, Verbrecher, Armer etc.), sondern „in unzähligen Modifikationen, für jegliche individuelle Erscheinung“. Gesellschaften seien „Gebilde aus Wesen [...], die zugleich innerhalb und außerhalb ihrer stehen“. Damit aber erzeuge die Gesellschaft „vielleicht die bewußteste, mindestens die allgemeinste Ausgestaltung einer Grundform des Lebens überhaupt: daß die individuelle Seele nie innerhalb einer Verbindung stehen kann, außerhalb deren sie nicht zugleich steht, daß 54  Vgl. Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  528. 55  Ebd., unten, S.  5 33. 56  In der Überzeugung, daß eine Theorie menschlichen Handelns sich der „individualistischen Methode“ bedienen müsse, sah sich Weber von der theoretischen Nationalökonomie, insbesondere in Gestalt der subjektiven Wertlehre Carl Mengers, sehr bestärkt (vgl. Kim, Grenznutzenschule (wie oben, S.  13, Anm.  5 9); Mommsen, Wolfgang J., Einleitung, in: MWG III/1, S.  1–51, hier S.  21 ff.). Das war aber kein Grund, über die Voraussetzungen dieser Methode nicht weiter nachzudenken, erst recht nicht angesichts der Weberschen Ablehnung eines generalisierten Modells zweckrationalen Handelns. 57 Insbes. in: Simmel, Georg, Lebensanschauung. Vier metaphysische Kapitel. – München, Leipzig: Duncker & Humblot 1918. 58  Simmel, Soziologie, S.  3 6. Die – triviale – Umkehrung dieses Grundsatzes interessiert Simmel nicht; sie beschreibt das, was üblicherweise allein als soziologisch relevant und faßbar erscheint.

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sie in keine Ordnung eingestellt ist, ohne sich zugleich ihr gegenüber zu finden. Dies geht von den transszendenten und allerallgemeinsten Zusammenhängen bis zu den singulärsten und zufälligsten“.59 Max Weber übergeht diese Passagen keineswegs, kann ihnen aber offenbar wenig für die Soziologie Bedeutsames abgewinnen. So paraphrasiert er Simmels schon entschärfend-synthetisierendes Resümee 60 folgendermaßen: „Das Individuum ist nicht geteilt in e[ine] soziale u. e[ine] ‚eigne‘ Sphäre, sondern ist beides zugleich, e[ine] Einheit, die einerseits so, andrerseits so begriffen werden will“.61 Das wirkt wie eine bewußt trivialisierende und auch leicht ironisierende Wiedergabe; jedenfalls macht sie das für die Soziologie Herausfordernde an Simmels zweitem Apriori unkenntlich. Dazu paßt, daß Weber zu Simmels Exemplifizierung jener „Grundform des Lebens“ am Gottesverhältnis eines religiösen Menschen bemerkt, daran zeige sich, daß Simmel „nicht nur Soziologie treibt, daß seine Kategorien nicht nur soziologische sind“ – weil, so Webers keineswegs zwingende Begründung, das religiöse Verhältnis „kein sozio[logisches]“ sei.62 Webers Bedürfnis darzutun, daß sich Simmel nicht an die Grenzen des soziologisch Möglichen und Gebotenen halte, äußert sich also im Kontext seiner Anmerkungen zum zweiten Apriori besonders deutlich.63 Das ist von der Sache her verständlich und doch sehr unbefriedigend, weil, um eine Webersche Unterscheidung zu verwenden, dies zwar keine soziologische, aber doch in hohem Maße „soziologisch relevante“ Sache ist. Die Motive für Webers Zurückhaltung sind nicht identisch, konvergieren aber doch mit denen, die ihn davon abgehalten haben, sich, ungeachtet einer wiederholt bekundeten hohen Wertschätzung, eingehend mit Friedrich Gottls Analysen zu befassen,64 und aus denen auch die prinzipielle Ablehnung Hugo Münsterbergs und seiner Idee einer „subjektivierenden Methode“ entspringt.65

59  Ebd., S.  38. 60  Ebd., S.  41. 61  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 34; Webers Hervorhebungen. 62 Ebd. 63 Wenn man dieses Apriori, wie naheliegend, in eine Wertbeziehung umdeutet, ­ergibt sich eine enge Beziehung zu dem, was Weber zur gleichen Zeit in der Ab­ handlung „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“ (MWG I/11, S.  3 63f.) sagt: Die Soziologie müsse die „individuelle Differenz“ resp. „individuelle Eigenart“ der Arbeiter und ihrer Lebensbedingungen in ihre Erklärungen einbeziehen, statt sie durch einen Allgemein­begriff wie „Milieu“ zu neutralisieren. Vgl. dazu auch, oben, S.  17 f., Anm.  88. 64  Gerade dazu hätte er sehr gute Ansatzpunkte in Othmar Spanns Buch (Spann, Wirtschaft, S.  8 6 ff.) gefunden, sofern sich darin (ebd., S.  8 5–90) auch eine klare und verständnisvolle Darstellung der Intentionen Gottls findet. 65  Ein schlechter Einfluß Münsterbergs auf Simmel („Münsterbergiana“) wird von Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 33, angemerkt. Zur „‚subjektivierende[n]‘ Methode“

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Dem ist an dieser Stelle nicht weiter nachzugehen. Wohl aber ist noch eine wichtige Problematik anzusprechen, die auch, obzwar zur anderen Seite hin, die Grenzen soziologischer Erkenntnis betrifft und bei der Weber und Simmel vollständig übereinstimmen und sich sehr deutlich anderen Begründern der Soziologie entgegenstellen. Trotz des beschriebenen Dissenses hinsichtlich der Form-Inhalt-Unterscheidung und der damit eng verknüpften methodischen Fragen (scil. nach dem Gegenstand des soziologischen Verstehens) gilt für Weber wie Simmel, daß die „qualitativen“ (etwa religiösen, politischen, ökonomischen, ästhetischen) Sinngehalte sozialer Beziehungen und Ordnungen grundsätzlich nicht in gesellschaftlichen Bedingungen, Wirkungen oder Funktionen aufgehen, sich nicht aus diesen „ableiten“ und erklären lassen.66 Diesem Grundsatz steht nicht entgegen, daß in vielen konkreten Fällen solche Sinngehalte de facto nur im Kontext sozialer Funktionen und Folgen, Interessen und Konflikte entstehen und bestehen können. Die Anerkennung des Eigensinns und Eigenrechts qualitativer Inhalte erscheint aus Simmels Perspektive nach dem Gesagten sogar einleuchtender als bei Weber: Da den Inhalten nach seiner Auffassung keine eigenständige kausale (d. h. motivationale) Bedeutung zukommt, sich das Verstehen auch nicht auf sie selbst, sondern auf die ihnen korrespondierenden psychischen Zustände oder Abläufe richtet, bleiben sie weitgehend unberührt vom Zugriff soziologischen Erklärens. Bei Weber, der die motivationale Wirkung sozialer Beziehungen und Ordnungen immer an ihre qualitative Bestimmtheit gebunden sieht, verhält es sich in diesem Punkt anders. Und doch darf nach seiner Auffassung aus dem Umstand, daß soziale Kausalität nur als sinnhaft bestimmte existiert und wirkt, nicht geschlossen werden, Sinnhaftigkeit erschöpfe sich in Kausalität, sei also nicht aus je konkreten sozialen Bedingungsverhältnissen ablösbar, in ihrer Eigenbedeutung und Eigengeltung verstehend zu erfassen, zu interpretieren und zu kommunizieren. Ganz ebenso wie mit der Singularität und Eigenart und der Auseinandersetzung mit Münsterberg vgl. Weber, Roscher und Knies II, S.  117 und 130 ff. 66  Den von ihm selbst und von Weber gleichermaßen entschieden abgelehnten Anspruch auf absorptive Erklärung bezeichnet und beschreibt Georg Simmel gelegentlich als „extremen Soziologismus“: „Der extreme Soziologismus [...] macht das Individuum zum bloßen Schnittpunkt von Fäden, die die Gesellschaft vor ihm und neben ihm gesponnen hat, zum Gefäß sozialer Einflüsse, aus deren wechselnden Mischungen die Inhalte und die Färbung seiner Existenz restlos herzuleiten sind.“ Hier, wie auf jeweils eigene Art in einer ausschließlich theologischen Selbstdeutung des Menschen einerseits, der „naturalistische[n] Weltanschauung“ andererseits, sei „das Individuum sozusagen eine Illusion“, könne „der Mensch nicht ‚von innen heraus leben‘, weil sein ‚Inneres‘ als solches eben keine Produktivkräfte entfaltet“ (Simmel, Georg, Goethe. – Leipzig: Klinkhardt & Biermann 1913, S.  144 f.).

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des Menschen verhält es sich auch mit dem Eigensinn der qualitativen „Inhalte“: Sie sind eine konstitutive Voraussetzung und eine prinzipielle Grenze aller Vergesellschaftung zugleich. Von beiden Grenzen aus gesehen zeigt sich, was Vergesellschaftung in concreto bedeutet und leistet – aber auch, warum sie dahin tendiert, eben das in seiner Eigenständigkeit (durch Instrumentalisierung oder Ideologisierung) zu schwächen, was ihre Lebendigkeit und Kraft zur Veränderung begründet. Daß Weber bei der Wiederaufnahme und Intensivierung der Auseinandersetzung mit Simmels Soziologie die Simmel-Kritik Othmar Spanns zu Hilfe nimmt, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.67 Eher von marginaler Bedeutung, aber doch (auch für Weber) erwähnenswert, ist der Umstand, daß diese Kritik ein Jahr vor Simmels umfangreichem soziologischem Hauptwerk publiziert wurde. Das mag insofern folgenlos erscheinen, als sich Spann auf Grundlagenprobleme erkenntnistheoretischer und kategorialer Art konzentriert, zu denen Simmel in seinen vorhergehenden Arbeiten schon alles Wesentliche gesagt hatte. Gerade auf diese Probleme aber läßt sich Weber, wie zitiert, nur widerstrebend ein. Auch das ließe sich verstehen, wenn deren Behandlung durch Spann für ihn besonders instruktiv und überzeugend wäre. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Zwar konvergiert das, was Spann über die Unbrauchbarkeit des Grundbegriffs der Wechselwirkung zu sagen hat, mit Webers Urteil. Doch läuft Spanns Kritik an diesem Grundbegriff auf einen Gesellschaftsbegriff hinaus, der Weber ebenso unhaltbar erscheint wie Spanns Behauptung, mit einem solchen Gesellschaftsbegriff (organizistischer Art) stehe und falle die Soziologie.68 Und zwar stimmt Weber Spann darin zu, daß soziale Beziehungen nicht von „psychische[n] Einheiten“ (O. Spann) 69 gebildet und getragen würden, doch findet sich bei Spann keinerlei Ansatzpunkt für die Vorstellung, in dem seinem subjektiv gemeinten Sinn nach auf-

67  Daß Weber das Buch Spanns überhaupt zu Rate zieht, ist dagegen verständlich: Es handelt sich um einen sehr kenntnisreichen Überblick über die vielfältigen, von Comte und Spencer bis zur Gegenwart reichenden Versuche, die Soziologie als Wissenschaft eigenen Rechts zu begründen. 68  Spann behauptet, daß Simmel jeder Begriff von Gesellschaft qua „gesellschaftliche[r] Gesamtzusammenhang“ fehle; ohne einen solchen Begriff aber gebe es keine Soziologie. Tatsächlich spielten Simmels „Beweisgründe“ in Verbindung mit seiner „realistischen, empiristischen oder psychologischen“ und insofern auch „individuali­ stischen“ Position denen in die Hände, die das Existenzrecht der Soziologie bestritten (Spann, Wirtschaft, S.  216 ff., Zitat: S.  218). Weber, Exzerpt Spann, unten, S.  556, nennt diese „Polemik“ von Spann, Wirtschaft, S.  218 ff., „nicht überzeugend“. Tatsächlich bestimmt Spann, Wirtschaft, S.  139, die „Gesellschaftslehre oder Soziologie“ im prinzipiellen Gegensatz zu Weber als „allgemeine Theorie des Sozialen“ und als „die Wissenschaft, welche nach dem Wesen und der Eigenart des gesellschaftlichen Ganzen als solchen fragt “. 69  Spann, ebd., S.  190.

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einander bezogenen Handeln von Individuen, und nur darin, finde sich die Wirklichkeit des Sozialen. Spanns Simmel-Kritik bestärkt Weber so zwar einerseits in seiner skeptischen Haltung, was Simmels Grundbegriff der Wechselwirkung, seinen „Formalismus“ und seine Neigung zu einer psychologischen Erklärungsweise angeht. Andererseits aber stehen Webers eigene Überlegungen im Grundsätzlichen doch eindeutig Simmels „individualistischer“ Position näher als Spanns „Universalismus“. Die Argumentation Spanns hat Weber genötigt, die Wirklichkeit und Wirksamkeit des Sozialen genauer zu bestimmen und stärker hervorzuheben, so jedoch, daß dabei, ganz im Sinne Simmels und nicht Spanns, seine Substanzialisierung vermieden wurde. Simmels Hauptwerk hat Weber mehr als alles andere herausgefordert und dazu gebracht, sich selbst nach langer Zurückhaltung auf die ‚Soziologie‘ einzulassen, und zwar nicht nur, wie noch primär im Umkreis der DGS-Gründung, aus forschungspraktischen und forschungsorganisatorischen Gründen, sondern auch hinsichtlich der spezifischen Fragestellung, Begrifflichkeit und Methodik dieser in vielem so fragwürdigen neuen Wissenschaft. Als er sich etwa fünf Jahre später, nach seiner Abwendung von der DGS, daran machte, seinen Begriff der Soziologie in einer ersten, systematischen Form darzustellen, hätte er viel Anlaß gehabt, auf diesen „Anstoß“, diese produktive Herausforderung durch Simmel hinzuweisen und dabei weniger das „Antagonistische“ als das ihn mit Simmel auf einer fundamentalen Ebene Verbindende hervorzuheben. Darauf hat er verzichtet 70 – womöglich auch deshalb, weil

70  Vgl. die knappen und Simmels Soziologie nicht einmal nennenden Verweise sowohl in Weber, Kategorienaufsatz, unten, S.  3 89, Fn.  1, als auch in der „Vorbemerkung“ zu Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  147 f. – Das steht in sehr auffälligem Gegensatz zu Webers intensiver, obzwar abgebrochener Auseinandersetzung mit Simmels soziologischem Hauptwerk und auch zu der Bedeutung, die ihm in der Fachwelt beigemessen wurde. Darin sei, so bemerkt Leopold von Wiese in seiner im Archiv abgedruckten Literatur-Übersicht, „mit allen Ansprüchen auf enzyklopädisch-universelle Geltung der Soziologie“ ebenso „aufgeräumt“ wie mit der „Erstreckung der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise auf die Tatsachen der menschlichen Gesellschaft“ (Wiese, Leopold von, Neuere soziologische Literatur, in: AfSSp, Band 31, 1910, S.  8 82–907, hier S.  8 98). Das gilt, jedenfalls in dem hier entscheidenden Punkt, auch hinsichtlich dessen, was David Koigen in seiner (im selben Archiv-Band veröffentlichten) Besprechung über die „tieferen Motive“ sagt, die „theoretischer und philosophisch-persönlicher Natur“ seien und Simmel bei der Abfassung des Werks geleitet hätten: Simmel habe die „noch immer zu den problematischen Disziplinen“ zählende Soziologie zwar auf die Bahn einer „mathematisch-exakten Wissenschaft“ bringen wollen, ohne aber dabei „die menschliche Persönlichkeit, ihren schöpferischen Trieb [...] von der soziologischen Gesetzgebung völlig umschlossen zu wissen“ (Koigen, David, Soziologische Theorien, in: ebd., S.  9 08–924, Zitat: S.  9 08). Indem Simmel den „Ansprüchen der Sozialwissenschaft“ Grenzen setze, erweise er sich als „Soziologe der Differenzen und der Differentiale“ (ebd., S.  915, 921).

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Simmel in der Zwischenzeit das vordringliche Interesse an der Soziologie abhanden gekommen war.71

6. Zwei Soziologentage: Diskussionsbeiträge Die Idee zur Gründung der DGS stammt nicht von Max Weber. Nachdem er sich aber entschieden hatte, Simmels Einladung zu folgen und an der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie mitzuwirken, nahm er bestimmenden Einfluß auf deren Zielsetzung, Programm und Organisation sowie, insbesondere hinsichtlich der Themen und Referenten, auf die Vorbereitung des Ersten und auch, obzwar in geringerem Maße, des Zweiten Deutschen Soziologentags. Aus seinen brieflichen Äußerungen, dem 1910 vorgetragenen Geschäftsbericht und den Diskussionsreden geht deutlich hervor, was ihn zu dieser sehr aktiven Mitwirkung bewegte: das Bedürfnis nach einer „Arbeitsgemeinschaft“,72 die der inhaltlichen, methodischen, organisa­tori­schen und auch finanziellen Förderung einer streng empirischen, sich einer präzisen Begrifflichkeit befleißigenden und aller vermeintlich wissenschaftlichen praktisch-wertenden Stellungnahmen sich enthaltenden sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung zu dienen hätte. Trotz seiner fortbestehenden, im Geschäftsbericht (und auch weiterhin) einbekannten reservatio mentalis gegenüber diesem „Namen“ schien es ihm nunmehr, in Ermangelung einer ­besseren Alternative, angebracht, das diese Bestrebungen Verbindende und – nach innen und außen – Kennzeichnende „Soziologie“ zu nennen. Im Unterschied zu anderen Mitbegründern der DGS, insbesondere zu Tönnies und Simmel,73 verknüpfte Weber zu diesem Zeitpunkt mit diesem Begriff also noch nicht die Vorstellung einer – als solche schon etablierten oder allererst zu konzipierenden und auf die Bahn zu bringenden – Fachwissenschaft sui generis.74 Die Enttäuschung der mit der Gründung der DGS und den Soziologentagen verbundenen Erwartungen hat wesentlichen Anteil daran, Webers 71  Vgl. die Erläuterung zu Weber, Simmel, unten, S.  107, Anm.  13. 72 Weber, Geschäftsbericht der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Rede auf dem Ersten Deutschen Soziologentag in Frankfurt am Main am 20. Oktober 1910, MWG I/13, S.  256–286, Zitat: S.  2 60. 73 Tönnies legte sein Soziologieverständnis in seinem programmatischen Eröffnungsvortrag beim Ersten Deutschen Soziologentag dar (Tönnies, Ferdinand, Wege und Ziele der Soziologie, in: Verhandlungen DGS 1910, S.  17–38; hinfort: Tönnies, Soziologie), Simmel in exemplifizierender Weise vermittels des Vortrags über Geselligkeit am Vorabend (Simmel, Georg, Soziologie der Geselligkeit, ebd., S.  1–16). 74  Als solche, nicht als Überwissenschaft Comtescher Prägung, sondern in immerhin ernst zu nehmender und insofern kritikwürdiger Form sah Weber die deutschsprachige Soziologie damals außer durch Tönnies und Simmel auch durch Spann und Vierkandt repräsentiert.

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Denken dann doch in diese Richtung zu lenken – und nicht, wie vielleicht zu erwarten, von der Soziologie wieder ganz abzubringen. Im Rückblick erkennt man gerade in Webers Diskussionsbeiträgen auf den Soziologentagen keine Hinweise auf eine Neigung, die Wendung zur Soziologie auf halbem Wege wieder abzubrechen.75 In diesen Diskussionsreden spricht Weber überwiegend über die sehr vielfältigen Sachprobleme. Insofern äußert er sich also als Fachmann auf dem Gebiete der Nationalökonomie sowie der (Wirtschafts-, Sozial-, Kultur-, Religions- und Rechts-) Geschichte. Daneben geht sein Bestreben, ganz im Sinne des im Geschäftsbericht Vorgetragenen, dahin, bei jedem sich bietenden Anlaß die Aufgaben und Grenzen der empirischen und „rein wissenschaftlichen“ Forschung zu bezeichnen und zu bekräftigen.76 Als „Soziologie“ oder „soziologisch“ haben demnach kultur- und sozialwissenschaftliche Untersuchungen nur dann – aber auch schon dann – zu gelten, wenn sie diesen Vorgaben entsprechen, nicht zuletzt also dem Erfordernis der „Werturteilsfreiheit“ entsprochen wird. So schlägt Weber in einer an Sombarts Vortrag „Technik und Kultur“ sich anschließenden und ihm ganz unergiebig erscheinenden Kontroverse über den „sogenannte[n] Geschichtsmaterialismus“ vor, diesen zum Gegenstand künftiger Verhandlungen zu machen,77 bei denen vor allem die Vermengung von erfahrungswissenschaftlichen Argumentationen mit weltanschaulichen Präferenzen oder moralisch-politischen Postulaten zuverlässig zu unterbinden wäre. Dieselbe Konsequenz zieht er aus dem Vortrag von Alfred Ploetz (Die Begriffe Rasse und Gesellschaft und einige damit zusammenhängende Probleme) und der darauf

75  In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, daß Webers Wendung zur Soziologie nichts mit der Entdeckung oder Aufdeckung des Sozialen oder der Gesellschaft als einer Realität und Kausalität sui generis wie bei Durkheim und anderen zu tun hat. Die Wirklichkeit des Sozialen und Gesellschaftlichen (etwa in Gestalt von familiären Gemeinschaften oder Klassenverhältnissen und -konflikten) stand ihm seit jeher so deutlich im Blick, daß es ihm nicht einfallen konnte, diese Wirklichkeit für die Zwecke einer spezifisch soziologischen Erklärung rein als solche zu isolieren und zu beanspruchen. In dieser sehr wichtigen Hinsicht ist der Übergang zur Soziologie offenbar von keinem Umdenken, keiner Umstellung oder Generalisierung der Erklärungsperspektive motiviert. Wäre es anders, hätte Weber bei seinem Verleger gewiß nicht dar­ auf gedrungen, die von 1904 bis 1917 verfaßten „Aufsätze zur Methodologie der Sozialwiss[enschaft]“ in einem „Sonderband“ herauszubringen (Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai 1917, MWG II/9, S.  6 48 f.), in den auch der Kategorienaufsatz „in etwas geänderter (gemeinverständlicherer) Form“ (Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 1. Dez. 1917, ebd., S.  829) aufgenommen werden sollte. Die Verstehende Soziologie gehört demnach in den Zusammenhang dieser „Methodologie der Sozialwissenschaft“ als ihr wesentlicher konstruktiver Ertrag. 76  Weber, Geschäftsbericht, MWG I/13, S.  259. 77  Weber, Technik und Kultur, unten, S.  2 28.

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bezogenen Debatte.78 Neben Tönnies hatte Weber die bei Weitem schärfste, grundsätzlichste Kritik am Vortragenden geübt: an dessen ganz unzulänglich geklärter Begrifflichkeit (darunter beide Leitbegriffe: „Rasse“ und „Gesellschaft“) ebenso wie an den vielen spekulativen, empirisch unbewiesenen, unplausiblen oder widerlegten Kausalerklärungen79 und der daraus abgeleiteten, also vermeintlich wissenschaftlich begründeten „Rassen- und Gesellschaftshygiene“. Weil Weber zugleich aber in bestimmten biologischen Theo­ rien, insbesondere in Vererbungstheorien, eine große, unabweisbare Herausforderung des Erklärungsanspruchs der Soziologie erkannte, erschien es ihm notwendig, für „die fachmäßige Pflege und Diskussion dieser Probleme“ in der DGS früher oder später eine „spezielle Abteilung“ („Gesellschaftsbiologie“) einzurichten.80 Wie die strengste Beachtung der Werturteils- resp. Weltanschauungsenthaltung wird auch das bewußte, angestrengte und systematische Bemühen um klare und genaue Begriffe (d. h. um „soziale Theorie“ in einem sehr allgemeinen Sinne) von Weber nunmehr als eine vornehmlich von der Soziologie zu erfüllende Aufgabe verstanden. Diese Vorstellung durchzieht alle seine Diskussionsbeiträge, in besonderem Maße und in einer besonderen Hinsicht aber die, bei denen es um die Unterscheidung einer empirischen, also historischen und/oder soziologischen, von einer juristischen Behandlung von Problemen des Rechts geht (wie in den Vorträgen von Andreas Voigt und Hermann Kantorowicz beim Ersten Soziologentag).81 Auch weil genuin juristische Termini häufig und nicht ohne guten Grund auf außerrechtliche Gegebenheiten übertragen werden, ist bei ihrer empirischen Verwendung auf die methodische Neutralisierung ihres normativen Gehalts in dem Sinne zu ach-

78  Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, unten, S.  243–260. 79  Damit bezog sich Weber vor allem auf die Art und Weise, in der Ploetz die (Klassen-) Lage der Schwarzen in den USA rassenbiologisch zu erklären versucht hatte; vgl. dazu auch Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, unten, S.  3 08 f., und Weber, Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie, unten, S.  322– 325. 80  Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, unten, S.  2 60. Der Gebrauch des Gesellschaftsbegriffs durch die „Gesellschaftsbiologie“ veranlaßt Weber zu einer grundsätzlichen Feststellung: Der Begriff „Gesellschaft“ (sic) sei „rein konventionell“ und in der Wissenschaft durch „gesellschaftliche Beziehungen und gesellschaftliche Institutionen“ zu ersetzen (ebd., S.  247). Prozesse der „Vergesellschaftung“ seien beim Menschen, anders als bei der „Tiervergesellschaftung“, vermittelst der „Möglichkeit, rationales Handeln der einzelnen menschlichen Individuen geistig nacherlebend zu verstehen“ (ebd., S.  251), zu erforschen. Das weist auf die „besondere Art“ von Soziologie voraus, die Weber einige Jahre später in Gestalt der Verstehenden Soziologie konzipieren wird. 81  Weber, Wirtschaft und Recht, unten, S.  2 64–272, und Weber, Rechtswissenschaft und Soziologie, unten, S.  278–291.

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ten, daß aus ihnen weder empirische Kausalitäten noch die forschenden Subjekte betreffende Verbindlichkeiten abgeleitet werden. Die von Weber und einigen anderen vertretene Soziologie unterscheidet sich von den insbesondere auf Marx, aber auch auf Durkheim zurückgehenden Konzeptionen durch eine weitere, sehr wesentliche Selbstbeschränkung. Sie wird besonders deutlich in der Debatte über Ernst Troeltschs Vortrag (Das stoisch-christliche und das moderne profane Naturrecht) auf dem Ersten Soziologentag zum Thema. Troeltsch war zum Ergebnis gekommen, daß genuin religiöse Ideen und Ideale von sich her einen starken Einfluß auf profane gesellschaftliche, ökonomische und rechtlich-politische Ordnungen ausüben könnten, also keineswegs nur als deren Folge und Funktion zu erklären seien.82 Dem stimmte Max Weber in der Debatte nachdrücklich zu. Es führe in die Irre, „die religiöse Entwicklung als Reflex von irgend etwas anderem, von irgendwelchen ökonomischen Situationen“ aufzufassen.83 Georg Simmel spitzte das Argument noch weiter – und in einer die andere, ihm vor allem wichtige Grenze der Soziologie mit einbeziehenden Weise – zu: Zumindest das christliche Gottesverhältnis verhalte sich, weil es auf die unvertret-

82  Vgl. Troeltsch, Ernst, Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht, in: Verhandlungen DGS 1910, S.  166–192. Eben dies hatte, unter Verweis auf die historisch-materialistische Theorietradition, Ferdinand Tönnies behauptet, der schon in seiner Eröffnungsrede (Tönnies, Soziologie (wie oben, S.  34, Anm.  73), S.  2 6) die Religion überhaupt mit „abergläubischen Vorstellungen“ und „erdichteten Wesen“ zusammengebracht hatte. In einem Schreiben an Tönnies vom 19. Februar 1909 (MWG II/6, S.  6 3–66) hatte Weber sich gegen dessen Vorstellung gewandt, zwischen politischen (oder anderen) Wertpräferenzen lasse sich wissenschaftlich entscheiden, und der Wahrheitsanspruch religiöser Überzeugungen sei auch dann als unhaltbar zu erweisen, wenn er nicht im Gegensatz zu den Prinzipien und Ergebnissen wissenschaftlicher Erkenntnis stehe. Ein „metaphysisch-naturali­ stisch orientiertes Anti-Pfaffentum“ erscheint Weber intellektuell unredlich, die Haltung eines „liberale[n]“ (sic) katholischen oder protestantischen Theologen, selbst wenn sie sich „inkonsequent, konfus u.s.w.“ präsentiere, „menschlich unendlich wertvoller und in­ ter­essanter als der intellektuelle (im Grunde: billige) Pharisäismus des Naturalismus, [...] in dem (je nachdem natürlich!) weniger Leben ist als in jenem“ (ebd., S.  6 5 f.). Dieses Urteil ergibt sich für Weber aus der – zuvor eingestandenen – „Attitüde“, sich selbst zwar als „religiös absolut ‚unmusikalisch‘“, aber „weder antireligiös noch irreligiös“ zu empfinden, „auch in dieser Hinsicht als einen Krüppel, als einen verstümmelten Menschen, dessen inneres Schicksal es ist, sich dies ehrlich eingestehen zu müssen, sich damit – um nicht in romantischen Schwindel zu verfallen – abzufinden“ (ebd., S.  6 5). Ähnlich argumentiert Max Weber auch noch in Wissenschaft als Beruf (MWG I/17, S.  110). 83 Weber, Das stoisch-christliche und das moderne profane Naturrecht. Diskus­ sions­beiträge auf dem Ersten Deutschen Soziologentag am 21. Oktober 1910, MWG I/9, S.  741–764, Zitat: S.  752.

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bare Individualität des Menschen abhebe, letztlich indifferent gegenüber allen sozio-politischen Ordnungen.84 In Webers Diskussionsreden auf dem Zweiten Soziologentag wiederholen sich, in konzentrierter und auch zugespitzter Form, die schon zwei Jahre zuvor verwendeten Argumentationsfiguren. So führt Weber in den Debatten über alle Vorträge (von Paul Barth, Ferdinand Schmid und Franz Oppenheimer, sowie, am Rande, von Ludo Moritz Hartmann und Robert Michels) eine Fülle empirischer, näherhin historischer Tatsachen an, denen mit ganz unzureichend geklärten Begriffen wie Nation und Nationalität einerseits, Rasse andererseits und damit operierenden Theorien nicht beizukommen sei. Webers Unterscheidungsbemühungen laufen so auf die Feststellung hinaus, daß unter „Nationalgefühl“ (jenseits des Wunsches nach einem eigenen, selbständigen Staat) empirisch kaum „etwas Einheitliches, spezifisch Gesondertes“85 zu verstehen sei. Und der unter „Rassenfanatikern“ übliche Rekurs auf Rassenmerkmale und andere erbliche Eigenschaften sei begrifflich viel zu ungenau, als daß daraus auf „mystische Wirkungen“ statt auf irgendwelche überprüfbare Kausalzusammenhänge geschlossen werden könnte.86 Erst recht sei der Versuch, eine Rassentheorie resp. „Rassemystik“87 in den Rang einer „Geschichtstheorie“, etwa zur Erklärung des Untergangs des römischen Reiches, zu erheben, nicht nur ganz und gar unhaltbar, sondern nicht weniger als ein „wissenschaftliches Verbrechen“.88 Das sind selbst für Webers Verhältnisse sehr starke Worte, mit denen er in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit begründet, sich alledem entgegenzustellen und auf die „freilich weit schwierigere soziologische Analyse“89 einzulassen. „Soziologische Analyse“ heißt hier wie auch sonst: strikte Tatsachenforschung, die Verwendung präziser und zugleich empirisch trennscharfer Begriffe und die Enthaltung von praktisch-wertenden Stellungnahmen, 84  Simmel, Georg, Diskussionsbeitrag zu Troeltsch, in: Verhandlungen DGS 1910, S.  2 04–206, hier S.  2 05. Wie es mit der Übereinstimmung Webers, Troeltschs und Simmels in Fragen der Religion im Übrigen steht, ist hier nicht zu erörtern. In seiner Besprechung von Simmel, Georg, Die Religion (Die Gesellschaft, 2. Band). – Frankfurt a. M.: Rütten und Loening 1906, erhebt Troeltsch den Vorwurf des „Psychologismus“, und darin kommt ein prinzipieller Dissens zum Ausdruck (Troeltsch, Ernst, Zur modernen Religionsphilosophie, in: Deutsche Literaturzeitung, 28. Jg., Nr.  14 vom 6. April 1907, Sp.  8 37–841; dass., in: ders., Rezensionen und Kritiken (1901–1914), hg. von Friedrich Wilhelm Graf in Zusammenarbeit mit Gabriele von Bassermann-Jordan (KGA, Band 4). – Berlin, New York: Walter de Gruyter 2004, S.  521–526). 85  Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, unten, S.  311. 86  Ebd., unten, S.  3 08. Nicht einmal diejenigen Voraussetzungen, unter denen Rassentheorien „überhaupt diskutabel“ wären, sind nach Weber, Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie, unten, S.  326, erfüllt. 87  Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, unten, S.  312. 88  Weber, Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie, unten, S.  323. 89  Ebd., unten, S.  324.

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darüber hinaus aber, und zwar mit besonderer Deutlichkeit ausgesprochen: die Suche nach Kausalfaktoren „sozialen Charakters“, etwa angesichts der Diskriminierung der „Neger“ in den Vereinigten Staaten,90 resp. nach den „eigentlich soziologischen Bedingungen“, aus denen sich z. B. die Entstehung einer „einheitlichen Literatursprache“ erklärt.91 Soziologische Analysen, wie Weber sie versteht, setzen sich vornehmlich dem Erklärungsanspruch naturalistischer Theorien entgegen, doch können sie sich ihnen gegenüber keineswegs mit dem Aufweis der bedingenden Rolle von „Kulturelementen“ oder „Kulturgüter[n]“ begnügen 92 und den oftmals bestimmenden Einfluß ökonomischer Interessen außer acht lassen – sei es in Gestalt „kapitalistische[r] Erwerbsinteressen“ oder der regelmäßig auch materiellen Interessen von Intellektuellen.93 Offenbar hat sich Weber hier einer soziologischen Betrachtungsweise im engeren, zwar (noch) nicht disziplinär, aber doch begrifflich-theoretisch ausdifferenzierten Sinne angenähert, wie er sie nur ein Jahr später, jedenfalls in ihren Grundbegriffen und Grundzügen, der Fachwelt präsentieren wird. Kurz davor hatte Weber, in seinem Rechenschaftsbericht zum Zweiten Deutschen Soziologentag, davon gesprochen, daß der „soziologischen Wissenschaft“, dieser „früher mit einem gewissen Recht verschrien gewesenen Disziplin“, angesichts ihrer „jetzigen Leistungen“ der ihr „gebührende Platz und Rang“ an den deutschen Universitäten zugestanden werden müsse.94 Mit diesem Soziologentag beendet Weber seine Mitwirkung in der DGS als soziologischer „Arbeitsgemeinschaft“, um die „soziologische Wissenschaft“ nach seinen eigenen Vorstellungen zu konzipieren und zu betreiben. Bevor die Erörterungen darauf zurückkommen, wenden sie sich der Problematik zu, die Weber schon seit längerem und in enger Verbindung mit seiner Annäherung an die Soziologie beschäftigte – der Problematik der Werturteilsfreiheit nebst einigen damit verknüpften Fragen.

7. Werturteilsfreiheit I Im zum Ersten Deutschen Soziologentag vorgelegten Geschäftsbericht und in vielen seiner Diskussionsbeiträge auf beiden Soziologentagen wird das 90  Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, unten, S.  3 08 f. 91  Ebd., unten, S.  310. 92  Ebd., unten, S.  3 09 f. Es gebe, bemerkt Weber, „keinen soziologisch eindeutigen genetischen Begriff von Nation und Nationalität, der an den Begriff ‚Kultur‘ anknüpft“ (ebd., unten, S.  312). 93  Ebd., unten, S.  311. 94  Weber, Rechenschaftsbericht für die abgelaufenen beiden Jahre. Rede auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag in Berlin am 21. Oktober 1912, MWG I/13, S.  411– 417, hier S.  417.

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Gebot der „Wertfreiheit“ von Weber so auffällig hervorgehoben, daß der Eindruck entsteht, die Soziologie sei vor allem anderen durch dessen Beachtung definiert, in ihr gründe, jedenfalls in der Hauptsache, ihr Zweck und ihre Notwendigkeit. So hat Weber die Durchsetzung eben dieses Gebots auch mehr als alles andere zum entscheidenden Maßstab des Erfolgs der DGS-Gründung gemacht – und ihr Scheitern zum Anlaß genommen, sich sehr bald wieder von der Gesellschaft zu distanzieren. Tatsächlich ist die ausdrückliche Forderung nach Werturteilsenthaltung (immer: im Sinne Webers) hinsichtlich der empirischen Sozial- und Kulturwissenschaften genau deshalb besonders dringlich, weil sie hier ebenso konstitutiv, aber sehr viel schwerer zu erfüllen und in ihrer Mißachtung viel schwerer zu erkennen ist als in den Naturwissenschaften. Das von den Sozial- und Kulturwissenschaften zu erforschende Handeln ist von Wertsetzungen, Wert­ ent­scheidungen und normativen Erwartungen bestimmt und motiviert und damit einer wertneutralen, objektivierenden Beobachtung und Erklärung vermeintlich schwer zugänglich. In die von der sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung zu einem guten Teil aufzunehmenden lebensweltlichen oder auch juristischen Begriffe sind sehr häufig bestimmte Wertentscheidungen gleichsam eingebaut. Eine wesentliche Aufgabe erfahrungswissenschaftlicher Begriffsbildung und Begriffsverwendung liegt deshalb darin, diese Wertvorgaben wahrzunehmen und außer Kraft zu setzen. Und es ist genau diese Aufgabe, die Weber der Soziologie, wie er sie im Zusammenhang der DGS-Gründung versteht, als deren vorrangige ratio essendi zuschreibt. So kommt er auch im vorletzten seiner Beiträge zu den Soziologentagen noch einmal auf den Unterschied zwischen „empirischer kausaler Erklärung und wertender Betrachtung“1 zu sprechen. Wie man bei der (in der Debatte u. a. erörterten) „Gunst der Frauen“ als einem „kausale[n] Moment soziologischer Erscheinungen“ und ihrer Wertschätzung scharf unterscheiden müsse, so erst recht bei Begriffen wie „Nation“ oder „nationaler Staat“, bei denen eine „Wertdiskussion“ die „sachliche Erkenntnis“ durchaus nicht gefördert, sondern „ein allgemeines Chaos gegenseitiger nationaler Rekriminationen“ herauf beschworen hätte. Eben darum werde er auf der „Durchführung“ des einschlägigen (auf Weber zurückgehenden) „Statutenparagraph[en], welcher derartiges verbietet“, beharren, „so lange er besteht“.2 Weber war es auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, daß er sich mit dieser prinzipiellen Trennung strikt erfahrungswissenschaftlicher, näherhin soziologischer Begriffe von Werten nicht in Übereinstimmung mit Rickert befand. Am 7. Februar 1913 wird er Rickert ermuntern, sich an der Debatte 1  Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, unten, S.  314. 2  Ebd., unten, S.  314 f.

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des Vereins für Sozialpolitik (VfSp) zu beteiligen, indem er die Fragen nennt, die dort „für die eigne (nationalökonomisch-soziologische) Disziplin und für Geschichte und Philosophie zur Diskussion“ gestellt werden sollen.3 Das bezieht sich auf die dem nächsten Brief vom 23. März4 beigefügte „Beilage“5 des Vorstands des VfSp. Weber beschreibt eine (die erste) dieser Fragen als „Wertung und Wertbeziehung als Objektsabgrenzung“6 und bemerkt, daß seine (Rickerts) Mitwirkung „schon sehr gut“ wäre: „Denn die Confusion ist gewaltig. Und Sie könnten da ja Alles, was Sie neulich mir mündlich entgegenhielten (übrigens war ich an dem Tage in der That wenig ‚up to date‘), mit sagen. Sie stecken ja doch ganz in den Sachen grade jetzt!“7 Rickert soll also, jedenfalls nicht zuletzt, die kurz zuvor mündlich vorgebrachte Kritik an Webers Position vortragen. Es liegt sehr nahe anzunehmen, daß es dabei um die Frage ging, ob die „Wertbeziehung als Objektsabgrenzung“ einer fundierenden „Wertung“ bedürfe, um die „Objektivität“ (qua Sachgemäßheit, Wahrheitsgeltung) der Erkenntnis zu gewährleisten. Einige Jahre später und aus gegebenem Anlaß wird Weber (in seinem Brief an Rickert vom 26. April 1920) 8 diese Nichtübereinstimmung mit großer Klarheit und Entschiedenheit konstatieren. Damit aber gibt er mit einiger Verspätung auch Franz Eulenburgs genau diesen Punkt betreffender Rickert-Kritik recht,9 die er zunächst scharf zurückgewiesen hatte: Eulenburg, so hatte er bereits am 12. März 1906 an Ladislaus von Bortkiewicz und gegen dessen abweichende Sicht geschrieben, „hat Rickert einfach nicht verstanden“.10 3  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 7. Febr. 1913, MWG II/8, S.  8 3–85, hier S.  84. 4  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 23. März 1913, MWG II/8, S.  140. 5 Rundschreiben von Schmoller, Herkner, Boese und Geibel „An die Herren Mitglieder des Vereins für Sozialpolitik“ vom November 1912, abgedruckt in: MWG II/8, S.  141 f. 6  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 7. Febr. 1913, MWG II/8, S.  8 4. 7  Ebd., S.  8 5. Daß Rickert „doch ganz in den Sachen grade jetzt“ stecke, bezieht sich offensichtlich auf Rickert, Vom System der Werte, in: Logos, Band 4, Heft 3, 1913, S.  2 95–327 (hinfort: Rickert, System der Werte), zu dem sich Weber in einem späteren Brief (ca. Ende November 1913, MWG II/8, S.  4 08–410) freundlich, in der Sache aber kritisch-distanziert äußert. Der Brief enthält, soweit bekannt, die einzige eingehende und grundsätzliche Stellungnahme Webers zu Rickerts „Wertphilosophie“. 8  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 26. April 1920, MWG II/10, S.  1040 f. 9 Eulenburg, Franz, Gesellschaft und Natur. Akademische Antrittsrede, in: AfSSp, Band 21, 1905, S.  519–555. 10  Brief Max Webers an Ladislaus von Bortkiewicz vom 12. März 1906, MWG II/5, S.  4 5–47, Zitat: S.  4 6. Eulenburg hatte angemerkt, daß sich seine Kritik mit derjenigen decke, die Bernhard Schmeidler besonders überzeugend in seinem Aufsatz (Schmeidler, Über Begriffsbildung und Werturteile in der Geschichte, in: Annalen der Naturphilosophie, hg. von Wilhelm Ostwald, Leipzig, 3. Band, 1904, S.  24–70) dargelegt habe. Tatsächlich ist Schmeidlers Kritik insofern gründlicher, als sie sich gegen Rickerts Annahme wendet, die „objektive Gültigkeit“ (ebd., S.  28) historischer resp.

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Zu einem sehr gedrängten und doch die meisten wichtigen Punkte berührenden Abriß der Werturteilsproblematik nutzt Weber die Rezension, die er im Umkreis der DGS-Gründung der nur 77-seitigen Schrift von Adolf Weber widmet. Die „methodologische“ (sic) Position des Verfassers sei „augenscheinlich noch nicht endgültig geklärt“,11 und das betrifft neben einer der Eulenburgschen ähnlichen Mißdeutung Rickerts auch die Art und Weise, in der der Autor sich in einigen Passagen auf ihn, Max Weber, bezieht. Die von Adolf Weber aufgenommene, verbreitete Kritik an den „Kathedersozialisten“ und deren Verknüpfung der historischen und sozioökonomischen Forschung mit einer bestimmten sozialpolitischen Zielsetzung veranlaßt Max Weber festzustellen, wie unglaubwürdig und undurchdacht sich diese Kritik angesichts der wirtschaftspolitischen Interessenbindung ihrer Protagonisten darstellt. Sie veranlaßt ihn deshalb, sich sogar „mit doppeltem Stolz“ diesem Kreis zuzurechnen sowie auf seinem „staatsbürgerlichen Recht“ zu bestehen, sich entsprechend in öffentliche Debatten einzumischen. In diesem Kontext macht Weber, eher nebenbei, zwei Bemerkungen, die über das hier wie auch sonst gegen eine „Vermischung des Werturteiles mit kulturwissenschaftlicher Erkenntnis ergebe sich daraus, daß sie sich bei der Begriffsund Gegenstandsbildung von unbedingt allgemeingültigen Werten bestimmen lasse – derart, daß das empirisch Wahre nach Rickert eine Funktion des normativ absolut Richtigen sei. Dieser Einwand ist ebenso treffend wie Schmeidlers Feststellung, daß Rickert in keinem einzigen Fall die Geltung solcher allgemeingültigen Werte aufgezeigt und bewiesen habe (ebd., S.  4 5), so daß an deren Stelle am Ende „persönliche Werturteile“ (ebd., S.  31) fungierten. – Weber hat in dieser fundamentalen, seine prinzipielle Unterscheidung von Wert- und Tatsachenurteilen betreffenden Frage nie Rickerts erkenntnistheoretische Prämissen geteilt, aber darauf verzichtet, dies ausdrücklich zu sagen und sich damit prinzipiell von Rickert abzusetzen. Mit Webers Verständnis von „Wirklichkeitswissenschaft“ und der von ihm gemeinten und praktizierten Methode der Wertbeziehung haben sich Schmeidler und auch Eulenburg offenbar ebenso wenig befaßt wie mit seinen Vorstellungen vom idealtypischen Charakter historischer Begriffe (soweit sich Weber bis 1905, also bis zum Objektivitätsaufsatz, dazu geäußert hatte). Diese Unkenntnis spricht aus Schmeidlers Fazit, daß auch die historische Begriffsbildung „durchaus auf das Allgemeine“ (ebd., S.  4 9), d. h.: auf die „dauernden und stets gleichbleibenden Seiten der Menschennatur“ (ebd., S.  42) und also auf ein „nach Prinzipien der Naturwissenschaft gebildetes Begriffssystem“ abziele. Deshalb und in genau diesem Sinne sei auch die Geschichte eine „Begriffs-, keine Wirklichkeitswissenschaft“ (ebd., S.  5 8). – Von der von Schmeidler herangezogenen Literatur ist, im Blick auf die Weber vorgegebene Diskussionslage, besonders erwähnenswert: die scharfe, den Kern der Sache aber nicht treffende Rickert-Kritik von Ferdinand Tönnies, Zur Theorie der Geschichte (Exkurs), in: Archiv für systematische Philosophie, Band 8, 2. Heft, 1902, S.  1–38, Rickerts direkte Antwort darauf (Rickert, Über die Aufgabe einer Logik der Geschichte, in: ebd., S.  137–163), schließlich, vor allem wegen seiner Darlegungen zur soziologischen Begriffsbildung: Kistiakowski, Theodor, Gesellschaft und Einzelwesen. Eine methodologische Studie. – Berlin: Liebmann 1899, hier S.  4 6–59. 11  Weber, Rez. Adolf Weber, unten, S.  196.

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der Tatsachendarstellung“12 Gesagte hinaus gehen, damit sogar unvereinbar zu sein scheinen. Die erste dieser Bemerkungen hebt hervor, daß Gelehrte durch die Beschäftigung mit „praktischen Tagesproblemen“ durchaus nicht von der Forschung abgebracht, sondern genötigt würden, „scheinbar eindeutige Begriffe in ihrer Vieldeutigkeit zu enthüllen“ derart, daß durch „aktuelle rein praktische Fragen dem Interesse für rein wissenschaftliche Erkenntnis“ der Weg gewiesen werde.13 Diesem Übergang komme, wie auch Adolf Weber anerkenne, die „Natur eines großen Teiles unseres Begriffsschatzes“ entgegen, sofern es sich dabei um „‚wertbezogene‘ Gebilde“ handle.14 Daß die damit angesprochene Bedeutung der „Wertbeziehung“ für die sozial- und kulturwissenschaftliche Gegenstands- und Begriffsbildung mit der strikten Unterscheidung der sich so ergebenden Begriffe von „Wertbegriffen“ (als Maßstäben der wertenden Beurteilung) einher gehen müsse, war Max Weber immer klar – sehr lange jedoch nicht, daß er sich damit im Gegensatz zu Rickert befand. Die zweite, eher nebensächlich erscheinende Bemerkung zielt in eine andere, die Möglichkeit resp. Notwendigkeit einer begründeten, also keineswegs ganz „subjektiven“ Unterscheidung zwischen praktischen Wertsetzungen betreffende Richtung: Die „Ethik“ (sic) des Kathedersozialismus „und dessen ganze Denkrichtung[,] einschließlich ihrer größten Sünden“, habe doch, insbesondere gegenüber dem Manchestertum, „einen Fortschritt zu so unermeßlich universelleren Gesichtspunkten“ bedeutet, „daß wir heutigen Epigonen, gleichviel welcher ‚Richtung‘, gar nicht genug dafür dankbar sein können“.15 Das hier angeführte Kriterium der Universalisierbarkeit – notabene nicht einer (wie wiederum bei Rickert) unvordenklich geltenden Universalität – wird von Weber auch, obzwar regelmäßig ohne nähere Erläuterung, da ins Spiel gebracht, wo er von den (qua „Wertbeziehung“) zu wählenden Wertgesichtspunkten spricht.16 Darüber hinaus ist dies gewiß ein Kernstück der von Weber wiederholt angesprochenen, aber nicht einmal in Umrissen ausgearbeiteten Ethik. Thematisch und zeitlich gehört die Adolf Weber-Rezension – neben den Diskussionsbeiträgen zu Rudolf Goldscheids Vortrag (1908), zur Debatte des Vereins für Sozialpolitik über den Begriff der Produktivität (Wien 1909) und zu den einschlägigen Kontroversen auf beiden Soziologentagen – in den Kontext, aus dem schließlich Webers ausführlicher, das gesamte Problemfeld übergreifender Beitrag zur „Werturteildiskussion“ im Ausschuß des Vereins für 12  Ebd., unten, S.  193. 13  Ebd., unten, S.  194 f. 14  Ebd., unten, S.  195. 15  Ebd., unten, S.  193 f. 16  Vgl. dazu Weiß, Grundlegung (wie oben, S.  2 6, Anm.  4 5), S.  24 ff., 33 ff.

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Sozialpolitik hervorging. Weber hatte sich nur widerstrebend auf diese Veranstaltung eingelassen, und die spätere, von diesem konkreten Diskussionszusammenhang abgelöste, jedoch eng an den Beitrag anschließende und als „Wertfreiheits“-Aufsatz veröffentlichte Überarbeitung erklärt sich daraus, daß er sich durch jene Werturteilsdiskussion in seiner Skepsis nachdrücklich bestätigt fand.17 Der im selben Jahr (1913) und im Blick auf eine in seinen Augen insgesamt unergiebige Debatte veröffentlichte Entwurf seiner Soziologie entsprang der Absicht, die Möglichkeit, die Zielsetzung und die Umrisse einer verstehenden und kausal erklärenden, strikt empirischen, zwar historischen und wertbezogenen, zugleich aber im geforderten Sinne „wertfreien“ Sozialwissenschaft darzulegen.

8. Werturteilsfreiheit II Es versteht sich für Weber, daß im Verein für Sozialpolitik „Fragen der ‚Weltanschauung‘, genauer praktisch-politische ‚Wertungen‘ ihre Stätte haben sollen“.18 Aber gerade wegen dieser Aufgabe ist gründlich zu klären, in welcher Weise und innerhalb welcher Grenzen die empirischen Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in sie einbezogen und – mit ihrer „spezifische[n] Voraussetzung: gelehrte Fachkenntnis der Tatsachen“ – ihr dienlich sein können, und zwar ungeachtet dessen, daß diese Fachkenntnis als solche nicht als „spezifische Vorzugsqualität für die praktisch wertende Stellungnahme“ gelten kann.19 Recht ausführlich beschäftigt sich Weber mit Fragen, die er ausdrücklich „nicht diskutieren“ will. Das ist besonders auffällig, weil er den harten Kern seiner Argumentation kurz und knapp vorträgt, dies unter wiederholtem Verweis auf zuvor und immer wieder Vorgebrachtes20 und unter ausdrücklichem Verzicht auf im gegebenen Zusammenhang überflüssige methodologische Erörterungen. Der harte Kern – das ist „ausschließlich [...] die an sich höchst triviale Forderung: daß der Forscher und Darsteller die Feststellung empirischer Tatsachen (einschließlich des ‚wertenden‘ Verhaltens der von ihm untersuchten Menschen) und seine praktisch wertende, d. h. diese Tatsachen (einschließlich etwaiger zum Objekt einer Untersuchung gemachten ‚Wer17  So kommt auch Nau, Heino Heinrich, Der Werturteilsstreit. Die Äußerungen zur Werturteilsdiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik (1913). – Marburg: Metropolis-Verlag 1996, zu dem Ergebnis, daß Weber wie schon in den vorangegangenen Debatten – in Mannheim 1905 und in Wien 1909 – auch 1913 mit seinen Argumenten nicht habe durchdringen können. 18  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 36. 19  Ebd., unten, S.  3 37. 20  Ebd., unten, S.  3 48 f., 357 f., 361 und 375 f.

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tungen‘ von handelnden Menschen) als erfreulich oder unerfreulich beurteilende, Stellungnahme auseinanderhalten solle, weil es sich da nun einmal um heterogene Probleme handelt“.21 Dieser Forderung sei, so bemerkt Weber mit nachvollziehbarer Ungeduld, nur auf eine Weise zu widersprechen: durch den Nachweis, daß die Behauptung der „absolute[n] logische[n] Heterogenität beider Arten von Fragen“22 falsch sei. Weber also erscheint, im gegebenen Zusammenhang, nicht diese „an sich höchst triviale“ Einsicht und Forderung vor allem diskussionswürdig, sondern die Frage, wie das Zusammenspiel von Wertsetzungen oder Wertbindungen einerseits und Tatsachenforschung andererseits zu verstehen und nach beiden Seiten hin fruchtbar zu machen sei. Die sich hier eröffnenden Möglichkeiten und Aufgaben sind vielfältig und weitgespannt. Sie reichen von der logischen oder hermeneutischen „Wertdiskussion“ und „Wertinter­preta­tion“23 über die Klärung des Verhältnisses zwischen aktueller Wertung und bloß „theoretischer“ Wertbeziehung und die Kritik des „allerverwerflichste[n]“ aller Mißbräuche, deren sich die (in der Kritik am Verein für Sozialpolitik sich besonders hervortuenden) „pseudowertfreie[n] Prophet[en] der materiellen Großinteressenten“24 schuldig machen. Darüber hinaus geht es um die empirische Erforschung der Entstehungs- und Realisierungsbedingungen sowie der Realisierungsfolgen bestimmter ethischer oder politischer Wertsetzungen einerseits,25 der problemerhellenden Kraft entsprechender Wertbindungen andererseits.26 Was diesen letzten Punkt betrifft, so ist tatsächlich auffällig, wie nachdrücklich Weber hier die unverzichtbare, produktive Bedeutung auch radikaler Formen moralischer oder politischer Kritik für die empirische Forschung betont. Zwar schade die Vermischung normativer und empirischer Argumentationen bei der „Professoren-Prophetie“27 oder der „Kathederwertung“,28 auch in Gestalt der prominent von Schmoller vertretenen „,ethischen‘ Nationalökonomie“,29 auf Dauer dem Ansehen und der Leistungsfähigkeit der Sozialwissenschaften. Doch könne es der Forschung, ihrer Sachnähe und ihrem Unterscheidungsvermögen, zugute kommen, wenn Professoren sich auch als „Staatsbürger“ verstehen und nach Kräften betätigen – ganz so, wie Weber es für sich selbst beansprucht.30 21  Ebd., unten, S.  3 50. 22  Ebd., unten, S.  3 57. 23  Ebd., unten, S.  3 54, 359 und 361. 24  Ebd., unten, S.  3 48, vgl. auch Weber, Rez. Adolf Weber, unten, S.  195. 25  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 57 f. 26  Ebd., unten, S.  3 44–347. 27  Ebd., unten, S.  3 41. 28  Ebd., unten, S.  3 40. 29  Ebd., unten, S.  3 47. 30  Ebd., unten, S.  3 42.

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Eher am Rande zwar, aber doch deutlich, stellt Weber schon in diesem Beitrag zur Werturteilsdiskussion des Vereins für Sozialpolitik,31 durchgehend dann im „Wertfreiheits“-Aufsatz von 1917, den Bezug zu seiner Soziologie her. Diese Soziologie heißt „verstehend“, weil das Explanans ihrer kausalen Erklärungen das sinnhaft motivierte und als solches verständliche soziale Handeln ist. Damit aber zielt diese Soziologie auf genau die Ebene der Selbst- und Weltorientierung von Menschen, auf der – nicht ausschließlich, aber vornehmlich – Sympathie und Antipathie, Übereinstimmung und Dissens, Freundschaft und Streit, Zuneigung und Ablehnung, Verstoßen und Verzeihen, positives und negatives Bewerten etc. ansetzen. Das soziologische Verstehen hat die Nötigung zum Für und Wider nicht zum Verschwinden zu bringen, wohl aber „auszuhängen“, also vorübergehend und im Rahmen des nur Möglichen außer Kraft zu setzen, methodisch und begrifflich zu neutralisieren. Genau darin, in einer durchaus ‚künstlichen‘ und weder auf Dauer zu stellenden noch zu verallgemeinernden Bewertungsaskese, liegt nach Weber seine Bedeutung und Leistung für die „Selbstbesinnung verantwortlich handelnder Menschen“.32 Je gründlicher, genauer und bewertungsneutraler solches Verstehen seine Aufgabe erfüllt, desto besser dient es auf seine Weise praktischer Wertsetzung und Wertbindung, im gegebenen Falle auch in der Form des Verzeihens.33 Diese nur mittelbare, aber oft sehr große Bedeutung empirischer und insbesondere soziologischer Erkenntnis für die Beantwortung normativer Fragen betrifft nicht nur konkrete Entscheidungen, sondern auch die sie bestimmenden, etwa ethischen Prinzipien. Eine „realistische“, also erfahrungswissenschaftlich begründete Ethik ist nach Weber zwar logisch ebenso ausgeschlossen 34 wie die Widerlegung moralischer und politischer Überzeugungen oder die Entscheidung über die „Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer normativen Ethik“35 überhaupt auf empirischer Basis. Das ist nach Weber im gegebenen Zusammenhang nicht zu erörtern, zweierlei aber stellt er, wie ähnlich schon im Objektivitätsaufsatz, sehr nachdrücklich klar: Normative, vor allem ethische Wertsetzungen besitzen eine eigene „Dignität“36 und eigene Formen der Begründung, sind also nicht mit „subjektive[n] Geschmacksurteile[n]“37 und auch nicht mit „Kulturwertungen“38 bzw. „Kulturidealen“39 gleich zu setzen. Und die verbreitete Behauptung, aus einer Ethik nach Art 31  Ebd., unten, S.  3 36, 353 f. und 381 f. 32  Weber, Objektivität, S.  2 6. 33  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 54. 34  Ebd., unten, S.  3 53. 35  Ebd., unten, S.  3 56. 36  Ebd., unten, S.  3 52. 37 Ebd. 38  Ebd., unten, S.  3 40. 39  Ebd., unten, S.  3 54.

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der Kritik der praktischen Vernunft Kants ergäben sich bestenfalls „‚formale‘ […] Wahrheiten“40 ohne inhaltlichen, also praktisch-konkreten Nutzen, sei kenntnislos und falsch. Ausführlicher als im Beitrag zur Werturteilsdiskussion im Verein für Sozialpolitik läßt sich Weber auf das Problem einer „normativen Ethik“ in der zweiten, an die wissenschaftliche Öffentlichkeit gerichteten Fassung seiner Überlegungen ein. Bei der Bearbeitung für die Zeitschrift Logos habe er, bemerkt Weber,41 nach Möglichkeit alles nur auf die „interne Diskussion“ im Verein für Sozialpolitik Bezogene weggelassen, dafür aber den 1913 ausdrücklich kurz gehaltenen „allgemeinen methodologischen Betrachtungen“ mehr Raum gewährt.42 Das trifft die Sache, ist aber zu präzisieren und zu ergänzen. Im Zuge der vertieften Beschäftigung mit „methodologischen Betrachtungen“ beschränkt sich Weber keineswegs auf „allgemeine“ oder prinzipielle Probleme. Vielmehr unternimmt er es, in concreto darzulegen, welche Folgen sich aus seiner methodologischen Position für die empirische Erforschung desjenigen sehr wichtigen und umfassenden Sachkomplexes ergeben, den Weber auch am Ende des Diskussionsbeitrags und zu gleicher Zeit, in etwas anderer und – in diesem Kontext – auch überraschender Wendung, zum Abschluß des Kategorienaufsatzes angesprochen hatte. Es handelt sich um die Entwicklungsdynamik der „modernen“ Gesellschaft, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Frage, ob und in welchem Sinne sie als ein Prozeß fortschreitender Rationalisierung beschrieben werden könne. Dies ist für Weber keine beliebige Problemstellung zur Exemplifizierung allgemeiner methodologischer Argumentationen, sondern der wichtigste Grund und die größte Herausforderung für die Soziologie, wie Weber sie auf die Bahn zu bringen und auszuarbeiten wünschte. Sie ist, wie alle neuzeitliche Wissenschaft, ein wesentliches Produkt und eine bestimmende Triebkraft jenes Prozesses, der aber in ihr, wie zuvor in der Philosophie, dann in der Ökonomie, zugleich reflexiv, also selbstbezüglich, selbst-problematisierend und selbst-kritisch wird. Und für Weber lautet die alles entscheidende Frage, ob und wie dieser Prozeß im Rahmen strikter Erfahrungswissenschaft erforscht und, unter Beachtung des Gebots der Werturteilsenthaltung, als Fortschrittsprozeß beurteilt werden könne. Von diesem Problemkomplex her lassen sich die von allgemeinen und auch fundamentalen „methodologischen Betrachtungen“ motivierten Veränderungen und Ergänzungen im Logos-Aufsatz verstehen: die ausführliche und 40  Ebd., unten, S.  3 54. 41  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 45, Fn.  1. 42  Ebd., unten, S.  4 46, Fn.  1. Offenbar hat jene „interne Diskussion“, der veröffentlichte Beitrag des „geschätzten Philosophen“ Eduard Spranger eingeschlossen, nichts ergeben, auf das in irgendeiner Weise einzugehen Weber bei der Darlegung des „eigenen Standpunkt[s]“ angebracht erscheint.

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differenzierte Exemplifizierung eines Fortschrittsbegriffs, mit dem zu arbeiten den empirisch-historischen Wissenschaften (als interpretierenden oder kausal erklärenden) möglich und sogar unvermeidlich ist, an der Geschichte der Musik, des gotischen Kirchenbaus und der bildenden Kunst;43 die vergleichsweise knappen, von Windelband angeregten Bemerkungen zur grundlegenden Bedeutung dieses Begriffs für das Verständnis der spezifischen Entwicklung der modernen Kultur; die gegenüber dem Diskussionsbeitrag erweiterte Erörterung der grundlegenden Frage, wie die „soziologischen und ökonomischen Disziplinen“ mit „jenen rationalen ‚Fortschritts‘-Begriffen“44 umzugehen haben; die aus dem Diskussionsbeitrag übernommenen, aber nun in diesen größeren Kontext eingeordneten Analysen zur Rolle „rationaler“ begrifflich-theoretischer Konstrukte in diesen Disziplinen überhaupt; die abschließenden Ausführungen zur zunehmenden Wirkungsmacht des Staates; schließlich die gegenüber dem Diskussionsbeitrag auffällig starke, die neuen Teile 45 durchziehende Hervorhebung der Soziologie mit ihrer besonderen Sicht- und Erklärungsweise. Hinsichtlich dieses letzten Punktes ist zu beachten, daß Weber den Begriff der technischen Rationalisierung zwar einer nicht bewertenden, sondern historischen und als solcher „empirisch-kausalen“,46 aber gerade nicht so­zio­ logischen Betrachtungs- und Erklärungsweise zuordnet.47 Allerdings kann 43 Erweitert sind auch die vorangehenden Bemerkungen zur Differenzierung des Gefühlslebens vornehmlich als Folge einer „zunehmende[n] Rationalisierung und Intellektualisierung [1913: Individualisierung; J.W.] aller Lebensgebiete“ (Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 84). Die Kritik an Simmel, der dies Geschehen (in: Simmel, Georg, Schopenhauer und Nietzsche: Ein Vortragszyklus. – Leipzig: Duncker & Humblot 1907) „mit bedingungslos positivem Wertvorzeichen versehen“ (Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 68) habe, ist gestrichen. Mit einiger Ausführlichkeit legt Weber nun dar, wie gegensätzlich der „Fortschritt der Differenzierung“ (sic) bewertet werden könne: Eine eindeutige Wert-Mehrung lasse sich „zunächst nur in dem intellektualistischen Sinn der Vermehrung des zunehmend bewußten Erlebens oder der zunehmenden Ausdrucksfähigkeit und Kommunikabilität“ behaupten (Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 85). Die Rede von „Kommunikabilität“ (im Sinne einer elementaren Bestimmung von Rationalität) ist auffällig, aber weder hier noch an anderer Stelle terminologisch. 44  Ebd., unten, S.  4 92. 45  Ebd., zum Beispiel vor allem ebd., unten, S.  4 87 ff., aber in der Form kurzer Einschübe. 46  Ebd., unten, S.  4 90 f. 47  Insofern wird der nicht von Weber stammende Titel Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik dem (im Kern wohl schon 1911 oder 1912 entstandenen) musik-‚soziologischen‘ Fragment Webers durchaus gerecht. Dies umso mehr, als es sich fast ausschließlich auf Probleme der „Musikrationalisierung“ (Weber, Zur Musiksoziologie, MWG I/14, S.   145) auf kompositorischer und instrumententechnischer Ebene beschränkt und nur einige Hinweise zu Ansatzpunkten historischsozio­logischer Erklärungen enthält. Die Herausgeber des betreffenden Bandes der MWG (I/14) haben sich für die – von Weber selbst wiederholt verwendete – Bezeich-

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eine historisch angemessene Erklärung sich nicht auf die kunstimmanente und „technisch rationale“ Entwicklungsdynamik beschränken. Die Aufgabe der „empirische[n] Kunstsoziologie“48 besteht eben darin, deren gesellschaftliche Entstehungs- und Randbedingungen zu erforschen, so etwa „in starkem Maße soziologisch und religionsgeschichtlich bedingte Gefühlsinhalte“, „soziologisch mitbedingte Änderungen des Aufgabenbereiches der Architektur“,49 „konkrete, soziologisch und religionshistorisch bedingte, Eigentümlichkeiten der äußeren und inneren Lage der christlichen Kirche im Okzident“.50 Weber glaubt, seine Überlegungen voranzubringen, indem er sich Windelbands Lehrbuch der Geschichte der Philosophie zuwendet.51 Darin erörtert Windelband die Frage, ob im Blick auf die Geschichte der europäischen Philosophie von einem Erkenntnis-Fortschritt und nicht nur von einer heterogenen Vielfalt inkommensurabler Weltdeutungen zu sprechen möglich sei. Eine solche Möglichkeit sieht er vor allem darin begründet, daß eine „pragmatische“ Betrachtungsweise (im Unterschied zur ebenfalls gebotenen „kulturgeschichtlichen“ und „psychologischen“) auf einen harten Kern von Sachproblemen – „die ewig gleichen Probleme der Wirklichkeit und der auf ihre Lösung gerichteten Vernunft“52 – stoße. So erbringe die Geschichte der Philosophie „im ganzen“ einen „Grundriß allgemeingültiger Begriffe der Weltauffassung und Lebensbeurteilung“ , in dem der „wissenschaftliche Sinn“53 resp. der „Fortschritt“54 der historischen Entwicklung faßbar werde. Windelbands Beschränkung auf die Geschichte der europäischen Philosophie erscheint Weber zu eng, weil seine Schlußfolgerungen nicht für alle Philosophie gelten dürften, zur anderen Seite hin aber auch deshalb, weil er damit eine Übertragung solcher Überlegungen auf „jede ‚Geschichte‘ überhaupt“55 ausdrücklich ausschließen wolle. Weber wendet sich deshalb den „soziologischen und ökonomischen Disziplinen“ und dem „europäisch-amerikanische[n] Gesellschafts- und Wirtschaftsleben“ zu. Dessen fortschreitende „Rationalisierung“ zu erforschen, nung „Musiksoziologie“ entschieden, obwohl Weber (so in einem Brief an seine Schwester Lili vom 5. Aug. 1912, MWG II/7, S.  6 38 f.) den musikhistorischen Charakter der Untersuchung betont habe und das Überlieferte nach dem Urteil der Herausgeber am treffendsten mit „Rationale und (instrumental-)technische Grundlagen der Musik“ überschrieben wäre (Braun, Christoph und Finscher, Ludwig, Einleitung, in: MWG I/14, S.  1–139, hier S.  139). 48  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 86. 49  Ebd., unten, S.  4 87. 50  Ebd., unten, S.  4 88. 51  Windelband, Geschichte der Philosophie 4, S.  8. 52  Ebd., S.  12. 53  Ebd., S.  12. 54  Ebd., S.  15. 55  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 92.

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stelle „eine der Hauptaufgaben“ dieser („unserer“) Disziplinen dar.56 Darin liege zwar auch eine Beschränkung, doch werde so „diese[r] Begriff des ‚ra­tio­nalen‘ Fortschritts“ nicht nur im Blick auf den „Sonderfall“ der Kunst-, Religions- und Philosophiegeschichte, sondern auf seinem „eigensten“ Gebiet und als „sehr universelle[r]“ Tatbestand thematisiert.57 Damit komme man auch zum Kern der Frage, was „die Bezeichnung eines Vorgangs als eines ‚rationalen Fortschritts‘ denn eigentlich besagen will“.58 Allerdings geht nur der erste, kürzere und gegenüber 1913 wenig veränderte Teil der abschließenden Überlegungen dieser Frage nach, während der zweite, wesentlich erweiterte zwar in doppelter Hinsicht die Problematik des Rationalen in den fraglichen Disziplinen behandelt, dies aber nicht unter dem Gesichtspunkt eines rationalen Fortschritts. Prozesse der technischen Rationalisierung können im Rahmen der „soziologischen und ökonomischen“ Wissenschaften ganz ebenso wie in der Kunstgeschichte ohne von außen herangebrachte Wertmaßstäbe dann als Fortschritt gedeutet werden, wenn sie im Dienste vorgegebener, clare et distincte definierter Zwecke stehen. Diese Bedingung sei aber auf diesem, von höchst unterschiedlichen Zwecksetzungen und Interessenlagen 59 bestimmten „Gebiet“ regelmäßig nicht erfüllt, ganz abgesehen davon, daß eben letzte Wert- und Zwecksetzungen (und damit sozio-ökonomische „Vorgänge“ als ganze) eben nicht an einem erfahrungswissenschaftlich begründeten Fortschrittsmaßstab gemessen werden könnten. Weber folgert daraus, daß die Rede von Fortschritt in diesen Zusammenhängen oft unklar und irreführend sei und deshalb als „sehr inopportun“60 zu gelten habe. Im letzten, stellenweise gekürzten, insgesamt aber erweiterten Teil des „Wertfreiheits“-Aufsatzes wendet sich Weber von der Frage „der ‚praktischen‘ Wertungen“61 ab und, wie es nun heißt, der „Stellung des Rationalen innerhalb empirischer Disziplinen“62 zu. Das hier gemeinte „Rationale“ wird des Näheren, in einem nicht zureichend geklärten Begriffsgebrauch, als „das normativ Gültige“,63 „das normativ ‚richtig‘ Geltende“ resp. „normativ ‚Richtige‘“64 bezeichnet. Solches ist, etwa in Gestalt logischer oder mathematischer Normen, eine konstitutive Voraussetzung, ein „Apriori aller und jeder empirischen 56  Ebd., unten, S.  4 92. 57  Ebd., unten, S.  4 91. 58  Ebd., unten, S.  4 92. 59  Hier wie an anderer Stelle bezieht sich Weber in der früheren Fassung konkreter und deutlicher als 1917 auf materielle Interessen und Klassenlagen. 60  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 99; Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  375. 61 Ebd. 62  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 99. 63 Ebd. 64  Ebd., unten. S.  5 02 und 505.

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Wissenschaft“65 einerseits, ein mehr oder minder konsequent beachteter Bestimmungsgrund faktischen, von den fraglichen empirischen Disziplinen rein als solches untersuchten menschlichen Handelns andererseits. Von dieser auf der Objektebene ins Spiel kommenden und in seiner Handlungswirksamkeit zu beachtenden Rolle des „Rationalen“ schlägt Weber eine – 1917 ausformulierte 66 – Verbindung zu den besonderen Möglichkeiten des sinnhaften Verstehens und der Begriffsbildung in den Wissenschaften vom „menschlichen Sichverhalten“67 im Allgemeinen, in der „soziologischen Erkenntnis“68 im Besonderen – aber auch zu einer damit einher gehenden spezifischen „Problemvermischung“ resp. „Problemverschlingung“.69 Diese Problemverschlingung besteht in der undurchsichtigen, gelegentlich auch interessierten Umdeutung idealtypischer, für „die empirische Erforschung des Seienden“70 brauchbarer Konstrukte rationalen Handelns in praktische Postulate oder Beurteilungsmaßstäbe. Die in dieser Hinsicht an der „radikale[n] Freihandelsschule“ (insbesondere innerhalb des Vereins für Sozialpolitik) geübte Kritik erscheint Weber sehr berechtigt, nicht aber die Ablehnung einer „rein ökonomische[n] Theorie“ mit ihrer („individualistischen“) „rationale[n] Pragmatik“ als solcher, die vielmehr als „methodisches Hilfsmittel“ ganz unverzichtbar sei.71 Wenn etwas „normativ Gültige[s]“72 resp. „normativ Richtige[s]“,73 z. B. ein logisches oder mathematisches Schlußverfahren, als Vorlage für eine idealtypische Begriffskonstruktion verwendet wird, fungiert es nicht als normatives und objektiv richtigkeitsrationales „Apriori“ wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern besitzt denselben methodologischen Status wie andere in „rationale Idealtyp[en]“ umgebildete Normen, „Maximen“ oder irgendeine „in eine möglichst rationale Form gebrachte ‚Wertung‘, welcher Art immer“.74 Tatsächlich sei, bemerkt Weber, die Funktion aller so gebildeten (rationalen) Idealtypen als „Mittel des ‚Verstehens‘“ sogar „genau die gleiche“, wie die zur „verstehende[n] Erkenntnis“ „logisch irrationale[r] Gefühls- und Affekt-Zusammenhänge“75 gebildeten Begriffe.

65  Ebd., unten, S.  5 01. 66  Ebd., unten, S.  5 01 f. 67  Ebd., unten, S.  5 01. 68  Ebd., unten, S.  5 02. 69  Ebd., unten, S.  5 07 f. 70  Ebd., unten, S.  5 08. 71  Ebd., unten, S.  5 07 f. 72  Ebd., unten, S.  4 99. 73  Ebd., unten, S.  5 01. 74  Ebd., unten, S.  5 05. 75  Ebd., unten, S.  5 01.

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Wenn Weber an dieser letzten Stelle das „rein psychologische Einfühlen“ als „Mittel des ‚Verstehens‘“76 neben die (rationalen) Idealtypen stellt, wird deutlich, daß er in diesem Punkt über vorangehende Klärungs- und Unterscheidungsbemühungen (vgl. die Darlegungen zur Simmel-Kritik oben und zum Kategorienaufsatz unten) noch nicht hinausgekommen ist. So bleibt auch hier die Unterscheidung von rationalen und irrationalen Motiven sowie der entsprechenden „Mittel des Verstehens“ unbefriedigend – wegen der ganz überwiegenden Gleichsetzung des Rationalen mit dem Logischen (auch Mathematischen) einerseits, dem Zweckrationalen andererseits und wegen der Tendenz, das Irrationale mit dem bloß Affektuellen oder Emotionalen zu identifizieren. Das führt zu einem weiteren, von Weber wiederholt angesprochenen, aber nicht hinreichend geklärten Punkt. Gerade weil die idealtypische Begriffsbildung bei normativen Setzungen oder „Wertbegriffen“ unterschiedlicher Art ansetzt, um sie in Mittel empirischer Erkenntnis umzuformen, betont Weber umso nachdrücklicher die u. U. sehr feine, aber immer prinzipielle und – von Seiten der empirischen Disziplinen – keinesfalls zu überschreitende Grenzlinie zwischen Idealtypen und Idealen.77 Zugleich aber gilt, daß eine so entwickelte idealtypische Begrifflichkeit und eine von ihr bestimmte Sicht- und Erklärungsweise faktisch Gegebenes in einem Horizont divergierender und abgestufter Möglichkeiten in den Blick nimmt, der auch dem Bedürfnis nach (empirisch aufgeklärten) praktisch wertenden Unterscheidungen, also nach „Kritik“, und der Suche nach Handlungsoptionen sehr entgegenkommt. Als bedeutenden und sich aufdrängenden Anwendungsfall seiner Analysen wählt Weber am Ende der Abhandlung nicht den Krieg, wohl aber den Staat, seine durch die „moderne, rationalisierte, Betriebsform“ ermöglichte unerhörte Leistungsfähigkeit und sein daraus erwachsendes und durch den Krieg – „die beispiellosen Geschehnisse, deren Zeugen wir jetzt sind“78 – noch einmal „gewaltig“ gesteigertes Prestige. Der Vorstellung, daß der Staat deshalb über die Sphäre des Politischen hinaus als „der letzte ‚Wert ‘“ oder jedenfalls als „Eigenwert“ 79 zu gelten habe, setzt Weber die empirische Einsicht entgegen, daß der Staat „gewisse Dinge“, darunter auch alles entscheidende, „nicht kann“ – vor allem aber die Feststellung, daß, wie immer es mit den „Tatsachen der Seinssphäre“ stehe, deren Umdeutung in „Normen der Wer76  Ebd., unten, S.  5 01. 77  Am 29. August 1909 schreibt Weber an Tönnies, er zweifle, „ob der Begriff des ‚Wesenswillens‘ [...] als empirischer Begriff und dann: – als ‚Ideal-Typus‘[,] wie ich zu sagen pflege, anzusehen ist oder ob Wertungen in ihn eingeschlossen sind“ – was Tönnies ja „eigentlich“ ablehne. Das lasse sich auf der Basis der von ihm erstellten Exzerpte nicht endgültig klären, er müsse „noch einmal das Original von A bis Z durcharbeiten“ (MWG II/6, S.  2 37–239, hier S.  2 37 f.). 78  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  510. 79  Ebd., unten, S.  510 f.

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tungssphäre“ ganz unzulässig sei.80 Es ist nicht paradox, sondern sehr einleuchtend, daß Weber einer solchen Umdeutung genau deshalb entgegentritt, weil er den Staat als die einzig verbliebene aller „sozialen Gemeinschaften“ definiert, der „heute ‚legitime‘ Macht über Leben, Tod und Freiheit zugeschrieben“ werde.81 Dieser soziologische Begriff des Staates ist, wie Weber wenige Jahre später Rickert gegenüber zu konstatieren Grund hat,82 durchaus kein „Wertbegriff“, doch ist er so gebildet, daß er einen Denkraum für grundlegende praktische Wertunterscheidungen und Wertsetzungen eröffnet. Weil es sich so verhält, schließt Weber seine Abhandlung mit einem Appell an die „berufsmäßigen ‚Denker‘“, gegenüber den „jeweilig herrschenden Idealen, auch den majestätischsten, einen kühlen Kopf […] zu bewahren“.83 Am Ende des Diskussionsbeitrags von 1913 hatte Weber einige Grundbegriffe seiner eigenen, der Verstehenden Soziologie vorgestellt.84 Das geschah ohne zwingenden sachlichen Grund, sollte aber dartun, daß er über das Postulat einer wirklichkeitswissenschaftlichen, wertbezogenen und „pragmatischen“, zugleich aber strikt empirischen, kausal erklärenden und eben „wertfreien“ Soziologie hinaus gekommen war und eine solche Soziologie auf die Bahn gebracht hatte. Die betreffende Textpassage ist 1917 gestrichen, stattdessen enthält der Text zusätzliche Hinweise auf die Eigenart und Notwendigkeit einer soziologischen Betrachtungsweise. Dabei kommt unvermeidlich das Verhältnis der Soziologie zu benachbarten Wissenschaften zur Sprache, so zur Geschichte, zur Wirtschaftspolitik, am Rande auch zur Psychologie. Was die besonders engen Beziehungen zur Ökonomie angeht, so fehlt im überarbeiteten Text85 der Satz, „die systematische Nationalökonomie“ dürfe „(mit einigen Vorbehalten)“ als „Spezialfall“ (sic) der Soziologie (als „verstehender Soziologie“) betrachtet werden.86 Diese Streichung ist nicht als solche bemerkenswert, wohl aber hinsichtlich der von Weber nie hinreichend geklärten Frage nach der Stellung und Funktion der Soziologie im Gefüge der Sozial- und Wirtschafts- und Kulturwissenschaften. Im Text von 1917 unterscheidet Weber, was diesen Problemkomplex angeht, zwei gegenläufige und einander ergänzende Betrachtungs- und Erklärungsweisen: eine „die Gesamtheit der gesellschaftlichen Erscheinungen“ auf die Wirksamkeit „ökonomische[r] Ursachen“ hin erforschende „ökonomische Geschichts- und Gesellschaftsdeutung“ 80  Ebd., unten, S.  510. 81 Ebd. 82  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 26. April 1920, MWG II/10, S.  1040 f. 83  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  511. 84  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  379 ff. 85  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  5 06 f., textkritische Anm. g. 86  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 81.

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einerseits, eine „die Bedingtheit der Wirtschaftsvorgänge und Wirtschaftsformen durch die gesellschaftlichen Erscheinungen“ untersuchende „Ge­ schichte und Soziologie der Wirtschaft“ andererseits.87

9. Normative Ethik Die von Weber gemeinte Werturteilsfreiheit erfahrungswissenschaftlicher Erkenntnis spricht, was die Klärung der Gründe und der Verbindlichkeit moralischer Urteile angeht, nicht gegen, sondern für die Eigenständigkeit und auch für die Wünschbarkeit einer „normativen Ethik“. Über deren Möglichkeit und Argumentationsweise aber ist auf der Basis und aus der Perspektive empirischer Wissenschaft nichts zu sagen, und deshalb empfiehlt Weber, diese Problematik im gegebenen Zusammenhang nicht zu erörtern. Doch ist ihm die Sache wichtig genug, um sich schon im Diskussionsbeitrag, ausführlicher dann im Aufsatz von 1917 auf einige in diese Richtung gehende Klarstellungen einzulassen. Daß Ethiken aller Art, nicht zuletzt religiös fundierte, in ihren geschichtlich-gesellschaftlichen Bezügen einen höchst wichtigen Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung bilden können, versteht sich für Weber von selbst und wird an einigen Beispielen aus der eigenen Forschung (protestantische Ethik,88 Konfuzianismus 89 und buddhistische Ethik90) konkretisiert. Eine derartige „‚realistische‘ Wissenschaft vom Ethischen“91 aber muß als solche auf jeden normativen Anspruch verzichten. Eine zweite Form erfahrungswissenschaftlich zulässiger und relevanter Thematisierung von Ethiken kommt in der von Weber in diesen Texten der Sache nach eingeführten Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik92 zum Ausdruck. Solange diese beiden (eventuell auch weitere) 87  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  5 09. 88  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 53 mit Anm. 13. 89  Ebd., unten, S.  3 63 mit Anm.  27. 90  Ebd., unten, S.  374. 91  Ebd., unten, S.  3 53; Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 64. 92  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 67 f., 478 f.; im Kern schon 1913: Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 63. Die terminologische Unterscheidung findet sich erst in „Politik als Beruf“ (vgl. MWG I/17, S.  248−250). Im Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 63 f., werden die Begriffe „Erfolgswert“, „Gesinnungswert“ und „Gesinnungsethik“ verwendet, im Wertfreiheitsaufsatz (unten, S.  468) setzt Weber der Gesinnung die Verantwortung entgegen. Zu der begründeten Annahme, daß er zu dem Begriff „Gesinnungsethik“ (ohne den Gegenbegriff „Erfolgsethik“) von dem befreundeten Philosophen Paul Hensel (ders., Hauptprobleme der Ethik. Sieben Vorträge. – Leipzig: B. G. Teubner 1903, S.  4 9) inspiriert wurde, vgl. Graf, Friedrich Wilhelm, Distanz aus Nähe. Einige Anmerkungen zum „Weber-Paradigma“ in Perspektiven der neueren Troeltsch-Forschung, in: Albert, Gert, Bienfait, Agathe, Sigmund, Steffen und

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Ethiken in ihrer prinzipiellen Verschiedenheit, und zwar in ideeller Hinsicht wie hinsichtlich ihrer „praktischen“ Implikationen, geklärt und idealtypisch kontrastiert, nicht aber ihrerseits ethisch bewertet oder normativ verwendet werden, sind sie Gegenstand einer wissenschaftlichen – logischen, hermeneutischen (sinn-interpretierenden) oder auch empirischen, so auch soziologischen – Analyse. Deren Ergebnis kann – und soll – Wertentscheidungen im Sinne der einen oder anderen Ethik durchaus beeinflussen. Die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, eine „normative Ethik“ der einen oder anderen Art darüber hinaus rational, also in einem auf allgemeine Zustimmung zielenden Verfahren zu begründen, läßt Weber ausdrücklich unerörtert,93 damit auch die Frage, ob dabei auf „metaphysische“ Gründe zurückgegangen werden müsse und könne. Als bleibendes Vorbild gilt Weber die Ethik Kants. Sehr nachdrücklich wendet er sich 94 gegen den sehr üblichen, auch von Gustav Schmoller unternommenen Versuch, sie mit der Behauptung abzutun, mit ihrer Hilfe ließen sich nur „formale“, also in praxi nichtssagende und unbrauchbare Maximen gewinnen. Wie auch in anderen, außermoralischen Handlungszusammenhängen (Simmel-Kritik) erscheint ihm die Unterscheidung formaler und inhaltlicher Sinngehalte unzureichend durchdacht und unhaltbar. Tatsächlich ist es falsch zu behaupten, ein ethischer Imperativ, der „kategorisch“, also un-bedingt, fordert, daß Menschen einander nie bloß als Mittel gebrauchen, sondern immer auch in ihrem Selbstwert anzuerkennen haben, sei nur formal. So schwerwiegend und weitreichend die aus ihm sich ergebenden „inhaltlichen“ Konsequenzen aber auch sind, so wichtig erscheint Weber die Einsicht in die jeder normativen Ethik gesetzten Grenzen. Nicht von ungefähr exemplifiziert er diese Einsicht in seinem Beitrag zur VfSp-Debatte 95 am Problem der Gerechtigkeit auf dem Felde der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Zwar ist die Forderung nach einer gerechten Einkommens- oder Vermögensverteilung ethisch wohlbegründet und zwar nennt der zitierte – von Weber paraphrasierte – Imperativ das auch in dieser Hinsicht absolut Unerlaubte. Die Entscheidung über die unter den gegebenen Bedingungen allein gerechte, weil ethisch gebotene Verteilung aber würde jede Ethik überfordern. In dieser und jeder vergleichbaren Lage mag sich die Umstellung von einer gesinnungs- auf eine verantwortungsethische Perspektive nahelegen, weil sie Wendt, Claus (Hg.), Das Weber-Paradigma. Studien zur Weiterentwicklung von Max Webers Forschungsprogramm. – Tübingen: Mohr Siebeck 2003, S.  234–251, hier S.  246. 93  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S. 351 f., 355 f.; Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 62. 94  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 54 f.; Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 66 f. 95  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 55 f.; vgl. Weber, Wertfreiheit, unten, S.  467.

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die je konkreten Bedingungen und nichtintendierten, ethisch negativen Folgen des Handelns in den Blick zu nehmen nötigt. Damit aber werden die Grenzen einer ethischen Bewertung nicht aufgehoben, sondern nur verschoben, weil es nach Webers (nachdrücklich in Politik als Beruf ausgesprochenem) Urteil keine gesinnungslose Verantwortung gibt und sich die Wahl zwischen dem einen und dem anderen Prinzip nicht ihrerseits ethisch begründen läßt. Ganz ähnlich wie bei der Erörterung der Rationalitäts- und Fortschrittsproblematik1 wendet sich Weber auch am Ende der Überlegungen zu den ­Grenzen der Ethik, in einer 1917 eingefügten längeren Passage des „Wertfreiheits“-Aufsatzes,2 einer ganz elementaren, existentiellen Dimension menschlicher Selbsterfahrung und Lebensführung zu. In drei dialektisch verknüpften Gedankenschritten verweist er zunächst darauf, daß noch so klare und unbestreitbare ethische Maximen auf eine alles beherrschende (nicht a-, sondern außermoralische) Leidenschaft stoßen könnten, die zu beschreiben „der Ausdruck ‚Wert‘“ völlig inadäquat sein würde. Sodann lenkt er den Blick auf die Vielfalt heterogener „Wertsphären“, aus der unausweichlich eine „Wertkollision“ (resp., mit John Stuart Mill gesprochen, ein „Polytheismus“) erwachse, der auch die Ethik als Wertsphäre eigener Art nicht enthoben sei. Diese Wertekollision ist nicht nur unausweichlich, sondern auch prinzipiell, d. h. auf der Ebene des Sinns und der Logik der jeweiligen „Werte“, unaufhebbar, jedenfalls für Menschen, die vom „Baum der Erkenntnis“ gegessen haben.3 Anders als dem im „Verflachende[n] des ‚Alltags‘ [...] dahinlebende[n] Mensch[en]“, dem es unmöglich ist, sich die „Vermengung todfeindlicher Werte“ bewußt zu machen, bleibt dem erkennenden Menschen nur eine Möglichkeit: „um jene Gegensätze wissen und also sehen zu müssen, daß jede einzelne wichtige Handlung und daß vollends das Leben als Ganzes, wenn es nicht wie ein Naturereignis dahingleiten, sondern bewußt geführt werden soll, eine Kette letzter Entscheidungen bedeutet, durch welche die Seele, wie bei Platon, ihr eigenes Schicksal: – den Sinn ihres Tuns und Seins heißt das – wählt“.4

1  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 98; Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  375. 2  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 67–470 mit textkritischer Anm. b. 3  Zitate aus Weber, Wertfreiheit, unten, S.  470. Dieser Problematik wendet sich Weber zunächst in der Zwischenbetrachtung erneut zu und dann, mit größtem Nachdruck, in Wissenschaft als Beruf: An die Stelle des „Einen, das not tut“ sei im „reli­ giöse[n] ‚Alltag‘“ der „unlösliche Kampf“ möglicher „praktische[r] Stellungnahmen“ resp. „verschiedener Wertordnungen“ getreten, ein „Polytheismus“, der nach John Stuart Mill vom Standpunkt der „reinen Erfahrung“ gesehen nur konsequent sei (MWG I/17, S.  101, 99). „Die alten vielen Götter, entzaubert und daher in Gestalt unpersönlicher Mächte, entsteigen ihren Gräbern, streben nach Gewalt über unser Leben und beginnen untereinander wieder ihren ewigen Kampf“ (ebd., S.  101). 4  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  470.

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Diese Überlegungen beschränken sich nach Weber auf das einer erfahrungswissenschaftlichen Analyse (unter Einbezug logischer und hermeneutischer Verfahren) Zugängliche, und er charakterisiert sie als „werttheoretische Ausführungen“.5 Die mit erfahrungswissenschaftlichen Mitteln nicht zu beantwortende Frage nach der eigenen „Dignität“,6 also nach den außerempirischen Rechtsgründen einer „normative[n] Ethik“, überträgt er dagegen7 auf eine – noch zu schaffende – „Wertphilosophie“.8 Eine solche „echte Wertphilosophie“, so sagt er nun,9 werde zu dem Ergebnis kommen, daß es zwischen den zur Frage stehenden „Werten“ keine „Rangfolge“ (wie nach kirchlichem Dogma)10 und auch keine „Relativierungen und Kompromisse“ geben könne.11 Deshalb sei es auch ganz falsch, uneinsichtig oder Ausdruck einer „besonders gearteten (,organischen‘) Metaphysik“,12 wenn den „Vertreter[n] der Wertkollision“ Relativismus vorgeworfen werde.13 Ob in diesen Fragen die von Weber hier avisierte, aber nicht einmal ansatzweise entwickelte „Werttheorie“ und eine darüber hinausgehende, von ihm nur angezielte „Wertphilosophie“ weiter geführt hätte, ist an dieser Stelle nicht zu erörtern. Daß sie sich in allen grundsätzlichen Fragen von Rickerts Auffassungen absetzen müßte, macht Weber in seinem kritischen Kommentar zu dessen Abhandlung „System der Werte“14 sehr deutlich.15 Rickert selbst kommt auf diese prinzipielle Ablehnung der im „System der Werte“ entwickelten Vorstellungen in der Vorrede zur 3. und 4. Auflage der Grenzen zu sprechen: Weber habe von der „wissenschaftlichen Philosophie“ „eigentlich nur“ die „Logik“ (sic) gelten lassen; so habe er auch Rickerts „Plan einer universalen wissenschaftlichen Weltanschauungslehre auf Grund eines umfassenden Systems der Werte [...] in ähnlicher Weise“ skeptisch gegenüber

5  Ebd., unten, S.  471. 6  Ebd., unten, S.  4 62. 7  Ebd., unten, S.  4 65. 8  Ebd., unten, S.  4 62. Eine solche Wertphilosophie hätte nicht zuletzt die normative „Dignität“ der Menschenrechte zu klären – und zu fragen, wie Webers Satz von der Lebensnotwendigkeit gewisser „Errungenschaften aus der Zeit der ‚Menschenrechte‘“ (Weber, Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland, MWG I/15, S.  421–596, hier S.  4 66) sich damit verträgt, in den „Menschenrechten“ ein Beispiel für „extrem rationalistische Fanatismen“ (Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  151), zu sehen. 9  Weber, Wertfreiheit, unten, S.  4 69. 10  Ebd., unten, S.  471. 11  Ebd., unten, S.  4 69. 12  Ebd., unten, S.  470. 13 Ebd.. 14  Rickert, System der Werte (wie oben, S.  41, Anm.  7). 15 Brief Max Webers an Heinrich Rickert, ca. Ende November 1913, MWG II/8, S.  4 08–411.

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gestanden wie „einst in Freiburg meinem Plan einer Logik der Geschichte [...]. Es ist mir nicht vergönnt gewesen, ihn […] zu überzeugen“.16

10. Ergänzendes Einige weitere der im vorliegenden Band edierten Texte sind wegen ihrer thematischen Affinität an dieser Stelle anzusprechen: Webers Diskussionsbeiträge auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik (Wien 1909) und zu einem Vortrag von Rudolf Goldscheid (1909), seine Besprechung der Sexualethik von Christian von Ehrenfels (1908) und das bisher nur gekürzt veröffentlichte Fragment einer kritischen Stellungnahme zu einem Ethik-Entwurf von Hellmuth Kaiser. Die beiden Diskussionsbeiträge sind vergleichsweise frühe Dokumente des Weberschen Bestrebens, seine Vorstellungen von Wertfreiheit vor allem in der Nationalökonomie sowie in der Wirtschafts- und Sozialpolitik darzulegen und durchzusetzen. Die Vergeblichkeit dieses Bemühens, die Webers Wendung zur Soziologie (d. h. zunächst: seine Mitwirkung an der Gründung der DGS) wesentlich motivierte, mag schwer verständlich erscheinen angesichts der Klarheit und Bestimmtheit, mit der er argumentierte. Insbesondere der Wiener Debattenbeitrag erklärt17 die konstitutive Bedeutung von Wertbeziehungen, die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen (logischen und empirischen) ­­Wertdiskussion und den Sinn der dennoch geforderten Wertfreiheit in einer sehr durchsichtigen, kaum widerlegbaren und vor Ort offenbar auch nicht einmal im Ansatz problematisierten Weise. Dennoch drang Weber mit seiner Argumentation nicht durch, und zwar auch nicht bei von ihm so geschätzten Gelehrten wie Liefmann, von Wieser und von Philippovich. Das erklärt sich, was Weber angeht, zu einem guten Teil wohl daraus, daß er nicht nur das „Hineinmengen eines Seinsollens in wissenschaftliche Fragen“18 beim Umgang mit höchst vieldeutigen Leitbegriffen wie „Volkswohlstand“ – in dem „alle Ethik der Welt“ stecke19 – oder „volkswirtschaftliche Produktivität“, einem der „allerschlimmsten“ Begriffe dieser Art,20 scharf kritisiert. Noch wichtiger erscheint, daß Weber die insbesondere von Philippovich vertretenen Wertbin16  Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine Einleitung in die historischen Wissenschaften, 3. und 4. verb. und erg. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1921, S.  X X f.; vgl. dazu: Tenbruck, Friedrich H., Das Werk Max Webers. Gesammelte Aufsätze zu Max Weber, hg. von Harald Homann. – Tübingen: Mohr Siebeck 1999, S.  57. 17  Weber, Produktivität, unten, S.  2 08 f. und 213 f. 18  Ebd., unten, S.  2 08. 19  Ebd., unten, S.  2 06. 20  Ebd., unten, S.  2 09. Auf ihn kommt Weber so auch 1913 (Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 60 mit Anm.  21) noch einmal zurück, 1917 dann nicht mehr.

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dungen – „Lebenserhaltung und Lebensförderung“, „Lage der arbeitenden Klassen“,21 Ablehnung einer „Unterwerfung des Persönlichen unter das Objekt“22 – nicht aufnimmt, obwohl sie ihm, in ihrer Funktion als Wertbeziehungen, sehr akzeptabel und mit der geforderten „Umkehr und Einkehr“23 in Fragen des politisch-moralischen Engagements vereinbar erscheinen mußten. Tatsächlich stehen sie ja, nach ihrem Sinn und Zweck, der Begründung nahe, mit der Weber es ablehnt, ein Problem von „größter ideeller Tragweite“ einer „Fachdisziplin“ zu überantworten und zu einer „technisch-ökonomische[n] ‚Produktivitäts‘-Frage“24 zu machen – und auf diese Weise „dem Stigma unserer Menschenwürde“ zu entkommen, das darin liege, „in einer Zeit ohnehin subjektivistischer Kultur“ die Ideale „aus der eigenen Brust holen“ zu müssen.25 Solches zu sagen, überschreitet für Weber offenbar nicht die Grenzen einer Wertdiskussion oder werttheoretischen Erwägung, sprengt also auch nicht den Rahmen einer wissenschaftlichen Debatte. Daß Weber die kurz gefaßte „Sexualethik“ des Philosophen Christian von Ehrenfels einer Besprechung für wert hält, ist verständlich, viel weniger aber, daß er sich fast ausschließlich auf ein recht detailliertes, nüchternes Referat des Inhalts beschränkt, und zwar einschließlich aller empirisch höchst fragwürdigen Behauptungen und sozial- resp. bevölkerungspolitischen, also normativen Deduktionen. Dazu gehört auch die Behauptung, beim Manne sei, anders als bei der Frau, in sexuellen Dingen die Übereinstimmung von „Sein und Sollen“26 ein empirisches Faktum. An der Autorschaft Webers ist offenbar nicht zu zweifeln, und so hat man sich damit zu begnügen, daß er seine kritische Distanz in eher ironischer Form zum Ausdruck bringt, wenn er von einem „biologisch orientierte[n] Moralismus des Verfassers“ spricht,27 der von von Ehrenfels selbst doch ganz unverblümt als „Zeugungs- und Züch­tungs­ idealismus von rücksichts- und bedingungsloser Zielstrebigkeit“28 ausgegeben werde. Was von einem solchen Idealismus wissenschaftlich zu halten ist, hatte Weber an früherer Stelle sehr deutlich gesagt, um es auf den Soziologentagen nachdrücklich zu bekräftigen. Sehr grundsätzlicher Natur ist dagegen das nur fragmentarisch überlieferte Stück einer offenbar nicht zur Veröffentlichung bestimmten Kritik, die Weber dem nicht überlieferten Ethik-Entwurf von Hellmuth Kaiser gewidmet hat. Hier geht es nicht um einen biologisch, also der Absicht nach streng empirisch 21  Philippovich, Eugen von, Diskussionsbeitrag zu „Über die Produktivität der Volkswirtschaft“, in: Verhandlungen VfSp 1909, S.  6 07–615, hier S.  610. 22  Ebd., S.  614. 23  Weber, Produktivität, unten, S.  214. 24  Ebd., unten, S.  210 f. 25  Ebd., unten, S.  212. 26  Weber, Rez. Ehrenfels, unten, S.  139, Ehrenfels referierend. 27  Ebd., unten, S.  141. 28  Ebd., unten, S.  142, hier Ehrenfels zitierend.

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begründeten „Moralismus“, sondern um den von allen materialen Fragen abstrahierenden Versuch der Beschränkung auf eine rein formale Ethik, einen „ethischen Formalismus“.29 Es ist dies eine in der heute üblichen Terminologie „analytisch“ zu nennende Art ethischer Argumentation, die ihre Erkenntnisse durch die Explikation passend definierter Begriffe (in Webers Beispiel: Schuld) gewinnt oder dadurch, daß ein Problem (bei Kaiser beispielhaft wie bei von Ehrenfels ausschließlich: das der „Geschlechtlichkeit“) aus dem Zusammenhang „materialer Wertkonflikte“ herauslöst und in die „Sphäre“ und Sprache des „juristisch Formalen“ verlagert.30 Weder läßt sich auf diese Weise ein Widerstreit zwischen ethisch gebotenen Zwecken und ethisch verwerflichen Mitteln oder Nebenfolgen des Handelns auflösen noch entscheiden, ob ein von der „Verantwortlichkeit“ für das faktisch erwartbare „Resultat“ oder von „der Reinheit der eigenen Absicht“ bestimmtes Handeln ethisch höher zu bewerten sei.31 Schon auf „ethischem Gebiet selbst“ also versagt ein solcher „Forma­lis­mus“ bei der Begründung „materiale[r] Entscheidungen“, erst recht aber bei Konflikten zwischen dem „ethische[n] Gebiet“ und den anderen „Wertsphären“ (und zwar keineswegs nur der Sphäre der „Geschlechtlichkeit“ resp. Erotik).32 Es ist hervorzuheben, daß Weber in dieser letzten Hinsicht, also bei „ethisch-irrationalen Konflikte[n] der verschiedenen Wertsphären“33 auch den „Kantischen Imperative[n]“ ein entsprechendes Unvermögen zuschreibt,34 an anderer Stelle aber, mit Blick auf innerethische Wertkonflikte, dezidiert der Auffassung entgegentritt, daß auch die Kantische Ethik nur zu „formalen“ Norm­setzungen tauge.35

11. Verstehende Soziologie Im Kategorienaufsatz 36 unternimmt es Weber, seine Vorstellung von der So­zio­logie in grundsätzlicher und zusammenhängender Form darzulegen. In diese zwar vorläufigen, aber systematisch angelegten Darlegungen fließen ein: erstens wesentliche Ergebnisse der vor der Wendung zur Soziologie publizierten methodologischen Arbeiten, zweitens diejenigen expliziten und 29  Weber, Über Ethik, unten, S.  3 01. 30  Ebd., unten, S.  3 00. 31  Ebd., unten, S.  2 99. Hier bezieht sich Weber auf die fast gleichzeitig im „Diskussionsbeitrag“ von 1913 angeführte und im Aufsatz von 1917 terminologisch als Opposition von Gesinnungs- und Verantwortungsethik bestimmte Problematik. 32  Weber, Über Ethik, unten, S.  3 00. 33  Vielleicht aber sogar hinsichtlich der beiden zuvor genannten? 34  Weber, Über Ethik, unten, S.  3 00. 35  Vgl. dazu oben, S.  47 mit Anm.  4 0 und S.  5 5 mit Anm.  9 4. 36  Weber, Kategorien, unten, S.  3 89–440.

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‚positiven‘ Bestimmungsmerkmale soziologischer Erkenntnis, die sich in den seit 1908 veröffentlichten methoden- und begriffskritischen Schriften (vornehmlich Rezensionen), in der unvollendeten und nicht publizierten Simmel-Kritik und in den Beiträgen zur Etablierung und Formierung der Soziologie im Rahmen der DGS finden, drittens schließlich das Bedürfnis nach begrifflich-theoretischer Fundierung und Ordnung, das sich ihm bei der – nicht von Anfang an der Soziologie zugeordneten – Ausarbeitung für das Handbuch der politischen Ökonomie aufdrängte. In dieser Abhandlung vollzieht Weber also den eigentlichen Übergang zur Soziologie, diese nicht in irgendeinem vorgegebenen oder allgemeinen Sinne verstanden, sondern als von Weber zum Zwecke eben dieses Übergangs konzipierte Verstehende Soziologie.37 Im Kategorienaufsatz ist sie in terminologisch vorläufiger und nicht abschließend geklärter, im Kern aber bleibend gültiger Weise konzipiert. Zuvor, im Kontext des Handbuch-Beitrags entwickelte Begrifflichkeiten werden in diesen ersten Umriß einbezogen, die schon vorliegenden Teile dieses Beitrags von Weber nachträglich (vor allem in den 1913 an Paul Siebeck geschriebenen Briefen) zu seiner – ganz neuartigen und weitgehend ausgearbeiteten – ‚Soziologie‘ erklärt. Die ab 1913 geschriebenen, 1915 bis 1920 in Aufsatzform veröffentlichten Untersuchungen zur Wirt­schafts­ethik der Weltreligionen werden als „Religionssoziologische Skizzen“ (in der Buchpublikation von 1920: „Vergleichende religionssoziologische Versuche“) 38 qualifiziert. Die vorliegenden Teile von „Wirtschaft und Gesellschaft“ und diese Untersuchungen machten also bei der Wiederaufnahme der Arbeit nach Webers Selbstverständnis seine Soziologie aus – die „Grundriß“-Beiträge allerdings erst, nachdem die Vorkriegsfassung einer umfassenden Über- und Ausarbeitung unterzogen wäre. Den Kategorienaufsatz wünschte er, „in etwas geänderter (gemeinverständlicherer) Form“ in einen von ihm herausgegebenen „Sonderband“ mit methodologischen Schriften aufzunehmen.39 Daß er keinen Grund sah, sich in der Sache vom Kategorienaufsatz und dem darin vollzogenen Übergang zu distanzieren, bringt er auch 37  Daß es sich dabei nicht um die Soziologie, sondern um eine „besondere Art von Soziologie“ (resp. „des Betriebes der Soziologie“) handelt, hebt Weber in seinem „Beitrag“ zur VfSp-Debatte hervor, der in enger Verbindung mit dem Kategorienaufsatz entstand und in dem sowohl vom „Gemeinschaftshandeln“ als auch, allerdings noch nicht terminologisch, vom „sozialen Handeln“ gesprochen wird. Die „besondere Art“ sieht Weber vornehmlich in der Affinität zur ökonomischen Theorie: „Denn die Nationalökonomie, speziell auch die historische, ist eine menschliches Handeln in seinen Motiven und Konsequenzen ‚verstehende‘ Wissenschaft, eben daher intim verknüpft mit der ‚verstehenden Soziologie‘“. Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 81 f. 38  Weber, Einleitung, MWG I/19, S.  8 3–127, hier S.  8 3 mit textkritischer Anm.  b. 39 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai 1917, MWG II/9, S.  6 48 f., hier S.  6 48, und Brief an Werner Siebeck vom 1. Dezember 1917, ebd., S.  829.

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in der „Vorbemerkung“ zu den – den Aufsatz ersetzenden – Soziologischen Grundbegriffen40 zum Ausdruck. Der Kategorienaufsatz vermittelt den Eindruck, unter Zeitdruck fertig gestellt und in den Druck gegeben worden zu sein.41 Dafür spricht ein gelegentlicher Mangel an begrifflicher Kohärenz und argumentativer Durchsichtigkeit, vor allem aber der Umstand, daß der Text aus – mindestens – zwei Teilen besteht,42 die zusammengefügt, aber nicht zureichend miteinander verknüpft wurden. In der ersten Fußnote gibt Weber den Hinweis, daß „der zweite Teil des Aufsatzes […] ein Fragment aus einer schon vor längerer Zeit geschriebenen Darlegung“ sei, die „der methodischen Begründung sachlicher Untersuchungen“, darunter auch der Beitrag zum Handbuch, dem späteren Grundriß, zu dienen bestimmt waren, von der andere Teile „wohl anderweit gelegentlich“ publiziert werden würden.43 Was es mit diesem Hinweis auf sich hat, ist nicht ohne weiteres verständlich. Das betrifft die – nicht überlieferte, von Weber später nicht mehr erwähnte – „Darlegung“ insgesamt und insbesondere die Frage, was genau der von Weber gemeinte „zweite Teil“ ist. In dieser doppelten Hinsicht verschaffen auch Webers Auskünfte in zwei Briefen an Rickert keine völlige Klarheit,44 doch helfen sie, die Entstehung und Geschichte jener Darlegung und dieses zweiten Teils zu rekonstruieren.

40  Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  147. 41  Wie sehr Weber auf ein baldiges Erscheinen des Aufsatzes drängte, geht aus drei Briefen Max Webers an Heinrich Rickert (3. Juli, nach dem 3. Juli, 5. Sept. 1913, MWG II/8, S.  2 60, 261, 318) und sechs Karten bzw. Briefen an Paul Siebeck (25. Sept., 1. Okt., 3. Okt., 9. Nov., 11. Nov. (2x) 1913, MWG II/8, S.  3 33, 334, 336, 370, 375, 377) hervor. Einen strategischen Grund für die Eile nennt er Rickert im Brief vom 5. September 1913 (MWG II/8, S.  318): „An sich ist objektiv wohl das Erscheinen des Ganzen und zwar jetzt – vor den Erörterungen des V[ereins] f[ür] Sozialpolitik über die ‚Werturteile‘ und andren Arbeiten Anderer – das Richtige“. Vgl. dazu auch den Editorischen Bericht, unten, S.  3 84. 42  Der dritte wäre das zeitdiagnostische Schlußstück zur Problematik der Rationalisierung, sofern es jedenfalls nicht zur eigentlichen Zweckbestimmung des Aufsatzes paßt. 43  Weber, Kategorien, unten, S.  3 91, Fn.  1. 44  In einem Brief an Heinrich Rickert vom 3. Juli 1913 (MWG II/8, S.  2 60) äußert Weber den Wunsch, einen Aufsatz im Logos zu publizieren, der den Titel „Zur Methodik der verstehenden Soziologie“ trage und „eine ziemlich kurze Sache“ sei. Der Titel und die Kürze könnten darauf hindeuten, daß es sich bei diesem Aufsatz im Wesentlichen noch um den in der ersten Anmerkung gemeinten „zweiten Teil“ handelt. Am 5. September 1913 (ebd., S.  318) schreibt Weber, der Aufsatz sei „in seinem ursprünglichen Teil schon seit 3 /4 Jahren“ fertig und werde mit einigen methodischen Bemerkungen eingeleitet, dies aber unter „absoluter ‚Minimisierung‘ […] alles rein Logischen“. Die Rede von „ 3 /4 Jahren“ meint sehr wahrscheinlich dasselbe wie das „vor längerer Zeit“ in der ersten Fußnote, ist also, auch wegen des Plurals, als „seit 3–4 Jahren“ zu lesen. Vgl. dazu den Editorischen Bericht, unten, S.  3 85.

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Ein ursprünglich für das I. Buch (unter IV Wirtschaftswissenschaften) des Handbuchs der politischen Ökonomie geplanter, später für eine separate Veröffentlichung vorgesehener Text, den Weber „für sich reserviert“ hatte,45 wird von ihm schon 1909 als „Methodologie“ (sic) bezeichnet resp. avisiert.46 Im „Stoffverteilungsplan“ für das Sammelwerk vom Mai 1910, der gegenüber den Autoren noch bis 1912 verwendet wurde, lautet der Titel „Objekt und logische Natur der Fragestellungen“,47 im Blick auf die separate Veröffentlichung spricht Weber aber schon Ende März 1910 von „Logik u. Methodologie“ (bzw. kurz: „Methodik“).48 In einem Brief an Siebeck vom 1. Mai 1910 – mit einem anderen Grund für die Nichtpublikation im Handbuch: „nach Lage des Raums“ untunlich – ist dann von „meine[m] Artikel über die Logik der Sozialwiss[enschaften]“ die Rede.49 Der an zweiter Stelle genannte, zunächst für das Handbuch vorgesehene, dann ausgegliederte Text taucht nach Mommsen 50 im von Weber verfaßten „Vorwort“ zum Grundriß der Sozialökonomik (2. Juni 1914; von „Schriftleitung und Verlag“ unterzeichnet) in der Form wieder auf, daß Weber den Verzicht auf eine „systematische Erkenntnistheorie der Sozialwissenschaften“ feststellt. Die Begründung lautet, daß es keinen „gemeinsamen methodischen Standpunkt der einzelnen Mitherausgeber“ (d.i.: aller Autoren), keine „‚Einheit‘ in der Methodik“ (wie erst recht in der „praktischen Stellungnahme“) gebe.51 Deshalb sei die „Erkenntnistheorie“, „ebenso wie die materiale ökonomische Kultursoziologie, einem besondern Beiheft vorbehalten“.52 45  Mommsen, Wolfgang J., Zur Entstehung von Max Webers hinterlassenem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie, in: European Centre for Comparative Govern­ment and Public Policy, Discussion Paper, No. 42, Juni 1999, S.  1–54 (hinfort: Momm­sen, Entstehung), hier S.  19. 46  Brief Max Webers an Paul Siebeck, nach dem 20. April 1909, MWG II/6, S.103– 106, hier S.  105 f. 47  Vgl. „Vorbemerkung zum Stoffverteilungsplan“ für das „Handbuch der politischen Ökonomie“, MWG I/24, S.  142–173, hier S.  146, dazu auch Schluchter, Entstehungsgeschichte, ebd., S.  28. 48  Brief Max Webers an Paul Siebeck, vor oder am 28. März 1910, MWG II/6, S.  4 46 f., hier S.  447. 49  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 1. Mai 1910, MWG II/6, S.  4 84 f., hier S.  4 85. 50  Mommsen, Entstehung (wie oben, S.  6 3, Anm.  4 5), S.  31 f. 51 Grundriß der Sozialökonomik. „Vorwort“ und „Einteilung des Gesamtwerkes“, MWG I/24, S.  163–173, hier S.  164 f. 52  Ebd., S.  164. Diese „materiale ökonomische Kultursoziologie“ ist offenbar identisch mit der Ende 1913 Siebeck gegenüber (Brief vom 30. Dez. 1913, MWG II/8, S.  450) als noch auszuarbeiten genannte „Soziologie der Cultur-Inhalte“, und sie weist zurück auf den im „Stoffverteilungsplan“ für das „Handbuch der politischen Ökonomie“ vom Mai 1910, „Erstes Buch. Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft“, unter „III. Wirtschaft, Natur und Gesellschaft“, „4. Wirtschaft und Gesellschaft“, aufgeführten, von Weber zu verfassenden Abschnitt „c) Wirtschaft und Kultur (Kritik des historischen Materialismus)“ – ganz ebenso wie die „systematische Erkenntnistheorie“

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Der ursprünglich vorgesehene, unterschiedlich betitelte oder bezeichnete, sich in seiner Zweckbestimmung aber wohl durchhaltende Text war für das Ganze des Handbuchs und die darin behandelten „Fragestellungen“ gedacht. Dieses Ganze heißt „Politische Ökonomie“, aber auch „Wirtschaftswissenschaft“ (oder, wie in Webers Rundschreiben von 1913 erwogen, „Volkswirtschaftslehre“),53 später dann „Sozialökonomik“, gelegentlich auch: „Sozialwirtschaft“ sowie „Sozialwissenschaften“. Es schließt – natürlich – die Weberschen Texte ein, die von ihm erst 1913 als seine „Soziologie“ qualifiziert werden. Angesichts der Zweckbestimmung und der verschiedenen, aber konvergenten Bezeichnungen spricht viel für die Annahme, daß Weber, wenn nicht diesen, so einen in enger zeitlicher und thematischer Beziehung zu ihm stehenden Text meint, wenn er von einer „schon vor längerer Zeit geschriebenen Darlegung“ spricht, die der „methodischen Begründung sachlicher Untersuchungen“ zu dienen bestimmt gewesen sei.54 Dazu paßt, daß sich diese „Darlegung“ auch auf Webers Beitrag beziehen, nicht aber im Rahmen des Handbuchs publiziert werden sollte. Daß er im Ganzen und in seinen Teilen nicht auf die „methodische Begründung“ der Soziologie abzielte, versteht sich schon deshalb, weil Weber seinen Beitrag zum Handbuch erst parallel zum Kategorienaufsatz zu seiner weitgehend ausgearbeiteten Soziologie erklärte. Das zur Einfügung in diesen Aufsatz verwendete Teilstück („Fragment“) wäre demnach nicht vor 1912 entsprechend überarbeitet und an diese Zweckbestimmung, d. h. des Näheren: an den neu geschriebenen einleitenden Teil (Kap. I-III), im Rahmen des Möglichen angepaßt worden. Wie der ursprüngliche Text zielt auch der Kategorienaufsatz auf die „methodische Begründung sachlicher Untersuchungen“, nunmehr auf dem Felde der Verstehenden Soziologie – in Gestalt ihrer systematischen Ausarbeitung im Handbuch und ihrer materialen, vor allem religionssoziologischen Arbeiten.55

von 1914 auf den dort unter „IV. Wirtschaftswissenschaft“ sich findenden Abschnitt „1. Objekt und logische Natur der Fragestellungen“ (vgl. MWG I/24, S.  145 f.). 53 Rundschreiben an die Mitherausgeber des „Handbuchs der Sozialökonomik“, MWG I/24, S.  186–190. 54  Weber, Kategorien, unten, S.  3 91, Fn.  1; sowie oben, S.  62, Anm.  4 3. 55  An dieser Stelle sei festgehalten, daß die Verstehende Soziologie in methodologischer Hinsicht kaum Besonderheiten gegenüber den anderen empirisch-historischen, im Rahmen des Möglichen vergleichend und verallgemeinernd verfahrenden Wissenschaften, der Ökonomie zumal, aufweist. Die methodologischen Klärungen, Regeln und Konzepte, die nahezu ausschließlich aus der „präsoziologischen“ Zeit (von 1903 bis etwa 1908, also die Stammler-Kritik einschließend) stammen und eingangs kurz resümiert wurden, gelten allesamt auch, vielfach sogar a fortiori, für die Verstehende Soziologie (und werden deshalb zwischenzeitlich schon als „soziologisch“ qualifiziert). Das vor allem hinzukommende und für die Verstehende Soziologie allerdings konstitutive, unterscheidende Merkmal liegt in ihrem „spezifischen Objekt“

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Der von Weber im Brief an Rickert vom 3. Juli 1913 zunächst genannte Titel lautet „Zur Methodik der verstehenden Soziologie“.56 Hinsichtlich des neuen Teils (I–III) spricht Weber im Brief an Rickert vom 5. September 1913 von einigen einleitenden „‚methodischen‘ Bemerkungen“.57 Der schließlich gewählte Titel („Über einige Kategorien...“) widerspricht dem nicht, hebt aber doch einen besonderen, eher im zweiten Teil angesiedelten Schwerpunkt ­hervor. An diesen Titel könnte die Frage angeschlossen werden, wie sich der Kategorienaufsatz zum ersten Punkt des Weberschen Beitrags zum Grundriß der Sozialökonomik verhält, der in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914 überschrieben ist: C.I.1. Kategorien der gesellschaftlichen Ordnungen.58 Die Antwort liegt vermutlich nicht darin, daß Weber vorübergehend den Inhalt des Kategorienaufsatzes für diesen einleitenden Punkt vorgesehen hätte. Wohl aber ist nicht ausgeschlossen, daß er, bevor er den Kategorienaufsatz mit seiner besonderen Bestimmung zu verfassen und zu publizieren sich entschied, für diesen ersten Punkt in irgendeiner Weise auf den alten Text zurückgreifen wollte, wie es dann – im anderen, neuen Zusammenhang – im Kategorienaufsatz geschieht.59 Von der vorangestellten, mit der im ersten Teil gegebenen nicht in allem übereinstimmenden Definition des Objekts der Verstehenden Soziologie abgesehen, handelt dessen zweiter Teil ja in der Hauptsache von Kategorien gesellschaftlicher Ordnungen.60 Und das sind genau die Begrifflichkeiten, die Weber bei der späteren Umarbeitung des Kategorienaufsatzes zu den Grundbegriffen weitgehend beiseite lassen wird. In diesen Problemzusammenhang gehört der Tatbestand, daß der GrundBegriff und damit der eigentümliche Gegenstand der Verstehenden Soziologie im Kategorienaufsatz zweimal, im ersten Teil (Kap. I) und dann noch einmal im zweiten (Kap. IV) bestimmt wird. Daran ist zunächst beachtenswert,

und den daraus sich ergebenden – vor allem begrifflich-theoretischen – Konsequenzen. 56  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 3. Juli 1913, MWG II/8, S.  2 60, vgl. auch oben, S.  62, Anm.  4 4. 57  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 5. Sept. 1913, MWG II/8, S.  318–320, hier S.  318. 58 Grundriß der Sozialökonomik. „Vorwort“ und „Einteilung des Gesamtwerkes“, MWG I/24, S.  168 f. 59  Webers Auskunft in der ersten Fußnote des Kategorienaufsatzes ist wohl so zu verstehen, daß ihm die „schon vor längerer Zeit geschriebene Darlegung“ 1913 noch im Ganzen vorlag. Er stellt ja in Aussicht, „andre Teile wohl anderweit gelegentlich“ zu publizieren (vgl. unten, S.  3 91, Fn.  1). 60  An dieser Stelle käme auch der Text „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ (vgl. dazu unten, S.  8 5, Anm.  6 6). Wenn er als Teil des Beitrags zum Handbuch gedacht war, hätte er seinen Platz am ehesten in demselben Punkt C.I.1. gefunden, und zwar im unmittelbaren Anschluß an das über „Kategorien der sozialen Ordnung“ Gesagte.

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daß diese Bestimmung (nebst ihren wichtigsten methodologisch-theoretischen Implikationen) von Weber überhaupt zweimal, in sehr ähnlicher Weise, im selben Text und kurz hintereinander vorgetragen wird. Vom Aufbau der Abhandlung her betrachtet erscheint dies redundant und nur den Bedingungen geschuldet, unter denen Weber die Abhandlung – offenbar in Eile – komponierte. Gerade deshalb darf nicht übersehen werden, daß die beiden Bestimmungen durchaus nicht in jeder wichtigen Hinsicht übereinstimmen. Sie unterscheiden sich erstens, was die konstitutiven Elemente der jeweiligen Definition angeht – und zwar derart, daß sich daraus eine überzeugende, wohl nur von Wolfgang Schluchter61 gesehene und hinsichtlich aller Implikationen bedachte Antwort auf die Frage nach dem älteren „zweiten Teil“ ergibt: Die zu Beginn von Kapitel IV gegebene Definition des Grundbegriffs „Gemeinschaftshandeln“62 muß aus einer früheren Bearbeitungsphase stammen als die – dieselbe Begriffsebene betreffende – Bestimmung des „für die verstehende Soziologie spezifisch wichtige[n] Handeln[s]“, die sich zu Beginn des Abschnitts I und damit der gesamten Abhandlung findet.63 Sie kommt, im Unterschied zur Definition von „Gemeinschaftshandeln“, in ihrer Dreigliedrigkeit der mehrteiligen Definition des sozialen Handelns in den Grundbegriffen 64 schon sehr nahe.65 Auch hinsichtlich dieser Frage, vor allem aber im Hinblick auf eine fundamentale theoretische Besonderheit und Problematik der Verstehenden Sozio61  Schluchter, Wolfgang, Individualismus, Verantwortungsethik und Vielfalt. – Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2000, S.  183 f. (hinfort: Schluchter, Individualismus). 62  Weber, Kategorien, unten, S.  4 06. 63  Ebd., unten, S.  3 93. 64  Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  149. 65  Im Fehlen des Grundbegriffs „Gemeinschaftshandeln“ sieht auch Orihara, Hiro­ shi, From „a Torso with a Wrong Head“ to „Five Disjointed Pieces of a Carcass“? Problems of Editorial Policies for the Max Weber Gesamtausgabe I/22 (Old Manuscript Known as „Part II“ of the Economy and Society, Working Paper No. 8). – Takenoyama: Sugiyama Jogakuen University 2002, S.  19, das entscheidende Indiz für die spätere Abfassung der ersten drei Abschnitte. Er übersieht aber, daß deshalb der Katego­rien­ aufsatz insgesamt nicht der „Kopf“ des Handbuch-Beitrags sein kann. Das dritte Bestimmungselement in der ersten Definition hebt, wie die in den Grundbegriffen gegebene, auf die Frage der ursächlichen Erklärbarkeit ab; außerdem wird bei ihr (wiederum: wie in den Grundbegriffen) zum Handeln auch ausdrücklich das „Unterlassen“ und „Dulden“ gerechnet. Weitere Überlegungen zur Zweiteilung des Kategorienaufsatzes werden im Editorischen Bericht, unten, S.  3 85 ff., vorgebracht. Die Diskussion darüber, welches der „zweite Teil des Aufsatzes“ ist, müßte sich schon dadurch erledigen, daß Weber ihn (in der ersten Fußnote) eben so nennt. Mit dieser Formulierung kann unmöglich der erste Teil (des Aufsatzes) gemeint sein. Ob dies die Kapitel I-III oder, wie gelegentlich angenommen wird, I-IV sind, sollte auch nicht fraglich sein: Im letzteren Fall würde Weber das „spezifisch wichtige“ bzw. „primäre“ Objekt der Verstehenden Soziologie sogar im selben Teil zweimal, und dazu nicht ganz identisch, definieren.

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logie ist eine andere, eher unauffällige Differenz der beiden Bestimmungen bedeutsam. Sie zeigt sich in der unterschiedlichen Entschiedenheit, mit der sie formuliert werden: Das Gemeinschaftshandeln wird als „das primäre Objekt einer ‚verstehenden‘ Soziologie“ bezeichnet, zugleich aber wird gesagt, daß „nicht etwa nur Gemeinschaftshandeln“ für die „soziologische Kausalzurechnung wichtig“ sei.66 Bei der neuen, dreiteiligen Definition dagegen wird das „für die verstehende Soziologie spezifisch wichtige Handeln“ ohne jede Einschränkung als deren „spezifisches Objekt“ bezeichnet.67 Mit großem Nachdruck wird im neuen Teil hervorgehoben, daß alle „Arten menschlichen Zusammenhandelns“ von dieser Soziologie „auf ‚verständliches‘ Handeln[,] und das heißt ausnahmslos: auf Handeln der beteiligten Einzelmenschen“ zu „reduzieren“ seien.68 Im älteren Teil wird zwar ganz ähnlich vom Gemeinschaftshandeln gesagt, daß es aus der Sicht der Verstehenden Soziologie ein „Sichverhalten von Einzelnen zum aktuellen oder zum vorgestellten potentiellen Sichverhalten anderer Einzelner“ sei.69 Zugleich aber wird an etwas späterer Stelle ein „bloßes“ resp. „einfaches“ Gemeinschaftshandeln,70 das nur von „den ‚Erwartungen‘ des Verhaltens des oder der Anderen“ motiviert ist,71 von anderen, dem Einverständnishandeln zugerechneten Formen unterschieden,72 bei denen „die Beteiligten ihr eigenes Handeln nicht bloß an den Erwartungen des Handelns der Anderen“, sondern an, ihrer „subjektive[n] Ansicht“ nach, verbindlichen „Ordnungen“ orientieren.73 Im Blick auf diese Unterscheidung zwischen einfachen und komplexen, vermittelten Formen des Gemeinschaftshandelns spricht Weber von einer historisch oft anzutreffenden „Stufenleiter der Entwicklung von der Gelegenheits66  Weber, Kategorien, unten, S.  4 06. 67  Ebd., unten, S.  3 93. 68  Ebd., unten, S.  4 04. 69  Ebd., unten, S.  4 07. 70  Ebd., unten, S.  411, 417 und 423 f. 71  Ebd., unten, S.  423. 72  Der Webersche Gedankengang läßt leicht übersehen, was er selbst hervorhebt: Das Gesellschaftshandeln gilt ihm „lediglich“ als „durch Satzung geordnete[r] Spezialfall“ (ebd., unten, S.  426) des Einverständnishandelns. Vgl. dazu Hermes, Siegfried, Soziales Handeln und Struktur der Herrschaft: Max Webers verstehende historische Soziologie am Beispiel des Patrimonialismus. – Berlin: Duncker & Humblot 2003, S.  6 4 (hinfort: Hermes, Soziales Handeln) und Jean-Pierre Grossein, Introduc­tion, in: Weber, Max, Concepts fondamentaux de sociologie. Textes choisis, traduits de l’lallemand et introduits par Jean-Pierre Grossein. – Paris: Gallimard 2016, S.  8 4 (hinfort: Grossein, Introduction). 73  Weber, Kategorien, unten, S.  411. Dem entspricht die von Weber in diesem Zusammenhang (ebd., S.   407) eingeführte Unterscheidung von „erwartungsorientiert[em]“ und „wertorientiert[em]“ Handeln (vgl. dazu Schluchter, Wolfgang, Die Entzauberung der Welt. Sechs Studien zu Weber. – Tübingen: Mohr Siebeck 2009, S.  122), sofern das erste auf andere Akteure als solche, das zweite auf gemeinsame resp. als gemeinsam unterstellte Verbindlichkeiten abhebt.

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vergesellschaftung ausgehend und fortscheitend zum perennierenden ‚Gebilde‘“.74 Und im selben Kontext stehen auch die ausführlichen und differenzierten Darlegungen, die er in den Kapiteln V und VI dem Bestehen und der empirischen Geltung solcher Ordnungen verschiedener Art („gesatzte“ resp. „vereinbarte“ Ordnung, Einverständnis, Anstalt, Verband) widmet,75 indem er die Faktoren analysiert, welche die „Chance“ (oder „Wahrscheinlichkeit“) ihrer faktischen Beachtung und Befolgung durch die Handelnden beeinflussen.76 Wolfgang Stegmüller hat bemerkt, daß Weber in diesem Zusammenhang von „Chance“ in einem doppelten Sinne spreche – erstens im Sinne „dispositioneller Merkmale“ auf Seiten der Handelnden, zweitens in dem Sinne, „dass sie nur probabilistische Aussagen [...] über mutmaßliches Verhalten gestatten“.77 Allerdings scheint Weber jedenfalls im zweiten, älteren Teil des Kategorienaufsatzes zwischen einer auf Seiten des Handelnden „subjektiv vorliegende[n]“ Chancen-Erwartung und einer vom Forscher „unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Kenntnisse und Denkgepflogenheiten der Beteiligten zu kalkulierende[n]“ und insofern „objektiv[en]“ Chance zu unterscheiden.78 Im neuen Teil79 wäre, im Sinne der Bemerkung von Stegmüller, die Zweispaltung aufgegeben, der („objektive“) wissenschaftliche Probabilismus gründet, indem er sich des Konstrukts der „objektiven Möglichkeit“ bedient, im Probabilismus, der subjektiven Chancen-Abschätzung, auf Seiten der Akteure.80 74  Weber, Kategorien, unten, S.  417. 75  Ebd., insbes. S.  4 08–418 (Kap. V) und S.  421–431 (Kap. VI). 76  „Als normalen Ausdruck der empirischen ‚Geltung‘ einer Ordnung werden wir [...] die Chance ihres ‚Befolgtwerdens‘ ansehen“ (ebd., S.  411), bzw. zuvor (Kap. III), noch entschiedener: „Dies ist die begriffliche soziologische Bedeutung der empirischen ‚Geltung‘ eines ‚Rechtssatzes‘“ (ebd., S.  4 05). Das ist, wie bemerkt, die Auffassung Webers nicht erst im Umkreis der Verstehenden Soziologie, sondern schon in „Roscher und Knies“, in der Stammler-Kritik sowie, mit Verweis darauf, in den Diskussionsbeiträgen zu den Referaten von Andreas Voigt und Hermann Kantorowicz auf dem Ersten Soziologentag (vgl. unten, S.  2 69 f. und 281 f.). 77 Stegmüller, Wolfgang, Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie. Eine kritische Einführung, Band 2, 8. Aufl. – Stuttgart: Kröner 1987, S.  8 3 f.; zit. nach dem (seinerseits Gerhard Wagner folgenden) Hinweis von Treiber, Hubert, Zum Staatsverständnis bei Max Weber, in: Sociologia Internationalis, 52. Band, Heft 1, 2014, S.  1–40, hier S.  31. 78  Weber, Kategorien, unten, S.  4 09, vgl. auch ebd., S.  4 06. 79  Vgl. ebd., unten, S.  4 04 f. 80  In diesem Sinne argumentiert, insbesondere im Blick auf den Kategorienaufsatz, auch Lübbe, Weyma, Der Normgeltungsbegriff als probabilistischer Begriff. Zur Logik des soziologischen Normbegriffs, in: Zeitschrift für philosophische Forschung, Band 44, 1990, S.  5 83–602, bes. S.  5 96 f.; vgl. auch Lübbe, Weyma, Legitimität kraft Legalität. Sinnverstehen und Institutionenanalyse bei Max Weber und seinen Kritikern. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1990, S.  4 0, 169 f., 172. Vgl. Anter, Andreas, Max Weber’s Theory of the Modern State. Origins, Structure and Significance. – Lon-

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Das entspräche der Überwindung der Zweiteilung zwischen einem „bloßen“, an anderen Einzelakteuren orientierten Gemeinschaftshandeln und einem Einverständnishandeln, das sich an (als geltend unterstellten und insofern „objektiven“) Ordnungen orientiert. Dazu paßt die Art und Weise, in der Weber sich am Ende des III. Kapitels im direkten Anschluß an die dezidiert „individualistische“ Bestimmung des Handlungsbegriffs auf dieselbe Problematik (hinsichtlich der empirischen Geltung von Rechtssätzen, aber auch von Staaten) einläßt. Bei der Bearbeitung der Grundbegriffe wird er in derselben Weise verfahren. So allerdings, daß er es bei dem – einfachen, also in keiner Weise in sich differenzierten – Grundbegriff des sozialen Handelns beläßt und die „soziale Beziehung“, definiert als „ein seinem Sinngehalt nach aufeinander gegenseitig eingestelltes und dadurch orientiertes Sichverhalten mehrerer“,81 als begriffliches Verbindungsglied zwischen dem sozialem Handeln und den sozialen Ordnungen einführt.82 don: Palgrave Macmillan 2014, S. 88 ff., sowie Weiß, Grundlegung (wie oben, S.  2 6, Anm.  4 5), S. 88 ff. 81  Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  177. „Die soziale Beziehung besteht, auch wenn es sich um sogenannte ‚soziale Gebilde‘, wie ‚Staat‘, ‚Kirche‘, ‚Genossenschaft‘, ‚Ehe‘ usw. handelt, ausschließlich und lediglich in der Chance, daß ein seinem Sinngehalt nach in angebbarer Art aufeinander eingestelltes Handeln stattfand, stattfindet oder stattfinden wird.“ (ebd.) 82  So auch Hermes, Soziales Handeln (wie oben, S.  67, Anm.  72), S.  62 ff., und Grossein, Introduction (wie oben, S.  67, Anm.  72), S.  8 6, und auch Norkus, Zenonas, Handeln, soziale Ordnungen und sozialwissenschaftliche Erklärung: Max Weber und Rational Choice, in: Lichtblau, Klaus (Hg.), Max Webers ‚Grundbegriffe‘. Kategorien der kultur- und sozialwissenschaftlichen Forschung. – Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2006 (hinfort: Lichtblau (Hg.), Grundbegriffe), hier S.  47–90, bes. S.  70 f., im Unterschied zu Lichtblau, Klaus, Die Eigenart der kultur- und sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. – Wiesbaden: Springer VS 2011, S.  283 f. (hinfort: Lichtblau, Begriffsbildung). Lichtblau ordnet diese Stelle und Funktion in den Grundbegriffen offenbar dem Begriff der „legitimen Ordnung“ zu – jedenfalls insofern, als er wie der Begriff des Einverständnisses resp. Einverständnishandelns im Kategorienaufsatz auf die spezifische Existenz- und Bestandsvoraussetzung sozialer Ordnungen abhebt. Für eine solche Interpretation wären Formulierungen Webers im Kategorienaufsatz heranzuziehen wie die, „daß die Beteiligten ihr eigenes Handeln nicht bloß an den Erwartungen des Handelns der Anderen orientieren, sondern je mehr bei ihnen die subjektive Ansicht in relevantem Maß verbreitet ist, daß die (subjektiv sinnhaft erfaßte) ‚Legalität‘ gegenüber der Ordnung ‚verbindlich‘ für sie sei“ (Weber, Kategorien, unten, S.  411). Besonders eingehend und differenziert wird, im Blick auf die Grundbegriffe, das Verhältnis von sozialem Handeln und sozialer Ordnung bei Greshoff, Rainer, „Soziales Handeln“ und „Ordnung“ als operative und strukturelle Komponenten sozialer Beziehungen, in: Lichtblau (Hg.), Grundbegriffe, S.   257–291, vor allem S.  275 ff., analysiert, der, Weber folgend, zwischen einfachen, zweckrational oder traditional motivierenden Ordnungen und als „legitim“ geltenden unterscheidet, deren dauerhafte Motivationskraft an wertrationale „Maximen“ gebunden ist. Bei alledem ist für Greshoff die Annahme leitend, daß die Eigenständigkeit von sozialen Beziehungen

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Das soweit zur Genese, zum inneren Aufbau und zu gewissen Disparatheiten im Kategorienaufsatz Gesagte verweist darauf, daß er deutliche Spuren eines Übergangs an sich trägt. Er beschreibt das fortan unter „Soziologie“ zu Verstehende hinsichtlich des schon Geleisteten, aber er weist zugleich über den erreichten Stand hinaus.83 „Der Kategorienaufsatz“, bemerkt Wolfgang Schluchter, „ist zweifellos ein Schlüssel. Die Frage ist nur, zu welchem Schloß“.84 Warum sollte er, um im Bild zu bleiben, nicht auf das alte Schloß einigermaßen, besser aber auf das erst noch zu schaffende passen, das diesem Schlüssel, insbesondere seinem ersten, neueren Teil, allererst anzumessen war? Größere Schwierigkeiten macht das im selben Zusammenhang von Hiroshi Orihara verwendete Bild von Kopf und Körper:85 Der Kategorienaufsatz kann in der gegebenen Form nicht als „Kopf“ und überhaupt nicht als integraler und wesentlicher Teil des „dicke[n] alte[n] Manuskript[s]“86 gelten, von dem Weber zur gleichen Zeit als seiner Soziologie zu sprechen beginnt. Wenn er den Aufsatz so verstanden wissen wollte, hätte Weber keinen Grund gehabt, es zu verschweigen. In Wahrheit ist er ein Dokument des Übergangs, das eben deshalb als Ganzes nicht einem festgeschriebenen Zustand der sich herausbildenden „geschlossenen Theorie und Darstellung“ korrespondiert, sondern sich zumindest ambivalent oder janusköpfig zur Ausgangslage und zum Ergebnis dieses Übergangs verhält. Webers Verweise auf früher Geschriebenes sind, wo sie sich überhaupt finden, in der Regel sehr kurz und wenig bestimmt. Jedenfalls aber ist das, was er über das Verhältnis der Soziologischen Grundbegriffe zum Kategorienaufsatz sagt, nicht geeignet, die These zu stützen, der Kategorienaufsatz sei als „Kopf“ zum Handbuch-Beitrag in der 1913 vorliegenden Form gedacht gewesen: Im Wesentlichen sei nunmehr nur „die Terminologie tunlichst vereinfacht und daher auch mehrfach verändert [worden], um möglichst leicht verständlich zu sein“.87 Das ist gewiß untertrieben, vor allem hinsichtlich des Verzichts auf die Grundbegriffe des Gemeinschafts-, Gesellschafts- und insbesondere des Einverständnishandelns sowie auf die Systematik der daran anschließenden Ordnungsbegriffe. Dieser Verzicht könnte aber im Sinne „nichts jenseits der gegenseitigen Einstellungen und Erwartungen sowie der dadurch orientierten gegenseitigen Handlungen der beteiligten Akteure ist“ (ebd., S.  274). 83  „It signals a turnabout in Weber’s sociological theory“ (Mommsen, Wolfgang J., Max Weber’s Grand Sociology. The Origins and Composition of „Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie“, in: History and Theory, vol. 39, 2000, S.  3 64–383, hier S.  3 83). 84  Schluchter, Entstehungsgeschichte, MWG I/24, S.  5 9. 85 Orihara, Hiroshi, Max Webers Beitrag zum „Grundriß der Sozialökonomik“, in: ­K ZfSSp, 51. Jg., 1999, S.  724–734; vgl. auch unten, S.  74, Anm.  10, dort einiges Weitere zur Problematik. 86  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 27. Okt. 1919, MWG II/10, S.  826. 87  Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  147.

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Webers durchaus mit „Zweckmäßigkeitsgründen“ erklärt werden. Für den ersten Teil des Kategorienaufsatzes und insbesondere für die dort gegebene, am deutlichsten auf die Grundbegriffe vorausweisende Bestimmung des „spezifischen Objekts“ der Verstehenden Soziologie wäre das nicht vorstellbar. Zum Abschluß dieser Erwägungen sei eine nach Lage der Dinge etwas spekulative, aber nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisende Vermutung geäußert. Danach hätte Max Weber zunächst auf der Basis eines „vor längerer Zeit“ geschriebenen, der Methodik und Begrifflichkeit der Analyse so­zia­ler Ordnungen gewidmeten Textes und der für das Handbuch geschriebenen Teile seinen Begriff der Soziologie darlegen wollen. Dazu habe er 1912/13 einen Vorspann verfaßt, in dem „Gemeinschaftshandeln“ als Grundbegriff der Soziologie eingeführt wird. Diesen Grundbegriff aber habe er dann in einem weiteren Schritt präziser und differenzierter bestimmt, in seinen Implikationen bekräftigt und die so fundierte Verstehende Soziologie in ihrem Gegenstandsbereich und ihrer Werturteilsfreiheit von der Psychologie einerseits, der Jurisprudenz andererseits abgesetzt. Dieser zuletzt geschriebene Text sei dem bis dahin Vorliegenden (und noch einmal Überarbeiteten) wiederum vorangestellt worden. In den soweit behandelten Fragen hat Weber seine Einsichten und Bestimmungen im Kategorienaufsatz so rekapituliert und präzisiert, sein Verständnis von Soziologie in einer Weise geklärt und festgelegt, daß er daran auch bei der späteren Überarbeitung in der Sache nichts zu ändern oder in substantieller Hinsicht hinzuzufügen hatte. Das stellt sich, was den Grad an begrifflicher Klarheit und Unterscheidung angeht, nur bei einem speziellen, aber doch höchst wichtigen Problemkomplex etwas anders dar – bei der Bestimmung, Abgrenzung und Binnendifferenzierung des „(subjektiv) gemeinten Sinns“, der „sinnhafte[n] Bezogenheit“ sozialen Handelns.88 Die sinnhafte Verständlichkeit menschlichen Verhaltens ermöglicht dem soziologischen Erklären eine „spezifische“, nämlich „qualitative“ (das heißt: den jeweiligen Sinngehalt betreffende), aber keineswegs immer gleiche, sondern „sehr verschieden große“ Evidenz.89 Am größten sei, bemerkt Weber, diese Evidenz im Falle „zweckrationalen“ Verhaltens, erst recht dann, wenn das Verstehen sich an einem „rationalen idealtypischen Grenzfall absoluter Zweck- und Richtigkeitsrationalität“90 zu orientieren vermöge. Angesichts dieses, obzwar ausdrücklich nur methodischen Vorrangs der zweckrationalen und insbesondere richtigkeitsrationalen „Deutung“ verwendet Weber die Termini „zweckrational“ und „rational“ unterschiedslos. Daß mit „rational“ nicht immer „zweckrational“ gemeint ist, ergibt sich aus dem Kontext, aber auch 88  Vgl. Weber, Kategorien, unten, S.  3 93 und 419. 89  Ebd., unten, S.  3 90. 90  Ebd., unten, S.  3 96.

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daraus, daß Weber gelegentlich von einem spezifisch „zweckirrationalen“ Verhalten spricht,91 aber auch ein dem sinnhaften Verstehen überhaupt entzogenes Verhalten „irrational“ nennt. Weber verzichtet darauf, zur Entwirrung dieses Sprachgebrauchs seine viele Jahre zurückliegenden Bemerkungen zur „qualitativen Rationalität“ sinnhaft verständlichen Handelns aufzunehmen und von daher die methodische Sonderstellung des zweckrationalen Handelns zu begründen. Dem hier liegenden Klärungs- und Differenzierungserfordernis begegnet er in den Grundbegriffen mit der Typologie sinnhaften Verhaltens, insbesondere mit der terminologischen Einfügung eines zweiten Idealtyps rationalen Verhaltens, aber auch mit der gleichberechtigten Aufnahme von – ebenfalls im Kategorienaufsatz vorkommenden 92 und schon in früheren Schriften angeführten 93 – „Affekthandlungen“ und des traditionalen Handelns. Doch wird er sich auch in den Erläuterungen zu dieser Typologie weder auf den die Unterscheidung zwischen den rationalen und den nichtrationalen Typen ermöglichenden Ratio­nalitätsbegriff noch auf den umfassenderen Begriff „qualitativer Rationalität“ einlassen, obwohl seine Deutung der Sinnhaftigkeit als „Kommunikabilität“ in diese Richtung weist. Mit diesem Problemkomplex ist Webers Abgrenzung der Soziologie von der Psychologie im Kapitel II eng verknüpft. Immer wieder, besonders nachdrücklich in der Auseinandersetzung mit Simmel,94 hatte er das soziologische Verstehen dadurch vom psychologischen unterschieden, daß es nicht auf psychische Zustände und Abläufe, sondern auf „das Rationale“ ziele, und mit diesem Rationalen waren die vom psychischen Geschehen abhebbaren und als solche verstehbaren, sinnhaften, „qualitativen“ Bestimmungsgründe menschlichen, auf das Verhalten Anderer bezogenen Verhaltens gemeint. Die Auffassung, daß „die verstehende Soziologie [...] nicht Teil einer ‚Psychologie‘“ sei, wird im Kategorienaufsatz bekräftigt.95 Allerdings wird hier 91  Ebd., unten, S.  3 97. 92  Ebd., unten, S.  3 92. 93  Vgl. oben, S.  9 mit Anm.  3 8. 94  Vgl. dazu oben, S.  28 mit Anm.  5 3. 95  Weber, Kategorien, unten, S.  3 96. Seit Roscher und Knies, sehr entschieden auch in den Antikritiken zur Protestantischen Ethik, stellt sich Weber der verbreiteten Auffassung entgegen, daß die kultur- und sozialwissenschaftliche Erkenntnis einer psycho­logischen Fundierung bedürfe, ihre Erklärungen sich also letztlich psychologischer Begriffe und Theoreme bedienen müßten. Besonders einflußreich war in dieser Hinsicht Wilhelm Dilthey, der diese Rolle allerdings einer nicht (nach natur­wissen­ schaftlichem Vorbild) „erklärenden“, sondern „beschreibenden und zergliedernden“ Psychologie zuschrieb. Auch diese verstehende Psychologie ist nicht mit einer – durchaus von Dilthey, daneben vor allem von Husserl beeinflußten, von Heidegger zuerst, und zwar auch im Blick auf die Grundlagenprobleme wissenschaftlicher Erkenntnis, ausgeführten – Hermeneutik gleichzusetzen (vgl. Gadamer, Hans-Georg, Die Hermeneutik und die Dilthey-Schule, in: ders., Gesammelte Werke, Band 10. –

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dem Psychischen oder Psychologischen das „Rationale“ nicht ohne nähere Bestimmung, sondern im Hinblick darauf entgegengesetzt, daß ein Handeln desto weniger „durch irgendwelche psychologischen Erwägungen überhaupt sinnhaft verständlicher“ werde, je eindeutiger es zweckrational, gar „dem Typus der Richtigkeitsrationalität entsprechend“ orientiert sei.96 In seiner derart noch einmal bekräftigten Position sah sich Weber im Kategorienaufsatz vor allem durch die Notwendigkeit herausgefordert, das Verhältnis seiner verstehenden Soziologie zu einer verstehenden Psychologie zu klären, deren Gegenstandsbereich gerade nicht die „nackt psychischen“,1 also „absolut unverständlichen psychischen Gegebenheiten“ sind.2 Eine solche Psychologie hatte Karl Jaspers, wesentlich beeinflußt von Webers methodologischen Reflexionen, neuerdings ausgearbeitet. Webers – ausdrücklich vorläufige – Erörterungen heben so auch weniger auf eine klare Abgrenzung ab als darauf, was von einer solchen „verstehend psychologischen Arbeit“,3 unter Berücksichtigung der Psychopathologie und „gewisse[r] Teile der Arbeit der sog. Psychoanalyse“,4 im Hinblick auf den Umkreis bzw. die Abstufungen 5 eines „sinnhaft verständlichen“ Sichverhaltens zu lernen und, Tübingen: Mohr Siebeck 1995, S.  185–205 (hinfort: Gadamer, Hermeneutik), hier S.  188). Hier wäre die Frage anzuschließen, ob nicht Webers Kritik der Sache und auch seiner Argumentationsweise nach in die Richtung einer Hermeneutik der geschichtlichen, lebensweltlichen Faktizität weist und genau darin Anschlußmöglichkeiten bei Gottl findet (dessen Wertschätzung als eines besonders gründlichen und klarsichtigen Methodologen Weber zwar äußert, aber nicht mit einer solchen Konvergenz erklärt). 96  Weber, Kategorien, unten, S.  3 96. 1  Ebd., unten, S.  3 94 und 395. 2  Ebd., unten, S.  3 97. Von diesen „Gegebenheiten“ werden von Weber in einer eher beiläufigen, bei ihm auch sonst ungebräuchlichen Formulierung „sinnhaft verstandene seelische Zusammenhänge“ (ebd., unten, S.  4 01) unterschieden. 3  Ebd., unten, S.  3 98. 4 Ebd. 5 Weber führt in diesem Zusammenhang (ebd., unten, S.  4 00) den – später nicht mehr verwendeten – Begriff „Richtigkeitstypus“ ein, definiert als „faktische objektive Richtigkeitsrationalität“ (unten, S.  3 98). Er fungiert als oberster in einer absteigenden 6-stufigen Skala, in der an unterster Stelle „die ganz unverständlichen psychischen oder physischen Tatbestände ‚in‘ und ‚an‘ einem Menschen“ stehen (unten, S.  4 00). Diese am Grad sinnhafter Verständlichkeit orientierte Typologie wird in keiner Weise in die Grundbegriffe übernommen, sondern vollständig aufgegeben und durch die logisch ganz anders angelegte Systematik der vier Typen sozialen Handelns ersetzt. Jene Skala erweckt zumindest den Anschein, es gehe um Abstufungen ein und derselben Verständlichkeitsanforderung, und zwar auch deshalb, weil Weber bemerkt, die nächsthöhere Stufe könne als Idealtypus für die folgende fungieren. In den Grundbegriffen handelt es sich dagegen um vier sinnhaft klar unterschiedene Motivationstypen mit je eigenen Konstruktions- und Verständlichkeitsanforderungen, und das gilt, ungeachtet einer gewissen methodischen (resp. heuristischen) Sonderstellung, auch für den zweckrationalen Typus.

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als jedenfalls „soziologisch relevant“,6 in den Erklärungshorizont der Verstehenden Soziologie einzubeziehen wäre.7 Demnach gehören in diesen Umkreis nicht nur zwar (subjektiv) unbewußte, aber dem psychologischen (und so auch dem soziologischen) Verstehen zugängliche sinnhafte Motive und Formen einer Verknüpfung von subjektiv oder objektiv Rationalem und Irrationalem, sondern auch psychische Faktoren wie der „Geschlechtstrieb“8 oder bestimmte „‚Charakter‘-Qualitäten“.9 Die im zweiten Teil eingeführten und erläuterten Handlungs- und Ordnungsbegriffe korrespondieren teilweise der im „alten Manuskript“ von Wirtschaft und Gesellschaft verwendeten Terminologie.10 In dem von Weber noch für die 6  Weber, Kategorien, unten, S.  3 95. 7  Das psychologische Verstehen – im Sinne von Karl Jaspers, nicht der gegen Simmel gerichteten Unterscheidung von (nur) psychologischem und „rationalem“ Verstehen – ist ganz wie das soziologische ein sinnhaftes und „motivationales“ Verstehen, dies aber unter Ausblendung der Sinndimension der Sozialität, also dessen, was aus soziologischer Perspektive im „subjektiv gemeinten Sinn“ als (sinnhafter) Bezug „auf das Verhalten anderer“ vorkommt und kausal wirksam ist. Psychologisches Verstehen dieser Art verhält sich also zum soziologischen wie Handeln tout court zum sozialen Handeln. – Zur Affinität und zur – vor allem die Rolle von „Einfühlung“ betreffenden – Differenz der Auffassung des psychologischen Verstehens bei Weber und Jaspers sowie zum Einfluß der (antipsychologistischen) Phänomenologie Edmund Husserls vgl. Frommer, Sabine und Frommer, Jörg, Der Begriff des psychologischen Verstehens bei Max Weber, in: Psychologie und Geschichte, 2. Jg., Heft 1, 1990, S.  37–44. Ihre Unterscheidung des psychologischen als eines „irrational motivationsmäßigen erklärenden“ Verstehens von einem „rational-motivationsmäßig erklärenden“ entspricht einem bei Weber vorzufindenden Wortgebrauch. Sie läßt sich aber wie bei Weber nicht problemlos mit der zutreffenden Feststellung verbinden, daß die gemeinten „irrationalen“, d. h. affektuellen Motive wie die „rationalen“ anders als psycho-physische Faktoren „bewußtseinsfähig“ (ebd., S.  4 0 f.) und auf ihre Weise hinsichtlich ihres (sinnhaften) „Inhalts“ (ebd.) sogar in „voller Evidenz“ (ebd., S.  3 8) verstehbar seien. 8  Weber, Kategorien, unten, S.  3 97. 9  Ebd., unten, S.  4 01. 10  Zur im Kategorienaufsatz zusammenhängend dargelegten und in den Texten des „alten Manuskripts“ – nicht durchgehend und gleichmäßig – vorkommenden Begrifflichkeit vgl. Mommsen, Entstehung (wie oben, S.  6 3, Anm.  4 5), und Lichtblau, Begriffsbildung (wie oben, S.  6 9, Anm.  82), insbes. S.  2 61–265. Die letztgenannte Abhandlung ist außerdem sehr instruktiv, was die Klärung und Ordnung dieser Begrifflichkeit sowie die Art und Bedeutung der in den „Grundbegriffen“ vollzogenen Veränderungen angeht; vgl. zu diesem ganzen Problemkomplex darüber hinaus die Untersuchungen von Schluchter, Wolfgang, Max Webers Beitrag zum „Grundriss der Sozialökonomik“. Editionsprobleme und Editionsstrategien, in: KZfSSp, 50. Jg., Heft 2, 1998, S.  327–343, und Orihara, Hiroshi, Eine Grundlegung zur Rekonstruktion von Max Webers ‚Wirtschaft und Gesellschaft‘. Die Authentizität der Verweise im Text des ‚2. und 3. Teils‘ der 1. Auflage, in: ebd., 46. Jg., 1994, S.  103–121; ders., Max Webers Beitrag zum „Grundriss der Sozialökonomik“, in: ebd., 51. Jg. 1999, S.  724–734. – In diesem Kontext wendet sich Lichtblau, Begriffsbildung, S.  2 64 f., auch, in Übereinstimmung mit Schluchter (1998), gegen die von Orihara (1999 u. ö.) vertretene Annahme, beim Kategorienaufsatz handele es sich um den „Kopf“ des „alten Manuskripts“.

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Publikation bearbeiteten ersten Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft“, den Grundbegriffen, finden sich die Handlungsbegriffe gar nicht, die Ordnungsbegriffe („Verband“ und „Anstalt“) an anderer, und zwar nachgeordneter Stelle (§§  12, 15) im Begriffssystem, während einige eher am Rande getroffene begriffliche Unterscheidungen (Sitte und Konvention im Verhältnis zum Recht, Kampf, offene und geschlossene Vergesellschaftung) in dessen ‚Unterbau‘ (§§  4, 6, 8, 10) eingegliedert werden. Dem steht nicht entgegen, daß die meisten der vielen Unterscheidungen der Sache nach ihre Zweckmäßigkeit und Gültigkeit auch dann zu behalten vermögen, wenn sie sich auf der terminologischen Ebene nicht mehr wiederfinden. Noch stärker als im ersten Teil des Kategorienaufsatzes und in deutlicher Differenz zu der in den Grundbegriffen bestimmenden Definitionslogik orientiert sich die Begriffsbildung in diesem zweiten Teil an der Frage resp. am Kriterium der Rationalität.11 Das in dieser Hinsicht indifferente „Gemeinschaftshandeln“ zerfällt in den „lediglich […] durch Satzung geordneten Spezialfall“ des (insofern „rationalen“) Gesellschaftshandelns einerseits,12 das eine zwanglose Übereinstimmung und Kommunikabilität im als ob-Modus unterstellende „Einverständnishandeln“ andererseits.13 Ganz analog unterscheiden sich auch Anstalt und Verband. Bei ersterer ist wegen der Orientierung an einer „zweckrational gesetzten“,14 obzwar nicht, wie beim „Zweckverein“,15 freiwillig übernommenen, sondern verbindlich vorgegebenen bzw. „oktroyierten“16 Ordnung der (zweck-)rationale Charakter der Gemeinschaft und des „subjektiv gemeinten“ Handlungssinns per definitionem explizit und konstitutiv. Demgegenüber orientiert sich das „Verbandshandeln“ an einem mehr oder minder bewußten „Einverständnis“, das eine Ordnung nicht nur geregelt und insofern berechenbar, sondern – wie im sehr wichtigen Fall eines Herrschafts- oder Legitimitäts-Einverständnisses – auch wohlbegründet und gültig erscheinen läßt. Weber wird hier wie auch sonst durchgängig nicht müde zu betonen, daß die begrifflichen Unterscheidungen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit „flüssig“, Mischformen und unmerkliche Übergänge die Regel seien.17 Das 11  In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, daß Weber, wie bereits oben, S.  6 8, Anm.  73, erwähnt, im Kategorienaufsatz eher beiläufig zwischen „erwartungs­ orientiert[em]“ (vor allem im Sinne von „zweckrationalem“) und „wertorientiert[em]“ Handeln unterscheidet, und zwar ganz im Sinne der späteren Definition von „wert­ rational“. 12  Weber, Kategorien, unten, S.  426. 13  Ebd., S.  417 f. 14  Ebd., unten, S.  4 09. 15  Ebd., unten, S.  412 („Zweckverein“) und S.  4 32 („Anstalt“). 16  Ebd., unten, S.  4 35. 17  Ebd., unten, S.  426. Das zeigt sich beispielhaft an der Unterscheidung zwischen Gemeinschaftshandeln überhaupt, „einfachem“ oder „bloßem“ Gemeinschaftshan-

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die begrifflich (d. h. immer idealtypisch) unterschiedenen Handlungsformen Verbindende, damit aber auch die Übergänge zwischen ihnen in spezifischer Weise Ermöglichende und Befördernde ist ihre Sinnbezogenheit, also der Umstand, daß hier Handeln sinnhaft auf anderes Handeln bezogen und daran in seinem Ablauf orientiert ist. Allerdings beziehe sich, bemerkt Weber, erwartungsgeleitetes Handeln auch auf sinnhaft Unverstehbares (Naturobjekte, Säugling). Das „an Erwartungen sinnhaften Handelns orientierte Handeln“ sei insofern nur der „rationale Grenzfall“.18 Nicht nur unausgesprochen wie sonst vielfach, sondern explizit setzt Weber damit „rational“ in einem sehr elementaren Sinne mit „sinnhaft motiviert“ und insofern „sinnhaft verständlich“ gleich. Diese zwar ausdrückliche, aber auch an dieser Stelle in den Grundbegriffen nicht thematisierte Gleichsetzung erklärt sich wie im ersten Teil des Kategorienaufsatzes und auch sonst bei Weber zunächst mit der Orientierung am handelnden Menschen und mit der daraus sich ergebenden methodischen Sonderstellung der Zweckrationalität. Tatsächlich aber ist diese im zweiten Teil weniger leitend als ein anderer, allgemeinerer Begriff von Rationalität, und zwar ein solcher, bei dem „rational“, wenn nicht rechtlich oder rechtsförmig, so doch rechtsähnlich bedeutet derart, daß eine rechtliche oder rechtsförmige Orientierung oder Ordnung zur Annäherung an faktisch Gegebenes dienen kann – auf Seiten der Akteure wie der (etwa soziologischen) Beobachter. Der größere Problem- und Arbeitszusammenhang, in dem der Kategorienaufsatz entstand, läßt auch verstehen, warum Weber sich in zwei Passagen auf historisch auffällige Prozesse der Rationalisierung einläßt und dabei unter Rationalisierung eine zunehmende Umstellung auf zweckrationale Ordnungsformen und eine damit eng verknüpfte, aber nicht identische, zunehmende Verrechtlichung versteht.19 Das betrifft zunächst die in der Geschichte „oft“ deln, „einverständnisbedingte[m] Gemeinschaftshandeln“ (ebd., S.  425) und Einverständnishandeln überhaupt. Nimmt man die (schon zitierte) Bemerkung (ebd., S.  426) hinzu, daß das Gesellschaftshandeln „lediglich“ ein „Spezialfall“ des Einverständnishandelns sei, sowie den Umstand, daß an anderer Stelle (ebd., S.  411) auch gesagt wird, es könne eine Form annehmen, in der es zum „absolute[n] Grenzfall“ des „bloßen Gemeinschaftshandeln[s]“ werde, drängt sich die Frage auf, ob es sich hier überhaupt um zweckmäßige begriffliche Unterscheidungen handelt. Offenbar hat Weber sie in den Grundbegriffen nicht zuletzt wegen mangelnder Zweckmäßigkeit und Trennschärfe aufgegeben und mit Hilfe anderer Unterscheidungskriterien ersetzt. Dabei wird die Typologie der vier Hauptformen sinnhaft-verständlicher Motivation vorrangig wichtig, so bei der neuen Unterscheidung von „Vergesellschaftung“ und „Vergemeinschaftung“ (Weber, Soziologische Grundbegriffe §  9, MWG I/23, S.  194–198) oder der Disjunktion „offene und geschlossene Beziehungen“ (ebd., §  10, S.  198– 202). 18  Weber, Kategorien, unten, S.  4 07. 19 Lichtblau, Begriffsbildung (wie oben, S.  6 9, Anm.  82), S.  2 66, bemerkt, daß die „Marktvergesellschaftung“ (oder auch, gleichbedeutend: „Marktvergemeinschaf-

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zu beobachtende „Stufenleiter“ von der „Gelegenheitsvergesellschaftung“ zu „perennierenden ‚Gebilde[n]‘“ mit dem durch die „Vereinbarung genereller Regeln“ und die „Existenz eigener Verbandsorgane“ ausgezeichneten Zweckverein als terminus ad quem („rationalem Idealtyp“).20 Damit aber konvergiert nach Weber ein gleichsam von der anderen Seite, vom verbandsförmig geordneten Einverständnishandeln ausgehendes und den „Verlauf der für uns übersehbaren geschichtlichen Entwicklung“ betreffendes Geschehen: Zwar gebe es keinen „Ersatz“ (sic) des Einverständnishandelns durch Vergesellschaftung, wohl aber sei „eine immer weitergreifende zweckrationale Ordnung des Einverständnishandelns durch Satzung und insbesondere eine immer weitere Umwandlung von Verbänden in zweckrational geordnete Anstalten zu konstatieren“.21 Daß Weber die „einigen Kategorien der verstehenden Soziologie“ gewidmete Abhandlung in dieser Weise beschließt, hat gewiß mit den angesprochenen Begleitumständen ihrer Abfassung zu tun. Die Einsicht in die Dialektik der sozio-ökonomischen und kulturellen Rationalisierung aber findet sich sehr viel früher, so im Umkreis von Webers Aktivitäten für den Evangelisch-sozialen Kongreß („Verunpersönlichung“) und dann in der Protestantischen Ethik („stahlhartes Gehäuse“), und sie gehört zu den zwar unausgesprochenen, aber wesentlichen Motiven der Wendung zur Soziologie. Im „spezifisch gearteten ‚Rationalismus‘ der okzidentalen Kultur“ erkennt er eine bestimmende Thematik und Herausforderung seiner Soziologie.22 Ihr ist nur im Bezugsrahmen einer (zu entwerfenden) „Typologie und Soziologie des Rationalismus selbst“23 zu entsprechen, und zwar auch in Gestalt einer Selbstthematisierung der Soziologie, welche die Rationalisierung qua „Verwissenschaftlichung“ und deren Dialektik nicht nur beobachtet, sondern nolens volens auch befördert.

12. Anstöße und Einflüsse In der ersten Fußnote des Kategorienaufsatzes gibt Weber Hinweise auf Autoren und Arbeiten, denen er Anregungen verdankt. Diese Hinweise sind nach Zahl, Umfang und Art durchaus zurückhaltend, und sie werden im Text kaum aufgenommen. Darüber hinaus beziehen sie sich in ihrer Mehrheit auf erkenntnistheoretische und methodologische Fragen (Simmel, Rickert, Jastung“) im Kategorienaufsatz wie auch im „alten Manuskript“ noch nicht als zweite, eigen­ständige Form rationaler Ordnung im Blick stehe. 20  Weber, Kategorien, unten, S.  417, 415 und 412 (zum Idealtypus). 21  Ebd., unten, S.  4 37. 22  Weber, Vorbemerkung, MWG I/18, S.  101–121, hier S.  116. 23  Weber, Zwischenbetrachtung (zuerst 1915), MWG I/19, S.  479–522, hier S.  4 81.

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pers, Gottl, Radbruch sowie, wenn auch nur „indirekt“ in Betracht kommend, Husserl und Lask). Hinsichtlich der besonderen Anlage und Zielsetzung der Verstehenden Soziologie besteht Weber, „teilweise abweichend von Simmels Methode“, auf der scharfen Scheidung des subjektiv gemeinten vom objektiven Sinn, hinsichtlich der (vor allem abweichenden) Begrifflichkeit verweist er auf Tönnies und „Arbeiten A[lfred] Vierkandts und Anderer“ sowie auf Stammler und die von ihm angerichtete Begriffsverwirrung.24 Diese Bemerkungen vermitteln den Eindruck, daß Weber, als er sich der Entwicklung der Verstehenden Soziologie zuwandte, fast vollständig auf Inspirationen, Vorgaben oder produktive Herausforderungen von Seiten anderer Soziologen verzichten mußte. Das deckt sich mit der Selbsteinschätzung, die er, vornehmlich bezogen auf seinen Handbuch-Beitrag, im Laufe des Jahres 1913 in mehreren Briefen an Paul Siebeck zum Ausdruck brachte und den noch weiter reduzierten Angaben in der „Vorbemerkung“ zu den Grundbegriffen,25 aber auch mit der Beobachtung, daß die Fachwelt ihrerseits dem Kategorienaufsatz 26 ebenso wie den Grundbegriffen mit auffällig wenig Verständnis und kaum erkennbarer Anschlußbereitschaft begegnete.27 24  Weber, Kategorien, unten, S.  3 90, Fn.  1. Ausdrückliche Bezüge zu anderen soziologischen Konzeptionen finden sich im Text des Kategorienaufsatzes so gut wie gar nicht. Gelegentlich (unten, S.  420 f.) wendet sich Weber allerdings dagegen, Sozialität im ganz elementaren und allgemeinen Sinne als „Gleichartigkeit“ des Handelns oder als „Nachahmung“ (wie bei Gabriel Tarde, Les lois de l’imitation, 1890; Les lois so­ ciales. Esquisse d’une sociologie, 1898, deutsche Ausgabe Leipzig 1907; die französische Ausgabe hatte Simmel in der Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Band 2, 1891, S.  141 f., besprochen) zu bestimmen – oder eben als „Wechselwirkung“, wie es vor allem Georg Simmel, aber nicht er allein, getan hatte. 25  So wird Vierkandt nicht mehr genannt, stattdessen Spanns „universalistische[r] Methode“ (MWG I/23, S.  166) ein zumindest heuristischer Nutzen (in der Form einer „funktionalen Vorfragestellung“) zugesprochen. 26  Auf eine der – offenbar spärlichen – Reaktionen bezieht sich Weber in seinem Brief an Hermann Kantorowicz vom 29. Dezember 1913, MWG II/8, S.  442 f., hier S.  4 42: „‚Verstehende Soziologie‘ – unverständlich? und Ihnen? – ‚wenn das am grünen Holz geschieht‘, – wie miserabel muß ich formuliert haben!“ 27  Wie wenig die Eigenart und Tragweite der Verstehenden Soziologie Webers auch nach seinem Tod begriffen und anerkannt wurde, läßt sich an der (Nicht-)Behandlung ablesen, die sie in Alfred Vierkandts Handwörterbuch der Soziologie (1931) findet, vor allem an den Beiträgen zu „Hauptrichtungen, Aufgaben, Verfahren“ (Theodor Geiger) der Soziologie und zu ihrer Geschichte (Hans Lorenz Stoltenberg); dieselbe Einsicht vermittelt auch: Thurnwald, Richard (Hg.), Soziologie von heute. Ein Symposion der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Soziologie. – Leipzig: C. L. Hirschfeld 1932. Die von Melchior Palyi schon 1923 herausgegebene, zweibändige „Erinnerungsgabe für Max Weber“ (Hauptprobleme der Soziologie. Erinnerungsgabe für Max Weber, 2 Bände. – München, Leipzig: Duncker & Humblot 1923; hinfort: Erinnerungsgabe I–II) ist dagegen noch von einer lebendigen, intensiven Auseinandersetzung mit Webers Werk bestimmt; vgl. im gegebenen Zusammenhang vor allem die Beiträge von Gerhart von Schulze-Gaevernitz (Max Weber als Nationalökonom und Politiker, ebd. I,

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Georg Simmel wird von Weber weder 1913 noch 1920 als bedeutender, beispielhafter oder jedenfalls (theoretisch) ernst zu nehmender Soziologe angeführt, und doch ist, wie gezeigt wurde, die von ihm ausgehende Herausforderung außerordentlich, und sie wirkt durchaus nicht nur ex negativo. Daß Weber, wie er 1909 Herkner geschrieben hatte,28 „auch Simmel“ zusammen mit Lamprecht, Ostwald, Stammler und Vierkandt zu denen rechnete, deren Soziologie-Verständnis er nur mit entschiedener „wissenschaftliche[r] Kritik“ begegnen zu können glaubte, erscheint durch den Ertrag der näheren Beschäftigung mit Simmels Soziologie nicht gedeckt. Tatsächlich gibt es nur einen Gelehrten, den Weber als Soziologen ausdrücklich, unzweideutig und dauerhaft hoch schätzte: Ferdinand Tönnies. Das hatte, wie er bemerkt, seinen Grund in dessen „dauernd wichtigem Werk“,29 aber gewiß auch in seinen Verdiensten um die Entwicklung und Verwendung statistischer Verfahren.30 Von einer tiefreichenden Einwirkung auf die Konzeption und Ausarbeitung der Verstehenden Soziologie ist aber hier nicht zu sprechen, jedenfalls weniger als bei Georg Simmel. Der direkte Einfluß von Tönnies beschränkt sich im Wesentlichen auf die Gemeinschaft-Gesellschaft-Dichotomie.31 Im Kategorienaufsatz wird sie aber gerade nicht im Sinne einer eindeutigen begrifflichen Disjunktion und Opposition verwendet, obzwar deren – für Tönnies wichtige – entwicklungsgeschichtliche Mitbedeutung der Sache nach von Weber thematisiert wird. In die Grundbegriffe dageS.  XIII–XXII), Hermann Kantorowicz (Der Aufbau der Soziologie, ebd. I, S.  73–96) und Friedrich von Gottl-Ottlilienfeld (Freiheit vom Worte, ebd. I, S.  97–152). 28  Brief Max Webers an Heinrich Herkner vom 11. Mai 1909, MWG II/6, S.  121–123, hier S.  121. 29  Weber, Kategorien, unten, S.  3 89 f., Fn.  1; vgl. dazu die oben, S.  27, Anm.  47, bereits zitierte Bemerkung im Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 29. August 1909, daß er den „Gedankengang“ dieses Werks für sich wenigstens „in Auszügen skizziert“ habe. Auch bedankt er sich dort für das Büchlein „Die Sitte“ (Frankfurt a. M.: Rütten und Loening 1909), das er mit „Interesse und Belehrung“ gelesen habe. Dieses Handexemplar „mit einigen Anstreichungen“ befindet sich in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. 30  Vgl. dazu den Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 2. Juni 1914, MWG II/8, S.  6 99 f.; Weber bezieht sich auf den Vortrag „Über eine Methode moralstati­ stischer Forschung“, den Tönnies auf dem Heidelberger Internationalen Kongreß für Philosophie 1908 gehalten und den Weber in einem Brief an Edgar Jaffé (am oder nach dem 4. September 1908, MWG II/5, S.  6 54 f., hier S.  6 54) als „das beste“ bezeichnet hatte, das er „außer ‚Gemeinschaft u. Gesellschaft‘“ von Tönnies kenne. 31  Vgl. dazu Mommsen, Entstehung (wie oben, S.  6 3, Anm.  4 5), S.  25 ff. Im Blick darauf bemerkt Weber so auch in seinen Exzerpten zu Simmels Unterscheidung unpersönlicher von persönlichen Unterordnungsverhältnissen (Soziologie, S.   197 f., mit Marginalien im Handexemplar): „Hier hätte S[immel] Tönnies berücksichtigen sollen“ (Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 44). Dieselbe begriffliche Disjunktion ist offenbar gemeint, wenn Weber an späterer Stelle (zu S.  4 51) nur den Namen „Tönnies“ vermerkt (ebd., unten, S.  5 50).

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gen nimmt Weber die im Anschluß an Tönnies bestimmte Unterscheidung Vergemeinschaftung-Vergesellschaftung auf, dies jedoch an nachgeordneter Stelle und ohne entwicklungsgeschichtliche Konnotation und Zuordnung.32 Dem Hinweis Webers auf eine Bedeutung Vierkandts für die Verstehende Soziologie entsprechen keinerlei erkennbare Spuren. Tatsächlich zeigen die kurz nach Webers Tod veröffentlichten Arbeiten Vierkandts sehr deutlich, daß sein Verständnis von „formaler Soziologie“ als einer „Lehre von den Eigenschaften der Gruppe oder als Theorie der Wechselwirkungen“33 nichts mit der Verstehenden Soziologie gemeinsam hat. In Vierkandts Literaturhinweisen kommt Weber nicht vor, in Fragen der „Begriffsbildung und der Terminologie“, bemerkt er, sei Weber „der Gefahr des Dilettantismus nicht ganz entronnen“.34 Was die erkenntnistheoretischen und methodologischen Voraussetzungen und die begrifflich-theoretische Anlage der Verstehenden Soziologie angeht, wird hinsichtlich der Verstehensproblematik auf Simmel, sowie, aus den beschriebenen Gründen,35 auf Karl Jaspers verwiesen. In diesem Zusammenhang auffällig ist dagegen der Hinweis auf Rickerts „Bemerkungen“ in der 2. Auflage der Grenzen. Er bezieht sich auf die darin eingefügten Darlegungen über „Sinn“, und „Verstehen“.36 In der „Vorbemerkung“ zu den Grundbegriffen werden sie zutreffend als „einige Bemerkungen“ qualifiziert,37 doch hätten sie Weber immerhin veranlassen können, sich im Kategorienaufsatz einerseits auf Rickerts scharfe Trennung „psychischer Wirklichkeiten“ von den „an ihnen haftenden Sinngebilden“38 und das auf sie gerichtete „historische Verstehen“39 zu beziehen, andererseits aber auch auf Rickerts Behauptung, diese „Sinngebilde“ hätten nur „wegen ihrer Wertbezogenheit einen für uns verständlichen Sinn“.40 Die hier bestehende Differenz der Auffassungen wäre noch deutlicher hervorgetreten, hätte Weber, Rickerts Hinweis folgend, auch dessen Überlegungen über die „Deutung“ des – als „drittes Reich“ neben den Wirklichkeiten und den Werten eingeführten – Sinns berücksichtigt, die Rickert

32  Eine implizite und mittelbare Übernahme der Unterscheidung kann man, mit Lichtblau, Begriffsbildung (wie oben, S.  6 9, Anm.  82), darüber hinaus darin sehen, daß sich je zwei der Weberschen Typen des Handelns unter Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung subsumieren lassen. 33  Insbesondere: Vierkandt, Alfred, Hauptprobleme der philosophischen Soziologie. – Stuttgart: Ferdinand Enke 1923, S.  11, 13 ff., 33 f. 34  Ebd., S.  11. 35  Vgl. oben, S.  74 mit Anm.  7. 36  Rickert, Grenzen 2, S.  VII, 181 ff., 516 ff. 37  Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  147. 38  Rickert, Grenzen 2, S.  518. 39  Ebd., S.  521 f. 40 Ebd.

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schon in der Abhandlung „Vom Begriff der Philosophie“41 entwickelt hatte. Es ist ganz offensichtlich, daß Weber im Umkreis der Entwicklung der Verstehenden Soziologie keinen Grund resp. keine Möglichkeit sah, die Nähe zu Rickerts Erkenntnis- und Wissenschaftslehre besonders hervorzuheben.42 Das Verhältnis der Rickertschen Logik qua „Geltungsphilosophie“ zu deren Aus- und Umarbeitung durch Emil Lask ist im gegebenen Zusammenhang nicht zu erörtern.43 Die von Rickert so nachdrücklich vertretene „Prioritätsleh41  Rickert, Heinrich, Vom Begriff der Philosophie, in: Logos. Internationale Zeitschrift für die Philosophie der Kultur, Band 1, 1910/11, S.  1–34. 42  Zu Webers letztem – und vergeblichem – Versuch, Heinrich Rickert von der Möglichkeit und Eigenart seiner Verstehenden Soziologie und ihrer Begriffsbildung zu überzeugen, vgl. seinen Brief vom 26. April 1920, MWG II/10, S.  1040 f. Henrich, Dieter, Die Einheit der Wissenschaftslehre Max Webers. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1952, S.  4 bezweifelt, daß sich Weber „je mit seiner [Rickerts] Erkenntnislehre eingehender befaßt“ habe, die Grundlage seiner Methodologie liege vielmehr in seiner „Anthropologie“ (ebd., S.  3). Diese Auffassung übernimmt Hennis, um sie zum Dreh- und Angelpunkt seiner Weber-Deutung zu machen (vgl. insbes.: Hennis, Wilhelm, Max Webers Wissenschaft vom Menschen. Neue Studien zur Biographie des Werks – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1996, S.  10 ff., und ders., Max Webers Fragestellung. Studien zur Biographie des Werks, ebd. 1987, S.  113. – Zur jedenfalls begrenzten und mit der Zeit weiter abnehmenden Bedeutung Rickerts nicht nur in philosophischer, sondern auch in methodologischer Hinsicht: Bruun, Hans Henrik, Weber and Rickert. From Value Relation to Ideal Type, in: Max Weber Studies, I.2, 2001, S.  138–161; dort auch, S.  157–159, Abdruck des einschlägig wichtigen „Nervi-Fragments“; vgl. Bruun, Hans Henrik, Science, Values and Politics in Max Weber’s Methodology. New Expanded Edition. – Aldershot: Ashgate 2011, S.  28, und Bruun, Hans Henrik and Whimster, Sam, Introduction, in: Max Weber. Collected Methodological Writings. – London, New York: Routledge 2014, S.  XI–XXVIII, hier S.  X VIIIff. Ähnlich argumentiert auch Scholz, Oliver R., Heinrich Rickert und Max Weber. Von der Logik der historischen Wissenschaften zur Wissenschaftslehre der Soziologie, in: Wagner/Härpfer, Webers vergessene Zeitgenossen (wie oben, S.  9, Anm.  37), S.  161– 192. – Demgegenüber wird die tatsächliche Bedeutung der wertphilosophischen Erkenntnistheorie Rickerts für Weber von Guy Oakes (Max Weber und die Südwestdeutsche Schule: Der Begriff des historischen Individuums und seine Entstehung, in: Momm­sen, Wolfgang J. und Schwentker, Wolfgang (Hg.), Max Weber und seine Zeitgenossen. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S.  595–612) sehr überschätzt, damit auch die schädlichen Folgen ihrer – sehr zu Recht konstatierten – Unklarheit und Unhaltbarkeit für Webers Methodologie. Das von Oakes (ebd., S.  6 02– 604) über Lasks Bedeutung für Weber Gesagte leidet darunter, daß er dabei nur das Fichte-Buch zu Rate zieht. 43  Eine gründliche Beschäftigung mit Lasks Werk spricht aus den vielen An- und Unterstreichungen nebst (wenigen) Randnotizen, die sich in Webers Handexemplaren (Diözesanbibliothek Aachen) von Lask, Emil, Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre. Eine Studie über den Herrschaftsbereich der logischen Form. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911 (hinfort: Lask, Logik; Marianne und Max Weber von Emil Lask persönlich gewidmet), und, in geringerem Maße, ders., Fichtes Idealismus und die Geschichte, ebd. 1902, finden. „Fichtes Idealismus“ hatte Weber, Roscher und Knies I, S.  16, als „vorzügliche Arbeit eines sehr begabten Schülers von

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re“,44 also die Lehre vom Vorrang des Sollens vor dem Sein, des Werts vor dem Sinn, teilt Lask durchaus nicht. Damit übernimmt er genau das nicht, was für Rickert die differentia specifica seiner Logik gegenüber allen anderen transzendentalphilosophischen Konzeptionen und auch gegenüber Edmund Husserl ausmacht: Nur er, Rickert, habe aus dem gemeinsamen Antipsychologismus die Konsequenz gezogen, daß „das ‚Unwirkliche‘ auch auf theoretischem Gebiet nicht in einer Seinslehre, sondern in einer Wertlehre philosophisch behandelt“, das „Wesen der Logik als Wertwissenschaft“ aufgefaßt werden müsse.45 Webers Hinweis auf die, „wenn auch mehr indirekt[e]“ Bedeutung Husserls und Lasks in der Fußnote zum Kategorienaufsatz46 macht deutlich, daß er sich ihnen in diesen erkenntnistheoretischen Grundfragen (mit ihren weitreichenden methodologischen Implikationen) verpflichtet sieht. Edmund Husserls Bedeutung liegt, wie schon in den frühen methodologischen Arbeiten, vor allem in der höchst einflußreichen Kritik des „Psychologismus“, die Husserl zuerst mit großer Ausführlichkeit in Logische Untersuchungen. Erster Band: Prolegomena zur reinen Logik,47 in konzentrierter Form in Philosophie als strenge Wissenschaft,48 vorgetragen hatte. Als herausragende Vertreter einer sich ausbreitenden „naturalistischen Axiologie und Praktik, darunter die Ethik“ überhaupt,49 gelten ihm Ernst Häckel und Wilhelm Ostwald, an einer durchgreifenden „Naturalisierung des Bewußtseins“ resp. „Naturalisierung der Ideen“ und einem entsprechenden „wissenschaftlichen Fundament“ für „Logik und Erkenntnistheorie, Ästhetik, Ethik und Pädagogik“

Rickert“ angeführt. Nur „Max Webers Versuche, ähnliches für Struktur und Aufbau der Sozialwissenschaften zu leisten“, könnten, urteilt Georg Lukács, mit Lasks „Unternehmen [...] parallelisiert werden“ (Lukács, Georg, Emil Lask. Ein Nachruf, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift, 22. Band, 1918, S.  3 49–370, hier S.  3 52). Im übrigen werden von Lukács grundlegende Abweichungen von Rickerts „Wertphilosophie“ in Lasks späteren Schriften (zumal der Logik der Philosophie) hervorgehoben (z. B. ebd., S.  3 53, 363, 365), Bezüge zur Phänomenologie angedeutet (ebd., S.  3 59). 44 Lask, Logik (wie oben, S.  81, Anm.  43), S.  43; zum Sinn- und Geltungsbegriff: ebd., S.  15, 33 ff. 45  Rickert, Heinrich, Der Gegenstand der Erkenntnis. Einführung in die Transzendentalphilosophie, 6., verb. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1928, S.  270 f. 46  Weber, Kategorien, unten, S.  3 90, Fn.  1. 47  Husserl, Edmund, Logische Untersuchungen. Erster Band: Prolegomena zur reinen Logik. – Halle: Max Niemeyer 1900. Besonders wichtig war für Weber wohl der zweite Teil: dass. Zweiter Teil: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis, ebd. 1901, vor allem Kap. V (Über intentionale Erlebnisse und ihre ‚Inhalte‘). 48 Husserl, Edmund, Philosophie als strenge Wissenschaft, in: Logos, Band 1, 1910/11, S.  289–341. 49  Ebd., S.  295.

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arbeiteten die „psychophysische und ganz besonders die experimentelle Psychologie“.50 Besonders bemerkenswert ist Webers Verweis auf Friedrich Gottl. Zwar hatte er ihn immer als herausragenden Ökonomen und auch als scharfsinnigen Methodologen bezeichnet, sich aber zugleich, und dies ausdrücklich, in erkenntnistheoretischer und methodologischer Hinsicht von ihm in keiner Weise beeindrucken und beeinflussen lassen, und es ist nicht erkennbar, daß sich dies im Umkreis der Verstehenden Soziologie geändert hätte. Unter Bezug auf „einige polemische Ausdrücke über Friedrich Gottl“ in Franz Eulenburgs Aufsatz über neuere Arbeiten zur Geschichtsphilosophie 51 schreibt Weber diesem am 1. November 1907: „Mit Gottl befinde ich mich im entschiedensten Gegensatz, nicht nur mit den ‚Grenzen‘, sondern auch mit der ‚Herrschaft des Wortes‘ und seinen jetzigen Aufsätzen“.52 Im Brief an Rickert vom 3. November 190753 verbindet Weber Lasks Begriff der „Cultur-Realitäten“54 mit den „gänzlich ungelöste[n] Probleme[n]“, „in die sich Gottl verbissen hat“. Er, Weber, könne „da vorerst nicht mit“, wo es um „Produkte ‚vorwissenschaftlicher‘ Auslese“55 gehe. Man komme da, wie Gottl wolle,56 „zur doppelten Art der Objektivierung in einem dem Münsterberg’schen angenäherten Sinn“.57

50 Ebd., S.  2 95, 297. Webers über die Kritik des Psychologismus hinausgehende Rezeption Husserls und der Phänomenologie wäre, wie Grossein, Introduction (wie oben, S.  67, Anm.  72) bemerkt, einer eigenen Untersuchung wert und bedürftig. Nicht von ungefähr wird diese Rezeption vor allem in Verbindung mit der unterschätzten Bedeutung Diltheys und dem ambivalenten Verhältnis zu Rickert thematisiert; vgl. dazu z. B. Rossi, Pietro, Weber, Dilthey und Husserls Logische Untersuchungen, in: Max Webers Wissenschaftslehre. Interpretation und Kritik, hg. von Gerhard Wagner und Heinz Zipprian. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1994, S.  199–223, und Gadamer, Hermeneutik (wie oben, S.  73, Anm.  9 5). – Ein instruktiver Beitrag zur damaligen Debatte ist: Linke, Paul F., Das Recht der Phänomenologie. Eine Auseinandersetzung mit Th. Elsenhans, in: Kant-Studien. Philosophische Zeitschrift, 21. Band, 1917, S.  163–221. 51  Vgl. Eulenburg, Franz, Neuere Geschichtsphilosophie: Kritische Analysen I., in: AfSSp, Band 25, Heft 2, 1907, S.  283–337. 52  Brief Max Webers an Franz Eulenburg vom 1. Nov. 1907, MWG II/5, S.  412 f., hier S.  412, dort, Anm.  2, auch eine Zusammenstellung der Aufsätze Gottls im Archiv 1906 und 1907. 53  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 3. Nov. 1907, MWG II/5, S.  414–418, hier S.  416 (auch die nachfolgenden Zitate). 54  Lask, Emil, Rechtsphilosophie, in: Windelband, Wilhelm (Hg.), Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. – Heidelberg: Winter 1907, S.  2 96–320, hier S.  309. 55  Bezug Webers ist Lask, ebd., S.  311. 56  Gemeint ist: Gottl, Begriffsbildung II (wie oben, S.  9, Anm.  37). 57  Vgl. Münsterberg, Hugo, Grundzüge der Psychologie, Band I: Allgemeiner Teil, die Prinzipien der Psychologie. – Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1900, S.  6 5 ff.

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Bei allen Unterschieden in der Auffassung und Durchführung verbindet Gottl, Lask und Münsterberg – und auch, so ist zu ergänzen, Simmel, bei dem Weber „Münsterbergiana“58 moniert – das Bestreben, die wissenschaftliche Erfahrungsform in eine systematisch durchdachte Beziehung zur vor- und außerwissenschaftlichen Lebenswirklichkeit zu setzen. Auf dieses Fundierungsproblem will Weber sich, jedenfalls bis auf weiteres, nicht einlassen. Edmund Husserl dagegen und, ihm folgend und auf die Verstehende Soziologie abzielend, Alfred Schütz nehmen es auf. Gottl, in seinem Beitrag zur „Erinnerungsgabe für Max Weber“,59 bezieht sich seinerseits auf die in „Die Herrschaft des Wortes“, „Die Grenzen der Geschichte“ und dem großen Archiv-Aufsatz „Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung“ vorgetragene „Erkenntniskritik“, verstanden als „Revision des Grundbegreifens“, nicht nur der Grundbegriffe.60 Diese Erkenntniskritik richte sich gegen die völlige Abstraktion sozial- und insbesondere wirtschaftswissenschaftlicher Begriffsbildung und Theorie von der geschichtlichen Wirklichkeit „menschliche[n] Zusammenleben[s]“61 und damit von der „Erfahrung“ im Sinne dessen, „was uns alle als Alltag umgibt, was also jedermann in irgendeinem Grade schlechthin bekannt ist“.62 In der Verstehenden Soziologie Max Webers sieht Gottl die Möglichkeit, diese Erfahrungslosigkeit zu überwinden und so auch, bei Wahrung der fachlichen Spezialisierung, die „innere Einheit aller Wissenschaften vom menschlichen Zusammenleben“63 zu gewährleisten – derart, daß sich nicht zuletzt die nationalökonomische Theo­rie zu einer „Theorie im soziologischen Geiste“64 resp. „im Geiste Max Webers“65 läutere.

13. Theorie Während seiner Mitwirkung an der Gründung und der Arbeit der DGS (1909– 1912) diente Weber der Begriff „Soziologie“ zur Bezeichnung des Vorhabens, auf dem Gebiet der Sozial-und Kulturwissenschaften die streng empirische, deshalb auch entschieden „werturteilsfreie“ Forschung durch gemeinsame Anstrengung (qua „Arbeitsgemeinschaft“) voranzubringen. Mit der Wertur-

58  Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  5 33. 59  Gottl-Ottlilienfeld, Friedrich von, Freiheit vom Worte, in: Erinnerungsgabe I (wie oben, S.  78, Anm.  27), S.  97–152. 60  Ebd., S.  100. 61  Ebd., S.  125, 128. 62  Ebd., S.  100. 63  Ebd., S.  125. 64  Ebd., S.  118. 65  Ebd., S.  152.

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teilsfreiheit aufs engste verbunden war für ihn das Bemühen um eine präzise und von allen normativen Konnotationen freie Begrifflichkeit. Der im Kategorienaufsatz von Weber definitorisch festgelegte Begriff der – seiner – Soziologie steht in dieser Linie und in direkter Verbindung mit seinem Versuch, das unter „Werturteilsfreiheit“ zu Verstehende so gründlich und systematisch wie möglich darzulegen.66 Zugleich aber bringt er insofern eine 66  Die Wendung zur Soziologie vollzieht sich nicht unvorbereitet. Bis zu einem gewissen Grade läßt sich der Übergang an den Texten zu „Wirtschaft und Gesellschaft“ für das Handbuch nachvollziehen, die Weber in den Jahren zuvor geschrieben hatte. Sie waren zunächst durchaus nicht als Teile der Soziologie aufgefaßt, werden aber, wenn auch keineswegs gleichmäßig, sekundär ausdrücklich einem soziologischen Bezugsrahmen zugeordnet. Das geschieht auf zweifache Weise: durch kurze, offenbar nachgetragene Zusätze wie „soziologisch betrachtet“ (MWG I/22–1, S.  193), „wirklich exakte soziologische Untersuchung“ (ebd., S.  184), „soziologische Kasuistik“ (ebd., 246) oder „soziologische Struktur“ (ebd., S.  270) einerseits, durch die wohl ebenfalls zumeist nachträgliche Einbeziehung von Teilen der soziologischen (Grund-) Begrifflichkeit, die sich im zweiten Teil des Kategorienaufsatzes in systematischer Form findet, andererseits. Dies geschieht, wie gesagt, in unterschiedlichem Maße, besonders ausgeprägt (und zwar in seiner doppelten Gestalt) im MWG-Band I/22–1 (aus dem die Zitate stammen) sowie in „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ (in: MWG I/22–3), sehr deutlich durch die Betonung des soziologischen Status, aber kaum durch Verwendung der fraglichen Begrifflichkeit in den Texten zu den religiösen Gemeinschaften (MWG I/22–2) und zur Herrschaft (I/22–4). – Vermutlich läßt sich der Gang der Dinge am besten an „Die Wirtschaft und die Ordnungen“ nachvollziehen, auch weil ein Skriptum dieses Textes überliefert ist. Es wurde zunächst (vielleicht schon 1910) als Typoskript verfaßt, dann wiederholt handschriftlich überarbeitet, mit Einschüben versehen und vermutlich erst „Anfang/Mitte 1913 bis spätestens Frühjahr 1914“ (Editorischer Bericht zu I/22–3, S.  188) abgeschlossen. – Die explizite Anknüpfung an den Stammler-Aufsatz würde dazu passen, daß die Argumentation erst sekundär, dann aber nachdrücklich als eine „soziologische“ qualifiziert wird (vgl. den gelegentlichen Bezug auf die „Sozialökonomik“, ebd., S.  192, resp., S.  2 27, die „ökonomische Theorie“). Was die – im großen Umfang eingefügte – Begrifflichkeit angeht, so gibt es guten Grund zu vermuten (vgl. Schluchter, Individualismus (wie oben, S.  6 6, Anm.  61), hier S.  2 04), daß sie aus dem Kontext derjenigen „methodischen Begründung sachlicher Untersuchungen, darunter eines Beitrags (‚Wirtschaft und Gesellschaft‘) für ein demnächst erscheinendes Sammelwerk“ stammt, die Weber in der ersten Fußnote des Kategorienaufsatzes als „schon vor längerer Zeit geschriebene Darlegung“ erwähnt. Wesentlicher Gegenstand dieser Überlegungen dürfte eine Begrifflichkeit zur Untersuchung gesellschaftlicher Ordnungen gewesen sein. Da weder das Handbuch insgesamt noch – zu diesem Zeitpunkt – Webers eigener Beitrag der Soziologie zugerechnet ist, wird die Begrifflichkeit wohl erst in einem zweiten, nur auf diesen Beitrag bezogenen Schritt ausdrücklich als soziologische ausgewiesen, und zwar auch durch Hinzufügung des soziologischen Grundbegriffs „Gemeinschaftshandeln“. Erst danach werden die Begriffe in die Handbuch-Beiträge Webers übernommen, wohl parallel zu deren ausdrücklicher, wenn auch nicht gleichmäßiger Kennzeichnung als „soziologisch“. – Die als ein „Fragment“ der älteren „Darlegung“ in den Kategorienaufsatz übernommene Begrifflichkeit kommt schon in der im selben Jahr (1913) von Weber ausgearbeiteten Herrschaftssoziologie nicht mehr vor, von der, umgekehrt, in

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wesentliche Veränderung zum Ausdruck, als Weber die Soziologie, wie er sie verstanden wissen will, nunmehr ausdrücklich als eigene Disziplin mit fachspezifischem Objekt und eigener Erklärungsperspektive, das aber heißt: mit einer ganz eigenen, systematisch auszuarbeitenden „geschlossenen [...] Theo­rie“, vertritt.67 Zwar hatte er die Soziologie schon im Objektivitätsaufsatz wegen ihrer theoretischen Leistungen ernsthaft in Betracht gezogen, das Theo­retische dabei aber hauptsächlich in einer präzisen und differenzierten diesem Aufsatz noch keine Rede ist. „Über die auf Stammler bezogene Bildung sozio­ logischer Begriffe war Weber 1913 bereits hinaus“ (Schluchter, ebd., S.  183). Auch hier zeigt sich der Übergangscharakter des Kategorienaufsatzes. 67  Am 3. November 1913 schreibt Weber an Paul Siebeck, er habe seinen Beitrag „zu einer Soziologie ausgearbeitet“, habe daran aber „noch zu thun“ (MWG II/8, S.  3 43 f., hier S.  3 44). Wenige Tage später (Brief an Paul Siebeck vom 6. Nov. 1913, ebd., S.  3 48 f.) heißt es, der Beitrag Friedrich Gottls bringe „prinzipiell ganz Neues“ und so auch „meine ‚Soziologie‘“ (sic) – „denn dazu wird der Abschnitt annähernd, obwohl ich ihn nie so nennen könnte“ (ebd., S.  3 49). Das ist deutlich zurückhaltender formuliert als zuvor. Im Brief an Siebeck vom 30. Dezember 1913 (ebd., S.  4 48–450) aber drückt Weber sich noch dezidierter aus als am 3. November. Nach Hervorhebung der von Gottl gelieferten „geschlossene[n] Theorie der Technik“ schreibt er, er habe seinerseits „eine geschlossene soziologische Theorie und Darstellung ausgearbeitet“. Sie setze „alle großen Gemeinschaftsformen zur Wirtschaft in Beziehung [...]: von der Familie und Hausgemeinschaft zum ‚Betrieb‘, zur Sippe, zur ethnischen Gemeinschaft, zur Religion (alle großen Religionen der Erde umfassend: Soziologie der Erlösungslehren und der religiösen Ethiken, – was Tröltsch gemacht hat, jetzt für alle Religionen, nur wesentlich knapper)[,] endlich eine umfassende soziologische Staatsund Herrschafts-Lehre“ (ebd., S.  449 f.). Darüber hinaus stellt Weber noch „eine Sozio­logie der Cultur-Inhalte (Kunst, Litteratur, Weltanschauung)“ in Aussicht, die als „selbständige[r] Ergänzungsband“ im Rahmen des Grundrisses oder auch „außerhalb dieses Werkes“ zu veröffentlichen wäre (ebd., S.  4 50). – Wie abgeschlossen die „geschlossene [...] Theorie und Darstellung“ Ende 1913 war, läßt sich nicht sagen – wohl aber, daß Weber, als er die Arbeit daran wieder aufnehmen konnte, noch sehr viel Arbeit vor sich sah. Daß die in den Briefen an Siebeck wiederholt beklagte Unzulänglichkeit des von Bücher gelieferten Beitrags („Minderleistung“) zwar ein möglicher, vielleicht sogar willkommener Anlaß, gewiß aber kein zureichender Grund für Webers Ausarbeitung war, steht hingegen fest. Sehr selbstbewußt, aber auch sehr zutreffend sagt Weber ja, es gebe „noch nichts dergleichen [...], auch kein ‚Vorbild‘“ (ebd., S.  4 50). – Schwer zu deuten und einzuordnen, jedenfalls nicht allein mit editionspolitischen Motiven zu erklären, sind Webers Äußerungen in seinem „Rundschreiben an die Mitherausgeber“ vom Dezember 1913: Wegen unregelmäßig oder gar nicht gelieferter Beiträge habe er selbst, „unter Opferung anderer, mir weit wichtigerer Arbeiten“, eine „ziemlich umfassende soziologische Erörterung“ zu liefern sich entschieden, um durch dieses „anderweitige Äquivalent“ die „Eigenart“ des Handbuchs zu „heben“. Damit habe er eine „Aufgabe“ erfüllt, die er „sonst in dieser Art niemals übernommen hätte“. (Rundschreiben an die Mitherausgeber des „Handbuchs der Sozialökonomik“. Dezember 1913, MWG I/24, S.  186–190, hier S.  189). Wie auch immer diese Erklärung zu verstehen ist: Sie schließt aus, daß Weber schon Jahre vorher erwogen hätte, den Handbuch-Beitrag im Sinne einer „geschlossenen soziologischen Theorie“ aufzufassen und auszuarbeiten.

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Begrifflichkeit gesehen, nicht in einer spezifischen Erklärungsweise. Eine in diesem engeren Sinne verstandene theoretische Konzeption der Soziologie hatte Weber auch weder bei den Vorklärungen zur Übernahme des „Schönberg“ noch im Zuge der Mitwirkung an der DGS 68 entwickelt. Im Blick auf den neuen „Schönberg“ erwartet Weber, indem er zugleich einige mögliche Autoren (von Wieser, Lexis und seinen Bruder Alfred) nennt, in erster Linie eine gründliche Behandlung der (ökonomischen) „Theorie“: „Der Centralpunkt ist die Art der Unterbringung der Theorie“.69 Daneben sei ein „Abriß der Wirtschaftsgeschichte“, und zwar von Gothein, zu erwägen, „sodann“ sei zu klären, „in welchem Maße ‚Soziologie‘ [sic!] hineinzuziehen wäre“, schließlich sei – für Band II – die „Sozialpolitik“, obzwar in „ganz andre[r] Behandlung u. Stellung“, in Betracht zu ziehen. „Aber gegen die Frage der Theorie ist das Alles eine Kleinigkeit“ – also auch das Hineinziehen der ‚Sozio­ logie‘.70 Siebeck ist mit der herausgehobenen Stellung des „theoretischen Teil[s]“ ganz einverstanden und bringt dafür seinerseits Joseph Schumpeter ins Spiel, der „auch nach der Soziologie hin orientiert [sei], die wir, glaube ich, nicht beiseite lassen dürfen“.71 Die von Weber geäußerten inhaltlichen Erwartungen werden, was die Rolle der Soziologie angeht, von Richard Swedberg72 wohl überinterpretiert, und so auch von Wolfgang Schluchter, wenn er bemerkt, daß aus Webers Sicht „für die Neugestaltung des Handbuchs Wirtschaftstheorie und Soziologie eine zentrale Rolle spielen sollten“.73 „Darum vor allem sollte es in dem ersten Band des auf zwei Bände angelegten neuen Handbuchs gehen“.74 Das ist zwar gewiß „keine bloße Spekulation“,75 doch findet sich eine gleichrangige Hervorhebung von ökonomischer Theorie und Soziologie (qua Theorie) nicht in der zitierten Korrespondenz Webers mit Siebeck. Anders steht es damit allerdings im „Vorwort“ zum „Grundriß der Sozialökonomik“ vom Juni 1914. 68  Vor allem in Gestalt der beiden Projektentwürfe zur Presse- und Vereinsenquete und der Diskussionsbeiträge. 69  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 26. Dez. 1908, MWG II/5, S.  705 f., hier S.  705. 70  Ebd., S.  705. In einem Brief an Paul Siebeck, nach dem 20. April 1909 (MWG II/6, S.  103–106), berichtet Weber von einer Unterhaltung mit Karl Bücher: auch diesem scheine „die Zuteilung des Art[ikels] ‚Theorie‘ das Wichtigste“ (ebd., S.  103). 71  Brief von Paul Siebeck an Weber vom 28. Dez. 1908, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl.  4 88 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), A0703, Mappe 14; zitiert in: MWG II/6, S.  17, Hg.-Anm.  4. 72  Swedberg, Richard, Max Weber and the Idea of Economic Sociology. – Princeton: Princeton University Press 1998, S.  158 f. 73  Schluchter, Entstehungsgeschichte, MWG I/24, S.  13. Deutlich vorsichtiger heißt es kurz danach, die „neue[n] Inhalte“ seien für Weber „mit Wirtschaftstheorie und Soziologie verbunden“ gewesen (ebd., S.  13 f.). 74  Ebd., S.  14. 75  Ebd., S.  15.

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Hier hebt Weber die, „entsprechend der veränderten wissenschaftlichen Lage, veränderte Stellung zur Theorie und Soziologie“ hervor.76 Dabei ist zunächst wiederum die ökonomische Theorie gemeint, nun aber gewiß auch die Soziologie als theoretische Disziplin sui generis.77 Friedrich von Wieser wurde von Weber als ein der „Österreichischen Schule“ angehörender und der Soziologie zugewandter Wirtschaftstheoretiker sehr bevorzugt und schließlich auch mit der Abfassung des Beitrags zur ökonomischen Theorie beauftragt. Nachdem er nach langem Bemühen eine grundsätzliche Zusage von Wiesers erreicht und dieser ihn auch über Inhalt und Aufbau des Beitrags informiert hatte,78 äußerte Weber gegenüber Siebeck, von Wieser habe „eigentlich jetzt soziologisch arbeiten“ wollen, dies aber wegen der Mitwirkung am Handbuch zurückgestellt.79 Als der Beitrag 1914 vorlag,80 war Weber, ganz anders als bei Karl Büchers Beitrag, insgesamt sehr beeindruckt.81 Nur in einem Punkt sah er sich in seinen – auf vorhergehende Werke von Wiesers gestützten – Erwartungen enttäuscht: in der fehlenden Behandlung der „soziologische[n] Probleme“.82 Viel spricht für Wolfgang Schluchters Vermutung, Weber habe genau die Verknüpfung der Wirtschaftstheorie mit der Soziologie vermißt, für die er von Wieser am besten qualifiziert gesehen hatte. Dieses Manko habe Weber selbst dann mit seinen „Soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens“ 76 Grundriß der Sozialökonomik. „Vorwort“ und „Einteilung des Gesamtwerkes“, MWG I/24, S.  167. Dabei hat Weber womöglich auch die „allgemeine Gesellschaftstheorie“ von Wiesers (vgl. unten, S.  8 9), bestimmt aber seinen eigenen, mittlerweile gegenüber Siebeck zur „geschlossene[n] soziologische[n] Theorie“ erklärten Beitrag im Blick. 77  Trotzdem wird Webers Beitrag zum Grundriß nicht in diesem „Vorwort“, aber auch nicht in der „Einteilung des Gesamtwerkes“ von 1914 explizit der so hervorgehobenen Soziologie zugerechnet. In der nachfolgenden Korrespondenz Webers mit dem Verleger setzt sich, unter dessen auffälligem Betreiben, der (Kurz-)Titel „Soziologie“ für diesen Beitrag jedoch durch. 78  Vgl. die Briefauszüge Friedrich von Wiesers an Max Weber in: MWG II/6, S.  183, Hg.-Anm.  1. 79  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 15. Juli 1909, MWG II/6, S.  183–185, hier S.  184. 80  Wieser, Friedrich von, Theorie der gesellschaftlichen Wirtschaft, in: Grundriß der Sozialökonomik, I. Abt.: Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft, bearbeitet von Karl Bücher, Joseph Schumpeter, Friedrich Freiherrn von Wieser. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914, S.  125–444 (hinfort: Wieser, Theorie). 81 Mit zunehmender Lektüre wird Webers Urteil in den Briefen an Siebeck immer positiver: „Wieser ist gut“ (Karte Max Webers an Paul Siebeck vom 21. März 1914, MWG II/8, S.  573 f., hier S.  574), in weiten Teilen „ganz vortrefflich und erstklassig, sehr erfreulicherweise“ (Brief vom 2. April 1914, ebd., S.  5 86–588, hier S.  5 87); der Beitrag habe, wie der Gottls, „nur einzelne schwächere Partien“ und sei „im Ganzen […] ausgezeichnet, grade für Lehrzwecke“ (Brief vom 15. April 1914, ebd., S.  623 f., hier S.  623). 82  Brief an Max Webers an Paul Siebeck vom 2. April 1914, ebd., S.  5 87.

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ausgeglichen.83 Umso erstaunlicher ist es aber, daß Weber weder 1914 noch später von Wiesers – ausdrücklich als ganz vorläufig bezeichnete – Überlegungen zu einer „allgemeinen Gesellschaftstheorie“ erwähnt, obwohl sie seinen Auffassungen sehr nahe kommen – näher als alles, was zu Webers Lebzeiten von irgend einem anderen Autor – Tönnies, Vierkandt, auch Simmel und erst recht Spann eingeschlossen – in dieser Sache geschrieben wurde.84 Die grundlegende Übereinstimmung der theoretischen Prämissen der Verstehenden Soziologie mit einer so angelegten „allgemeinen Gesellschaftstheorie“ kann Weber nicht entgangen sein und ihn höchstens insofern überrascht haben, als von Wieser gerade in diesem Punkt über das 1909 in Aussicht Gestellte hinaus geht. Wie von Wieser war er der Auffassung, daß das Modell des homo oeconomicus für die Soziologie „zu eng“ sei,85 und ebenso war von Wiesers Entwicklung der „Gesellschaftstheorie“ als allgemeine Theorie so­zia­ len Handelns ganz in seinem Sinne.86 Womöglich bezog sich seine Unzufriedenheit mit dessen Beitrag – wenn nicht zuvörderst, so doch auch – darauf, daß von Wieser diese Verallgemeinerung selbst noch wirtschaftstheoretisch, nämlich mit dem Übergang von der Theorie der einfachen Wirtschaft zur Theo­rie der Tausch- resp. Volkswirtschaft, begründete.

83 Dieser Vermutung folgt Morlok, Christoph, Rentabilität und Versorgung. Wirtschaftstheorie und Wirtschaftssoziologie bei Max Weber und Friedrich von Wieser. – Wiesbaden: Imprint Springer VS 2013. 84  Für von Wieser ist die klassische Wirtschaftstheorie der „vorgeschobene Posten“ der allgemeinen Gesellschaftstheorie (Wieser, Theorie (wie oben, S.  8 8, Anm.  8 0), S.  2 34). Allerdings sei der Individualismus in dieser Theorie nicht als „methodisches Hilfsmittel der Idealisierung“ (ebd., S.  2 35) betrachtet, sondern übertrieben und oft auch normativ aufgefaßt worden. Deshalb seien in ihr insbesondere Probleme der Macht (Überordnung und Unterordnung, Führerschaft, soziale Schichtung und Klassen) sehr vernachläßigt worden. Mit seiner – nur in den Grundzügen und vorläufig umrissenen – „Theorie der wirtschaftlichen Gesellschaft“ (S.  2 32–243) will von Wieser dennoch allen „organischen“ Erklärungen entgegen treten, „welche die Gesellschaft als solche, losgetrennt von den Individuen, zum Subjekt des Handelns machen“ (S.  2 36). Sie seien „offenbar durchaus verfehlt“. Es müsse bei dem „Grundgedanken“ bleiben, daß „die Individuen die Subjekte des gesellschaftlichen Handelns“ (ebd.) seien. – Von Soziologie ist weder in dieser ersten noch in der textidentischen zweiten Auflage von 1924 die Rede, deren Literaturverzeichnis nun aber zahlreiche soziologische Autoren nennt, darunter auch Max Weber. 85  Vgl. Schluchter, Entstehungsgeschichte, MWG I/24, S.  2 0 ff., und Schluchter, Wolfgang, Grundlegungen der Soziologie. Eine Theoriegeschichte in systematischer Absicht, Band I. – Tübingen: Mohr Siebeck 2006, S.  2 37 ff., auch im Blick auf das dazu schon in der Stammler-Kritik Gesagte. 86  In seinem Beitrag zur Werturteilsdiskussion im Verein für Sozialpolitik ging Weber ja, wie zitiert, so weit, den Gedanken zu erwägen, daß die „Wirtschaftstheorie“ resp. „systematische Nationalökonomie“, wenn auch „mit einigen Vorbehalten“ als ein „Spezialfall“ der „verstehenden Soziologie“ (sic) gelten könne (Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, unten, S.  3 81; sowie oben, S.  5 3).

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Von seinem fortbestehenden, ganz eigenen Interesse an der ökonomischen Theorie, verbunden mit dem Bedauern, zu deren Entwicklung (auch wegen der vordringlichen Beschäftigung mit der „Wirtschafts-Soziologie“) nicht wie beabsichtigt beigetragen zu haben, wird Weber in seinem Brief an Robert Liefmann vom 9. März 1920 sprechen.87 Dieses – kritische, die Entgegensetzung von „historischer“ und „theoretischer“ Denkrichtung hinter sich lassende – Interesse hatte er auch in der zusammen mit Werner Sombart 1917 im Archiv abgedruckten „Erklärung“ zu Edgar Jaffés Kritik bekundet.88 Max Weber hatte Liefmann den hier zitierten Brief zuvor angekündigt 89 und legt ihm nun die spezifische Motivation und Zielsetzung seiner Verstehenden Soziologie dar: Er verstehe Liefmanns Kritik an den „soziologischen Nationalökonomen“, die vor allem die „soziale Bedingtheit“ des wirtschaftlichen Handelns betonten.90 Er, Max Weber, aber sei „wesentlich“ deshalb Soziologe geworden, um zu zeigen, daß auch die Soziologie „nur durch Ausgehen vom Handeln des oder der, weniger oder vieler Einzelner, strikt ‚individualistisch‘ in der Methode also, betrieben werden“ könne. Das „schreibe und lehre“ er „seit Jahren“, und auch Liefmanns eigene, „ganz altväterliche Ansichten“ vom Staat seien damit nicht vereinbar.91 Mit der schon im Kategorienaufsatz nachdrücklich vertretenen und in ihren Implikationen erläuterten „individualistischen Methode“, mit der gleichzeitig in der Debatte des Vereins für Sozialpolitik und dann im Logos-Aufsatz ausführlich und gründlich in ihrem Sinn, ihren Voraussetzungen und Grenzen bestimmten Werturteilsfreiheit, mit der begrifflich-theoretischen Systematisierung des Beitrags zum Grundriß und mit seinen religionssoziologischen Untersuchungen hat Weber seine Vorstellung von der Soziologie als dem – begriff87  Brief Max Webers an Robert Liefmann vom 9. März 1920, MWG II/10, S.  9 46–954, in dem sich Weber auf Liefmann, Robert, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Band 1: Grundlagen der Wirtschaft. – Stuttgart und Berlin: Deutsche Verlagsanstalt 1917, bezieht. Liefmann hatte in Freiburg bei Max Weber studiert und habilitiert als einer seiner „tüchtigsten Schüler“, vgl. Weber, Wissenschaft als Beruf, MWG I/17, S.  73 mit Hg.-Anm.  4. 88  Weber, Sombart, Erklärung, unten, S.  515, mit Editorischem Bericht. 89  Brief Max Webers an Robert Liefmann vom 12. Dez. 1919, MWG II/10, S.  8 62. Zur Kritik Liefmanns an Othmar Spanns Soziologie bemerkt Weber dort, daß ihm „diese Art Soziologie [...] fürchterlich“ sei. „Sie werden schon sehen warum!“ (ebd., S.  8 62). 90  Zu Liefmanns Kritik vgl. die Hg.-Anm.  4 zum Brief Max Webers an Robert Liefmann vom 9. März 1920, MWG II/10, S.  9 46. 91  Brief Max Webers an Robert Liefmann vom 9. März 1920, ebd., S.  9 46 f. Der Staat ist für Weber nicht nur irgendein, sondern das wichtigste Objekt der Entzauberung der geschichtlich-gesellschaftlichen Welt durch die Soziologie. Zu den „wesentlichen Anregungen“, die er Georg Jellinek verdanke, gehöre „die Prägung des Begriffs der ‚sozialen Staatslehre‘ für die Klärung der verschwimmenden Aufgaben der Soziologie“, sagt Weber in seiner Gedenkrede auf Georg Jellinek, vgl. Weber, Max, Tisch­ rede auf der Hochzeit von Dora Busch, geb. Jellinek, am 21. März 1911, MWG I/13, S.  247–255, hier S.  252

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lich-theoretisch und methodologisch – harten Kern empirischer kultur- und sozialwissenschaftlicher Erkenntnis dargelegt, ausgearbeitet und erprobt. Die so verstandene Soziologie ist das nicht intendierte, aber folgerichtige Ergebnis jener in der Sache rücksichtslos zu betreibenden „wissenschaftlichen Kritik“, die Weber 1909 als den eigentlichen Sinn und Zweck seiner Mitwirkung an der Arbeit der DGS bezeichnet hatte.92 Die Soziologie ist nach Webers Einsicht in einen umfassenden Prozeß der Rationalisierung aller Lebensverhältnisse einbezogen – als dessen Hervorbringung und Träger, aber auch als Ort seiner Selbstaufklärung und bewußten Selbstbeschränkung. Deshalb steht die Verstehende Soziologie mit ihren Leistungen ebenso wie mit ihren Grenzen als erste der ihm „nächstliegenden Disziplinen“93 im Blick, wenn Weber, in Wissenschaft als Beruf (1917/1919), davon handelt, wie der Mensch sich zu den „unbequeme[n] Tatsachen“ und „gewaltige[n] Lebensproblem[en]“94 verhalten könne, mit denen ihn jene Ra­tio­nalisierung konfrontiert – nicht als homo sociologicus, sondern als je Einzelner in der unvertretbaren Verantwortung, sein Leben bewußt zu führen.

14. Zur Anordnung und Edition Die im Band edierten Texte aus dem Zeitraum 1908 bis 1917 sind unter dem inhaltlichen Aspekt „Verstehende Soziologie und Wertfreiheit“ ausgewählt. Das betrifft vor allem die Auswahl der Rede- und Diskussionsbeiträge Max Webers auf den beiden ersten Deutschen Soziologentagen 1910 und 1912. Seine Beiträge zur institutionellen Konstituierung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie finden sich dagegen in Band MWG I/13 „Hochschulwesen und Wissenschaftspolitik“. Die Abfolge der Texte innerhalb des Bandes folgt dem Chronologieprinzip, das sich bei gedruckten Texten und Redebeiträgen nach dem Erscheinungsdatum richtet. Bei den undatierten Manuskripten – den Fragmenten über „Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft“ und „Über Ethik“ – wurde der mutmaßliche Abfassungszeitraum zugrunde gelegt. Bei Texten mit mehreren Fassungen wird diejenige letzter Hand ediert und die Varianten

92  Brief Max Webers an Heinrich Herkner vom 11. Mai 1909, MWG II/6, S.  121–123, hier S.  121. Die Soziologie habe sich, schreibt er nun Paul Siebeck, den „Dilettanten-Leistungen geistreicher Philosophen“ entgegen zu stellen (Brief vom 8. Nov. 1919, MWG II/10, S.  8 33 f., hier S.  8 33); bevor sie im Zuge ihrer Etablierung an den Universitäten in „Dilettanten-Hände“ falle, hatte er einige Monate zuvor in einem Brief an Walther Lotz vom 21. Februar 1919 (ebd., S.  472 f.) gesagt, nehme er sie „in die meinigen“ (ebd., S.  472). 93  Weber, Wissenschaft als Beruf, MWG I/17, S.  9 5. 94  Ebd., S.  9 8, 100.

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im textkritischen Apparat nachgewiesen. So bei den auszugsweise überlieferten Korrekturstadien zur Rezension Adolf Webers und zum Beitrag zur Werturteildiskussion. Eine Ausnahme wird bei Max Webers Beitrag zur Werturteildiskussion im Verein für Sozialpolitik (1913) und dessen überarbeiteter Aufsatzfassung „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ in den soziologischen und ökonomischen Wissenschaften“ (1917) gemacht. Beim „Wertfreiheits“-Aufsatz handelt es sich um den Text letzter Hand, weshalb auch die Abweichungen zum früheren Beitrag textkritisch nachgewiesen werden. Die Überarbeitung Max Webers ist allerdings sehr detailliert und aufwendig, sie setzt neue Akzente und wendet sich an ein breiteres akademisches Publikum, so daß der Charakter eines vereinsinternen Positionspapiers vollständig zurückgenommen wird. Wegen der unterschiedlichen Kontexte und der Bedeutung des frühen Textes für die Werturteilsdiskussion in den nationalökonomischen und sozialwissenschaftlichen Disziplinen entschieden sich die Editoren, den früheren Text vollständig abzudrucken und ihn damit sichtbar zu erhalten und lesbar zu machen. Im ersten Teil des Bandes Schriften und Reden werden die Manuskripte Max Webers, die von ihm autorisierten Aufsätze, Rezensionen und Redebeiträge ediert, im zweiten Teil der nicht-autorisierte Bericht über einen Diskussionsbeitrag beim Internationalen Kongreß für Philosophie in Heidelberg 1908. Ergänzt wird der Band durch die im Anhang abgedruckten und bislang weitgehend unbekannten Exzerpte Max Webers zur Erstausgabe von Simmels „Soziologie“ 1908 und einem Aufsatz Othmar Spanns, der die begrifflichen Grundlagen von Simmels Soziologie kritisiert. Die Mehrzahl der im Band edierten Texte weist keinen Originaltitel auf, so daß der Editor insbesondere im Fall der Diskussionsbeiträge (beim Verein für Sozialpolitik und bei der Deutschen Gesellschaft für Soziologie) Titel einfügen mußte. Diese sind in der Regel an die Vortragstitel angelehnt, auf die sich Max Webers Äußerungen bezogen, und als editorischer Zusatz in eckige Klammern gestellt. Zur Entlastung des Sacherläuterungsapparats sind biographische Informationen zu von Max Weber genannten Personen sowie die ausführlichen bi­blio­ graphischen Angaben zu von ihm genannten Titeln in die beiden Verzeichnisse am Ende des Bandes aufgenommen.

I.  Schriften und Reden

Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Im Münchener Nachlaß Max Webers befindet sich ein dreiseitiges handgeschriebenes Manuskript mit dem Titel „Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft“.1 Es bildet den Anfang einer abgebrochenen Abhandlung. Die ursprüngliche Überschrift lautet „Simmel, Prof. Dr Georg, Soziologie“ und enthält den expliziten Hinweis auf die „inzwischen erschienene ‚Soziologie‘ Simmels“.2 Die Veröffentlichung von dessen zweitem soziologischem Hauptwerk erfolgte in der ersten Juni-Woche 1908.3 Webers Ausführungen dürften also in die zweite Jahreshälfte 1908 fallen. Genaueres aber wissen wir nicht. Der hier edierte Text könnte der Anfang einer kritischen Rezension von Georg Simmels „Soziologie“ sein. Dies legt jedenfalls der Zusatz „Anfang einer Besprechung von Simmels Soziologie“ von Marianne Weber auf der Rückseite des Manuskripts nahe.4 Noch vor Auslieferung von Simmels Werk erkundigt sich Weber bei Ferdinand Tönnies, ob er bereit wäre, für das „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ eine Rezension zu übernehmen.5 Nach dessen Absage wendet er sich offenbar direkt an Georg Simmel mit der 1  Das Original befindet sich in: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 4. 2 Vgl. unten, S.  101, textkritische Anm. a und S.  109, Fn.  1. Gemeint ist: Simmel, ­Georg, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908 (hinfort: Simmel, Soziologie). 3  Vgl. dazu den Editorischen Bericht in: Simmel, Soziologie, hg. von Otthein Rammstedt, in: GSG, Band 11, S.  877–905, hier S.  904. 4 Weber, Simmel als Soziologe und Theoretiker des Geldes, Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 4, handschriftlicher Zusatz von Marianne Weber auf der Rückseite des 2. Doppelbogens. 5  Vgl. den Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 4. Juni 1908: „Es liegt uns in diesem Einzelfall außerordentlich viel daran, gerade Sie zu Worte gelangen zu lassen.“ (MWG II/5, S.  583 f., hier S.  583). Weber verleiht der Bitte zusätzlichen Nachdruck, indem er ein – für damalige Verhältnisse – wohl recht ordentliches Honorar, 120 Mark pro Bogen, anbietet. Auch ein zweiter Anlauf am 21. Juli 1908 (vgl. MWG II/5, S.  607) bleibt ergebnislos, so daß nach einer kurzen Notiz von Edgar Jaffé, veröffentlicht in: AfSSp, Band 27, Heft 3, 1908, S.  831, zwei Jahre später schließlich eine Rezension von David Koigen im Rahmen eines Besprechungsaufsatzes erscheint, vgl. Koigen, David, Soziologische Theorien, in: AfSSp, Band 31, Heft 2, 1910, S.  908–924.

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Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft

Frage, wer seine „Soziologie“ besprechen könnte. Simmels Antwort lautet: „Natürlich wäre es mir am liebsten, wenn Sie es täten – denn Sie sind wirklich ‚kompetent‘, ich weiß es besser.“6 Aber Simmel bleibt vorsichtig und will Weber nicht bedrängen. Einen Monat später versucht Weber ein zweites Mal, Ferdinand Tönnies zu gewinnen, doch ohne Erfolg.7 Vielleicht entscheidet er sich daraufhin, die Rezension selbst zu schreiben. Die geänderte Überschrift des Fragments von „Simmel, Prof. Dr Georg, Soziologie“ zu „Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft“ sowie der Hinweis im Text, daß Weber sich mit „beiden soziologischen Hauptschriften“, also außer mit der „Soziologie“ auch mit der „Philosophie des Geldes“ befassen wolle, lassen vermuten, daß Weber sich umfassend und vertieft mit „Simmels wissenschaftlicher Eigenart“ auseinandersetzen wollte.8 Davon zeugen das von Weber bearbeitete Handexemplar der „Soziologie“ und zwei überlieferte Exzerpte zu diesem Buch.9 Die beiden Aufsätze „Über sociale Differenzierung“ und „Das Problem der Sociologie“, die von Simmel in die Buchfassung eingearbeitet wurden, erwähnt Weber bereits in seiner nationalökonomischen Hauptvorlesung in den 1890er Jahren.10 Die erste Auflage der „Philosophie des Geldes“ las er – wie Marianne Weber ihrer Schwie-

6  Vgl. den Brief von Georg Simmel an Max Weber vom 17. Juli 1908, in: GSG, Band 22: Briefe 1880–1911, S.  636. Er spricht dort über die „miserable Verfassung“ der „wissenschaftlichen Kritik“ und schlägt am Ende vor, bei „Dr. Koppel“ anzufragen (ebd., S.  637). August Koppel hatte in seiner Dissertation das erste Kapitel „Von Marx zu Simmel“ überschrieben, vgl. Koppel, August, Für und wider Karl Marx. Prolegomena zu einer Biographie (Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen, hg. von Carl Johannes Fuchs, Eberhard Gothein, Karl Rathgen, Gerhard (sic!) von Schulze-Gävernitz, Band 8, Heft 1). – Karlsruhe: G. Braun 1905, S.  1–21 (vgl. die editorische Anm., GSG, Band 22, S.  639). 7  Brief Max Webers an Ferdinand Tönnies vom 21. Juli 1908, MWG II/5, S.  607. Zum Hintergrund vgl. oben, S.  95, Anm.  5. 8  Vgl. unten, S.  102 (beide Zitate); zur Überschrift ebd., S.  101, textkritische Anm.  a. 9 Simmel, Soziologie, weist Bearbeitungsspuren von Max Weber (und auch von Eduard Baumgarten) auf, vgl. das Original-Handexemplar in der Diözesanbibliothek Aachen, Kopien in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. Die handschriftlichen Exzerpte: Weber, Simmel, Soziologie, befinden sich in: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 5, vgl. den Abdruck im Anhang, unten, S.  528–552. 10  Simmel, Georg, Über sociale Differenzierung. Sociologische und psychologische Untersuchungen (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, Band 10, Heft 1). – Leipzig: Duncker & Humblot 1890, und ders., Das Problem der Sociologie, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, N. F., 18. Jg., 1894, S.  1301–1307, fanden Eingang in Simmel, Soziologie, vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Simmel, Soziologie, in: GSG, Band 11, S.  877–905, hier S.  877 und 880–884. Von Weber wurden beide Aufsätze im Zusammenhang mit §  7 bzw. 6 „Verhältnis der Wirtschaft zu den anderen Culturerscheinungen, insbesondere Recht und Staat“ der Vorlesung zitiert, vgl. Weber, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, S.  96 (Literaturliste) und S.  369.

Editorischer Bericht

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germutter berichtet – während seines Genesungsaufenthaltes in Rom im Winter 1901.11 Von der zweiten Auflage, die 1907 erschien, ist ebenfalls ein Hand­ exemplar überliefert.12 Weber war folglich mit dem soziologischen Werk Georg Simmels vertraut. In der zweiten Folge des „Roscher-Knies“-Aufsatzes von 1905 bekundet Weber erstmalig die Absicht, eine Abhandlung über Georg Simmel zu schreiben.13 Dort bezieht er sich auf einen gerade veröffentlichten Aufsatz von Othmar Spann, welcher der Auseinandersetzung mit Georg Simmel gewidmet ist.14 Diese ging, zusammen mit weiteren Aufsätzen (darunter über Dilthey und Stammler) in überarbeiteter Form in Spanns „dogmenkritische Untersuchung“ mit dem Haupttitel „Wirtschaft und Gesellschaft“ ein.15 Auf diese Publikation bezieht sich Weber explizit in seinem Text über Simmel.16 Wie sein Exzerpt „Spann gg. Simmel“ belegt, greift er vor allem Spanns kritische Auseinandersetzung mit Simmels Begriff der „Wechselwirkung“ auf.17 Ganz offensichtlich steht auch dieses Exzerpt in einem direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Lektüre von Simmels 1908 erschienenen „Soziologie“; das geht auch aus dem Zusatz Webers „Ganz richtig, cf. meine Bemerkung bei Simmel, Soziologie S.  7“ hervor.18 Max Webers kritische Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Soziologie Georg Simmels blieb in den Anfängen stecken. Warum er diesen Text

11  Vgl. Brief von Marianne Weber an Helene Weber vom 10. Dezember [1901], Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 12  Simmel, Georg, Philosophie des Geldes, 2., vermehrte Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1907. Webers Handexemplar befindet sich in der Diözesanbibliothek Aachen. 13 Vgl. Weber, Roscher und Knies II, S.  143, Fn.  1: „Eine systematische Kritik von Simmels Standpunkt ist hier nicht beabsichtigt. Auf manche seiner, wie immer, sachlich feinen und künstlerisch geformten Thesen komme ich demnächst wohl im JafféBraunschen Archiv zurück.“ 14  Spann, Othmar, Untersuchungen über den Gesellschaftsbegriff zur Einleitung in die Soziologie, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 61. Jg., 1905, S.  302–344. Weber, Roscher und Knies II, verweist einerseits (ebd., S.  143, Fn.  1) auf Spanns „logische Kritik“ des zweiten Kapitels (Von den historischen Gesetzen) von Simmels „Die Probleme der Geschichtsphilosophie“, andererseits (ebd., S.  138, Fn.  2) auf Spanns Behandlung von „Simmels in seinen verschiedenen Schriften verstreute[n] Äußerungen über den Gesellschaftsbegriff und die Aufgaben der Soziologie“. – Zu Webers Rekurs auf Spann vgl. die Bandeinleitung, oben, S.  32 f. 15  Spann, Othmar, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine dogmenkritische Untersuchung (Untersuchungen über den Gesellschaftsbegriff zur Einleitung in die Gesellschaftslehre, Band 1). – Dresden: O. V. Böhmert 1907 (hinfort: Spann, Wirtschaft und Gesellschaft). 16  Vgl. unten, S.  108, Fn.  1 mit Anm.  15. 17  Weber, Spann gg. Simmel, Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 5, vgl. den Abdruck im Anhang, unten, S.  553–557. 18  Ebd., unten, S.  556 mit Anm.  1.

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Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft

nicht fortführte, ist unbekannt. Möglicherweise wollte er mit seiner Kritik an Simmels Soziologie dessen Berufungschancen nicht negativ beeinflussen.19 Seine wenigen späteren Äußerungen zu Simmels Soziologie sind entweder verhalten, wie im Kategorienaufsatz, der noch zu Simmels Lebzeiten erschien,20 oder kritisch, wie in den „Soziologischen Grundbegriffen“. Dort heißt es: „Von Simmels Methode (in der ‚Soziologie‘ und in ‚Philos[ophie] des Geldes‘) weiche ich durch tunlichste Scheidung des gemeinten von dem objektiv gültigen ‚Sinn‘ ab, die beide Simmel nicht nur nicht immer scheidet, sondern oft absichtsvoll ineinander fließen läßt.“21

II. Zur Überlieferung und Edition Das dreiseitige Manuskript wurde von Johannes Winckelmann im Februar 1982 zusammen mit anderen, von ihm gesammelten Manuskripten Max Webers an die Bayerische Staatsbibliothek München übergeben. In der Aufstellung findet sich der Vermerk „Marianne Weber an Jhs. Winckelmann“.22 Wann Marianne Weber diese Schenkung an Johannes Winckelmann machte, konnte nicht ermittelt werden.23 Johannes Winckelmann ließ eine Transkrip19  Vgl. Weber, Simmel, unten, S.  103 mit Anm.  3. Die Berufung auf den zweiten Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Heidelberg war, wie bereits aus der Karte Max Webers an Marianne Weber vom 16. März 1908 (MWG II/5, S.  457) hervorgeht, gescheitert. Zu den Hintergründen vgl. insbes. die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Georg Jellinek vom 21. März 1908, ebd., S.  467–469, sowie die nachfolgenden Briefe an Heinrich Rickert vom 21., 27. März, 1., 18. und 19. April 1908, ebd., S.  471 f., 482 f., 492–497 und 527–531, hier S.  527 ff. 20  Weber, Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie, unten, S.  389–391, Fn.  1. 21 Weber, Soziologische Grundbegriffe, MWG I/23, S.  147–215, hier S.  148 (Vorbemerkung). 22 Empfangsbestätigung der Bayerischen Staatsbibliothek vom 22. Februar 1982, unterzeichnet von Dr. Sigrid von Moisy, Akten der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. Gleichzeitig wurden auch die Exzerpte zu Simmel und Spann übergeben, Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 5. 23 Der erste nachweisliche Briefkontakt zwischen Marianne Weber und Johannes Winckelmann datiert auf Mai 1925. In ihrem Brief antwortet Marianne Weber auf Winckelmanns „Anfragen“, vgl. Brief von Marianne Weber an Johannes Winckelmann vom 20. Mai 1925, Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446. Es könnte sein, daß Marianne Weber die Originalmanuskripte Winckelmann bei einem seiner Heidelberg-Besuche in den 1920er Jahren geschenkt hat. Die Simmel-Exzerpte und vermutlich auch das Simmel-Fragment waren in einem Briefumschlag aufbewahrt, der von dritter Seite an Marianne Weber adressiert war und einen Poststempel vom 25. September 1925 trägt (ebd., OM 5). Im Februar 1927 schreibt sie: „Ich danke Ihnen herzlich für Ihre große Teilnahme am Werke meines Mannes, sie ist mir eine große Freude. […] Ich grüße Sie in innerer Verbundenheit u. hoffe auf ein Wiedersehen.“ Brief von Marianne Weber an Johannes Winckelmann vom 5. Februar 1927, ebd.

Editorischer Bericht

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tion des Manuskripts anfertigen,24 welche die Grundlage für eine englische und eine deutsche Publikation bildete.25 Winckelmann bereitete selbst eine Veröffentlichung vor, die aber nicht zustande kam.26 Dem Abdruck liegt das handschriftliche Original mit dem Titel „Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft“, Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 4, 3 Blätter (A), zugrunde. Die Manuskriptseiten sind von dritter Hand mit I bis III am oberen linken Rand paginiert. Diese Zählung wird übernommen und als A I–III sigliert. Es handelt sich um zwei Doppelbögen, von denen jeweils die Vorderseiten beschrieben sind. Vom ersten Bogen wurde die zweite Blattvorderseite durch angeklebte Allongen erweitert, und zwar am linken und rechten unteren Blattrand.27 Vom zweiten Bogen ist nur das erste Vorderblatt (mit der Seitenzahl III) von Max Weber beschrieben. Das Originalmanuskript weist neben den Allongen viele Einschübe und Zusätze auf, die hier, um die Lesbarkeit des Textes nicht zu erschweren, nicht diakritisch nachgewiesen werden. Alle Streichungen werden hingegen im 24  Im Nachlaß von Johannes Winckelmann sind eine handschriftliche Transkription von Unbekannt (vermutlich von einem Mitarbeiter des Soziologischen Instituts der Universität München) sowie eine 10-seitige maschinenschriftliche Abschrift der Transkription (mit handschriftlichen Zusätzen von Winckelmann und Unbekannt) überliefert, vgl. Archiv BAdW, Nl. Winckelmann, Nr.  316. Die maschinenschriftliche Notiz „Zu Max Webers (in den allerersten Anfängen steckengebliebenem) Ms. ‚Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft‘“, unterzeichnet von Johannes Winckelmann am 22. Mai 1962, befindet sich allerdings bei dem Originalmanuskript in: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 4. 25  Zur englischen Übersetzung: Weber, Max, Georg Simmel as Sociologist, Introduction by Donald N. Levine, in: Social Research, vol. 39, no. 1, 1972, p.  155–163. Nach der Einführung von Levine (ebd., p.  155–158) folgt der von ihm ins Englische übersetzte Text des Fragments (ebd., p.  158–163). Das Typoskript von Winckelmann hatte er von Guenther Roth erhalten, vgl. dessen Brief an Johannes Winckelmann vom 22. April 1970, Akten der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. – Zur deutschen Ausgabe: Weber, Max, Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft, in: Simmel Newsletter, vol. 1, no. 1, Summer 1991, p.  9–13. Dort findet sich der Vermerk, daß Gerd Schmidt, Bielefeld, das Typoskript 1975 von Benjamin Nelson, New York, erhalten habe (ebd., S.  13, Anm.  1). Das Typoskript hat Gerd Schmidt am 15. Juni 2011 der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München, übergeben. Es besteht hauptsächlich (S.  3–8) aus Kopien der bereits erwähnten 10-seitigen Abschrift der von Winckelmann in Auftrag gegebenen Transkription mit den Zusätzen von seiner Hand (vgl. oben, Anm.  24) und im Anfangsteil aus zwei neu abgetippten Seiten. 26  Das Simmel-Fragment Max Webers war für eine Publikation vorbereitet und sollte erscheinen in: Weber, Max, Drei Manuskripte aus dem Nachlaß, hg. von Johannes Winckelmann (Veröffentlichungen des Max Weber Instituts der Universität München, Band 2). Dies geht aus dem maschinenschriftlichen Titelblatt und Inhaltsverzeichnis sowie einer weiteren 5-seitigen maschinenschriftlichen Abschrift der Transkription hervor. Vgl. Archiv der BAdW, Nl. Winckelmann, Nr.  316. 27  Vgl. unten, S.  107, Z.  2–6 [„Das Entscheidende … hat“] und S.  107, Z.  15 bis S.  108, Z.  9 [„Lebens … zu prüfen“].

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textkritischen Apparat annotiert. Dies betrifft auch die gestrichene Überschrift „Simmel, Prof. Dr. Georg, Soziologie“, die durch die neue „Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft“ ersetzt wurde. Altertümliche Schreibweisen Max Webers sind beibehalten.28

28  Frau Diemut Moosmann hat die Transkription neu angefertigt und mit der älteren Transkription von Johannes Winckelmann (vgl. dazu oben, S.  99, Anm.  24) verglichen. Im Gegensatz zu den dort vorgenommenen stillschweigenden Eingriffen werden in der Edition Eingriffe in defekte Satzkonstruktionen oder grammatikalische Korrekturen im Weber-Text sichtbar gemacht, z. B. unten, S.  108 mit textkritischer Anm.  e und S.  110 mit textkritischer Anm.  n. Winckelmann änderte auch ohne ersichtlichen Zwang z. B. „die Analyse“ in „die einfache Analyse“ (unten, S.  106, Z.  22) oder: „Fachinteressen“ in „Interessen“ (unten, S.  107, Z.  18).

Erstes Manuskriptblatt zu „Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der ­Geldwirtschaft“ Deponat Max Weber, Bayerische Staatsbibliothek München, Ana 446, OM 3

Georga Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft.b

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Wenn cman zu denc Arbeiten G[eorg] Simmel’s von einemd überwiegend antagonistischen Standpunkt ause Stellung zu nehmen die Verpflichtung hat,f insbesondre seine Methodik in wichtigen Punkteng ablehnt, seinen sachlichen Ergebnissen ungemein häufig mit Vorbehalt, nicht seltenh negativ gegenübersteht,i von seiner Darstellungsartk endlich zuweilenl fremdartig mund häufig wenigstens nicht congenial angemuthet wirdm, – und wenn man dannn doch sich auf der anderen Seite schlechterdings genötigt sieht zu constatiereno: daß diese Darstellungsweisep schlechthin glänzend ist und, was mehr bedeutet, Wirkungen erzielt, die nur ihr eigen qund dabeiq von keinemr Nachahmer erreichbar sind, daßs fast jede einzelne seiner Arbeiten von prinzipiell wichtigent neuen Gedanken uund feinsten Beobachtungen gradezu strotztu, daß fast jede zu den Büchern gehört, ina denen nicht nur die richtigen, sondern selbst dieb falschen Ergebnisse eine Fülle von Anregungen zum eignen Weiterdenken enthalten, der gegenüber die Mehrzahlc auch der achtbarsten Leistungen andrer Gelehrter doft einen eigentümlichen Geruch von Dürftigkeit und Armuth zu tragen scheinend, daße endlichf von den erkenntniskritischen und methodischen Grundlagen ganz das Gleiche und zwar wiederum auch da gilt, wo sie letztlich vermutlichg nicht zu halten sind, hdaß überhaupt, Alles

a  In A geht voraus: 〈Simmel, Prof. Dr Georg, Soziologie.〉    b  In A folgt: von / Max Weber.  c  man, wie die > man zu den   d  In A folgt: 〈fast in jeder Hinsicht stark〉 〈un〉    e  In A folgt: 〈zu kritisieren〉    f  In A folgt: 〈wichtig〉 〈dabei〉    g  In A folgt: 〈ganz〉    h  In A folgt: 〈mit Kriti〉    i  In A folgt: 〈??〉    k  Darstellungsform > Darstellungsart  l  oft > zuweilen   m–m  und ohne in der Hauptsache > ohne 〈das〉 ein Gefühl 〈der〉 von wirklicher Congenialität gegenübersteht angemuthet wird > und häufig […] angemuthet wird   n  Alternative Lesung: denn   o  sagen > constatieren  p  Darstellungsart > Darstellungsweise   q–q  dabei aber auch > und dabei  r  dem > keinem   s In A folgt: 〈die so〉    t In A folgt: 〈und eige­ne〉   u–u gradezu strotzt und > und feinsten Beobachtungen gradezu strotzt   a A: an  b  In A folgt: 〈unmittelbar〉 〈greifbar〉    c  In A folgt: 〈der〉    d–d Schlechthin dürftig erscheinen müssen > oft einen eigentümlichen Geruch von Dürftigkeit und Armuth 〈ausströmen〉 zu tragen scheinen   e In A folgt: 〈der〉    f In A folgt: 〈sein [??]〉    g  ganz offenbar > voraussichtlich > zweifellos > vermutlich   h–h (S.  102)  daß, mit einem Worte, > daß überhaupt, Alles in Allem,  

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in Allem,h Simmel, auch wo er aufi falschem Wege ist, seinen Ruf vollauf verdient als einer der ersten Denker, Anregerk der akademischen Jugend und der lakademischen Collegenl (soweit derenm Geist nicht zu stumpfn oder ihre Eitelkeit oder auch ihr schlechtes Gewissen oder beides zusammen zu lebendigo ist, um sich von einem mit 50 Jahren nicht über den Extraordinarius hinaus avanciertenp[,] also ja wohl ganz offenbar zu den „gescheiterten Existenzen“ gehörigenq Menschen überhaupt „anregen“ zu lassen),r – sos findet man sich vor die Frage gestellt, wie denn diese Widersprüche sich reimen. tVermittelst dert Kritik von Simmels wissenschaftlicher Eigenart an seinen beiden soziologischen Hauptschriften1 möchten die nachfolgenden Darlegungenu einen Beitrag azu deren Beantwortung und zur Beurteilung von Simmels in so vieler Hinsicht eigentümlich problematischer wissenschaftlicher Stellung liefern.a Keinb Problem bildet natürlichc die Thatsache, daß bis jetzt noch Simmel die schon seit reichlich 11/2 Jahrzehnten mehr als verdiente „offizielle“ Anerkennungd durch Übertragung eines Ordinariates versagt geblieben ist. Die Gründe – ordinär wie sie sind – kennt für Berlin und für Preußen überhaupt Jedermann, der sie eben kennen wille.2 i  In A folgt: 〈ganz〉    k  In A folgt: 〈und〉    l  Altersgenossen > akademischen Collegen  m  ihr > deren   n In A folgt: 〈ist〉    o  groß > lebendig   p In A folgt: 〈Mens〉 〈Mann überhaupt〉    q  zu rechnenden > gehörigen   r  In A folgt: 〈vollauf verdient,〉    s  In A folgt: 〈verdie〉    t–t  Einen Beitrag zu diesem Problem und zugleich einen zur > Vermittelst der 〈(negativen und positiven)〉    u In A folgt: 〈liefern〉    a–a  zu diesem eigentümlichen Problem liefern. > zu 〈die〉 deren Beantwortung und 〈zu der ei〉 zur Beurteilung von Simmels in so vieler Hinsicht eigentümlich problematischer 〈St〉 wissenschaftlicher Stellung liefern.   b  Gar kein > Kein   c  dabei die > natürlich   d  In A folgt: 〈der Universitäten, in der〉    e  will > will   1 Gemeint sind: Simmel, Philosophie des Geldes1/2, und Simmel, Soziologie. Zur 2. Auflage der „Philosophie des Geldes“ von 1907 und zur „Soziologie“ liegen Handexemplare Max Webers in der Diözesanbibliothek Aachen vor, zur letztgenannten auch ein Exzerpt, unten, S.  528–552. 2  Simmel hatte sich 1885 in Berlin habilitiert, seine Vorlesungen waren gut besucht, er wurde bald über Berlin hinaus bekannt und hatte großen Lehrerfolg. Trotzdem blieb er all diese Jahre Privatdozent, erst 1901 wurde er außerordentlicher Professor, und erst 1914 erhielt er ein Ordinariat für Philosophie in Straßburg. Einem Gesuch um eine etatmäßige Professur in Berlin wurde nicht stattgegeben. Simmel vermutete, daß dies von Ludwig Elster, Regierungsrat des Preußischen Kultusministeriums, betrieben worden war (vgl. den Brief von Georg Simmel an Georg Jellinek vom 20. März 1903, in: GSG, Band 22, S.  617 f.; in einer Hg.-Anm., ebd., S.  618, auch der Beleg für Simmels Annahme). Simmel wurde in konservativen Universitätskreisen nachgesagt, seine Vor-

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Und außerhalb Preußens bleibt, wie die Erfahrung gezeigt hat[,] alle Bemühung vonf Fakultäten um Simmels Gewinnung so lange vergeblich, als man sich an den maßgebenden Stellen von deng Einflüssen jener preußischen Faktoren, die sich durch eine Berufung Simmels desavouiert fühlen würden,h zu emanzipieren inicht den Entschlußi besitzt.3  Ernsthafter problematisch ist schon die Erscheinung, daßk es neben kritikloser Begeisterung für Simmel[,] die sachlich nicht viel besagt,4 und neben derl sachlich sehr viel besagendenm Existenz

f  der > von   g In A folgt: 〈E,〉 〈 menschlich nur allzu verständlichen,〉    h In A folgt: 〈nicht〉    i–i  die Kraft > nicht den Entschluß   k  In A folgt: 〈neben kritikloser Lobhudelei, die wenig gelten kann〉    l  einer > der   m  In A folgt: 〈breiten Schicht〉   lesungen und Schriften seien zersetzend und für einen nachhaltigen Eindruck untauglich. Sein Publikum entstamme in der Hauptsache dem russischen und orientalischen Milieu, dem Bedürfnis dieser unsteten, Semester für Semester nach Berlin strömenden Zuhörerschaft folgend, lese er nur zweistündig. Er sei, in seiner äußeren Erscheinung und in seiner Geistesart, unverkennbar Israelit, überdies, auch nach seinem Selbstverständnis, vor allem Soziologe und deshalb ungeeignet, Philosophie zu lehren. In diesem Sinne erstellte der Berliner Historiker Dietrich Schäfer ein Gutachten über Simmel als Person und Hochschullehrer, zu dem er im Zusammenhang mit der Besetzung des zweiten Ordinariats für Philosophie in Heidelberg von Franz Böhm, Geheimer Regierungsrat im Kultusministerium von Baden, gebeten worden war (vgl. Schreiben von Dietrich Schäfer an Franz Böhm vom 26. Februar 1908, GLA Karlsruhe, Nl. Franz Böhm, Fasz. 439, abgedruckt in der Editorischen Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Georg Jellinek vom 21. März 1908, MWG II/5, S.  467–470, hier S.  468 f.). 3  Simmel wie auch Weber, der sich in Kontakt und informellem Austausch mit seinen Heidelberger Kollegen Wilhelm Windelband und Georg Jellinek sowie mit Heinrich Rickert in Freiburg sehr für Simmels Berufung auf das zweite Ordinariat für Philosophie in Heidelberg einsetzte, gingen davon aus, daß der Leiter der Hochschulabteilung im preußischen Kultusministerium Ludwig Elster durch gezielte abschätzige Äußerungen über Simmel in der Öffentlichkeit dessen Berufung auch außerhalb Preußens unmöglich mache. So war Simmel überzeugt davon, daß Elster über ihn verbreitet habe, er sei kein Philosoph, sondern Soziologe, könne folglich keine Philosophieprofessur antreten. Für Simmel war es naheliegend, daß Elster über ihn eine „ungünstige Auskunft“ geben würde (vgl. den Brief von Georg Simmel an Georg Jellinek vom 20. März 1908, in: GSG, Band 22, S.  617 f., hier S.  617). Webers Ansicht, daß Elster negativen Einfluß auf einen möglichen Ruf Simmels nehme, findet sich z. B. in seinem Brief an Ferdinand Tönnies vom 21. Juli 1908, MWG II/5, S.  607; Verdächtigungen und Persiflage machten eine Professur Simmels in Heidelberg unmöglich (vgl. ebd.). Weber stufte die Informationen, die über Simmels zahlreiche fremdländische Zuhörerschaft in Berlin kursierten, als „‚Polizeibericht’ aus Berliner Quelle“ ein, Brief Max Webers an Georg Jellinek vom 10. Juni 1908, MWG II/5, S.  591. 4  Eine solche läßt sich aus den verfügbaren Publikationen nirgendwo ablesen. Auch in den von hoher Wertschätzung und sogar in den von Bewunderung des von Simmel Geleisteten zeugenden Veröffentlichungen finden sich durchgehend Ansätze zur –

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einer Schicht geistvollstern und kompetentester Beurteiler, welche Simmelo gleich[,] bei aller Kritik im Einzelnenp[,] die rückhaltloseste Anerkennungq zollen,r 5 nicht nur eine ganze Anzahl philosophischer Fachgelehrter giebt, die ihn direkt verabscheuen:6 – der typische derzeitige Sektencharakter der philosophischen „Schulen“, deren keiner Simmel zugehört, macht diess (von dem Mitspielen andrer Motive ganz abgesehen)t leider unur zuu begreiflich, – sondern daß es auch sehr ernst zu nehmende Gelehrte in den an Simmel’s soziologischen Arbeitsbezirk angrenzenden Disziplinen giebt, welchea, wenigstens auf eine summarische Anfrage hin[,] geneigt sind, Simmel als Gelehrten bei Anerkennung im Einzelnen im Ganzen dochb abzulehnen. cMan kann beic Nationalökonomen förmliche Wutausbrüche über ihn erleben – sogar publizistisch sind Äußerungen derart vereinzelt vorgekommen –, und ddem gleichen Fachkreise entstammt die Äußerung:d Simmels Kunst gehe doch letztlich darin auf: die Luft zu teilen und wieder zu vereinigen.e 7 n  der geistvollsten > geistvollster   o  Simmel〈’s oft [??] manche zeit〉    p In A folgt: 〈stets gerecht geworden sind〉    q  Bewunderung > Anerkennung   r In A folgt: 〈sehr ernst zu nehmende〉    s  In A folgt: 〈äußerst〉 〈bei dem〉    t  In A folgt: 〈–〉    u  sehr > nur zu   a  In A folgt: 〈gern〉    b  einfach > doch   c–c  Ich habe > Man kann gradezu (als Gegenspiel kritikloser Lobhudelei) > Man kann bei  d–d  ein immerhin von mir sehr hoch 〈geschätzter〉 verehrter älterer Fachkollege schrieb mir einmal, > dem gleichen Fachkreise entstammt die Äußerung:    e  In A folgt eine Reihe gestrichener Passagen: 〈während Andre daß〉 〈Daß – mir dabei〉 〈Derartiger befremdender Ingrimm verlangt, – zumal er noch niemals regel〉 〈durchweg mit sehr〉 〈regelmäßig kaum je bis zu〉 〈kaum je bis〉 〈bis zu dem Versuch einer〉 〈Es ist〉 auch prinzipiellen – Kritik. Vermutlich hat Weber hier vor allem die große Anerkennung der Vortragskunst Simmels im Blick. 5  Hier wird Weber Gustav Schmollers „bei aller Kritik im Einzelnen“ insgesamt sehr positive und auch sehr eingehende Besprechung der „Philosophie des Geldes“ im Blick haben, vgl. Schmoller, Gustav, Simmels Philosophie des Geldes, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft, 25. Jg., Heft 3, 1901, S.  799–816. Auch Andere zeigen sich in ihren ebenfalls kritischen Besprechungen aufs Ganze gesehen sehr beeindruckt: Joel, Karl, Eine Zeitphilosophie, in: Neue Deutsche Rundschau, 12. Jg., 3. und 4. Quartal 1901, S.  812–826 (hinfort: Joel, Zeitphilosophie), Vierkandt, Alfred, Einige neuere Werke zur Kultur- und Gesellschaftslehre, in: Zeitschrift für Socialwissenschaft, 4. Jg., Heft 1, 1901, S.  637–648, hier S.  639–642, und Goldscheid, Rudolf, Jahresbericht über Erscheinungen der Soziologie in den Jahren 1899– 1904, in: Archiv für systematische Philosophie. Neue Folge der Philosophischen Monatshefte, 10. Band, Heft 3, 1904, S.  397–413. 6  Dies ließ sich nicht nachweisen. 7  Das indirekte Zitat ließ sich nicht belegen. Viel kritische Distanz, nicht aber ein „Wutausbruch“ tritt z. B. in Mengers Besprechung von Simmels „Philosophie des Geldes“

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Diese ziemlich weit verbreitete, zuweilen an das Gehässige streifende Stimmung hat sich zwar charakteristischer Weisef niemals zu irgendeiner gsystematisch zusammenhängendeng Kritik Simmel’s verdichtet – vielmehr haben sich alleh prinzipiellen und zugleich ernsthaften Kritiker Simmel’s bisher ischließlich immeri in ähnlicher Lage befunden, wie auch ich sie für mich oben eingestehenk mußte; aber gleichwohl muß doch auch diese Stimmung lirgend welchel[,] wenn auch nicht fürm ihre Rechtfertigung als Werthurteil, so doch für ihre Existenz zureichende Gründe haben.n Denn das lächerliche Sich-Bekreuzigen vor dem Namen der Soziologie,8 unter dem in Deutschland auch andere Gelehrte beio punbestrittensten Leistungen ersten Ranges dochp dauernd zu leiden hatten und haben, reichtq in diesem Fall nicht aus, um denr Unterton von Animositäts zu erklären, den der aufmerksame Beobachtert wahr f  In A folgt: 〈(außer in ganz〉    g  systematischeren > systematisch zusammenhängenden  h In A folgt: 〈system〉    i  immer > schließlich immer   k  einbekennen > eingestehen  l  ihren Grund > irgend welche   m In A folgt: 〈die Beurteilung Simmel’s, so doch〉    n  In A folgt: 〈Wir werden nun auf 〈diese Frage〉 solche Anlässe im Einzelnen immer wieder 〈stoßen〉 zurückkommen:〉    o  von > mit > bei   p–p  unbestrittenstem Ruf zu leiden haben > unbestrittensten Leistungen ersten Ranges doch   q  In A folgt: 〈hier nicht〉    r  In A folgt: 〈mitschwingenden〉    s  In A folgt: 〈zu erklären〉    t  Betrachter > Beobachter zutage (vgl. Menger, Carl, Simmel, Georg, Philosophie des Geldes, in: Literarisches Centralblatt, hg. von Eduard Barncke, 52. Jg., Nr.  4, 1901, S.  160 f.). Menger kommt darin zu dem Resultat, daß weder für Wirtschaftstheoretiker noch für Philosophen in Simmels „Untersuchungen über das Geld und seinen Einfluß auf menschliche Verhältnisse“ eine „wesentliche Vertiefung der nationalökonomischen Geldlehre“ zu finden sei (ebd., S.  161). Der Philosoph Karl Joel weist die von Seiten der Ökonomen zu erwartende Kritik scharf zurück, vgl. Joel, Zeitphilosophie (wie oben, S.  140, Anm.  5), S.  814. 8  Weber bezieht sich mit dieser – das Gemeinte gewiß überzeichnenden – Formulierung auf den Umstand, daß die Soziologie unter deutschen Kultur- und Sozialwissenschaftlern vergleichsweise lange abgelehnt und auch verächtlich gemacht wurde. Das Spektrum reichte von Wilhelm Diltheys durchdachter Kritik (vgl. die Bandeinleitung, oben, S.  3 ff.) bis zu der nach der Mitteilung von Friedrich Meinecke (Alfred Dove, in: Historische Zeitschrift, 116. Band, 1916, S.  98) von dem Historiker Alfred Dove stammenden und u. a. von Georg von Below (Soziologie als Lehrfach. Ein kritischer Beitrag zur Hochschulreform, in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche, 43. Jg., 4. Heft, 1919, S.  59–110, hier S.  107) übernommenen abschätzigen Qualifizierung der Soziologie als „Wortmaskenverleihinstitut“. Das geringe Ansehen der neuen und zugleich sehr ambitionierten Wissenschaft spricht auch daraus, daß, wie Simmel an Jellinek schreibt, ein Berliner „Geheimrat“ ihn „als ‚bloßen Soziologen‘ charakterisiert“ habe (GSG, Band 22: Briefe 1880–1911, S.  625 f., hier S.  626).

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nimmt. Hier mag es genügen[,] dazu ganz allgemein Eines zu sagen: Simmels Art der Argumentation bringt es, wie wir sehen werden,9 mit sich, daß er an zahllosen Stellen Beispiele aus den allerverschiedensten Wissensgebieten zur Illustration eines soziologischen Sachverhaltes heranzieht, und zwar unicht selten auchu in der, weiterhin noch in ihrer großen prinzipiellen (und bei Simmels Behandlung soziologischer Probleme noch ganz besonders gesteigerten) Bedenklichkeit zu kritisierenden Form der „Analogie“.10 Nuna trifft es sich häufig, daß die „Analogie“ für die speziellen Zwecke Simmels leidlich brauchbarb sein mag, daß aber dabei der Fachmann, der jene Erscheinungen in ihrer Eigengesetzlichkeit oder ihrem spezifischen Zusammenhang zu behandeln hat, unvermeidlichc von seinem Standpunkt aus die als „analog“ herangezogene „Seite“ dder Erscheinungd als „äußerlich“, edie Erscheinunge durch jene Verwendung in ihrem „Wesen“f alsg gänzlich „schief“ aufgefaßt undh in ihren causalen Componenteni verkanntk sehen muß,l und zwar nicht zufällig, sondern, wie zu erörtern sein wird,11 aus Gründen, die in der Art der „Analogie“-Bildungm, die Simmel für seine Zwecke für nützlich hält, notwendig gegeben sind. Und gerade weil n in der Art, wie jener (vom Fachstandpunkt aus)o Mißbrauch begangen wird, zugleich ein erhebliches Maß von Geist hervortritt, und überdies die Analyse des letzten Grundes pfür die eigene Empfindung, daß ein „Mißbrauch“ vorliegep, oft gar nichtq so einfachr gelingen will, wirft der ökonomische Fachmann, nach

u–u  sehr häufig > nicht selten auch   a  In A folgt: 〈trifft〉    b  In A folgt: 〈,〉    c In A folgt: 〈an〉    d  derselben > der Erscheinung   e  die Erscheinung selbst als > sie selbst > die Erscheinung   f  In A folgt: 〈verkannt, als s〉    g  Fehlt in A; als sinngemäß ergänzt.   h  In A folgt: 〈verk〉    i  In A folgt: 〈(die Simmel bei〉    k  In A folgt: 〈auffassen muß,〉    l  In A folgt: 〈während Simmel〉    m  In A folgt: 〈Simmels〉    n In A folgt: zugleich  o A: aus): 〈der〉    p–p  der „Schiefheit“ des Vergleiches > für die eigene Empfindung, daß ein „Mißbrauch“ vorliege   q In A folgt: 〈so〉    r In A folgt: 〈liegt,〉    9  Keine Bezugsstelle im vorliegenden Textfragment. Vgl. aber Weber, Exzerpte Simmel, unten, S.  535, 540, 545 und 552. 10  Das von Simmel – gerade in der „Philosophie des Geldes“ durchgehend – praktizierte Verfahren, das soziologisch Relevante an unterschiedlichen Sachverhalten mittels Analogie hervorzuheben, hängt auf das Engste damit zusammen, daß er das Erkenntnisinteresse der Soziologie auf die jeweiligen Formen der Vergesellschaftung beschränkt. 11  Keine Bezugsstelle im vorliegenden Textfragment. Vgl. dazu oben, Anm.  9.

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mehrfachen derartigen Erfahrungen, das Buch12 erbitterts in die Ecke und ist mit seinem Urteil darübert fertig. Das Entscheidende pflegtu – sehr häufig wenigstens – zu sein, daß, wo der Fachmann Probleme der „Faktizität“, Seinsprobleme, behandelt, Simmela es auf den „Sinn“,b den wir der Erscheinung abgewinnen können (oder zu können glaubenc) abgesehen hat.13 – Es ist hier nicht zu untersuchen, obd philosophische Fachgenossen Simmel’s, wenn sie schwierige logische eund andere philosophische Probleme bei Simmele als „Analogie“ zur Illustration ganz heterogener Sachverhaltef verwendet finden, nicht – ohne Rücksicht darauf, ob Simmel seinerseits durch diese Verwendung seinen Zweck erreicht – in diesem sie sicher oft „spielerisch“ anmutenden Verfahreng die Legitimation finden, sich mit ihmh nicht ernsthaft zu beschäftigen.i Diek Ausgerichtetheit von Simmels letzten Interessen aufl metaphysische Probleme, auf den „Sinn“ des Lebens, läßtm, weil man sien in dero Art der Behandlung fachwissenschaftlicherp Fragen soq sehr deutlich zu spüren bekommt,r wohl allzuleicht übersehen, daß ers denn doch auch zur Förderung der Fachinteressen seiner Disziplint, sei es zuweilen selbstu mehr anach Art einesa „Nebenprodukts“, wohl s  In A folgt: 〈über〉    t  über Simmel > darüber   u  ist > pflegt 〈eben,〉    a  In A folgt: 〈auf〉    b In A folgt: 〈[??]〉    c In A folgt: können   d In A folgt: es nicht  e–e  Sachverhalte > und andere philosophische Probleme bei Simmel  f  Probleme > Sachverhalte   g In A folgt: 〈oft gradezu〉    h  Simmel > ihm  i  In A folgt: 〈und vor Allem zu merken, daß〉    k  die > Die   l  In A folgt: 〈rein〉    m In A folgt: 〈jedenfalls〉    n In A folgt: 〈sich〉    o In A folgt: 〈Form〉    p  fachphilosophischer > fachwissenschaftlicher   q  In A folgt: 〈zuweilen〉 〈oft gradezu〉    r  In A folgt: 〈die Fachbezirke〉    s  In A folgt: 〈auch〉    t  In A folgt: 〈meh〉    u  In A folgt: 〈gelegentlich〉    a  als > nach Art eines   12  Gemeint ist: Simmel, Philosophie des Geldes1/2. 13  Daß Simmel nicht zureichend zwischen dem faktisch gegebenen oder hypothetisch bzw. vermittels idealtypischer Begrifflichkeiten und Argumente als faktisch handlungswirksam unterstellten, subjektiv gemeinten und einem dem Geschehen von außen beigemessenen „objektiven“ Sinn unterscheide, ist ein zentraler Kritikpunkt Webers. Weber erklärt diesen Mangel einige Zeilen später mit Simmels vorrangigem Interesse an metaphysischen, auf den „Sinn“ des menschlichen Lebens überhaupt zielenden Fragen. Ihnen wird Simmel sich am Ende seines Lebens fast ausschließlich zuwenden, insbesondere in seinem letzten Buch: Simmel, Georg, Lebensanschauung. Vier metaphysische Kapitel. – München und Leipzig: Duncker & Humblot 1918, das er als sein wichtigstes verstand. Im Brief an Agathe und Hugo Liepmann (GSG, Band 23, S.  1006–1008, hier S.  1007) sagt Simmel, daß das Buch seines „bischen Weisheit letzten Schluss“ enthalte, und Gertrud Simmel schreibt am 13. September 1918 (ebd., S.  1020 f.) an Hermann Graf von Keyserling, Simmel habe das Werk „wohl für sein gereiftestes“ gehalten.

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mehr beigetragen haben dürfte, als beine beträchtliche Anzahl von philosophischenb „Ordinarien“c des heute üblich werdendend Standards zusammengenommen. Doch genug davon[.]e Die vorstehenden Bemerkungen mußten gemacht werden, aber sie sollen nicht etwa bedeuten, daß hier der Versuch fbeabsichtigt seif, Leute, deren Urteil schon feststeht, von Simmels Bedeutung zu überzeugen, sondern ohne alle Rücksicht hieraufg[,] seine soziologische Arbeitsweise an seinen beiden soziologischen Hauptwerkenh 14 methodisch und sachlich zu prüfen.  Wir ihatten an sich keinen Grund, uns allzusehri bei den eigenen Erklärungen Simmels über das Wesen der Soziologie und den Sinn seiner soziologischen Methode aufzuhaltenk[,] die wir vielmehr an der Art der Behandlung der Einzelprobleme erfassen möchtenl. Inm einer Zeit jedoch, wo von sehr ernst zu nehmenden Soziologen gradezu die These vertreten wird: die einzige Aufgabe der Gesellschaftslehre sei die Definition des Begriffs der Gesellschaft, muß auch auf ndiese Fragenn vorweg eingegangen werden.1) o   1) Es kann dabei in manchen wesentlichen Punkten an die scharfsinnigep Kritik angeknüpft werden, welche Dr. O[thmar] Spann, allerdings vor dem Erscheinen des letzten Werkes,q an Simmelsr Begriffen von „Gesellschaft“ und „Soziologie“ geübt hat. Ich verweises auf dessen Ausführungen in seinem Buch: Wirtschaft und Gesellschaft,t Dresden 1907[,] speziell S.  192ff[,]15 und bemerke, daß ich dieselbeu im Folgenden nichta zu jedem einzelnen Satzb erneut zitiere.c Aufd wichtigere Übereinstimmungs- unde Dis-

b–b  ein Haufen > eine 〈ganze〉 beträchtliche Anzahl von philosophischen   c  In A folgt: 〈- zumal〉    d In A folgt: 〈Niveau〉 〈Calibers – zusamm〉    e In A folgt eine Reihe von gestrichenen Passagen: 〈Hier besteht〉 〈Hier soll ja nicht niemand zu Liebe, nur zu Leide: / der Simmel als Philosoph in Schutz genommen oder verdammt werden, sondern seine soziologischen Leistungen in 〈den〉 seinen beiden soziologischen Hauptwerken methodisch und sachlich 〈geprüft wer〉 untersucht werden〉    f  gemacht worden > beabsichtigt sei   g  auf Simmel, daß > hierauf   h In A folgt: 〈zu prüfen〉    i–i  halten uns nur möglichst kurz > hatten an sich keinen Grund, uns allzusehr  k  auf > aufzuhalten   l  wollen > möchten   m  Immerhin mußte, in > In   n  diesen Punkt > diese Fragen   o  In A folgt: 〈Es kann dabei〉    p  sehr enge > scharfsinnige   q  In A folgt: 〈aber auf Gr〉 〈aber,〉    r  In A folgt: 〈„Gesellschafts“-〉    s  In A folgt: 〈ein für allemal〉    t  In A folgt: 〈speziell〉    u  In A folgt: 〈auch〉    a  In A folgt: 〈jedes〉    b  Wort > Satz 〈, wo ich ihr zustimme〉    c  zitiere; auch > zitiere. 〈Auf einige Punkte, an denen ich da nicht immer〉 〈wo ich überwiegend argumentieren〉    d  In A folgt: 〈einige〉    e  Fehlt in A; und sinngemäß ergänzt. 14  Gemeint sind: Simmel, Philosophie des Geldes1/2, sowie Simmel, Soziologie. 15  Gemeint ist: Spann, Wirtschaft und Gesellschaft. Zu Webers Auseinandersetzung mit Spanns Simmel-Kritik vgl. Weber, Spann gg. Simmel, unten, S.  553–557, den Editorischen Bericht, oben, S.  97, sowie zu den Gründen und Grenzen des Weberschen Anschlusses an die Simmel-Kritik Spanns die Bandeinleitung, oben, S.  32 f.

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„Soziologie“ ist für Simmel, zunächst ganz allgemein gesprochen, eine Wissenschaft, die sich mit „Wechselwirkungen“ zwischen Individuenf beschäftigt. Nun ist klar, daß der Begriff der „Wechselwirkung“ etwas Vieldeutiges an sich hat. „Wechselwirkungen“g im allerweitestenh Sinn von gegenseitiger Beeinflussung mehrerer (wie immer abgegrenzter) „Einheiten“ finden sich z. B. in der Mechanik, Physik, Chemie und allen naturwissenschaftlicheni Disziplinen in den mannigfachsten Abschattierungenj derart, daß man ihr generelles Bestehen sogar zu den „Axiomen“ hat zählen wollen.16 Die Gravitationk ist stets gegenseitige Gravitation, nicht nur die Collision zweier in verschiedener Richtung bewegter Körper, sondern auch der Stoß eines bewegten auf einen ruhenden Körperl beeinflußt beidem (Übertragung[,] Schnelligkeits- und Richtungsänderung von kinetischern, Entwicklung von Wärmeenergie), ja man kann generell sagen: eine nichto irgendwie „gegenseitige“ Beeinflussung ist innerhalb der physischenp Wirklichkeit im strengsten Wortsinn und als eine generelle Erscheinung kaum konstruierbar: auch die Bestrahlung derq Erde durch die Sonne, obwohl sie nur einen winzigen Bruchteil der thermischen und Licht-Energien der Sonnenstrahlen empfängt, mußr – infolge der 17

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senspunkte komme ich zu sprechen. Die inzwischen erschienene „Soziologie“ Simmels17 zeigt gegenüber von Simmels frühem, von Spann kritisiertems Standpunkt einige merkliche[,] jedoch nicht grundsätzliche, Modifikationen.  25

f In A folgt: 〈oder anderen〉    g In A folgt: 〈finden〉    h  einfachen > allerweitesten  i  von ihr abhängigen > nach ihnen gravitierenden > naturwissenschaftlichen  j  In A folgt: 〈zwar bei der〉    k  In A folgt: 〈ausnahmlos〉    l  In A folgt: 〈ist〉   m  In A folgt: 〈(Entw〉    n  Zu ergänzen wäre: Energie  o  nicht > nicht   p  empirischen > physischen  q In A folgt: 〈Sonne〉    r  hat > bewirkt > muß   s A: kritisierten   16 Weber wird hier u.a. einen gedruckten Vortrag von Hermann von Helmholtz im Blick haben: Ueber die Wechselwirkung der Naturkräfte und die darauf bezüglichen neuesten Ermittelungen in der Physik. Ein populär-wissenschaftlicher Vortrag gehalten am 7. Februar 1854. – Königsberg: Gräfe & Unzer 1854. Ein Überblick über den Gebrauch des Begriffs in vielen Wissenschaften findet sich bei Spann, Gesellschafts­ lehre (wie oben, S.  28, Anm.  48). Zur Geschichte des Begriffs bis zu seiner Rezeption durch Georg Simmel vgl. Christian, Petra, Einheit und Zwiespalt. Zum hegelianisierenden Denken in der Philosophie und Soziologie Georg Simmels. – Berlin: Duncker & Humblot 1979. 17  Simmel, Soziologie, wurde in der ersten Juni-Woche 1908 vom Verlag Duncker & Humblot ausgeliefert. Wilhelm Windelband erhielt am 11. Juni ein Exemplar. Vgl. den Editorischen Bericht, in: GSG, Band 11, S.  904.

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Rückstrahlung – einent, sei es noch so unermeßlich kleinen, jedenfalls aber nicht =  0 zu setzenden Rückeinfluß auf die Sonne bewirken, verglichen mit denjenigen Strahlenmengen, die in das freie Weltall hinausströmen.u Wenn man in Simmel’s „So­zio­logie“ S.  134a dahin informiert wird, daß eine „Wechselwirkung“ z. B. schon bbei dem Thatbestande jener „abstrakten Herrsch­sucht“b vorliegec, welche sich daran befriediged, daß das Handeln oder Leiden von Anderen (gleichviel[,] wie es geartet sei) der Ausfluß seines (des Herrschenden) Willens sei – und wenn man dies so interpretiert, wie es unbedingt geschehen muß: daß dieselbe Rolle schone das bloß potentielle Bestimmenkönnenf (des Schicksalsg Andererh, und zwar auch solcher Anderer, von dereni Existenz der Herrscher gark nichts weiß, wie auch umgekehrt der also Beeinflußte möglicherweise –l wie man in der Rekruteninstruktionsstunde moft genugm erproben kann –n von dem Namen und der konkreten Existenz des „Herrschers“ nicht die geringste Ahnung hat, sondern nur die Gendarmen, Bürgermeister, Unteroffiziere u.s.w. kennt)o spieltp[,] dann wird man, ebenso wie bei jenem physikalischen Beispiel[,] diesen Begriff von „Wechselwirkung“ jedenfallsq so weit finden, daß sich nurr mit der größten Künstlichkeit süberhaupt eines rein „einseitige“, d. h. nicht irgend ein Moment von „Wechselwirkung“ enthaltende Beeinflussung einest Menschen durch einen Andernu ausdenken ließe. 

t  In A folgt: 〈, Energie der〉    u  In A folgt am linken Rand: 〈Natürlich kann Simmel an derartige〉    a  In A folgt: 〈darüb〉    b–b  eben > bei dem Thatbestande jener „abstrakten Herrschsucht“   c In A folgt: 〈: wenn〉    d  befriedigt sei > befriedige  e In A folgt: schon  f In A folgt: 〈dieser〉    g  Handelns oder Leidens > Schicksals  h  In A folgt: spielt ; umgestellt und hinter kennt) eingefügt.  i  In A folgt: 〈[??]〉    k  In A folgt: 〈schlechthin〉    l  Öffnende Klammer in Gedankenstrich geändert.  m  leicht > oft genug   n Schließende Klammer in Gedankenstrich geändert.  o In A folgt: 〈dieselbe Rolle spielt, gleichviel ob die Beeinflussung〉    p  Fehlt in A; spielt von oben (Anm.  h) hier eingefügt.   q  dann > jedenfalls  r  In A folgt: 〈ziemlich schwer ein〉    s  ein > überhaupt eine   t  In A folgt: 〈Andern〉    u  In A folgt: 〈erzielen ließe〉

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Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Am 15. Februar 1908 hielt Lujo Brentano in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften einen Vortrag mit dem Titel „Die Entwickelung der Wertlehre“. Er wurde wenig später in den Sitzungsberichten der Akademie veröffentlicht.1 Ein Exemplar dieser Veröffentlichung sandte Brentano an Max Weber. Dieser bedankte sich dafür Ende Mai 1908 in einem Brief mit der Bemerkung, daß er die Ausführungen „wie selbstredend, mit dem größten Interesse gelesen habe“.2 Brentano stellt in seinem Beitrag die objektive und die subjektive Werttheorie der Nationalökonomie einander gegenüber. Während die Vertreter der objektiven Wertlehre über ein als Ideal gedachtes Wirtschaftssystem philosophierten und das wirtschaftliche Kalkül in Abhängigkeit von diesem Ideal bestimmt sehen wollten, seien die „konkrete[n] Fragen“ von den Vertretern der subjektiven Wertlehre gestellt worden: „Die konkreten Erscheinungen des Lebens zwangen sie, auf die unter den gegebenen Verhältnissen vorhandenen Bedürfnisse und das Maß, in dem eine bestimmte Menge eines Guts verlangt wurde, um sie zu befriedigen, zurückzugehen, um den Wert zu erklären.“3 Das sei mit Hilfe der Grenznutzlehre geschehen. Danach vermindere sich die Intensität eines Bedürfnisses in der subjektiven Einschätzung mit dem Maß seiner Sättigung. Gehe die Kraftanstrengung, um ein Gut zu erreichen – Brentano vergleicht hier Kraftanstrengung mit der Muskelkraft –, über ein bestimmtes Maß hinaus, sinke die Intensität des Empfindens, weil die Beschwerden überwögen; der Genuß sei nur bei Überschreiten einer bestimmten Reizhöhe wahrzunehmen.4 Der von dem Mathematiker Daniel Bernoulli festgestellte Zusammenhang, daß bei Zunahme eines Geldbetrages die Intensität der Glücksempfindung vom bereits vorhandenen Vermögen 1 Brentano, Lujo, Die Entwickelung der Wertlehre (Sitzungsberichte der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-philologische und historische Klasse, Jahrgang 1908, 3. Abhandlung) – München: Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1908, S.  1–84 (hinfort: Brentano, Wertlehre). 2  Vgl. Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 29. Mai 1908, MWG II/5, S.  578 f., hier S.  578 mit Hg.-Anm.  1. 3  Brentano, Wertlehre, S.  24. 4  Vgl. ebd., S.  55 ff.

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abhänge, entspreche der im Weber-Fechnerschen Gesetz formulierten Annahme, daß der Reizzuwachs, der einen eben merklichen Empfindungszuwachs bewirkt, in einem konstanten Verhältnis zum Ausgangsreiz steht. Demzufolge lasse sich, so Brentano, die Grenznutzlehre mit dem psychophysischen Grundgesetz begründen. Hier setzt Webers Kritik an. In dem genannten Brief an Brentano äußert er seinen Zweifel, daß sich die nationalökonomische Wertlehre mit dem WeberFechnerschen Gesetz der mathematisch meßbaren Abhängigkeit von Reiz und Empfindung in Beziehung setzen lasse.5 Reiz und Bedürfnis seien „ganz disparate Kategorien“,6 die Grenznutzlehre habe mit Psychologie nichts zu tun. „Damit giebt man m. E. der Schmollerei die Bahn frei, die mit ‚Psychologie‘ zu arbeiten pflegt.“7 Brentano antwortet, man könne mit dem Gesetz des Grenznutzens auf dem Gebiet der theoretischen Nationalökonomie „die Einheit der Erscheinungen“ darlegen, er wolle damit nicht in „Schmollerei“ verfallen.8 Eine Erörterung der angesprochenen Fragen führe zu weit, antwortet wiederum Weber umgehend: „[...] vielleicht an andrem Ort darüber“.9 Ein paar Wochen später kommt er darauf zurück, Mitte August 1908 schreibt er an Brentano: „Im Sept[ember]-Heft des Archiv werde ich versuchen, meine Bedenken gegen Ihre ‚Fechner‘-These (in der ‚Werthlehre‘) zu formulieren“,10 was er dann auch tut. Weber war in diesem Sommer 1908 bereits in anderem Zusammenhang mit Fragen zum Verhältnis von Nationalökonomie und naturwissenschaftlicher Psychologie befaßt. Im Verein für Sozialpolitik hatte man im Oktober 1907 vereinbart, eine Untersuchung mit dem Titel „Die geistige Arbeit in der Großindustrie“ durchzuführen, und ein Jahr später, im Oktober 1908, beschloß man dieses Forschungsvorhaben unter dem Titel „Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der 5  Vgl. Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 29. Mai 1908, MWG II/5, S.  578 f., hier S.  578. 6  Ebd., S.  579. 7  Ebd. Schmoller formulierte seinen methodischen Zugang zur Nationalökonomie folgendermaßen: „Die Psychologie ist uns der Schlüssel zu allen Geisteswissenschaften und also auch zur Nationalökonomie. [...] Jeder Forscher, der uns die Industrie eines Volkes, der uns nur die Arbeiter eines Fabrikzweiges vorführt, beginnt mit einer psychologischen Zeichnung; bei jedem allgemeinen Schluß über die Wirkung einer Institution, einer Veränderung von Angebot und Nachfrage auf die Entschließungen der Menschen handelt es sich darum, die psychologischen Zwischenglieder der Untersuchung richtig zu bestimmen.“ Schmoller, Gustav, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre, erster Teil, 1.–3. Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1900, S.  107. 8  Vgl. Brief von Lujo Brentano an Max Weber vom 2. Juni 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. 9  Vgl. Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 3. Juni 1908, MWG II/5, S.  580–582, hier S.  580. 10  Vgl. Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 18. August 1908, MWG II/5, S.  643 f., hier S.  644.

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geschlossenen Großindustrie“.11 Max Weber arbeitete in dem vorbereitenden Unterausschuß mit und legte eine Denkschrift über die Methodik der Erhebungen vor, die den Mitarbeitern als Arbeitsanweisung an die Hand gegeben werden könne.12 Er erläuterte darin die Fragestellung der Enquete. In dieser gehe es zum einen um den Einfluß der Industrie auf die Lebensführung des Arbeiters, zum anderen um die Abhängigkeit der Industrie von den physischen und psychischen Qualitäten ihrer Arbeiterschaft. Der Nationalökonom müsse dafür auf Kategorien der Psychologie wie z. B. Leistung und Ermüdung, Lern- und Übungsfähigkeit zurückgreifen.13 Ebenfalls im Sommer 1908 begann Weber eine Studie „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“.14 Er setzte sich in dieser Arbeit, die in vier Folgen von November 1908 bis September 1909 erschien, ausführlich mit den Methoden und dem Begriffsapparat der naturwissenschaftlichen Psychologie auseinander,15 insbesondere mit dem Ansatz von Emil Kraepelin. Weber gelangte zu dem Schluß, daß die Leistungsfähigkeit für ganz bestimmte Arbeitsschritte mit den Begriffen Kraepelins und auch anderen, in exakten Versuchen ermittelten Begriffen durchaus zu erfassen sei. Dennoch bleibe zwischen einer psychophysischen Psychologie, die nach Reiz-ReaktionsZusammenhängen frage, und der Nationalökonomie, die Zweck-Mittel-Relationen analysiere, eine tiefe Kluft.16 Weber war also zu der Zeit, als ihn Brentanos Veröffentlichung zur Wertlehre erreichte, gerade mit den methodischen und begrifflichen Voraussetzungen derjenigen Richtung psychologischer Forschung beschäftigt, mit der Brentano die subjektive Wertlehre der Nationalökonomie theoretisch zu begründen suchte. Mitte August schloß er zunächst einmal die Denkschrift zur Enquete im Verein für Sozialpolitik ab. Wie aus einem Brief an Marianne Weber hervorgeht, wollte er sich nun an den Artikel für das Archiv setzen.17 Ob er 11  Vgl. Schluchter, Einleitung, in: MWG I/11, S.  1–58, hier S.  17 ff. 12  Weber, Max, Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie, MWG I/11, S.  78–149, hier S.  78 f. 13 Vgl. bes. Kap. II. Die naturwissenschaftlichen Probleme der Erhebung, ebd., S.  97–123. 14  Vgl. Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, MWG I/11, S.  162–380. 15  Webers Beschäftigung mit der Experimentalpsychologie geht zurück auf seinen Aufsatz von 1905: Roscher und Knies II, S.  89–150 (MWG I/7), vgl. dazu Schluchter, Einleitung, in: MWG I/11, S.  1–58, bes. S.  37 ff. 16  Vgl. Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, Kap.  6. Methodische Fragen, MWG I/11, S.  218–250, vgl. auch Frommer, Sabine, Naturalismus und Naturalismuskritik. Emil Kraepelins Arbeitspsychologie und ihre Rezeption durch Max Weber, in: Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. II Idealismus und Positivismus, hg. von Gangolf Hübinger, Rüdiger vom Bruch, Friedrich Wilhelm Graf. – Stuttgart: Steiner 1997, S.  190–206. 17  Vgl. Brief Max Webers an Marianne Weber vom 13. August 1908, MWG II/5, S.  632.

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damit die Besprechung von Brentanos Schrift über die Wertlehre oder die erste Folge seines Literaturberichtes „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“18 meinte, muß offen bleiben. Seine Besprechung erschien einen Monat später, am 25. September 1908.

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, der unter dem Titel „Die Grenznutzlehre und das ‚psychophysische Grundgesetz‘“ im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, hg. von Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé, Band 27, Heft 2, 1908, S.  546–558, am 25. September 1908, erschienen ist (A).

18  Dieser Text ist im AfSSp erschienen unter der Rubrik „Kritische Literatur-Übersichten“, vgl. Editorischer Bericht zu: Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, MWG I/11, S.  150–161, hier S.  150.

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Lujo Brentano, Die Entwicklung der Wertlehre. (Sitzungsberichte der Kgl. bayr[ischen] Akad[emie] der Wissensch[aften] Philos[ophisch]philol[ogische] und histor[ische] Klasse. Jahrgang 1908, 3. Abh. 15.2.1908) München, Verlag der Akademie.1 Die Abhandlung ist eine teils zusammenfassende, teils kritische Darlegung der Resultate, zu welchen die von Brentano angeregten, zuerst von dem leider so früh verstorbenen Ludwig Fick unternommenen, dann von einem anderen seiner Schüler: Dr. R[udolf] Kaulla, übrigens durchaus selbständig, fertiggestellten1) Untersuchungen über die Entwicklung der Wertlehre seit Aristoteles2 geführt haben. Aus der Fülle von Anregungen, die diese wie jede Abhandlung Brentanos bietet, sei hier nur auf die Erörterungen über das Verhältnis der Begriffe „Brauchbarkeit“ und „Gebrauchswert“ (S.  42 f.) hingewiesen, die wohl das Klarste bieten, was auf so knappem Raum über diesen Gegenstand gesagt worden ist. Hier soll an den einzigen Punkt in Brentanos Darlegungen angeknüpft werden, der zum Widerspruch herausfordert. Er betrifft 34

1) R. Kaulla, Die geschichtliche Entwickelung der modernen Wertlehre. Tübingen A 546 1906.3 Vgl. auch: O. Kraus, Die aristotelische Werttheorie in ihrer Beziehung zu den Lehren der modernen Psychologenschule (Zeitschrift f. Staatswissenschaft, Bd.  61, 1905, S.  573 ff.).4 

a  In A folgt: Von Max Weber. 1  Gemeint ist: Brentano, Wertlehre. Der korrekte Titel lautet: „Die Entwickelung der Wertlehre“. 2  Über die umfangreichen Vorarbeiten von Ludwig Fick, die nicht zum Abdruck gelangten, berichten sowohl Kaulla, Werttheorien, im Vorwort, als auch Brentano, Wertlehre, S.  3–5. 3  Gemeint ist: Kaulla, Werttheorien. Der Titel lautet richtig: „Die geschichtliche Entwicklung der modernen Werttheorien“. 4  Gemeint ist: Kraus, Werttheorie. Der Titel lautet richtig: „Die aristotelische Werttheorie in ihren Beziehungen zu den Lehren der modernen Psychologenschule“.

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die angeblichen Beziehungen der „Grenznutzlehre“,5 überhaupt jeder „subjektiven“ Werttheorie, zu gewissen allgemeinen Sätzen der Experimentalpsychologie, insbesondere zum sog. Weber-Fechnerschen Gesetz.6 Der Versuch, die ökonomische Werttheorie als einen Anwendungsfall dieses Gesetzes zu verstehen, wird, wie Brentano selbst betont,7 hier keineswegs zum bersten Maleb gemacht. Er findet sich mit aller Bestimmtheit schon in der zweiten Auflage von F[riedrich] A[lbert] Langes „Arbeiterfrage“,8 die Ansätze dazu sogar schon in der ersten Auflage von Fechners  Psychophysik (1860)9[,] und er kehrt seitdem außerordentlich häufig wieder. Auch Lange hatte jenes berühmte „Gesetz“ als eine Bestätigung und Generalisierung der Sätze angesehen, welche s. Z. Bernoulli10 für das Verhältnis der relativen (persönlichen) Wertschätzung einer Geldsumme zur absoluten Höhe des Vermögens ihres Besitzers bezw. Empfängers oder Verbrauchers aufgestellt hatte, und hatte seinerseits versucht, für seine noch universellere Bedeutung Beispiele aus dem politischen Leben (Empfindungen für den politischen Druck usw.) beizubringen.11 Wieder und wieder findet man überhaupt die Behauptung, die Werttheorie der sog. „österreichischen Schule“12 sei „psychologisch“ fundamentiert, – b A: erstenmale 5  Für die um 1870 von mehreren Nationalökonomen (Carl Menger, Léon Walras, William Stanley Jevons) fast gleichzeitig begründete Grenznutzlehre ist der Grenznutzen ein entscheidender Faktor volkswirtschaftlicher Prozesse. Er entspricht der subjektiven Wertschätzung, die ein Konsument einer zusätzlichen Gütereinheit derselben Art entgegenbringt. Der Grenznutzen ist bei jeder nachfolgenden Einheit geringer als bei der vorhergehenden, dies ist formuliert als Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen. 6  In seiner ursprünglichen, 1834 von dem Anatomen und Physiologen Ernst Heinrich Weber formulierten Fassung besagt das Gesetz, daß ein objektiv meßbarer Reizzuwachs (physisch), der einen subjektiv eben noch spürbaren Empfindungszuwachs (psychisch) mit sich führt, in einem konstanten Verhältnis zur Intensität des Ausgangsreizes steht. Der Physiker Gustav Theodor Fechner brachte dies in seinem 1860 publizierten Lehrbuch „Elemente der Psychophysik“ in die Form einer mathematischen Gleichung, die ausdrückt, daß sich die Empfindung proportional zum Logarithmus des Reizes verändert. 7  Vgl. Brentano, Wertlehre, S.  66 ff. 8  Lange, Arbeiterfrage. 9  Vgl. Fechner, Psychophysik I, S.  236–238, dazu auch oben, Anm.  6. 10  Der Mathematiker Daniel Bernoulli bestimmte die Wertschätzung eines Spielgewinnes in Abhängigkeit von der Größe des vorhandenen Vermögens. 11 Vgl. Lange, Arbeiterfrage, 3. Kapitel Glück und Glückseligkeit, S.  83–147, bes. S.  114 ff. 12 Die „österreichische Schule“ der Nationalökonomie wurde von Carl Menger begründet, indem er der überkommenen objektiven Kosten- und Werttheorie eine sub-

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während auf der andern Seite die „historische Schule“13 in ihren hervorragendsten Vertretern gleichfalls für sich in Anspruch nimmt, cder „Psychologie“ gegenüber den „naturrechtlichen“ Abstraktionen der Theoriec zu ihrem Recht verholfen zu haben. Bei der Vieldeutigkeit des Wortes „psychologisch“ hätte es nun schlechterdings keinen Zweck, mit beiden Parteien darüber zu hadern, welche es für sich in Anspruch nehmen könne, – je nachdem vielleicht: beide oder auch: keine von beiden. Hier handelt es sich vielmehr um die weit präzisere Behauptung Brentanos, daß das „psychophysische Grundgesetz“ die Grundlage der „Grenznutzlehre“, diese letztere also ein Fall seiner Anwendung sei.14 Lediglich daß dies ein Irrtum sei, soll hier dargelegt werden. Das sog. psychophysische Grundgesetz hat, wie Brentano selbst erwähnt, inbezug auf Formulierung, Geltungsumfang und Deutung Wandlungen durchgemacht. Brentano seinerseits resumiert seinen Inhalt zunächst (S.  66) ganz allgemein dahin: Fechner habe gezeigt, „daß auf allen Gebieten der Empfindung dasselbe Gesetz für die Abhängigkeit der Empfindung vom Reiz sich herausstellt, welches Bernoulli für die Abhängigkeit der Glücksempfindung, die der Zuwachs einer Summe Geldes bereitet, von der Größe des Vermögens des Empfindenden aufgestellt hatte“.15 Obwohl sich nun die Bezugnahme auf Bernoulli in ganz gleicher Art bei Fechner selbst findet,16 ist sie dennoch mißverständlich. Gewiß ist Fechner u. a. auch durch Bernoullis Methode angeregt worden. Aber die Frage, in wie weit zwei im übrigen heterogene Wissenschaften sich gegen-

c–c A: den „naturrechtlichen“ Abstraktionen der Theorie gegenüber der „Psychologie“ jektive Wertlehre entgegenstellte, vgl. dazu auch oben, S.  116, Anm.  5. Weitere Vertreter waren die Menger-Schüler Eugen von Böhm-Bawerk und Friedrich von Wieser. 13 Die Nationalökonomen in Deutschland um Gustav Schmoller sahen das Wirtschaftsleben vor dem Hintergrund der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungsstufe mit ihren Institutionen und Kulturwerten, demnach sei das wirtschaftliche Handeln nicht theoretisch zu erfassen, sondern historisch zu verstehen. Begründet wurde diese historische Richtung der Nationalökonomie von Wilhelm Roscher und Karl Knies, weitere Vertreter waren Adolph Wagner, Heinrich Herkner und Karl Bücher. 14  Brentano, Wertlehre, S.  66 f. 15  Weber zitiert Brentano, Wertlehre, S.  66, allerdings mit geringfügigen Abweichungen. Die Hervorhebungen im Zitat stammen von Weber. 16  Vgl. Fechner, Psychophysik l, S.  237.

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seitig auf dem Wege der Entstehung von einzelnen, in ihrem methodischen Zweck verwandten Begriffsbildungen befruchtet haben, ist eine rein literarhistorische. Sie hat mit unserem Problem hier: ob das Weber-Fechner’sche Gesetz die theoretische Grundlage der Grenznutzlehre darstellt, nichts zu tun. Darwin z. B. ist durch Malthus angeregt,17 aber die Malthus’schen Theorien18 sind weder dieselben wie diejenigen Darwins, noch sind die einen ein Spezialfall der andern, noch sind beide Spezialfälle eines noch allgemeineren Gesetzes. Ähnlich steht es in unserem Fall. „Glück“ ist kein psychophysisch faßbarer, überhaupt kein – wie  man im Zeitalter der utilitarischen Ethik glauben mochte – qualitativ einheitlicher Begriff. Die Psychologen würden sich gegen seine Identifizierung mit demd – in seiner Tragweite unter ihnen selbst wieder recht bestrittenen – Begriff der „Lust“ wohl verwahren. Aber davon abgesehen: Schon als vage Analogie, als blosses Bild oder Vergleich gedacht, würde die Parallele hinken. Denn sie stimmt auch dann nur äußerlich und für einen Teil des Problems. Dem „Reiz“ Fechners, der immer ein „äußerer“, das heißt: körperlicher2), und also, wenn nicht der faktischen Möglichkeit, so wenigstens dem Prinzip nach direkt quantitativ meßbarer Vorgang ist, dem bestimmte bewußte „Empfindungen“ als „Wirkung“ oder „Parallelvorgang“ gegenüberstehen, würde der Bernoullische Zuwachs einer „Summe Geldes“, weil ebenfalls ein „äußerer“ Vorgang, zu entsprechen haben und, ganz äußerlich angesehen, ja auch entsprechen können. Was entspricht nun aber beim psychophysischen Grundgesetz dem „Vermögen“, welches der, dem (bei Bernoulli) das Geld zuwächst, 2)

Natürlich also auch: ein vom „Innern“ des eigenen Körpers ausgehender. 

d A: den 17  Vgl. dazu die Selbstaussage bei: Darwin, Charles, Autobiography, in: The Life and Letters of Charles Darwin, edited by his son Francis Darwin, 2 vols. – New York: D. Appleton and Company 1896, vol. 1, S.  25–86, bes. S.  68. 18  Auf Malthus’ Theorie der „Übervölkerung“ bezieht sich Weber in seiner Vorlesung über „Allgemeine (‚theoretische‘) Nationalökonomie“, §  4. Die Bevölkerung. Dort ein Hinweis auf: Malthus, Thomas Robert, An Essay on the principle of population or a view of its past and present effects on human happiness, with an inquiry into our prospects respecting the future removal or mitigation of the evils which it occasions. – London: J. Johnson 1798 (vgl. (MWG III/1, S.  337).

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schon hat? Auch das scheint, äußerlich wenigstens, leicht zu beantworten. Man kann in den bekannten Weberschen Versuchen über die individuelle Unterschiedsempfindlichkeit für einen Gewichtszuwachs an die schon vorhandene Belastung als das dem schon vorhandenen Geldvermögen Entsprechende denken. Akzeptieren wir auch das. Nach den für das psychophysische Grundgesetz grundlegenden Weberschen Beobachtungen sollte alsdann der einfache Satz gelten: Wer, bei 6 Lot schon vorhandener Belastung (z. B.: seiner Handfläche), einen Zuwachs von 1/30, also 1/5 Lot, eben noch empfindet, der empfindet bei 12 Lot schon vorhandener Belastung ebenfalls 1/30, also hier: 2/5 Lot, eben noch als einen Unterschied; und entsprechend wie hier beim „Tastsinn“ steht es bei anderen „Sinnesreizen“.e Der Unterschied je zweier Reize würde darnach im Bewußtsein gleichmäßig empfunden, wenn das Verhältnis des Reizzuwachses zum Grundreiz objektiv das gleiche ist. Anders ausgedrückt: die Stärke des Reizes muß im geometrischen Verhältnis ansteigen, wenn die Merklichkeitsstärke der Empfindung in arithmetischem Verhältnis zunehmen soll. Wir lassen nun hier ganz bei Seite, inwieweit dies so formulierte „Gesetz“ sich empirisch bestätigt hat; man fügte ihm die Begriffe der „Reizschwelle“ und „Reizhöhe“, der „unter-“ und „übermerklichen“ Reize hinzu, und ein Rattenkönig von Spezialgesetzen (z. B. das Merkelsche)19 gruppierte sich um es herum. Übertrüge man nun die einfache alte Webersche Formel auf ökonomische Vorgänge und setzte man also – so gewagt dies ist – mit Brentano: Vermögenszunahme = Vermehrung des „Reizes“, dann würde als Resultat sich (wie bei Bernoulli) ergeben: wenn ein Individuum, welches 1000 Mk. besitzt, eine Vermehrung seines Besitzes um 100 Mk. mit einer Empfindung vermehrten „Glückes“ von bestimmter Inten­ sität begleitet, so würde, wohlgemerkt: dieses selbe Individuum,

e A: „Sinnesreizen.“ 19  Das Merkelsche Gesetz ist eine Spezifikation des Weber-Fechnerschen Gesetzes für große Intervalle: In diesem Fall entsprechen gleichen absoluten Unterschieden von Reizen annähernd gleich merkliche Empfindungsunterschiede. Vgl. Merkel, Julius, Die Abhängigkeit zwischen Reiz und Empfindung, in: Philosophische Studien, hg. von Wilhelm Wundt, 4. Band, 1888, S.  541–594 (1. Teil), 5. Band, 1889, S.  245–291 (2. Teil) und S.  499–557 (3. Teil), 10. Band, 1894, S.  140–159, 203–248, 369–392 und S.  507– 522 (4. Teil).

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falls es eine Million besäße, eine Vermehrung dieses Besitzes um 100 000 Mk. mit der gleichen Intensität der Glücksempfindung begleiten. Gesetzt, dem wäre so, und es ließen sich ferner die Begriffe der „Reizschwelle“ und „Reizhöhe“, überhaupt die Kurve des Weberschen Gesetzes auf die „Glücksempfindungen“ beim Gelderwerb irgendwie analog übertragen, – betrifft dies etwa die Fragen, auf welche die ökonomische Theorie Antwort zu geben versucht? Und ist für ihre Sätze die Geltung der logarithmischen Linie der Psychophysiker die Grundlage, ohne die sie nicht verständlich wären? Ohne Zweifel ist es der Mühe wert, die einzelnen großen Gruppen von „Bedürfnissen“, welche für die ökonomische Betrachtung relevant sind, auf die Art ihres Sich-Verhaltens je nach dem Maß, außerdem vor allem aber – wofür das psychophysische Grundgesetz schon nichts mehr leistet –: je nach der Art ihrer „Sättigung“, zu untersuchen. Nicht wenige Erörterungen z. B. über die Bedeutung der Geldwirtschaft für die qualitative Expansion der Bedürfnisse gehören dorthin, ebenso etwa die Untersuchungen über die Wandlungen der Ernährung unter dem Druck ökonomischer Umgestaltungen usw. Aber augenscheinlich orientieren alle solche Betrachtungen sich keineswegs an der angeblich grundlegenden Weber-Fechnerschen Theorie. Und wenn man die einzelnen Bedürfnisgruppen, also etwa: Nahrungsbedürfnisse, Wohnungsbedürfnisse, sexuelle Bedürfnisse, Alkoholbedürfnisse, „geistige“, ästhetische Bedürfnisse usw.[,] in ihrem Auf- und Abschwellen je nach dem Maß der Zufuhr von „Sättigungsmitteln“ analysieren würde, – die logarithmische Kurve der Weber-Fechnerschen Regel würde zwar zuweilen mehr oder minder weitgehende Analogien finden, zuweilen dagegen nur recht geringfügige oder auch gar keine, gar nicht selten aber würde sie (s. u.)20 auf den Kopf gestellt erscheinen. Bald würden die Kurven plötzlich ganz abbrechen, bald negativ werden können, bald nicht, bald proportional der „Sättigung“ verlaufen, bald asymptotisch dem Nullpunkt zustreben – für fast jede „Bedürfnis“-Art anders. – Aber immerhin – man könnte hier doch wenigstens hie und da Analogien finden. Nehmen wir, ohne es zu untersuchen, an, solche – immer ziemlich vagen und zufälligen – Analogien fänden sich auch noch für die so

20  Unten, S.  123.

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wichtige Möglichkeit, in der Art, den Mitteln also, derf „Sättigung“ der Bedürfnisse zu wechseln. Nun aber weiter: bei der nationalökonomischen Grenznutzlehre und bei jeder „subjektiven“ Wertlehre steht, wenn man dabei überhaupt auf die „seelischen“ Zuständlichkeiten des Individuums zurückgreift, gerade umgekehrt wie beim psychophysischen Grundgesetz, am Anfang nicht ein äußerer „Reiz“, sondern ein „Bedürfnis“, also – wenn wir uns denn einmal „psychologisch“ ausdrücken wollen: – ein Komplex von „Empfindungen“ und „Gefühlslagen“, „Spannungs-“, „Unlust-“ und „Er­war­tungs-Zuständen“ und dergl. von jeweilig eventuell höchst komplexer Beschaffenheit, kombiniert überdies mit „Erinnerungsbildern“, „Zweckvorstellungen“ und, unter Umständen, mit einander kämpfenden „Motiven“ verschiedenster Art. Und während das psychophysische Grundgesetz uns lehren will, wie ein äußerer Reiz psychische Zustände: „Empfindungen“, hervorruft, befaßt sich die Nationalökonomie vielmehr mit der Tatsache, daß durch derartige „psychische“ Zustände ein bestimmt gerichtetes äußeres Sichverhalten (Handeln) hervorgerufen wird. Dies äußere Verhalten seinerseits wirkt dann freilich wieder auf das „Bedürfnis“, dem es entsprungen ist, zurück, indem es dasselbe durch „Sättigung“ – wiederum, psychologisch betrachtet, ein sehr komplexer und nicht einmal eindeutiger Vorgang, jedenfalls nur ganz ausnahmsweise mit einer einfachen „Empfindung“ im psychologischen Sinne gleichzusetzen – beseitigt resp. wenigstens: zu beseitigen trachtet. Die Art des – psychologisch gesprochen – „Reagierens“, nicht die Art des „Empfindens“ wäre also das Problem. Wir haben also schon in diesen (hier absichtlich ganz roh skizzierten) Elementarvorgängen des „Handelns“ einen Ablauf von Geschehnissen, die günstigstenfalles in einem kleinen – dem letzten – Teil ihres Herganges von möglicherweise „analoger“, in ihrer Gesamtheit aber offensichtlich von ganz anderer Struktur sind als die Objekte jener Weberschen Gewichtsexperimente21 und alle ähnlichen. Dazu tritt nun aber, daß dieser Elementarvorgang auch in der Form, wie wir ihn hier geschildert haben, offenbar nun und nimmermehr das Entstehen einer Nationalökonomie als Wissenschaft bedingen oder f A: die 21  Oben, S.  119 mit Anm.  19.

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ermöglichen könnte. Er stellt seinerseits höchstens eine der Komponenten jener Geschehnisse dar, mit denen unsere Disziplin es zu tun hat. Denn die Nationalökonomie hat ja, wie auch Brentanos eigne weitere Darstellung dies voraussetzt, zu untersuchen, wie – 1. infolge der Konkurrenz verschiedener nach „Sättigung“ verlangender „Bedürfnisse“ mit einander[,] – 2. infolge der Begrenztheit – nicht etwa nur: der „Bedürfniskapazität“, sondern vor allem andern: – der zur „Befriedigung“ jener Bedürfnisse brauchbaren sachlichen „Güter“ und „Arbeitskräfte“, endlich – 3. infolge einer ganz bestimmten Art von Koexistenz verschiedener, mit gleichen oder ähnlichen Bedürfnissen behafteter, dabei aber mit verschiedenen Vorräten von Gütern zu deren Sättigung ausgestatteter Menschen miteinander und ihrer Konkurrenz um die Sättigungsmittel untereinander – sich das Handeln der Menschen gestaltet. Die Probleme nun, die hier entstehen, lassen sich nicht nur nicht als Spezialfälle oder Komplikationen jenes „psychophysischen Grundgesetzes“ ansehen, die Methoden zu ihrer Lösung sind nicht nur nicht angewandte Psychophysik oder Psychologie, sondern beide haben damit einfach gar nichts zu schaffen. Die Sätze der Grenznutzlehre sind, wie die einfachste Überlegung zeigt, absolut unabhängig  nicht nur davon: in welchem Umfang oder ob überhaupt in irgend einem Umfang das Webersche Gesetz gilt, sondern auch: ob überhaupt irgend ein unbedingt allgemeingültiger Satz über das Verhältnis von „Reiz“ und „Empfindung“ sich aufstellen läßt. Es genügt für die Möglichkeit der Grenznutzlehre vollständig, wenn: – 1. die Alltagserfahrung richtig ist, daß die Menschen in ihrem Handeln unter anderem auch durch solche „Bedürfnisse“ getrieben werden, die nur durch den Verbrauch von jeweils nur begrenzt vorrätigen Sachgütern oder von Arbeitsleistungen oder deren Produkten befriedigt werden können, wenn ferner 2. die Alltagserfahrung zutrifft, daß für die meisten und zwar gerade für solche Bedürfnisse, welche subjektiv am dringlichsten empfunden werden, mit zunehmendem Verbrauch jener Güter und Leistungen ein zunehmendes Maß von „Sättigung“ erreicht wird, dergestalt, daß nun andere, „ungesättigte“ Bedürfnisse als dringlicher erscheinen – und wenn endlich 3. die Menschen – sei es auch in noch so verschiedenem Maße – die Fähigkeit besitzen, „zweckmäßig“, d. h. unter Benutzung von „Erfahrung“ und „Vorausberechnung“, zu handeln. Dergestalt, heißt das, zu handeln, daß sie die verfügbaren oder

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erlangbaren, in ihrer Quantität begrenzten „Güter“ und „Arbeitskräfte“ auf die einzelnen „Bedürfnisse“ der Gegenwart und absehbarer Zukunft je nach der Bedeutung, die sie diesen beilegen, verteilen. Diese „Bedeutung“ ist nun ersichtlich nicht etwa mit einer durch physischen „Reiz“ erzeugten „Empfindung“ identisch. Ob ferner die „Sättigung“ der „Bedürfnisse“ sich jemals in einer Progression vollzieht, welche mit derjenigen irgend welche Ähnlichkeit hat, die das Weber-Fechnersche Gesetz für die Intensität der durch „Reize“ hervorgerufenen „Empfindungen“ behauptet, kann dahingestellt bleiben: wenn man aber die Progression der „Sättigung“ mit: Tiffany-Vasen, Klosettpapierg, Schlackwurst, KlassikerAusgabenh, Prostituierten, ärztlichem oder priesterlichem Zuspruch u. s. w. überdenkt, erscheint die Logarithmenkurve des „psychophysischen Grundgesetzes“ als Analogie doch recht problematisch. Und wenn jemand sein „Bedürfnis“, z. B. auch auf Kosten seiner Ernährung seine „geistigen Bedürfnisse“ zu befriedigen, durch Ankauf von Büchern und Ausgabe von Kolleggeld bei mangelhafter Befriedigung seines Hungers betätigt – so wird dies durch eine psychophysische „Analogie“ jedenfalls nicht „verständlicher“, als es ohnehin ist. Es genügt für die ökonomische Theorie vollkommen, daß wir uns auf Grund jener erwähnten, sehr trivialen, aber unbestreitbaren, Tatsachen der Alltagserfahrung eine Mehrheit von Menschen theoretisch vorstellen können, deren jeder streng „rational“ über die ihm, rein faktisch oder durch den Schutz einer „Rechtsordnung“, verfügbaren „Gütervorräte“ und „Arbeitskräfte“ zu dem alleinigen und ausschließlichen Zweck disponiert, auf friedlichem Wege ein „Optimum“ von Sättigung seiner verschiedenen mit  einander konkurrierenden „Bedürfnisse“ zu erreichen. Über solche „Alltagserfahrungen“ als Grundlage einer wissenschaftlichen Theorie wird freilich jeder „Psychologe“ die Nase rümpfen müssen: schon der Begriff: „Bedürfnis“ – welch rohe und „vulgärpsychologische“ Kategorie! Wie unsäglich verschiedene physiologische und psychologischei Kausalketten vermag das, was wir so nennen, in Bewegung zu setzen: selbst dem „Bedürfnis“ zu essen kann 1) eine im Bewußtsein merkliche, ziemlich komplexe, psychophysische Situation (Hunger) zugrunde liegen, die ihrerseits durch verschiedenartige als „Reize“ wirksame Umstände, z. B. den g A: Klosetpapier  h A: KlassikerAusgaben  i A: psychologischen

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physisch leeren Magen oder auch einfach die Gewöhnung des Essens an bestimmten Tagesstunden[,] wesentlich bedingt sein kann – 2) aber kann jener subjektive Habitus des Bewußtseins auch fehlen und das „Bedürfnis“ zu essen „ideogen“, z. B. durch Obödienz gegen eine Verordnung des Arztes, bedingt sein; das „Alkoholbedürfnis“ kann auf „Gewöhnung“ an die „äußern“ Reize, die ihrerseits einen „innern“ „Reiz“-Zustand schaffen, ruhen, und es kann durch Alkoholzufuhr gesteigert werden, der Weberschen Logarithmenkurve zum Trotz; die „Bedürfnisse“ nach „Lektüre“ bestimmter Art endlich werden durch Vorgänge bestimmt, welche – mag sie der Psychophysiker für seine Zwecke vielleicht in funktionelle Änderungen gewisser Hirnprozesse „umdeuten“ – jedenfalls schwerlich durch einfache Bezugname auf das Weber-Fechnersche Gesetz erleuchtet werden usw. Der „Psychologe“ sieht hier eine ganze Serie der schwierigsten Rätsel für seine Fragestellungen, – und die nationalökonomische „Theorie“ fragt darnach mit keinem Worte und hat dabei noch dazu das beste wissenschaftliche Gewissen! Und nun vollends: „Zweckhandeln“, „Erfahrungen machen“, „Vorausberechnung“ – Dinge, die für die psychologische Betrachtung das Komplexestek, teilweise vielleicht geradezu Unverständlichel, jedenfalls aber mit am schwersten zu Analysierendem sind, was es geben kann: diese Begriffe und ähnliche nun – ohne alle Sublimierung durch die ihm geläufigen Experimente an seinen Drehtrommeln oder sonstigen Laboratoriumsapparaten – als „Grundlagen“ einer Disziplin! Und dennoch ist dem so, und diese Disziplin beansprucht sogar, ohne sich auch nur im geringsten darum zu kümmern, ob Materialismus, Vitalismus, psychologischer Parallelismus, irgend eine der Wechselwirkungstheorien,22 das Lipps’sche oder das Freud’sche oder ein sonstiges „Unbewußtes“23 k A: komplexeste  l A: unverständliche  m A: analysierende 22 In seinem Fragment „Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft“ (oben, S.  101–110) wendet sich Weber dagegen, mit Simmel „Wechselwirkung“ als Grundbegriff der Soziologie aufzufassen. Er sei so unspezifisch, daß er sogar in den Naturwissenschaften als Grundbegriff verstanden werden könne (ebd., oben, S.  109 f.). Vgl. dazu auch oben, S.  109, Anm.  16. 23  Weber bezieht sich hier möglicherweise auf den Aufsatz von Willy Hellpach, Unbewußtes oder Wechselwirkung. Eine Untersuchung über die Denkmöglichkeit der psychologischen Deutungsprinzipien, in: Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 1. Abt. Zeitschrift für Psychologie, hg. von Hermann Ebbinghaus, 48.

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usw. brauchbare Grundlagen für psychologische Disziplinen bilden, ja, unter der ausdrücklichen Versicherung: daß für ihre Zwecke ihr all dies schlechthin gleichgültig sei, – sie prätendiert, sage ich, bei alledem sogar: mathematische Formeln für den von ihr theoretisch erfaßten Ablauf des ökonomisch relevanten Handelns zu gewinnen. Und was wichtiger ist: sie bringt dies auch wirklich fertig. Und mögen ihre Ergebnisse aus den verschiedensten auf dem Gebiet ihrer eignen Methoden liegenden Gründen noch so sehr  in ihrer Tragweite umstritten werden, – in ihrer „Richtigkeit“ sind sie jedenfalls ganz ebenso absolut unabhängig selbst von den denkbar größten Umwälzungen der biologischen und psychologischen Grundhypothesen, wie es für sie gleichgültig ist, ob z. B. Kopernikus oder Ptolemäus Recht haben, oder: wie es mit theologischen Hypothesen oder etwa mit den „bedenklichen“ Perspektiven des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik24 stehen möge. Alle noch so weittragenden Umwandlungen in solchen naturwissenschaftlichen Grundtheorien sind schlechterdings nicht imstande, auch nur einen einzigen, „richtig“ konstruierten, Satz der nationalökonomischen Preis- oder Rententheorie ins Wanken zu bringen. Damit ist natürlich 1) mit nichten gesagt, daß es auf dem Gebieten der empirischen Analyse des Wirtschaftslebens keinen Punkt gäbe, auf dem die Tatsachen, welche die genannten Naturwissenschaften (und noch so manche andere) feststellen, nicht von erhebn  In A folgt: der Analyse Band, 1908, Heft 3/4 vom 28. Juli 1908, S.  238–258 (Teil I. und II.) und Heft 5/6 vom 11. Sept. 1908, S.  321–384 (Schlußteil III.–VII.), in dem Hellpach die verschiedenen Bedeutungen des Unbewußten darlegt. Es könne als etwas Unerinnertes, Unbemerktes oder Mechanisiertes beschrieben oder als psychisch Reales und Absolutes gedeutet werden. Der erste Teil des Aufsatzes könnte Weber vorgelegen haben, als er im August 1908 die hier edierte Rezension zu Brentano schrieb. In einem ähnlichen sachlichen Zusammenhang verweist Weber in dem im Januar 1909 erschienenen Teil II seiner „Psychophysik“ explizit auf diesen Aufsatz von Hellpach, vgl. Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, MWG I/11, S.  228. 24  Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, daß Wärme immer vom Wärmeren zum Kälteren fließt, nie umgekehrt (Irreversibilität). Die bedenkliche Perspektive, von der Weber spricht, besteht vermutlich darin, daß dies letztlich zum „Wärmetod der Welt“ (Entropie) führen würde. Bereits in seinem Aufsatz über Rudolf Stammler verweist Weber in ähnlichem Argumentationszusammenhang auf den Physiker Eduard von Hartmann, der „aus dem sog. ‚zweiten Hauptsatz’ der Energielehre den ‚Zweck’ des endlichen Weltprozesses zu demonstrieren“ suche. Vgl. Weber, Stammlers Überwindung, S.  110.

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licher Wichtigkeit werden könnten. Und 2) ebenso nicht, daß die Art der Begriffsbildung, welche für jene Disziplinen sich brauchbar gezeigt hat, nicht recht wohl auch für gewisse Probleme der ökonomischen Betrachtung gelegentlich vorbildlich werden könnte. Was das Erste anlangt: ich hoffe[,] demnächst Gelegenheit zu haben, in dieser Zeitschrift zu untersuchen, welcher Gebrauch z. B. auf dem Gebiete der Erforschung gewisser Bedingungen der Fabrikarbeit von gewissen experimentalpsychologischen Arbeiten vielleicht gemacht werden könnte.25 Und was das Zweite anlangt, so sind nicht nur, wie längst feststeht, die mathematischen, sondern auch z. B. gewisse biologische Denkformen bei uns heimatsberechtigt. Triviales Gemeingut jedes Nationalökonomen ist es vollends, daß auf Schritt und Tritt, an unzähligen einzelnen Punkten unserer Disziplin, wir mit der Arbeit auf anderen Forschungsgebieten in fruchtbringendem Austausch der Ergebnisse und Gesichtspunkte stehen und stehen müssen. Aber: es hängt durchaus von unseren Fragestellungen ab, wie und in welchem Sinne dies auf unserem Gebiet geschieht, und jeder Versuch, oa priorio darüber zu entscheiden, welche Theorien anderer Disziplinen für die Nationalökonomie „grundlegend“ sein müßten, ist, wie alle Versuche einer „Hierarchie“p der Wissenschaften nach Comte’schem Muster,26 müßig. Nicht nur sind, im allgemeinen wenigstens, gerade die allgemeinsten Hypothesen und Annahmen der „Naturwissenschaften“ (im üblichen Sprachgebrauch dieses Worts) die für unsere Disziplin irrelevantesten. Sondern ferner und hauptsächlich: gerade an o A: apriori  p A: „Hierachie“ 25  Weber verweist auf seinen vierteiligen Aufsatz „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“, dessen Teil I im Novemberheft 1908 des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ publiziert worden ist, also ein Heft später als die hier edierte Besprechung zu Brentanos Wertlehre. 26  Das von Auguste Comte aufgestellte „enzyklopädische Gesetz“ besagt, daß die Stufenordnung der Wissenschaften sich 1. an der Stufenordnung der von ihnen untersuchten Gegebenheiten zu orientieren und dabei 2. von Gegebenheiten größter Allgemeinheit, Einfachheit und Selbständigkeit zu solchen mit jeweils größerer Spezifität und Komplexität überzugehen habe. Nach dieser Maßgabe stellt sich der Stufenbau der Wissenschaften – von unten nach oben – so dar, daß auf die Mathematik die Astronomie, die Physik, die Chemie und die Biologie folgen, während die Soziologie, welche die alles umfassende und am meisten komplexe Wirklichkeit zum Gegenstand hat, den Abschluß bildet. Die Vorstellung, die Soziologie habe die Wirklichkeitsauffassung sowie die Begrifflichkeiten, Gesetzesannahmen und methodischen Kriterien der mathematisierten Naturwissenschaften zu übernehmen, findet sich bei Comte nicht.

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dem für die Eigenart der Fragestellungen unserer Disziplin entscheidenden Punkte: in der ökonomischen Theorie („Wertlehre“) stehen wir durchaus auf eigenen Füßen. Die „Alltagserfahrung“, von der unsre Theorie ausgeht (s. o.),27 ist natürlich der gemeinsame Ausgangspunkt aller empirischen Einzeldisziplinen. Jede von ihnen will über sie hinaus und muß dies wollen, – denn  eben darauf ruht ja ihr Existenzrecht als „Wissenschaft“. Allein jede von ihnen „überwindet“ oder „sublimiert“ dabei die Alltagserfahrung in anderer Weise und nach anderer Richtung. Die Grenznutzlehre, und jede ökonomische „Theorie“ überhaupt, tut dies nicht etwa in der Art und Richtung der Psychologie, sondern so ziemlich in der gerade entgegengesetzten. Sie zerlegt nicht etwa innere Erlebnisse der Alltagserfahrung in psychische oder psychophysische „Elemente“ („Reize“, „Empfindungen“, „Reaktionen“, „Automatismen“, „Gefühle“ usw.), sondern sie versucht, gewisse „Anpassungen“ des äußeren Verhaltens des Menschen an eine ganz bestimmte Art von außer ihm liegenden Existenzbedingungen zu „verstehen“. Sei diese für die ökonomische Theorie relevante Außenwelt nun im Einzelfall „Natur“ (im üblichen Sprachgebrauch) oder sei sie „soziale Umwelt“, immer wird dabei die „Anpassung“ an sie unter der ad hoc gemachten heuristischen Annahme verständlich zu machen versucht, daß dasjenige Handeln, mit welchem sich die Theorie befaßt, streng „rational“ im oben erörterten Sinne28 ablaufe. Die Grenznutzlehre behandelt, zu bestimmten Erkenntniszwecken, menschliches Handeln so, als liefe es von A bis Z unter der Kontrolle kaufmännischen Kalküls: eines auf der Kenntnis aller in Betracht kommenden Bedingungen aufgestellten Kalküls, ab. Sie behandelt die einzelnen „Bedürfnisse“ und die zu ihrer „Sättigung“ vorhandenen oder zu produzierenden oder zu ertauschenden Güter als ziffernmäßig feststellbare „Konti“ und „Posten“ in einer kontinuierlichen Buchführung, den Menschen als einen kontinuierlichen „Betriebsleiter“ und sein Leben als das Objekt dieses seines buchmäßig kontrollierten „Betriebs“. Die Betrachtungsweise der kaufmännischen Buchführung also ist, wenn irgend etwas, der Ausgangspunkt ihrer Konstruktionen. Ruht deren Verfahren etwa auf dem Weberschen Gesetz? Ist es eine Anwendung 27  Oben, S.  122 f. 28  Oben, S.  123.

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irgendwelcher Sätze über das Verhältnis von „Reiz“ und „Empfindung“? Als eine Kaufmannsseele, welche die „Intensität“ ihrer Bedürfnisse ziffernmäßig einschätzen kann und ebenso die möglichen Mittel zu deren Deckung, behandelt die Grenznutzlehre für ihre Zwecke die „Psyche“ aller, auch des von allem Kauf und Verkauf ausgeschlossenen, isoliert gedachten Menschen, und auf diesem Wege gewinnt sie ihre theoretischen Konstruktionen. Das alles ist doch wahrlich das Gegenteil irgend einer „Psychologie“! – Die auf diesem Boden gewachsene „Theorie“ saugt sich jene ihre Voraussetzungen, obwohl sie unzweifelhaft „irreal“ sind, dennoch ebenso unzweifelhaft nicht einfach aus den Fingern. Der „Wert“ von Gütern in der von der Theorie konstruierten „isolierten Wirtschaft“ wäre genau gleich dem Buchwert, mit dem sie in einer ideal vollkommenen Buchführung eines isolierten Haushaltes erscheinen müßten3). Er enthält  genau so viel und so wenig „Irreales“, wie jede wirkliche kaufmännische Buchführung auch. Wenn in einer Bilanz das „Aktienkapital“ mit z. B. 1 Million unter den „Passiva“ erscheint, oder wenn ein Gebäude mit 100 000 M. „zu Buche steht“, – liegen dann jene Million oder diese 100 000 M. hier in irgend einer Schublade? Und dennoch hat die Einstellung jener Posten ihren sehr guten Sinn! Ganz denselben – mutatis mutandis! – wie der „Wert“ in der isolierten Wirtschaft der Grenznutzlehre. Man muß ihn nur nicht auf dem Wege der „Psychologie“ zu ergründen suchen! Die theoretischen „Werte“, mit denen die Grenznutzlehre arbeitet, sollen uns in prinzipiell ähnlicher Weise die Hergänge des Wirtschaftslebens verständlich machen, wie die kaufmännischen Buchwerte dem Kaufmann Information über die Lage seines Betriebes und die Bedingungen für dessen weitere Rentabilität geben wollen. Und die allgemeinen Lehrsätze, welche die ökonomische Theorie aufstellt, sind lediglich Konstruktionen, welche aussagen, welche Konsequenzen das Handeln des einzelnen Menschen in seiner Verschlingung mit dem aller andern erzeugen müßte, wenn jeder Einzelne sein Verhalten zur Umwelt ausschließlich nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung, also in diesem Sinn „rational“, gestalten würde. Dies ist bekanntlich keineswegs der Fall, – und der empirische Ablauf derjenigen Vorgänge, 3) Womit natürlich nicht gesagt ist, daß dabei die „Technik“ der Buchungen mit der einer heutigen Einzelwirtschaft ganz gleichartig zu denken wäre. 

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zu deren Verständnis die Theorie geschaffen worden ist, zeigt daher nur eine, je nach dem konkreten Fall sehr verschieden große „Annäherung“ an den theoretisch konstruierten Ablauf des streng rationalen Handelns. Allein: die historische Eigenart der kapitalistischen Epoche, und damit auch die Bedeutung der Grenznutzlehre (wie jeder ökonomischen Werttheorie) für das Verständnis dieser Epoche, beruht darauf, daß – während man nicht mit Unrecht die Wirtschaftsgeschichte mancher Epoche der Vergangenheit als „Geschichte der Unwirtschaftlichkeit“ bezeichnet hat,29 – unter den heutigen Lebensbedingungen jene Annäherung der Wirklichkeit an die theoretischen Sätze eine stetig zunehmende, das Schicksal immer breiterer Schichten der Menschheit in sich verstrickende, gewesen ist und, soweit abzusehen, noch immer weiter sein wird. Auf dieser kulturhistorischen Tatsache, nicht aber auf ihrer angeblichen Begründung durch das Weber-Fechnersche Gesetz, beruht die heuristische Bedeutung der Grenznutzlehre. Es ist z. B. doch kein Zufall, daß ein besonders frappantes Maß von Annäherung an die theoretischen Sätze der Preisbildung, wie sie, im Anschluß an Menger, v. Böhm-Bawerk entwickelt hat, die Berliner BörsenkursFeststellung unter dem System des sog. Einheitskurses30 darstellte: sie konnte direkt als Paradigma dafür dienen4). Aber natürlich 31

4) Ich sehe nicht recht, worauf die geringschätzige Behandlung der „Österreicher“ A 555 durch Brentano beruht. C[arl]q Menger hat methodologisch nicht zu Ende  geführte, A 556 aber ausgezeichnete Gedanken vorgetragen, und was die, heute üblicherweise auf Kosten des sachlichen Gedankengehalts überschätzte, Frage des „Stils“ anlangt, so ist vielleicht nicht gerade er, wohl aber v. Böhm-Bawerk auch darin ein Meister.31 

q A: K. 29  Die Aussage ließ sich nicht belegen. 30  Ende der 1860er Jahre wurde am Kassamarkt der Berliner Fondsbörse der sog. Einheitskurs eingeführt. Demnach wird der für die Börsenzeit geltende Kurswert so errechnet, daß sich zu diesem Kurs möglichst viele Geschäfte abschließen lassen. Wie dieser Kurs ausgehandelt wird, beschreibt Weber detailliert in: Weber, Max, Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete, dort im Abschnitt II Maklerwesen und Kursnotierung, MWG I/5, S.  309–312 und S.  320–325. 31  Brentano hatte sich in der von Weber besprochenen Schrift nicht über den „Österreicher“ Eugen von Böhm-Bawerk geäußert. Von Brentano brieflich darauf aufmerksam gemacht, bedauerte Weber, mit speziellem Bezug auf diese Anmerkung, daß ihm dieses „Versehen“ unterlaufen sei, und bemerkt entschuldigend, daß er Brentanos ablehnende Haltung gegenüber der österreichischen Schule der Nationalökonomie aus vielen Äußerungen kenne. Er halte sie für sachlich ungerechtfertigt. Vgl. Brief Max Webers an Lujo Brentano vom 30. Oktober 1908, MWG II/5, S.  688 f., hier S.  688.

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doch nicht  etwa deshalb, weil die Börsenbesucher in besonders spezifischem Maße in Bezug auf die Relation zwischen „Reiz“ und „Empfindung“ dem psychophysischen Grundgesetz unterstünden, – sondern: weil an der Börse in besondersr hohem Maße ökonomisch „rational“ gehandelt wird oder doch: werden kann. Nicht nur mit den Begriffen der Experimentalpsychologie hat die rationale Theorie der Preisbildung nichts zu tun, sondern überhaupt mit keiner „Psychologie“ irgend welcher Art, die eine über die Alltagserfahrung hinausgehende „Wissenschaft“ sein will. Wer beispielsweise die Notwendigkeit der Berücksichtigung der spezifischen „Börsenpsychologie“ neben der rein theoretischen Preislehre betont, der denkt sich als ihr Objekt grade den Einfluß ökonomisch irrationaler Momente, „Störungen“ also der theoretisch zu postulierenden Preisbildungsgesetze. Die Grenznutzlehre, und überhaupt jede subjektive Wertlehre, sind nicht psychologisch, sondern – wenn man dafür einen methodologischen Terminus will – „pragmatisch“ fundamentiert, d. h. unter Verwendung der Kategoriens: „Zweck“ und „Mittel“. Darüber nachher noch Einiges. – Die Lehrsätze, welche die spezifisch-ökonomische Theorie ausmachen, stellen nun, wie jedermann weiß und eben erst erwähnt wurde, nicht nur nicht „das Ganze“ unserer Wissenschaft dar, sondern sie sind nur ein – freilich ein oft unterschätztes – Mittel zur Analyse der kausalen Zusammenhänge der empirischen Wirklichkeit. Sobald wir diese Wirklichkeit selbst, in ihren kulturbedeutsamen Bestandteilen, erfassen und kausal erklären wollen, enthüllt sich die ökonomische Theorie alsbald als eine Summe „idealtypischer“ Begriffe. Das heißt: ihre Lehrsätze stellen eine Serie gedanklich konstruierter Vorgänge dar, welche sich in dieser „idealen Reinheit“ selten, oft gar nicht, in der jeweiligen historischen Wirklichkeit vorfinden, die aber andererseits, – da ja ihre Elemente der Erfahrung entnommen und nur gedanklich ins Rationale gesteigert sind, – sowohl als heuristisches Mittel zur Analyse, wie als konstruktives Mittel zur Darstellung der empirischen Mannigfaltigkeit brauchbar sind. Zum Schluß noch einmal zurück zu Brentano. Nachdem er (S.  67) das Weber-Fechnersche Gesetz noch näher in der Form, in der es nach seiner Meinung auch der Nationalökonomie zu Grunde r A: besonderes  s A: Kategorieen

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liege, dahin formuliert hat: – daß, um eine Empfindung überhaupt wachzurufen, die Reizschwelle (s. o.)32 überschritten sein müsse, daß nach deren Überschreitung jeder weitere Reizzuwachs die Empfindung mindestens proportional steigere, bis, nach Erreichung des (individuell verschiedenen)  Optimum, die Intensität der Empfindung zwar noch absolut, aber weniger als proportional dem Reizzuwachs, sich steigere, bis endlich bei immer weiterer Steigerung des Reizes der Punkt erreicht werde, von dem an die Empfindung auch absolut abnehme, um schließlich durch Ertötung des Nervs gänzlich zu schwinden, – fährt er fort: „Dieses Gesetz war in der Nationalökonomie …… als Gesetz des abnehmenden Bodenertrags zur Anerkennung gelangt, denn es beherrscht das Wachstum der Pflanzen.“ Man fragt zunächst erstaunt: Reagiert denn der Ackerboden und die Pflanze nach psychologischen Gesetzen? Allein S.  67 oben hatte Brentano etwas allgemeiner gesagt: daß nach einem allgemeinen physiologischen Gesetz jeder „Lebensvorgang“ an Intensität bei Zunahme der ihm günstigen Bedingungen über ein bestimmtes Optimum hinaus abnehme, und offenbar bezieht sich das Beispiel des abnehmenden Bodenertrags auf diesen, nicht auf den unmittelbar vorhergehenden, Satz.33 Jedenfalls aber faßt er darnach doch wohl das Weber-Fechnersche Gesetz als Spezialfall jenes allgemeinen Optimumprinzips auf und offenbar die Grenznutzlehre wiederum als einen Unterfall jenes Spezialfalls. Sie erscheint dadurch als mit einem Grundgesetz allent „Lebens“ als solchen direkt verknüpft. Nun ist in der Tat der Begriff des „Optimum“ ein solcher, den die ökonomische Theorie mit der physiologischen und psychophysischen Betrachtungsweise gemeinsam hat; und auf diese Analogie illustrativ hinzuweisen kann, je nach dem konkreten Lehrzweck, sehr wohl pädagogischen Wert haben. Allein solche „Optima“ sind nun keineswegs auf „Lebensvorgänge“ beschränkt. Jede Maschine z. B. pflegt ein Optimum der Leistungsfähigkeit für bestimmte Zwecke zu haben: eine darüber hinaus verstärkte Zufuhr von Heizstoffen, von Beschickung mit Rohmaterial usw. vermindert zunächst relativ, dann absolut, das Ergebnis ihrer t A: alles 32  Oben, S.  118–120. 33  Weber referiert – wie von ihm angegeben – Brentano, Wertlehre, S.  67.

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Leistung. Und der psychophysischen „Reizschwelle“ entspricht bei ihr die „Anheizungsschwelle“. Der Begriff des „Optimum“ ist also, ebenso wie die andren von Brentano angeführten, an ihn anschließenden Begriffe, von noch allgemeinerem Anwendungsgebiet und hängt nicht mit den Prinzipien der „Lebensvorgänge“ zusammen. Andererseits steckt in jenem Begriff, wie schon der erste Blick auf die Wortbedeutung lehrt, ein teleologischer „Funktionswert“: „Optimum“ – wofür? Er taucht ersichtlich speziell da – es interessiert uns nicht: ob überall und ob nur da – auf, wo wir, ausdrücklich oder stillschweigend, mit der Kategorie des „Zweckes“ operieren. Und dies geschieht, indem wir einen gegebenen Komplex von Mannigfaltigkeit als eine Einheit denken, diese Einheit auf einen bestimmten Erfolg beziehen und alsdann an diesem konkreten Erfolg, je nachdem er erreicht, nicht erreicht, unvollständig erreicht, durch Aufwendung von wenig oder von viel Mitteln erreicht wird, als „Mittel“ zur Erreichung seiner bewerten: wo wir also z. B. eine gegebene  Mannigfaltigkeit von allerhand verschieden geformten Eisen- und Stahlstücken, welche, auf den Zweck des Entstehens von „Gewebe“ aus „Garn“ bezogen, sich uns als eine „Maschine“ bestimmter Art präsentiert, daraufhin ansehen, wieviel Gewebe bestimmter Art sie in der Zeiteinheit bei Verbrauch bestimmter Kohlenquantitäten und Arbeitsleistungen herstellen „kann“. Oder wo wir bestimmte, aus „Nervenzellen“ bestehende Gebilde daraufhin prüfen, welches ihre „Funktion“, d. h. aber: ihre „Leistung“ für den „Zweck“ sei, als Teile eines lebenden Organismus bestimmte Empfindungen zu vermitteln. Oder wo wir die kosmischen und meteorologischen Konstellationen unter dem Gesichtspunkt der Frage ansehen: wo und wannu z. B. eine beabsichtigte astronomische Beobachtung des „Optimum“ die Chancen des Erfolges für sich haben werde? Oder: wo wir den wirtschaftlichen Menschen seine Umwelt unter dem Gesichtspunkt der „Sättigung“ seiner Bedürfnisse behandeln sehen. Es sollen diese Erörterungen hier nicht weiter ausgesponnen werden, da ich bei anderer Gelegenheit auf diese Begriffsbildungsprobleme, soweit sie auf unserem Wissensgebiet liegen, – denn die „biologischen“ Fragen lassen wir besser den Biologen, – zurückkomme. Es ist zu diesen Dingen neuer-

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dings z. B. von Gottl34 und O[thmar] Spann35 manches Gute gesagt worden neben – speziell bei Gottl – anderem, dem ich nicht beipflichten könnte. Zur Beruhigung sei nur noch bemerkt: daß die Probleme der „absoluten“ Werte oder der „universellen Kulturwerte“, um die so viel gestritten wird, oder gar der von Stammler in so arg verwirrender Art statuierte angebliche „Gegensatz“ von „causa und telos“36 mit diesen bloß technischen Fragen der Begriffsbildung, um die es sich hier handelt, rein gar nichts zu schaffen haben, ungefähr ebensowenig, wie die kaufmännische Buchführungv – ein zweifellos „teleologisch-rational“ zu „deutender“ Vorgang – mit der Teleologie einer göttlichen Weltregierung. Was hier gezeigt werden sollte, war ausschließlich: daß auch jener Begriff eines „Optimum“, auf den Brentano für seine These Gewicht zu legen scheint, weder spezifisch psychologischer, noch psychophysischer, noch physiologischer oder biologischer Natur, sondern daß er einer ganzen Anzahl von unter sich im übrigen sehr heterogenen Problemen gemeinsam ist, und daß er folglich nichts darüber aussagt, welches die Grundlagen der ökonomischen Theorie seien, sicherlich aber nicht die Grenznutzlehre zu einem Anwendungsfall des Weber-Fechnerschen Gesetzes oder irgend eines physiologischen Grundgesetzes stempelt. 

v A: Buchführung, 34 Vgl. die beiden 1901 und 1904 erschienenen Schriften: Gottl, Herrschaft, und Gottl, Friedrich, Die Grenzen der Geschichte. – Leipzig: Duncker & Humblot, 1904. 35  Vgl. das 1907 erschienene Buch: Spann, Wirtschaft und Gesellschaft. 36 Stammler, Wirtschaft und Recht2, S.  335–385. Dieses Buch befindet sich in der Handbibliothek Max Webers, Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München, und enthält viele Anstreichungen und Zusätze.

[Rezension von: Christian von Ehrenfels, Sexualethik]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Von Max Weber erschien im Septemberheft 1908 des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ eine Rezension der Schrift „Sexualethik“ von Christian von Ehrenfels, die dieser in der Reihe „Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens“ 1907 veröffentlicht hatte.1 Der Prager Philosoph Christian von Ehrenfels verband die von ihm vertretene evolutionistische Gesellschaftstheorie mit einem entschiedenen Sozialdarwinismus. Er nahm an, daß die Weiterentwicklung der menschlichen Spezies und die stetige Verbesserung ihrer Rasseeigenschaften gefährdet sei. Die neuzeitlichen Ideale von Menschlichkeit und die damit verbundenen Moralvorstellungen schützten die Schwachen und deren Nachkommen, die somit bereits unter biologisch ungünstigen Bedingungen aufwüchsen. Der Schutz der Schwachen und die Monogamie setzten die vitale wie auch die virile Auslese außer Kraft.2 Um dem entgegenzuwirken, propagierte er eine neue Sexualmoral: die Monogamie sei abzuschaffen und durch wechselnde Partnerschaften ohne konventionelle Eheversprechen oder Treue zu ersetzen. Diese Gedanken veröffentlichte von Ehrenfels ab Beginn des 20. Jahrhunderts in vielen Aufsätzen, vor allem in der von dem Anthropologen Ludwig Woltmann herausgegebenen „Politisch-Anthropologischen Revue“ sowie in dem von Alfred Ploetz begründeten „Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie“.3 1 Ehrenfels, Christian von, Sexualethik (Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens, Heft 56). – Wiesbaden: J. F. Bergmann 1907 (hinfort: Ehrenfels, Sexualethik). 2  Vgl. stellvertretend Ehrenfels, Christian von, Grundbegriffe der Ethik (Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens, Heft 55). – Wiesbaden: J. F. Bergmann 1907 (hinfort: Ehrenfels, Grundbegriffe); zu von Ehrenfels‘ Biographie und Werk vgl. Oppitz, Reinhold, Freiherr von Ehrenfels (1859–1932) und die Entwicklung des ‚Neuen Menschen’ zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Inaugural-Diss. aus dem Medizinhistorischen Institut (Leiter Gunter Mann) der Johannes-Gutenberg-Universität. – Mainz: o. V. 1980 (hinfort: Oppitz, Ehrenfels). 3  Vgl. z. B. Ehrenfels, Christian von, Die konstitutive Verderblichkeit der Monogamie und die Unentbehrlichkeit einer Sexualreform, in: Archiv für Rassen- und Gesellschafts-Biologie, 4. Band, Heft 5, 1907, S.  615–651, und Heft 6, 1907, S.  803– 830; zu Ploetz vgl. den Editorischen Bericht zu: Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, unten, S.  237–242.

Editorischer Bericht

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Ein ausdrücklicher Anlaß für die Abfassung der Rezension für den LiteraturAnzeiger des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ ist nicht bekannt, sie könnte aber im weiteren Zusammenhang mit Webers Verhältnis zu seinem Bruder Alfred Weber stehen, der seit 1904 in Prag gelebt hatte und zum Wintersemester 1907/08 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie in Heidelberg gefolgt war. Beide Brüder wohnten nun in derselben Stadt und sahen sich gelegentlich privat und auch bei öffentlichen Anlässen.4 Al­fred Weber hatte in Prag Seminare zu evolutionistischen Gesellschaftstheorien und Vererbungslehren gehalten5 und stand in persönlicher Verbindung zu Christian von Ehrenfels.6 Für Alfred Weber, ohnehin an Fragen der Degeneration interessiert,7 hatte in dieser Zeit die exakte Methode in der Wissenschaft einen hohen Stellenwert,8 zudem war er wohl von Ehrenfels und dessen antibürgerlicher Sexualethik beeindruckt.9 In grundlegenden wissenschaftlichen und weltanschaulichen Fragen waren die beiden Brüder unterschiedlicher Meinung. Alfred Weber stellte als „Naturalist“10 seine „von Österreicher Eindrücken“ maßgeblich geprägten „‚antimoral istischen‘ Präokkupationen“ nicht infrage – jedenfalls nach Ansicht seines Bruders.11 Für Max Weber konnte ohnehin weder eine exakte naturwissenschaftliche Methode der nationalökonomischen Forschung eine spezifische Dignität verleihen, noch konnte aus einer Theorie, und sei sie auch

4  Vgl. Editorischer Bericht zu: Weber, Erhebungen über Auslese und Anpassung, in: MWG I/11, S.  63–77, hier S.  71, sowie Schluchter, Wolfgang, Zwei Wege von der Nationalökonomie zur Kultursoziologie. Max Weber und Alfred Weber, in: Ders., Unversöhnte Moderne. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996, S.  144–165 (hinfort: Schluchter, Zwei Wege). 5 Vgl. Demm, Eberhard, Max und Alfred Weber im Verein für Sozialpolitik, in: Max Weber und seine Zeitgenossen, hg. von Wolfgang J. Mommsen und Wolfgang Schwentker. – Göttingen, Zürich: Vandenhoeck & Ruprecht 1988, S.  119–136, hier S.  126, vgl. auch Brod, Max, Streitbares Leben 1884–1968. – München, Berlin, Wien: Herbig 1969 (hinfort: Brod, Streitbares Leben), bes. S.  207 f. 6  Vgl. Schluchter, Einleitung, in: MWG I/11, S.  1–58, hier S.  52 f. 7  Brod zufolge wurde u. a. in Alfred Webers Seminar über „Volksgemeinschaft und ihre generative Gesundheit“ gesprochen, vgl. Brod, Streitbares Leben (wie oben, Anm.  5), S.  207. 8 Vgl. Weber, Alfred, Über den Standort der Industrien, 1. Teil: Reine Theorie des Standorts. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909; sowie Schluchter, Zwei Wege (wie oben, Anm.  4), bes. S.  159 f. 9  Vgl. Schluchter, Einleitung, in: MWG I/11, S.  52 f., sowie z. B. den Brief Max Webers an Marianne Weber vom 18. April 1908, MWG II/5, S.  525 f., in dem Weber schreibt, daß sein Bruder Alfred das Bedürfnis habe, „für seinen ‚Naturalismus’ und für Österreich gegen Deutschland, deutsche Frauen u. deutsche ‚Ethik‘ einzutreten“, ebd. 10  Vgl. Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 18. und 19. April 1908, MWG II/5, S.  527–531, hier S.  528. 11  Vgl. Brief Max Webers an Helene Weber vom 14. August 1908, MWG II/5, S.  633 f., hier S.  633.

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Rezension von: Christian von Ehrenfels, Sexualethik

empirisch gestützt, eine Ethik konkreter Handlungsanweisungen deduziert werden. Der persönliche Einfluß von Ehrenfels und seiner Sexualethik auf Alfred Weber wurde zwischen den Brüdern nicht eingehend diskutiert. Wie Max Weber seiner Mutter am 14. August 1908 schrieb, falle es ihm und Marianne gar nicht ein, Alfred in seinen antimoralischen Voreingenommenheiten zu behelligen, ihn – Max – störten solche „Desorientiertheiten“ nicht.12 Eingehend besprachen Max und Alfred Weber ihre Mitarbeit an der Enquete des Vereins für Sozialpolitik „Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie“.13 In den beiden Schriften zur Leistungsfähigkeit von Industriearbeitern, die Max Weber in diesem Kontext verfaßt hatte,14 behandelte er auch das Problem der Vererbung beruflicher Qualitäten. Er war überzeugt, daß eine ausführliche theoretische und methodische Beschäftigung mit den Resultaten von Experimentalpsychologie, Biologie und Evolutionstheorien die Schwierigkeiten sichtbar machten, die sich bei der Erklärung menschlichen Verhaltens mit Rassentheorien ergeben müßten.15 Indem Max Weber Fragen der Vererbung beruflicher Qualitäten in die Erhebung des Vereins für Sozialpolitik mit einbezog, worüber er sich mit seinem Bruder schon im Vorfeld der Enquete verständigt hatte,16 konnte er zeigen, wie schwierig die Frage zu beantworten ist, ob bestimmte beobachtbare psychische und physische Eigenschaften als ererbt, erworben oder sozial vermittelt zu erklären seien. An den Psychiater Hans Gruhle schrieb Weber vertraulich, daß er seine Studie über die naturwissenschaftlichen Forschungen zur Leistungsfähigkeit auch deswegen gemacht habe, „um meinem Bruder, der die Enquete mit leiten wird, [...] die großen (wohl unübersteiglichen) Schwierigkeiten, auf diesem Wege dem Vererbungsproblem näher zu kommen, zu demonstrieren“.17

12  Ebd., S.  634. Diese Gelassenheit Max Webers änderte sich etwa ein Jahr später mit Beginn der intimen Beziehung zwischen Alfred Weber und Else Jaffé, vgl. Lepsius/ Mommsen, Einleitung, in: MWG II/5, S.  1–16, hier S.  10, sowie dies., Einleitung, in: MWG II/6, S.  1–10, hier S.  8. 13  Vgl. Schluchter, Einleitung in: MWG I/11, S.  52 ff., sowie Editorischer Bericht zu: Weber, Erhebungen über Auslese und Anpassung, ebd., S.  63–77. 14 Vgl. Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, und Weber, Erhebungen über Auslese und Anpassung, MWG I/11, S.  78–149 und 162–380. 15 Vgl. Frommer, Sabine, Naturalismus und Naturalismuskritik. Emil Kraepelins Arbeitspsychologie und ihre Rezeption durch Max Weber, in: Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. II Idealismus und Positivismus, hg. von Gangolf Hübinger, Rüdiger vom Bruch, Friedrich Wilhelm Graf. – Stuttgart: Steiner 1997, S.  190–206, hier S.  204. 16  Vgl. Brief Max Webers an Alfred Weber vom 3. September 1907, MWG II/5, S.  381– 385, Weber schreibt hier von „Degenerationsfragen“, ebd., S.  383. 17  Vgl. Brief Max Webers an Hans Gruhle vom 13. Oktober 1908, MWG II/5, S.  674 f., hier S.  675.

Editorischer Bericht

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Die Fahnenkorrektur der Besprechung ging am 10. September 1908 an den Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).18

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, der unter dem Titel: „Chr. v. Ehrenfels: Sexualethik“ im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, hg. von Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé, Band 27, Heft 2, 1908, S.  613–617, vom 25. September 1908, in der Rubrik „Literatur-Anzeiger“ erschienen ist (A). Die Rezension ist mit „(W.)“ gekennzeichnet. Die Signatur „W.“ steht für Max Weber. Dies geht aus einem Brief Edgar Jaffés an den Verleger Paul Siebeck vom 10. September 1908 hervor. Jaffé schreibt, daß er ihm „3 Korrekturen (Max Weber), die im Literatur-Anzeiger von XXVII,2 noch zu berücksichtigen“ seien, schicke.19

18  Edgar Jaffé sandte drei Korrekturen von Max Weber an den Verlag, vgl. dazu die folgende Anmerkung. 19  Brief von Edgar Jaffé an Paul Siebeck vom 10. September 1908, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), K. 248. Bei den beiden anderen Korrekturen handelt es sich um Webers Rezensionen von Hermann Schumacher, Die Ursachen der Geldkrisis, und Erich Kaufmann, Auswärtige Gewalt und Kolonialgewalt in den Vereinigten Staaten von Amerika, beide ediert in: MWG I/8, S.  316–320 bzw. S.  321–326.

[Rezension von:] [A 613]

Ehrenfels, Chr[istian] v., (Prag). Sexualethik. (Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens, Heft 56). Wiesbaden, 1907, J.  F. Bergmann. 99 S. M. 2.80. Das Buch lehnt sich an die zwei Bände des „Systems der Werttheorie“,1 die „Grundbegriffe der Ethik“2 und verschiedene Aufsätze des Verfassers an,3 die es popularisiert. Der Verfasser ist auf sexuellem Gebiet strikter Moralist, nach seiner Terminologie Vertreter der „differenzierten Moral“,4 im Gegensatz zur „doppelten Moral“. (Die Einleitung über den Begriff des „moralischen Konflikts“ ist allerdings, wie der Vergleich der beiden, nur scheinbar verschieden liegenden, Beispiele zeigt, verfehlt.)5 Seiner Begründung der Polygynie im Interesse der Erhaltung (nicht der 1  Ehrenfels, System der Werttheorie, war 1897/98 in zwei Bänden erschienen: I. Band: Allgemeine Werttheorie, Psychologie des Begehrens, und II. Band: Grundzüge einer Ethik 1898. Von Ehrenfels verweist selbst in seiner Einleitung auf dieses Buch, das er als umfangreiches wissenschaftliches Werk bezeichnet, mit dem der Leser sich die philosophischen Grundlagen der hier zu behandelnden Fragen erarbeiten könne, vgl. Ehrenfels, Sexualethik, S.  7. 2  Gemeint ist: Ehrenfels, Grundbegriffe. Von Ehrenfels nennt diese Schrift, die 1907 erschienen ist, das „Vermittlungsglied“ zwischen seinem Buch „System der Werttheorie“ (vgl. oben, Anm.  1) und der von Max Weber rezensierten Schrift, vgl. Ehrenfels, Sexualethik, S.  7. 3  Weber kommt später, vgl. unten, S.  143 mit Anm.  16, auf andere Veröffentlichungen von Christian von Ehrenfels zu sprechen. Zu den hier gemeinten Aufsätzen dürfte gehören: Ehrenfels, Christian von, Die konstitutive Verderblichkeit der Monogamie und die Unentbehrlichkeit einer Sexualreform, in: Archiv für Rassen- und GesellschaftsBiologie, 4. Band, Heft 5, 1907, S.  615–651, und Heft 6, 1907, S.  803–830 (hinfort: Ehrenfels, Sexualreform). Max Weber hatte diese Zeitschrift, insbesondere die programmatischen Äußerungen des Herausgebers Alfred Ploetz, vom ersten Band 1904 an im Blick, vgl. auch Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, unten, S.  243–260. 4  In seiner Schrift „Grundbegriffe der Ethik“ führt von Ehrenfels dazu aus: „Das für das Wohl einer sozialen Einheit wünschenswerte Verhalten ihrer Mitglieder ist in vieler Beziehung ein verschiedenes, je nach Geschlecht, Altersstufe und selbst auch Stand oder sozialer Klasse der Handelnden; – verschieden sind daher auch [...] die für das Wohl der Gesamtheit wünschenswerten Willensdispositionen der Betreffenden [...]. Das heisst also: – Die Moral ist bis zu gewissem Grade für Männer und Frauen, für Personen im jugendlichen, im reifen, im Greisenalter, für Angehörige der verschiedenen Stände differenziert.“ Ehrenfels, Grundbegriffe, S.  9. 5  Von Ehrenfels unterscheidet Konflikte, bei denen etablierte Moralvorstellungen, anerkannte soziale Regeln und klare Handlungsziele im Spiel sind, von sexualmoralischen Gewissenskonflikten, bei denen es solche gesellschaftlich vorgegebene Entscheidungshilfen nicht gibt, vgl. Ehrenfels, Sexualethik, S.  1–7.

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Art, sondern) des „Stammes“ und dessen „Hinaufzeugung“ hat, in der theoretischen Fundamentierung, diejenige der Wiedertäufer in Münster6 wohl am nächsten gestanden, deren Prädikanten die Polygynie als das Mittel vertraten, die „virile Potenz“ der Männer des auserwählten Volkes Gottes voll auszunützen, und so dem Gebot der Genesis (1, 28)7 in der Art gerecht zu werden, wie dies den Erzvätern gelungen sei (darin konsequenter als der Verfasser, vertraten sie demgemäß jedoch auch den Ehezwang gegen die Frauen, der nur wegen praktischer Unzuträglichkeiten nach kurzem Bestehen wieder beseitigt wurde).a Der Verfasser seinerseits deduziert, den anderen Zeitverhältnissen entsprechend, die gleiche Ethik rein „biologisch“. Er unterscheidet „natürliche“ und „kulturelle“ Sexualmoral.8 – Maßstab der natürlichen Sexualmoral ist: daß unter ihr ein Menschenstamm sich andauernd bei Gesundheit und Lebenstüchtigkeit zu erhalten vermag, – Erfordernis: kontinuierliche Auslese, – Werkzeug derselben: der „virile Faktor“, d. h. der  Überschuß der männlichen Zeugungspotenz gegenüber der weiblichen Gebärfähigkeit und Beischlafbereitschaft, und der daraus folgende männliche Rivalitätskampf. Optimum des Ausleseresultates besteht bei Polygynie, welche das qualitative Optimum der Rivalen zur quantitativ maximalen Fortpflanzung gelangen läßt, den unterliegenden Rest der Männer aber auf hetäristische Befriedigung verweist. Eine diesem biologisch erwünschten Optimum entsprechende Veranlagung zur Polygynie ist normalerweise beim Mann vorhanden, Sein und Sollen sind bei ihm im Prinzip also im Einklang, masturbatorische, homosexuelle und „flatterhafte“ Veranlagungen („Laster“) ausgenommen. Beim Weibe wäre dagegen umgekehrt sinnliche Bedürftigkeit, soweit sie über das zur sexuellen Anziehung der Männer unbedingt erforderliche Maß hinausgeht, Untugend, weil in jedem Fall Quelle einer poly­gynie­a A: wurde.) 6 Radikale Gruppierung innerhalb des Täufertums, die 1534 in Münster zur Macht kam, das „Neue Jerusalem” ausrief und für mehr als ein Jahr eine Gewaltherrschaft zur Durchsetzung ihrer politischen und sozialmoralischen Vorstellungen errichtete. 7  Gen. 1, 28 (1. Buch Mose): „Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch, und füllet die Erde, und macht sie euch unterthan, und herrschet über Fische im Meer und über Vögel unter dem Himmel und über alles Tier, das auf Erden kreucht.“ 8  Vgl. Ehrenfels, Sexualethik, S.  7–19.

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feindlichen, also die Ausnützung der vollen virilen Potenz schädigenden Eifersucht der Ehefrauen, ungünstigenfalls aber der fortpflanzungs- und auslesefeindlichen (simultanen oder successiven) Polyandrie, welche virile Potenz direkt vergeudet. Neben der normalen, zur Fortpflanzung bestimmten Frau, deren sexuelle Tugenden demgemäß Keuschheit, Schamhaftigkeit, maßvoller Sexualtrieb, Fehlen der Eifersucht sind, ist die Hetäre im Interesse der Ruhe der Gesellschaft für die im Kampf um das Weib unterliegenden Männer erforderlich. – Die kulturelle Sexualmoral nun, in ihrer Entstehung letztlich darauf ruhend, daß die Zeugungsorgane zugleich der Entleerung der Exkremente dienen, daher, mit ästhetischer Verfeinerung, verhüllt werden müssen, um Kultur zu ermöglichen, bedeutete bei uns letzten Endes den – wenigstens offiziellen – Sieg der femininen biologischen Sexualtugenden: Scham und Keuschheit. Diese produzieren „Kultur“, indem sie den generativ nicht verwerteten Überschuß des männlichen Sexualtriebs in die Bahn religiöser, künstlerischer, abstrahierender und kombinierender Leistungen drängen. Also lebt die „Kultur“ auf Kosten der „Konstitution“. Daß dies aber an sich nichts Unabwendbares ist, zeigen dem Verfasser sowohl die Kulturleistungen der Barbaren (Sprachschöpfung, Erfindung der ersten Werkzeuge) als, noch heute, diejenigen der Ostasiaten, deren biologische Überlegenheit auf ihrer abweichenden Sexualmoral ruht.9 – Die im folgenden von ihm kritisierte abendländische Sexualmoral schwankt in der Theorie zwischen dem romanisch-katholischen Mönchsideal und dem germanisch-protestantischen Pastorenideal der zu vollkommener Seelengemeinschaft sublimierten Einehe. Sie schafft in der Praxis für die Frau eine einfache (monogame), für den Mann – als Folge des Feminismus der Moral – eine „doppelte“ (offiziell monogame, inoffiziell begrenzt polygyne) Sexualmoral, ein Zustand, welcher nach dem Prinzip des kleinsten Kraftmaßes aus dem nun einmal von der offiziellen Sexualordnung erstrebten Ziele folgt (S.  27). Diese offizielle Monogamie nun schafft ein gewisses Optimum von Idealisierungsmöglichkeit (deren Voraussetzung eben die feminine Schamhaftigkeit ist), von Schutz gegen Geschlechtskrankheiten, von Stillestellung des gesellschaftsfeindlichen männlichen Rivalitätskampfes, von Schutz der Frauenwürde, von Weihe des Eigen9  Vgl. Ehrenfels, Sexualethik, S.  19.

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tumsgedankens, von Sublimierung der Sexualaffekte in Kulturleistung, endlich auch von Chance des Auftauchens des (stets auf extremster Transformation von Physischem in Psychisches, also: Erhaltung des Abnormen, ruhenden) Genies; – sie ist andrerseits, auf kulturellem Gebiet, verantwortlich für die Herrschaft der Heuchelei, auf konstitutivem aber für die Ausschaltung des die Auslese der Tüchtigsten tragenden „virilen Faktors“ (s. o.)10 und für die Wendung der Auslese  zu gunsten der normalerweise früher zur Ehe gelangenden, weil sich leichter bindenden, „gesunden Mittelmäßigkeit“. Diese Tendenz wird verstärkt durch die ökonomischen Motive unserer Erbordnung: die (nach des Verfassers Annahme „statistisch – durch Schädelmessung – erwiesene“) Überlegenheit des durchschnittlichen Menschentypus der sozial „höheren Klassen“ bringt aus diesen Gründen dessen stetes Zurückweichen vor den minderwertigen Typen mit sich.11 – Der biologisch orientierte Moralismus des Verfassers will vor allem das heute „korrumpierte“ männliche Triebleben wieder in den Dienst rationaler Gattungszwecke stellen: – im Prinzip dasselbe, was der ältere Puritanismus, der rationalistische Pietismus und die rationalistische Aufklärung durch Beschränkung der sittlichen Erlaubtheit des Geschlechtsverkehrs auf den allein gottgewollten Zweck der Kinderzeugung wollten. In den Mitteln bestehen freilich erhebliche Differenzen: für das Mittel des (alten) Puritanismus (Monogamie) spricht sein notorischer populationistischer Erfolg, für das Mittel des Verfassers (Polygynie), nach dessen Ansicht, die angeblichen populationistischen Erfolge der Chinesen. Jene „Korruption des Fortpflanzungstriebes“12 findet, nach dem Verfasser, insbesondere (S.  45) dadurch statt, daß vollwertige Männer mit zweckbewußtem Streben nach Fortpflanzung: Männer also, welche (S.  47, vgl. S.  51 unten), „überall dort, aber auch nur dort“, wo die „höheren“ Sinne und die durch sie vermittelten psychischen Inhalte erotische Erregung vermittelnb,13 nach deren Befriedigung, die in diesem Fall im Interesse der „Art“ liegt, streben, sich an der b A: vermitteln“   10  Oben, S.  139. 11  Vgl. Ehrenfels, Sexualethik, S.  37. 12  Der Titel des 5. Kapitels, Teil II, von Ehrenfels, Sexualethik, lautet: „Korruption der Fortpflanzungstriebe“, ebd., S.  44. 13  Vgl. ebd., S.  47.

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Erreichung ihres idealen Zieles durch die geltende Sexualmoral gehindert, und folglich zu biologisch minderwertigen Formen des Abreagierensc ihres Triebes, insbesondere zur Loslösung seiner Befriedigung von den höchsten erotischen Gefühlen, genötigt finden. Ein Mann, der, aus Prinzip, seine Werbung in die Erklärung kleiden würde: er wolle von dem Mädchen seiner Wahl ein Kind haben, würde im Kreise der „guten Familien“ keine Gegenliebe finden und zwischen Abstinenz und Prostitution „auf die Folter gespannt“ (S.  51). Durch die von jener Sexualmoral herbeigeführte Begünstigung der Fortpflanzung korrupter Triebe einerseits, und durch die von ihr erzwungene Unterbindung gesunder Instinkte andrerseits ist überdies (S.  50/1) auch die prinzipielle Richtigkeit (?) des Satzes: daß „starke Leidenschaft Ausdruck des Naturwillens zur Zeugung kräftiger Nachkommen“ ist, in Frage gestellt. Gegen die seit Erfindung der antikonzeptionellen Mittel drohende Entvölkerung nimmt uns die monogamische Familienmoral vollends jede Schutzwehr (S.  53), gibt aber (S.  54) eben dadurch künftig vielleicht den Impuls zur Reform. Diese Reform darf natürlich keinesfalls libertinistisch sein, da sie sonst nicht dem sittlich zweckbewußt handelnden Mann, sondern dem Streben des verführerischen Don Juan, sich auszuleben, entgegenkäme. (Bei August dem Starken würde der Verfasser also wohl den generativen Erfolg als einen sittlich wertlosen Nebenerfolg bewerten.)d Würde man nach dem entscheidenden Kriterium der Qualifikation zur Fortpflanzung: des generativen Werts fragen, so könnte letztlich natürlich nur der Wille, sich fortzupflanzen, für den Verfasser in Betracht kommen, – physische „Gesundheit“ vorausgesetzt, – also (S.  88) „Zeugungs- und Züchtungsidealismus von rücksichts- und bedingungsloser Zielstrebigkeit“. Nach einer auf diesen Grundgedanken ruhenden, teils positiven, teils negativen Auseinandersetzung mit den modernen sexuellen Reformbestrebungen (S.  54–75) gelangt der Verfasser (Abschnitt IV, S.  75 ff.) zu den „Postulaten des Lebens“,14 welche an Stelle der „Postulate der Liebe“ zu treten haben. Ethische Grundforderung ist: Rationalisierung des Sexualtriebs zum Fortpflanzungsstreben15 c A: Abrogierens   d  Klammer fehlt in A. 14  So die Überschrift des Kapitels IV. 15  Vgl. Ehrenfels, Sexualethik, Kap. IV. „I. Die Verehrbarlichung des Fortpflanzungsstrebens“, S.  75–83.

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als solchem und Propagierung dieses Ideals durch Verbreitung der sittlichen Hochschätzung seiner praktischen Vertreter, also: derjenigen Männer, bei denen sich bereits die „Sexualität zum Fortpflanzungsstreben entwickelt hat“, und nur dieser. Gelingt eine Reform der öffentlichen Meinung auf dieser Basis, dann ist die heute als Schranke gegen das allgemeine Versinken im Hetärismus unentbehrliche Ächtung des Hetärentums entbehrlich. Die monogame Ehe aber gibt jenem durch Erziehung und Wertschätzung zu züchtenden Mannestypus der Zukunft heute „nur einen Teil statt des Ganzen, das sie verlangen“, während sie den Ehefrauen mehr gibt, als ihnen stammesbiologisch gebührt: das Recht auf ausschließlichen Besitz des Mannes und also die Ausschaltung des „virilen Faktors“. Für die demgemäß zu erstrebende Entziehung dieser heutigen, biologisch verwerflichen, Ehefrauenrechte soll (S.  82) die Frau durch Konzessionen auf dem Gebiet ihrer Stellung als Mutter und auf ökonomischeme Gebiet entschädigt werden. Vorbedingung der Realisierung alles dessen aber wäre: 1) daß Männer auf den Plan treten, die das biologisch als richtig erkannte Frauenideal: die „mütterliche Frau“ (nicht nur theoretisch, sondern) auch mit sinnlicher Leidenschaft ersehnen (S.  81) und dadurch propagieren (was theoretische Erwägungen nicht vermögen); – 2) ein soziales Reformprogramm, wie es der Verfasser seinerzeit in der „Polit[isch]-anthro­ p[ologischen] Revue“ entworfen hat (Assoziation der Frauen zur Sicherung ihrer Existenz und arbeitsteilige Ersparung von Arbeit in Haus und Familie).16 Denn: (S.  64) unbeschadet der Pflicht des Weibes zur Schamhaftigkeit sind biologisch wertvoll nur Frauen und

e A: ökonomischen 16  Bei der Darstellung seines Programms zur Reform der Sexualmoral verweist von Ehrenfels selbst zusammenfassend auf „eine Reihe von Aufsätzen“, die in der Zeitschrift Politisch-Anthropologische Revue, im 1., 2., 4. und 5. Jahrgang erschienen sind, vgl. Ehrenfels, Sexualethik, S.  83. In den Bänden der genannten Jahrgänge sind 15 Aufsätze erschienen, im 7. Jahrgang 1907/08 folgte noch eine weitere Veröffentlichung, vgl. Quellenverzeichnis von Oppitz, Ehrenfels (wie oben, S.  134, Anm.  2), S.  249. Die für von Ehrenfels hinsichtlich seines Reformprogramms wichtigsten Schriften sind sicherlich: Ehrenfels, Christian von, Die Ehe nach Mutterrecht, in: PolitischAnthropologische Revue, 4. Jg., 1905/06, S.  633–647, und ders., Das Mütterheim, ebd., 5. Jg., 1906/07, S.  221–239; diese beiden Aufsätze erwähnt Ehrenfels, Sexualreform (wie oben, S.  138, Anm.  3), S.  820. Ob Weber diese Aufsätze in der Politisch-Anthropologischen Revue zur Kenntnis genommen hat, wissen wir nicht.

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Rezension von: Christian von Ehrenfels, Sexualethik

Mädchen, welche „bereit sind, sich fast (?) jedem normalen Manne von gesund kräftiger Veranlagung in Liebe hinzugeben, dessen Sinnesart und Werbungsweise (s. o.17 und speziell S.  51 unten) ihr und ihren Kindern ein sicheres und erfreuliches Heim zu bieten verbürgt“. Damit wird die Ausschaltung der offenbar auslesefeindlichen heutigen Bedeutung der Vermögensqualifikation hierzu zu einem (in dieser Schrift nicht weiter erörterten) Problem. – 3) Endlich der Entschluß generativ wertvoller Männer, die „Emanzipation des Mannes“ (von der femininen Moral) zu vollziehen und ihre Ideale auch im Widerspruch mit der Sitte durch Propagandaf der Tat zu vertreten. – Es folgt (S.  85) der von dem Verfasser schon an anderen Stellen und in höchst pathetischer Form vorgetragene Hinweis, daß nur eine biologisch orientierte Sexualmoral das Abendland vor dem Unterliegen gegenüber dem Mongolentum bewahren könnte, schließlich aber (S.  90) die Zweifelsfrage: ob nicht vielleicht doch die Mission des Abendlandes, weil die Zeit zur „biologischen“ Orientierung unserer Ethik schon versäumt sei, vielmehr nach der grade entgegengesetzten Richtung: der immer weitergehenden Sublimierung unserer Kultur, selbst mit der Aussicht auf den dann zweifellosen generativen Untergang liegen könne? Diese Schwierigkeit versucht der Verfasser damit zu beseitigen, daß er, in plötzlicher Preisgabe seiner Unterscheidung, die Schaffung einer richtigen Sexualordnung selbst für ein Kulturprodukt von so hohem Wert ansieht, daß auch eine sterbende Rasse es ihrer siegreichen Konkurrentin hinterlassen sollte. Ein „sexualmoralischer Führer“ am Schluß erleichtert es dem Lernenden, die „biologische“ Begründung der einzelnen Moralvorschriften (z. B. sexuelle Askese der Jünglinge, „Wert der Jungfernschaft – wegen der Bedeutung einer  kräftigen sexuellen Aufnahmskapazität“, – biologisch zulässige begrenzte Toleranz unnatürlicher sexueller Befriedigungen, Unzulässigkeit häufigen Ehewechsels usw.)18 nachzuschlagen.g 

f A: Propagande   g  In A folgt: (W.) 17  Weber verweist hier innerhalb des Zitats auf seine eigenen Ausführungen, oben, S.  142. 18  Weber paraphrasiert einige Stichpunkte des Anhangs „Sexualmoralischer Führer“, Ehrenfels, Sexualethik, S.  98 f., der Begriff „kräftige sexuale Aufnahmskapazität“ findet sich auf S.  65 der Schrift.

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Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Zu dem im Mai 1909 erschienenen Buch „Energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft“ von Wilhelm Ostwald schrieb Max Weber eine Besprechung, die im Septemberheft des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ erschien.1 Der Chemiker und Naturphilosoph Wilhelm Ostwald vertrat eine monistische Gesellschaftstheorie: Der Gegensatz von Geist und Materie sei durch den Begriff der Energie zu überwinden. Mit diesem „Denkmittel“2 ließen sich die physischen und psychischen Erscheinungen durch das Gesetz von der Erhaltung der Energie einheitlich erklären.3 Zweck der Vergesellschaftung des Menschen sei es, eine Ordnung zu schaffen, die dann zum „Kulturfaktor“4 werde, wenn sie für menschliche Leistungen das Verhältnis von Energieaufwand und Ertrag immer weiter verbessere. Nur eine solche soziale Ordnung könne als „wertvoll“5 anerkannt werden.6 Max Weber befaßt sich in seiner Besprechung ausführlich mit Ostwalds naturgesetzlichem Evolutionismus. Alles Geschehen energetisch zu betrachten und „intellektuell durch seine Begriffsmittel zu beherrschen“,7 verleite ihn dazu, für das Gebiet des Seinsollenden die Wertmaßstäbe aus dem naturwissenschaftlich erhobenen Datenmaterial abzuleiten. Trotz aller methodischen und sachlichen Kritik an Ostwalds energetischer Betrachtung – insbesondere 1  Ostwald, Wilhelm, Energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft (Philosophischsoziologische Bücherei, Band 16). – Leipzig: Klinkhardt 1909 (hinfort: Ostwald, Kulturwissenschaft). Ein stark bearbeitetes Exemplar findet sich in der Handbibliothek Max Webers, BAdW München. Die Besprechung Max Webers trägt den Titel: „Energetische“ Kulturtheorien, unten, S.  148–182. 2  Ostwald, Kulturwissenschaft, S.  VI. 3  Ostwald, Wilhelm, Die philosophische Bedeutung der Energetik, in: ders., Abhandlungen und Vorträge allgemeinen Inhaltes (1887–1903). – Leipzig: Veit & Comp.  1904, S.  258–281, bes. S.  275; vgl. auch Ostwald, Kulturwissenschaft, bes. S.  70. 4  Vgl. ebd., S.  112. 5  Ebd., S.  113. 6 Zu Ostwalds Vorstellungen und ihrem wissenschaftsgeschichtlichen Kontext vgl. Neuber, Matthias, Max Weber, Wilhelm Ostwald und die „energetischen Grundlagen“ der Kulturwissenschaft, in: Wagner/Härpfer (Hg.), Max Webers vergessene Zeitgenossen (wie oben, S.  9, Anm.  37), S.  29–54. 7  Weber, Kulturtheorien, unten, S.  149.

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„Energetische“ Kulturtheorien

weist Weber nach, daß Kunst nicht mit Begriffen wie dem der Kraftersparnis zu erfassen ist8 – könnten Weber zufolge Aussagen zur „Anwendung des Energiegesetzes auf die sozialen Erscheinungen“ durchaus anregend sein,9 letztlich seien aber weder eine Soziologie noch eine Weltanschauung durch naturwissenschaftliche Theoreme zu begründen. Weber war im Jahr 1909 unter anderem mit der neu gegründeten Deutschen Gesellschaft für Soziologie und der Planung des Ersten Deutschen Soziologentages beschäftigt. Dieser fand zwar erst im Herbst 1910 statt, seit Anfang des Jahres 1909 liefen aber schon organisatorische Vorbereitungen und Absprachen zu Themen und geeigneten Referenten, woran sich Weber beteiligte.10 Möglicherweise beabsichtigte Wilhelm Ostwald, der den Gründungsaufruf für die Deutsche Gesellschaft für Soziologie mit unterschrieben hatte und mit Rudolf Goldscheid, einem der Initiatoren der Gründung, in persönlichem Kontakt stand,11 einen Vortrag auf dem Soziologentag zu übernehmen. Weber, der prinzipiell befürwortete, daß auch über „naturwissenschaftliche Soziologie“ auf dem Soziologentag verhandelt werde,12 wollte ein solches Thema nicht Wilhelm Ostwald überlassen, sah aber auch keine Möglichkeit, ihn einfach zu übergehen, wie er an Heinrich Herkner schrieb: „Vor Ostwald’s ‚energetischer Soziologie‘ graut mir stark, – aber wenn er reden wollte, so müßte man ihn doch wohl, um Verstimmungen zu vermeiden, [...] angesichts seiner sonstigen Bedeutung, fragen.“13 Dies könnte Weber im Sommer 1909 motiviert haben, Ostwalds energetische Soziologie kritisch zu besprechen. Gleichfalls im Mai hatte er an Heinrich Herkner geschrieben, daß er sich immer mehr der wissenschaftlichen Kritik zuwenden wolle, und da müsse er auch Ostwald mit „sachlicher Rücksichtslosigkeit“ angreifen.14 Ende August 1909 erwartete Weber bereits die Korrektur der OstwaldRezension, die dann im September-Heft des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ erschien, zusammen mit seinen Rezensionen zu einem Buch von Adolf Weber über die Aufgaben der Volkswirtschaft15 und zu

8  Vgl. ebd., unten, S.  169–172. 9  Vgl. unten, S.  179. 10  Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Technik und Kultur, unten, S.  221–224. 11  Vgl. Neef, Katharina, Die Entstehung der Soziologie aus der Sozialreform. – Frankfurt/New York: Campus 2012, S.  134. Ostwald hatte den ersten Beitrittsaufruf zur Gründung der Gesellschaft unterschrieben. 12  Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, unten, S. 237–242, hier S.  238. 13  Brief Max Webers an Heinrich Herkner vom 8. Mai 1909, MWG II/6, S.  113–117, hier S.  116. 14  Vgl. Brief Max Webers an Heinrich Herkner vom 11. Mai 1909, MWG II/6, S.  121– 123, hier S.  121. 15 Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Rezension von: Adolf Weber, unten, S.  183–185.

Editorischer Bericht

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Franz Eulenburgs Buch über die Entwicklung der Universität Leipzig16 sowie dem letzten Teil seiner eigenen Studie „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“.17

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, der unter dem Titel „‚Energetische‘ Kulturtheorien“ im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, hg. von Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé, Band 29, Heft 2, 1909, S.  575–598, am 30. September 1909 erschienen ist (A).

16  Vgl. Weber, Rezension von: Franz Eulenburg: Die Entwicklung der Universität Leipzig in den letzten hundert Jahren, MWG I/13, S.  163–170. 17 Vgl. Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. IV. (Schluß), MWG I/11, S.  344–380.

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„Energetische“ Kulturtheorien.a Ostwald, Wilhelm, Energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft (Philosophisch-soziologische Bücherei, red. v. Rud[olf] Eisler, Wien, Band XVI). W. Klinkhardt, Leipzig, 1909, 184 S. kt.b 8o. Preis M.  5.–. Prof. W[ilhelm] Ostwald in Leipzig ist, von der sachlichen Tragweite seiner Arbeiten ganz abgesehen, in höchstem Maße ausgezeichnet durch eine seltene Darstellungskunst. Dies nicht im Sinne der heute nur allzu üblichen Stil-Ästhetik.1 Soweit „Stil“-Fragen in Betracht kommen, äußert sich seine Kunst vielmehr gerade umgekehrt in der heute nur allzu seltenen Fähigkeit, mit dem kleinsten Aufwande an derartigen Mitteln in schlichter Knappheit und Klarheit der „Sache“ das Wort zu lassen und hinter ihr zurückzutreten. Unter Darstellungskunst ist hier vielmehr die Qualität der gedanklichen Werkzeuge gemeint, welche er und wie er sie zur „Vereinfachung“ der Denkobjekte zu verwenden gewußt hat. Auch der vollkommene Laie darf, wenn er die Ausführungen der meist so mageren allgemeinen Teile älterer chemischer Kompendien etwa über Atomgewichte und Verbindungsgewichte und was damit zusammenhängt, über den Begriff von „Lösungen“ im Gegensatz zu den „Verbindungen“, über die elektrochemischen Probleme, über die Isomerie u. s. w. gelesen hat, und damit die erstaunliche Kraftersparnis vergleicht, welche das Streben nach Hypothesenfreiheit und die Begrenzung auf das wirklich „Allgemeine“ an den chemischen Vorgängen der Ostwaldschen Darstellungsweise eingebracht hat, sich an der ungemeinen Eleganz dieser Kunst erfreuen. Und er wird es, nach der Eigenart dieser Leistung, vollkommen verständlich finden, daß Ostwald, ganz ebenso wie seinem a  In A folgt: Von Max Weber.  b A: kl. 1  Marianne Weber sah in Webers nachlässigem Schreibstil einen bewußten Protest gegen die „Stilästhetik“ der Zeit, „die übermäßiges Gewicht auf Formwerte legt und Zeit verliert mit dem Bemühen, wissenschaftlichen Gebilden Kunstwerkcharakter zu verleihen.“ Weber selbst habe in der „Stilästhetik“ die Vermischung verschiedener Geistessphären gesehen und „die sich leicht dabei einschleichende ‚Unschlichtheit’ der Ausdrucksmittel, ebenso wie das Haschen nach der ‚persönlichen Note’ [gehaßt]“. Vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S.  322.

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Geistesverwandten Mach2[,] der Fehler besonders nahe liegt, 1) einerseits – in logischer Hinsicht – bestimmte naturwissenschaftliche Abstraktionsformen zum Maßstab wissenschaftlichen Denkens überhaupt zu verabsolutieren, – daß er 2) demgemäß heterogene Denkformen, welche (in der Sprache Machs zu reden) die „Denkökonomie“3 bei den Fragestellungen anderer Disziplinen erfordert, als Unvollkommenheiten und Rückständigkeiten empfindet, weil sie das nicht leisten, was sie ihrer Zweckbestimmung nach gar nicht leisten sollen (nicht nur die „Denkökonomie“ der Geschichte – im weitesten Sinn –[,] sondern schon der Biologie, und zwar, wie ausdrücklich betont sei: einerlei, ob sie sich „vitalistisch“ oder noch so „mechanistisch“ gebärdet,4 zeigt derartige heterogene Denkhilfsmittel) – und daß er, damit im Zusammenhang, 3) andererseits – in sachlicher Hinsicht – ein möglichstes Maximum alles Geschehens überhaupt zu Spezialfällen „energetischer“ Beziehungen einzustampfen trachtet, – daß endlich 4) ihn sein leidenschaftlicher Drang, die Objekte intellektuell durch seine Begriffsmittel zu beherrschen, auch auf das Gebiet des Seinsollenden verfolgt und zur Ableitung rein „ressortpatriotischer“ Wertmaßstäbe aus den Tatsachen seines Arbeitsgebietes verführt. Diese Umstülpung des „Weltbildes“ einer Disziplin in eine „Weltanschauung“ ist ja heute eine ganz allgemeine Gepflogenheit:5 in welcher Richtung sie sich bei der Biologie auf darwinistischer Grundlage zu vollziehen pflegt, ist bekannt (bei den wissenschaftlichen Anti-Darwinisten: – heute natürlich stets ein relativer Begriff – 2  Der Physiker, Philosoph und Erkenntnistheoretiker Ernst Mach, der auch auf dem Gebiet der Psychologie und Sinnesphysiologie arbeitete und sich selbst als Naturforscher, nicht als Philosophen sah. Vgl. Mach, Ernst, Erkenntnis und Irrtum. Skizzen zur Psychologie der Forschung. – Leipzig: J. A. Barth 1905, S.  VII. 3  Mach bezeichnet es als die Aufgabe des Naturforschers, „die ökonomische Darstellung des Tatsächlichen“ zu erreichen, vgl. Mach, ebd., S.  282. An anderer Stelle spricht er auch von einer „Ökonomie des Denkens“, vgl. Mach, Ernst, Die Mechanik in ihrer Entwickelung. Historisch-kritisch dargestellt. – Leipzig: F. A. Brockhaus 1883, Vorwort, S.  VI. 4  Während der mechanistische Denkansatz das Leben von Organismen erklärt mittels der in der anorganischen Natur aufzufindenden Gesetzmäßigkeiten, geht der Vitalismus von einer naturwissenschaftlich nicht erfaßbaren Lebenskraft aus. Vgl. Bütschli, Otto, Mechanismus und Vitalismus. – Leipzig: Wilhelm Engelmann 1901. 5  Mit Blick auf Naturalismus und Historismus konstatierte Weber schon einige Jahre vorher, daß es bei den empirischen Wissenschaften üblich geworden sei, Methoden und Ergebnisse in Weltanschauungen umzuwandeln, dies sei „nachgerade ein trivial gewordener Vorgang“, Weber, Roscher und Knies II, S.  109, Fn.  2.

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pflegt sie charakteristischerweise in mehr oder minder extremen Pazifismus umzuschlagen).6 Bei Mach werden aus der „Unrettbarkeit“ des Individuums (diese ist nicht nur faktisch-„thanatistisch“, sondern logisch gemeint) altruistische Imperative abgeleitet.7 Der Mach und Exner8 in seinen metaphysischen Ansichten nahestehende Historiker L[udo] M[oritz] Hartmann leitet aus bestimmten Ansichten über die Prognose des historischen Prozesses den kategorischen Imperativ ab: Handle so, daß dein Handeln der (sozialen) Vergesellschaftung dient9 (woraus, beiläufig, folgen würde, daß Jay Gould, Rockefeller, Morgan,10 deren Leistungen nach jeder konsequenten sozialistischen Entwicklungstheorie in eminentem Sinn als „Vorfrüchte“ des Sozialismus zu gelten haben, als ethisch geniale Persönlichkeiten qualifiziert werden müßten) u. s. w. Bei Ostwald sind es, entsprechend der ungeheuren technisch-wirtschaftlichen Bedeutung der Chemie, naturgemäß technologische Ideale, welche in unbekümmerter Souveränität das Wort führen. Dabei ist nun O[stwald] in hohem Maße beeinflußt durch die vom Comtismus und Queteletismus her orientierte (vermeintlich) 6  Die Biologie auf darwinistischer Grundlage erforscht die natürlichen Umweltbedingungen eines Organismus mit dem Ziel, die Faktoren für seine optimale Erhaltung, Weiterentwicklung und Fortpflanzung bestimmen zu können. Der Sozialdarwinismus wendet diese Erklärungsweise auf den Menschen und seine soziale Daseinsform an, um im Sinne des Rassenerhalts das Überleben derjenigen Individuen zu ermöglichen, welche über die den Überlebensbedingungen am besten angepaßten Anlagen verfügen. Sozial- und rassenpolitische Maßnahmen sollen verhindern, daß die Schwachen Nachkommen haben und überleben. Die antidarwinistische Richtung verfolgt dasselbe Ziel, lehnt indessen Krieg ab, der gerade die Tüchtigsten und Durchsetzungsfähigsten in Gefahr bringe, von der Fortpflanzung ausgeschlossen zu werden. 7  Mach folgert aus der von ihm konstatierten Tatsache der Unrettbarkeit des Ich, auf das Streben nach eigener Unsterblichkeit zu verzichten und mit diesem Verzicht erst zur Hauptsache des Lebens, zu einer freieren und verklärten Lebensauffassung, vorzustoßen. Man achte so das fremde Leben und überschätze sein eigenes nicht mehr. Vgl. Mach, Ernst, Analyse der Empfindungen, 5., verm. Aufl. – Jena: Gustav Fischer 1906, S.  20. 8  Max Weber könnte sich hier auf das Buch des Wiener Sinnesphysiologen Sigmund Exner, Entwurf zu einer physiologischen Erklärung der psychischen Erscheinungen, I. Theil. – Leipzig, Wien: Franz Deuticke 1894, beziehen. Es befindet sich in Max Webers Handbibliothek, Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München. 9  Vgl. Hartmann, Ludo Moritz, Über historische Entwickelung. Sechs Vorträge zur Einleitung in eine historische Soziologie. – Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1905, S.  88. Der mit Max Weber persönlich bekannte Hartmann hatte diese Schrift Ernst Mach gewidmet und verweist darin mehrfach auf ihn und auf Sigmund Exner. 10 Die amerikanischen Großunternehmer Jay Gould (1836–1892), John Davison Rocke­feller (1839–1937) und John Pierpont Morgan (1837–1913).

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„exakte“ soziologische Methode, für deren Pflege Ernest Solvay in Brüssel sein „Institut de Sociologie (Institut Solvay)“11 gegründet hat, eine mit Lesezimmern, allem für die soziologische Arbeit erforderlichen Material und sehr bedeutenden Fonds versehene Arbeits- und Publikationsstätte: als Mäcenatenschöpfung ebenso großartig und in ihrer Weise mustergültig – wie die von Solvay in seinen Arbeiten angewendete und von einzelnen seiner Mitarbeiter übernommene „wissenschaftliche“ Methode erbärmlich ist. Welche Wechselbälge gezeugt werden, wenn rein  naturwissenschaftlich geschulte Technologen die „Soziologie“ vergewaltigen, lehrt jeder Blick in eine beliebige Arbeit dieser Art, insbesondere in diejenigen Solvays selbst1). Und das Tragikomische dieser Ver-

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1) Wir nehmen als Beispiel eine gedrängte Analyse von E. Solvay, Formules A 577 d’introduction à l’Énergétique physio- et psycho-sociologique (Institut Solvay, Notes et Mémoires, Fasc. 1, 1906):12 Der jeweilige energetische Ertrag (rendement = R) eines lebenden Organismus ergibt sich aus der Formel:

E E – (Ef + Er) R= l= c , Ec Ec wobei Ec die respiratorisch oder durch Nahrung, Belichtung etc. aufgenommenenc Roh­ energien (E[nergies] consommées), Ef die jeweils morphologisch fixierten (E[nergies] fixées), Er die als Rückstände unverwerteten (E[nergies] rejetées), El (E[nergies] liberées) endlich die durch die Oxydationsprozesse des Organismus freigesetzten EnerE gien bezeichnet. Der für das Rendement entscheidende Bruch l   bessert sich von der Ec der Kindheit (wo Ef sehr groß ist) bis zum Vollwachstum auf das Optimum und sinkt mit dem Alter durch Wachstum von Er (wegen wachsender Unfähigkeit zur Verwertung aufgenommener Energien) wieder. Vom „Standpunkt der Soziologie“ kommt nun aber für die Berechnung des energetischen Reinertrags eines Organismus, insbesondere des Einzelmenschen nur ein Bruchteil der gesamten freien organischen Energien = Eu (Energies utilisables) in Betracht: diejenige Quote nämlich, welche für Arbeit verwertbar ist, im Gegensatz zu dem in Wärme umgesetzten Bruchteil Et, welcher unverwertet bleibt wie bei jeder Maschine. Diese „Nutzenergie“ des Individuums ist aber ferner nicht durchweg soziale Nutzenergie (E[nergie] socio-énergétiqued), da die Indic A: aufgenommene  d A: socio-énergetique   11  Der belgische Chemiker, Industrielle und Mäzen Ernest Solvay (1838–1922) gründete 1901 das Institut de Sociologie, auch Institut Solvay genannt, um von seinem naturwissenschaftlichen Ansatz aus auch soziale Phänomene und deren physikalischphysiologische Grundlagen zu erforschen. Vgl. Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, MWG I/11, S.  378 ff. 12 Gemeint ist: Solvay, Note. Der korrekte Titel lautet: Note sur des formules d’introduction à l’énergétique physio- et psycho-sociologique. Im folgenden spezifiziert Weber den Buchstaben E für Energie meist mit in Kleinbuchstaben annotierten und tiefgestellten Indizes, Solvay schreibt diese Indizes überwiegend mit Großbuchstaben.

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schleuderung reicher Mittel für rein dilettantische Zwecke tritt viduen ja zunächst ihr „physio-energetisches“ Eigeninteresse verfolgen und also nur ein Bruchteil ihrer Nutzenergie sozial nutzbar gemacht wird. Für jede Zeitdauer t ist also durch Multiplikation der individuellen Nutzenergie mit dem je nach dem Grade der sozialen Nutzenergie abgestuften Koeffizienten u die „socio-utilisabilité“ des Individuums festzustellen. Es ergibt sich alsdann für die Zeitdauer T des gesamten Lebens eines Individuums die Größe: ∑u Eu t. Durch Addition des einfachen energetischen Rendements aller Individuen einer Gesellschaft in einer Zeiteinheit, Ermittlung des Durchschnittsbruches U, welchen ihre Sozialnutzbarkeit etwa ausmacht, und Division des Produktes von U mit der Summe der energetischen Einzelrendements durch die Summe der von der Gesellschaft während dieser Zeiteinheit konsumierten Energien läßt sich die Formel für Rs (Rendement social = Sozialnutzfähigkeit aller Individuen in dem gegebenen Moment) ermitteln: U (Ec – [E + ER + ET]) 13 . =  Ec

Objekte, welche nicht physio-energetischen Charakters sind, d. h. deren Konsum nicht in Energiezerstörung im Interesse des Organismus besteht, die aber doch das Rendementsverhältnis beeinflussen, können dabei, im Prinzip, dadurch in diese Formel eingefügt werden, daß sie als entsprechende Vermehrungen oder Verminderungen von Ec (der zur Verwendung zur Verfügung stehenden Rohenergien) betrachtet, also der durch Nahrungskonsum (den eigentlichen Typus energetischen Konsums) ver­ A 578 brauchten Energie gleichgestellt werden. Ja selbst für Bedürfnisse, welche purement d’ordre imaginatif ou moral seien, glaubt S[olvay] dies behaupten zu dürfen (S.  12). Und sogar die „mißbräuchlichen“, d. h. von dem als Durchschnitt sich ergebenden Konsum des „homme normal“ abweichenden Konsumtionen lassen sich in die Formeln aufnehmen. Dann nämlich, wenn man berücksichtigt, daß ein solcher énergétisme excessif Einzelner zwar unter Umständen sich als „énergétisme privatif“ zu Ungunsten der Gesamtheit äußern kann, daß er aber unter andern Umständen: wenn es sich nämlich um „hommes capables“ handelt, die als Entgelt für ihren Überkonsum eine höhere energetische Leistungsquote einbringen, keineswegs antisozial sein, sondern im Effekt das energetische Rendement der Gesellschaft verbessern kann. Also: die energetischen Formeln und die in der Energetik üblichen Maßeinheiten (Kilogrammeter, Kalorien etc.) sind generell anwendbar. Man hüte sich – um zunächst mit einigen Worten zu diesem Teile der Ausführungen Stellung zu nehmen – vor allem vor dem Glauben, daß die absolute Nichtigkeit von Solvay’s ganzer Konstruktion etwa darin bestehe, daß seine Formeln der Kompliziertheit der Phänomene nicht genügend Rechnung trügen. Auf einen solchen Einwand würde S[olvay] stets mit Recht antworten können, daß durch Einführung immer weiterer Variabler eine Integration schließlich „im Prinzip“ für jede noch so verwickelte Konstellation möglich sei. Auch daß man viele seiner Koeffizienten niemals exakt, manche gar nicht, quantitativ messen kann, ist kein „prinzipieller“ Fehler. Denn z. B. die Grenznutzlehre14 benutzt die Fiktion rein quantitativer Meßbarkeit von Bedürfnissen mit vollem methodischem Recht, – warum mit Recht? steht hier nicht zur Erörterung. Sondern die völlige Wertlosigkeit des Ganzen beruht auf dem Aufnehmen von Werturteilen schlechthin subjektiven Charakters in die scheinbar so streng „exakten“ Formeln. Der „point de vue social“, die socio-utilisabilité eines Menschen (diese QuaE U [Ec – (EF + ER + ET)] 13  Vgl. Solvay, Note, S.  9. Dort lautet die Formel: Rs = s = Ec Ec 14  Vgl. Weber, Grenznutzlehre, oben, S.  115–133, hier S.  116, Anm.  5.

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wohl  in nichts so deutlich zu Tage, als darin, daß das Institut z. B.

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lität selbst und natürlich erst recht der Grad derselben) und alles[,] was daran hängt, sind ja lediglich nach den gänzlich subjektiven Idealen bestimmbar, mit denen der Einzelne an die Frage nach dem Seinsollen der gesellschaftlichen Zustände herantritt: Unzählige Nuancen der zahlreichen möglichen Wertmaßstäbe und eine noch unendlichere Schar von Kompromissen zwischen den zahllosen möglichen, miteinander konkurrierenden oder als unerwünschtes Mittel zu dem gewünschten Zweck, als ungewollter Nebenerfolg neben dem beabsichtigten Erfolg mit einander direkt kollidierenden Wertmaßstäben kommen dabei in Betracht und sind natürlich untereinander absolut gleichberechtigt, so lange nicht einer der beiden vom Positivismus angeblich überwundenen Glaubens-Faktoren: der „theologische“ oder der „metaphysische“, durch eine Hintertür wieder eingeführt wird. Denn geschieht dies nicht, so ist die Frage, ob ein Individuum, welches einen énergétisme excessif entwickelt: Gregor VII., Robespierre, Napoleon, August der Starke, Rockefeller, Goethe, Oscare Wilde, Iwan der Schreckliche u. s. w., trotzdem vom „sozio-energetischen Standpunkt“ aus, „rentabel“ gewesen sei, und gar die entscheidende weitere Frage: in welchem Grade diese und die zahllosen näheren oder entfernteren Annäherungen an solche Typen „rentabel“ oder „unrentabel“ seien, natürlich nur durch subjektives  Werturteil entscheidbar. Es ist eine läppi- A 579 sche Spielerei, für dies Werturteil mathematische Symbole zu erfinden – die ja, hätten solche Kunststückchen überhaupt Sinn, für jedes einzeln wertende Subjekt – z. B. sicherlich für Herrn Solvay einerseits, mich andererseits – gänzlich andere Koeffizienten haben müßten! – Und vollends toll ist es alsdann, indem man dies leere Stroh drischt, sich so zu gebärden, als würde etwas „Wissenschaftliches“ dargeboten. Daß diese ganze Leistung Solvay’s keinen Schuß Pulver wert ist, mußte also schon hier konstatiert werden, obwohl erst jetzt (S.  15) diejenigen Partienf beginnen, wo S[olvay] selbst Schwierigkeiten für die Anwendbarkeit seiner Formeln als vorhanden anerkennt. Es handelt sich nämlich nunmehr um die „phénomènes d’ordre intellectuel“. Sie entsprechen, sagt S[olvay] – „considérés en eux mêmes“ – keiner für ihre Charakterisierung spezifischen quantitativen Energieentwicklung, sondern stellen in Wirklichkeit („essentiellement“) eine Succession von jeweiligen Verteilungszuständen der neuro-muskulären Energie dar. (Die Anschauungsweise ist ein bekanntes Surrogat des strengen „psychophysischen Parallelismus“). Der gleiche quantitative Energieverbrauch kann daher Leistungen von sehr verschiedenem Werte (valeur) repräsentieren. Und dennoch müssen (NB.: par ordre de qui?) sie sich den Formeln einfügen lassen und diese quantitativ meßbar sein, – da sie ja (sic!)g in der Soziologie eine so große Rolle spielen, hund (wieh zur logischen Vollständigkeit dieses Schlusses hinzuzufügen wäre) a priori feststeht, daß die Soziologie mit energetischen Formeln auskommen mußi. Und in der Tat ist die Sache ja auch sehr einfach: man kann zwar nicht sie selbst und will nicht die sie (im Sinn des gewöhnlichen psychophysischen Parallelismus) begleitende (concomitante), aber nicht für sie charakteristische Energieentwicklung messen, – aber ihre Wirkung (effet) kann man ja doch messen. Und nun folgt eine Serie der ergötzlichsten Koboldsprünge. Wie mißt man wohl den „effet“ z. B. der Madonna Sistina oder einer Produktion der „Rinn­ stein­kunst“?15 Da S[olvay] sich scheut, sich und andern offen einzubekennen, daß e A: Oskar  f A: Parteien   g A: (sic.)   h–h A: (und wie   i A: muß). 15  Der Ausdruck geht auf Kaiser Wilhelm II. zurück. Er nahm 1901 die Enthüllung einer klassischen Denkmalgruppe zum Anlaß, das moderne Kunstschaffen zu kritisieren, das sich in seinen Augen über die Gesetze der Ästhetik hinwegsetze. Diese Kunst zeige nur das Elend und trage nichts zur Pflege der Ideale des deutschen Volkes bei,

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„effet“ hier lediglich erschleichungshalber statt des vorher gebrauchten mehrdeutigen Wortes „valeur“ steht, so wird folgende Argumentation angestellt: der „normale“ Zweck des „effort cérébral“ besteht beim „normalen“ Individuum und deshalb (NB!) auch beim (normalen) Kollektivindividuum: der „Gesellschaft“, in der Selbsterhaltung, d. h. dem Schutz gegen physische und „moralische“ (sic!) Schädlichkeiten. Also (!) bedeutet der normale Effekt der Gehirnanstrengung stets (NB!) eine energetische Rendementsverbesserung. Das ist nicht nur bei den technischen Erfindungen und nicht nur beim intelligenten gegenüber dem unintelligenten Arbeiter der Fall, sondern auch außerhalb der intellektuellen Sphäre. Die Musik z. B. ruft Gehirnzustände hervor, welche Modifikationen der Oxydationsprozesse hervorrufen, die ihrerseits dem Zweck besserer Ausnutzung der freigesetzten organischen Energie dienenj (vermutlich also der besseren Verdauung u. dgl., obwohl allerdings früher S[olvay] die Wirkung der Ideo-Energie auf die Größe von Er, d. h. die Fäkalien-Ausscheidung[,] für nicht erheblich erklärt hatte). Also ist ihre energetische Bedeutung erwiesen, und sie unterliegt folglich, wie A 580 alle ihresgleichen, „im Prinzip“ der Meßbarkeit, –  und damit sind wir glücklich wieder im schönen Reich der El- und Eu-Formeln16 angelangt. Freilich: es gibt da viele Koeffizienten, für die noch erst die Maßeinheiten zu finden sein würden: z. B. – nach Solvay – die Zahl der in einer Zeiteinheit möglichen Ideen u. s. w. Auch gibt es Schöpfungen des Intellekts oder der Kunst, bei denen der Gewinn potentiell bleibt und noch andere, die ein Defizit aufweisen, also sozialschädlich sind. (S[olvay] denkt hier vielleicht an die Selbstmorde aus Anlaß des Werther, welche dessen energetischen Wert beeinträchtigen). Aber jedenfalls, so meint er, kann auf Grund der Wertungsnorm (direkte oder indirekte Verbesserung des sozio-energetischen Rendements) jeder Mensch (sic!) „im Prinzip“ genau nach dem (natürlich während seines Lebens wechselnden) Maß seines psycho-energetischen – positiven oder negativen – sozialen Wertes kalkuliert (sic: „calquer!“) werden, ganz ebenso wie sein physio-energetischer Wert (s. früher)17 kalkulierbar ist. Diese „prinzipielle“ Möglichkeit aber ist von ungeheurer Wichtigkeit, um so mehr, als natürlich, „im Prinzip“, auch die Kalkulation solcher „Ideoenergien“, die – infolge der Unreife der Zeitgenossen – erst nach Jahrhunderten wirksam geworden sind, möglich ist. Zum Glück für den Autor aber „gehört es nicht in seine Arbeit“, die Methode zu untersuchen, wie denn nun die Bemessung der valeurs physio- et psychoénergétiques in Angriff genommen werden solle, – jedenfalls umfassen die großen Linien (S.  21), mit deren Zeichnung sich diese wie jede ähnliche naturalistische Selbsttäuschung begnügt, nach seiner Ansicht „tout l’ensemble des recherches sociologiques proprement dites“. Es folgt die Bemerkung, daß natürlich hinter den heutigen „Preis“-Erscheinungen der Tauschwirtschaft sich als „endgültiger“ Wertmesser die Kalorien und Oxydations-

j A: dienen, eine solche Kunst erhebe nicht, sondern steige in den Rinnstein nieder. Vgl. Beutin, Heidi und Wolfgang Beutin, „Rinnsteinkunst“? – Konservativismus, Avantgardismus und der Richtungsstreit in der Berliner Moderne, in: dies., Rinnsteinkunst? Zur Kontroverse um die literarische Moderne während der Kaiserzeit in Deutschland und in Österreich. (Bremer Beiträge zur Literatur- und Ideengeschichte, hg. von Thomas Metscher und Wolfgang Beutin, Band 44). – Frankfurt a. M.: Peter Lang 2004, S.  17–46, hier S.  18. 16 Gemeint sind „Energies liberées“ und „Energies utilisables“, vgl. oben, S.  151, Fn.  1. 17  Oben, S.  152, Fn.  1.

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eine  absolut wertlose Arbeit von Ch[arles] Henry2), welche in umfangreichen Rechnungen den sozialen (NB!) Nutzwert der Arbeit und also (wie bei allem „Positivismus“ dieser Art, schon bei

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prozesse verbergen, welche, direkt oder indirekt, in Gestalt der Tauschgüter dem Organismus zugeführt werden. Daß man den Sauerstoff der Luft, so lange Landüberfluß herrscht, auch nicht einmal indirekt (im Grundwert) kauft und daß andererseits die „Oxydationsprozesse“, auf welche man z. B. beim Ankauf eines „echten“ Perserteppichs nach Solvay in Wahrheit spekulieren müßte, in Wirklichkeit ein Vexierwort für gänzlich subjektive Güterschätzungen von Individuen sind – denen, nach seinem eigenen Zugeständnis (s. o.),18 kein Energiequantum eindeutig entspricht – ganz ebenso wie alle andern „sozialen“ Werte Resultate solcher darstellen – dies und Alles, was sonst ein Student der Nationalökonomie im ersten Semester zu diesem Unfug zu sagen hätte, stört unsern Autor nicht. Wie wir gleich anfangs von „valeur“ – das heißt dort doch wohl: vom ästhetischen Wert – zum „effet“ – den Oxydationsfolgen – des Kunstwerkes voltigierten, so führt uns die Betrachtung jetzt zu dem Ergebnis, daß die physiound psycho-energetische Rendements-Verbesserung des „homme moyen“19 das entscheidende Mittel zur Besserung des Rendements der Gesellschaft selbst sei. Also haben die Kalkulationen dieses „Produktivismus“ dem Gesetzgeber die Wege zu weisen, damit das „rendement normal“ erreicht werde, welches seinerseits von dem Bestehen der „humanité normale“, d. h. der Ergänzung von „hommes idéalement sains et sages“20 abhängt, die nicht mehr tun, als eben zur Erhaltung ihres eigenen persönlichen rendement normal erforderlich ist und dabei das „gesellschaftlich notwendige“ Minimum ihrer Energie sozialen Zwecken zur Verfügung stellen.  Da jede soziale Gruppe eine chemische Reaktionseinheit darstellt, und da die Zeit A 581 nicht fern ist, wo jeder Vorgang im Universum seine energetische Bewertung (évaluation énergétique) empfangen haben wird, ist nach Solvays Ansicht auch der Tag, wo eine solche normative „positive“ Soziologie möglich sein wird, nicht mehr fern, – „im Prinzip“, darf man auch hier wohl hinzusetzen! Von den praktischen Vorschlägen S[olvay]s schweigen wir hier. Sein „Produktivismus“ und ebenso sein „Komptabilismus“ verhält sich an geistigem Gehalt zu den Konzeptionen des klassischen französischen Utopismus, etwa zu den Ideen Proudhons, ungefähr ebenso spießbürgerlich epigonenhaft wie sich zu den Gedankengängen Quetelets und Comtes die „Leistungen“ verhalten, die wir vorstehend kennen lernten.21 Ostwald selbst bleibt in der hier besprochenen Schrift an Konsequenz stark hinter diesen „Leistungen“ zurück, obwohl oder vielmehr: weil er sie an „bon sens“ übertrifft. Die Bemerkungen Solvays über das Fehlen eindeutiger Korrelationk zwischen „geistigem“ Inhalt und quantitativen Energierelationen z. B. finden wir in seiner hier besprochenen Schrift nirgends beachtet. 2) Ch. Henry, Mésure des Capacités intellectuelles et énergétiques, Heft 6 der Notes et Mémoires.22  k A: Konrelation 18  Oben, S.  154, Fn.  1. 19  Solvay, Note, S.  23. 20  Ebd., S.  24. 21  Oben, S.  150 f. 22  Henry, Mesure. Der korrekte Titel lautet: La mesure des capacités intellectuelle et énergétique.

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Comte selbst): die seinsollende Höhe des Arbeitsentgelts durch „energetische Formeln“ zu ermitteln sich müht, zwar publiziert, – weil die Nichtpublikation der durch Solvay geschaffenen „Tradition“ widersprechen würde, – der gegenwärtige Leiter des Instituts aber, Hr. Prof. Waxweiler, in einem Anhang dazu ganz richtig, nur mit übermäßig höflicher Schonung, auf wenigen Seiten auf die Sinnlosigkeit dieses für jeden Sachkundigen, – seit Thünens immerhin wesentlich geistreicherer, vor allem ökonomisch lorientierter Konzeption,23 –l erledigten Versuches, hinweist.24 Da das Institut unter Waxweilers Leitung sich wirklich wertvollen Arbeiten zugewendet hat, popularisierenden sowohl wie wissenschaftlichen, darf man wohl hoffen, daß diese „energetischen“ Reminiszenzen bald gänzlich in die Ecke geworfen werden, wohin sie gehören. Die vorliegenden, Ernest Solvay gewidmeten, populären Vorlesungen zeigen die Vorzüge von Ostwalds Denk- und Dar­stel­lungs­ weise,25 verbunden mit den Konsequenzen der oben hervorgehobenen allgemeinen Neigungen „naturalistischer“ Denker und verdienen auch in ihren schwächsten Partien schon als „Typus“ Beachtung. Soweit das ökonomische und sozialpolitische Problemgebiet berührt ist, wird darüber von angesehener sozialpolitischer Seite referiert werden. Ich schalte daher die Ausführungen über diese Dinge – die, wie ich nicht verschweigen darf, m. E. zum Übelsten gehören, was Ostwald je geschrieben hat – hier aus und beschränke mich auf ein kurzes Resumé der Kapitel, welche die konsequent und z. T. formal sehr hübsch durchgeführte „energetische“ Auffassung der Kulturvorgänge sachlich darlegen, und  auf einige Bemerkungen teils allgemeiner Art, teils spezieller zu Aufstellungen, die von jenem (ökonomisch-sozialen) Problemgebiet mehr abseits liegen. l–l A: orientierter, – Konzeption 23  Der Agrarökonom Heinrich von Thünen bestimmte die Höhe des „natürlichen Arbeitslohnes“, indem er zum einen den notwendigen Lebensunterhalt des Arbeiters und zum anderen den Wert der von ihm erzeugten Produkte als die beiden wesentlichen Faktoren zugrundelegte. 24  Waxweiler, Emile, Remarque additionelle: Sur l’ interprétation sociologique de la distribution des salaires, in: Henry, Mesure, S.  63–75. 25  Die Widmung in Ostwald, Kulturwissenschaft, S.  III, lautet: „Ernest Solvay dem Begründer der soziologischen Energetik gewidmet“. Im Vorwort schreibt Ostwald, die Form der Vorlesungen habe er gewählt, weil diese zu eigenem Weiterdenken anregten, vgl. ebd., S.  VI.

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Kap. I (Die Arbeit): Alles, was wir von der Außenwelt wissen, können wir in Energiebeziehungen: räumlichen und zeitlichen Änderungen der bestehenden Energieverhältnisse, ausdrücken („Energie“ = Arbeit und alle Umwandlungsprodukte derselben). Jeder Kulturumschwung wird durch neue energetische Verhältnisse (insbesondere: Auffindung neuer Energiequellen oder an­derweite Verwendung schon bekannter) begründet26 (folgt die Erörterung der Eigenart der 5 Energiearten, und besondere Hervorhebung und Bedeutung der chemischen Energie, als der aufbewahrungs- und transportfähigsten). – Kap. II (Das Güteverhältnis). „Güteverhältnis“ (Grundbegriff der ganzen Erörterung) = Relation der Menge der Nutzenergie B, welche bei einer von uns zu praktischen Zwecken erstrebten Energieumwandlung aus der Rohenergie A gewonnen wird und, infolge des unvermeidlichen Mitentstehens noch andrer Energien neben der Nutzenergie, stets im   e  In A folgt: 〈eine〉    f A: könnte   1  Offenbar von Emil Lask, Logik (wie oben, S.  81, Anm.  43), S.  8, übernommener Begriff; Bedeutung etwa: sich als geltend (oder: in ihrer Geltung) aufdrängen.

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Charakter zu erheischen schien. Denn auch ethisch ist die Bewertung eine andere, je nachdem die Verletzung im Dienst eines außer­ ethischen, aber als überindividuell geglaubten Wertes oder anderweit motiviert erfolgt.  Genug, die formale Ethik hat sich damit zu bescheiden, daß ihre Sätze kein Mittel sind, materiale Entscheidungen auch nur auf ethischem Gebiet selbst, geschweige denn bei Konflikten der Wertsphären zu deduzieren. Ein Versuch dazu bleibt ähnlich steril, wie wenn man aus logischen Sätzen etwa materiale chemische Sachverhalte deduzieren wollte. Auch die Kantischeng Imperative sind gültige Analysen gewisser einfachster Tatbestände des Verfahrens beim ethischen Urteil. Gleichviel aber, welches die Art ihrer Funktion bei materialen Entscheidungen ethischer Art infolgedessen sein mag, jedenfalls enthalten sie keinerlei Entscheidungen für die ethisch-irrationalen Konflikte hder verschiedenen Wertsphärenh. Es ist Flachheit, die Idee einer „individuellen Bestimmung“, also eine primär keineswegs in der ethischen Sphäre heimische Idee mit dem Begriff einer „Ausnahme von einer ethischen Regel“ nach Art der Regeln der Schulgrammatik gleichsetzen oder umgekehrt aus der Nichtverbindlichkeit der Forderung künstlerischer Wertrealisierung für den seiner Bestimmung nach nicht künstlerischen Menschen irgendwelche Schlüsse über die Tragweite ethischer Sachverhalte zu ziehen. iIn unerträglicher Weise zeigt sich die Konsequenz des Versuchs, mit rein formalen Mitteln einer Erörterung materialer Wertkonflikte beizukommen bei der Behandlung der Ge­schlecht­lich­keits­ probleme.i Um hier überhaupt etwas zu leisten, muß – charakteristisch genug – das Problem in die Sphäre des juristisch Formalenk gezogen, Ehe und Standesamt gleichgesetzt, der Glaube an den Ewigkeitswert und die daran haftende tiefe Paradoxie der Unvergänglichkeitshoffnung der Liebe zu einem kontraktlichen Versprechen der Dauer abgeplattet, schließlich die Verantwortlichkeit des g  Von der Hand Marianne Webers: kantischen > Kantischen   h–h  Von der Hand Marianne Webers: der Wertsphäre > der verschiedenen Wertsphären   i–i  Von der Hand Marianne Webers: In unerträglicher Weise zeigt sich die Konsequenz des Versuchs, mit rein formalen Mitteln einer Erörterung materialer Wertkonflikte beizukommen bei der Behandlung der Geschlechtlichkeitsprobleme. > Der Versuch, mit rein formalen Mitteln einer Erörterung materialer Wertkonflikte beizukommen, muß bei der Behandlung der Geschlechtlichkeitsprobleme völlig versagen.   k A: formalen 

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Liebenden und Geliebten für die Seele des anderen Teils in eine Art juristischer „Schadenhaftung“ umgedeutet werden. Es kann kaum eine vernichtendere Kritik des ethischen Formalismus geben, als solche für ihn unvermeidlichen Plattheiten. Von der „Wortklauberei“ mag dabei ganz abgesehen und nur dem Erstaunen Ausdruck gegeben werden, daß  bei der kaum sehr tiefen Kritik des Ausdrucks „naturfremd“ die in diesem Fall selbstverständliche Bedeutung von „Natur“ als des dem betreffenden spezifischen Wert sinngemäß Adäquaten zu Gunsten einer flachen Analogie aus dem Gebiete der Technik bei Seite geschoben wird. Das steht auf einer Linie mit der Vorstellung, daß Sinn und Zweck miteinander identisch seien. Es ist alles in allem kein Zufall, daß ethische Auseinandersetzungen nur fruchtbar sind, wenn sie durch konkrete materiale Urteile, die einander gegenüber gestellt werden, ein Objekt erhalten, und ich finde diesel kritische Auseinandersetzung ebenso steril wie jede Auseinandersetzung mit ihr. Methodologische Erörterungen einer materialen Darlegung voranzustellen, heißt den logischen Sachverhalt auf den Kopf stellen. Wenn die sachliche Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer Aussage feststeht, dann kann man nach der Methode fragen.

l  Maschinenschriftliche Unterstreichung.

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[Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung] [Diskussionsbeiträge zum Vortrag von Paul Barth auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag am 21. Oktober 1912 in Berlin]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Der Zweite Deutsche Soziologentag stand unter dem allgemeinen Thema der Nation, das der Vorsitzende der Gesellschaft Ferdinand Tönnies vorgeschlagen hatte, und zwar unter der Überschrift „Die Begriffe Volk und Nation im Zusammenhange mit Rasse, Staat, Sprache“.1 Obwohl Max Weber bereits zum 1. Januar 1911 aus dem Vorstand ausgetreten war,2 beteiligte er sich auch jetzt wieder an der Bestimmung des Themas und der Auswahl der Referenten. So informierte er am 4. März 1912 Robert Michels, der einen Vortrag zu halten wünschte, über Thema, Zeit und Ort: „Nationalität u. ihre verschiedenen Beziehungen“,3 Mitte Oktober in Berlin. Unter dem Titel „Die historische Entwicklung des Vaterlandsgedankens“ wurde er ins Programm aufgenommen.4 Weber, der an der Thematik des Soziologentages sehr interessiert war,5 wollte, und zwar „als erstes Thema“,6 das Problem „Nation und Rasse“ behandelt wissen. Er schlug in einem Brief vom März 1912 dem Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie Hermann Beck vor, den Rassentheo-

1  Vgl. die Editorische Vorbemerkung zu dem Brief Max Webers an Hermann Beck vom 18. November 1911, in: MWG II/7, S.  362 f., hier S.  362. 2  Vgl. den Brief Max Webers an den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vom 27. Oktober 1910, in: MWG II/6, S.  659–662, hier S.  661, vgl. auch Lepsius, M. Rainer und Wolfgang J. Mommsen, Einleitung, in: MWG II/7, S.  1–16, hier S.  3 f. 3  Brief Max Webers an Robert Michels vom 4. März 1912, MWG II/7, S.  448 f., hier S.  448 mit Hg.-Anm.  2. 4  Vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  140–184, sowie Max Webers Diskussionsbeitrag dazu, unten, S.  326–328. 5  Vgl. den Brief Max Webers an den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vom 8. Oktober 1911, MWG II/7, S.  331, sowie den Editorischen Bericht zu Weber, Ethnische Gemeinschaften, in: MWG I/22–1, S.  162–167, hier S.  163 f. 6  Brief Max Webers an Hermann Beck vom 13. März 1912, MWG II/7, S.  466 f., hier S.  466.

Editorischer Bericht

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retiker Alfred Ploetz nach einem geeigneten Referenten zu fragen.7 Aus einem Brief an Michels vom 9. März 1912 geht hervor, daß Weber selbst erwogen hatte, ein „Referat“8 zu halten; es kam jedoch nicht zustande. Wie ein solches „Referat“ ausgesehen hätte und warum es nicht gehalten wurde, verrät ein gegen Ende März geschriebener Brief an den Vorstand der Gesellschaft.9 Es könne, so bemerkt Weber, nur darum gehen, die verschiedenen Begriffe von „Nation“ (z.  B. „staatliche Gemeinschaft, Sprachgemeinschaft, Abstammungs- und ethnische Gemeinschaft, ‚Kultur‘-Gemeinschaft“) „in ihren verschiedenen möglichen Bedeutungen“ zu beschreiben, „um so die Sprachverwirrung“ zu beseitigen, „ohne sich für eine dieser Bedeutungen als die ‚eigentliche‘ zu entscheiden.“10 Für einen solchen, jede Polemik meidenden Vortrag stünde er zur Verfügung, wenn sein Bruder nicht schon beteiligt wäre.11 So behielt sich Weber vor, sein „Problemgebiet“ stattdessen in der Diskussion zu behandeln.12 Neben seinem Beitrag zu Barths Vortrag beteiligte sich Weber tatsächlich als Diskussionsredner an den beiden weiteren Verhandlungsrunden zu Ferdinand Schmids Vortrag „Das Recht der Nationalitäten“13 am selben sowie zu den Vorträgen von Ludo Moritz Hartmann, Franz Oppenheimer und Robert Michels am folgenden Tag.14 Unter dem Begriff der Nationalität wollte Paul Barth in seinem Vortrag „Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung“, gehalten am Vormittag des 21. Oktober 1912, ein instinktives Gefühl der Zugehörigkeit des Menschen zu 7  Vgl. ebd. Alfred Ploetz hatte auf dem Ersten Soziologentag 1910 selbst einen Vortrag über Rasse und Gesellschaft gehalten, an dessen Diskussion sich Weber auch beteiligt hatte, vgl. Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, oben, S.  243–260. 8  Brief Max Webers an Robert Michels vom 9. März 1912, MWG II/7, S.  460 f., hier S.  460. 9  Vgl. den Brief Max Webers an den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, nach dem 21. März 1912, MWG II/7, S.  483 f., hier S.  483. 10 Ebd. 11  Vgl. ebd., S.  484. Alfred Weber hielt am 20. Oktober 1912 den Eröffnungsvortrag mit dem Titel „Der soziologische Kulturbegriff“, vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  1–20. 12 Vgl. den Brief Max Webers an Hermann Beck vom 13. März 1912, MWG II/7, S.  466 f.; so auch schon in einem früheren Brief an Beck vom 18. November 1911, MWG II/7, S.  362 f., hier S.  363: „Ich würde also in der Diskussion – denn auf einen Vortrag mache ich keinen Anspruch – sehr leicht die Sache auf sachliche Probleme lenken helfen können [...].“ Unklar ist, warum Weber in seinem o.g. Brief an Michels vom 9. März 1912, MWG II/7, S.  460 f., hier S.  460, schrieb, „ich weiß nicht, ob mein Referat akzeptiert wird.“ Vielleicht dachte Weber an ein Ko-Referat; im Inhaltsverzeichnis des Verhandlungsbandes allerdings werden „Vortrag“ und „Referat“ gleichsinnig gebraucht. 13  Vgl. Weber, Das Recht der Nationalitäten, unten, S.  318. 14  Vgl. Weber, Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie, unten, S.  322–328. Die Diskussion wurde erst nach dem Vortrag von Michels eröffnet, so daß sie sich genaugenommen – je nach Schwerpunkt des Diskutanten – auf die drei Vorträge des zweiten Verhandlungstages bezog.

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seiner Gruppe verstehen, und er verfolgte dessen historische Entwicklung von den frühen Horden, Sippen- und Religionsgemeinschaften über Volksgemeinschaften zu solchen Gruppen, in denen sich ein solches Verständnis von Nationalität in Lehren und Idealen ausgedrückt findet. Auf eine solche „objektive, geschichtliche Betrachtung“15 der Nationalität folge mit der Frage nach dem „soziologischen Werte“16 aber eine „ganz andere Art von Betrachtung“.17 Dabei gehe es um den „letzten Zweck, dem die Nationalität, wie alles geschichtliche Geschehen, dient“.18 Die Entwicklung einer Gesellschaft erkenne man daran, daß der gute, für den sozialen Zusammenhalt sorgende Wille und das „Geistesleben“19 des Einzelnen gefördert werde. Daraus ergebe sich die Frage, wie sowohl ein gemeinsamer Wille als auch ein gemeinsames Gedankenleben, der „geistige Organismus“20 eines Volkes, voranzubringen sei. Daran schloß Barth die weitere Frage an, ob es für diesen Fortschritt des geistigen Organismus nicht besser sei, „wenn der Staat nicht national, sondern international wäre?“21 An dieser Stelle vermerkt das Protokoll: „Hier wurde der Vortrag abgebrochen“.22 Genaueres berichtet die Frankfurter Zeitung: Barth sei vom Vorsitzenden darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Soziologische Gesellschaft Werturteile vermeiden wolle. Als der Vortragende weitersprechen wollte, sei er aber von Max Weber „in sehr heftiger Weise“23 unterbrochen worden: „Es ist strikte verboten, Sie dürfen nicht von Werturteilen sprechen!”24 Nach einer Verlegenheitspause sei mit der Diskussion begonnen worden.25 Im Hinblick auf die von Barth zuletzt gestellte Frage nach der Nationalität oder Internationalität des Staates gab der Vorsitzende Ferdinand Tönnies zu bedenken, daß die Gesellschaft für Soziologie Werturteile von ihren Verhand-

15  Barth, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, in: Verhandlungen DGS 1912, hier S.  43. 16  Ebd., S.  43. 17  Ebd., S.  43. 18  Ebd., S.  43. 19  Ebd., S.  46. 20  Ebd., S.  46. 21  Ebd., S.  48. 22  Ebd., S.  48, vgl. auch o. V., 2. Deutscher Soziologentag, in: Frankfurter Zeitung, Jg. 57, Nr.  293 vom 22. Oktober 1912, 3. Mo. Bl., S.  2 f., hier S.  2, auch ein in der von Paul Barth herausgegebenen „Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie“ veröffentlichter Bericht erwähnt den Abbruch der Rede Barths, vgl. Boehm, Max H., Der zweite deutsche Soziologentag, in: ebd., 37. Jg., N. F. 12, Heft 1, 1913, S.  126–133, hier S.  129. 23 Ebd. 24 Ebd. 25  Vgl. ebd.

Editorischer Bericht

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lungen per Statut ausschließe.26 Barth habe das Nationalitätsgefühl als etwas „Feststehendes“27 behandelt, aber es gehe doch darum, den Begriff Nationalität und die wechselnden Vorstellungen, die mit ihm verbunden werden, auszuarbeiten, um auch Begriffe wie Volk, Stamm und Nation klären zu können. Danach wurde Max Weber das Wort erteilt.28 Die Debatte über Barths Vortrag wurde in der Nachmittagssitzung, nachdem Ferdinand Schmid seinen Vortrag gehalten hatte, fortgeführt,29 so daß sich Weber insgesamt dreimal auf Barths Vortrag und die damit zusammenhängende Diskussion bezog. In seinem zweiten Beitrag geht es um die Frage, welcher der beiden Kulturfaktoren, Literatur oder Kunst, ausschlaggebend sei für die Ausbildung einer sich als Nation erfahrenden Gemeinschaft.30 Der dritte Beitrag bezeugt noch einmal, wie wichtig es Weber war, die Werturteilsfreiheit in den Diskussionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie durchzusetzen. Er zeigt an einem Beispiel mögliche unterschiedliche Bewertungen kultureller Faktoren im Hinblick auf die Bildung eines nationalen Gemeinschaftsgefühls; deren wertende Betrachtung sei aber keine empirische, kausale Erklärung. In einer Wertediskussion ließen sich nur die Standpunkte austauschen, aber keine Einigung erzielen. Deshalb seien aus gutem Grunde solche Diskussionen per Statut aus der Gesellschaft für Soziologie ausgeschlossen.31

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Die Redebeiträge Max Webers folgen dem Abdruck in den Verhandlungen des Zweiten Deutschen Soziologentages vom 20.–22. Oktober 1912 in Frankfurt a. M. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1913, S.  49–52 [1.], S.  72 f. [2.] und S.  74 f. [3.] (A), der auf der Grundlage einer stenographischen Mitschrift erfolgt ist. Die Redebeiträge Max Webers sind jeweils eingeleitet mit „Professor Max Weber (Heidelberg)“. Sie verteilten sich über den ersten Verhandlungstag.

26  Vgl. Tönnies, in: Verhandlungen DGS 1912, S.  49, vgl. auch zur Frage der Werturteile in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie den Editorischen Bericht zu Weber, Technik und Kultur, oben, S. 221 f. 27  Tönnies, in: Verhandlungen DGS 1912, S.  49. 28  Vgl. ebd. 29  In Verhandlungen DGS 1912, S.  72, heißt es: „Fortsetzung der Diskussion“. Nach wenigen Bemerkungen zu Schmids Vortrag sagt Weber: „Nun zu den Erörterungen von heute Vormittag“, vgl. dazu unten, S.  312. 30  Vgl. unten, S.  312. 31  Vgl. unten, S.  315.

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Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung

Weber hatte, wie schon für den Tagungsband des Ersten Soziologentages,32 auch für die Verhandlungen des Zweiten Soziologentages die Überarbeitung der Stenogramme sowie die redaktionelle Betreuung für die Veröffentlichung übernommen.33 Gemäß dem Beschluß des Vorstandes vom Januar 1911, die stenographische Wiedergabe der Diskussion in „angemessener Weise“ zu kürzen,34 wird er auch bei der Bearbeitung des zweiten Verhandlungsbandes verfahren sein. In der Vorbemerkung zu diesem Band heißt es, daß nach Maßgabe des Vorstandsbeschlusses die Referate der Verhandlungen vollständig, die Diskussionen dagegen nur auszugsweise veröffentlicht würden. In solchen Diskussionen würde vieles geäußert, „was grade nur durch den aktuellen Moment bedingt ist [...] und woran der Gesamtheit der soziologisch Interessierten keine Teilnahme zuzumuten ist“.35 Im Februar 1913 schrieb Weber an den Verleger lapidar: „Ich corrigiere die ‚Debatten‘.“36 Ausdrücklich hatte Weber ihn auch gebeten, ihm die Stenogramme seiner eigenen Diskussionsreden zu schicken, er wolle sie durchsehen: „Erfahrungsgemäß pflegt, da ich sehr schnell spreche, das was ich sage, in abscheulicher Art entstellt zu werden.“37 Es ist folglich davon auszugehen, daß Max Weber den Abdruck seiner Redebeiträge beim Zweiten Deutschen Soziologentag autorisiert hat. Da kein Weber-eigener Titel vorliegt, hat der Herausgeber den Vortragstitel von Paul Barth übernommen, diesen aber in eckige Klammern gestellt. Im Verhandlungsband nicht überliefert ist eine Aussage von Max Weber, die sich nur im Bericht der Frankfurter Zeitung vom 22. Oktober 1912 findet.38 „Es ist vielleicht der letzte Soziologentag, an dem ich teilnehme. So lange ich aber teilnehme, werde ich bis zuletzt dahin wirken, daß die Trennung zwischen der Erörterung praktischer und der hier gepflegten Besprechung theoretischer Probleme streng durchgeführt wird, jene Trennung, die ja die Abzweigung der Soziologischen Gesellschaft von dem ‚Verein für Sozialpolitik‘ herbeigeführt hat.“39

32  Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Technik und Kultur, oben, S.  224 f. 33  Vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 3. Januar 1913, MWG II/8, S.  23 f., hier S.  24, sowie an Paul Siebeck vom 22. Februar 1913, ebd., S.  94. 34  Vgl. das Protokoll der Vorstandssitzung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vom 5. Januar 1911, SHLB Kiel, Nl. Ferdinand Toennies, Cb 54.61:1.2.10. 35  Vgl. Verhandlungen DGS 1912, S. V. 36  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 8. Februar 1913, MWG II/8, S.  86 f., hier S.  86; Sombart und Simmel hatten für den Druck auch Streichungen vorgenommen, vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 28. März 1913, MWG II/8, S.  151 mit Hg.-Anm.  1. 37  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 7. Januar 1913, MWG II/8, S.  42. 38  Vgl. FZ, Jg. 57, Nr.  293 vom 22. Oktober 1912, 3. Mo. Bl., S.  2 f., hier S.  2. 39  Ebd., diese Passage ist im Artikel der FZ ohne Anführungszeichen, aber in direkter Rede wiedergegeben, anschließend folgt die Wiedergabe von Webers Diskussionsbeitrag in indirekter Rede.

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Der Herr Vorredner hat Recht,1 was heißt eigentlich Nation und Nationalgefühl? Haben wir überhaupt Anlaß, diese Begriffe ausdrücklich als besondere Realitäten zu behandeln? – Das wären die Fragen, die vor allen anderen gestellt werden müssen. Auf die Frage z. B., ob die Juden eine Nation sind, kann man gar nicht einfach mit ja oder nein antworten, denn  das erfordert eine sehr schwierige Begriffsbestimmung. Soweit hinter dem offenkundig vieldeutigen Wort überhaupt eine gemeinsame Sache steckt, liegt sie offenbar auf politischem Gebiet. Es ließe sich ein Begriff von Nation wohl nur etwa so definieren: sie ist eine gefühlsmäßige Gemeinschaft, deren adäquater Ausdruck ein eigener Staat wäre, die also normalerweise die Tendenz hat, einen solchen aus sich hervorzutreiben. Die kausalen Komponenten aber, die zur Entstehung eines Nationalgefühls in diesem Sinne führen, können grundverschieden sein. Sehen wir einmal von der Gemeinschaft des religiösen Glaubens ab, die darin noch immer – bei Serben und Kroaten2 – ihre Rolle nicht ausgespielt hat, so kommen zunächst gemeinsame, rein politische Schicksale in Betracht, durch welche unter Umständen auch sonst heterogene Völker zusammengeschweißt werden können. In solchen Erinnerungen ist der Grund zu suchen, warum der Elsäßer sich als nicht der deutschen Nationalität zugehörig empfindet: seine politischen Schicksale sind zu lange in außerdeutschen Zusammenhängen verlaufen. Seine Helden sind Helden der französischen Geschichte. Wenn Ihnen der 1  Weber bezieht sich auf Ferdinand Tönnies, in: Verhandlungen DGS 1912, S.  49, der den Vorsitz am Vormittag des ersten Verhandlungstages am 21. Oktober 1912 innehatte und in die Diskussion zum Referat von Paul Barth einführte, bevor er Max Weber als erstem Diskussionsredner das Wort erteilte. 2  Das Beispiel der Religion von Serben und Kroaten – die Kroaten sind römisch-katholisch, die Serben griechisch-orthodox – bringt Weber auch im Text „Ethnische Gemeinschaften“, MWG I/22–1, S.  168–190, hier S.  185. Der Text stammt aus der Vorkriegszeit, seine Entstehungszeit ist uns nicht genauer bekannt. Im Blick auf den Zusammenhang von Nation und Gemeinschaftsempfinden geht Weber hier auch auf Fragen der Abstammung ein und stellt fest, daß Nationalitätsunterschiede trotz starker Abstammungsverwandtschaft bestehen könnten, „nur weil Unterschiede der religiösen Konfessionen vorliegen, wie zwischen Serben und Kroaten.“ (ebd.).

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Kastellan des Kolmarer Museums zeigen will, was ihm von seinen Schätzen besonders teuer ist, so führt er Sie von Grünewalds Altar fort in ein Zimmer mit Trikoloren-, Pompier- und anderen Helmen, und solchen Erinnerungen scheinbar nichtigster Art aus einer Zeit, die ihm ein Heldenzeitalter bedeutet.3 – Auch eine bestehende staatliche Organisation aber, deren Heldenzeitalter von den Massen nicht mitempfunden wird, kann dennoch rein als solche, trotz größter innerer Gegensätze, der ausschlaggebende Faktor für ein mächtiges Gemeingefühl sein. Der Staat als Garant der Sicherheit wird gewertet und dies zumal in Zeiten der Bedrohung von außen, wo dann ein solches nationales Gemeinschaftsgefühl wenigstens intermittierend aufflackert. So sahen wir, wie in der sog. Nibelungengefahr die scheinbar rücksichtslos auseinanderstrebenden Elemente des österreichischen Staats sich zusammenschlossen, und nicht nur auf die am Staat als solchem interessierten Beamten und Offiziere, sondern auf die Massen der Armee Verlaß war. Besonders kompliziert liegen die Verhältnisse bei einer weiteren Komponente: dem Einfluß der Rasse. Von mystischen Wirkungen der Blutsgemeinschaft im Sinne der Rassenfanatiker sehen wir dabei wohl besser gänzlich ab. Für die soziale Anziehung und Abstoßung sind die Verschiedenheiten des anthropologischen Typus ein, aber ein neben traditionserworbenen Unterschieden nur gleichberechtigtes Moment der Abschließung. Und zwar mit charakteristischen Unterschieden. Jeder Yankee nimmt den zivilisierten Viertels- oder Achtelsindianer als Nationalitätsgenossen an, beansprucht womöglich selbst, Indianerblut zu besitzen. Ganz anders aber verhält er sich den Negern gegenüber, und zwar gerade dann, wenn dieser die gleichen Lebensformen annimmt und damit die gleichen sozialen Prätentionen erhebt. Wie erklärt sich das? Ästhetische Aversion mag mitspielen. Der „Negergeruch“ allerdings, von dem so viel gefabelt wird,4 ist nach meiner Erfahrung nicht zu entdecken, und schwarze Ammen, schwarze Kutscher Schulter an Schulter mit der 3  Auch dieses Beispiel der Elsässer und ihrer wechselvollen Geschichte im französisch-deutschen Grenzland des Hochrheins führt Weber in seinem Text „Ethnische Gemeinschaften“ an, in ähnlicher Weise beschreibt er das Kolmarer Museum und seine Bedeutung für die Elsässer, die vor allem seit der Französischen Revolution eine gemeinsame Kultur politischer Erinnerung mit den Franzosen teilten, vgl. Weber, Ethnische Gemeinschaften, MWG I/22–1, S.  186 f., sowie oben, S.  307, Anm.  2. 4  Das könnte sich, unausgesprochen, auch gegen Simmel richten. Bei ihm heißt es in seinem „Exkurs über die Soziologie der Sinne“ (Simmel, Soziologie, S.  657): „Die Re-

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das Kabriolet lenkenden Dame und vor allem mehrere Millionen Mischlinge sprechen allzu deutlich gegen die angeblich natürliche Abstoßung. Diese ist sozialen Charakters, und ich habe nur eine einzige einleuchtende Begründung gehört: die Neger sind Sklaven gewesen, die Indianer nicht.5 – Von den Kulturelementen, welche die wichtigste  positive Grundlage der Bildung von Nationalgefühl darstellen, steht überall in erster Linie die gemeinsame Sprache. Auch sie ist weder ganz unentbehrlich noch allein ausreichend. Man darf behaupten: daß es ein spezifisches Schweizer Nationalgefühl gab trotza der Sprachverschiedenheit. Trotz der Sprachgemeinschaft fehlt es dem Irländer mit dem Engländer. Die Bedeutung der Sprache ist in notwendigem Steigen begriffen, parallel mit der Demokratisierung von Staat, Gesellschaft und Kultur. Denn gerade für die Massen spielt die Sprache schon rein ökonomisch eine entscheidendere Rolle, als für den Besitzenden feudalen oder bürgerlichen Gepräges, der wenigstens in Sprachgebieten gleichartiger Kultur meist die fremde Sprache spricht, während der Kleinbürger und Proletarier im fremden Sprachgebiet ungleich stärker auf den Zusammenhalt mit Gleichsprachlichen angewiesen ist. Und dann vor allem: die Sprache und das heißt: die auf ihr aufgebaute Literatur sind das erste und zunächst einzige Kulturgut, welches den Massen beim Aufstieg zur Teilnahme an der Kultur überhaupt zugänglich wird. Der Kunstgenuß erfordert ein weit größeres Maß von Schulung, und Kunst ist weit aristokratischeren Gepräges, als Literatur gerade in ihren größten Leistungen. Aus diesem Grunde war die Vorstellung so utopisch: Demokratisierung müsse die Sprachenkämpfe mildern, die man in Österreich gehabt hat. Die Tatsachen haben sie inzwischen gründlich dementiert. Gemeina  In A folgt: des Fehlens zeption der Neger in die höhere Gesellschaft Nordamerikas scheint schon wegen der Körperatmosphäre des Negers ausgeschlossen“. 5  Weber hatte auch schon zwei Jahre vorher auf dem Ersten Deutschen Soziologentag 1910 zum Vortrag von Alfred Ploetz gesagt, daß in den Vereinigten Staaten die Herabsetzung der Schwarzen durch die Weißen zwar mit der Notwendigkeit der Rassentrennung begründet werde, tatsächlich aber auf ihre unterschiedliche sozio-ökonomische Lage und gesellschaftliche Stellung zurückzuführen sei, vgl. Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, oben, S. 243–260, hier S.  248 f. Zu den sozialen Gründen der Rassentrennung Farbigen gegenüber vgl. auch Weber, Ethnische Gemeinschaften, MWG I/22–1, S.  169–171, sowie oben, S.  307, Anm.  2.

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same „Kulturgüter“ können also ein einigendes nationales Band abgeben. Auf den objektiven Wert dieser Kulturgüter kommt es dabei aber gar nicht an und deshalb darf man „Nation“ nicht als „Kulturgemeinschaft“ fassen. Gerade die Zeitungen, in denen sich gewiß nicht immer das Sublimste an literarischer Kultur sammelt, kitten die Massen am stärksten zusammen. Über die eigentlich soziologischen Bedingungen der Entstehung einer einheitlichen Literatursprache und – was etwas anderes ist – einer Literatur in der Volkssprache stecken alle Untersuchungen noch in den Anfängen. Für Frankreich kann auf die Aufsätze meines verehrten Freundes Vossler6 verwiesen werden. Nur auf einen typischen Träger dieser Entwicklung möchte ich hier hinweisen, weil man an ihn nicht oft denkt: die Frauen. Ihre spezifische Leistung für die Bildung eines an der Sprache orientierten Nationalgefühls liegt hier. Eine erotische Lyrik, die sich an Frauen wendet, kann nicht wohl fremdsprachig sein, weil sie dann von den Adressatinnen unverstanden bliebe. Ganz gewiß nicht die höfische und ritterliche Lyrik allein, auch nicht immer zuerst, aber doch oft und nachhaltig gerade sie hat daher in Frankreich, Italien, Deutschland das Lateinische, in Japan das Chinesische durch die eigene Sprache ersetzt und diese zur Literatursprache sublimiert. Wie dann die Bedeutung der Volkssprache unter dem Einfluß der Erweiterung der Verwaltungsaufgaben von Staat und Kirche, also als Sprache der Behörden und der Predigt stetig fortschreitet, habe ich hier nicht zu schildern. Nur noch ein Wort über die ökonomische Bedingtheit gerade der modernen Sprachenkämpfe. An der Erhaltung und Pflege der Volkssprache sind heute ganz erhebliche pekuniäre und kapitalistische Interessen verankert: solche der Verleger, Herausgeber, Auto6  Aus einem Brief an den Romanisten Karl Vossler vom November 1911 geht hervor, daß Weber dessen im selben Jahr erschienene Aufsätze zur Entstehungsgeschichte der französischen Schriftsprache kannte und schätzte. Weber hebt insbesondere hervor, daß Vossler nicht die „üblichen ‚Lautwandel-Hypothesen‘“ zur Erklärung der französischen Spracheigenart bemühe, sondern kulturgeschichtliche Fragestellungen, wie die Formung des „Sprachkörpers“ durch den dichterischen, gelehrten und gestaltenden Umgang mit Sprache, untersuche. Sachlich wichtig seien ihm die diesbezüglichen Arbeiten Vosslers „mit ihrem stark soziologischen Einschlag. Denn damit kann unsereiner doch unmittelbar etwas anfangen“, vgl. Brief Max Webers an Karl Vossler vom 15. November 1911, MWG II/7, S.  358–360, alle Zitate hier S.  359; sowie Vossler, Karl, Zur Entstehungsgeschichte der französischen Schriftsprache, in: Germanischromanische Monatsschrift, Jg. 3, 1911, S.  45–60, 157–172, 230–246, 348–363 und 476–494.

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ren und Mitarbeiter von Büchern und Zeitschriften, vor allem aber von Zeitungen. Seit es einmal polnische und lettische Zeitungen gab, war der von den Regierungen oder herrschenden Schichten anderer Sprachzugehörigkeit geführte Sprachenkampf so gut wie aussichtslos geworden.7 Denn gegen diese Gewalten ist die  Staatsraison machtlos. Und diesen kapitalistischen Erwerbsinteressen tritt ein anderes materielles Interesse von großem Gewicht zur Seite: in der Konkurrenz um die Ämter werfen die Amtsanwärter ihre Doppelsprachigkeit in die Wagschale und suchen für diese ein möglichst breites Pfründengebiet mit Beschlag zu belegen, wie in Österreich die Tschechen mit ihrem Überschuß von massenhaft gezüchtetem intellektuellem Proletariat. Diese Tendenz ist an sich alt. Die konziliare und zugleich nationalistische Reaktion des ausgehenden Mittelalters gegen den Universalismus des Papsttums – der Name natio findet sich als Rechtsbegriff für eine organisierte Gemeinschaft ja zuerst an den Universitäten und auf den Reformkonzilien – hatten ihren Ursprung in starkem Maße in dem Interesse der Intellektuellen, welche die Pfründen ihres eigenen Landes nicht von Rom her durch Fremde besetzt, sondern für sich reserviert sehen wollten. Nur die Verknüpfung mit der nationalen Sprache als solcher fehlte damals und ist, aus den erwähnten Gründen, spezifisch modern. Alles in allem: wenn man es überhaupt zweckmäßig findet, ein Nationalgefühl als etwas Einheitliches, spezifisch Gesondertes zu unterscheiden, so kann man das nur durch Bezugnahme auf eine Tendenz zum eigenen Staat, und man muß sich dann klar sein, daß darunter sehr heterogen geartete und verursachte Gemeinschaftsgefühle zusammengefaßt werden.

2. Nach dem Vortrag von Ferdinand Schmid äußerte sich Max Weber in der Nachmittagssitzung kurz zu diesem (vgl. unten, S.  318) und leitete dann mit

7  Weber bezieht sich vermutlich auf die Politik des zaristischen Rußland in dem Teil Polens, der ihm auf dem Wiener Kongreß zugefallen war und zunächst seine Autonomie behielt. Im Laufe der Jahre wurde er zunehmend russischer Verwaltung unterworfen, 1865 schließlich das Russische zur Amtssprache erklärt. Dies verhinderte aber weder die fortdauernde Existenz noch die Neugründung von Zeitungen in den angestammten Sprachen.

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den Worten „Nun zu den Erörterungen von heute Vormittag“ zur Fortführung der Debatte über Paul Barths Vortrag über. [A 72]

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Herrn Dr. Ludo Moritz Hartmann will ich die größere Kompetenz im Tatsächlichen der österreichischen Verhältnisse zugeben.8 Zu seiner Definition des Begriffes Nation muß ich aber nochmals sagen: Es gibt keinen soziologisch eindeutigen genetischen Begriff von Nation und Nationalität, der an den Begriff „Kultur“ anknüpft.9 Definitionen sind hier konventionell und bleiben im Gebiet des Subjektiven. Die Hartmannsche Definition läßt z. B. die Frage offen, was denn eine „Kulturgemeinschaft“ ist. In welchem Sinne – wenn überhaupt – besteht eine solche zwischen der Aristokratie und dem Proletariat eines Landes? Damit beginnt zuerst das Problem: die Gemeinsamkeit welcher Kulturgüter bietet den stärksten Antrieb dafür, daß die betreffende Gemeinschaft nach einer politischen Organisation strebt? Die Bedeutung der Kunst ist dafür sehr gering. Um so stärker ist der Einfluß der Literatur, wie ich schon ausführte.10

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Hier ist sehr wohl und ausdrücklich von „Blut“ gesprochen worden. Ich habe aber ausgeführt, daß mit der unklaren Rassemystik nichts anzufangen ist.11 Ich habe die Frage aufgeworfen, inwiefern 8  Weber hatte am Vormittag in seinem ersten Diskussionsbeitrag zur Rede von Paul Barth Beispiele aus Österreich-Ungarn angeführt, um die Bedeutung einer gemeinsamen Sprache, vor allem im Falle gleichzeitigen Gebrauchs von National- und Minderheitensprachen, und nationaler Zugehörigkeitsgefühle in einem Vielvölkerstaat darzulegen, oben, S.  309–311. Der in Wien lebende deutsch-österreichische Historiker Ludo Moritz Hartmann beschrieb in einem nachfolgenden kurzen Diskussionsbeitrag als „sachliche Berichtigung“ von Webers Ausführungen zu Österreich einige aus den nationalen Gegensätzen erwachsende Probleme des österreichischen „Imperialismus“, vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  53. 9 Hartmann hatte am Vormittag in einem kurzen Diskussionsbeitrag zur Rede von Paul Barth den Begriff Nation folgendermaßen definiert: „Nation ist die Gesamtheit der durch gemeinsame Schicksale und gemeinsamen Verkehr, dessen Vermittlerin die Sprache ist, zu einer Kulturgemeinschaft verbundenen Menschen [...].“ Vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  53, dazu auch oben, S.  311, Anm.  7. 10 Weber verweist auf seinen ersten Diskussionsbeitrag zur Rede von Paul Barth, oben, S.  309 f. 11  Weber bezieht sich hier auf die Vormittagsdiskussion und die dort von Müller-Hansen gemachte Bemerkung: „Der Begriff des Blutes hat in den bisher aufgebrachten

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erbliche Qualitäten gemeinschaftsbildend sind. Wie schwankend die Zuteilung zu einem Volk ist, zeigt sich darin, daß man in Amerika eine Frau als Negerin bezeichnet, die 1/100 Negerblut hat, während wir Leute als Deutsche bezeichnen, die kaum einen Tropfen deutsches Blut haben (z. B. Treitschke).12 Es ist mit Recht hervorgehoben worden, welche Rolle die Religion auf dem Gebiete nationaler Gemeinschaftsbildung spielen kann.13 Gerade Sektenbildung führt oft zur Inzucht und hat in Indien z. B. neue anthropologische Typen erzeugt.14 – Der Sinn von „Nation“ und „national“ ist absolut nicht eindeutig. Wir können ihn nicht finden von der Seite der gemeinsamen Qualität her, welche die Gemeinschaft Definitionen merkwürdigerweise gar keine Rolle gespielt. Die Grundlage der Nation ist die Rasse.“; vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  74, sowie seine eigene Bemerkung: „Besonders kompliziert liegen die Verhältnisse bei einer weiteren Komponente: dem Einfluß der Rasse. Von mystischen Wirkungen der Blutsgemeinschaft im Sinne der Rassenfanatiker sehen wir dabei wohl besser gänzlich ab.“ vgl. oben, S.  308. 12  Namensgebende Vorfahren des Historikers Heinrich von Treitschke stammten aus Böhmen, Treitschke ist die eingedeutschte Form des slawischen Namens Treschky. 13  Paul Barth war in seiner Rede „Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung“ mehrmals auch auf das Verhältnis von Nationalität und Religion eingegangen, vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  21–48, z. B. S.  28 ff. und 36 f. In der Diskussion äußerte sich Eduard Bernstein zur Rolle des Protestantismus, vgl. ebd., S.  52, und Richard Böttger erwähnte kurz die der nationalen Vergemeinschaftung womöglich förderliche Wirkung von katholischer Kirche und Pietismus, vgl. ebd., S.  73. Nicht zuletzt hatte Weber selbst in seinem ersten Diskussionsbeitrag auf eine entsprechende Rolle von Religion hingewiesen, vgl. oben S.  307 mit Anm.  2. 14 In seiner 1916 erschienenen Untersuchung „Hinduismus und Buddhismus“ legt Weber dar, daß für die Entstehung des indischen Kastenwesens neben der sozialen – ständischen und ökonomischen – Ungleichheit auch ethnische Merkmale eine bedeutende Rolle gespielt hätten. Da die Kasten traditionell oft nach Hautfarbe voneinander getrennt seien, hätten anthropometrische Untersuchungen typische Abstufungen anthropologischer Merkmale je nach Art der Kaste ergeben, vgl. Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus, I. Das hinduistische soziale System, MWG I/20, S.  49–220, hier S.  208 f. Weber merkte an, daß ein Zusammenhang also bestehe, der sich jedoch nicht als „‚rassenpsychologisches‘ Produkt“ oder aus „geheimnisvollen, im ‚Blut‘ liegenden Tendenzen der ‚indischen Seele‘“, sondern soziologisch mit dem Zusammentreffen „im äußeren Typus auffallend rassenverschiedener Völker in Indien“ erklären lasse, ebd., S.  209. Ähnlich auch in dem Text „Ethnische Gemeinschaften“, den Weber möglicherweise zeitlich parallel zum Zweiten Soziologentag und seiner Vorbereitung geschrieben hatte und in dem er ausführte, die „Reinzüchtung anthropologischer Typen“ sei oft Folge von durch Endogamie bewirkter Abschottung von Gemeinschaften, wie beispielsweise bei Sekten in Indien, vgl. Weber, Ethnische Gemeinschaften, MWG I/22–1, S.  170. Zur anthropologischen und soziologischen Differenzierung im indischen Kastensystem vgl. auch Ay, Karl-Ludwig, Max Weber und der Begriff der Rasse, in: Aschkenas – Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden, 3. Jg., 1993, S.  189–218.

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erzeugt, sondern nur von der Seite des Zieles her, nach dem hin etwas drängt, was wir unter dem Sammelnamen Nationalität bezeichnen: dem selbständigen Staatswesen. Was die Anzweiflungen von Professor Michels gegen die Bedeutung der erotischen Lyrik für die Propaganda der Volkssprache und ihre Entwicklung zur Literatursprache anlangt, so meine ich, daß die Tatsachen sowohl in Frankreich wie namentlich in Japan und auch in Italien doch außerordentlich klar liegen. Petrarca hat eben seine  Sonette seiner Laura niemals weder vorgelesen noch zugeschickt,15 und Goethes römische Elegien sind auf dem Rücken der Vulpius abskandiert.16 Im übrigen aber können wir an dieser Meinungsverschiedenheit vielleicht einmal praktisch illustrieren, was es mit dem Unterschiede empirischer kausaler Erklärung und wertender Betrachtung, von deren Ausschluß aus unsern Debatten heute wieder die Rede war, eigentlich auf sich hat. Die „Gunst der Frauen“ als ein kausales Moment soziologischer Erscheinungen schätzt Professor Michels, wie sich zeigt, niedriger ein als ich. Aber damit ist doch nun nicht gesagt, daß er die Gunst der Frauen im Werte niedriger einschätzt, als ich tue. Eine Auseinandersetzung darüber würde ersichtlich nicht an diesen Ort gehören und prinzipiell eine Einigung ausschließen, und so steht es meines Erachtens mit allen Wertdiskussionen überhaupt. Man kann da nur Standpunkte festlegen, aber eine Einigung ist prinzipiell gar nicht das bei Wertdiskussionen erstrebte Ziel. Erwägen Sie, wohin es geführt hätte, wenn wir heute etwa den Wert der Nationalität oder den Wert des nationalen Staates mit in die Diskussion gezogen hätten, wie dies der erste Herr Redner immerhin bis zu einem gewissen Grade getan hatte.17 Wir hätten ein allgemeines Chaos gegenseitiger nationaler Rekriminationen, etwa der Polen gegen die Deut15  Robert Michels hatte am Vormittag in der Diskussion ausgeführt, daß er im Gegensatz zu Max Weber (vgl. oben, S.  310) vor einer Überschätzung des Zusammenhangs von Nationalität und Erotik warne; kein großer Dichter, etwa Petrarca, habe sich durch Unterschiede in der Nationalität daran hindern lassen, „seine Dame in der eignen Sprache anzudichten“, vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  54. 16  Goethe schrieb die Gedichtsammlung „Römische Elegien“ erst nach der Rückkehr von seiner Italienreise 1786–1788. Darin bringt er nicht nur seine Bewunderung der Antike zum Ausdruck, sondern auch seine erotischen Empfindungen für seine Weimarer Geliebte und spätere Frau Christiane Vulpius. 17 Damit bezieht sich Weber nochmals auf Paul Barth, der seinen Vortrag mit der Frage beendet hatte, ob der gemeinsame Wille nicht besser zum Volksganzen fortschreite, wenn der Staat nicht national, sondern international organisiert wäre, vgl.

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schen und umgekehrt, heraufbeschworen, bei dem eine Förderung sachlicher Erkenntnis auf keine Weise herausgesprungen wäre. Vorläufig haben wir den Statutenparagraph, welcher derartiges verbietet,18 und so lange er besteht, werden wir auf unserem Rechte, seine Durchführung zu verlangen, bestehen.

Barth, Die soziologische Bedeutung der Nationalität, in: Verhandlungen DGS 1912, S.  21–48, hier S.  48, vgl. hierzu auch den Editorischen Bericht, oben, S.  304 f. 18  Zum Wortlaut des §  1 der Statuten der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vgl. oben, S.  222, Anm.  5.

[Das Recht der Nationalitäten] [Diskussionsbeitrag zum Vortrag von Ferdinand Schmid auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag am 21. Oktober 1912 in Berlin]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Der Jurist Ferdinand Schmid hielt auf dem Zweiten Soziologentag einen Vortrag mit dem Titel „Das Recht der Nationalitäten“, der am 21. Oktober in der Nachmittagssitzung stattfand.1 Max Weber beteiligte sich an der Debatte mit einem kurzen Beitrag.2 Den Kongreß hielt die Deutsche Gesellschaft für Soziologie vom 20. bis 22. Oktober 1912 in Berlin ab. Schmid führte aus, daß der „Hauptsitz“3 des Rechts der Nationalitäten immer in einem Staat mit verschiedenen nationalen Zugehörigkeiten sei. Infolge der derzeitigen „internationalen Wanderbewegung“4 bekomme die Frage wachsende Bedeutung, ob das Recht der Nationalitäten nach dem Prinzip der Personalität oder der Territorialität gestaltet werden solle.5 Durch Untersuchungen zu verschiedenen Kulturstaaten und ihrer jeweiligen Fassung des Nationalitätenrechts könne die „Wissenschaft der Soziologie“ an deren Beantwortung mitarbeiten. Mit Webers Diskussionsbeitrag begann die Debatte, die sich aber in der Hauptsache auf den Vortrag von Paul Barth und die am Vormittag begonnene Diskussion bezog.6 Im Anschluß an die Debatte erstattete Weber im Auftrag des Vorstandes den „Rechenschaftsbericht für die abgelaufenen beiden Jahre“.7

1 Schmid, Ferdinand, Das Recht der Nationalitäten, in: Verhandlungen DGS 1912, S.  55–72. 2  Unten, S.  318. 3  Schmid, Das Recht der Nationalitäten, in: Verhandlungen DGS 1912, hier S.  68. 4  Ebd., S.  70. 5  Vgl. ebd. 6  Vgl. dazu Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, oben, S.  307– 315. 7 Weber, Rechenschaftsbericht für die abgelaufenen beiden Jahre. Rede auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag in Berlin am 21. Oktober 1912, in: MWG I/13, S.  411–417.

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II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Redebeitrag Max Webers folgt dem Abdruck in den Verhandlungen des Zweiten Deutschen Soziologentages vom 20.–22. Oktober 1910 in Frankfurt a. M. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1913, S.  72 (A), der auf der Grundlage einer stenographischen Mitschrift erfolgte, die nicht überliefert ist. Der Beitrag ist eingeführt mit „Professor Max Weber (Heidelberg)“. Weber, der – wie auch für den Ersten Deutschen Soziologentag – die Redaktion für den Druck der Verhandlungen des Zweiten Deutschen Soziologentages besorgte,8 veranlaßte durch Nachfrage, daß Ferdinand Schmid das Manuskript seines Redetextes überhaupt rechtzeitig für die Veröffentlichung vorlegte.9 Da Weber die redaktionelle Überarbeitung dieser Verhandlungen verantwortete, hat der Abdruck seines Redebeitrages als von ihm autorisiert zu gelten.10

8  Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, oben, S.  306, sowie den Editorischen Bericht zu Weber, Technik und Kultur, oben, S.  224 f. 9  Vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom [26. April 1913], MWG II/8, S.  208, sowie Hg.-Anm.  1 und 2. 10  Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, oben, S.  306.

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Wenn sich einmal jemand an das große Problem der rechtlichen Gestaltung der Nationalitätenbeziehung machen wollte, so wären eine der wichtigsten Quellen dafür die Schriften von Dragomanow,1 und dann die Verhandlungen, die in Rußland während der Revolution geführt worden sind. Die Russen haben, weil die Art ihrer radikal revolutionären Stellung zur bestehenden Regierung ihnen einen archimedischen Punkt außerhalb aller bestehenden uns allen selbstverständlichen Ordnungen der Gesellschaft gibt, die Eigentümlichkeit, mit ihrem Intellekt die äußersten gedanklichen Konsequenzen zu erschöpfen. Darum sind hier vielleicht alle Möglichkeiten der Gestaltung des Problems aufgetaucht. Nun zu den Erörterungen von heute Vormittag.2

1  Als sich Weber in den Jahren 1905/06 mit den revolutionären Bestrebungen in Rußland beschäftigte, setzte er sich auch mit dem Nationalitätenproblem im Zarenreich, besonders in Polen und in der Ukraine, auseinander. Eine wichtige Grundlage für seine Einschätzung der politischen Ereignisse waren die Schriften des ukrainischen Sozialisten und Historikers Michail P. Dragomanov, der sich für die kulturelle Selbständigkeit der einzelnen Volksgruppen auf demokratischer Grundlage einsetzte, vgl. Weber, Max, Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland, in: MWG I/10, S.  86–279, hier S.  145 ff., sowie Mommsen, Wolfgang J., Einleitung, ebd., S.  1–54, bes. S.  12. 2  Mit diesem Satz leitete Weber über zur Fortsetzung der Vormittagsdiskussion über den Vortrag von Paul Barth „Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung“, in: Verhandlungen DGS 1912, S.  21–48, sowie der Debatte, ebd., S.  49–54. Vgl. dazu Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, oben, S.  312–315.

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[Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie. Über Nation und Vaterlandsliebe] [Diskussionsbeiträge zu den Vorträgen von Franz Oppenheimer, Ludo Moritz Hartmann und Robert Michels auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag am 22. Oktober 1912 in Berlin]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Der Mediziner und Nationalökonom Franz Oppenheimer hielt auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag in Berlin einen Vortrag mit dem Titel „Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie“, der am zweiten Verhandlungstag, den 22. Oktober 1912, stattfand.1 Vor Oppenheimer hatte der Historiker Ludo Moritz Hartmann seine Rede „Die Nation als politischer Faktor“2 gehalten, nach Oppenheimer folgte der deutsch-italienische Soziologe Robert Michels mit der Rede „Die historische Entwicklung des Vaterlandsgedankens“.3 Die Diskussion wurde für die drei Reden zusammengefaßt und begann nach dem Vortrag von Michels.4 Oppenheimer lehnte rassentheoretische Erklärungen zum Zusammenhang von Rasseneigenschaften bestimmter Völker und ihren sozialen und kulturellen Leistungen ab. Sie entsprächen einer Ideologie, die die Überlegenheit höher stehender, besitzender Klassen damit legitimiere, daß die nichts besitzenden und nichts leistenden Klassen sozial unten stehen, weil sie vermeintlich minderwertige Rassenmerkmale aufwiesen. Dagegen setzte Oppenheimer seine These, daß die Persönlichkeit eines Menschen vielmehr von seiner Zugehörigkeit zu seiner Gruppe bestimmt sei. Er ging von einem „strengen, fast mechanischen, rein kausalen Zusammenhange“ aus,5 den nur eine Theorie des Milieus erklären könne. Für Hartmann entstand die nationale Bewegung im 19. Jahrhundert durch Sprachgemeinschaft und der durch die Sprache vermittelten Verkehrsge1  In: Verhandlungen DGS 1912, S.  98–139. 2  Ebd., S.  80–97. 3  Ebd., S.  140–184. 4  Vgl. ebd., S.  185–192. 5  Ebd., S.  134.

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meinschaft. Er betrachtete den Nationalstaat im Gegensatz und in Abgrenzung zum Machtstaat als die vorläufig höchste Stufe der Entwicklung, der gegenüber andere staatsbildende Faktoren wie Eroberung oder Religion als „Rudimente“6 erschienen. In der Politik umstritten war ihm zufolge die Frage der Sprachgrenzen und die der Assimilation von Minderheiten: Er plädierte dafür, innerhalb der „historischen Gegebenheiten“7 Sprachgrenzen zu akzeptieren und die Assimilation zu fördern, um den freiheitlichen und demokratischen Charakter der nationalen Politik zu erhalten. Michels beschrieb die Entwicklung von kleinstaatlichem Gruppenpatriotismus zum Vaterlandsgedanken sich zentralisierender Nationalstaaten, dabei hätten Religion, Literatur und Sprache eine besondere Bedeutung. Die Nationen besinnen sich ihm zufolge zunehmend auf ihre kulturelle Eigenart und entwickeln ein Gefühl für Nationalität. Der heutige Patriotismus sei Resultat von demokratischer Bewegung und möglich werdender Teilnahme der Bürger am Staat. Die „Frankfurter Zeitung“ berichtete am nächsten Tag in ihrem Artikel vom 23. Oktober 1912 zum Soziologentag, Oppenheimers dezidierte Ablehnung einer rassentheoretischen Geschichtsphilosophie habe dazu geführt, daß während seines Vortrages Widerspruch aus der Zuhörerschaft laut geworden und es schließlich zum „Exodus einer Minderheit“8 gekommen sei. Aus dem Verhandlungsband des Zweiten Soziologentages, dessen Redaktion Max Weber übernommen hatte, geht kein Hinweis auf diesen Tumult hervor. Gemäß einem Beschluß des Vorstandes der Gesellschaft für Soziologie wurden die Diskussionen auch nur auszugsweise veröffentlicht, da nicht alles situativ Geäußerte von allgemeinem Interesse sei.9 Max Weber unterstützte in seinem Redebeitrag im wesentlichen die Kritik Oppenheimers an der Rassentheorie,10 für deren Deutungen historischer 6  Ebd., S.  84. 7  Ebd., S.  92. 8  Vgl. o. V., 2. Deutscher Soziologentag, in: Frankfurter Zeitung, Jg. 57, Nr.  294 vom 23. Oktober 1912, 3. Mo. Bl., S.  1, sowie Boehm, Max H., Der zweite deutsche Soziologentag, in: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie, hg. von Paul Barth, 37. Jg., N. F. 12, Heft 1, 1913, S.  126–133, der berichtet, daß der Vortrag von Oppenheimer „lebhafte Unruhe“, ebd., S.  132, hervorgerufen habe. 9  Vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  V, sowie den Editorischen Bericht zu Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, oben, S.  306 mit Anm.  35. 10 Über die Diskussion vor Webers Redebeitrag berichtet die Frankfurter Zeitung, daß neben anderen „Herr Müller-Hoch [sprach], offenbar im Namen der Rassentheoretiker, und […] den Exodus seiner Freunde mit dem Hinweis auf die Unmäßigkeit der Oppenheimerschen Polemik [begründete], die es erstaunlich erscheinen lasse, daß in einer Berliner wissenschaftlichen Gesellschaft ein solcher Vortrag gehalten werden konnte. Dem Redner wurde nach weiteren persönlichen Bemerkungen das Wort entzogen.“ o. V., 2. Deutscher Soziologentag, in: Frankfurter Zeitung, Jg. 57, Nr.  294 vom 23. Oktober 1912, 3. Mo. Bl., S.  1.

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Epochen charakteristisch sei, daß auch gegensätzliche „Konstruktionen alle gleich plausibel sind“.11 Er stellte fest, daß in Fragen der Erblichkeit nur weiterzukommen sei, wenn man hinsichtlich ganz bestimmter, entwicklungsgeschichtlich relevanter Unterschiede diese als „nachweislich“12 vererbbar ansehen könne. Doch schon allein diesen Nachweis zu führen, sei selbst bei naturwissenschaftlich exakt zu ermittelnden Eigenschaften beim derzeitigen Forschungsstand kaum möglich.13

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Die Redebeiträge Max Webers folgen dem Abdruck in den Verhandlungen des Zweiten Deutschen Soziologentages vom 20.–22. Oktober 1912 in Frankfurt a. M. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1913, S.  188–191 [1.] und S.  191 [2.] (A), der auf der Grundlage einer stenographischen Mitschrift erfolgt ist, die nicht überliefert ist. Die Beiträge Max Webers sind eingeführt mit „Professor Max Weber (Heidelberg)“. In seinem zweiten, kurzen Redebeitrag reagiert Weber auf einen Einwand von Heinrich Driesmans zu seinem ersten Diskussionsbeitrag. Max Weber war verantwortlich für die Redaktion und Drucklegung des Verhandlungsbandes zum Zweiten Deutschen Soziologentag.14 Der Abdruck seines Redebeitrages zu den Vorträgen von Franz Oppenheimer, Ludo Moritz Hartmann und Robert Michels kann folglich als von ihm autorisiert gelten. Der Herausgeber fügt einen eigenen Titel ein und setzt diesen in eckige Klammern. Da Max Weber den Vortrag von Oppenheimer entgegen der Vortragsabfolge an erster Stelle und am ausführlichsten behandelt, ist dieser auch im Titel der Herausgeber zuerst genannt.

11  Vgl., unten, S.  323. 12 Ebd. 13  Vgl. ebd. 14 Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung, oben, S.  306.

[Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie. Über Nation und Vaterlandsliebe] 1. [A 188]

Die eigentliche Frage im Rassenproblem wäre doch wohl: Sind bestimmte historisch, politisch, kulturell, entwicklungsgeschichtlich relevante Differenzen nachweislich ererbt und vererbbar, und welches sind diese Unterschiede? Diese Frage ist heute auf den meisten Gebieten noch nicht einmal exakt zu stellen, geschweige daß schon an ihre Lösung zu denken wäre. Ich selbst habe mich an ihrer Untersuchung auf einem Felde mitbeteiligt, das der exakten Forschung verhältnismäßig leicht zugänglich erscheint: wir hatten den Versuch machen wollen, Unterschiede der Verwendbarkeit und Rentabilität von Arbeitern verschiedener ethnischer Herkunft an modernen Maschinen unter anderem auch daraufhin zu untersuchen, inwieweit ihnen etwa Unterschiede ererbter und vererblicher Qualitäten zugrunde liegen könnten.1 Aber obwohl hier die Differenzen der Leistung meßbar sind, direkt durch geeignete Vorrichtungen an den Maschinen (Stuhluhren z. B.), indirekt durch die Lohnverdienste, und obwohl ferner das Akkordlohnsystem ein ungefähr gleiches Maß von Anspannung der Leistungsfähigkeit zu garantieren wenigstens scheinen könnte, mußten wir uns doch überzeugen: es existieren noch nicht einmal die Mittel, die zu einer derartigen Feststellung selbst auf diesem relativ einfachen Beob1  Weber bezieht sich auf seine Studie „Zur Psychophysik der industriellen Arbeit“ von 1908/09 für die er sich mit experimentalpsychologischen Untersuchungen zu körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit beschäftigte, um feststellen zu können, inwieweit Methoden und Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschung auf sozialwissenschaftliche Fragestellungen übertrag- und anwendbar sind. Wie in den Experimenten zur Arbeitskurve des Psychiaters Emil Kraepelin ließ sich zwar die unter den Arbeitsbedingungen der Fabrik geleistete Arbeit aufzeichnen, jedoch waren individuelle Leistungsunterschiede zwischen den Arbeitern mit dieser Methode nicht erklärbar, vgl. Weber, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit, MWG I/11, S.  162–380, besonders Kap.  6 „Methodische Fragen“, ebd., S.  218–250. Diese Studie verfaßte Weber im Zusammenhang mit der 1908 im Verein für Sozialpolitik beschlossenen Enquete „Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie“, für die er als Mitglied des vorbereitenden Unterausschusses auch eine sog. Denkschrift über deren Ziele, Fragestellung und methodische Vorgehensweise geschrieben hatte, vgl. ebd., S.  78–149.

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achtungsfelde dienen könnten. Und da will man schon mit Rassetheorien Geschichtskonstruktion treiben. – Wohin das selbst bei geistvollen Schriftstellern führt, ist leicht zu illustrieren. Der Untergang des römischen Reiches ist Gegenstand vieler rassetheoretischera Deutungsversuche geworden,2 für welche es charakteristisch ist, daß die gerade entgegengesetzten Konstruktionen alle gleich plausibel sind. Man hat ihn durch die Vernichtung der Herrenrasse in den angeblich besonders blutigen Kriegen des späten Römerreiches erklärt; aber in der Kaiserzeit war gerade Italien nahezu völlig vom persönlichen Kriegsdienst befreit. Man hat daher – eine gerade umgekehrte Erklärung! – argumentiert: durch eben diese Ausschaltung des Römertums sei der Geist der Armee und Verwaltung geändert worden. Septimius Severus hat in der Tat den Römeradel im Offizierkorps der Armee und in der Verwaltung aus politischen Gründen durch barbarische Emporkömmlinge verdrängt. Aber wenn dadurch unassimilierte, kulturlose Barbaren in die höheren Heeresschichten steigen, so tritt offenbar nicht ihrer Rassenangehörigkeit, sondern: ihrer Barbarei wegen eine Änderung der Nachfrage nach „Kultur“, eine Veränderung des Kunstgeschmacks ein. Einige der spezifischsten Römerkaiser waren ebenfalls Barbaren der ethnischen Herkunft nach, – nur eben durch Aufnahme in die Kulturtradition der Antike assimilierte Barbaren. Man sieht, es läßt sich mit Rassentheorien beweisen und widerlegen, was man mag. Es ist ein wissenschaftliches Verbrechen, heute, mit ganz ungeklär-

a A: rassetheoretischen 2  Bereits in seiner Vorlesung „Allgemeine (‚theoretische‘) Nationalökonomie“, die Weber in den Jahren 1894–1898 mehrmals gehalten hatte, gab er eine Einführung in die biologischen und anthropologischen Grundlagen der Gesellschaft und verwies auf die zeitgenössische vererbungstheoretische Literatur und deren Schlußfolgerungen zur Bedeutung von Rassenmerkmalen in gesellschaftlichem Zusammenhang. In dem Abschnitt „Angebl[iche] Einzelergebnisse der anthropolog[ischen] Theorie“ behandelte er deren Verfahren, historische Tatsachen auf Rassendegeneration zurückzuführen, hier nannte er das Buch von Otto Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt. – Berlin: Siemenroth & Worms 1895, vgl. Weber, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, S.  351–358, bes. S.  356. Zur rassentheoretischen Geschichtsschreibung äußerte sich Weber auch in seinem Diskussionsbeitrag zu Alfred Ploetz’ Vortrag beim Ersten Deutschen Soziologentag 1910, vgl. Weber, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, oben, S.  243–260, bes. S.  245, Anm.  6 und S.  255 mit Anm.  16. Das von Ploetz in der Diskussion erwähnte Buch von Seeck bezeichnete Weber in einem kurzen, Ploetz unterbrechenden, Einwand als „bedenklich“, vgl. ebd.

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ten  Begriffen, auf dem Gebiete der Antike durch kritiklosen Gebrauch von Rassenhypothesen die freilich weit schwierigere soziologische Analyse umgehen zu wollen, die keineswegs aussichtslos ist, während wir doch wohl die Hellenen und Römer heute nicht mehr daraufhin untersuchen können, inwieweit etwa ihre Qualitäten auf ererbten Anlagen beruhen oder nicht. Das gelingt selbst den sorgsamsten und mühseligsten Untersuchungen am heute lebenden Objekt, auch wenn wir es ins Laboratorium nehmen und exakt experimentieren, noch nicht. Wie steht es denn aber eigentlich mit der Rassenreinheit der Herrenschichten der Vergangenheit, von deren Rassenqualitäten die Rassentheoretiker fortgesetzt sprechen? Die legitime Ehe ist eine verhältnismäßig junge Institution zum Schutz der legitimen Frau,3 und d. h. in Wirklichkeit: im Interesse von Monopolen der ökonomischen oder politischen Genossen des Mannes. Die Sippe der Frau will Schutz dagegen, daß durch die ursprünglich überall anerkannte patriarchale Willkür des Mannes das Kind irgend einer Sklavin oder eines Nebenweibes in die Rechte des Erben mit eingesetzt wird. Sie verlangt als Gegenleistung für die Mitgift, welche sie der Frau gibt, daß nun ihrem, dem legitimen Sohne, die Erbfolge garantiert wird. Die Bürgerschaft oder die Markgenossenschaft oder die religiöse Gemeinschaft will nicht, daß „der Sohn der Magd in Israel erbe“.4 Damit erst beginnt in den Herrenschichten die Inzucht und Blutsreinheit. Solange aber der polygame Mann der Herrenschicht sich Weiber kauft, wo und wieviele er will[,] und der Held sein Weib gern durch Raub in der Fremde gewinnt, kann von Rassereinheit 3  In seinem Text „Hausgemeinschaften“ aus „Wirtschaft und Gesellschaft“ untersucht Weber die ökonomische Versorgung des Haushaltes wie auch die Stellung von Mann und Frau und ihr jeweiliges (Herrschafts-)Verhältnis zu den Kindern, vgl. Weber, Hausgemeinschaften, MWG I/22–1, S.  114–161. In diesem Text verwandte er für das entstehende Recht der Frau den Begriff der „legitimen Ehe“ (vgl. ebd., S.  142). Wie Max Weber an den Verleger schrieb, gehen die „Grundgedanken“ zur „Entstehung der ‚legitimen’ Ehe“ auf die Arbeit von Marianne Weber zurück, vgl. Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 11. September 1906, MWG II/5, S.  156–159, hier S.  158; sowie Weber, Marianne, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. Eine Einführung. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907. Das gemeinsame Interesse von Max und Marianne Weber an der Entstehung des Ehe- und Erbrechtes beschreibt Lichtblau, Klaus, Die Bedeutung von „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“ für das Werk Max Webers, in: Marianne Weber. Beiträge zu Werk und Person, hg. von Bärbel Meurer. – Tübingen: Mohr Siebeck 2004, S.  199–212. 4  In Anlehnung an Galater 4,3: „Aber was sagt die Schrift? Wirf die Magd hinaus und ihren Sohn, denn der Sohn der Magd soll nicht erben mit dem Sohne der Freien“.

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gerade bei der Herrenschicht am allerwenigsten die Rede sein. Denn daß die rein erotisch determinierte Auswahl keineswegs nach dieser Richtung wirkt, steht unzweifelhaft fest. Man hat zwar behauptet, die blonde Frau sei von den arischen Helden ursprünglich ebenso bevorzugt worden wie der blonde Held von den Dichtern. Aber die Skalden5 rühmen gerade umgekehrt die brünette Frau, wohl weil sie im Norden ebenso die größere Seltenheit war wie der blonde Held im Süden. Der Übergang vom blonden Frauenideal zur Verklärung des schwarzhaarigen leidenschaftlichen Weibes in der französischen Belletristik im 17. Jahrhundert fällt allerdings mit einer gewissen Verbürgerlichung des Romans zusammen. Aber ob dies deshalb mit Rassenverschiebungen etwas zu tun hat, ist doch recht fraglich, jedenfalls ist dieses Material höchst unsicher für wirklich wissenschaftliche Hypothesen. Ob und welche Beziehungen zwischen Kunst und Rassen bestehen, hat Herr Dr. Oppenheimer, wie schon Herr Professor Driesmansb her­vor­ hob[,]6 unerörtert gelassen. Die weitgehende Gleichheit primitiver Ornamentik spricht in der Tat noch nicht unbedingt gegen die Bedeutung von Rassenunterschieden. Denn da sprechen die typischen, von der Ethnographie jetzt allmählich aufgedeckten Quellen ornamentaler Motive wohl überwältigend mit. Aber was eigentlich künstlerische Leistungen anlangt, so ist z. B. für Europa die Annahme eines paläolithischen und ziemlich nördlich gelegenen Kunstzentrums immerhin eine Tatsache, die wenigstens denkbarerweise auf spezifische Rassenbegabungen der Nordländer hinweisen könnte. Könnte! – Denn in mir ist trotz mancher ähnlicher wesentlich plausiblerer Beobachtungen schließlich doch immer wieder der Glaube an einen besonders intimen Zusammenhang von Rasse und Kunst durch sehr gewichtige Umstände erschüttert worden. Z. B. auf einem scheinbar so aus dem intimsten Fühlen quellendenc Kunstgebiet wie der Musik ist die hellenische Kunst prinzipiell verwandt mit der arabischen, indischen, javanischen, japanischen, ja selbst der chinesischen. Alle die verschiedenen sehr b A: Driesmanns   c A: quellende 5  Altnordische Dichter und Sänger. 6 Weber verweist auf einen vorausgegangenen Diskussionsbeitrag von Heinrich Driesmans in der Debatte zu Oppenheimers Vortrag, vgl. Verhandlungen DGS 1912, S.  186 f.

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auffälligen Unterschiede scheinen sich teils rational, teils technisch, teils soziologisch erklären zu lassen. Die Tonbildung der spezifischen Instrumente der Hirtenvölker, namentlich des Dudelsacks, spielt dabei z. B. ihre Rolle und viele ähnliche Umstände.7 Nur im modernen Europa gibt es seit dem Mittelalter ein harmonisches Musiksystem, zu dem sich Vorstufen eigentlich nur in Afrika und der Südsee, nicht aber bei den antiken Völkern finden. In ihren Prinzipien steht die chinesische Musik der hellenischen näher als die deutsche. – Zweierlei wäre erforderlich, ehe die Rassentheorien überhaupt diskutabel werden: die Feststellung unverkennbarer und nie fehlender exakt psychophysisch zu definierender und zu messender und dabei nachweislich vererblicher Unterschiede in der Art des „Reagierens“ auf „Reize“ (um es technisch auszudrücken): – denn nicht Kulturinhalte unseres Bewußtseins, sondern der psychophysische Apparat ist Objekt der Vererbung. Und dann das zweite: der einwandfreie Nachweis: daß und inwieweit diese für spezifische Eigentümlichkeiten und Unterschiede der Kulturentwicklung kausale Bedeutung hatten. Nicht eine einzige Tatsache dieser Art liegt bis jetzt vor. – Ich komme nun zu den Vorträgen von Dr. Hartmann und Professor Michels. Hartmann erklärte, daß die Nationalität weder im Altertum noch im Mittelalter staatsbildend aufgetreten sei.8 Das ist wahr, und der Grund liegt in der Eigenart der Staatsstruktur jener Zeiten. Dennoch aber ist im Mittelalter das sprachlich oder ethnisch bedingte Kontrastgefühl nicht gleichgültig gewesen. In den Kreuzzügen trat der Gegensatz zwischen französischer und deutscher Ritterschaft ganz schroff zutage. Und die Schlacht von Bouvines, in der das deutsche Reichsbanner erobert wurde, daneben wohl auch der ungerächte Untergang Konradins, gebaren den Nationalstolz des Franzosen dem Deutschen gegenüber.9 Der englische Nationalstolz wird im 15. Jahrhundert 7  Der altarabische, von Nomaden, Viehzüchtern und Beduinen benutzte Dudelsack ist ein Beispiel für das Erzeugen von Ton- und Klangbildungen, die sich nicht mit der pythagoräischen Einteilung von Tonleitern mit festlegbaren Intervallen erfassen lassen, wie Weber selbst in seinem nachgelassenen und postum veröffentlichten Text zur Musiksoziologie geschrieben hatte, vgl. Weber, Max, Zur Musiksoziologie. Nachlaß 1921, MWG I/14, S.  145–280, bes. S.  172, 242. 8 Vgl. Hartmann, Ludo Moritz, Die Nation als politischer Faktor, in: Verhandlungen DGS 1912, S.  80–97, hier S.  80 f. 9  Weber bezieht sich hier auf den Vortrag von Robert Michels, Die historische Entwicklung des Vaterlandsgedankens, ebd., S.  140–184, hier S.  142. In der Schlacht von Bouvines 1214 unterlagen die englisch-welfischen Verbündeten, der englische König

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bereits mit fast all den markanten Eigentümlichkeiten geschildert, die er noch heute hat. Um die gleiche Zeit erwacht er auch in Italien und Deutschland. Aber schon längst vorher hatten die Sprache und die Abstammung ihre gemeinschaftsbildende Rolle gespielt: der Deutsche Orden nahm nur Deutsche, der deutsche König mußte ein Deutscher sein, der böhmische König war Kurfürst nur, wenn er Deutscher war usw. Weil aber die Staatsformen andere waren, mußten diese Gegensätze damals im ganzen andere Wirkungen und Wirkungen auf anderen Gebieten zeigen als heute. – Hartmann hat ferner von der Naturgrenze zwischen den verschiedenen Nationalitäten gesprochen, die im wesentlichen unverrückbar festliege.10 Das mag für Böhmen zutreffen. Für den Deutschen Osten trifft es ganz und gar nicht zu. Das Wunder des Zusammenfallens von ethnischer und botanischer Grenze in Böhmen erklärt sich übrigens wohl einfach durch die Überlegenheit der deutschen Siedlungstechnik über die slavische, welche den schwierigen Aufgaben der Rodung der Bergabhänge nicht gewachsen war. Wenn im deutschen Osten eine natürliche, geographische, überhaupt eine geschlossene Grenzlinie zwischen den Nationalitäten läge, wenn nicht die unzähligen polnischen und deutschen Enklaven da wären, würde sich die Situation der Nationalitäten zueinander dort auf eine weniger komplizierte Formel bringen lassen, als es der Fall ist. – Zu den nebenher noch berührten  nordamerikanischen Verhältnissen will ich nur eine Bemerkung machen. Die ungeheure Assimilationsgewalt der Yankees, die übrigens gegenüber der ungeheuren Einwanderung bei dem Rückgang der eigenen Geburtenziffern jetzt wohl ihre Grenze erreicht hat, beruhte nicht auf Rassenqualitäten, sondern auf ihrem Kindererziehungssystem, das, wie das ganze Leben des genuinen Amerikaners, schon für die jüngsten Schulbuben weitgehend vom Prinzip der Selbstverwaltung und exklusiver, nur durch Ballotage ergänzter Gemeinschaften und Johann Ohneland und der Welfenkönig Otto IV., dem König von Frankreich Philipp II. August, der seine Macht ausweiten und englische Gebietsansprüche in Frankreich zurückdrängen konnte. Otto IV. geriet in der Schlacht in französische Gewalt, bei seinem Rückzug wurde sein goldener Troßwagen zerstört und die Standarte mit dem Reichsbanner von den Franzosen erobert. Der Staufer Konradin hatte noch versucht, das an Karl von Anjou gegangene deutsche Königreich Sizilien zurückzuerobern, wurde von diesem festgesetzt und wahrscheinlich ohne Prozeß in Neapel öffentlich hingerichtet. 10  Vgl. Hartmann, Die Nation als politischer Faktor, ebd., S.  85 f.

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Klubs beherrscht wird; das prägt, mit seinem eigentümlichen Zwang zur Selbstbehauptung, den spezifisch amerikanischen Charakter und lehrt die Jungen auch im Leben sich selbst zu behaupten.

2. Heinrich Driesmans (Berlin) kam direkt anschließend auf eine Äußerung Max Webers zum Untergang der römischen Kultur zurück: Glaubt Professor Max Weber, daß die Barbaren, welche angeblich nur ihrer niedern Kulturstufe, nicht ihrer Rasse wegen den Verfall der antiken Kunst herbeiführten, diese Kunst hervorgebracht hätten, wenn sie wie die Römer von Anfang an an der Tiber gewohnt hätten? Es hat immer Barbaren gegeben, aber nur ein Hellas, nur ein Rom. Also hat es an den Hellenen und den Römern gelegen, wenn eine Kultur entstand. Seit Griechenland von Slaven bewohnt wird, einer minderwertigen Rasse, hat es keine zweite Blüte erlebt.

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Max Weber antwortet darauf: [A 191]

Griechenland fiel in der Zeit der Renaissance unter die Türkenherrschaft. Und was die Römer anlangt, – wissen Sie nicht, daß, wie ich wiederholen möchte, gerade die tüchtigsten Kaiserfamilien mit Barbarenblut durchsetzt waren? und daß dasjenige Kaiserhaus, welches in völliger Impotenz verkam, das julisch-claudische, vielleicht das einzig reinrassige römische war?

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[Beitrag zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Eine wachsende Zahl von Mitgliedern des Vereins für Sozialpolitik war mit der historisch-ethischen Ausrichtung, die vor allem von den Gründern des Vereins und seinem langjährigen Vorsitzenden Gustav Schmoller vertreten wurde, nicht einverstanden.1 Im Kern ging es um die Frage, ob sozialpolitische Ideale und Zielsetzungen sich aus den Ergebnissen nationalökonomischer und sozialwissenschaftlicher Forschung als solchen ergäben oder einer ganz eigenen, nicht erfahrungswissenschaftlichen Begründung bedürften. Mit dieser Frage verband sich zumindest mittelbar eine zunehmende Uneinigkeit darüber, ob der Verein seine Priorität in der Forschung oder im sozialpolitischen Engagement sehen und wie viel Raum Auseinandersetzungen über sozialpolitische Positionen und Reformen in der Vereinsöffentlichkeit zugestanden werden soll. Mit der Debatte über die Bedeutung und die Probleme des Produktivitätsbegriffs im Herbst 1909 auf der Wiener Generalversammlung hatte sich der Verein zum ersten Mal einem theoretischen Thema gewidmet.2 Der Produktivitätsbegriff war gewählt worden, weil die Vertreter der ethischen Nationalökonomie ihn für wissenschaftlich unverzichtbar hielten, während insbesondere Max Weber und Werner Sombart behaupteten, er sei, weil er Werturteile beinhalte, wissenschaftlich nicht brauchbar.3 In und im Gefolge dieser Debatte traten die erkenntnistheoretischen und methodologischen Gegensätze hinsichtlich der Begründung ethischer Urteile immer deutlicher zu Tage.4 Auf der Ausschußsitzung des Vereins im Oktober 1912 in Berlin wurde neben der Besprechung der laufenden Forschungsarbeiten routinemäßig 1  Vgl. auch Lindenlaub, Richtungskämpfe, bes. S.  433–443. 2  Vgl. Boese, Verein, S.  133, sowie Editorischer Bericht zu Weber, Produktivität, oben, S.  201–204. 3  Vgl. ebd., S.  203 f. 4  Vgl. auch Nau, Heino Heinrich, „Zwei Ökonomien“. Die Vorgeschichte des Werturteilstreits in der deutschsprachigen Ökonomik, in: ders. (Hg.), Der Werturteilsstreit. Die Äußerungen zur Werturteilsdiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik (1913) (Beiträge zur Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie, Band 8). – Marburg: Metropolis-Verlag 1996, S.  9–64, hier S.  48.

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auch über Ort und Themen der nächsten Generalversammlung beraten.5 Es lag ein Antrag vor, das Verhältnis von Wirtschaftspolitik und Nationalökonomie zu behandeln.6 Diese Themenstellung lief im wesentlichen auf die Frage nach der Stellung der Werturteile in der Nationalökonomie hinaus, und so wurde sie angesichts der Wiener Erfahrungen als zu schwierig und unbestimmt, also zu viele „Seitenwege“ eröffnend, betrachtet. Daher schlug Gustav Schmoller vor, diese Frage einer internen Ausschußsitzung vorzubehalten.7 Trotz des Einspruchs, diese Frage sei öffentlich auf einer Generalversammlung zu behandeln, einigte man sich nach längerer Aussprache auf Schmollers Vorschlag: Der Vorstand wurde beauftragt, für die nächste Ausschußsitzung eine Diskussion über die Werturteilsfrage vorzubereiten.8 Diesem Beschluß entsprechend wurde bereits im November 1912 ein von den beiden Vorsitzenden Gustav Schmoller und Heinrich Herkner sowie den beiden Schriftführern Franz Boese und Carl Geibel gezeichnetes Rundschreiben an alle Vereinsmitglieder geschickt, das vier Punkte zur Frage der Werturteile in der Nationalökonomie, wie das Verhältnis „der Entwicklungstendenzen zu praktischen Wertungen“ und von methodologischen Grundsätzen zum akademischen Unterricht, sowie Ziele der Wirtschafts- und Sozialpolitik formulierte, um die Diskussion inhaltlich vorzubereiten.9 Die Ausschußmitglieder waren damit aufgefordert, ihre Thesen zu diesen Fragen schriftlich bis zum 1. April 1913 einzureichen, damit sie gedruckt und für die kommende Sitzung zusammengestellt werden könnten.10 Seiner dezidierten Haltung zur Frage der Werturteile entsprechend, befürwortete Max Weber eine solche Diskussion. Zwar hatte er an dieser Ausschußsitzung im Oktober 1912 nicht teilgenommen,11 sich aber bereits davor entsprechend geäußert: bei der Ausschußsitzung im September 1908 und auf der Generalversammlung in Wien 1909 zur Debatte über die „Produktivität in der Volkswirtschaft“,12 dann auf der Generalversammlung in Nürnberg im Oktober 1911 bei der Sachdiskussion zur Arbeiterpsychologie und der Indu5  Vgl. Protokoll der Sitzung des Ausschusses des Verein für Sozialpolitik am 12. Oktober 1912 in Berlin im Preußischen Herrenhause (BA Koblenz, Nl. Max Sering, Nr.  104; hinfort: Protokoll VfSp 1912). Vgl. auch die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 7. Februar 1913, in: MWG II/8, S.  83 f. 6  Vgl. Protokoll VfSp 1912 (wie oben, Anm.  5), S.  4. 7  Vgl. ebd. 8  Vgl. ebd., S.  5, eine so vorbereitete Debatte könne dann auch später auf eine Generalversammlung gelegt werden. 9 Das Rundschreiben „An die Herren Mitglieder des Vereins für Sozialpolitik“ vom November 1912 ist als Beilage zu dem Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 23. März 1913 überliefert in: GStA PK, VI. HA., Nl. Max Weber, Nr.  25, Bl.  77, und abgedruckt in: MWG II/8, S.  141 f. (hinfort: Rundschreiben 1912), hier S.  141. 10  Vgl. Boese, Verein, S.  145. 11  Vgl. Protokoll VfSp, 1912 (wie oben, Anm.  5), S.  1. 12  Vgl. Weber, Produktivität, oben, S.  206–220, mit Editorischem Bericht, S.  201–205.

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striearbeiter-Enquete. Dort hatte er mit einem Antrag zur Geschäftsordnung eingegriffen, da seiner Ansicht nach die Werturteilsfrage zu diffus und ohne Möglichkeit einer Aussprache behandelt worden war.13 Weber hatte daher vorgeschlagen, „daß die Frage, ob wir hier Werturteile auszuschließen haben oder nicht, ob sie prinzipiell berechtigt sind, inwieweit ihre Ausschließung durchführbar ist, vom Ausschuß des Vereins einmal speziell auf die Tagesordnung gesetzt wird [...], aber daß sie heute nicht weiter in die Debatte gezogen wird“.14 Zur Vorbereitung der Debatte verfaßte Weber einen eigenen Beitrag. Außerdem versuchte er, auch interessierte Außenstehende für ein Thesenpapier oder gar eine Denkschrift zu gewinnen. So teilte er im Februar 1913 Heinrich Rickert mit, daß der Verein für Sozialpolitik in einer nicht-öffentlichen Diskussion sich für seine „eigne (nationalökonomisch-soziologische) Disziplin“ mit der Frage der Werturteile befassen wolle. Weber nannte auch die im Rundschreiben vorgeschlagenen Einzelpunkte, denen er selbst eine philosophisch-erkenntnistheoretische Wendung gab: „Alles in Allem: 1) Wertung und Wertbeziehung als Objektsabgrenzung – 2) praktische Wertung (sittlicher und andrer Art) – 3) sog. ‚entwicklungsgeschichtliche Notwendigkeit‘ [...]‚ ‚evolutionistische Wertung‘ in Wissenschaft und Unterricht. a) in den empirischen Disziplinen b) in der Philosophie (und Jurisprudenz)“.15 Weber nannte Rickert auch den 1. April 1913 als Einlieferungstermin einer schriftlichen Ausarbeitung und begründete seine Bitte mit der Konfusion, die in diesen Fragen herrsche.16 Einige Wochen später schrieb Weber in dieser Angelegenheit nochmals an Rickert, legte das Rundschreiben bei und wies vorsorglich darauf hin, daß der genannte Abgabetermin nicht einzuhalten sei.17 Rickert ent-

13  Weber hatte damit auf Adolph v. Wenckstern reagiert, der in der Diskussion dieser Erhebung aufgefordert hatte, die Mitglieder des Vereins sollten nach der Formulierung ihrer Theorie diese auch nach außen vertreten, da die sittlichen Werturteile in die „wahre volkswirtschaftliche Wissenschaft“ gehörten, vgl. Editorischer Bericht zu Weber, Probleme der Arbeiterpsychologie. Diskussionsbeitrag zur abschließenden Debatte im Verein für Sozialpolitik am 10. Oktober 1911, in: MWG I/11, S.  409–415, bes. S.  412 f., sowie Verhandlungen der Generalversammlung in Nürnberg, 9. und 10. Oktober 1911 (Schriften des Vereins für Sozialpolitik 138). – Leipzig: Duncker & Humblot 1912, S.  163. 14  Vgl. Editorischer Bericht zu Weber, Probleme der Arbeiterpsychologie, MWG I/11, S.  413. 15  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 7. Februar 1913, MWG II/8, S.  84 f., hier S.  84. Diese Passage ist ohne den textkritischen Apparat und ohne Absätze zitiert, an „evolutionistische Wertung“ schließt die Fußnote Webers an: „oder wie man diesen Unsinn sonst formuliert!“. 16  Vgl. ebd., S.  85. Vgl. dazu die Einleitung, S.  44–54. 17 Vgl. den Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 23. März 1913, MWG II/8, S.  140.

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sprach aber dieser wiederholten Bitte, sich an der Debatte zu beteiligen, nicht.18 Max Weber selbst kann den festgelegten Ablieferungstermin nicht einhalten und teilt dies Herkner brieflich am 22. März 1913 mit.19 Er will seinen Beitrag nun im Laufe des Juni beim Schriftführer des Vereins Franz Boese einreichen, schreibt ihn aber erst im August, um ihn am 14. August 1913 dem Verein zuzuschicken.20 Zwei Monate später, im Oktober 1913, wird Weber brieflich von Gustav Schmoller gebeten, eine Passage seines Beitrages zu ändern. Weber hatte dort bezweifelt, daß die Interessen der Nation und eine erfolgreiche auswärtige Politik tatsächlich von der derzeit herrschenden monarchischen Führung, einem „Dilettanten“, vertreten werden könnten.21 Wegen dieser Polemik gegen Kaiser Wilhelm II. befürchtete Schmoller Komplikationen: Es würden zwar alle Beiträge, zunächst als Manuskript gedruckt, nur den Ausschußmitgliedern zugänglich gemacht werden, aber man verbaue oder erschwere sich so die Möglichkeit, sie in den Schriften des Vereins dann doch zu veröffentlichen, und laufe überhaupt Gefahr, daß diese Beiträge den Gegnern des Vereins zur Kenntnis kämen und die Presse davon erfahre.22 Weber antwortete ein paar Tage später aus Rom, er wolle dem Verein jede Verlegenheit ersparen, und fügte die veränderte Korrekturfahne mit einer „gänzlich unverfängliche[n] Formulierung“ der beanstandeten Passage bei.23 Im selben Brief an Schmoller schreibt Weber: „Übrigens ist dieser Abzug ein uncorrigierter. Ich habe aber schon 2 Correkturen gelesen […]“.24 Der Aufforderung, einen Diskussionsbeitrag zur Werturteilsfrage einzureichen, kamen 15 Vereinsmitglieder nach, darunter Franz Eulenburg, Rudolf Goldscheid, Ludo Moritz Hartmann, Otto Neurath, Joseph Schumpeter, Othmar Spann und Leopold von Wiese. So entstand die 134 Druckseiten umfassende Broschüre „Äußerungen zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik“. Sie wurde, nur als Manuskript und in geringer Auflage, offenbar bei Duncker & Humblot gedruckt25 und lediglich den Ausschußmitgliedern und denen, die ihre Teilnahme an der Diskussion angemel18  Vgl. ebd., S.  140, Hg.-Anm.  1. 19  Und fragt nach dem absolut letzten Abgabetermin, vgl. Brief Max Webers an Heinrich Herkner vom 22. März 1913, MWG II/8, S.  134. 20  Vgl. die Briefe Max Webers an Franz Boese vom 29. April, 5. August und 14. August 1913, in: MWG II/8, S.  214, 297 und 311. 21  Zur gestrichenen Textpassage vgl. unten, S.  346, textkritische Anm.  n. 22  Vgl. Brief Gustav Schmollers an Max Weber vom 17. Oktober 1913, Bestand Max Weber-Schäfer, Dep. BSB München, Ana 446, Bl.  1; auszugsweise abgedruckt in der Editorischen Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Gustav Schmoller vom 23. Oktober 1913, in: MWG II/8, S.  339. 23  Vgl. den Brief, ebd., S.  339, und die Beilagen, S.  340 f. 24  Ebd., S.  339. 25  Vgl. den Hinweis Max Webers auf das Verlagshaus ebd., S.  339.

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det hatten, geschickt. Gemäß den Beschlüssen der Ausschußsitzung des Vereins vom 4. und 5. Januar 1914 ist sie weder in die Vereinsschriften aufgenommen worden noch im Handel erschienen. Jedem Verfasser wurde indessen das Recht auf eine Veröffentlichung anderen Ortes eingeräumt.26 Am 5. Januar 1914 fand im Rahmen der eben erwähnten Berliner Ausschußsitzung die Diskussion zur Werturteilsfrage statt, an der 52 Ausschußund Vereinsmitglieder und weitere Interessierte teilnahmen. Zu Beginn wurde noch einmal beschlossen, kein Stenogramm aufzunehmen und die Debatte nicht zu veröffentlichen.27 Eine knappe Schilderung dieser internen Diskussion ist lediglich durch den Schriftführer und Vereinschronisten Franz Boese überliefert.28 Demnach ließ Schmoller den Beschluß wiederholen; so sollte verhindert werden, daß interne Meinungsverschiedenheiten möglicherweise nach außen getragen würden. Wie offenbar auch einige andere Teilnehmer war Max Weber mit diesen Beschlüssen nicht einverstanden, gestand aber zu, daß Schmoller letztlich doch immer der Klügere gewesen sei.29 In der sehr kontroversen Debatte, so formuliert es der Vereinschronist, sei „selbstverständlich Max Weber der Hauptrufer im Streite“ gewesen.30 „Da auch sonst die widersprechenden oder wenigstens teilweise widersprechenden Meinungen sich mehrten und wesentlich nur Sombart volle Zustimmung äußerte, erhob sich Max Weber noch einmal zu einer wuchtigen Äußerung, die ziemlich unverblümt den Widersprechenden zu verstehen gab, sie verstünden nicht, worauf es ihm [...] ankomme, und verließ dann unwillig die Sitzung“.31 Die Debatte hatte weder zur Klärung oder gar Annäherung der gegensätzlichen methodologischen Auffassungen geführt noch zur Verständigung über das Verhältnis von nationalökonomischer Forschung einerseits, Weltanschauung, Ethik und Sozialpolitik andererseits. Die Bedeutung des Beitrags von Max Weber liegt nicht in der internen Debatte des Ausschußes des Vereins für Sozialpolitik oder in deren unmittelbarem Umkreis erzielten Wirkung, sondern darin, daß er seine erste systematische und alle wichtigen Fragen berührende Erörterung der Problematik der „Werturteilsfreiheit“ darstellt. Deshalb war Weber entschlossen, ihn wie auch den gleichzeitig publizierten Kategorienaufsatz in einem Sammelband mit seinen methodologischen Schriften abzudrucken.32 Tatsächlich veröffentlichte er dann 1917 eine aus dem Zusammenhang der Debatte des Vereins 26  Vgl. das Protokoll der Sitzung des Ausschusses des Vereins für Sozialpolitik am 4. Januar 1914 im Preußischen Herrenhause in Berlin, BA Koblenz, Nl. Max Sering, Nr.  108, Bl.  1, sowie Boese, Verein, S.  145. 27  Vgl. ebd., Bl.  1. 28  Vgl. Boese, Verein, S.  147. 29  Vgl. ebd. 30  Vgl. ebd., Hervorhebung von Boese. 31  Ebd., Hervorhebung von Boese. 32  Vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai [1917], MWG II/9, S.  648 f.

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für Sozialpolitik von 1913 herausgelöste und wesentlich erweiterte Fassung in der philosophischen Zeitschrift „Logos“.33

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, der unter der Überschrift „Max Weber“ in der Broschüre: Äußerungen zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik. Als Manuskript gedruckt. – o. O. 1913, S.  83–120, wiedergegeben ist (B).34 Den Druck der Broschüre übernahm der Verlag Duncker & Humblot in Berlin, der auf dem Titelblatt aber nicht erwähnt ist.35 Der Endausdruck der Broschüre wird vermutlich Ende Oktober, Anfang November 1913 erfolgt sein.36 Zusätzlich ist eine Zwischenkorrektur als Beilage zum Brief Max Webers an Gustav Schmoller vom 23. Oktober 1913 in: GStA PK Berlin, Rep.  196, Nr.  76, Bl.  155–156, überliefert (A, A1). Es handelt sich um eine Druckfahne mit handschriftlichen Korrekturen (Bl.  156) und ein handschriftlich beschriebenes Zusatzblatt (Bl.  155), für das ebenso wie für den Brief an Schmoller der Briefbogen des Hotels Tordelli in Rom verwendet wurde. Für den nachfolgenden Abdruck wird die originale Paginierung der Fahne (S.  5) und nicht die Archivpaginierung übernommen. Sie wird als A, A1 5, das handschriftliche Zusatzblatt als A1 (5a) sigliert. Die Fahne trägt den Kolumnentitel „Vorlagen f. d. Ausschußsitzung d. Ver. f. So­zial­politik“. Laut Webers brieflicher Mitteilung ist die Druckfahne trotz seiner bereits zweifachen Korrektur noch „ein uncorrigierter“ Abzug.37 Es finden sich dementsprechend einige Setzerfehler, die darauf schließen lassen, daß Max Weber ein handschriftlich verfaßtes Manuskript eingereicht hat. Trotzdem werden diese Fehler im textkritischen Apparat nachgewiesen.38 Vor dem Endausdruck muß folglich mindestens noch ein Korrekturdurchgang gelegen haben. Die Druckfahne wird als A, die Druckfahne einschließlich der handschriftlichen Zusätze als A1 sigliert. Der Text der Druckfahne mit der handschriftlichen Korrektur entspricht S.  90 f. der Druckfassung (unten, S.  345, Z.  17 – 33  Vgl. Weber, Wertfreiheit, unten, S.  445–512. 34  Der Beitrag Max Webers ist im Rahmen einer Neuausgabe der Broschüre erschienen in: Der Werturteilsstreit. Die Äußerungen zur Werturteilsdiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik (1913), hg. und eingeleitet von Heino Heinrich Nau (Beiträge zur Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie, Band 8). – Marburg: Metropolis-Verlag 1996, S.  147–186. 35  Vgl. den Brief Max Webers an Gustav von Schmoller vom 23. Oktober 1913, MWG II/8, S.  339. 36  Vgl. dazu ebd., S.  339. 37  Vgl. ebd., S.  339. 38  Z. B. unten, S.  345, textkritische Anm.  e bis g.

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S.  347, Z.  6). Die Abweichungen zwischen der Druckfassung (B) und der Druckfahne (A, A1) werden im textkritischen Apparat ausgewiesen. Sofortkorrekturen, Streichungen und Einfügungen des handschriftlich verfaßten Zusatzblattes (A1 (5a)) werden nicht nachgewiesen. Im Gegensatz zu allen anderen Autoren der Broschüre trägt Webers Beitrag keinen inhaltsbezogenen Titel, so daß dieser nur unter der Überschrift „Max Weber“ abgedruckt ist. Es ist folglich davon auszugehen, daß Weber keinen gesonderten Titel wünschte. In Anlehnung an den Titel der Broschüre führt der Editor daher den inhaltsbezogenen Titel „Beitrag zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik“39 ein und stellt ihn als Herausgeberzusatz in eckige Klammern. Wie bereits erwähnt,40 bildet der hier edierte Beitrag Max Webers die Grundlage für seinen 1917 veröffentlichten Aufsatz „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften“ im Logos. Bei dessen Abdruck im Band, unten, S.  445–512, wird der Beitrag zur Werturteildiskussion als Textvariante einbezogen, dort werden die Abweichungen textkritisch dargestellt.

39  „Werturteildiskussion“ entspricht der Schreibweise im Titel der Vereinsbroschüre, häufig findet sich schon zeitgenössisch die Bezeichnung „Werturteilsdiskussion“ mit einem die beiden Substantive verbindenden „s“. 40  Vgl. oben, S.  334 mit Anm.  33.

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Diea nachfolgenden Bemerkungen beschränken sich ausdrücklich auf empirische Disziplinen, wie die uns fachlich interessierende Soziologie (einschließlich der „Politik“), Nationalökonomie (einschließlich der „Wirtschaftspolitik“), Geschichte (aller Arten, also ausdrücklich: einschließlich z. B. der Rechts-, Religions- und Kulturgeschichte) es sind.

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I. Nicht diskutieren möchte ich persönlich auch innerhalb dieses Rahmens bei der Ausschußverhandlung mit Andersgesinnten über folgende Punkte: 1. Ob im Verein für Sozialpolitik Fragen der „Weltanschauung“, genauer praktisch-politische „Wertungen“ ihre Stätte haben sollen? Denn es scheint mir unter uns allen festzustehen, daß er vornehmlich zu diesem Zwecke geschaffen wurde, bestanden hat und weiter bestehen soll. Er soll dies ganz in dem richtig verstandenen Sinne weiter tun, den seine Diskussionen auch bisher hatten. Er hat ausdrücklich auf „Resolutionen“ und ähnliches verzichtet, hat damit den Typus des „Religionsgesprächs“, bei dem ein Teil Ketzer sein muß, von ihnen ferngehalten, hat absichtlich die Heranziehung verschiedener, möglichst entgegengesetzter Standpunkte für Referate zum Grundsatz gemacht, und er hat damit seinerseits alle diejenigen Postulate erfüllt, welche wir an eine Diskussion von praktischen Wertungen stellen, – deren wissenschaftliches Ziel sein kann: die entscheidenden, nicht weiter reduzierbaren Axiome, auf welchen die entgegengesetzten Standpunkte ruhen, bloßzulegen, – so daß man wählen könne. Das Seltsame ist bei dieser Lage nur, daß ein Teil seiner Mitglieder diesen Sachverhalt theoretisch nicht zutreffend versteht, obwohl sie praktisch meist ihm gemäß gehandelt haben. „Propaganda“ zu machen beabsichtigt der Verein seit a  In A geht voran: Max Weber. und ein Absatz.

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seiner Gründung ausschließlich für die nur sehr allgemein dahin zu formulierende Stellungnahme: daß man an Erscheinungen des Wirtschaftslebens, wenn man sie wertend betrachtet, auch andere Wertmaßstäbe anlegen dürfe, als  lediglich das geschäftliche Rentabilitätsinteresse der jeweiligen Erwerbsunternehmungen. Ich sehe sonst gar nichts, was wirklich „gemeinsam“ wäre. Daß von seinen Gründern und Mitgliedern ein jeder gehofft haben wird, daß seine (von anderen Mitgründern oft stark divergierenden) Wertungen am hinreißendsten wirken würden, versteht sich hier wie sonst von selbst. Der Verein für Sozialpolitik war und ist ein Gebilde, innerhalb dessen in erster Linie praktisch-politische Fragen diskutiert worden sind und diskutiert werden sollen, unter hervorragender Beteiligung von Leuten, welche für deren Diskussion eine spezifische Voraussetzung: gelehrte Fachkenntnis der Tat­ sachen, mitbringen. Aber es wäre ein sehr schwerer Irrtum, zu ­glauben, daß gerade gelehrte Fachkenntnis eine spezifische Vorzugsqualität für die praktisch wertende Stellungnahme verleihe. Seine anscheinend weite Verbreitung macht es in der Tat erwünscht, daß man sich über den „Sinn“ des im Verein üblichen Diskutierens klar werde. Damit befassen sich die späteren Erörterungen. Nicht diskutieren möchte ich für meine Person ferner: 2. Ob man im akademischen Unterricht sich zu seinen ethischen, ästhetischen, weltanschauungsmäßigen oder anderen praktischen Wertungen „bekennen“ solle oder nicht. Ich bedaure die Hineinziehung dieses Problems. Denn das ist selbst eine gänzlich von praktischen Wertungen abhängige Frage, die eben deshalb unaustragbar ist. Denkbar ist nämlich, um die Extreme zu zitieren, sowohl: a) der Standpunkt, daß die logische Trennung rein logischer und rein empirischer Sachverhalte von den praktischen ethischen oder „weltanschauungsmäßigen“ Wertungen zu Recht bestehe, daß aber dennoch oder vielleicht sogar eben deshalb beide Kategorien von Problemen auf das Katheder gehören, – wie b) der Standpunkt, daß, auch wenn die Trennung logisch nicht konsequent durchführbar sei, dennoch es sich empfehle, jene praktischen Wertfragen im Unterricht möglichst zurücktreten zu lassen. Um nicht dem Vorwurf, mit der eignen Meinung zurückzuhalten, ausgesetzt zu sein, muß ich hier allerdings auf diese Fragen eingehen.

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Zunächst also: Der Standpunkt „b“ schiene mir (subjektiv) unakzeptabel. Insbesondere scheint mir die nicht selten gemachte Unterscheidung „praktischer“ Wertungen in solche „parteipolitischen“ und solche anderen Charakters schlechterdings undurchführbar und nur geeignet, die praktische Tragweite der den Hörern suggerierten Stellungnahme zu verhüllen. Die Ansicht vollends: daß dem Katheder die „Leidenschaftslosigkeit“ eignen müsse, folglich Dinge auszuscheiden seien, welche die Gefahr „temperamentvoller“ Erörterungen mit sich brächten, wäre, wenn man überhaupt einmal wertet, eine Bureaukratenmeinung, welche – nach meiner subjektiven Ansicht – jeder unabhängige Lehrer zurückweisen müßte. Von denjenigen Gelehrten, welche sich die „praktischen“ Wertungen bei empirischen Erörterungen nicht versagen zu sollen glaubten, sind gerade die leidenschaftlichsten – wie etwa Treitschke, in seiner Art auch Mommsen1 – gerade vom Standpunkt der prinzipiellen Trennung beider Sphären am ehesten zu ertragen. Denn durch das Medium der unterschiedlichen Stärke der Affektbetontheit wird der Hörer wenigstens in die Lage versetzt, seinerseits relativ leicht die Scheidung der verquickten Probleme vorzunehmen, also die Subjektivität der Wertung des Lehrers in ihrem Einfluß auf die etwaige Trübung seiner empirischen Feststellung abzuschätzen und so für sich das zu tun, was dem Temperament des Lehrers versagt blieb. Dem echten Pathos bliebe so diejenige Wirkung auf die Seelen der Jugend gewahrt, welche – wie ich annehme – die Anhänger der praktischen Kathederwertungen ihnen gern sichern möchten, ohne daß der Hörer dabei zur Konfusion verschiedener Sphären miteinander verbildet würde, wie es geschehen muß, wenn die Feststellung reiner Faktizitäten und das Provozieren praktischer Stellungnahme zu großen Lebensproblemen beides in die gleiche Temperamentlosigkeit getaucht wird.

1 Weber hatte in Berlin als Student 1887 Vorlesungen von Heinrich von Treitschke gehört und kannte den Eindruck, den dessen einseitig politischer Vorlesungsstil und offen geäußerter Antisemitismus auf seine Mithörer machte; vgl. Gerhards, Thomas, Heinrich von Treitschke. Wirkung und Wahrnehmung eines Historikers im 19. und 20. Jahrhundert. – Paderborn, München, Wien, Zürich: Ferdinand Schöningh 2013, S.  92– 111, hier S.  110 f. Die Wirkung des politisch liberalen Mommsen erfuhr Weber als Hörer der staatsrechtlichen Vorlesung 1886/87 und während seines Rigorosums 1889, vgl. Deininger, Jürgen, Einleitung in: Weber, Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht, 1891, MWG I/2, S.  1–54, bes. S.  22, 43, 57.

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Der Standpunkt „a“ scheint mir – vom eigenen subjektiven Standpunkt seiner etwaigen Anhänger aus – dann und nur dann akzeptabel, wenn der akademische Lehrer sich zur absoluten Pflicht setzt, in jedem einzelnen Falle, auch auf die Gefahr hin, seine Wertungen dadurch reizloser zu gestalten, seinen Hörern und, was die Hauptsache, sich selbst unerbittlich (eventuell „pedantisch“) klar zu machen: was von seinen jeweiligen Ausführungen empirische Tatsachenfeststellung und was praktische Wertung ist. Dies allerdings scheint mir direkt ein Gebot der intellektuellen Rechtschaffenheit, wenn man einmal die logische Heterogenität zugibt, und also das absolute Minimum des zu Fordernden. – Die Frage dagegen: ob man auf dem Katheder überhaupt (auch unter dieser Kautel) praktisch-politisch werten soll oder nicht, ist ihrerseits eine solche der praktischen Universitätspolitik und deshalb  letztlich nur vom Standpunkt der Aufgaben aus entscheidbar, welche der einzelne von seinen Wertungen aus den Universitäten zuweisen möchte. Wer für sie (und damit für sich selbst kraft seiner Qualifikation zum akademischen Lehrer) heute noch die universelle Rolle: Menschen zu prägen und politische Gesinnung zu propagieren, in Anspruch nimmt, wird zu ihr anders stehen, als derjenige, welcher die Tatsache (und ihre Konsequenzen) bejahen zu müssen glaubt: daß die Hochschulen heute ihre wertvollen Wirkungen durch fachmäßige Schulung seitens fachmäßig Qualifizierter entfalten. Man kann den ersten Standpunkt aus ebenso viel verschiedenen „letzten“ Positionen heraus vertreten wie den zweiten. Diesen letzteren insbesondere (den ich persönlich einnehme) sowohl aus einer höchst überschwänglichen wie gerade umgekehrt auch aus einer durchaus bescheidenen Einschätzung der Bedeutung der „Fach“bildung. Z. B. nicht aus dem Grunde, weil man etwa wünschte, daß alle Menschen, im innerlichen Sinne, zu möglichst reinen „Fachmenschen“ werden möchten. Sondern gerade umgekehrt, weil man die letzten höchst persönlichen Lebensentscheidungen, die ein Mensch aus sich heraus zu treffen hat, nicht mit Fachschulung – wie hoch deren Bedeutung für die allgemeine Denkschulung nicht nur, sondern etwa auch für die Selbstdisziplin und sittliche Einstellung des jungen Menschen gewertet werden möge – in denselben Topf geworfen und ihre Lösung dem Hörer durch eine unvermerkte Kathedersuggestion abgenommen zu sehen wünscht.

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Das günstige Vorurteil Professor v. Schmollers für die Kathederwertung ist mir persönlich als Nachhall einer großen Epoche, die er und seine Freunde mit schaffen halfen, durchaus verständlich.2 Aber ich meine: es könne auch ihm doch kaum entgehen, daß die Verhältnisse sich für die jüngere Generation in einem wichtigen Punkt erheblich geändert haben. Es war vor 40 Jahren in den Kreisen unserer Gelehrtenwelt der Glaube weit verbreitet: daß auf dem Gebiet der praktisch-politischen Wertungen letztlich eine der möglichen Stellungnahmen die „ethisch“ allein richtige sein müsse. (Schmoller selbst hat freilich diesen Standpunkt stets nur sehr eingeschränkt vertreten.)3 Dies nun ist heute gerade unter den Anhängern der Kathederwertungen, wie leicht festzustellen ist, nicht mehr der Fall. Nicht mehr die ethische Forderung, deren (relativ) schlichte Gerechtigkeitspostulate sowohl in der Art ihrer letzten Begründung wie in ihren Konsequenzen (relativ) einfach und vor allem (relativ) unpersönlich, weil unzweideutig spezifisch überpersönlich, geartet waren, sondern (kraft einer unvermeidlichen Entwicklung) ein bunter Strauß von „Kulturwertungen“, in Wahrheit: 2  Der Verein für Sozialpolitik war im Oktober 1872 von einer Gruppe von Unternehmern, Sozialpolitikern, Wirtschaftswissenschaftlern und Nationalökonomen in der Überzeugung gegründet worden, daß die Arbeiterschaft am wirtschaftlichen Aufschwung des Industriezeitalters beteiligt werden müsse durch eine maßvolle, zwischen Industriellen und Arbeitern ausgleichende Sozialpolitik. Zu den Gründungs­ mitgliedern aus den Hochschulen gehörten neben Gustav Schmoller, die Nationalökonomen Lujo Brentano, Johannes Conrad, Bruno Hildebrand, Wilhelm Roscher und Adolph Wagner. Sie verstanden nationalökonomische Forschung als Wirtschaftsgeschichtsschreibung, die die persönliche und soziale Lage des Wirtschaftenden, seiner Haus- und Erwerbsgemeinschaft und die Organisation des Marktes genauso zu beschreiben habe, wie die historische Entwicklung der gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen des Wirtschaftens. Diese historische Wirtschaftsforschung wurde der sozialreformerischen Einstellung ihrer Vertreter wegen auch ethische Nationalökonomie genannt und hatte durchaus Bedeutung in der Sozialpolitik des Kaiserreiches der letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. 3  Der langjährige Vorsitzende des Vereins für Sozialpolitik Gustav Schmoller prägte wesentlich die Vereinsgeschicke. Er war der Überzeugung, daß die durch die historische Forschung zum Wirtschaftsleben angewachsene Materialsammlung im ausgehenden 19. Jahrhundert zu einem sich allmählich verfestigenden Bestand gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Volkswirtschaft geführt habe. Aus ihrer umfassenden Kenntnis der Wirklichkeit habe die historische Nationalökonomie ein Verständnis für die gesellschaftlichen Prozesse entwickelt, so daß sie zu einer „moralisch-politischen Wissenschaft“ geworden sei, die zu den Fragen von Recht und Gerechtigkeit, von Einzel- und Gesamtinteresse sehr wohl auf empirisch gesicherter Grundlage Stellung nehmen und auch Maßnahmen für Reformen aussprechen könne. Vgl. Schmoller, Wechselnde Theorien (wie oben, S.  186, Anm.  2), bes. S.  338, 341.

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subjektiven Ansprüchen an die Kultur, oder ganz offen: das angebliche „Recht der Persönlichkeit“ des Lehrers[,] sind es, in deren Namen heute die Freiheit der Kathederwertung gefordert wird. Man mag sich nun über den Standpunkt entrüsten, aber man wird ihn – und zwar deshalb, weil auch er eben eine „praktische Wertung“ enthält – nicht „widerlegen“ können: daß von allen Arten der Prophetie die in diesem Sinne „persönlich“ gefärbte Professoren-Prophetie zahlreicher offiziell beglaubigter Propheten, die nicht auf den Gassen oder in den Kirchen oder sonst in der Öffentlichkeit, oder, wenn privatim, dann in persönlich ausgelesenen Glaubenskonventikeln, die sich als solche fühlen und bekennen, predigen,b sondern in der angeblich objektiven, unkontrollierbaren[,] diskussionslosen, vor allem Widerspruch sorgsam geschützten Stille des vom Staat privilegierten Hörsaals „im Namen der Wissenschaft“ Kathederentscheidungen von Weltanschauungsfragen zum besten geben, die einzige ganz und gar unerträgliche ist. Es ist ein alter, von Schmoller bei einer gegebenen Gelegenheit scharf vertretener Grundsatz: daß die Vorgänge in den Hörsälen der öffentlichen Erörterung entzogen bleiben sollen. Obwohl die Ansicht möglich ist, daß dies gelegentlich auch, auf empirisch-wissenschaftlichem Gebiet, gewisse Nachteile haben könne, nimmt man offenbar und nehme auch ich an: daß die „Vorlesung“ eben etwas anderes als ein „öffentlicher Vortrag“ oder ein „Essay“ sein solle, daß die unbefangene Strenge, Sachlichkeit, Nüchternheit der Kollegdarlegung unter dem Hineinreden der Öffentlichkeit, z. B. der Presse-Öffentlichkeit, zum Schaden des pädagogischen Zweckes leiden könne. Allein ein solches Privileg der Unkontrolliertheit scheint doch jedenfalls nur für den Bereich der rein fachlichen Qualifikation des Professors angemessen. Für persönliche Prophetien aber gibt es keine Fachqualifikation und darf es daher auch nicht das Privileg geben: die nun einmal bestehende Zwangslage des Studenten, um seines „Fortkommens“ im Leben willen bestimmte Lehranstalten aufsuchen zu müssen, dazu auszubeuten, um ihm neben dem, was er hierzu braucht: Weckung und Schulung seiner Auffassungsgabe und seines Denkens, und daneben: Kenntnisse, auch noch, vor jedem Widerspruch sicher, die eigene zuwei-

b  Fehlt in B; predigen, sinngemäß ergänzt.

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len gewiß ganz interessante (oft aber auch recht irrelevante) sogenannte „Weltanschauung“ einzuflößen. Für deren Propaganda stehen dem Professor, wie jedermann, andere Gelegenheiten zu Gebot und wenn nicht, so kann er sie sich   in geeigneter Form leicht schaffen, wie bei jedem ehrlichen Versuch dazu die Erfahrung beweist. Aber der Professor muß nicht den Anspruch erheben, als Professor den Marschallstab des Staatsmanns (oder des Kulturreformers) im Tornister zu tragen, wie er tut, wenn er die Sturmfreiheit des Katheders für staatsmännische (oder kulturpolitische) Sentiments benutzt. In der Presse, in Versammlungen, Vereinen, Essays, in jeder jedem anderen Staatsbürger ebenfalls zugänglichen Form mag (und: soll) er tun, was sein Gott oder Dämon ihn tun heißt. Was aber heute der Student im Hörsaal doch vor allen Dingen von seinem Lehrer lernen sollte, ist: 1. die Fähigkeit, sich mit der schlichten Erfüllung einer gegebenen Aufgabe zu bescheiden; – 2. Tatsachen, auch und gerade persönlich unbequeme Tatsachen, zunächst einmal anzuerkennen und ihre Feststellung von subjektiver Stellungnahme dazu zu scheiden; – 3. seine eigene Person hinter die „Sache“ zurückzustellen und vor allem das Bedürfnis zu unterdrücken: seine persönlichen Geschmacks- und sonstigen Empfindungen ungebeten und sozusagen „unkeusch“ zur Schau zu stellen. Es scheint mir, daß dies heute ganz ungleich dringlicher ist, als es etwa vor vierzig Jahren war, wo gerade dies Problem eigentlich gar nicht in dieser Form existierte. Es ist ja nicht wahr – wie man behauptet hat –, daß die „Persönlichkeit“ in dem Sinn eine „Einheit“ sei und sein „solle“, daß sie sozusagen in Verlust geraten müßte, wenn man ihrer nicht bei jeder Gelegenheit ansichtig wird. Bei jeder „beruflichen“ Aufgabe verlangt „die Sache“ als solche ihr Recht und will nach ihren eigenen Gesetzen erledigt sein. Bei jeder beruflichen Aufgabe hat der, welchem sie gestellt ist, sich zu beschränken und das auszuscheiden, was nicht streng „zur Sache“ gehört, am meisten aber eigene Liebe und Haß. Und es ist nicht wahr, daß eine „starke“ Persönlichkeit sich darin dokumentiere, daß sie (wie es die Folge sein würde) bei jeder Gelegenheit zuerst nach einer nur ihr eigenen ganz persönlichen „Note“ fragt. Sondern es ist zu wünschen, daß gerade die jetzt heranwachsende Generation sich vor allen Dingen wieder an den Gedanken gewöhne: daß eine „Persönlichkeit zu sein“ etwas ist, was man nicht absichtsvoll wollen kann und daß es nur einen ein-

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zigen Weg gibt, um es (vielleicht!) zu werden: die rückhaltlose Hingabe an eine „Sache“, möge diese und die von ihr ausgehende „Forderung des Tages“4 nun im Einzelfall aussehen wie sie wolle. Es ist stilwidrig, in Facherörterungen „persönliche“ Angelegenheiten zu mischen. Und es heißt, den „Beruf“ seines einzigen heute wirklich noch bedeutsam gebliebenen Sinnes entkleiden, wenn man diejenige spezifische Art von Selbstbegrenzung, die er verlangt, nicht vollzieht. Ob aber der modische Persönlichkeitskult auf dem Thron, in der Amtsstube oder auf dem Katheder sich auszuleben trachtet[,] – er wirkt äußerlich fast immer effektvoll, im innerlichsten Sinn aber überall gleich kleinlich, und er schädigt überall die Sache. Nun hoffe ich[,] nach dem oben schon Bemerkten nicht noch besonders sagen zu müssen: daß mit dieser Art von Kultus des „Persönlichen“, nur weil es „persönlich“ ist, gerade die Herren, welche vermutlich innerhalb des Ausschusses andere Ansichten vertreten werden, und denen die nachfolgenden sachlichen Beratungen entgegentreten, ganz gewiß am allerwenigsten zu schaffen haben. Die Älteren halten an der bei der ganz anderen Situation vor 40 Jahren höchst verständlichen Praxis fest, die Jüngeren haben wohl inhaltlich andere Erziehungsideale, die ich als solche achten, aber nicht teilen muß. Aber nicht was sie wollen, sondern wie das, was sie mit ihrer Autorität legitimieren, auf eine Generation mit unvermeidlicher Prädisposition zum Sichwichtignehmen wirken muß, möchte ich bitten zu erwägen. Schließlich: daß manche (nicht: alle) der außerhalb des Vereins für Sozialpolitik oder in Gegnerschaft zu ihm stehenden angeblichen Gegner der Kathederwertungen gewiß am allerwenigsten dazu legitimiert sind, sich, zur Diskreditierung der im Verein von jeher heimischen, ausdrücklich und offen praktisch-politischen Problematik gewidmeten, außerhalb der Hörsäle in voller Öffentlichkeit sich vollziehenden Erörterungen, auf den von ihnen noch dazu zum Teil arg mißverstandenen Grundsatz der Ausscheidung der „Werturteile“ zu berufen, bedarf innerhalb unseres Kreises wohl kaum der besonderen Feststellung. Gerade die meisten unter ihnen leben ganz und gar von der Vertretung ihrer eigenen Wer4  Zitat aus Goethes „Wilhelm Meisters Wanderjahre“, in: Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Band 42, Abt. II. – Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 1907, S.  167; es findet sich auch in Weber, Wissenschaft als Beruf, in: MWG I/17, S.  71–111, hier S.  111 mit Hg.-Anm.  66.

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tungen, die dabei den Vorzug haben, der heutigen Interessenkonstellation und Mode besser „angepaßt“ zu sein. In der Existenz dieser pseudo-wertfreien, tendenziösen, dabei durch die zähe und zielbewußte Parteinahme starker Interessentenkreise getragenen Elemente kann m. E. eine wirklich entscheidende „Rechtfertigung“ dafür gefunden werden, daß auch die – im üblichen Sinne – „sozialpolitische“ Parteimeinungen vertretenden Gelehrten zurzeit bei der Kathederwertung beharren. Ich kann es sehr gut verstehen, daß in der Zeit der offenen oder verhüllten Interessenteneinflüsse gerade unabhängig gesonnene Gelehrte keine Neigung verspüren, jenesc so praktische Mimicry einer nur scheinbaren „Wertfreiheit“ mitzumachen. Persönlich glaube ich, daß trotzdem das (nach meiner Meinung) Richtige  geschehen sollte und daß das Gewicht der praktischen Wertungen eines Gelehrten dadurch, daß er ihre Vertretung auf die adäquaten Gelegenheiten außerhalb des Hörsaals beschränkt, eher wachsen würde, wenn man weiß, daß er die Strenge besitzt, innerhalb des Hörsaals nur das zu tun, was „seines Amtes“ ist. Indessen sind dies alles ja „praktische Wertungsfragen“ und unaustragbar. Jedenfalls wäre aber die prinzipielle Inanspruchnahme des Rechtes der Kathederwertung m. E. nur dann konsequent, wenn zugleich Gewähr dafür geschaffen werde, daß alle Parteimeinungen Gelegenheit hätten, sich auf dem Katheder Geltung zu verschaffen. (Dafür genügt noch keineswegs das holländische Prinzip: Entbindung der theologischen Fakultät von allem Bekenntniszwang, aber Freiheit der Universitätsgründung im Falle der Sicherung der Geldmittel und der Innehaltung der Qualifikationsvorschriften für die Lehrstuhlbesetzung und privates Recht der Stiftung von Lehrstühlen mit Präsentationspatronat der Stifter.5 Denn das prämiiert c  Zu erwarten wäre: jene 5 Dieses „holländische Prinzip“ hatte Weber bereits auf dem III. Deutschen Hochschullehrertag in Leipzig im Oktober 1909 angesprochen. In der Diskussion, ob die Zulassung zur Habilitation von religiösen oder politischen Voraussetzungen abhängig zu machen sei, verwies er auf holländische theologische Fakultäten, die kein Glaubensbekenntnis verlangten, sowie auf die dortige – vom Bischof von Utrecht tatsächlich auch in Anspruch genommene – Möglichkeit, mit Stiftungsmitteln eine Universität zu gründen, vgl. Weber, Max, [Die Auslese für den akademischen Beruf. Diskussionsbeiträge auf dem III. Deutschen Hochschullehrertag in Leipzig am 12. und 13. Oktober 1909], in: MWG I/13, S.  180–187, hier S, 182 f.

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nur den Geldbesitz und die autoritären Organisationen: die klerikalen Kreise haben bekanntlich davon Gebrauch gemacht). Bei uns pflegt aber mit der Vertretung der Kathederwertungsfreiheit geradezu das Gegenteil jenes Prinzips der gleichmäßigen Vertretung aller (auch der denkbar „extremsten“) Richtungen vertreten zu werden. Es war z. B. natürlich von Schmollers persönlichem Standpunkt aus konsequent, wenn er „Marxisten und Manchesterleute“ für disqualifiziert zur Innehabung von akademischen Lehrstühlen erklärte,6 obwohl er nie die Ungerechtigkeit besessen hat, die wissenschaftlichen Leistungen zu ignorieren, welche gerade diesen Kreisen entstammen. Allein eben hier liegen Punkte, in denen ich persönlich unserem verehrten Meister niemals folgen konnte. Einer unserer allerersten, politisch streng konservativ gesonnenen Juristen erklärte freilich auf einer Tagung des Hochschullehrertages (worin er sich gegen die Exklusion von Sozialisten von den Kathedern aussprach):7 wenigstens einen „Anarchisten“ würde auch er als Rechtslehrer nicht  akzeptieren können, da der ja die Geltung des Rechts als solchend überhaupt negiere, – und hielt dies Argument offenbar für durchschlagende. Ich bin der gegenteiligen Ansicht. Der Anarchist kann sicherlich ein sehr guter „Jurist“ sein. Und ist er das, dann kann gerade jener sozusagen archimedischef Punkt außerhalb der uns so selbstverständlichen Konventioneng und Voraussetzungen, auf die ihn seine Überzeugung – wenn sie echt und praktisch bewährt ist – stellt, ihnh befähigen, Grund­ anschauungeni der üblichenk Rechtslehre als problematisch  zu erkennen, die denjenigen entgehen,l welchen sie allzu selbstverd A: solches    e  A, A1: Deutschland   f  A, A1: archinodische  g  A, A1: Kompensionen  h In A, A1 folgt: recht wohl   i A, A1: Grundvoraussetzungen   k  Fehlt in A, A1.  l  A, A1: entgehen.   6  Schmollers Diktum lautete: „Weder strikte Smithianer noch strikte Marxianer können heute Anspruch darauf machen, für vollwertig gehalten zu werden.“ Schmoller, Wechselnde Theorien (wie oben, S.  186, Anm.  2), S.  341. 7  Der Strafrechtler Adolf Wach hatte sich 1909 auf dem Hochschullehrertag in Leipzig dafür ausgesprochen, die Vergabe der venia legendi prinzipiell unabhängig von der religiösen oder politischen Überzeugung des Habilitanden zu machen, hatte sich aber gegen eine Zulassung von „Anarchisten“ als Rechtslehrer ausgesprochen; vgl. Wach, Adolf, Thesen, in: Verhandlungen des III. Deutschen Hochschullehrertages zu Leipzig am 12. und 13. Oktober 1909. Bericht erstattet vom engeren geschäftsführenden Ausschuß. – Leipzig: Verlag des Literarischen Zentralblattes für Deutschland (Eduard Avenarius) 1910, S.  3–12, hier S.  9, vgl. auch die Diskussionsbeiträge Max Webers, Die Auslese für den akademischen Beruf, MWG I/13, S.  182 und 184.

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ständlich sind. Der radikalste Zweifel ist der Vater der Erkenntnis. –m Gerade die verschiedensten und wichtigsten Wertfragen aber sind nun von den Kathedern staatlicher Universitäten durch die Natur der Verhältnisse ausgeschlossen.  nWem die Interessen der Nation über ausnahmslos allen ihren konkreten Institutionen stehen, für den ist es eine zentralo wichtige Frage: ob z. B. die pheute maßgebendep Auffassung von der Stellung des Monarchen in Deutschland vereinbar ist mit ihrenq Machtinteressen und denjenigenr Mitteln: Krieg und Diplomatie, durch welches diese wahrgenommen werden. Es sind nicht immer die schlechtesten Patrioten und auch keineswegs Gegner der Monarchie, welche heute vielfach geneigt sind, diese Frage zu verneinen und an Erfolge auf jenen beiden Gebieten nicht zu glauben, solange hier nicht sehr tiefgreifende Änderungen eingetreten sind. Jedermann aber weiß, daß diese Lebensfragen der Nation auf deutschen Kathedern nicht in voller Freiheit unbefangen diskutiert werden könnten.t n  Angesichts der Tatsache, daß gerade die upraktisch-politischu entscheidenden Wertungsfragen der Kathedererörterunga dauerndb entzogen sind, scheint es mir der Würde der Vertreter der Wissenschaft

m  Gedankenstrich fehlt in A, A1.  n–n A: Wenn die Na­tion als solche und ihr Interesse höher steht als ausnahmslos alle ihre Institutionen, dann muß heute, nach den gemachten Erfahrungen, das Gebilde so stark der Kritik bedürftig erscheinen als der monarchische Charakter des deutschen Staatswesens. Wir können nach einer Meinung keinem Krieg mit Ruhe entgegensehen, ihn also als politisches Mittel nicht in Aussicht nehmen, weil ein militärischer Dilettant dann kraft seiner „Kommandogewalt“ die Führung übernimmt, der gewachsen zu sein er nach seiner persönlichen Ansicht optima [A: optime] fide glaubt. Und wir können keine erfolgreiche auswärtige Politik treiben, weil ein staatsmännisch nun einmal nicht begabter politischer Dilettant, der optima [A: optime] fide seine Pflicht zu tun glaubt, deren Kreise fortwährend stört. Und wir stehen auch bei allen möglichen anderen Fragen jeden Augenblick auf rein dynastische, für „staatliche“ ausgegebene Interessen, welche einer Erledigung eines Problems im „nationalen“ Sinn sich in den Weg stellen. (So auf dem Gebiet der Agrarpolitik.) Glaubt aber jemand im Ernst, daß ein an der Hand dieser zum Teil offenkundigen Tatsachen grundsätzlich die jetzige Stellung der Deutschen zur Monarchie kritisierende Stellungnahme auf deutschen Kathedern dauernd und gleichberechtigt geduldet werde? Dagegen den heutigen Monarchismus zu verteidigen ist erlaubt! Passage in A1 eigenhändig gestrichen und mit der Randbemerkung versehen: cf. Beilage!  o A1: central   p A1: heutige > heute maßgebende   q A1: den > ihren   r A1: den > denjenigen  s A1: welchen  t A1: können. In A1 folgt die eigenhändige Setzeranweisung: Absatz.  u  Fehlt in A; praktisch-politisch in A1 eigenhändig ergänzt.   a A, A1: Kathederdiskussion  b  Fehlt in A; dauernd in A1 eigenhändig ergänzt.

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am besten zu entsprechen: auch über die Wertprobleme, die manc ihnen zu behandeln „erlaubt“d, zu schweigen. – eAuf keinen Fall darf abere die Frage: ob man im Unterricht praktische Wertungen vertreten dürfe, solle, müsse, irgendwief mit der grein logischeng Erörterung der Rolleh, welche Wertungen für empirische Disziplinen spielen, verquickt werdeni. Jeder  weiß: daß in jener – unaustragbaren – praktischen Frage jeder Dozent die eigene, oft langjährige Praxis vertreten wird, und niemand kann davon eine ersprießliche Auseinandersetzung erwarten. Es gibt einfach eine Janitscharenmusik der de pacti puris feststehenden, weil bewährten „Standpunkte“. Darunter muß auch die Unbefangenheit an der Diskussion des eigentlichen logischen Sachverhaltes leiden, dessen Entscheidung an sich für jene Frage noch gar keine Anweisung gibt (außer der einen rein logisch geforderten: Klarheit und deutliche Trennung heterogener Probleme). Im Gegensatz zu anderen Geschmacksrichtungen scheint mir persönlich überhaupt eine nur kraft persönlicher Wertung zu entscheidende Frage uninteressant. – 3. Nicht diskutieren möchte ich ferner, ob die Scheidung von empirischer Arbeit und praktischer Wertung „schwierig“ sei. Sie ist es. Wir alle, der unterzeichnete Vertreter dieses Postulats ebenso wie  andere, verstoßen immer wieder einmal dagegen. Aber wenigstens die Anhänger der „ethischen“ Nationalökonomie könnten wissen: daß auch das „Sittengesetz“ unerfüllbar ist, dennoch aber als „aufgegeben“ gilt. Und eine Gewissenserforschung könnte vielleicht zeigen, daß die Erfüllung des Postulats vor allem deshalb schwierig ist, weil wir es uns ungern versagen, auch das so interessante Gebiet der Wertungen, zumal mit der so anregenden „persönlichen Note“[,] zu betreten. Jeder Dozent wird natürlich die Beobachtung machen, daß die Gesichter der Studenten sich aufhellen und ihre Mienen sich spannen, wenn er persönlich zu „bekennen“ anfängt, und ebenso, daß die Besuchsziffer seiner Vorlesungen durch die Erwartung, daß er dies tun werde, höchst vorteilhaft beeinflußt wird. Jeder weiß ferner, daß die Frequenzkonkurrenz der Universitäten einem noch so kleinen Propheten, der c  A, A1: von  d  A, A1: „vorläufig”  e–e  A, A1: Persönlich möchte ich bedauern, daß man   f A, A1: überhaupt  g A, A1: Frage der logischen   h A, A1: Stelle  i  A, A1: hat

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die Hörsäle füllt, bei Vorschlägen gegenüber einem noch so erheblichen Gelehrten und sachlichen Lehrer die Vorhand gibt; – es sei denn, daß die Prophetie der politisch oder konventionell jeweils als „normal“ angesehenen Meinung allzu entlegen wäre. Nur der pseudowertfreie Prophet der materiellen Großinteressenten ist, kraft des Einflusses dieser auf die Regierungen, auch ihm an Chance überlegen. Ich halte dies alles für unerfreulich und möchte daher auch auf die Behauptung: daß die Forderung der Ausscheidung von praktischen Wertungen „parteiisch“ und „kleinlich“ sei, daß sie die Vorlesungen „langweilig“ machen würde, nicht eingehen. Denn ich finde sie nicht überzeugend, fürchte aber meinerseits, daß durch allzu „interessante“ persönliche Noten den Studenten auf die Dauer der Geschmack an schlichter, sachlicher Arbeit abgewöhnt werden würde. 4. Nicht diskutieren ferner, sondern ausdrücklich anerkennen möchte ich: daß man gerade unter dem Schein der Ausmerzung aller praktischen Wertungen ganz besonders stark, nach dem bekannten Schema: „die Tatsachen sprechen zu lassen“, suggestiv solche hervorrufen kann. Die bessere Qualität unserer parlamentarischen und Wahlberedsamkeit wirkt ja gerade mit diesem Mittel – und für ihre Zwecke ganz legitim. Darüber, daß dies auf dem Katheder gerade vom Standpunkt des Postulates jener Scheidung aus von allen Mißbräuchen der allerverwerflichste wäre, ist kein Wort zu verlieren. Daß aber ein illoyal erweckter Schein der Erfüllung eines Postulates sich für die Wirklichkeit ausgeben kann, bedeutet doch keine Kritik des Postulates selbst. Dieses aber geht gerade dahin: daß, wenn der Lehrer trotz aller Bedenken praktische „Wertungen“ sich nicht versagen zu sollen  glaubt, er diese als solche anderen und sich selbst absolut deutlich mache. 5. Steril wäre es, wenn sich Andersdenkende vielleicht an den Ausdruck „subjektiv“ (den ich gelegentlich von „Wertungen“ brauchte) klammern wollten. Was in der empirischen Sphäre als „subjektiv“ zu behandeln ist, kann in einer anderen, heterogenen, vielleicht normativ begründbar sein. Es steht aber fest, daß wir heute in der Wertungssphäre zum mindesten auch mit solchen Wertungen zu tun haben, die ihrerseits selbst „normative“ Begründbarkeit für sich gar nicht beanspruchen. Die Abgrenzung beider wäre eine Angelegenheit, welche jedenfalls nicht unsere Disziplin nebenher erledigen könnte.

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6. Was ich am allerentschiedensten bekämpfe, ist die nicht seltene Vorstellung: der Weg zur „Objektivität“ werde durch ein „Abwägen“ der verschiedenen Wertungen gegeneinander und ein „staatsmännisches“ Kompromiß zwischen ihnen betreten. Die jeweilige, aus dem Kräfteverhältnis und aus den höchst konkret bedingten Wertungen derjenigen, die die Macht haben, sich ergebende „mittlere Linie“ ist nicht nur empirisch genau ebenso wenig als geltensollend beweisbar, wie die „extremsten“ Wertungen beider Teile. Sondern auch in der Wertungssphäre wäre gerade sie normativ unter keinen Umständen eindeutig. Auf das Katheder gehört sie nicht, – sondern in die Bureaus. Die Wissenschaften, normative und empirische, können den politisch Handelnden und den streitenden Parteien nur einen unschätzbaren Dienst leisten, nämlich ihnen zu sagen: 1. es sind die und die verschiedenen möglichen „letzten“ Stellungnahmen zu diesem Problem denkbar; – 2. so und so liegen die Tatsachen, insbesondere die faktischen Konsequenzen und die Mittel, mit denen ihr bei eueren eigenen Stellungnahmen zu rechnen habt. II.

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In der Sache selbst muß ich mich auf das beziehen, was ich s. Zt. im „Archiv für Sozialwissenschaft“, Band XIX, ferner Band XXII, XXIV,8 gesagt habe (die, wie recht wohl möglich ist, zuweilen ungenügende Korrektheit der Einzelformulierungen dürfte keinen zur Sache wesentlichen Punkt betreffen) und möchte für die „Unaustragbarkeit“ gewisser letzter Wertungen auf einem wichtigen Problemgebiet u. a. namentlich auf G[ustav] Radbruchs „Einführung in die Rechtswissenschaft“ (2. Aufl. 1913)9 verwiesen haben. Ich weiche in einigen Punkten  von ihm ab. Aber für das hier erörterte Problem sind sie nicht von Bedeutung. Unendliches Mißverständnis und vor allem terminologischer, daher gänzlich steriler, Streit hat sich nun an das Wort „Werturteil“ geknüpft, welches zur Sache offenbar gar nichts austrägt. Es ist 8  Weber verweist auf seine Aufsätze, die im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik erschienen sind: Weber, Objektivität (19. Band, 1904), ders., Kritische Studien (22. Band, 1906) und ders., Stammlers Überwindung (24. Band, 1907). 9  Radbruch, Einführung2.

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doch ganz unzweideutig, daß es sich bei diesen Erörterungen um praktische Wertungen sozialer Tatsachen als, unter ethischen oder unter Kulturgesichtspunkten, praktisch wünschenswert oder unerwünscht, handelt. Daß die Wissenschaft 1. „wertvolle“, d. h. logisch und sachlich „gewertet“, richtige und 2. „wertvolle“, d. h. im Sinne des wissenschaftlichen Interesses wichtige Resultate zu erzielen wünscht, daß ferner schon die Auswahl des Stoffes eine „Wertung“ enthält – solche Dinge (die wenigstens von mir schon in jenen Aufsätzen ausführlich erörtert waren) sind trotzdem allen Ernstes als „Einwände“ aufgetaucht. Nicht minder ist das fast unbegreiflich starke Mißverständnis: als ob die Wirtschaftswissenschaft (oder gar: alle empirische Wissenschaft) „subjektive“ Wertungen nicht als Objekt behandeln könne (während die ganze Grenznutzenlehre10 doch auf der gegenteiligen Voraussetzung beruht)[,] ebenfalls wiederholt entstanden. Aber es handelt sich doch ausschließlich um die an sich höchst triviale Forderung: daß der Forscher und Darsteller die Feststellung empirischer Tatsachen (einschließlich des „wertenden“ Verhaltens der von ihm untersuchten Menschen) und seine praktisch wertende, d. h. diese Tatsachen (einschließlich etwaiger zum Objekt einer Untersuchung gemachten „Wertungen“ von handelnden Menschen) als erfreulich oder unerfreulich beurteilende, Stellungnahme auseinanderhalten solle, weil es sich da nun einmal um heterogene Probleme handelt. Ferner: in einer sonst wertvollen Abhandlung führt ein Schriftsteller aus: ein Forscher könne doch auch seine eigene Wertung als „Tatsache“ hinnehmen und nun daraus die Konsequenzen ziehen. Das hiermit Gemeinte ist ebenso unbestreitbar richtig wie der gewählte Ausdruck direkt irreführend. Man kann natürlich sich vor einer Diskussion darüber einigen, daß eine bestimmtej praktische Maßregel: etwa die Deckung der Kosten einer Heeresvermehrung lediglich aus den Taschen j B: bestimmt 10 Die Grenznutzlehre geht davon aus, daß der Wirtschaftende den Erwerb eines Gutes von seiner Bedürfnislage und optimalem Mitteleinsatz abhängig macht, vgl. auch Weber, Grenznutzlehre, oben, S.  115–133, bes. S.  122–125. Die subjektive Wertlehre gehörte für Weber zur Grundlage der theoretischen Nationalökonomie, in seiner nationalökonomischen Hauptvorlesung definiert er wie folgt: „Werthschätzung bei begrenzten Gütern nach Grenznutzen, bei vermehrbaren Gütern nach Grenznutzen u. Grenzkosten”, Weber, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, S.  190–664, hier S.  253.

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der Besitzenden, „Voraussetzung“ der Diskussion sei, und lediglich die Mittel, dies durchzuführen, zur Erörterung gestellt werden sollen. Das ist oft recht zweckmäßig. Aber eine solche gemeinsame vorausgesetzte praktische Absicht nennt man doch nicht eine „Tatsache“, sondern einen gemeinsam „a priori feststehenden Zweck“. Daß das auch sachlich  zweierlei ist, würde sich auch in der Diskussion der „Mittel“ zeigen, es sei denn, daß der undiskutabel „vorausgesetzte Zweck“ so konkret wäre, wie etwa der: sich jetzt eine Zigarre anzuzünden. Dann sind auch die Mittel der Diskussion nur selten bedürftig. In fast jedem Falle einer allgemeiner formulierten Ansicht, z. B. in dem vorhin als Beispiel gewählten, wird man dagegen die Erfahrung machen: daß bei der Diskussion der Mittel nicht nur sich zeigt: daß die Einzelnen unter jenem vermeintlich eindeutigen Zweck ganz verschiedenes verstanden haben, sondern insbesondere kann sich ergeben: daß der genau gleiche Zweck aus sehr verschiedenen letzten Gründen gewollt wird und dies auf die Diskussion der Mittel von Einfluß sei. Doch dies beiseite. Denn daß man von einem bestimmten Zweck als gemeinsam gewollt ausgehen und nur die Mittel, ihn zu erreichen, diskutieren kann und daß dies dann eine rein empirisch zu erledigende Diskussion ergeben kann, ist wohl noch nie jemandemk zu bestreiten eingefallen. Aber gerade um die Wahl der „Zwecke“ (und nicht der „Mittel“ bei fest gegebenem Zweck), gerade darum also, in welchem Sinn die Wertung, die der Einzelne zugrunde legt, eben nicht als „Tatsache“ hingenommen, sondern zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Kritik gemacht werden könne, dreht sich ja die ganze Erörterung. Wenn dies nicht festgehalten wird, so ist alles weitere Reden vergeblich. – Gar nicht zur Diskussion gestellt ist – wenigstens von meiner Seite – die Frage: inwieweit praktische Wertungen, insbesondere also: ethische, ihrerseits eine „normative“ Dignität beanspruchen dürfen, also anderen Charakter haben, als z. B. die Meinung: daß „Blondinen den Brünetten“ vorzuziehen seien[,]11 oder als ähnlik B: jemanden 11  Bei der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik im Herbst 1909 in Wien bemerkte Werner Sombart am Ende seines Redebeitrages zu der Debatte über die Produktivität der Volkswirtschaft, daß man über Werturteile nicht diskutieren könne, „ehe nicht der wissenschaftliche Nachweis geführt ist, ob die Blondinen oder die Brü-

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che subjektive Geschmacksurteile. Indem ich nur beiläufig bemerke, daß ich jene Dignität zu bestreiten in der Tat sehr weit entfernt bin, möchte ich umso nachdrücklicher auf das hinweisen, worauf allein es ankommt: daß die Geltung eines praktischen Imperativs als Norm und die Wahrheitsgeltung einer empirischenl Tatsachenfeststellung in gänzlich heterogenen Ebenen der Problematik liegen und der spezifischen Dignität jeder von beiden schwerer Abbruch getan wird, wenn man dies ignoriert. Ziemlich stark mißverstanden fühle ich persönlich mich speziell durch Professor von Schmoller (in seinem Aufsatz über „Volkswirtschaftslehre“ im H[and]-W[örterbuch] d[er] St[aats]-W[is­sen­schaf­ ten], neueste Auflage).12 Gerade die wissenschaftliche und persönliche Verehrung für unseren Meister verbietet es mir, diese (im Grunde wenigen) Punkte, wo ich glaube, ihm nicht beipflichten zu dürfen, zu übergehen. Nur nebenbei möchte  ich mich dagegen wenden, daß die bloße Tatsache des historischen und individuellen Schwankens der wertenden Stellungnahme mir als entscheidender Beweis für deren stets nur „subjektiven“ Charakter gelte. Auch empirische Tatsachenfeststellungen sind ja oft sehr umstritten. Darüber, ob man jemanden für einen Schurken halten solle, kann oft eine wesentlich größere Übereinstimmung herrschen als (selbst und gerade bei den Fachleuten) etwa über die Frage der Deutung einer verstümmelten Inschrift. Die nach Schmollers Annahme zunehmende konventionelle Einmütigkeit aller Konfessionen und Menschen über die Hauptpunkte der praktischen Wertungen steht freilich in schroffem Gegensatz zu dem entgegengesetzten Eindruck anderer. Allein das alles scheint mir ohne Belang für die Sache. Denn was ich jedenfalls bestreiten würde, wäre: daß man sich bei irgend einer solchen durch Konvention geschaffenen faktischen Selbstverständlichkeit gewisser noch so weit verbreiteter praktischer Stellungnahmen wissenschaftlich beruhigen dürfe. Die spezifische Funktion der Wissenschaft scheint mir gerade umgekehrt: daß ihr das konventionell Selbstverständliche zum Problem l B: empischen netten hübscher sind“. Vgl. Sombart, Werner, Diskussionsbeitrag, in: Verhandlungen VfSp 1909, S.  563–572, hier S.  572. 12  Gemeint ist der 1911 in der 3. Auflage des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften erschienene Artikel: Schmoller, Volkswirtschaft3.

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wird. Gerade dies haben Schmoller und seine Freunde s. Zt. getan. Daß man ferner die kausalem Wirkung des faktischen Bestehens gewisser ethischer oder religiöser Überzeugungen auf das Wirtschaftsleben untersucht und hoch veranschlagt – wie ich es in einem Einzelfall getan habe13 –[,] hat doch nicht etwa die Folge: daß man jene kausal wirksam gewesenen Überzeugungen um deswillen auch zu teilen habe oder jenen Einfluß etwa für „segensreich“ halten müsse. Über diese Fragen habe ich gar nichts aussagen wollen, und sie würde der Einzelne sehr verschieden beurteilen müssen, je nach seinen eigenen religiösen und anderen praktischen Überzeugungen. Dagegen bestreite ich nach wie vor sehr nachdrücklich (und habe dabei Schmoller keineswegs mißverstanden – wie sein eigener Aufsatz zeigt): daß eine „realistische“ Wissenschaft vom Ethischen, d. h. die Aufzeigung der faktischen Einflüsse, welche die jeweiligen in einer Gruppe von Menschen vorwiegenden ethischen Überzeugungen durch deren sonstige Lebensbedingungen erfahren und umgekehrt wieder auf diese geübt haben, ihrerseits eine „Ethik“ sei, welche jemals über das Geltensollende etwas aussagen könne. So wenig wie eine „realistische“ Darstellung der astronomischen Vorstellungen der Chinesen, welche also aufzeigt, aus welchen praktischen Motiven und wie sie Astronomie betreiben, zu welchen Ergebnissen und warum sie zu diesen kamen, jemals die Richtigkeit der chinesischen „Astronomie“ zu erweisen zum  Ziele haben könnte. Und so wenig wie die Feststellung, daß zuweilen die römischen Agrimensoren oder die Florentiner Bankiers (die letzteren selbst bei Erbteilungen von ganz großen Vermögen) mit ihren Methoden zuweilen zu Resultaten kamen, welche mit der Trigonometrie oder dem Einmaleins unvereinbar sind, etwa deren Geltung zur Diskussion stellt. Was ich also bestimmt bestreite ist: daß man durch empirisch-psychologische und historische Untersuchung eines bestimmten Wertungsstandpunktes auf seine individuelle, soziale, historische Bedingtheit hin zu irgend etwas anderem gelange, als dazu: ihn verstehend zu erklären. Das ist nicht nur wegen des persönlichen (aber nicht wissenschaftlim B: kausalen 13  Weber verweist hier auf: Weber, Max, Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus, in: AfSSp, Band 20, Heft 1, 1904, S.  1–54, und Band 21, Heft 1, 1905, S.  1–110 (MWG I/9, S.  97–215 und S.  222–425).

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chen) Nebenerfolgs: dem Gegner persönlich leichter „gerecht werden“ zu können, erwünscht, sondern es ist wissenschaftlich höchst wichtig 1. für den Zweck der empirischen Kausalbetrachtung, um die wirklichen letzten Motive kennen zu lernen, 2. für die Ermittlung der gegenseitigen Wertungsstandpunkte im Wege der Wertdiskussion: um das, was der Gegner (oder auch: man selbst) wirklich meint, d. h.: den Wert: auf den es ihm wirklich – nicht nur scheinbar – ankommt, zu erfassen und so zu diesem eine Stellungnahme zu ermöglichen. Aber weder bedeutet „alles verstehen“ auch „alles verzeihen“14 noch führt überhaupt vom bloßen „Verstehen“ des fremden Standpunktes an sich ein Weg zu dessen Billigung, sondern mindestens ebenso leicht, ja mit weit höherer Wahrscheinlichkeit, zu der Erkenntnis: daß, warum und worüber, man sich nicht einigen könne. Diese Erkenntnis ist eine Wahrheitserkenntnis und ihr dienen „Wertungsdiskussionen“. Was man aber auf diesem Wege ganz gewiß nicht gewinnt – weil es in der gerade entgegengesetzten Richtung liegt –[,] ist irgend eine „normative“ Ethik oder überhaupt die Verbindlichkeit irgend eines „Imperativs“. Jedermann weiß doch, daß ein solches Ziel durch die, zum mindesten dem Anschein nach, „relativierende“ Wirkung solcher Diskussionen eher erschwert wird. Damit ist natürlich nun wieder nicht gesagt: daß man um deswillen sie vermeiden solle. Im geraden Gegenteil. Denn eine „ethische“ Überzeugung, welche durch psychologisches „Verstehen“ abweichender Wertungen sich aus dem Sattel heben läßt, ist nur ebensoviel wert gewesen wie religiöse Meinungen, welche durch wissenschaftliche Erkenntnis zerstört werden, wie dies ebenfalls typisch vorkommt. In welchem Sinn schließlich Schmoller mit Recht oder Unrecht annimmt, daß ich persönlich nur „formale“ ethische Wahrheiten (gemeint ist offenbar: im Sinn der Kritik der praktischen Vernunft) anerkenne,15 möchte ich nicht erörtern,  weil es eine mehr persönliche, die Erörterung wenigstens des jetzt hier diskutierten Problems nicht direkt berührende Angelegenheit ist. Nur gegen die Identifikation von ethischen Imperativen mit „Kulturidealen“, auch den höchsten, 14  Zitat einer Redewendung von Anne Louise Germaine de Staël: „Tout comprendre c’est tout pardonner“. 15  Vgl. Schmoller, Volkswirtschaft3, S.  497; zu Webers Meinung über diesen Beitrag vgl. seinen Brief an Heinrich Rickert, [zweite Hälfte Oktober 1911], in: MWG II/7, S.  325.

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habe ich mich gewendet. Es kann einen Standpunkt geben, für den Kulturideale „aufgegeben“ sind, auch soweit sie mit jeglicher Ethik in unvermeidlichem, unaustragbarem Konflikt liegen. Jedenfalls ist beides nicht identisch. Nur nebenbei sei gesagt: daß ich es für ein sehr schweres (freilich weitverbreitetes) Mißverständnis halten würde, wenn geglaubt würde: „formale“ Sätze wie etwa die der Kantischen Ethik enthielten keine inhaltlichen Weisungen. – Die Möglichkeit einer normativen Ethik wird dadurch nicht in Frage gestellt, daß es 1. Probleme praktischer Art gibt, für welche sie aus sich selbst heraus keine eindeutigen Weisungen geben kann (und dahin gehören, wie ich glaube, in ganz spezifischer Art bestimmte institutionelle, daher gerade „sozialpolitische“ Probleme), daß ferner 2. die Ethik vielleicht nicht das Einzige ist, was auf der Welt normativ „gilt“, sondern daß neben ihr andere Wertsphären bestehen, deren Werte unter Umständen nur der realisieren kann, welcher ethische „Schuld“ auf sich nimmt. Auch dahin gehört speziell die Sphäre politischen Handelns. Es wäre m. E. schwächlich, die Spannungen gegen das Ethische, welche diese Sphäre enthält, nach Art eines allgemeinen Weltanschauungs-Bastiat16 leugnen zu wollen. Zu den von keiner Ethik eindeutig entscheidbaren Fragen gehören u. a. schon die Konsequenzen des Postulates der „Gerechtigkeit“. Ob man – wie dies wohl Schmollers seinerzeit geäußerten Anschauungen am ehesten entsprechen würde – dem, der viel leistet, auch viel schuldet, oder umgekehrt von dem, der viel leisten kann, auch viel fordert, ob man etwa weiter z. B. im Namen der Gerechtigkeit (denn andere Gesichtspunkte haben dann auszuscheiden) dem großen Talent auch große Chancen gönnen solle oder ob man umgekehrt (wie Babeuf)17 die Ungerechtigkeit der ungleichen Verteilung der geistigen Gaben auszugleichen habe durch strenge Vorsorge dafür, daß das Talent, dessen bloßer Besitz ja schon ein beglückendes Prestigegefühl geben könne, nicht auch noch seine besseren Chancen in der Welt für sich ausnützen möge 16  Anspielung auf die Laissez-faire-Haltung von Frédéric Bastiat, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in zahlreichen Schriften den Manchesterliberalismus vertrat. 17  François Noe¨l Babeuf, führender Jakobiner in der Französischen Revolution, vertrat früh radikale sozialistische Ideen, 1797 wegen umstürzlerischer Bestrebungen gegen das Direktorium („Verschwörung der Gleichen“) nach einem Prozeß hingerichtet.

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– dies dürfte aus „ethischen“ Prämissen unaustragbar sein. Diesem Typus entspricht aber die ethische Problematik der meisten sozialpolitischen Fragen. – Ich kann mir aber nicht denken, daß eine Ausschußdebatte über Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer normativen Ethik, oder über  die Frage, ob sie nur „formale“ oder auch „inhaltliche“ Normen ergründen könne (und vor allem: über den Sinn dieses gar nicht so einfachen Unterschiedes) irgendwelche erfreuliche Resultate zeitigen würde. Und ich habe seinerzeit den Nachdruck auf den von diesen schwierigen Problemen gänzlich unabhängigen, unbezweifelbaren Sachverhalt gelegt:18 daß auf dem Gebiet der praktisch-politischen (speziell also auch der wirtschafts- und so­zial­ poli­tischen) Wertungen, sobald daraus Direktiven für ein wertvolles Handeln abgeleitet werden sollen: 1. die unvermeidlichen Mittel und 2. die unvermeidlichen Nebenerfolge, 3. die dadurch bedingte Konkurrenz mehrerer möglicher Werte miteinander in ihrer praktischen Konsequenz das einzige sind, was eine empirische Disziplin mit ihren Mitteln aufzeigen kann. Sowohl die Frage, wie weit ein Zweck die unvermeidlichen Mittel heiligen solle, wie auch die andere: wie weit die nicht gewollten Nebenerfolge in den Kauf genommen werden sollen, wie die dritte, wie Konflikte gegenüber mehreren in concreto kollidierenden, gewollten oder gesollten Zweckenn zu schlichten seien, ist Sache der Wahl oder des Kompromisses. Es gibt keinerlei wissenschaftliches Verfahren, welches hier eine Entscheidung geben könnte. Diese Wahl selbst kann nie unsere Wissenschaft dem Einzelnen zu ersparen sich anmaßen und soll daher auch nicht den Anschein erwecken, es zu können. – In der „Streitfrage“ selbst muß ich abwarten, ob sich wirklich Leute finden, welche behaupten, daß die Fragen: ob eine konkrete Tatsache sich so oder anders verhält? warum der betreffende konkrete Sachverhalt so und nicht anders geworden ist? ob auf einen gegebenen Sachverhalt nach einer Regel des Geschehens ein anderer Sachverhalt, und mit welchem Grade von Eindeutigkeit, zu foln B: Zwecke 18  Weber verweist auf seinen Diskussionsbeitrag in der Debatte über die Produktivität der Volkswirtschaft, die der Verein für Sozialpolitik auf seiner Generalversammlung in Wien im September 1909 geführt hatte, vgl. Weber, Produktivität, oben, S.  206–220, hier S.  208–210.

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gen pflegt? logisch nicht verschieden seien von den Fragen: was man in einer konkreten Situation praktisch tun solle? unter welchen Gesichtspunkten sie praktisch erfreulich oder unerfreulich erscheinen könne? ob es – wie immer geartete – allgemein formulierbare Sätze (Axiome) gebe, auf welche sich jene Gesichtspunkte reduzieren lassen? – ferner: daß einerseits die Frage: in welcher Richtung sich eine konkret gegebene tatsächliche Situation (oder generell: eine Situation eines bestimmten, irgendwie hinlänglich bestimmten Typus) mit Wahrscheinlichkeit, und mit wie großer Wahrscheinlichkeit sie in jener Richtung sich entwickeln werde (bzw. typisch zu entwickeln pflege)? also: die Frage des faktischen Bestehens von „Entwicklungstendenzen“,19 und die andere Frage: ob man dazu beitragen solle, daß eine bestimmte Situation  sich in einer bestimmten Richtung – sei es der an sich wahrscheinlichen, sei es der gerade entgegengesetzten oder irgendeiner anderen – entwickelt? endlich, daß einerseits die Frage: welche Ansicht sich bestimmte Personen unter konkreten, oder eine unbestimmte Vielheit von Personen sich unter gleichen, Umständen über ein Problem welcher Art immer mit Wahrscheinlichkeit (oder selbst mit Sicherheit) bilden werden? und andererseits die Frage: ob diese mit Wahrscheinlichkeit oder Sicherheit entstehende Ansicht richtig sei? – daß diese hier in je zwei Gegensatzproben aufgestellten Fragen miteinander logisch das Mindeste zu tun haben? daß sie wirklich, wie immer einmal wieder behauptet wird, „voneinander nicht zu trennen“ seien? daß diese letztere Behauptung nicht vielmehr mit den Anforderungen des wissenschaftlichen Denkens im Widerspruch steht? Ob dann jemand, der die absolute logische Heterogenität beider Arten von Fragen zugibt, dennoch für sich in Anspruch nimmt: in einem und demselben Buch, auf einer und derselben Seite, ja in einem Haupt- und Nebensatz einer und derselben syntaktischen Einheit sich einerseits über das eine und andererseits über das andere, heterogene Problem zu äußern, – das ist seine Sache. Was im Namen der Logik von ihm zu verlangen ist,

19 Zu diesem in den damaligen Debatten sehr gebräuchlichen, aber auch wegen seiner normativen Konnotation und Verwendung sehr umstrittenen Begriff vgl. Weber, unten, S.  361 f., sowie Weber, Objektivität, S.  44, und Weber, Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter, MWG I/4, S.  362–462, ferner R ­ ickert, Grenzen2, S.  526, und Sombart, Der moderne Kapitalismus I, S.  485, 554, 559, 584 f.

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ist lediglich: daß er seine Leser über die absolute Heterogenität der Probleme nicht unabsichtlich oder aus absichtsvoller Pikanterie täusche.20 Persönlich bin ich der Ansicht, daß kein Mittel der Welt zu „pedantisch“ ist, um nicht zur Vermeidung von Konfusionen am Platze zu sein. Da ich im übrigen unmöglich hier schon oft literarisch Vertretenes nochmals wiederholen kann, beschränke ich mich auf einige wenige, in der Diskussion bisher gelegentlich mißverstandene Punkte. 1. Der Sinn von Diskussionen über praktische Wertungen der an der Diskussion Beteiligten selbst kann nur sein: a) Die Herausarbeitung der letzten, innerlich „konsequenten“ Wertaxiome, von denen die einander entgegengesetzten Meinungen ausgehen. Nicht nur über die der Gegner, sondern auch über die eigenen täuscht man sich oft genug. Diese Prozedur ist dem Wesen nach eine rein logische, von der Einzelwertung und ihrer logischen Analyse ausgehende, immer höher zu immer allgemeineren wertenden Stellungnahmen aufsteigende Operation. Sie operiert nicht mit den Mitteln einer empirischen Disziplin und zeitigt keine Tatsachenerkenntnis. Sie „gilt“ kraft der Geltung der Logik. b) Die Deduktion der „Konsequenzen“ für die wertende  Stellungnahme, welche aus bestimmten letzten Wertaxiomen folgen, wenn man sie, und nur sie, der praktischen Bewertung von faktischen Sachverhalten zugrunde legt. Sie ist rein logisch in bezug auf die Argumentation, dagegen an empirische Feststellungen gebunden für die möglichst erschöpfende Kasuistik derjenigen empirischen Sachverhalte, welche für eine praktische Bewertung überhaupt in Betracht kommen können. c) Die Feststellung der faktischen Folgen, welche die praktische Durchführung einer bestimmten praktisch wertenden Stellung20  Ähnlich Hans Kelsen, der sich seinerseits auf die – allerdings weniger dezidierte – Argumentation in Georg Simmel, Einleitung in die Moralwissenschaft. 1. Band. – Berlin: Wilhelm Hertz 1892, S.  8 ff., stützt. Das Sein und das Sollen, sagt Kelsen, seien aus „formal-logische[n]“ Gründen prinzipiell geschieden und daraus folge eine „gegenseitige Unabhängigkeit des Sollens vom Sein“ derart, daß zwischen ihnen kein logisch zulässiger Übergang existiere: Kelsen, Hans, Über Grenzen zwischen juristischer und soziologischer Methode. Vortrag, gehalten in der Soziologischen Gesellschaft zu Wien. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S.  5 f. Die gegenüber dem Vortrag „etwas erweiterte“ Abhandlung, ist nach der Vorbemerkung „zum großen Teile“ Kelsens Buch, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, entwickelt aus der Lehre vom Rechtssatze. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, entnommen.

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nahme zu einem Problem haben müßte: 1. infolge der Gebundenheit an bestimmte unvermeidliche Mittel, – 2. infolge der Unvermeidlichkeit bestimmter, nicht direkt gewollter Nebenerfolgeo. Diese rein empirische Feststellung kann u. a. als Ergebnis haben: 1. die absolute Unmöglichkeit irgendeiner auch noch so entfernt annäherungsweisen Durchführung des Wertpostulates, weil keinerlei Wege seiner Durchführung zu ermitteln sind; – 2. die mehr oder minder große Unwahrscheinlichkeit seiner vollen oder auch nur annäherungsweisen Durchführung, entweder aus dem gleichen Grunde oder weil die Wahrscheinlichkeit des Eintretens ungewollter Nebenerfolge besteht, welche direkt oder indirekt die Durchführung illusorisch zu machen geeignet sind; – 3. die Notwendigkeit, solche Mittel oder solche Nebenerfolge mit in Kauf zu nehmen, welche der Vertreter des betreffenden praktischen Postulats nicht in Betracht gezogen hatte, so, daß dessen – unvermeidlich nur von ihm selbst zu vollziehende – Wertentscheidung zwischen Zweck, Mittel und Nebenerfolg ihm selbst zu einem neuen Problem wird und an zwingender Gewalt auf andere einbüßt. – Endlich können dabei d) neue Wertaxiome und daraus zu folgernde Postulate vertreten werden, welche der Vertreter eines praktischen Postulats nicht beachtet und zu denen er infolgedessen nicht Stellung genommen hatte, obwohl die Durchführung seines eignen Postulats mit jenen anderen entweder 1. prinzipiell oder 2. infolge der praktischen Konsequenzen, also: logisch oder praktisch, kollidiert. Im Fall 1 handelt es sich bei der weiteren Erörterung um Probleme des Typus a, im Falle 2 des Typus cp. Sehr weit entfernt davon also, „sinnlos“ zu sein, haben – was ich nicht im entferntesten bestritten habe – Wertungsdiskussionen dieses Typus, gerade wenn sie in ihren Zwecken richtig verstanden würden, und m. E. nur dann, ihren sehr erheblichen Sinn. Was  ich (z. B. in Wien) dagegen sehr entschieden bekämpft habe und bekämpfen muß, ist: daß für die Zwecke der empirischen Wissenschaft Begriffe geschaffen werden, die unvermeidlich eine Vermischung von Tatsachen mit (in diesem Fall durchaus subjektiven) Wertungen enthalten, wie einige von einem Teil der Mitdiskutie-

o A: Nebenverfolge   p B: b

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renden akzeptierten Typen des „Produktivitätsbegriffes“.21 Der Verein wollte und sollte – nach meiner (subjektiven) Auffassung, die vielleicht andere nicht geteilt haben – in diesem Falle gerade eine „theoretische“, d. h. von praktischen Wertungen der Diskutierenden freie Erörterung über die Art, wie gewisse empirische Sachverhalte begrifflich zu erfassen seien, pflegen. Daher war die Kernfrage gerade die: ob und in welchen Fällen dies bei einem „Produktivitäts“-Begriff der Fall sei. Diese ihrem Wesen nach rein logische Erörterung aber wurde gestört durch das stets erneute Hineintragen der gar nicht hineingehörigen Frage: ob man auf dem Katheder oder im Verein für Sozialpolitik überhaupt auch „praktisch werten“ dürfe und solle oder nicht, – was ich persönlich bei wirklichen „Wertungs“-Diskussionen doch selbst mit aller Deutlichkeit getan habe und tun werde. 2. Der Nutzen einer Diskussion praktischer Wertungen, an der richtigen Stelle und im richtigen Sinne – also z. B. in Vereinigungen wie der Verein für Sozialpolitik – ist mit den unter Nr.  1 skizzierten direkten „Ergebnissen“, die sie zeitigen kann, keineswegs erschöpft. Sie befruchtet vielmehr, wenn richtig geführt, die empirische Arbeit auf das Nachhaltigste, indem sie ihr die Fragestellungen für ihre Arbeit liefert. Die Problemstellungen der empirischen Disziplinen sind ihrerseits „wertfrei“ zu beantworten. Sie sind keine „Wertprobleme“. Aber sie stehen im Bereich der „historischen Kulturwissenschaften“ unter dem Einfluß der Beziehung von Realitäten „auf“ Werte. Sowohl über die Bedeutung des Ausdruckes „Kulturwissenschaft“ wie für die Bedeutung des Ausdruckes „Wertbeziehung“ muß ich mich auf die zitierten früheren Äußerungen und vor allem auf die bekannten Arbeiten von H[einrich] Rickert22 beziehen. Es wäre unmöglich, das hier nochmals vorzutragen, und ich möchte zweifeln, ob eine fruchtbare Diskussion rein logischer Fragen innerhalb des Ausschusses möglich wäre. Es sei daher nur daran erinnert, daß „Wertbeziehung“ lediglich die philosophische Deutung desjenigen 21  Vgl. Weber, Produktivität, oben, S.  210, Anm.  10. 22  Weber bezieht sich im wesentlichen auf seinen Aufsatz: Weber, Objektivität, bes. S.  49 f., sowie auf Rickert, Heinrich, Der Gegenstand der Erkenntnis. – Freiburg i. B.: J. C. B. Mohr 1892, und ders., Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, 1. Hälfte 1896, 2. Hälfte 1902. – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1896–1902, in der 2. Aufl. erschienen 1913 (Rickert, Grenzen2).

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spezifisch wissenschaftlichen „Interesses“ besagen will, welches die Auslese und Formung des Objektes einer empirischen Untersuchung determiniert.  Innerhalb der empirischen Untersuchung werden durch den betreffenden logischen Sachverhalt jedenfalls keinerlei „praktische Wertungen“ legitimiert. Wohl aber ergibt jener logische Sachverhalt, ebenso wie übrigens die geschichtliche Erfahrung und schließlich die eigene Praxis des Vereins für Sozialpolitik und die unbezweifelbaren wissenschaftlichen Leistungen, die er angeregt hat, daß Kultur- und das heißt Wertinteressen es sind, welche auch der rein empirisch-wissenschaftlichen Arbeit die Pfade weisen. Es ist klar, daß diese Wertinteressen um so intensiver und in um so reicherer Kasuistik sich entfalten, je mehr Wertdiskussionen stattfinden. Sie können dem wissenschaftlich, auch dem historisch arbeitenden Forscher die Aufgabe der „Wertinterpretation“, welche eine höchst wichtige Vorarbeit seiner eigentlich empirischen Arbeit darstellt, weitgehend abnehmen und erleichtern. Da die Unterscheidung nicht nur von Wertung und Wertbeziehung, sondern auch Wertung und Wertinterpretation (Entwicklung möglicher und in Betracht kommender sinnhafter Stellungnahmen gegenüber einer gegebenen Erscheinung) vielfach nicht klar vollzogen wird und namentlich für die Würdigung der Situation der Geschichte dadurch Unklarheiten entstehen, so verweise ich in dieser Hinsicht auf die Bemerkungen im Archiv für Sozialwissenschaft XXII, S.  168 f.,23 ohne diese übrigens für irgendwie abschließend auszugeben. Statt einer nochmaligen Erörterung der logischen Grundprobleme möchte ich einige für unsere Disziplinen praktisch wichtige Einzelpunkte besprechen. 3. Zunächst im Anschluß an eine ausdrückliche Frage des Rundschreibens:24 Aus noch so eindeutigen „Entwicklungstendenzen“ sind eindeutige Imperative des Handelns nur bezüglich der Mittel bei gegebener „letzter“ Stellungnahme, nicht aber bezüglich jener Stellung23  Gemeint ist der 1906 in Band 22 des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik erschienene Aufsatz: Weber, Kritische Studien. 24  Zur Vorbereitung auf die geplante Diskussion zur Werturteilsfrage in der Nationalökonomie war bereits im November 1912 an die Mitglieder des Vereins für Sozialpolitik ein Rundschreiben verschickt worden, das als zweite zu behandelnde Fragestellung „das Verhältnis der Entwicklungstendenzen zu praktischen Wertungen“ vorschlug, vgl. Rundschreiben 1912 (wie oben, S.  330, Anm.  9), hier S.  141.

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nahme selbst ableitbar. Dabei ist der Begriff des „Mittels“ der denkbar weiteste. Wem etwa „nationale“ Machtinteressen ein „letztes“ Ziel wären, der müßte je nach der gegebenen Situation sowohl eine absolutistische wie eine radikal-demokratische Staatsverfassung für das (relativ) geeignetere „Mittel“ ansehen, und es wäre höchst lächerlich, einen Wechsel in der Bewertung dieser staatlichen Zweckapparate für einen Wechsel in der „letzten“ Stellungnahme eines Menschen anzusehen. Selbstverständlich ist es nun, wie unter Nr.  1 c schon gesagt,25 für den Einzelnen auch ein stets erneut auftauchendes Problem: ob er seine Stellungnahme ändern solle angesichts einer neuen (oder ihm neu bekannt werdenden) Situation, welche die Realisierung des von ihm erstrebten Wertes an die Bedingung der Verwendung neuer, eventuell ihm sittlich oder sonst bedenklich erscheinender Mittel oder an das Inkaufnehmen von ihm perhorreszierter Nebenerfolge knüpft, oder sie überhaupt zunehmend unwahrscheinlicher, seine Arbeit daran also, an Erfolg bewertet, zur Sterilität oder „Don Quixoterie“ verurteilt erscheinen läßt. Dorthin gehört auch die Erkenntnis mehr oder minder schwer abänderlicher „Entwicklungstendenzen“. Aber: sie nimmt schlechterdings keine Sonderstellung ein. Jede einzelne neue „Tatsache“ kann ebensogut die Konsequenz haben, daß der Ausgleich zwischen Zweck und unvermeidlichem Mittel, gewolltem Ziel und unvermeidlichem Nebenerfolg neu zu vollziehen ist. Allein ob und mit welchen Konsequenzen dies zu geschehen habe, ist sicherlich keine Frage der empirischen, ja m. E. überhaupt keiner wie immer gearteten Wissenschaft. Man mag z. B. dem überzeugten Syndikalisten noch so handgreiflich beweisen, daß sein Tun nicht nur sozial „nutzlos“ sei, d. h. daß es keinen Erfolg für die Änderung der äußeren Klassenlage des Proletariats verspreche, ja daß es diese durch Erzeugung „reaktionärer“ Stimmungen unweigerlich verschlechtere, so ist damit für ihn – wenn er sich wirklich zu den letzteren Konsequenzen seiner Ansicht bekennt – gar nichts „bewiesen“. Und zwar nicht, weil er ein Irrsinniger wäre, sondern weil er von seinem Standpunkt aus „recht“ haben kann – wie gleich zu erörtern. Im ganzen neigen die Menschen m. E. hinlänglich stark dazu, sich dem Erfolg oder dem jeweilig Erfolg Versprechenden innerlich „anzupassen“, nicht nur – was 25  Oben, S.  358 f.

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selbstverständlich ist – in den Mitteln oder in dem Maße, in dem sie ihre letzten Ideale jeweils zu realisieren trachten, sondern in der Preisgabe dieser selbst. In Deutschland glaubt man dies mit dem Namen „Realpolitik“ schmücken zu dürfen. Es ist jedenfalls nicht einzusehen, warum gerade die Vertreter einer empirischen Wissenschaft das Bedürfnis fühlen sollten, dies noch zu unterstützen, indem sie sich als Beifallssalve der jeweiligen „Entwicklungstendenz“ konstituieren und die „Anpassung“ an diese aus einem letzten, nur vom Einzelnen im Einzelfall zu lösenden, also dem Einzelnen ins Gewissen zu schiebenden Wertungsproblem zu einem Prinzip zu machen. Es ist – richtig verstanden – zutreffend, daß eine erfolgreiche Politik stets die „Kunst des Möglichen“26 ist. Nicht minder richtig aber ist, daß das „Mögliche“ sehr oft nur dadurch erreicht wurde,  daß man nach dem jenseits seiner liegenden „Unmöglichen“ griff. Es ist schließlich doch nicht die einzige wirklich konsequente Ethik der „Anpassung“ an das „Mögliche“: die Bureaukratenmoral des Konfucianismus,27 gewesen, welche die vermutlich von uns allen trotz aller sonstigen Differenzen (subjektiv) mehr oder minder positiv geschätzten spezifischen Qualitäten gerade unserer Kultur geschaffen hat. Daß neben dem „Erfolgswert“ einer Handlung ihr „Gesinnungswert“ stehe, möchte wenigstens ich (subjektiv) der Jugend nicht gerade von den Universitäten systematisch aberzogen wissen. Das könnte sogar direkt logische Inkonsequenzen zur Folge haben. Um bei dem vorhin als Beispiel angezogenen „Syn­dika­ listen“28 zu bleiben: es ist auch logisch eine Sinnlosigkeit, ein Verhalten, welches – wenn konsequent – als Richtschnur den „Gesinnungswert“ nehmen muß, lediglich mit seinem „Erfolgswert“ zu konfrontieren. Der wirklich konsequente Syndikalist will lediglich eine bestimmte, ihm schlechthin wertvoll und heilig scheinende Gesinnung in sich selbst erhalten und, wenn möglich, in anderen wecken. Die äußeren, gerade die von vornherein zu noch so absoluter „Erfolglosigkeit“ verurteilten Handlungen haben letztlich den Zweck, ihm selbst vor seinem eignen Forum die Gewißheit zu geben, daß diese Gesinnung „echt“ ist, d. h. die Kraft hat, sich in 26  Ein Otto von Bismarck zugeschriebener Ausspruch. 27  Vgl. Weber, Max, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus, MWG I/19, S.  285–369, hier S.  331. 28  Oben, S.  362.

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Handlungen zu „bewähren“, und nicht ein bloßes Bramarbasieren. Dafür gibt es (vielleicht) in der Tat nur das Mittel solcher Handlungen. Im übrigen ist – wenn er konsequent ist – sein Reich, wie das Reich jeder Gesinnungsethik, „nicht von dieser Welt“.29 „Wissenschaftlich“ läßt sich – wenn dies alles, was hier ad hoc einmal unterstellt werden möge, zutrifft – lediglich mit den Mitteln der Logik einerseits, der Empirie andrerseits feststellen, daß diese Aufstellung seiner eigenen Ideale die einzig innerlich konsequente, durch äußere „Tatsachen“ nicht widerlegbare ist. Ich möchte – immer die Richtigkeit der hier gemachten Annahme vorausgesetzt – glauben, daß damit sowohl Anhängern wie Gegnern des Syndikalismus ein Dienst, und zwar gerade der geleistet wäre, den sie mit Recht von der Wissenschaft verlangen. Mit dem „einerseits – andrerseits“ von sieben Gründen „für“ und sechs Gründen „gegen“ eine bestimmte Erscheinung (etwa: den Generalstreik) und deren subjektiver „Abwägung“ gegeneinander nach Art der alten Kameralistik und etwa noch moderner chinesischer Denkschriften scheint mir dagegen im Sinn keiner wie immer gearteten Wissenschaft etwas gewonnen. Mit jener Reduktion des syndikalistischen Standpunkts auf seine möglichst rationale und innerlich konsequente Form und mit der Feststellung seiner empirischen Entstehungsbedingungen, Chancen und erfahrungsgemäßen praktischen Folgen ist vielmehr die Aufgabe jedenfalls der wertungsfreien „Wissenschaft“ ihm gegenüber erschöpft. Daß man ein Syndikalist sein „solle“ oder nicht sein solle, läßt sich ohne sehr bestimmte metaphysische Prämissen, welche nicht, und zwar in diesem Fall durch keine wie immer geartete Wissenschaft demonstrabel sind, niemals „beweisen“. So wenig sich etwa „beweisen“ läßt, ob man die Rolle Don Quixotes oder diejenige Sancho Pansas vorzuziehen hätte, wenn man einmal in die fatale Lage käme, nur die Wahl zwischen beiden zu haben, – und eine wenigstens ähnliche Situation kommt öfter vor als zuweilen geglaubt wird. Daß ein Offizier sich mit seiner Schanze lieber in die Luft sprengt, als sich zu ergeben, kann im Einzelfall recht gut in jeder Hinsicht absolut nutzlos sein. Nicht gleichgültig aber dürfte sein, ob die Gesinnung, die das, ohne nach dem Nutzen zu fragen, tut, überhaupt existiert oder nicht. „Sinnlos“ muß sie so wenig sein wie die des konsequenten Syndikalisten. 29  Johannes 18, 36: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“.

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Wenn der Professor von der gemächlichen Höhe des Katheders herab einen solchen Catonismus30 empfehlen wollte, so würde sich das freilich nicht besonders stilgerecht ausnehmen. Aber es ist doch schließlich auch nicht geboten, daß er das Gegenteil preise und aus der Anpassung der Ideale an die gerade durch allgemeine „Entwicklungstendenzen“ gegebenen Chancen eine Pflicht mache. Es ist hier soeben wiederholt der Ausdruck „Anpassung“ gebraucht worden, der im gegebenen Fall bei der gewählten Ausdrucksweise wohl auch hinlänglich unmißverständlich ist. Aber es zeigte sich, daß er an sich doppelsinnig ist: Anpassung der „Mittel“ einer „letzten“ Stellungnahme an gegebene Situationen („Realpolitik“ im engeren Sinn) oder: Anpassung der letzten Stellungnahme selbst an die jeweiligen Chancen (jene Art der „Realpolitik“, mit der wir es in der Welt seit 25 Jahren so herrlich weit gebracht haben).31 Aber damit ist die Zahl seiner möglichen Bedeutungen bei weitem nicht erschöpft. Und darum wäre es bei jeder polemischen Diskussion unserer Probleme, sowohl von „Wertungs“- wie von anderen Fragen, meines Erachtens gut, diesen viel mißbrauchten Begriff lieber gänzlich auszuscheiden. Denn ganz und gar mißverständlich ist er als Ausdruck eines wissenschaftlichen Arguments, als welches er sowohl für die „Erklärung“ (etwa des empirischen Bestehens gewisser ethischer Anschauungen bei gewissen Menschengruppen zu bestimmten Zeiten) wie für die „Bewertung“q  (z. B. jener faktisch bestehenden ethischen Anschauungen als objektiv „passend“ und daher objektiv „richtig“ und wertvoll) immer erneut auftaucht. In keiner dieser Hinsichten leistet er aber etwas, da er stets seinerseits erst der Interpretation bedarf. Der Begriff hat seine Heimat in der Biologie. Würde er wirklich im biologischen Sinn, also als durch die Umstände gegebene relativ bestimmbare Chance einer Menschengruppe, das eigene psychophysische Erbgut durch reichliche Fortpflanzung zu erhalten, gefaßt, dann wären q B: „Bewertung“, 30  Marcus Porcius Cato der Ältere (234–149 v. Chr.), der seine politischen Ziele mit besonderer Strenge und Beharrlichkeit verfolgte. 31  Vgl. Mommsen, Wolfgang J., Max Weber und die deutsche Politik 1890–1920, 3. verb. Aufl. – Tübingen: Mohr Siebeck 2004, bes. Kap. IV.2. „Deutsche Weltpolitik und der politische Reifezustand der Nation“, S.  90–96, sowie Kap. VI.2. „Das politische Führungsvakuum nach Bismarcks Sturz und die Herrschaft der Bürokratie“, S.  176– 186.

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z. B. die ökonomisch am reichlichsten ausgestatteten und ihr Leben am rationellsten regulierenden Volksschichten die „unangepaßtesten“. „Angepaßt“ an die Bedingungen der Umgebung des Salt Lake waren im biologischen Sinn – aber auch in jeder der zahlreichen sonst denkbaren wirklich rein empirischen Bedeutungen – die wenigen Indianer, die vor der Mormoneneinwanderung dort lebten, vermutlich genau so gut und schlecht wie die späteren volksreichen Mormonenansiedlungen. Wir „verstehen“ also vermöge dieses Begriffes nicht das geringste empirisch besser, bilden uns aber leicht ein, es zu tun. Und man kann – dies sei schon hier festgestellt – auch nur bei zwei in jeder Hinsicht absolut gleichartigen Organisationen sagen, daß ein konkreter Einzelunterschied eine empirisch „zweckmäßigere“, in diesem Sinn den gegebenen Bedingungen „angepaßtere“ Lage der einen von ihnen bedingt. Für die Bewertung aber kann jemand sowohl auf dem Standpunkt stehen, die größere Zahl und die materiellen und sonstigen Leistungen und Eigenschaften, welche die Mormonen dorthin brachten und dort entfalteten, für einen Beweis ihrer Überlegenheit über die Indianer in Anspruch zu nehmen, wie etwa ein anderer, der die Mittel und Nebenerfolge der Mormonenethik, welche für jene Leistungen mindestens mitverantwortlich ist, bedingungslos perhorresziert, die Steppe sogar ohne alle Indianer, und also vollends die romantische Existenz dieser letzteren darin, vorziehen kann, ohne daß irgendeine, wie immer geartete Wissenschaft der Welt prätendieren könnte, ihn zu bekehren. Denn schon hier handelt es sich um den unaustragbaren Ausgleich von „Zweck“ und „Mittel“. Und nur wo bei einem absolut eindeutig gegebenen „Zweck“ nach dem dafür geeigneten „Mittel“ gefragt wird, handelt es sich um eine wirklich empirisch entscheidbare Frage. Denn der Satz: x ist das „Mittel“ für y, ist in der Tat die bloße Umkehrung des Satzes: auf x folgt y. Der Begriff der „Angepaßtheit“ aber (und alle ihm verwandten) gibt – und das ist die Hauptsache – jedenfalls nicht die  geringste Auskunft über die in jedem von beiden und in allen ähnlichen Fällen zugrunde liegenden Wertungen, die er vielmehr – ebenso wie z. B. der m. E. grundkonfuse neuerdings beliebte Begriff der „Menschenökonomie“32 – lediglich verhüllt. „Ange32 Ein von Rudolf Goldscheid verwendeter Begriff; vgl. den Brief Max Webers an Robert Wilbrandt vom 2. April 1913, in: MWG II/8, S.  165 f., sowie den Editorischen Bericht zu Weber, Entwicklungswert und Menschenökonomie, unten, S.  519–522.

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paßt“ ist auf dem Gebiet der „Kultur“, je nachdem, wie man den Begriff meint, entweder alles oder: nichts. Denn nicht auszuscheiden ist aus allem Kulturleben der „Kampf“. Man kann seine Mittel, seinen Gegenstand, sogar seine Grundrichtung und seine Träger ändern, aber nicht ihn selbst beseitigen. Er kann aus einem äußeren Ringen von feindlichen Menschen um äußere Dinge ein inneres Ringen sich liebender Menschen um innere Güter und damit aus äußerem Zwang zu innerer Vergewaltigung (gerade auch in Form erotischer oder karitativer „Hingabe“) werden oder endlich von da zu innerem Ringen innerhalb der Seele des Einzelnen selbst mit sich selbst werden, – stets ist er da, und oft um so folgenreicher, je weniger er bemerkt wird, je mehr sein Verlauf die Form stumpfen oder bequemen Geschehenlassens oder illusionistischen Selbstbetrugs annimmt oder sich in der Form der „Auslese“ vollzieht. „Friede“ bedeutet Verschiebung der Kampfformen oder Kampfgegner oder der Kampfgegenstände oder der Auslesechancen, nichts anderes. Ob und wann solche Verschiebungen vor einem „ethischen“ oder einem anderen bewertenden Urteil die Probe bestehen, darüber läßt sich offenbar generell schlechthin nichts aussagen. Nur eines ergibt sich zweifellos: Ausnahmslos jede, wie immer geartete Ordnung der gesellschaftlichen Beziehungen ist letztlich auch daraufhin zu prüfen, welchem menschlichen Typus sie, im Wege äußerer oder innerer (Motiv-)Auslese, die optimalen Chancen gibt, zum herrschenden zu werden. Weder ist sonst die empirische Untersuchung wirklich erschöpfend, noch ist auch die nötige tatsächliche Basis für eine – sei es bewußt „subjektive“, sei es eine „objektive“ Geltung in Anspruch nehmende – Bewertung überhaupt vorhanden. In sicherlich vielfach unreifer Form wollte dies seinerzeit meine akademische Antrittsrede zum Ausdruck bringen,33 mit der ich mich sonst in vielen wichtigen Punkten nicht mehr identifizieren kann. Aber wenigstens denjenigen zahlreichen Kollegen sei jener Sachverhalt in Erinnerung gebracht, welche glauben, es ließe sich mit eindeutigen „Fortschritts“begriffen bei der Feststellung von rein organisatorischen Entwicklungen operieren. 4. Man kann natürlich den Begriff des „Fortschritts“ – immer aber mit der schweren Gefahr des Mißverständnisses – wertfrei  33  Gemeint ist die 1895 in Freiburg gehaltene Antrittsvorlesung: Weber, Nationalstaat.

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brauchen, wenn man ihn mit dem „Fortschreiten“ irgendeines konkreten, abstrahierend isoliert betrachteten Prozesses identifiziert. Um gleich diejenigen Fälle zu nehmen, wo die Verquickung mit Wertfragen am intimsten ist, so ist dies a) auf dem Gebiet der irrationalen, gefühlsmäßigen, affektiven Inhalte unseres seelischen Verhaltens: die quantitative Zunahme und – was damit meist verbunden ist – qualitative Vermannigfaltigung der möglichen (im Gegensatz zum zweckrationellen Verhalten: „irrationalen“) Verhaltungsweisen durch (um den üblichen Ausdruck zu brauchen) seelische „Differenzierung“, also: Vermehrung der „Spannweite“, der „Kapazität“ einer konkreten „Seele“ oder – was schon eine nicht eindeutige Konstruktion ist – einer „Epoche“ in dieser Hinsicht (von Simmel in „Schopenhauer und Nietzsche“ mit bedingungslos positivem Wertvorzeichen ver­ sehen).34 Es ist gar kein Zweifel, daß es dieses „Fortschreiten“ gibt. Mit dem Vorbehalt, daß es nicht immer wirklich da vorhanden ist, wo man an sein Vorhandensein infolge des Umstandes glaubt, daß ein zunehmendes Beachten der Gefühlsnüancen, wie es auftreten kann[,] sowohl als Folge zunehmender Rationalisierung und Individualisierung aller Lebensgebiete wie als Folge zunehmender subjektiver Wichtigkeit, die der einzelne allen seinen eigenen, in den Augen anderer vielleicht oft äußerst gleichgültigen, Lebensäußerungen beimißt, sehr leicht zunehmenden „Reichtum“, zunehmende „Kompliziertheit“ usw. im Sinn von fortschreitender „Differenzierung“ vortäuscht. Ich gestehe, daß ich die faktische Tragweite dieser Täuschung für die Gegenwart sehr hoch veranschlagen möchte. Die Realität von Differenzierungsprozessen der erwähnten Art ist aber an sich eine historisch unbezweifelbare Tatsache. Ob nun jemand fortschreitende Differenzierung als „Fortschritt“ bezeichnet, ist terminologische Zweckmäßigkeitsfrage. Ob man sie aber als „Fortschritt“ bewerten soll, kann jedenfalls keine empirische Disziplin entscheiden. Die Frage, ob jeweils die neu sich entwickelnden Gefühlsmöglichkeiten mit unter Umständen neuen „Spannungen“ und „Problemen“ als „Werte“ anzuerkennen sind, geht sie nichts an. Wer aber die Tatsache der Differenzierung als 34  Vgl. Simmel, Schopenhauer und Nietzsche; das Handexemplar Max Webers befindet sich in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München.

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solche bewerten will – was gewiß keine empirische Disziplin jemandemr verbieten kann – und nach dem Standpunkt dafür sucht, dem werden naturgemäß manche Erscheinungen der Gegenwart u. a. auch die Frage nahelegen: um welchen Preis dieser Prozeß, soweit er zurzeit überhaupt mehr als eine intellektualistische Illusion ist, „erkauft“ wird. –  Nur beiläufig sei erwähnt: die Anwendbarkeit des „Fort­schritts“­ begriffes (im Sinn der Bewertung) auf dem Gebiet der Kunst wird zwar gelegentlich leidenschaftlich bestritten. Nüchterne Erwägung zeigt, daß es keine „wertende Kunstbetrachtung“ gegeben hat, die mit dem exklusiven Gegensatz von „Kunst“ und „Unkunst“ ausgekommen wäre[,] und nicht daneben noch dens Unterschied zwischen Versuch und Lösung, zwischen dem Wert verschiedener Lösungen, zwischen der vollen und der in irgendeinem Einzelpunkt, in mehreren solcher, in wichtigen Punkten gebrochenen, mißglückten, dennoch aber nicht schlechthin wertlosen Erfüllung verwendete, und zwar nicht nur für ein konkretes Formungswollen, sondern auch für ganze Problematiken. Nicht nur etwa ein Buch wie Wölfflins „Klassische Kunst“,35 sondern die Mehrzahl der „wertvollen“ Leistungen der analytischen Ästhetik wäre sonst unmöglich. Nicht darin liegt der – hier nicht zu erörternde – grundstürzende Unterschied der Wertungsprobleme dieser Sphäre von der gleich näher zu besprechenden des „rationalen“ Fortschritts. Nur hat freilich Wertrealisierung in der Kunst weder mit diesem „rationalen“ Fortschritt noch mit dem „Fortschritt“ der Differenzierung der Gefühlssphäre das mindeste zu schaffen, und die Verquickung aller dieser Dinge miteinander ist auch hier das spezifisch Fatale. b) Die Verquickung von „Fortschritt“ im Sinne 1. des „Fortschreitens“ und im Sinne 2. der Wertsteigerung wiederholt sich auch innerhalb der Sphäre des Rationalen selbst. Zunächst ist r B: jemanden   s B: dem 35  Wölfflin, Klassische Kunst, vertritt die Auffassung, daß sich die moderne Kunstbetrachtung nicht mehr für Anekdoten zur Biographie des Künstlers und für die Zeitumstände interessiere, sondern nach „neuen Begriffen“ der Ästhetik zu Wesen und Wert des Kunstwerkes verlange. So umfasse sein Buch neben dem historischen ersten Teil einen zweiten, den systematischen, der den Stoff nach Begriffen ordne und das Phänomen der klassischen italienischen Kunst und ihre Entwicklung erkläre. Nur auf diesem Wege ließen sich angemessene Urteilsmaßstäbe gewinnen.

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schon „rationales“ Sichverhalten nicht mit „richtigem“, d. h. die „objektiv“ richtigen Mittel verwendenden Handeln identisch, sondern bedeutet an sich nur: daß die subjektive Absicht auf die planvolle „Orientierung“ an für richtig gehaltenen Mitteln für einen gegebenen Zweck gehe. Eine fortschreitende „Rationalisierung“ des Handelns ist nicht notwendig auch ein „Fortschritt“ in der Richtung auf das rational „richtige“ (d. h. das objektiv richtige Mittel wählende) Handeln. Man hat die Magie ebenso systematisch „rationalisiert“ wie die Physik, und die erste „rationale“, „wissenschaftliche“ Therapie bedeutete fast überall ein Verschmähen des Kurierens der empirischen „Symptome“ mit empirisch erprobten Mitteln zugunsten der (vermeintlich) eigentlichen (magischen, dämonischen) „Ursache“ der Erkrankung, hat also formal ganz die gleiche rationalisiertere Struktur wie manche der wichtigsten „Fortschritte“ der modernen Therapie. Und anderseits ist durchaus nicht etwa jeder „Fortschritt“ in der Richtung des „richtigen“ Mittels erzielt durch ein „Fortschreiten“ im ersteren Sinne. Daß subjektiv fortschreitend rationaleres Handeln  zu objektiv „zweckmäßigem“ Handeln führt, ist eine von mehreren Möglichkeiten und ein mit (verschieden großer) „Wahrscheinlichkeit“ zu erwartender Vorgang. Man sagt dann: daß das „subjektive“ Verhalten dem „objektiven“ Tatbestand „entspreche“, weil es „technisch richtig“ sei. Ist in einem Einzelfall der Satz richtig: die Maßregel x ist das (wir wollen annehmen: einzige) Mittel für die Erreichung des Erfolges y – was eine empirische Frage ist, und zwar die einfache Umkehrung des Kausalsatzes: auf x folgt y – und wird nun dieser Satz – was ebenfalls empirisch feststellbar ist – von Menschen bewußt für die Orientierung ihres Handelns verwertet, so „entspricht“ ihr subjektives Verhalten den Tatsachen, und zwar weil es „technisch richtig“ ist. Wird menschliches Verhalten (welcher Art immer) in irgendeinem Einzelpunkt in diesem Sinne „richtiger“ orientiert, so liegt ein „empirisch-technischer Fortschritt“ vor. Ob dies der Fall ist, das ist – immer natürlich: die absolute Eindeutigkeit des feststehenden Zweckes vorausgesetzt – für eine empirische Disziplin in der Tat eine empirische Feststellung. Es gibt also in diesem Sinne, bei eindeutig gegebenem Zweck, eindeutig feststellbare Begriffe von „technischer“ Richtigkeit und ebenso „technischem“ Fortschritt in den Mitteln (wobei hier „Technik“ in einem allerweitesten Sinne als rationales Sichverhal-

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tent überhaupt, auf allen Gebieten, gemeint ist). Man kann insbesondere (um nur die uns naheliegenden Dinge zu berühren)u auf dem speziellen, gewöhnlich „Technik“ genannten Gebiet, ebenso auf dem der Handelstechnik, der Rechtstechnik (im Gegensatz zur Rechtspolitik) von einem „technischen Fortschritt“ annähernd eindeutig reden, wenn einmal ein bestimmter Status als Ausgangspunkt genommen wird. Annähernd: denn die einzelnen technisch rationalen Prinzipien geraten, wie jedermann weiß, in Konflikte miteinander, zwischen denen ein Ausgleich zwar vom jeweiligen Standpunkt konkreter Interessenten, niemals aber „objektiv“, zu finden ist. Und es gibt, bei gegebenen Bedürfnissen, bei Unterstellung, daß alle diese Bedürfnisse als solche und ihre subjektive Rangeinschätzung der Kritik entzogen sein sollen, bei fernerer Annahme einer fest gegebenen Art der Wirtschaftsordnung ferner – wiederum unter dem Vorbehalt, daß z. B. die Interessen an Dauer, Sicherheit und Ausgiebigkeit der Deckung dieser Bedürfnisse in Konflikt geraten können und geraten – auch „ökonomischen“ Fortschritt zu einem relativen Optimum der Deckung derselben bei gegebenen Möglichkeiten der Mittelbeschaffung. Aber nur unter diesen Voraussetzungen und Einschränkungen.  5. Es ist versucht worden, daraus die Möglichkeit eindeutiger und rein ökonomischer Wertungen abzuleiten. Ein charakteristisches Beispiel dafür ist der von Prof. Liefmann (zuerst in der Debatte in Wien) herangezogene Schulfall der absichtlichen Vernichtung von Konsumgütern im Rentabilitätsinteresse der Produzenten.36 Abgesehen von sonstigen nicht demonstrabeln Wertungen nimmt diese und – worauf es hier ankommt – jede ähnliche Darlegung u. a. folgende Voraussetzungen als selbstverständlich an, t B: Sicherhalten   u B: berühren), 36  Robert Liefmann ging in diesem von Weber angesprochenen Diskussionsbeitrag in der Produktivitätsdebatte auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik 1909 in Wien auf die Frage ein, ob die Vernichtung großer Reismengen, um den Importeuren einen höheren Preis zu sichern, produktiv sei. Er stellte fest, die Produk­tion eines Gutes werde dann unrentabel, wenn das dafür eingesetzte Kapital in anderen Betrieben einen größeren Ertrag eingebracht hätte. „Das praktische Leben folgt dieser Tendenz der Ausgleichung der Erträge in den verschiedenen Unternehmungszweigen mit außerordentlicher Sicherheit.“ Vgl. Liefmann, Diskussionsbeitrag in der Debatte „Die Produktivität der Volkswirtschaft“, in: Verhandlungen VfSp 1909, S.  577–580, hier S.  579, sowie den Diskussionsbeitrag Max Webers, der im Anschluß an Liefmann sprach, vgl. Weber, Produktivität, oben, S.  206–220, bes. S.  207 f. mit Anm.  7.

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die es nicht sind: Daß das Interesse des einzelnen über seinen Tod nicht nur faktisch hinausreiche, sondern auch als hinausreichend angesehen werden solle. Ohne diese Übertragung aus dem „Sein“ in das „Sollen“ ist die betreffende angeblich rein ökonomische Wertung nicht eindeutig durchführbar. Denn sonst kann man z. B. nicht von den Interessen der „Produzenten“ und „Konsumenten“ als von Interessen perennierender Personen reden. Daß der einzelne die Interessen seiner Erben in Betracht zieht, ist keine rein ökonomische Begebenheit mehr. Es folgt zwar aus der Pragmatik dessen, der Kapital in einem „Betrieb“ profitbringend verwertet, für diesen, weil er als „Diener“ seines eigenen Betriebes fungiert und, soll dieser ökonomisch rational geführt werden, fungieren muß. Aber es folgt z. B. durchaus nicht aus der Pragmatik der Lage der Arbeiter, insbesondere nicht der kinderlosen. Nützliche theoretische Fiktionen dürfen nicht zur Grundlage von praktischen Wertungen gemacht werden. – Zweitens ignoriert sie die Tatsache der „Klassenlage“, welche unter der Herrschaft des Marktprinzips nicht nur trotz, sondern gerade infolge der – vom Rentabilitätsstandpunkt aus gewertet jeweils möglichen – „optimalen“ Verteilung von Kapital und Arbeit auf die Erwerbssparten die Güterversorgung gewisser Konsumentenschichten absolut verschlechtern kann (nicht: muß), weil ja jene „optimale“ Verteilung der Rentabilität, welche die Konstanz der Kapitalinvestition bedingt, ihrerseits von Machtkonstellationen zwischen den Klassen abhängig sein kann, deren Konsequenzen die Preiskampfposition jener Schichten im konkreten Fall schwächen können (nicht: müssen). – Drittens ignoriert sie die Möglichkeit dauernder unausgleichbarer Interessengegensätze zwischen Mitgliedern verschiedener politischer Einheiten und nimmt Partei für das „Freihandelsargument“v, welches sich aus einem wichtigen heuristischen Mittel alsbald in eine gar nicht selbstverständliche „Wertung“ verwandelt, sobald man an seiner Hand Postulate des Seinsollens aufstellt. Wenn sie aber etwa, um diesem Konflikt zu entgehen, die politische Einheit der Welt­ wirtschaft unterstellt – was theoretisch absolut gestattet sein muß –, so verschiebt sich, wenn nunmehr ökonomisch „gewertet“ wird, die unausrottbare Möglichkeit der Kritik, welche die Vernichtung jener genußfähigen Güter im Interesse des – wie hier unterstellt v B: „Freiheitsargument“

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werden mag – unter den gegebenen Verhältnissen gegebenen dauern­den Rentabilitätsoptimums (der Produzenten und Konsumenten) herausfordert, lediglich in ihrer Schlagweite. Die Kritik wendet sich dann nämlich gegen das gesamte Prinzip der Marktversorgung an der Hand solcher Direktiven, wie sie das in Geld ausdrückbare Rentabilitätsoptimum von tauschenden Einzelwirtschaften gibt, als solches. Eine nicht marktmäßige Organisation der Güterversorgung würde auf die gegebene Konstellation von Einzelwirtschaftsinteressen Rücksicht zu nehmen weniger Anlaß haben, daher nicht ebenso genötigt sein, jene einmal vorhandenen genußfähigen Güter dem Verbrauch zu entziehen. Nur dann, wenn 1. ausschließlich dauernde Rentabilitätsinteressen konstant gedachter Personen mit konstant gedachten Bedürfnissen als leitender Zweck, – 2. die ausschließliche Herrschaft privatkapitalistischer Bedarfsversorgung durch Markttausch und dabei eine uninteressierte Staatsmacht als bloße Rechtsgarantien als gegebenea Bedingungen vorausgesetzt werden, ist die Ansicht von Prof. Liefmann37 selbst nach seinen eigenen, hier nicht zu erörternden Thesen richtig. Es bleibt dabei: daß auch die ökonomische Theorie absolut gar nichts andres aussagen kann als: daß für den „Zweck“ x die Maßregel y das allein oder das neben y1, y2 geeignete Mittel sei, daß zwischen y, y1, y2 die und die Unterschiede der Wirkungsweise und – wenn dies im Einzelfall zutreffen sollte –: der Rationalität bestehen, daß ihre Anwendung und die Erreichung des Zweckes x die und die „Nebenerfolge“ z, z1, z2 mit in den Kauf zu nehmen gebietet usw. Das alles sind einfache Umkehrungen von Kausalsätzen, und somit sich daran „Wertungen“ knüpfen lassen, sind sie solche des Rationalitätsgrades einer vorgestellten Handlung, welche dann und nur dann eindeutig sind, wenn der Zweck und die allgemeinen Bedingungen gegeben und nur zwischen mehreren Mitteln zu wählen ist und diese überdies in ausnahmslos jeder anderen Hinsicht als in bezug auf die Sicherheit, Schnelligkeit, quantitative Ergiebigkeit des Erfolges völlig identisch sind. Nur dann ist das eine Mittel wirklich bedingungslos als das „richtigste“ auch zu werten und nicht bloß als, unter Abstraktion von sonst möglichen Unterscheidungen, den (genau zu bezeichnenden) Vora B: gegebenen   37  Vgl. dazu, oben, S.  371, Anm.  36.

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aussetzungen nach in bestimmten einzelnen Beziehungen „rational richtiger“ zu bezeichnen. Aber auch damit wäre eine endgültige Eindeutigkeit der „Wertung“ natürlich bei weitem nicht erzielt. Vielmehr begänne jenseits dieser Erörterungen erst das Gewirr der unendlichen, nur durch konstruktive Rückführung auf letzte Axiome zu bewältigendenb Mannigfaltigkeit möglicher Wertungen. Denn hinter der „Handlung“ steht: der Mensch. Für ihn kann das Steigern der subjektiven Rationalität und technischen „Richtigkeit“ des Handelns als solches über eine gewisse Schwelle hinaus – ja, von gewissen Anschauungen aus: ganz generell – als eine Gefährdung wichtiger (z. B. ethisch oder religiös wichtiger) Güter gelten. Die buddhistische (Maximal-)Ethik z. B., die jede Zweckhandlung schon deshalb, weil sie Zweckhandlung ist, als von der Erlösung abführend verwirft, wird schwerlich jemand von uns teilen. Aber sie zu „widerlegen“, in dem Sinn wie ein falsches Rechenexempel oder eine irrige medizinische Diagnose, scheint mir schlechthin unmöglich. Auch ohne so radikale Beispiele heranzuziehen aber ist es ja gerade die einzige wirklich gemeinsam gewesene und gebliebene Überzeugung der im Verein für Sozialpolitik vereinigten Sozialpolitiker: daß noch so zweifellos „technisch richtige“ ökonomische Erscheinungen durch diese ihre Qualität allein noch nicht vor dem Forum der Bewertung legitimiert seien. Das gilt für ausnahmslos alle Rationalisierungen, einschließlich derjenigen etwa des Bankwesens, von denen in Wien auch die Rede war.38 Diejenigen, welche ihnen opponieren, sind nicht notwendig Narren. Überall muß, wenn man einmal werten will, der Einfluß solcher Rationalisierungen auf Verschiebungen auch der Klassenlage u. dgl. mit in Betracht gezogen werden. Selbstverständlich ist auf der anderen Seite freilich auch – was oft vergessen wird – daß man, wenn man einmal „werten“ will, unter gegebenen Bedingungen auch entschieden für eine Polib B: bewältigende 38  Auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik in Wien vom 27. bis 29. September 1909 standen zwei Themen auf der Tagesordnung: „Die wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinden“ und „Die Produktivität der Volkswirtschaft“. Das Bankwesen kam nur am Rande zur Sprache, vgl. Verhandlungen VfSp 1909, indessen wurde über das Volkssparkassenwesen ein schriftlicher Bericht auf einer Sitzung des Hauptausschusses, die im Laufe der Wiener Generalversammlung stattgefunden hatte, vorgelegt, vgl. Boese, Verein, S.  138.

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tik eintreten kann, welche im gegebenen Einzelfall scheinbar lediglich Rentabilitätsinteressen oder, allgemein gesprochen, die ökonomische ratio des Gütermarktes zur Richtschnur nimmt. Aus ganz anderen Gründen als weil man etwa keine anderen Maßstäbe der Bewertung kennte. Z. B. je nach den Umständen im politischen Machtinteresse der eigenen Nation. Unter allen jenen Phrasen z. B., denen die Deutschen je zum Opfer fielen, war die dreisteste das Gerede vom „Schutz der nationalen Arbeit“39 in Fällen, wo es sich um Schutz von Renteninteressen handelte und einer der Effekte der jener Phrase entsprechenden Handelspolitik die Bevölkerung Deutschlands mit weit mehr als einer Million von Ausländern gewesen ist. – Ich halte die Verwendung des Ausdrucks „Fortschritt“ auch auf dem begrenzten Gebiet seiner empirisch unbedenklichen Bewertbarkeit: fortschreitende Differenzierung in der irrationalen Sphäre und fortschreitende Rationalisierung in der technisch-rationalen Sphäre, wegen der äußerst naheliegenden Mißverständnisse, für sehr inopportun. Aber Ausdrücke läßt sich niemand verbieten, und man kann schließlich ja die möglichen Mißverständnisse vermeiden. – Es seien schließlich noch einige, die Frage der „praktischen“ Wertungen nicht mehr betreffende Bemerkungen über die Beziehungen des Empirischen zum normativ „Gültigen“ beigefügt. 6. Empirische Disziplinen bedürfen in bestimmten Fällen für ihre Zwecke anderer als nur „empirischer“ Feststellungen als Hilfsmittel. (Ich muß auch hier für alles Nähere auf die früher zitierten Aufsätze verweisen.)40 Nicht immer und nicht in dem Sinne ist dies der Fall, wo und wie es zuweilen den Anschein hat. Beispielsweise: Wenn eine Statistik die Zahl der „Rechenfehler“ innerhalb einer bestimmten Sphäre, in welcher berufsmäßig gerech39  Mit den Zollgesetzen von 1879 wurde aufgrund des Eingreifens des Zentralverbandes deutscher Industrieller in Verbindung mit der Vereinigung der Steuer- und Wirtschaftsreformer eine protektionistische Zollpolitik für großagrarische Interessen verfolgt, insbesondere die Erhöhung der Getreidezölle sollte die Landwirtschaft vom weltwirtschaftlichen Freihandel abkoppeln und die Getreidepreise künstlich hochhalten. Diese antiliberale, patrimonial ausgerichtete Politik wurde damit begründet, daß die Maßnahmen zum „Schutz der nationalen Arbeit“ gegen ausländische Konkurrenz notwendig seien. Vgl. Flemming, Jens, Landwirtschaftliche Interessen und Demokratie. Ländliche Gesellschaft, Agrarverbände und Staat 1890–1925. – Bonn: Verlag Neue Gesellschaft 1978, S.  25–29. 40  Vgl. oben, S.  349, Anm.  8.

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net wird, feststellen wollte – was recht wohl wissenschaftlichen Sinn haben könnte –, so „gelten“ für sie die Grundsätze des Einmaleins in zweierlei gänzlich verschiedenem Sinn. Einmal ist ihre normative Gültigkeit absolute Voraussetzung ihrer eigenen rechnerischen Arbeit. Das andere Mal aber, wo der Grad der Anwendung des Einmaleins als Objekt der Untersuchung in Frage kommt, wird die Anwendung dieses letzteren als eine konventionell und durch Erziehung uns beigebrachte und gewohnt gewordene faktische Maxime des Sichverhaltens behandelt, deren tatsächliche statistische Häufigkeit festgestellt werden soll, ganz ebenso wie bestimmte Irrsinnserscheinungen das Objekt einer solchen Feststellung sein können. Daß das Einmaleins normativ „gelte“, d. h. „richtig“ sei, ist in diesem Fall, wo seine Anwendung „Objekt“ ist, im logischen Sinne gar kein Gegenstand der Erörterung. Nach dem Einmaleins zu rechnen wird vielmehr als eine rein konventionelle Gepflogenheit behandelt, welcher der hier vorausgesetzte Statistiker bei der statistischen Nachprüfung der „Rechnungen“ der Untersuchungsperson sich auch seinerseits natürlich „fügen“ muß – ebenso wie er ein normativ „falsches“ Rechenverfahren zeitweise anwenden müßte, falls etwa ein solches einmal historisch vertreten worden wäre und nun die Häufigkeit von dessen empirischer Anwendung statistisch untersucht werden sollte. Eine im Mittelalter gelegentlich vertretene Annahme über das Verhältnis des Papstes zum Kaiser (Sonne und Mond)41 beruht z. B. auf der Voraussetzung, daß 8 × 7 nicht wie wir heute annehmen = 56, sondern = 57 sei. Jede Wiedergabe des Trinitätsdogmas42 muß eine – für unsere Annahme – rechnerische Absurdität hinnehmen und die „logischen“ Konsequenzen, welche daraus folgen, darlegen. Jede Darstellung der pythagoreischen Musiklehre muß die – für unser Rechnen – „falsche“ Rechnung zunächst einmal hinnehmen: daß 12 Quinten = 7 41  Zur Beschreibung des Verhältnisses von weltlicher und religiöser Macht, Regnum und Sacerdotium, bediente man sich im Mittelalter des Gleichnisses von Sonne und Mond, der seinen Glanz von der Sonne erhalte. Mit diesem Gleichnis der zwei Himmelslichter kann sowohl der Vorrang der päpstlichen gegenüber der kaiserlichen Macht als auch umgekehrt die Stärke und Unabhängigkeit des Kaisers gegenüber der religiösen Macht abgeleitet werden. Auch läßt sich mit diesem Gleichnis das gleichberechtigte Zusammenwirken der religiösen und weltlichen Macht für das Wohl der Christenheit symbolisieren. 42  In der christlichen Theologie wird unter Trinität die Einheit und Wesensgleichheit von Gottvater, Sohn und Heiligem Geist verstanden. Diese „Dreifaltigkeit“ war und ist ein Gegenstand grundsätzlicher Kontroversen und divergierender Deutungen.

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Oktaven seien.43 Jede Geschichte der Logik ebenso die historische Existenz von – für uns – logisch widerspruchsvollen oder direkt „absurden“ logischen Aufstellungen – und es ist menschlich cbegreiflich – gehörenc aber nicht mehr zur wissenschaftlichen Leistung, wenn man solche „Absurditäten“ mit solchen Explosionen des Zorns begleitet, wie ein ganz besonders verdienstlicher Historiker der mittelalterlichen Logik44 es getan hat. Der Tatsache nach werden aber in solchen Fällen empirische Feststellungen mit nicht rein empirischen Mitteln erreicht. Das führt nun weiter: Schon um eine „falsche“ Rechnung oder logische Feststellung zu „verstehen“ und ihren Einfluß in denjenigen faktischen Konsequenzen, welche sie gehabt hat, feststellen und darlegen zu können, wird man offenbar nicht nur selbstverständlich seinerseits sie „richtig“ rechnend bzw. logisch denkend nachprüfen, sondern auch denjenigen Punkt mit den Mitteln des „richtigen“ Rechnens bzw. der „richtigen“ Logik ausdrücklich bezeichnen, an welchem die untersuchte Rechnung oder logische Aufstellung von dem, was der darstellende Schriftsteller seinerseits als „richtig“ ansieht, abweicht. Nicht notwendig nur zu dem praktisch-pädagogischen Zweck, den z. B. Windelband in der Einleitung zu seiner Geschichte der Philoc–c B: begreiflich, gehört 43  Der aus Samos stammende Kosmologe und Mathematiker Pythagoras (geb. ca. 530 v. Chr.) entdeckte einer glaubwürdigen Überlieferung zufolge, daß die Tonhöhe der schwingenden Saite eines Monochords in einem gesetz- und zahlenmäßigen Verhältnis zu deren Länge steht. Dies vorausgesetzt, ist zu erwarten, daß der Zielton „his“ nach zwölf aufeinander geschichteten Quinten dem (sieben Mal) oktavierten Ausgangston „c“ entspricht. Tatsächlich aber liegt dieser Zielton um einen geringen, aber hör- und meßbaren Betrag (von ungefähr einem Achtelton) unter dem erwartbaren Wert. Zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert versuchte man, dieses Problem der „Offenheit“ des pythagoreischen Systems durch Ausgleichsverfahren (Temperierung) zu lösen; als Endergebnis dieser Bemühungen setzte sich im 18. Jahrhundert ein vollkommen gleichstufiges System, die „wohltemperierte Stimmung“, durch. 44  Weber bezieht sich möglicherweise auf den Philosophen Carl Prantl, Autor einer vierbändigen Geschichte der Logik. Für den letzten Band, die Scholastik betreffend, hat er nach eigener Auskunft „unnützen Wust“ durchforschen müssen: „Gewiss fühlt Jeder, dass wenigstens neun Zehntel von alle dem, was hier zur Darstellung kommt, lediglich auf einem werthlosen und sogar einfältigen Treiben beruhen; aber der geschichtlichen Forschung durfte es nicht erspart bleiben, auch eine derartige Periode genauer zu untersuchen und dabei zugleich dem berechtigten Verwerfungs-Urtheile, welches jeder Unbefangene über die mittelalterliche Scholastik fällen muss, durch eingehende Einzeln-Kenntniss eine kaum widersprechliche Begründung zu verleihen.“ Prantl, Carl, Geschichte der Logik im Abendlande. Vierter Band. – Leipzig: S.  Hirzel 1870, Vorwort, S.  III-IV.

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sophie in den Vordergrund stellt („Warnungstafeln“ vor „Holzwegen“ aufzustellen),45 der nur einen erwünschten Nebenerfolg bedeutet. Und auch nicht, weil jeder geschichtlichen Problematik, zu der objektiv die Logik (oder das Rechnen) gehörte, unvermeidlich nur der „Wahrheitswert“ – und also der „Fortschritt“ in der Richtung auf diesen – als einzig mögliche, für die Auslese maßgebende leitende Wertbeziehung zugrunde liegen müßte, – wobei übrigens trotzdem natürlich der gerade von Windelband, in anderer Formulierung, so oft festgestellte Sachverhalt zu beachten bliebe: daß der „Fortschritt“ in diesem Sinne sehr oft statt des direkten Weges den – ökonomisch ausgedrückt – „ergiebigen Produktionsumweg“ über „Irrtümer“ eingeschlagen hat. Sondern deshalb, weil (und deshalb  auch nur soweit, als) diejenigen Stellen, an welchen die dargestellte geistige Konzeption – um diesen möglichst farblosen Ausdruck zu gebrauchen, – von derjenigen abweicht, welche der Schriftsteller selbst für „richtig“ halten muß, regelmäßig zu den in seinen Augen ihr spezifisch „charakteristischen“, d. h. zu den, von ihm aus gesehen, entweder direkt „wertbezogenen“ oder kausal unter dem Gesichtspunkt andrer „wertbezogener“ Sachverhalte wichtigen gehören werde. Das wird normalerweise um so mehr der Fall sein, je mehr der „Wahrheitswert“ von Gedanken der leitende Wert einer historischen Darstellung ist, also namentlich bei einer Geschichte einer bestimmten „Wissenschaft“ (etwa der theoretischen Nationalökonomie). Aber es ist keineswegs notwendig nur dann der Fall. Es tritt ein wenigstens ähnlicher Sachverhalt auch da ein, wo „rationales“ Handeln überhaupt den Gegenstand einer Darstellung bildet, und wo also „Denk“- oder „Rechen-Fehler“ kausale Komponenten des Ablaufes des Handelns bilden können. Um z. B. die Führung des Krieges von 1866 zu „verstehen“, muß unvermeidlich – wenn auch nicht notwendig aus45  In der Einleitung zum genannten Buch Windelband, Geschichte der Philosophie4, S.  1–19, benutzt Windelband diese Formulierung „‚Warnungstafel‘ vor ‚Holzwegen‘“ nicht. Sie findet sich aber in einem Festschriftbeitrag in der Wendung: „Nicht umsonst pflanzt die Geschichte neben den Irrtümern, von denen sie zu erzählen hat, ihre Warnungstafeln auf: ‚Dies ist ein Holzweg‘“, vgl. Windelband, Wilhelm, Geschichte der Philosophie, in: ders. (Hg.), Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer. – Heidelberg: Winter 1905, S.  175–199, hier S.  179. – Weber selbst gebrauchte diese damals nicht unübliche Wendung im Sinne einer Warnung vor voreiligen Schlußfolgerungen in Erkenntnistheorie und Logik, vgl. Weber, Kritische Studien, S.  202, sowie Brief Max Webers an Alfred Weber vom 19. September 1908, in: MWG II/5, S.  661 f., hier S.  661.

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drücklich oder in ausgeführter Form – ein „idealer“ Feldherr vorgestellt werden,46 dem die Gesamtsituation und Dislokation der beiderseitigen militärischen Machtmittel und die sämtlichen daraus sich ergebenden Möglichkeiten, das in concreto, wenigstens rein militärisch betrachtet, eindeutige Ziel: Zertrümmerung der gegnerischen Militärmacht, zu erreichen, bekannt und stets gegenwärtig sind, und der irrtumslos und auch logisch „fehlerfrei“ handelt. Nur dann kann eindeutig festgestellt werden, welchen kausalen Einfluß der Umstand, daß der wirkliche Feldherr weder diese Kenntnis noch diese Irrtumlosigkeit besaß und überhaupt keine bloß rationale Denkmaschine war, auf den Gang der Dinge gehabt hat. Die rationale Konstruktion hat hier den Wert, als Mittel richtiger kausaler „Zurechnung“ zu fungieren. Ganz den gleichen Sinn haben diejenigen utopischen Konstruktionen streng und irrtumslos rationalen Handelns, welche die „reine“ ökonomische Theorie schafft. Zum Zweck der kausalen Zurechnung empirischer Vorgänge also bedürfen wir der Konstruktion rationaler, dje nachdemd empirisch-technischer oder auch logischer „Utopien“, welche auf die Frage antworten: wie bei absoluter rationaler, empirischer und logischer „Richtigkeit“ und „Widerspruchslosigkeit“e ein Sachverhalt, möge er einen äußeren Zusammenhang des Handelnsf oder etwa ein Gedankengebilde (z. B. ein philosophisches System) sein, aussehen (oder ausgesehen haben) würde.  Aber, logisch betrachtet, ist die Konstruktion einer rational „richtigen“ Utopie dabei nur eine der verschiedenen möglichen Gestaltungen eines „Idealtypus“, – wie ich (in einer mir für jeden anderen Ausdruck feilen Terminologie) solche Begriffsbildungen genannt habe.47 Es lassen sich Fälle denken, wo etwa als Idealtypus ein in charakteristischer Art logisch falsches Schlußverfahren oder ein bestimmtes typisch zweckwidriges Verhalten den gleichen oder selbst einen besseren Dienst tun könne, und es gibt vor allem ganze Sphären des Verhaltens (die Sphäre des „Irrationalen“), wo nicht das Maximum von d B: jenachdem   e B: „Widerspruchslosigkeit“,   f B: Handels 46  Anspielung auf den preußisch-österreichischen Krieg und das Verhalten von Generalstabschef Helmuth Graf Moltke in der Schlacht bei Königgrätz. Vgl. dazu Weber, Rechtswissenschaft und Soziologie, oben, S.  289 mit Anm.  15. 47  Weber verweist auf seinen Aufsatz: Weber, Objektivität, bes. S.  69, 77.

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logischer Rationalität, sondern lediglich die durch isolierende Abstraktion gewonnene Eindeutigkeit jenen Dienst leisten kann. Faktisch also verwendet der Forscher überempirisch, insbesondere – in den gewählten Beispielen – normativ „richtig“ konstruierte „Idealtypen“. Logisch betrachtet aber ist gerade dies: die normative „Geltung“, kein Essentiale. Ebenso kann ein Forscher, um eine spezifische Art von Gesinnung (eine „Epoche“) zu charakterisieren, sowohl einen ihm persönlich ethisch „normgemäß“ und in diesem Sinn objektiv „richtig“, wie einen ihm ethisch normwidrig erscheinenden Typus von Gesinnung konstruieren und das Verhalten der Menschen (jener Epoche) damit vergleichen oder endlich einen Gesinnungstypus, für den er gar keine normative Dignität irgend einer Art in Anspruch nimmt. Das „Richtige“ hat da keinerlei Monopol. Welchen Inhalt überhaupt der rationale Idealtypus hat: ob er eine ethische, rechtsdogmatische, ästhetische oder religiöse Glaubensnorm oder eine technische oder ökonomische oder eine rechtspolitische oder sozialpolitische oder kulturpolitische Maxime oder eine in eine möglichst rationale Form gebrachte „Wertung“ welcher Art immer darstellt, stets hat seine Konstruktion innerhalb empirischer Untersuchungen nur den Zweck, die empirische Wirklichkeit mit ihm zu „vergleichen“, ihren Kontrast oder ihren Abstand von ihm oder ihre relative Annäherung an ihn festzustellen, um sie so mit möglichst eindeutigen Begriffen beschreiben und kausal erklären zu können. Diese Funktionen versieht die rationale rechtsdogmatische Begriffsbildung z. B. für die empirische Disziplin der Rechtsgeschichte (cf. Archiv f. Sozial­ wissen­sch[aft] Bd.  XXIV S.  132 f.),48 die rationale Kalkulationslehre für die Analyse des realen Verhaltens der Einzelwirtschaften in der Erwerbswirtschaft. Beide eben genannten Disziplinen haben nun natürlich außerdem noch als „Kunstlehren“ eminente normativpraktische Zwecke. Und beide Disziplinen sind, als dogmatische Wissenschaften, ebensowenig empirische Disziplinen im hier erörterten  Sinn wie etwa Mathematik, Logik, normative Ethik, Ästhetik, von denen sie im übrigen aus anderen Gründen so völlig verschieden sind wie diese untereinander es auch sind. Die ökonomische Theorie ist eine „Dogmatik“ in einem logisch sehr anderen Sinn als die Rechtsdogmatik; sie gebiert keinerlei praktische „Kunstlehre“ 48  Weber verweist auf seinen Aufsatz: Weber, Stammlers Überwindung, S.  132 f.

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aus sich; ihre Begriffe verhalten sich zur ökonomischen Realität spezifisch anders als diejenigen der Rechtsdogmatik zur empirischen Rechtsgeschichte. Aber wie jene als „Idealtypen“ für die letztere verwertet werden können und müssen, so ist diese Art der Verwendung der geradezu ausschließliche Sinn der reinen ökonomischen „Theorie“. Sie macht bestimmte, in der Realität kaum jemals rein erfüllte, aber in verschieden starker Annäherung in ihr angetroffene Voraussetzungen und fragt: wie sich das soziale Handeln von Menschen, wenn es strikt rational verliefe, unter diesen Voraussetzungen gestalten würde. Nicht nur die Nationalökonomie, sondern jede soziologische empirische Betrachtung bedarf solcher rationaler Konstruktionen, um der Mannigfaltigkeit des Empirischen überhaupt Herr zu werden. Ich verweise auf das früher (Archiv f. Sozialwissensch[aft] Bd.  XIX S.  64 ff.) Gesagte49 und füge nur hinzu: diejenige besondere Art des Betriebes der Soziologie („verstehende Soziologie“), als deren „Spezialfall“ (mit einigen Vorbehalten) die systematische Nationalökonomie betrachtet werden darf, ist eine Wissenschaft vom menschlichen Handeln. Menschliches Handeln ist dabei ein (subjektiv) „sinnhaftes“ auf „Objekte“, ausschließlich innere (wie z. B. bei der Kontemplation) oder, beim „aktiven“ Handeln, äußere Objekte (Dinge oder Menschen) bezogenes Sichverhalten. „Gemeinschaftshandeln“ ist (für diese besondere Art von Soziologie) ein auf das Handeln Anderer seinem (subjektiv gemeinten) „Sinn“ nach bezogenes Handeln. Ein wichtiger Spezialfall des so definierten „Handelns“ ist nun das „rational“, d.  h. unter (subjektiver) Orientierung an „Mittel“ und „Zweck“, auf die Außenwelt bezogene, innerhalb des Gemeinschaftshandelns also: auf das Handeln Anderer bezogene, Handeln. Nicht jedes ökonomisch rationale Handeln ist „Gemeinschaftshandeln“. Aber z. B. das rationale Handeln auf dem Markt, wie es die rationale Preisbildungstheorie konstruiert, ist ein solches. Innerhalb des (subjektiv) sinnhaft auf das Handeln Anderer bezogenen Handelns, des Gemeinschaftshandelns also, wird nun das rationale Handeln von der Theorie deshalb als „Idealtypus“ gebraucht, weil es besonders eindeutig und ohne alle „psychologische“ Erörterun49 Weber bezieht sich – wie schon oben, S.  349 mit Anm.  8 – auf seinen Aufsatz: ­Weber, Objektivität, S.  64 ff.

382 Beitrag zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik B 120

gen konstruierbar ist. Und – was hier nicht näher ausgeführt werden kann – auch soweit im übrigen die empirische Erkenntnis der ökonomischen Realitäten „psychologische“ Einsichten verwertet, haben diese, weitaus dem Schwerpunkt nach, den Charakter der „psychologiag rationalis“ (also einer in Wahrheit unpsychologischen Erkenntnis), und der Rest gehört dem Typus der neuerdings sogenannten „verstehenden“ Psychologie an. Denn die Nationalökonomie, speziell auch die historische, ist eine menschliches ­Handeln in seinen Motiven und Konsequenzen „verstehende“ Wissenschaft, eben daher intim verknüpft mit der „verstehenden Soziologie“. – Auch noch diese methodischen Sachverhalte im Ausschuß nebenher mitzuerörtern, würde aber doch wohl kaum möglich sein, obwohl gerade erst sie die logischen Probleme klarstellen. Es herrscht zurzeit in unserer Disziplin so etwas wie eine methodologische Pestilenz. Fast kein noch so rein empirischer Aufsatz kann geschrieben werden, ohne daß der Autor sozusagen um seiner Reputation willen, „methodologische“ Bemerkungen dazu für nötig hält. Das kann sehr leicht zu dem Zustand des „Fluchs der Kröte“50 führen. Man kann gehen, ohne die Anatomie seiner Beine zu kennen. Nur wenn etwas nicht in Ordnung ist, kommt diese für das Gehen praktisch in Betracht. – Ich nehme also an, daß man sich auf das einfache zur Diskussion gestellte Problem der allgemeinen Beziehung von praktischer Wertung und empirischer Wissenschaft beschränken wird, wollte die große Komplikation der näheren Beziehungen zwischen dem Rationalen und dem Empirischen hier nur angedeutet haben und verweise auf den gleichzeitig erscheinenden Aufsatz im „Logos“.51

g B: „psychologie 50  In arglistiger Bewunderung rühmt die Kröte das elegante Gehen des Tausendfüßlers, der daraufhin seine unwillkürliche Fähigkeit, die vielen Beine nacheinander zu setzen, verliert; vgl. Meyrink, Gustav, Der Fluch der Kröte, in: ders., Des deutschen Spießers Wunderhorn, 2. Teil. – München: Albert Langen 1913, S.  217–221. 51  Weber verweist auf seinen im September 1913 im „Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur“ erschienenen Aufsatz: Weber, Kategorien, unten, S.  383– 440, mit Editorischem Bericht.

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Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Über einen bestimmten Anlaß zur Abfassung des sog. Kategorienaufsatzes äußerte sich Weber nicht. Er steht aber in einem engen Zusammenhang mit seinem Beitrag für das „Handbuch der politischen Ökonomie“ (dem späteren „Grundriß der Sozialökonomik“), den er im Laufe des Jahres 1913 „zu einer Soziologie“ hatte werden lassen,1 und mit seinem Beitrag über die Wertfreiheit sozialwissenschaftlicher Erkenntnis in der Debatte des Vereins für So­zial­ politik.2 Es geht Weber in allen Fällen um sein Verständnis von Soziologie, das er ausdrücklich und systematisch bestimmen und der Fachwelt bekannt machen will.3 Der erste Band des „Handbuchs“ konnte wegen des Umarbeitungsbedarfs und des damit einhergehenden verzögerten Eingangs der Manuskripte im Jahr 1913 nicht mehr erscheinen.4 Hinsichtlich des eigenen Beitrags teilte Weber dem Verleger zum Jahresende mit, daß er „eine geschlossene soziologische Theorie und Darstellung ausgearbeitet [habe], welche alle großen Gemeinschaftsformen zur Wirtschaft in Beziehung setzt: von der Familie und Hausgemeinschaft zum ‚Betrieb‘, zur Sippe, zur ethnischen Gemeinschaft, zur Religion […,] endlich eine umfassende soziologische Staats- und Herrschafts-Lehre“.5 Außerdem hatte Weber zu dieser Zeit zwei separate methodologische Abhandlungen geschrieben, an deren baldiger und, angesichts ihres sachlichen Zusammenhangs, auch zeitlich benachbarten Veröffentlichung ihm viel gelegen war. Die erste, den Beitrag zur Wertfreiheits-Debatte im Verein für Sozialpolitik, schickte Weber im August 1913 an den Schriftfüh-

1 Vgl. den Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 3. November 1913, MWG II/8, S.  343 f., hier S.  344. 2  Vgl. Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, oben, S.  336–382, bes. S.  381 f. 3  Vgl. den Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 5. September 1913, MWG II/8, S.  318–320, hier S.  318; zitiert unten, S.  384 mit Anm.  9. 4  Die erste Lieferung erfolgte schließlich im Juni 1914 mit der Abteilung I, vgl. Bücher, Karl, Joseph Schumpeter, Friedrich von Wieser, Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft (Grundriß der Sozialökonomik, Abt. I), 1. Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914. 5  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 30. Dezember 1913, MWG II/8, S.  448–450, hier S.  449 f.

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Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie

rer des Vereins,6 sie wurde in die zur Vorbereitung der Debatte vereinsintern gedruckte Broschüre aufgenommen. Wegen des Abdrucks der zweiten Abhandlung mit dem Arbeitstitel „Zur Methodik der Soziologie“ hatte Weber sich im Juli 1913 an Heinrich Rickert gewandt und um Platz in einem der nächsten Hefte der Zeitschrift „Logos“ gebeten. Bei dem Aufsatz handle es sich um „eine ziemlich kurze Sache“, ca. „11/2 Bogen“.7 Er könne, so schreibt Weber Rickert wenig später, nach Aufforderung „innerhalb acht Tagen“ übersandt werden. 8 Zwei Monate danach heißt es: Er liege nunmehr „fertig da“ und zwar „in seinem ursprünglichen Teil schon seit 3/4 Jahren“.9 Der Aufsatz sei „jetzt durchgesehen und mit einigen ‚methodischen‘ Bemerkungen eingeleitet, unter absoluter ‚Minimisierung‘ jedoch alles rein Logischen“. Der Umfang hat sich durch die Überarbeitung, die Weber offenbar in den Sommermonaten vornahm, stark erweitert. Er spricht nun von ca. „40 ‚Logos‘-Seiten“, was 21/2 Bogen entspricht.10 Zur Veröffentlichung des Aufsatzes fügt Weber hinzu: „An sich ist objektiv wohl das Erscheinen des Ganzen und zwar jetzt – vor den Erörterungen des V[ereins] f[ür] Sozialpolitik über die ‚Werturteile‘ und andren Arbeiten Anderer – das Richtige“.11 Diese Bemerkungen gegenüber Heinrich Rickert sind durch das in der ersten Fußnote zum Kategorienaufsatz Gesagte zu ergänzen. Danach handelt es sich bei dessen „zweite[m] Teil“ um ein „Fragment aus einer schon vor längerer Zeit geschriebenen Darlegung“, die „der methodischen Begründung sachlicher Untersuchungen, darunter eines Beitrags (Wirtschaft und Gesellschaft) für ein demnächst erscheinendes Sammelwerk“ zu dienen bestimmt

6  Vgl. den Brief Max Webers an Franz Boese vom 14. August 1913, MWG II/8, S.  311, sowie den Editorischen Bericht zu Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, oben, S.  332 mit Anm.  20. 7  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 3. Juli 1913, MWG II/8, S.  260; die eigentliche Anfrage um Platz hatte Weber an Richard Kroner gerichtet, vgl. ebd. Heinrich Rickert ist einer der Mitwirkenden im Beirat des „Logos“, die Zeitschrift wurde von Richard Kroner und Georg Mehlis herausgegeben; Max Weber gehörte auch zum Kreis der Mitwirkenden. Die redaktionellen Belange regelte Weber mit Kroner, die Korrespondenz Webers mit Kroner ist nicht nachgewiesen. 8  Brief Webers an Heinrich Rickert, nach dem 3. Juli 1913, MWG II/8, S.  261 f., hier S.  261. 9  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 5. September 1913, MWG II/8, S.  318– 320, auch die nachfolgenden Zitate: S.  318. 10  Aus den Anfang Juli angegebenen 11/2 Bogen (= 24 Seiten) waren folglich 21/2 (= 40 Seiten) geworden. Im Druck umfaßte der Aufsatz sogar 42 Seiten, davon entfallen 121/2 Seiten auf die Kapitel I–III und 291/2 Seiten auf die Kapitel IV–VII (vgl. unten, S.  389–406 und 406–440). Daraus ergibt sich, daß Weber auch den zweiten (älteren) Teil stark überarbeitet und erweitert haben muß. 11  Brief Max Webers an Heinrich Rickert vom 5. September 1913, MWG II/8, S.  318– 320, Zitat: S.  318.

Editorischer Bericht

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gewesen sei (und von welcher „andre Teile wohl anderweit gelegentlich publiziert werden“).12 Der Kategorienaufsatz besteht demnach aus zwei Teilen, einem älteren, vor 3 bis 4 Jahren geschriebenen, und einem neu verfaßten, der „‚methodische‘ Bemerkungen“ zur verstehenden Soziologie enthält. Diese Zweckbestimmung entspricht der Aufgabe des Textes, aus dem der ältere Teil ein „Fragment“ darstellt – abgesehen davon, daß er, auch was Webers Beitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“ angeht, ursprünglich noch nicht auf dessen „methodische Begründung“ als Soziologie abzielte. Unter dem auf das Nötigste beschränkten „rein Logischen“ sind wohl weiter gehende erkenntnistheoretische Überlegungen zu verstehen. Als zweiter Teil und schon „vor längerer Zeit“ geschriebenes „Fragment“ werden bei alledem die Kapitel IV–VII (wohl mit Ausnahme der Schlußbemerkungen zum Problem der Rationalisierung) verstanden, als neu geschriebener Teil die Kapitel I–III. Zur Begründung ist vorweg festzustellen, daß mit „vor längerer Zeit“ dasselbe gemeint sein muß wie mit der Formulierung „vor 3/4 Jahren“. Bei „3/4 Jahren“ würde man kaum von „vor längerer Zeit“ sprechen, wenn damit ein Dreivierteljahr, also deutlich weniger als ein Jahr, gemeint wäre. So ist bei „3/4 Jahren“ auch die Pluralform des Nomens zu beachten, der Singular wäre bei weniger als einem Jahr sprachlich geboten. Darüber hinaus ist der Ausdruck „zweiter Teil“ plausiblerweise auch im Sinne der Textanordnung gemeint. Die so bestimmten Kapitel enthalten (mit Ausnahme des Schlusses) Begriffe, die, obzwar in sehr unterschiedlichem Maße, im Vorkriegs-Bestand der Weberschen Texte zum „Handbuch“ vorkommen, in auffällig gehäufter Form (und verbunden mit einer stark an der Stammler-Kritik orientierten Zuordnung zur Soziologie) in dem mehrfach bearbeiteten Skriptum „Die Wirtschaft und die Ordnungen“.13 Schließlich und der Sache nach keineswegs an letzter Stelle: Die Bestimmung des „spezifischen Objekts“ (Max Weber) der verstehenden Soziologie im ersten Teil des Kategorienaufsatzes weist stärker ‚nach vorne‘ (bis hin zu den „Grundbegriffen“) als die entsprechende, aber nicht ganz identische Definition des „Gemeinschaftshandelns“ und die daran anschließenden Begriffe in den Kapiteln IV–VII.14 Aus dem Briefwechsel Max Webers an den Verleger Paul Siebeck, in dessen Verlag auch die Zeitschrift „Logos“ erschien, geht hervor, daß Weber eine Korrektur des Kategorienaufsatzes bereits im Oktober 1913 während einer 12  Vgl. unten, S.  391, Fn.  1. 13  Vgl. Weber, Die Wirtschaft und die Ordnungen, MWG I/22-3, S.  191–247, insbesondere auch den Editorischen Bericht, ebd., S.  175. 14  Eine nähere Erörterung der insbesondere mit der Zweiteilung des Aufsatzes verbundenen werkgeschichtlichen und inhaltlichen Fragen findet sich in der Bandeinleitung, oben, S.  60–66.

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Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie

Italienreise durchführte.15 Am 9. November erbat sich Weber von Siebeck zwei bis drei Korrekturabzüge von seinem Aufsatz. Es gehe ihm nicht um nochmalige Korrekturen – dieser sei „absolut druckfertig“ –, sondern darum, daß er die Abzüge an Interessierte verschicken wolle.16 Zu diesem Zeitpunkt war der Aufsatz noch nicht umbrochen.17 Er ist aber noch vor Ende November im „Logos“-Heft erschienen,18 an erster Stelle positioniert, und zwar unter geändertem Titel und erheblich erweitertem Umfang von 42 Druckseiten. Die Korrekturabzüge waren für Karl Jaspers und Hans Walter Gruhle bestimmt, beiden hatte Weber angekündigt, ihnen demnächst den Korrekturbogen eines Aufsatzes über „verstehende Soziologie“ zuzusenden.19 Weber entwickelte seine Konzeption der verstehenden Soziologie in persönlichem Kontakt mit den an verstehender Psychologie und Psychopathologie interessierten Psychiatern Gruhle und Jaspers, die in dieser Zeit Assistenzärzte an der Psychiatrischen Klinik der Universität Heidelberg waren.20 Offensichtlich lag ihm daran, beiden seinen Kategorienaufsatz schon vor der Veröffentlichung zur Kenntnis zu bringen. Hans W. Gruhle hatte im März 1913 seine Antrittsvorlesung mit dem Titel „Die Bedeutung des Symptoms in der Psychiatrie“ gehalten, in der er die Symptome psychischer Krankheiten im Hinblick auf ihre symbolische Bedeutung im Sinne körperlichen oder psychischen Ausdrucksverhaltens untersuchte.21 Weber, der die Vorlesung besucht hatte, äußerte sich anschließend 15  Vgl. die Karten Max Webers an Paul Siebeck vom 25. September, 1. und 3. Oktober 1913, MWG II/8, S.  333, 334 und 336. 16  Vgl. Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 9. November 1913, MWG II/8, S.  367– 370, hier S.  370. 17  Auf Webers Anfrage nach den Korrekturbögen antwortete Paul Siebeck: „Ihr Logos-Beitrag kommt in das nächste Heft. Ich habe ihn provisorisch umbrechen lassen, da er sich so leichter liest, als in Fahnen. Die Abzüge gehen heute an Sie ab“. Brief von Paul Siebeck an Max Weber vom 13. November 1913, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), A 0703, Mappe 19. 18  Ende November bedankte sich Max Weber bei Heinrich Rickert, dessen Aufsatz „Vom System der Werte“ im selben Logos-Heft erschienen war, vgl. Brief Max Webers an Heinrich Rickert, ca. Ende November 1913, MWG II/8, S.  408–411; Ende Dezember reagierte Max Weber bereits auf die Lektüre seines Aufsatzes durch Hermann Kantorowicz, vgl. den Brief Max Webers an Hermann Kantorowicz vom 29. Dezember 1913, ebd., S.  442 f. 19  Vgl. Brief Max Webers an Karl Jaspers vom 8. November 1913, MWG II/8, S.  355 f., hier S.  356, und Brief Max Webers an Hans Walter Gruhle vom selben Tag, ebd., S.  357 f., hier S.  358. 20  Gruhle, seit 1905 an der Psychiatrischen Klinik Heidelberg, gehörte seit 1907/08 zum engeren Bekanntenkreis von Max und Marianne Weber. Über ihn vermittelt lernte Weber 1909 Karl Jaspers kennen, der ab dieser Zeit als Volontärassistent an dieser Klinik beschäftigt war. 21  Gruhle, Hans W., Die Bedeutung des Symptoms in der Psychiatrie. Eine Übersicht, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie. Originalien, Bd.  16, 1913, S.  465–486.

Editorischer Bericht

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in einem Brief an Gruhle über das Vortragsthema und wies auf den Unterschied von naturwissenschaftlicher Begriffsbildung und Erklärung eines Symptoms einerseits und verstehender Deutung des Inhaltlichen eines Symptoms andererseits hin.22 Karl Jaspers beschäftigte sich zu dieser Zeit in verschiedenen Publikationen mit dem psychopathologischen Verstehen der Symptome seelischer Krankheiten. Wie aus einem Brief an Jaspers vom November 1912 hervorgeht, hatte Weber sich mindestens mit einem Aufsatz, der 1912 in der Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie erschienen war, eingehend befaßt.23 Auch mit Jaspers‘ Habilitationsschrift – der im Juli 1913 erschienenen „Allgemeinen Psychopathologie“ – war er vertraut24 und äußerte sich im Briefwechsel anerkennend über diese Schrift.25 Webers Austausch mit den beiden Heidelberger Psychiatern findet sich im Abschnitt II. des Kategorienaufsatzes, in dem er das Verhältnis von Psychologie und Soziologie behandelt,26 also demjenigen Teil, der auch deshalb der später geschriebene sein muß. Offenbar sah Weber in den letzten Monaten des Jahres 1913 den Zeitpunkt gekommen,27 sich selbst und der Fachwelt größere Klarheit darüber zu verschaffen, was es mit der von ihm schon seit etwa fünf Jahren als strikt empirische Sozialwissenschaft verstandenen Disziplin auf sich habe. Sie war also nicht mehr nur fallweise, sondern von Grund auf zu bestimmen, methodisch zu begründen und zu betreiben. Daß er seine „besondere Art“28 von Soziologie durch die differentia specifica „verstehend“ definierte, ist sicher durch den Austausch mit Karl Jaspers u. a. beeinflußt, liegt im übrigen aber auf der 22  Brief Max Webers an Hans. W. Gruhle vom 8. März 1913, MWG II/8, S.  112–114, hier S.  113. 23  Vgl. Brief Max Webers an Karl Jaspers vom 2. November 1912, MWG II/7, S.  728– 730, sowie die Sacherläuterung unten, S.  389 f., Anm.  4. 24  In der Eingangsfußnote des Kategorienaufsatzes bezieht sich Weber – neben vielen anderen Referenzen – auch auf Jaspers’ Allgemeine Psychopathologie, unten, S.  389 mit Anm.  4. 25  Weber, der seit Anfang 1913 Mitglied in der Kommission für den Universitätsunterricht für Psychologie und Pädagogik war, befürwortete Jaspers’ Plan, sich für das Fach Psychologie in der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg zu habilitieren, und informierte ihn immer wieder informell über den Stand des Verfahrens, vgl. Briefe Max Webers an Karl Jaspers vom 6. Juli 1913, nach dem 11. Juli 1913 und vom 2. August 1913, in: MWG II/8, S.  264–267, 272 f. und 292 f. 26  Vgl. die Bandeinleitung, oben, S.  73 f., sowie zu Webers Auseinandersetzung mit der Heidelberger Psychopathologenschule Frommer, Jörg und Sabine Frommer, Max Webers Bedeutung für den Verstehensbegriff in der Psychiatrie, in: Der Nervenarzt, 61. Jg., 1990, S.  397–401. 27  Im November 1913 vergewissert sich Weber beim Verleger, daß sein Logos-Beitrag im nächsten Heft erscheine, vgl. Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 11. November 1913, MWG II/8, S.  373–375, hier S.  375. 28  Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, oben, S.  381.

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Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie

Linie dessen, was er seit langem, seit fast 20 Jahren, einer problembewußten Sozialwissenschaft abverlangt hatte, streng empirisch – damit „wertfrei“ – und kausal erklärend zu sein sowie ihren spezifischen Gegenstand im sinnhaft verständlichen Handeln zu sehen.

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, wie er unter dem Titel „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“ in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, herausgegeben von Richard Kroner und Georg Mehlis unter Mitwirkung von Rudolf Eucken, Otto von Gierke, Edmund Husserl, Friedrich Meinecke, Heinrich Rickert, Georg Simmel, Ernst Troeltsch, Max Weber, Wilhelm Windelband, Heinrich Wölfflin. – Tübingen: Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1913, Band IV, 3. Heft, 1913, S.  253–294, erschienen ist (A). Das Heft wurde in der zweiten Novemberhälfte ausgeliefert.29 Die jeweils neu einsetzende Fußnotenzählung ist vom Editor auf eine fortlaufende umgestellt. Ein paar Jahre später hatte Weber beabsichtigt, einen „Sonderband“ für seine Aufsätze zur Methodologie der Sozialwissenschaft zusammenzustellen, „nach denen stets viel Rückfragen kommen“.30 Er dachte dabei auch an den Kategorienaufsatz und den 1917 ebenfalls im „Logos“ erschienenen Aufsatz „Der Sinn der ‚Wertfreiheit’ der soziologischen und ökonomischen Wis­sen­ schaften“.31 Einen solchen Band hat Marianne Weber postum unter dem Titel „Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre“ herausgegeben, in dem diese beiden „Logos“-Aufsätze abgedruckt sind.32

29  Vgl. dazu oben, S.  386, Anm.  18. 30 Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai 1917, MWG II/9, S.  648 f., hier S.  648. 31 Vgl. den Abdruck unten, S.   445–512, sowie den Editorischen Bericht, unten, S.  441–444. 32 Vgl. Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1922.

Erste Druckseite des Aufsatzes „Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie“ aus: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, Band IV, 1913

Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie1).a

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Inhalt: I. Sinn einer „verstehenden“ Soziologie [S.  389]. – II. Verhältnis zur „Psychologie“ [S.  396]. – III. Verhältnis zur Rechtsdogmatik [S.  404]. – IV. „Gemeinschaftshandeln“b [S.  406]. – V. „Vergesellschaftung“ und „Gesellschaftshandeln“ [S.  408]. – VI. „Ein­verständ­nis“c [S.  418]. – VII. „Anstalt“ und „Verband“ [S.  431].

I.d

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Menschliches („äußeres“ oder „inneres“) Verhalten zeigt sowohl Zusammenhänge wie Regelmäßigkeiten des Verlaufs wie alles Ge- schehen. Was aber, wenigstens im vollen Sinne, nur menschlichem Verhalten eignet, sind Zusammenhänge und Regelmäßigkeiten, deren Ablauf verständlich deutbar ist. Ein durch Deutung gewon-

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1) Außer auf die Darlegungen Simmels (in den „Probl[emen] d[er] Gesch[ichts-] A 253 Philos[ophie]“)1 und eigne ältere Arbeiten (in Schmollers „Jahrbuch“ und Jaffés „Archiv“)2 sei auf die Bemerkungen von Rickert (in der 2. Auflage der „Grenzen“)3 und die verschiedenen Arbeiten von K[arl] Jaspers (speziell jetzt: Allg[emeine] Psychopathologie)4 hingewiesen. Abweichungen der Begriffsbildung, wie sie sich gegenüber diesen Autoren und auch gegenüber F[erdinand] Tönnies’ dauernd wichtigem

a  In A folgt: Von Max Weber (Heidelberg). / I.  b A: „Gemeinschaftshandeln.“  c A: „Einverständnis.“  d  Gliederungsziffer hierhin verschoben; vgl. textkritische Anm. a. 1  Simmel, Probleme²; es handelt sich um die zweite, völlig veränderte Auflage von 1905; Handexemplar Max Webers in der Diözesanbibliothek Aachen. 2  Weber verweist auf seinen dreiteiligen, 1903 bis 1906 erschienenen Aufsatz: Weber, Roscher und Knies I–III, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, hg. von Gustav Schmoller. Von seinen Aufsätzen, die im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, hg. von Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé, erschienen sind, dürfte er sich vornehmlich beziehen auf: Weber, Objektivität (1904), Weber, Kritische Studien (1906) und Weber, Stammlers Überwindung (1907). 3 Rickert, Grenzen2, erschien 1913; Rickert hatte Max Weber über den Verlag ein Freiexemplar zuschicken lassen, vgl. die Aufstellung der Freiexemplare, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), Nr.  351, mit dem Verlagszusatz „erledigt 2.VI.13“. Zum Näheren vgl. die Bandeinleitung, oben, S.  80. 4  Jaspers, Psychopathologie, war Mitte 1913 erschienen. Zu den weiteren „verschiedenen Arbeiten“ von Jaspers gehört der Aufsatz: Jaspers, Karl, Die phänomenologische Forschungsrichtung in der Psychopathologie, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Originalien, Band 9, Heft 3, 1912, S.  391–408. Daß Weber diesen Aufsatz kannte, geht aus einem Brief an Karl Jaspers vom 2. November 1912 explizit hervor (vgl. MWG II/7, S.   728). In diesem Brief erwähnte Weber (ebd.,

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nenes „Verständnis“ menschlichen Verhaltens enthält zunächst eine spezifische, sehr verschieden große, qualitative „Evidenz“. Werk (Gemeinschaft und Gesellschaft)5 und Arbeiten A[lfred] Vierkandts und Anderer6 finden, müssen nicht immer Abweichungen der Ansichten sein. In methodischer Hinsicht kommen außer den Genannten die Arbeiten von Gottl („Herrschaft des Worts“)7 und e[für die Kategorie der objektiven Möglichkeit]e Radbruch8 und, wenn auch mehr indirekt, von Husserl9 und Lask10 in Betracht. Man wird ferner leicht bee–e  [ ] in A. S.  728) noch einen weiteren Aufsatz, bei dem es sich vermutlich handelt um: Jaspers, Karl, Die Trugwahrnehmungen, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Referate und Ergebnisse, Band 4, 1912, S.  289–354. Zwischen diesen Aufsätzen und der „Allgemeinen Psychopathologie“ von Jaspers ist weiterhin erschienen: ­Jaspers, Karl, Kausale und ‚verständliche‘ Zusammenhänge zwischen Schicksal und Psychose bei der Dementia praecox (Schizophrenie), in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Originalien, Band 14, Heft 2 [vom 11.1.1913], 1913, S.  158–263. Auch diese Abhandlung wird Weber gekannt haben, da er mit dem Habilitationsgesuch von Jaspers im Sommer 1913 befaßt war, vgl. dazu den Editorischen Bericht, oben, S.  387, Anm.  24. 5  Tönnies, Gemeinschaft, war 1887 zuerst erschienen; zum Näheren vgl. die Bandeinleitung, oben, S.  27, Anm.  47. 6  Weber könnte sich hier beziehen auf: Vierkandt, Alfred, Naturvölker und Kulturvölker. Ein Beitrag zur Socialpsychologie. – Leipzig: Duncker & Humblot 1896, ders., Die Stetigkeit im Kulturwandel. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908, sowie ders., Die Soziologie als empirisch betriebene Einzelwissenschaft. I. Objekt und Aufgabe der Soziologie, in: Monatsschrift für Soziologie, 1. Jg., Februar-Heft, 1909, S.  91–100, und dass., II. Die Methode der Soziologie, in: ebd., Juni-Heft 1909, S.  394–403. Zu den hier von Weber gemeinten Arbeiten „Anderer“ dürfte sicherlich gehören: Spann, Wirtschaft und Gesellschaft. Vgl. auch die Bandeinleitung, oben, S.  32. 7  Gottl, Herrschaft, war 1901 erschienen, außerdem wird Weber im Blick haben: Gottl, Friedrich, Zur sozialwissenschaftlichen Begriffsbildung. I. Umrisse einer Theorie des Individuellen, in: AfSSp, Band 23, Heft 2, 1906, S.  403–470, dass., II. Der Stoff der Sozialwissenschaft, ebd., Band 24, Heft 2, 1907, S.  265–326, und dass., III. Geschichte der Sozialwissenschaft, ebd., Band 28, Heft 1, 1909, S.  72–100. Zum Näheren vgl. die Bandeinleitung, oben, S.  17, Anm.  87. 8  Im Anschluß an Gustav Radbruch (Die Lehre von der adäquaten Verursachung, Inaugural-Dissertation. – Berlin: Georg Reimer 1902) und an die Konzeption der „objektiven Möglichkeit“ von Johannes von Kries (Über den Begriff der objektiven Möglichkeit und einige Anwendungen desselben. – Leipzig: Fues Verlag 1888) behandelt Weber, Kritische Studien, im Teil II, S.  269 ff., das Problem der historischen Kausalerklärung. Der Ertrag dieser Erörterungen („Um die wirklichen Kausalzusammenhänge zu durchschauen, konstruieren wir unwirkliche“, ebd. S.  287) gilt auch für die verstehende Soziologie. 9  Weber bezieht sich u. a. offenbar auf: Husserl, Edmund, Logische Untersuchungen, Teil 1: Prolegomena zur reinen Logik; Teil 2, Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. – Halle: Niemeyer 1900 und 1901; Näheres in der Einleitung zu diesem Band, oben, S.  82 f. 10  Weber dürfte sich hier beziehen auf: Lask, Emil, Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre. Eine Studie über den Herrschaftsbereich der logischen Form. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1911 (nach dem in der Diözesanbibliothek Aa-

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Daß eine Deutung diese Evidenz in besonders hohem Maße besitzt, beweist an sich noch nichts für ihre empirische Gültigkeit. Denn ein in seinem äußeren Ablauf und Resultat gleiches Sichverhalten kann auf unter sich höchst verschiedenartigen Konstellationen von Motiven beruhen, deren verständlich-evidenteste nicht immer auch die wirklich im Spiel gewesene ist. Immer muß vielmehr das „Verstehen“ des Zusammenhangs noch mit den sonst gewöhnlichen Methoden kausaler Zurechnung, so weit möglich, kontrolliert werden, ehe eine noch so evidente Deutung zur gültigen „verständlichen Erklärung“ wird. Das Höchstmaß an „Evidenz“ besitzt nun die zweckrationale Deutung. Zweckrationales Sichverhalten soll merken, daß die Begriffsbildung Beziehungen äußerer Ähnlichkeit bei stärkstem innerlichem Gegensatz zu den Aufstellungen R[udolf] Stammlers (Wirtschaft und Recht)11 aufweist, der als Jurist ebenso hervorragend, wie als Sozialtheoretiker unheilvoll verwirrungstiftend ist. Dies ist sehr absichtlich der Fall. Die Art der Bildung soziologischer Begriffe ist überaus weitgehend Zweckmäßigkeitsfrage. Keineswegs alle nachstehend (unter V bis VII)12 aufgestellten Kategorien sind wir genötigt zu bilden. Sie sind zum Teil entwickelt, um zu zeigen, was Stammler „hätte meinen sollen“. Der zweite Teil des Aufsatzes ist ein Fragment aus einer schon vor längerer Zeit geschriebenen Darlegung, welche der methodischen Begründung sachlicher Untersuchungen, darunter eines Beitrags (Wirtschaft und Gesellschaft) für ein demnächst erscheinendes Sammelwerk13 dienen sollte und von welcher andre Teile wohl anderweit gelegentlich publiziert werden. Die pedantische Umständlichkeit der Formulierung entspricht dem Wunsch, den subjektiv gemeinten Sinn von dem objektiv gültigen scharf zu scheiden (darin teilweise abweichend von Simmels Methode). 

chen überlieferten Handexemplar: Marianne und Max Weber von Emil Lask persönlich gewidmet); vgl. dazu die Bandeinleitung, oben, S.  81 f., Anm.  43. 11  Stammler, Wirtschaft2; vgl. die Bandeinleitung, passim. 12  Unten, S.  408–440. 13  Weber hatte zu Beginn des Jahres 1909 die Redaktion der Neuauflage für das „Handbuch der politischen Ökonomie“ übernommen, das 1913 in „Handbuch der Sozialökonomik“ und 1914 in „Grundriß der Sozialökonomik“ umbenannt wurde. Dieses Sammelwerk sah nach der den ursprünglichen „Stoffverteilungsplan“ von 1910 ersetzenden „Einteilung des Gesamtwerks“ von 1914 neun Abteilungen in fünf Büchern vor. Die Abteilung III ist mit „Wirtschaft und Gesellschaft“ überschrieben, ihr erster, von Weber in 8 Kapiteln zu bearbeitender Teil I. mit „Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte“, vgl. auch die abgedruckten Dispositionen in: MWG I/24, S.  142–173. Webers ursprünglicher Plan war, unter diesem Titel die Formen wirtschaftlichen Handelns, von zufälligen Tauschbeziehungen bis zu rational gesatzten Wirtschaftsordnungen, in Bezug zu ihrer jeweiligen sozialen und damit auch rechtlichen und religiösen Einbindung darzustellen. Die einzelnen Manuskripte sind in verschiedenen Zusammenhängen postum veröffentlicht worden. – Zum „zweite[n] Teil des Aufsatzes“ vgl. den Editorischen Bericht, oben, S.  384 f., sowie die Einleitung, oben, S.  62 ff.

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ein solches heißen, welches ausschließlich orientiert ist an (subjektiv) als adäquat vorgestellten Mitteln für (subjektiv) eindeutig erfaßte Zwecke. Keineswegs nur zweckrationales Handeln ist uns verständlich: wir „verstehen“ auch den typischen Ablauf der Affekte und ihre typischen Konsequenzen für das Verhalten. Das „Verständliche“ hat für die empirischen Disziplinen flüssige Grenzen. Die Ekstase und das mystische Erlebnis sind ebenso wie vor allem gewisse Arten psychopathischer Zusammenhänge oder das Verhalten kleiner Kinder (oder etwa: der uns hier nichts angehenden Tiere) unserem Verstehen und verstehenden Erklären nicht in gleichem Maße wie andere Vorgänge zugänglich. Nicht etwa das „Abnorme“ als solches entzieht sich dem verstehenden Erklären. Im Gegenteil: das, als einem „Richtigkeitstypus“ (im bald zu erörternden Wortsinn)14 entsprechend[,] absolut „Verständliche“ und zugleich „Einfachste“ zu erfassen[,] kann gerade die Tat des aus dem Durchschnitt weit Hervorragenden sein. Man muß, wie oft gesagt worden ist, „nicht Caesar sein, um Caesar zu verstehen“.15 Sonst wäre alle Geschichtsschreibung sinnlos. Umgekehrt gibt es Hergänge, die wir als „eigene“ und zwar „psychische“ ganz alltägliche Leistungen eines Menschen ansehen, die aber in ihrem Zusammenhang jene qualitativ spezifische Evidenz, welche das Verständliche auszeichnet, überhaupt nicht besitzen. Ganz ebenso wie viele psychopathischen Vorgänge ist z.  B. der Ablauf der Gedächtnis- und intellektuellen Übungserscheinungen nur teilweise „verstehbar“. Feststellbare Regelmäßigkeiten solcher psychischen Vorgänge behandeln die verstehenden Wissenschaften daher ganz wie die Gesetzlichkeiten der physischen Natur. Die spezifische Evidenz des zweckrationalen Sichverhaltens  hat natürlich nicht zur Folge, daß etwa speziell die rationale Deutung als Ziel soziologischer Erklärung anzusehen wäre. Bei der Rolle, welche „zweckirrationale“ Affekte und „Gefühlslagen“ im Handeln des Menschen spielen, und da auch jede zweckrational verstehende Betrachtung fortgesetzt auf Zwecke stößt, die ihrerseits nicht mehr wieder als rationale „Mittel“ für andere Zwecke gedeutet, sondern nur als nicht weiter rational deutbare Zielrich14  Unten, S.  396 ff. 15  Dieser Satz geht auf Simmel, Probleme2, S.  57, zurück und war von Weber bereits in Weber, Roscher und Knies II, S.  146, Fn.  2, zitiert worden.

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tungen hingenommen werden müssen, – mag ihre Entstehung als solche dann auch weiterhin Gegenstand „psychologisch“ ver­ stehender Erklärung sein, – könnte man ebensogut das gerade Gegenteil behaupten. Allerdings aber bildet das rational deutbare Sichverhalten bei der soziologischen Analyse verständlicher Zusammenhänge sehr oft den geeignetsten „Idealtypus“: Die Soziologie wie die Geschichte deuten zunächst „pragmatisch“, aus rational verständlichen Zusammenhängen des Handelns. Derart verfährt z. B. die Sozialökonomik mit ihrer rationalen Konstruktion des „Wirtschaftsmenschen“.16 Ebenso aber überhaupt die verstehende Soziologie. Denn als ihr spezifisches Objekt gilt uns nicht jede beliebige Art von „innerer Lage“ oder äußerem Sichverhalten, sondern: Handeln. „Handeln“ aber (mit Einschluß des gewollten Unterlassens und Duldens) heißt uns stets ein verständliches, und das heißt ein durch irgend einen, sei es auch mehr oder minder unbemerkt, „gehabten“ oder „gemeinten“ (subjektiven) Sinn spezifi­ziertes Sichverhalten zu „Objekten“. Die buddhistische Kontemplation und die christliche Askese der Gesinnung sind subjektiv sinnhaft auf für die Handelnden „innere“, das rationale ökonomische Schalten eines Menschen mit Sachgütern auf „äußere“ Objekte bezogen. Das für die verstehende Soziologie spezifisch wichtige Handeln nun ist im speziellen ein Verhalten, welches 1. dem subjektiv gemeinten Sinn des Handelnden nach auf das Verhalten Anderer bezogen, 2. durch diese seine sinnhafte Bezogenheit in seinem Verlauf mitbestimmt und also 3. aus diesem (subjektiv) gemeinten Sinn heraus verständlich erklärbar ist. Subjektiv sinnhaft auf die Außenwelt und speziell auf das Handeln Anderer bezogen sind nun auch die Affekthandlungen und die für den Ablauf des Handelns, also indirekt, relevanten „Gefühlslagen“, wie etwa: „Würdegefühl“, „Stolz“, „Neid“, „Eifersucht“. Die ­verstehende Soziologie interessieren daran aber nicht die physiologischen und früher sogenannten „psychophysischen“ Er­ schei­ 17 nungs­formen: Pulskurven z. B. oder Verschiebungen des Reak­ 16 Dieser „rationalen Konstruktion“ bedient sich in einer speziellen Hinsicht die „Grenznutzlehre“, deren Voraussetzungen und Grenzen Weber bereits 1908 in dem Besprechungsaufsatz, Weber, Grenznutzlehre, oben, S.  115–133, erörtert hatte. 17  Hier hat Weber vermutlich Fechner, Gustav Theodor, Elemente der Psychophysik, 2 Theile. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1860, im Blick. Die Psychophysik erforscht nach Fechner den beim Menschen empirisch zu beobachtenden Zusammenhang

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tionstemposf oder dergleichen, auch nicht die nackt psychischen Gegebenheiten, z. B. die Kombination der Spannungs-, Lust- und Unlustgefühleg, durch die sie charakterisiert werden können. Sondern sie differenziert ihrerseits nach den  typischen sinnhaften (vor allem: Außen-)Bezogenheiten des Handelns, und deshalb dient ihr – wie wir sehen werden18 – das Zweckrationale als Idealtypus, gerade um die Tragweite des Zweckirrationalenh abschätzen zu können. Wenn man den (subjektiv gemeinten) Sinn seiner Bezogenheit als die „Innenseite“ des menschlichen Verhaltens bezeichnen wollte – ein nicht unbedenklicher Sprachgebrauch! –[,] nur dann würde man sagen können: daß die verstehende Soziologie jene Erscheinungen ausschließlich „von innen heraus“[,] d. h. aber dann: nicht durch Aufzählung ihrer physischen oder psychischen Phänomene, betrachtet. Unterschiede der psychologischen Qualitäten eines Verhaltens sind also nicht schon als solche für uns relevant. Gleichheit der sinnhaften Bezogenheit ist nicht gebunden an Gleichheit der im Spiel befindlichen „psychischen“ Konstellationen, so sicher es ist, daß Unterschiede auf jeder Seite durch solche auf der andern bedingt sein können. Aber z. B. eine Kategorie wie „Gewinnstreben“ gehört in schlechterdings keine „Psychologie“. Denn das „gleiche“ Streben nach „Rentabilität“ des „gleichen“ geschäftlichen Unternehmens kann bei zwei aufeinander folgenden Inhabern nicht nur mit absolut heterogenen „Charakterqualitäten“ Hand in Hand gehen, sondern direkt in seinem ganz gleichen Verlauf und Enderfolge durch gerade entgegengesetzte letzte „psychische“ Konstellationen und Charakterqualitäten bedingt sein, und auch die (für die Psychologie) letzten dabei maßgebenden „Zielrichtungen“ brauchen keinerlei Verwandtschaft miteinander zu haben. Vorgänge, welche nicht einen auf das Verhalten Anderer subjektiv bezogenen Sinn haben, sind um deswillen nicht

f  A: Reaktionstempes   g  A: Unlustgefüllte   h A: Zweckirrationalen physischer, d. h. organischer, Faktoren und ihren psychischen Korrelaten. Mit seinem Buch begründete er die eigentliche experimentelle Psychologie, die von Wilhelm Wundt aufgenommen und als „Physiologische Psychologie“ weiterentwickelt wurde, dessen gleichnamiges Lehrbuch erschien ab 1874 in mehreren Auflagen, vgl. Wundt, Wilhelm, Grundzüge der Physiologischen Psychologie, 1. Aufl. – Leipzig: Wilhelm Engelmann 1874. 18  Unten, S.  396 ff.

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etwa soziologisch gleichgültig. Im Gegenteil können gerade sie die entscheidenden Bedingungen, und also: Bestimmungsgründe, des Handelns in sich schließen. Auf die in sich sinnfremde „Außenwelt“, auf Dinge und Vorgänge der Natur, ist ja das Handeln zu einem für die verstehenden Wissenschaften sehr wesentlichen Teil sinnhaft bezogen: das theoretisch konstruierte Handeln des isolierten Wirtschaftsmenschen z. B. ganz ausschließlich. Aber die Relevanz von Vorgängen ohne subjektive „Sinnbezogenheit“, wie etwa des Ablaufs der Geburten- und Sterbeziffern, der Ausleseprozesse der anthropologischen Typen, ebenso aber die deri nackt psychischen Tatbestände besteht für die verstehende Soziologie ganz ebenso lediglich in ihrer Rolle als „Bedingungen“ und „Folgen“, an denen sinnhaftes Handeln orientiert wird, wie etwa für die Wirtschaftslehre diejenige von klimatischen oder pflanzenphysiologischen Sachverhalten. Die Vorgänge der Vererbung z. B. sind nicht aus einem subjektiv gemeinten Sinn verständlich, und sie sind es natürlich nur umso weniger, je exakter die naturwissenschaftlichen Feststellungen ihrer  Bedingungen werden. Gesetzt z. B., es gelänge einmal – wir drücken uns hier bewußt „unfachmäßig“ aus –[,] das Maß von Vorhandensein bestimmter soziologisch relevanter Qualitäten und Triebe, z. B. solcher, welche entweder die Entstehung des Strebens nach bestimmten Arten von sozialer Macht oder die Chance, diese zu erlangen, begünstigen: – etwa die Fähigkeit zur rationalen Orientierung des Handelns im allgemeinen oder bestimmte andere angebbare intellektuelle Qualitäten im besonderen, – irgendwie mit einem Schädelindex oder mit der Herkunft aus bestimmten durch irgendwelche Merkmale bezeichenbaren Menschengruppen in annähernd eindeutigen Zusammenhang zu bringen. Dann hätte die verstehende Soziologie diese speziellen Tatsachen bei ihrer Arbeit selbstverständlich ganz ebenso in Anschlag zu bringen, wie z. B. die Tatsache des Aufeinanderfolgens der typischen Altersstufen oder etwa der Sterblichkeit der Menschen im allgemeinen. Ihre eigene Aufgabe aber begänne erst genau da, wo deutend zu erklären wäre: 1. durch welches sinnhaft auf Objekte, sei es der Außenwelt oder sei es der eigenen Innenwelt bezogene Handeln die mit jenen spezifischen ererbten Qualitäten begabten Menschen nun i  Fehlt in A; der sinngemäß ergänzt.

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die dadurch mitbedingten oder begünstigten Inhalte ihres Strebens durchzusetzen suchten, wieweit und warum dies gelang oder warum nicht? – 2. welche verständlichen Folgen dieses (erbgutbedingte) Streben wiederum für das sinnhaft bezogene Verhalten anderer Menschen gehabt hat.

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Die verstehende Soziologie ist nach allem Gesagten nicht Teil einer „Psychologie“. Die unmittelbar „verständlichste Art“ der sinnhaften Struktur eines Handelns ist ja das subjektiv streng rational orientierte Handeln nach Mitteln, welche (subjektiv) für eindeutig adäquat zur Erreichung von (subjektiv) eindeutig und klar erfaßten Zwecken gehalten werden. Und zwar am meisten dann, wenn auch dem Forscher jene Mittel für diese Zwecke geeignet scheinen. Wenn man ein solches Handeln „erklärt“, so heißt das aber gewiß nicht: daß man es aus „psychischen“ Sachverhalten, sondern offenbar gerade umgekehrt: daß man es aus den Erwartungen, welche subjektiv über das Verhalten der Objekte gehegt wurden (subjektive Zweckrationalität), und nach gültigen Erfahrungen gehegt werden durften (objektive Richtigkeitsrationalität), und ganz ausschließlich aus diesen, ableiten will. Je eindeutiger ein Handeln dem Typus der Richtigkeitsrationalität entsprechend orientiert ist, desto weniger wird sein Ablauf durch irgendwelche psychologischen Erwägungen überhaupt sinnhaft verständlicher. Umgekehrt bedarf jede Erklärung von „irrationalen“ Vorgängen, d. h.  solchen, bei welchen entweder die „objektiv“ richtigen Bedingungen des zweckrationalen Handelns unbeachtet oder (was zweierlei ist) auch subjektiv die zweckrationalen Erwägungen des Handelnden relativ weitgehend ausgeschaltet waren, eine „Börsenpanik“ z. B., vor allen Dingen der Feststellung: wie denn im rationalen idealtypischen Grenzfall absoluter Zweck- und Richtigkeitsrationalität gehandelt worden wäre. Denn erst[,] wenn dies feststeht, kann, wie die einfachste Erwägung lehrt, die kausale Zurechnung des Verlaufs sowohl zu objektiv wie zu subjektiv „irrationalen“ Komponenten überhaupt vollzogen werden, weil man erst dann weiß: was denn überhaupt an dem Handeln – wie man sich charakteristisch auszudrücken pflegt: – „nur psychologisch“ erklärlich, d. h. aber:

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Zusammenhängen zuzurechnen ist, welche auf objektiv irrtümlicher Orientiertheit oder auch auf subjektiver Zweckirrationalität und im letzten Fall entweder auf nur in Erfahrungsregeln erfaßbaren, aber ganz unverständlichen oder auf verständlich, aber nicht zweckrational, deutbaren Motiven ruht. Ein andres Mittel gibt es also auch für die Feststellung nicht: was denn an dem – nehmen wir einmal an: vollständig bekannten – „psychischen“ Befund für den Verlauf des Handelns relevant geworden ist. Dies gilt absolut ausnahmslos für schlechthin alle historische und soziologische Zurechnung. Die letzten mit „Evidenz“ erfaßbaren und in diesem Sinne „verstehbaren“ („einfühlungsmäßig nacherlebbaren“) „Zielrichtungen“ aber, auf welche eine verstehende Psychologie stößtj (etwa: der „Geschlechtstrieb“)[,] sind nur noch Gegebenheiten, welche im Prinzip ganz ebenso wie jede andere, auch eine ganz sinnfremde, Konstellation von Faktizitäten einfach hinzunehmen sind. Zwischen dem absolut (subjektiv) zweckrational orientierten Handeln und den absolut unverständlichen psychischen Gegebenheiten in der Mitte liegen nun, in der Realität durch gleitende Übergänge verbunden, die üblicherweise so genannten „psychologisch“ verständlichen (zweckirrationalen) Zusammenhänge, auf deren höchst schwierige Kasuistik hier auch nicht einmal andeutend eingegangen werden könnte. – Subjektiv zweckrational orientiertes und am objektiv Gültigen „richtig“ orientiertes („richtigkeitsrationales“) Handeln sind an sich gänzlich zweierlei. Dem Forscher kann ein von ihm zu erklärendes Handeln im höchsten Grade zweckrational, dabei aber an für ihn ganz ungültigen Annahmen des Handelnden orientiert erscheinen. An magischen Vorstellungen orientiertes Handeln beispielsweise ist subjektiv oft weit zweckrationaleren Charakters als irgend ein nicht magisches „religiöses“ Sichverhalten, da die Religiosität ja gerade mit zunehmender Entzauberung der Welt zunehmend (subjektiv) zweckirrationalere Sinnbezogenheiten („gesinnungshafte“ oder mystische z.  B.) anzunehmen genötigt ist. Auch abgesehen von der Zurechnung (s.  o.)19 haben aber Geschichtsschreibung und Soziologie immer wieder auch mit den Beziehungen des tatsächlichen Ablaufs eines sinnhaft verj A: stößt, 19  Oben, S.  396.

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ständlichen Handelns zu demjenigen Typus zu tun, den dies Handeln annehmen „müßte“, wenn es dem (für den Forscher selbst) „Gültigen“, wir wollen sagen: dem „Richtigkeitstypus“, entsprechen sollte. Denn es kann für bestimmte (nicht: alle) Zwecke der Geschichtsschreibung und Soziologie die Tatsache: daß ein subjektiv sinnhaft orientiertes Sichverhalten (Denken und Thun) sich einem Richtigkeitstypus entsprechend, widersprechend oder mehr oder minder ihm sich annähernd orientiert, ein „um seiner selbst willen“, d. h. infolge der leitenden Wertbeziehungen höchst wichtiger Sachverhalt sein. Und ferner wird dies meist für den äußeren Ablauf – den „Erfolg“ – des Handelns ein höchst entscheidendes kausales Moment sein. Ein Sachverhalt also, für welchen die konkret historischen oder typisch soziologischen Vorbedingungen in jedem Fall soweit aufzudecken sind, daß das Maß von Identität, Abweichung oder Widerspruch des empirischen Ablaufs gegenüber dem Richtigkeitstypus als verständlich und dadurch als durch die Kategorie der „sinnhaft adäquaten Verursachung“ erklärt erscheint. Koinzidenz mit dem „Richtigkeitstypus“ ist der „verständlichste“, weil „sinnhaft adäquateste“ Kausalzusammenhang. „Sinnhaft adäquat verursacht“ erscheint es der Geschichte der Logik, daß einem Denker bei einem bestimmt gearteten subjektiv sinnhaften Zusammenhang von Erörterungen über logische Fragen („Problemlage“) ein dem Richtigkeitstypus der „Lösung“ sich annähernder „Gedanke einfällt“. Im Prinzip ebenso, wie die Orientierung eines Handelns am „erfahrungsgemäß“ Wirklichen uns spezifisch „sinnhaft adäquat verursacht“ erscheint. Eine faktisch weitgehende Annäherung des realen Ablaufs eines Handelns an den Richtigkeitstypus, also faktische objektive Richtigkeitsrationalität, ist aber sehr weit davon entfernt, notwendig zusammenzufallen mit subjektiv zweckrationalem, d. h. nach eindeutig vollbewußten Zwecken und vollbewußt als „adäquat“ gewählten Mitteln orientiertem Handeln. Ganz wesentliche Teile der verstehend psychologischen Arbeit bestehen ja zurzeit gerade in der Aufdeckung ungenügend oder garnicht bemerkter und also in diesem Sinne nicht subjektiv rational orientierter Zusammenhänge, die aber dennoch tatsächlich in der Richtung eines weitgehend objektiv „rational“ verständlichen Zusammenhanges verlaufen. Sehen wir von gewissen Teilen der Arbeit der sog. Psychoanalyse hier ganz ab, welche diesen Charakter haben, so enthält z. B. auch eine Kon-

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struktion wie Nietzsches Theorie des Ressentiment20 eine Deutung, welche aus dem Pragma einer Interessenlage eine – ungenügend oder garnicht bemerkte, weil aus verständlichen Gründen gestandene“ – objektive Rationalität des äußeren oder „unein­ inneren Sichverhaltens ableitet. Übrigens ganz genau im (methodisch) gleichen Sinne, wie die ihr darin um Jahrzehnte vorangegangene Theorie des ökonomischen Materialismus es ebenfalls tut. In solchen Fällen geraten nun freilich sehr leicht das subjektiv, wenn auch unbemerkt, Zweckrationale und das objektiv Richtigkeitsrationalek in eine nicht immer ganz geklärte Beziehung zueinander, die uns jedoch hier nicht weiter angehen soll. Es kam nur darauf an, das jederzeit Problematische und Begrenzte gerade des „nur Psychologischen“ am „Verstehen“ skizzenhaft (und notwendig ungenau) anzudeuten. Auf der einen Seite steht eine unbemerkte („uneingestandene“) relativ weitgehende Rationalität des scheinbar gänzlich zweckirrationalen Verhaltens: „verständlich“ ist es wegen jener Rationalität. Auf der andern Seite die hundertfach (namentlich in der Kulturgeschichte) zu belegende Tatsache: daß scheinbar direkt zweckrational bedingte Erscheinungen in Wahrheit durch ganz irrationale Motive historisch ins Leben gerufen waren und nachher, weil veränderte Lebensbedingungen ihnen ein hohes Maß von technischer „Richtigkeitsrationalität“ zuwachsen ließen, als „angepaßt“ überlebten und sich zuweilen universell verbreiteten. Die Soziologie nimmt natürlich Notiz nicht nur von der Existenz „vorgeschobener Motive“ des Handelns, von „stellvertretenden Befriedigungen“ von Triebrichtungen und dergleichen, sondern erst recht davon: daß auch schlechthin „unverständliche“ qualitative Bestandteile eines Motivationsablaufs diesen in der eingreifendsten Weise auch in seiner sinnhaften Bezogenheit und in der Art seiner Auswirkung mitbestimmen. Das in seiner sinnhaften Bezogenheit „gleiche“ Handeln nimmt schon bei rein quantitativ verschiedenem „Reaktionstempo“ der handelnd Beteiligten zuweilen einen im schließlichen Effekt radikal verschiedenen Verlauf. Eben solche Unterschiede und erst recht qualitative Stimmungslak A: Richtigrationale 20  Vgl. Nietzsche, Friedrich, Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift. – Leipzig: Naumann 1887.

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gen lenken die ihrer „sinnhaften“ Bezogenheit nach ursprünglich „gleich“ angesponnenen Motivationsketten im Effekt oft in auch sinnhaft heterogene Bahnen. Es sind für die Soziologie 1. der mehr oder minder annähernd erreichte Richtigkeitstypus, 2. der (subjektiv) zweckrational orientierte Typus, 3. das nur mehr oder minder bewußt oder bemerkt, und mehr oder minder eindeutig zweckrational orientierte, 4. das nicht zweckrational[,] aber in sinnhaft verständlichem Zusammenhang, 5. das in mehr oder minder sinnhaft verständlichem, durch unverständliche Elemente mehr oder minder stark unterbrochenem oder mitbestimmtem Zusammenhang motivierte Sichverhalten, und endlich 6. die ganz unverständlichen psychischen oder physischen Tatbestände „in“ und „an“ einem Menschen durch völlig gleitende Übergänge verbunden. Daß nicht jedes „richtigkeitsrational“  ablaufende Handeln subjektiv zweckrational bedingt war, weiß sie und daß insbesondere nicht die logisch rational erschließbaren, sondern die – wie man sagt – „psychologischen“ Zusammenhänge das reale Handeln bestimmen, ist ihr selbstverständlich. Logisch läßt sich z. B. aus mystisch-kontemplativer Religiosität die Unbekümmertheit um das Heil anderer, aus dem Prädestinationsglauben21 Fatalismus oder auch ethischer Anomismus als „Konsequenz“ erschließen. Tatsächlich kann die erstere in bestimmten typischen Fällen zu einer Art von Euphorie führen, welche subjektiv als ein eigentümliches objektloses Liebesgefühl „gehabt“ wird: – soweit liegt ein wenigstens partiell „unverständlicher“ Zusammenhang lvor –,l und es wird nun dieses Gefühl oft als „Liebesakosmismus“22 in sozialem Handeln „abreagiert“: – ein, l A: vor, – 21  Nach der vor allem von Johannes Calvin (1509–1564) vertretenen Prädestinationslehre hat Gott nach seinem unerforschlichen Ratschluß Menschen entweder zur ewigen Seligkeit oder zur ewigen Verdammnis bestimmt. Wie aus dem Prädestinationsglauben ein Zwang zur ständigen Selbstprüfung und Selbstkontrolle, daraus eine spezifisch „moderne“, den Anforderungen der kapitalistischen Wirtschaft entsprechende Berufsethik und Lebensführung, aus alledem dem Gläubigen ein Erkenntnisgrund „der eigenen Bestimmung zur Seligkeit“ erwächst, hatte Weber in „Die protestantische Ethik und der ‚Geist‘ des Kapitalismus“ (1904/05) zu zeigen unternommen; vgl. MWG I/9, S.  97–215 und 222–425; zum Zitat vgl. Weber, Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus“, II: Positives Resumé, ebd., S.  708–740, hier S.  715. 22  Unter „Liebesakosmismus“ versteht Weber eine bedingungslose und allumfassende Menschenliebe. Sie ist „akosmistisch“, weil sie sich von den ihr entgegenstehen-

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natürlich nicht „zweckrational“, wohl aber psychologisch, „verständlicher“ Zusammenhang. Und der Prädestinationsglaube kann, bei Vorhandensein gewisser (durchaus verständlicher) Bedingungen, sogar in spezifisch rational verständlicher Art die Fähigkeit zu aktiv ethischem Handeln dem Gläubigen zum Erkenntnisgrund seiner persönlichen Seligkeit werden lassen und damit diese Qualität in teils zweckrational, teils sinnhaft restlos verständlicher Art zur Entfaltung bringen. Andererseits aber kann nun der Standpunkt des Prädestinationsglaubens seinerseits in „psychologisch“ verständlicher Art Produkt sehr bestimmter, wiederum in ihren Zusammenhängen sinnhaft verständlicher, Lebensschicksale und (als Gegebenheiten hinzunehmender) „Charakter“-Qualitäten sein. – Genug: die Beziehungen zur „Psychologie“ sind für die verstehende Soziologie in jedem Einzelfall verschieden gelagert. Die objektive Richtigkeitsrationalität dient ihr gegenüber dem empirischen Handeln, die Zweckrationalität gegenüber dem psychologisch sinnhaft Verständlichen, das sinnhaft verständliche gegenüber dem unverstehbar motivierten Handeln als Idealtypus, durch Vergleichung mit welchem die kausal relevanten Irrationalitäten (im jeweils verschiedenen Sinn des Worts) zum Zweck der kausalen Zurechnung festgestellt werden. Wogegen sich die Soziologie aber auflehnen würde, wäre die Annahme: daß „Verstehen“ und kausales „Erklären“ keine Beziehung zueinander hätten, so richtig es ist, daß sie durchaus am entgegengesetzten Pol des Geschehens mit ihrer Arbeit beginnen, insbesondere die statistische Häufigkeit eines Sichverhaltens dieses um keine Spur sinnhaft „verständlicher“ macht und optimale „Verständlichkeit“ als solche garnichts für die Häufigkeit besagt, bei absoluter subjektiver Zweckrationalität sogar meist gegen sie spricht. Denn dessen ungeachtet sind sinnhaft verstandene seelische Zusammenhänge und speziell zweckrational orientierte Motivationsabläufe für die Soziologie  durchaus dazu qualifiziert, als Glieder einer Kausalkette zu figurieren, welche z. B. mit „äußeren“ Verumständungen beginnt und im Endpunkt wieder auf „äußeres“ den, ihre Wirksamkeit hemmenden oder sogar ins Gegenteil verkehrenden Realitäten der „Welt“ nicht beirren läßt. Lew Nikolajewitsch Tolstoi, in seinen späten Jahren, war für Weber die am meisten beeindruckende Verkörperung einer solchen, mit radikalem Pazifismus einhergehenden „akosmistischen Liebesethik“ christlicher Prägung, vgl. auch Weber, Zwischen zwei Gesetzen, MWG I/15, S.  95–98, bes. S.  97 f.

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Sichverhalten führt. „Sinnhafte“ Deutungen konkreten Verhaltens rein als solche sind natürlich auch für sie, selbst bei größter „Evidenz“, zunächst nur Hypothesen der Zurechnung. Sie bedürfen also der tunlichsten Verifikation mit prinzipiell genau den gleichen Mitteln wie jede andere Hypothese. Sie gelten uns als brauchbare Hypothesen dann, wenn wir ein, im Einzelfall höchst verschieden großes, Maß von „Chance“ dafür annehmen dürfen, daß (subjektiv) „sinnhafte“ Motivationsverkettungen vorliegen. Kausalketten, in welche zweckrational orientierte Motivationen durch deutende Hypothesen eingeschaltet sind, sind ja unter bestimmten dafür günstigen Umständen, und zwar gerade auch in bezug auf eben jene Rationalität, direkt der statistischen Nachprüfung und in diesen Fällen also einem (relativ) optimalen Beweise ihrer Gültigkeit als „Erklärungen“ zugänglich. Und umgekehrt sind statistische Daten (und dazu gehören z. B. auch viele Daten der „Experimentalpsychologie“)[,] wo immer sie den Ablauf oder die Folgen eines Verhaltens angeben, welches irgend etwas verständlich Deutbares in sich schließt, für uns erst dann „erklärt“, wenn sie auch wirklich im konkreten Fall sinnhaft gedeutet sind. Der Grad der Richtigkeitsrationalität eines Handelns endlich ist für eine empirische Disziplin eine empirische Frage. Denn empirische Disziplinen arbeiten, wo immer es sich um die realen Beziehungen zwischen ihren Objekten (und nicht: um ihre eigenen logischen Voraussetzungen) handelt, unvermeidlich mit dem „naiven Realismus“, nur je nach der qualitativen Art des Objekts in verschiedenen Formen. Auch die mathematischen und logischen Sätze und Normen sind daher, wo sie Objekt soziologischer Forschung sind, z. B. wenn der Grad ihrer richtigkeitsrationalen „Anwendung“ zum Ziel statistischer Untersuchung wird, für uns gerade „logisch“ garnichts als: konventionelle Gepflogenheiten eines praktischen Sichverhaltens – obwohl ihre Geltung doch andrerseits „Voraussetzung“ der Arbeit des Forschers ist. Gewiß gibt es jene wichtigen Problematiken innerhalb unserer Arbeit, in welchen grade das Verhältnis des empirischen Verhaltens zum Richtigkeitstypus auch reales kausales Entwicklungsmoment empirischer Vorgänge wird. Aber diesen Sachverhalt als solchen aufzuzeigen, ist nicht etwa eine das Objekt des empirischen Charakters beraubende, sondern eine durch Wertbeziehungen bestimmte, die Art der verwendeten Idealtypen und ihre Funktion bedingende Zielrichtung der Arbeit.

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Die wichtige und selbst in ihrem Sinn schwierige allgemeine Problematik des „Rationalen“ in der Geschichte  braucht hier nicht nebenher erledigt zu werden2). Denn für die allgemeinen Begriffe der Soziologie jedenfalls ist, logisch betrachtet, die Verwendung des „Richtigkeitstypus“ prinzipiell nur ein Fall der Bildung von Idealtypen, wenn auch oft ein höchst wichtiger Fall. Gerade dem logischen Prinzip nach versieht er diese Rolle prinzipiell nicht anders wie, unter Umständen, ein zweckmäßig gewählter „Irr­tums­ typus“ sie, je nach dem Zweck der Untersuchung, auch versehen kann. Für einen solchen ist freilich noch immer die Distanz gegen das „Gültige“ maßgebend. Aber logisch ist es auch kein Unterschied: ob ein Idealtypus aus sinnhaft verständlichen oder aus spezifisch sinnfremden Zusammenhängen gebildet wird. Wie im ersten Fall die gültige „Norm“, so bildet im zweiten Fall eine empirisch zum „reinen“ Typus sublimierte Faktizität den Idealtypus. Auch im ersten Fall ist aber nicht das empirische Material geformt durch Kategorien der „Geltungssphäre“. Sondern es ist eben nur der

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2) Die Art , wie die Relation zwischen dem Richtigkeitstypus eines Verhaltens und A 263 [] dem empirischen Verhalten „wirkt“ und wie dies Entwicklungsmoment sich zu den soziologischen Einflüssen z. B. in einer konkreten Kunstentwicklung verhält, hoffe ich gelegentlich an einem Beispiel (Musikgeschichte)23 zu erläutern. Nicht nur für eine Geschichte der Logik oder anderer Wissenschaften, sondern ganz ebenso auf allen andern Gebieten sind gerade jene Beziehungen, also die Nähte, an welchen Spannungen des Empirischen gegen den Richtigkeitstypus aufbrechen können, entwicklungsdynamisch von der höchsten Bedeutung. Ebenso freilich der auf jedem einzelnen Gebiet der Kultur individuell und grundverschieden liegende Sachverhalt: daß und in welchem Sinn ein eindeutiger Richtigkeitstypus nicht durchführbar, sondern Kompromiß oder Wahl zwischen mehreren solchen Grundlagen der Rationalisierung möglich ist oder unvermeidlich wird. Hier können solche, inhaltliche, Probleme nicht erörtert werden. 

23  Weber hat hier offensichtlich die Analysen im Blick, die in „Die rationalen und soziologischen Grundlagen der Musik“ ihren Niederschlag gefunden haben. Diese Abhandlung beschränkt sich in ihren allein abgeschlossenen resp. überlieferten Teilen fast vollständig auf Prozesse der Rationalisierung in der Musik (hinsichtlich der Akkordharmonik und des Tonsystems), die sich aus einer innermusikalischen Dynamik, z. B. aus der „inneren Logik“ von Tonbeziehungen, erklären; vgl. Weber, Zur Musiksoziologie, MWG I/14, S.  145–280, hier S.  207. Die auf der Ebene des „empirischen Verhaltens“ wirksam werdenden „soziologischen Einflüsse“ kommen nur am Rande in den Blick. Geplant war aber eine Untersuchung, die zeigen sollte, daß in der Musikgeschichte wie in jeder „empirischen Disziplin“ die Frage nach dem „Grad der Richtigkeitsrationalität eines Handelns“, oben, S.  402, als empirische Frage aufzufassen und zu beantworten ist.

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konstruierte Idealtypus dieser entnommen. Und es hängt durchaus von den Wertbeziehungen ab, inwieweit gerade ein Richtigkeitstypus als Idealtypus zweckmäßig wird. III.

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Das Ziel der Betrachtung: „Verstehen“, ist schließlich auch der Grund, weshalb die verstehende Soziologie (in unserem Sinne) das Einzelindividuum und sein Handeln als unterste Einheit, als ihr „Atom“ – wenn der an sich bedenkliche Vergleich hier einmal erlaubt ist – behandelt. Die Aufgabe anderer Betrachtungsweisen kann es sehr wohl mit sich bringen, das Einzelindividuum vielleicht als einen Komplex psychischer, chemischer oder anderer „Prozesse“ irgendwelcher Art zu behandeln. Für die Soziologie aber kommt alles die Schwelle eines sinnhaft deutbaren Sichverhaltens zu „Objekten“ (inneren oder äußeren) Unterschreitende nur ebenso in Betracht wie die Vorgänge der „sinnfremden“ Natur: als Bedingung oder subjektiver Bezogenheitsgegenstand des ersteren. Aus dem gleichen Grunde ist  aber für diese Betrachtungsweise der Einzelne auch nach oben zu die Grenze und der einzige Träger sinnhaften Sichverhaltens. Keine scheinbar abweichende Ausdrucksform darf dies verschleiern. Es liegt in der Eigenart nicht nur der Sprache, sondern auch unseres Denkens, daß die Begriffe, in denen Handeln erfaßt wird, dieses im Gewande eines beharrenden Seins, eines dinghaften oder ein Eigenleben führenden „personenhaften“ Gebildes, erscheinen lassen. So auch und ganz besonders in der Soziologie. Begriffe wie „Staat“, „Genossenschaft“, „Feudalismus“ und ähnliche bezeichnen für die Soziologie, allgemein gesagt, Kategorien für bestimmte Arten menschlichen Zusammenhandelns, und es ist also ihre Aufgabe, sie auf „verständliches“ Handeln[,] und das heißt ausnahmslos: auf Handeln der beteiligten Einzelmenschen, zu reduzieren. Dies ist bei anderen Betrachtungsweisen keineswegs notwendig der Fall. Vor allem ist darin die soziologische von der juristischen Betrachtungsweise geschieden. Die Jurisprudenz behandelt z. B. unter Umständen den „Staat“ ebenso als „Rechtspersönlichkeit“ wie einen Einzelmenschen, weil ihre auf objektive Sinndeutung und das heißt: den geltensollenden Inhalt von Rechtssätzen gerichtete Arbeit jenes begriffliche Hilfs-

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mittel nützlich, vielleicht unentbehrlich, erscheinen läßt. Ganz ebenso wie ein Rechtssatz Embryonen als „Rechtspersönlichkeiten“ behandelt, während für empirisch verstehende Disziplinen auch beim Kinde der Übergang von reinen Faktizitäten des praktisch relevanten Verhaltens zum sinnhaft verständlichen „Handeln“ durchaus flüssig ist. Die Soziologie hat es dagegen, soweit für sie das „Recht“ als Objekt in Betracht kommt, nicht mit der Ermittelung des logisch richtigen „objektiven“ Sinngehaltes von „Rechtssätzen“ zu tun, sondern mit einem Handeln, als dessen Determinanten und Resultanten natürlich unter anderem auch Vorstellungen von Menschen über den „Sinn“ und das „Gelten“ bestimmter Rechtssätze eine bedeutsame Rolle spielen. Darüber, also über das Konstatieren des tatsächlichen Vorhandenseins einer solchen Geltungsvorstellung, geht sie nur in der Weise hinaus, daß sie 1. auch die Wahrscheinlichkeit des Verbreitetseins solcher Vorstellungen in Betracht zieht, und 2. durch folgende Überlegung: Daß empirisch jeweilig bestimmte Vorstellungen über den „Sinn“ eines als geltend vorgestellten „Rechtssatzes“ in den Köpfen bestimmter Menschen herrschen, hat unter bestimmten angebbaren Umständen die Konsequenz, daß das Handeln rational an bestimmten „Erwartungen“ orientiert werden kann, gibt also konkreten Individuen bestimmte „Chancen“. Dadurch kann deren Verhalten erheblich beeinflußt werden. Dies ist die begriffliche soziologische Bedeutung der empirischen „Geltung“ eines „Rechtssatzes“. Für die soziologische Betrachtung steht daher  auch hinter dem Worte „Staat“ – wenn sie es überhaupt verwendet – nur ein Ablauf von menschlichem Handeln besonderer Art. Wenn sie nun genötigt ist, hier wie oft das gleiche Wort wie die juristische Wissenschaft zu gebrauchen, so ist doch dessen juristisch „richtiger“ Sinn dabei nicht der von ihr gemeinte. Es ist aber allerdings das unvermeidliche Schicksal aller Soziologie: daß sie für die Betrachtung des überall stetige Übergänge zwischen den „typischen“ Fällen zeigenden realen Handelns sehr oft die scharfen, weil auf syllogistischer Interpretation von Normen ruhenden, juristischen Ausdrücke verwenden muß, um ihnen dann ihren eigenen, von dem juristischen der Wurzel nach verschiedenen, Sinn unterzuschieben. Und dazu kommt noch, daß, der Natur des Objekts entsprechend, fortwährend so verfahren werden muß: daß „eingelebte“ und aus dem Alltag bekannte sinnhafte Zusammenhänge zur Definition anderer verwendet und dann

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nachträglich ihrerseits wieder mit Hilfe dieser letzteren definiert werden müssen. Wir gehen einige solche Definitionen durch. IV.

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Von „Gemeinschaftshandeln“ wollen wir da sprechen, wo menschliches Handeln subjektiv sinnhaft auf das Verhalten anderer Menschen bezogen wird. Ein ungewollter Zusammenprall zweier Radfahrer z. B. soll uns nicht Gemeinschaftshandeln heißen. Wohl aber ihre etwaigen vorherigen Versuche einander auszuweichen, oder, nach einem Zusammenstoß, ihre etwaige „Prügelei“ oder „Verhandlung“ über gütlichen „Ausgleich“. Nicht etwa nur Gemeinschaftshandeln ist für die soziologische Kausalzurechnung wichtig. Aber es ist das primäre Objekt einer „verstehenden“ Soziologie. Einen wichtigen normalen – wenn auch nicht unentbehrlichen – Bestandteil des Gemeinschaftshandelns bildet insbesondere dessen sinnhafte Orientierung an den Erwartungen eines bestimmten Verhaltens Anderer und den darnach für den Erfolg des eigenen Handelns (subjektiv) geschätzten Chancen. Ein äußerst verständlicher und wichtiger Erklärungsgrund des Handelns ist dabei das objektive Bestehen dieser Chancen, d. h. die größere oder geringere, in einem „objektiven Möglichkeitsurteil“ ausdrückbare Wahrscheinlichkeit, daß diese Erwartungen mit Recht gehegt werden. Davon bald mehr.24 Wir bleiben zunächst bei dem Tatbestand der subjektiv gehegten Erwartung. – Speziell alles im früher definierten Sinn „zweckrationale“ Handeln überhaupt ist an Erwartungen orientiert. Im Prinzip scheint es daher zunächst dasselbe, ob Erwartungen bestimmter, sei es ohne Zutun des Handelnden oder als Reaktionen auf sein gerade auf ihren Eintritt abgezwecktes Handeln erwarteter, Naturvorgänge oder ob in ähnlicher Art Erwartungen  eines bestimmten Verhaltens anderer Menschen dem eige24  Unten, S.  409 ff. Bei diesen und den nachfolgenden Überlegungen arbeitet Weber mit dem von Johannes von Kries stammenden Konzept der „objektiven Möglichkeit“ und Gustav Radbruchs Begriff der „adäquaten Verursachung“ (vgl. dazu oben, S.  390, Anm.  8). Zwischen den „durchschnittlichen subjektiven Erwartungen“ der Akteure und dem „durchschnittlichen objektiven Gelten der Chance“ (d. h. der „objektiven Möglichkeit“ einer Ordnung) existiert, sagt Weber erläuternd (unten, S.  422), „gegenseitig die Beziehung der verständlich adäquaten Verursachtheit“ [Hervorhebung, J. W.].

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nen Handeln des Erwartenden die Wege weisen. Aber: die Erwartungen eines bestimmten Verhaltens anderer Menschen können sich bei dem subjektiv rational Handelnden auch darauf gründen, daß er ein subjektiv sinnhaftes Verhalten von ihnen erwarten, also auch dessen Chancen aus bestimmten sinnhaften Beziehungen, mit einem verschieden großen Grade von Wahrscheinlichkeit, voraus berechnen zu können subjektiv glaubt. Insbesondere kann sich diese Erwartung darauf subjektiv gründen: daß der Handelnde sich mit dem oder den Anderen „verständigt“, „Vereinbarungen“ mit ihnen getroffen hat, deren „Innehaltung“, dem von ihm selbst gemeinten Sinn gemäß, er von ihnen zu gewärtigen Anlaß zu haben glaubt. Schon dies ergibt eine dem Gemeinschaftshandeln spezifische qualitative Besonderheit, weil eine sehr wesentliche Erweiterung desjenigen Umkreises von Erwartungen eintrittm, an welchen der Handelnde sein eigenes Handeln zweckrational orientieren zu können glauben wird. Der mögliche (subjektiv gemeinte) Sinn des Gemeinschaftshandelns erschöpft sich freilich nicht etwa in der Orientierung speziell an „Erwartungen“ des „Handelns“ Dritter. Im Grenzfall kann davon gänzlich abgesehen und das auf Dritte sinnbezogene Handeln lediglich an dem subjektiv geglaubten „Wert“ seines Sinngehalts als solchen („Pflicht“ oder was es sei) orientiert, das Handeln also nicht erwartungsorientiert, sondern wertorientiert sein. Ebenso muß bei den „Erwartungen“ nicht ein Handeln, sondern es kann auch z. B. nur ein inneres Sichverhalten (etwa eine „Freude“) des Dritten den Inhalt der Erwartung ausmachen. Der Übergang vom Idealtypus des sinnhaften Bezogenseins des eignen auf ein sinnhaftes Verhalten des Dritten endlich zu dem Fall, wo der Dritte (etwa ein Säugling) lediglich als „Objekt“ in Betracht kommt, ist empirisch durchaus flüssig. Das an Erwartungen sinnhaften Handelns orientierte Handeln ist uns nur der rationale Grenzfall. Stets aber ist uns „Gemeinschaftshandeln“ ein entweder 1. historisch beobachtetes oder 2. ein theoretisch, als objektiv „möglich“ oder „wahrscheinlich“ konstruiertes Sichverhalten von Einzelnen zum aktuellen oder zum vorgestellten potentiellen Sichverhalten anderer Einzelner. Das ist ganz streng festzuhalten auch bei jenen Kategorien, welche nun weiter zu erörtern sind. m  Fehlt in A; eintritt sinngemäß ergänzt.

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V.

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Vergesellschaftetes Handeln („Gesellschaftshandeln“) wollen wir ein Gemeinschaftshandeln dann und soweit nennen, als es 1. sinnhaft orientiert ist an Erwartungen, die gehegt werden auf Grund  von Ordnungen, wenn 2. deren „Satzung“ rein zweckrational erfolgte im Hinblick auf das als Folge erwartete Handeln der Vergesellschafteten, und wenn 3. die sinnhafte Orientierung subjektiv zweckrational geschieht. – Eine gesatzte Ordnung in dem hier gemeinten rein empirischen Sinn ist – wie hier nur ganz provisorisch definiert sei – entweder 1. eine einseitige, im rationalen Grenzfall: ausdrückliche, Aufforderung von Menschen an andere Menschen oder 2. eine, im Grenzfall: ausdrückliche, beiderseitige Erklärung von Menschen zueinander, mit dem subjektiv gemeinten Inhalt: daß eine bestimmte Art von Handeln in Aussicht gestellt oder erwartet werde. Alles Nähere darüber bleibt zunächst dahingestellt. Daß ein Handeln subjektiv sinnhaft an einer gesatzten Ordnung „orientiert“ wird, kann nun zunächst bedeuten: daß dem subjektiv von den Vergesellschafteten in Aussicht genommenen Handeln auch ihr tatsächliches Handeln objektiv entspricht. Der Sinn einer gesatzten Ordnung und also das eigene in Aussicht gestellte wie das von Andern erwartete Handeln kann aber von den einzelnen Vergesellschafteten untereinander verschieden erfaßt worden sein oder später gedeutet werden, so daß ein Handeln, welches ann einer von den Beteiligten subjektiv für mit sich identisch gehaltenen Ordnung subjektiv entsprechend orientiert ist, nicht notwendig ein auch objektiv in gleichen Fällen gleichartiges Handeln sein muß. Und ferner kann eine „Orientierung“ des Handelns an einer gesatzten Ordnung auch darin bestehen, daß deren subjektiv erfaßtem Sinn von einem Vergesellschafteten bewußt entgegengehandelt wird. Auch indem Jemand bewußt und absichtsvoll dem von ihm subjektiv erfaßten Sinn der Ordnung eines Kartenspiels entgegen, also „falsch“, spielt, bleibt er dennoch als „Mitspieler“ vergesellschaftet, im Gegensatz zu jemandem, der sich dem Weiterspielen entzieht. Ganz ebenso wie ein „Dieb“ oder ein „Totschläger“ sein Verhalten an eben jenen Ordnungen, denen er subjektiv bewußt n  Fehlt in A; an sinngemäß ergänzt.

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sinnhaft zuwiderhandelt, dennoch dadurch orientiert, daß er sein Tun oder seine Person verhehlt. Das Entscheidende für die empirische „Geltung“ einer zweckrational gesetzten Ordnung ist also nicht: daß die einzelnen Handelnden ihr eigenes Handeln kontinuierlich dem von ihnen subjektiv gedeuteten Sinngehalt entsprechend orientieren. Sie kann vielmehr zweierlei Dinge bedeuten: 1. daß tatsächlich (subjektiv)o die einzelnen im Durchschnitt wie die Falschspieler und Diebe die Erwartung hegen, daß die anderen Vergesellschafteten ihr Verhalten durchschnittlich so gestalten werden: „als ob“ sie die Innehaltung der gesatzten Ordnung zur Richtschnur ihres Handelns nähmen; 2. daß sie, nach der durchschnittlich anzuwendenden Beurteilung von Chancen menschlichen Sichverhaltens, solche Erwartungen objektiv hegen  konnten (eine besondere Formung der Kategorie der „adäquaten Verursachtheit“). Logisch ist an sich beides (1 und 2) streng auseinanderzuhalten. Das Eine ist ein bei den das Beobachtungsobjekt bildenden Handelnden subjektiv vorliegender, d. h. vom Forscher als „durchschnittlich“ vorhanden angenommener, Tatbestand. Das andere ist eine von dem erkennenden Subjekt (Forscher) objektiv unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Kenntnisse und Denkgepflogenheiten der Beteiligten zu kalkulierende Chance. Bei Bildung genereller Begriffe schätzt aber die Soziologie ein durchschnittliches Maß von Vorhandensein der zur Abschätzung jener Chancen erforderlichen „Fähigkeiten“ des Auffassens auch den am Handeln Beteiligten als subjektiv vorhanden zu. Das heißt: sie setzt ein für allemal idealtypisch voraus: daß objektiv vorhandene Durchschnittschancen auch von den zweckrational Handelnden durchschnittlich subjektiv annähernd in Rechnung gestellt werden. Daher soll auch uns die empirische „Geltung“ einer Ordnung in der objektiven Begründetheit jener Durchschnittserwartungen (Kategorie der „objektiven Möglichkeit“) bestehen. In dem speziellen Sinn: Daß uns nach Lage der jeweils durchschnittlich wahrscheinlichen Tatsachenberechnung ein subjektiv seinem Sinngehalt nach durchschnittlich an ihnen orientiertes Handeln als „adäquat verursacht“ gilt. Dabei fungieren also die objektiv abschätzbaren Chancen der möglichen Erwartungen auch als zulänglicher verständlicher Erkenntnisgrund für das wahrscheinliche Vorhandeno A: (subjektiv),

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sein jener Erwartungen bei den Handelnden. Beides koinzidiert hier der Tatsache nach im Ausdruck fast unvermeidlich, ohne daß aber natürlich der logische Abgrund verwischt werden dürfte. Nur im erstgedachten Sinn: als objektives Möglichkeitsurteil, ist es selbstverständlich gemeint: daß jene Chancen den subjektiven Erwartungen der Handelnden sinnhaft zur Grundlage zu dienen durchschnittlich geeignet seien „und daher“ tatsächlich (in einem relevanten Maße) dienten. Es ist nun schon klar, daß mit dem bisher Gesagten zwischen der logisch scheinbar exklusiven Alternative: Fortbestand oder Nichtmehrbestand einer Vergesellschaftung, in der Realität eine lückenlose Skala von Übergängen gegeben ist. Sobald freilich alle beteiligten Kartenspieler voneinander gegenseitig „wissen“, daß die vereinbarten Spielregeln überhaupt nicht mehr innegehalten werden, oder sobald keine normalerweise in Rechnung zu stellende Chance objektiv besteht „und daher“ subjektiv keine solche mehr in Rechnung gestellt wird: daß z. B. der Zerstörer fremden Lebens sich um die Ordnung, die er bewußt verletzt, normalerweise überhaupt noch kümmert, – weil eben die Verletzung für ihn keinerlei Konsequenzen voraussehen läßt, – in solchen Fällen ist deren empirische Existenz  nicht mehr gegeben und besteht also auch die betreffende Vergesellschaftung nicht mehr. Sie besteht so lange und insoweit, als ein an ihren Ordnungen irgendwie dem durchschnittlich gemeinten Sinn nach orientiertes Handeln noch in einem praktisch relevanten Umfang abläuft. Dies aber ist ein flüssiger Tatbestand. Aus dem Gesagten folgt z. B. auch, daß das reale Handeln der Einzelnen subjektiv sinnhaft sehr wohl an mehreren Ordnungen orientiert sein kann, welche einander nach den jeweils konventionellen Denkgepflogenheiten sinnhaft „widersprechen“, dennoch aber nebeneinander empirisch „gelten“. Die durchschnittlich herrschenden Anschauungen vom „Sinn“ unserer Gesetzgebung z. B. verbieten absolut den Zweikampf. Gewisse weitverbreitete Vorstellungen vom „Sinn“ als geltend angenommener gesellschaftlicher Konventionen3) gebieten ihn. Indem der einzelne ihn vollzieht, 25

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3) Der Begriff ist hier nicht speziell zu erörtern. Es sei nur bemerkt: als „Recht“ gilt uns soziologisch eine in ihrer empirischen Geltung durch einen „Zwangsapparat“ (im bald zu erörterndem Sinn),25 als Konvention eine nur durch „soziale Mißbilligung“ der

25  Unten, S.  413.

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orientiert er sein Handeln an diesen konventionellen Ordnungen. Indem er aber dabei sein Tun verhehlt, orientiert er es an den Ordnungen der Gesetze. Die praktische Wirkung des empirischen, d. h. hier und immer: des durchschnittlich für die subjektive sinnhafte Orientierung des Handelns zu erwartenden[,] „Geltens“ der beiderseitigen Ordnungen ist in diesem Fall also verschieden. Eine empirische „Geltung“ aber, d. h. die Tatsache: daß das Handeln durch sinnhafte Orientierung an ihrem (subjektiv erfaßten) Sinn orientiert und dadurch beeinflußt wird, schreiben wir beiden zu. Als normalen Ausdruck der empirischen „Geltung“ einer Ordnung werden wir aber freilich die Chance ihres „Befolgtwerdens“ ansehen. Das heißt also: daß die Vergesellschafteten durchschnittlich sowohl auf das nach der Durchschnittsauffassung „ordnungsgemäße“ Verhalten anderer mit Wahrscheinlichkeit zählen, als auch im Durchschnitt ihr eigenes Handeln den gleichartigen Erwartungen anderer gemäß einrichten („ordnungsgemäßes Gesellschaftshandeln“). Alsbald sei betont: die empirische „Geltung“ einer Ordnung erschöpft sich nicht in der durchschnittlichen Begründetheit der „Erwartungen“ der Vergesellschafteten in bezug auf ihr faktisches Verhalten. Dies ist nur die rationalste und dabei soziologisch unmittelbar greifbarste Bedeutung. Aber ein ausschließlich bei allen Beteiligten nur an „Erwartungen“ des Verhaltens Anderer orientiertes Verhalten eines jeden von ihnen wäre nur der absolute Grenzfall zum bloßen „Gemeinschaftshandeln“ und bedeutete die absolute Labilität auch dieser Erwartungen selbst. Diese letzteren sind vielmehr gerade um so mehr mit durchschnittlicher Wahrscheinlichkeit „begründet“, je mehr im Durchschnitt darauf gezählt werden darf, daß die Beteiligten ihr eigenes Handeln nicht bloß an den Erwartungen des Handelns der Anderen orientieren, sondern je mehr bei ihnen die subjektive Ansicht in relevantem Maß verbreitet ist, daß die (subjektiv sinnhaft erfaßte) „Legalität“ gegenüber der Ordnung „verbindlich“ für sie sei. Das Verhalten des „Diebes“ und „Falschspielers“ werden wir als (subjektiv) „ordnungswidriges“ Gesellschaftshandeln bezeichnen, ein subjektiv der Intention nach ordnungsgemäß, aber dabei von der Durchschnittsdeutung der Ordnung abweichend orientiertes zur „Rechts“- bzw. „Konventions“-Gemeinschaft vergesellschafteten Gruppe garantierte Ordnung. Die Grenze kann in der Realität natürlich flüssig sein. 

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Handeln als objektiv „abnormes“ Gesellschaftshandeln. Jenseits dieser Kategorien liegen die Fälle des nur „vergesellschaftungsbedingten“ Handelns: Jemand sieht sich entweder bei seinem sonstigen Handeln veranlaßt, zweckrational auf die Notwendigkeiten, welche er durch die Vergesellschaftung sich auferlegt hat, Rücksicht zu nehmen (anderweite Ausgaben z. B. um dadurch bedingter Ausgaben willen zu unterlassen). Oder er wird in seinem anderweiten Handeln (z. B. in der Entwicklung seiner „Freundschaften“ oder seines gesamten „Lebensstils“), ohne dies zweckrational zu wollen und zu bemerken, durch die Orientiertheit gewisser Teile seines Handelnsp an vereinbarten Ordnungen (z. B. seiner religiösen Sekte) beeinflußt. Alle diese Unterschiede sind in der Realität flüssig. Kein prinzipieller Unterschied überhaupt liegt darin: ob Gesellschaftshandeln in sinnhaften Beziehungen unter den Vergesellschafteten gegenseitig oder zu Dritten abläuft; denn gerade dies letztere kann den vorwiegend gemeinten Sinn der Vereinbarung bilden. Dagegen kann man das an den Ordnungen der Vergesellschaftung orientierte Handeln unterscheiden in „gesellschaftsbezogenes“, d. h. direkt zu den (wie immer: subjektiv sinnhaft gedeuteten) Ordnungen der Vergesellschaftung Stellung nehmend, also dem gemeinten Sinn nach auf die planvolle allgemeine Durchsetzung ihrer empirischen Geltung oder umgekehrt auf ihre Änderung und Ergänzung gerichtet, oder nur „gesellschaftsgeregeltes“, d. h. an diesen Ordnungen orientiert, aber nicht in jenem Sinne „gesellschaftsbezogen“. Auch dieser Unterschied ist flüssig. Rationaler Idealtypus der Vergesellschaftung ist uns vorläufig der „Zweckverein“: ein Gesellschaftshandeln mit einer zweckrational von allen Beteiligten vereinbarten Ordnung des Inhalts und der Mittel des Gesellschaftshandelns. In der Vereinbarung der Ordnung („Satzung“) haben im idealtypischen Rationalitätsfall die vergesellschaftet Handelnden subjektiv eindeutig auch aus­be­dungen: welches in welchen Formen sich vollziehende Handeln welcher (oder in welcher Art zu bestimmender) Personen („Vereinsorgane“) „dem Verein zugerechnet“ werden soll und welchen „Sinn“, d. h. welche Folgen für die sich Vergesellschaftenden dies haben soll. Ferner: ob und welche Sachgüter und Leistungen für die vereinbarten Zwecke des Gesellschaftshandelns („Vereinsp A: Handels

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zwecke“) verfügbar sein sollen („Zweckvermögen“). Ebenso: welche Vereinsorgane und wie sie darüber disponieren sollen; welche Leistungen die Beteiligten für Vereinszwecke zu bieten, welches Handeln ihnen „geboten“, „verboten“, oder „erlaubt“ sein soll und was sie selbst auf Grund ihrer Beteiligung an Vorteilen zu gewärtigen haben. Endlich: ob und welche Vereinsorgane und unter welchen Bedingungen und durch welche Mittel sie auf die Innehaltung der vereinbarten Ordnung hinzuwirken sich bereit halten sollen („Zwangsapparat“). Jeder am Gesellschaftshandeln Beteiligte verläßt sich in einem gewissen Umfang darauf, daß die anderen Beteiligten sich (annähernd und durchschnittlich) der Vereinbarung gemäß verhalten werden und zieht diese Erwartung bei der rationalen Orientierung seines eigenen Handelns in Rechnung. Die Gründe, welche der Einzelne für jene Zuversicht zu haben glaubt, sind für die empirische Existenz des Vereins gleichgültig, wenn er objektiv annehmen darf: daß, dem Erfolge nach, irgend welche wie immer gearteten Interessen der anderen ihnen die Innehaltung der vereinbarten Ordnung durchschnittlich mit hinlänglicher Wirkung anempfehlen. Natürlich aber kann die von ihm vorausgesetzte Chance: daß im Falle der Nichtinnehaltung die Ausübung physischen oder (noch so milden, z. B. nur in der christlichen „brüderlichen Vermahnung“ bestehenden) psychischen Zwanges in Aussicht stehe, die subjektive Sicherheit, daß jene Zuversicht im Durchschnitt nicht enttäuscht werde, und die objektive Wahrscheinlichkeit, daß jene Erwartungen begründet sind, stark erhöhen. Das, nach seinem subjektiv durchschnittlich als gemeint vorausgesetzten Sinngehalt[,] eine „Vereinbarung“ bedeutende Handeln heißt uns, im Gegensatz zum an dieser Vereinbarung orientierten „Gesellschaftshandeln“, das „Vergesellschaftungshandeln“. – Innerhalb des an der Vereinbarung orientierten Handelns ist die wichtigste Art des „gesellschaftsbezogenen“ Gesellschaftshandelns einerseits das spezifische Gesellschaftshandeln der „Organe“, andererseits das Gesellschaftshandeln der Vergesellschafteten, welches sinnhaft auf jenes Handeln der Organe bezogen ist. Speziell innerhalb der später zu erörternden26 Vergesellschaftungskategorie der „Anstalten“ (insbesondere des „Staates“) pflegt man diejenigen Ordnungen, welche zur Orientierung dieses Handelns geschaffen sind: das 26  Unten, S.  431 ff.

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Anstaltsrecht (im  Staat das „öffentliche Recht“) von den das sonstige Handeln der Vergesellschafteten regelnden Ordnungen zu scheiden. Aber auch innerhalb des Zweckvereins gilt die gleiche Scheidung („Vereinsrecht“ gegenüber den durch den Verein geschaffenen Ordnungen). Doch sollen uns diese (flüssigen) Gegensätze hier nicht beschäftigen. Bei voller Entwicklung ist der Zweckverein kein ephemeres, sondern ein perennierendes „soziales Gebilde“. Das bedeutet: trotz des Wechsels der am Gesellschaftshandeln Beteiligten, d. h. also: trotz der Nichtmehrbeteiligung bisheriger und der Beteiligung immer neuer Personen, natürlich – im idealtypischen Grenzfall – stets kraft spezieller neuer Vereinbarung, betrachtet man ihn als mit sich identisch bleibend. Dies geschieht so lange, als trotz des Wechsels der Personen ein an den „gleichen“ Ordnungen des Verbandes orientiertes Handeln in einem soziologisch relevanten Umfang tatsächlich erwartet werden darf. „Gleich“ aber ist die (subjektiv erfaßte) Ordnung im soziologischen Sinne so lange, als die durchschnittlichen Denkgepflogenheiten der Vergesellschafteten diese Identität bezüglich der durchschnittlich für wichtig angesehenen Punkte annehmen. Sie können sie mehr oder minder eindeu­ tig und mehr oder minder annähernd annehmen: die „Gleichheit“ ist soziologisch ein durchaus nur relativ und gleitend bestehender Sachverhalt. Die im Verein Vergesellschafteten können Ordnungen durch neues Vergesellschaftungshandeln bewußt ändern, oder diese können durch Veränderung der sich durchsetzenden durchschnittlichen Auffassung ihres „Sinnes“ oder, und namentlich, durch Veränderung der Umstände, ohne neues Vergesellschaftungshandeln die Art ihrer praktischen Bedeutung für das Handeln wechseln („Bedeutungswandel“, – ungenau auch „Zweckwandel“ genannt) oder ganz verlieren. In solchen Fällen hängt es sowohl 1. von der Kontinuierlichkeit der Änderungen wie 2. von dem relativen Umfang der, in Gestalt entsprechendq sich orientierenden Handelns, empirisch fortbestehenden alten Ordnungen wie 3. von dem Fortbestand der entweder aus den gleichen oder gleichartig ausgelesenen Personen bestehenden oder doch gleichartig handelnden Verbandsorgane und Zwangsapparate ab: ob der Soziologe das verändert ablaufende Gesellschaftshandeln zweckmäßigerweise als eine „Fortsetzung“ des altenr oder als ein „neues“ q A: entsprechend,  r A: alten,

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soziales Gebilde betrachtet. Wiederum liegt also ein durchaus in gleitenden Übergängen verlaufender Tatbestand vor. Ebenso ist es durchaus eine Frage des Einzelfalls (und also: der durch den konkreten Forschungszweck bestimmten Zweckmäßigkeit): wann man eine Vergesellschaftung als ein „selbständiges“ Gebilde und wann man sie als „Teil“ einer übergreifenden Vergesellschaftung ansieht. Das  letztere aber kann prinzipiell in zweierlei Arten der Fall sein. 1. Einmal so: daß die empirisch „geltenden“ Ordnungen eines Gesellschaftshandelns nicht ausschließlich der Satzung durch die an diesem Handeln Beteiligten entspringen (autonome Ordnungen), sondern daß das Gesellschaftshandeln mitbedingt ist dadurch, daß die Beteiligten dasselbe (immer: normalerweise) auch an den Ordnungen einer anderen Vergesellschaftung, an der sie beteiligt sind, orientieren (heteronome Ordnungen: so etwa das Gesellschaftshandeln der Kirche an den Ordnungen der politischen Gewalt oder umgekehrt). 2. Oder aber so, daß die Organe einer Vergesellschaftung ihrerseits wieder in bestimmter Art vergesellschaftet sind in einem umfassenderen Gebilde von Verbandsorganen einer anderen Vergesellschaftung: so etwa die Organe eines „Regiments“ im Gesamtapparat einer „Heeresverwaltung“ (heterokephaler im Gegensatz zum autokephalen Zweckverband, wie ihn etwa ein freier Verein oder ein selbständiger „Staat“ darstellt). Heteronomie der Ordnungen und Heterokephalie der Organe fallen oft, aber nicht notwendig zusammen. Das Gesellschaftshandeln in einem autokephalen Verein ist heute normalerweise durch die Orientierung des Handelns seiner Mitglieder an Satzungen des politischen Verbandes mitbedingt, also heteronom. Die sozialistische „Vergesellschaftung“ der Produktionsmittel würde bedeuten: daß das heute schon zum erheblichen Teil heteronome, d. h. an Ordnungen anderer, vor allem politischer, Verbände orientierte Gesellschaftshandeln jedes einzelnen, jetzt im Prinzip autokephalen, „Betriebs“ heterokephal gegenüber den Organen einer (ir­gendwelchen) „Gesamtheit“ würde. – Nicht jede vereinbarte Vergesellschaftung führt aber zum Entstehen eines Zweckvereins, für welchen nach der Definition 1. die Vereinbarung genereller Regeln und 2. die Existenz eigener Verbandsorgane konstitutiv sein sollen. Eine Vergesellschaftung („Gelegenheitsvergesellschaftung“) kann auch einen ganz ephemer gemeinten Sinn haben, etwa einen sofort auszuführenden

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gemeinsamen Totschlag aus Rache, und es können also alle als Charakteristika der Zweckvereine erwähnten Bestandteile fehlen, bis auf die rational vereinbarte „Ordnung“ des Gesellschaftshandelns, welche nach der gewählten Definition konstitutives Merkmal sein soll. Ein bequemes Beispiel für die Stufenfolge von der Gelegenheitsvergesellschaftung angefangen bis zum Zweckverein ist die der industriellen „Kartellierungen“ von der einfachen einmaligen Verabredung von Unterbietungsgrenzen zwischen einzelnen Konkurrenten bis zum „Syndikat“ mit großem eigenen Vermögen, Verkaufskontoren und einem umfassenden Apparat von Organen. Gemeinsam ist ihnen allen nur  die vereinbarte Ordnung, deren Inhalt bei der hier idealtypisch vorauszusetzenden ausdrücklichen Festsetzung aller Punkte mindestens die Abmachung enthält: was unter den Beteiligten als geboten[,] oder umgekehrt: was als verboten, oder ferner auch: was als erlaubt gelten solle. Beim isolierten (unter Abstraktion von jeder Existenz einer „Rechtsordnung“ zu denkenden) Tausch wird z. B. im idealtypischen Fall der vollen Explizität mindestens vereinbart: 1. als geboten: die Übergabe und eventuell noch die Pflicht der Garantie des Besitzes der Tauschgüter gegen Dritte, – 2. als verboten: die Zurücknahme, 3. als erlaubt: die beliebige Verfügung jedes Teils über das ertauschte Gut. – Ein solcher isolierter rationaler „Tausch“ dieses Typus ist einer der Grenzfälle der „organlosen“ Vergesellschaftung. Ihm fehlen, außer der vereinbarten Ordnung, alle jene Merkmale, welche dem Zweckverein eignen. Er kann heteronom geordnet sein (durch Rechtsordnung oder Konvention) oder ganz autonom dastehen, in seinen „Erwartungen“ bedingt durch das beiderseitige Vertrauen, daß der andere Teil sich aus gleichviel welchen Interessen vereinbarungsgemäß verhalten werde. Aber er ist weder ein autokephales noch ein heterokephales Gesellschaftshandeln, weil er überhaupt nicht als perennierendes „Gebilde“ auftritt. Und auch das Auftreten von Tauschakten als Massenerscheinungen, auch als in sich kausal zusammenhängender Massenerscheinungen („Markt“), stellt natürlich keineswegs ein Zweckvereinsgebilde dar, sondern ist gerade umgekehrt von diesem grundsätzlich geschieden. Der Fall des Tauschs ist zugleich geeignet zu veranschaulichen: daß das die Vergesellschaftung herbeiführende Handeln (Vergesellschaftungshandeln) nicht notwendig nur an den Erwartungen des Handelns der sich Vergesellschaftenden selbst

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orientiert sein muß. Sondern, im Beispiel, außerdem an den Erwartungen: daß Dritte, Unbeteiligte das Resultat des Tausches: „Besitzwechsel“, „respektieren“ werden. Insoweit ist es bloßes „Gemein­ schafts­handeln“s von der Art, die wir später „Einverständnishandeln“ nennen werden.27 Historisch finden wir die Stufenleiter der Entwicklung von der Gelegenheitsvergesellschaftung ausgehend und fortschreitend zum perennierendent „Gebilde“ oft. Der typische Keim derjenigen Vergesellschaftung, welche wir heute „Staat“ nennen, liegt in freien Gelegenheitsvergesellschaftungen von Beutelustigen zu einem Kriegszug unter selbstgewähltem Führer einerseits, in der Gelegenheitsvergesellschaftung der Bedrohten zur Abwehr anderseits. Es fehlt völlig das Zweckvermögen und die Dauer. Ist der Beutezug oder die Abwehr gelungen (oder: mißlungen) und die Beute verteilt, so hört die Vergesellschaftung zu bestehen auf. Von da bis zur  Dauervergesellschaftung der Kriegerschaft mit systematischer Besteuerung der Frauen, Waffenlosen, Unterworfenen und weiter zur Usurpierung richterlichen und verwaltenden Gesellschaftshandelns führt in lückenlosen Übergängen ein weiter Weg. Umgekehrt kann aber auch – und das ist einer der verschiedenen bei Entstehung der „Volkswirtschaft“ beteiligten Prozesse – aus den der Bedürfnisdeckung halber bestehenden perennierenden Vergesellschaftungen durch Zerfall das amorphe, ein „Gemeinschaftshandeln“ darstellende Gebilde des „Markts“ hervorgehen. Das „psychische“ Verhalten der Beteiligten, die Frage also: aus welchen letzten „inneren Lagen“ heraus sie sich vergesellschaften und dann ihr Handeln an den vereinbarten Ordnungen orientieren, – ob sie sich ihnen lediglich aus nüchterner Zweckmäßigkeitserwägung oder aus leidenschaftlichem Attachement an die vereinbarten oder vorausgesetzten Vergesellschaftungszwecke, oder unter widerwilliger Hinnahme dieser als unvermeidlichen Übels, oder weil sie dem Gewohnten entsprechen, oder warum sonst, fügen, – dies ist für die Existenz der Vergesellschaftung solange gleichgültig, als, im Effekt, in einem soziologisch relevanten Umfang die Chance jener Orientierung an der Vereinbarung tatsächlich besteht. Mit ihrer Beteiligung am Gesellschaftshandeln können ja die einzelnen s A: „Gemeinschaftshandeln“,   t A: peremierenden 27  Unten, S.  422 ff.

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Beteiligten gänzlich verschiedene, entgegengesetzte, und gegeneinander gerichtete Zwecke verfolgen und tun dies sehr häufig. Der Kriegsvölkerrechtsverband, die Rechtsvergesellschaftung für das Gemeinschaftshandeln auf dem Markt mit seinem Tausch- und Preiskampf sind nur besonders deutliche Beispiele dieses überall wiederkehrenden Sachverhalts. Alles Gesellschaftshandeln ist natürlich Ausdruck einer auf die Orientierung des Handelns, des fremden und eigenen, an seinen Ordnungen, aber an sich auf garnichts sonst gerichteten und daher sehr verschieden gearteten Interessenkonstellation bei den Beteiligten. Deren Inhalt läßt sich ganz allgemein nur rein formal dahin kennzeichnen, wie es schon mehrfach geschah: daß der einzelne auf das durch die Vergesellschaftung vereinbarte Handeln des oder der Anderen rechnen und daran sein eigenes Handeln orientieren zu können ein Interesse zu haben glaubt.

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Es gibt Komplexe von Gemeinschaftshandeln, welche ohne eine zweckrational vereinbarte Ordnung dennoch 1. im Effekt so ablaufen, als ob eine solche stattgefunden hätte, und bei welchen 2. dieser spezifische Effekt durch die Art der Sinnbezogenheit des Handelns der Einzelnen mitbestimmt ist. – Jedes zweckrationale Eintauschen von „Geld“ z. B. enthält, neben dem Einzelakt der Vergesellschaftung mit dem Tauschpartner, die sinnhafte Bezogenheit auf künftiges Handeln eines nur unbestimmt vorgestellten und vorstellbaren Umkreises von aktuellen und potentiellen Geldbesitzern, Geldliebhabern und Geldtauschreflektanten. Denn an der Erwartung: daß auch andere Geld „nehmen“ werden, welche den Geldgebrauch erst möglich macht, wird das eigene Handeln orientiert. Die sinnhafte Orientierung ist dabei zwar, im allgemeinen, eine solche an den eigenen und indirekt auch an vorgestellten fremden individuellen Interessen an der eigenen bzw. der fremden Güterbedarfsdeckung. Aber sie ist keine Orientierung an einer gesatzten Ordnung über die Art der Güterbedarfsdeckung der vorgestellten Beteiligten. Vielmehr ist das, mindestens relative Fehlen einer solchen („gemeinwirtschaftlichen“) Ordnung der Bedarfsdeckung der am Geldgebrauch Beteiligten ja gerade Vorausset-

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zung des Geldgebrauchs. Dennoch ist nun dessen Gesamtresultat normalerweise in vieler Hinsicht so geartet, „als ob“ es durch Orientierung an einer Ordnung der Bedarfsdeckung aller Beteiligten erreicht worden sei. Und zwar ist dies der Fall infolge der sinnhaften Bezogenheit des Handelns des Geldgebrauchers, dessen Lage, wie die jedes Tauschenden beim Tausch, innerhalb gewisser Grenzen durchschnittlich so gestaltet ist, daß sein Interesse ihm ein gewisses Maß von Rücksichtnahme auf die Interessen Anderer normalerweise auferlegen wird, weil diese die normalen Bestimmungsgründe für diejenigen „Erwartungen“ sind, die er seinerseits von ihrem Handeln hegen darf. Der „Markt“, als idealtypischer Komplex derartigen Handelns, zeigt also das oben mit „als ob“ eingeführte Merkmal.28 Eine Sprachgemeinschaft wird im idealtypischen „zweckrationalen“ Grenzfall dargestellt durch zahlreiche einzelne Akte von Gemeinschaftshandeln, die orientiert sind an der Erwartung, bei einem Anderen „Verständnis“ eines gemeinten Sinns zu erreichen. Daß dies massenhaft zwischen einer Vielheit von Menschen durch sinnhaft ähnlichen Gebrauch bestimmter äußerlich ähnlicher Symbole irgendwie annähernd so abläuft, „als ob“ die Sprechenden ihr Verhalten an grammatischen zweckvoll vereinbarten Regeln orientierten, stellt, da es durch jene Sinnbezogenheit der Akte der individuellen Sprechenden determiniert ist, ebenfalls einen Fall dar, der dem eingangs erwähnten Merkmale entspricht. Gemeinsam ist beiden aber fast ausschließlich jenes Merkmal. Denn die Art, wie jener Gesamteffekt entsteht, läßt sich zwar für beide Fälle in einigen äußerlichen Parallelen illustrieren, die aber keinen erheblichen Erkenntniswert haben. Auf das „als ob“ läßt  sich also hier nur eine beide Male vorhandene Problemstellung für die Soziologie begründen, die aber sofort auf inhaltlich ganz verschiedene Begriffsreihen führt. Alle Analogien mit dem „Organismus“ und ähnlichen Begriffen der Biologie sind zur Unfruchtbarkeit verurteilt. Dazu tritt nun, daß keineswegs nur durch Gemeinschaftshandeln von Menschen ein Gesamteffekt hervorgebracht werden kann, welcher so aussieht, „als ob“ das Handeln durch vereinbarte Ordnung determiniert sei, sondern ebenso und noch weit drastischer durch die verschiedenen Formen „gleicharti28  Oben, S.  409.

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gen“ und „Massen“handelns, welche dem Gemeinschaftshandeln nicht zugehören. Denn zum „Gemeinschaftshandeln“ soll ja nach der gewählten Definition sinnhafte Bezogenheit des Handelns der einen „auf“ das der andern gehören. „Gleichartigkeit“ des Verhaltens mehrerer genügt also nicht. Auch nicht jede Art von „Wechselwirkung“. Auch nicht die „Nachahmung“ rein als solche. Eine „Rasse“ wird, möge das Verhalten der ihr Zugehörigen in irgend einem Punkte noch so gleichartig sein, zur „Rassengemeinschaft“ für uns erst da, wo ein Handeln der Rassezugehörigen in gegenseitiger sinnhafter Bezogenheit entsteht: wenn z. B., um das absolute Minimum zu nehmen, Rassezugehörige in irgend einer Hinsicht sich von der „rassefremden“ Umwelt „absondern“ mit Bezug darauf, daß andere Rassezugehörige es auch tun (gleichviel ob in gleicher Art und Umfang). Wenn in einer Straße eine Masse von Passanten auf einen Regenschauer durch Aufspannen des Schirms reagieren, so ist das kein Gemeinschaftshandeln (sondern: ein „massenhaft gleichartiges“ Handeln). Auch nicht dasjenige Handeln, welches durch den bloßen, nicht mit sinnhafter Bezogenheit verbundenen „Einfluß“ des Verhaltens anderer hervorgerufen wird. Beispielsweise bei einer Panik. Oder wenn eine Masse von Straßenpassanten im Fall eines Gedränges irgend einer „Massensuggestion“ unterliegt. In solchen Fällen einer Beeinflussung des Verhaltens der einzelnen durch die bloße Tatsache, daß auch andere Situationsbeteiligte sich in bestimmter Art verhalten, wollen wir von „massenbedingtem Sichverhalten“ sprechen. Denn es ist kein Zweifel, daß die bloße Tatsache der simultan und selbst der örtlich getrennt handelnden, aber (z. B. durch die Presse) zueinander in Beziehung gesetzten „Masse“ die Art des Verhaltens aller Einzelnen in einer hier nicht zu erörternden Art, deren Analyse den Gegenstand „massenpsychologischer“ Untersuchung bildet,29 beeinflussen kann. Der Übergang vom „massenbedingten Handeln“ zum Gemeinschaftshandeln ist natürlich in der Realität vollkommen flüssig. Schon die Panik enthält selbstverständlich neben rein massenbedingtem auch Elemente von Gemeinschaftshandeln. Das Verhalten  jener Straßenpassanten entwickelt sich dazu, wenn 29  Vgl. dazu vor allem Le Bon, Gustave, Psychologie der Massen, übersetzt von Rudolf Eisler. – Leipzig: Kröner 1912 (frz.: Psychologie des foules. – Paris: Félix Alcan 1895).

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etwa bei Bedrohung durch einen bewaffneten Trunkenbold eine Vielzahl von ihnen sich auf diesen stürzt und ihn durch gemeinsames, eventuell „arbeitsteiliges“, Zugreifen festhält. Oder wenn das Gleiche geschieht, um einem schwer Verletzten gemeinsame Nothilfe angedeihen zu lassen. Da hier „arbeitsteilig“ gehandelt wird, zeigt sich die Selbstverständlichkeit: daß Gemeinschaftshandeln nichts mit „gleichartigem“ Handeln als solchem zu tun hat, sondern oft das Gegenteil bedeutet. Darin liegt auch die Verschiedenheit vom „nachahmenden“ Handeln.30 „Nachahmung“ kann bloßes „massenbedingtes“ Sichverhalten oder mehr ein am Verhalten des Nachgeahmten im Sinn der „Nachbildung“ orientiertes Handeln sein. Und dies wiederum mehr wegen einer – zweckrationalen oder andern – Schätzung des Wertes des nachgeahmten Handelns an sich, oder nur in sinnhafter Bezogenheit auf Erwartungen: z. B. aus „Konkurrenz“-Notwendigkeiten. Es führt eine umfassende Skala von Übergängen bis zu jenem Fall eines sehr spezifischen Gemeinschaftshandelns: wo ein Sichverhalten um deswillen nachgebildet wird, weil es als Merkmal der Zugehörigkeit zu einem Kreise von Menschen gilt, welche – gleichviel aus welchem Grunde – eine spezifische „soziale Ehre“ beanspruchen und, in gewissem Umfang, auch genießen. Dieser letztere Fall aber überschreitet offenbar schon den Bereich des nur „nachahmenden“ Handelns und wird durch diese Kategorie nicht erschöpfend charakterisiert. Das Bestehen einer „Sprachgemeinschaft“ bedeutet für uns nicht: daß massenbedingte Gleichartigkeit bei der Hervorbringung bestimmter Lautkomplexe existiere (das ist gar nicht erforderlich), auch nicht nur: daß der Eine „nachahmt“, was Andere tun, sondern vielmehr ein Verhalten bei „Äußerungen“, welches an bestimmten, innerhalb eines Menschenkreises durchschnittlich bestehenden Chancen sich „verständlich“ zu machen, sinnhaft orientiert ist und daher diesen sinnhaften Effekt im Durchschnitt auch erwarten „darf“. Ebenso wie „Herrschaft“ nicht bedeutet: daß eine stärkere Naturkraft sich, irgendwie, Bahn bricht, sondern: einu sinnhaftes Bezogensein des Handelns der Einen („Befehl“) auf das der Anderen („Gehorsam“) und entsprechend umgekehrt, derart, daß im u A: eine 30  Hier bezieht sich Weber auf Gabriel Tarde, vgl. dazu die Einleitung, oben, S.  78, Anm.  24.

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Durchschnitt auf das Eintreffen der Erwartungen, an welchen das Handeln beiderseits orientiert ist, gezählt werden darf. Eine durch brauchbare Merkmale ausgezeichnete Kategorie von Erscheinungen gibt also jenes durch „als ob“ gekennzeichnete Phänomen nicht ab. Wir wollen statt dessen im Anschluß an das über die „Nachahmung“ und die „Herrschaft“ soeben Gesagte eine andere Unterscheidung in dies Vielerlei von Sachverhalten hineintragen: Unter „Einverständnis“ nämlich wollen wir den Tatbestand verstehen: daß ein an Erwartungen des Verhaltens Anderer orientiertes Handeln um deswillen eine empirisch „geltende“ Chance hat, diese Erwartungen erfüllt zu sehen, weil die Wahrscheinlichkeit objektiv besteht: daß diese Andern jene Erwartungen trotz des Fehlens einer Vereinbarung als sinnhaft „gültig“ für ihr Verhalten praktisch behandeln werden. Begrifflich gleichgültig sind die Motive, aus welchen dieses Verhalten der Anderen erwartet werden darf. Der Inbegriff von Gemeinschaftshandeln, welcher und soweit er in einer durch Orientierung an solchen „Ein­ver­ ständnis“-Chancen bedingten Art abläuft, soll „Einverständnishandeln“ heißen. Das objektiv – im Sinn der abschätzbaren Chancen – „geltende“ Einverständnis ist natürlich nicht zu verwechseln mit dem subjektiven Zählen des einzelnen Handelnden darauf: daß andere die von ihm gehegten Erwartungen als sinnhaft gültig behandeln werden. Ebensowenig wie die empirische Geltung einer vereinbarten Ordnung mit der subjektiven Erwartung der Innehaltung ihres subjektiv gemeinten Sinnes. In beiden Fällen besteht aber zwischen dem (logisch unter der Kategorie der „objektiven Möglichkeit“ erfaßten) durchschnittlichen objektiven Gelten der Chance und den jeweils durchschnittlichen subjektiven Erwartungen gegenseitig die Beziehung der verständlich adäquaten Verursachtheit. – Das subjektive Orientieren des Handelns am Einverständnis kann, ebenso wie bei der Vereinbarung, im Einzelfall nur scheinbar oder nur annähernd vorliegen, und das wird auf den Grad und die Eindeutigkeit der empirischen Geltungschancen nicht ohne Wirkung bleiben. Die einzelnen durch Einverständnis Vergemeinschafteten können absichtsvoll einverständniswidrig, ganz ebenso wie die Vergesellschafteten vereinbarungswidrig handeln. Wie bei der Vergesellschaftung der „Dieb“ unseres Beispiels, so kann z. B. beim Herrschafts-Einverständnis der „Ungehorsame“ dennoch an dessen,

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subjektiv erfaßten, Sinngehalt sein Handeln (durch Verhehlung) orientieren. Der Begriff „Einverständnis“ darf daher auch in subjektiver Hinsicht nicht etwa verwechselt werden mit der „Zufriedenheit“ der Beteiligten über dessen empirische Geltung. Furcht vor üblen Folgen kann das „Sichfügen“ in den durchschnittlichen Sinngehalt einer Gewaltherrschaftsbeziehung ganz ebenso bedingen wie das Eingehen einer dem Einzelnen unerwünschten „freien“ Vereinbarung. Dauernde Unzufriedenheit gefährdet freilich die Chancen des empirischen Bestandes, hebt aber das Einverständnis so lange nicht auf, als der Gewaltherrscher auf eine (dem durchschnittlich erfaßten Sinn entsprechende) Befolgung seiner Befehle zählen zu können objektiv eine relevante Chance hat. Warum? ist insofern  wichtig, als – ganz wie bei der Vergesellschaftung – die bloße Orientiertheit an den „Erwartungen“ des Verhaltens des oder der Anderen (z. B. bloße „Furcht“ der „Gehorchenden“ vor dem „Herrn“) den Grenzfall und ein hohes Maß von Labilität bedeutet, da die „Erwartungen“ auch hier um so mehr objektiv „begründet“ sind, je mehr mit Wahrscheinlichkeit darauf gezählt werden kann, daß die „Einverstandenen“ durchschnittlich ein (subjektiv) „einverständnisgemäßes“ Handeln als für sie (gleichviel warum) „verbindlich“ ansehen werden. Auch Vereinbarungen „gelten“ letztlich kraft dieses (Legalitäts-)Einverständnisses. Geltendes Einverständnis darf dabei nicht mit „stillschweigender Vereinbarung“ identifiziert werden. Natürlich führt von der explicite vereinbarten Ordnung zum Einverständnis eine Skala von Übergängen, auf welcher sich auch ein solches Verhalten findet, welches die Beteiligten durchschnittlich gegenseitig als eine stillschweigend vereinbarte Ordnung praktisch behandeln. Dies bietet aber prinzipiell gegenüber der ausdrücklichen Vereinbarung keine Besonderheit. Und eine „undeutliche“ Vereinbarung ist empirisch eine nach den jeweils verbreiteten Deutungsgewohnheiten der Chance verschiedener praktischer Konsequenzen besonders stark ausgesetzte Ordnung. Dagegen das „geltende“ Einverständnis in seinem reinen Typus enthält nichts mehr von Satzung oder, speziell, von Vereinbarung. Die durch Einverständnis Vergemeinschafteten können unter Umständen persönlich nie etwas voneinander gewußt haben, und dabei kann dennoch das Einverständnis sogar eine empirisch fast unverbrüchlich geltende „Norm“ darstellen: so beim sexuellen Verhalten zwischen erstmalig zusammentreffenden Mitgliedern

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einer exogamen Sippe, die sich ja oft weithin durch politische und selbst sprachverschiedene Gemeinschaften hindurch erstreckt. Ebenso beim Geldgebrauch, wo das Einverständnis in der Chance des nach dem gemeinten Sinn bei dem betreffenden Tauschakt als Geld behandelten Gutes besteht, von einer unbekannten Vielzahl als „gültiges“ Mittel zur Zahlung von Schulden, d. h. zur Ableistung eines als „verbindlich“ geltenden Gemeinschaftshandelns behandelt zu werden. Es gehört nicht jedes Gemeinschaftshandeln zur Kategorie des Einverständnishandelns, sondern erst jenes, welches durchschnittlich seine Orientierung eben auf die Chance des Einverständnisses gründet. Die soziale Absonderung von Rassegenossen also z. B. dann, wenn in irgendeinem relevanten Grade darauf gezählt werden darf, daß die Beteiligten sie im Durchschnitt wie ein verbindliches Verhalten praktisch behandeln werden. Sonst liegt, je nachdem, massenbedingtes oder einfaches Gemeinschaftshandeln der Einzelnen ohne Einverständnis vor. Die Flüssigkeit des Übergangs liegt auf der Hand. Besonders stark ist sie in Fällen wie bei der Festhaltung des Trunkenbolds oder der Nothilfe. Mehr als bloß faktisches Zusammenwirken durch einfaches Gemeinschaftshandeln liegt da bei den einzelnen Mithandelnden subjektiv nur dann vor, wenn das Handeln an irgendeinem als empirisch „geltend“ vorausgesetzten Einverständnis orientiert ist, also etwa: daß jeder Einzelne bei jenem aktuellen Zusammenhandeln so weit und so lange beteiligt zu bleiben sich verbunden halten werde, wie dies dem durchschnittlich erfaßten „Sinn“ desselben entspreche. Jene beiden Beispiele verhalten sich dabei graduell durchschnittlich verschieden: Nothilfehandeln mehr im Sinn des Bestehens einer Einverständnischance, also eines Einverständnishandelns, das andere mehr als bloß faktisch zusammenwirkendes Gemeinschaftshandeln. Und natürlich ist nicht jedes äußerlich als ein „Zusammenwirken“ sich präsentierende Verhalten mehrerer schon ein Gemeinschafts- oder gar ein Einverständnishandeln. Und ein äußerliches Zusammenhandeln gehört seinerseits andererseits keineswegs zum Begriff des Einverständnishandelns. Es fehlt z. B. in allen Fällen der sinnhaften Bezogenheit auf das Handeln unbekannter Dritter ganz. In ähnlicher Art wie in jenen beiden Beispielen unterscheidet sich graduell auch das Einverständnishandeln der Sippegenossen von dem auf das potentielle Handeln anderer Tauschreflektanten

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bezogenen Gemeinschaftshandeln. Nur soweit, als im letzteren Fall die Erwartungen sich auf Chancen der durchschnittlichen Orientiertheit des fremden Handelns an angenommenen Gültigkeiten gründet, also normalerweise nur soweit sie „Legalitätserwartungen“ sind, konstituieren sie hier Einverständnis. Und nur insoweit ist also das Handeln Einverständnishandeln. Im übrigen nur: einverständnisbedingtes Gemeinschaftshandeln. Andererseits zeigt schon das Beispiel der Nothilfe, daß das „Einverständnis“ zum Inhalt auch eine ganz konkrete Zweckbezogenheit ohne abstrakten „Regel“-Charakter haben kann. Es kann aber auch in Fällen, wo wir ein „Perennieren“ einer und derselben Einverständnisvergemeinschaftung, etwa einer „Freundschaft“, annehmen, ein fortwährend inhaltlich wechselnder und nur durch Bezugnahme auf einen idealtypisch konstruierbaren, von dem jeweils Handelnden irgendwie als geltend behandelten, perennierenden Sinngehalt angebbarer Inhalt sein. Auch dieser kann bei bleibender Identität der Personen wechseln: dann ist es auch hier durchaus Frage der Zweckmäßigkeit, ob man die nunmehrige Beziehung als veränderte „Fortsetzung“ oder als „neu“ bezeichnen will. Dies Beispiel, und erst recht etwa das einer erotischen Beziehung, zeigt ferner, daß selbstverständlich die das Einverständnis konstituierenden Sinnbezogenheiten und „Erwartungen“ nicht im mindesten den Charakter eines zweckrationalen Kalküls und einer Orientierung an rational konstruierbaren „Ordnungen“ haben müssen. Die „geltende“ Orientiertheit an „Erwartungen“ besagt beim Einverständnis vielmehr lediglich: daß der Eine durchschnittlich sein eigenes Verhalten auf einen bestimmten mehr oder minder häufig als „gültig“ angenommenen, aber dabei vielleicht höchst irrationalen Sinngehalt des (inneren oder äußeren) Verhaltens des Anderen einstellen zu können die Chance hat. Durchaus eine Frage des Einzelfalls ist es daher auch, ganz ebenso wie bei der Vergesellschaftung: inwieweit aus dem durchschnittlich etwa in „Regeln“ angebbaren Sinngehalt des Einverständnisses durchschnittlich generelle Regelmäßigkeiten des praktischen Verhaltens folgen. Denn auch hier ist das einverständnisbedingte Handeln nicht mit dem Einverständnishandeln identisch. „Standeskonvention“ z. B. ist ein Einverständnishandeln, konstituiert durch dasjenige Verhalten, welches jeweils durchschnittlich als obligatorisch empirisch „gilt“: Durch das „Geltungs“-Einverständnis unterscheidet sich die „Konvention“

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von der bloßen, auf irgend einer „Eingeübtheit“ und gewohnten „Eingestelltheit“ beruhenden „Sitte“, wie durch das Fehlen des Zwangsapparats vom „Recht“, – natürlich nach beiden Seiten flüssig. Eine Standeskonvention kann nun aber faktische Konsequenzen für das Verhalten der Teilhaber herbeizuführen geeignet sein, welche empirisch nicht als einverständnismäßig obligatorisch gelten. Feudale Konventionen z. B. können die Auffassung des Handels als widersittlich bedingen und infolgedessen eine Herabsetzung des Maßes der eigenen Legalität im Verkehr mit Händlern herbeiführen. Gänzlich verschiedene subjektive Motive, Zwecke und „innere Lagen“, zweckrational oder „nur psychologisch“ verständliche, können als Resultante ein seiner subjektiven Sinnbezogenheit nach gleiches Gemeinschaftshandeln, und ebenso ein seiner empirischen Geltung nach gleiches „Einverständnis“ erzeugen. Reale Grundlage des Einverständnishandelns ist lediglich eine auf die je nachdem verschieden eindeutige Geltung des „Einverständnisses“ und nichts anderes hinwirkende Konstellation „äußerlicher“ oder „innerlicher“ Interessen, deren Bestand durch untereinander im übrigen sehr heterogene innerev Lagen und Zwecke der Einzelnen bedingt sein kann. Damit ist natürlich nicht etwa geleugnet, daß für die einzelnen nach der vorwaltenden subjektiven „Sinnrichtung“ zu scheidenden Arten von Gemeinschaftshandeln sowohl wie speziell von Einverständnishandeln sich recht wohl Motive, Interessen und „innerea Lagen“ inhaltlich angeben lassen, welche durchschnittlich am häufigsten deren Entstehung und Fortbestand begründen. Eben diese Feststellung ist ja eine  der Aufgaben jeder inhaltlichen Soziologie. Solche ganz allgemeine Begriffe aber, wie sie hier zu definieren waren, sind notwendig inhaltsarm. Flüssig ist natürlich der Übergang vom Einverständnishandeln zum Gesellschaftshandeln – welches ja lediglich den durch Satzung geordneten Spezialfall darstellt. So geht das Einverständnishandeln von Trambahnpassagieren, welche in einem Konflikt eines anderen Passagiers mit dem Schaffner für jenen „Partei ergreifen“, in Gesellschaftshandeln über, wenn sie sich nachher etwa zu einer gemeinsamen „Beschwerde“ verbinden. Und vollends wo immer zweckrational eine Ordnung geschaffen wird, ist „Vergesellschafv A: inneren   a A: „inneren

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tung“ vorhanden, wenn auch in höchst verschiedenem Umfang und Sinn. So entsteht Vergesellschaftung schon, wenn etwa für die sich einverständnismäßig, aber ohne Vereinbarung, „absondernden“ Rassegenossen eine „Zeitschrift“ mit „Verlegern“, „Herausgebern“, „Mitarbeitern“, „Abonnenten“ gegründet wird, von der aus nun das bisher amorphe Einverständnishandeln „Direktiven“ mit verschieden großen Geltungschancen empfängt. Oder wenn für eine Sprachgemeinschaft eine „Akademie“ nach Art der Crusca31 und „Schulen“, in denen grammatische Regeln gelehrt werden, entstehen. Oder für die „Herrschaft“ ein Apparat von rationalen Ordnungen und Beamten. Und umgekehrt pflegt fast jeder Vergesellschaftung ein über den Umkreis ihrer rationalen Zwecke hinaus übergreifendes („vergesellschaftungsbedingtes“) Einverständnishandeln zwischen den Vergesellschaftetenb zu entspringen. Jeder Kegelklub hat für das Verhalten der Teilnehmer zueinander „konventionelle“ Konsequenzen, d. h. er stiftet außerhalb der Vergesellschaftung liegendes an „Einverständnis“ orientiertes Gemeinschaftshandeln. Der einzelne Mensch ist nun bei seinem Handeln fortwährend an zahlreichem und immer anderem Gemeinschaftshandeln, Einverständnishandeln und Gesellschaftshandeln beteiligt. Sein Gemeinschaftshandeln kann denkbarerweise in jedem einzelnen Akt auf einen anderen Umkreis fremden Handelns und auf andere Einverständnisse und Vergesellschaftungen sinnhaft bezogen sein. Je zahlreicher und mannigfaltiger nach der Art der für sie konstitutiven Chancen nun die Umkreise sind, an denen der einzelne sein Handeln rational orientiert, desto weiter ist die „rationale gesellschaftliche Differenzierung“ vorgeschritten, je mehr es den Charakter der Vergesellschaftung annimmt, desto weiter die „rationale gesellschaftliche Organisation“. An einer Vielzahl von Arten des Gemeinschaftshandelnsc kann dabei der einzelne natürlich auch durch ein und denselben Akt seines Handelns beteiligt sein. Ein Tauschakt, den jemand mit X, dem Bevollmächtigten von Y, vollzieht, der etwa seinerseits „Organ“ eines Zweckvereins ist, enthält b A: Vergesellschaften   c A: Gemeinschaftshandeln 31  Gemeint ist die Accademia della Crusca, ein in Florenz 1582 gegründeter Verein, der sich mit seiner Satzung das Ziel setzte, die italienische Sprache zu reinigen und von fremden Einflüssen frei zu halten.

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1. eine Sprach- und 2. Schriftvergesellschaftung, 3. eine Tauschvergesellschaftung mit X persönlich, 4. eine solche mit Y persönlich, 5. eine solche mit dem Gesellschaftshandeln der an jenem Zweckverein Beteiligten; 6. ist der Tauschakt in seinen Bedingungen an den Erwartungen des potentiellen Handelns anderer Tauschreflektanten (Konkurrenten von beiden Seiten) und an den entsprechenden Legalitätseinverständnissen mit orientiert usw. Eine Handlung muß zwar Gemeinschaftshandeln darstellen, um Einverständnishandeln zu sein, nicht aber um einverständnisorientiert zu sein. Jede Disposition über Vorräte und Besitztümer eines Menschen ist, ganz abgesehen davon, daß sie normalerweise erst durch die Chance des Schutzes, welchen der Zwangsapparat der politischen Gemeinschaft gewährt, möglich wird, auch dann und soweit einverständnisorientiert, als sie im Hinblick auf die Möglichkeit der Veränderung der eigenen Vorräte durch Tausch nach außen erfolgt. Vollends eine geldwirtschaftliche „Privatwirtschaft“ umschließt eitel Gesellschafts-, Einverständnis- und Gemeinschaftshandeln. Nur der rein theoretische Grenzfall: die Robinsonade, ist von allem Gemeinschaftshandeln und daher auch von allem einverständnisorientierten Handeln völlig frei. Denn sie ist sinnhaft lediglich auf die Erwartungen des Verhaltens der Naturobjekte bezogen. Ihre bloße Denkbarkeit genügt daher, um deutlich zu illustrieren: daß nicht alles „wirtschaftliche“ Handeln schon begrifflich Gemeinschaftshandeln in sich schließt. Der Sachverhalt ist vielmehr ganz generell der: daß gerade die begrifflich „reinsten“ Typen in den einzelnen Sphären des Handelns jenseits des Gemeinschaftshandelns und der Einverständnisse liegen, auf dem Gebiet des Religiösen ebenso wie in der Wirtschaft, der wissenschaftlichen und künstlerischen Konzeption. Der Weg der „Objektivation“ führt nicht notwendig, freilich aber der Regel nach schnell zum Gemeinschaftshandeln und, wenn auch nicht notwendig immer, so doch in aller Regel speziell zum Einverständnishandeln.32 32  Hier kommt die Robinsonade nicht als – umstrittenes – Denkmittel der ökonomischen und soziologischen Theorie in den Blick. Sie motiviert Weber vielmehr zu der Bemerkung, daß nicht nur hinsichtlich der Ökonomie, sondern aller Wertsphären der spezifische Sinngehalt sich in seiner reinsten Form zeige, bevor er objektiviert und so für gesellschaftliche Handlungszusammenhänge bestimmend werde. Das ist ein paradox erscheinender, für die Verstehende Soziologie aber offenbar konstitutiver Gedanke.

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Ganz und gar nicht darf man, nach allem Gesagten, Gemeinschaftshandeln, Einverständnis und Vergesellschaftung etwa mit der Vorstellung eines „Mit- und Füreinander“ im Gegensatz zu einem „Gegeneinander“ identifizieren. Nicht nur selbstverständlich die ganz amorphe Vergemeinschaftung, sondern auch „Einverständnis“ ist für uns durchaus nicht identisch mit „Exklusivität“ gegen andere. Ob ein Einverständnishandeln „offen“ ist, d. h. jederzeit jedem, der da will, die Beteiligung möglich ist, oder ob und in welchem Maße es „geschlossen“ ist, d. h. die Beteiligten die Teilnahme daran für Dritte, rein einverständnismäßig oder durch Vergesellschaftung, unmöglich machen, ist Frage des Einzelfalles. Eine konkrete Sprachgemeinschaft oder Marktgemeinschaft haben jeweils irgendwo (meist: flüssige)  Grenzen. D. h. jeweils kann normalerweise nicht jeder überhaupt existierende Mensch bei den „Erwartungen“ als – aktueller und potentieller – Teilhaber des Einverständnisses in Betracht gezogen werden, sondern nur eine, oft höchst unbestimmt zu begrenzende, Vielheit. Aber die Sprachgemeinschaftsbeteiligten z. B. haben normalerweise kein Interesse am Ausschluß Dritter vom Einverständnis (wohl natürlich, je nach Umständen, an einer konkreten Konversation), und auch die Markt­ interessenten sind oft gerade an der „Erweiterung“ des Marktes interessiert. Dennoch können sowohl eine Sprache (als sakrale, ständische oder Geheimsprache) wie ein Markt monopolistisch durch Einverständnis und Vergesellschaftung „geschlossen“ werden. Und andererseits kann selbst die normalerweise durch Vergesellschaftung geschlossene Beteiligung am spezifischen Gemeinschaftshandeln konkreter politischer Machtgebilde, gerade im Machtinteresse, weitgehend d[für „Einwanderer“]d offengehalten werden. Die am Einverständnishandeln Beteiligten können mit diesem ein gemeinsames gegen außen gerichtetes Interesse verfolgen. Aber dies ist nicht nötig. Einverständnishandeln ist nicht gleich „Solidarität“, und auch Gesellschaftshandeln ist keineswegs ein exklusiver Gegensatz zu demjenigen Gemeinschaftshandeln von Menschen, welches wir „Kampf“ nennen, d. h. – ganz allgemein – dem Streben, den eigenen Willen gegen einen widerstrebenden anderen, unter Orientierung an den Erwartungen des Verhaltens d–d  [ ] in A.

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des Andern, durchzusetzen. Der Kampf durchzieht vielmehr potentiell alle Arten von Gemeinschaftshandeln überhaupt. Inwieweit z. B. ein Akt der Vergesellschaftung den Ausdruck der Solidarität gegen Dritte oder ein Interessenkompromiß oder nur eine aus irgendwelchen Gründen den Beteiligten erwünscht gewesene Verschiebung der Kampfformen und Kampfgegenstände dem durchschnittlich (aber vielleicht individuell verschieden) subjektiv gemeinten Zweck nach praktisch bedeutet, ist Sache des Einzelfalls. Oft von jedem etwas. Es gibt keinerlei Einverständnisgemeinschaft, einschließlich der mit schrankenlosestem Hingabegefühl verknüpften, wie etwa erotischer oder charitativer Beziehungen, welche nicht, jenem Gefühl zum Trotz, rücksichtsloseste Vergewaltigung des anderen in sich schließen könnte. Und die Mehrzahl aller „Kämpfe“ schließt andererseits irgend ein Maß von Vergesellschaftung oder Einverständnis ein. Es liegt hier der bei soziologischen Begriffen häufige Fall vor, daß deren Tatbestände sich teilweise überdecken, und zwar vermöge der gleichen, nur von verschiedenen Gesichtspunkten aus angesehenen, Merkmale. Der von jeglicher Art von Vergemeinschaftung mit dem Gegner ganz freie Kampf ist nur ein Grenzfall. Von einem Mongolensturm etwa ausgehend, über die heutige, „völkerrechtlich“, sei es noch so prekär, mitbedingte Art der Kriegsführung, weiter über die ritterliche Fehde, wo die zulässigen Waffen und Kampfmittel geregelt werden („Messieurs les Anglais, tirez les premiers“),33 zum geregelten gerichtlichen Zweikampf und zur freundschaftlichen „Bestimmungsmensur“, die schon dem sportlichen „Wettkampf“ zugehört, finden wir stufenweise zunehmende Fragmente einer Einverständnis-Vergemeinschaftung der Kämpfer, und wo der gewaltsame Kampf in „Konkurrenz“, sei es um olympische Kränze oder Wahlstimmen oder sonstige Machtmittel oder um soziale Ehre oder Gewinn übergeht, vollzieht er sich durchaus auf dem Boden einer rationalen Vergesellschaftung, deren Ordnungen dabei als „Spielregeln“ dienen, welche die Kampfformen bestimmen, damit aber 33  In der Schlacht von Fontenoy 1745 soll der französische Leutnant auf die Aufforderung des englischen Offiziers, den Kampf zu beginnen, gesagt haben: „Non, Monsieurs, nous ne tirons jamais les premiers“, vgl. Carlyle, Thomas, Geschichte Friedrichs II. von Preußen genannt Friedrich der Grosse, 4. Band. – Berlin: Verlag der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei 1866, S.  126 f. Weber verwendet dieses Beispiel auch in: Weber, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus, MWG I/20, S.  234.

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auch die Kampfchancen verschieben. Die von Stufe zu Stufe zunehmende „Befriedung“ im Sinn des Zurücktretens physischer Gewaltanwendung schiebt diese nur zurück, ohne jemals den Appell an sie ganz auszuschalten. Nur ist im Verlauf der historischen Entwicklung ihre Anwendung zunehmend von dem Zwangsapparat einer bestimmten Art von Vergesellschaftung oder EinverständnisGemeinschaft: der politischen, monopolisiert und in die Form der geordneten Zwangsandrohung durch die Mächtigen und schließlich durch eine formell sich neutral gebärdende Gewalt verwandelt worden. Der Umstand, daß „Zwang“, physischer oder psychischer Art, irgendwie fast allen Vergemeinschaftungen zugrunde liegt, hat uns nun noch kurz, aber nur soweit als es zur Ergänzung der bisherigen idealtypischen Begriffe erforderlich ist, zu beschäftigen. VII.

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Ein Sachverhalt ist uns in den gelegentlich verwerteten Beispielen schon mehrfach begegnet und jetzt noch spezieller herauszuheben: der Fall nämlich, daß jemand „ohne sein Zutun“ an einer Einverständnisgemeinschaft beteiligt wird und bleibt. Das ist bei einem amorphen Einverständnishandeln – etwa des „Sprechens“ – etwas keiner weiteren Erörterung Bedürftiges. Denn Jeder ist jeweilig an ihm „beteiligt“, dessen jeweiliges Handeln der von uns als Merkmal angenommenen Voraussetzung (Einverständnis) entspricht. Aber nicht immer so einfach liegt es im übrigen. Es wurde oben als Idealtypus der „Vergesellschaftung“ der auf einer ausdrücklichen Vereinbarung von Mitteln, Zwecken, Ordnungen beruhende rationale „Zweckverein“ hingestellt. Dabei wurde nun schon festgestellt: daß und in welchem Sinn ein solcher als ein trotz des Wechsels der Beteiligten perennierendes Gebilde angesehen werden kann. Immerhin war noch vorausgesetzt, daß die „Beteiligung“ der Einzelnen: die im  Durchschnitt begründete Erwartung, daß Jeder sein Handeln an der Ordnung orientiere, auf besonderer rationaler Vereinbarung mit allen Einzelnen beruhe. Es gibt aber sehr wichtige Vergesellschaftungsformen, bei denen das Gesellschaftshandeln in weitgehendem Maße wie beim Zweckverein rational durch von Menschen geschaffene Satzungen nach Mitteln und Zwecken geordnet, also „vergesellschaftet“ ist und innerhalb deren dennoch

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geradezu als Grundvoraussetzung ihres Bestandes gilt: daß der Einzelne normalerweise in die Beteiligung am Gesellschaftshandeln und also in die Mitbetroffenheit von jenen Erwartungen der Orientiertheit seines Handelnse an jenen von Menschen geschaffenen Ordnungen ohne sein Zutun hineingerät. Das für sie konstitutive Gemeinschaftshandeln ist gerade dadurch charakterisiert: daß beim Vorliegen gewisser objektiver Tatbestände bei einer Person von dieser die Beteiligung am Gemeinschaftshandeln, insbesondere also die Orientierung ihres Handelns an den Ordnungen erwartet, und zwar im Durchschnitt deshalb mit Recht erwartet wird, weil die betreffenden Einzelnen empirisch als zur Teilnahme an dem für die Gemeinschaft konstitutiven Gemeinschaftshandeln „verpflichtet“ gelten und weil die Chance besteht, daß sie eventuell auch gegen ihren Widerstand dazu (sei es auch in noch so gelinder Form) angehalten werden durch einen „Zwangsapparat“. Die Tatbestände, an welche jene Erwartung in einem besonders wichtigen Fall: der politischen Gemeinschaft, sich knüpft, sind z. B. vor allem: Abstammung von bestimmten Personen oder Geburt und unter Umständen sogar bloßer Aufenthalt oder doch schon bestimmte Handlungen innerhalb eines bestimmten Gebiets. Die normale Art des Eintritts des Einzelnen in die Gemeinschaft ist dann: daß er in die Beteiligung „hineingeboren“ und „hineinerzogen“ wird. Wir wollen solche Gemeinschaften, bei denen dieser Sachverhalt, also: 1. im Gegensatz zum freiwilligen „Zweckverein“: die Zurechnung auf Grund rein objektiver Tatbestände unabhängig von Erklärungen der Zugerechneten, – 2. im Gegensatz zu den einer absichtsvollen rationalen Ordnung entbehrenden, in dieser Hinsicht also amorphen Einverständnisvergemeinschaftungen, die Existenz solcher rationaler von Menschen geschaffener Ordnungen und eines Zwangsapparates als einer das Handeln mitbestimmenden Tatsache, als „Anstalten“ bezeichnen. Nicht jede Gemeinschaft also, in die man normalerweise hineingeboren und -erzogen wird, ist „Anstalt“: nicht z. B. die Sprachgemeinschaft oder die Hausgemeinschaft. Denn beide entbehren derartiger rationaler Satzungen. Wohl aber diejenige Strukturform der politischen Gemeinschaft, welche man als „Staat“ und z. B. diejenige der religiösen, welche

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man im strengen technischen Sinn als „Kirche“ zu bezeichnen pflegt.  Wie das an einer rationalen Vereinbarung orientierte Gesellschaftshandelnf zum Einverständnishandeln, so verhält sich die Anstalt mit ihren rationalen Satzungen zum „Verband“. Als Verbandshandeln gilt uns ein nicht an Satzung, sondern an Einverständnis orientiertes, also: ein Einverständnishandeln, bei welchem 1. die Zurechnung des Einzelnen zur Teilnahme einverständnismäßig ohne sein eigenes darauf zweckrational gerichtetes Zutun erfolgt und bei welchem ferner 2. trotz des Fehlens einer darauf abgezweckten gesatzten Ordnung dennoch jeweils bestimmte Personen (Gewalthaber) einverständnismäßig wirksame Ordnungen für das Handeln der einverständnismäßig zum Verband gerechneten Beteiligten erlassen, wenn ferner 3. sie selbst oder andere Personen sich zur eventuellen Ausübung von physischem oder psychischem, wie immer geartetem, Zwang gegen einverständniswidrig sich verhaltende Teilnehmer bereit halten. Stets handelt es sich natürlich, wie bei allem „Einverständnis“, um durchschnittlich eindeutig verstandenen Sinngehalt und wandelbare Durch­schnitts­ chancen der empirischen Geltung. Die urwüchsige „Hausgemeinschaft“, bei welcher der „Hausherr“ – ebenso ein der rationalen Satzung entbehrendes „patrimoniales“ politisches Gebilde, bei welchem der „Fürst“, – ebenso eine Gemeinschaft eines „Propheten“ mit „Jüngern“, bei welcher der erstere, – eine nur einverständnismäßig bestehende religiöse „Gemeinde“, bei welcher etwa ein erblicher „Hierarch“ der Gewalthaber ist, – sind „Verbände“ von leidlich reinem Typus. Der Fall bietet prinzipiell sonst gegenüber dem anderweiten „Einverständnishandeln“ keine Besonderheiten, und dessen ganze Kasuistik ist sinngemäß darauf anwendbar. In der modernen Zivilisation ist nun fast alles Verbandshandeln mindestens partiell durch rationale Ordnungen – die „Hausgemeinschaft“ z. B. heteronom durch das von der Staatsanstalt gesatzte „Familienrecht“ – irgendwie geordnet. Der Übergang zur „Anstalt“ ist also flüssig. Dies umsomehr, als es andrerseits nur sehr wenige „reine“ Typen von Anstalten gibt. Denn je vielseitiger das sie konstituierende Anstaltshandeln ist, desto regelmäßiger ist jeweils nicht dessen Gesamtheit zweckrational durch Satzung geordnet. f A: Gesellschafthandeln

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Diejenigen Satzungen z. B., welche für das Gesellschaftshandeln politischer Anstalten – wir nehmen ad hoc an: durchweg zweckrational – geschaffen werden und den Namen „Gesetze“ führen, greifen, in aller Regel wenigstens, zunächst nur fragmentarisch Tatbestände heraus, deren rationale Ordnung von irgend welchen Interessenten jeweils erstrebt wird. Das tatsächlich den Bestand des Gebildes konstituierende Einverständnishandeln übergreift also nicht nur normalerweise ihr an zweckrationalen Satzungen orientierbares Gesellschaftshandeln, wie dies ja auch bei den meisten Zweckvereinen der Fall ist, sondern es ist auch normalerweise dem letzteren gegenüber das ältere. Das „Anstaltshandeln“ ist der rational geordnete Teil eines „Verbandshandelns“, die Anstalt ein partiell rational geordneter Verband. Oder – der Übergang ist soziologisch angesehen durchaus flüssig – die Anstalt ist zwar eine völlig rationale „Neuschöpfung“, aber doch nicht in einem gänzlich „verbandsleeren“ Geltungsbereich. Sondern es wird schon vorher bestehendes Verbandshandeln oder verbandsgeregeltes Handeln, z. B. unter „Annexion“ oder Vereinigung der bisherigen Verbände zur neuen Gesamtanstalt, vermittelst einer Serie von darauf gerichteten Satzungen entweder gänzlich neuen Ordnungen für das verbandsbezogene oder aber für das verbandsgeregelte Handeln oder für beides unterstellt; oder es wird nur ein Wechsel des Verbandes, auf den das Handeln nunmehr zu beziehen bzw. als durch dessen Ordnungen betroffen es anzusehen ist, oder nur ein Wechsel des Personals der Anstaltsorgane und speziell des Zwangsapparates vorgenommen. Die Entstehung neuer Anstalts-Satzungen jeder Art nun vollzieht sich durchweg, mag sie mit einem als „Neuschöpfung“ einer Anstalt zu betrachtenden Hergang verbunden sein oder im normalen Verlauf des Anstaltshandelns geschehen, nur in den allerseltensten Fällen durch autonome „Vereinbarung“ aller an demjenigen künftigen Handeln, für welches nach dem durchschnittlich gemeinten Sinn Loyalität gegenüber der Satzung erwartet wird, Beteiligten. Sondern fast ausschließlich durch „Oktroyierung“. Diese bedeutet: Bestimmte Menschen proklamieren eine Satzung als für das verbandsbezogene oder verbandsgeregelte Handeln geltend, und die Anstaltsgenossen (oder der Anstaltsmacht Unterworfenen) fügen sich dem tatsächlich mehr oder minder vollständig durch mehr oder minder eindeutige sinnhaft loyale Orientierung

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ihres Handelns daran. Das besagt: die gesatzte Ordnung tritt bei den Anstalten in empirische Geltung in Gestalt von „Einverständnis“. Dies ist auch hier wohl zu unterscheiden von „Einverstandensein“ oder so etwas wie „stillschweigender Vereinbarung“. Vielmehr ist es auch hier zu verstehen als die Durchschnittschance, daß die nach (durchschnittlichem) Sinnverständnis als von der oktroyierten Satzung betroffen „Gemeinten“ sie auch tatsächlich – begrifflich einerlei, ob aus Furcht, religiösem Glauben, Pietät gegen den Herrscher, oder rein zweckrationaler Erwägung oder welchen Motiven auch immer – praktisch als „gültig“ für ihr Verhalten behandeln, ihr Handeln also daran, im Durchschnitt im Sinn der Satzungsgemäßheit, orientieren werden. – Die Oktroyierung kann von „Anstaltsorganen“ durch ihr spezifisches, kraft Einverständ-­ nisses empirisch geltendes, satzungsgemäßes Anstaltshandeln A 290 geschaffen werden (autonome Oktroyierung), wie etwa die Gesetze einer nach außen ganz oder teilweise autonomen Anstalt (z. B. eines „Staats“). Oder sie kann „heteronom“, von außen her, z. B. etwa für das Gesellschaftshandeln der Genossen einer Kirche oder Gemeinde oder eines sonstigen anstaltsmäßigen Verbandes durch Oktroyierung seitens eines anderen, z. B. eines politischen Verbandes, erfolgen, der sich die an der heteronom geordneten Gemeinschaft Beteiligten in ihrem Gemeinschaftshandeln fügen. Die ganz überwältigende Mehrzahl aller Satzungen sowohl von Anstalten wie von Vereinen ist dem Ursprung nach nicht vereinbart, sondern oktroyiert, das heißt: von Menschen und Menschengruppen, welche aus irgendwelchem Grunde faktisch das Gemeinschaftshandeln nach ihrem Willen zu beeinflussen vermochten, diesem auf Grund von „Einverständniserwartung“ auferlegt. Diese faktische Macht der Oktroyierung kann nun ihrerseits als gewissen, persönlich oder nach Merkmalen bestimmten oder nach Regeln (z. B. durch Wahl) auszulesenden, Menschen zukommend einverständnismäßig empirisch „gelten“. Dann kann man diese empirisch geltenden, weil im faktischen Durchschnitt hinlänglich das Handeln der Beteiligten bestimmenden, Prätensionen und Vorstellungen von einer „geltenden“ Oktroyierungsgewalt die „Verfassung“ der betreffenden Anstalt nennen. Sie ist in sehr verschiedenem Umfang in rationalen ausdrücklichen Satzungen niedergelegt. Oft gerade die praktisch wichtigsten Fragen nicht, und zwar zuweilen auch, aus hier nicht zu erörternden Gründen, absichtlich nicht. Sat-

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zungen geben daher über die empirisch geltende, letztlich stets auf verbandsmäßigem „Einverständnis“ ruhende, Oktroyierungsgewalt nur unsicheren Aufschluß. Denn in Wahrheit ist natürlich die jeweils nur abschätzbare Chance: welchen Menschen, inwieweit und in welchen Hinsichten, sich letztlich die nach der üblichen Deutung jeweils gemeinten Zwangsbeteiligten praktisch durchschnittlich „fügen“ würden, der entscheidende Inhalt desjenigen „Einverständnisses“, welches die wirklich empirisch geltende „Verfassung“ darstellt. Die Urheber zweckrationaler Verfassungen können durch diese die Oktroyierung von bindenden Satzungen auch z. B. an die Zustimmung der Mehrheit der Genossen oder der Mehrheit gewisser nach bestimmten Merkmalen bezeichneter oder nach Regeln auszulesender Personen knüpfen. Auch das bleibt der Minderheit gegenüber natürlich durchaus eine „Oktroyierung“, wie die vielfach auch bei uns im Mittelalter verbreitet gewesene und z. B. im russischen Mir34 bis an die Schwelle der Gegenwart herrschende Auffassung noch nicht vergessen hatte: daß eine  „gültige“ Satzung eigentlich (trotz des offiziell schon bestehenden Majorisierungsprinzips) die persönliche Zustimmung aller derjenigen erfordere, die sie binden solle. Der Sache nach aber beruht jegliche Oktroyierungsmacht auf einem spezifischen, in seinem Umfang und seiner Art jeweils wechselnden Einfluß – der „Herrschaft“ – konkreter Menschen (Propheten, Könige, Patrimonialherren, Hausväter, Älteste oder anderer Honoratioren, Beamten, Partei- oder anderer „Führer“ von höchst wichtig verschiedenem soziologischem Charakter) auf das Verbandshandeln der Andern. Dieser Einfluß ruht wiederum auf charakteristisch verschiedenen Motiven, darunter auch auf der Chance der Anwendung von physischem oder psychischem Zwangg irgendwelcher Art. Aber auch hier gilt: daß das bloß an Erwartungen (insbesondere: „Furcht“ der Gehorchenden) orientierte Einverständnishandeln nur den relativ labilen Grenzfall bildet. Die Chance der empirischen Geltung des Einverständnisses wird auch g A: Zwangs 34  Der russische Mir bezeichnet die Gemeinsamkeit des Bodenbesitzes einer bäuerlichen Gemeinde. Die Teilhaber der Dorfgemeinschaft haben ein Nutzungsrecht am immer wieder neu umzuverteilenden Boden und die Pflicht, den ihnen zugewiesenen Teil auch zu bewirtschaften, da die Gemeinde als ganze bis Anfang des 20. Jahrhunderts für die Steuern zu haften hatte.

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hier unter sonst gleichen Umständen umso höher zu veranschlagen sein, je mehr im Durchschnitt darauf gezählt werden kann, daß die Gehorchenden aus dem Grunde gehorchen, weil sie die Herrschaftsbeziehung als für sich „verbindlich“ auch subjektiv ansehen. Soweit dies durchschnittlich oder annähernd der Fall ist, so weit ruht „Herrschaft“ auf dem „Legitimitäts“-Einverständnis. Die Herrschaft als wichtigste Grundlage fast alles Verbandshandelns, deren Problematik hier einsetzt, ist notwendig ein Objekt gesonderter[,] hier nicht zu erledigender Betrachtung. Denn für ihre soziologische Analyse kommt es entscheidend auf die verschiedenen möglichen, subjektiv sinnhaften, Grundlagen jenes „Legi­timi­ täts“-Einverständnisses an, welches überall da, wo nicht nackte Furcht vor direkt drohender Gewalt die Fügsamkeit bedingt, in grundlegend wichtiger Art ihren spezifischen Charakter bestimmt. Dies Problem kann aber nicht nebenbei erörtert werden, und daher muß hier der naheliegende Versuch, nun den hier beginnenden „eigentlichen“ Problemen der soziologischen Verbands- und An­stalts­theorie nahezutreten, unterbleiben. Der Weg der Entwicklung führt zwar im einzelnen immer wieder – wie wir dies früher sahen35 – auch von konkreten rationalen zweckverbandsmäßigen Ordnungen zur Stiftung von „übergreifendem“ Einverständnishandeln. Aber im ganzen ist, im Verlauf der für uns übersehbaren geschichtlichen Entwicklung, zwar nicht eindeutig ein „Ersatz“ von Einverständnishandeln durch Vergesellschaftung, wohl aber eine immer weitergreifende zweckrationale Ordnung des Einverständnishandelns durch Satzung und insbesondere eine immer weitere  Umwandlung von Verbänden in zweckrational geordnete Anstalten zu konstatieren. Was bedeutet nun aber die Rationalisierung der Ordnungen einer Gemeinschaft praktisch? Damit ein Kontorist oder selbst der Leiter eines Kontors die Vorschriften der Buchführung „kenne“ und sein Handeln an ihnen durch richtige – oder auch im Einzelfall, infolge von Irrtum oder Betrug, falsche – Anwendung orientiere, ist offenbar nicht erfordert, daß er die rationalen Prinzipien, an deren Hand jene Normen erdacht worden sind, gegenwärtig habe. Damit wir das Einmaleins „richtig“ anwenden, ist nicht notwendig, daß wir die algebraischen Sätze, welche z. B. der Subtrakti35  Oben, S.  427.

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ons-Maxime: „9 von 2 geht nicht, da borge ich mir 1“[,] zugrunde liegen, rational eingesehen haben. Die empirische „Geltung“ des Einmaleins ist ein Fall der „Einverständnisgeltung“. „Einverständnis“ und „Verständnis“ sind aber nicht identisch. Das Einmaleins wird uns als Kindern ganz ebenso „oktroyiert“ wie einem Untertan eine rationale Anordnung eines Despoten. Und zwar im innerlichsten Sinn, als etwas von uns in seinen Gründen und selbst Zwecken zunächst ganz Unverstandenes, dennoch aber verbindlich „Geltendes“. Das „Einverständnis“ ist zunächst also schlichte „Fügung“ in das Gewohnte, weil es gewohnt ist. Mehr oder minder bleibt es so. Nicht an der Hand rationaler Erwägungen, sondern an der Hand eingeübter (oktroyierter) empirischer Gegenproben stellt man fest, ob man einverständnismäßig „richtig“ gerechnet hat. Dies findet sich auf allen Gebieten wieder: so wenn wir einen elektrischen Trambahnwagen oder einen hydraulischen Lift oder eine Flinte sachgemäß benutzen, ohne von den naturwissenschaftlichen Regeln, auf denen ihre Konstruktion beruht, irgend etwas zu wissen, in welche selbst der Tramwagenführer und Büchsenmacher nur unvollkommen eingeweiht sein können. Kein normaler Konsument weiß heute aber nur ungefähr um die Herstellungstechnik seiner Alltagsgebrauchsgüter, meist nicht einmal darum, aus welchen Stoffen und von welcher Industrie sie produziert werden. Ihn interessieren eben nur die für ihn praktisch wichtigen Erwartungen des Verhaltens dieser Artefakte. Nicht anders steht es aber mit sozialen Institutionen, wie etwa dem Gelde. Wie dieses eigentlich zu seinen merkwürdigen Sonderqualitäten kommt, weiß der Geldgebraucher nicht, – da sich ja selbst die Fachgelehrten darüber heftig streiten. Ähnlich bei den zweckrational geschaffenen Ordnungen. Solange die Schaffung eines neuen „Gesetzes“ oder eines neuen Paragraphen der „Vereinsstatuten“ diskutiert wird, pflegen wenigstens die praktisch besonders stark davon berührten Interessenten den wirklich gemeinten „Sinn“ einer Neuordnung zu durch- schauen. Ist sie praktisch „eingelebt“, so kann dieser ursprünglich von den Schöpfern, mehr oder minder einheitlich, gemeinte Sinn so völlig vergessen oder durch Bedeutungswandel verdeckt werden, daß der Bruchteil der Richter und Anwälte, welche den „Zweck“, zu welchem verwickelte Rechtsnormen seinerzeit vereinbart oder oktroyiert worden sind, wirklich durchschauen, winzig ist, das „Publikum“ aber selbst die Tatsache des Geschaffenseins

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und der empirischen „Geltung“ der Rechtsformen und also der daraus folgenden „Chancen“ gerade soweit kennt, als zur Vermeidung der allerdrastischsten Unannehmlichkeiten unvermeidlich ist. Mit steigender Kompliziertheit der Ordnungen und fortschreitender Differenzierung des gesellschaftlichen Lebens wird dieser Tatbestand immer universeller. Am besten kennen zweifellos den empirisch geltenden Sinn von gesatzten Ordnungen, d. h. die durchschnittlich daraus, daß sie einmal geschaffen wurden und nun in einer bestimmten Art durchschnittlich interpretiert und durch den Zwangsapparat garantiert sind, mit Wahrscheinlichkeit folgenden „Erwartungen“ gerade diejenigen, welche planvoll einverständniswidrig zu handeln, sie also zu „verletzten“ oder zu „umgehen“ beabsichtigen. Die rationalen Ordnungen einer Vergesellschaftung, sei sie Anstalt oder Verein, werden also von den Einen zu bestimmten unter sich wieder vielleicht sehr verschieden gedachten Zwecken oktroyiert oder „suggeriert“. Von den Zweiten, den „Organen“ der Vergesellschaftung, werden sie – jedoch nicht notwendig in Kenntnis jener Zwecke ihrer Schaffung – mehr oder minder gleichartig subjektiv gedeutet und aktiv durchgeführt. Von den Dritten werden sie, soweit für ihre Privatzwecke absolut nötig, subjektiv in verschiedener Annäherung an jene Art der üblichen Durchführung gekannt und zum Mittel der Orientierung ihres (legalen oder illegalen) Handelns gemacht, weil sie bestimmte Erwartungen bezüglich des Verhaltens anderer (der „Organe“ sowohl wie der Anstalts- oder Vereinsgenossen) erwecken. Von den Vierten aber, und das ist die „Masse“, wird ein dem durchschnittlich verstandenen Sinn in irgend einer Annäherung entsprechendes Handeln „traditionell“ – wie wir sagen – eingeübt und meist ohne alle Kenntnis von Zweck und Sinn, ja selbst Existenz, der Ordnungen innegehalten. Die empirische „Geltung“ grade einer „rationalen“ Ordnung ruht also dem Schwerpunkt nach ihrerseits wieder auf dem Einverständnis der Fügsamkeit in das Gewohnte, Eingelebte, Anerzogene, immer sich Wiederholende. Auf seine subjektive Struktur hin angesehen, hat das Verhalten oft sogar überwiegend den Typus eines mehr oder minder annähernd gleichmäßigen Massenhandelns ohne jede Sinnbezogenheit. Der Fortschritt der gesellschaftlichen Differenzierung und  Rationalisierung bedeutet also, wenn auch nicht absolut immer, so im Resultat durchaus normalerweise, ein im ganzen immer weiteres Distan-

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zieren der durch die rationalen Techniken und Ordnungen praktisch Betroffenen von deren rationaler Basis, die ihnen, im ganzen, verborgener zu sein pflegt wie dem „Wilden“ der Sinn der magischen Prozeduren seines Zauberers. Ganz und gar nicht eine Universalisierung des Wissens um die Bedingtheiten und Zusammenhänge des Gemeinschaftshandelns bewirkt also dessen Rationalisierung, sondern meist das gerade Gegenteil. Der „Wilde“ weiß von den ökonomischen und sozialen Bedingungen seiner eigenen Existenz unendlich viel mehr als der im üblichen Sinn „Zivilisierte“. Und es trifft dabei auch nicht universell zu, daß das Handeln des „Zivilisierten“ durchweg subjektiv zweckrationaler ablaufe. Dies liegt vielmehr für die einzelnen Sphären des Handelns verschieden: ein Problem für sich. Was der Lage des „Zivilisierten“ in dieser Hinsicht ihre spezifisch „rationale“ Note gibt, im Gegensatz zu der des „Wilden“, ist vielmehr: 1. der generell eingelebte Glaube daran, daß die Bedingungen seines Alltagslebens, heißen sie nun: Trambahn oder Lift oder Geld oder Gericht oder Militär oder Medizin, prinzipiell rationalen Wesens, d. h. der rationalen Kenntnis, Schaffung und Kontrolle zugängliche menschliche Artefakte seien, – was für den Charakter des „Einverständnisses“ gewisse gewichtige Konsequenzen hat, – 2. die Zuversicht darauf, daß sie rational, d. h. nach bekannten Regeln und nicht, wie die Gewalten, welche der Wilde durch seinen Zauberer beeinflussen will, irrational funktionieren, daß man, im Prinzip wenigstens, mit ihnen „rechnen“, ihr Verhalten „kalkulieren“, sein eigenes Handeln an eindeutigen, durch sie geschaffenen Erwartungen orientieren könne. Und hier liegt das spezifische Interesse des rationalen kapitalistischen „Betriebes“ an „rationalen“ Ordnungen, deren praktisches Funktionieren er in seinen Chancen ebenso berechnen kann wie das einer Maschine. Davon an anderer Stelle. 

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Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Im Januar 1914 hatte im Verein für Sozialpolitik die im Herbst 1912 beschlossene interne Debatte zur Problematik der Wertfreiheit stattgefunden.1 Zu deren Vorbereitung war eine Broschüre verteilt worden, zu der 15 Vereinsmitglieder ein Thesenpapier beigesteuert hatten.2 Über diese Debatte gibt es keinen offiziellen Bericht, sie wurde als „Werturteilsstreit“ in der Nationalökonomie und den Sozialwissenschaften bekannt. Die Broschüre mit den Thesenpapieren war nicht in die Vereinsschriften aufgenommen oder anderweitig publiziert worden, das Recht zur Veröffentlichung der Einzelbeiträge stand indessen jedem Verfasser zu.3 Max Weber, der wesentlich am Zustandekommen der Debatte beteiligt gewesen war und auch eine schriftliche Stellungnahme für die Broschüre vorgelegt hatte,4 machte von diesem Recht Gebrauch und veröffentlichte eine überarbeitete Fassung seines Beitrags einige Jahre später in der Zeitschrift „Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur“ unter dem Titel „Der Sinn der ‚Wertfreiheit’ der soziologischen und ökonomischen Wissen­ schaf­ten“.5 Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die wissenschaftliche Arbeit zunächst unterbrochen, die Konzentration auf neue Arbeitsvorhaben unmöglich.6 Im Laufe der Zeit war Weber dann immerhin imstande, bereits vorliegende Texte wieder aufzugreifen und fortzuführen, vor allem seine reli­ gionssoziologischen Studien und später auch seinen Beitrag zur Werturteildiskussion.

1 Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, oben, S.  329–335. 2  Vgl ebd., oben, bes. S.  332. 3  Vgl. Protokoll der Sitzung des Ausschusses des Vereins für Sozialpolitik am 4. Januar 1914 im Preußischen Herrenhause in Berlin, BA Koblenz, Nl. Max Sering, Nr.  108, S.  1. 4  Vgl. Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, oben, S.  336–382. 5  Unten, S.  445–512. 6  Weber war in der Lazarettverwaltung als freiwilliger Reserveleutnant tätig und engagierte sich für einen Verständigungsfrieden und eine demokratische innere Neuordnung Deutschlands nach dem Krieg, vgl. als Überblick: Krumeich, Gerd und M. Rainer Lepsius, Einleitung in: MWG II/9, S.  1–18.

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Der Sinn der „Wertfreiheit“

Wann und wie die Absicht aufkam, den Vorkriegsbeitrag im „Logos“ zu publizieren, ist der überlieferten Korrespondenz nicht zu entnehmen. Ein erster indirekter Hinweis findet sich in der Verlagskorrespondenz vom 13. Mai 1917. Max Weber möchte wissen, ob „das nächste Logos-Heft bald gedruckt“ wird. 7 Aus der Antwort Paul Siebecks, daß dies noch im Juni und Juli geschehen könne, und Webers Mitteilung an den Verlag vom 24. Juli 1917 zur Korrektur der Überschrift des Aufsatzes: „‚Wertfreiheit’, nicht Wortfreiheit“,8 läßt sich schließen, daß Weber offensichtlich während dieser Monate das überarbeitete Manuskript zum Satz gegeben und bereits die Korrekturen vorgenommen hat. Offenbar waren die Korrekturen im September abgeschlossen, wie aus einer Mitteilung Max Webers an den Nationalökonomen Robert Wilbrandt hervorgeht: „Ich publiziere die Ausführungen aus dem ‚V[erein] f[ür] Soz[ial-] Pol[itik]‘ (‚Werturteile‘) stark erweitert soeben im ‚Logos‘ (schon korrigiert, wann das Heft aber erscheint, kann ich nicht garantieren, da ich nicht weiß, wann Siebeck Papier genug hat).“9 Das Logos-Heft erschien schließlich im November 1917.10 Aus dem Briefwechsel dieser Jahre mit dem Verleger lassen sich weitere Pläne Webers zur Veröffentlichung einiger seiner Schriften und Aufsätze ersehen. Neben einer „Gesammtausgabe“11 seiner religionssoziologischen Studien12 beabsichtigte er auch, einen Sammelband mit Aufsätzen zur Methodologie der Sozialwissenschaften herauszubringen. In diesen Band sollten neben den im „Archiv“, in „Schmollers Jahrbuch“ und im „Logos“ veröffentlichten Aufsätzen,13 auch die für den Verein für Sozialpolitik als Manuskript gedruckten Texte, nach denen verlangt werde und die vergriffen seien, enthalten sein.14 Zu den methodologischen Texten, die er in diesem „Son­der­

7  Vgl. die Karte Max Webers an den Verlag J. C. B. Mohr vom 13. Mai 1917, in: MWG II/9, S.  642. 8  Zur Antwort von Paul Siebeck an Max Weber vom 16. Mai 1917 vgl. ebd., S.  642, Hg.-Anm.  2, sowie Karte Max Webers an den Verlag J. C. B. Mohr vom 24. Juli 1917, in: MWG II/9, S.  725. 9 Brief Max Webers an Robert Wilbrandt vom 10. September 1917, in: MWG II/9, S.  776. 10  Vgl. die Editorische Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Werner Siebeck vom 1. Dezember 1917, in: MWG II/9, S.  829. 11  Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai 1917, in: MWG II/9, S.  648 f., hier S.  648. 12  Die postum erschienenen Bände Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bde. I-III. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920–1921 (MWG I/18, I/19, I/20 und I/21). 13  So z. B. Weber, Objektivität (erstmals 1904), Weber, Roscher und Knies I-III (erstmals 1903–1906), Weber, Kategorien (erstmals 1913); vgl. dazu auch die Erläuterung zum Brief Max Webers an Paul Siebeck vom 24. Mai 1917, in: MWG II/9, S.  649, Hg.Anm.  7. 14  Ebd., S.  649.

Editorischer Bericht

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band“15 zusammenstellen wollte, zählte Weber auch seinen überarbeiteten Beitrag zur Werturteildiskussion.16

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, der unter der Überschrift „Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften“, in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, hg. von Richard Kroner und Georg Mehlis unter Mitwirkung von Rudolf Eucken, Otto von Gierke, Edmund Husserl, Friedrich Meinecke, Heinrich Rickert, Georg Simmel, Ernst Troeltsch, Max Weber, Heinrich Wölfflin. – Tübingen: Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Band VII, Heft 1, 1917, S.  40–88 erschienen ist (B).17 Bei der Textfassung B von 1917 handelt es sich um die überarbeitete Fassung letzter Hand von Max Webers schriftlichem Beitrag zur Werturteildiskussion des Vereins für Sozialpolitik, abgedruckt in: Äußerungen zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik. Als Manuskript gedruckt. – o. O. 1913, S.  83–120 (A), der oben, S.  336–382, ediert ist. Die Abweichungen der Fassung A werden im textkritischen Apparat annotiert.18 Zur besseren Orientierung läuft die MWG-Paginierung als Randsigle mit. Als Textvariante nicht berücksichtigt wird die fragmentarisch überlieferte Fahnenkorrektur zur Fassung A, die oben, S.  345–347, wiedergegeben ist. Es wurde entschieden, beide Textfassungen getrennt abzudrucken, aber bei der Fassung letzter Hand (B) die Varianten von A im textkritischen Apparat wiederzugeben, um die Veränderungen im einzelnen zu dokumentieren. Für die Veröffentlichung 1917 hat Max Weber die Textfassung A in weiten Teilen übernommen, allerdings durchgängig überarbeitet. Es fehlt der streng gegliederte, thesenartige Aufbau, entfallen sind die Passagen, die sich direkt auf die interne Debatte des Vereins für Sozialpolitik beziehen (z. B. unten, S.  445, textkritische Anm.  b, S.  474, textkritische Anm.  o u. ö.). Neu hinzugefügt wurden längere Passagen über Ethik (unten, S.  467–470, textkritische Anm.  a), über Kunst(geschichte) und Musik (unten, S.  485–492, textkritische 15  Ebd., S.  648. 16  Vgl. Brief Max Webers an Werner Siebeck vom 1. Dezember 1917, in: MWG II/9, S.  829. 17  Der postume Abdruck erfolgte in dem von Weber geplanten und von Marianne Weber 1922 herausgegebenen Band der gesammelten methodologischen Schriften: Weber, Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S.  451–502. 18 Davon ausgenommen ist die unterschiedliche Darstellung von mathematischen Formeln y1, y2 (A 113) bzw. y1, y2 (B 77).

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Anm.  d), „Verstehen“ (unten, S.  501 f., textkritische Anm.  l) sowie der Schluß (unten, S.  506–512, textkritische Anm.  g). Verändert hat Weber auch die Terminologie, so z. B. von „handelnden“ zu „empirischen Menschen“ (unten, S.  460 mit textkritischer Anm.  l), „logisch“ zu „sinnhaft“ (unten, S.  473 mit textkritischer Anm.  a), oder von „‚Kulturidealen‘“ zu „‚Kulturwerten‘“ (unten, S.  466 mit textkritischer Anm.  q und t). Aus Platzgründen wurde hinsichtlich der Sacherläuterungen entschieden, bei Parallelkommentaren auf die ausführlichen Erläuterungen zur Textfassung von 1913, oben, S.  336–382, zu verweisen.

Erste Druckseite des Aufsatzes „Der Sinn der ‚Wertfreiheit‘ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften“ aus: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, Band VII, 1917

Der Sinn der „Wertfreiheit“ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften1).a

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bUnter

„Wertungen“ sollen nachstehend, wo nicht ein anderes gesagt oder von selbst ersichtlich ist, „praktische“ Bewertungen c 1) Umarbeitung eines für eine interne Diskussion im Ausschuß des „Vereins für B 40 Sozialpolitik“ 1913 erstatteten, als Manuskript gedruckten Gutachtens.1 Ausgeschaltet

a–a  A: Max Weber ; Index fehlt in A; in B folgt: Von Max Weber (Heidelberg).   b–b (S.  446)  A: Die nachfolgenden Bemerkungen beschränken sich ausdrücklich auf A 83 empirische Disziplinen, wie die uns fachlich interessierende Soziologie (einschließlich der „Politik“), Nationalökonomie (einschließlich der „Wirtschaftspolitik“), Geschichte (aller Arten, also ausdrücklich: einschließlich z. B. der Rechts-, Religions- und Kulturgeschichte) es sind. / I. / Nicht diskutieren möchte ich persönlich auch innerhalb dieses Rahmens bei der Ausschußverhandlung mit Andersgesinnten über folgende Punkte: / 1. Ob im Verein für Sozialpolitik Fragen der „Weltanschauung“, genauer praktisch-politische „Wertungen“ ihre Stätte haben sollen? / Denn es scheint mir unter uns allen festzustehen, daß er vornehmlich zu diesem Zwecke geschaffen wurde, bestanden hat und weiter bestehen soll. Er soll dies ganz in dem richtig verstandenen Sinne weiter tun, den seine Diskussionen auch bisher hatten. Er hat ausdrücklich auf „Resolutionen“ und ähnliches verzichtet, hat damit den Typus des „Religionsgesprächs“, bei dem ein Teil Ketzer sein muß, von ihnen ferngehalten, hat absichtlich die Heranziehung verschiedener, möglichst entgegengesetzter Standpunkte für Referate zum Grundsatz gemacht, und er hat damit seinerseits alle diejenigen Postulate erfüllt, welche wir an eine Diskussion von praktischen Wertungen stellen, – deren wissenschaftliches Ziel sein kann: die entscheidenden, nicht weiter reduzierbaren Axiome, auf welchen die entgegengesetzten Standpunkte ruhen, bloßzulegen, – so daß man wählen könne. Das Seltsame ist bei dieser Lage nur, daß ein Teil seiner Mitglieder diesen Sachverhalt theoretisch nicht zutreffend versteht, obwohl sie praktisch meist ihm gemäß gehandelt haben. „Propaganda“ zu machen beabsichtigt der Verein seit seiner Gründung ausschließlich für die nur sehr allgemein dahin zu formulierende Stellungnahme: daß man an Erscheinungen des Wirtschaftslebens, wenn man sie wertend betrachtet, auch andere Wertmaßstäbe anlegen dürfe, als  lediglich das geschäftliche Rentabilitätsinteresse der jeweili- A 84 gen Erwerbsunternehmungen. Ich sehe sonst gar nichts, was wirklich „gemeinsam“ wäre. Daß von seinen Gründern und Mitgliedern ein jeder gehofft haben wird, daß seine (von anderen Mitgründern oft stark divergierenden) Wertungen am hinreißendsten wirken würden, versteht sich hier wie sonst von selbst. Der Verein für Sozialpolitik war und ist ein Gebilde, innerhalb dessen in erster Linie praktisch-politische Fragen diskutiert worden sind und diskutiert werden sollen, unter hervorragender Beteiligung von Leuten, welche für deren Diskussion eine spezifische Voraussetzung: gelehrte Fachkenntnis der Tatsachen, mitbringen. Aber es wäre ein sehr schwerer Irrtum, zu glauben, daß gerade gelehrte Fachkenntnis eine spezifische Vorzugsqualität für die praktisch wertende Stellungnahme verleihe. Seine anscheinend weite Verbreitung macht es in der Tat erwünscht, daß man sich über den „Sinn“ des im Verein üblichen Diskutierens klar werde. Damit befassen sich die späteren Erörterungen. / Nicht diskutieren möchte ich für meine Person ferner: / 2.   c–c (S.  446)  Fehlt in A.   1  Gemeint ist: Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, oben, S.  336–382.

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einer durch unser Handeln beeinflußbaren Erscheinung als verwerflich oder billigenswert verstanden sein. Mit dem Problem der „Freiheit“ einer bestimmten Wissenschaft von Wertungen dieser Art, mit der Geltung und dem Sinn dieses logischen Prinzips also, in keiner Art identisch ist die ganz andere, kurz vorweg zu besprechende Frage:b Ob man im akademischen Unterricht sich zu seinen dethisch oder durch Kulturideale oder sonst weltanschauungsmäßig begründetend praktischen Wertungen „bekennen“ solle oder nicht.e fWissenschaftlich diskutierbar ist sie nicht.f Denn sieg ist selbst eine gänzlich von praktischen Wertungen abhängige hund eben deshalb unaustragbare Frageh. iVertreten sindi, um nurk die Extreme zu zitieren, sowohl:l a) der Standpunkt, daß zwarm dien Trennung rein ologisch erschließbarero und rein empirischer Sachverhalte einerseits,p von den praktischen,q ethischen oder welt­anschau­ungs­mäßigen,r Wertungen andererseits,s zu Recht bestehe, daß aber dennoch t(oder vielleicht sogar:u eben deshalb)t beide Kategorien von Problemen  auf das Katheder gehören, – wiea b) der Standpunkt, daß, auch wenn jeneb Trennung logisch nicht konsequent durchführbar sei, dennoch es sich empfehle, allec wurde möglichst alles nur diesen Verband Interessierende, erweitert die allgemeinen methodologischen Betrachtungen. Von andern für jene Diskussion erstatteten Gutachten ist dasjenige von Professor Spranger in Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft publiziert worden.2 Ich gestehe, daß ich diese Arbeit jenes auch von mir geschätzten Philosophen für merkwürdig schwach, weil nicht zur Klarheit gediehen, halte, vermeide aber jede Polemik mit ihm schon aus Raumgründen und lege nur den eigenen Standpunkt dar.c3  b–b (S.  445)  A: Die nachfolgenden Bemerkungen […] ferner: / 2.   d–d  A: ethischen, ästhetischen, weltanschauungsmäßigen oder anderen   e In A folgt nach ­einem Absatz: Ich bedaure die Hineinziehung dieses Problems.   f–f Fehlt in A.   g A: das   h–h  A: Frage, die eben deshalb unaustragbar ist   i–i  A: Denkbar ist nämlich  k  Fehlt in A.   l  In A folgt ein Absatz.   m  Fehlt in A.   n  In A folgt: logische  o–o A: logischer  p  Fehlt in A.   q  Komma fehlt in A.   r A: „weltanschauungsmäßigen“  s  Fehlt in A.   t–t  Klammern fehlen in A.   u Doppelpunkt fehlt in A.   a  In A folgt ein Absatz.   b A: die   c A: jene   c (S.  445)–c  Fehlt in A.   2 Gemeint ist: Spranger, Werturteile (1914), ein Wiederabdruck von: Spranger, Eduard, Die Stellung der Werturteile in der Nationalökonomie, in: Äußerungen zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik. Als Manuskript gedruckt. – o. O. 1913, S.  59–81. 3  In einem Brief an Heinrich Rickert vom 3. November [1915] kritisiert Weber Spranger ebenfalls und bezeichnet dessen Beitrag zur Werturteildiskussion „als miserables Gutachten über die ‚Werth’-Frage“, MWG II/9, S.  159 f., hier S.  159.

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praktischen Wertfragen im Unterricht möglichst zurücktreten zu lassen.d Der Standpunkt „b“ scheinte mir unannehmbarf. –g Insbesondere scheint mir die hfür unsere Disziplinenh nicht selten gemachte Unterscheidung praktischeri Wertungen in solche „parteipolitischen“ und solche anderen Charakters schlechterdings undurchführbar und nur geeignet, die praktische Tragweite der den Hörern suggerierten Stellungnahme zu verhüllen.j Die Ansicht vollends: daß dem Katheder die „Leidenschaftslosigkeit“ eignen müsse, folglich Dinge auszuscheiden seien, welche die Gefahr „temperamentvoller“ Erörterungen mit sich brächten, wäre, wenn man überhaupt einmal kauf dem Kathederk wertet, eine Bureaukratenmeinung, diel jeder unabhängige Lehrer zurückweisen müßte. Von denjenigen Gelehrten, welche sich die praktischenm Wertungen bei empirischen Erörterungen nicht versagen zu sollen glaubten, warenn gerade die leidenschaftlichsten – wie etwa Treitschke, in seiner Art auch Mommsen4 –o am ehesten zu ertragen. Denn pgerade durch diep Stärke der Affektbetontheit wird der Hörer wenigstens in die Lage versetzt, seinerseitsq die Subjektivität der Wertung des Lehrers in ihrem Einfluß auf einer etwaige Trübung seiner Feststellungens abzuschätzen und alsot für sich das zu tun, was dem Temperament des Lehrers versagt blieb. Dem echten Pathos bliebe so diejenige Wirkung auf die Seelen der Jugend gewahrt, welche – wie ich annehme – die Anhänger der praktischen Kathederwertungen ihnen gern sichern möchten, ohne daß der Hörer dabei zur Konfusion verschiedener Sphären miteinander verbildet würde, wie es d  In A folgt nach einem Absatz: Um nicht dem Vorwurf, mit der eignen Meinung zurückzuhalten, ausgesetzt zu sein, muß ich hier allerdings auf diese Fragen eingehen./ Zunächst also:   e A: schiene   f A: (subjektiv) unakzeptabel   g Gedankenstrich fehlt in A.   h–h  Fehlt in A.   i A: „praktischer“   j B: verhüllen,   k  Fehlt in A.   l A: welche – nach meiner subjektiven Ansicht –   m A: „praktischen“  n A: sind   o  In A folgt: gerade vom Standpunkt der prinzipiellen Trennung beider Sphären   p–p A: durch das Medium der unterschiedlichen   q  In A folgt: relativ leicht die Scheidung der verquickten Probleme vorzunehmen, also   r A: die   s A: empirischen Feststellung   t A: so   4  Weber geht hier vermutlich von seinen eigenen Erfahrungen mit den beiden im damaligen Berliner Universitäts- und öffentlichen Leben bekannten Historikern Heinrich von Treitschke und Theodor Mommsen aus, deren Vorlesungen er als Student besuchte. Vgl. dazu die Erläuterung zu Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion, oben, S.  338, Anm.  1.

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geschehen muß, wenn die Feststellung uempirischer Tatsachenu und adie Aufforderung zur praktischena Stellungnahme zu großen Lebensproblemen beideb in die gleiche kühlec Temperamentlosigkeit getaucht werdend. Der Standpunkt „a“ scheint emir, und zware vom eigenen subjektiven Standpunkt seiner etwaigen Anhänger aus,f dann und nur dann akzeptabel, wenn der akademische Lehrer sich zur unbedingteng Pflicht setzt, in jedem einzelnen Falle, auch auf die Gefahr hin, hseinen Vortragh dadurch reizloser zu gestalten, seinen Hörern und, was die Hauptsache, sich selbst unerbittlichi klar zu machen: was von seinen jeweiligen Ausführungen kentweder rein logisch erschlossen oder reink empirische Tatsachenfeststellung und was praktische Wertung ist. Dies lzu tunl allerdings scheint mir direkt ein Gebot der intellektuellen Rechtschaffenheit, wenn  man einmal die mFremdheit der Sphären zugibt; in diesem Fall ist esm das absolute Minimum des zu Fordernden. – Die Frage dagegen: ob man auf dem Katheder überhaupt (auch unter dieser Kautel) praktischn werten solleo oder nicht, ist ihrerseits eine solche der praktischen Universitätspolitik und deshalb  letztlich nur vom Standpunkt jenerp Aufgaben aus entscheidbar, welche der einzelne von seinenq Wertungen aus den Universitäten zuweisen möchte. Wer für rsie, undr damit für sich sselbst, krafts seiner Qualifikation zum akademischen Lehrert heute noch die universelle Rolle: Menschen zu uprägen, politische, ethische, künstlerische, kulturliche oder andereu Gesinnung zu propagieren, in Anspruch nimmt, wird zu ihr anders stehen, als derjenige, welcher die Tatsache (und ihre Konsequenzen) bejahen zu müssen glaubt: daß die aakademischen Hörsälea heute ihre wirklichb wertvollen Wirkungen cnun einmal nurc durch fachmäßige Schulung seitens fachmäßig Qualifizierter entfalten dund daß deshalb die „intellektuelle Rechtschaffenheit“ die einzige spezifische Tugend sei, zu der sie zu erziehen habend. Man kann den ersten Standpunkt aus eben-

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u–u A: reiner Faktizitäten   a–a A: das Provozieren praktischer   b A: beides  c  Fehlt in A.  d A: wird   e A: mir – vom   f A: aus –   g A: abso­ luten  h–h  A: seine Wertungen  i  In A folgt: (eventuell „pedantisch“)   k–k Fehlt in A.   l–l  Fehlt in A   m–m  A: logische Heterogenität zugibt, und also  n A: praktisch-politisch   o A: soll   p A: der   q A: seinen   r–r  A: sie (und   s–s A: selbst kraft   t A: Lehrer)   u–u  A: prägen und politische  a–a  A: Hochschulen   b  Fehlt in A.   c–c  Fehlt in A.   d–d  Fehlt in A.  

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soviele verschiedenen letztenf Positionen heraus vertreten wie den zweiten. Diesen letzteren insbesondere (den ich persönlich einnehme) gkann man ableiteng sowohl aus einer höchst überschwänglichen wie gerade umgekehrt auch aus einer durchaus bescheidenen Einschätzung der Bedeutung der „Fach“bildung. Z. B. nichth, weil man etwa wünschte, daß alle Menschen, im innerlichen Sinne, zu möglichst reinen „Fachmenschen“ werden möchten. Sondern gerade umgekehrt, weil man die letzten höchst persönlichen Lebensentscheidungen, die ein Mensch aus sich heraus zu treffen hat, nicht mit Fachschulung – wie hoch deren Bedeutung für die allgemeine Denkschulung nicht nur, sondern indirekti auch für die Selbstdisziplin und sittliche Einstellung des jungen Menschen gewertet werden möge – in denselben Topf geworfen und ihre Lösung kaus eigenem Gewissen herausk dem Hörer nichtl durch einem Kathedersuggestion abgenommen zu sehen wünscht. Das günstige Vorurteil Professor v. Schmollers für die Kathederwertung ist mir persönlich als Nachhall einer großen Epoche, die er und seine Freunde mit schaffen halfen, durchaus verständlich.5Aber ich meine: es könne auch ihm doch nschon der Umstand nichtn entgehen, daß zunächsto die prein tatsächlichenp Verhältnisse sich für die jüngere Generation in einem wichtigen Punkt erheblich geändert haben. Es war vor 40 Jahren in den Kreisen qder Gelehrtenwelt unserer Disziplinenq der Glaube weit verbreitet: daß auf dem Gebiet der praktisch-politischen Wertungen letztlich eine der möglichen Stellungnahmen die ethischr allein richtige sein müsse. (Schmoller selbst hat freilich diesen Standpunkt stets nur sehr eingeschränkt vertreten.)6 Dies nun ist heute gerade unter den Anhängern der Kathederwertungen, wie leicht festzustellen ist, nicht e A: ebenso viel   f A: „letzten“   g–g  Fehlt in A.   h  In A folgt: aus dem Grunde  i A: etwa   k–k  Fehlt in A.   l Fehlt in A.   m In A folgt: unvermerkte   n–n  A: kaum   o Fehlt in A.   p–p  Fehlt in A.   q–q  A: unserer Gelehrtenwelt  r A: „ethisch“   5  Max Weber bezieht sich auf den 1872 gegründeten Verein für Sozialpolitik und seine Gründungsmitglieder, zu denen neben Gustav Schmoller, die Nationalökonomen Lujo Brentano, Johannes Conrad, Bruno Hildebrand, Wilhelm Roscher und Adolph Wagner gehörten. Weiteres dazu oben, S.  340, Anm.  2. 6 Zur Position des langjährigen Vereinsvorsitzenden Gustav Schmoller vgl. oben, S.  340, Anm.  3 mit dem Hinweis auf dessen programmatische Rektoratsrede von 1897: Schmoller, Wechselnde Theorien (wie oben, S.  186, Anm.  2), bes. S.  338, 341.

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mehr der Fall. Nicht mehr die ethische Forderung, deren (relativ) schlichte Gerechtigkeitspostulate sowohl in der Art ihrer letzten Begründung wie in ihren Konsequenzen (relativ) einfach und vor allem (relativ) unpersönlich, weil unzweideutig spezifisch überpersönlich, geartet steils waren teils zu sein schienen, ist es, in deren Namen heute die Legitimität der Kathederwertungen gefordert wird. Sonderns (kraft einer unvermeidlichen Entwicklung) ein bunter Strauß von „Kulturwertungen“, in Wahrheit: vont subjektiven Ansprüchen an die Kultur, oder ganz offen: das angebliche „Recht der Persönlichkeit“ des Lehrersu. Man mag sich nun über den Standpunkt entrüsten, aber man wird ihn – und zwar deshalb, weil auch er eben eine „praktische Wertung“ enthält – wohla nicht widerlegenb können: daß von allen Arten der Prophetie die in diesem Sinne „persönlich“ gefärbte Professoren-Prophetie cdie einzige ganz und gar unerträgliche ist. Es ist doch ein beispielloser Zustand, wenn zahlreiche staatlich beglaubigtec Propheten, welched nicht auf den Gassen oder in den Kirchen oder sonst in der Öffentlichkeit, oder, wenn privatim, dann in persönlich ausgelesenen Glaubenskonventikeln, die sich als solchee bekennen, predigen,f sondern in der angeblich objektiven, gunkontrollierbaren, diskussionslosen und alsog vor allem Widerspruch sorgsam geschützten Stille des vom Staat privilegierten Hörsaals „im Namen der Wissenschaft“ maßgebendeh Kathederentscheidungen überi Weltanschauungsfragen zum besten kzu geben sich herausnehmenk. Es ist ein alter, von Schmoller bei einer gegebenen Gelegenheit scharf vertretener Grundsatz: daß die Vorgänge in den Hörsälen der öffentlichen Erörterung entzogen bleiben sollen. Obwohl nunl die Ansicht möglich ist, daß dies mgelegentlich, auchm auf empirischwissenschaftlichem Gebiet, gewisse Nachteile haben könne, nimmt man offenbar und nehme auch ich an: daß die „Vorlesung“ eben etwas anderes als ein „Vortrag“n sein solle, daß die unbefangene Strenge, Sachlichkeit, Nüchternheit der Kollegdarlegung unter dem Hineinreden der Öffentlichkeit, z. B. der Presse-Öffentlichkeit, zum s–s  A: waren, sondern   t  Fehlt in A.   u  In A folgt: sind es, in deren Namen heute die Freiheit der Kathederwertung gefordert wird   a  Fehlt in A.   b A: „widerlegen“  c–c  zahlreicher offiziell beglaubigter   d A: die   e In A folgt: fühlen und  f Fehlt in A.   g–g  A: unkontrollierbaren diskussionslosen,   h Fehlt in A.  i A: von   k–k  A: geben, die einzige ganz und gar unerträgliche ist   l Fehlt in A.   m–m  A: gelegentlich auch,   n A: „öffentlicher Vortrag“ oder ein „Essay“  

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Schaden des pädagogischen Zweckes leiden könne. Allein ein solches Privileg der Unkontrolliertheit scheint doch jedenfalls nur für den Bereich der rein fachlichen Qualifikation des Professors angemessen. Für persönliche Prophetieo  aber gibt es keine Fachqualifikation und darf es daher auch nicht jenesp Privileg qgeben. Vor allem aber darf sie nicht dieq bestehende Zwangslage des Studenten, um seines Fortkommensr im Leben willen bestimmte Lehranstalten sund also: deren Lehrer,s aufsuchen zu müssen, dazu ausbeutent, um ihm neben dem, was er hierzu braucht: Weckung und Schulung seiner Auffassungsgabe und seines Denkens, und daneben: Kenntnisse, auch noch, vor jedem Widerspruch sicher, die eigene zuweilen gewiß ganz interessante (oftu auch recht gleichgültigea) sogenannte „Weltanschauung“ einzuflößen. Für dieb Propaganda cseiner praktischen Idealec stehen dem Professor, ebenso,d wie jedermann sonste, andere Gelegenheiten zu Gebot,f und wenn nicht, so kann er sie sich  in geeigneter Form leicht schaffen, wie bei jedem ehrlichen Versuch dazu die Erfahrung beweist. Aber der Professor sollteg nicht den Anspruch erheben, als Professor den Marschallstab des Staatsmanns (oder des Kulturreformers) im Tornister zu tragen, wie er tut, wenn er die Sturmfreiheit des Katheders für staatsmännische (oder kulturpolitische) Sentiments benutzt. In der Presse, in Versammlungen, Vereinen, Essays, in jeder jedem anderen Staatsbürger ebenfalls zugänglichen Form mag (und: soll) er tun, was sein Gott oder Dämon ihn heißt. Was aber heute der Student im Hörsaal doch vor allen Dingen von seinem Lehrer lernen sollte, ist: 1. die Fähigkeit, sich mit der schlichten Erfüllung einer gegebenen Aufgabe zu bescheiden; – 2. Tatsachen, auch und gerade persönlich unbequeme Tatsachen, zunächst einmal anzuerkennen und ihre Feststellung von hder bewertendenh Stellungnahme dazu zu scheiden; – 3. seine eigene Person hinter die Sachei zurückzustellen und alsok vor allem das Bedürfnis zu unterdrücken: seine persönlichen Geschmacks- und sonstigen Empfindungen ungebetenl zur Schau zu stellen. Es scheint mir, daß dies heute ganz ungleich dringlicher ist, als es etwa vor vierzig Jaho A: Prophetien   p A: das   q–q  A: geben: die nun einmal   r A: „Fortkommens“  s–s  Fehlt in A.   t A: auszubeuten   u  In A folgt: aber   a A: irrelevante  b A: deren   c–c Fehlt in A.   d Fehlt in A.   e Fehlt in A.   f A: Gebot  g A: muß   h  A: subjektiver   i A: „Sache“   k  Fehlt in A.   l  In A folgt: und sozusagen „unkeusch“  

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ren war, wo gerade dies Problem eigentlich gar nicht in dieser Form existierte. Es ist ja nicht wahr, – wie man behauptet hat –, daß die „Persönlichkeit“ in dem Sinn eine „Einheit“ sei und sein sollem, daß sie sozusagen in Verlust geraten müßte, wenn man ihrer nicht bei jeder Gelegenheit ansichtig wird. Bei jeder beruflichenn Aufgabe verlangt odie Sacheo als solche ihr Recht und will nach ihren eigenen Gesetzen erledigt sein. Bei jeder beruflichen Aufgabe hat der, welchem sie gestellt ist, sich zu beschränken und das auszuscheiden, was nicht streng pzur Sachep gehört, am meisten aber:q eigene Liebe und Haß. Und es  ist nicht wahr, daß eine starker Persönlichkeit sich darin dokumentiere, daß sies bei jeder Gelegenheit zuerst nach einer nur ihr eigenen ganz t„persönlichen Note“t fragt. Sondern es ist zu wünschen, daß gerade die jetzt heranwachsende Generation sich vor allen Dingen wieder an den Gedanken gewöhne: daß u„eine Persönlichkeitu zu sein“ etwas ist, was man nicht absichtsvoll wollen kann und daß es nur einen einzigen Weg gibt, um es (vielleicht!) zu werden: die rückhaltlose Hingabe an eine „Sache“, möge diese und die von ihr ausgehende „Forderung des Tages“7 nun im Einzelfall aussehen wie sie wolle. Es ist stilwidrig, in sachlichea Facherörterungen persönlicheb Angelegenheiten zu mischen. Und es heißtc den „Beruf“ seines einzigen heute wirklich noch bedeutsam gebliebenen Sinnes entkleiden, wenn man diejenige spezifische Art von Selbstbegrenzung, die er verlangt, nicht vollzieht. Ob aber der modische Persönlichkeitskult auf dem Thron, in der Amtsstube oder auf dem Katheder sich auszuleben trachtet,d – er wirkt äußerlich fast immer effektvoll, im innerlichsten Sinn aber überall gleich kleinlich, und er schädigt überall die Sache. Nun hoffe iche[,] nichtf besonders sagen zu müssen: daß mit dieser Art von Kultus des Persönlicheng, nur weil es „persönlich“

m A: „solle“   n A: „beruflichen“   o–o  A: „die Sache“   p–p  A: „zur Sache“  q A: aber   r A: „starke“   s In A folgt: (wie es die Folge sein würde)  t–t  A: persönlichen „Note“   u–u  A: eine „Persönlichkeit   a Fehlt in A.  b A: „persönliche“   c A: heißt,   d A: trachtet   e  In A folgt: nach dem oben schon Bemerkten   f  In A folgt: noch   g A: „Persönlichen“   7  Zitat aus Goethes „Wilhelm Meisters Wanderjahre“, in: Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Band 42, Abt. II. – Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger 1907, S.  167; vgl. dazu Weber, Wissenschaft als Beruf, MWG I/17, S.  71–111, hier S.  111 mit Hg.-Anm.  66.

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ist, gerade die hGegner, mit denen sich diese Darlegungen befassenh, ganz gewiß am allerwenigsten zu schaffen haben. iSie sehen teils die Kathederaufgabe in anderem Lichte, teils haben siei andere Erziehungsideale, die ich kachte, aber nicht teile. Indessen nicht nurk was sie wollenl, sondern wie das, was sie mit ihrer Autorität legitimieren, auf eine Generation mit meiner ohnehin unvermeidlich stark entwickeltenm Prädisposition zum Sichwichtignehmen wirken muß, istn zu erwägen. Schließlich: daß manche angeblicheo Gegner der (politischen)p Kathederwertungen gewiß am allerwenigsten dazu legitimiert sind, sich, zur Diskreditierung vonq außerhalb der Hörsäle in voller Öffentlichkeit sich vollziehenden rkulturund sozialpolitischenr Erörterungen, auf den von ihnen noch dazu ofts arg mißverstandenen Grundsatz der Ausscheidung der „Werturteile“ zu berufen, bedarft wohl kaum der besonderen Feststellung.u aDie unbezweifelbarea Existenz dieser pseudo-wertfreien, tendenziösen, dabei bin unserem Fachb durch die zähe und zielbewußte Parteinahme starker Interessentenkreise getragenen Elemente cmacht es unzweifelhaft verständlich, daß eine bedeutende Anzahl gerade innerlich unabhängiger Gelehrterc zurzeit bei der Kathederwertung dbeharren, weil sie jenese d Mimicry einer nur scheinbaren „Wertfreiheit“ mitzumachen fzu stolz sindf. Persönlich glaube ich, daß trotzdem das (nach meiner  Meinung) Richtige  geschehen sollte und daß das Gewicht der praktischen Wertungen eines Gelehrten dadurch, daß er ihre Vertretung auf die adäquaten Gele-

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h–h  A: Herren, welche vermutlich innerhalb des Ausschusses andere Ansichten vertreten werden, und denen die nachfolgenden sachlichen Beratungen entgegentreten  i–i  A: Die Älteren halten an der bei der ganz anderen Situation vor 40 Jahren höchst verständlichen Praxis fest, die Jüngeren haben wohl inhaltlich   k–k A: als solche achten, aber nicht teilen muß. Aber nicht   l A: wollen  m–m  A: unvermeidlicher  n A: möchte ich bitten   o A: (nicht: alle) der außerhalb des Vereins für Sozialpolitik oder in Gegnerschaft zu ihm stehenden angeblichen   p Fehlt in A.  q  In A folgt: der im Verein von jeher heimischen, ausdrücklich und offen praktisch-politischen Problematik gewidmeten,   r–r  Fehlt in A.   s A: zum Teil   t In A folgt: innerhalb unseres Kreises   u  In A folgt: Gerade die meisten unter ihnen leben ganz und gar von der Vertretung ihrer eigenen Wertungen, die dabei den Vorzug haben, der heutigen Interessenkonstellation und Mode besser „angepaßt“ zu sein. In A folgt ein Absatz.   a–a  A: In der   b–b  Fehlt in A.   c–c  A: kann m. E. eine wirklich entscheidende „Rechtfertigung“ dafür gefunden werden, daß auch die – im üblichen Sinne – „sozialpolitische“ Parteimeinungen vertretenden Gelehrten   d–d  A: beharren. Ich kann es sehr gut verstehen, daß in der Zeit der offenen oder verhüllten Interessenteneinflüsse gerade unabhängig gesonnene Gelehrte keine Neigung verspüren, jenes so praktische   e  Zu erwarten wäre: jene   f–f  Fehlt in A.  

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genheiten außerhalb des Hörsaals beschränkt, nurg wachsen würde, wenn man weiß, daß er die Strenge besitzt, innerhalb des Hörsaals nur das zu tun, was „seines Amtes“ ist. Indessen hdies alles sindh ja ieben ihrerseits praktische Wertungsfrageni und deshalbk unaustragbar. Jedenfalls wäre aber die prinzipielle Inanspruchnahme des Rechtes der Kathederwertung m. E. nur dann konsequent, wenn zugleich Gewähr dafür geschaffen würdel, daß alle Parteiwertungenm Gelegenheit hätten, sich auf dem Katheder Geltung zu verschaffen2).n Bei uns pflegt aber mit der oBetonung des Rechts auf Kathederwertungo geradezu das Gegenteil jenes Prinzips der gleichmäßigen Vertretung aller (auch der denkbar „extremsten“) Richtungen vertreten zu werden. Es war z. B. natürlich von Schmollers persönlichem Standpunkt aus konsequent, wenn er „Marxisten und Manchesterleute“ für disqualifiziert zur Innehabung von akademischen Lehrstühlen erklärte,8 obwohl geradep er nie die Ungerechtigkeit besessen hat, die wissenschaftlichen Leistungen zu ignorieren, welche gerade diesen Kreisen entstammen. Allein eben hier liegen dieq Punkte, in denen ich persönlich unserem verehrten Meister niemals folgen konnte. rMan darf doch offenbar nicht in einem Atem die Zulassung der Kathederwertung verlangen und – wenn die Konsequenzen gezogen werden sollen – darauf hinweisen, daß

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s 2) Dafürt genügt noch keineswegs das holländische Prinzip: Entbindung auchu der theologischen Fakultät voma Bekenntniszwang, aber Freiheit der Universitätsgründung im Falle der Sicherung der Geldmittel und der Innehaltung der Qualifikationsvorschriften für die Lehrstuhlbesetzung und privates Recht der Stiftung von Lehrstühlen mit Präsentationspatronat der Stifter.9 Denn das prämiiert nur den Geldbesitz und die bohnehin im Besitz der Macht befindlichenb autoritären Organisationen: cnur klerikalec Kreise haben bekanntlich davon Gebrauch gemacht.d  s 

g A: eher   h–h  A: sind dies alles   i–i  A: „praktische Wertungsfragen“   k Fehlt in A.   l A: werde   m A: Parteimeinungen   n  Index fehlt in A.   o–o  A: Vertretung der Kathederwertungsfreiheit   p Fehlt in A.   q Fehlt in A.   r–r (S.  455)  Fehlt in A.    s–s  Index fehlt in A; Textpassage in A im Haupttext.   t A: (Dafür  u  Fehlt in A.   a A: von allem   b–b  Fehlt in A.   c–c  A: die klerikalen  d A: gemacht).   8  Schmollers Diktum lautete: „Weder strikte Smithianer noch strikte Marxianer können heute Anspruch darauf machen, für vollwertig gehalten zu werden.“ Schmoller, Wechselnde Theorien (wie oben, S.  186, Anm.  2), S.  341. 9  Zu den Besonderheiten von Glaubensbekenntnis und Stiftungsrecht an den niederländischen Universitäten – mit Bezug auf Webers Äußerungen beim Hochschullehrertag 1909 in Leipzig – vgl. oben, S.  344, Anm.  5.

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die Universität eine staatliche Anstalt für die Vorbildung „staatstreu“ gesonnener Beamten sei. Damit würde man die Universität nicht etwa zu einer „Fachschule“ (was vielen Dozenten so degradierend erscheint), sondern zu einem Priesterseminar machen, – nur ohne ihr dessen religiöse Würde geben zu können. Nun hat man freilich gewisse Schranken rein „logisch“ erschließen wollen.r Einer unserer allererstene Juristen erklärte fgelegentlich, indemf er sich gegen gden Ausschlußg von Sozialisten von den Kathedern aussprach:h 10 wenigstens einen „Anarchisten“ würde auch er als Rechtslehrer nicht akzeptieren können, da der ja die Geltung des Rechts als solchen  überhaupt negiere, – und eri hielt dies Argument offenbar für durchschlagend. Ich bin der genauk gegenteiligen Ansicht. Der Anarchist kann sicherlich ein lguter Rechtskundigerl sein. Und ist er das, dann kann gerade jener sozusagen archimedische Punkt außerhalb der uns so selbstverständlichen Konventionen und Voraussetzungen, auf die ihn seine subjektivem Überzeugung – wenn sie echtn ist – stellt, ihn befähigen, oin deno Grundanschauungen der üblichen Rechtslehre peine Problematikp   zu erkennen, die allenq denjenigen entgehtr, welchen jenes allzu selbstverständlich sind. tDenn dert radikalste Zweifel ist der Vater der Erkenntnis.u aDer Jurist hat so wenig die Aufgabe, den Wert jener Kulturgüter, deren Existenz an den Bestand von „Recht“ gebunden ist, zu „beweisen“, wie der Mediziner die Aufgabe hat, „nachzuweisen“, daß die Verlängerung des Lebens unter allen Umständen erstrebenswert sei. Beide sind dazu auch, mit ihren Mitteln, gar nicht imstande. Wollte man aber das Katheder zur Stätte praktischer Werterörterungen machen, dann wäre es offenbar Pflicht, gerade die prinzipiellsten Grundfragen der unger (S.  454)–r  Fehlt in A.   e A: allerersten, politisch streng konservativ gesonnenen  f–f A: auf einer Tagung des Hochschullehrertages (worin   g–g  A: die Exklusion  h A: aussprach):   i Fehlt in A.   k Fehlt in A.   l–l  A: sehr guter „Jurist“  m  Fehlt in A.   n  In A folgt: und praktisch bewährt   o–o  Fehlt in A.   p–p  A: als problematisch   q Fehlt in A.   r A: entgehen   s A: sie   t–t  A: Der  u  In A folgt ein Gedankenstrich und ein Absatz.   a–a (S.  456)  Fehlt in A.   10  Weber bezieht sich auf die Aussage des Strafrechtlers Adolf Wach auf dem Hochschullehrertag in Leipzig 1909, vgl. Verhandlungen des III. Deutschen Hochschullehrertages zu Leipzig am 12. und 13. Oktober 1909. Bericht erstattet vom engeren geschäftsführenden Ausschuß. – Leipzig: Verlag des Literarischen Zentralblattes für Deutschland 1910, S.  3–21, hier S.  9, sowie ausführlicher oben, S.  345, Anm.  7.

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hemmten Freiheit der Erörterung von allen Standpunkten aus freizugeben. Kann dies geschehen?a Gerade die entscheidenstenb und wichtigsten cpraktisch-politischen Wertfragenc sind heuted von den Kathedern deutschere Universitäten durch die Natur der politischenf Verhältnisse ausgeschlossen. Wem die Interessen der Nation über ausnahmslos allen ihren konkreten Institutionen stehen, für den bildetg es hz. B.h eine zentral wichtige Frage: obi die heute maßgebende Auffassung von der Stellung des Monarchen in Deutschland vereinbar ist mit kden Weltinteressen der Nationk und mitl denjenigen Mitteln: Krieg und Diplomatie, durch welche diese wahrgenommen werden?m Es sind nicht immer die schlechtesten Patrioten und auch keineswegs Gegner der Monarchie, welche heuten geneigt sind, diese Frage zu verneinen und an dauerndeo Erfolge auf jenen beiden Gebieten nicht zu glauben, solange hier nicht sehr tiefgehendep Änderungen eingetreten sind. Jedermann aber weiß, daß diese Lebensfragen der Nation auf deutschen Kathedern nicht in voller Freiheitq diskutiert werden können3).r Angesichts diesers Tatsache abert, daß gerade die praktisch-politisch entscheidenden Wertungsfragen der freienu Kathedererörterung dauernd entzogen sind, scheint es mir der Würde der Vertreter der Wissenschaft alleina zu entsprechen: auch  über solcheb Wertprobleme, die man ihnen zu behandeln cfreundlichst erlaubtc, zu schweigen. – Auf keinen Fall darf aber die d– unaustragbare, weil durch Wertung bedingte –d Frage: ob man im Unterricht praktische Wertungen vertreten dürfe, emüsse, sollee, irgendwie mit der rein logischen Erörterung der fRolle verquickt werden, welche Wertungen für empirische Disziplinen, wie die Soziologie und Nationalökonomie g 3) Das ist keine deutsche Eigentümlichkeit. In fast allen Ländern bestehen, offen oder verhüllt, tatsächliche Schranken. Nur die Art der dadurch ausgeschlossenen Wertprobleme ist verschieden.g 

a (S.  455)–a  Fehlt in A.   b A: verschiedensten   c–c A: Wertfragen aber   d A: nun  e A: staatlicher   f Fehlt in A.   g A: ist   h–h  Fehlt in A.   i In A folgt: z. B.   k–k  A: ihren Machtinteressen   l  Fehlt in A.   m A: werden.   n In A folgt: vielfach   o Fehlt in A.   p A: tiefgreifende   q In A folgt: unbefangen  r  Index fehlt in A.   s A: der   t  Fehlt in A.   u  Fehlt in A.   a A: am besten  b A: die   c A: „erlaubt“   d–d Fehlt in A.   e A: solle, müsse   f–f (S.  457)  A: Rolle, welche Wertungen für empirische Disziplinen spielen, verquickt werden  g–g  Fehlt in A.  

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es sind, spielenf.h Darunter imüßte sonsti die Unbefangenheitk der Diskussion des eigentlichen logischen Sachverhaltsl leiden, dessen Entscheidung an sich für jene Frage noch gar keine Anweisung mgibt, außerm der einen rein logisch geforderten: Klarheit und deutliche Trennung nder heterogenen Problemsphären durch den Dozenten.n Nichto diskutieren möchte ich ferner, ob die Scheidung von empirischer Feststellungp und praktischer Wertung „schwierig“ sei. Sie ist es. Wir alle, der unterzeichnete Vertreter qdieser Forderungq ebenso wie  andere, verstoßen immer wieder einmal dagegen. Aber wenigstens die Anhänger der rsogenannten ethischenr Nationalökonomie könnten wissen: daß auch das Sittengesetzs unerfüllbar ist, dennoch aber als „aufgegeben“ gilt. Und eine Gewissenserforschung könnte vielleicht zeigen, daß die Erfüllung des Postulats vor allem deshalb schwierig ist, weil wir es uns ungern versagen, auch das so interessante Gebiet der Wertungen, zumal mit der so anregenden „persönlichen Note“,t zu betreten. Jeder Dozent wird natürlich die Beobachtung machen, daß die Gesichter der Studenten sich aufhellen und ihre Mienen sich spannen, wenn er persönlich zu „bekennen“ anfängt, und ebenso, daß die Besuchsziffer seiner Vorlesungen durch die Erwartung, daß er dies tun werde, höchst vorteilhaft beeinflußt wird. Jeder weiß ferner, daß die Frequenzkonkurrenz der Universitäten ofta einem noch so kleinen Propheten, der die Hörsäle füllt, bei Vorschlägen gegenüber einem noch so erheblichen Gelehrten und sachlichen Lehrer die Vorhand gibt,b – es sei denn, daß die Prophetie cden, politisch oder konventionell, jeweils als normal angesehenen Wertungenc allzu entlegen wäre. Nur der pseudowertfreie Prophet der materiellen Interessentend ist, kraft des Einflusses dieser auf die epolitischen Gewaltene, auch f (S.  456)–f  A: Rolle […] verquickt werden  h  In A folgt: Jeder weiß: daß in jener – unaustragbaren – praktischen Frage jeder Dozent die eigene, oft langjährige Praxis vertreten wird, und niemand kann davon eine ersprießliche Auseinandersetzung erwarten. Es gibt einfach eine Janitscharenmusik der de pacti puris feststehenden, weil bewährten „Standpunkte“.   i–i  A: muß auch   k In A folgt: an   l A: Sachverhaltes  m–m  A: gibt (außer   n–n  A: heterogener Probleme). Im Gegensatz zu anderen Geschmacksrichtungen scheint mir persönlich überhaupt eine nur kraft persönlicher Wertung zu entscheidende Frage uninteressant. –   o  In A geht voraus: 3.   p A: Arbeit  q–q  A: dieses Postulats  r–r  A: „ethischen“  s A: „Sittengesetz“  t  Komma fehlt in A.   a  Fehlt in A.   b A: gibt;   c–c  A: der politisch oder konventionell jeweils als „normal“ angesehenen Meinung   d A: Großinteressenten  e–e  A: Regierungen  

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ihm an Chance überlegen. Ich halte dies alles für unerfreulich und möchte daher auch auf die Behauptung: daß die Forderung der Ausscheidung von praktischen Wertungenf „kleinlich“ sei, daß sie die Vorlesungen „langweilig“ machen würde, nicht eingehen. gIch lasse dahingestellt, ob Vorlesungen über ein empirisches Fachgebiet  vor allen Dingen „interessant“ zu sein bestrebt sein müsseng, fürchte aber meinerseits, daß hjedenfalls einh durch allzu interessantei persönliche Noten jerzielter Reizj den Studenten auf die Dauer denk Geschmack an schlichterl sachlicher Arbeit abgewöhnenm würde. Nichtn diskutieren ferner, sondern ausdrücklich anerkennen möchte ich: daß man gerade unter dem Schein der Ausmerzung aller praktischen Wertungen ganz besonders stark, nach dem bekannten Schema: „die Tatsachen sprechen zu lassen“, suggestiv solche hervorrufen kann. Die bessere Qualität unserer parlamentarischen und Wahlberedsamkeit wirkt ja gerade mit diesem Mittel,o – und für ihre Zwecke ganz legitim. Darüber, daß dies auf dem Katheder, gerade vom Standpunkt pder Forderungp jener Scheidung aus, von allen Mißbräuchen der allerverwerflichste wäre, ist kein Wort zu verlieren. Daß aber ein illoyal erweckter Schein der Erfüllung eines Gebotesq sich für die Wirklichkeitr ausgeben kann, bedeutet doch keine Kritik des Gebotess selbst. Dieses aber geht gerade dahin: daß, wenn der Lehrert praktische Wertungenu sich nicht versagen zu sollen  glaubt, er diese als solche aden Schülerna und sich selbst absolut deutlich mache.b cWas schließlich am allerentschiedensten bekämpft werden mußc, ist die nicht seltene Vorstellung: der Weg zur wissenschaftlif In A folgt: „parteiisch“ und    g–g  A: Denn ich finde sie nicht überzeugend   h–h  Fehlt in A.   i A: „interessante“   j–j  Fehlt in A.   k A: der  l A: schlichter,  m A: abgewöhnt werden   n  In A geht voraus: 4.   o A: Mittel   p–p  A: des Postulates   q A: Postulates   r A: Wirklichkeit  s A: Postulates   t  In A folgt: trotz aller Bedenken   u A: „Wertungen“   a–a  A: anderen   b  In A folgt nach einem Absatz: 5. Steril wäre es, wenn sich Andersdenkende vielleicht an den Ausdruck „subjektiv“ (den ich gelegentlich von „Wertungen“ brauchte) klammern wollten. Was in der empirischen Sphäre als „subjektiv“ zu behandeln ist, kann in einer anderen, hetero­genen, vielleicht normativ begründbar sein. Es steht aber fest, daß wir heute in der Wertungssphäre zum mindesten auch mit solchen Wertungen zu tun haben, die ihrer­seits selbst „normative“ Begründbarkeit für sich gar nicht beanspruchen. Die Abgrenzung beider wäre eine Angelegenheit, welche jedenfalls nicht unsere Disziplin neben­her erledigen könnte. In A folgt ein Absatz.   c–c A: 6. Was ich am allerentschiedensten bekämpfe  

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chend „Objektivität“ werde durch ein Abwägene der verschiedenen Wertungen gegeneinander und ein „staatsmännisches“ Kompromiß zwischen ihnen betreten. Dief „mittlere Linie“ ist nicht nur gmit den Mitteln empirischer Disziplineng genau ebenso wenig wissenschaftlichh beweisbar, wie die „extremsten“ Wertungeni. Sondernk in der Wertungssphäre wäre gerade sie normativ lam allerwenigstenl eindeutig. Auf das Katheder gehört sie nicht, – sondern in die mpolitischen Programme, Bureaus und Parlamentem. Die Wissenschaften, normative und empirische, können den politisch Handelnden und den streitenden Parteien nur einen unschätzbaren Dienst leisten, nämlich ihnen zu sagen: 1. es sind die und die verschiedenenn „letzten“ Stellungnahmen zu diesem praktischeno Problem denkbar; – 2. so und so liegen die Tatsachen,p mit denen ihr bei qeurer Wahl zwischen diesenq Stellungnahmen zu rechnen habt. r– Damit sind wir bei unserer „Sache“.r Unendliches Mißverständnis und vor allem terminologischer, daher gänzlich steriler, Streit hat sichs an das Wort „Werturteil“ geknüpft, welches zur Sache offenbar gar nichts austrägt. Es ist t, wie eingangs gesagt,t ganz unzweideutig, daß es sich bei diesen Erörterungen ufür unsere Disziplinenu um praktische Wertungen  sozialer Tatsachen als, unter ethischen oder unter Kulturgesichtspunkten aoder aus anderen Gründena, praktisch wünschenswert oder unerwünscht, handelt. Daß die Wissenschaft 1. „wertvolle“, d. h. logisch und sachlich gewertetb, richtige und 2. „wertvolle“, d. h. im Sinne des wissenschaftlichen Interesses wichtige Resultate zu erzielen wünscht, daß ferner schon die Auswahl des Stoffes eine „Wertung“ enthält – solche Dinge csind trotz alles darüber Gesag-

d  Fehlt in A.   e A: „Abwägen“   f  In A folgt: jeweilige, aus dem Kräfteverhältnis und aus den höchst konkret bedingten Wertungen derjenigen, die die Macht haben, sich ergebende  g–g  A: empirisch  h A: als geltensollend   i  In A folgt: beider Teile  k In A folgt: auch   l–l  A: unter keinen Umständen   m–m  A: Bureaus  n  In A folgt: möglichen   o  Fehlt in A.   p  In A folgt: insbesondere die faktischen Konsequenzen und die Mittel,   q–q  A: eueren eigenen   r–r  Fehlt in A; in A folgt stattdessen ein Absatz und die Zwischenüberschrift: II. , danach eine Textpassage, die weitgehend in Fn.  4 (unten, S.  460) übernommen worden ist. In A folgt ein weiterer Absatz.   s In A folgt: nun  t–t  A: doch   u–u  Fehlt in A.   a–a  Fehlt in A.   b A: „gewertet“   c–c (S.  460)  A: (die wenigstens von mir schon in jenen Aufsätzen ausführlich erörtert waren) sind trotzdem  

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tenc 4)d allen Ernstes als „Einwände“ aufgetaucht. Nicht minder ist das fast unbegreiflich starke Mißverständnis: als ob ebehauptet würde, daß die empirische Wissenschafte „subjektive“ Wertungen fvon Menschenf nicht als Objekt behandeln könne (während gdoch die Soziologie, in der Nationalökonomie aber die gesamte Grenznutzenlehreg  11 auf der gegenteiligen Voraussetzung beruht)[,] himmer wiederh entstanden. Aber es handelt sich doch ausschließlich um die an sich höchst triviale Forderung: daß der Forscher und Darsteller die Feststellung empirischer Tatsachen (einschließlich des ivon ihm festgestellteni „wertenden“ Verhaltens der von ihm untersuchten empirischenk Menschen) und seine praktisch wertende, d. h. diese Tatsachen (einschließlich etwaiger zum Objekt einer Untersuchung gemachten „Wertungen“ von empirischenl Menschen) als erfreulich oder unerfreulich beurteilende, min diesem Sinn: „bewertende“,m Stellungnahme unbedingtn auseinanderhalten solle, weil es sich da nun einmal um heterogene Probleme handelt. Ino einer sonst wertvollen Abhandlung führt ein Schriftsteller aus: ein Forscher könne doch auch seine eigene Wertung als „Tatsache“ hinnehmen und nun daraus die Konsequenzen ziehen. 12

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p 4) qIch mußq mich auf das beziehen, was ich s. Z.r im „Archiv für Sozialwissenschaft“,s Band XIX, ferner Band XXII, XXIV, gesagt habe12 (die, wie recht wohl möglich ist, zuweilen ungenügende Korrektheit der Einzelformulierungen dürfte keinen zur Sache wesentlichen Punkt betreffen) und möchte für die „Unaustragbarkeit“ gewisser letzter Wertungen auf einem wichtigen Problemgebiet u. a. namentlich auf G[ustav] Radbruchs „Einführung in die Rechtswissenschaft“ (2. Aufl. 1913)13 verwiesen haben. Ich A 94 weiche in einigen Punkten  von ihm ab. Aber für das hier erörterte Problem sind sie nicht von Bedeutung.p 

d  Index fehlt in A.   e–e A: die Wirtschaftswissenschaft (oder gar: alle empirische Wissenschaft)   f–f  Fehlt in A.    g–g  A: die ganze Grenznutzenlehre doch   h–h  A: ebenfalls wiederholt   i–i Fehlt in A.   k Fehlt in A.   l A: handelnden  m–m  Fehlt in A.   n  Fehlt in A.   o A: Ferner: in   p–p  Index fehlt in A; Textpassage in A im Haupttext.   q  A: In der Sache selbst muß ich  r  A: Zt.   s  Komma fehlt in B. 11 Zur subjektiven Wertlehre und der Grenznutzlehre vgl. die Erläuterungen oben, S.  350, Anm.  10. 12  Weber verweist auf seine Aufsätze, die im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ erschienen sind: Weber, Objektivität (19. Band, 1904), Weber, Kritische Studien (22. Band, 1906) und Weber, Stammlers Überwindung (24. Band, 1907). 13  Radbruch, Einführung2.

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Das hiermit Gemeinte ist ebenso unbestreitbar richtig wie der gewählte Ausdruckt irreführend. Man kann natürlich sich vor einer Diskussion darüber einigen, daß eine bestimmteu praktische Maßregel: etwa die Deckung der Kosten einer Heeresvermehrung lediglich aus den Taschen der Besitzenden, „Voraussetzung“ der Diskussion seina und lediglich die Mittel, dies durchzuführen, zur Erörterung gestellt werden sollen. Das ist oft recht zweckmäßig. Aber eine solche gemeinsamb vorausgesetzte praktische Absicht  nennt man doch nicht eine „Tatsache“, sondern einenc „a priori feststehenden Zweck“. Daß das auch sachlich  zweierlei ist, würde sich dsehr baldd in der Diskussion der „Mittel“ zeigen, es sei denn, daß der alse undiskutabel „vorausgesetzte Zweck“ so konkret wäre, wief der: sich jetzt eine Zigarre anzuzünden. Dann sind freilichg auch die Mittel einerh Diskussion nur selten bedürftig. In fast jedem Falle einer allgemeiner formulierten Absichti, z. B. in dem vorhin als Beispiel gewählten, wird man dagegen die Erfahrung machen: daß bei der Diskussion der Mittel nicht nur sich zeigt,j daß die Einzelnen unter jenem vermeintlich eindeutigen Zweck ganz verschiedenes verstanden khaben. Sondernk insbesondere kann sich ergeben: daß der genau gleiche Zweck aus sehr verschiedenen letzten Gründen gewollt wird und daßl dies auf die Diskussion der Mittel von Einfluß istm. Doch dies beiseite. Denn daß man von einem bestimmten Zweck als gemeinsam gewollt ausgehen und nur die Mittel, ihn zu erreichen, diskutieren kann und daß dies dann eine rein empirisch zu erledigende Diskussion ergeben nkann – dasn ist wohl noch nie jemandemo zu bestreiten eingefallen. Aber gerade um die Wahl der Zweckep (und nicht:q der „Mittel“ bei fest gegebenem Zweck), gerade darum also, in welchem Sinn die Wertung, die der Einzelne zugrunde legt, eben nicht als „Tatsache“ hingenommen, sondern zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Kritik gemacht werden könne, dreht sich ja die ganze Erörterung. Wenn dies nicht festgehalten wird, so ist ralle weitere Auseinandersetzungr vergeblich. –

t In A folgt: direkt   u A: bestimmt   a A: sei,   b A: gemeinsame   c In A folgt: gemeinsam   d–d  A: auch  e  Fehlt in A.   f  In A folgt: etwa   g  Fehlt in A.  h A: der   i A: Ansicht   j A: zeigt:   k–k  A: haben, sondern   l Fehlt in A.   m A: sei   n–n  A: kann,  o  A, B: jemanden   p A: „Zwecke“   q A: nicht  r–r  A: alles weitere Reden  

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Gar nicht zur Diskussion ssteht eigentlichs die Frage: inwieweit praktische Wertungen, insbesondere also: ethische, ihrerseits normativet Dignität beanspruchen dürfen, also anderen Charakter haben, als z. B. die ueinmal als Beispiel angeführte Frage: ob Blondinen den Brünettenu 14 vorzuziehen seien,v oder als ähnlichw subjektive Geschmacksurteile. xDas sind Probleme der Wertphilosophie, nicht der Methodik der empirischen Disziplinen. Woraufx allein es yfür diese ankommt, ist: daß einerseitsy die Geltung eines praktischen Imperativs als Norm und andrerseitsa die Wahrheitsgeltung einer empirischenb Tatsachenfeststellung in absolutc heterogenen Ebenen der Problematik liegen und daßd der spezifischen Dignität jeder von beidene Abbruch getan wird, wenn man dies fverkennt und beide Sphären zusammenzuzwingen sucht.f gDies ist meines Erachtens in starkem Maße geschehen, insbesondereg durch Professor von Schmoller5).h  Gerade diei Verehrung für unseren Meister verbietet esk, diesel Punkte, wo ich glaube,m ihm nicht beipflichten zu dürfen, zu übergehen.n Zunächsto möchte  ich mich dagegen wenden, daß pden Anhängern der „Wertfreiheit“p die bloße Tatsache des historischen und 15

q 5) Inr seinem Aufsatz über dies „Volkswirtschaftslehre“ im tH[and]-W[örter-]B[uch] d[er] Staatswissenschaftent, neueste Auflage.u 15 q 

s–s  A: gestellt ist – wenigstens von meiner Seite –   t A: eine „normative“   u–u  A: Meinung: daß „Blondinen den Brünetten“   v A: seien   w A: ähnliche   x–x  A: Indem ich nur beiläufig bemerke, daß ich jene Dignität zu bestreiten in der Tat sehr weit entfernt bin, möchte ich umso nachdrücklicher auf das hinweisen, worauf   y–y  A: ankommt: daß   a  Fehlt in A.   b A: empischen   c A: gänzlich   d  Fehlt in A.  e In A folgt: schwerer   f–f  A: ignoriert. In A folgt ein Absatz.   g–g A: Ziemlich stark mißverstanden fühle ich persönlich mich speziell   h  Index fehlt in A.  i In A folgt: wissenschaftliche und persönliche   k In A folgt: mir   l In A folgt: (im Grunde we­nigen)   m  Komma fehlt in B.  n  Absatz fehlt in A.   o A: Nur nebenbei   p–p  Fehlt in A.   q–q  Index fehlt in A; Textpassage in A im Haupttext.  r A: (in   s Fehlt in A.   t–t  A: H.-W. d. St.-W. ; B: H.-W.B. d. Staatswissenschaft  u A: Auflage).   14  Diese vergleichende Exemplifizierung eines wissenschaftlich nicht entscheidbaren Werturteils hatte Werner Sombart schon auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik in Wien bei der Debatte über die Produktivität in der Volkswirtschaft angeführt, in: Verhandlungen VfSp 1909, S.   572. Weiteres dazu oben, S.   351 f., Anm.  11. 15  Gemeint ist der 1911 in der 3. Auflage des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften erschienene Artikel: Schmoller, Volkswirtschaft3.

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individuellen Schwankens der ajeweils geltendena wertenden Stellungnahmenb alsc Beweis für dden notwendigd nur „subjektiven“ Charakter ez. B. der Ethike gelte. Auch empirische Tatsachenfeststellungen sindf oft sehr gumstritten und darüberg, ob man jemanden für einen Schurken hzu halten habeh, kann oft eine wesentlich größere allgemeinei Übereinstimmung herrschen als (geradek bei den Fachleuten) etwa über die Frage der Deutung einer verstümmelten Inschrift. Die nach Schmollers Annahme zunehmende konventionelle Einmütigkeit aller Konfessionen und Menschen über die Hauptpunkte der praktischen Wertungen stehtl in schroffem Gegensatz zu meinemm entgegengesetzten Eindruckn. Allein daso scheint mir ohne Belang für die Sache. Denn was pjedenfalls zu bestreiten istp, wäre: daß man sich bei irgend einer solchen durch Konvention geschaffenen faktischen Selbstverständlichkeit gewisser noch so weit verbreiteter praktischer Stellungnahmen wissenschaftlich beruhigen dürfe. Die spezifische Funktion der Wissenschaft scheint mir gerade umgekehrt: daß ihr das konventionell Selbstverständliche zum Problem wird. Gerade dies haben jaq Schmoller und seine Freunde rselbst s. Z.r getan. Daß man ferner die kausales Wirkung des faktischen Bestehens gewisser ethischer oder religiöser Überzeugungen auf das Wirtschaftsleben untersucht und tunter Umständent hoch veranschlagt,u hat doch nicht etwa die Folge: daß man nuna jene kausal bvielleicht sehrb wirksam gewesenen Überzeugungen um deswillen auch zu teilen habe oder cauch nur für „wertvoll“c halten müsse d, wie umgekehrt durch Bejahung des hohen Werts einer ethischen oder religiösen Erscheinung nicht das geringste darüber ausgesagt ist, ob auch die ungewollten Folgen, die ihre Verwirklichung gehabt hat oder haben würde, mit dem gleichen positiven Wertprädikat zu versehen wärend. Über diese Fragen eist durch tatsächliche Feststellungen gar nichts auszumachene, und sie würde der Einzelne sehr vera–a  Fehlt in A.   b A: Stellungnahme mir   c  In A folgt: entscheidender  d–d  A: deren stets   e–e  Fehlt in A.   f In A folgt: ja   g–g  A: umstritten. Darüber   h–h  A: halten solle   i  Fehlt in A.    k A: (selbst und gerade   l  In A folgt: freilich  m A: dem   n  In A folgt: anderer  o  In A folgt: alles  p–p  A: ich jedenfalls bestreiten würde    q Fehlt in A.    r–r  A: s.  Zt.    s A: kausalen   t–t  Fehlt in A.   u A: veranschlagt – wie ich es in einem Einzelfall getan habe –   a Fehlt in A.   b–b  Fehlt in A.   c–c  A: jenen Einfluß etwa für „segensreich“  d–d  Fehlt in A.   e–e  A: habe ich gar nichts aussagen wollen  

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schieden beurteilen müssen, je nach seinen eigenen religiösen und anderen praktischen Wertungenf. gDas alles gehört gar nicht zur Streitfrage.g Dagegen bestreite ichh sehr nachdrücklichi: daß eine „realistische“ Wissenschaft vom Ethischen, d. h. die Aufzeigung der faktischen Einflüsse, welche die jeweiligk in einer Gruppe von Menschen vorwiegenden ethischen Überzeugungen durch deren sonstige Lebensbedingungen erfahren und umgekehrt wieder auf  diese geübt haben, ihrerseits eine „Ethik“ ergebel, welche jemals über das Geltensollende etwas aussagen könne. So wenig wie eine „realistische“ Darstellung der astronomischen Vorstellungen etwam der Chinesen, –n welche also aufzeigt, aus welchen praktischen Motiven und wie sie Astronomie betriebeno, zu welchen Ergebnissen und warum sie zu diesen kamen, –p jemals die Richtigkeit qdieser chinesischen Astronomieq zu erweisen zum  Ziele haben könnte. Und so wenig wie die Feststellung, daßr die römischen Agrimensoren oder die Florentiner Bankiers (die letzteren selbst bei Erbteilungen von ganz großen Vermögen) mit ihren Methoden srecht ofts zu Resultaten kamen, welche mit der Trigonometrie oder dem Einmaleins unvereinbar sind, etwa diet Geltung udieser letzterenu zur Diskussion stellt. Durcha empirisch-psychologische und historische Untersuchung eines bestimmten Wertungsstandpunktes auf seine individuelle, soziale, historische Bedingtheit hin bgelangt man nunc und nimmer jeb zu irgend etwas anderemd, als dazu: ihn verstehend zu erklären. Das ist enichts Geringes. Es iste nicht nur wegen des persönlichen (aber nicht wissenschaftlichen) Nebenerfolgs: dem fwirklich oder scheinbar Andersdenkendenf persönlich leichter „gerecht werden“ zu können, gerwünscht. Sonderng es ist auchh wissenschaftlich höchst wichtig 1. für den Zweck eineri empirischen Kausalbetrachtung kmenschlichen Handelnsk, um ldessen wirkliche letzten Motivel kennen zu lernen, 2. maber, f A: Überzeugungen   g–g  Fehlt in A.   h  In A folgt: nach wie vor   i  In A folgt: (und habe dabei Schmoller keineswegs mißverstanden – wie sein eigener Aufsatz zeigt)  k A: jeweiligen   l A: sei   m  Fehlt in A.   n  Gedankenstrich fehlt in A.  o A: betreiben   p Gedankenstrich fehlt in A.   q–q  A: der chinesischen „Astronomie“   r In A folgt: zuweilen   s A: zuweilen   t A: deren   u–u  Fehlt in A.    a A: Was ich also bestimmt bestreite ist: daß man durch   b–b  Fehlt in A.   c  Zu erwarten wäre: nie   d  In A folgt: gelange   e–e  Fehlt in A.  f–f A: Gegner  g–g A: erwünscht, sondern  h  Fehlt in A.  i A: der  k–k  Fehlt in A.   l–l  A: die wirklichen letzten Motive  m–m (S.  465)  Fehlt in A.  

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wenn man mit einem (wirklich oder scheinbar) abweichend Wertenden diskutiert,m für die Ermittlung der wirklichenn gegenseitigen oWertungsstandpunkte. Denn dies ist der wirkliche Sinn einero Wertdiskussion: dasp, was der Gegner (oder auch: man selbst) wirklich meint, d. h.: den Wert: auf den es qjedem der beiden Teileq wirklich rund nicht nur scheinbar,r ankommt, zu erfassen und so zu diesem Werts eine Stellungnahme tüberhaupt erstt zu ermöglichen. uWeit entfernt also, daß vom Standpunkt der Forderung der „Wertfreiheit“ empirischer Erörterungen aus Diskussionen von Wertungen steril oder gar sinnlos wären, ist gerade die Erkenntnis dieses ihres Sinnes Voraussetzung aller nützlichen Erörterungen dieser Art. Sie setzen gerade das Verständnis für die Möglichkeit prinzipiell und unüberbrückbar abweichender letzter Wertungen voraus.u Denna weder bedeutet „alles verstehen“ auch „alles verzeihen“16 noch führt überhaupt vom bloßen Verstehenb des fremden Standpunktes an sich ein Weg zu dessen cBilligung. Sondernc mindestens ebenso leicht, oftd mit weit höherer Wahrscheinlichkeit, zu der Erkenntnis: daß, warum und worüber, man sich nicht einigen könne. eGerade diesee Erkenntnis ist aberf eine  Wahrheitserkenntnis und geradeg ihr dienen „Wertungsdiskussionen“. Was man dagegenh auf diesem Wege ganz gewiß nicht gewinnt – weil es in der gerade entgegengesetzten Richtung liegt –[,] ist irgend eine normativei Ethik oder überhaupt die Verbindlichkeit irgend eines „Imperativs“. Jedermann weiß vielmehrk, daß ein solches Ziel durch die, zum mindesten dem Anschein nach, „relativierende“ Wirkung solcher Diskussionen eher erschwert wird. Damit ist natürlich nun wieder nicht gesagt: daß man um deswillen sie vermeiden solle. Im geraden Gegenteil. Denn eine „ethische“ Überzeugung, welche durch psychologisches „Verstehen“ abweichender Wertungen sich aus dem Sattel heben läßt, ist nur ebensoviel wert gewesen wie religiöse Meinungen, welche durch wissenschaftliche Erkenntnis m (S.  464)–m  Fehlt in A.   n  Fehlt in A.   o–o  A: Wertungsstandpunkte im Wege der  p A: um das   q–q  A: ihm   r–r  A: – nicht nur scheinbar –   s Fehlt in A.    t–t  Fehlt in A.    u–u  Fehlt in A.    a A: Aber    b A: „Verstehen“   c–c  A: Billigung, sondern   d A: ja   e–e  A: Diese   f Fehlt in A.   g Fehlt in A.   h A: aber   i A: „normative”   k A: doch   16 Eine auf Anne Louise Germaine de Staël zurückgehende Redewendung: „Tout comprendre c’est tout pardonner“.

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zerstört werden, wie dies ebenfallsl vorkommt. Wennm schließlich Schmollern annimmt,17 daß odie Verfechter der „Wertfreiheit“ der empirischen Disziplineno nur „formale“ ethische Wahrheiten (gemeint ist offenbar: im Sinn der Kritik der praktischen Vernunft) panerkennen könnten, so möge darauf – obwohl das Problem nicht unbedingt zur Sache gehört – mit einigen Erörterungen eingegangen sein. Zunächst ist die in Schmollers Auffassung liegendep Identifikation von ethischen Imperativen mit „Kulturwerten“q, auch den höchsten, abzulehnenr. sDenn ess kann einen Standpunkt geben, für den Kulturwertet „aufgegeben“ sind, auch soweit sie mit jeglicher Ethik in unvermeidlichem, unaustragbarem Konflikt liegen. uUnd umgekehrt ist eine Ethik, die alle Kulturwerte ablehnt, ohne inneren Widerspruch möglich.u Jedenfalls aaber sind beide Wertsphärena nicht identisch. bEbenso ist es einb schweres (freilich weitverbreitetes) Mißverständnisc, wenn geglaubt wirdd: „formale“ Sätze wie etwa die der Kantischen Ethik enthielten keine inhaltlichen Weisungen.e Die Möglichkeit einer normativen Ethik wird allerdingsf dadurch nicht in Frage gestellt, daß esg Probleme praktischer Art gibt, für welche sie aus sich selbst heraus keine eindeutigen Weisungen geben kann (und dahin gehören, wie ich glaube, in ganz spezifischer Art bestimmte institutionelle, daher gerade „sozialpolitische“ hProbleme) und daß fernerh die Ethiki nicht das Einzige ist, was auf der Weltk „gilt“, sondern daß neben ihr andere Wertsphären bestehen, deren Werte unter Umständen nur der realisieren kann, welcher ethische „Schuld“ auf sich nimmt. Dahinl gehört speziell die Sphäre politischen Handelns. Es wäre m. E. schwächlich, die Spannungen gegen das Ethische, welche mgerade

l  In A folgt: typisch   m A: In welchem Sinn   n  In A folgt: mit Recht oder Unrecht  o–o  A: ich persönlich   p–p  A: anerkenne, möchte ich nicht erörtern,  A 98 weil es eine mehr persönliche, die Erörterung wenigstens des jetzt hier diskutierten Problems nicht direkt berührende Angelegenheit ist. Nur gegen die   q A: „Kultur­ idealen“  r A: habe ich mich gewendet   s–s  A: Es   t A: Kulturideale   u–u  Fehlt in A.   a–a  A: ist beides   b–b A: Nur nebenbei sei gesagt: daß ich es für ein sehr  c In A folgt: halten würde   d A: würde   e In A folgt ein Gedankenstrich.  f  Fehlt in A.   g  In A folgt: 1.   h–h  A: Probleme), daß ferner 2.   i In A folgt: vielleicht   k  In A folgt: normativ   l A: Auch dahin   m–m (S.  467)  A: diese Sphäre   17  Vgl. die Erläuterung oben, S.  354, Anm.  15.

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siem enthält,n leugnen zu wollen. oAber es ist dies keineswegs, wie die übliche Entgegensetzung „privater“ und [„]politischer Moral“ glauben macht, nur ihr eigentümlich. – Gehen wir einige der vorstehend bezeichneten „Grenzen“ der Ethik durch.o Zu den von keiner Ethik eindeutig entscheidbaren Fragen gehörenp die Konsequenzen des Postulates der „Gerechtigkeit“. Ob man qz. B.q – wie dies wohl Schmollers seinerzeit geäußerten Anschauungen am ehesten entsprechen würde – dem, der viel leistet, auch viel schuldet, oder umgekehrt von dem, der viel leisten kann, auch viel fordert, ob man alsor z. B. im Namen der Gerechtigkeit (denn andere Gesichtspunkte s– etwa der des nötigen „Ansporns“ –s haben dann auszuscheiden) dem großen Talent auch große Chancen gönnen sollet oder ob man umgekehrt (wie Babeuf) die Ungerechtigkeit der ungleichen Verteilung der geistigen Gaben auszugleichen habe durch strenge Vorsorge dafür, daß das Talent, dessen bloßer Besitz ja schon ein beglückendes Prestigegefühl geben könne, nicht auch noch seine besseren Chancen in der Welt für sich ausnützen könne:u – dies dürfte aus „ethischen“ Prämissen unaustragbar sein. Diesem Typus entspricht aber die ethische Problematik der meisten sozialpolitischen Fragen. – aAber auch auf dem Gebiet des persönlichen Handelns gibt es ganz spezifisch ethische Grundprobleme, welche die Ethik aus eigenen Voraussetzungen nicht austragen kann. Dahin gehört vor allem die Grundfrage: ob der Eigenwert des ethischen Handelns – der „reine Wille“ oder die „Gesinnung“, pflegt man das auszudrücken – allein zu seiner Rechtfertigung genügen soll, nach der Maxime: „der Christ handelt recht und stellt den Erfolg Gott anheim“, wie christliche Ethiker sie formuliert haben.18 Oder ob die Verantwortung für die als möglich oder wahrscheinlich voraus-

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n In A folgt: nach Art eines allgemeinen Weltanschauungs-Bastiat   o–o Fehlt in A.  p  In A folgt: u. a. schon   q–q  Fehlt in A.   r A: etwa weiter   s–s  Fehlt in A.  t B: solle,   u A: möge   a–a (S.  470)  A: Ich kann mir aber nicht denken, daß eine Ausschußdebatte über Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer normativen Ethik, oder über  die Frage, ob sie nur „formale“ oder auch „inhaltliche“ Normen er- A 99 gründen könne (und vor allem: über den Sinn dieses gar nicht so einfachen Unterschiedes) irgendwelche erfreuliche Resultate zeitigen würde. Und ich habe seinerzeit den Nachdruck auf den von diesen schwierigen Problemen gänzlich unabhängigen, unbezweifelbaren Sachverhalt gelegt:   18  Max Weber bezieht sich hier vermutlich auf Luthers Genesis-Vorlesung, in der es heißt: „Fac tuum officium, et eventum Deo permitte.“ Das Zitat findet sich auch in „Politik als Beruf“ von 1919, MWG I/17, S.  157–252, S.  237 mit Hg.-Anm.  124.

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zusehenden Folgen des Handelns, wie sie dessen Verflochtenheit in die ethisch irrationale Welt bedingt, mit in Betracht zu ziehen ist. Auf sozialem Gebiet geht alle radikal revolutionäre politische Haltung, der sog. „Syndikalismus“ vor allem, von dem ersten, alle „Realpolitik“ von dem letzten Postulat aus. Beide berufen sich auf ethische Maximen. Aber diese Maximen liegen untereinander in ewigem Zwist, der mit den Mitteln einer rein in sich selbst beruhenden Ethik schlechthin unaustragbar ist. Diese beiden ethischen Maximen sind solche von streng „formalem“ Charakter, darin ähnlich den bekannten Axiomen der „Kritik der praktischen Vernunft“.19 Von diesen wird um dieses Charakters willen vielfach geglaubt, sie enthielten inhaltliche Weisungen zur Bewertung des Handelns überhaupt nicht. Das trifft, wie gesagt,  keineswegs zu. Nehmen wir absichtlich ein möglichst weit von aller „Politik“ abliegendes Beispiel, welches vielleicht verdeutlichen kann, welchen Sinn dieser vielberedete „nur formale“ Charakter jener Ethik eigentlich hat. Angenommen, ein Mann sagt mit Bezug auf seine erotische Beziehung mit einer Frau: „Anfänglich war unser beider Verhältnis nur eine Leidenschaft, jetzt ist es ein Wert“, – so würde die kühl temperierte Sachlichkeit der Kantischen Ethik die erste Hälfte dieses Satzes so ausdrücken: „Anfänglich waren wir beide einander nur Mittel“ – und damit den ganzen Satz als einen Sonderfall jenes bekannten Prinzips in Anspruch nehmen, welches man seltsamerweise gern als einen rein zeitgeschichtlich bedingten Ausdruck des „Individualismus“ hingestellt hat, während es in Wahrheit eine überaus geniale Formulierung einer unermeßlichen Vielheit ethischer Sachverhalte bedeutet, die man nur eben richtig verstehen muß. In ihrer negativen Fassung und in der Ausschaltung jeglicher Aussage darüber: was denn das positive Gegenteil der ethisch abzulehnenden Behandlung des anderen „nur als Mittel“ sei, enthält sie offensichtlich 1. die Anerkennung außerethischer selbständiger Wertsphären, – 2. die Begrenzung der ethischen Sphäre diesen gegenüber, – endlich 3. die Feststellung, daß und in welchem Sinn dem Handeln im Dienst außerethischer Werte dennoch Unterschiede der ethischen Dignität anzuhaften vermögen. Tatsächlich sind jene Sphären von Werten, welche die Behandlung des andern „nur als Mittel“ gestatten oder vorschreiben, der Ethik gegenüber heterogen. Es kann das 19  Gemeint ist: Kant, Kritik der praktischen Vernunft.

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hier nicht weiter verfolgt werden: jedenfalls aber zeigt sich, daß der „formale“ Charakter selbst jenes höchst abstrakten ethischen Satzes gegen den Inhalt des Handelns nicht etwa indifferent bleibt. – Nun aber kompliziert sich das Problem weiter. Jenes negative Prädikat selbst, welches mit den Worten „nur eine Leidenschaft“ ausgesprochen wurde, kann von einem bestimmten Standpunkt aus als eine Lästerung des innerlich Echtesten und Eigentlichsten des Lebens hingestellt werden, des einzigen oder doch des königlichsten Weges hinaus aus den unpersönlichen oder überpersönlichen und daher lebensfeindlichen „Wert“-Mechanismen, aus dem Ange­ schmie­det­sein an das leblose Gestein des Alltagsdaseins und aus den Prätensionen „aufgegebener“ Unwirklichkeiten. Es läßt sich jedenfalls eine Konzeption dieser Auffassung denken, welche – obwohl sie für das von ihr gemeinte Konkretissimum des Erlebens den Ausdruck „Wert“ wohl verschmähen würde – eben doch eine Sphäre konstituieren würde, welche jeder Heiligkeit oder Güte, jeder ethischen oder ästhetischen Gesetzlichkeit, jeder  Kulturbedeutsamkeit oder Persönlichkeitswertung gleich fremd und feindlich gegenüberstehend, dennoch und eben deshalb ihre eigene in einem alleräußersten Sinn des Worts „immanente“ Dignität in Anspruch nähme. Welches immer nun unsere Stellungnahme zu diesem Anspruch sein mag, jedenfalls ist sie mit den Mitteln keiner „Wissenschaft“ beweisbar oder „widerlegbar“. Jede empirische Betrachtung dieser Sachverhalte würde, wie der alte Mill bemerkt hat,20 zur Anerkennung des absoluten Polytheismus als der einzigen ihnen entsprechenden Metaphysik führen. Eine nicht empirische, sondern sinndeutende Betrachtung: eine echte Wertphilosophie also, würde ferner, darüber hinausgehend, nicht verkennen dürfen, daß ein noch so wohlgeordnetes Begriffsschema der „Werte“ gerade dem entscheidendsten Punkt des Tatbestandes nicht gerecht würde. Es handelt sich nämlich zwischen den Werten letztlich überall und immer wieder nicht nur um Alternativen, sondern um unüberbrückbar tödlichen Kampf, so wie zwischen „Gott“ und „Teufel“. Zwischen diesen gibt es keine Relativierungen und Kompromisse. Wohlgemerkt: dem Sinn nach nicht. 20  Auf John Stuart Mill verweist Weber – mit demselben Bezug auf dessen empiristische Erkenntnistheorie und fast derselben Formulierung – ebenfalls in seiner am 7. November 1917 gehaltenen Rede „Wissenschaft als Beruf“, MWG I/17, S.  71–111, hier S.  99 mit Hg.-Anm.  44.

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Denn es gibt sie, wie jedermann im Leben erfährt, der Tatsache und folglich dem äußeren Schein nach, und zwar auf Schritt und Tritt. In fast jeder einzelnen wichtigen Stellungnahme realer Menschen kreuzen und verschlingen sich ja die Wertsphären. Das Verflachende des „Alltags“ in diesem eigentlichsten Sinn des Wortes besteht ja gerade darin: daß der in ihm dahinlebende Mensch sich dieser teils psychologisch, teils pragmatisch bedingten Vermengung todfeindlicherb Werte nicht bewußt wird und vor allem: auch gar nicht bewußt werden will, daß er sich vielmehr der Wahl zwischen „Gott“ und „Teufel“ und der eigenen letzten Entscheidung darüber: welcher der kollidierenden Werte von dem Einen und welcher von dem Andern regiert werde, entzieht. Die aller menschlichen Bequemlichkeit unwillkommene, aber unvermeidliche Frucht vom Baum der Erkenntnis aber ist gar keine andere als eben die: um jene Gegensätze wissen und also sehen zu müssen, daß jede einzelne wichtige Handlung und daß vollends das Leben als Ganzes, wenn es nicht wie ein Naturereignis dahingleiten, sondern bewußt geführt werden soll, eine Kette letzter Entscheidungen bedeutet, durch welche die Seele, wie bei Platon, ihr eigenes Schicksal: – den Sinn ihres Tuns und Seins heißt das – wählt. Wohl das gröblichste Mißverständnis, welches den Absichten der Vertreter der Wertkollision gelegentlich immer wieder zuteil geworden ist, enthält daher die Deutung dieses Standpunkts als „Relativismus“, – als einer Lebensanschauung also,  die gerade auf der radikal entgegengesetzten Ansicht vom Verhältnis der Wertsphären zueinander beruht und (in konsequenter Form) nur auf dem Boden einer sehr besonders gearteten („organischen“) Metaphysik sinnvoll durchführbar ist. – Kehren wir zu unserem Spezialfall zurück, so scheint mir ohne die Möglichkeit eines Zweifels feststellbar:a daß auf dem Gebiet der praktisch-politischen (speziell also auch der wirtschafts- und sozialpolitischen) Wertungen, sobald daraus Direktiven für ein wertvolles Handeln abgeleitet werden sollen: 1. die unvermeidlichen Mittel und 2. die unvermeidlichen Nebenerfolge, 3. die dadurchc bedingte Konkurrenz mehrerer dmöglicher Wertungend

b B: totfeindlicher   a (S.  467)–a A: Ich kann mir aber nicht denken […] unbezweifelbaren Sachverhalt gelegt:   c B: da durch   d–d  A: möglicher Werte  

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miteinander in eihren praktischen Konsequenzene das einzige sind, was eine empirischef Disziplin mit ihren Mitteln aufzeigen kann. gPhilosophische Disziplinen können darüber hinaus mit ihren Denkmitteln den „Sinn“ der Wertungen, also ihre letzte sinnhafte Struktur und ihre sinnhaften Konsequenzen ermitteln, ihnen also den „Ort“ innerhalb der Gesamtheit der überhaupt möglichen „letzten“ Werte anweisen und ihre sinnhaften Geltungssphären abgrenzen. Schon so einfache Fragen aber, wie die: inwieweitg ein Zweck die unvermeidlichen Mittel heiligen solle, wie auch die andere: inwieweith die nicht gewollten Nebenerfolge in den Kauf genommen werden sollen, wie vollendsi die dritte, wie Konflikte zwischenk mehreren in concreto kollidierenden, gewollten oder gesollten Zweckenl zu schlichten seien, msind ganz und garm Sache der Wahl oder des Kompromisses. Es gibt keinerlei n(rationales oder empirisches)n wissenschaftliches Verfahren oirgendwelcher Arto, welches hier eine Entscheidung geben könnte. pAm allerwenigsten kann diese Wahl unserep qstreng empirischeq Wissenschaft dem Einzelnen zu ersparen sich ranmaßen, und sie sollter daher auch nicht den Anschein erwecken, es zu können. – sAusdrücklich sei schließlich aber noch bemerkt: daß die Anerkennung dieses Sachverhalts für unsere Disziplinen von der Stellungnahme zu den vorstehend in größter Kürze angedeuteten werttheoretischen Ausführungen vollständig unabhängig ist. Denn es gibt eben überhaupt keinen logisch haltbaren Standpunkt, von dem aus man ihn ablehnen könnte, außer dem einer durch kirchliche Dogmen eindeutig vorgeschriebenen Rangfolge der Werte. Ich mußs abwarten, ob sich wirklich Leute finden, welche behaupten, daß die Fragen: ob eine konkrete Tatsache sich so oder anders verhält? warum der betreffende konkrete Sachverhalt so und nicht anders geworden ist? ob auf einen gegebenen Sachverhalt nach  einer Regel des faktischent Geschehens ein anderer Sachverhalt,

e–e  A: ihrer praktischen Konsequenz   f A: empirische   g–g  A: Sowohl die Frage, wie weit   h A: wie weit   i Fehlt in A.   k A: gegenüber   l A: Zwecke   m–m  A: ist   n–n  Fehlt in A.   o–o  Fehlt in A.   p–p  A: Diese Wahl selbst kann nie unsere   q B: strengempirische   r–r  A: anmaßen und soll   s–s  A: In der „Streitfrage“ selbst muß ich   t  Fehlt in A.  

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und mit welchem uGrunde von Wahrscheinlichkeitu[,] zu folgen pflegt? adem Sinn nach nicht grundverschiedena seien von den Fragen: was man in einer konkreten Situation praktisch tun solle? unter welchen Gesichtspunkten bjene Situationb praktisch erfreulich oder unerfreulich erscheinen könne? ob es – wie immer geartete – allgemein formulierbare Sätze (Axiome) gebe, auf welche sich diesec Gesichtspunkte reduzieren lassen? – ferner: daß einerseits die Frage: in welcher Richtung sich eine konkret gegebene tatsächliche Situation (oder generell: eine Situation eines bestimmten, irgendwie hinlänglich bestimmten Typus) mit Wahrscheinlichkeit, und mit wie großer Wahrscheinlichkeit sie in jener Richtung sich entwickeln werded (bzw. typisch zu entwickeln pflegee)?f und die andere Frage: ob man dazu beitragen solle, daß eine bestimmte Situation  sich in einer bestimmten Richtung – sei es der an sich wahrscheinlichen, sei es der gerade entgegengesetzten oder ir­gend­ einer anderen – entwickelt? endlich, daß einerseits die Frage: welche Ansicht sich bestimmte Personen unter konkreten, oder eine unbestimmte Vielheit von Personen sich unter gleichen,g Umständen über ein Problem welcher Art immer mit Wahrscheinlichkeit (oder selbst mit Sicherheit) bilden werden? und andererseits die Frage: ob diese mit Wahrscheinlichkeit oder Sicherheit entstehende Ansicht richtig sei? – daß hdie Fragen jedes dieser Gegensatzpaare miteinander dem Sinn nach auch nurh das Mindeste zu tun haben? daß sie wirklich, wie immer einmal wieder behauptet wird, „voneinander nicht zu trennen“ seien? daß diese letztere Behauptung nichti mit den Anforderungen des wissenschaftlichen Denkens im Widerspruch stehek? Ob dagegenl jemand, der die absolutem Heterogenität beider Arten von Fragen zugibt, dennoch für sich in Anspruch nimmt: in einem und demselben Buch, auf einer und derselben Seite, ja in einem Haupt- und Nebensatz einer und derselben syntaktischen Einheit sich einerseits über das eine und andererseits über das nandere der beiden heterogenen Problemen zu äußern, – das ist seine Sache. Waso von ihm zu verlangen ist, ist u–u  A: Grade von Eindeutigkeit   a–a  A: logisch nicht verschieden   b–b  A: sie  c A: jene   d A: werde   e A: ­pflege   f In A folgt: also: die Frage des faktischen Bestehens von „Entwicklungstendenzen“,   g B: gleichen ; Emendation nach A.   h–h  A: diese hier in je zwei Gegensatzproben aufgestellten Fragen miteinander logisch   i A: nicht vielmehr   k A: steht   l A: dann   m  In A folgt: logische  n–n A: andere, heterogene Problem   o  In A folgt: im Namen der Logik  

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lediglich: daß er seine Leser über die absolute Heterogenität der Probleme nicht unabsichtlich p(oder auch aus absichtsvoller Pikanterie)p täusche. Persönlich bin ich der Ansicht, daß kein Mittel der Welt zu „pedantisch“ ist, um nicht zur Vermeidung von Konfusionen am Platze zu sein.q Derr Sinn von Diskussionen über praktische Wertungen s(der an der Diskussion Beteiligten selbst)s kann alsot nur sein:  a) Die Herausarbeitung der letzten, innerlich „konsequenten“ Wertaxiome, von denen die einander entgegengesetzten Meinungen ausgehen. Nicht nur über die der Gegner, sondern auch über die eigenen täuscht man sich oft genug. Diese Prozedur ist dem Wesen nach eineu von der Einzelwertung und ihrer sinnhaftena Analyse ausgehende, immer höher zu immer prinzipiellerenb wertenden Stellungnahmen aufsteigende Operation. Sie operiert nicht mit den Mitteln einer empirischen Disziplin und zeitigt keine Tatsachenerkenntnis. Sie „gilt“ cin gleicher Art wie diec Logik. b) Die Deduktion der „Konsequenzen“ für die wertende  Stellungnahme, welche aus bestimmten letzten Wertaxiomen folgen würdend, wenn man sie, und nur sie, der praktischen Bewertung von faktischen Sachverhalten zugrunde legtee. Sie ist rein sinnhaftf in bezug auf die Argumentation, dagegen an empirische Feststellungen gebunden für die möglichst erschöpfende Kasuistik derjenigen empirischen Sachverhalte, welche für eine praktische Bewertung überhaupt in Betracht kommen können. c) Die Feststellung der faktischen Folgen, welche die praktische Durchführung einer bestimmten praktisch wertenden Stellungnahme zu einem Problem haben müßte: 1. infolge der Gebundenheit an bestimmte unvermeidliche Mittel, – 2. infolge der Unvermeidlichkeit bestimmter, nicht direkt gewollter Nebenerfolgeg. Diese rein empirische Feststellung kann u. a. als Ergebnis haben: 1. die absolute Unmöglichkeit irgendeiner auch noch so entfernt annäherungsweisen Durchführung des Wertpostulates, weil keinerp–p  Klammern fehlen in A.   q  In A folgt nach einem Absatz: Da ich im übrigen unmöglich hier schon oft literarisch Vertretenes nochmals wiederholen kann, beschränke ich mich auf einige wenige, in der Diskussion bisher gelegentlich mißverstandene Punkte. In A folgt ein weiterer Absatz.   r  In A geht voraus: 1.   s–s  Klammern fehlen in A.   t  Fehlt in A.   u  In A folgt: rein logische,  a A: logischen   b A: allgemeineren  c–c  A: kraft der Geltung der   d  Fehlt in A.   e A: legt   f A: logisch  g A: Nebenverfolge  

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lei Wege seiner Durchführung zu ermitteln sind; – 2. die mehr oder minder große Unwahrscheinlichkeit seiner vollen oder auch nur annäherungsweisen Durchführung, entweder aus dem gleichen Grunde oder weil die Wahrscheinlichkeit des Eintretens ungewollter Nebenerfolge besteht, welche direkt oder indirekt die Durchführung illusorisch zu machen geeignet sind; – 3. die Notwendigkeit, solche Mittel oder solche Nebenerfolge mit in Kauf zu nehmen, welche der Vertreter des betreffenden praktischen Postulats nicht in Betracht gezogen hatte, so, daß seineh Wertentscheidung zwischen Zweck, Mittel und Nebenerfolg ihm selbst zu einem neuen Problem wird und an zwingender Gewalt auf andere einbüßt. – Endlich können dabei d) neue Wertaxiome und daraus zu folgernde Postulate vertreten werden, welche der Vertreter eines praktischen Postulats nicht beachtet und zu denen er infolgedessen nicht Stellung genommen hatte, obwohl die Durchführung seines eignen Postulats mit  jenen anderen entweder 1. prinzipiell oder 2. infolge der praktischen Konsequenzen, also: sinnhafti oder praktisch, kollidiert. Im Fall 1 handelt es sich bei der weiteren Erörterung um Probleme des Typus a, im Falle 2 des Typus ck. Sehr weit entfernt davon also, „sinnlos“ zu sein, habenl Wertungsdiskussionen dieses Typus, gerade wenn sie in ihren Zwecken richtig verstanden werdenm, und m. E. nurn dann, ihren sehr erheblichen Sinn.o

h A: dessen – unvermeidlich nur von ihm selbst zu vollziehende –   i A: logisch  k A: b   l In A folgt: – was ich nicht im entferntesten bestritten habe –   A 102 m A: würden   n A: nur  o  In A folgt: Was   ich (z. B. in Wien) dagegen sehr entschieden bekämpft habe und bekämpfen muß, ist: daß für die Zwecke der empirischen Wissenschaft Begriffe geschaffen werden, die unvermeidlich eine Vermischung von Tatsachen mit (in diesem Fall durchaus subjektiven) Wertungen enthalten, wie einige von einem Teil der Mitdiskutierenden akzeptierten Typen des „Produktivitätsbegriffes“. Der Verein wollte und sollte – nach meiner (subjektiven) Auffassung, die vielleicht andere nicht geteilt haben – in diesem Falle gerade eine „theoretische“, d. h. von praktischen Wertungen der Diskutierenden freie Erörterung über die Art, wie gewisse empirische Sachverhalte begrifflich zu erfassen seien, pflegen. Daher war die Kernfrage gerade die: ob und in welchen Fällen dies bei einem „Produktivitäts“-Begriff der Fall sei. Diese ihrem Wesen nach rein logische Erörterung aber wurde gestört durch das stets erneute Hineintragen der gar nicht hineingehörigen Frage: ob man auf dem Katheder oder im Verein für Sozialpolitik überhaupt auch „praktisch werten“ dürfe und solle oder nicht, – was ich persönlich bei wirklichen „Wertungs“-Diskussionen doch selbst mit aller Deutlichkeit getan habe und tun werde.  

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Derp Nutzen einer Diskussion praktischer Wertungen, an der richtigen Stelle und im richtigen Sinneq ist raber mit solchenr direkten „Ergebnissen“, die sie zeitigen kann, keineswegs erschöpft. Sie befruchtet vielmehr, wenn richtig geführt, die empirische Arbeit auf das Nachhaltigste, indem sie ihr die Fragestellungen für ihre Arbeit liefert. Die Problemstellungen der empirischen Disziplinen sind zwars ihrerseits „wertfrei“ zu beantworten. Sie sind keine „Wertprobleme“. Aber sie stehen im Bereich tunserer Disziplinent unter dem Einfluß der Beziehung von Realitäten „auf“ Werte. Überu die Bedeutung des Ausdruckes „Wertbeziehung“ muß ich mich auf aeigene früherea Äußerungen und vor allem auf die bekannten Arbeiten von H[einrich] Rickert beziehen.21 Es wäre unmöglich, das hier nochmals vorzutragenb. Es sei daher nur daran erinnert, daß cder Ausdruckc „Wertbeziehung“ lediglich die philosophische Deutung desjenigen spezifisch wissenschaftlichen „Interesses“ meintd, welches die Auslese und Formung des Objektes einer empirischen Untersuchung beherrschte.  Innerhalb der empirischen Untersuchung werden durch fdiesen reinf logischen Sachverhalt jedenfalls keinerlei „praktische Wertungen“ legitimiert. Wohl aber ergibt jener gSachverhalt in Übereinstimmung mit der geschichtlichen Erfahrungg, daß Kultur- und das heißt Wertinteressen es sind, welche auch der rein empirischwissenschaftlichen Arbeit die Richtungh weisen.i Es ist nunj klar,

p  In A geht voraus: 2.   q  In A folgt: – also z. B. in Vereinigungen wie der Verein für Sozialpolitik –   r–r  A: mit den unter Nr.  1 skizzierten   s Fehlt in A.   t–t  A: der „historischen Kulturwissenschaften“   u A: Sowohl über die Bedeutung des Ausdruckes „Kulturwissenschaft“ wie für   a–a  A: die zitierten früheren   b A: vorzutragen, und ich möchte zweifeln, ob eine fruchtbare Diskussion rein logischer Fragen innerhalb des Ausschusses möglich wäre   c–c  Fehlt in A.   d A: besagen will  e A: determiniert   f–f A: durch den betreffenden   g–g  A: logische Sachverhalt, ebenso wie übrigens die geschichtliche Erfahrung und schließlich die eigene Praxis des Vereins für Sozialpolitik und die unbezweifelbaren wissenschaftlichen Leistungen, die er angeregt hat   h A: Pfade   i  In A folgt ein Absatz.   j Fehlt in A.   21  Weber bezieht sich im wesentlichen auf seinen Aufsatz: Weber, Objektivität, bes. S.  49 f., sowie auf Rickert, Heinrich, Der Gegenstand der Erkenntnis. – Freiburg i. B.: J. C. B. Mohr 1892, und ders., Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, 1. Hälfte 1896, 2. Hälfte 1902. – Tübingen und Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1896–1902, in der 2. Aufl. erschienen 1913 (Rickert, Grenzen2).

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daß diese Wertinteressen kdurch Wertdiskussionen in ihrer Kasuistik sich entfalten können. Diesek können dem wissenschaftlich, insbesondrel dem historisch arbeitenden,m Forscher nvor allemn die Aufgabe der o„Wertinterpretation“: für ihnm eine höchst wichtige Vorarbeit seiner eigentlich empirischen Arbeitp, weitgehend abnehmen qoder dochq erleichtern. Da die Unterscheidung nicht nur von Wertung und Wertbeziehung, sondern auch vonr Wertung und Wert­inter­pretation (sdas heißt:s Entwicklung möglichert sinnhafter Stellungnahmen gegenüber einer gegebenen Erscheinung) vielfach nicht klar vollzogen wird und namentlich für die Würdigung  udes logischen Wesensu der Geschichte dadurch Unklarheiten entstehen,a so verweise ich in dieser Hinsicht auf die Bemerkungen im Archiv für Sozialwissenschaft XXII,b S.  168 f.c 22 d(ohne diese übrigens für irgendwie abschließend auszugeben)d. –e Statt einer nochmaligen Erörterung fdieser methodologischenf Grundprobleme möchte ich einige für unsere Disziplinen praktisch wichtige Einzelpunkte näherg besprechen. hDer Glaube ist noch immer verbreitet, daß man Weisungen für praktische Wertungen aus „Entwicklungstendenzen“ ableiten solle, müsse oder doch: könne. Allein aush noch so eindeutigen „Entwicklungstendenzen“ sind eindeutige Imperative des Handelns dochi nur bezüglich der kvoraussichtlich geeignetstenk Mittel bei gegebenerl Stellungnahme, nicht aber bezüglich jener Stellungnahme selbst mzu gewinnenm. Dabei ist freilichn der Begriff des „Mittels“ der denkbar weiteste. Wem etwa staatlicheo Machtinteressen ein letztesp Ziel wären, der müßte je nach der gegebenen Situation sowohl eine absolutistische wie eine radikal-demokratische Staatsverfassung für das (relativ) geeignetere Mittel ansehen, k–k  A: um so intensiver und in um so reicherer Kasuistik sich entfalten, je mehr Wertdiskussionen stattfinden. Sie   l  Komma fehlt in A.  m A: auch   n–n  Fehlt in A.  o–o  A: „Wertinterpretation“, welche  p  In A folgt: darstellt  q A: und  r Fehlt in A.   s–s  Fehlt in A.   t In A folgt: und in Betracht kommender  u–u  A: der Situation   a Komma fehlt in B.   b B: XXII.   c A: f.,  d–d  Klammern fehlen in A.   e  Gedankenstrich fehlt in A.   f A: der logischen  g  Fehlt in A.   h–h A: 3. Zunächst im Anschluß an eine ausdrückliche Frage des Rundschreibens: In A folgt ein Absatz und danach: Aus   i Fehlt in A.  k–k  Fehlt in A.   l In A folgt: „letzter“   m A: ableitbar  n Fehlt in A.  o A: „nationale“   p A: „letztes”   22  Gemeint ist: Weber, Kritische Studien.

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und es wäre höchst lächerlich, einen etwaigenq Wechsel in der Bewertung dieser staatlichen Zweckapparate rals Mittelr für einen Wechsel in der „letzten“ Stellungnahme selbsts anzusehen. Selbstverständlich abert ist es nun ferneru, wie frühera schon gesagt,23 für den einzelnenb ein stets erneut auftauchendes Problem: ob er cdie Hoffnung auf Realisierbarkeit seiner praktischen Wertungen aufzugeben habe angesichts seiner Erkenntnis des Bestehens einer eindeutigen Entwicklungstendenz, welche die Durchsetzung des von ihm Erstrebtenc an die Bedingung der Verwendung neuer, eventuell ihm sittlich oder sonst bedenklich erscheinender Mittel oder an das Inkaufnehmen von ihm perhorreszierter Nebenerfolge knüpft, oder sie dderart unwahrscheinlich macht, daß seine Arbeit daran, an der Chance des Erfolgsd bewertet, eals sterile „Don­ quixoterie“ erscheinen müßte. – Abere die Erkenntnis fvon solchenf mehr oder minder schwer abänderlicheng „Entwick­lungs­ten­ denzen“h nimmt schlechterdings keine Sonderstellung ein. Jede einzelne neue Tatsachei kann ebensogut die Konsequenz haben, daß der Ausgleich zwischen Zweck und unvermeidlichem Mittel, gewolltem Ziel und unvermeidlichem Nebenerfolg neu zu vollziehen ist. Allein ob und mit welchen kpraktischen Schlußfolgerungenk dies zu geschehen habe, ist lnicht nurl keine Frage meiner empirischen, sondern, wie gesagt,m überhaupt keiner wie immer gearteten Wissenschaft. Man mag z. B. dem überzeugten Syndikalisten noch so handgreiflich beweisen, daß sein Tun nicht nur sozial „nutzlos“ sei, d. h. daß es keinen Erfolg  für die Änderung der äußeren Klassenlage des Proletariats verspreche, ja daß es diese durch Erzeugung „reaktionärer“ Stimmungen unweigerlich verschlechtere, so ist damit für ihn – wenn er sich wirklich zu den letzteren Konsequenzen seiner Ansicht bekennt – gar nichts bewie-

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q  Fehlt in A.   r–r  Fehlt in A.   s A: eines Menschen   t  Fehlt in A.   u Fehlt in A.   a A: unter Nr.  1 c   b A: Einzelnen auch   c–c  A: seine Stellungnahme A 104 ändern solle angesichts einer neuen (oder ihm neu bekannt werdenden) Situation, welche die Realisierung des von ihm erstrebten Wertes   d–d  A: überhaupt zunehmend unwahrscheinlicher, seine Arbeit daran also, an Erfolg   e–e  A: zur Sterilität oder „Don Quixoterie“ verurteilt erscheinen läßt. Dorthin gehört auch   f–f  Fehlt in A.  g A: abänderlicher   h A: „Entwicklungstendenzen“. Aber: sie   i A: „Tatsache“  k A: Konsequenzen   l A: sicherlich   m–m  A: der empirischen, ja m. E.   23  Oben, S.  473 f.

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sen. Und zwar nicht, weil er ein Irrsinniger wäre, sondern weil er von seinem Standpunkt aus „recht“ haben kann – wie gleich zu erörtern. Im ganzen neigen die Menschenn hinlänglich stark dazu, sich dem Erfolg oder dem jeweilig Erfolg Versprechenden innerlich anzupasseno, nicht nur – was selbstverständlich ist – in den Mitteln oder in dem Maße, wiep sie ihre letzten Ideale jeweils zu realisieren trachten, sondern in der Preisgabe dieser selbst. In Deutschland glaubt man dies mit dem Namen „Realpolitik“ schmücken zu dürfen. Es ist jedenfalls nicht einzusehen, warum gerade die Vertreter einer empirischen Wissenschaft das Bedürfnis fühlen sollten, dies noch zu unterstützen, indem sie sich als Beifallssalve der jeweiligen „Entwicklungstendenz“ konstituieren und die „Anpassung“ an diese aus einem letzten, nur vom einzelnenq im Einzelfall zu lösenden, also auchr dem einzelnens ins Gewissen zu schiebenden Wertungsproblem zu einem tdurch die Autorität einer „Wissenschaft“ angeblich gedecktent Prinzipu machen. Es ist – richtig verstanden – zutreffend, daß eine erfolgreiche Politik stets die „Kunst des Möglichen“24 ist. Nicht minder richtig aber ist, daß das Möglichea sehr oft nur dadurch erreicht wurde,  daß man nach dem jenseits seiner liegenden Unmöglichenb griff. Es ist schließlich doch nicht die einzige wirklich konsequente Ethik der „Anpassung“ an das Möglichec: die Bureaukratenmoral des Konfuzianismusd,25 gewesen, welche die vermutlich von uns allen trotz aller sonstigen Differenzen (subjektiv) mehr oder minder positiv geschätzten spezifischen Qualitäten gerade unserer Kultur geschaffen hat. Daß e, wie weiter oben ausgeführt,e 26 neben dem „Erfolgswert“ einer Handlung ihr „Gesinnungswert“ stehe, möchte wenigstens ichf der Nationg nicht gerade him Namen der Wissenschafth systematisch aberzogen wissen. iJedenfalls aber hindert die Verkennung dieses Sachverhalts das Verständnis der Realitäten. n  In A folgt: m.  E.   o A: „anzupassen“   p A: in dem    q A: Einzelnen   r  Fehlt in A.   s A: Einzelnen   t–t  Fehlt in A.   u  In A folgt: zu   a A: „Mögliche“   b A: „Unmöglichen“   c A: „Mögliche“   d A: Konfucianismus   e–e  Fehlt in A.   f  In A folgt: (subjektiv)   g A: Jugend   h–h  A: von den Universitäten  i–i (S.  479)  A: Das könnte sogar direkt logische Inkonsequenzen zur Folge haben. Um   24  Ein Otto von Bismarck zugeschriebenes Bonmot. 25  Vgl. dazu die Erläuterung, oben, S.  363, Anm.  27. 26  Oben, S.  467 f.

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Denn umi bei dem vorhin als Beispiel angezogenen Syndikalistenk zu bleiben: es ist auch logisch eine Sinnlosigkeit, ein Verhalten, welches – wenn konsequent – als Richtschnur den „Gesinnungswert“ nehmen muß, lzum Zweck der „Kritik“l lediglich mit seinem „Erfolgswert“ zu konfrontieren. Der wirklich konsequente Syndikalist will jam lediglich eine bestimmte, ihm schlechthin wertvoll und heilig  scheinende Gesinnung sowohln in sich selbst erhalten also, wenn möglich, in anderen wecken. Seinep äußeren, gerade die von vornherein zu noch so absoluter Erfolglosigkeitq verurteilten Handlungen haben letztlich den Zweck, ihm selbst vor seinem eigenenr Forum die Gewißheit zu geben, daß diese Gesinnung echts ist, d. h. die Kraft hat, sich in Handlungen zu „bewähren“, und nicht ein bloßes Bramarbasieren. Dafür gibt es (vielleicht) in der Tat nur das Mittel solcher Handlungen. Im übrigen ist – wenn er konsequent ist – sein Reich, wie das Reich jeder Gesinnungsethik, tnicht von dieser Weltt. „Wissenschaftlich“ läßt sichu lediglicha feststellen, daß diese Auffassungb seiner eigenen Ideale die einzig innerlich konsequente, durch äußere „Tatsachen“ nicht widerlegbare ist. Ich möchtec glauben, daß damit sowohl Anhängern wie Gegnern des Syndikalismus ein Dienst, und zwar genaud der geleistet wäre, den sie mit Recht von der Wissenschaft verlangen. Mit dem „einerseits – andrerseits“ von sieben Gründen „für“ und sechs Gründen „gegen“ eine bestimmte Erscheinung (etwa: den Generalstreik) und deren Abwägunge gegeneinander nach Art der alten Kameralistik und etwaf moderner chinesischer Denkschriften scheint mir dagegen im Sinn keiner wie immer gearteten Wissenschaft etwas gewonnen. Mit jener Reduktion des syndikalistischen Standpunkts auf seine möglichst rationale und innerlich konsequente Form und mit der Feststellung seiner empirischen Entstehungsbedingungen, Chancen und erfahrungsgemäßen praktischen Folgen ist vielmehr die Aufgabe jedenfalls der wertungsfreien Wissenschaftg ihm gegenüber erschöpft. Daß man ein Syndikalist sein solleh oder nicht sein i (S.  478) –i  A: Das könnte […] haben. Um   k A: „Syndikalisten“   l–l  Fehlt in A.  m  Fehlt in A.   n  Fehlt in A.   o A: und   p A: Die   q A: „Erfolglosigkeit“  r A: eignen   s A: „echt“   t–t  A: „nicht von dieser Welt“   u In A folgt: – wenn dies alles, was hier ad hoc einmal unterstellt werden möge, zutrifft –   a In A folgt: mit den Mitteln der Logik einerseits, der Empirie andrerseits  b A: Aufstellung   c  In A folgt: – immer die Richtigkeit der hier gemachten Annahme vorausgesetzt –   d A: gerade   e A: subjektiver „Abwägung“   f In A folgt: noch   g A: „Wissenschaft“   h A: „solle“  

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solle, läßt sich ohne sehr bestimmte metaphysische Prämissen, welche nicht, und zwar in diesem Fall durch keine wie immer geartete Wissenschaft demonstrabel sind, niemals ibeweisen. Auch daßi ein Offizier sich mit seiner Schanze lieber in die Luft sprengt, als sich zu ergeben, kann im Einzelfall recht gut in jeder Hinsicht k, am Erfolg gemessen,k absolut nutzlos sein. Nicht gleichgültig aber dürfte sein, ob die Gesinnung, die das, ohne nach dem Nutzen zu fragen, tut, überhaupt existiert oder nicht. „Sinnlos“ muß jedenfallsl sie so wenig sein wie die des konsequenten Syndikalisten. Wenn der Professor von der gemächlichen Höhe des Katheders herab einen solchen Catonismus27 empfehlen wollte, so würde sich das freilich nicht besonders stilgerecht ausnehmen. Aber es ist doch schließlich auch nicht geboten, daß er das Gegenteil preise und aus der Anpassung der Ideale an die gerade durch mdie jeweiligen Entwicklungstendenzen und Situationenm gegebenen Chancen eine Pflicht mache.  Es ist hier soeben wiederholt der Ausdruck „Anpassung“ gebraucht worden, der im gegebenen Fall bei der gewählten Ausdrucksweise wohl auch hinlänglich unmißverständlich ist. Aber es zeigtn sich, daß er an sich doppelsinnig ist: Anpassung der Mittelo einer letztenp Stellungnahme an gegebene Situationen („Realpolitik“ im engeren Sinn) oder: Anpassung qin der Auswahl aus den überhaupt möglichenq letzten Stellungnahmenr selbst an die jeweiligen swirklichen oder scheinbaren Augenblickschancen einer von ihnens (jene Art der „Realpolitik“, mit der tunsere Politik seit 27 Jahren so merkwürdige Erfolge erzieltet).28 Aber damit ist die Zahl seiner möglichen Bedeutungen bei weitem nicht erschöpft. Darumu wäre es bei jedera Diskussion unserer Probleme, sowohl von „Wertungs“- wie von anderen Fragen, meines Erachtens gut, diesen viel i–i  A: „beweisen“. So wenig sich etwa „beweisen“ läßt, ob man die Rolle Don Quixotes oder diejenige Sancho Pansas vorzuziehen hätte, wenn man einmal in die fatale Lage käme, nur die Wahl zwischen beiden zu haben, – und eine wenigstens ähnliche Situation kommt öfter vor als zuweilen geglaubt wird. Daß   k–k  Fehlt in A.   l Fehlt in A.  m–m  A: allgemeine „Entwicklungstendenzen“   n A: zeigte   o A: „Mittel“  p A: „letzten“   q–q  A: der   r A: Stellungnahme   s–s  A: Chancen   t–t  A: wir es in der Welt seit 25 Jahren so herrlich weit gebracht haben   u A: Und darum  a  In A folgt: polemischen   27  Bezug auf Cato den Älteren, der für seine politische Beharrlichkeit bekannt war. 28  Vgl. dazu oben, S.  365, Anm.  31.

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mißbrauchten Begriff lieber gänzlich auszuscheiden. Denn ganz und gar mißverständlich ist er als Ausdruck eines wissenschaftlichen Arguments, als welches er sowohl für die „Erklärung“ (etwa des empirischen Bestehens gewisser ethischer Anschauungen bei gewissen Menschengruppen zu bestimmten Zeiten) wie für die „Bewertung“b  (z. B. jener faktisch bestehenden ethischen Anschauungen als objektiv „passend“ und daher objektiv „richtig“ und wertvoll) immer erneut auftaucht. In keiner dieser Hinsichten leistet er aber etwas, da er stets seinerseits erst der Interpretation bedarf. Erc hat seine Heimat in der Biologie. Würde er wirklich im biologischen Sinn, also als durch die Umstände gegebene relativ bestimmbare Chance einer Menschengruppe, das eigene psychophysische Erbgut durch reichliche Fortpflanzung zu erhalten, gefaßt, dann wären z. B. die ökonomisch am reichlichsten ausgestatteten und ihr Leben am rationellsten regulierenden Volksschichten dnach bekannten Erfahrungen der Geburtenstatistikd die „unangepaßtesten“. „Angepaßt“ an die Bedingungen der Umgebung des Salt Lake waren im biologischen Sinn – aber auch in jeder der zahlreichen sonst denkbaren wirklich rein empirischen Bedeutungen – die wenigen Indianer, die vor der Mormoneneinwanderung dort lebten,e genau so gut und schlecht wie die späteren volksreichen Mormonenansiedlungen. Wir verstehenf also vermöge dieses Begriffes nicht das geringste empirisch besser, bilden uns aber leicht ein, es zu tun. Und man kann – dies sei schon hier festgestellt – auch nur bei zwei gim übrigeng in jeder Hinsicht absolut gleichartigen Organisationen sagen, daß ein konkreter Einzelunterschied eine empirisch hfür ihren Fortbestandh „zweckmäßigere“, in diesem Sinn den gegebenen Bedingungen „angepaßtere“ Lage der einen von ihnen bedingt. Für die Bewertung aber  kann jemand sowohl auf dem Standpunkt stehen:i die größere Zahl und die materiellen und sonstigen Leistungen und Eigenschaften, welche die Mormonen dorthin brachten und dort entfalteten, ksei eink Beweis ihrer Überlegenheit über die Indianerl, wie etwa ein anderer, der die Mittel und Nebenerfolge der Mormonenethik, welche für jene Leistungen mindestens mitverantwortlich ist, bedingungsb  A, B: „Bewertung“,   c A: Der Begriff   d–d  Fehlt in A.   e  In A folgt: vermutlich  f A: „verstehen“   g–g  Fehlt in A.   h–h  Fehlt in A.   i A: stehen,   k–k  A: für einen   l  In A folgt: in Anspruch zu nehmen  

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los perhorresziert, die Steppe sogar ohne alle Indianer, und also vollends die romantische Existenz dieser letzteren darin, vorziehen kann, ohne daß irgendeine, wie immer geartete Wissenschaft der Welt prätendieren könnte, ihn zu bekehren. Denn schon hier handelt es sich um den unaustragbaren Ausgleich von mZweck, Mittel und Nebenerfolgm. Nurn wo bei einem absolut eindeutig gegebenen Zwecko nach dem dafür geeigneten Mittelp gefragt wird, handelt es sich um eine wirklich empirisch entscheidbare Frage. Derq Satz: x ist das reinzige Mittelr für y, ist in der Tat die bloße Umkehrung des Satzes: auf x folgt y. Der Begriff der „Angepaßtheit“ aber (und alle ihm verwandten) gibt – und das ist die Hauptsache – jedenfalls nicht die  geringste Auskunft über die letztlichs zugrunde liegenden Wertungen, die er vielmehr – ebenso wie z. B. der m. E. grundkonfuse neuerdings beliebte Begriff der „Menschenökonomie“29 – lediglich verhüllt. „Angepaßt“ ist auf dem Gebiet der „Kultur“, je nachdem, wie man den Begriff meint, entweder alles oder: nichts. Denn nicht auszuscheiden ist aus allem Kulturleben der Kampf  t. Man kann seine Mittel, seinen Gegenstand, sogar seine Grundrichtung und seine Träger ändern, aber nicht ihn selbst beseitigen. Er kann ustatt eines äußeren Ringensu von feindlichen Menschen um äußere Dinge ein inneres Ringen sich liebender Menschen um innere Güter und damit astatt äußeren Zwangs eine innerea Vergewaltigung (gerade auch in Form erotischer oder karitativer Hingabeb) seinc oder endlich dein inneresd Ringen innerhalb der Seele des Einzelnen selbst mit sich selbst bedeutene – stets ist er da, und oft um so folgenreicher, je weniger er bemerkt wird, je mehr sein Verlauf die Form stumpfen oder bequemen Geschehenlassens oder illusionistischen Selbstbetrugs annimmt oder sich in der Form der „Auslese“ vollzieht. „Friede“ bedeutet Verschiebung der Kampfformen oder derf Kampfgegner oder der Kampfgegenstände oder endlichg der hAuslesechancen undh nichts anderes. Ob und wann m–m  A: „Zweck“ und „Mittel“   n A: Und nur   o A: „Zweck“   p A: „Mittel”  q A: Denn der   r A: „Mittel“   s A: in jedem von beiden und in allen ähnlichen Fällen   t A: „Kampf“   u–u  A: aus einem äußeren Ringen   a–a  A: aus äußerem Zwang zu innerer   b A: „Hingabe“   c A: werden   d–d  A: von da zu innerem   e A: werden,   f  Fehlt in A.   g  Fehlt in A.   h–h  A: Auslesechancen,   29  Vgl. dazu die Erläuterung oben, S.  366, Anm.  32.

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solche Verschiebungen vor einem ethischeni oder einem anderen bewertenden Urteil die Probe bestehen, darüber läßt sich offenbar generell schlechthin nichts aussagen. Nur eines ergibt sich zweifellos: Ausnahmslos jede, wie immer geartete Ordnung  der gesellschaftlichen Beziehungen ist k, wenn man sie bewerten will,k letztlich auch daraufhin zu prüfen, welchem menschlichen Typus sie, im Wege äußerer oder innerer (Motiv-)Auslese, die optimalen Chancen gibt, zum herrschenden zu werden. lDenn wederl ist sonst die empirische Untersuchung wirklich erschöpfend, noch ist auch die nötige tatsächliche Basis für meine, seim es bewußt subjektiven, sei es eine objektiveo Geltung in Anspruch pnehmende, Bewertungp überhaupt vorhanden.q Wenigstensr denjenigen zahlreichen Kollegen sei diesers Sachverhalt in Erinnerung gebracht, welche glauben, es ließe sich mit eindeutigen „Fortschritts“-begriffent bei der Feststellung von gesellschaftlichenu Entwicklungen operieren. aDas führt nun zu einer näheren Betrachtung dieses wichtigen Begriffs.a Manb kann natürlich den Begriff des „Fortschritts“ absolutc wertfrei  brauchen, wenn man ihn mit dem „Fortschreiten“ ir­gend­ eines konkreten,d isoliert betrachteten Entwicklungs-Prozessese identifiziert. fAber in den meisten Fällen ist der Sachverhalt wesentlich komplizierter.f gWir betrachten hier einige Fälleg, wo die Verquickung mit Wertfragen am intimsten ist, haus heterogenen Gebieten.h Aufi dem Gebiet der irrationalen, gefühlsmäßigen, affektiven Inhalte unseres seelischen kVerhaltens kannk die quantitative Zunahme und – was damit meist verbunden ist – qualitative Vermannigfaltigung der möglichenl Verhaltungsweisen mwertfrei als Fortschritt der seelischenm „Differenzierung“, nbezeichnet werden. i A: „ethischen“   k–k  Fehlt in A.   l–l  A: Weder   m–m  A: eine – sei   n A: „subjektive“  o A: „objektive“   p–p  A: nehmende – Bewertung  q  In A folgt: In sicherlich vielfach unreifer Form wollte dies seinerzeit meine akademische Antrittsrede zum Ausdruck bringen, mit der ich mich sonst in vielen wichtigen Punkten nicht mehr identifizieren kann. In A folgt ein Absatz.   r A: Aber wenigstens   s A: jener  t A: „Fortschritts“begriffen   u A: rein organisatorischen  a–a  Fehlt in A.  b  In A geht voraus: 4.   c A: – immer aber mit der schweren Gefahr des Mißverständnisses –   d In A folgt: abstrahierend   e A: Prozesses   f–f  Fehlt in A.  g–g  A: Um gleich diejenigen Fälle zu nehmen   h–h  A: so ist dies   i A: a) auf  k–k  A: Verhaltens:   l  In A folgt: (im Gegensatz zum zweckrationellen Verhalten: „irrationalen“)   m–m  A: durch (um den üblichen Ausdruck zu brauchen) seelische  n–n (S.  484)  A: also  

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Alsbald verbindet sich aber damit der Wertbegriffn: Vermehrung der „Spannweite“, der „Kapazität“ einer konkreten „Seele“ oder – was schon eine nicht eindeutige Konstruktion ist – einer „Epoche“o (pso in Simmels „Schopenhauer und Nietzsche“p).30 Es ist natürlichq gar kein Zweifel, daß es rjenes faktische „Fortschreiten der Differenzierung“r gibt. Mit dem Vorbehalt, daß es nicht immer wirklich da vorhanden ist, wo man an sein Vorhandensein sglaubt. Das für die Gegenwart zunehmendes Beachten der Gefühlsnüancen, wie es auftritt,t sowohl als Folge zunehmender Rationalisierung und Intellektualisierungu aller Lebensgebiete wie als Folge zunehmender subjektiver Wichtigkeit, die der einzelne allen seinen aeigenen (für andere oft äußerst gleichgültigen)a Lebensäußerungen beimißt, btäuscht sehr leicht zunehmende Differenzierung vor. Es kann sie bedeuten oder befördern. Aber der Schein trügt leicht, und ichb gestehe, daß ich die faktische Tragweite dieser Täuschung ziemlichc hoch veranschlagen möchte. dImmerhin: der Sachverhalt besteht.d Ob nun jemand fortschreitende Differenzierung  als „Fortschritt“ bezeichnet, ist ean siche terminologische Zweckmäßigkeitsfrage. Ob man sie aber als „Fortschritt“ fim Sinn zunehmenden „inneren Reichtums“f bewerten soll, kann jedenfalls keine empirische Disziplin entscheiden. gDenn dieg Frage, ob jeweils die neu sich entwickelnden hoder neu in das Bewußtsein gehobenenh Gefühlsmöglichkeiten mit unter Umständen neuen „Spannungen“ und „Problemen“ als „Werte“ anzuerkennen sind, geht sie nichts an. Wer aber izu deri Tatsache der Differenzierung als jsolcher bewertende Stellung nehmenj will – was gewiß keine empirische Disziplin jemandemk verbieten kann – und n–n (S.  483)  A: also   o In A folgt: in dieser Hinsicht   p–p  A: von Simmel in „Schopenhauer und Nietzsche“ mit bedingungslos positivem Wertvorzeichen versehen  q  Fehlt in A.   r–r  A: dieses „Fortschreiten“   s–s  A: infolge des Umstandes glaubt, daß ein zunehmendes    t  A: auftreten kann    u A: Indivi­ dualisierung  a–a  A: eigenen, in den Augen anderer vielleicht oft äußerst gleichgültigen,  b–b  A: sehr leicht zunehmenden „Reichtum“, zunehmende „Kompliziertheit“ usw. im Sinn von fortschreitender „Differenzierung“ vortäuscht. Ich  c A: für die Gegenwart sehr   d–d  A: Die Realität von Differenzierungsprozessen der erwähnten Art ist aber an sich eine historisch unbezweifelbare Tatsache.  e–e  Fehlt in A.   f–f  Fehlt in A.   g–g  A: Die   h–h  Fehlt in A.   i–i  A: die  j–j  A: solche bewerten   k  A, B: jemanden 30  Vgl. Simmel, Schopenhauer und Nietzsche; das Handexemplar Max Webers befindet sich in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München.

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nach dem Standpunkt dafür sucht, dem werden naturgemäß manche Erscheinungen der Gegenwartl auch die Frage nahelegen: um welchen Preis dieser Prozeß, soweit er zurzeit überhaupt mehr als eine intellektualistische Illusion ist, „erkauft“ mwird. Er wird z. B. nicht übersehen dürfen, daß die Jagd nach dem „Erlebnis“ – dem eigentlichen Modewert der deutschen Gegenwart – in sehr starkem Maß Produkt abnehmender Kraft sein kann, den „Alltag“ innerlich zu bestehen, und daß jene Publizität, welche der einzelne seinem „Erleben“ zu geben das zunehmende Bedürfnis empfindet, vielleicht auch als ein Verlust an Distanz- und also an Stil- und Würdegefühl bewertet werden könnte. Jedenfalls ist auf dem Gebiet der Wertungen des subjektiven Erlebens „Fortschritt der Differenzierung“ mit Mehrung des „Werts“ zunächst nur in dem intellektualistischen Sinn der Vermehrung des zunehmend bewußten Erlebens oder der zunehmenden Ausdrucksfähigkeit und Kommunikabilität identisch.m nEtwas komplizierter steht es mit dern Anwendbarkeit des „Fortschritts“begriffes (im Sinn der Bewertung) auf dem Gebiet der oKunst. Sieo wirdp gelegentlich leidenschaftlich bestritten. qJe nach dem gemeinten Sinn mit Recht oder Unrecht. Es hat keine wertende Kunstbetrachtung gegebenq, die mit dem exklusiven Gegensatz von „Kunst“ und „Unkunst“ ausgekommen wäre,r und nicht daneben noch sdie Unterschiedes zwischen Versuch und Erfüllungt, zwischen dem Wert verschiedener Erfüllungenu, zwischen der vollen und der in irgendeinem Einzelpunkt odera, in mehreren solcher, selbstb in wichtigen Punktenc mißglückten, dennoch aber nicht schlechthin wertlosen Erfüllung verwendete, und zwar nicht nur für ein konkretes Formungswollen, sondern auch für ddas Kunstwollen ganzer Epochen. Der Begriff eines „Fort-

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l In A folgt: u. a.   m–m  A: wird. –    n–n A: Nur beiläufig sei erwähnt: A 110 die  o–o  A: Kunst  p  In A folgt: zwar   q–q  A: Nüchterne Erwägung zeigt, daß es keine „wertende Kunstbetrachtung“ gegeben hat   r  Komma fehlt in A.   s A: dem Unterschied ; B: dem Unterschiede    t A: Lösung   u A: Lösungen   a  Fehlt in A.   b  Fehlt in A.   c  In A folgt: gebrochenen,   d–d (S.  492)  A: ganze Problematiken. Nicht nur etwa ein Buch wie Wölfflins „Klassische Kunst“, sondern die Mehrzahl der „wertvollen“ Leistungen der analytischen Ästhetik wäre sonst unmöglich. Nicht darin liegt der – hier nicht zu erörternde – grundstürzende Unterschied der Wertungsprobleme dieser Sphäre von der gleich näher zu besprechenden des „rationalen“ Fortschritts. Nur hat freilich Wertrealisierung in der Kunst weder mit diesem „rationalen“ Fortschritt noch mit dem „Fortschritt“ der Differenzierung der Gefühls­

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schritts“ wirkt zwar, auf solche Tatbestände angewendet, wegen seiner sonstigen Verwendung für rein technische Probleme trivial. Aber er ist nicht an sich sinnlos. Wieder anders liegt das Problem für die rein empirische Kunstgeschichte  und die empirische Kunstsoziologie. Für die erstere gibt es einen „Fortschritt“ der Kunst natürlich nicht im Sinn der ästhetischen Wertung von Kunstwerken als sinnhafter Erfüllungen; denn diese Wertung ist nichts mit den Mitteln empirischer Betrachtung zu leistendes und liegt also ganz jenseits ihrer Aufgabe. Dagegen kann gerade sie einen durchaus nur technischen, rationalen und deshalb eindeutigen „Fortschritts“Begriff verwenden, von dem alsbald näher zu reden ist und dessen Brauchbarkeit für die empirische Kunstgeschichte eben daraus folgt: daß er sich ganz und gar auf die Feststellung der technischen Mittel beschränkt, welche ein bestimmtes Kunstwollen für eine fest gegebene Absicht verwendet. Man unterschätzt die kunstgeschichtliche Tragweite dieser sich streng bescheidenden Ermittlungen leicht oder mißdeutet sie in jenem Sinn, welchen ein modisches ganz subalternes und unechtes vermeintliches „Kennertum“ damit verbindet, indem es den Anspruch erhebt, einen Künstler „verstanden“ zu haben, wenn es den Vorhang seines Ateliers gelüftet und seine äußeren Darstellungsmittel, seine „Manier“, durchmustert hat. Allein der richtig verstandene „technische“ Fortschritt ist geradezu die Domäne der Kunstgeschichte, weil gerade er und sein Einfluß auf das Kunstwollen das am Ablauf der Kunstentwicklung rein empirisch, das heißt: ohne ästhetische Bewertung, Feststellbare enthält. Nehmen wir einige Beispiele, welche die wirklichen kunstgeschichtlichen Bedeutungen des „Technischen“ im echten Sinn des Worts verdeutlichen. Die Entstehung der Gotik war in allererster Linie das Resultat der technisch gelungenen Lösung eines an sich rein bautechnischen Problems der Überwölbung von Räumen bestimmter Art: die Frage nach dem technischen Optimum der Schaffung von Widerlagen für den Gewölbeschub eines Kreuzgewölbes, verbunden mit noch einigen hier nicht zu erörternden Einzelheiten. Ganz konkrete bauliche Probleme wurden gelöst. Die Erkenntnis, daß damit auch eine bestimmte Art der Überwölbbarkeit nicht quadratischer sphäre das mindeste zu schaffen, und die Verquickung aller dieser Dinge miteinander ist auch hier das spezifisch Fatale.   

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Räume möglich gemacht war, weckte die leidenschaftliche Begeisterung jener vorläufig und vielleicht für immer unbekannten Architekten, denen die Entwicklung des neuen Baustils verdankt wird. Ihr technischer Rationalismus führte das neue Prinzip in alle Konsequenzen durch. Ihr Kunstwollen nutzte es als Erfüllungsmöglichkeit bis dahin ungeahnter künstlerischer Aufgaben und riß alsdann die Plastik in die Bahn eines primär durch die ganz neuen Raum- und Flächenformungen der Architektur geweckten neuen „Körpergefühls“ hinein. Daß diese primär technisch bedingte Umwälzung zusammenstieß mit  bestimmten in starkem Maße soziologisch und religionsgeschichtlich bedingten Gefühlsinhalten, bot die wesentlichen Bestandteile jenes Materials an Problemen dar, mit welchen das Kunstschaffen der gotischen Epoche arbeitete. Indem die kunstgeschichtliche und kunstsoziologische Betrachtung diese sachlichen, technischen, gesellschaftlichen, psychologischen Bedingungen des neuen Stils aufzeigt, erschöpft sie ihre rein empirische Aufgabe. Weder aber „wertet“ sie dabei den gotischen Stil im Verhältnis etwa zum romanischen oder etwa dem seinerseits sehr stark am technischen Problem der Kuppel und daneben an den soziologisch mitbedingten Änderungen des Aufgabenbereiches der Architektur orientierten Renaissancestil, noch „wertet“ sie ästhetisch, so lange sie empirische Kunstgeschichte bleibt, das einzelne Bauwerk. Vielmehr: Das Interesse an den Kunstwerken und an ihren ästhetisch relevanten einzelnen Eigentümlichkeiten und also: ihr Objekt ist ihr heteronom: als ihr Apriori, gegeben durch deren von ihr, mit ihren Mitteln, gar nicht feststellbaren ästhetischen Wert. Ähnlich auf dem Gebiet etwa der Musikgeschichte. Ihr zentrales Problem ist für den Standpunkt des Interesses des modernen europäischen Menschen („Wertbezogenheit“!) doch wohl: warum die harmonische Musik aus der fast überall volkstümlich entwickelten Polyphonie nur in Europa und in einem bestimmten Zeitraum entwickelt wurde, während überall sonst die Rationalisierung der Musik einen andern und zwar meist den gerade entgegengesetzten Weg einschlug: Entwicklung der Intervalle durch Distanzteilung (meist der Quarte) statt durch harmonische Teilung (der Quinte). Im Mittelpunkt steht also das Problem der Entstehung der Terz, in deren harmonischer Sinndeutung: als Glied des Dreiklangs, und weiterhin: der harmonischen Chromatik, ferner: der modernen

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musikalischen Rhythmik (der guten und schlechten Taktteile) – statt rein metronomischer Taktierung, – einer Rhythmik, ohne welche die moderne Instrumentalmusik undenkbar ist. Da handelt es sich nun wiederum primär um rein technisch rationale „Fortschritts“Probleme. Denn daß z. B. Chromatik längst vor der harmonischen Musike als Mittel der Darstellung von „Leidenschaft“ bekannt war, zeigt die antike chromatische (angeblich sogar: enharmonischef) Musik zu den leidenschaftlichen Dochmien des neuerdings entdeckten Euripidesfragments.31 Nicht in dem künstlerischen Ausdruckswollen also, sondern in den technischen Ausdrucksmitteln lag der Unterschied dieser antiken Musik gegen jene Chromatik, welche die großen musikalischen Experimentatoren  der Renaissancezeit in stürmischem rationalen Entdeckungsstreben schufen, und zwar ebenfalls: um „Leidenschaft“ musikalisch formen zu können. Das technische Neue aber war, daß diese Chromatik diejenige unserer harmonischen Intervalle wurde und nicht eine solche mit den melodischen Halb- und Viertel-Ton-Distanzen der Hellenen. Und daß sie dies werden konnte, hatte seinen Grund wiederum in vorangegangenen Lösungen technisch-rationaler Probleme. So namentlich in der Schaffung der rationalen Notenschrift (ohne welche keine moderne Komposition auch nur denkbar wäre) und, schon vorher, bestimmter zur harmonischen Deutung musikalischer Intervalle drängender Instrumente und vor allem: des rational polyphonen Gesanges. Den Hauptanteil an diesen Leistungen aber hatte im frühen Mittelalter das Mönchtum des nordischabendländischen Missionsgebiets, welches ohne eine Ahnung von der späteren Tragweite seines Tuns die volkstümliche Polyphonie für seine Zwecke rationalisierte, statt, wie das byzantinische, sich seine Musik vom hellenisch geschulten Melopoiós32 herrichten zu lassen. Durchaus konkrete, soziologisch und religionshistorisch bedingte, Eigentümlichkeiten der äußeren und inneren Lage der christlichen Kirche im Okzident ließen dort aus einem nur dem Mönchtum des Abendlandes eignen Rationalismus diese musikalie B: Musik,   f B: einharmonische   31  Einige Verszeilen des Dramas „Orestes“ von Euripides waren 1892 von Karl Wessely entdeckt und veröffentlicht worden, vgl. dazu Weber, Max, Zur Musiksoziologie, MWG I/14, S.  145–280, S.  168, Hg.-Anm.  59. 32  Liederdichter, lyrischer Dichter.

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sche Problematik entstehen, welche ihrem Wesen nach „technischer“ Art war. Die Übernahme und Rationalisierung des Tanztakts andererseits, des Vaters der in die Sonate ausmündenden Musikformen, war bedingt durch bestimmte gesellschaftliche Lebensformen der Renaissance-Gesellschaft. Die Entwicklung des Klaviers endlich, eines der wichtigsten technischen Träger der modernen musikalischen Entwicklung und ihrer Propaganda im Bürgertum, wurzelte in dem spezifischen Binnenraum-Charakter der nordeuropäischen Kultur. All das sind „Fortschritte“ der technischen Mittel der Musik, welche deren Geschichte sehr stark bestimmt haben. Diese Komponenten der historischen Entwicklung wird die empirische Musikgeschichte entwickeln können und müssen, ohne ihrerseits eine ästhetische Bewertung der musikalischen Kunstwerke vorzunehmen. Der technische „Fortschritt“ hat sich recht oft zuerst an, ästhetisch gewertet, höchst unzulänglichen Leistungen vollzogen. Die Interessenrichtung: das historisch zu erklärende Objekt, ist der Musikgeschichte heteronom durch dessen ästhetische Bedeutsamkeit gegeben. Für das Gebiet der Entwicklung der Malerei ist die vornehme Bescheidenheit der Fragestellung in Wölfflins „Klassischer Kunst“33 ein ganz hervorragendes Beispiel der Leistungsfähigkeit empirischer Arbeit.  Die völlige Geschiedenheit der Wertsphäre von dem Empirischen tritt nun darin charakteristisch hervor: daß die Verwendung einer bestimmten noch so „fortgeschrittenen“ Technik über den ästhetischen Wert des Kunstwerks nicht das geringste besagt. Kunstwerke mit noch so „primitiver“ Technik – Bilder z. B. ohne alle Kenntnis der Perspektive – vermögen ästhetisch den vollendetsten auf dem Boden rationaler Technik geschaffenen absolut ebenbürtig zu sein, unter der Voraussetzung, daß das künstlerische Wollen sich auf diejenigen Formungen beschränkt hat, welche jener „primitiven“ Technik adäquat sind. Die Schaffung neuer technischer Mittel bedeutet zunächst nur zunehmende Differenzierung und gibt nur die Möglichkeit zunehmenden „Reichtums“ der Kunst im Sinn der Wertsteigerung. Tatsächlich hat sie nicht selten den umgekehrten Effekt der „Verarmung“ des Formgefühls gehabt. Aber für

33  Wölfflin, Klassische Kunst, vgl. dazu die Erläuterung, oben, S.  369, Anm.  35.

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die empirisch-kausale Betrachtung ist gerade die Änderung der „Technik“ (im höchsten Sinn des Worts) das wichtigste allgemein feststellbare Entwicklungsmoment der Kunst. Nun pflegen nicht nur Kunsthistoriker, sondern überhaupt die Historiker, zu entgegnen: daß sie sich das Recht politischer, kulturlicher, ethischer, ästhetischer Bewertung weder nehmen lassen, noch in der Lage seien, ohne diese ihre Arbeit zu leisten. Die Methodologie hat weder die Macht noch die Absicht, jemanden vorzuschreiben, was er in einem literarischen Werk zu bieten beabsichtigt. Sie nimmt sich nur ihrerseits das Recht festzustellen: daß gewisse Probleme untereinander heterogenen Sinn haben, daß ihre Verwechslung miteinander die Folge hat, daß eine Diskussion zum Aneinandervorbeireden führt, und daß über die einen eine Diskussion mit den Mitteln sei es der empirischen Wissenschaft, sei es der Logik sinnvoll, über die andren dagegen unmöglich ist. Vielleicht darf hier, ohne für jetzt den Beweis anzutreten, noch eine allgemeine Beobachtung hinzugefügt werden: eine aufmerksame Durchmusterung historischer Arbeiten zeigt sehr leicht, daß die rücksichtslose Verfolgung der empirisch-historischen Kausalkette bis zum Ende fast ausnahmslos dann zum Schaden der wissenschaftlichen Ergebnisse unterbrochen zu werden pflegt, wenn der Historiker zu „werten“ beginnt. Er kommt dann in die Gefahr, z. B. für die Folge eines „Fehlers“ oder eines „Verfalls“ zu „erklären“, was vielleicht Wirkung ihm heterogener Ideale der Handelnden war, und er verfehlt so seine eigenste Aufgabe: das „Verstehen“. Das Mißverständnis erklärt sich aus zweierlei Gründen. Zunächst daraus, daß, um bei der Kunst zu bleiben, die künstlerische Wirklichkeit  außer der rein ästhetisch wertenden Betrachtung einerseits und der rein empirisch und kausal zurechnenden andrerseits noch einer dritten: der wertinterpretierenden, zugänglich ist, über deren Wesen das an anderer Stelle (s. o.)34 Gesagteg hier nicht wiederholt werden soll. Über ihren Eigenwert und ihre Unentbehrlichkeit für jeden Historiker besteht nicht der mindeste Zweifel. Ebenso nicht darüber, daß der übliche Leser kunsthistorischerh Darstellungen auch, und gerade diese Darbietung zu finden erwarg B: gesagte   h B: kunsthistorische   34  Oben, S.  476.

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tet. Nur ist sie, auf ihre logische Struktur hin angesehen, mit der empirischen Betrachtung nicht identisch. Sodann aber: wer kunstgeschichtliche, noch so rein empirische, Leistungen vollbringen will, bedarf dazu der Fähigkeit, künstlerisches Produzieren zu „verstehen“, und diese ist ohne ästhetische Urteilsfähigkeit, also ohne die Fähigkeit der Bewertung, selbstverständlich nicht denkbar. Das entsprechende gilt natürlich für den politischen Historiker, literarischen Historiker, Historiker der Religion oder der Philosophie. Aber offenbar besagt das gar nichts über das logische Wesen der historischen Arbeit. Doch davon später.35 Hier sollte lediglich die Frage erörtert werden: in welchem Sinn man, außerhalb der ästhetischen Bewertung, von „Fortschritt“ kunstgeschichtlich sprechen könne. Es zeigte sich, daß dieser Begriff da einen technischen und rationalen, die Mittel für einen künstlerische Absicht meinenden, Sinn gewinnt, der gerade empirisch-kunstgeschichtlich in der Tat bedeutsam werden kann. Es wird nun Zeit, diesen Begriff des „rationalen“ Fortschritts auf seinem eigensten Gebiet aufzusuchen und auf seinen empirischen oder nicht empirischen Charakter hin zu betrachten. Denn das Gesagtei ist nur ein Sonderfall eines sehr universellen Tatbestandes. Die Art, wie Windelband (Gesch[ichte] der Phil[osophie] §  2, 4.  Aufl. S.  8)36 das Thema seiner „Geschichte der Philosophie“ begrenzt („der Prozeß, durch welchen die europäische Menschheit ihre Weltauffassung … in wissenschaftlichen Begriffen niedergelegt hat“)[,] bedingt für seine nach meiner Ansicht ganz glänzende Pragmatik die Verwendung eines aus dieser Kulturwertbezogenheit folgenden spezifischen „Fortschritts“-Begriffsk (dessen Konsequenzen das. S.  15,l 16 gezogen werden), der einerseitsm keineswegs für jede „Geschichte“ der Philosophie selbstverständlich ist, andererseits aber bei Zugrundelegung der entsprechend gleichen Kulturwertbezogenheit nicht nur für eine Geschichte der Philosophie und auch nicht nur für jede Geschichte irgendeiner anderen Wissenschaft, sondern – anders  als Windelband (ebenda S.  7, Nr.  1, i B: gesagte   k B: „Fortschritts“-Begriff   l B: 15.   m B: einerseits,   35  Im vorliegenden Beitrag nicht behandelt. 36  Weber bezieht sich auf: Windelband, Geschichte der Philosophie4.

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Abs.  2) annimmt – für jede „Geschichte“ überhaupt zutrifft. Nachstehend indessen soll nur von jenen rationalen „Fortschritts“Begriffen die Rede sein, welche in unsren soziologischen und ökonomischen Disziplinen eine Rolle spielen. Unser europäisch-amerikanisches Gesellschafts- und Wirtschaftsleben ist in einer spezifischen Art und in einem spezifischen Sinn „rationalisiert“. Diese Rationalisierung zu erklären und die ihr entsprechenden Begriffe zu bilden[,] ist daher eine der Hauptaufgaben unserer Disziplinen. Dabei nun erscheint wiederum das am Beispiel der Kunstgeschichte berührte, aber dort offen gelassene Problem: was die Bezeichnung eines Vorgangs als eines „rationalen Fortschritts“ denn eigentlich besagen will.d Dien Verquickung von „Fortschritt“ im Sinne 1. des obloßen differenzierendeno „Fortschreitens“ p, ferner 2. der fortschreitenden technischen Rationalität der Mittel, endlich 3. der Wertsteigerungp wiederholt sich auch hierq. Zunächst ist schon rein subjektivr „rationales“ Sichverhalten nicht mit rationals „richtigem“, d. h. die tobjektiv, nach der wissenschaftlichen Erkenntnis, richtigen Mittel verwendendem, Handeln identisch. Sondern est bedeutet an sich nur: daß die subjektive Absicht auf eineu planvolle Orientierunga an für richtig gehaltenen Mitteln für einen gegebenen Zweck gehe. Eine fortschreitende bsubjektive Rationalisierungb des Handelns ist alsoc nicht notwendig auch objektivd ein „Fortschritt“ in der Richtung auf das rational „richtige“e Handeln. Man hat fz. B.f die Magie ebenso systematisch „rationalisiert“ wie die gPhysik. Die erste ihrer eigenen Absicht nach „rationale“g Therapie bedeutete fast überall ein Verschmähen des Kurierens der empirischen Symptomeh mit reini empirisch erprobten kKräutern und Tränken zugunsten der Austreibung der (vermeintlich) „eigentlichen“k (magischen, dämonischen) „Ursache“ der lErkrankung. Sie hattel also formal ganz die gleiche rationalerem Struktur wie manche der d (S.  485)–d A: ganze Problematiken [...] hier das spezifisch Fatale.   n  In A geht voraus: b)   o–o  Fehlt in A.   p–p  A: und im Sinne 2. der Wertsteigerung   q A: innerhalb der Sphäre des Rationalen selbst   r  Fehlt in A.   s  Fehlt in A.   t–t  A: „objektiv“ richtigen Mittel verwendenden Handeln identisch, sondern   u A: die  a A: „Orientierung“   b–b  A: „Rationalisierung“   c  Fehlt in A.   d Fehlt in A.   e In A folgt: (d. h. das objektiv richtige Mittel wählende)   f–f  Fehlt in A.  g–g A: Physik, und die erste „rationale“, „wissenschaftliche“   h A: „Symptome“  i Fehlt in A.   k–k  A: Mitteln zugunsten der (vermeintlich) eigentlichen  l–l  A: Erkrankung, hat   m A: rationalisiertere  

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wichtigsten Fortschritten der modernen Therapie. oAber wir werden diese magischen Priestertherapien nicht als „Fortschritt“ zum „richtigen“ Handeln gegenüber jener Empirie werten können.o Und anderseits ist durchaus nicht etwa jeder „Fortschritt“ in der Richtung pder Verwendung der „richtigen“ Mittelp erzielt durch ein „Fortschreiten“ im ersteren q, subjektiv rationalen,q Sinne. Daß subjektiv fortschreitend rationaleres Handeln  zu objektiv „zweck­ mäßi­gerem“r Handeln führt, ist nurs eine von mehreren Möglichkeiten und ein mit (verschieden großer) Wahrscheinlichkeitt zu erwartender Vorgang.u Ist aaber ima Einzelfall der Satz richtig: die Maßregel x ist das (wir wollen annehmen: einzige)  Mittel für die Erreichung des Erfolges y – was eine empirische Frage ist, und zwar die einfache Umkehrung des Kausalsatzes: auf x folgt y – und wird nun dieser Satz – was ebenfalls empirisch feststellbar ist – von Menschen bewußt für die Orientierung ihres bauf den Erfolg y gerichtetenb Handelns verwertet, cdann ist ihr Handeln „technisch richtig“ orientiertc. Wird menschliches Verhalten (welcher Art immer) in irgendeinem Einzelpunkt in diesem Sinne technischd „richtiger“ eals bishere orientiert, so liegt ein „technischerf Fortschritt“ vor. Ob dies der Fall ist, das ist – immer natürlich: die absolute Eindeutigkeit des feststehenden Zweckes vorausgesetzt – für eine empirische Disziplin in der Tat geine mit den Mitteln der wissenschaftlichen Erfahrung zu treffende, also:g eine empirische Feststellung. Es gibt also in diesem Sinne, hwohl gemerkt:h bei eindeutig gegebenem Zweck, eindeutig feststellbare Begriffe von „technischer“ Richtigkeit und voni „technischem“ Fortschritt in den Mitteln (wobei hier „Technik“ in einem allerweitesten Sinne als rationales Sichverhaltenk überhaupt, auf allen lGebieten: auch denen der politischen, sozialen, erzieherischen, propagandistischen Menschenbehandlung und -beherrschung gemeintl ist). Man kann insbesondere n A: „Fortschritte“  o–o Fehlt in A.  p–p  A: des „richtigen“ Mittels  q–q  Fehlt in A.  r A: „zweckmäßigem“  s  Fehlt in A.  t A: „Wahrscheinlichkeit“  u  In A folgt: Man sagt dann: daß das „subjektive“ Verhalten dem „objektiven“ Tatbestand „entspreche“, weil es „technisch richtig“ sei.   a–a  A: in einem  b–b  Fehlt in A.   c–c  A: so „entspricht“ ihr subjektives Verhalten den Tatsachen, und zwar weil es „technisch richtig“ ist   d  Fehlt in A.   e–e  Fehlt in A.  f A: „empirisch-technischer  g–g  Fehlt in A.   h–h  Fehlt in A.   i A: ebenso  k A: Sicherhalten   l–l  A: Gebieten, gemeint  

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(um nur die uns naheliegenden Dinge zu berühren)m auf dem speziellen, gewöhnlich „Technik“ genannten Gebiet, ebenso abern auf dem der Handelstechnik, aucho der Rechtstechnikp von einem „Fortschritt“q annähernd eindeutig reden, wenn dabeir ein eindeutigs bestimmter Status teines konkreten Gebildest als Ausgangspunkt genommen wird. Annähernd: denn die einzelnen technisch ­ onflikte rationalen Prinzipien geraten, wie ujeder Kundigeu weiß, in K miteinander, zwischen denen ein Ausgleich zwar vom jeweiligen Standpunkt konkreter Interessenten, niemals aber „objektiv“, zu finden ist. Und es gibt, bei aAnnahme gegebener Bedürfnissea, bei bder fernerenb Unterstellung, daß alle diese Bedürfnisse als solche und ihre subjektive Rangeinschätzung der Kritik entzogen sein sollen, cund schließlich beic Annahme einer fest gegebenen Art der Wirtschaftsordnung überdiesd – wiederum unter dem Vorbehalt, daß z. B. die Interessen an Dauer, Sicherheit und Ausgiebigkeit der Deckung dieser Bedürfnisse in Konflikt geraten können und geraten – auch „ökonomischen“ Fortschritt zu einem relativen Optimum der Bedarfsdeckunge bei gegebenen Möglichkeiten der Mittelbeschaffung. Aber nur unter diesen Voraussetzungen und Einschränkungen.  Esf ist nung versucht worden, daraus die Möglichkeit eindeutiger und dabeih rein ökonomischer Wertungen abzuleiten. Ein  charakteristisches Beispiel dafür ist der is. Z.i von Prof. Liefmannk herangezogene Schulfall der absichtlichen Vernichtung von lunter den Selbstkostenpreis gesunkenenl Konsumgütern im Rentabilitätsinteresse der Produzenten.37 mDiese sei als auch objektiv „volkswirtschaftlich richtig“ zu bewerten. Diesem und – worauf es hier ankommt – jede ähnliche Darlegung nnimmt aber eine Reihe vonn m  A, B: berühren),   n  Fehlt in A.   o  Fehlt in A.   p  In A folgt: (im Gegensatz zur Rechtspolitik)   q A: „technischen Fortschritt“   r A: einmal   s Fehlt in A.   t–t  Fehlt in A.    u A: jedermann   a–a A: gegebenen Bedürfnissen   b–b  Fehlt in A.   c–c  A: bei fernerer   d A: ferner   e A: Deckung derselben   f  In A geht voraus: 5.  g  Fehlt in A.   h  Fehlt in A.   i–i  Fehlt in A.   k  In A folgt: (zuerst in der Debatte in Wien)   l–l  Fehlt in A.   m–m  A: Abgesehen von sonstigen nicht demonstrabeln Wertungen nimmt diese   n–n  A: u. a. folgende   37  Vgl. Liefmann, Diskussionsbeitrag „Über die Produktivität der Volkswirtschaft“, in: Verhandlungen VfSp 1909, S.  577–580, hier S.  579; vgl. dazu ausführlich mit Zitatwiedergabe und dem Hinweis auf Webers Kommentar während der Debatte, oben, S.  374, Anm.  38.

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Voraussetzungen als selbstverständlich an, die es nicht sind: oZunächst: daßo das Interesse des einzelnen über seinen Tod nicht nur faktisch oftp hinausreiche, sondern auch als darüberq hinausreichend rein für alle Mal geltenr solle. Ohne diese Übertragung aus dem „Sein“ in das „Sollen“ ist die betreffende angeblich rein ökonomische Wertung nicht eindeutig durchführbar. Denn sohne sies kann man z. B. nicht von den Interessen der „Produzenten“ und „Konsumenten“ als von Interessen perennierender Personen reden. Daß der einzelne die Interessen seiner Erben in Betracht zieht, ist abert keine rein ökonomische Begebenheit mehr. uDen lebendigen Menschen werden hier vielmehr Interessenten substituiert, welche „Kapital“ in „Betrieben“ verwerten und um dieser Betriebe willen existieren. Das ist eine für theoretische Zwecke nützliche Fiktion. Aber selbst als Fiktion paßt das nicht zu der Lage der Arbeiter. Insbesondere nicht: der kinderlosen.u – Zweitens ignoriert sie die Tatsache der „Klassenlage“, welche unter der Herrschaft des Marktprinzips nicht nur trotz, sondern gerade infolge der – vom Rentabilitätsstandpunkt aus gewertet jeweils möglichen – „optimalen“ Verteilung von Kapital und Arbeit auf die averschiedenen Erwerbszweigea die Güterversorgung gewisser Konsumentenschichten absolut verschlechtern kann (nicht: bmuß). Dennb jene „optimale“ Verteilung der Rentabilität, welche die Konstanz der Kapitalinvestition bedingt, cist jac ihrerseits von dend Machtkonstellationen zwischen den Klassen abhängige, deren Konsequenzen die Preiskampfposition jener Schichten im konkreten Fall schwächen können (nicht: müssen). – Drittens ignoriert sie die Möglichkeit dauernder unausgleichbarer Interessengegensätze zwischen Mitgliedern verschiedener politischer Einheiten und nimmt falso a priorif Partei für das „Freihandelsargument“g, welches sich aus einem hhöchst brauchbarenh heuristischen Mittel alsbald in eine gar nicht selbstverständliche „Wertung“ verwandelt, o–o A: Daß   p  Fehlt in A.   q  Fehlt in A.   r–r  A: angesehen werden   s A: sonst  t  Fehlt in A.   u–u  A: Es folgt zwar aus der Pragmatik dessen, der Kapital in einem „Betrieb“ profitbringend verwertet, für diesen, weil er als „Diener“ seines eigenen Betriebes fungiert und, soll dieser ökonomisch rational geführt werden, fungieren muß. Aber es folgt z. B. durchaus nicht aus der Pragmatik der Lage der Arbeiter, insbesondere nicht der kinderlosen. Nützliche theoretische Fiktionen dürfen nicht zur Grundlage von praktischen Wertungen gemacht werden.   a–a  A: Erwerbssparten  b–b  A: muß), weil ja   c–c  Fehlt in A.   d  Fehlt in A.   e  In A folgt: sein kann  f–f  Fehlt in A.   g A: „Freiheitsargument“   h–h  A: wichtigen  

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sobald man an seiner Hand Postulate des Seinsollens aufstellt. Wenn sie aber etwa, um diesem Konflikt zu entgehen, die politische Einheit der Weltwirtschaft unterstellt – was theoretisch absolut gestattet sein muß –,i so verschiebt sichk die unausrottbare Möglichkeit der Kritik, welche die Vernichtung jener genußfähigen Güter im Interesse des – wie hier unterstellt werden mag – unter den gegebenen Verhältnissen gegebenen dauernden Rentabilitätsoptimums (der Produzenten und Konsumenten) herausfordert, lediglich in ihrer Schlagweite. Die Kritik wendet sich dann nämlich gegen das gesamte Prinzip der Marktversorgung an der Hand solcher Direktiven, wie sie das in Geld ausdrückbare Rentabilitätsoptimum von tauschenden Einzelwirtschaften gibt, als solches. Eine nicht marktmäßige Organisation der Güterversorgung würde auf die ldurch das Marktprinzipl gegebene Konstellation von Einzelwirtschaftsinteressen Rücksicht zu nehmen keinenm Anlaß haben, daher auchn nichto genötigt sein, jene einmal vorhandenen genußfähigen Güter dem Verbrauch zu entziehen. Nur dann, wenn 1. ausschließlich dauernde Rentabilitätsinter­ essen konstant gedachter Personen mit konstant gedachten Be­dürfnissen als leitender Zweck, – 2. die ausschließliche Herrschaft privatkapitalistischer Bedarfsversorgung durch pganz freienp Markttausch qund: – 3.q eine uninteressierte Staatsmacht als bloße Rechtsgarantien als rfest gegebener Bedingungen vorausgesetzt werden, ist die Ansicht von Prof. Liefmann38 sauch nur theoretisch korrekt und dann freilich selbstverständlichs richtig. tDenn die Wertung betrifft dann die rationalen Mittel zur optimalen Lösung eines technischen Einzelproblems der Güterverteilung. Die zu theoretischen Zwecken nützlichen Fiktionen der reinen Ökonomik können aber nicht zur Grundlage von praktischen Wertungen realer Tatbestände gemacht werden.t Es bleibt ebenu dabei: daßa die ökonomische Theorie absolut gar nichts andres aussagen kann als: daß für den bgegebenen technischen Zweckb x die Maßregel y i  Komma fehlt in B; Ergänzung nach Fassung A.  k A: sich, wenn nunmehr ökonomisch „gewertet“ wird,   l–l  Fehlt in A.   m A: weniger   n  Fehlt in A.   o In A folgt: ebenso   p–p  Fehlt in A.   q–q  A: und dabei   r–r  A: gegebenen   s–s  A: selbst nach seinen eigenen, hier nicht zu erörternden Thesen   t–t  Fehlt in A.  u  Fehlt in A.   a  In A folgt: auch   b–b  A: „Zweck“   38  Vgl. dazu oben, S.  494, Anm.  37.

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das allein oder das neben y1, y2 geeignete Mittel sei, daß cim letztern Fallc zwischen y, y1, y2 die und die Unterschiede der Wirkungsweise und d– gegebenenfalls –d der Rationalität bestehen, daß ihre Anwendung und alsoe die Erreichung des Zweckes x dief „Nebenerfolge“ z, z1, z2 mit in den Kauf zu nehmen gebietetg. Das alles sind einfache Umkehrungen von Kausalsätzen, und soweit sich daran „Wertungen“ knüpfen lassen,h sind sie ausschließlichi solche des Rationalitätsgrades einer vorgestellten kHandlung. Die Wertungen sind dann und nur dann eindeutig, wenn der ökonomische Zweck und die sozialen Struktur-Bedingungen fest gegeben sind und nur zwischen mehreren ökonomischenk Mitteln zu wählen ist und wennl diese überdies ausschließlichm in bezug auf die Sicherheit, nSchnelligkeit undn quantitative Ergiebigkeit des Erfolges overschieden, in jeder anderen für menschliche Interessen möglicherweise wichtigen Hinsicht aber völlig identisch funktioniereno. Nur dann ist das eine Mittel wirklich bedingungslos als das p„technisch richtigste“p auch zu  werten und qist diese Wertung eindeutig. In jedem andern, also in jedem nicht rein technischen Fall hört die Wertung auf, eindeutig zu sein[,] und greifen Wertungen mit ein, welche nicht mehr rein ökonomisch bestimmbar sind.q Aber rmit Feststellung derr Eindeutigkeit sder technischen Wertung innerhalb der rein ökonomischen Sphäre wäre eine Eindeutigkeit der endgültigen „Wertung“ natürlichs nicht erzielt. Vielmehr begänne nunt jenseits dieser Erörterungen erst das Gewirr der unendlichen, nur durchu Rückführung auf letzte Axiome zu bewältigendena Mannigfaltigkeit möglicher Wertungen. Denn b– um nur eins zu erwähnen –b hinter der „Handlung“ steht: der Mensch. Für ihn kann cdie Steigerungc der subjektiven Rationalität und objek-

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c–c  Fehlt in A.   d–d  A: – wenn dies im Einzelfall zutreffen sollte –:   e  Fehlt in A.  f  In A folgt: und die   g  In A folgt: usw.   h  Komma fehlt in B; Ergänzung nach Fassung A.   i Fehlt in A.   k–k  A: Handlung, welche dann und nur dann eindeutig sind, wenn der Zweck und die allgemeinen Bedingungen gegeben und nur zwischen mehreren   l  Fehlt in A.   m A: in ausnahmslos jeder anderen Hinsicht als  n A: Schnelligkeit,  o–o  A: völlig identisch sind   p–p  A: „richtigste“   q–q  A: nicht bloß als, unter Abstraktion von sonst möglichen Unterscheidungen, den (genau zu bezeichnenden) Voraussetzungen nach in bestimmten einzelnen Beziehun- A 114 gen „rational richtiger“ zu bezeichnen.  r–r  A: auch damit wäre eine endgültige  s–s  A: der „Wertung“ natürlich bei weitem   t  Fehlt in A.   u  In A folgt: konstruktive  a  A, B: bewältigende   b–b  Fehlt in A.    c–c  A: das Steigern  

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tiv-technischend „Richtigkeit“ des Handelns als solchee über eine gewisse Schwelle hinaus – ja, von gewissen Anschauungen aus: ganz generell – als eine Gefährdung wichtiger (z. B. ethisch oder religiös wichtiger) Güter gelten. Die buddhistische (Maximal-) Ethik z. B., die jede Zweckhandlung schon deshalb, weil sie Zweckhandlung ist, als von der Erlösung abführend verwirft, wird schwerlich jemand von uns teilen. Aber sie zu „widerlegen“, in dem Sinn wie ein falsches Rechenexempel oder eine irrige medizinische Diagnose, istf schlechthin unmöglich. Auch ohne so extremeg Beispiele heranzuziehen aber ist es hleicht einzusehenh: daß noch so zweifellos „technisch richtige“ ökonomische Rationalisierungeni durch diese ihre Qualität allein noch kin keiner Artk vor dem Forum der Bewertung legitimiert seien. Das gilt für ausnahmslos alle Rationalisierungen, einschließlich lscheinbar so rein technischer Gebiete wiel etwa des Bankwesensm. Diejenigen, welche nsolchen Rationalisierungenn opponieren, sind durchauso nicht notwendig Narren. Überall muß vielmehrp, wenn man einmal werten will, der Einfluß qder technischenq Rationalisierungen auf Verschiebungen rder gesamten äußeren und inneren Lebensbedingungenr mit in Betracht gezogen werden. sÜberall und ausnahmslos haftet der in unsren Disziplinen legitime Fortschrittsbegriff am „Technischen“, das soll hier, wie gesagt, heißen: am „Mittel“ für einen eindeutig gegebenen Zweck. Nie erhebt er sich in die Sphäre der „letzten“ Wertungen.s Ich halte tnach allem Gesagtent die Verwendung des Ausdrucks „Fortschritt“ selbstu auf dem begrenzten Gebiet seiner empirisch

d A: technischen  e A: solches  f A: scheint mir   g A: radikale   h–h  A: ja gerade die einzige wirklich gemeinsam gewesene und gebliebene Überzeugung der im Verein für Sozialpolitik vereinigten Sozialpolitiker   i A: Erscheinungen   k–k  A: nicht  l–l A: derjenigen   m A: Bankwesens, von denen in Wien auch die Rede war  n–n  A: ihnen   o  Fehlt in A.   p  Fehlt in A.   q–q  A: solcher   r–r  A: auch der Klassenlage u. dgl.   s–s A: Selbstverständlich ist auf der anderen Seite freilich auch – was oft vergessen wird – daß man, wenn man einmal „werten“ will, unter gegebenen Bedingungen auch entschieden für eine Politik eintreten kann, welche im gegebenen Einzelfall scheinbar lediglich Rentabilitätsinteressen oder, allgemein gesprochen, die ökonomische ratio des Gütermarktes zur Richtschnur nimmt. Aus ganz anderen Gründen als weil man etwa keine anderen Maßstäbe der Bewertung kennte. Z. B. je nach den Umständen im politischen Machtinteresse der eigenen Nation. Unter allen jenen Phrasen z. B., denen die Deutschen je zum Opfer fielen, war die dreisteste das Gerede vom „Schutz der nationalen Arbeit“ in Fällen, wo es sich um Schutz von A 115 Renteninteressen handelte und einer der Effekte der jener Phrase entsprechenden Handelspolitik die Bevölkerung Deutschlands mit weit mehr als einer Million von Ausländern gewesen ist. –   t–t  Fehlt in A.   u A: auch  

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unbedenklichen Anwendbarkeit:a für sehr inopportun. Aber Ausdrücke läßt sich niemand verbieten, und man kann schließlichb die möglichen Mißverständnisse vermeiden.c  dEs bleibt, ehe wir abschließen, noch eine letzte Problemgruppe über die Stellung des Rationalen innerhalb empirischer Disziplinen zu erörtern.d eWenn das normativ Gültige Objekt empirischer Untersuchung wird, so verliert es, als Objekt, den Norm-Charakter: es wird als „seiend“, nicht als „gültig“, behandelt.e Beispielsweise: Wenn eine Statistik die Zahl der „Rechenfehler“ innerhalb einer bestimmten fSphäre berufsmäßigen Rechnensf feststellen wollte,g – was recht wohl wissenschaftlichen Sinn haben könnte –, so würdenh für sie die Grundsätze des Einmaleins in zweierlei gänzlich verschiedenem Sinn „gelten“i. Einmal ist ihre normative Gültigkeit natürlichk absolute Voraussetzung ihrer eigenen rechnerischen Arbeit. Das andere Mal aber, wo der Grad der „richtigen“l Anwendung des Einmaleins als Objekt der Untersuchung in Frage kommt, msteht es, rein logisch angesehen, durchaus anders. Hier wird die Anwendung des Einmaleins von seiten jener Personen, deren Rechnungen Gegenstand der statistischen Prüfung sind, als eine ihnenm durch Erziehungn gewohnt gewordene faktische Maxime des Sichverhaltens behandelt, deren tatsächliche oAnwendung auf ihreo Häufigkeit hinp festgestellt werden soll, ganz ebenso wie etwaq bestimmte Irrsinnserscheinungen das Objekt einer statistischenr Feststellung sein können. Daß das Einmaleins normativ „gelte“, d. h. „richtig“ sei, ist in diesem Fall, wo seine Anwendung „Objekt“

a A: Bewertbarkeit: fortschreitende Differenzierung in der irrationalen Sphäre und fortschreitende Rationalisierung in der technisch-rationalen Sphäre, wegen der äußerst naheliegenden Mißverständnisse,   b  In A folgt: ja   c  In A folgt ein Gedankenstrich.  d–d  A: Es seien schließlich noch einige, die Frage der „praktischen“ Wertungen nicht mehr betreffende Bemerkungen über die Beziehungen des Empirischen zum normativ „Gültigen“ beigefügt.   e–e  A: 6. Empirische Disziplinen bedürfen in bestimmten Fällen für ihre Zwecke anderer als nur „empirischer“ Feststellungen als Hilfsmittel. (Ich muß auch hier für alles Nähere auf die früher zitierten Aufsätze verweisen.) Nicht immer und nicht in dem Sinne ist dies der Fall, wo und wie es zuweilen den Anschein hat.    f–f A: Sphäre, in welcher berufsmäßig gerechnet wird,   g  Komma fehlt in A.   h A: „gelten“   i  Fehlt in A.   k  Fehlt in A.   l  Fehlt in A.  m–m A: wird die Anwendung dieses letzteren als eine konventionell und   n  In A folgt: uns beigebrachte und   o–o  A: statistische   p  Fehlt in A.   q Fehlt in A.   r A: solchen  

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ist,s gar kein Gegenstand der tErörterung und logisch vollkommen gleichgültig. Dert Statistiker mußu bei der statistischen Nachprüfung der Rechnungena der Untersuchungspersonen sich auch seinerseits natürlich bdieser Konvention, „nach dem Einmaleins“ nachzurechnen, fügen. Aber er müßte ja ganz ebenso auch ein, normativ gewertet,b „falsches“ Rechenverfahren anwendenc, falls etwa ein solches einmal din einer Menschengruppe für „richtig“ gehalten worden wäre und wenn er dann die Häufigkeit von dessen tatsächlicher, vom Standpunkt jener Gruppe aus „richtiger“, Anwendung statistisch zu untersuchen hätte. Für jede empirische, soziologische oder historische Betrachtung ist unser Einmaleins also, wo es als Objekt der Untersuchung auftritt, eine konventionell in einem Menschenkreise geltende und in mehr oder minder großer Annäherung befolgte Maxime des praktischen Verhaltens und nichts anderes.d Jede Darstellung der pythagoreischen Musiklehre muß die – für unser Wissene – „falsche“ Rechnung zunächst einmal hinnehmen: daß 12 Quinten = 7 Oktaven seien.39 Jede Geschichte der Logik ebenso die historische Existenz von f(für uns)f widerspruchsvolleng logischen Aufstellungen – und es  ist menschlich hbegreiflich – gehörenh aber nicht mehr zur wissenschaftlichen Leistung, wenn man solche „Absurditäten“ mit derartigeni Explosionen des Zorns begleitet, wie ein ganz besonders verdienstlicher Historiker der mittelalterlichen Logik es getan hat.40  k

s  In A folgt: im logischen Sinne   t–t  A: Erörterung. Nach dem Einmaleins zu rechnen wird vielmehr als eine rein konventionelle Gepflogenheit behandelt, welcher der hier vorausgesetzte   u  Fehlt in A.   a A: „Rechnungen“   b–b  A: „fügen“ muß – ebenso wie er ein normativ   c A: zeitweise anwenden müßte   d–d  A: historisch vertreten worden wäre und nun die Häufigkeit von dessen empirischer AnwenA 116 dung statistisch untersucht werden sollte. Eine im Mittelalter gelegentlich vertretene Annahme über das Verhältnis des Papstes zum Kaiser (Sonne und Mond) beruht z. B. auf der Voraussetzung, daß 8 × 7 nicht wie wir heute annehmen = 56, sondern = 57 sei. Jede Wiedergabe des Trinitätsdogmas muß eine – für unsere Annahme – rechnerische Absurdität hinnehmen und die „logischen“ Konsequenzen, welche daraus folgen, darlegen.  e A: Rechnen   f–f  A: – für uns – logisch   g  In A folgt: oder direkt „absurden“  h–h  A, B: begreiflich, gehört   i A: solchen   k  In A folgt: Der Tatsache nach werden aber in solchen Fällen empirische Feststellungen mit nicht rein empirischen Mitteln erreicht. Das führt nun weiter:   39  Zur pythagoreischen Musiklehre vgl. die Erläuterung, oben, S.  377, Anm.  43. 40  Weber könnte sich hier beziehen auf: Prantl, Carl, Geschichte der Logik im Abendlande. Vierter Band. – Leipzig: S.   Hirzel 1870; ausführlicher dazu oben, S.   377, Anm.  44.

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Metamorphose normativ gültiger Wahrheiten in konventionell geltende Meinungen, welcher sämtliche geistigen Gebilde, auch logische oder mathematische Gedanken, unterliegen, sobald sie Objekte einer auf ihr empirisches Sein, nicht ihren (normativ) richtigen Sinn reflektierenden Betrachtung werden, besteht durchaus unabhängig von dem Tatbestand, daß die normative Geltung logischer und mathematischer Wahrheiten andererseits das Apriori aller und jeder empirischen Wissenschaft ist. – Weniger einfach ist ihre logische Struktur bei einer schon oben41 berührten Funktion, die ihnen bei der empirischen Untersuchung geistiger Zusammenhänge zukommt und die von jenen beiden: der Stellung als Objekt der Untersuchung und der Stellung als deren Apriori[,] wiederum sorgfältig zu scheiden ist. Jede Wissenschaft von geistigen oder gesellschaftlichen Zusammenhängen ist eine Wissenschaft vom menschlichen Sichverhalten (wobei in diesem Fall jeder geistige Denkakt und jeder psychische Habitus mit unter diesen Begriff fällt). Sie will dies Sichverhalten „verstehen“ und kraft dessen seinen Ablauf „erklärend deuten“. Nun kann hier der schwierige Begriff des „Verstehens“ nicht abgehandelt werden. Uns interessiert in diesem Zusammenhang nur eine besondere Art davon: die „rationale“ Deutung. Wir „verstehen“ es offenbar ohne weiteres, daß ein Denker ein bestimmtes „Problem“ so „löst“, wie wir selbst es für normativ „richtig“ halten, daß ein Mensch z. B. „richtig“ rechnet, daß er für einen beabsichtigten Zweck die – nach unserer eignen Einsicht – „richtigen“ Mittel anwendet. Und unser Verständnis für diese Vorgänge ist deshalb so besonders evident, weil es sich eben um die Realisation von objektiv „Gültigem“ handelt. Und dennoch muß man sich hüten zu glauben, in diesem Fall erscheine das normativ Richtige, logisch angesehen, in der gleichen Struktur wie in seiner allgemeinen Stellung als das Apriori aller wissenschaftlichen Untersuchung. Vielmehr ist seine Funktion als Mittel des „Verstehens“ genau die gleiche, wie sie das rein psychologische „Einfühlen“ in logisch irrationale Gefühls- und AffektZusammenhänge da versieht, wo es sich um deren verstehende Erkenntnis handelt. Nicht die normative Richtigkeit, sondern l–l (S.  502)  Fehlt in A.   41  Oben, S.  499 f.

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einerseits die konventionellen Gepflogenheiten des Forschers und Lehrers, so und nicht anders zu denken, andererseits aber auch erforderlichenfalls seine  Fähigkeit, sich in ein davon abweichendes, ihm, nach seinen Gepflogenheiten, als normativ „falsch“ erscheinendes Denken verstehend „einfühlen“ zu können, ist hier das Mittel der vorstehenden Erklärung. Schon daß das „falsche“ Denken, der „Irrtum“, dem Verständnis im Prinzip ganz ebenso zugänglich ist, wie das „richtige“, beweist ja, daß das als normativ „richtig“ Geltende hier nicht als solches, sondern nur als ein besonders leicht verständlicher konventioneller Typus in Betracht kommt. Und das führt nun zu einer letzten Feststellung über die Rolle des normativ Richtigen innerhalb der soziologischen Erkenntnis.l Schon um eine „falsche“ Rechnung oder logische Feststellung zu „verstehen“ und ihren Einfluß in denjenigen faktischen Konsequenzen, welche sie gehabt hat, feststellen und darlegen zu können, wird man offenbar nicht nur selbstverständlich seinerseits sie „richtig“ rechnend bzw. logisch denkend nachprüfen, sondern auch mgerade denjenigen Punktm mit den Mitteln des „richtigen“ Rechnens bzw. der „richtigen“ Logik ausdrücklich bezeichnen müssenn, an welchem die untersuchte Rechnung oder logische Aufstellung von dem, was der darstellende Schriftsteller seinerseits als normativo „richtig“ ansieht, abweichtp. Nicht notwendig nur zu dem praktischpädagogischen Zweck, den z. B. Windelband in der Einleitung zu seiner Geschichte der Philosophie in den Vordergrund stellt („Warnungstafeln“ vor „Holzwegen“ aufzustellen),42 der dochq nur einen erwünschten Nebenerfolg rder historischen Arbeitr bedeutet. Und auch nicht, weil jeder geschichtlichen Problematik, zu sderen Objekt irgendwelche logische oder mathematische oder andere wissenschaftliche Erkenntnisse gehörens, unvermeidlich nur der tvon uns als gültig anerkanntet „Wahrheitswert“ – und also der

l  (S.  501)–l  Fehlt in A.   m–m A: denjenigen Punkt   n Fehlt in A.   o Fehlt in A.   p A: abweicht   q  Fehlt in A.   r–r  Fehlt in A.   s–s A: der objektiv die Logik (oder das Rechnen) gehörte   t–t  Fehlt in A.   42  Das von Weber angeführte Zitat findet sich nicht an der angegebenen Stelle, sondern in: Windelband, Wilhelm, Geschichte der Philosophie, in: ders. (Hg.), Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer. – Heidel­berg: Winter 1905, S.  175–199, hier S.  179; ausführlicher dazu oben, S.  378, Anm.  45.

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„Fortschritt“ in der Richtung auf diesen – als einzig mögliche, für die Auslese maßgebende letztea Wertbeziehung zugrunde liegen bkönnte. (Obwohl selbst dann, wenn dies tatsächlich der Fall wäre,b trotzdemc der gerade von Windelbandd so oft festgestellte Sachverhalt zu beachten bliebe: daß der „Fortschritt“ in diesem Sinne sehr oft statt des direkten Weges den – ökonomisch ausgedrückt – „ergiebigen Produktionsumweg“ über e„Irrtümer“: Pro­blem­ver­ schlin­gun­gen,e eingeschlagen hat.)f 43 Sondern deshalb, weil (und alsog  auch nur soweit, als) diejenigen Stellen, an welchen hdas als Objekt untersuchte geistige Gedankenbilde von demjenigen abweicht, welchesh der Schriftsteller selbst für „richtig“ halten muß, regelmäßig zu den in seinen Augen ihmi spezifisch „charakteristischen“, d. h. zu den, von ihm aus gesehen, entweder direkt wertbezogenenk oder kausal unter dem Gesichtspunkt andrer wertbezogenerl Sachverhalte wichtigen gehören werdenm. Das wird nnun allerdingsn normalerweise um so mehr der Fall sein, je mehr der Wahrheitswerto von Gedanken der leitende Wert einer historischen Darstellung ist, also namentlich bei einer Geschichte einer bestimmten „Wissenschaft“ (etwa pder Philosophie oderp der theoretischen Nationalökonomie). Aber es ist keineswegs notwendig nur dann der Fall. qSondern esq tritt ein wenigstens ähnlicher Sachverhalt überallr da ein, wo sein subjektiv, der Absicht nach, rationaless Handeln überhaupt den Gegenstand einer Darstellung bildet, und wo also „Denk“- oder „Rechen-Fehler“ kausale Komponenten des Ablaufes des Handelns bilden können. Um z. B. die Führung teines Kriegest zu „verstehen“, muß unvermeidlich – wenn auch nicht notwendig ausdrücklich oder in ausgeführter Form – beiderseitsu

a A: leitende   b–b  A: müßte, – wobei übrigens   c  In A folgt: natürlich   d A: Windelband, in anderer Formulierung,   e–e  A: „Irrtümer“   f Klammer fehlt in A.    g A: deshalb    h–h  A: die dargestellte geistige Konzeption – um diesen möglichst farblosen Ausdruck zu gebrauchen, – von derjenigen abweicht, welche   i A: ihr   k A: „wertbezogenen“   l A: „wertbezogener“   m A: werde   n–n  Fehlt in A.   o A: „Wahrheitswert“   p–p Fehlt in A; B: der Philosophie, oder  q–q  A: Es   r A: auch   s–s A: „rationales“   t–t A: des Krieges von 1866  u  Fehlt in A.   43 Der Ausdruck „Problemverschlingung“ findet sich bei Windelband, Geschichte der Philosophie4, S.  11–13. Es sei ein Problem der systematischen Geschichte der Philosophie, daß „Fragen, die an sich nichts miteinander zu tun haben, vermischt und in ihrer Lösung unabhängig voneinander gemacht werden“.

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ein idealera Feldherr vorgestellt werden, dem die Gesamtsituation und Dislokation der beiderseitigen militärischen Machtmittel und die sämtlichen daraus sich ergebenden Möglichkeiten, das in concretob eindeutige Ziel: Zertrümmerung der gegnerischen Militärmacht, zu erreichen, bekannt und stets gegenwärtig cgewesen wärenc, und der dauf Grund dieser Kenntnisd irrtumslos und auch logisch „fehlerfrei“ egehandelt hättee. fDenn nurf dann kann eindeutig festgestellt werden, welchen kausalen Einfluß der Umstand, daß gdie wirklichen Feldherrng weder jeneh Kenntnis noch diese Irrtumlosigkeit ibesaßen und daß siei überhaupt keine bloß krationalen Denkmaschinen warenk, auf den Gang der Dinge gehabt hat. Die rationale Konstruktion hat alsol hier den Wert, als Mittel richtiger kausaler „Zurechnung“ zu fungieren. Ganz den gleichen Sinn haben nunm diejenigen utopischen Konstruktionen streng und irrtumslos rationalen Handelns, welche die „reine“ ökonomische Theorie schafft. Zum Zweck der kausalen Zurechnung empirischer Vorgängen bedürfen wir ebeno rationaler, pje nachdemp empirisch-technischer oder auch logischer Konstruktionenq, welche auf die Frage antworten: wie bei absoluter rationaler, empirischer und logischer „Richtigkeit“ und „Widerspruchslosigkeit“r ein Sachverhalt, möge er einen äußeren Zusammenhang des Handelnss oder etwa ein Gedankengebilde (z. B. ein philosophisches System) darstellent, aussehen (oder ausgesehen haben) würde.  Logischu betrachtet, ist anun abera die Konstruktion einer rational „richtigen“ solchenb Utopie dabei nur eine der verschiedenen möglichen Gestaltungen eines „Ideal­typus“c – wie ich (in einer mir für jeden anderen Ausdruck feilen Terminologie) solche Begriffsbildungen genannt habe. dDenn nicht nurd lassen sich e, wie gesagt,e 44 Fälle denken, wof als Idealtypus geradeg ein in charakteristischer Art falschesh Schlußa A: „idealer“   b A: concreto, wenigstens rein militärisch betrachtet,   c–c A: sind  d–d  Fehlt in A.   e–e  A: handelt   f A: Nur   g–g  A: der wirkliche Feldherr  h A: diese   i–i  A: besaß und   k–k  A: rationale Denkmaschine war  l  Fehlt in A.   m  Fehlt in A.   n  In A folgt: also   o  Fehlt in A.   p–p  A: jenachdem  q A: „Utopien“   r  In A folgt ein Komma.   s A: Handels   t A: sein  u A: Aber, logisch   a–a  Fehlt in A.   b Fehlt in A.   c In A folgt ein Komma.  d–d  A: Es   e–e  Fehlt in A.   f In A folgt: etwa   g Fehlt in A.  h A: logisch falsches   44  Weber verweist auf seinen Aufsatz: Weber, Objektivität, bes. S.  69, 77.

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verfahren oder ein bestimmtes typisch  zweckwidriges Verhalteni einen besseren Dienst tun kkönnte. Sondernk es gibt vor allem ganze Sphären des Verhaltens (die Sphäre des „Irrationalen“), wo nicht das Maximum von logischer Rationalität, sondern lediglich die durch isolierende Abstraktion gewonnene Eindeutigkeit jenen Dienst lam besten leistetl. Faktisch zwarm verwendet der Forscher nbesonders häufign normativ „richtig“ konstruierte „Idealtypen“. Logisch betrachtet aber ist gerade dies: die normative o„Richtigkeit“ dieser Typeno, kein Essentiale. pSondern esp kann ein Forscher, um qz. B.q eine spezifische Art von typischerr Gesinnung sder Menschen einer Epoches zu charakterisieren, sowohl einen ihm persönlich ethisch normgemäßt und in diesem Sinn objektiv „richtig“, wie einen ihm ethisch durchausu normwidrig erscheinenden Typus von Gesinnung konstruieren und danna das Verhalten der bzu untersuchendenb Menschenc damit vergleichen,d oder endlich auche einen Gesinnungstypus, für den er persönlichf gar gkein positives oder negatives Prädikat irgendeinerg Art in Anspruch nimmt. Das normativh „Richtige“ hat ifür diesen Zweck alsoi keinerlei Monopol. jDenn welchen Inhalt immerj der rationale Idealtypus hat: ob er eine ethische, rechtsdogmatische, ästhetische oder religiöse Glaubensnorm oder eine technische oder ökonomische oder eine rechtspolitische oder sozialpolitische oder kulturpolitische Maxime oder eine in eine möglichst rationale Form gebrachte „Wertung“ welcher Art immer darstellt, stets hat seine Konstruktion innerhalb empirischer Untersuchungen nur kden Zweck:k die empirische Wirklichkeit mit ihm zu „vergleichen“, ihren Kontrast oder ihren Abstand von ihm oder ihre relative Annäherung an ihn festzustellen, um sie so mit lmöglichst eindeutig verständlichen Begriffenl beschreiben und kausal mzurechnend verstehen undm erklären zu können. Diese Funktionen versieht die rationale rechtsdogmatische Begriffsbildung z. B. für die empirische Disziplin der Rechtsi In A folgt: den gleichen oder selbst   k–k  A: könne, und   l–l  A: leisten kann  m A: also   n–n  A: überempirisch, insbesondere – in den gewählten Beispielen –   o–o  A: „Geltung“   p–p  A: Ebenso   q–q  Fehlt in A.   r Fehlt in A.   s–s A: (eine „Epoche“)   t A: „normgemäß“   u Fehlt in A.   a Fehlt in A.   b–b  Fehlt in A.   c  In A folgt: (jener Epoche)   d  Komma fehlt in A.   e Fehlt in A.   f  Fehlt in A.  g–g  A: keine normative Dignität irgend einer   h Fehlt in A.    i–i  A: da    j–j  A: Welchen Inhalt überhaupt    k–k  A: den Zweck,   l–l  A: möglichst eindeutigen Begriffen   m–m  Fehlt in A.  

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geschichte (nvgl. dazun Archiv f. Sozialwissensch[aft] Bd.   XXIV S.  o132 f.)45 undo die rationale Kalkulationslehre für die Analyse des realen Verhaltens der Einzelwirtschaften in der Erwerbswirtschaft. Beide eben genannten dogmatischenp Disziplinen haben nun natürlich außerdem noch als „Kunstlehren“ eminente normativ-praktische Zwecke. Und beide Disziplinen sind qin dieser ihrer Eigenschaftq, als dogmatische Wissenschaften, ebensowenig empirische Disziplinen im hier erörterten  Sinn46 wie etwa Mathematik, Logik, normative Ethik, Ästhetik, von denen sie im übrigen aus anderen Gründen so völlig verschieden sind wie diese untereinander es auch sind.r Die ökonomische Theorie endlichs ist offensichtlicht eine Dogmatiku  in einem logisch sehr anderen Sinn als etwaa die bRechtsdogmatik. Ihre Begriffe verhalten sich zur ökonomischen Realität spezifisch anders als diejenigen der Rechtsdogmatik zur Realität des Objekts der empirischen Rechtsgeschichte und Rechtssoziologie. Aber wie die dogmatischen Rechtsbegriffeb als „Idealtypen“ für die letzterenc verwertet werden können und müssen, so ist diese Art der Verwendung dfür die Erkenntnis der sozialen Wirklichkeit der Gegenwart und Vergangenheitd der geradezu ausschließliche Sinn der reinen ökonomischen Theorie.e Sie macht bestimmte, in der Realität kaum jemals rein erfüllte, aber in verschieden starker Annäherung fan sie anzutreffendef Voraussetzungen und fragt: wie sich das soziale Handeln von Menschen, wenn es strikt rational verliefe, unter diesen Voraussetzungen gestalten würde. gSie unterstellt insbesondere das Walten rein ökonomischer n–n  A: cf.   o–o A: 132 f.), ; B: 132 f.), und   p Fehlt in A.   q–q  Fehlt in A.   r  Kein Absatz in A.   s  Fehlt in A.   t  Fehlt in A.   u A: „Dogmatik“   a Fehlt in A.   b–b  A: Rechtsdogmatik; sie gebiert keinerlei praktische „Kunstlehre“ aus sich; ihre Begriffe verhalten sich zur ökonomischen Realität spezifisch anders als diejenigen der Rechtsdogmatik zur empirischen Rechtsgeschichte. Aber wie jene   c A: letztere  d–d  Fehlt in A.   e A: „Theorie“. In A folgt ein Absatz.   f–f  A: in ihr angetroffenen  g–g (S.  512)  A: Nicht nur die Nationalökonomie, sondern jede soziologische empirische Betrachtung bedarf solcher rationaler Konstruktionen, um der Mannigfaltigkeit des Empirischen überhaupt Herr zu werden. Ich verweise auf das früher (Archiv f. Sozialwissensch[aft] Bd.  XIX S.  64 ff.) Gesagte und füge nur hinzu: diejenige besondere Art des Betriebes der Soziologie („verstehende Soziologie“), als deren „Spezialfall“ (mit einigen Vorbehalten) die systematische Nationalökonomie betrachtet 45  Gemeint ist: Weber, Stammlers Überwindung. 46  Weber bezieht sich auf seinen Aufsatz: Weber, Objektivität, S.  64 ff.

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Interessen und schaltet also den Einfluß machtpolitischer ebenso wie anderer außerökonomischer Orientierungen des Handelns aus. Nun vollzog sich aber an ihr der typische Hergang der „Problemverschlingung“.47 Denn diese, in diesem Sinn, „staatsfreie“, „moralfreie“, „individualistische“ reine Theorie, welche als methodisches Hilfsmittel unentbehrlich war und immer sein wird, faßte die radikale Freihandelsschule48 als ein erschöpfendes Abbild werden darf, ist eine Wissenschaft vom menschlichen Handeln. Menschliches Handeln ist dabei ein (subjektiv) „sinnhaftes“ auf „Objekte“, ausschließlich innere (wie z. B. bei der Kontemplation) oder, beim „aktiven“ Handeln, äußere Objekte (Dinge oder Menschen) bezogenes Sichverhalten. „Gemeinschaftshandeln“ ist (für diese besondere Art von Soziologie) ein auf das Handeln Anderer seinem (subjektiv gemeinten) „Sinn“ nach bezogenes Handeln. Ein wichtiger Spezialfall des so definierten „Handelns“ ist nun das „rational“, d. h. unter (subjektiver) Orientierung an „Mittel“ und „Zweck“, auf die Außenwelt bezogene, innerhalb des Gemeinschaftshandelns also: auf das Handeln Anderer bezogene, Handeln. Nicht jedes ökonomisch rationale Handeln ist „Gemeinschaftshandeln“. Aber z. B. das rationale Handeln auf dem Markt, wie es die rationale Preisbildungstheorie konstruiert, ist ein solches. Innerhalb des (subjektiv) sinnhaft auf das Handeln Anderer bezogenen Handelns, des Gemeinschaftshandelns also, wird nun das rationale Handeln von der Theorie deshalb als „Idealtypus“ gebraucht, weil es besonders eindeutig und ohne alle „psychologische“ Erörterungen konstruierbar ist. Und – was hier nicht näher ausgeführt werden kann – auch soweit im übrigen die empirische A 120 Erkenntnis der ökonomischen Realitäten „psychologische“ Einsichten verwertet, haben diese, weitaus dem Schwerpunkt nach, den Charakter der „psychologia [A: „psychologie] rationalis“ (also einer in Wahrheit unpsychologischen Erkenntnis), und der Rest gehört dem Typus der neuerdings sogenannten „verstehenden“ Psychologie an. Denn die Nationalökonomie, speziell auch die historische, ist eine menschliches Handeln in seinen Motiven und Konsequenzen „verstehende“ Wissenschaft, eben daher intim verknüpft mit der „verstehenden Soziologie“. – Auch noch diese methodischen Sachverhalte im Ausschuß nebenher mitzuerörtern, würde aber doch wohl kaum möglich sein, obwohl gerade erst sie die logischen Probleme klarstellen. Es herrscht zurzeit in unserer Disziplin so etwas wie eine methodologische Pestilenz. Fast kein noch so rein empirischer Aufsatz kann geschrieben werden, ohne daß der Autor sozusagen um seiner Reputation willen, „methodologische“ Bemerkungen dazu für nötig hält. Das kann sehr leicht zu dem Zustand des „Fluchs der Kröte“ führen. Man kann gehen, ohne die Anatomie seiner Beine zu kennen. Nur wenn etwas nicht in Ordnung ist, kommt diese für das Gehen praktisch in Betracht. – Ich nehme also an, daß man sich auf das einfache zur Diskussion gestellte Problem der allgemeinen Beziehung von praktischer Wertung und empirischer Wissenschaft beschränken wird, wollte die große Komplikation der näheren Beziehungen zwischen dem Rationalen und dem Empirischen hier nur angedeutet haben und verweise auf den gleichzeitig erscheinenden Aufsatz im „Logos“.   47  Zum Begriff „Problemverschlingung“ vgl. oben, S.  503, Anm.  43. 48 Diese auf Adam Smith zurückgehende klassische Wirtschaftslehre besagt, daß unter der Voraussetzung eines von staatlicher Regulierung freien Marktes die Arbeit aller den Wohlstand des Gemeinwesens schafft. Das Selbstinteresse des Menschen, seine Lage zu verbessern, diene als treibende Wirtschaftskraft zugleich dem Allgemeinwohl.

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der „natürlichen“, d. h. der nicht durch menschliche Torheit verfälschten, Wirklichkeit, darüber hinaus aber und auf Grund dessen als ein „Sollen“ auf: als ein in der Wertsphäre geltendes Ideal statt als einen für die empirische Erforschung des Seienden brauchbaren Idealtypus. Als infolge wirtschafts- und sozialpolitischer Änderungen der Einschätzung des Staats der Rückschlag in der Wertungssphäre eintrat, griff er seinerseits alsbald auf die Seinssphäre über und verwarf die rein ökonomische Theorie nicht nur als Ausdruck eines Ideals – als welches zu gelten sie nie hätteh beanspruchen dürfen –[,] sondern auch als methodischen Weg zur Erforschung des Tatsächlichen. „Philosophische“ Erwägungen der verschiedensten Art sollten die rationale Pragmatik ersetzen, und bei der Identifizierung des „psychologisch“ Seienden mit dem ethisch Geltenden wurde eine reinliche Scheidung der Wertungssphäre von der empirischen Arbeit undurchführbar. Die außerordentlichen Leistungen der Träger dieser wissenschaftlichen Entwicklung auf historischem, soziologischem, sozialpolitischem Gebiet sind ebenso allgemein anerkannt, wie für den unbefangen Urteilenden der Jahrzehnte dauernde völlige Verfall der theoretischen und der streng wirtschaftswissenschaftlichen Arbeit überhaupt als naturgemäße Folge jener Problemvermischung zutage liegt. Die  eine der beiden Hauptthesen, mit welchen die Gegner der reinen Theorie arbeiteten, war: daß die rationalen Konstruktionen dieser „reine Fiktionen“ seien, welche über die Realität der Tatsachen nichts aussagten. Richtig verstanden, trifft diese Behauptung zu. Denn die theoretischen Konstruktionen stehen durchaus nur im Dienst der von ihnen selbst keineswegs gelieferten Erkenntnis der Realitäten, welche, infolge der Mitwirkung anderer, in ihren Voraussetzungen nicht enthaltener, Umstände und Motivenreihen, selbst im äußersten Fall nur Annäherungen an den konstruierten Verlauf enthalten. Das beweist freilich, nach dem Gesagten, nicht das Mindeste gegen die Brauchbarkeit und Notwendigkeit der reinen Theorie. Die zweite These war: daß es jedenfalls eine wertungsfreie Lehre von der Wirtschaftspolitik als Wissenschaft nicht geben könne. Sie ist natürlich grundfalsch, so falsch, daß gerade die „Wertungs­freiheit“ – im vorstehend vertretenen Sinn – die Voraussetzung jeder rein wissenschaftlichen Behandlung der Politik, insh B: hätten  

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besondere der Sozial- und Wirtschaftspolitik, ist. Daß es selbstverständlich möglich, wissenschaftlich nützlich und nötig ist, Sätze zu entwickeln von dem Typus: für die Erreichung des (wirtschaftspolitischen) Erfolgs x ist y das einzige oder isind, unter den Bedingungen b1, b2, b3, y1, y2, y3i die einzigen oder die erfolgreichsten Mittel, bedarf wohl nicht der Wiederholung. Und nur daran sei nachdrücklich erinnert, daß das Problem in der Möglichkeit absoluter Eindeutigkeit der Bezeichnung des Erstrebten besteht. Liegt diese vor, dann handelt es sich um einfache Umkehrung von Kausalsätzen und also um ein rein „technisches“ Problem. Eben deshalb liegt aber auch in all diesen Fällen gar kein Zwang für die Wissenschaft vor, diese technischen teleologischen Sätze nicht als einfache Kausalsätze, also in der Form zu fassen: auf y folgt stets bzw. auf y1, y2, y3 folgt unter den Bedingungen b1, b2, b3 der Erfolg x. Denn das besagt genau dasselbe, und die „Rezepte“ kann sich der „Praktiker“ daraus unschwer entnehmen. Aber die wissenschaftliche Lehre von der Wirtschaft hat denn doch neben der Ermittlung rein idealtypischer Formeln einerseits und andrerseits der Feststellung solcher kausalen wirtschaftlichen Einzelzusammenhänge – denn um solche handelt es sich ausnahmslos, wenn „x“ hinlänglich eindeutig und also die Zurechnung des Erfolgs zur Ursache und also des Mittels zum Zweck hinlänglich streng sein soll – noch einige andere Aufgaben. Sie hat außerdem die Gesamtheit der gesellschaftlichen Erscheinungen auf die Art ihrer Mitbedingtheit durch ökonomische Ursachen zu untersuchen: durch ökonomische Geschichts- und Gesellschaftsdeutung. Und sie hat andererseits die Bedingtheit der Wirtschaftsvorgänge und Wirtschaftsformen durch die gesellschaftlichen Erscheinungen nach deren verschiedenen Arten und Entwicklungsstadien zu ermitteln: die Aufgabe der Geschichte und Soziologie der Wirtschaft. Zu diesen gesellschaftlichen Erscheinungen gehören selbstverständlich[,] und zwar in allererster Linie, die politischen Handlungen und Gebilde, vor allem also: der Staat und das staatlich garantierte Recht. Aber ebenso selbstverständlich nicht die politischen allein. Sondern die Gesamtheit aller derjenigen Gebilde, welche – in einem für das wissenschaftliche Interesse hinlänglich relevanten Grade – die Wirtschaft beeinflussen. Der Ausdruck: Lehre von der „Wirtschaftspoi–i  Lies: sind – unter den Bedingungen b1, b2, b3 – y1, y2, y3  

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litik“ wäre natürlich für die Gesamtheit dieser Probleme sehr wenig geeignet. Sein dennoch vorkommender Gebrauch dafür ist nur durch die äußerlich aus dem Charakter der Universitäten als Bildungsstätten für Staatsbeamte, innerlich aber aus den zur intensiven Beeinflussung der Wirtschaft besonders fähigen gewaltigen Machtmitteln des Staats, aus der dadurch gegebenen praktischen Wichtigkeit gerade seiner Betrachtung, erklärlich. Daß bei allen diesen Untersuchungen Umkehrungen von Aussagen über „Ursache und Wirkung“ in solche über „Mittel und Zweck“ jedesmal dann möglich sind, wenn der Erfolg, um den es sich handelt, hinlänglich eindeutig angegeben werden kann, bedarf kaum der erneuten Feststellung. An dem logischen Verhältnis von Wertungssphäre und Sphäre des empirischen Erkennens wird dadurch natürlich auch hier nichts geändert. Und nur auf Eins soll zum Schluß in diesem Zusammenhang noch hingewiesen werden. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte und vollends die beispiellosen Geschehnisse, deren Zeugen wir jetzt sind, haben das Prestige gerade des Staates gewaltig gesteigert. Ihm allein von allen sozialen Gemeinschaften wird heute „legitime“ Macht über Leben, Tod und Freiheit zugeschrieben, und seine Organe machen davon Gebrauch: im Krieg gegen äußere Feinde, im Frieden und Krieg gegen innere Widerstände. Er ist im Frieden der größte Wirtschaftsunternehmer und machtvollste Tributherr der Bürger, im Krieg aber der Träger schrankenlosester Verfügung über alle ihm zugänglichen Wirtschaftsgüter. Seine moderne, rationalisierte, Betriebsform hat auf zahlreichen Gebieten Leistungen ermöglicht, welche zweifellos von gar keinem andersartig vergesellschafteten Zusammenhandeln auch nur annähernd ähnlich vollbracht werden könnten. Es konnte kaum ausbleiben, daß daraus die Folgerung gezogen wurde: er müsse auch – zumal für Wertungen, die sich auf dem Gebiet der „Politik“  bewegen – der letzte „Wert“ sein, an dessen Daseinsinteressen alles gesellschaftliche Handeln letztlich zu messen sei. Allein auch dies ist eine durchaus unzulässige Umdeutung von Tatsachen der Seinssphäre in Normen der Wertungssphäre, wobei hier von der fehlenden Eindeutigkeit der Konsequenzen aus jener Wertung, die sich bei jeder Erörterung der „Mittel“ (der „Erhaltung“ oder „Förderung“ des „Staats“) bald zeigt, ganz abgesehen werden soll. Innerhalb der Sphäre des rein Tatsächlichen ist zunächst gerade gegenüber jenem Prestige die Feststellung zu tref-

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fen: daß der Staat gewisse Dinge nicht kann. Und zwar sogar auf den Gebieten, welche als seine eigenste Domäne gelten: den militärischen. Die Beobachtung mancher Erscheinungen, welche der jetzige Krieg bei den Armeen national gemischter Staaten hat hervortreten lassen, lehrt, daß die vom Staat nicht erzwingbare freie Hingabe des Einzelnen an die Sache, welche sein Staat vertritt, auch für den militärischen Erfolg nicht gleichgültig ist. Und auf wirtschaftlichem Gebiet sei nur angedeutet: daß die Übertragung der Kriegsformen und Kriegsprinzipien der Wirtschaft auf den Frieden als dauernder Erscheinungen sehr schnell Folgen haben könnte, welche gerade den Vertretern expansiver Staatsideale das Konzept verderben würden. Dies ist indessen hier nicht weiter zu besprechen. In der Wertungssphäre aber ist ein Standpunkt sehr wohl sinnvoll vertretbar, der die Macht des Staates im Interesse seiner Verwertbarkeit als Zwangsmittel gegen Widerstände auf das denkbar äußerste gesteigert sehen möchte, andererseits aber ihm jeglichen Eigenwert abspricht und ihn zu einem bloßen technischen Hilfsmittel für die Verwirklichung ganz anderer Werte stempelt, von denen allein er seine Würde zu Lehen tragen und also auch nur so lange bewahren könne, als er sich dieses seines Handlangerberufs nicht zu entschlagen versuche. Hier soll natürlich weder dieser noch überhaupt irgendeiner der möglichen Wertungsstandpunkte entwickelt oder gar vertreten werden. Sondern es soll nur daran erinnert werden: daß, wenn irgendetwas, dann wohl dies eine berufsmäßigen „Denkern“ besonders nahezulegende Obliegenheit ist: sich gegenüber den jeweilig herrschenden Idealen, auch den majestätischsten, einen kühlen Kopf im Sinn der persönlichen Fähigkeit zu bewahren, nötigenfalls „gegen den Strom zu schwimmen“. Die „deutschen Ideen von 1914“49 waren ein Literatenprodukt. Der Sozialismus der Zukunft 49  Die „Ideen von 1914“ umschreiben die in deutschen Intellektuellenkreisen vor und im Ersten Weltkrieg herrschende nationalistisch verklärte Stimmung, daß Deutschland um der Bewahrung seiner Kultur willen sich gegen die anderen europäischen Mächte durchaus auch mit kriegerischen Mitteln behaupten müsse. Diese „deutschen Ideen“, in denen nach Weber nur ein Bedürfnis nach vermehrter staatlicher und wirtschaftlicher Bürokratisierung ohne innere Bereitschaft zu eigener politischer Verantwortung zum Ausdruck kam, beschrieb er im Frühsommer 1917 auch in einer Artikelserie für die Frankfurter Zeitung, vgl. Weber, Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland, MWG I/15, S.  421–596, hier S.  595, sowie dazu Lichtblau, Klaus, Kulturkrise und Soziologie um die Jahrhundertwende. Zur Genealogie der Kultursoziologie

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ist eine Phrase für die Rationalisierung der Wirtschaft durch eine Kombination von weiterer Bürokratisierung und Zweckverbandsverwaltung durch Interessentenk. Wenn der Fanatismus wirtschaftspolitischer Ressortpatrioten für diese lrein technischenl Maßnahmen, statt sachlicher Erörterung ihrer Zweckmäßigkeit, die zum guten Teil ganz nüchtern finanzpolitisch bedingt ist, die Weihe nicht nur der deutschen Philosophie, sondern auch der Religion herabbeschwört, – wie es heute massenhaft geschieht –, so ist das nichts als eine widerwärtige Geschmacksentgleisung sich wichtig nehmender Literaten. Wie die realen „deutschen Ideen von 1918“, bei deren Formung die heimkehrenden Krieger das Wort haben werden, aussehen könnten oder sollten, kann heut vorweg wohl noch niemand sagen. Auf diese aber wird es wohl für die Zukunft ankommen. – g 

k B: Intressenten   l–l  B: reintechnischen   g (S.  506)–g A: Nicht nur die Nationalökonomie […] erscheinenden Aufsatz im „Logos“. in Deutschland. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996, Kap. V.I. Die „Ideen von 1914“ und der Erste Weltkrieg, S.  392–419.

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Erklärung [zum Aufsatz von: Edgar Jaffé, Das theoretische System der kapitalistischen Wirtschaftsordnung] [Zusammen mit Werner Sombart]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Die von Max Weber und Werner Sombart gemeinsam verfaßte Erklärung bezieht sich auf den Aufsatz „Das theoretische System der kapitalistischen Wirtschaftsordnung“, den Edgar Jaffé im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ im Oktober 1917 veröffentlichte.1 Der Aufsatz ist die Besprechung des ersten Bandes von Robert Liefmanns „Grundsätzen der Volks­wirt­ schafts­lehre“.2 Darin hebt Jaffé besonders hervor, daß sich Liefmann um klare Begriffsbestimmungen bemühe und damit einen wichtigen Beitrag zur „Erfassung und Durchleuchtung der Tatsachen des modernen wirtschaftlichen Lebens“ leiste.3 Einleitend bezieht sich Jaffé auf den Stand der Nationalökonomie, die nach seiner Auffassung von der historischen Nationalökonomie im Sinne Schmollers beherrscht werde und deshalb darauf verzichte, sich als eine „auf eigenen Füßen stehende, d. h. nach eigener Methode arbeitende Wissenschaft“4 zu begründen. Für dieses unzulängliche Verständnis von Nationalökonomie seien Max Weber und Werner Sombart repräsentativ. Max Weber habe „trotz der außerordentlichen Breite seines Wissens und der Ausdehnung seiner Arbeit auf eine ganze Reihe angrenzender Gebiete [...]

1  Jaffé, Edgar, Das theoretische System der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, in: AfSSp, Band 44, Heft 1, 1917, S.  1–18 (hinfort: Jaffé, System). 2  Vgl. Liefmann, Robert, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, I. Band: Grundlagen der Wirtschaft. – Stuttgart und Berlin: Deutsche Verlags-Anstalt 1917. Weber setzte sich erst im März 1920 intensiver mit dem Band auseinander vgl. Brief Max Webers an Robert Liefmann vom 9. März 1920, MWG II/10, S.  946–954, was sich auch in dem Kapitel „Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens“, in: Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie, MWG I/23, S.  216–448, bes. S.  221 und S.  223, Hg.-Anm.  17, widerspiegelt. Liefmann hatte den Anspruch, als der Theoretiker unter den Nationalökonomen seiner Zeit hervorzutreten, vgl. hierzu Schluchter, Einleitung, in: ebd., S.  1–77, hier S.  32, Anm.  24, sowie die Einleitung zum vorliegenden Band, oben, S.  90. 3  Jaffé, System (wie oben, Anm.  1), S.  15. 4  Ebd., S.  1.

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Erklärung zum Aufsatz von: Edgar Jaffé, Das theoretische System

die national-ökonomische Theorie vollkommen vernachlässigt [...] und auch gelegentlich seine Erwartungen bezüglich möglicher Resultate der reinen theoretischen Forschung auf ein Minimum beschränkt“.5 Demgegenüber habe Sombart zwar betont, daß eine „theoretische Unterbauung“6 historischer Forschung möglich sei, doch verstehe er unter Theorie nur die Bildung historischer Typen und lehne eine darüber hinaus gehende theoretische Erörterung ab.7 Auf diese Kritik Jaffés reagierten Weber und Sombart mit einer gemeinsamen Erklärung. Sie war am Ende des Heftes des „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ abgedruckt, in dem die Besprechung Jaffés erschien.

II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript dieser gemeinsamen Erklärung von Max Weber und Werner Sombart ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, wie er im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, hg. von Edgar Jaffé in Verbindung mit Werner Sombart, Max Weber und Joseph Schumpeter, Band 44, Heft 1, Oktober 1917, S.  348, unter dem Titel „Erklärung“ erschienen ist (A).

5  Ebd., S.  1 f., vgl. dagegen die werkbiographische Darstellung zu Webers Theorieverständnis von Schluchter, Wolfgang, 1. Wirtschaft und Kultur: Von Karl Marx zu Max Weber, in: ders., Religion und Lebensführung, Band 1: Studien zu Max Webers Kulturund Werttheorie. – Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1988 (hinfort: Schluchter, Lebensführung), S.  23–113, bes. S.  52–63. 6  Jaffé, System (wie oben, S.  513, Anm.  1), S.  2. 7 Vgl. auch Schluchter, Lebensführung (wie oben, Anm.  5), S.  52 f., sowie Lenger, Friedrich, Werner Sombart 1863–1941. Eine Biographie. – München: C. H. Beck 1994, S.  223–225.

Erklärung.

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Die in dem Aufsatze unseres Herrn Mitherausgebers1 enthaltenen Ausführungen über unsere Stellung zur sog. „theoretischen“ Nationalökonomie könnten Anlaß zu Mißverständnissen geben. Wir möchten deshalb mit aller nur wünschbaren Deutlichkeit erklären, daß wir beide der sog. „Theorie“, im Rahmen der Nationalökonomie, d. h. in unserem Sinne der rationalen Begriffs-, Typen- und Systembildung, worunter natürlich insbesondere die vermißten „Erörterungen über Wert, Preis usw.“2 fallen, die denkbar größte Bedeutung beimessen. Wir sind nur übereinstimmend Gegner schlechter Theorien und falscher Auffassungen ihres methodologischen Sinnes. Unsere bisher veröffentlichten Arbeiten3 enthalten, wenn auch nicht in der üblichen lehrbuchmäßigen Rubrizierung, genügend viele Belege dafür, daß wir gerade an den Problemen der theoretischen Forschung in unserer Wissenschaft regen Anteil ­nehmen[,] und bedeuten ganz gewiß keinen „Verzicht auf eine auf eigenen Füßen stehende, d. h. nach eigener Methode arbeitende Wissenschaft überhaupt“,4 sondern bezwecken gerade, die nationalökonomische Forschung auf sichere Grundlagen zu stellen. Wir glauben allerdings[,] durch diese Arbeiten den Nachweis erbracht zu haben, daß es an der Zeit ist, die allzulange die Diskussion beherrschende Alternative: „historisch“ oder „theoretisch“ durch eine andere, vertiefte Kennzeichnung der verschiedenen „Richtungen“ in unserer Wissenschaft zu ersetzen.a 

a  In A folgt: Werner Sombart. Max Weber. 1  Jaffé, System (wie oben, S.  513, Anm.  1). Das „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ war ab 1904 in gemeinsamer Herausgeberschaft von Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé erschienen, ab 1909 war Jaffé der Herausgeber in Verbindung mit Sombart und Weber, von 1913 bis 1915 war Robert Michels und mit dem 44. Band von 1917 war Joseph Schumpeter hinzugezogen worden. 2  Zitat aus Jaffé, System (wie oben, S.  513, Anm.  1), S.  1, das sich auf Sombart bezieht. 3 Von Weber sind zu nennen: Weber, Objektivität, und Weber, Kategorien, oben, S.  389–440. Von Sombart ist vor allem zu erwähnen: Der moderne Kapitalismus, 1. Band: Die Genesis des Kapitalismus, 2. Band: Die Theorie der kapitalistischen Entwicklung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1902, sowie die 2. Aufl. von 1916/17. 4  Jaffé, System (wie oben, S.  513, Anm.  1), S.  1.

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II. Bericht über einen Diskussionsbeitrag

[Entwicklungswert und Menschenökonomie] [Diskussionsbeitrag auf dem III. Internationalen Kongreß für Philosophie am 3. September 1908 in Heidelberg]

Editorischer Bericht I. Zur Entstehung Vom 1. bis 5. September 1908 fand in Heidelberg der III. Internationale Kongreß für Philosophie statt. Der Heidelberger Philosoph Wilhelm Windelband war der Präsident dieses Kongresses, mit ungefähr 400 Teilnehmern aus dem In- und Ausland. Ein Jahr später erschien dazu ein umfangreicher Bericht, der vom Generalsekretär des Kongresses, dem Psychologen und Philosophen Theodor Elsenhans, herausgegeben wurde.1 Dieser Bericht enthält die Vorgeschichte und das Programm des Kongresses, seine Organisation sowie die Arbeitspläne der allgemeinen Sitzungen und der 7 Sektionen. Der Kongreß, nicht nur eine Veranstaltung der Universität, sondern auch der Stadt Heidelberg, war unter großer Beteiligung der Heidelberger Gelehrtenwelt organisiert worden. Begleitend gab es ein umfangreiches Programm mit Festabenden, Stadt- und Schloßbesichtigungen und Ausflügen. Es war ein Organisationskomitee gegründet worden, dem neben Repräsentanten der Stadt beispielsweise Eberhard Gothein, Georg Jellinek, Emil Lask, Ernst ­Troeltsch auch Marianne und Max Weber angehörten.2 Beteiligt war auch der junge Philosoph Arnold Ruge, der für die Redaktion eines unmittelbar vor und dann während der Tagung täglich erscheinenden Kongreßblattes verantwortlich war, das aktuelle Informationen zur Organisation, zum Programm und zu den Begleitveranstaltungen lieferte und die Liste der Anmeldungen veröffentlichte.3 Die erste Ausgabe dieses sogenannten „Tageblattes“ verzeichnete 155 angemeldete Vorträge.4 Zusätzlich veröffentlichte Ruge noch eine wei1  Bericht über den III. Internationalen Kongress für Philosophie zu Heidelberg, 1. bis 5. September 1908, hg. von Theodor Elsenhans. – Heidelberg: Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung 1909 (hinfort: Bericht 1909). 2  Vgl. ebd., S.  21. 3  Tageblatt des III. Internationalen Kongresses für Philosophie, Heidelberg, 31. August bis 5. September 1908, Redaktion Arnold Ruge (hinfort: Tageblatt), Nr.  1 vom Samstag, 29. August 1908 (die 1. Nummer sollte schon vorab eine allgemeine Orientierung bieten), Nr.  2 vom Montag, 31. August 1908, dann fortlaufend für jeden Wochentag eine Ausgabe bis zu Nr.  7 vom Samstag, 5. September 1908. 4  Vgl. Tageblatt (wie oben, Anm.  3), Nr.  1 vom 29. August 1908, S.  1.

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tere Übersicht, die 1908 erschien und in der die allgemeinen Reden und Sektionsvorträge in Kurzfassung, einschließlich der namentlichen Nennung der jeweiligen Diskussionsredner, als „Kurzer Gesamt-Bericht“ zusammengestellt worden waren.5 In welchem Umfang Max Weber an dem III. Internationalen Kongreß für Philosophie teilgenommen hat, ist im Einzelnen nicht belegt. Nachweislich hat er an der V. Sektion „Ethik und Soziologie“ teilgenommen, die am Donnerstag, dem 3. September 1908, von 9 bis 11 Uhr, tagte.6 Dort referierten neben Rudolf Goldscheid auch Franz Staudinger und Ferdinand Tönnies. Letzterer wohnte während des gesamten Kongresses als „Logirgast“ bei Max und Marianne Weber.7 Über die beiden Vorträge, die Tönnies in der Sektion hielt,8 schrieb Max Weber bereits wenig später an Edgar Jaffé: „Tönnies hielt hier einen Vortrag über ‚eine neue Methode der Moralstatistik‘. Während ich seine Darstellung der Comte’schen Soziologie (der andre Vortrag, den er hielt) zwar anregend, aber nicht grade unbedingt neu fand, war dieser Vortrag thatsächlich sehr erheblich […] und das beste, was ich (außer ‚Gemeinschaft u. Gesellschaft‘) von Tönnies kenne“.9 Den so gelobten Vortrag von Tönnies hätte Weber gern im „Archiv“ abgedruckt gesehen. Zu beiden Vorträgen von Tönnies gab es dem Kongreßbericht zufolge keine Diskussion. Belegt ist hingegen ein Diskussionsbeitrag Max Webers zu dem Vortrag von Rudolf Goldscheid über „Entwicklungswert und Menschenökonomie“, der ebenfalls in der V. Sektion gehalten wurde.10 Im Mittelpunkt dieses Vortra5  Dritter internationaler Kongress für Philosophie, Heidelberg 1908. Kurzer GesamtBericht über die Tätigkeit in den Sektionen und allgemeinen Sitzungen, im Auftrage des Präsidiums auf Grund von authentischen Auszügen aus den Vorträgen bearbeitet von Dr. philos. Arnold Ruge. – Heidelberg: Druck und Verlag der Universitäts-Buchdruckerei J. Hörning 1908 (hinfort: Gesamt-Bericht 1908). Dieser Kurze Gesamt-Bericht ist als Nr.  8 des Kongreß-Tageblattes erschienen, vgl. oben, S.  519, Anm.  3. 6  Vgl. Gesamt-Bericht 1908 (wie oben, Anm.  5), S.  18; vgl. ebenfalls Tageblatt (wie oben, S.  519, Anm.  3), Nr.  5 vom 3. September 1908, S.  5. 7  Vgl. die Briefe von Marianne Weber an Helene Weber vom 30. August 1908 und vom 21. September 1908, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446 (Zitat im ersten Brief). Im zweiten Brief schreibt sie: „während des Philosophenkongreßes [sic!] mehr Spiel u. Tanz als Philosophie, die ein schrecklicher Heringssalat war, genossen u. mich besonders gefreut [hat], daß Max so Vieles mitmachen u. noch sehr lieb zu dem nervösen u. etwas verbitterten Tönnies sein konnte“. Vgl. auch Weber, Marianne, Lebensbild, S.  396 f. 8  Vgl. Bericht 1909 (wie oben, S.  519, Anm.  1), S.  987, 1004–1012. Tönnies hielt noch einen weiteren Vortrag „Zur Biographie des Hobbes“ in Sektion I, vgl. Tageblatt (wie oben, S.  519, Anm.  3), Nr.  4 vom 3. September 1908, S.  6. 9  Brief Max Webers an Edgar Jaffé, am oder nach dem 4. September 1908, MWG II/5, S.  654 f., hier S.  654. 10  Zur indirekten Wiedergabe des Diskussionsbeitrags vgl. unten, S.  524, der übrigens die einzige im Kongreßbericht mitgeteilte Stellungnahme zum Vortrag Goldscheids war. Zum Vortrag: Goldscheid, Rudolf, Entwicklungswert und Menschenökonomie, in: Bericht 1909 (wie oben, S.  519, Anm.  1), S.  988–991.

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ges standen zentrale Thesen aus Rudolf Goldscheids in demselben Jahr veröffentlichter und von ihm so genannter „Programmschrift“ „Entwicklungswerttheorie, Entwicklungsökonomie, Menschenökonomie“.11 Der aus Wien stammende Goldscheid hatte in den 1890er Jahren in Berlin Nationalökonomie bei Adolph Wagner und Gustav Schmoller, Philosophie, Ethik und Soziologie bei Friedrich Paulsen, Wilhelm Dilthey und Georg Simmel studiert. Als Literat verfaßte er in dieser Zeit unter dem Pseudonym Rudolf Golm sozialkritische Dramen und Romane. Im Jahr 1903 kehrte er nach Wien zurück, wo er fortan als Privatgelehrter lebte und seine Idee einer normativen Sozialwissenschaft verfocht, die den sozialen Fortschritt als eine Höherentwicklung des Menschen faßte, welche nicht nur durch die biologisch optimale Arterhaltung, sondern darüber hinaus durch ein Gleichgewicht von individuellen und gesellschaftlichen Ressourcen zu erreichen sein sollte. Er gründete 1907 die Wiener Gesellschaft für Soziologie und beteiligte sich zwei Jahre später auch an den Gründungsaktivitäten für die Deutsche Gesellschaft für Soziologie, in der er auch Funktionen übernahm.12 Goldscheid wollte in seiner Schrift die Nationalökonomen und Soziologen darauf aufmerksam machen, daß die gegenwärtige Wirtschaft von einer menschenverachtenden „Kaufkraftökonomie“ bestimmt sei, die der Weiterentwicklung des Menschen keinen Raum lasse. Im Arbeitsprozeß finde eine Vergeudung von menschlichem Einsatz statt, an deren Stelle die „Menschenökonomie“ als neuer Maßstab treten müsse. Überzeugt, daß die moderne, vor allem naturwissenschaftliche Forschung dies leisten könne, fordert er für die Ökonomie eine neue Wertlehre, die in dreierlei Hinsicht zu bestimmen sei: „intersubjektiv“, also nicht einseitig zu subjektiv oder zu objektiv, „soziologisch“, bemessen nach gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit und gesellschaftlich notwendigen Bedürfnissen, und „evolutionistisch“, dem nach Erkenntnislage optimalen Entwicklungsziel. Diese „Entwicklungswerttheorie“ gründet ihm zufolge auf der „Äquivalenz von Arbeitswert und Entwicklungswert“. Der gegenwärtige naturwissenschaftliche Erkenntnisstand beweise, daß die „Macht des Organischen über die Natur“ auch die gesellschaftliche Entwicklung bestimme. Die Wirtschaft achte nur auf Quantität und vernachlässige dabei die biologische Erkenntnis, daß auf höheren Entwicklungsstu11  Goldscheid, Rudolf, Entwicklungswerttheorie, Entwicklungsökonomie, Menschenökonomie. Eine Programmschrift. – Leipzig: Klinkhardt 1908 (hinfort: Goldscheid, Menschenökonomie). 12  In diesem Zusammenhang mit der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, dem Ersten und Zweiten Deutschen Soziologentag und der Arbeit im Ausschuß wird er später wegen seines normativen Ansatzes in Soziologie und Nationalökonomie zu Webers „Kontrahent“ in der Werturteilsfrage werden, ebenso in der Produktivitätsdebatte 1909 und der späteren Werturteilsdebatte im Verein für Sozialpolitik, vgl. Weber, Die Produktivität der Volkswirtschaft, oben, S.  213 f., und Weber, Werturteildiskussion, oben, S.  366 mit Anm.  32.

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fen immer weniger Nachkommen für den Erhalt der Art sorgen. So sei zwar gegenwärtig von einer Höherentwicklung des Menschen auszugehen, da die Fruchtbarkeit nachlasse, aber dieses „Höherentwicklungssymptom“ zwinge eben zugleich zur Menschenökonomie. In seinem Vortrag auf dem Heidelberger Philosophenkongreß folgte Goldscheid inhaltlich ganz seiner Programmschrift, auf die er am Schluß seiner Rede selbst hinwies.13 So wiederholte er auch die Forderung, die Wissenschaft müsse von der „allerstrengsten Menschenökonomie“ ausgehen, der Mensch stehe nicht mehr im Überfluß zur Verfügung, die Aufgabe sei, sich damit zu beschäftigen, wie die Qualität des zu produzierenden Nachwuchses vervollkommnet werden könne.14 Es ist anzunehmen, daß Weber Goldscheids Buch kannte, das zum Jahresanfang 1908 erschienen war und, entsprechend der Ambition des Verfassers, einen Beitrag zu Nationalökonomie und Soziologie leisten wollte. Das Buch lag der Redaktion des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik vor und wurde von Emil Lederer besprochen.15 Max Webers Meinung über den Kongreß für Philosophie geht aus einer Grußkarte an Robert Michels hervor. Er schrieb von dieser „Menschenansammlung“ als einer „Internationalen Verschwörung gegen die Philosophie“.16 Diese Karte enthält außerdem kurze handschriftliche Grüße von Karl Vorländer und Marianne Weber sowie die Unterschriften von Franz Staudinger und Ferdinand Tönnies.17 Diese Unterzeichner haben an der Sektion „Ethik und Soziologie“ teilgenommen, die Teilnahme Marianne Webers läßt sich nicht belegen.18

13  Vgl. Bericht 1909 (wie oben, S.  519, Anm.  1), S.  991, Goldscheid hielt noch zwei weitere Reden: „Das Problem der Richtung“ und „Die willenskritische Methode“, vgl. ebd., S.  479 ff. und 758 ff. 14  Vgl. ebd., S.  990 f. 15  Gemeint ist: Goldscheid, Menschenökonomie (wie oben, S.  521, Anm.  11). Die Besprechung erschien in: Lederer, Emil, Neuere Literatur aus dem Gebiete der nationalökonomischen Theorie rezensiert II., in: AfSSp, Band 32, Heft 1, 1911, S.  136–171, hier S.  131–148. Diese Rezension lag jedoch bereits Mitte September 1909 druckfertig vor, wie aus der ersten Fußnote (ebd., S.  136) hervorgeht; so kann angenommen werden, daß das Buch Goldscheids ohne längere Verzögerung nach seinem Erscheinen beim „Archiv“ zur Besprechung eingegangen war und die Herausgeber davon Notiz nehmen konnten. 16 Vgl. Karte Max Webers an Robert Michels vom 5. September 1908, MWG II/5, S.  656. 17  Vgl. ebd. 18  Vgl. Gesamt-Bericht 1908 (wie oben, S.  520, Anm.  5), S.  16–19.

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II. Zur Überlieferung und Edition Ein Manuskript ist nicht überliefert. Dem Abdruck des nur indirekt überlieferten Diskussionsbeitrags im Anschluß an den Vortrag von Rudolf Goldscheid „Entwicklungswert und Menschenökonomie“ liegt zugrunde: Bericht über den III. Internationalen Kongress für Philosophie zu Heidelberg. 1. bis 5. September 1908, hg. von Theodor Elsenhans. – Heidelberg: Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung 1909, S.  991 (A). Der Beitrag ist unter der Überschrift „Diskussion“ abgedruckt und wird eingeleitet mit: „Max Weber:“. Auf Webers Beitrag folgt der Hinweis: „Goldscheid (Schlußwort)“. Ob Max Weber den Beitrag autorisiert hat, ist nicht bekannt. Weitere inhaltliche Mitteilungen über Max Webers Diskussionsbeitrag sind nicht überliefert.19 Lediglich der von Ruge zeitnah veröffentlichte „Gesamtbericht“ enthält einen Hinweis, daß sich Weber zu Goldscheids Vortrag geäußert hat.20

19 In dem während des Kongresses erscheinenden „Tageblatt“ (wie oben, S.  519, Anm.  3) findet sich kein Hinweis auf Max Webers Diskussionsbeitrag. Dort wird aber das Verfahren zur Dokumentation des Kongresses beschrieben. Im „Tageblatt“ wurden die Sektionsvorsitzenden, ihre Stellvertreter und Protokollanten in jeder der sechs Sektionen aufgefordert, möglichst schnell nach den jeweiligen Sitzungen das Protokoll für die Veröffentlichung im geplanten, ausführlichen Kongreßband vorzulegen. Diskutanten wurden gebeten, nach ihrer Wortmeldung ihre Visitenkarte oder ihren Namen beim Protokollführer zu hinterlassen, die anschließend überreichte Protokollkarte auszufüllen und zurückzugeben. Auch über diesen Modus informierte das Tageblatt. Ob Max Weber sich eine Protokollkarte geben ließ und seinen Diskussionsbeitrag selbst, wenn auch nur in indirekter Rede, zusammenfaßte oder ob dies von den Protokollanten gemacht wurde, ist nicht bekannt. 20 Auf das ein paar Sätze umfassende Kurzreferat des Vortrages von Goldscheid folgt die Notiz: „Zur Diskussion sprach Prof. Max Weber-Heidelberg.“, ohne weitere Angaben. Vgl. Gesamt-Bericht 1908 (wie oben, S.  520, Anm.  5), S.  18.

[Entwicklungswert und Menschenökonomie] Die Frage des wirtschaftlichen Wertes dürfe mit der Frage der philosophischen Wertorientierung nicht konfundiert werden. Der Wertbegriff der Nationalökonomie bedeute nirgends eine Projizierung des „Sollens“ in die Wirklichkeit, sondern sei ein Begriff, welcher der Praxis der kaufmännischen Buchführung entspreche und bestimmte Relationen von Faktizitäten zueinander symbolisiere. Redner führt dies an Beispielen aus.

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III. Anhang

[Exzerpte zu:] Simmel, Soziologie

Die beiden Exzerpte beziehen sich auf Simmel, Georg, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908. Das ausführlichere Exzerpt betrifft die Kapitel I. bis IV, das Kapitel VI und einzelne Exkurse; im Detail: „I. Das Problem der Soziologie“ (ebd., S.  1–46), „II. Die quantitative Bestimmtheit der Gruppe“ (S.  47–133), „III. Über- und Unterordnung“ (S.  134–246), „IV. Der Streit“ (S.  247–336) und „VI. Die Kreuzung sozialer Kreise“ (S.  403–453) sowie „Exkurs über die Negativität kollektiver Verhaltungsweisen“ in Kapitel VII (ebd., S.  473–478), „Exkurs über Sozialpsychologie“ in Kapitel VIII (ebd., S.   556–563). Das kürzere Exzerpt bezieht sich nur auf das erste Kapitel. Simmels „Soziologie“ wurde im Juni 1908 ausgeliefert, so daß dies den frühestmöglichen Abfassungszeitpunkt markiert. Den Exzerpten entsprechen die An- und Unterstreichungen und Marginalien Max Webers im überlieferten Handexemplar, Diözesan­ bibliothek Aachen. Vgl. dazu auch den Editorischen Bericht zu Weber, Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft, oben, S.  95–100. Dem Abdruck liegen die handschriftlichen Exzerpte zugrunde, die überliefert sind in: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 5, Bl.  1–[5] (A). Es handelt sich um insgesamt 5 Blätter (gehälftete Doppelbögen), die Blätter 1–4 bilden einen Zusammenhang und sind von Max Weber beidseitig mit schwarzer Tinte und Bleistiftzusätzen beschrieben, die Blätter 1 bis 3 sind auf der Vorderseite von der Hand Max Webers (mit Bleistift) durchgezählt. Hieraus ergibt sich die Seitenzählung des Editors als A 1r (für die Blattvorderseite) und A (1)v (für die nicht paginierte Blattrückseite) etc., für Blatt 4 wird sie entsprechend als A (4)r und A (4)v ergänzt. Das überlieferte einzelne Blatt bezieht sich wiederum auf den Anfang von Simmels „Soziologie“. Es ist nur einseitig und mit schwarzer Tinte beschrieben. Es wird hier als A (5) sigliert. Die Transkriptionen fertigte Diemut Moosmann an. Sie wurden mit den Transkriptionen von Johannes Winckelmann verglichen. Die handschriftlichen Bleistiftzusätze auf Bl.  3 und 4 gehen auf Winckelmann und seinen Mitarbeiter zurück (vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft, oben, S.   95–100). Diese Zusätze werden bei der Wiedergabe des Textes nicht berücksichtigt. Einfügungen und Streichungen sind mit diakritischen Zeichen im Text wiedergegeben. Fußnoten Max Webers werden fortlaufend durchgezählt.

A 1r

Simmel, Soziologie aBegriff

der Wechselwirkung S.  134.a

:Entstehung der: „Soziologie“ nur 〈Folge der〉 Abspiegelung der polit[ischen] Macht, die die Massen :g[e]g[en]über dem Individuum: erlangt haben.

5

〈Nein:〉 Dies Wichtignehmen der ästhetischen u. dgl. Dinge, der Erotik, ist Symptom f[ür] den Mangel ernster Aufgaben[.] Gesangvereinsmeiereib. Untere Schichten

= Gesellschaft.

Soziol[ogie] als Methode = überall, in allen Wiss[ens-]Gebieten, Berücks[ichtigung] der d[urch] Wechselwirkung der Menschen bedingten Verh[ältnisse] u. Thatbestände Dies so wenig e[ine] „Wissenschaft“ wie die „Induktion“. Bes. Gegenstand nicht

= besondere neue, nie wahrgenommene Objekte. Sondern neue Linie legen d[urch] bekannte Objekte.

Gesellschaft

= Wechselwirkung v[on] Individuen

Ausüben v[on] Einflüssen oder Empfang v[on] Wirkungen v[on] anderen Individuen S.  5. Dies bedeutet, daß aus 〈beiden〉 den Trägern der Wirkungen eine Einheit wird. Wenn ein Indianer ein Wild schießt, findet der Nachbar-Indianer es vor (oder nicht mehr vor)[.] Ist das eine „Einheit“?

a–a  Eigenhändige Hinzufügung in Bleistift am oberen Blattrand.   b  Alternative Lesung: Gesetzvereinsmeierei

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Erstes Manuskriptblatt zu den Exzerpten „Simmel, Soziologie“ Deponat Max Weber, Bayerische Staatsbibliothek München, Ana 446, OM 5

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

529

Wechselwirkung ist = Einheit. Nur sie ist es. „Einheit“ des Organismus ist = Wechselwirkung v[on] Elementen cDas

Gegenseitige ist stets nur potentiell vorhanden! S.  6c

dEin

5

Körper e[ine] Einheit wegen des engeren Wechselaustauschs seiner Energien S.  5/6 sehr fraglichd eIst

10

der Energie-Austausch e[in] quantitativ stärker[er], wenn ich lebenslänglich Mitglied e[ines] Vereins bin oder wenn ich in e[ine] Prügelei verwickelt werde? f: oder einen coitus ausübe.:f In letztem Fall!e Organischer Körper

= innigere Wechselwirkungsbeziehungen als nach außen.

Was heißt: innigere? Das ist ja gar nicht wahr! 15

Staat

– d[it]o ? Werthbegriffe!

„Inhalt“, „Materie“ der Vergesellschaftung: Alles, was in den Individuen als psych[ische] Zuständlichkeit so vorhanden ist, daß daraus Wirkung oder Empfangen v[on] Wirkung entsteht.

20

An sich ist dies noch nicht sozialen Wesens S.  6. Sie bilden erst die Vergesellschaftung, als deren Motive Vergesellschaftung ist die Form, in der die Individuen (auf Grund jener Motive) zu e[iner] Einheit zusammenwachsen

c–c  In Bleistift geschriebene Passage von oberer Blatthälfte hierhin verschoben.  d–d  In Bleistift geschriebene Passage vom oberen rechten Blattrand hierhin verschoben.  e–e  Zusatz am linken Blattrand in Bleistift (quer zur Blattrichtung geschrieben).  f–f  Einschub in Tinte.

530

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

Zweck, Motiv u.s.w. – u. Form, unter der dies Motiv gesellsch[aft­ liche] Existenz erlangt, sind in der Wirklichkeit untrennbar. Die Coexistenz der Inhalte ist noch nicht 〈Gesellschaft〉 „Vergesellschaftung“ Erst die Wirkung von u. auf e[inen] Anderen ist dies

5

Die Form dieses Wirkens ist der einzig mögliche G[e]g[en-] stand e[iner] Soziologie. S.  7 Absolute Vorbedingung: 1) daß die gleiche Form s[ich] an ver­sch[ie­denen] Inhalten findet 2) das entspr[echend] Umgekehrte.

10

Also: Feststellung, systematische Ordnung, psychologische Begründung, historische Entwicklung der reinen Formen der Vergesellschaftung S.  9 Alle andren Wissenschaften :v[om] Menschen: gliedern s[ich] nach dem Inhalt der Interessen, um deren willen man sich vergesellschaftet. „Gesellschaft“ ist:

1) der Complex der vergesellschafteten Individuen 2) die Summe der Beziehungsformen

15

20

(cf. den Doppelsinn auch bei: „Kugel“) S.  10 Nicht sowohl, welche Interessen die 〈„Gesellschaft“〉 :Vergesellschaftung: bewirken, als wie sie „V[ergesellschaftung]“ sind, fragt die Soziologie S.  11 Die abstrakten Formen interessieren sie.

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

5

10

531

E[ine] gegebene Anzahl v[on] Individuen kanng daher mehr oder weniger „G[esellschaft]“ sein. Es giebt keine „G[esellschaft]“ schlechthin, sondern nur ihre einzelnen Arten. „G[esellschaft]“ schlechthin ist keine Realität. Sondern: best[immte] Wirkungen zwischen Individuen fallen unter die Kategorie „G[esellschaft]“ S.  13. 〈Um〉 Gesetz – Einmaligkeit? Beides. (Aber: Hier ist S[immel] sehr schwach! 〈)〉 Er spricht nur – S.  13–14 – von den Allgemeinbegriffen. Dabei Gleichheit u. Analogie S.  14. gleichgestellt!) Entscheidende Schwierigkeiten selbst hervorgehoben S.  15. (Zunft u. Differenzierung) (Form u. Inhalt nicht zu trennen, weil historisch.[)]

15

hM. E.

soziolog[ische] Deutung nicht schwer.h

Noch deutlicher S.  17. „instinktives Vorgehen“. Anm.  das[elbst]: Beispiele des Vorgehens, Fragmente, absichtlich nicht systematisch, unendlicher Weg – Sinn des Buches. iBisher

20

stets Staat, Priestertum pp. Objekte der Betrachtung. Jetzt: Mikroskopie; die kleinen täglichen Beziehungen, das s[oziale] Anblicken pp. S.  19/20 kWunderschöne

25

Ausführungen.k

Wird es nicht 〈das〉 dad[urch] Sozialpsychologie? „Psycho­ l[ogische]“ Darstellung zum Zweck des causalen Verstehens unentbehrlich. Aber nur wie Kreidekreis 〈s.〉 als Symbol des geometr[ischen] Kreises. F[ür] Soziologie das Psychologische nicht 〈erst〉 das Endgültige, sondern die Beziehungsformen

g A: können  h–h  Zusatz am linken Blattrand.   i–i (S.  532) Textpassage am l­inken Blattrand in Tinte (quer zur Blattrichtung geschrieben).   k–k  Zusatz links ­neben Textpassage.  

532 lHier

A (1)v

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

stecken zahlreiche Dunkelheiten.l i 

Excurs: „wie ist Gesellschaft möglich“?

S.  27 f.

1. Natur: nach Kant kann Verbindung nicht in den Dingen liegen. 〈Der Geist〉 :Das Subjekt: bringt sie zustande. 2. Dag[e]g[en] nach Simmel: bei Gesellschaft liegt die V[erbindung] in den Dingen.

5

S.  20 „Die Gesellschaft ist die objektive, des in ihr nicht mitbegriffenen Beschauers unbedürftige Einheit“. // ! S.  30 Zu der Einheit v[on] Menschen mit einander (in Liebe pp) giebt es in der Natur keine 〈Einheit〉 :Analogie: (!) Die Naturdinge sind weiter auseinander (!) Probl[em] entg[e]g[en]gesetzt: Münsterberg Cf. auch: Probleme der Gesch[ichts-] Phil[osophie].1

10

15

Andrerseits gehen die Naturdinge in dem Beschauer in e[ine] Einheit zusammen, welche v[on] den Individuen nicht erreicht wird E[ine] Anzahl v[on] Menschen ist realiter weniger, idealiter mehr e[ine] Einheit als 〈der〉 eine „Zimmereinrichtung“ mUnterschied

seelischer u. körperl[icher] „Gegebenheit“: Erkennen der „Bewegungen“ der Außenwelt auch, ohne selbst Körper zu sein.

l–l  Zusatz links neben Textpassage.   i (S.  531)–i  Textpassage am linken Blattrand in Tinte (quer zur Blattrichtung geschrieben).   m–m (S.  533)  Ergänzung am oberen linken Blattrand in Tinte (quer zur Blattrichtung geschrieben). 1  Gemeint ist: Simmel, Probleme².

20

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

533

Seelische Vorgänge nur, wenn man sie selbst durch〈lebt〉 Seele hat.m S.  312 Sicherheit des Ich-Gefühles 〈eben da〉. Damit das Du gegeben. 5

10

Daß das „Du“ Objekt sein kann – tiefstes Problem. Es ist kein Objekt. Es ist ein Wissen von der Seele des Andren. Das Wissen davon, vergesellschaftet zu sein, – welche Kategorien hat es? S.  32 Vollkommenes Erkennen 〈setzt〉 :würde: vollkommene Gleichheit voraussetzen (!) nHier

klingen Münsterbergiana u. Probleme d. Gesch[ichts-] Ph[ilosophie] an.n Die Bemerkungen z[um] Problem des Individuellen sind – S.  33 – wenig zutreffend. 15

20

Dag[e]g[en] manches Gute S.  34/5: der Einzelne sieht den Anderen 1) als dessen Idealtypus 2) als Typus seiner sozialen Gruppe pp. Dadurch Einrangierung erleichtert, das ist wahr. Die Sache auch wichtig: stets Gesammtbild aus Fragmenten (daher: Verteidiger |:im Prozeß:| nötig) (Aber nichts Logisches!!) Andrerseits fundamental wichtig, daß die Menschen alle ein „Außerdem“ haben, nicht nur als Typen s[ozial] gelten

25

Sehr gute Einzelbemerkungen (Liebe, 〈sozi〉 Priester, Beruf) (Entpersönlichung des Berufs z. B.) S.  37 m (S.  532)–m  Ergänzung am oberen linken Blattrand in Tinte (quer zur Blattrichtung geschrieben).  n–n  Zusatz am linken Blattrand. 2  Weber bezieht sich hier auf Simmel, Soziologie, S.  30 (nicht: S.  31).

534

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

S.  38/9 zeigt, daß S[immel] nicht nur Soziologie treibt, daß seine Kategorien nicht nur soziologische sind! (Religiöses Verh[ältnis] v[on] Gott zu Mensch ist kein soziol[ogisches] Verh[ältnis].[)] schlecht: S.  40. Problem der Werthe umgangen.

5

Man kann (nach S[immel]) das ganze, Produkt der „Gesellschaft“ (nur ihrer ? ?o – der ganze Begriff ist dabei aufgegeben!)[,] seiende :Leben des: Individuums auch als Erlebnis desselben auffassen. Dad[urch] andre Kategorie an denselben Thatbestand gelegt.

10

S.  41 Das Individuum ist nicht geteilt in e[ine] soziale u. e[ine] 〈ind〉 „eigne“ Sphäre, sondern ist beides zugleich, e[ine] Einheit, die einerseits so, andrerseits so begriffen werden will. Beides nicht = einmal :den Körper: nach s[einer] Schwere, einmal nach s[einer] Farbe ansehen, sondern Beides ist Einheit.

15

Dies das Apriori der „Gesellschaft“ p„Analogie“.

F[ür] die Physik die Verwendung der Mathematik sagt Duhem einmal3 E[ine] mathemat[ische] Deduktion nützt dem Physiker nichts, solange sie nur besagt, daß 〈bei〉 wenn 〈der〉 ein Satz streng richtig ist, die strenge Richtigkeit 〈des〉 eines anderen Satzes folgt. Sie muß vielmehr auch 〈besagen〉 :erweisen:, daß 〈wenn〉 der zweite Satz 〈die〉 annähernd richtig bleibt, wenn der erste nur annähernd zutrifft und muß überdies auch den Umfang der Annäherung berechnen.p

o  In A folgt eine Klammer.   p–p  Ergänzung am linken Blattrand in Bleistift (quer zur Blattrichtung geschrieben). 3  Bezug ist: Duhem, Pierre, La Théorie physique. Son objet et sa structure. – Paris: Chevalier & Rivière, Éditeurs 1906; deutsche Ausgabe: Ders., Ziel und Struktur der physikalischen Theorien. – Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1908.

20

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

5

535

S.  43. III. Gesellschaft = Anordnung ungleicher Elemente.   Jedes Individuum hat seine – „sinnvolle, wenn auch nicht immer werthvolle“ Leistung. !! Werthstandpunkt

Sie verläuft so, als ob jedes Element f[ür] diesen Platz vorgesehen wäre qreiner

Unsinn!?? Hat für Organismus Sinn!q 10

Worin besteht die – S.  424 – prästabilierte Harmonie zw. Individuum u. Gesellschaft? S.  45. Berufs-Begriff. Gesellschaft nur d[urch] ihn möglich. Jene „Harmonie“ schließt ihn ein.  Simmel

15

A 2r

2. Kap. Quantitative Bestimmtheit der Gruppe. Mancherlei Schiefes neben Richtigem über Größe u. Kleinheit v[on] Parteien pp. S.  50 ff.

20

Geringere Aktionsfähigkeit großer Gruppen – kommt auf Verfassung an! cet[eris] par[ibus] – vielleicht richtig „Richtiges“ Behandeln S.  57 unten: Werthurteil Gute Bemerkungen über :Militär-:Tyrannis u. Umfang. (Indessen hierbei reales Kommando spürbar) S.  58

q–q  Zusatz am linken Blattrand. 4  Weber bezieht sich hier auf Simmel, Soziologie, S.  43 (nicht: S.  42).

536

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

Wirksamkeit der Sitte an die numerische Geringfügigkeit des Kreises gebunden S.  62 Manches Schiefe: S.  63. (Der Inhalt der soz[ialen] Ordnung entscheidet) Einteilung der Gruppen: auch hier der Inhalt – Phylen – oft entscheidend. S.  64 Schief über Kleisthenes S.  65 Gute u. zutreffende Bemerkungen über die Bedeutung der Zahl g[e]g[en]über dem Individuum (Geselligkeit, Hundertschaften pp. S.  70/1 Schief S.  71 Anm. am Schluß[)]

5

10

Zahl der patriarchal[ischen] Hausfamilie (kaum richtig!) S.  73. 74 Inhalt spielt hinein S.  75. Anm.  unten. (Aber richtig ist, daß die Thatsache der Bedeutung des Numerischen generell festgestellt werden mußte.)

15

Über „Einsamkeit“ u. „Freiheit“ – ganz gut, wenig Neues S.  76–80 Verhältnis zu 2en: besondre Gefahr der Trivialisierung für sie (der Inhalt entscheidet m. E. S.  84 Das Richtige ist S.  97 gesagt.[)] Sehr gut über Ehe u. Kind   über den Inhalt der Ehe Schwach über Associé’s

S.  86 S.  90 Anm. S.  90/91

Über Ethik des 〈Willen〉 „Interesses der Gesammtheit“ gut, aber unvollständig S.  91/2r Constellation von 3 r  In A doppelte Unterstreichung.  

20

S.  99 ff., speziell S.  101

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

5

537

Stagnierende Epochen haben „Vermittlungs“-Parteien (?) (Der „Dritte“ ist gar nicht immer „Vermittler“〈)〉 – cf. Soz[ial-]Dem[okratie] Centrum Liberale Conservative[)] sDie Inhalte entscheiden doch Folge v[on] Simmels Formalismus.s Sehr gut über Wesen der Vermittlung. S.  105. (Intellektualisierung des Antagonismus[)]

10

15

„Uninteressiertheit“ des Vermittlers: podestà als Beispiel mir zweifelwürdig. S.  108 Hier materielle Umstände: der p[odestà] ist nicht festgewurzelt, kann nicht Tyrann werden, verletzt keine Eitelkeit u. Rivalität der einheimischen Parteien. Anders constelliert. Zu leicht gemacht! tGanz

richtig nachher S.  165 unten 166t

aDag[e]g[en]:

J[ulius] Jolly u. die beiden Pfaffen!a Idealtypen S.  109 unten 110 oben 20

25

Bedeutung der „Parteilosigkeit“ der Intelligenten S.  110 unten      (kommen sich klug vor – räuspern u. spucken sich) bGothein! Überschätzung des Intellektuellenb S.  112 unten: statt „Interessen“ (der Tories an den Arbeiterschutzgesetzen): „Rancune“        (psychologisierende Umdeutung eines rationalen Verhältnisses)

s–s  Zusatz rechts.   t–t  Zusatz rechts neben dem Text.    a–a  Zusatz links neben dem Text.   b–b  Zusatz links neben dem Text.

538

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

S.  113: :überall ist: 〈Das〉 das Rationale ganz 〈unterschätzt〉 zusammengewirrt mit Psychologischem Stellung der Zentrumspartei als „tertius gaudens“: die sachlichen Interessen wichtiger als S[immel] glaubt: Bauernpartei, Kleinbürgerpartei. Starke Bedeutung der kirchl[ichen] Interessen.

5

p.  115 S[immel] hat Recht. Das Überwiegen der kirchl[ichen] Interessen ist das Entscheidende cFälschlich

sind die röm[ischen] Bischöfe unter die tertii gaudentes gerathen S.  116. Sie waren Schiedsrichterc

10

dRationalität

pp. cf. S.  21e bei Simmel ganz unvollständig Es fehlt eben eine Behandlung der Grundfrage[n]: inwieweit rational, inwieweit erlebbar, inwieweit physiologisch bedingt, u. wie sie zusammenwirken. Im Einzelnen kommt die Scheidung vor cf. S.  166 S.  556 Simmel in der Soz[ial-]Psychol[ogie]d  A (2)v fS.  556

ff

15

20

Über Sozialpsychologie. Diese nach S[immel] nichts Selbständiges g[e]g[en]über der Individualpsychologie S.  558/9 1) Der Inhalt der „sozialen“ Erscheinungen (Sprache pp.) ist nichts Psychologisches mehr. („ebenso wie der logische Sinn e[ines] Urteils“ –: Das ist schief.[)] c–c  Zusatz links, oberhalb des Textes.   d–d  Ergänzung am linken Blattrand in Bleistift.  e  In A doppelte Unterstreichung.   f–f (S.  539)  Textpassage am linken Blattrand; inhaltliche Fortsetzung des Randzusatzes auf A 2r.

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie



2) Irrige Rückspiegelung e[ines] „einheitlichen“ Effektes 〈u〉 (Zerstörung e[ines] Hauses) auf e[ine] vermeintlich ein­heit­l[iche] Ursache



3) Qualitative Änderungen der Empfindungen u. Handlungen des Einzelnen durch das Mithandeln Andrer (dies ist dann e[in] Teilproblem der Individualpsychologie)

5

S.  562 10



15

539

Statistische Thatsachen sind sozialpsychol[ogische] nur, soweit das Handeln 〈von d[urch]〉g des Einen durch den Anderen beeinflußt ist. (dies oft – S.  563 – aber nicht immer)



Man würde 〈sie〉 nicht :von: „sozialpsychologisch“ sprechen, wenn genau die gleiche Handlung von nur wenigen, genau gleich causal bedingt, begangen würde.



Ethnologisch: Hier Rassen-Einflüsse pp. Aber dies nichts „Soziales“h, d. h. d[urch] Wechselwirkung Erzieltes (Ein Durchschnitt.) S.  562f



iBedeutung 20

der 5, 10, 100-Zahl: mechanisch, im G[e]g[en]satz gg. die 2er u. 3er S.  130i Kap. III. Über- u. Unterordnung.

25

Absoluter Zwang wäre nicht mehr „soziologisch“, da keine „Wechselwirkung“ (Begriffsspielerei?)

g  In A folgt: der  f (S.  538)–f  Textpassage am linken Blattrand; inhaltliche Fortsetzung des Randzusatzes auf A 2r.   h A: „soziales“  i–i  Zusatz am oberen Blattrand.

540

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

„Autorität“ – entweder persönlich oder d[urch] Satzung (Tradition pp.)

  

fundiert.

„Prestige“: dabei fehlt die Identität der Persönlichkeit mit der objektiven Kraft der Norm. Sie wächst über die Durchschnittlichkeit v[on] ihresgleichen heraus, nach der persönl[ichen] Seite S.  137 falscher Sprachgebrauch (Dag[e]g[en] schützt nicht die Anm. auf S.  138) (Der gefühlte Begriff soll doch „entwickelt“ werden). jKleinigkeiten:

zu reden.

10

jus agendi cum populo nicht = Recht, zum Volke S.  141j  5

„Vereinheitlichung“ d[urch] Beziehung zu gemeinsamem Herrn, auch wo dieser zugleich Gegner ist S.  144 Richtig, könnte aber einfacher gesagt werden. (S.  145 unten: Trivialität.) [(]Cf. S.  146 oben meine Bemerkung.6 Türkei u. Sekten ein Beispiel.) Trivialitäten

5

S.  147/8

über „höhere Instanz“

15

20

kwerden

so empfunden, weil S[immel] immer nur Aussagen giebt, nicht systematisch verfahren will.k 1) Tendenzen des Despotismus z[ur] Nivellierung. Im Ganzen richtig. Einzelbeispiele falsch (S.  150: Rom)

j–j  Zusatz links neben dem Text.   k–k  Zusatz links neben dem Text. 5  Vgl. die Marginalie Max Webers im Handexemplar Simmel, Soziologie, S.  141: „? jus agendi c. pop. (nicht: reden, sondern: = verhandeln)“. 6  Vgl. die Marginalie Max Webers im Handexemplar Simmel, Soziologie, S.  146: „zuweilen richtig (wo aus Auflehnung [??])“.

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

541

Idealtypus S.  150/1 Einzelherrschaft sei (S.  152) dad[urch] möglich, daß der Herrscher 〈nur ein〉 seine ganze Persönlichkeit1), die Unterthanen nur einen Teil in das Verh[ältnis] hineingeben. 5

10

Herrscherpolitik

= herauszupräparieren, was man beherrschen kann u. was frei gelassen werden muß.

Herrschaft bleibt um so leichter bestehen, je kleiner der beherrschte Teil der Persönlichkeit ist. S.  153 lWas

heißt hier: „je geringer“ – das ist wandelbar[,] je nach Werthurteilen der Unterthanen, je nach Tradition etc. Die Inhalte entscheiden. l Falsch über Griechenland 15

S.  153 unten

Falsche Beispiele f[ür] den Satz, daß: je mehr der Einzelne beherrscht, desto weniger beherrscht er von Jedem. S.  154 Falsch der Grund für die größere Leichtigkeit der Beherrschung großer Gebiete u. Kreise g[e]g[en]über kleinen S.  155 mNatürlich

20

liegt e[in] Teil v[on] Wahrheit darin: die tägliche Berührung mit dem Despoten ist unerträglich.m

25

(der wahre Grund liegt nicht in der Herabsetzung des „Gemeinsamen“ d[urch] Vermehrung der Individuen, sondern 〈da〉 in der steigenden Schwierigkeit, der zentralistischen Organisation v[on] unten her eine gleich starke entgegenzusetzen: Beherrschung des Telegraphen d[urch] den Staat pp) 1)

falsch!

l–l  Zusatz links neben dem Text.   m–m  Zusatz links neben dem Text.

542

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

2) Tendenzen der Herrschaft zur Pyramide. Zuweilen absichtlich v[om] Despoten gewählt zur Consolidierung seiner Stellung[.] Möglichst viele haben noch Jemand unter sich u. sind so Interessenten der Stellung des Obersten S.  158. Röm[isches] Kaisertum pp.

5

nAber

es fehlt die Analyse: wann denn dies zweckmäßig ist. Es fehlt z. B. die Analyse der russischen 〈Ran〉 Adelsrangverhältnisse pp.n oMäßig

die Bemerkungen über „Feudalismus“ S.  163 Frage: ob man sich einem Genossen oder Ungenossen leichter unterordnet? Dabei S.  166 die Scheidung rationaler u. irrationaler Gründe durchgeführt! S.  168 unten unzutreffend generalisiert: eine tief stehende Gruppe habe Ungenossen lieber als Herrscher. Nur sehr bedingt richtig.o 

A 3r

S.  172. Übergeordnete 〈Mehr〉 Mehrheit. Schicksal der Unterworfenen dabei Hier geht mehrerlei durcheinander: „e[inem] größeren Kreise angehören“ |:(S.  173 oben):| heißt doch nicht: einer Mehrheit untergeordnet sein Ferner: Die Inhalte, nicht die Form entscheidet. Das[elbst] s[iehe] m[eine] Bemerkung (Provinzwirtschaft der „Aristokratie“ :in Rom: g[e]g[en]über der kaiserl[ichen] Verwaltung) Amtswucher- u. Geldaristokratie Grund der verschiedenen Wirkung der Mehrzahl-Herrschaft: ihre Objektivität2) 2)

diese bei der Bureaukratie genau so!

n–n  Zusatz links neben dem Text.   o–o  Textpassage am unteren linken Blattrand.

10

15

20

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

5

543

Ausschaltung gewisser Gefühle, „Sachlichkeit“ statt „Menschlichkeit“. Geringere Gewissenhaftigkeit, geringeres Verantwortungsgefühl. (Besonders wo Collektivitäten über Collektivitäten herrschen England – Irland, Indien) pDies

10

alles hätte eben nicht als Fall der „Herrschaft“ behandelt werden sollen, sondern als Anwendungsfall 〈der Un〉 der Collektivindividualität überhaupt (Freilich: alle Coll[ektiv]-In­ d[ivi­dua­lität] ist = Herrschaft des Menschen über den Menschen.[)]p Verwaltung durch Amerikan[ische] Städte = Corporationen – Mayor.

15

20

Andrerseits: die „Menge“, d. h. die sich „sinnlich“ berührenden Menschenmassen, handeln sinnloser, unsachlicher, sowohl grausamer wie heroischer, je nachdem. S.  176/7 Folge des Wirksamwerdens sonst, vom Einzelnen, unterdrückter Instinkte u. Suggestionen, u. der Verantwortungslosigkeit. (Es kann das eine: die Sachlichkeit der Corporation, – in die Unsachlichkeit der Masse umschlagen.[)] Bes. Fälle: 1) Der Beherrschte als IIIq gaudens g[e]g[en]über dem Wechsel der :(einander gleichgestellten): Herrscher. (Polytheismus lockert die Abhängigkeit S.  180[)]

25

30

rsehr

Das Beharren eines Faktors g[e]g[en]über dem Wechsel giebt ihm Macht (Staat, Kirche pp. – Kindbettfieber im Mittelalter u. Häufigkeit des Ehefrauenwechsels 〈)〉 schafft Erhöhung der Mannesstellung.[)] S.  182 fraglichr

p–p  Zusatz links neben dem Text.   q Lies: tertium   r–r  Zusatz links neben dem Text.  

544

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

sDas

gehört nicht hierher eigentlich[.] S[immel]’s Ansicht, er habe die anscheinend inhaltlich bedingten Unterschiede des Schicksals der Unterworfenen in formal bedingte aufgelöst – S.  182 – ist nicht richtig (genaue Analyse des Vorangehenden nötig!)s



5

2) Hierarchie der Überordnung: :(u. Umst[ellung] auch da: IIIt gaudens des Untergeordneten, wenn er noch Rekurs an den Höchsten hat): „Schutz des Schwachen“ im Orient

Excurs. S.  186–197

10

In den Erörterungen über die Majorisierung vielfach: Classifikation nach dem „Sinn“, statt nach den Ursachen. Der „Sinn“ ist hieru :nicht: immer: aber thatsächlich oft ein ex post Exponent realera Ursachen. 〈Russi〉 U[nter] Umst[änden] auch: umgekehrt: Russ[ischer] Mir.

15

S.  197. III. Formtyp (nächst Einherrschaft u. Mehrheitsherrschaft): Unterordnung unter Gesetze Hier gleich Anfangs bedenkliche Vermischung von Mehrerlei: Häusl[iche] – c/a :gewerbliche: Erwerbsarbeit (span[ische] Adlige – modernes amerik[anisches] Mädchen) Das hat mit :Unterordnung unter: Gesetze nichts zu thun, resp. nur in sofern, als Unpersönlichkeit vorliegt. bHier

20

hätte S[immel] Tönnies berücksichtigen sollen.b

Schiefes (Althusius, falsch gedeutet S.  198) neben Gutem (Platon – S.  198 unten 199 oben) 

s–s  Zusatz links neben dem Absatzanfang Das Beharren […] (oben, S.  543, Z.  24) eingefügt.  t Lies: tertium   u In A doppelte Unterstreichung.    a Alternative Lesung: vieler  b–b  Zusatz links neben dem Text.

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

545

Unterordnung unter die Objektivität einer Norm, die s[ich] als Verdichtung e[iner] sozialen Macht „deuten“ läßt (also: Züchtung der Norm am Individuum) S.  200

5

Sehr gute, wennschon nicht durchweg unbedenkliche Ausführungen S.  203 Scheidung der „Allgemeinheit“ der Gruppe g[e]g[en]über der abstrakten „Allgemeinheit“ cHätte

längst früher gemacht werden sollen.c

Schlechtes Beispiel: prix fixe; S.  204. 10

15

20

25

Entstehung der Gerechtigkeits-Idee aus sozialem Bedürfnis S.  206. Unterordnung des Herrn selbst 1) unter das Gesetz 2) unter ein objektives Prinzip (der Wirtschaftlichkeit) S.  209. Es giebt Unterordnungen ohne reale Überordnung (U[n­ter­ord­ nung] unter ein „Prinzip“) ebenso Überordnungs-Rudimente ohne reale Unterschicht (Spanier, |:Spät-:|Griechen) S.  218 Freiheit als G[e]g[en]satz gg Unterordnung Fast immer Streben darnach = Streben nach Überordnung. oder Teilhaben an der Stellung andrer Übergeordneter Die 〈Ste〉 Zeichnung der 〈Ste〉 Stellung des Proletariats ist schief S.  219 unten (der 〈Qu〉 Haß richtet s[ich] gg. Meister u. Unternehmer, weil diese direkt die Schuriglerd sind 〈)〉, das Alltagsschicksal bestimmen 〈)〉, – nicht, weil sie „bourgeois“ sein wollten. Sie wollen Kleinbürger sein.[)]

c–c  Zusatz links neben dem Text.   d A: Schuriegler  

A (3)v

546

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

eUnkenntnis

der sozialen Kämpfe. Zu einfache Denkweisee fGrund

immer: a) Ausschaltung der Inhalte b) ” ” des Rationalenf

5

Privilegien Einzelner als Mittel der |:Erhaltung e[ines] gewissen Maßes v[on]:| Freiheit Aller S.  220 (cf. akademische Zustände) Relativität des Freiheitsbegriffes überhaupt S.  222 Werth-Urteile beigemischt: Selbstverwaltung als „Segen“ etc. S.  223

10

Differenzierung innerhalb aufsteigender Klassen. Dabei schlecht: was über das Proletariat gesagt ist S.  225 (natürlich mit Richtigem vermischt) Alle Freiheit hat Herrschaft als Kehrseite. 〈Kultur〉 Über Sozialismus S.  226/7

S.  226 Manches Falsche.

Zugleich Entwicklung einerg eigenen 〈Werthsystems〉 Zukunftsmusik: S.  227 unten 228 229 (Alles sehr fragliche Möglichkeiten!) (Über Militärdienst, Demokratie pp.) Ganz Richtiges über die Demokratie p.  230 unten 231 oben (Herrschaft der Unsachverständigen[)]

e–e  Zusatz links neben dem Text.   f–f  Weiterer Zusatz, links neben Passage e–e.   g A: eines

15

20

547

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

5

Allgemeines Problem der Herrschaft: S.  2247 1) Form der objektiven Organisation  Hier Problem des der Gesellschaft  2) Ausdruck qualitativer Unterschiede Verhältnisses beider.  der Menschen S.  236. Arbeitsteilung objektiviert u. bedeutet Überordnung der Stellung statt des „Menschen“. Parteiwesen8 u. Demokratie – falsch S.  238/9

10

Werth der Herrschaft an sich, gleichviel ob gut ob schlecht, von gewissen Standpunkten aus S.  240–42 hAlle

S.  242

Die Kreuzung sozialer Kreise

S.  403 f.

Psychologie sei immer notwendig symbolisch S[immel]’s Psychologie!!h 

15

20

25

Zweckvolle, rationale, gewollte Gruppenbildung statt der schicksalsmäßigen Spartan[ische] Syssitien, Männerbünde[,] :Berufsverbände pp., Einungen,: überhaupt statt der Familie u. des Dorfs. Freie Wahl der Zugehörigkeit oft |:(nicht immer):| damit identisch. Hübsche Bemerkungen über die Bildung der intellektuellen Gemeinschaft (Humanismus, Bildungs-Gruppe S.  410) (Übrigens: im Altertum ähnlich) Je mehr Kreisen einer angehört, je freier ist er, je differenzierter ist sein Seelenleben.

h–h  Zusatz am unteren Blattrand links. 7  Weber bezieht sich hier auf Simmel, Soziologie, S.  234 (nicht 224). 8  In Simmel, Soziologie, S.  238 heißt es: „Parteiwahl“ (nicht: Parteiwesen).

A (4)r

548

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

–  Einzigartig: kath[olisches] Priestertum im M[ittel-]A[lter]. Der Priester stammt aus allen Kreisen, aber gehört keinem an. Coelibat als Mittel p.  415/6 Bemerkungen gut, aber nicht sehr vollständig. (Falsche Reste aus K[arl] W[ilhelm] Nitzsch9 S.  418) Sonst sehr gut das Verh[ältnis] zwischen den mehreren möglichen Kreisen dargestellt. Zweckverband, als die sachlichste Kategorie, :modern: – conzentrische Kreise des Mittelalters als Mittel, ähnliche Zwecke auf anderem Wege zu erreichen irecht gut. S.  419/420i Unendliche Möglichkeiten der Wirkung s[ich] kreuzender Kreise: Ritterstand (gut!) S.  422 Allg[emeine] Wehrpflicht: U[nter-]Off[izier] kommandiert den Höchststehenden Cromwell’s Heer: Corporal predigt dem Mayor. Solidarität der Kaufleute nach außen bei erbitterter Concurrenz. Entscheidend f[ür] das Individuum u. s[eine] Stellung: welches Maßverhältnis zw. Bedürfnis nach Solidarität u. nach Concurrenz besteht. Interessante, aber fragliche Beobachtung S.  424 u. 425 oben (der Unterschied hat im bürgerl[ichen] Lebensstil seinen Grund, – Inhalte, nicht Formalien entscheiden.)

i–i  Zusatz links neben dem Text. 9  Bezug ist: Nitzsch, Karl Wilhelm, Ministerialität und Bürgertum im 11. und 12. Jahrhundert. Ein Beitrag zur deutschen Städtegeschichte. – Leipzig: B.G. Teubner 1859.

5

10

15

20

25

549

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

5

Aus Individuen entsteht die Gesellschaft, aus 〈Gese〉 Vergesellschaftungen das Individuum S.  429 (als Schnittpunkt sozialer Kreise, weil es sich nur so „ausleben“ kann). Gut über Standesehre – aber sehr kurz! Hauptmittel sozialer Differenzierung.

10

15

20

S.  430/1

Verschiedenstes Sich-Kreuzen 1) der Amts-Competenzen S.  434 2) der Arbeitsteilung u. des Detailhandels – Combination Abstrakte Neubildungen: die Lohnarbeiter – Proletarier als „Arbeiter überhaupt“ – S.  437 unten Querlinie durch alle Differenzierung die „Kaufleute“ die „Frau“ S.  442 Herausglie derung des superordinierten Kreises g[e]­g[en]­über dem individuelleren. kNur

die Inhalte entscheiden auch hier Rein klassifikatorisch ist der „bloße“ „soziologische“ Gesichtspunkt.k

25

Folgen der geringeren Arbeitsteilung :der Berufe im M[ittel-] A[lter]: auf die Intensität der Inanspruchnahme d[urch] den Beruf. Spezialisiertheit drängt nach Abstraktheit u.s.w. S.  446. Gut bes. S.  448. lGutm,

nicht ganz vollständig.l

k–k  Zusatz links neben dem Text.   l–l  Zusatz links neben dem Text.   m Doppelte Unterstreichung in A.  

550

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

S.  450. Sieg sachlich-rationaler Prinzipien über schematische = Fortschritt der Cultur (soll heißen: der „Zivilisation“) Dabei der Unsinn: Haftung der Familie rationell, wenn man Vererbung bedenke! S.  450.

5

Zweckverband = Mechanismus S.  451 (nicht ausdrücklich gesagt) Tönniesn oFalsch:

daß dies Mechanische der inneren Einheit diene[.] Werthurteil. S.  453.o 

A (4)v

Exkurs: S.  473 ff. Negativität kollektiver Verhaltungsweisen

10

Je größer e[ine] Gemeinschaft, um so mehr beruht ihr Zus[ammen]hang auf negativen Normen. Diese überhaupt leichter zu verallgemeinern, das Negative ist leichter gemeinschaftlich, gem[einsames] Resultat divergierender Tendenzen.

15

So: Nihilismus – (NB! Dabei nur teilw[eise] die Inhalte entscheidend: Volksseelenglaube Bakunin’s, Romantik pp. Trotzdem Vieles richtig!) S.  474 unten: E[ine] geringere Zahl v[on] Normen genügt, um e[inen] großen Kreis zusammenzuhalten. Dies falsch formuliert: umgekehrte Causalität: die Zahl der Normen darf nicht zu groß sein, wenn sie e[inem] großen Kreis gemeinsam sein will. Vieles aus Bryce.

n  Zusatz links neben dem Text.   o–o  Weiterer Zusatz, links neben Tönnies.

20

25

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

551

Sehr gut über Sinn der Höflichkeits-Normen. Beweisen positiv nichts :(keine „Achtung“):. Aber ihr Fehlen beweist Fehlen der Achtung.  Simmel 5

10

S.  3 Falscher :(Beispiel der heterogenen Analogien bei Simmel): Parallelismus von 〈Me〉 soziolog[ischer] „Methode“ (d. h. Erkenntnis der sozialen Bedingtheit) mit „Induktion“, die beide keine „Wissenschaften“ seien. (letztere kann es nicht sein, erstere kann Objekte aussondern) Zu 〈S.〉 S.  9. E[ine] Wissenschaft, welche s[ich] mit den Inhalten der Vergesellschaftung abgeben wollte, würde nichts (!) als e[ine] Zusammenfassung der Einzelwissenschaften sein. pUnrichtig

15

Die Einzelwissensch[aften] erschöpfen den Umkreis des Gesellschaftlichen nicht!p Daß der „Inhalt“ oft 〈über〉 :oder immer (sic) über: die Form entscheide, sei irrelevant S.  10

20

S.  13 über histor[ische] u. nomothet[ische] Wiss[enschaft] – ganz schief. S.  14. Die annähernde Gleichheit genügt z[ur] Abstraktion (unrichtig. Nur dann, wenn das annähernd Gleiche auch annähernd gleiche Folgen hat. cf. Duhem)

25

Fall einer Unmöglichkeit der Herauslösung des Soziologischen: M[ittel]a[lterlicher] Zunftmeister bei Beginn der Neuzeit S.  13 bedenklichq

p–p  Zusatz links neben dem Text.   q  Zusatz links neben dem Text.   

A (5)

552

Exzerpte zu: Simmel, Soziologie

S.  18 ff.: Das unzählige unendlich variierte u. kleine, nicht in die großen (– nach Spann –) „Objektivationssysteme“ übergehender Geschehen sozialer Art ist vielleicht das Wichtigste, das „mikroskopische“ Constituens der Gesellschaft. Ist Soziologie Psychologie?

S.  21/2

Unsinnige Antwort: auch jedes chemische :Wahrheits-:Erkennen würde eine „vollkommene“ Psychologie [„]〈„〉rein〈“〉 〈restlos〉 aus seelischen Bedingungen“ deduzieren. (eben nicht restlos! – cf.: das Erkennen :des Universums: aus |:der Lage:| 〈einem〉 eines Sandkörnchens[)] Lauter Törichtes!

10

S.  22

S.  23: vermischt damit die G[e]g[en]sätzlichkeit rationaler u. „psycholog[ischer]“ Erkenntnis „Machtverhältnis“ sei ein psychischer Vorgang. S.  23! „Analogien“ aus der Symbolik sBedenklichkeit der „Analogien“.s

5

15

S.  24.

Ausschluß der Sozialphilosophie ( 1) Erkenntnistheorie u. 2) Metaphysik) von der Soziologie. Also: empirische Disziplin. 

r  Alternative Lesung: eingehende   s–s  Zusatz links neben dem Text.

20

[Exzerpt:] Spann gegen Simmel

Das Exzerpt Max Webers bezieht sich auf: Spann, Othmar, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine dogmenkritische Untersuchung. – Dresden: O. V. Böhmert 1907, S.  192–228. Diese Seiten umfassen die Auseinandersetzung mit Simmels Gesellschaftsbegriff (ebd., S.   189–220) sowie die abschließenden Bemerkungen zum Gesamtband (ebd., S.  221–229). Das Erscheinungsdatum des Bandes ist der frühestmögliche Abfassungszeitpunkt, der Zusatz auf Simmels 1908 erschienene Soziologie (unten, S.  556 mit Anm.  1) legt eine Abfassung oder Überarbeitung nach Juni 1908 nahe. Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft, oben, S.  95–98. Dem Abdruck liegt das handschriftliche Exzerpt zugrunde, das überliefert ist in: Deponat Max Weber, BSB München, Ana 446, OM 5 (A). Es handelt sich um ein unpaginiertes Blatt, das beidseitig mit schwarzer Tinte beschrieben ist. Der Editor fügt die Seitenzählung als A (1)r und A (1)v ein. Die Transkriptionen fertigte Diemut Moosmann an. Sie wurden mit den Transkriptionen von Johannes Winckelmann verglichen (vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Georg Simmel als Soziologe und Theoretiker der Geldwirtschaft, oben, S.  98–100). Einfügungen und Streichungen sind mit diakritischen Zeichen im Text wiedergegeben.

Spann gg. Simmel: cf. S.  192/3

5

  194

A (1)r

1. Soz[iale] Erscheinungen sind stets Complexe, diese aber bloße Hülfsbegriffe, bloß morpholog[ischen] Charakter[s] 2. Nur an letzten Teilen sind Gesetze möglich, an Complexen nur empir[ische] Regelmäßigkeiten.

Wissenschaftl[ich] brauchbare Zus[ammen]fassung 〈[??]〉: Kriterium 〈zu〉 für sie?

554

Exzerpt: Spann gegen Simmel

a) erkenntnistheoret[isch]: einheitl[iche] Wirkung (wo diese, da – nach Spanna – auch reale, nicht nur „relative“, Einheit des wirkenden Objektes). bVerh[ältnis]

beider Kriterien ist unklar!

S.  196b

b) quasi erkenntnistheoretisch: Wechselwirkung der Teile { c) innige Wechselwirkung – unvollziehbar u. unklar.

5



Qualität (nicht Quantität)  neue der Einheit soll doch entscheiden  p 195 c„Wechselwirkung“

bedingt doch keine „Vereinheitlichung“.c

Gg. die „Wechselwirkung“: „Wechselwirkung“ 〈[??]〉 :entweder: überall, wenn = Causal-Zus[sammen]hang oder = doppelseitige Causalität (2 Billardkugeln, die beide rollen) Es ist nichts dem Leben Spezifisches. 206. Da Tausch = Ausgleichung zwischen Beziehungen der EinzelIndividuen nach S[immel]d, müßten Vorstellungen (nie: Wollungen!) die „empirischen Atome“ der Soziologie sein S.  208 (cf. Gottl, Schumpeter)

10

15

20

eContrast

zw. den Gedanken S[immel]’s: 1) daß die Regelmäßigkeit〈en〉 der Complexe höchstens Zusammenfassung der Einzelbewegungen ausdrücken, 2) den andern, daß die Complexe einheitlich wirken. Beides unvereinbar. S.  197

a A: Spahn  b–b  Zusatz links neben dem Text zu den Passagen a) und b), die durch einen Pfeil miteinander verbunden sind.   c–c  Zusatz links neben dem Text zu den Passagen b) und c), die durch eine geschweifte Klammer miteinander verbunden sind.   d A: S.,  e–e (S. 555)  Textpassage auf linker Blatthälfte.  

25

555

Exzerpt: Spann gegen Simmel

Simmel’s Behauptung: daß das Übergehen eines Gesammtzustandes = Ergebnis der Wirksamkeit vieler spezieller Gesetze sei, aber nicht selbst gesetzmäßig – sei „metaphysisch“ (Begriff?) 5

10

15

Richtig dag[e]g[en] (gg. die „kleinsten“ Teile als „Gesetzes“-Träger:[)] daß damit das Hilfshypothetische zum einzig Realen erhoben werde. S.  199. Dag[e]g[en] Schiefes S.  199 Mitte. Richtig ferner: daß 〈die Gesetz〉 es genügt, wenn die „Gesetze“ des Wirkens des „Ganzen“ nicht 〈[??]〉 in den Elementargesetzen aufgehenf, darin nicht „enthalten“ sindg. S.  200 (so ja in der That in der Chemie: Wasser ist qualitativ neu, wirkt anders als s[eine] Teile) Beispiel auch bei S[pann]: Gay-Lussac-Mariotte’sches Gesetz. In nicht ganz deutlicher Weise ist dabei der Begriff des „relativ Historischen“ S.  200/201 〈)〉 entwickelt.

20

Auch die :(nicht rein physikalisch gedachte): Wirkung des Sternbildes ist nicht = der Wirkung seiner „Teile“ summiert gedacht.e    Motive gg. die Möglichkeit, den Tausch als Wechselwirkung

von Motiven „aufzufassen“, nicht durchgreifend

S.  209 Mitte.

  „Wechselw[irkung]“ besagt bei S[immel] nur, daß ein causal bestimmtes psychisches Geschehen vorliegt. 25

? ? „Davon, daß alles soziale Geschehen Mittel f[ür] Zwecke darstellt, dürfen wir analytisch niemals absehen“ S.  213 unten.

f A: aufgeht  g A: ist   e (S.  554)–e Textpassage auf linker Blatthälfte.

A (1)v

556

Exzerpt: Spann gegen Simmel

? ? Es kann zw. sozialer Normwissenschaft u. sozialer Seinswissenschaft nicht unterschieden werden S.  214 ? ? In jedem „Motiv“ liegt bereits „Norm“. Das siegende Motiv wird uns „Norm“. S.  214 Durch Erschleichung wird bei S[immel] dann die „Wechselwirkung“ zur „Form“ eines „Inhalts“ S.  216 hGanz

5

richtig, cf. meine Bemerkung bei Simmel, Soziologie S.  7.h 1



Die hier folgende Polemik ist nicht überzeugend.



Richtig ist nur: daß „Gesellschaft“ für S[immel] nur ein Sammelname sein kann S.  219.



Die weitere Argumentation: wer das Problem als solches anerkennt, muß e[ine] Lösung haben, darf nicht negativ lösen – ist bestreitbar S.  219



Denn bei negativer Lösung wären die :Einzel-:Sozial­wissen­ schaften gänzlich unabhängig von einander (sind sie auch). S.  220.

10

15

? ? Spann: :S.  221: Der Begriff der Gesellsch[aft] sei „oberster Zentralbegriff“ aller Soz[ial-]Wiss[enschaft]

〈Funktionalbegriff〉 Funktionelle Natur der gesellsch[aftlichen] Begriffe entscheidend  cf. Maschine.  Gesellsch[aft]   = ein Ganzes =i der Maschine.

20

S.  223

h–h  Zusatz links neben der Textpassage.   i  in A doppelt unterstrichen. 1  In Simmel, Soziologie, Handexemplar Max Weber (Diözesanbibliothek Aachen), findet sich zu den Wechselwirkungen (S.  7) die Marginalie: „diese sind nicht Form“.

Exzerpt: Spann gegen Simmel



Systeme v[on] Handlungen, die für ein konkretes Zusammenwirken verknüpft sind: funktionelle Systeme

jGanz

5



falsche Behauptungen über den Werth!! S.  224j

S.  225 Funktionelle Teilsysteme gründen s[ich] auf e[in] relativ selbständiges Ziel menschlichen Handelns. Die Wirtschaft beruht auf dem selb­st[än­digen] Ziel der Güterversorgung

kschief

10

557

S.  225 Logik u. Sache vermengt.k

S.  228 Gesammtheit aller Ziele = Gesellschaftsgrundlage. Höchstes Gut nötig pp.

Stammlerei!l 

j–j Zusatz links neben der Textpassage.    k–k Zusatz am linken Blattrand.   l–l  Zusatz links neben der Textpassage.

Verzeichnisse und Register

Personenverzeichnis

Dieses Verzeichnis berücksichtigt die von Max Weber genannten Personen mit Ausnahme allgemein bekannter Persönlichkeiten. Die Einträge folgen der Schreibweise Max Webers.

Althoff, Friedrich Theodor (19.2.1839–20.10.1908). Preußischer Ministerialbeamter und Jurist. 1872 etatmäßiger a. o. Professor, 1880 o. Professor für französisches Zivilrecht in Straßburg; 1882–97 als Vortragender Rat und Geheimer Regierungsrat Referent für Hochschulangelegenheiten im preußischen Kultusministerium; 1897–1907 Ministerialdirektor und Leiter der Abteilung für das Universitäts- und höhere Unterrichtswesen. Althusius, Johannes (um 1563–12.8.1638). Deutscher Rechtsgelehrter. August der Starke (12.5.1670–1.2.1733). Kurfürst von Sachsen (1694– 1733) und König von Polen (1697–1704, 1709–1733). Vater zahlreicher illegitimer Abkömmlinge. Babeuf, François Noël (23.11.1760–28.5.1797). Französischer jakobinischer Revolutionär. Gründete im März 1796 den Bund der Gleichen, der einen Aufstand zum Sturz des Direktoriums organisieren sollte, nach dessen Aufdeckung guillotiniert. Bacon, Francis (22.1.1561–9.4.1626). Englischer Philosoph, Jurist und Staatsmann. Seit 1579 Anwalt in London; 1595 Mitglied des Unterhauses, 1604 Kronadvokat, 1613 Oberstaatsanwalt, 1618–21 Lordkanzler, wegen Korruption unehrenhaft aus allen öffentlichen Ämtern entlassen. Begründer des philosophischen Empirismus, demzufolge allein Beobachtung und Experiment Ausgangspunkt der Erkenntnis sein können. Baer, Karl Ernst von (28.2.1792–28.11.1876). Deutsch-baltischer Naturforscher, Zoologe und Geograph. 1814 Dr. med. in Dorpat, 1815–16 Studium der Zoologie und Anatomie in Würzburg, 1817 Habilitation in Königsberg, 1819 a. o. Professor, 1821 o. Professor für Zoologie und seit 1826 auch für Anatomie ebd., 1834–62 an der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften. Bakunin, Michail Aleksandrovicˇ (30.5.1814–1.7.1876). Russischer Revolutionär und Anarchist. Beteiligung an der „Ersten Internationale“, von dieser 1872 wegen seiner Hinwendung zum Anarchismus ausgeschlossen.

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Personenverzeichnis

Barth, Paul (1.8.1858–30.9.1922). Philosoph, Soziologe und Pädagoge. 1881 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1890 Habilitation in Leipzig, 1897 a. o. Professor, 1918 Honorarprofessor ebd. Entwickelte eine positivistische Geschichtsphilosophie, indem er die Geschichte als konkrete Soziologie, die Theorie der Geschichte als abstrakte Soziologie begriff. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909 und Teilnehmer am Zweiten Deutschen Soziologentag in Berlin. Berlioz, Hector (11.12.1803–8.3.1869). Französischer Komponist, Dirigent und Musikkritiker. Bernoulli, Daniel (8.2.1700–17.3.1782). Französischer Mathematiker und Physiker. Böhm-Bawerk, Eugen Ritter von (12.2.1851–27.8.1914). Österreichischer Nationalökonom und Politiker. 1875 Promotion zum Dr. jur. in Wien, 1880 Habilitation ebd., 1881–84 a. o. Professor in Innsbruck, 1884–89 o. Professor ebd.; 1889–95 Ministerialrat im österreichischen Finanzministerium, 1895, 1897/98 und 1900–1904 Finanzminister; ab 1904 o. Professor in Wien. Neben → Carl Menger und → Friedrich von Wieser Begründer der österreichischen Schule der Nationalökonomie. Böttger, Richard (3.12.1861–?). Nationalökonom. 1881–87 Studium der Philosophie, Philologie und Geschichte in Leipzig, 1887–88 in Greifswald; 1890–92 Mitarbeiter im Königlich statistischen Bureau Dresden, seit 1894 der Gehe-Stiftung in Dresden. Teilnehmer am Ersten und Zweiten Deutschen Soziologentag. Brentano, Lujo (Ludwig Josef) (18.12.1844–9.9.1931). Nationalökonom. 1866 Promotion zum Dr. jur. utr. in Heidelberg, 1867 zum Dr. phil. in Göttingen, 1871 Habilitation in Berlin, 1872 etatmäßiger a. o. Professor in Breslau, 1872 o. Professor ebd., 1882 in Straßburg, 1888 in Wien, 1889 in Leipzig und 1891–1916 in München. Linksliberaler Vertreter der Historischen Schule der deutschen Nationalökonomie; 1872 Beteiligung an der Gründung des Vereins für Sozialpolitik, dessen linksliberalem Flügel er angehörte. Max Weber trat seit 1893 in persönliche Beziehung zu Brentano, der ihn – trotz eines Zerwürfnisses im Jahr 1912 – als Nachfolger auf seinen Lehrstuhl vorschlug; 1919 trat Max Weber die Nachfolge an. Bryce, James (seit 1914) Viscount of Dechmont (10.5.1838–22.1.1922). Britischer Jurist und Politiker. 1870–93 Professor für Römisches Recht (civil law) in Oxford; 1880–1907 Mitglied des Unterhauses für die liberale Partei; 1894/95 Handelsminister, 1905/06 Staatssekretär für Irland, 1907–13 Botschafter in Washington; 1914 Mitglied des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag. Sein Werk „The American Commonwealth“ (11888) wurde von Max Weber sehr geschätzt.

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Bueck, Henry Axel (12.12.1830–4.7.1916). Politiker und Wirtschaftsfunktionär. 1894–98 MdprAH für die Nationalliberalen; 1897–1910 Geschäftsführer des „Centralverbandes deutscher Industrieller“, 1904–10 zusätzlich der Hauptstelle Deutscher Arbeitgeberverbände. Zahlreiche weitere Funktionärsposten. Chwolson, Orest Danilowitsch; Tl.: Chvol’son, Orest Danilovicˇ (4.12.1852– 11.5.1934). Russischer Physiker. 1876 Dozent und seit 1891 Professor an der Universität St. Petersburg, ab 1920 Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften. Arbeiten über Elektrizität, Magnetismus und Fotometrie, Autor insbesondere eines „Lehrbuchs der Physik” (4 Bde., dt. 1914–26). Cohn, Gustav (12.12.1840–17.9.1919). Nationalökonom. 1866 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1869 Habilitation in Heidelberg, 1871 Professor am Baltischen Polytechnikum in Riga, 1875 Professor am Polytechnikum in Zürich, 1884–1918 o. Professor in Göttingen; Mitglied im Verein für Sozialpolitik. Comte, Auguste (19.1.1798–5.9.1857). Französischer Mathematiker, Philosoph und Soziologe. Entwickelte eine Stufenordnung der Wissenschaften, deren oberen Abschluß die Soziologie bilden sollte. Cromwell, Oliver (25.4.1599–3.9.1658). Englischer Heerführer und Staatsmann. Im englischen Bürgerkrieg einer der Führer des königsfeindlichen Lagers gegen die absolutistische Politik Karls I., betrieb 1649 dessen Hinrichtung; proklamierte die Republik des „Commonwealth of England“ und wurde erster Vorsitzender des Staatsrats, 1653 „Lord Protector of the Commonwealth of England, Scotland and Ireland“. Diehl, Karl (27.3.1864–12.5.1943). Nationalökonom. 1888 Promotion zum Dr. phil. in Halle, 1890 Habilitation ebd., 1893 a. o. Professor in Halle, 1898 o. Professor für Staatswissenschaften in Rostock, 1899 in Königsberg, 1908–33 in Freiburg i. Br.; Mitglied im Verein für Sozialpolitik, gehörte zu dessen sog. mittleren Generation und vertrat als Gegner einer reinen, „exakten“ Nationalökonomie eine empirisch-realistische Methode. Disraeli, Benjamin, Earl of Beaconsfield (21.12.1804–19.4.1881). Englischer Staatsmann. Dragomanow, Michael P.; Tl.: Dragomanov, Michail P. (30.9.1841–2.7.1895). Ukrainischer Publizist und Historiker. Seit 1873 Professor für Alte Geschichte an der Universität Kiev, 1875 aus politischen Gründen entlassen; 1876 Emigration in die Schweiz; 1889 Professor für Geschichte in Sofia. Vertrat ein Programm der kulturellen Autonomie der Völker Rußlands und der föderativen Umgestaltung des Russischen Reiches.

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Driesmans, Heinrich (1863–1927). Politiker und Schriftsteller. Vertreter einer völkischen Rassentheorie. Teilnehmer am Zweiten Deutschen Soziologentag in Berlin. Du Bois, William Edward Burghardt (23.2.1868–27.8.1963). Amerikanischer Soziologe, Schriftsteller und Politiker. 1892–94 Graduierten-Studium in Berlin, 1895 Ph.D. an der Harvard University, 1897–1910 Professor für Wirtschaft und Geschichte an der Atlanta University in Atlanta, Georgia; ab 1905 in der Bürgerrechtsbewegung für die Gleichberechtigung der Afro­ amerikaner engagiert. Hauptwerk „The Souls of Black Folk“ (1903). 1904 Persönlicher Kontakt zu Max Weber beim International Congress of Arts and Science in St. Louis. Du Bois-Reymond, Emil Heinrich (17.11.1818–26.12.1896). Physiologe, Begründer der experimentellen Elektrophysiologie. Arbeiten zur Erkenntnistheorie der Naturwissenschaften. Duhem, Pierre (10.6.1861–14.9.1916). Französischer Physiker und Wissenschaftshistoriker. 1887–93 Professor für theoretische Physik in Lille, 1893– 1894 in Rennes und 1894–1916 in Bordeaux. Gilt als Begründer der physikalischen Chemie und war in seinen wissenschaftstheoretischen Entwürfen von → Ernst Mach beeinflußt. Ehrenberg, Richard (5.2.1857–19.12.1921). Nationalökonom und Historiker. 1897 (ohne Habilitation) a. o. Professor in Göttingen, 1899–1921 o. Professor für Staatswissenschaften in Rostock. Gründete 1901/02 das Thünen-Archiv, 1909 das Institut für exakte Wirtschaftsforschung. Gegner der sog. Kathedersozialisten der historischen Nationalökonomie. Ehrenfels, Christian von (20.6.1859–8.9.1922). Österreichischer Philosoph und Psychologe. 1885 Promotion zum Dr. phil. in Graz, 1888 Habilitation in Wien, 1896–1929 Professor für Philosophie an der deutschen Universität Prag. Vertrat ein Programm zur Sexualmoral, das die Polygynie als beste Form menschlicher Fortpflanzung behauptete. Eulenburg, Franz (29.6.1867–28.12.1943). Nationalökonom. 1892 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, 1899 Habilitation bei Karl Bücher in Leipzig, 1899–1905 Privatdozent ebd., 1905–17 a. o. Professor ebd., 1917 o. Professor an der TH Aachen, 1919 in Kiel und 1921–35 an der Wirtschaftshochschule in Berlin. Arbeiten zur Wissenschaftslehre und zur volkswirtschaftlichen Theorie (Preisbildung). Mitglied im Verein für Sozialpolitik, gehörte zu dessen sog. mittleren Generation. Exner, Sigmund (seit 1917) Ritter Exner von Ewarten (5.4.1846–5.2.1926). Österreichischer Hirnforscher und Physiologe. 1870 Promotion zum Dr. med. in Wien, 1871 Privatdozent und 1875 a. o. Professor am Physiologi-

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schen Institut in Wien, 1891 o. Professor für Physiologie ebd. Kontakte zu → Sigmund Freud. Fechner, Gustav Theodor (19.4.1801–18.11.1887). Physiker und Philosoph. 1826 Habilitation, 1834–39 o. Professor für Physik, ab 1843 für Naturphilosophie und Anthropologie in Leipzig. Gilt als Begründer der experimentellen Psychologie. Fick, Ludwig (14.12.1871–2.3.1897). Nationalökonom. 1891–95 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Zürich, Würzburg und München, 1895 Promotion zum Dr. phil. bei → Lujo Brentano in München. Freud, Sigmund (6.5.1856–23.9.1939). Mediziner, Neurologe, Begründer der Psychoanalyse. 1881 Promotion zum Dr. med. in Wien, 1885 Habilitation ebd., 1885 Privatdozent für Neuropathologie in Wien, arbeitete indessen seit 1886 als niedergelassener Nervenarzt ebd., 1902 a. o. Professor, 1920 o. Professor für Neuropathologie in Wien; Psychotherapeutische Praxis. Fuchs, Ernst (bis 1899: Samuel) (15.10.1859–10.4.1929). Rechtsanwalt. 1884 Rechtsanwalt am Landgericht, seit 1894 am Oberlandesgericht in Karlsruhe. Galt als bekanntester Vertreter der Freirechtsströmung in der deutschen Rechtswissenschaft. George, Stefan (12.7.1868–4.12.1933). Dichter, Studien der Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte. 1892 Gründung der „Blätter für die Kunst“. Spiritus rector einer sich als geistige Elite verstehenden Gruppe von Gelehrten, Dichtern und Künstlern. Hauptvertreter der deutschen Neoromantik und einer neuen ästhetisch begründeten Lebensphilosophie. In Heidelberg trat er in Kontakt zu Max Weber. Giordano, Luca (1634–12.1.1705). Italienischer Maler, bekannt unter seinem Beinamen „Fa presto“. Goldscheid, Rudolf (Pseudonym: Rudolf Golm) (12.8.1870–6.10.1931). Soziologe und Philosoph. Studium der Philosophie und Nationalökonomie (ohne Abschluß). 1907 Gründer und Leiter der „Soziologischen Gesellschaft“ in Wien, Mitbegründer der DGS.  Hauptwerk: „Höherentwicklung und Menschenökonomie“ (1911). Gothein, Eberhard (29.10.1853–13.11.1923). Nationalökonom, Finanzwissenschaftler und Kulturhistoriker. 1877 Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm Dilthey in Breslau, 1879 Habilitation ebd., 1882 Umhabilitation nach Straßburg, 1884 o. Professor für Nationalökonomie an der TH Karlsruhe, 1890 in Bonn, 1904–23 als Nachfolger Max Webers in Heidelberg. Ausschußmitglied im Verein für Sozialpolitik.

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Gottl-Ottlilienfeld, Friedrich Edler von (bis zur Nobilitierung des Vaters 1907: Friedrich Gottl) (13.11.1868–19.10.1958). Nationalökonom und Soziologe. 1897 Promotion in Heidelberg, 1900 Habilitation ebd., 1902 a. o. Professor an der TH Brünn, 1904 o. Professor ebd., 1908 an der TH München, 1919 an der Universität Hamburg. Unterzeichner des Beitrittsaufrufs zur DGS 1909. Gould, Jason (Jay) (27.5.1836–2.12.1892). Amerikanischer Finanzier und Unternehmer. Gregor VII. (um 1020–25.5.1085). Kirchenreformer, seit 1073 Papst. Hartmann, Ludo Moritz (2.3.1865–14.11.1924). Österreichischer Historiker und Politiker. 1887 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, Schüler von → Theodor Mommsen, 1889 Habilitation für Römische und Mittelalterliche Geschichte in Wien, 1903 a. o. Professor ebd.; 1899 Mitbegründer und Mitherausgeber der „Zeitschrift (später Vierteljahrschrift) für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte“; schloß sich 1901 der Sozialdemokratischen Partei an. Mit Alfred Weber und Max Weber befreundet. Hasbach, Wilhelm (25.8.1849–30.4.1920). Nationalökonom. 1875 Promotion zum Dr. sc. pol. in Tübingen; 1875–80 Lehrer; 1882–83 Studienaufenthalt in England; 1884 Habilitation für Staatswissenschaften in Greifswald; 1887 a. o. Professor ebd., 1888 in Königsberg, 1893–1906 o. Professor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften in Kiel. Arbeiten zur Geschichte und Methodik der Nationalökonomie. Heck, Philipp (seit 1912) von (22.7.1858–28.6.1943). Jurist. 1889 Promotion zum Dr. jur., 1889 Habilitation und Privatdozent für Handelsrecht, Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht in Berlin, 1891 o. Professor in Greifswald, 1892 in Halle, 1901–28 in Tübingen. Mitbegründer der „Interessenjurisprudenz“. Henry, Charles (?–?). Französischer Physiologe. Mitarbeiter am 1901 von → Ernest Solvay gegründeten Institut de Sociologie in Brüssel. Herkner, Heinrich (27.6.1863–27.5.1932) Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. rer. pol. bei → Lujo Brentano in Straßburg, 1888 Dozent an der Universität Freiburg i. Br., 1889 Habilitation ebd., 1890 a. o. Professor, 1892 o. Professor ebd., 1892 an der TH Karlsruhe, 1898 an der Universität Zürich, 1907 an der TH Charlottenburg, 1912 als Nachfolger von → Gustav Schmoller in Berlin. Mitglied im Verein für Sozialpolitik, ab 1911 dessen Vizepräsident und 1917–29 dessen 1. Vorsitzender.

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Husserl, Edmund (8.4.1859–27.4.1938). Philosoph. 1882 Promotion zum Dr. phil. bei Leo Königsberger in Wien, 1894 a. o. Professor, 1901 o. Professor in Göttingen, 1916–28 in Freiburg i. Br. Begründer der Phänomenologie. Ihering, Rudolf von (22.8.1818–17.9.1892). Jurist (Zivilrechtler und Romanist). 1842 Promotion zum Dr. jur. und Habilitation in Berlin, 1843 Privatdozent ebd., 1845 o. Professor für Römisches Recht in Basel, 1846 in Rostock, 1849 in Kiel, 1852 in Gießen, 1868 in Wien, 1872 in Göttingen. Zunächst Begründer der sog. Begriffsjurisprudenz, später deren Kritiker und Vorbereiter der Freirechtsschule und der Interessenjurisprudenz. Iwan IV., der Schreckliche (25.8.1530–28.3.1584). Russischer Zar. Jaffé, Edgar (14.5.1866–29.4.1921). Kaufmann und Nationalökonom. 1888–98 kaufmännischer Teilhaber der von seinem Vater gegründeten Textilexportfirma in Manchester; 1902 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1904 Habilitation ebd.; 1909 a. o. (Titular-)Professor ebd., 1910 o. Professor für Geld- und Kreditwesen an der Handelshochschule München; November 1918 bis April 1919 bayerischer Finanzminister im Kabinett von Kurt Eisner. Eigentümer und seit 1904 mit → Werner Sombart und Max Weber Herausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“; Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909. Verheiratet mit Else Jaffé, zum Freundeskreis von Max und Marianne Weber gehörend. James, William (11.1.1842–26.8.1910). Amerikanischer Philosoph und Psychologe. Seit 1872 Professor an der Harvard University, zunächst für Anatomie und Physiologie, dann Psychologie und schließlich Philosophie. Gilt als Begründer der amerikanischen experimentellen Psychologie und zusammen mit Charles S.  Peirce als Begründer des amerikanischen Pragmatismus. Jaspers, Karl (23.2.1883–26.2.1969). Mediziner, Psychiater und Philosoph. 1808 Promotion zum Dr. med. in Heidelberg, 1913 Habilitation für Psychologie ebd., 1916 o.a. (Titular-)Professor und 1920 a. o. Professor, 1922–37 o. Professor für Philosophie ebd., 1937 Zwangsemeritierung, 1948–61 o. Professor in Basel. Umfangreiche Arbeiten zur Existenzphilosophie und Logik, richtungweisend auch in der Methodologie durch seine Habilitationsschrift „Allgemeine Psychopathologie“. Ab 1909 Bekanntschaft mit Max Weber. Jellinek, Georg (16.6.1851–12.1.1911). Staats- und Völkerrechtler. 1872 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1874 zum Dr. jur. in Wien; 1874–76 Tätigkeit im österreichischen Verwaltungsdienst; 1879 Habilitation und Privatdozent für Rechtsphilosophie in Wien, 1882 auch für allgemeines Staats- und Völkerrecht ebd., 1883 etatmäßiger a. o. Professor ebd., 1889 o. Professor in Basel, 1891–1911 o. Professor für Staatsrecht, Völkerrecht und Politik in

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Heidelberg. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909. Seit Mitte der 1890er Jahre in Kontakt mit Max Weber. Jolly, Julius (21.2.1823–14.10.1891). Badischer Politiker. 1847 Habilitation für Staatsrecht in Heidelberg, 1857 a. o. (Titular-)Professor ebd.; 1856 Berufung in die badische Regierung, 1861 Regierungsrat, 1862 Ministerialrat, 1866 Präsident des Innenministeriums, 1868 Präsident des Staatsministeriums in Karlsruhe, 1876 Ernennung zum Präsidenten der badischen Oberrechnungskammer ebd. Onkel Max Webers. Kaiser, Hellmuth (3.11.1893–12.10.1961) Psychoanalytiker. 1912–13 Studium der Philosophie, Pädagogik und Mathematik in Göttingen, 1913–14 Jura in Berlin, 1914–15 Philosophie in Göttingen, 1915–18 Kriegsdienst, Studienaufenthalte in München und Berlin, nach Erkrankung ab 1920 Wiederaufnahme des Studiums der Mathematik, Philosophie und Pädagogik in München, 1922 Promotion in Mathematik ebd., 1929 Abschluß als Psychoanalytiker; 1933 Emigration und 1949 Übersiedlung in die USA. Kantorowicz, Hermann (Pseudonym: Gnaeus Flavius) (18.11.1877– 12.2.1940). Jurist und Rechtshistoriker. 1904 Promotion zum Dr. jur. in Heidelberg, 1907 Habilitation in Freiburg i. Br., 1908 Privatdozent für Strafrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsgeschichte ebd., 1913 a. o. (Titular-)Professor, 1923 planmäßiger a. o. Professor für juristische Hilfswissenschaften ebd., 1927 Gastprofessur an der Columbia University of New York, 1929–33 o. Professor für Strafrecht in Kiel als Nachfolger von → Gustav Radbruch; 1933 Entlassung aus rassistischen Gründen; Emigration in die USA. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1908, Vortrag auf dem Ersten Deutschen Soziologentag 1910. Kollegiale Beziehung zu Max Weber. Kaulla, Rudolf (12.12.1872–22.9.1954). Nationalökonom und Bankier. 1897 Promotion zum Dr. jur. und 1902 zum Dr. oec. publ. bei → Lujo Brentano in München, 1903 Habilitation an der TH Stuttgart, 1910 a. o. Professor ebd.; 1933 Emigration nach England, 1934 in die Schweiz. Arbeiten zur Wert­ theorie. Kirchhoff, Gustav Robert (12.3.1824–17.10.1887). Physiker. 1847 Promotion zum Dr. phil. in Königsberg, 1848 Habilitation in Berlin, 1850–54 a. o. Professor in Breslau, 1854–75 o. Professor für Experimentalphysik und mathematische Physik, 1875–86 für theoretische Physik in Berlin. Arbeiten zur Analyse elektrischer Stromkreise. Kirdorf, Emil (8.4.1847–13.7.1938). Führender Repräsentant der rheinisch-westfälischen Eisen- und Stahlindustrie. Seit den 1890er Jahren Verfechter der Kartell-Politik.

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Konradin (25.3.1252–29.10.1268). König von Sizilien, als letzter Staufer in Neapel hingerichtet. Kraepelin, Emil (15.2.1856–7.10.1926). Psychiater. 1878 Promotion zum Dr. med. in Würzburg, 1883 Habilitation für Psychiatrie in Leipzig, 1886 o. Professor für Psychiatrie in Dorpat, 1891 in Heidelberg, wo er an der psychiatrischen Klinik der Universität ein experimentalpsychologisches Laboratorium einrichtete, 1903–22 o. Professor in München. Lamprecht, Karl (25.2.1856–10.5.1915). Historiker und Geschichtsphilosoph. 1878 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig; 1879–80 Lehrer an Gymnasien und Hauslehrer in Köln; 1880 Habilitation und Privatdozent in Bonn, 1885 a. o. (Titular-)Professor ebd., 1889 etatmäßiger a. o. Professor ebd., 1890 o. Professor für mittelalterliche und neuere Geschichte in Marburg, 1891–1915 in Leipzig. Löste durch eine Gesamtdarstellung der „Deutschen Geschichte“ (12 Bde., 1891–1909) einen langanhaltenden Methodenstreit, den sog. „Lamprecht-Streit“, aus. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909. Lange, Friedrich Albert (28.9.1828–21.11.1875). Pädagoge, Philosoph und Publizist. 1855 Habilitation für Philosophie und Pädagogik in Bonn; Lehrer und Journalist in Duisburg; Mitglied des ständigen Ausschusses des Vereinstages deutscher Arbeitervereine; 1869 Habilitation für Philosophie in Zürich, 1870 Professor für Philosophie ebd., seit 1872 in Marburg. Gilt als einer der Begründer des Neukantianismus. Lask, Emil (25.9.1875–26.5.1915). Philosoph. 1902 Promotion zum Dr. phil. bei → Heinrich Rickert in Freiburg i. Br., 1905 Habilitation in Heidelberg, 1910 a. o. Professor ebd. Bedeutendster Schüler von → Wilhelm Windelband und Heinrich Rickert. Freundschaftliche Beziehung zu Max und Marianne Weber. Fiel im Ersten Weltkrieg. Lexis, Wilhelm (17.7.1837–24.8.1914). Nationalökonom. 1859 Promotion zum Dr. phil. in Physik in Bonn; 1872 a. o. Professor für Volkswirtschaftslehre in Straßburg, 1874 o. Professor für Geographie, Ethnographie und Statistik in Dorpat, 1876 für Nationalökonomie in Freiburg i. Br., 1884 in Breslau, 1887–1914 in Göttingen. Mitherausgeber des „Handwörterbuchs der Staatswissenschaften“ und ab 1891 der „Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik“. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909. Liefmann, Robert (4.2.1874–21.3.1941). Nationalökonom. 1897 Promotion bei Max Weber in Freiburg i. Br., 1900 Habilitation in Gießen, 1904 zunächst Privatdozent, dann a. o. Professor in Freiburg i. Br., 1914–33 o. Honorarprofessor ebd., 1933 Entzug der Lehrerlaubnis. Führender deutscher Kartelltheoretiker.

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Lipps, Theodor (28.7.1851–17.10.1914). Philosoph und Psychologe. 1874 Promotion in Bonn, 1877 Habilitation ebd., 1884 a. o. Professor ebd., 1890 o. Professor in Breslau, 1894–1913 in München. List, Friedrich (6.8.1789–30.11.1846). Nationalökonom und Politiker. 1817– 19 Professor der Staatspraxis in Tübingen; 1819 Mitbegründer des „Deutschen Handels- und Gewerbevereins“; 1820–22 Abgeordneter der württembergischen Kammer; 1825–32 Übersiedlung in die USA, dort als Schriftsteller und Propagandist des Eisenbahnwesens sowie der deutschen Zolleinigung tätig; 1834–37 amerikanischer Konsul für Baden und Leipzig; 1843 Gründung des „Zollvereinsblatts“. Mach, Ernst (18.2.1838–19.2.1916). Österreichischer Physiker, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker. 1860 Promotion in Wien, 1861 Habilitation ebd., 1864 o. Professor für Experimentalphysik in Graz, 1867 in Prag, 1895– 1901 für Philosophie in Wien. Vertreter des Empiriokritizismus. Malthus, Thomas Robert (13.2.1766–23.12.1834) Englischer Ökonom, Bevölkerungstheoretiker und Sozialphilosoph. Ab 1789 Inhaber verschiedener geistlicher Ämter, 1793–1804 Fellow am Jesus College, ab 1805 Professor der Geschichte und Politischen Ökonomie am College der East India Company. Einer der führenden Theoretiker der klassischen Nationalökonomie; veröffentlichte 1798 zunächst anonym die Streitschrift „An essay on the principles of population“, die seinen Ruhm begründete. Maxwell, James Clerk (13.6.1831–5.11.1879). Schottischer Physiker. 1856– 60 Professor in Aberdeen, 1860–65 in London, seit 1871 in Cambridge, Jesus College; sein Institut galt als Zentrum der modernen Experimentalphysik. Grundlegende Arbeiten zur Elektrizitätslehre und zum Magnetismus. Menger, Carl (23.2.1840–26.2.1921). Österreichischer Nationalökonom. 1867 Promotion zum Dr. jur. in Krakau, 1872 Habilitation und Privatdozent in Wien, 1873 a. o. Professor, 1879–1903 o. Professor für Politische Ökonomie und Statistik ebd. Gilt als Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und der Grenznutzlehre. Seine „Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften und der Politischen Oekonomie insbesondere“ (1883) lösten mit der heftigen Reaktion → Gustav Schmollers den sog. Methodenstreit aus. Menzel, Adolph (seit 1898) von (8.12.1815–9.2.1905). Zeichner und Maler. Bekannt für seine historisierenden Bilder Friedrich des Großen sowie auch zeitgenössischer Darstellungen. Michels, Robert (9.1.1876–3.5.1936). Deutsch-italienischer Sozialwissenschaftler. 1900 Promotion zum Dr. phil. in Halle; 1900–07 Mitglied der itali-

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enischen sozialistischen Partei und der SPD, ab 1928 der italienischen faschistischen Partei (PNF); 1903–05 Dozent an der „Université Nouvelle“ in Brüssel, 1907 Habilitation in Turin, 1914–28 o. Professor in Basel, 1928– 33 in Perugia. Vortrag auf dem Zweiten Deutschen Soziologentag 1912; 1913–15 Mitherausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“. Mit Max Weber seit 1906 (bis zum Zerwürfnis 1915) freundschaftlich verbunden. Milton, John (9.12.1608–8.11.1674). Englischer Dichter und Philosoph. Veröffentlichung von Streitschriften, 1649–52 Sekretär des Staatsrates unter → Cromwell. 1651 vollständige Erblindung, weiterhin schriftstellerische Tätigkeit, sein bedeutendes Alterswerk ist das Versepos „Paradise Lost“ von 1667. Miquel, Johannes (seit 1897) von (19.2.1828–8.9.1901). Jurist und nationalliberaler Politiker. Seit 1867 Mitglied der Nationalliberalen Partei; 1867–1882 MdprAH, 1867–1871 Mitglied des Norddeutschen Reichstages, 1867–77 und 1887–1890 MdR, seit 1882 MdprHH; 1865–69 und 1876–80 Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister von Osnabrück, 1880–90 Oberbürgermeister in Frankfurt a. M.; 1890–1901 preußischer Finanzminister und Vizepräsident des Staatsministeriums, zu Beginn der 1890er Jahre grundlegende Neuordnung des preußischen Steuerwesens. Moltke, Helmuth (seit 1870) Graf von (26.10.1800–24.4.1891) Generalfeldmarschall. Chef des preußischen Generalstabs im Deutsch-Dänischen Krieg (1864), Preußisch-Österreichischen Krieg (1866) und Deutsch-Französischen Krieg (1870/71). Mommsen, Theodor (30.11.1817–1.11.1903). Jurist, Historiker und Epigraphiker. 1848 a. o. etatmäßiger Professor für Römisches Recht in Leipzig, 1851 wegen seiner Teilnahme am sächsischen Maiaufstand entlassen; 1852 o. Professor für Römisches Recht in Zürich, 1854 für Geschichte in Breslau, 1858 für Alte Geschichte in Berlin, 1861–87 auch für Römische Geschichte ebd.; 1874–95 Sekretär der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Als Linksliberaler und scharfer Kritiker Bismarcks war er 1863–66 MdprAH für die Fortschrittspartei, 1873–79 MdprAH für die Nationalliberale Partei, 1881–84 MdR für die Liberale Vereinigung. Bedeutendster Erforscher der römischen Geschichte in Deutschland, erhielt 1902 Nobelpreis für Literatur in Würdigung seiner „Römischen Geschichte“. Bekanntschaft mit Max Webers Eltern und Schwiegervater von Max Webers Schwester Clara. Morgan, John Pierpont (17.4.1837–31.3.1913). Amerikanischer Bankier. 1869 Mitbegründer der „Dabney, Morgan & Co.“, einer der wichtigsten Finanziers in den USA.

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Münsterberg, Hugo (1.6.1863–16.12.1916). Psychologe und Philosoph. 1885 Promotion zum Dr. phil. bei → Wilhelm Wundt in Leipzig, 1887 zum Dr. med. in Heidelberg, 1887 Habilitation für Philosophie in Freiburg i. Br., 1891 a. o. Professor für Psychologie ebd., 1892–95 Gastprofessor an der Harvard University Boston, 1897–1916 o. Professor für Psychologie ebd. Leiter des von → William James begründeten psychologischen Labors an der Harvard University. Begründer der angewandten Psychologie. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber seit der gemeinsamen Freiburger Zeit. Nitzsch, Karl Wilhelm (22.12.1818–20.6.1880). Historiker. 1844 Habilitation und Privatdozent für Geschichte in Kiel, 1858 o. Professor ebd., 1862 in Königsberg, 1872 in Berlin. Historische Studien mit besonderem Interesse für wirtschaftliche Fragestellungen. Oppenheimer, Franz (30.3.1864–30.9.1943). Mediziner, Nationalökonom und Soziologe. 1885 Promotion zum Dr. med. in Berlin; 1887–96 als praktischer Arzt tätig ebd.; danach Studium der Volkswirtschaftslehre, 1908 Promotion zum Dr. phil. in Kiel; 1909 Habilitation für Nationalökonomie in Berlin; 1919–29 o. Professor für Soziologie und ökonomische Theorie in Frankfurt a. M.; 1938 Emigration über Palästina und Japan in die USA, wo er auch als Hochschullehrer tätig war. Ostwald, Wilhelm (2.9.1853–4.4.1932). Chemiker, Physiker und Philosoph. 1876 Magisterpromotion in Dorpat, 1881–87 o. Professor an der polytechnischen Hochschule in Riga, 1887–1906 für Physikalische Chemie in Leipzig. 1909 Nobelpreis für Chemie. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909. Palmerston, Henry John Temple, Viscount (20.10.1784–18.10.1865). Britischer Politiker und Staatsmann. Seit 1806 Mitglied des Unterhauses; 1830– 51 mehrmals Außenminister, 1855–58 und 1859–65 Premierminister. Philippovich, Eugen Freiherr (seit 1860) von Philippsberg (15.3.1858– 4.6.1917). Österreichischer Nationalökonom und Sozialpolitiker. 1881 Promotion zum Dr. jur. in Wien, 1884 Habilitation ebd.; 1885 a. o. Professor in Freiburg i. Br., 1903–17 Professor der Politischen Ökonomie und Finanzwissenschaften in Wien. Vertreter der österreichischen Kathedersozialisten. Plenge, Johann (7.6.1874–11.9.1963). Nationalökonom und Soziologe. Promotion zum Dr. phil. bei Karl Bücher in Leipzig, 1903 Habilitation ebd., 1909 a. o. Professor ebd., 1913 o. Professor für wirtschaftliche Staatswissenschaften in Münster, 1920–23 Begründer und Leiter des staatswissenschaftlichen Unterrichtsinstituts in Münster, 1923–35 Honorarprofessor und Leiter des 1934 aufgelösten Forschungsinstituts für Organisationslehre und vergleichende Soziologie ebd., 1935 Zwangsemeritierung. Im Ersten Weltkrieg Propagandist der „Ideen von 1914“.

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Ploetz, Alfred Julius (22.8.1860–20.3.1940). Mediziner und Rassenbiologe. Studierte Nationalökonomie und Medizin, 1890 Promotion zum Dr. med. in Zürich; 1904 Begründer und Herausgeber des „Archivs für Rassen- und Gesellschaftsbiologie“, 1905 Gründer der „Gesellschaft für Rassenhygiene“. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909 und Referent auf dem Ersten Deutschen Soziologentag 1910. Proudhon, Pierre-Joseph (15.1.1809–19.1.1865). Französischer Journalist und Schriftsteller. Mitbegründer des theoretischen Anarchismus. Quarck, Max Ernst (9.4.1860–20.1.1930). Publizist und Sozialpolitiker. 1883 Promotion zum Dr. jur. in Leipzig; 1886/87 Redakteur der „Deutschen Zeitung“ in Wien, 1887–91 der „Frankfurter Zeitung“, 1892–93 Mitbegründer der „Blätter für soziale Praxis“, 1895–1917 Redakteur der sozialdemokratischen „Volksstimme“ in Frankfurt a. M.; 1901–19 Stadtverordneter in Frankfurt a. M., 1912–18 MdR für die Sozialdemokratie. Seit 1890 Mitglied im Verein für Sozialpolitik; Teilnehmer am Ersten Deutschen Soziologentag 1910 in Frankfurt. Quetelet, Lambert Adolphe Jaques (22.2.1796–17.2.1874). Belgischer Mathematiker, Astronom und Statistiker. Sozialstatistische und anthropometrische Arbeiten. Radbruch, Gustav (21.11.1878–23.11.1949). Strafrechtler und Rechtsphilosoph. 1902 Promotion zum Dr. jur. in Berlin, 1903 Habilitation in Heidelberg, 1910 a. o. Professor in Heidelberg, 1914 in Königsberg, 1915–18 Kriegsdienst, 1919 a. o. Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie in Kiel, 1926 o. Professor und Direktor des juristischen Seminars in Heidelberg, 1933 Entlassung, 1945–48 Wiedereinsetzung. Gehörte zum Bekanntenkreis um Max und Marianne Weber. Ratzel, Friedrich (30.8.1844–9.8.1904). Geograph und Zoologe. 1868 Promotion in Zoologie in Heidelberg, 1875 Habilitation in Geographie an der TH München; 1880 o. Professor ebd., 1886–1904 in Leipzig. Arbeiten zur Anthropogeographie. Reuleaux, Franz (30.9.1829–20.8.1905). Deutscher Maschinenbau-Inge­ nieur. Rickert, Heinrich (25.5.1863–25.7.1936). Philosoph. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei → Wilhelm Windelband in Straßburg, 1891 Habilitation in Freiburg i. Br., 1894 a. o. Professor, 1896–1915 o. Professor ebd., 1916–32 in Heidelberg. Neben Wilhelm Windelband der Begründer der sog. Südwestdeutschen Schule des Neukantianismus. Seit der Gymnasialzeit mit Max Weber befreundet.

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Robespierre, Maximilien de (6.5.1758–28.7.1794). Führender Jakobiner in der Französischen Revolution, Protagonist und Opfer der „Schreckensherrschaft“ 1793/94. Rockefeller, John Davison (8.7.1839–23.5.1937). Amerikanischer Unternehmer. Ruhland, Gustav (11.6.1860–4.1.1914). Nationalökonom und Agrarpolitiker. 1881–95 Gutsbesitzer und Privatgelehrter, 1887–90 Studienreise in die wichtigsten Getreideanbaugebiete der Welt mit finanzieller Unterstützung der deutschen Regierung; 1893 Habilitation in Zürich, 1898–1901 o. Professor in Fribourg. 1894–1914 wissenschaftlicher Berater des Bundes der Landwirte in Berlin. Schmoller, Gustav (seit 1908) von (24.6.1838–27.6.1917). Nationalökonom und Sozialwissenschaftler. 1860 Promotion zum Dr. oec. publ. in Tübingen, 1864 a. o. Professor für Staatswissenschaften in Halle, 1865 o. Professor ebd., 1872 in Straßburg, 1882–1912 in Berlin, 1882–89 zugleich Professor für Nationalökonomie an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Seit 1884 Mitglied des preußischen Staatsrates; seit 1895 Vertreter der Universität Berlin im preußischen Herrenhaus. 1872 Mitbegründer des Vereins für Sozialpolitik und 1890–1917 dessen Vorsitzender. 1876 Begründer der Reihe „Staats- und sozialwissenschaftliche Forschungen“, seit 1881 Herausgeber des „Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche“ („Schmollers Jahrbuch“). Einflußreicher Vertreter der historischen Nationalökonomie und des sog. Kathedersozialismus. Schulze-Gaevernitz, Gerhart (bis zur Nobilitierung des Vaters 1888: Gerhart Schulze) von (25.7.1864–10.7.1943). Nationalökonom. 1886 Promotion zum Dr. jur. in Göttingen, 1891 zum Dr. phil. in Leipzig, im selben Jahr Habilitation für Nationalökonomie ebd.; 1893 etatmäßiger a. o. Professor ebd., 1896–1923 o. Professor in Freiburg i. Br.; 1912–18 MdR für die Fortschrittliche Volkspartei (FVP), 1919–20 als Mitglied der DDP in der Weimarer Nationalversammlung und 1922 MdR für die DDP. Mitglied im Verein für Sozialpolitik. Seit der gemeinsamen Freiburger Zeit freundschaftlich-kollegiale Beziehung zu Max Weber. Schumpeter, Joseph Alois (8.2.1883–8.1.1950). Österreichischer Nationalökonom und Soziologe. 1906 Promotion zum Dr. jur. in Wien, 1909 Habilitation ebd., im selben Jahr a. o. Professor in Czernowitz, 1911 o. Professor in Graz, 1913/14 Austauschprofessor an der Columbia University in New York, 1921 Verzicht auf das Grazer Ordinariat, 1925 o. Professor für Volkswirtschaftslehre in Bonn, 1932–50 an der Harvard University in Cambridge/ Massachusetts. Gehörte zu den bedeutendsten Vertretern der österreichischen Grenznutzenschule, Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“,

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trug zur Werturteildiskussion im Verein für Sozialpolitik ein schriftliches Gutachten bei. Septimius Severus (146–211 n. Chr.). Seit 193 römischer Kaiser. Sicherte die eigene Machtposition, indem er die Prätorianergarde auflöste und sie durch altgediente Legionäre ersetzte. Sering, Max (18.1.1857–12.11.1939). Nationalökonom, Agrarwissenschaftler und Agrarpolitiker. 1881 Promotion zum Dr. rer. pol. in Straßburg, 1883 Habilitation in Bonn; 1883 im Auftrag der preußischen Regierung in Nordamerika zwecks einer Studie über die überseeische Konkurrenz in der Landwirtschaft; 1885 a. o. Professor für Staatswissenschaften in Bonn, 1889–1906 o. Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, gleichzeitig seit 1893 a. o. Professor, 1897–1925 o. Professor an der Universität Berlin. Mitglied im Verein für Sozialpolitik. Zählte in den 1890er Jahren zu Max Webers Berliner Bekanntenkreis. Simmel, Georg (1.3.1858–26.9.1918). Philosoph und Soziologe. 1881 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, 1885 Habilitation für Philosophie, 1901 a. o. Professor ebd., seit 1914 o. Professor für Philosophie in Straßburg. Mitbegründer der DGS.  Seit den 1890er Jahren freundschaftliche Beziehung zu Max Weber, der sich 1908 vergeblich für seine Berufung nach Heidelberg einsetzte. Smith, Adam (5.6.1723–17.7.1790). Schottischer Sozialphilosoph und Politischer Ökonom. Solvay, Ernest (16.4.1838–26.5.1922). Belgischer Chemiker und Unternehmer. Gründete 1901 das Institut de Sociologie, auch Institut Solvay genannt, um soziale und kulturelle Phänomene physikalisch-physiologisch zu erklären. Sombart, Werner (19.1.1863–18.5.1941). Nationalökonom und Soziologe. 1888 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, 1888 Syndikus der Handelskammer in Bremen; 1890–1906 a. o. Professor in Breslau, 1906 o. Professor an der Handelshochschule Berlin, 1917–31 o. Professor der Wirtschaftlichen Staatswissenschaften an der Universität Berlin. Seit 1892 im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik; 1904–20 Mitherausgeber des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“; 1909 Mitbegründer der DGS.  Seit den späten 1880er Jahren freundschaftliche Beziehung zu Max Weber, in der Kriegs- und Nachkriegszeit zunehmende Distanz. Spann, Othmar (1.10.1878–8.7.1950). Österreichischer Nationalökonom und Philosoph. 1903 Promotion zum Dr. rer. pol. in Tübingen, danach bei der Zentrale für private Fürsorge in Frankfurt a. M., 1907 Habilitation für Nationalökonomie an der TH Brünn, 1909 a. o. Professor, 1911 o. Professor

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ebd., 1919–38 o. Professor für Nationalökonomie und Gesellschaftslehre in Wien. Spranger, Eduard (27.6.1882–17.9.1963). Philosoph. 1905 Promotion zum Dr. phil. in Berlin, 1911 a. o. Professor, 1912 o. Professor in Leipzig, 1920 in Berlin, 1946 in Tübingen. Trug zur Werturteildiskussion im Verein für Sozialpolitik ein schriftliches Gutachten bei. Stammler, Rudolf (19.2.1856–25.4.1938). Rechtsphilosoph. 1877 Promotion zum Dr. jur. in Gießen, 1879 Habilitation in Leipzig, 1882 a. o. Professor in Marburg, 1884 o. Professor in Gießen, 1885–1916 in Halle, 1916–23 in Berlin; Mitherausgeber der „Zeitschrift für Rechtsphilosophie“. Versuch einer Erneuerung der Rechtsphilosophie auf neukantianischer Grundlage. Staudinger, Franz (15.2.1849–20.11.1921). Theologe und Philosoph. 1871 Promotion in Evangelischer Theologie, 1875 Staatsexamen in Philologie; seit 1876 Gymnasialprofessor in Worms und Darmstadt. Neukantianer, Versuch einer Symbiose von Marx und Kant; grundlegende Beiträge zum Genossenschaftsgedanken. Stein, Lorenz (seit 1868) von (15.11.1815–23.9.1890). Jurist, Staatsrechtler und Nationalökonom. 1840 Promotion zum Dr. jur.; Studienaufenthalt in Paris; 1846–51 a. o. Professor der Rechte in Kiel, 1855–85 o. Professor für Politische Ökonomie in Wien. Entwickelte nach seinen Studien in Frankreich ein umfassendes System der Gesellschafts-, Staats- und Verwaltungslehre und verfaßte Lehrbücher der Nationalökonomie und Finanzwissenschaft. Swammerdam(m), Johann (12.2.1637–15.2.1680). Niederländischer Anatom und Naturforscher. Thiel, Hugo (2.6.1839–13.1.1918). Agrarwissenschaftler und Preußischer Beamter. 1865 Promotion zum Dr. phil. an der Universität in Bonn, 1866 Habilitation ebd., 1869–72 o. Professor für Agrarwissenschaft in Darmstadt, 1872–73 in München; 1873–85 Generalsekretär im preußischen Landesökonomiekollegium, 1897–1911 Ministerialdirektor der Domänenabteilung im preußischen Landwirtschaftsministerium. 1873–78 MdprAH, 1874–77 MdR für die Nationalliberale Partei. Ausschußmitglied im Verein für Sozialpolitik. Thünen, Johann Heinrich von (24.6.1783–22.9.1850). Agrarwissenschaftler und Nationalökonom. Begründer der landwirtschaftlichen Standortlehre (Lehre von den „Thünenschen Kreisen“); wandte sich mit seiner Lehre vom Arbeitslohn gegen die klassische Lohntheorie von → Adam Smith und David Ricardo („Thünensches Gesetz“ des Arbeitslohns). Tolstoj, Lev Nikolaevicˇ (9.9.1828–20.11.1910). Russischer Schriftsteller.

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Tönnies, Ferdinand (26.7.1855–9.4.1936). Philosoph, Soziologe und Nationalökonom. 1877 Promotion zum Dr. phil. in Tübingen, Reisen nach England zum Studium des Philosophen Thomas Hobbes, 1881 Habilitation in Kiel, 1909 a. o. Professor, 1913–33 o. Professor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften ebd. Mitbegründer und 1909–33 erster Vorsitzender der DGS. Treitschke, Heinrich von (15.9.1834–28.4.1896). Historiker und Politiker. 1854 Promotion zum Dr. phil. bei Wilhelm Roscher in Leipzig, 1858 Habilitation für Staatswissenschaften ebd., 1863 a. o. Professor für Staatswissenschaften in Freiburg i. Br., 1866 o. Professor für Geschichte in Kiel, 1867 in Heidelberg, seit 1874 in Berlin. 1871–84 MdR, zunächst für die Nationalliberalen, später parteilos. Setzte sich für die deutsche Einheit unter preußischer Führung ein, Kritiker der Kathedersozialisten. Gehörte zum Bekanntenkreis von Max Weber sen. Troeltsch, Ernst (17.2.1865–1.2.1923). Evangelischer Theologe, Politiker, Philosoph und Historiker. 1891 Promotion in Theologie und Habilitation in Göttingen; 1892 a. o. Professor für Systematische Theologie in Bonn, 1894 o. Professor in Heidelberg, 1906 Prorektor der Universität Heidelberg, im Wintersemester 1909/10 Lehrauftrag an der Philosophischen Fakultät ebd.,1915 Berufung auf den Lehrstuhl für „Kultur-, Geschichts- und Religionsphilosophie und christliche Religionsgeschichte“ an der Philosophischen Fakultät der Universität Berlin. Hielt 1910 auf dem Ersten Deutschen Soziologentag einen Vortrag, wohnte von 1910–15 im selben Haus wie Max und Marianne Weber, mit denen er freundschaftlich verbunden war. Verhaeren, Émile (21.5.1855–27.11.1916). Belgischer Dichter und Schriftsteller. Thematisierte die zeitgenössischen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts. Vierkandt, Alfred (4.6.1867–24.4.1953). Soziologe und Ethnologe. 1892 Promotion zum Dr. phil. in Leipzig, 1894 Habilitation an der TH Braunschweig, 1900 Umhabilitation in Berlin, 1921 a. o. Professor, 1925–34 o. Professor für Soziologie, Philosophie und Völkerkunde in Berlin, 1934 zwangsemeritiert, 1946 Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit in Berlin. 1909 Mitbegründer der DGS. Voigt, Andreas (18.4.1860–10.1.1941). Nationalökonom. 1890 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg i. Br., Dozent der Staatswissenschaften an der Akademie in Frankfurt a. M.; 1896–1903 Direktor des neu gegründeten „Instituts für Gemeinwohl“ ebd., 1903 Dozent an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften, 1914 o. Professor an der Universität Frankfurt a. M. Unterzeichner des Beitrittsaufrufes zur DGS 1909 und Referent auf dem Ersten Deutschen Soziologentag 1910.

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Vossler, Karl (6.9.1872–18.5.1949). Romanist. 1897 Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg, 1899 Habilitation, 1902 a. o. Professor in Heidelberg, 1909 o. Professor in Würzburg, 1911–38 (zwangsemeritiert) und 1945–47 in München. Gehörte zum engeren Bekanntenkreis Max Webers. Wach, Adolf (11.9.1843–4.4.1926). Jurist. 1865 Promotion zum Dr. jur. in Königsberg; 1868 Habilitation ebd., 1869 o. Professor in Rostock, 1871 in Tübingen, 1872 in Bonn, 1875–1920 in Leipzig, seit 1879 auch Richter in Zivilsachen ebd.; 1895 kgl. sächsischer Geheimrat. Arbeiten zum Zivilprozeßrecht und zur Reform des Strafrechts. Waxweiler, Emile (22.5.1867–27.6.1916). Soziologe und Statistiker. Ab 1902 Leiter des von → Ernest Solvay gegründeten Institut de Sociologie in Brüssel. Weber, Adolf (29.12.1876–5.1.1963). Nationalökonom. 1900 Promotion zum Dr. jur. in Freiburg i. Br., 1902 zum Dr. phil. in Bonn, 1903 Habilitation und Privatdozent an der Universität Bonn und an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn-Poppelsdorf; 1908 Professor an der Handelshochschule Köln, 1914 in Breslau, 1919 in Frankfurt a. M., 1921–48 in München (als Nachfolger Max Webers). Weber, Ernst Heinrich (24.6.1795–26.1.1878). Anatom und Physiologe. 1815 Promotion in Wittenberg, 1817 Habilitation in Leipzig, 1818 a. o. Professor für vergleichende Anatomie ebd., 1821–71 o. Professor für Anatomie und Physiologie ebd. Mit seinen Untersuchungen zum Zusammenhang von Reizstimulus und Reizwahrnehmung gilt er als Begründer der experimentellen Physiologie. Wenckstern, Adolph von (4.10.1862–21.10.1914). Nationalökonom. 1893 Promotion zum Dr. phil. bei → Gustav Schmoller in Berlin, 1893–95 Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Universität Tokyo, 1896 Habilitation in Berlin, 1901 a. o. Professor ebd., 1905 in Greifswald, 1906 o. Professor in Breslau. Wieser, Carl Friedrich Freiherr von (10.7.1851–23.7.1926). Österreichischer Nationalökonom. 1875 Promotion zum Dr. jur. in Wien, 1883 Habilitation ebd., 1884 a. o. Professor an der deutschen Universität in Prag, 1889 o. Professor ebd., 1903–17 und 1919–22 o. Professor in Wien als Nachfolger → Carl Mengers; Mitglied des österreichischen Herrenhauses; 1917/18 k. u. k. Handelsminister. Mit Carl Menger und → Eugen von Böhm-Bawerk Begründer der österreichischen Schule der Nationalökonomie. Wilde, Oscar (16.10.1854–30.11.1900). Irischer Dichter.

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Windelband, Wilhelm (11.5.1848–22.10.1915). Philosoph. 1870 Promotion zum Dr. phil. in Göttingen, 1873 Habilitation in Leipzig, 1876 o. Professor in Zürich, 1877 in Freiburg i. Br., 1882 in Straßburg, 1903–15 in Heidelberg. Neben → Heinrich Rickert Begründer der sog. Südwestdeutschen Schule des Neukantianismus. Kollegiale Beziehungen zu Max Weber. Wölfflin, Heinrich (21.6.1864–19.7.1945) Schweizer Kunsthistoriker. 1886 Promotion, 1888 Habilitation, 1893 Nachfolger seines Lehrers Jacob Burckhardt in Basel, 1901 Professor in Berlin, 1912 in München, 1924–34 in Zürich. Wundt, Wilhelm (16.8.1832–31.8.1920) Physiologe, Psychologe und Philosoph. 1855 Promotion zum Dr. med. in Heidelberg, 1857 Habilitation ebd., 1864 a. o. Professor ebd., 1874 o. Professor für Philosophie in Zürich, 1875– 1917 für Philosophie in Leipzig, wo er 1879 das erste Institut für experimentelle Psychologie gründete. Zwiedineck-Südenhorst, Otto von (24.2.1871–4.8.1957). Nationalökonom. 1895 Promotion zum Dr. jur. in Graz; 1899 Ministerialkonzipist im österreichischen Ministerium des Innern; 1901 Habilitation für Staatswissenschaften bei → Eugen v. Philippovich an der Universität Wien; 1902 etatmäßiger a. o. Professor, 1903–20 o. Professor an der TH Karlsruhe, 1920 in Breslau, 1921–36 als Nachfolger Max Webers in München. Mitarbeiter am „Grundriß der Sozialökonomik“, Redner bei der Debatte über Produktivität des Vereins für Sozialpolitik in Wien 1909.

Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

Aufgenommen sind die von Max Weber zitierten Titel in der von ihm angegebenen Ausgabe. Fehlen präzise Angaben zu Titel oder Ausgabe, so sind diese vom Editor erschlossen. Ist ein Werk in einer bestimmten Ausgabe bereits in früheren Schriften Max Webers zitiert oder liegt ein von ihm benutztes Handexemplar vor, so wird darauf zurückgegriffen. Titel, zu denen Handexemplare überliefert sind, werden mit * gekennzeichnet. In Klammern stehen die vom Editor verwendeten Kurztitel.

Böhm-Bawerk, Eugen von, Rechte und Verhältnisse vom Standpunkte der volkswirthschaftlichen Güterlehre. Kritische Studie. – Innsbruck: Wagner’sche Universitäts-Buchhandlung 1881. (Böhm-Bawerk, Rechte) Brentano, Lujo, Die Entwickelung der Wertlehre (Sitzungsberichte der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-philologische und historische Klasse, Jg. 1908, 3. Abhandlung, vorgetragen am 15. Februar 1908). – München: Verlag der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1908. (Brentano, Wertlehre) Ehrenfels, Christian von, Grundbegriffe der Ethik (Grenzfragen des Nervenund Seelenlebens, hg. von Leopold Löwenfeld, Heft 55). – Wiesbaden: J.F. Bergmann 1907. (Ehrenfels, Grundbegriffe) −, Sexualethik (Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens, hg. von Leopold Löwenfeld, Heft 56). – Wiesbaden: J. F. Bergmann 1907. (Ehrenfels, Sexualethik) −, System der Werttheorie, 2 Bände (I. Band: Allgemeine Werttheorie, Psychologie des Begehrens, II. Band: Grundzüge einer Ethik). – Leipzig: O.R. Reisland 1897/98. (Ehrenfels, Werttheorie I, II) Fechner, Gustav Theodor, Elemente der Psychophysik, 1. und 2. Theil. – Leipzig: Breitkopf und Härtel 1860. (Fechner, Psychophysik I, II) Gottl, Friedrich, Die Herrschaft des Wortes. Untersuchungen zur Kritik des nationalökonomischen Denkens. Einleitende Aufsätze. – Jena: Gustav Fischer 1901. (Gottl, Herrschaft) Henry, Charles, La mesure des capacités intellectuelle et énergétique. Notes d’analyse statistique (Travaux de l’Institut de Sociologie: Notes et Mémoires, No. 6). − Brüssel, Leipzig: Misch et Thron 1906. (Henry, Mesure)

Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

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Heusler, Andreas, Institutionen des Deutschen Privatrechts (Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, hg. von Karl Binding, Abt. 2, Theil 2), 2 Bände. – Leipzig: Duncker & Humblot 1885 (Band 1) und 1886 (Band 2). (Heusler, Institutionen I-II) Jaspers, Karl, Allgemeine Psychopathologie. Ein Leitfaden für Studierende, Ärzte und Psychologen. – Berlin: Julius Springer 1913. (Jaspers, Psychopathologie) Kant, Immanuel, Kritik der praktischen Vernunft. Hg. und erläutert von J. H. von Kirchmann, 3. Aufl. – Heidelberg: Georg Weiss 1882. (Kant, Kritik der praktischen Vernunft) Kaulla, Rudolf, Die geschichtliche Entwicklung der modernen Werttheorien. – Tübingen: H. Laupp 1906. (Kaulla, Werttheorien) Kraus, Oskar, Die aristotelische Werttheorie in ihren Beziehungen zu den Lehren der modernen Psychologenschule, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, hg. von Karl Bücher, 61. Jg., Heft 4, 1905, S.  573–592. (Kraus, Werttheorie) Lange, Friedrich Albert, Die Arbeiterfrage. Ihre Bedeutung für Gegenwart und Zukunft, 2. umgearbeitete und vermehrte Aufl. – Winterthur: Bleuler-Hausheer & Co. 1870. (Lange, Arbeiterfrage) Lexis, Wilhelm, Systematisierung, Richtungen und Methoden der Volkswirtschaftslehre, in: Die Entwicklung der deutschen Volkswirtschaftslehre im neunzehnten Jahrhundert. Gustav Schmoller zur siebenzigsten Wiederkehr seines Geburtstages, 24. Juni 1908, Erster Teil. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908, S.  1–45. (Lexis, Volkswirtschaftslehre) *Ostwald, Wilhelm, Energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft (Philosophisch-soziologische Bücherei, Band 16). – Leipzig: Werner Klinkhardt 1909. (Ostwald, Kulturwissenschaft) −, Große Männer. – Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft 1909. (Ostwald, Große Männer) Radbruch, Gustav, Einführung in die Rechtswissenschaft, 2. durchgearbeitete Aufl. – Leipzig: Quelle & Meyer 1913. (Radbruch, Einführung2) Rickert, Heinrich, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften, 2., neu bearbeitete Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1913. (Rickert, Grenzen²)

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Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

Schmoller, Gustav, Volkswirtschaft, Volkswirtschaftslehre und -methode, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3., gänzlich umgearbeitete Aufl., Band 8. – Jena: Gustav Fischer 1911, S.  426–501. (Schmoller, Volkswirtschaft3) Simmel, Georg, Philosophie des Geldes. – Leipzig: Duncker & Humblot 1900. (Simmel, Philosophie des Geldes1) *–, dass., 2., vermehrte Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1907. (Simmel, Philosophie des Geldes²) *–, Die Probleme der Geschichtsphilosophie. Eine erkenntnistheoretische Studie, 2., völlig veränderte Aufl. – Leipzig: Duncker & Humblot 1905. (Simmel, Probleme²) –, Schopenhauer und Nietzsche. Ein Vortragszyklus. – Leipzig: Duncker & Humblot 1907. (Simmel, Schopenhauer und Nietzsche) *–, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. – Leipzig: Duncker & Humblot 1908. (Simmel, Soziologie) Solvay, Ernest, Note sur des formules d’introduction à l’énergétique physioet psycho-sociologique (Travaux de l’Institut publiés au 1er fevrier 1906, Fasc. I: Notes et Mémoires). – Bruxelles, Leipzig: Misch & Thron 1906. (Solvay, Note) Sombart, Werner, Die römische Campagna. Eine sozialökonomische Studie (Staats- und sozialwissenschaftliche Forschungen, hg. von Gustav Schmoller, Band 8, Heft 3). – Leipzig: Duncker & Humblot 1888. (Sombart, Campagna) Spann, Othmar, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine dogmenkritische Untersuchung (ders., Untersuchungen über den Gesellschaftsbegriff zur Einleitung in die Gesellschaftslehre, Band 1). – Dresden: O. V. Böhmert 1907. (Spann, Wirtschaft und Gesellschaft) Spranger, Eduard, Die Stellung der Werturteile in der Nationalökonomie, in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, hg. von Gustav Schmoller, Jg. 38, Heft 2, 1914, S.  557–581. (Spranger, Werturteile) *Stammler, Rudolf, Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung. Eine sozialphilosophische Untersuchung, 2. verbesserte Aufl. – Leipzig: Veit & Comp.  1906. (Stammler, Wirtschaft und Recht2)

Verzeichnis der von Max Weber zitierten Literatur

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Tönnies, Ferdinand, Gemeinschaft und Gesellschaft. Abhandlung des Communismus und des Socialismus als empirischer Culturformen. – Leipzig: Fues’ Verlag (R. Reisland) 1887. (Tönnies, Gemeinschaft) Weber, Adolf, Die Aufgaben der Volkswirtschaftslehre als Wissenschaft. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909. (Weber, Adolf, Aufgaben) Weber, Max, [Beitrag zur Werturteildiskussion], in: Äußerungen zur Wert­ urteil­diskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik. Als Manuskript gedruckt. – o. O. 1913, S.  83–120 (im Band, oben, S.  336–382). (Weber, Beitrag zur Werturteildiskussion) –, Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie, in: Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur, 4. Band, 3. Heft, 1913, S.  253– 294 (im Band, oben, S.  389–440). (Weber, Kategorien) –, Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik I, II, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 22, Heft 1, 1906, S.  143–207 (MWG I/7). (Weber, Kritische Studien) –, Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik. Akademische Antrittsrede. – Freiburg i. Br., Leipzig: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1895 (MWG I/4, S.  535–574). (Weber, Nationalstaat) –, Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 19, Heft 1, 1904, S.  22–87 (MWG I/7). (Weber, Objektivität) –, R. Stammlers „Überwindung“ der materialistischen Geschichtsauffassung, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 24, Heft 1, 1907, S.  94–151 (MWG I/7). (Weber, Stammlers Überwindung) Windelband, Wilhelm, Lehrbuch der Geschichte der Philosophie. 4., durchgesehene Aufl. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1907. (Windelband, Geschichte der Philosophie4) Wölfflin, Heinrich, Die Klassische Kunst. Eine Einführung in die italienische Renaissance. – München: Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G. 1899. (Wölfflin, Klassische Kunst)

Personenregister

Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf die Texte Max Webers, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Max Weber wird nur im Zusammenhang mit seinen Schriften und wichtigen biographischen Ereignissen angeführt.

Acham, Karl 5 f. Althoff, Friedrich 192, 561 Althusius, Johannes 544, 561 Anter, Andreas 68 Aristoteles 115 August der Starke 142, 153, 561 Ay, Karl-Ludwig 240, 313 Babeuf, François Noël 355, 467, 561 Bach, Johann Sebastian 234 Bacon, Francis 178, 198, 561 Baer, Karl Ernst von 169, 561 Bakunin, Michail Aleksandrovicˇ 550, 561 Barth, Paul 38, 303–307, 312 f., 314, 315 f., 318, 562 Bastiat, Frédéric 355 Baumgarten, Eduard 96, 198, 297 Bayertz, Kurt 238 Beaulieu-Marconnay, Karl von 170 Beck, Hermann 223, 237–240, 261, 273 f., 302 f. Beethoven, Ludwig van 234 Below, Georg von 105 Berlioz, Hector 234, 562 Bernays, Paul 294 Bernhard, Ludwig 183 Bernoulli, Daniel 111, 116–119, 562 Bernstein, Eduard 227, 313 Beutin, Heidi 154 Beutin, Wolfgang 154 Biermer, Magnus 192 Birnbacher, Dieter 295 Bismarck, Otto von 363, 365, 478 Blencke, Erna 293 f.

Boehm, Max Hildebert 304, 320 Boese, Franz 41, 188, 203, 329 f., 332 f., 374, 384 Böhm, Franz 103 Böhm-Bawerk, Eugen von 117, 129, 269, 562, 580 Bortkiewicz, Ladislaus von 41 Böttger, Richard 226, 236, 313, 562 Braun, Christoph 49 Braun, Heinrich 18, 97 Brentano, Lujo 7, 10, 14 f., 25, 111–114, 115–117, 119, 122, 125 f., 129–133, 176, 190 f., 192, 211, 340, 449, 562, 580 Brod, Max 135 Bruun, Hans Henrik 81 Bryce, James 550, 562 Bücher, Karl 86–88, 117, 211, 383 Bueck, Henry Axel 188, 190, 563 Busch, Wilhelm 191 Bütschli, Otto 149 Caesar 392 Calvin, Johannes 400 Carlyle, Thomas 430 Cato d. Ältere (Marcus Porcius Cato d. Ä.) 365, 480 Chvol’son, Orest Danilovicˇ 180, 563 Cohn, Gustav 196, 563 Comte, Auguste 1–5, 16 f., 32, 34, 126, 155 f., 162–164, 171, 180, 520, 563 Conrad, Johannes 340, 449 Cromwell, Oliver 548, 563

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Personenregister

Darwin, Charles 118, 250 Deininger, Jürgen 245, 338 Demm, Eberhard 135 Diehl, Karl 186, 196, 563 Dilthey, Wilhelm 1, 3–6, 11, 18 f., 72, 83, 97, 105, 521 Disraeli, Benjamin 194, 563 Dove, Alfred 105 Dragomanov, Michail P. 318, 563 Driesmans, Heinrich 321, 325, 328, 564 Du Bois, William Edward Burghardt 257, 564 Du Bois-Reymond, Emil Heinrich 170, 564 Duhem, Pierre 199, 200, 534, 551, 563 f. Du Moulin-Eckart, Richard Graf 265 Durkheim, Émile 35, 37 Ehrenberg, Richard 183–185, 189–192, 193, 218, 564 Ehrenfels, Christian von 58–60, 134–136, 138–144, 564, 580 Elsenhans, Theodor 519 Elster, Ludwig 102 f. Eulenburg, Franz 10, 41 f., 83, 147, 196, 223 f., 239–242, 261, 263, 275, 332, 564 Euripides 488 Exner, Sigmund 150, 564 f. Fallenstein, Emilie 246 Fechner, Gustav Theodor 10, 112, 116–118, 119, 120, 123 f., 129, 130 f., 133, 393 f., 565, 580 Fick, Ludwig 115, 565 Fierman, Louis B. 294–296 Finscher, Ludwig 49 Flemming, Jens 375 Freud, Sigmund 124, 167, 168, 565 Fries, Jakob Friedrich 292–294 Frommer, Jörg 74, 387 Frommer, Sabine 74, 113, 136, 387 Fuchs, Ernst 278, 565

Gäbe, Lüder 293 Gadamer, Hans-Georg 72 f., 83 Geibel, Carl 41, 330 Geiger, Theodor 78 George, Stefan 232, 565 Gephart, Werner 273 f. Gerhards, Thomas 338 Ghosh, Peter 12 Giordano, Luca 171, 565 Goethe, Johann Wolfgang von 153, 314, 343, 452 Goldscheid, Rudolf 43, 58, 104, 146, 203 f., 213, 214, 221, 241, 275, 332, 366, 520–523, 565 Gothein, Eberhard 87, 194, 195, 222 f., 279, 286, 289, 519, 537, 565 Gottl(-Ottlilienfeld), Friedrich (von) 4, 7, 9–11, 15, 17, 30, 73, 78 f., 83 f., 86, 88, 133, 253, 265, 390, 554, 566, 580 Gould, Jason (Jay) 150, 566 Graf, Friedrich Wilhelm 54 Gregor VII. (Papst) 153, 566 Greshoff, Rainer 69 Grossein, Jean-Pierre 67, 69, 83 Gruhle, Hans Walter 136, 386 f. Grünewald, Matthias 308 Häckel, Ernst 82 Hahn, Alois 6 Hartmann, Eduard von 125 Hartmann, Ludo Moritz 38, 150, 303, 312, 319–321, 326 f., 332, 566 Hasbach, Wilhelm 186, 566 Haydn, Joseph 234 Heck, Philipp von 278 f., 286, 566 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 8 Heidegger, Martin 72 Heiderich, Hans 249 Hellpach, Willy 124 f. Helmholtz, Hermann von 109 Hennis, Wilhelm 81 Henrich, Dieter 26, 81 Henry, Charles 155, 156, 566, 580

Personenregister

Hensel, Paul 54, 292 Herkner, Heinrich 41, 79, 91, 117, 146, 215, 218 f., 221 f., 237, 240, 330, 332, 566 Hermes, Siegfried 67, 69 Hessenberg, Gerhard 293 Hettner, Alfred 252 f. Heusler, Andreas 279, 581 Hildebrand, Bruno 340, 449 Husserl, Edmund 11, 72, 74, 78, 82–84, 390, 567 Ihering, Rudolf von 174, 285, 567 Iwan IV., der Schreckliche 153, 567 Jaffé, Edgar 12, 18, 79, 90, 95, 97, 137, 206, 389, 513 f., 515, 520, 567 Jaffé, Else 136, 167 James, William 197, 198 f., 567 Jaspers, Karl 26, 73 f., 77 f., 80, 386 f., 389, 390, 567, 581 Jellinek, Georg 90, 98, 102 f., 105, 173, 257, 296, 519, 567 f. Jevons, William Stanley 116 Joel, Karl 104 f. Johann Ohneland (Kg. von England) 327 Jolly, Julius 537, 568 Jonas, Friedrich 2 f. Kaiser, Hellmuth 58–60, 292–297, 299, 568 Kaiser, Karl 292 f. Kaiser, Marie 292 f., 295 f. Kammerer, Otto 203 Kant, Immanuel 26, 47, 55, 60, 197, 284, 292, 294, 300, 355, 466, 468, 532, 581 Kantorowicz, Hermann 36, 68, 78 f., 174, 222, 261 f., 264, 269, 273–277, 278, 281, 284, 285, 286, 290 f., 386, 568 Karl von Anjou 327 Kaufmann, Erich 137

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Kaulla, Rudolf 115, 568, 581 Kautsky, Karl 227 Kelsen, Hans 358 Keyserling, Hermann Graf von 107 Kim, Duk-Yung 12 f., 29 Kirchhoff, Gustav Robert 198, 568 Kirdorf, Emil 191, 568 Kistiakowski, Theodor 42 Kitagawa, Sakiko 23 Kleisthenes 536 Knapp, Georg Friedrich 211 Koigen, David 33, 95 Konradin (Staufer) 326, 327, 569 Kopernikus 125, 162 Koppel, August 96 Knies, Karl 7, 117 Kraepelin, Emil 113, 166, 322, 569 Kraus, Oskar 115, 581 Kries, Johannes von 7, 390, 406 Kroll, Jürgen 238 Kroner, Richard 384 Kronfeld, Arthur 294 Krüger, Dieter 183, 192 Krumeich, Gerd 441 Kürschner, Joseph 170 Lamprecht, Karl 79, 166, 167, 171, 569 Lange, Friedrich Albert 116, 569, 581 Lask, Emil 1, 7, 78, 82–84, 292, 299, 390, 391, 519, 569 Le Bon, Gustave 420 Lederer, Emil 522 Lenger, Friedrich 514 Lepenies, Wolf 2 Lepsius, Rainer M. 136, 221–223, 276, 302, 441 Levenstein, Adolf 231 Levine, Donald N. 99 Lexis, Wilhelm 87, 189, 569, 581 Lichtblau, Klaus 5, 69, 74, 76, 80, 324, 511 Liefmann, Robert 58, 90, 202, 206 f., 208, 371, 373, 494, 496, 513, 569

588

Personenregister

Liepmann, Agathe 107 Liepmann, Hugo 107 Lindenlaub, Dieter 183, 188 f., 194, 211, 329 Link, Werner 294 Linke, Paul F. 83 Lipps, Theodor 124, 570 List, Friedrich 187, 570 Lotz, Walther 91 Lübbe, Weyma 68 Lukács, Georg 82 Luther, Martin 467 Mach, Ernst 149 f., 199, 570 Malthus, Thomas Robert 118, 570 Marx, Karl 37, 215, 224, 227 f. Maxwell, James Clerk 199, 570 Mehlis, Georg 384 Meinecke, Friedrich 105 Menger, Carl 29, 104 f., 116, 129, 570 Menzel, Adolph von 170, 570 Menzel, Paul 54 Merkel, Julius 119 Meyer, Eduard 7 Meynell, Wilfrid 194 Meyrink, Gustav 382 Michels, Robert 38, 204, 302 f., 314, 319–321, 326, 515, 522, 570 f. Mill, John Stuart 56, 469 Milton, John 233, 571 Miquel, Johannes von 188, 571 Moltke, Helmuth Graf von 289 f., 379, 571 Mommsen, Theodor 338, 447, 571 Mommsen, Wolfgang J. 7, 13, 29, 63, 70, 74, 79, 136, 297, 302, 318, 365 Moosmann, Diemut 100, 527, 553 Morgan, John Pierpont 150, 571 Morikawa, Takemitsu 9 Morlok, Christoph 89 Müller-Hansen, Dr. 312 Müller-Hoch 320 Munk, Immanuel 161, 217

Münsterberg, Hugo 7, 11, 26, 30 f., 83 f., 164, 198, 532 f., 572 Napoleon I. 153 Nau, Heino Heinrich 44, 329, 334 Naumann, Friedrich 194 Neef, Katharina 146 Nelson, Benjamin 99 Nelson, Elisabeth 292 Nelson, Heinrich 292 Nelson, Leonard 292–295 Neuber, Matthias 145 Neumann, Carl 9, 193 Neurath, Otto 212 f., 332 Nietzsche, Friedrich 231, 250, 399 Nitzsch, Karl Wilhelm 548, 572 Norkus, Zenonas 69 Oakes, Guy 81 Oppenheimer, Franz 2, 38, 303, 319–321, 325, 572 Oppitz, Reinhold 134, 143 Orihara, Hiroshi 66, 70, 74 Osborne, Bernal 194 Ostwald, Wilhelm 7, 15–17, 79, 82, 145 f., 148–150, 155–162, 164–169, 170, 171–181, 197, 214, 217, 235, 572, 581 Oswalt, Henry 261 Otto IV. (Welfenkönig) 327 Palmerston, Henry John Temple 194, 572 Palyi, Melchior 78 Paulsen, Friedrich 521 Peckhaus, Volker 293 Perikles 255 Petrarca 314 Philipp II. August (Kg. von Frankreich) 327 Philippovich, Eugen von 7, 58 f., 202 f., 208, 210, 219 f., 572 Platon 56, 470, 544 Plenge, Johann 186, 191, 572

Personenregister

Ploetz, Alfred 35 f., 134, 138, 222 f., 237–242, 243 f., 245 f., 247–252, 253–258, 259 f., 303, 309, 323, 573 Pohle, Ludwig 183, 261 Prantl, Carl 377, 500 Proudhon, Pierre-Joseph 155, 171, 573 Ptolemäus 125, 162 Pythagoras 326, 376, 377, 500 Quarck, Max Ernst 226 f., 236, 243, 573 Quetelet, Adolphe 15, 150, 155, 573 Radbruch, Gustav 7, 78, 274, 349, 390, 406, 460, 573, 581 Ratzel, Friedrich 179, 573 Reuleaux, Franz 160, 573 Rickert, Heinrich 7, 11, 18, 40–43, 53, 57 f., 62, 65, 77, 80–83, 98, 103, 135, 166, 169, 196, 296, 330 f., 354, 357, 360, 383 f., 386, 389, 446, 475, 573, 581 Robespierre, Maximilien de 153, 574 Rockefeller, John Davison 150, 153, 574 Roscher, Wilhelm 7 f., 117, 340, 449 Rossi, Pietro 5, 83 Roth, Guenther 99, 246 Rubner, Max 163 Ruge, Arnold 519 f., 523 Ruhland, Gustav 192, 574 Scaff, Lawrence A. 198, 249 Schaefer, Martin H. 292–295 Schäfer, Dietrich 103 Schäfer, Lili (geb. Weber) 49 Schell, Hermann 177 Schiller, Friedrich 169, 170, 231, 232 Schluchter, Wolfgang 18, 63, 66 f., 70, 74, 85–89, 113, 135 f., 513 f. Schmeidler, Bernhard 41 f. Schmid, Ferdinand 38, 303, 305, 311, 316 f.

589

Schmidt, Gert 99 Schmoller, Gustav 41, 45, 55, 104 f., 112, 117, 186, 189, 191, 193 f., 201, 211, 218, 221, 257, 329 f., 332–334, 340 f., 345, 352–355, 389, 442, 446, 449 f., 454, 462 f., 466 f., 513, 521, 574, 582 Scholz, Oliver R. 81 Schumacher, Hermann 137 Schulze-Gaevermitz, Gerhart von 78, 226, 574 Schumpeter, Joseph 87, 332, 383, 515, 554, 574 f. Schütz, Alfred 84 Seeck, Otto 245, 255, 323 Septimius Severus 323, 575 Sering, Max 195, 575 Siebeck, Oskar 222, 224 f. Siebeck, Paul 35, 61–63, 70, 78, 86–88, 91, 137, 185, 306, 317, 324, 333, 383, 385–388, 442 Siebeck, Werner 61, 442 f. Simmel, Georg 1, 4–7, 11, 16–34, 37 f., 48, 52, 55, 61, 72, 74, 77–80, 84, 89, 92, 95–100, 101–110, 124, 221–223, 225, 241, 258, 306, 308, 358, 368, 389, 391, 392, 484, 521, 527, 528, 531 f., 533, 534 f., 537 f., 540, 544, 547, 551, 553–556, 575, 582 Simmel, Gertrud 107 Smith, Adam 218, 507, 575 Solvay, Ernest 15, 151–156, 165, 575, 582 Sombart, Werner 12, 35, 90, 160, 186, 195, 203, 206, 207, 208 f., 212, 218, 222–224, 226, 228, 230, 233 f., 239–241, 243, 253, 257 f., 270, 306, 329, 333, 351 f., 357, 462, 513–515, 575, 582 Souchay, Jean Daniel 246 Souchay, Lily (geb. Baumhauer) 246 Spann, Othmar 1, 4 f., 15, 18–21, 26–28, 30, 32–34, 78, 89 f., 92, 97,

590

Personenregister

108 f., 133, 332, 390, 552–556, 575 f., 582 Specht, Minna 295 Spencer, Herbert 1, 5, 32 Spranger, Eduard 11, 47, 446, 576, 582 Staël, Anne Louise Germaine de 354, 465 Stammler, Rudolf 7 f., 13, 17 f., 27, 64, 68, 78 f., 86, 89, 97, 125, 133, 162, 228, 264, 269, 270, 271, 273, 385, 391, 557, 576, 582 Staudinger, Franz 226, 228, 520, 522, 576 Stegmüller, Wolfgang 68 Stein, Lorenz von 196, 197, 576 Stoltenberg, Hans Lorenz 78 Stölting, Erhard 2 Strauß, Richard 234 Swammerdam(m), Johann 178, 179, 576 Swedberg, Richard 87 Tarde, Gabriel 78, 421 Tenbruck, Friedrich H. 58 Thiel, Hugo 188, 576 Thünen, Johann Heinrich von 156, 189, 192, 576 Thurnwald, Richard 78 Tolstoj, Lev Nikolaevicˇ 171, 401, 576 Tönnies, Ferdinand 5, 20, 27, 34, 36 f., 42, 52, 78–80, 89, 95 f., 103, 222 f., 226 f., 238, 241, 243, 254, 273, 275 f., 278, 291, 302, 304 f., 307, 389, 390, 520, 522, 544, 550, 577, 582 Treiber, Hubert 68 Treitschke, Heinrich von 257, 313, 338, 447, 577 Troeltsch, Ernst 37 f., 222 f., 279, 296, 519, 577 Verhaeren, Émile 233, 577 Vierkandt, Alfred 27, 34, 78–80, 89, 104, 390, 577

Voigt, Andreas 36, 68, 183, 218, 222, 261–263, 264–266, 268 f., 273, 275, 288, 577 Vorländer, Karl 522 Vossler, Karl 310, 578 Vulpius, Christiane 314 Wach, Adolf 345, 455, 578 Wagner, Adolph 117, 191, 211, 257, 340, 449, 521 Wagner, Gerhard 68 Wagner, Richard 234 Walras, Léon 116 Ward, Lester F. 2 Waxweiler, Emile 156, 578 Weber, Adolf 42 f., 92, 146, 183–185, 186–188, 189, 191, 193, 195–198, 200, 578, 582 Weber, Alfred 87, 135 f., 194, 201, 205, 237, 240, 303, 378 Weber, Ernst Heinrich 10, 112, 116, 118–124, 127, 129–131, 133, 578 Weber, Helene 96 f., 135 f., 520 Weber, Marianne 81, 95–98, 113, 135 f., 148, 201, 249, 292, 296–298, 324, 386, 388, 443, 519 f., 522 Weber, Max –, Agrarverhältnisse im Altertum (1897, 1898, 1908) 229 –, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (Vorlesungen 1894–98) 5, 13, 96, 118, 208, 245, 267, 323, 350 –, Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus“ (1910) 400 –, Zur Angelegenheit SchmollerNaumann (Zuschrift 1905) 194 –, Das Arbeitsverhältnis in den privaten Riesenbetrieben (Diskussionsbeitrag 1905) 190 –, Die Auslese für den akademischen Beruf (Diskussionsbeiträge 1909) 344 f.

Personenregister

–, Austritt aus Vorstand der DGS (1911) 302 –, Die Entwickelungstendenzen in der Lage der ostelbischen Landarbeiter (1894) 357 –, Die Ergebnisse der deutschen Börsenenquete (1894–96) 129 –, Erhebungen über Auslese und Anpassung (Berufswahl und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie (1908) 112 f., 136, 219, 259, 322 –, [zs. mit Jaffé, Sombart] Geleitwort (1904) 12 –, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bände I–III (1920–21) 442 –, Vorbemerkung (zu Band I) 77 –, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre (1922) 388, 443 –, Geschäftsbericht, 1. Deutscher Soziologentag (1910) 34 f., 39, 221 f., 226 f., 237, 280 –, Geschichte der Nationalökonomie (Vorlesung 1896) 267 –, Grundriß zu den Vorlesungen Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie (1898) 5 –, Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik (1906) 239 f., 349, 361, 378, 389 f., 460, 476, 583 –, Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland (1906) 318 –, Lazarettverwaltung Heidelberg 1914/15 441 –, Die Lehrfreiheit der Universitäten (Zuschrift 1909) 184 –, Zur Methodik sozialpsychologischer Enquêten (1909) 231 –, Zur Musiksoziologie (Nachlaß 1921) 48 f., 326, 403, 488

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–, Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik (Antrittsrede 1895) 8, 206, 367, 583 –, Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904) 11–13, 42, 46, 86, 187, 206, 281, 349, 357, 360, 379, 381, 389, 442, 460, 475, 504, 506, 515, 583 –, Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland (1918) 57, 511 –, Politik als Beruf (1919) 54, 56, 467 –, Die Produktivität der Volkswirtschaft, das Berufsschicksal der Privatbeamten (Diskussionsbeiträge 1908) 202 –, Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus (1904/05) 10, 77, 177, 198, 236, 244, 353, 400 –, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit (1908/09) 17 f., 30, 113 f., 125 f., 136, 147, 151, 161, 166, 183, 217, 259, 322 –, Rechenschaftsbericht, 2. Deutscher Soziologentag (1912) 39, 316 –, Rechner/Schatzmeister in der DGS 221 –, Zur Rede Alfred Hettners über „Das europäische Rußland“ (1906) 253 –, Reise in die USA 1904 198, 249, 257 –, Rez. von Erich Kaufmann (1908) 137 –, Rez. von Hermann Schumacher (1908) 137 –, Die römische Agrargeschichte (1891) 338 –, Roscher und Knies 7 f., 27, 68, 72, 265 –, Roscher und Knies I (1903) 8 f., 11, 17, 81, 389, 442

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Personenregister

–, Roscher und Knies II (1905) 1, 3 f., 8–11, 17 f., 26, 31, 97, 113, 149, 164, 166, 389, 392, 442 –, Roscher und Knies III (1906) 8–11, 26, 290, 389, 442 –, Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur (1896) 245, 255 –, R. Stammler’s „Überwindung“ der materialistischen Geschichtsauffassung (1907) 8, 13, 125, 162, 228, 269, 270, 273, 281, 283, 349, 380, 389, 460, 506, 583 –, Das stoisch-christliche und das moderne profane Naturrecht (Diskussionsbeitrag 1910) 37, 222, 279 –, Tischrede auf der Hochzeit von Dora Busch, geb. Jellinek (1911) 90 –, Das Verhältnis der Kartelle zum Staate (Diskussionsbeitrag 1905) 178 –, Zur Verteidigung Friedrich Naumanns (Diskussionsbeiträge 1905) 194 –, Die wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinden (Diskussionsbeitrag 1909) 201 –, Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen 61 –, Einleitung 61 –, Hinduismus und Buddhismus 313, 430 –, Konfuzianismus und Taoismus 363 –, Zwischenbetrachtung 56, 77 –, Wirtschaft und Gesellschaft (WuG) 61, 74 f., 78, 85, 384 f., 391 –, WuG/Die Wirtschaft und die gesellschaftlichen Ordnungen und Mächte (Vorkriegsfassung) 391 –, Entwicklungsbedingungen des Rechts 285

–, Ethnische Gemeinschaften 307–309, 313 –, Hausgemeinschaften 324 –, Herrschaft 85 –, Religiöse Gemeinschaften 85 –, Die Wirtschaft und die Ordnungen 85, 385 –, WuG/Soziologie (Nachkriegs­ fassung) –, Soziologische Grundbegriffe 9, 18, 24, 26 f., 29, 33, 57, 62, 65 f., 69–76, 78–80, 98, 385 –, Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens 88, 513 –, Wissenschaft als Beruf (1917/19) 37, 56, 90 f., 179, 343, 452, 469 –, Zwischen zwei Gesetzen (1916) 401 Weingart, Peter 238 Weiß, Johannes 26, 43, 69, 262 Wenckstern, Adolph von 190, 191, 331, 578 Whimster, Sam 81 Wiese, Leopold von 27 f., 33, 332 Wieser, Friedrich von 58, 87–89, 117, 203, 210, 383, 578 Wilbrandt, Robert 366, 442 Wilhelm II. (Kaiser) 153, 170, 332 Wilde, Oscar 153, 578 Wimpfheimer, Heinrich 279 Winckelmann, Johannes 98–100, 185, 527, 553 Windelband, Wilhelm 7, 48 f., 103, 109, 196, 377 f., 491, 502 f., 519, 579, 583 Wirminghaus, Alexander 191 Wolf, Julius 183, 218 Wölfflin, Heinrich 369, 489, 579, 583 Woltmann, Ludwig 134 Wundt, Wilhelm 7, 11, 166, 167, 394, 579 Wüstendörfer, Hans 278 Zwiedineck-Südenhorst, Otto von 212, 214, 579

Sachregister

Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Das Register erfaßt Begriffe sowie Sach- und geographische Angaben, mythische, rein legendäre und literarische Personen. Die Schreibweise fremdsprachlicher Ausdrücke erfolgt in der Regel nach der von Max Weber verwendeten. Die im Band zitierten Schriften Max Webers sind im Personenregister unter seinem Eintrag aufgeführt.

Abendland, abendländisch 140, 144, 488 Abschließung 308 Abstammung 307, 327, 432 Adelsrangverhältnisse 542 Affekte 9, 167, 392 –, zweckirrationale 392 → auch: Sexualaffekte Affekthandlungen 72, 393 Afrika 217, 326 Agrimensoren, römische 353, 464 Akkordarbeiter 215 Aktienkapital 128 Allgemeinbegriffe 172, 531 Allgemeinheit 216, 545 Allgemeinwohl 195, 218 Alltag 84, 405, 485 – Verflachendes des 56, 450 Alltagserfahrungen 14 f., 17, 122 f., 127, 130, 162, 164 Alltagsleben 217, 265, 440 Altersstufen, typische 395 Altertum 229 f., 245, 326, 547 → auch: Antike – Untergang der Kultur des 245 Amerika, Amerikaner, amerikanisch 198 f., 249, 250, 256, 313, 328, 543 f. → auch: Nordamerika; Vereinigte Staaten von Amerika Analogie, Analogien 106 f., 118, 120, 123, 131, 173, 251, 419, 531 f., 534, 551 f.

Anarchisten 345, 455 Andere (der) 418, 533, 539 Angepaßtheit (Mittel-Zweck) 366 f., 482 Anlage, Anlagen (genetische) 18, 200, 324 Anomismus, ethischer 400 Anpassung 127, 177 f., 363, 365, 478, 480 Anstalt, Anstalten 68, 75, 77, 413, 432–435, 437, 439 –, staatliche 455 Anstaltsgenossen 434, 439 Anstaltshandeln 433–435 Anstaltsrecht 414 Anstaltssatzungen 434 Anstaltstheorie, soziologische 437 Anti-Darwinisten, antidarwinistisch 149, 150 Antike, antik 160, 246, 267, 323 f., 326, 488 → auch: Altertum Apriori 29 f., 50 f., 487, 501, 534 Araber, arabisch 325, 326 Arbeit 143, 151, 154 f., 157, 166, 193, 215, 217, 372, 495 Arbeiter 113, 154, 175, 193, 215–219, 229, 283, 322, 372, 495, 549 → auch: Akkord-; Teil-; Vollarbeiter Arbeiterklasse 231 Arbeitgeber 190 Arbeitsfreude 219

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Sachregister

Arbeitskraft 207 Arbeitskräfte 122 f. Arbeitsleistungen 122, 132 Arbeitslosigkeit 244 Arbeitsteilung 24, 28, 143, 218, 547, 549 Architektur, Architekten 49, 172, 234, 487 Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie 134, 238 f., 248 Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik (AfSSp) 9, 12, 18, 33, 83, 90, 95, 97, 113, 145, 166, 257, 349, 361, 380 f., 389, 442, 460, 476, 506, 513–515, 520, 522 Aristokratie, Aristokraten 250, 312, 542 Armut 244 Askese –, christliche 393 –, sexuelle 144 Assimilationsgewalt 327 Ästhetik, ästhetisch 31, 82, 120, 140, 155, 230, 232, 308, 337, 369, 380, 469, 486 f., 489–491, 505 f., 528 Astronomie 162, 251, 353, 464 –, chinesische 353, 464 Atomgewichte 148 Aufklärung, rationalistische 141 Ausgaben 412 –, produktive und unproduktive 215 Auslese 139, 141, 243, 247, 251, 367, 482 Ausleseprozesse/-vorgänge 252, 258, 395 Außenwelt 127, 157, 165, 178, 381, 393, 395, 507, 532 autokephal 415 f. Autorität 540 Axiome 22, 109, 208, 336, 357, 468, 472 –, letzte 374, 497 → auch: Wertaxiome

Ballotage 327 Bankwesen 374, 498 Barbaren 140, 245 f., 323, 328 Bedarfsdeckung 418 f., 494 Bedarfsversorgung, privatkapitalistische 373, 496 Beamte 308, 427, 436, 455 → auch: Staatsbeamte Bedeutungswandel 414, 438 Bedingungen –, geographische 200, 216 f. –, gesellschaftliche 31, 181, 487 –, kapitalistisch-ökonomische 235 –, religiöse 266 –, soziologische 39, 234, 310 → auch Lebensbedingungen Bedürfnis, Bedürfnisse 14, 120–124, 127 f., 152, 176, 289, 373, 494, 496 –, ästhetische 120 – Befriedigung der 122, 264–266 – Deckung der 371, 417 –, geistige 120, 123 –, konkurrierende/Konkurrenz der 14, 122 f. –, religiöse 199, 266 – Sättigung der 120–123, 127, 132 –, sexuelle 120 –, soziales 545 – und Mittel → Mittel und Bedürfnisse (Relation) → auch: Nahrungs- und Wohnungsbedürfnisse Bedürfnisgruppen 120 Bedürfniskapazität 122 Befehl 421, 423 Begriffe –, allgemeine 403, 426 –, idealtypische 11, 130, 431 –, juristische 40, 272 –, soziologische 40, 86, 283, 391, 430 → auch: Allgemein-; Berufs-; Fortschritts-; Freiheits-; Gesellschafts-; Kollektiv-; Produktivi-

Sachregister

täts-; Rasse-; Rechts-; Wert­ begriff(e) Begriffsbildung, -bildungen 40, 51 f., 75, 80, 84, 118, 126, 132, 173, 180, 379, 389, 391, 504 –, juristische 173 –, rationale 515 –, rationale rechtsdogmatische 380, 505 –, soziologische 42, 391 Begriffsbildungsprobleme 15, 132 Begriffsjurisprudenz 275, 278 f. Begriffssystem, juristisches 283 Bekenntniszwang 344, 454 Belletristik, französische 325 Berechenbarkeit 218 Berlin, Berliner 102, 103, 129, 257, 338, 447 → auch: Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Zweiter Deutscher Soziologentag in Berlin 1912 Beruf 343, 452, 533 – Bewährung im 267 Berufsbegriff 535 Berufsverbände 547 Bestimmungsmensur 430 Betrachtung, Betrachtungsweise –, empirische 469, 486, 491, 500 –, empirisch-kausale 48, 490 –, soziologische 25, 39, 53, 251, 405, 500 –, soziologische empirische 381 –, wertende 40, 314, 369, 485, 490 –, wertinterpretierende 490 –, zweckrational verstehende 392 → auch: Kausal-; Kunstbetrachtung Betrieb, Betriebe 127 f., 372, 415, 495 –, kapitalistische 215 –, rationaler kapitalistischer 440 Betriebsform, moderne rationalisierte 52, 510 Betriebsleiter, Betriebsleitung 127, 215

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Bewertung, Bewertungen –, ästhetische 486, 489–491 –, ethische 56, 300, 490 –, kulturliche 490 –, politische 490 –, praktische 358, 445, 473 Bewertungsmaßstäbe 195, 211, 375 Bewertungsstandpunkt 195, 207 Beziehung, Beziehungen –, gesellschaftliche 247, 255, 367, 483 –, soziale 27, 31, 69, 268 Beziehungsformen 531 Bezogenheit, sinnhafte → Handeln, sinnhafte Bezogenheit des Bienenstaat 251 Biologie, Biologen, biologisch 125 f., 132 f., 139–144, 149, 150, 180, 252 f., 259, 365 f., 419, 481 → auch: Gesellschafts-; Rassen­ biologie Blondinen oder Brünette 325, 351, 462 Blutsgemeinschaft 308, 313 Böhmen 327 Börse 130, 289 Börsenkurs 129 Börsenpanik 396 Börsenpsychologie 130 Bouvines (Schlacht von) 326 Buchführung 127, 218, 437 –, kaufmännische 127 f., 133, 524 –, private 215 Buchwert 128 Buddhismus, buddhistisch 54, 374, 393, 498 Bund der Landwirte 192 Bürger, bürgerlich 231, 250, 309, 510, 548 → auch: Klein-; Staatsbürger Bürgerliches Gesetzbuch 270 f., 281 f. Bürgerschaft 324 Bürgertum 489 Bürokratenmeinung 338, 447 Bürokratenmoral 363, 478

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Sachregister

Bürokratie 283, 542 Bürokratisierung 512 Calvinismus 244 Campagna 207 Catonismus 365, 480 causa und telos 133 Chance, Chancen 9, 68, 281 f., 284, 402, 405–407, 409–411. 413, 417, 421–425, 427, 432, 436, 439 f. – des Befolgtwerdens einer Ordnung 411 –, empirisch „geltende“ 422 –, objektive/objektiv abschätzbare 68, 409 – objektives Bestehen von 406 → auch: Durchschnitts-; Einverständnis-; Geltungschancen Chemie 109, 150, 163, 171, 179 f., 235, 404, 552, 555 –, organische 173 → auch: Energie, chemische Chinesen, chinesisch 141, 325 f., 353, 364, 464, 479 Chinesisch (Sprache) 310 Chromatik 488 –, harmonische 487 Comtismus 15, 150 Dämon 342, 451 Dampfmaschine 161 Darwinismus, darwinistisch 149, 150, 169, 237 f., 240, 255 → auch: Anti-Darwinisten; Sozial­ darwinismus Dauervergesellschaftung 417 Demokratie 546 f. → auch: Staatsverfassung, radikaldemokratische Demokratisierung 309 Denkformen 126 Denkmaschine(n), rationale 379, 504 Denkökonomie 149, 180, 200 Denkschulung, allgemeine 339, 449

Despoten 438, 541 f. Despotismus 540 Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) 7, 87, 91 f., 237–240, 258, 259, 280, 288, 304–306, 316, 521 – Erster Deutscher Soziologentag in Frankfurt a. M. 1910 16, 34, 36 f., 68, 91, 146, 221–224, 237–242, 261 f., 273–276, 521 – Gründung 5, 15 f., 34, 40, 42, 84, 91, 146 – Presse- und Vereins-Enquete 87 – Statuten 222 – Zweiter Deutsche Soziologentag in Berlin 1912 16, 34, 38 f., 91, 302–306, 316, 319 f., 521 „deutsche Ideen von 1914“ 511 „deutsche Ideen von 1918“ 512 Deutscher Orden 327 Deutschland, Deutsche, deutsch 105, 199, 246, 285, 307, 310, 313, 326 f., 346 f., 363, 375, 456, 478, 485, 512 Deutung –, organologische 8 –, rationale 393, 501 –, sinnhafte 402 –, soziologische 531 –, zweckrationale 391 → auch: Geschichts-; Gesellschafts-; Sinndeutung Differenzierung 48, 369, 375, 439, 484 f., 489, 531, 546 –, gesellschaftliche 439 –, rationale gesellschaftliche 427 –, seelische 368, 483 –, soziale 549 Differenzierungsprozesse 368 Dignität (von Werten) 46, 56, 299, 352 –, immanente 469 –, normative 57, 351, 462 Dilettant, Dilettantismus 80, 176 Disziplin, Disziplinen –, dogmatische 506

Sachregister

–, empirische 50–52, 209, 331, 336, 347, 356, 358, 360, 368–370, 375, 380, 392, 402, 456, 459, 462, 466, 471, 473, 475, 484, 493, 499, 505 f., 552 –, empirisch verstehende 405 –, nationalökonomisch-soziologische 41, 92, 331 –, soziologische und ökonomische 48 f., 492 → auch: Fachdisziplin Dogma, Dogmen, dogmatisch 181, 187, 199, 281, 284, 287 –, kirchliche 57, 471 → auch: Trinitätsdogma → auch: Disziplin; Wissenschaften, dogmatische Dogmatik 380, 506 → auch: Rechtsdogmatik Don Quixote 364 Dorf 547 Dritte, Dritter 407, 412, 416, 424, 429 f., 439, 537 Dulden 66, 393 Durchschnittschancen 409, 433, 435 Durchschnittserwartungen 409 Durchschnittsurteile 209 f., 218 Dynamomaschine 161, 169, 217 Ehe 141, 536 –, legitime 324 → auch: Einehe Ehefrauen 140, 143, 543 Ehefrauenrechte 143 Eheschranken 243 Ehezwang 139 Ehre, soziale 421, 430 → auch: Standesehre Eigengesetzlichkeit 106 Eigentumsverhältnisse 228 f., 233 Eigenwert 52, 467, 490, 511 Einehe 140 Einfluß, kausaler 376, 504 Einfühlen, Einfühlung 52, 74, 501 f.

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Einheitskurs 129 Einsamkeit 536 Einstellung, sittliche 339, 449 Einverständnis 68, 75, 422–427, 429–431, 433, 435 f., 438, 440 –, geltendes 422 f. → auch: Geltungs-; Herrschafts-; Legalitäts-; Legitimitätseinverständnis Einverständnischance 424 Einverständniserwartung 435 Einverständnisgeltung 438 Einverständnisgemeinschaft 430 f. Einverständnishandeln 67, 69 f., 75–77, 417, 422, 424–429, 433 f. –, amorphes 431 –, geschlossenes 429 –, vergesellschaftungsbedingtes 427 Einverständnisvergemeinschaftung 425, 430, 432 Einwanderung 327 → auch: Mormoneneinwanderung Einzelherrschaft 541 Einzelindividuum, Einzelindividuen 404, 554 Einzelmenschen 67, 151, 404 Einzelner 128, 351, 353, 356, 362, 367, 372, 404, 407, 410, 461, 463, 471, 477, 482, 493, 511, 533, 539, 541 Einzel-Sozialwissenschaften 556 Einzelwirtschaften 128, 373, 380, 496, 506 Einzelwissenschaften 23, 252, 551 Ekstase 392 Elektrizität, elektrisch 158, 161, 173, 232, 438 Elsässer 307, 308 Empirie 364, 493 Empirisches 375, 381 f., 403, 489 → auch die Einträge zu: Betrachtung; Chance; Disziplin; Forschung; Fragestellung; Geltung; Gültigkeit; Handeln; Kausalbetrachtung; Kausalkette; Kunstge-

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Sachregister

schichte; Kunstsoziologie; Mannigfaltigkeit; Musikgeschichte; Ordnung; Rechtsgeschichte; Richtigkeit; Sachverhalte; Sein; Sozialwissenschaft; Tatsachenfeststellung; Untersuchung; Verfassung; Wissenschaft Empfindungen (und Reiz) 117–119, 121, 123, 127 f., 130 f. → auch: Glücksempfindung Energetik, energetisch 15 f., 145 f., 149, 151–157, 159–179, 181, 217 –, soziologische 156 – zweiter Hauptsatz der 157 f. Energie, Energien 151–155, 157–173, 175, 216 f., 529 – Begriff 145, 157, 165 –, chemische 157–161, 164 f., 172, 175, 217 – durch Sonnenstrahlen 159 –, elektrische 158, 161 –, freie 151, 157–159, 163, 214 –, neue 159, 162 –, neuro-muskuläre 153 –, psychische 164–168, 171 –, thermische 158 Energiebeziehungen 157 Energiebilanz(en) 16, 169, 179 Energieerhaltung, Gesetz von der 145 f., 170, 179 Energieersparnis 235 Energiegesetz → Energieerhaltung, Gesetz von der Energieumwandlung 170 – Gesetze der 214 Energiewirtschaft 158 England, Engländer 198 f., 285, 287, 309, 326, 327, 430, 543 Englisch (Sprache) 173 Entdeckungsstreben, rationales 488 Entropielehre 159, 170, 214 Entwicklung –, geschichtliche 437 –, gesellschaftliche 483

–, historische 431, 489, 530 –, kapitalistische (des Altertums) 12, 229 f. –, künstlerische 231, 233 –, technische 182, 229 f. –, wissenschaftliche 165, 508 → auch: Kulturentwicklung Entwicklungsgeschichte, entwicklungsgeschichtlich 168, 322 Entwicklungsprozeß 483 Entwicklungsstadien 509 Entwicklungstendenzen 357, 361– 363, 365, 476–478, 480 Entwicklungstheorie –, emananistische 8 –, sozialistische 150 Entzauberung, entzaubert 56, 397 Epigonen 43, 193, 212 Epoche 368, 380, 484, 505 –, gotische 487 –, kapitalistische 129 –, stagnierende 537 Erbfolge 324 Erbqualitäten 247 f., 252 Erfahrung, Erfahrungen 84, 122, 124 –, gültige 396 → auch: Alltagserfahrungen Erfahrungsregeln 397 Erfolgswert 363, 478 f. Erkenntnis – Baum der 56, 470 –, empirische 52, 382 –, rationale und psychologische 25, 552 –, soziologische 51, 502 –, verstehende 51, 501 –, wissenschaftliche 195, 354, 465, 492, 502 Erkenntnisgrund 401, 409 Erkenntniskritik, erkenntniskritisch 84, 101 Erkenntnistheorie 3, 63, 82, 552 –, systematische der Sozialwissenschaften 63

Sachregister

–, utilitarische 165 –, wertphilosophische 81 Erklärung, Erklären –, empirische kausale 40, 314 –, kausale 7, 24, 401 –, verständliche 391 –, verstehende 353, 393, 464 Erlebnis, Erlebnisse 485, 534 –, innere 127 –, mystisches 392 Erlösung 374, 498 Erotik, erotisch 60, 141 f., 325, 367, 423, 425, 430, 468, 482, 528 → auch: Lyrik, erotische Erscheinungen –, gesellschaftliche 53 f., 260, 509 –, soziale 179, 538, 553 –, soziologische 40, 314 → auch: Kultur-; Massenerscheinungen Erster Deutscher Soziologentag (1910) → Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Erster Deutscher Soziologentag Erwartungen (bgzl. Orientierung von Handeln/Verhalten) 76, 396, 405 f., 411, 416, 419–423, 425, 428 f., 432, 436, 439 f. –, durchschnittlich subjektive 422 –, normative 40 → auch: Durchschnittserwartungen; Handeln, erwartungsorientiertes; Legalitätserwartungen Erwerbsarbeit 544 Erwerbsinteressen, kapitalistische 39, 311 Erwerbsunternehmungen 337 Erwerbswirtschaft 380, 506 Erziehungsideale 343, 453 Ethik 43, 46, 82, 186, 193, 243, 353, 355, 464, 536 –, buddhistische 54, 374, 498 –, formale 292, 295 f., 299 f. – Grenzen der 56, 467

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–, Kantische/Kants 55, 60, 355, 466, 468 –, normative 46, 54 f., 57, 354–356, 380, 465 f., 506 –, utilitarische 118 → auch: Gesinnungs-; Mormonen-; Sexual-; Verantwortungsethik Ethnographie 325 Ethnologie, ethnologisch 539 Europa, europäisch 325, 487, 489, 491 –, modernes 326 → auch: Okzident europäisch-amerikanisch 492 Europäisierungsprozeß 250 Evangelisch-sozialer Kongreß 77 Evidenz 71, 390–392, 397, 402 Evolution, ästhetische 230 Evolutionismus, evolutionistisch 134 f., 145, 204, 234, 521 Exklusivität 429 Experimentalpsychologie, experimentalpsychologisch 113, 116, 126, 130, 402 Extraordinarius 102 Fabrikarbeit 126 Fabriken 229, 235 Fachbildung 339, 449 Fachdisziplin 59, 160, 211 Fachforschung 168 Fachgenossen 107 Fachkenntnis 44, 197, 337 Fachleute 352, 463 Fachmann 106 Fachmenschen 339, 449 Fachqualifikation 341, 451 Fachschule 455 Fachschulung 339, 449 Fachstandpunkt 106 Fachwissenschaft, fachwissenschaftlich 107, 162, 196 Faktizität, Faktizitäten 107, 282, 286, 338, 397, 405, 524 – zum reinen Typus sublimierte 403

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Familie 86, 142 f., 547, 550 Familienmoral 142 Familienrecht 433 Fanatismus 512 Fatalismus 400 Feudalismus 227, 404, 542 Florentiner Bankiers 353, 464 Fontenoy (Schlacht von) 430 „Forderung des Tages“ 343, 452 Form, Formen 22, 529 f., 542 –, abstrakte 530 – Begriff der 269 –, reine 22, 530 – und Inhalt 22–24, 31, 531, 542, 548, 551, 556 Formales, juristisch 60, 300 Formalismus –, ethischer 60, 301 – Simmels 22 f., 33, 537 Formeln –, energetische 16, 152 f., 156 –, mathematische 125 Formgefühl 489 Formwerte, Formenwerte (künstlerische) 231 f. Forschung –, empirische wissenschaftliche 199 –, exakte soziologische 248 → auch: Fach-; Tatsachenforschung Fortpflanzung 139–142, 243 f., 247, 255, 365, 481 Fortpflanzungsgemeinschaften 246 Fortpflanzungsstreben 142 f. Fortschritt 48 f., 160, 172, 367–370, 375, 378, 483–486, 491, 493 f., 498, 503, 550 –, empirisch-technischer 370 –, energetischer 160 –, rationaler 50, 369, 486, 491 –, technisch rationaler 488 –, technischer 160, 177, 217, 370 f., 486, 489, 493 → auch: Kulturfortschritt

Fortschrittsbegriff 48, 367, 369, 483, 485 f., 491 f. –, legitimer 498 –, rationaler 492 Fragestellung –, empirische 248 –, wissenschaftliche 181 Frankfurt am Main 246 → auch: Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Erster Deutscher Soziologentag in Frankfurt a. M. 1910 Frankreich, Franzosen, französisch 155, 199, 246, 307, 308, 310, 314, 325 f., 327, 430 Frau, Frauen 59, 139 f., 143, 310, 313 f., 324 f., 417, 468, 549 –, legitime 324 → auch: Ehefrauen Frauenideal 143, 325 Freihandelsargument 372, 495 Freihandelsschule 51, 507 Freiheit 53, 174, 285, 510, 536, 545 f. – der Forschung 199 – der Gesinnung 178 – des Denkens 178 → auch: Wert-; Wertungsfreiheit Freiheitsbegriff 546 Freirechtlertum 286 Freirechtsbewegung 273 f. Freirechtsschule, freirechtlich 174, 286 Frequenzkonkurrenz (Universitäten) 347, 457 Freundschaft, Freundschaften 412, 425 Frieden 168, 367, 482, 510 f. Fügsamkeit 178, 437, 439 Fügung in das Gewohnte 438 Führer 417, 436 Furcht 423, 435–437 Fürst 433

Sachregister

Gay-Lussac-Mariottesches Gesetz 555 Gebilde –, patrimoniales politisches 433 –, perennierendes 68, 77, 417, 431 –, perennierendes soziales 414 –, soziale 69, 414 f. → auch: Machtgebilde Gebrauchswert 115 Geburtenstatistik 481 Gefühlsinhalte 49, 487 Gefühlslagen 121, 393 Gefühlssphäre 369 Geheimsprache 429 Gehirnzustände 154 Gehorsam 421 Geist 177, 228, 235, 323 Geld 268, 373, 418, 424, 438, 496 Geldaristokratie 542 Geldbesitz 345, 454 Geldbesitzer 418 Gelderwerb 120 Geldgebrauch 418 f., 424 Geldwirtschaft, geldwirtschaftlich 120, 428 Gelegenheitsvergesellschaftung 77, 415–417 Gelten 282, 376, 405, 410 f. –, durchschnittliches objektives 422 Geltendes 284, 438, 502, 508 Geltensollendes, geltensollend 349, 353, 404, 464 Geltung 352, 411, 462 –, empirische 68 f., 409–412, 422 f., 426, 433, 435 f., 438 f. –, normative 380, 501 –, objektive 367, 483 –, subjektive 367, 483 Geltungschancen 427 –, empirische 422 Geltungseinverständnis 425 Geltungsphilosophie 81 Geltungssphären 403, 471 Geltungsvorstellung 405

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Gemeinde 435 –, religiöse 433 Gemeinschaft, Gemeinschaften 271, 311–313, 327, 424, 432 f., 437, 550 – Bildung einer intellektuellen 547 –, gefühlsmäßige 307 –, heteronom geordnete 435 –, politische 428, 432 –, religiöse 307, 324 –, soziale 53, 510 → auch: Bluts-; Einverständnis-; Fortpflanzungs-; Haus-; Konven­ tions-; Kultur-; Markt-; Rassen-; Rechts-; Sprachgemeinschaft Gemeinschaft-Gesellschaft-Dichotomie 79 Gemeinschaftsbildung, gemeinschaftsbildend 313, 327 Gemeinschaftsformen 86, 383 Gemeinschaftsgefühl/-gefühle 311 –, nationales 308 Gemeinschaftshandeln 66–69, 71, 75, 381, 406–408, 411, 417–422, 424–430, 432, 435, 440 –, einverständnisbedingtes 425 Genesis 139 Genie 141 Genossen 324, 435 f., 542 → auch: Anstalts-; Rasse-; Sippen-; Vereinsgenossen Genossenschaft 69, 404 → auch: Markgenossenschaft Geographie, geographisch 200, 216 f., 252, 327 Gerechtigkeitsidee 545 Gerechtigkeitspostulate, Postulat der Gerechtigkeit 340, 355, 450, 467 Gerichte 282 → auch: Geschworenengericht Gesang, rational polyphoner 488 Gesangvereinsmeierei 528 Geschehen – Begriff des 165 – Regel des (faktischen) 356, 471

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Sachregister

–, soziales 22, 228, 555 Geschichte 53 f., 149, 336, 361, 393, 403, 476, 492, 509 → auch: Kultur-; Kunst-; Musik-; Rechts-; Religions-; Wirtschafts­ geschichte Geschichtsauffassung, Geschichtsdeutung –, materialistische 13, 227–229, 232, 236 –, ökonomische 53, 270, 509 Geschichtskonstruktion 323 –, technologische 227 Geschichtsmaterialismus 35, 228 Geschichtsphilosophie, geschichtsphilosophisch 3, 49, 83, 280, 533 Geschichtsschreibung 392, 397 f. Geschichtswissenschaft 2, 6, 11, 17 → auch: Geschichte; Historiker, historisch Geschlechtlichkeitsprobleme 60, 300 Geschlechtskrankheiten 140 Geschlechtstrieb 74, 397 Geschlechtsverkehr 141, 286 Geschmacksempfindungen, persönliche 342, 451 Geschmacksurteile, subjektive 46, 352, 462 Geschworenengericht 285 Geselligkeit 536 Gesellschaft 89, 154, 169, 172, 284, 316 – Begriff 3, 16, 18, 21, 27, 32, 108, 245, 247, 250, 528, 530, 532, 534 f., 556 – Demokratisierung der 309 – mikroskopisches Konstituens der 552 –, moderne 47 → auch: Tiergesellschaft; Vergesellschaftung; sowie die Einträge zu: Bedingungen; Beziehungen; Differenzierung; Entwicklung; Erscheinungen; Institutionen;

Konventionen; Lebensformen; Ordnungen Gesellschaft für Soziologie –, Deutsche → Deutsche Gesellschaft für Soziologie – (Wien) 521 Gesellschaftsbegriff → Gesellschaft, Begriff Gesellschaftsbiologie 251, 259 Gesellschaftsdeutung, ökonomische 509 Gesellschaftshandeln 67, 408, 412–418, 426, 428 f., 431–435 –, gesellschaftsbezogenes 413 –, heterokephales 416 –, objektiv „abnormes“ 412 –, ordnungsgemäßes 411 –, (subjektiv) ordnungswidriges 411 → auch: Vergesellschaftungshandeln Gesellschaftsleben –, europäisch-amerikanisches 492 –, menschliches 290 Gesellschaftslehre 21, 108, 251 Gesellschaftsordnung 247 f. –, sozialistische 271 f. Gesellschaftstheorie 1, 89 –, evolutionistische 134 –, universalistische 27 Gesetz, Gesetze 286, 411, 434, 544 f., 553, 555 – des abnehmenden Bodenertrags 131 –, physikalisches → Energieerhaltung, Gesetz von der –, physiologisches 131, 133 –, psychologisches 14, 131 → auch: Merkelsches Gesetz –, psychophysische → Grundgesetz, psychophysisches → auch: Grenznutz-; Sittengesetz Gesetzbuch 282, 287 → auch: Bürgerliches -; Schweizer Gesetzbuch

Sachregister

Gesetzessystem, Lücken(haftigkeit) des 278, 284 f. Gesetzgeber 155, 174, 284 Gesetzgebung 410 Gesetzlichkeit, Gesetzlichkeiten 392 –, ästhetische 469 –, eigene immanente der Technik 234 –, ethische 469 → auch: Eigengesetzlichkeit Gesichtspunkt, Gesichtspunkte 13, 17, 126, 132, 167, 172, 181 –, ethische 350, 459 –, soziologischer 549 –, universellere 43, 193 → auch: Kulturgesichtspunkte Gesinnung 363 f., 448, 467, 479 f., 505 –, politische 339, 448 Gesinnungsethik, gesinnungsethisch 54 f., 60, 364, 479 Gesinnungstypus 380, 505 Gesinnungswert 363, 478 f. Gewalt, Gewalten –, politische 415, 457 → auch: Assimilations-; Oktroyierungsgewalt Gewaltanwendung, physische 431 Gewalthaber 433 Gewaltherrscher 423 Gewaltherrschaftsbeziehung 423 Gewohntes 417, 438 f. Gewinnstreben 394 Glauben, religiöser 307, 435 → auch: Massen-; Prädestinations-; Volksseelenglaube Glaubenskonventikel 341, 450 Glaubensnorm 380, 505 Gleichheit 414 → auch: Rechtsgleichheit Glück 118 f., 232, 244 → auch: Menschenglück Glücksempfindung 117, 120 Gotik, gotisch 48, 234, 486 f.

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Gott 139, 178 f., 299, 342, 451, 467, 469 f., 534 – Allwissenheit eines 289 Gottes unerforschlicher Ratschluß 244 Gravitation 109 Grenzfall –, absoluter 76, 411 –, idealtypischer 71, 396, 414, 419 –, rein theoretischer 428 Grenznutzgesetz 116 Grenznutzlehre/-theorie 12–14, 111 f., 116–118, 121 f., 127–131, 133, 152, 350, 393, 460 Griechenland, Griechen 253–255, 328, 541, 545 Großindustrie 188, 191 Großindustrielle 190 Großinteressenten, materielle 45, 348 Großstadt, großstädtisch 235 –, moderne 232 f. Grundbesitzer 207 Grundgesetz, psychophysisches 14, 112, 117–123, 130 → auch: Weber-Fechnersches Gesetz „Grundriß der Sozialökonomik“ (GdS) 61–63, 65, 87 f., 90, 383, 391 Gruppe, Gruppen 535 f., 542, 545 –, soziale 8, 155, 533 –, vergesellschaftete 411 → auch: Menschengruppe Gültiges, Gültigkeit 398, 402 f., 435 –, empirische 391 –, normativ(e) 50 f., 375 f., 499 –, objektiv 397, 501 Gut, Güter –, ethisch/religiös wichtige 374, 498 –, (wirtschaftliche) 122 f., 127 f., 265, 268, 270, 289, 372 f., 496 → auch: Konsum-; Kultur-; Sach-; Tausch-; Wirtschaftsgüter Güterbedarfsdeckung 418 Gütermarkt 375 Güterversorgung 372 f., 495 f., 557

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Sachregister

Güterverteilung 496 Güteverhältnis 157–162, 168 f., 171 f., 175 f., 216 f. –, biochemisches 165 –, energetisches 16, 161, 165, 168, 170 f., 174–176, 217 Habitus –, psychischer 501 –, subjektiver 124 „Handbuch der politischen Ökonomie“ 61–64, 70 f., 85–88, 383, 385, 391 „Handbuch der Sozialökonomik“ 391 Handel 426 → auch: Freihandelsargument; Freihandelsschule Handeln 9, 121 f., 128, 370, 374, 393, 493, 498 –, einverständnisbedingtes 425 –, einverständnisgemäßes 423 –, einverständnisorientiertes 428 –, ethisches 401, 467 –, erwartungsorientiertes 67, 75, 407 –, gesellschaftliches 510 –, gesellschaftsbezogenes 412 –, gesellschaftsgeregeltes 412 –, massenbedingtes 420 –, nachahmendes 421 –, ökonomisch rationales 381 –, ökonomisch relevantes 125 – Orientierung des 370, 398, 415, 418, 432 –, persönliches 467 – rationale Orientierung des 395 – rationaler Ablauf des 127 –, rationales 51, 251, 289, 378 f., 381, 503 f. –, rational gestaltetes 128 – Rationalisierung des 370, 492 –, rational „richtiges“ 370, 492 –, richtigkeitsrational ablaufendes 400

–, richtigkeitsrationales 397 –, sinnhaft bezogenes/sinnhafte Bezogenheit/Sinnbezogenheit des 71, 76, 393–395, 397, 399, 406, 418–421, 424, 426, 439 – sinnhafte Orientierung des 411 –, sinnhaft verständliches 72, 397 f., 401, 405 –, soziales 24 f., 46, 61, 66, 69, 71, 89, 381, 400, 506 –, streng rationales 129, 290 –, streng rational orientiertes 396 –, subjektiv sinnhaft orientiertes 408 – technische Richtigkeit des 374, 493, 497 f. –, theoretisch fingiertes 289 –, theoretisch konstruiertes 129, 395 –, traditionales 72 –, traditionell eingeübtes 439 –, verbandsbezogenes 434 –, verbandsgeregeltes 434 –, vergesellschaftetes 408 –, vergesellschaftungsbedingtes 412 –, verständliches 9, 67, 404 –, wertorientiertes 67, 75, 407 –, wirtschaftliches 90, 428 –, zweckrationales 72, 392, 396, 406 –, zweckrational orientiertes 397 → auch: Anstalts-; Einverständnis-; Gemeinschafts-; Gesellschafts-; Massen-; Verbands-; Zweckhandeln; sowie den Eintrag zu: Sphäre Handelspolitik 375 Handelstechnik 371, 494 Handelsverträge 283 Handmühle 227 Harmonie, prästabilierte 535 Haß 342, 452, 545 Häufigkeit, statistische 376, 401 Hausfamilie, patriarchalische 536 Hausgemeinschaft 86, 340, 383, 432 f. Haushalt, isolierter 128 Hausväter 436 Heidelberg 386 f., 519

Sachregister

Held, Helden 307, 324 f. Heldenzeitalter 308 Hellenen, hellenisch 229, 324–326, 328, 488 Herkunft, ethnische 322 f. Hermeneutik, hermeneutisch 7, 45, 55, 57, 72 f. Herrenrasse 323 Herrenschichten 324 f. Herrschaft 421 f., 427, 436 f., 541–543, 546 f. → auch: Einzel-; Mehrheits-; Mehrzahlherrschaft Herrschaftsbeziehung 437 → auch: Gewaltherrschaftsbeziehung Herrschaftseinverständnis 75, 422 Herrscher 110, 435, 541–543 → auch: Gewaltherrscher Herrscherpolitik 541 Herrschsucht 110 Hetäre, Hetärentum 140, 143 Hetärismus, hetäristisch 139, 143 Heterogenität –, absolute 358, 472 f. –, absolute logische 45, 357 –, logische 339 Heterokephalie, heterokephal 415 f. Heteronomie, heteronom 415, 433, 435 heuristisch 127, 129 f., 288 f., 372, 495 → auch: Prinzip, heuristisches Hierarchie – der Unterordnung 544 – der Wissenschaften → Wissenschaftshierarchie Hingabe 367, 482 – an eine „Sache“ 343, 452, 511 Hinnahme, widerwillige 417 Hirnprozesse 124 Hirtenvölker 326 Historiker, historisch 175, 181, 490 f. → auch: Geschichte; sowie die Einträge zu: Entwicklung; Kausalkette; Nationalökonomie: Tatsa-

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chen; Untersuchung; Wissenschaften; Zurechnung historische Schule → Nationalökonomie, historische Schule Historismus, Ablehnung des 186 Höflichkeitsnormen 551 homme moyen 155 homme normal 152 hommes capables 152 homo oeconomicus 13, 89 Humanismus 547 Hypothesen, Grundhypothesen 125, 246, 248, 402 –, deutende 402 –, naturwissenschaftliche 126 –, theologische 125 –, wissenschaftliche 325 → auch: Rassenhypothesen Ideale 53, 188, 364 f., 479 f., 490, 511 –, naturrechtliche 175 –, praktische 187, 451 –, subjektive 153 –, technologische 16, 150, 178 –, technologisch orientierte 215 –, wissenschaftliche beweisbare 212 → auch: Erziehungs-; Kultur-; Lebens-; Mönchs-; Pastoren-; Staatsideale Idealtypus, idealtypisch 11 f., 51 f., 72, 379–381, 393 f., 401–404, 407, 431, 504–506, 508, 533, 537, 541 –, rationaler 380, 412, 505 → auch die Einträge zu: Begriffe; Grenzfall; Lehrsätze Idee, Ideen –, allgemeine 299 – von 1914 → „deutsche Ideen von 1914“ – von 1918 → „deutsche Ideen von 1918“ Ideo-Energie 154 ideogen 124 idiographisch 9, 18, 196

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Illusion, intellektualistische 369, 485 Imperativ, Imperative 354, 361, 465, 476 –, ethische 55, 354, 466 –, Kantische 60, 300 –, kategorischer 150 –, praktischer 352, 462 Indianer 249, 308 f., 366, 481 f., 528 Indien, indisch 313, 325, 543 Individualisierung 48, 368 Individualismus 89, 468 → auch: Methode; Theorie, individualistische Individualität 38, 196 → auch: Kollektivindividualität Individualpsychologie 538 f. Individuum, Individuen 22, 109, 119, 121, 150–155, 251, 265, 405, 528–536, 541, 545, 548 f., 554 → auch: Einzel-; Kollektivindividuum Induktion 528, 551 Industrie 438 → auch: Großindustrie Industrielle → Großindustrielle; Zentralverband Deutscher Industrieller Inhalt, Inhalte 22, 529 f., 536 f., 541 f., 548–550 – Ausschaltung der 546 – der sozialen Erscheinungen 538 – der sozialen Ordnung 228, 536 – der Vergesellschaftung 23, 529, 551 – des Handelns 469 –, geltensollender 404 – und Form → Form und Inhalt → auch: Gefühls-; Kulturinhalte; Soziologie, inhaltliche Instinkt, Instinkte 142, 249 f., 543 Institut de Sociologie (Institut Solvay) 15, 151, 153, 156 Institutionen 346, 456 –, gesellschaftliche 247, 251 f. –, soziale 438

Intellekt 154, 318 Intellektualisierung 48, 484, 537 Intellektuelle 39, 311, 537 Interesse, Interessen 218, 270, 416, 530, 536 f. – der Nation 346, 456 – des modernen europäischen Menschen 487 –, individuelle 418 –, kapitalistische 310 –, konfessionelle 177 –, kirchliche 538 –, materielle 39, 311 –, ökonomische 39, 163, 179, 236, 506 f. –, religiöse 199, 228 –, wirtschaftliche 228 –, wissenschaftliche 188, 198, 350, 361, 459, 475, 509 → auch: Erwerbs-; Kultur-; Macht-; Rentabilitäts-; Renten-; Unternehmer-; Welt-; Wertinteressen Interessengegensätze 372, 495 Interessenkompromiß 430 Interessenkonstellationen 181 f., 344, 418 Interessenlage 50, 399 Interessenten 260, 371, 434, 438, 457, 494 f., 512, 542 → auch: Groß-; Marktinteressenten Interessenteneinflüsse 344 Interessentenkreise 344, 453 Internationaler Kongreß für Philo­ sophie in Heidelberg 1908 79, 92, 519–523 Irland, Irländer 309, 543 Irrationales 52, 74, 199 → auch: Zweckirrationales; sowie die Einträge zu: Komponenten; Konflikte; Motive; Sphäre; Verhalten; Welt Irrationalität, Irrationalitäten (Handeln) 11 –, kausal relevante 401

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Irrtumstypus 403 Isomerie 148 Israel, Israeliten 103, 324 Italien 310, 314, 323, 327 Jaffé-Braunsches Archiv → Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft 389, 442, 446 Jakob Friedrich Fries-Gesellschaft 293 → auch: Neue Fries’sche Schule Janitscharenmusik 347 Japan, japanisch 310, 314, 325 Java, javanisch 310, 325 Juden 307 Jurisprudenz 6, 174, 196, 283, 404 → auch: Begriffsjurisprudenz; Rechtswissenschaft; sowie die Einträge zu: Begriffe; Begriffsbildung; Begriffssystem Juristen 197, 282, 284, 345, 455 Justiz, formale 285 → auch: Kadi-; Strafjustiz justum pretium 176 Kadijustiz 285 Kaiser, Kaisertum (röm.) 323, 328, 542 Kalkül –, kaufmännisches 127 –, zweckrationales 425 Kalkulation 215 Kalkulationslehre, rationale 380, 506 Kampagna, römische → Campagna Kameralistik 364, 479 Kampf, Kämpfe 75, 140, 157, 168, 367, 429 f., 482 –, soziale 546 –, tödlicher (der Werte) 469 → auch: Sprachkämpfe Kapital 372, 495

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– und Arbeit(skraft) 187, 193, 207, 372, 495 → auch: Aktienkapital Kapitalinvestition 372, 495 Kapitalismus 188, 227, 267 → auch die Einträge zu: Bedarfsversorgung; Betriebe; Entwicklung; Epoche; Erwerbsinteressen; Interessen Kartenspiel, Kartenspieler 408, 410 Kastenwesen, indisches 313 Kastration 175 Kasuistik 358, 361, 433, 473, 476 Katheder 195, 337–339, 342 f., 344–346, 348, 360, 365, 446–448, 451 f., 454–456, 458 f., 480 Kathederentscheidungen 341, 450 Kathedersozialisten, Kathedersozialismus 42 f., 184, 187–190, 191, 193–195 Kathedersuggestion 339, 449 Kathederwertung, Kathederwertungen 45, 338, 340 f., 343 f., 447, 449 f., 453 f. Kathederwertungsfreiheit 345 Katholizismus, katholisch 37, 140, 548 –, moderner 177 Kaufleute 549 Kaufmann, kaufmännisch 127 f., 133, 524 Kaufmannsseele 128 Kausalbetrachtung, empirische 354, 464 Kausalität 550 –, doppelseitige 554 –, psychophysische 164 –, soziale 31 Kausalkette, Kausalketten 123, 236, 401 f. –, empirisch-historische 490 Kausalsatz, Kausalsätze – Umkehrung des/von 370, 373, 493, 497, 509

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Kausalzurechnung, soziologische 67, 406 → auch: Zurechnung, kausale Kausalzusammenhang 38, 398, 554 → auch: Zusammenhang, kausaler Keuschheit 140 Kinder 144, 392 Kindererziehungssystem 327 Kindersterblichkeit 243, 254 Kirche, Kirchen 69, 310, 341, 415, 433, 435, 450, 543 –, christliche 49, 488 –, römisch/romanisch-katholische 140, 307, 311, 538 → auch: Priester, katholische –, russische 252 Klasse, Klassen 141, 216, 231, 372, 495, 546 – Lage der arbeitenden 59, 220 Klassenkonflikte 286 Klassenlage 50, 362, 372, 374, 477, 495 Klassenvorurteile 232 Klavier 489 Kleinbürger 309, 545 Kleinbürgerpartei 538 Knappheit (der Mittel) 265, 267 Kohlenenergie 161 Kollektivbegriffe 8, 283 Kollektivindividualität 543 Kollektivindividuum 154 Kolmar 308 Kommunikabilität 9, 26, 48, 72, 75, 485 Komponenten –, irrationale 396 –, kausale 307, 378, 503 Kompromiß, Kompromisse 57, 349, 356, 459, 469, 471 → auch: Interessenkompromiß Konfessionen 352, 463 Konfessionsinteressen 177 Konflikt, Konflikte –, ethisch-irrationale 60, 300

–, moralische 138 –, unaustragbarer 299, 355, 466 → auch: Interessen-; Klassen-; Pflichten-; Wertkonflikte Konfuzianismus 54, 363, 478 König 327, 436 Königgrätz (Schlacht bei) 289, 379 Konkurrenz 311, 421, 430, 548 –, ökonomische 161 → auch: Frequenzkonkurrenz; sowie die Einträge zu: Bedürfnisse; Werte; Wertungen Konservative 537 Konstellationen –, psychische 394 –, soziale 233 → auch: Interessen-; Machtkonstellationen Konstruktion, Konstruktionen –, logische 504 –, rationale 10, 379, 381, 393, 504, 508 –, rechtsdogmatische 287 f. –, theoretische 128, 508 –, utopische 379, 504 → auch: Begriffs-; Geschichtskonstruktionen Konstruktionsmittel, rationale 290 Kontemplation 267, 381 –, buddhistische 393 Konvention, Konventionen 75, 352, 416, 425 –, feudale 426 –, gesellschaftliche 410 → auch: Standeskonventionen Konventionsgemeinschaft 411 Korinthen-Reis-Vernichtung 207, 208 Korporation, Korporationen 543 Kosten (ökonomische) 161, 176, 215 f. Kreise –, klerikale 345, 454 –, (soziale) 536, 542, 547–549 – von Menschen 421 → auch: Interessentenkreise Kreuzzüge 326

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Krieg, Kriege 52, 245, 323, 346, 456, 510 – von 1866 378 → auch: Weltkrieg, Erster Kriegsformen 511 Kriegsführung 430, 503 Kriegsprinzipien 511 Kriegsvölkerrechtsverband 418 Kritik 479 – der praktischen Vernunft 47, 284, 294, 354, 466, 468 – des ethischen Formalismus 301 –, logische 18 – soziologischer Erkenntnis 3 –, wissenschaftliche 79, 351, 461 → auch: Erkenntniskritik Kroaten 307 Kultur 140, 159 f., 168, 172, 309, 323, 367, 482 –, antike 160 – Begriff der 312 – des Altertums 245 – Energiebilanz der 169 – Fortschritt der 550 – Internationalität der 200 –, literarische 310 –, moderne 48 –, (moderne) künstlerische 232 f. –, nordeuropäische 489 –, okzidentale 77 –, subjektivistische 59, 212 Kulturbedeutsamkeit, kulturbedeutsam 130, 469 Kulturbedeutung 12 Kulturelemente 39, 247, 309 Kulturentwicklung 158, 161, 229 f., 235, 326 Kulturerscheinungen 162, 252 Kulturfaktor(en) 169, 305 Kulturfortschritt 160 Kulturgemeinschaft 231, 310, 312 Kulturgeschichte, kulturgeschichtlich/ -historisch 35, 49, 129, 230, 234, 336, 399, 490

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–, vergleichende 229 Kulturgesichtspunkte 350, 459 Kulturgüter 39, 310, 312, 455 Kulturideale 46, 354 f., 446 Kulturinhalte 326 Kulturinteressen 361, 475 Kulturreformer 342, 451 Kultursoziologie, materiale ökono­ mische 63 Kulturtheorien, energetische 15 Kultur-Überbauten 227 Kulturwertbezogenheit 491 Kulturwerte 288, 466 –, intellektuelle 235 –, universelle 133 Kulturwertungen 46, 340, 450 Kulturwissenschaft, Kulturwissenschaften 8, 40, 168, 172, 180 f., 360 –, (energetische/nach Ostwald) 164, 166 f. –, historische 360 Kunst 48, 86, 154, 169–172, 232 f., 252, 309, 325, 369, 485 f., 489 f. –, hellenische 325 –, moderne naturalistische 231 → auch die Einträge zu: Entwicklung; Kultur Kunstbetrachtung 369, 485 –, energetische 171 Kunstgeschichte, kunstgeschichtlich 50, 230, 487, 491 f. –, (rein) empirische 486 f. Kunsthistoriker 490 Kunstsoziologie, kunstsoziologisch 63, 487 –, empirische 49, 486 Kunstwerke 155, 172, 280, 486 f., 489 Kunstwollen 485–487 Lage, Lagen –, innere 393, 417, 426 → auch: Gefühls-; Stimmungslage –, soziale 248 → auch: Interessen-; Klassenlage

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Latein, Lateinisch 173, 310 Leben –, gesellschaftliches 252, 439 –, (menschliches) soziales 211, 290 –, politisches 116 – Sinn des 107 – Verlängerung des 455 → auch: Alltags-; Gesellschafts-; Seelen-; Trieb-; Wirtschaftsleben Lebensbedingungen 129, 353, 399, 464 Lebensentscheidungen, letzte höchst persönliche 339, 449 Lebensformen (gesellschaftliche) 308, 489 Lebensführung 56, 232 Lebensideale, technologische 235 Lebensprobleme 91, 338, 448 Lebensstil 412 –, bürgerlicher 548 Legalität 69, 411, 426 Legalitätseinverständnis 423, 428 Legalitätserwartungen 425 Lehrsätze (der ökonomischen Theorie) 17, 128, 130, 163 Lehrstühle 345, 454 Leistung, Leistungsfähigkeit (psychophysisch) 113, 136, 218, 322 → auch: Arbeitsleistungen Lettland, lettisch 311 Liberale 537 Libertinismus, libertinistisch 142 Liebe 142, 144, 300, 342, 452, 532 f. → auch: Erotik; Menschen-; Nächstenliebe Liebesakosmismus 400 Literaten, Literatenprodukt 511 f. Literatur 309 f., 312 Literatursprache 310, 314 –, einheitliche 39, 310 Logarithmenkurve, logarithmische Kurve 120, 123 f.

Logik 3, 56 f., 81 f., 208 f., 287, 357 f., 364, 377 f., 380, 473, 490, 502, 506, 557 – Geschichte der 58, 377, 398, 403, 500 –, mittelalterliche 377, 500 Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur 47, 62, 90, 334, 382, 384–388, 441 f., London 233 Lösungen (chemische) 148 Lust, Lustgefühle 118, 394 Lyrik 232 f., 310 –, erotische 310, 314 Macht 89, 247, 255, 349, 511, 528 –, faktische 435 –, legitime 53, 510 –, politische 528 –, soziale 395, 545 → auch: Oktroyierungs-; Staatsmacht Machtinteresse, Machtinteressen 346, 362, 375, 429, 476 Machtkonstellationen 372, 495 Machtmittel 379, 430, 504, 510 Machtverhältnis, Machtverhältnisse 25, 178, 552 Magie, magisch 370, 397, 440, 492 f. Majorisierung 544 Majorisierungsprinzip 436 Malerei 171, 214, 489 –, moderne 233 Manchesterleute 193, 345, 454 Manchestertum 43, 193 Männer 139–141, 143 f. Männerbünde 547 Mannigfaltigkeit – des Empirischen 381 –, empirische 130 Markgenossenschaft 324 Markt 381, 416–419, 429 → auch: Gütermarkt Marktgemeinschaft 429 Marktinteressenten 429

Sachregister

Marktprinzip 372, 495 Markttausch 373, 496 Marktversorgung, Prinzip der 373, 496 Marxisten 193, 345, 454 Maschine 131 f., 160, 168, 215, 217, 227, 229, 322, 440, 556 → auch: Dampf-; Dynamomaschine Massen 308–310, 420, 439, 528, 543 → auch: Menschenmassen Massenerscheinungen 17, 416 Massenglauben 257 Massenhandeln 420, 439 massenpsychologisch 420 Massensuggestion 420 Materialismus 124 – Kritik des historischen 63 → auch: Geschichtsmaterialismus; sowie die Einträge zu: Geschichtsauffassung; Geschichtsdeutung – Theorie des ökonomischen 399 Mathematik 380, 506 Maxime, Maximen 380, 505 –, ethische 56, 468 Mechanik 109 Mehrheit 436, 542 Mehrheitsherrschaft 544 Mehrzahl-Herrschaft 542 Meinung, Meinungen –, öffentliche 143 –, religiöse 354, 465 Meister 215, 545 Menge 543 → auch: Masse; Menschenmassen Mensch, Menschen –, empirischer 460 –, isoliert gedachter 128 –, moderne europäische 487 – Sterblichkeit der 395 –, wirtschaftlicher 132 → auch: Fach-; Wirtschaftsmenschen; Wissenschaft vom Menschen Menschenbehandlung 493

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Menschenbeherrschung 493 Menschenglück 219 Menschengruppe 207, 365, 395, 435, 481, 500 Menschenliebe 244 Menschenmassen 543 Menschenökonomie 366, 482, 521 f. Menschenrassen 248 → auch: Rassen Menschenrechte 57 Menschenwürde, Stigma der 59, 212 Menschlichkeit 543 Mensur → Bestimmungsmensur Merkelsches Gesetz 119 Meßbarkeit 154 –, rein quantitative 152 Metaphysik, metaphysisch 55, 57, 150, 153, 469 f., 552, 555 → auch die Einträge zu: Prämissen; Probleme Methode, Methoden 125, 187, 301 –, individualistische 18, 27–29, 90 – kausaler Zurechnung 391 –, moderne 166 f. –, soziologische 15, 108, 151, 551 –, subjektivierende 30 –, universalistische 27, 78 → auch: Soziologie als Methode Methodenlehre 163 Methodenstreit (Nationalökonomie) 7, 13 → auch: Werturteilsstreit Methodik 7, 33, 63, 65, 71, 101, 246, 384, 462 Methodologie, methodologische Erörterungen 29, 35, 63, 81, 196, 301, 490 Mexiko 283 Mikroskopie (psychologische) 28, 531 Milieu 18, 30, 319 Mir (russischer) 436, 544 Mithandeln 539 Mithandelnde 424

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Sachregister

Mittel – als Kategorie 130, 208 – Anpassung der 365, 480 –, asketische 267 – Begriff 362, 476 – Knappheit der 265, 267 –, ökonomische 497 –, technische 486, 489 –, technisch richtigstes 497 – und Bedürfnis (Relation) 264–268, 289 – und Nebenerfolge/-folgen 209, 288, 299, 356, 359, 362, 366, 373, 470 f., 473 f., 477, 481 f., 497, 509 – und Zweck 11, 113, 209, 348, 351, 356, 359, 362, 366, 373, 381, 392, 461, 471, 474, 482, 496–498, 509 f. Mittelalter, mittelalterlich 23, 243 f., 254, 267, 311, 326, 376 f., 436, 488, 500, 543, 548 f., 551 Moderne → die Einträge zu: Betriebsform; Europa; Großstadt, Katholizismus; Kultur; Kunst; Malerei; Menschen; Methode; Naturwissenschaften; Orchestermusik; Proletariat; Technik; Therapie Möglichkeit, objektive 68, 268, 390, 409, 422 Möglichkeitsurteil, objektives 406, 410 Moment, kausales 40, 314, 398 Monarchie 346, 456 Mönchsideal 140 Mönchtum (des Abendlandes) 488 Mongolensturm 430 Mongolentum 144 Monogamie, monogam, monogamisch 140–143 Moral 138 –, feminine/des Feminismus 140, 144 –, private und politische 467 → auch: Familien-; Sexualmoral Moralismus 59 f., 141

Mormoneneinwanderung 366, 481 Mormonenethik 366, 481 Motiv, Motive 382, 556 –, kämpfende 121 –, letzte 354, 464 –, vorgeschobene 399 Motivationsketten 400 Motivationsverkettungen, sinnhafte 402 Münster 139 Münsterbergiana 30, 84, 533 Musik 48, 154, 234 f., 325 f., 487–489 –, chinesische 326 – „Geist“ der 235 –, harmonische 487 f. – Rationalisierung der 487 f. → auch: Janitscharen-; Orchester­ musik Musikgeschichte 48, 234 f., 403, 487, 489 –, empirische 489 Musiklehre, pythagoreische 376, 500 Musikrationalisierung 48 → auch: Musik, Rationalisierung der Musiksoziologie 49 Musiksystem, harmonisches 326 Nachahmung 78, 420–422 Nachprüfung, statistische 376, 402, 500 Nächstenliebe 243 f. Nahrungsbedürfnisse 120 Nation 38, 307, 310, 313, 375, 456, 478 – Begriff 40, 307, 312 – Erziehung der 187 – Interessen der 346, 456 – Lebensfragen der 346, 456 – Weltinteressen der 456 Nationalgefühl 38, 307, 309–311 Nationalität, Nationalitäten 38, 307, 310, 314, 326 f. Nationalitätenbeziehung (rechtlich) 318

Sachregister

Nationalökonom, Nationalökonomen 104, 126, 181, 265 –, soziologischer 90 Nationalökonomie 14, 35, 61, 111, 113, 121 f., 126, 162, 164, 211, 213, 220, 289, 336, 381, 456, 460, 513 f., 524 –, ethische 45, 184, 218, 329, 340, 347, 457 –, historische 7, 183, 340, 382 – historische Schule der 117 – österreichische Schule der 88, 116, 129 –, systematische 53, 89, 381 –, theoretische 13, 29, 112, 202, 378, 503, 515 → auch die Einträge zu: Disziplin; Methodenstreit; Preis- und Rententheorie; Wertlehre Nationalstaat 320 Nationalstolz 326 Natur 127, 282, 301, 532 –, physische 392 –, sinnfremde 404 Naturalismus, Naturalisten, naturalistisch 8, 16, 37, 135, 154, 156, 162, 170, 174, 181, 231 Naturforscher 212, 214 Naturrecht, naturrechtlich 117, 175 Naturvorgänge, Vorgänge der Natur 395, 406 Naturwissenschaften, naturwissenschaftlich 14, 21, 40, 42, 125 f., 166, 173 f., 176, 180 f., 195 f., 199, 214, 282, 395 –, moderne (exakte) 178, 200 Nebenerfolg, Nebenerfolge → Mittel, Nebenerfolge Neger 39, 248–250, 256 f., 308 f., 313 Negergeruch 249, 308 Nervenzellen 132 Neue Fries’sche Schule 292–294 Neuzeit 227, 244, 551 New Orleans 249

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Nihilismus 550 Nivellierung (soziale) 540 Nomothetisches, nomothetisch 9, 17, 196, 551 Nordamerika 177, 248, 309, 327 → auch: Vereinigte Staaten von Amerika Nordpol 217 Nordstaaten 249 f., 257 Norm, Normen 50, 52, 281, 287, 352, 402 f., 405, 423, 462, 510, 540, 545, 550, 556 –, ethische 299 –, formale 356 –, gesetzliche 284 –, ideale 284 –, inhaltliche 356 → auch: Glaubens-; Möglichkeits-; Rechts-, Verfassungsnorm; sowie die Einträge zu: Dignität; Ethik; Geltung; Gültiges; Ökonomie: Richtiges: Richtigkeit; Sozialwissenschaft; Soziologie; Wissenschaft Normgebundenheit 174 Normwissenschaft, soziale 556 Notenschrift, rationale 488 Nothilfehandeln 424 Nutzenergie 152, 157, 159 – des Individuums 151 –, individuelle 152 –, soziale 151 f. Nutzwert, sozialer 155 Objektivation 428 Objektivationssysteme 27, 552 objektive Möglichkeit objektives Möglichkeitsurteil 406, 410 Objektivität 41, 349, 459, 545 → auch: Möglichkeit; Möglichkeitsurteil, objektives öffentliche Meinung 143 Öffentlichkeit 195, 341, 343, 450, 453

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Ökonomie 14 f., 47, 53, 159 –, kausal-deskriptive 203 f., 213 –, normative 203 f., 213 –, politische 64 → auch: National-; Sozialökonomie Oktroyierung 434–436 –, autonome 435 Oktroyierungsgewalt 435 f. Oktroyierungsmacht 436 Okzident 49, 488 → auch: Abendland Optimum 123, 131–133, 158, 204, 371, 494 → auch: Rentabilitätsoptimum Optimumprinzip 131 Orchestermusik, moderne 230 Ordnung, Ordnungen 65, 67 f., 408–427, 430–435, 437, 439 f., 483 –, autonome 415 –, empirisch geltende/empirische Geltung der 68, 409, 411, 415, 422 –, gemeinwirtschaftliche 418 –, gesatzte 408 f., 418, 433, 435, 439 –, gesellschaftliche 85 –, heteronome 415 – Inhalt der sozialen 228, 536 –, konventionelle 411 –, legitime 69 –, rationale 427, 432–434, 437, 439 f. –, vereinbarte 412 f., 416 f., 419, 422 f. –, zweckrationale 77, 437 –, zweckrational gesetzte/geschaffene 409, 438 –, zweckrational vereinbarte 418 –, zweckverbandsmäßige 437 → auch: Gesellschafts-; Rechts-; Sexual-; Wirtschaftsordnung Organe 413, 415 f., 427, 439, 510 → auch: Anstalts-; Verbands-; Vereinsorgane Organisation, Organisationen 366, 481, 541, 547 –, autoritäre 345, 454 –, marktmäßige 373, 496

–, rationale gesellschaftliche 427 –, staatliche 308 Organismus, Organismen 132, 151 f., 155, 163, 419, 529, 535 Orient 230, 544 Ornamentik 325 Österreich, österreichisch 289 f., 308 f., 311 f. Österreichische Schule, „Österreicher“ → Nationalökonomie, österreichische Schule der Oxidationsprozesse 151, 154 f., 161 Pädagogik 82, 176 Panik 289, 420 → auch: Börsenpanik Parallelismus 164 –, psychologischer 124 –, psychophysischer 153 Parteien (politische) 535, 537 f. Parteiführer 436 Parteinahme, pseudo-wertfreie 344, 453 Parteiwertungen 454 → auch: Wertungen, parteipolitische Parteiwesen 547 Pastorenideal, germanisch-protestantisches 140 patrimonial → Gebilde, patrimo­ niales politisches Patrimonialherren 436 Pazifismus 150 perpetuum mobile 163 Persönlichkeit 342, 452, 540 f. – Recht der 341, 450 → auch: Rechtspersönlichkeit Persönlichkeitskult, modischer 343, 452 Persönlichkeitswertung 469 Pflichtenkonflikt 299 Phänomenologie 74, 82 f. Philosophie 2 f., 12, 49, 81, 103, 491, 503 –, antiphilosophische 197

Sachregister

–, deutsche 512 → auch: Geltungs-; Geschichts-; Rechts-; Sozial-; Wertphilosophie Physik 109, 370, 492, 534 → auch: Psychophysik physio-energetisch 152, 154 f. physiologisch 123, 131, 133, 393, 538 Pietät 435 Pietismus, rationalistischer 141 Plantagen-Kapitalismus 250 Polen, polnisch 256, 311, 314, 318, 327 Politik 189, 363, 468, 478, 480, 510 – als Disziplin 283, 336 – wissenschaftliche Behandlung der 508 → auch: Handels-; Herrscher-; Real-; Rechts-; Sozial-; Universitäts-; Wirtschaftspolitik Politisch-Anthropologische Revue 134, 143 Polyandrie 140 Polygynie, polygyn 138–141 Polyphonie 487 f. Polytheismus 56, 469, 543 Positivismus 153, 155, Postulat – an Wertdiskussion 336, 457 – der Trennung von empirischer Arbeit und praktischer Wertung 347 f. – des Seinsollens 372, 496 –, praktisches 51, 359, 474 → auch: Gerechtigkeits-; Wertpostulate Prädestinationsglaube 400 f. Pragmatik 51, 372, 491, 508 Pragmatismus 197, 199 f. Praktiker 187 f., 193, 509 Prämissen –, ethische 356, 467 –, metaphysische 364, 480 Präsentationspatronat 344, 454 Preis, Preise 217, 154, 515 Preisbildung, Preisbildungstheorie 129 f., 381

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Preiskampf, Preiskampfposition 372, 418, 495 Preislehre, rein theoretische 130 Preistheorie, nationalökonomische 125 Presse 420 Presseenquete (DGS) 87 Presse-Öffentlichkeit 341, 450 Prestige 52, 510, 540 Prestigegefühl 355, 467 Preußen, preußisch 102 f., 192, 289, 379 Priester, Priesterschaft, Priestertum 28, 243, 531, 533 –, katholisches 548 Priesterseminar 455 Priestertherapien, magische 493 Prinzip, Prinzipien –, heuristisches 179, 287, 290, 291 –, holländisches 344, 454 –, logisches 183, 403, 446 –, objektives 545 –, rationales 437 –, sachlich-rationale 550 –, technisch rationale 371, 494 –, wirtschaftliches 289 → auch: Kriegs-; Majorisierungs-; Markt-; Optimumprinzip Privatwirtschaft, privatwirtschaftlich 189, 207, 216, 428 Privilegien 546 Probleme –, logische 107, 382 –, metaphysische 107 –, praktische 227 –, sozialpolitische 355, 466 –, soziologische 88, 106 –, technische 486 –, technisch-rationale 488 → auch: Begriffsbildungs-; Geschlechtlichkeits-; Lebens-; Rassen-; Seins-; Wert-; Wertungsprobleme Problemvermischung 51, 508

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Problemverschlingung(en) 51, 503, 507 Produktionslehre, ökonomische 180 Produktionsmittel 271 – Vergesellschaftung der 415 Produktivität 58 f., 187, 201–203, 206, 207, 211, 220 – Begriff der 43, 203, 206, 209 f., 219 –, volkswirtschaftliche 58, 183 f., 203, 206, 209 Produktivitätsbegriff 215 f., 329, 360 Professoren-Prophetie 45, 341, 450 Proletariat 312, 362, 477, 545 f. –, intellektuelles 311 –, modernes 231 Proletarier 309, 549 Propheten 341, 347, 433, 436, 457 –, pseudowertfreier 45, 348, 457 –, offiziell beglaubigte 341 –, staatlich beglaubigte 450 Prophetie 341, 348, 450, 457 –, persönliche 341, 451 → auch: Professoren-Prophetie Protestantismus, protestantisch 37, 140, 313 → auch: Prädestinationsglaube; Puritanismus Prozeduren, magische 440 Psychoanalyse 73, 398 psychologia rationalis 382 Psychologie 4, 23, 28, 72, 117, 122, 394, 396, 401, 547, 552 –, experimentelle 83 –, naturwissenschaftliche 113 –, psychophysische 83, 113 –, verstehende 73, 382, 386, 397 f. → auch: Arbeiter-; Börsen-; Experimental-; Individual-; Massen-; Rassen-; Sozialpsychologie; sowie die Einträge zu: Gesetze; Parallelismus; Verstehen Psychologisches 25, 73, 399, 531, 538 Psychologismus 10 f., 82 f.

Psychopathologie, psychopathologisch 73, 167, 386 Psychophysik, psychophysisch 14, 122, 127, 131–133, 166, 326, 365, 393, 481 → auch die Einträge zu: Grundgesetz; Kausalität; Parallelismus; Psychologie Puritanismus 141 Qualifikation, Qualifikationen 339, 448 –, rein fachliche 341, 451 Qualitäten, soziologisch relevante 395 → auch: Rassenqualitäten Queteletismus 15, 150 Rasse, Rassen 144, 238, 240, 244–249, 252, 255, 308, 420 – Begriff der 36, 38, 237, 245 f., 248 – und Gesellschaft 247 – und Kunst 325 → auch: Herren-; Menschen-; Vitalrasse Rasse… → Rassen… Rassenbegriff 247 f., 259 Rassenbeziehungen 249 Rassenbiologie, rassenbiologisch 238, 241, 245, 251, 254, 258, 259 Rassendifferenzen 260 Rasseneinflüsse 539 Rassenfanatiker 38, 308 Rassengemeinschaft 420 Rassengenossen 424, 427 Rassenhygiene, rassenhygienisch 36, 238 f., 243 f., 253 f. Rassenhypothesen 324 Rasseninstinkte 249 Rassenmystik 38, 312 Rassenprobleme 258, 322 Rassenqualitäten 248, 324, 327 Rassenreinheit 324

Sachregister

Rassentheorie 38, 136, 241, 246, 320, 323 f., 326 Rationales 50–52, 72–74, 130, 382, 403, 499, 538 – Ausschaltung des 25, 546 → auch: Irr-; Zweckrationales; sowie bes. die Einträge zu: Begriffsbildung; Betrieb: Deutung; Erkenntnis, Fortschritt; Handeln; Ideal­ typus; Konstruktion; Ordnung; Organisation; Prinzip; Sphäre; Vergesellschaftung Rationalisierung, Rationalisierungen 47, 49, 76 f., 91, 142, 368, 370, 374 f., 403, 437, 439 f., 484, 488 f., 492, 498, 512 –, subjektive 492 –, technische 48, 50, 498 Rationalismus –, (abendländischer) 488 – der okzidentalen Kultur 77 –, ökonomischer 289 –, technischer 487 → auch die Einträge zu: Aufklärung; Pietismus Rationalität 75, 373, 399, 402, 497, 538 –, logische 380, 505 –, qualitative 10, 26, 72 –, subjektive 374, 497 –, technische der Mittel 492 → auch: Irr-; Richtigkeits-; Zweck­ rationalität Rationalitätsgrad 373, 497 Realpolitik 363, 365, 468, 478, 480 Rechenexempel 374, 498 Rechenverfahren 376, 500 Recht 36, 75, 426 – als Form sozialen Lebens 273 – als Objekt der Soziologie 405 – Begriff des 262, 269, 410 –, englisches 287 –, formales 275 – Geltung des 345, 455

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–, öffentliches 414 –, privates 344, 454 –, römisches 197, 279, 291 –, staatlich garantiertes 509 –, staatsbürgerliches 42, 194 – und Wirtschaft 270–272, 286 f. → auch: Anstalts-; Ehefrauen-; Familien-; Privat-; Staats-; Vereins-; Völkerrecht Rechtsbegriffe 283, 311 –, dogmatische 506 Rechtsbewußtsein 287 Rechtschaffenheit, intellektuelle 339, 448 Rechtsdogmatik, rechtsdogmatisch 282, 287–289, 380 f., 505 f. Rechtsformen 439 Rechtsgemeinschaft 411 Rechtsgarantien 373, 496 Rechtsgeschichte 35, 286–288, 336, 380 f., 505 f. –, empirische 381, 506 – Soziologie der 286 Rechtsgleichheit 174 f. Rechtsinterpretation 278 Rechtslehre 345, 455 –, soziologische 269 Rechtsnorm, Rechtsnormen 173 f., 274, 280, 283 f., 286, 438 Rechtsordnung 123, 157, 175, 271 f., 416 Rechtspersönlichkeit 404 f. Rechtsphilosophie 12 Rechtspolitisches, rechtspolitisch 280, 285, 371, 380, 505 Rechtsprechung 274 f., 285 –, schöpferische 275 Rechtsquelle 287 Rechtssatz, Rechtssätze 270 f., 281 f., 404 f. – empirische Geltung von 68 f., 405 – Gelten/Geltung eines 282, 287 Rechtsschule, freie 278 → auch: Freirechtsschule

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Rechtssoziologie 275, 506 Rechtstechnik 371, 494 Rechtsvergesellschaftung 418 Rechtswissenschaft 18, 262, 264, 269, 273, 283 → auch: Jurisprudenz; Juristen; Wissenschaft, juristische Reform → Kultur-; Sexualreformer Reformbestrebungen, moderne sexuelle 142 Reformkonzilien 311 Regel, Regeln 425 –, formale 299 –, generelle 77, 415 –, zweckvoll vereinbarte 419 → auch: Spielregeln Reiz, Reize 14, 117–119, 121–124, 127 f., 130 f., 326 –, unter- und übermerkliche 119 → auch: Sinnesreize Reizhöhe 111, 119 f. Reizschwelle 119 f., 131 f. Reizzuwachs 112, 119, 131 Relativismus 57, 470 Religion 37 f., 86, 313, 383, 512 –, christliche 244 Religionsunterricht 177, 394 Religiöses 428 → auch die Einträge zu: Bedingungen; Bedürfnis; Gemeinde; Gemeinschaft; Glauben; Glaubensnorm; Interessen; Meinung; Sekte; Sichverhalten; Überzeugungen; Verhältnis Religiosität 244, 397 –, mystisch-kontemplative 400 Renaissance(zeit) 173, 328, 488 Renaissance-Gesellschaft 489 Renaissancestil 487 Rentabilität 128, 206, 208, 218, 322, 372, 394, 495 Rentabilitätsinteresse, -interessen 371, 373, 375, 494, 496 –, geschäftliche 337

–, privatwirtschaftliche 207 Rentabilitätsoptimum 373, 496 Rentabilitätsrechnung 218 Rentabilitätsstandpunkt 372, 495 Renteninteressen 375 Rententheorie, nationalökonomische 125 Ressentiment (Nietzsche) 399 Revolution, russische 1905 318 Richter 174, 274, 278, 281 f., 284 f., 287, 438 – in England 285 → auch: Schiedsrichter Richtigkeit, Richtiges –, empirische 379, 504 –, logische 379, 504 –, normativ(e) 50 f., 501 f., 505 –, objektiv-technische 497 f. –, rationale 379, 504 –, technische 370, 374, 493 Richtigkeitsrationalität 71, 73, 396, 399, 402 –, faktische objektive 398 –, objektive 396, 401 –, technische 399 → auch die Einträge zu: Handeln Richtigkeitstypus 73, 392, 398, 400, 402–404 Ritterorden 243 Ritterschaft 326 Ritterstand 548 Robinsonade 428 Rom (antikes), römisches Reich, Römer 38, 177, 207, 230, 245 f., 255, 323 f., 328, 353, 464, 540, 542 – Untergang des 38, 323 → auch: Recht, römisches Rom (Kirche) → Kirche, römisch/ romanisch-katholische Rom (Stadt) 97, 332, 334 Roman, Verbürgerlichung des 325 Rußland, russisch 252, 253, 311, 318, 436, 542, 544

Sachregister

Sachgüter 122, 228, 268, 393, 412 Sachlichkeit 341, 450, 468, 543 Sachverhalte –, empirische 358, 360, 473 –, logische 301, 347, 361, 457 –, rein empirische 337, 446 –, rein logische/logisch erschließbare 337, 446, 475 –, soziologische 106 Salt Lake 366, 481 Sancho Pansa 364 Sättigung → Bedürfnisse, Sättigung von Sätze –, abstrakte 163, 469 –, formale 355, 466 –, hypothetische 163 –, logische 300, 402 –, mathematische 402 –, teleologische 509 → auch: Axiome; Kausal-; Lehrsätze Satzung 67, 75, 77, 408, 412, 415, 426, 431, 433–437, 540 –, gültige 436 –, oktroyierte 435 –, rationale 432 f. –, zweckrationale 434 Schädelindex 395 Schichten 129, 311, 372, 495, 528 → auch: Herrenschichten Schiedsrichter 538 Schlesische Zeitung 190, 191 Schmollers Jahrbuch → Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft Schönberg → Handbuch der politischen Ökonomie Schriftvergesellschaftung 428 Schuld (ethische) 60, 299, 355, 466 Schulung, fachmäßige 339, 448 → auch: Fachschulung Schwarze 36, 250, 308, 309 → auch: Neger Schweiz, Schweizer 309

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Schweizer Gesetzbuch 284 Seele 56, 301, 368, 470, 484, 533 Seelenleben 231, 547 Sein –, empirisches 501 –, wirtschaftliches 187, 193 – und Sollen 8, 59, 139, 184, 372, 495 Seinslehre 82 Seinsollen 58, 145, 153, 208, 210, 372, 496 –, wirtschaftliches 187, 193, 195 Seinsollendes 149, 162, 187, 211, 214 – und Seiendes 8, 187, 203, 210, 213 Seinssphäre 52, 508, 510 Seinsprobleme 107 Seinswissenschaft, soziale 556 Sekte, Sekten 313, 412, 540 Selbstdisziplin 339, 449 Selbstverwaltung 327 Serben 307 Sexualethik 58 f., 134–136 Sexualmoral 134–136, 139 f., 142 –, abendländische 140 –, biologisch orientierte 144 –, doppelte 140 –, kulturelle 139 f. –, monogame 140 –, natürliche 139 – Reform der 143 Sexualordnung 140, 144 Sexualphantasie 232 Sexualtrieb 140 – Rationalisierung des 142 Sichverhalten –, magisches religiöses 397 –, massenbedingtes 420 f. –, rational deutbares 393 –, rationales 370, 493 –, sinnhaft deutbares 404 –, subjektiv sinnhaft orientiertes 398 –, zweckrationales 391 f. → auch: Handeln; Verhalten; Wissenschaft, vom menschlichen Sichverhalten

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Siedlungstechnik 327 Sinn 56, 80, 107, 175, 179, 282, 301, 405, 438, 471, 544 –, heterogener (von Problemen) 489 –, logischer (des Urteils) 25, 538 –, normativ richtiger 501 –, objektiv gültiger 24, 98, 391 –, subjektiv gemeinter 24, 32, 71, 78, 381, 391, 393 f., 407, 422 Sinnbezogenheit, -heiten –, gesinnungshafte 397 –, mystische 397 –, subjektive 395, 426 → auch: Handeln, sinnhaft bezogenes Sinndeutung –, harmonische 487 –, objektive 404 Sinnesreize 119 Sinngehalt –, objektiver 405 – subjektiv durchschnittlich als gemeint vorausgesetzter 413 –, subjektiv erfaßter 423 –, subjektiv gedeuteter 409 – subjektiv geglaubter Wert eines 407 sinnhaft → die Einträge zu: Deutung; Handeln; Motivationsverkettungen; Sichverhalten; Verhalten; Zusammenhänge Sippe 86, 324, 383 –, exogame 424 Sippengenossen 424 Sitte 75, 144, 426, 536 → auch: Einstellung, sittliche Sittengesetz 347, 457 Skalden 325 Sklaven 250, 255, 309 Solidarität 429 f., 548 Sollen 508, 524 → auch: Sein und Sollen Sonnenstrahlen 109, 159, 168

Sonnenstrahlen-/Sonnenstrahlungsenergie 158–161 Sonnensystem 251 Sozialdarwinismus 134, 150, 238 Sozialdemokratie 191, 537 Soziales 13, 23, 32 f., 539 – allgemeine Theorie des 32 Sozialethik 12 Sozialismus, sozialistisch 150, 231, 247, 271 f., 355, 415, 511, 546 → auch: Kathedersozialismus Sozialisten (Auschluß von) 345, 455 Sozialität 78 Sozialnutzbarkeit 152 Sozialökonomik 13, 85, 393 Sozialphilosophie 552 Sozialpolitik, sozialpolitisch 58, 87, 156, 194, 220, 244, 344, 355 f., 380, 453, 466 f., 470, 505, 508 Sozialpolitiker 219, 374 Sozialpsychologie, sozialpsychologisch 23, 531, 538 f. Sozialwissenschaft(en) 40, 45, 63 f., 264, 441, 556 –, allgemeine 12 f., 18 –, empirische 18, 44, 387 –, normative 214, 521 sozio-energetisch 153 f. Soziologe, Soziologen 17 f., 21, 79, 90, 101, 108, 230, 414 Soziologentage → Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Erster/ Zweiter Soziologentag Soziologie 12, 16, 18, 21 f., 30, 34, 61, 70, 77, 86–88, 90, 108 f., 151, 153, 168, 179, 235 f., 248, 283, 286, 336, 393, 397 f., 399–405, 409, 419, 456, 460, 528, 530 f., 534, 539, 552, 554 – als Methode 528 – Begriff 84, 108 – Begriffe/Sprache der 282, 403 f. –, inhaltliche 426 –, naturwissenschaftliche 146 –, normative „positive“ 155

Sachregister

– Sich-Bekreuzigen vor dem Namen der 20, 105 –, verstehende 6 f., 35 f., 53, 61, 64–68, 71 f., 74, 78–81, 84, 90 f., 381 f., 385 f., 393–396, 401, 404, 406 → auch: Kultur-; Kunst-; Musik-; Rechts-; Wirtschaftssoziologie Soziologismus 31 Spanier, spanisch 544 f. Sparta, spartanisch 547 Sphäre, Sphären – des Handelns 428, 440 – des Irrationalen 379, 505 – des politischen Handelns 355, 466 – des Rationalen 369 –, ethische 300, 468 –, intellektuelle 154 –, ökonomische 497 → auch: Gefühls-; Geltungs-; Seins-; Wert-; Wertungssphäre Sprache 172 f., 177, 309–311, 327, 538 –, nationale 311 –, sakrale 429 –, ständische 429 → auch: Geheim-; Literatur-, Volkssprache Sprachenkämpfe 173, 309–311 Sprachgemeinschaft 309, 419, 421, 427, 429, 432 Sprachvergesellschaftung 428 Staat 48, 52 f., 69, 90, 307–311, 341, 435, 450, 509–511, 529, 531, 541, 543 – als (soziologischer) Begriff 53, 404 f., 415, 417, 432 –, nationaler 40, 314 → auch: Bienen-; National-; Tier-; Zukunftsstaat; sowie die Einträge zu: Anstalt; Machtinteressen; Organisation; Propheten; Recht; Zweckapparat Staatsanstalt 433 Staatsbeamte 510

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Staatsbürger, staatsbürgerlich 45, 194, 342, 451 Staatsformen 327 Staatsgewalt 282 Staatsideale 511 Staatslehre –, soziale 90 –, soziologische 86, 383 Staatsmacht 373, 496 Staatsraison 311 Staatsverfassung, radikal-demokratische 362, 476 Stammlerei 557 Stand, ständisch → Ritterstand; Sprache, ständische Standesehre 549 Standeskonvention 425 Statistik, Statistiker, statistisch 79, 375 f., 401 f., 499 f., 539 → auch: Geburtenstatistik Stellungnahme, Stellungnahmen –, bewertende 451, 460 –, innere wertende 280 –, „letzte“ 349, 361 f., 365, 459, 477, 480 –, parteipolitische 195 –, praktische 63, 338, 352, 448, 463 –, praktisch wertende 34, 38, 44, 337, 350, 358 f., 460, 473 –, sinnhafte 361, 476 –, subjektive 342 –, subjektive praktische persönliche 280 –, wertende 24, 352, 358, 463, 473 Stil –, gotischer 234, 487 –, romanischer 487 → auch: Renaissancestil Stilästhetik 148 Stimmungslagen, qualitative 399 f. St. Louis 249, 257 Strafjustiz 286 Strafprofessur 192 Strahlenmengen 110

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Sachregister

→ auch: Sonnenstrahlen Sublimierung, sublimiert 15, 17, 124, 127, 140 f., 144, 164, 310 Subjektivität (der Person) 227 → auch: Wertung, Subjektivität der Südstaaten (amerikanische) 249, 257 Symbolik 552 Syndikalisten 362–364, 477, 479 f. Syndikalismus 364, 468, 479 System, Systeme –, funktionelle 557 –, kopernikanisches 162 –, philosophische 379, 504 –, ptolemäisches 162 → auch: Begriffs-; Gesetzes-; Kindererziehungs-; Musik-; Objektivations-; Teilsysteme Systembildung, rationale 515 Tanztakt, Rationalisierung des 489 Tastsinn 119 Tatsache, Tatsachen –, empirische 38, 44, 350, 448, 460 –, historische 38, 198, 368 –, kulturhistorische 129 –, persönlich unbequeme 342, 451 –, soziale 350, 459 –, statistische 539 Tatsachendarstellung 43, 281 Tatsachenfeststellung 193 –, empirische 339, 352, 462 f. –, objektive kühle 227 –, rein empirische 448 Tatsachen(er)forschung 38, 45, 187, 204 Tatsachenwissenschaft 288 Tausch 268 f., 416 f., 419, 554 f. → auch: Eintauschen; Markttausch Tauschakte 416, 424, 427 f. Tauschgüter 155, 416 Tausch- und Preiskampf 418 Tauschreflektanten 424, 428 Tauschvergesellschaftung 428 Tauschwirtschaft 89, 154, 161

Technik 181, 223 f., 227, 229 f., 232–236, 301, 370 f., 489 f., 493 f. – Begriff 227–229 –, fortgeschrittene 489 –, moderne 232 f., 235 –, primitive 489 –, rationale 440, 489 Technologie 162, 217 Teilarbeiter 218 Teilsysteme, funktionelle 27, 557 Teleologie, teleologisch 132 f., 172, 509 teleologisch-rational 133 tertius gaudens 538 Theologe, Theologen 37, 280 Theologie, theologisch 125, 153, 344, 376, 454 Theoreme 162, 180 Theorie, Theorien 87, 515 –, abstrakte 7, 163 – allgemeine des Sozialen 32 – allgemeine des sozialen Handelns 89 –, geschlossene soziologische 86, 88, 383 –, individualistische 507 –, nationalökonomische 84, 124, 514 –, ökonomische 17, 87 f., 90, 120, 123, 127 f., 130 f., 133, 162 f., 373, 380, 496, 506 –, organizistische 27 –, rationale 130 –, reine 164 f., 507 f. –, reine ökonomische 51, 379, 381, 504, 506, 508 –, soziale 12, 36 –, spezifisch-ökonomische 130 → auch: Anstalts-; Entwicklungs-; Erkenntnis-; Geschichts-; Gesellschafts-; Grenznutz-; Kultur-; Preis-; Preisbildungs-; Rassen-; Renten-; Verbands-; Vererbungs-; Wechselwirkungs-; Wert-; Wirtschafts-; Wissenschaftstheorie;

Sachregister

sowie die Einträge zu: Materialismus; Verstehen Therapie –, moderne 370, 493 –, rationale (wissenschaftliche) 370, 492 → auch: Priestertherapien Thermodynamik, zweiter Hauptsatz der 125 Thomismus 177 Tiergesellschaften 251 Tierstaaten 290 Tod 53, 372, 495, 510 Tonbildung 326 Tonleiter, chromatische 234 Tradition, Traditionen 156, 246, 250, 540 f. → auch die Einträge zu: Handeln Traditionswerte 246 transzendent 266 Triebe 142, 395 → auch: Fortpflanzungs-; Geschlechts-; Sexualtrieb Triebleben 141 Triebrichtungen 399 Trinitätsdogma 376 Tschechen 311 Türkei, Türken 540 Türkenherrschaft 328 Typenbildung, rationale 72, 515 Typus, Typen –, anthropologischer 308, 313, 395 –, begrifflich reinste 428 –, konventioneller 502 –, menschlicher 367, 483 –, reiner/reine 403, 423, 433 –, zweckrational orientierter 400 → auch: Gesinnungs-; Ideal-; Irrtums-; Mannes-; Menschen-; Richtigkeitstypus Tyrann, Tyrannis 535, 537 Überordnung 544 f., 547 – und Unterordnung 23, 90, 539, 545

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Überzeugungen –, ethische 353 f., 463–465 –, religiöse 37, 353, 463 Ukraine 318 Umwelt –, rassenfremde 420 –, soziale 127 f., 132 Unbewußtes 124 Ungerechtigkeit 355, 467 Universalismus – des Papsttums 311 – Spanns 33 → auch die Einträge zu: Gesellschaftstheorie; Methode Universität, Universitäten 191, 256, 311, 363, 448, 455, 510 –, deutsche 39, 456 – Frequenzkonkurrenz der 347, 457 –, staatliche 346 Universitätsgründung 344, 448 Universitätspolitik 339, 448 Unpersönlichkeit 544 Unterlassen 66, 393 Unternehmer 175, 189, 193, 207, 218, 545 → auch: Wirtschaftsunternehmer Unternehmerinteressen 208 Unternehmerleitung 215 Unternehmung → Erwerbsunternehmungen Unterordnung 544 f. → auch: Über- und Unterordnung Unterordnungsverhältnisse 79 Unterricht (akademischer) 330 f., 337, 347, 446 f., 456 Untersuchung –, empirische 361, 367, 380, 475, 483, 499, 501, 505 –, empirisch-psychologische 353, 464 –, historische 353, 464 –, sachliche 62, 64, 85, 384, 391 Unterworfene 417, 434, 542, 544 Unwirtschaftlichkeit 129, 266 Ursache, Ursachen 539, 544

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Sachregister

–, „letzte“ 236 –, ökonomische 53, 509 – und Wirkung 510 Urteil, Urteile –, bewertende/erklärende 5 –, ethische 212, 300, 329, 367, 483 –, (juristisch) 287 – logischer Sinn des 538 –, materiale 301 → auch: Durchschnitts-; Geschmacks-; Möglichkeits-; Tatsachen-; Werturteile Urteilsfähigkeit, ästhetische 491 USA → Vereinigte Staaten von Amerika Utopie, Utopien 163, 379, 504 Verantwortlichkeit 60, 299 f. Verantwortung 54, 56, 467 Verantwortungsethik, verantwortungsethisch 54 f., 60 Verantwortungsgefühl 543 Verantwortungslosigkeit 543 Verband, Verbände 68, 75, 414, 433 f., 437, 446 –, anstaltsmäßiger 435 –, politischer 415, 435 –, rational geordneter 434 → auch: Berufs-; Kriegsvölkerrechts-; Zweckverband Verbandshandeln 75, 433 f., 436 f. → auch die Einträge zu: Handeln Verbandsorgane 414 f. Verbandstheorie, soziologische 437 Verbindungen (chemische) 148 Verbindungsgewichte 148 Verbürgerlichung (des Romans) 325 Verein, Vereine 266, 413–415, 435, 439, 529 –, autokephaler 415 → auch: Gesangvereinsmeierei; Gewerk-; Zweckverein Verein für Sozialpolitik (VfSp) 41, 43–47, 58, 62, 89 f., 92, 112 f., 136,

183 f., 188, 191, 194, 201–204, 208, 211, 219, 280, 306, 329–334, 336 f., 340, 343, 360 f., 374, 383 f., 441 f., 445 f., 449, 521 – Ausschuß in Berlin 1908 201 f. – Generalversammlung in Mannheim 1905 190 f., 194 – Generalversammlung in Wien 1909 184, 201–205, 351 f., 356, 360, 371, 374, 462, 521 Vereinbarung 77, 407, 412–415, 417, 422 f., 431, 434 f. –, autonome 434 –, rationale 431, 433 → auch die Einträge zu: Ordnungen; Regeln Vereinigte Staaten von Amerika 36, 39, 177, 248, 309, 327 – als Rechtsbegriff 283 f. – als soziologischer Begriff 283 Vereinsenquete (DGS) 87 Vereinsgenossen 439 Vereinsorgane 77, 412 f. Vereinsrecht 414 Vereinsstatuten 438 Vereinszwecke 412 f. Vererbung 326, 395, 550 Vererbungsproblem 136 Vererbungstheorien/-lehren 36, 135, 259 Verfahren, (empirisch-)statistische 79, 189 Verfassung 435, 535 –, empirisch geltende 436 –, zweckrationale 436 → auch: Staatsverfassung Verfassungsnormen 284 Vergemeinschaftete 422 f. Vergemeinschaftung 76, 80, 430 f. –, amorphe 429 → auch: Einverständnisvergemeinschaftung Vergesellschaftete 408 f., 411–414, 422, 427

Sachregister

Vergesellschaftung 21, 80, 150, 168, 172, 251, 410, 412, 415–418, 422 f., 425, 427, 429–431, 437, 439, 529 f., 549 – Inhalte der 23, 551 –, organlose 416 –, rationale 430 – reine Formen der 22 f., 530 –, sozialistische der Produktions­ mittel 415 → auch: Dauer-; Gelegenheits-; Markt-; Rechts-; Schrift-; Sprach-; Tausch-; Tiervergesellschaftung; sowie die Einträge zu: Einverständnishandeln; Handeln Vergesellschaftungshandeln 413 f., 416 Vergesellschaftungskategorie 413 Vergesellschaftungszwecke 417 Verhalten – an Erwartungen des Verhaltens Anderer orientiertes 67, 406, 411, 422 f., 429 f. –, menschliches 71, 136, 370, 389 f., 394, 493 –, ordnungsgemäßes 411 –, sinnhaft bezogenes 396 –, subjektiv sinnhaftes 407 –, zweckirrationales 72, 399 –, zweckrationelles 368 –, zweckwidriges 379, 505 → auch: Handeln; Sichverhalten Verhältnis –, arithmetisches 119 –, geometrisches 119 –, rationales 25, 537 –, religiöses 30, 534 → auch: Adelsrang-; Eigentums-; Güte-; Klassen-; Machtverhältnisse Verkehrsmittel 233 Verkettungen, ursächliche 290 → auch: Motivationsverkettungen Vermahnung, christliche brüderliche 413

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Vermittlung (Wesen der) 537 Verständlichkeit, sinnhafte 9, 26, 71 → auch die Einträge zu: Handeln Verständnis 390, 419, 438 Verstehen 4 f., 15, 51 f., 80, 127, 280, 354, 391, 399, 401, 404, 465, 490, 501 –, deutendes 10 – geistig nacherlebend 36, 251 –, kausales 531 –, psychologisches 10, 25, 74, 354, 465 –, soziologisches 23–25, 31, 46, 72 – Theorie des 11 Verstehende Soziologie → Sozio­ logie, verstehende Verursachtheit, (verständlich) adäquate 406, 409, 422 Verursachung, (sinnhaft) adäquate 398, 406 viriler Faktor, virile Potenz 139–141, 143 Vitalismus, vitalistisch 124, 149 Vitalrasse 246, 247 Volk, Völker 313, 540 –, antike/des Altertums 230, 326 –, auserwähltes 139 –, heterogene 307 –, traditionslose 246 Volksseelenglauben 550 Volksschichten 207 Volkssprache 310, 314, 366, 481 Volkswirtschaft, volkswirtschaftlich 89, 216, 218, 417, 494 → auch: Produktivität, volkswirtschaftliche Volkswirtschaftslehre 64, 186 Volkswohlstand 58, 206 f., 220 Vollarbeiter 218 Vorausberechnung 14, 122, 124 Vorgänge –, gesellschaftliche 251 –, psychopathische 392 –, soziologische 248 Vorlesung 341, 347 f., 450, 457 f.

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Sachregister

Vortrag, öffentlicher 341 Vorstellungen, magische 397 Wahrheit –, formale ethische 47, 354, 466 –, normativ gültige 501 –, religiöse 199 –, wissenschaftliche 178 Wahrheitserkenntnis 354, 465 Wahrheitsgeltung 41, 352, 462 Wahrheitswert 378, 502 f. Wahrscheinlichkeit 68, 281 f., 357, 370, 405, 422 f., 472 Webersches Gesetz 120, 122, 127 Weber-Fechnersches Gesetz/Regel/ Theorie 10, 112, 116, 118, 119, 120, 123 f., 129–131, 133 Wechselwirkung, Wechselwirkungen 21 f., 78, 97, 109 f., 420, 528 f., 539, 554–556 – von/zwischen Individuen 6, 21, 27, 109, 528 Wechselwirkungstheorien 80, 124 Weib, Weiber → Frau, Frauen Weiße 248–250, 256 f. Welt 199, 355, 466 –, bürgerliche 231 – Entzauberung der 397 –, ethisch irrationale 468 – „nicht von dieser“ 364, 479 → auch: Außen-; Umwelt Weltanschauliches, weltanschaulich 10, 35 Weltanschauung 44, 86, 149, 336, 342, 451 Weltanschauungs-Bastiat 355 Weltanschauungsfragen 341, 450 Weltanschauungslehre 57 Weltauffassung 49, 491 Weltbild 149, 198 Weltformel-Bedürfnis 162 Weltinteressen (der Nation) 456 Weltkrieg, Erster 511 Weltregierung, göttliche 133

Weltwirtschaft 372, 496 Wert, Werte 27, 40, 56, 128, 231, 534, 557 –, absolute 133 –, außerethische 299 –, formale 233 –, formale ästhetische 230 –, formale der Malerei 233, 235 – in Konflikt liegende 299 –, „letzter“ 52, 510 – System der 57 → auch: Eigen-; Kulturwerte Wert… → auch: Wertung… Wertaxiome 209, 358 f., 473 f. Wertbegriff, Wertbegriffe 43, 52 f., 176, 484, 524, 529 Wertbeziehung, Beziehung der/auf Werte 41–43, 58 f., 288, 360 f., 378, 398, 402, 404, 475, 503 Wertbezogenheit, wertbezogen 18, 80, 195, 487 → auch: Kulturwertbezogenheit Wertdiskussion, Wertediskussion 40, 45, 58 f., 226, 314, 354, 361, 465, 476 Werterörterungen, praktische 455 Wertfrage, Wertfragen 213, 346, 368, 483 –, praktische 226, 337, 447 –, praktisch-politische 456 Wertfreiheit, wertfrei 25, 40, 58, 280, 344, 453, 462, 465 f. – in den DGS-Statuten 222, 226, 275 Wertinteressen 361, 475 f. Wertinterpretation, Werteinterpretation 45, 361, 476 Wertkollision 56 f., 470 Wertkonflikte, materiale 60, 298, 300 Wertlehre/-theorie 57, 80, 113 f., 115 f., 127 –, nationalökonomische 112 –, objektive 111 –, ökonomische 116, 129 –, subjektive 29, 111, 113, 116, 121, 130

Sachregister

Wertmaßstab, Wertmaßstäbe 50, 145, 153, 178, 211, 337 –, ressortpatriotische 149 Wertorientierung 524 → auch: Handeln, wertorientiertes Wertphilosophie 41, 57, 81 f., 462, 469 Wertpostulat 359, 473 Wertprobleme 213, 347, 360, 456, 475 Wertrealisierung (künstlerische) 300, 369 Wertsphäre, Wertsphären 56, 60, 300, 355, 466, 468, 470, 489, 508 Wertstandpunkt 535 Wertsteigerung 166, 369, 489, 492 Werttheorie → Wertlehre Wertung, Wertungen 41 f., 348, 350, 372–374, 380, 445, 459 f., 495, 497, 505 –, ästhetische 337, 486 –, ethische 337, 446 –, individualistische 18 –, letzte 349, 460, 498 –, letzte abweichende 465 –, parteipolitische 338, 447 –, praktische 50, 280, 336–339, 348, 350–352, 358, 382, 446–448, 450, 459, 462, 473, 475 f. –, praktische ethische 337 –, praktisch-politische 44, 336, 340, 356, 449, 456, 470 –, rechtspolitische 280 –, rein ökonomische 371 f., 494 f. –, religiöse 464 – Subjektivität der 338, 447 –, subjektive 213, 247, 348, 350, 359, 460 –, technische 497 –, weltanschauungsmäßige 337, 446 → auch: Bewertung; Katheder-; Kultur-; Parteiwertungen Wertungsdiskussion, -diskussionen 354, 359 f., 465, 474 Wertungsfrage, Werturteilsfragen 330–333, 346, 365, 480

627

–, praktische 344, 454 Wertungsfreiheit 508 Wertungsproblem 363, 369, 478 Wertungssphäre 52 f., 348 f., 459, 508, 510 f. Wertungsstandpunkte 353 f., 464 f., 511 Werturteil, Werturteile 16, 42, 105, 152 f., 181, 195, 197, 208–211, 231, 266, 279 f., 288, 329 f., 349, 459, 535, 541, 546 – Ausscheidung/Ausschluß von 203, 279, 304 f., 343, 453 – Differenzierung der 212 –, „letzte“ 208 –, politische 280 –, praktische 214 –, sich bekämpfende 209 –, subjektive 153 –, subjektiv praktische 209 – Streit um Wort 349, 459 – Vermengung von Wissenschaft und 16, 175, 211 – Vermischung mit Tatsachendarstellung 42 f., 193 Werturteil(s)diskussion 335 – im Verein für Sozialpolitik 43 f., 46 f., 329–334 – in Nationalökonomie und Sozialwissenschaften 92, 441 → auch: Werturteilsstreit Werturteilsfreiheit 35, 39, 85, 90, 184, 276, 333 Werturteilsstreit 204, 441 Wertwissenschaft 82 Wiedertäufer 139 Wien 359, 371, 374 Wille 110, 142, 429, 439 –, reiner 467 Wirklichkeit –, empirische 130, 380, 505 –, historische 130 –, physische 80, 109 –, soziale 2, 506

628

Sachregister

Wirklichkeitswissenschaft(en) 11, 42 Wirkung, Wirkungen –, kausale 353, 463 –, mystische 38, 308 → auch: Ursache und Wirkung Wirtschaft – Begriff/Name der 264–268 –, dauerhafte 158 – Geschichte der 509 –, isolierte 128 – Rationalisierung der 512 – Soziologie der 54, 509 – und Recht 269, 271 f. → auch: Energie-; Erwerbs-; Geld-; Privat-; Tausch-; Volkswirtschaft; sowie die Einträge zu: Handeln; Interesse; Motive; Politik; Sein; Seinsollen Wirtschaftsgeschichte 35, 53, 87, 129, 266 Wirtschaftsgüter 510 → auch: Gut, Güter Wirtschaftsleben 125, 128, 215, 337, 353, 463 –, europäisch-amerikanisches 49, 492 Wirtschaftslehre 395 → auch: Volkswirtschaftslehre Wirtschaftsmenschen 393, 395 Wirtschaftsordnung 271, 371, 494 Wirtschaftspolitik, wirtschaftspolitisch 53, 55, 58, 180 f., 194, 330, 336, 356, 470, 512 – als Wissenschaft/Lehre 508–510 Wirtschaftssoziologie 90 → auch: Wirtschaft, Soziologie der Wirtschaftstheorie 87–89 Wirtschaftsunternehmer 510 Wirtschaftswissenschaft 44, 53, 64, 264–268, 270, 283, 350 –, wertfreie 266 Wissen, Universalisierung des 440 Wissenschaft, Wissenschaften 127, 130, 235, 341, 346, 378, 456, 459, 463, 478, 503, 528

–, dogmatische 380, 506 –, empirische 16, 50 f., 54, 175, 188, 199, 208 f., 213, 282, 288, 349 f., 359, 363, 382, 459 f., 471, 478, 490, 501 – Hierarchie der → Wissenschaftshierarchie –, historische 382, 551 –, juristische 405 –, menschliches Handeln verstehende 61, 382 –, nomothetische 196, 551 –, normative 349, 459 –, realistische vom Ethischen 54, 353, 464 – Soziologie der 236 –, soziologische 39, 50, 388 –, verstehende 392, 395 – vom Menschen 4, 530 – vom menschlichen Handeln 381 – vom menschlichen Sichverhalten 51, 501 – Wert der 226 –, wertungsfreie 364, 479 → auch: Einzel-; Erfahrungs-; Fach-; Geschichts-; Kultur-; Natur-; Norm-; Rechts-; Seins-; Sozial-; Wert-; Wirklichkeitswissenschaften; sowie die Einträge zu: Argument; Entwicklung; Erkenntnis; Hypothesen; Ideale; Interessen; Kritik; Politik; Wahrheit; Werturteil Wissenschaftshierarchie/-schematik, Comtesche 17, 126, 162 f., 180 Wissenschaftslehre (Rickert) 81 Wohlfahrtseinrichtungen 190 Wohlstand 207 f. –, privater, privatwirtschaftlicher 207 f. → auch: Volkswohlstand Wohnungsbedürfnisse 120 Yankees 308, 327

Sachregister

Zahl (Bedeutung der) 536, 538 Zauberer 440 Zeit – als bestimmender Faktor 157 – als knappes Gut 265 Zeitschriften 311, 427 Zeitungen 310 f. Zentralverband Deutscher Industrieller 190, 191 Zentrum, Zentrumspartei 537 f. Zeugungs- und Züchtungsidealismus 59, 142 Zivilisation 550 –, moderne 433 Zölibat 243, 548 Zukunftsstaat, sozialistischer 247 Zurechnung –, historische 397 – Hypothesen der 402 –, kausale 379, 391, 396, 401, 504 → auch: Kausalzurechnung –, soziologische 397 Zusammenhandeln 25, 67, 404, 424 –, vergesellschaftetes 510 Zusammenhänge –, kausale 130, 319 → auch: Kausalzusammenhänge –, psychologisch verständliche 397, 401 –, rational verständliche 393, 398 –, sinnhaft verständliche 400, 403 Zwang 287, 433, 539 –, äußerer 367, 482 –, faktischer 281 –, physischer 431, 436 –, psychischer 413, 431, 436 → auch: Bekenntnis-; Ehezwang Zwangsapparat, Zwangsapparate 410, 413 f., 426, 428, 431 f., 434, 439 Zwangsmittel 271, 511

629

Zweck 209, 301, 351, 426, 438 f., 461, 493, 530 – als Kategorie 130, 132 → auch: Mittel und Zweck Zweck-Mittel-Relationen 113 Zweckapparate, staatliche 362, 477 Zweckhandeln 124 Zweckhandlung 374, 498 Zweckirrationales 394 → auch die Einträge zu: Affekte; Verhalten Zweckirrationalität, subjektive 397 Zweckmäßigkeitserwägung 417 Zweckmäßigkeitsfrage 368, 391, 425, 484 Zweckrationales 52, 394, 399 → auch die Einträge zu: Betrachtung; Deutung; Grenzfall; Handeln, Kalkül; Satzung; Sichverhalten; Typus; Verfassung; Verhalten Zweckrationalität 26, 71, 76, 396, 401 –, subjektive 396, 401 Zweckverband 548, 550 –, autokephaler 415 –, heterokephaler 415 → auch: Ordnung, zweckverbandsmäßige Zweckverbandsverwaltung 512 Zweckverein 75, 77, 412, 414–416, 427 f., 431 f., 434 Zweckvereinsgebilde 416 Zweckvermögen 413, 417 Zweckwandel 414 Zweifel, radikalster (und Erkenntnis) 346, 455 Zweikampf 410, 430 Zweiter Deutscher Soziologentag (1912) → Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Zweiter Deutscher Soziologentag

Seitenkonkordanzen

Die Seitenkonkordanzen beziehen sich auf die bisher gebräuchlichen Voreditionen. Es handelt sich für die Texte in diesem Band um: GASS1

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik, hg. von Marianne Weber, 1. Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1924.

GASS2

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik, hg. von Marianne Weber, 2. Auflage (UTB für Wissenschaft, 1494). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1988.

GAWL1

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Marianne Weber, 1. Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1922.

GAWL2

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Johannes Winckelmann, 2. durchgesehene und ergänzte Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1951.

GAWL3

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Johannes Winckelmann, 3., erweiterte und verbesserte Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1968.

GAWL4

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Johannes Winckelmann, 4., erneut durchgesehene Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1973.

GAWL5

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Johannes Winckelmann, 5., erneut durchgesehene Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1982.

GAWL6

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Johannes Winckelmann, 6., erneut durchgesehene Auflage. – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1985.

GAWL7

Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hg. von Johannes Winckelmann, 7. Auflage (UTB für Wissenschaft, 1492). – Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1988.

SNL

Simmel Newsletter. Hg. von der Georg Simmel-Gesellschaft, Bielefeld, Vol. 1, No. 1, 1991.

WUS

Der Werturteilsstreit. Die Äußerungen zur Werturteilsdiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik (1913), hg. und eingeleitet von Heino Heinrich Nau (Beiträge zur Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie, hg. von Birger P. Priddat, Band 8). – Marburg: Metropolis-Verlag 1996.

631

Seitenkonkordanzen MWG I/12

GAWL2–7

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

Georg Simmel als Soziologie und Theoretiker der Geldwirtschaft 101 – – – 9 102 – – – 9 103 – – – 9/10 104 – – – 10 105 – – – 10 106 – – – 10/11 107 – – – 11 108 – – – 11/12 109 – – – 12 110 – – – 12

– – – – – – – – – –

Die Grenznutzlehre und das „psychophysische Grundgesetz“ 115 384 360 – – 116 384/385 360/361 – – 117 385 361 – – 118 385/386 361/362 – – 119 386/387 362/363 – – 120 387/388 363/364 – – 121 388/389 364/365 – – 122 389/390 365/366 – – 123 390/391 366/367 – – 124 391/392 367/368 – – 125 392 368 – – 126 392/393 368/369 – – 127 393/394 369/370 – – 128 394/395 370/371 – – 129 395/396 371/372 – – 130 396/397 372/373 – – 131 397/398 373/374 – – 132 398/399 374/375 – – 133 399 375 – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Rezension von: Christian von Ehrenfels, Sexualethik 138–144 – – –





„Energetische“ Kulturtheorien 148 400 376 149 400/401 376/377 150 401/402 377/378 151 402/403 378/379 152 402/403/404 378/379/380 153 403/404/405 379/380/381 154 404/405 380/381 155 405/406 381/382 156 406/407 382/383 157 407 383

– – – – – – – – – –

– – – – – – – – – –

– – – – – – – – – –

632

Seitenkonkordanzen

MWG I/12

GAWL2–7

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182

407/408 408/409 409/410 410/411 411/412 412 412/413 413/414 414 414/415 415/416 416 416/417 417 417/418 418/419 419/420 420/421 421/422 422 422/423 423/424 424/425 425/426 426

383/384 384/385 385/386 386/387 387/388 388 388/389 389/390 390 390/391 391/392 392 392/393 393 393/394 394/395 395/396 396/397 397/398 398 398/399 399/400 400/401 401/402 402

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Rezension von: Adolf Weber, Die Aufgaben der Volkswirtschaftslehre als Wissenschaft 186–200 – – – – – Der Begriff der Produktivität 206 – – 207 – – 208 – – 209 – – 210 – – 211 – – 212 – – 213 – – 214 – – 215 – – 216 – – 217 – – 218 – – 219 – –

416 416/417 417/418 418 418/419 419 419/420 420 420/421 421 421/422 422/423 423 423

– – – – – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – – – – –

633

Seitenkonkordanzen MWG I/12

GAWL2–7

Technik und Kultur 226 – 227 – 228 – 229 – 230 – 231 – 232 – 233 – 234 – 235 – 236 – Die Begriffe 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

– – – – – – – – – – –

449 449/450 450/451 451 451/452 452 452/453 453/454 454/455 455 455/456

– – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – –

456 456/457 457/458 458 458/459 459/460 460 460/461 461/462 462 462

– – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – –

471 471/472 472 472/473 473/474 474 474/475 475/476 476

– – – – – – – – –

– – – – – – – – –

– 476 476/477 477 477/478 478/479 479/480 480 480/481

– – – – – – – – –

– – – – – – – – –

Rasse und Gesellschaft – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Wirtschaft und Recht 264 – 265 – 266 – 267 – 268 – 269 – 270 – 271 – 272 –

– – – – – – – – –

Rechtswissenschaft und Soziologie 278 – – 279 – – 280 – – 281 – – 282 – – 283 – – 284 – – 285 – – 286 – –

634

Seitenkonkordanzen

MWG I/12

GAWL2–7

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

287 288 289 290

– – – –

– – – –

481/482 482 482/483 483

– – – –

– – – –

Über Ethik 299–301











Die Nationalität in ihrer soziologischen Bedeutung 307 – – 484 308 – – 484/485 309 – – 485 310 – – 485/486 311 – – 486 312 – – 487 313 – – 487 314 – – 487/488 315 – – 488

– – – – – – – – –

– – – – – – – – –

Das Recht der Nationalitäten 318 – –





487

Die rassentheoretische Geschichtsphilosophie. Über Nation und Vaterlandsliebe 322 – – 488/489 – – 323 – – 489 – – 324 – – 489/490 – – 325 – – 490 – – 326 – – 490/491 – – 327 – – 491 – – 328 – – 491 – – Beitrag zur Werturteildiskussion im Ausschuß des Vereins für Sozialpolitik 336 – – – – 147 337 – – – – 147/148 338 – – – – 149 339 – – – – 149/150 340 – – – – 150/151 341 – – – – 151/152 342 – – – – 152/153 343 – – – – 153/154 344 – – – – 154 345 – – – – 154/155 346 – – – – 155 347 – – – – 155/156 348 – – – – 156/157 349 – – – – 157/158 350 – – – – 158/159

635

Seitenkonkordanzen MWG I/12

GAWL2–7

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

351 352 353 354 355 356 357 358 359 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377 378 379 380 381 382

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159/160 160/161 161/162 162 162/163 163/164 164/165 165/166 166/167 167/168 168 168/169 169/170 170/171 171/172 172/173 173/174 174/175 175/176 176/177 177 177/178 178/179 179/180 180/181 181/182 182 182/183 183/184 184/185 185 185/186

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Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie 389 427/428 403/404 – 390 427/428 403/404 – 391 427/428 403/404 – 392 428/429 404/405 – 393 429/430 405/406 – 394 430 406 – 395 430/431 406/407 – 396 431/432 407/408 – 397 432/433 408/409 – 398 433/434 409/410 – 399 434/435 410/411 – 400 435/436 411/412 – 401 436/437 412/413 –

636

Seitenkonkordanzen

MWG I/12

GAWL2–7

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436 437 438 439 440

437/438 438 438/439 439/440 440/441 441/442 442/443 443/444 444/445 445/446 446/447 447/448 448/449 449/450 450/451 451/452 452/453 453/454 454/455 455/456 456/457 457/458 458/459 459/460 460/461 461/462 462 462/463 463/464 464/465 465/466 466/467 467/468 468/469 469/470 470/471 471/472 472/473 473/474

413/414 414 414/415 415/416 416/417 417/418 418/419 419/420 420/421 421/422 422/423 423/424 424/425 425/426 426/427 427/428 428/429 429/430 430/431 431/432 432/433 433/434 434/435 435/436 436/437 437/438 438 438/439 439/440 440/441 441/442 442/443 443/444 444/445 445/446 446/447 447/448 448/449 449/450

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Der Sinn der „Wertfreiheit“ 445 489 446 489/490 447 490 448 490/491 449 491/492 450 492/493

der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften 451 – – – 451/452 – – – 452 – – – 452/453 – – – 453/454 – – – 454/455 – – –

637

Seitenkonkordanzen MWG I/12

GAWL2–7

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

451 452 453 454 455 456 457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 469 470 471 472 473 474 475 476 477 478 479 480 481 482 483 484 485 486 487 488 489 490 491 492 493 494 495 496 497

493 493/494 494/495 495/496 496 496/497 497/498 498/499 499 499/500 500/501 501 501/502 502/503 503/504 504 504/505 505/506 506/507 507/508 508/509 509/510 510 510/511 511/512 512 512/513 513/514 514/515 515 515/516 516/517 517/518 518/519 519 519/520 520/521 521/522 522/523 523/524 524/525 525/526 526/527 527 527/528 528/529 529/530

455 455/456 465/457 457/458 458 458/459 459/460 460/461 461 461/462 462/463 463 463/464 464/465 465/466 466 466/467 467/468 468/469 469/470 470/471 471/472 472 472/473 473/474 474 474/475 475/476 476/477 477 477/478 478/479 479/480 480/481 481 481/482 482/483 483/484 484/485 485/486 486/487 487/488 488/489 489 489/490 490/491 491/492

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Seitenkonkordanzen

MWG I/12

GAWL2–7

GAWL1

GASS1–2

SNL

WUS

498 499 500 501 502 503 504 505 506 507 508 509 510 511 512

530 530/531 531/532 532/533 533 533/534 534/535 535/536 536 536 536/537 537/538 538/539 539/540 540

492 492/493 493/494 494/495 495 495/496 496/497 497/498 498 498 498/499 499/500 500/501 501/502 502

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Aufbau und Editionsregeln der Max Weber-Gesamtausgabe Abteilung I: Schriften und Reden

1.  Aufbau der Gesamtausgabe In der Max Weber-Gesamtausgabe werden die veröffentlichten und die nach­ gelassenen Texte Max Webers mit Ausnahme seiner Exzerpte, Marginalien, ­Anstreichungen oder redaktionellen Eingriffe in die Texte anderer wiedergegeben. Berichte anderer über Webers Reden, Diskussionsbeiträge und Vorlesungen werden nur dann wiedergegeben, wenn ein autoreigener Zeuge nicht überliefert ist. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, so werden alle mitgeteilt. Editionen der Texte Webers, die er nicht selbst zum Druck gegeben hat, werden nur dann berücksichtigt, wenn dem betreffenden Herausgeber Manuskripte vorlagen, die uns nicht mehr überliefert sind. Jedem Band ist eine Konkordanz mit den bisher gebräuchlichen Ausgaben beigegeben. Die Max Weber-Gesamtausgabe gliedert sich in drei Abteilungen:       Abteilung I: Schriften und Reden       Abteilung II: Briefe       Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften

2. Aufbau der Abteilung I: Schriften und Reden Die Abteilung I umfaßt Max Webers veröffentlichte und nachgelassene Schriften und Reden, unter Einschluß seiner Diskussionsbeiträge und Stellungnahmen. Ebenso werden Paralipomena, Entwürfe und andere Vorarbeiten mitgeteilt. Einzelne Äußerungen sind uns nur durch Zeitungsberichte, Sitzungsprotokolle, Kongreßprotokolle und ähnliches überliefert. Solche Ersatzzeugen werden dann in die Ausgabe aufgenommen, wenn sie in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der betreffenden Rede oder Stellungnahme Webers entstanden. Außerdem sind Texte wiedergegeben, die er zusammen mit anderen Personen verfaßte oder unterzeichnete. Für die Verteilung der Texte auf die Bände werden zwei Kriterien verwendet: der Sachzusammenhang und die Chronologie. Dadurch werden thematisch und zeitlich nahestehende Texte zu Bänden vereinigt und die Schwerpunkte des Werkes in ihrer zeitlichen Folge und ihrem Nebeneinander sichtbar gemacht. Jeder Bandtitel enthält deshalb eine thematische und eine zeitliche Angabe. Für die thematische Angabe wird entweder ein Titel von Weber verwendet oder, wo dies wegen der Vielfalt der Texte nicht möglich ist, ein seinem Wortgebrauch nahestehender Titel neu gebildet. Jedem Bandtitel ist ferner eine Zeitangabe

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MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

zugeordnet. Dabei bezieht sich die erste Jahreszahl auf das Datum der Veröffentlichung des ersten, die zweite auf das Datum der Veröffentlichung des letzten in den Band aufgenommenen Textes. Bei Texten aus dem Nachlaß ist das Ent­ stehungsjahr maßgebend. Dies gilt sowohl für Texte, die uns im Original vorliegen, als auch für solche, von denen wir nur noch eine Edition aus dem Nachlaß besitzen, weil das Original inzwischen verloren ist. Wo das Datum der Entstehung auch nicht annähernd ermittelt werden kann, wird der Text am Ende des Bandes eingeordnet, dem er thematisch nahesteht. Bände mit einem oder mehreren nachgelassenen Texten tragen als zweite Jahreszahl 1920, Webers Todesjahr, wenn wir Hinweise haben, daß er an diesen Texten bis zu seinem Tode ­arbeitete. Für die Bandfolge ist das Chronologieprinzip maßgebend. Über die Stellung eines Bandes in der Bandfolge entscheidet das Datum des ersten darin abgedruckten Textes. Abweichend davon sind die „Gesammelten Aufsätze zur Reli­ gionssoziologie“ und das Textkonvolut „Wirtschaft und Gesellschaft“ an das Ende der Abteilung gestellt. Dies ergibt sich aus der besonderen Überlieferungslage. Die Abteilung I hat folgenden Aufbau: Band 1:  Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter Schriften 1889 – 1894



Hg. von Gerhard Dilcher und Susanne Lepsius; 2008

Band 2: Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht. 1891



Hg. von Jürgen Deininger; 1986 (Studienausgabe 1988)

Band 3:  Die Lage der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland. 1892



Hg. von Martin Riesebrodt; 2 Halbbände, 1984

Band 4:  Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik Schriften und Reden 1892 – 1899



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Rita Aldenhoff; 2 Halbbände, 1993

Band 5:  Börsenwesen Schriften und Reden 1893 – 1898



Hg. von Knut Borchardt in Zusammenarbeit mit Cornelia Meyer-Stoll; 2 Halbbände, 1999, 2000

Band 6:  Zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Altertums Schriften und Reden 1893 – 1908

Hg. von Jürgen Deininger; 2006

Band 7:  Zur Logik und Methodik der Sozialwissenschaften Schriften 1900 – 1907

MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

Band 8:  Wirtschaft, Staat und Sozialpolitik Schriften und Reden 1900 – 1912



Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Peter Kurth und Birgitt Morgenbrod; 1998 (Studienausgabe 1999); Ergänzungsheft 2005

Band 9:  Asketischer Protestantismus und Kapitalismus Schriften und Reden 1904 – 1911



Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Ursula Bube; 2014

Band 10:  Zur Russischen Revolution von 1905 Schriften und Reden 1905 – 1912



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Dittmar Dahl­mann; 1989 (Studienausgabe 1996)

Band 11:  Zur Psychophysik der industriellen Arbeit Schriften und Reden 1908 – 1912



Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Sabine Frommer; 1995 (Studienausgabe 1998)

Band 12:  Verstehende Soziologie und Werturteilsfreiheit Schriften und Reden 1908 – 1917



Hg. von Johannes Weiß in Zusammenarbeit mit Sabine Frommer; 2018

Band 13:  Hochschulwesen und Wissenschaftspolitik

Schriften und Reden 1895 – 1920



Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Heide-Marie Lauterer und Anne Munding; 2016



Band 14:  Zur Musiksoziologie Nachlaß 1921

Hg. von Christoph Braun und Ludwig Finscher; 2004

Band 15:  Zur Politik im Weltkrieg Schriften und Reden 1914 – 1918



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Gangolf Hübinger; 1984 (Studienausgabe 1988)

Band 16:  Zur Neuordnung Deutschlands Schriften und Reden 1918 – 1920



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Wolfgang Schwentker; 1988 (Studienausgabe 1991)

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MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

Band 17: 

Wissenschaft als Beruf 1917/1919  –  Politik als Beruf 1919



Hg. von Wolfgang J. Mommsen und Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Birgitt Morgenbrod; 1992 (Studienausgabe 1994)



Band 18: 



Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus/ Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus Schriften 1904 – 1920 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Ursula Bube; 2016



Band 19: 

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Konfuzianismus und Taoismus Schriften 1915 – 1920



Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Petra Kolonko; 1989 (Studienausgabe 1991)



Band 20:



Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Hinduismus und Buddhismus 1916 – 1920



Hg. von Helwig Schmidt-Glintzer in Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Golzio; 1996 (Studienausgabe 1998)

Band 21: 

Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Das antike Judentum Schriften und Reden 1911 – 1920



Hg. von Eckart Otto unter Mitwirkung von Julia Offermann; 2 Halbbände, 2005 (Studienausgabe 2009)



Band 22: 

Wirtschaft und Gesellschaft. Die Wirtschaft und die gesellschaft­ lichen Ordnungen und Mächte. Nachlaß 22-1: Gemeinschaften



Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Michael Meyer; 2001 (Studienausgabe 2009)

22-2: Religiöse Gemeinschaften Hg. von Hans G. Kippenberg in Zusammenarbeit mit Petra Schilm unter Mitwirkung von Jutta Niemeier; 2001 (Studienausgabe 2005)

22-3: Recht

Hg. von Werner Gephart und Siegfried Hermes; 2010 (Studienausgabe 2014)

22-4: Herrschaft



Hg. von Edith Hanke in Zusammenarbeit mit Thomas Kroll; 2005 (Studienausgabe 2009)

MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

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22-5: Die Stadt Hg. von Wilfried Nippel; 1999

Band 23: 

Band 24: 

Band 25: 



(Studienausgabe 2000)

Wirtschaft und Gesellschaft. Soziologie Unvollendet 1919 – 1920 Hg. von Knut Borchardt, Edith Hanke, Wolfgang Schluchter; 2013 (Studienausgabe 2014)

Wirtschaft und Gesellschaft. Entstehungsgeschichte und Dokumente Dargestellt und hg. von Wolfgang Schluchter; 2009

Wirtschaft und Gesellschaft. Gesamtregister Bearbeitet von Edith Hanke und Christoph Morlock; 2015

3.  Aufbau der Bände Jeder Band enthält eine Einleitung des Herausgebers, die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers, denen jeweils ein Editorischer Bericht vorangestellt ist, Verzeichnisse und Register. Innerhalb der Bände sind die Edierten Texte chronologisch geordnet. Bei von Weber veröffentlichten Texten ist das Datum der Veröffentlichung, bei nachgelassenen Texten das Datum der Entstehung maßgebend. Äußerungen Webers, über die wir nur Ersatzzeugen besitzen, werden im zweiten Teil eines Bandes zusammengefaßt und nach dem Datum der Äußerung wiederum chronologisch angeordnet. Einzelnen Bänden sind Anhänge beigegeben. Darin finden sich zunächst Texte, die Weber mit anderen Personen zusammen verfaßte oder unterzeichnete, ge­gebenenfalls Hinweise auf verlorene Texte sowie auf Dokumente.

4. Bandeinleitung Die Einleitung des Herausgebers informiert über die Anordnung, die thematischen Schwerpunkte und über den wissenschaftsgeschichtlichen und zeitgeschichtlichen Hintergrund der Texte. Enthält ein Band mehrere Texte, geht die Einleitung außerdem auf deren Zusammenhang ein. Die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte sowie die Geschichte von Nacheditionen dagegen bleiben in der Regel außer Betracht. Die Einleitung berichtet ferner über bandspezifische Editionsfragen, z. B. über sprachliche Eigentümlichkeiten Webers und deren editorische Behandlung. Alle textspezifischen Informationen geben die Editorischen Berichte.

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MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

5.  Editorische Berichte Jedem Text ist ein Editorischer Bericht vorangestellt, der über dessen Entstehung, Entwicklung und Überlieferung sowie über editorische Entscheidungen informiert. Er ist in die Abschnitte „Zur Entstehung“ und „Zur Überlieferung und Edition“ gegliedert. 5.1  „Zur Entstehung“ Dieser Abschnitt skizziert die historisch-politischen, wissenschaftlichen und biographischen Zusammenhänge, in denen ein Text steht. Er stellt ferner seine Entstehung und Entwicklung dar. Sofern mehrere Fassungen eines Textes vorliegen, wird deren Verhältnis zueinander beschrieben. 5.2  „Zur Überlieferung und Edition“ Dieser Abschnitt informiert über Textbefund und Überlieferungslage. Liegen mehrere Fassungen eines Textes vor, wird dargelegt, welche der Fassungen Edierter Text und welche Variante ist. Ferner werden alle weiteren editorischen Entscheidungen begründet. Dazu gehört unter anderem auch die Behandlung textspezifischer Eigentümlichkeiten.

6. Texte Bearbeitung und Präsentation der Texte folgen der historisch-kritischen Methode. Dies geschieht mit Hilfe von drei Apparaten: dem Korrekturen- und dem Variantenapparat, die zum textkritischen Apparat zusammengefaßt sind, und dem Erläuterungsapparat. 6.1  Textkritischer Apparat Der textkritische Apparat hat in erster Linie zwei Aufgaben: Aufweis der Textentwicklung und Nachweis der Texteingriffe. 6.1.1 Textentwicklung Liegt ein Text in mehreren autorisierten Fassungen vor, ist eine Fassung zum Edierten Text bestimmt. Dies ist in der Regel die Fassung letzter Hand. Jede zur Variante bestimmte Fassung wird im textkritischen Apparat mitgeteilt, in der Regel mit Hilfe eines negativen Apparats. Wo es die Sachlage erfordert, insbesondere bei umfangreichen Varianten, ist der positive Apparat oder die ­synoptische Darstellung gewählt. Die früheste oder einzige Fassung eines Textes trägt die Sigle A. Spätere Fassungen sind in chronologischer Folge mit B, C usw. bezeichnet.

MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

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6.1.2 Texteingriffe Texteingriffe sind auf ein Minimum beschränkt. Sie werden bei Textverderbnissen vorgenommen. Als verderbt gelten Textstellen, die den Sinnzusammenhang ­zerstören. Der Eingriff wird dadurch nachgewiesen, daß die verderbte Stelle im textkritischen Apparat mitgeteilt wird. Läßt sich eine unklare Stelle nicht eindeutig als verderbt erkennen, so wird sie unverändert gelassen. Je nach Sachlage bietet der Apparat dann Lesarten in Voreditionen oder andere Verständnishilfen an. Nicht als Textverderbnis gelten Spracheigentümlichkeiten, einschließlich regelwidriger, aber nicht sinnentstellender grammatischer Konstruktionen, nicht mehr gebräuchlicher Lautstand, veraltete Orthographie und Interpunktion. In ­folgenden Fällen werden Texteingriffe ohne Nachweis im textkritischen Apparat vorgenommen: a) Bei der Gestaltung von Überschriften, Zwischentiteln, anderen Gliederungsmerkmalen (z. B. Paragraphen) sowie Hervorhebungen: Sie werden typographisch vereinheitlicht. b) Bei Umlauten: Sie werden – soweit sie Folge der zu Webers Zeit üblichen Drucktechnik sind – der heutigen Schreibweise angeglichen (Ä statt Ae). Die Schreibweise ss für ß wird zu ß vereinheitlicht. c) Bei Abkürzungen: Sie werden, sofern sie schwer verständlich und heute nicht mehr üblich sind, in eckigen Klammern ausgeschrieben. d) Bei offensichtlichen Druckfehlern: Sie werden korrigiert (z. B. „Erleicherung“, „aucht“). e) Bei Interpunktionsfehlern: Sie werden bei der Reihung von Hauptsätzen, Aufzählungen, Relativsätzen und „daß“-Sätzen korrigiert. In allen anderen ­ Fällen werden eingefügte Satzzeichen durch eckige Klammern kenntlich ­ gemacht. f) Bei der Numerierung von Anmerkungen: Sie werden text- oder kapitelweise durchgezählt. Entsteht dadurch eine Abweichung gegenüber Webers Zählung, so wird dies im Editorischen Bericht vermerkt. g) Bei der Einfügung von Titeln und Zwischenüberschriften: Sie werden in eckige Klammern gesetzt und im Editorischen Bericht begründet 6.2 Erläuterungsapparat Der Erläuterungsapparat dient dem Nachweis, der Ergänzung oder der Korrektur der Zitate und der Literaturangaben sowie der Sacherläuterung. 6.2.1 Zitate Webers Zitate werden überprüft. Sind sie indirekt, unvollständig oder fehlerhaft, gibt der Apparat den richtigen Wortlaut wieder. Hat Weber ein Zitat nicht belegt, wird es im Apparat nachgewiesen. Ist uns der Nachweis nicht möglich, so lautet die Anmerkung: „Als Zitat nicht nachgewiesen“.

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MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

6.2.2 Literaturangaben Webers Literaturangaben werden überprüft. Sind sie nicht eindeutig oder fehlerhaft, werden sie ergänzt oder berichtigt, wenn möglich, unter Verwendung der von Weber benutzten Ausgabe. Es wird dafür ein Kurztitel verwendet. Die vollständigen bibliographischen Angaben finden sich im Verzeichnis der von Weber zitierten Literatur. Verweist Weber ohne nähere Angaben auf Literatur, so ist sie, wenn möglich, im Apparat nachgewiesen. Literaturangaben des Herausgebers werden beim ersten Auftreten vollständig aufgeführt, bei Wiederholungen wird ein Kurztitel verwendet. 6.2.3 Sacherläuterung Erläutert werden Ereignisse und Begriffe, deren Kenntnis für das Verständnis des Textes unerläßlich erscheint. Informationen über Personen finden sich im Personenverzeichnis am Ende des Bandes. Erfordert eine Textstelle darüber hinaus­ gehende Informationen über eine Person, so bietet sie der Apparat. Sachliche Fehler Webers werden im Apparat berichtigt. Für Wörter aus fremden Schriftsystemen verwendet der Editor in seinen Erläuterungen die Transliteration nach den heute gültigen Richtlinien. 6.3 Präsentation Um die Benutzung der Ausgabe zu erleichtern, erscheinen Webers Text und die dazugehörigen Apparate in der Regel auf derselben Seite. Edierter Text und Varianten sind gleichwertig. Die Varianten werden so präsentiert, daß der Leser die Textentwicklung erkennen kann. Kleine lateinische ­Buchstaben verbinden den Edierten Text mit dem textkritischen Apparat. Sie ­stehen hinter dem varianten oder emendierten Wort. Bezieht sich die textkritische A ­ nmerkung auf mehr als ein Wort, so markiert ein gerade gesetzter Index ­den Anfang und ein kursiv gesetzter Index das Ende der fraglichen Wortfolge (amit Amerikaa). Die Ersatzzeugen von Webers Äußerungen, auf die wir zurückgreifen müssen, stimmen nicht immer überein. In solchen Fällen sind sie alle ohne Wertung auf­ einanderfolgend oder synoptisch wiedergegeben. Zeitungsberichte enthalten in der Regel einen redaktionellen Vorspann, Zwischentexte oder Nachbemerkungen; Sitzungs- und Kongreßprotokolle geben auch Beiträge anderer Redner wieder. Wenn diese Texte in unmittelbarem sach­ lichen Zusammenhang mit Webers Äußerungen stehen, werden sie entweder in Form eines Regests, wörtlich in kleinerer Drucktype oder im textkritischen Apparat mitgeteilt. Die historisch-kritisch bearbeiteten Texte Webers und die Erläuterungen des Heraus­gebers sind durch arabische Ziffern ohne Klammern miteinander verbunden. Um die Herausgeberrede von Webers Text abzuheben, ist sie in anderer Schrifttype gesetzt.

MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

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7.  Verzeichnisse und Register Dem Band sind folgende Verzeichnisse und Register beigefügt: 1. Ein Inhaltsverzeichnis. 2. Ein Verzeichnis der Siglen, Zeichen und Abkürzungen. 3. Ein Literaturverzeichnis: Es enthält die von Weber zitierte Literatur vollständig bibliographisch erfaßt. Auf den Titel folgt in Klammern der vom Editor in seinen Erläuterungen gebrauchte Kurztitel. 4. Ein Personenverzeichnis: Aufgenommen sind alle Personen, die Weber erwähnt, mit Ausnahme allgemein bekannter (z. B. Bismarck, Wilhelm II.) und in Literaturangaben genannter Personen. Es liefert die wichtigsten Lebensdaten, gibt die berufliche oder politische Stellung an und führt ggf. die verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen zu Weber auf. Das Personenverzeichnis hat den Zweck, den Erläuterungsapparat zu entlasten. 5. Ein Personenregister: Es verzeichnet sämtliche von Weber und vom Editor erwähnten Personen einschließlich der Autoren der von Weber und vom Editor zitierten Literatur. 6. Ein Sachregister: Es enthält alle wichtigen Begriffe und Sachbezeichnungen. Ist ein Begriff für einen Text thematisch, werden nur zentrale Stellen und besondere Bedeutungen verzeichnet. Es verzeichnet ferner alle geographischen Namen, mit Ausnahme der Verlagsorte in Literaturangaben und der Archivorte. Es werden die Namen benutzt, die im deutschen Sprachraum vor 1920 üblich waren oder amtlich gebraucht wurden. Kann ein Ort nicht als bekannt vorausgesetzt werden, wird zur Erläuterung die Verwaltungseinheit nach dem Gebietsstand von 1920 (z.B. Kreis, Regierungsbezirk) und ggf. auch der heute amtliche Name beigefügt. Personen- und Sachregister erfassen Webers Texte und die Herausgeberrede. Gerade gesetzte Zahlen verweisen auf Webers Text, kursiv gesetzte Zahlen auf die Herausgeberrede. Einem Band können weitere Verzeichnisse, wie z. B. Glossare, Konkordanzen, Maß- und Gewichtstabellen sowie Karten beigefügt sein.

8.  Indices und Zeichen Folgende Indices werden verwendet: a) Arabische Ziffern mit runder Schlußklammer (1), 2), 3) ...) kennzeichnen Webers eigene Anmerkungen. b) Arabische Ziffern ohne Klammern (1, 2, 3 ...) und in von a) abweichender Schrift markieren die Erläuterungen des Editors. c) Kleine lateinische Buchstaben (a, b, c ...) kennzeichnen eine textkritische Anmerkung.

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MWG Abteilung I: Aufbau und Editionsregeln

Folgende Zeichen werden verwendet: d) Das Zeichen  gibt die Stelle des Seitenwechsels nach der ursprünglichen Paginierung einer Textfassung wieder. e) Das Zeichen [  ] markiert Hinzufügungen zum Text durch den Editor.

Bandfolge der Abteilung II: Briefe

Band 1: Briefe 1875–1886

Hg. von Gangolf Hübinger

in Zusammenarbeit mit Thomas Gerhards und Uta Hinz; 2017

Band 2: Briefe 1887 –1894

Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger

in Zusammenarbeit mit Thomas Gerhards und Sybille Oßwald-Bargende; 2017

Band 3: Briefe 1895 –1902

Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger

in Zusammenarbeit mit Uta Hinz; 2015

Band 4: Briefe 1903 –1905

Hg. von Gangolf Hübinger und M. Rainer Lepsius

in Zusammenarbeit mit Thomas Gerhards und Sybille Oßwald-Bargende; 2015

Band 5: Briefe 1906 –1908

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1990

Band 6: Briefe 1909 –1910

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1994

Band 7: Briefe 1911 –1912

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 1998

Band 8: Briefe 1913 –1914

Hg. von M. Rainer Lepsius und Wolfgang J. Mommsen

in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2003

Band 9: Briefe 1915 –1917





Hg. von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Birgit Rudhard und Manfred Schön; 2008

Band 1 0: Briefe 1918 –1920





Hg. von Gerd Krumeich und M. Rainer Lepsius in Zusammenarbeit mit Uta Hinz, Sybille Oßwald-Bargende und Manfred Schön; 2012

Band 1 1: Nachträge und Gesamtregister

Bandfolge der Abteilung III: Vorlesungen und Vorlesungsnachschriften

Band  1: Allgemeine („theroretische“) Nationalökonomie. Vorlesungen 1894 –1898 Hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Cristof Judenau, Heino H. Nau, Klaus Scharfen und Marcus Tiefel; 2009

Band 2: Praktische Nationalökonomie. Vorlesungen 1895 –1899 Band 3: Finanzwissenschaft. Vorlesungen 1894 –1897 Hg. von Martin Heilmann in Zusammenarbeit mit Cornelia Meyer-Stoll; 2017

Band 4: Arbeiterfrage und Arbeiterbewegung. Vorlesungen 1895 –1898 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger in Zusammenarbeit mit Silke Fehlemann; 2009

Band 5: Agrarrecht, Agrargeschichte, Agrarpolitik. Vorlesungen 1894 –1899 Hg. von Rita Aldenhoff-Hübinger; 2008

Band 6: Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Mit- und Nachschriften 1919/20 Hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Joachim Schröder; 2011

Band 7: Allgemeine Staatslehre und Politik (Staatssoziologie). Unvollendet. Mit- und Nachschriften 1920 Hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Andreas Terwey; 2009