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German Pages 376 [380] Year 1973
0 . Becker
Mathematische Existenz
OSKAR BECKER
Mathematische Existenz Untersuchungen zur Logik und Ontologie mathematischer Phänomene
2., unveränderte Auflage
MAX N I E M E Y E R VERLAG T Ü B I N G E N 1973
Die erste A u f l a g e erschien i m Jahrbuch f ü r Philosophie und phänomenologische Forschung herausgegeben von Edmund Husserl B a n d VIII, 1927 Die P a g i n i e r u n g der E r s t a u f l a g e steht im Neudruck in eckigen K l a m m e r n
ISBN 3 484 70113-7 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1973 Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany Nachdruck, photomechaniedie Wiedergabe und Übersetzung nur mit ausdrücklidier Genehmigung des Verlages gestattet Einband von Heinr. Koch Tübingen
Inhalt. Matbematifcbe
Exiftenz.
U n t e r f u c h u n g e n z u r L o g i k u n d Ontologie matfíematifcber P h ä n o m e n e . Von O s k a r B e c k e « (Freiburg i. Β.)
Seite
Vorbemerkung § 1. D e r g e g e n w ä r t i g e S t r e i t u m d i e G r u n d l e g u n g Mathematik a) Intuitionismus ( B r o u w e r ) b) Formalismus ( H i l b e r t ) §2.
Formulierung Exiftenz
des Problems
l
der 5 6 13
d e r m a t b e m a t ifd>en
21
§ 3. I m m a n e n t e K r i t i k d e r H i l b e r t i c b e n T h e o r i e . . . a) Der Sinn der Forderung der WiderfpruAsfreibeit b) Das Transfinite und das Imaginäre c ) Die Unvermeidlicbkeit des Unendlichen in der Metamathematik
32 32 36 45
§4.
54
§5.
Logifche
flnalyfe
der intuitioniftifchen Thefen
.
a) Die Leugnung des Satzes vom ausgefchloffenen Dritten b) Konfequenz und Wahrheit
. . .
Ontologifche Probleme
.
.
.
81
a) Der transfinite Progreffus und feine ontologifche Deutung
.
.
82
I. Die Reihe der C a n t o t f c b e n Transfiniten in der traditionellen Interpretation
82
des I n t u i t i o n i s m u s
II. Transfinite Strukturkomplikationen des Bewußtfeins
54 69
. . .
96
H. Die Stufen der Relativierung von Husfagen
96
B. Die Stufen der Bildgegebenheit
98
C. Die Stufen der Reflexion auf Heb felbft finmerkung (über S c h e l l i n g ) III. Die matbematifeben Theorien über die Menge W . . . . IV. Die transfinite Komplikation des Bewußtfeins und die Mengenlehre Fi. Die transfinite Progreffion und der überlieferte Mengen· begriff B. Phänomenologifche und matbematifcbe Theorie des Transfiniten
101 114 H6 119
126
Inhaltsverzeichnis. Seite
b ) Unterfucbungen zum Kontinuumproblem
129
I. Die gefcbicbtlichen Wurzeln in der Hntike
130
H. Die antike Definition der matbematifeben Exiftenz durch Konftruktion
130
B. Die antike Lehre von den irrationalen Verbältniffen .
.
133
C. Das Kontinuum in der Hntike
143
II. Die weitere Entwicklung in der neueren Mathematik bis auf Hilbert
148
fl. Die abendländifcbe Definition durch konvergente unend· liehe Prozeffe B. Die Entwicklung des allgemeinen Funktionsbegriffs bis 1750
14 8 149
C. Die Idee der »ganz willkürlichen«; Funktion
153
D. Das moderne Kontinuumproblem
I60 170
III. H i l b e r t s Löfungsverfucb des Kontinuumproblems . . . fi. Die angebliche Rolle der Beweistheorie bei der H i l b e r t · fd>en Löfung B. H i l b e r t s HauptbetraAtung
170 171
C. Das Lemma II
173
D. Das Lemma I
176
E. Die fachliche Bedeutfamkeit der H i l b e r t f A e n Löfung .
180
D a s ρ b i l o f ο ρ h i f cf> e P r o b l e m Exiftenz
der
matbematif
Aen 181
a ) Hermeneutifcbe ñnalyfe der demonftrativen und der deduk· tiven Mathematik b) Die entfebeidende Rolle der Zeitlicbkeit für den SeinsAarakter der matbematifeben Gegenftände I. Die grundlegenden antiken Theorien
181 197 197
fl. Geometrifcbe Figuren
197
B. Zahlen.
199
(Die Entwicklung von der Geftalt zur Reibe)
C. Das Unendliche
201
D. Zabi, Unendlichkeit und Zeit
209
II. K a n t über Zeit, Zabi, Unendlichkeit
213
III. Syftematifcbe Unterfucbungen
217
R. Die verfebiedenen Arten der unendlichen Progreifion .
.
B. Die biftorifebe und die naturbafte Zeit
220
C. Mathematik und Zeitlicbkeit
228
c) Der ontologifebe Sinn matbematiiebet Exiftenz
234
I. Einführung in die Problemftellung
234
II. Hiftorifcbe Orientierung an der Hntike
?36
fi. Das Problem der μάο-ησις (Vorplatoniker [ H r A y t a s J und Plato) B. Das flpriori und die άνΰμνηαις, (Der junge P l a t o ) . . C. Die flbftraktion (àtpaiçeatç) als das Matbematifeben (H r i ft ó t e l e s )
217
Kennzeichen
2 36
239
des 243
Inhaltsverzeichnis.
Vil Seite
D. flxiomatifcher Elementaraufbau (ατοιχιίωαις). (Der fpätere Plato) 246 E. Der pi a t o n i ícb· ar i ft o t el i ich e Gegenfat) . . . . 254 F. Die Anfänge des Matbematifch· Formalen 255 III. Die Weiterentwicklung des Matbematifcb • Formalen im Abendland fl. Begrenzung der Darftellung B. D e s c a r t e s und feine Zeit C. L e i b n i z D. K a n t IV. Syftematifche Erörterung der Frage nach dem Seinsfinn des Matbematifchen. (Obfcbließende Bemerkungen über die g e g e n w ä r t i g e Problemlage) MatbematifAer ñnbang Vorbemerkung E r g ä n z u n g e n zu §3. (Das Unendliche in der Metamatbematik) . I. Der metamatbematifcfte ñnfat) von J. v. N e u m a n n II. Die (halb«)transfinite Induktion in W. A c k e r m a n n s Beweis· tbeorie Iii. Zum Problem des »genügend kleinen« Endlichen in der Meta· matbematik E r g ä n z u n g e n zu § 4 . (Fragen der Β r o u w e r f c h e n Logik) . . I. Zum Problem des »Quartum non datur« II. Die Iteration der fibfurdität E r g ä n z u n g e n zu §5. (Zur Lebte von den transñniten Ordnungs· zahlen und zum Kontinuumproblem) I. J. v. N e u m a n n s allgemeine Theorie der transfiniten Ordnungszahlen II. Η i l b e r t s Theorie der Variablentypen und Ordnungszahlen · III. H e l f e n b e r g s induktive Begründung der Rechnung mit Ord· nungszahlen IV. B r o u w e r s Tbeorie der zweiten Zablklaffe V. Beifpiel für die transfinite Iteration der Bildintentionalität . . . VI. Über gewiffe Schwierigkeiten in der Transfinitentbeorie und die Möglichkeiten zu ihrer Überwindung fí. Die L ö w e n ft e i n - S k o l e m fcbe Paradoxie B. Über ein Verfahren zur fyftematifcben Bezeichnung (Kon· ftruktion) aller Transfiniten der zweiten Zahlklaffe . . . . C. Zur Frage der Begründung des zweiten H i l b e r t fcben Lem. mas zum Kontinuumfat) und diefes Satjes felbft Scblußbe merkung
264 264 265 274 288 307 329 329 330 330 330 332 335 335 339 340
343 350 352 354 356 365 368
Vorbemerkung. Der ñusdruck »Matbematifcbe Exiftenz« entftammt dec m a t h e m a t i ί eh e ri Facbfpracbe und dicfe ñ r b e i t gebt auch von dieíem Wortgebraucb innerhalb der poiitiven Wiffenfcbaft aus. Aber ihre ñbíicbt iít nicbtsdeftoweniger eine pbiloíopbiícbe; fie ift nämlich auf die Ergründung des S e i n s f i n n s d e r m a t b e m a t i f c b e n P h ä n o m e n e gerichtet. Sie umfaßt nicht nur l o g i Í eh e , íondern gerade in den Teilen, auf die ich am meiften Gewicht legen möchte, o n t o l o g i f e b e Unteriuchungen. Der ñusdruck »ontologifcb« ift n i c h t gemeint im Sinne des Rationalismus des 17. und 18. 3abr= bunderts, auch nicht im Sinne einer Wefensbetracbtung, die fieb konftitutiv-pbänomenologifcber Unterfuchung noch enthält, íondern er ioli gerade die konftitutive Frageftellung felbft und in gewiffem Sinne fogar noch mehr oder wenigftens eine befonders konkrete Form konftitutiven Fragens bezeichnen. Es wird in diefer ñ r b e i t weitgebend außer den natürlich gerade bei matbematifcben Gegenftändllcbkeiten zunäcbft grundlegenden Metboden der formalen, tranfzendental-konftitutiven Phänomenologie (fo, wie i n H u f f e r l s »Logifcben Unteriuchungen« und »Ideen zu einer reinen Phänomenologie« ihren beute bereits klaififcb gewordenen ñusdruck gefunden bat) die von H e i d e g g e r begründete Forfchungsweife der b e r m e n e u t i i e b e n Phänomenologie verwandt. (Vergi, defíen Abhandlung »Seinund Zeit« in diefem Jabrbucbband). H e i d e g g e r bezeichnet mit »Ontologie« die »Hermeneutik der Faktizität«, die Auslegung menfcblicben D a f e i n s . Und fo ift auch in der gegenwärtigen Unterfuchung immer wieder verfuebt worden, die »matbematifebe Exiftenz« in den Zufammenbang menfcblicben Dafeins bineinzuftellen, der als der allenthalben grundlegende Interpretationszufammenbang überhaupt anzufehen ift. Freilich ift damit von vornherein die Frage nach dem Seinsfinn des μάϋ-ιμια, des »Matbematifcben« im allgemeinften Sinn, hingedrängt auf den ñnfatj des μάθημα als μά9·ησις als »Mathematifierendes Dafein«. Das »Mathematifieren» (μα3"ηματι·/.ενεσ&αι) analog dem Philofophieren felbft oder etwa aueb dem Mufizieren, als eine Weife des lebendigen Dafeins des Menfcben, ift das Thema pbänomenologifeber I n t e r p r e t a t i o n
2
Oskar Becker.
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und kann allein nur Thema einer wirklieben Interpretation fein. Die Mathematik erfcheint als der Niederfcblag »matbematifierenden« Lebens, ίο wie die Kunft Niederfcblag des künftlerifcb febaffenden Lebens ift. ñ b e r , fo febr fie das ift, ift die Mathematik fonft nichts? 6ebt fie nicht gerade am ebeften von allen menfcblicben Betätigungen auf Gegenftändlicbes, Objektives, ñn • fi db - ewig -Seiendes ? Es läßt fid) nicht leugnen, daß »μά&ημα* (trot) aller feiner Gebundenheit an verbale μαν&άμειν, die es zum νόνημα ftempelt) auch diefen rein g e g e n ft ä n d l i c h e n Sinn bat. Es ift die Frage nicht abzuweifen, was es denn befage, daß die »äußere Welt« doch offenbar von matbematifcher Harmonie in ungeahntem, fieb mit jedem neuen Fortfcbritt der Wiffenfcbaft für uns ins Unermeßliche fteigernden Maße durebberrfebt und durchleuchtet ift. Diefes große Problem der Exiftenz des Matbematifcben in der Natur, das durch die febon feit Jahrhunderten andauernden, gar nicht felbftverftändlicben E r f o l g e der tbeoretifches Pbyfik geftellt wird, bleibt als ungelöfter Reft unterer konftitutiven und bermeneutifeben Unterfucbungen befteben. Prinzipiell in ganz ähnlicher Weife folgt auch in der Κ a η » t i f eh e η Philofopbie die Kritik der teleologifcben Urteilskraft noch auf die Kritik der reinen Vernunft (die im Grunde die [kantifchenj Konftitutionsprobleme alle febon erledigt hat). Für diefes Reitproblem ift weder die konftitutive noch die bermeneutifebe ñnalyfe eine zureichende Metbode; es verdient den Namen einer im eigentlichen Sinn m e t a p h y f i f c h e n Frageftellung, der man fieb — vielleicht auf dem Wege der Ν a t u r » D e u t u n g , eines Verfahrens, das nicht mit irgend einer ñ r t von ñuslegung zufammenfällt, nähern kann. In der gegenwärtigen Schrift bezeichnet diefes Problem nur die Grenze, die von der Unterfuchung nicht überfebritten wird. — Wenn auch das eigentliche Thema der Abhandlung, wie angedeutet, ein pbilofopbifcb« prinzipielles ift, fo geht die Betrachtung doch aus von der aktuellen und bis zu einem gewiffen Grade natürlich zufälligen Problemlage der gegenwärtigen matbematifcben Grundlagenforfcbung. Der Streit zwifeben dem » Intuitionismus« (B r o u w e r) und dem »Formalismus« ( H i l b e r t ) dient als ñnfatjpunkt der Unterfudmng. Das Ergebnis entfeheidet für den Intuitionismus und feine » f a c h l i c h e « Mathematik, die allein wirkliche Phänomene entdeckt, die orginärer und adäquater ñnfchauung zugänglich und exiftentialer ñuslegung fähig find. Insbefondere erweift fieb das U n e n d 1 i d ) e in der Form des P r o z e f f e s , u n d z w a r n i e b t b l o ß d e s i n d e f i n i t e n f o n d e r n a u e b d e s t r a n s f i n i t e n , als ein echtes
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Mathematiche Exiftenz.
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Phänomen des reinen formalen Bewußtfeins und auch fogar des konkreten biftorifcben Dafeins; es ift fowohl der konftitutiven ñnalyfe wie der ontologifchen Interpretation erreichbar. Fiber es ift freilich nicht zu verkennen, daß diefe Entfcheidung von den Schranken, die iich die Unterfuchung felbft auferlegt, bedingt ift. Es ift keines· wegs getagt, daß die » S a c h l i c h k e i t « f ü r das »metapbyfifche« Problem der Natur »Deutung, das im vorigen berührt wurde, noch diefelbe entfcheidende Rolle fpielt wie f ü r die Interpretation im Zufammenhange hiftorifchen Dafeins. Es muß insbefondere fpäterer Forfchung vorbehalten bleiben, die Rolle zu klären, die der neuerdings von H. W e y 1 auf Grund der H i l b e r t fchen Forfchungen vertretenen Idee einer r e i n f y m b o l i f c b e n M a t h e m a t i k im Zufammenhang mit der Frage deutenden Naturerkennens zukommt. Die zum Teil fcharfe Kritik, die an H i l b e r t s P h i l o f o p h i e der Mathematik in diefer ñrbeit geübt wird, läßt alfo nicht nur (was eigentlich felbftverftändlicb ift) die hohe Bedeutung der tiefen m a t h e m a t i f c h e n Gedanken H i l b e r t s unangetaftet (fie gibt ihnen nur eine von der eigenen ñuffaffung H i l b e r t s vielfach abweichende Deutung, die aber zeigt, in wie erftaunlichem Maße gerade die »formali ftifchen« Forfchungen H i l b e r t s zum Kontinuumproblem von fachlicher Bedeutfamkeit find), fondern fie hält auch die Möglichkeit einer »metaphyfifchen« Bedeutung der H i l b e r t f c h e n transfiniten Mathematik offen. Nur darf man die »Seinsart« der »tranfzendenten« metaphyflfchen Gegenftändlichkeiten, die jenfeits der phänomenologifdb ausweisbaren »immanenten« Sachlichkeit liegen, nicht mit eben jener uns aus den bisher angeftellten konftitutiven und hermeneutifcften Unterfucbungen vertrauten phänomenologifchen Sachlidbkeitver wechfeln. Es bandelt fich da um »Gegenftände«, die in gewiffem Sinne nach Ρ l a t ο η s Worten ïjtî/Mvct rfyg ουσίας, »jenfeits des Seinsfinns« f i n d , fo paradox dies auch klingt; Dinge die eine von der bisher betrachteten radikal verfcbiedenen transphänomenale, wenn auch vielleicht nicht metaphänomenologifche » n e u e S a c h l i c h k e i t « an fich tragen. Und fo ift es ein Hauptziel diefer Hrbeit, ein unbefonnenes Hineingleiten in eine methodifch unklare »Metapbyfik« zu verhindern, das Einfchneidende der Grenze, die vor jenem »Jenfeits« liegt, zu betonen und die Gefchloffenheit, die auch hier den konftitutiv-hermeneutifcben Problemkreis auszeichnet, zur Geltung zu bringen. Der Weg über jene Grenze hinaus, den die Forfchung vielleicht fchon bald zu befchreiten genötigt fein wird, foli und wird dadurch nicht verfperrt werden.
4
Oskar Becker.
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Wie jede pbänomenologifche ñrbeit, ift auch die vorliegende den metbodifcf) und inhaltlich in fo weitem Umfang grundlegenden Forici ungen H u f f e r t s (die leidet nur zum kleinften Teil veröffentlicht find) in erfter Linie verpflichtet. Dies gilt von faft allen Teilen der ñbbandlung; befonders hervorgehoben (ei die Urteilstheorie (§ 4 a), die Unterfcheidung von »Wahrheit« und »Konfequenz« (§ 4 b) und der Begriff der »Stufencharakteriftik« (bei der pbänomenologiícben ñnalyíe des transfiniten Prozeffes in § 5 a ) . Für die h e r m e n e u t i f e b e n , d. b. die wefentlicb o n t o l o · g i f eh e η Teile (insbefondere § 6 a, b und teilweife auch § 5 a und 6 c) gebührt mein Dank den bahnbrechenden Unterfuchungen H e i d e g g e r s . Sie konnten im allgemeinen noch nicht in der jetjt vorliegenden, abfcbließenden Faifung, wie fie in »Sein und Zeit« fieb darfteilt, be= nutjt werden, fondern gehen auf Vorlefungen und Übungen vor allem feiner Freiburger Lebrtätigbeit 1 9 1 9 - 1 9 2 3 zurück. Trotjdem habe ich nachträglich einige wenige Einzelbinweife auf »Sein und Zeit« zur Erleichterung des Verftändniffes für den Lefer hinzugefügt. Die bermeneutifche ñnalyíe der Zeitlichkeit ift nach einem im Juli 1924 in Marburg gehaltenen Vortrag dargeftellt. Es fei noch bemerkt, daß aus verfchiedenen Gründen meine Terminologie nicht überall den oft fubtilen Unterfcbeidungen Heideggers genau folgt; fo ζ. B. unterfebeide ich nicht »ontologifch« und »ontifcb« und gebrauche die Termini »Dafein«, »Exiftenz« u. ä. nicht in der febarfen Begrenzung wie er. Was am Schluffe der ñrbeit (im § 6 c IV, am Ende) über die Idee einer fymbolifeben, Natur deutenden Mathematik gefagt wird, verdankt entfeheidende Anregungen der neuften pbilofopbifcben Schrift H. W e y l s 1 und außerdem mir liebenswürdiger Weife zuteil gewordenen brieflichen Äußerungen. Für wertvollfte Hilfe zum Verftändnis L e i b n i z e n s (vgl. § 6c III E) bin ich endlich D. M a h n k e s bekannten ñrbeiten, die ihr Verfaffer durch einige für mich febr lehrreiche briefliche Mitteilungen freundlicberweife ergänzte, zu großem Danke verpflichtet. 1) »Pbilofopbie der Mathematik und Naturwiffenfcbaft« (Handbuch der Pbilofopbie, ber. v. fl. Bäumler u. M. Schröter, München u. Berlin 1926, ñbt.II, Beitrag R . ) ; die Schrift erfebien leider zu fpät, u m außer in § 6 c I V noch fyftematifcft benutzt w e r d e n zu können. — Ebenfo konnte die wichtige Abbandlung J. v . N e u m a n n s »Zur Hilbertfcben Beweistbeorie« (Matb. Zeitfeh. Bd. 26, S. Iff. [1927], die gerade in einem für mich b e d e u t f a m e n P u n k t e den H i l b e r t B e r n a y f c h e n Standpunkt modifiziert, nur noch im »M a t b e m a t i f d> e η ñ n b a n g - am Schluß der ñrbeit berückficbtigt werden.
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Matbematifcbe Exiftenz.
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§ 1. Der gegenwärtige Streit um die Grundlegung der Mathematik. Der Begriff der m a t b e m a t i i c b e n E x i f t e n z ift derjenige unter allen matbematifcben Begriffen, der am deutlicbften verrät, wo die p b i l o i o p h i f c b e n Fragwürdigkeiten in der mathematiichen, fcbeinbar io feft gegründeten Wiffenfcbaft beginnen. Er gewährt daber am ebeften die Möglichkeit, zu unterfucben, welches die philofopbifcben Wurzeln der matbematifcben Tbeorienbildungen find, d. b. was den Sinn des Seins matbematifcber Gegenftändlicbkeit und mathematischer Frageftellung ausmacht. Man darf nicht hoffen, diefen Grundbegriff in den programmatischen Erklärungen pbilofopbifcher Färbung, welche die um die Grundlagen ihrer Wiííenfcbaft bekümmerten Mathematiker ihren Darlegungen zuweilen vorauszufcbicken pflegen, voll zu erfaííen. Er wird nur da klar ans Licht treten, wo er in der ihm eigentümlichen Leiftung für das Entfteben der Theorie beobachtet werden kann. Deshalb ift es erforderlich, eine Schilderung und Würdigung der tatfächlicben Leiftungen der gegenwärtigen matbematifcben Grundlagenforfcbung den weiteren Darlegungen vorauszufcbicken. Im Verlaufe diefer kritifchen Bemühungen zeigt Geh dann, daß die leitenden Gefichtspunkte für die Forfchungen der gegenwärtigen Mathematiker nicht etwa unferer heutigen Zeit eigentümlich find, fondern aus hiftorifchen Wurzeln entfpringen, die bis in die grieebifebe Pbilofopbie und Mathematik hinabreichen. Sofern eine echte pbilofophifche Klärung ohne richtig verftandene biftorifche Befinnung niemals wird geleiftet werden können, erweift fich damit eine Unterfuchung der antiken ñníchauungen über matbematifcbe Exiftenz als unentbehrlich. Erft nach diefen Vorunterfuchungen wird man genügend vorbereitet fein, um an die eigentlichen pbilofophifchen Fragen herantreten zu können. Die gegenwärtige geiftesgefchichtliche Lage der Pbilofopbie der Mathematik ift nun am fchärfften gekennzeichnet durch eine gewifie Streitfrage, die um das Prinzip der Grundlegung der mathematiichen Wifíenícbaften entftanden ift. Es ericheint daber geboten, mit einer Darfteilung diefes fundamentalen Streitpunktes zu beginnen, den man durch die Doppelfrage kennzeichnen kann: »Soll die Mathematik i n t u i t i v oder f o r m a l - a x i o m a t i f c b begründet werden?«
Oskar Becker.
6
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Nachdem es in den 70 er Jahren des 19. Jahrhunderts anfcbeinend gelungen war, die höhere Hnalyfis nach langen vergeblichen Verhieben mit derielben Strenge zu begründen wie die elementare Mathematik (G. C a n t o r , D e d e k i n d , M e r a y , W e i e r ft r a ß), ichritt man zu dem Unternehmen fort, die Lehre von den natürlichen Zahlen im Zufammenhang mit der von C a n t o r mit erftaunlicher Kühnheit gefebaffenen Lehre von den unendlichen Mengen ibrerieits auf eine angemeffen erweiterte formale Logik zu begründen (G. F r e g e , Β. R u f f e l l ) . Dies mißlang jedoch, indem fich innerhalb der anfcbeinend ungebührlich ausgedehnten formalen Logik felbft unlösbare Widerfprücbe ergaben, die fogenannten »Antinomien der Mengenlehre« ( B u r a l i - F o r t i , R u f f e l l ufw.). Trot} mannigfacher, mehr oder weniger geglückter Verfudie von feiten der formalen Logiker, diefe Widerfprücbe aus der Welt zu fchaffen ( F r e g e , R u f f e 11, J . K ö n i g u. a.), wurde dadurch das Vertrauen in die Möglichkeit einer rein logifeben Begründung der getarnten Mathematik ftark erfebüttert. Man fuchte einen ñusweg teils in Begründungen nach axiomatifeber Methode (Z e r m e l o für die Mengenlehre, H i l b e r t für die ñritbmetik), teils brach fich die Überzeugung Bahn, daß Logik und ñritbmetik eine unlösbare Einheit bilden und daher nur gemeinfam begründet werden können (H. P o i n c a r é , H i l b e r t , B r o u w e r , W e y l ) , eine Anficht, die febon immer in den Kreifen der fehöpferifeben, der Grundlagenforfcbung ferner ftebenden Mathematiker verbreitet war. Hier ift nun der gemeinfame Ausgangspunkt der verfebiedenen Riebtungen der g e g e n w ä r t i g e n Grundlagenforfcbung erreicht, die nun in ihrer Gegenfätjlicbkeit zu fcbildern und zu würdigen find. Es handelt fich hierbei um zwei einander gegenüberftehende Grundauffaffungen der Aufgaben und Löfungsmethoden des Grundlegungsproblems der Mathematik, die man mit den Namen des » I n t u i t i o n i s m u s « und des » ( a x i o m a t i f i e r e n d e n ) F o r m a l i s m u s « zu bezeichnen pflegt.1 Dieie find nun der Reibe nach zu erörtern. a) D e r
Intuitionismus.
Wie ihr Name fagt, legt diefe Auffaffung entfeheidendes Gewicht auf die Α η f eh a u u η g (intuitio), die allerdings nicht als »finnlicbee Exiftenz.
9
finnvollerweife von einer derartigen Folge ausgefagt werden, für welche die Entscheidung, ob fle der Folge zukommen oder nicht zukommen, fchon fällt, wenn die Folge in ihrer Entwicklung bis zu einer gewiffen Stelle gekommen ift, ohne daß die Weiterentwicklung über diefen Punkt des Werdens hinaus, wie fie auch ausfallen möge, die Entfcheidung wieder umftoßen kann. Mit anderen Worten: man kann wohl über Gefchehenes ficher urteilen, nicht aber übet die Zukunft. Prophezeihen kann man nur infoweit, als Gefetjmäßigkeiten bekannt find, die den zukünftigen Gang der Ereigniffe j(das Entftehen der Glieder der Folge) mehr oder weniger beftimmen. (Wahlfolge mit Nebenbedingung, Grenzfall der durchgehenden Be« ftimmtheit: gefetjmäßige Folge.) Β e i f ρ i e I : D i e augenblicklich v o r l i e g e n d e n Glieder einer W a h l f o l g e F feien: 1, 6, 28, 3, 9, 11 . . . M a n k a n n i m g e g e n w ä r t i g e n Augenblick dieier F o l g e d i e Eigenfcbaft zufptecben: »F e n t h ä l t d i e Zabi 9«, nicht aber »F ent= bält die Zabi 4« noch auch »F e n t h ä l t die Zabi 4 nicht«. ( D e n n darüber ift noch k e i n e Entfcheidung gefallen.)
Diefe Ü b e r l e g u n g z e i g t , daß die F o l g e n z w e i t e r ñ r t o h n e Z e i t l i c h k e i t nicht gedacht w e r d e n k ö n n e n , ñusfagen über folche Folgen find auf keine Weife von der augenblicklichen Lage, dem Stande der Entwicklung unabhängig zu machen. Nun find die völlig gefetjmäßig (durch ein »allgemeines Glied« u. dgl.) beftimmten Folgen erfter ñ r t zwar auch nicht ihrem eigentlichen Seinsfinn nach zeitlos oder überzeitlich, aber alle über fie möglichen ñusfagen laffen fid> unabhängig von irgendeinem Zeitpunkt ausfprechen, fo daß fie in einem gewiffen logifchen Sinn in ihrer ganzen unendlichen Erftreckung wirklich gegeben find. Bei den Folgen zweiter Firt find derartige zeitunabhängige ñusfagen lediglich in genau dem Maße möglich, als manche ihrer Eigenfchaften (durch Nebenbedingungen oder die Regel ihrer fchrittweifen Erzeugung) gefefemäßig beftimmt find. ñus diefer Sachlage ergeben fid) einige merkwürdige Folgerungen bezüglich der logifchen Eigentümlichkeit von Urteilen über Folgen: Es fcheint nämlich, daß d e r Sat} v o m a u s g e f c h l o f f e n e n D r i t t e n , nach dem von zwei kontradiktorifch entgegengefetjten Urteilen eines wahr fein muß und eines falfch, im Gebiete der endlofen Zahlfolgen g e w i f f e A u s n a h m e n e r l e i d e t . Die Urteile: 1. Es gibt in der Folge F eine Zahl von der Eigenfcbaft E, 2. ñlle Zahlen der Folge F haben die Eigenfcbaft E, haben nämlich unter Umftänden beide kein »eigentliches« kontra· diktorifches Gegenteil, d. h. das rein formal gebildete kontradiktof i e r i , Jafnbucb f. Pbilofopbie. VIII.
10
Oskar Becker.
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rifcbe Gegenteil gehorcht nicht dem Satje vom ausgefchloffenen Dritten, weil es nämlid) gar keine fachlich greifbare Bedeutung hat. In der Tat: Die negativen Urteile: 1. Es gibt in der Folge F k e i n e Zahl von der Eigenfchaft E, 2. N i c h t alle Zahlen der Folge F haben die Eigenichaft E, haben für f r e i w e r d e n d e Folgen F im allgemeinen keinen fachlich klaren Sinn. Es läßt fich ja - was das erfte Urteil betrifft - , falls nicht eine geeignete einfchränkende Gefefjmäßigkeit vorliegt, bei einer frei werdenden Folge nicht fagen, was für Zahlen in ihr noch auftreten werden, und deshalb auch nicht, ob etwa eine Zahl mit der Eigenichaft E nicht doch noch erfcheinen wird. Ähnlich ift es beim zweiten Urteil: es befteht unter den gemeinten Umftänden ftets die Möglichkeit des Erfcheinens einer Ausnahme, aber ob diefe je zur Wirklichkeit wird, ift offenbar ganz unbeftimmt. Die Disjunktion: »Entweder gibt es in der Folge eine Zahl mit der Eigenfchaft E oder nicht« ift alfo keine echte vollftändige Disjunktion bzw., wenn man fie aus formalen Gründen für eine vollftändige Disjunktion halten will, erleidet für fie der Satj vom ausgefchloffenen Dritten eine Ausnahme. Wohlgemerkt, diefe Schwierigkeiten treten nur ein bei frei werdenden Folgen, nicht bei gefetjmäßig beftimmten. Bei diefen legten ermöglicht das Gefeij einen Überblick über fämtliche »unendlich vielen« Glieder. Das führt dann weiter zu dem eigentümlichen Verhalten der Folgen felbft, wenn man ihnen gegenüber die Frage ftellt »Gibt es eine Folge F mit der Eigenfchaft E?«. Diefe Frage kann man dann bejahen, wenn F eine gefetjmäßige, vorliegende Folge ift, oder eine frei werdende Folge mit gewiffen gefetjmäßigen Eigenfchaften, derer Konftruktion in ganz beftimmter Weife vorgelegt werden kann. Ihre Verneinung hat keinen Sinn, folange man die Folge nod) als eine gefetjmäßige auffaßt. Denn ein Überblick über alle »möglichen« Gefetje, die jemals aufgeftellt werden können, fcheint nicht gewonnen werden zu können. 1 Wendet man aber die negative Antwort auf die in Rede ftehende Frage pofitiv: »Jede Folge hat die Eigenfchaft nicht»E«, fo bat das nur 1) Die im Text angegebene Meinung wird von intuitioniftifcber Seite zumeift vertreten. Wir werden indeffen fpäter (in § 5 b) im Hnfchluß an die neueften Forfdbungen H i l b e r t s zum Kontinuumproblem (»Über das Unendliche«, Math. Hnn. Bd. 95) darlegen, daß die geleugnete Möglichkeit einer Überficht über »alle möglichen« Gefetje für eine endlofe Folge im gewiffen Sinne doch beftebt.
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Matbematifcbe Exiftenz.
Sinn, wenn man unter Folge eine freie Wablfolge (mit gewiííen Nebenbedingungen) verftebt; nicht aber für gefermäßige Folgen. Β e i f p i e l e : »Jede Würfelfolge (mit e i n e m Würfel) bat die Eigen« fchaft, die Zabi 21 nicht zu enthalten«. Das gilt natürlich auch für alle ge· (ermäßigen Folgen, die innerhalb des »Rahmens« der Würfelfolge betrachtet werden können. (Wenn ζ. B. an das Auftreten gewiffer regelmäßiger Wurffolgen eine gewiffe Spielregel geknüpft ift, fo liegt das Konftruktionsprinzip einer derartigen Folge »im Rahmen« des Begriffes der Würfelfolge.) — Ein befferes Beifpiel bietet das S c b a c b f p i e l dar. Eine Schachpartie kann als eine frei werdende Folge mit Nebenbedingungen angefeben werden, die u. U. abbrid>t (wenn einer der Spieler Matt fetjt), die aber auch endlos fein kann (bei gewiffen Arten von Remis). Unter befonderen Umftänden kann fie aber auch, nachdem eine endliche Anzahl von Gliedern vorliegt, in eine gefetjmäßige Folge übergeben (bei gewiffen Arten von Zugzwang, wie »ewiges Schach«), In diefem legten Fall liegt eine gefetjmäßige Folge »im Rahmen« einer frei werdenden Folge mit Nebenbedingungen vor.
Die foeben dargeftellten Betrachtungen hängen eng zufammen mit der Frage der E n t f c h e i d b a r k e i t e i n e s b e f t i m m t e n matbematifcben Problems. Die Frage ift, ob jedes rein mathematiche Theorem, alio zunädbft fchon jeder klar formulierte zahlentbeoretifche Sat), entweder bewiefen oder widerlegt werden kann.
Beifpielsweife kann man fragen: «Gibt es mehr als 5 Primzahlen von der Form 2 n + l ? (Bekannt find beute nur 5 Primzahlen diefer Form, nämlich für n — 1, 2, 4, 8,16.) 1 Man kann diefe Frage nicht mit ja oder nein ent· fcheiden durch Probieren, denn die Anzahl der Zahlen von der Form 2" + 1 ift unendlich, und man kann doch immer nur eine nach der andern auf ihre Teilbarkeit hin unterfuchen. Die B e z i e h u n g z u r L e h r e v o n d e n e n d l o f e n F o l g e n wird klar, wenn man folgende Z u o r d n u n g ftiftet: Man erzeuge eine werdende Folge nach der Regel: Man probiert die nach der Größe geordneten Zahlen der gefetjmäßigen Folge mit dem allgemeinen Glied 2 " + l auf ihre Teilbarkeit der Reihe nach durch: erweift fich eine der erwähnten Zahlen als teilbar, fo wähle man die Zahl 1, wo nicht, die 2; fo erhält man eine echte werdende Folge, die nur die Zahlen 1 und 2 ent= hatten kann, von der man aber nicht weiß, ob fie mebr als 5 oder gar un* endlich viele Zweien enthält. Und zwar kann man dies erftere gar nicht wiffen, bevor nicht eine fecbfte Zwei aufgetreten ift (was bisher noch nicht der Fall war), - und ob es in ihr unendlich viele Zweien gibt, könnte man überhaupt nur dann jemals erfahren, wenn die Folge einmal durch ein Gefetj dargeftellt würde, alfo ihren Charakter als »frei werdende« Folge verlöre. Ein anderes Beifpiel ift die bekannte F e r m â t fcbe Behauptung, es gäbe für ra > 2 keine vier ganzen Zahlen n, x, y. λ die die Gleichung
+
=
befriedigen. Ob diefe Behauptung richtig oder falfcb ift, läßt fich offenbar nicht durch Probieren entfcfceiden; man kann auch hier den fyftematifcb an= 1) Dies Beifpiel nach F r a e η k e I, (2. Aufl. Berlin 1923) S. 170..
Einleitung
in die Mengenlehre 29*
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Oskar Becker.
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geordneten Proben (nachdem man alle Zablenquadrupel (n, x, y, *), für die η > 2 ift, in eine eindimenfionale Folge geordnet bat, was bekanntlich ftets ausgeführt werden kann,) eine echte werdende Folge der Zahlen 1 und 2 zuordnen, indem man bei Befriedigung der Gleichung jeweils die 1, bei Nicht· befriedigung die 2 wählt; es ift dann bisher (für η > 2 ! ) noch keinmal die 1 erfcbienen, ob fie das jemals tun wird und wie oft, ift z.Zt. gänzlich unbekannt.
Der i n t u i t i o n i f t i f c h e S t a n d p u n k t d e r E n t ich e i d b a r k e i t s f r a g e g e g e n ü b e r ift nun der, daß, fofern eine arithmetifche Frage zur Zeit tatfäcblicb unentfchieden ift, fich wiffenfchaftlieb über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, jemals zu ihrer Entfcheidung zu gelangen, gar nichts ausfagen läßt. 1 ñuf Grund diefer finfehauung verlangt der Intuitionift, daß der Satj vom ausgefchlofienen Dritten, auf dem das Verfahren des indirekten Beweifes beruht, auf unendliche Gefamtheiten, die in der gefchilderten Hrt mit endlofen Wahlfolgen zufammenhängen, nicht angewandt werden dürfe. Dies bringt für die Möglichkeit der Führung mathematifcher Beweife und der Definition mathematifcher Begriffe und Gegenftändlichkeiten empfindliche Einfchränkungen gegenüber der bisherigen Übung mit fleh. So find z. B. Begriffe, wie der der Gefamtheit aller möglichen Zablfolgen nicht zuläffig ; womit auch die Möglidikeit wegfällt, etwa die Menge der Dual- oder Dezimalbrüche zwifchen 0 und 1 zu bilden oder die Menge der transízendenten Zahlen zwifchen 0 und 1 und überhaupt die meiften nicht abzahlbaren Mengen. Der Begriff einer willkürlichen reellen Funktion (im Sinne D i r i c h l e t s ) erweift fleh als unhaltbar, ebenfo der einer beliebig zufammengewürfelten unendlichen Punktmenge mit beftimmten defkriptiven Eigenfchaften und daraus abgeleitete Begriffe, wie der der »oberen Grenze«. Die Can= torfche Definition des Linearkontinuums als einer beftimmt gekennzeichneten Punktmenge fällt auch in fich zufammen. — Die getarnte ftnalyfis, die ja mit dem Begriff der reellen Zahl beginnt, bedarf einer neuen Begründung, obwohl damit nicht gefagt ist, daß nicht 1) Es find natürlich in manchen Fällen fozufagen »gefühlsmäßige« auf Analogie mit gewiffen bekannten Tatfachen beruhende Vermutungen möglich. So kann man etwa nach der Analogie mit dem bekannten von E u k l i d (IX, 20) bewiefenen Sat} über die Exiftenz unendlich vieler Primzahlen in dec natürlichen Zahlenreihe vermuten, daß allgemein in j e d e r aritbmetifeben Reibe erfter Ordnung, die aus ganzen Zahlen befteht, unendlich viele Primzahlen enthalten find. Diefe Vermutung wurde, wie bekannt, durch den Beweis von D i r i eh 1 e t beftätigt, allerdings unter Zuhilfenahme infinitefimaler Betrachtungen. Solange der D i r i eh 1 e t febe Beweis aber nicht vortag, war jene Vermutung, vom ftreng matbematifchen Standpunkt aus gefehen, lediglich eine ganz leere logifche Möglichkeit.
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erhebliche Teile, vielleicht die erbeblichften, nach Änderung der Beweisform wieder übernommen werden können. Immerhin erleiden ñnalyfis wie Mengenlehre empfindliche Einbußen (» ñmputationen « ). Gewonnen wird andrerfeits eine ganz neue Theorie des Kontinuums als eines »Mediums freien Werdens«, die im Gegenfatj zu dem abftrakten »atomiftifchen« Kontinuumsbegriff der überlieferten Mengenlehre, die begriffliche Erfaffung des anfchaulichen Stetigen, in dem es keine »Punkte« gibt, ermöglicht.1 Es ift begreiflich, daß diefe »Amputationen« am Körper der überlieferten Mathemik feitens der intuitioniftifchen »Putfchiften« heftigen Widerftand der auf ihre Traditionen ftolzen Mathematiker gefunden haben. Der hervorragendfte Gegner der intuitioniftifchen »Revolution« ift H i l b e r t , deffen ñnfchauungen nunmehr zu fchildern find. b) H i l b e r t s a x i o m a t i f c b e r
Formalismus.
Obwohl H i l b e r t und fein Mitarbeiter Β e r η a y s gewiß nicht die einzigen find, die die Mathematik auf ein notwendig formales Syftem von ñxiomen gründen wollen, fo haben fie doch diefes Verfahren mit einer bis ins Letjte gebenden Folgerichtigkeit ausgebaut und deshalb ift es für eine grundfätjliche Unterfuchung der Sachlage das Zweckmäßigfte, an fie anzuknüpfen. H i l b e r t unterfcheidet von vornherein »inhaltliche« und »formale« Mathematik. 2 Die erfte ift auf das Endliche befchränkt und ift nicht ibrerfeits auf ñxiome gegründet, fondern auf die fachliche Feftftellung von gewiffen Grundtatfachen. Die Notwendigkeit dafür ergibt fidi daraus, daß H i l b e r t zum Zwecke der Begründung der »formalen« eigentlichen Mathematik einer (»metamathematifchen«) »Beweistheorie« bedarf, die jeden mathematifchen Beweis felbft als ein 1) Vergleiche darüber und über den bierfür gehörigen Begriff der « entfcbeidungsdefiniten Mannigfaltigkeit« meine Abhandlung im 6. Bande diefes Jahrbuches; femer die dort angeführten Arbeiten B r o u w e r s und W e y l s (am wicbtigften find die Arbeiten B r o u w e r s in den Abbandlungen der Amfterdamer Akademie des Jahres 1918 und 1919 [in neuer Faffung Math. Ann. 93, 95, 96], und W e y l s in der Mathematifchen Zeitfcbrift Bd. 10 u. 20), zu denen inzwifchen noch der Auffat) W e y l s im »Sympofion« I. Band, 1. Heft, gekommen ift. — Übet den intuitioniftifchen Standpunkt wefentticb hinaus gebt W e y l s neuefter Auffat) im »Handbuch der Pbilofopbie« (München 1926). Ein Verzeichnis der getarnten neueften Literatur über Grund· lagenfragen findet man bei A. F r a e n k e l , Zehn Vorlefungen über die Grund* legung der Mengenlehre (Leipzig u. Berlin 1927). 2) Die erfte beißt auch » M e t a m a t b e m a t i k « , die zweite Matbe= matik im engeren Sinne.
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matbematifches Gebilde auffaßt, beftebend aus einer endlichen Anzahl in gewiffer Anordnung und Gruppierung vorliegender Zeichen. Dabei ift vorausgefejjt, daß die Beweiie begrifFsfchriftlich dargeftellt find, als eine Reibe von Formeln, die auseinander nacf) beftimmten formalen Regeln hervorgeben. D e r Grundgedanke H i l b e r t s ift nun folgender: Ein matbematifcher B e w e i s als ein endliches Gebilde ift durch die keine grundfätjlichen Schwierigkeiten darbietende Lehre von den endlichen Gefamtheiten (endliche formale L o g i k , Arithmetik, Kombinatorik) vollftändig beberrfchbar. Insbefondere befteht die Möglichkeit z u zeigen, daß aus beftimmten A x i o m e n nach beftimmten Regeln geführte Beweiie nicht auf die einen Wideripruch darfteilende Zeichenkombination f ü h r e n können. Richtet man alio die Beweiie der höheren (formalen) Mathematik fo ein, daß ihr A b bild in Formeln jene Eigentümlichkeit hat, nicht auf die F o r m e l f ü r eine widerfpruchsvolle Auslage führen z u k ö n n e n , fo w e i ß man damit, daß jene Begriffe und A x i o m e der höheren Mathematik auf Grund der benutzten logifchen Schlußweifen niemals z u wideriprecbenden Sätjen führen können, — ohne daß es dazu nötig w ä r e , jene Begriffe und A x i o m e ihrem Inhalt nach z u verftehen und etwa auf ihre fachliche Wahrheit z u prüfen. Die Entbehrlichkeit einer fachlichen Nachprüfung ift der entfcheidende F u n k t ; daraufhin ift es geftattet, axiomatifAe Vorausfetjungen e i n z u f ü h r e n , deren fachliche T r a g w e i t e gewiffermaßen den »endlichen menfchlichen Verftand« überschreitet, die alfo mit Recht als » transfinit« oder »tranfzendent« zu bezeichnen find. S o gelingt es, den Herrfchaftsbereid) mathematifcher Wiffenfchaft w e i t über das von Seiten der Intuitioniften zugelaffene Maß hinaus auszudehnen, ohne jemals befürchten z u müffen, durch (ich einftellende Widerfprüche L ü g e n geftraft z u w e r den. Und Widerfprüche find, w i e fchon K a n t b e m e r k t e , das Einzige, w a s die über die Schranken der Erfahrung (hier der mathematifchen Intuition) binausfcbweifende menfchliche V e r n u n f t in ihrem Laufe zurückhalten kann. A u f diefe Weife w i r d das gefamte von der überlieferten Mathematik eingenommene Forfchungsgebiet erhalten einfcbließlicb der C a n t o r - Z e r m e l o f c h e n Mengenlehre. Es ift nun k u r z darzuftellen, w i e es Hilbert gelingt, 1. die Widerfpruchslofigkeit eines beftimmten Axiomenfyftems z u beweifen, und 2. das Transfinite durch eine ihrer formalen Befchaffenheit nach endliche Begriffsbildung z u erfaffen. 1. N a c h w e i s d e r W i d e r f p r u c h s l o f i g k e i t e i n e r e n d l i c h e n A n z a h l e n d l i c h e r F o r m e l n . — Wie aus der ioeben
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gegebenen allgemeinen Darftellung hervorgebt, ift ftreng zu icbeiden zwifeben dem f o r m a l e n ñ b b i l d der aritbmetifeben Sätje und Beweife als dem »Gegenftand« der Theorie und dem i n h a l t l i c h e n D e n k e n über diefen Formalismus als dem »Inhalt« der Theorie. Der Schwerpunkt diefer Beweistbeorie liegt in dem genauen Studium der Hrt und Weife, wie aus beftimmten vorliegenden Formeln andere neue hervorgeben. Dies gefebiebt einmal durch »Einreden « (Subftitution) von fpeziellen Ausdrücken in » allgemeine « Formeln, alfo - ganz wie in der hergebrachten Mathematik — durch Erfetjen eines einen Htlgemeinbegriff andeutenden Zeichens durch eine fpezielle, einen unter jenen Hllgemeinbegriff fallenden Gegenftand darftellende Zeichenkombination. Zweitens entftehen neue Formeln durch Scblüffe nach dem Schema: Θ D a s h e i ß t : 1. Die Formel S gilt. 2. Es gilt: ñus © folgt Z . ñlfo: 3. Es gilt S . Huf diefe beiden Hrten, durch »Einfetjen« und »Schließen« (das dann noch in verwickeiteren Formen vor fieb geben kann) entftehen alfo nacheinander alle beweisbaren Formeln aus den ñxiomen. Man kann u.U. überfeben, aus dem formalen »GefeÇ« des Verfahrens heraus, daß eine beftimmte Endformel, etwa 0 =j= 0, niemals erreicht werden kann. Gelingt es andererfeits, die Formulierung des Widerfprucbs immer auf die Geftalt θ φ θ zu bringen, fo ift der Nachweis der Unmöglichkeit des Huftretens der Formel 0 Φ 0 im Beweife gleichbedeutend mit dem Nachweis, daß in den Beweifen der vorliegenden Hrt eine widerfprucbsvolle Husfage nicht formuliert werden kann; d. h. daß ein derartiger Beweis nicht zu einem Widerfpruch führen kann. Man kann die zunäcbft befremdende Sachlage durch einen Vergleich mit gewiffen beim Schachfpiel auftretenden Möglichkeiten erläutern: Es gibt bekanntlich beim Schach gewiffe »Endfpiele«, bei denen ein Matt von keiner Partei erzwungen werden kann bei richtigem Spiel. Der einfachfte Fall ift der, daß nur noch die beiden Könige fid) im Spiel befinden. Dann ift eine Mattftellung niemals zu erreichen, wie auch gefpielt werden möge. Verwickelter ift etwa der Fall: Weißer König mit zwei Springern gegen den fchwarzen König. In diefem Falle kann Weiß bei korrektem Spiel von Schwarz das Matt nicht erzwingen. Fügt man alfo zu der üblichen Spielregel des Schach die Zufaljbedingung hinzu, daß Schwarz beftimmt ge-
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kennzeichnete »fehlerhafte« Züge n i c h t fpielen darf, ίο kann man ficher fein, daß Weiß niemals Matt fetjt, — wie im übrigen das Spiel auch verlaufen möge. In beiden Beifpielen ift alfo das ñuftreten einer Mattftellung ausgefchloffen, die offenbar einer widerfpruchsanzeigenden Formel im mathematifchen Beweis entfpricht, während die nacheinander entftehenden Stellungen auf dem Schachbrett etwa den nacheinander auftretenden Formeln des Beweifes gleichzufetjen find; beide Male geht ja ein Gebilde aus dem andern gemäß gewifier Regeln hervor. Nun fei ein Beifpiel für eine H i l b e r t fche Beweisführung gegeben. 1 Es werde gezeigt, daß aus den gleich anzuführenden fünf Axiomen die Forme! α φ α niemals gefolgert werden kann. Die Axiome folien wie folgt lauten: 1. a = a 2. α = δ - > < ι + 1 = δ + 1 3. α + 1 = δ + 1 —>- a — b 4. α = e —(b = e —>- a = b) 5. α + 1 φ ΐ . Die Zeichen a, b, e find allgemeine Zeichen für Zahlen und aus Zahlen zufammengefetjte Ausdrücke (Funktionen). Das Zeichen » —>- « bedeutet »folgt« oder »wenn — fo« (»Implikation«). E s wird zunächft der folgende Hilfsfat) bewiefen: a) H i l f s f a t } : E i n e b e w e i s b a r e F o r m e l k a n n d a s Z e i c h e n » ->- « b ö c h f t e n s z w e i m a l e n t h a l t e n . B e w e i s : Läge ein Beweis für eine Formel mit mehr als zwei » — >- « » Zeichen vor, fo müßte es in ihm notwendig eine Formel geben, wo dies zum erften Male der Fall ift. Diefe Formel kann unmittelbar durch Einfetten in die flxiome offenbar nicht entftanden fein. Denn für die Zeichen a, b, c können Ausdrücke, die bereits ein »—->-« »Zeichen enthalten, nicht eingefetjt werden. Sie kann aber auch nicht als Endformel £ eines Schluffes auftreten, denn dann wäre die zweite Prämiffe des Schluffes, nämlich @ —>- X, auch fchon eine Formel mit mehr als zwei *->-*«Zeichen, gegen die Vorausfetjung, daß Ï die e r f t e derartige im Beweife auftretende Formel ift. Nunmehr ift der Beweis des eigentlichen Satzes möglich: b) H a u p t f a t j : α φ α i ft k e i n e a u s d e n A x i o m e n 1 - 5 bare Formel.
beweis·
B e w e i s : Um eine das » φ « · Zeichen enthaltende Formel zu gewinnen, muß man Axiom 5 heranziehen. Alle daraus durch Einfetjen entftehenden Formeln haben die Geftalt a + 1 φ 1 und hiervon ift a + 1 gewiß nicht das· felbe Zeichen wie 1. Es bleibt alfo nur die Möglichkeit, daß α φ α die End· formel eines Schluffes ift. In diefem Falle müßte deffen zweite Prämiffe lauten © —>- α φ α. Da diefe offenbar nicht direkt durch Einfetjen aus den 1) Nach H i l b e r t , Abbandl. d. Math. Sem. d. Hamburgifcben Univerßtät (1922), Bd. I, Heft 2, S. 157 ff. (leicht verändert).
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Axiomen entftebcn kann, fo müßte fie ibrerfeits Endformel eines ScMuiïes fein, deffen zweite Prämiffe dann % ->- (© —>- α φ a) fein würde, Aber auch diefe Formel könnte wiederum nicbt anders zuftande kommen als durch einen Scbluß, deffen zweite Prämiffe notwendig die Gettali bätte : U —>- { (© ->- α φ a)}. Diefe Formel enthält aber mebr als zwei »->-««Zeichen, ift alfo nach dem »Hilfsfat)« unmöglich. — Damit ift aber auch die Unmöglichkeit eines Beweifes für die Formel a =)= a nacbgewiefen. Das angeführte ßeifpiel zeigt wobl zur Genüge, daß derartige Unmöglichkeitsbeweise unter gewiffen Umftänden möglich find. Der vollftändige Nachweis der Widerfpruchslofigkeit der endlichen ñrith» metik ift von Hilberts Schüler W. ñ c k e r m a n n in feiner Differtation ñbfchn. l u . II erbracht worden, (ñbgedruckt: Math. Hnnalen Bd. 93, S. Iff., 1 9 2 4 1 . ) E s wird nun wefentlid) darauf ankommen, diefen Nachweis der Widerfpruchslofigkeit auf die »transfinite« Mathematik auszudehnen. 2. D i e b e g r i f f l i c h e E r f a f f u n g d e s T r a n s f i n i t e n und der Nachweis ihrer Widerfpruchslofigkeit. — Nachdem die ñ x i ó m e der finiten ñrithmethik neben den allgemeinen logifchen ñxiomen formuliert find, 2 ) fügt H i l b e r t als »transfinites ñ x i o m « die F o r m e l V ( l l ) hinzu: 00] = Ο ->- f(a) = 0 in Verbindung mit den finiten Axiomen wird von H i l b e r t geführt durch die Betrachtung geeigneter Spezialfälle. E s fcbeint bei oberflächlicher Betrachtung, daß damit nicht mehr gezeigt ift, als eben die Widerfpruchslofigkeit des betreffenden Spezialfalles. Aber dem ift nicht fo. Denn wenn ein Beweis für die widerfpruchsvolle Gleichung Ο φ Ο vorläge, der in gewiffen, Variablen enthaltenden, formalen Schlüffen fortfchreitet, fo müßte di e fer Be= weis auch nach der Erfetjung der allgemeinen Variablen durch fpezielle Zablen befteben bleiben, da ja durch die Subftitution die Schlußform als folche nicht angetaftet wird. E s ift e t w a fo, wie wenn man irgend eine algebraifcbe identifche Formel, etwa die des binomifchen Satjes, dadurch nach» prüft, daß man für die allgemeinen Größen beftimmte Zablen einfet>t und dann zuiiebt, ob die beiden Seiten der Gleichung dasfelbe Zablenrefultat beim Ausrechnen ergeben. Falls fich beiderfeits verfchiedene Zablen ergeben, fo ift die allgemeine Formel ficher falfch. Nun bandelt es fich beim Nachweis der Widerfprucbslofigkeit ja um den Beweis, daß ein beftimmtes Gefüge von Formeln mit der Endformel 0 = ^ 0 unmöglich ift. Das kann offenbar g e n a u fo wie im Falle der algebraifchen Identität dadurch dargetan w e r d e n , daß ein beftimmter fpezieller Fall als unmöglich erwiefen wird. H i l b e r t fpezialifiert nun in der zu erörternden F o r m des transfiniten Axioms die beliebige (variable) Funktion f , die eine unbeftimmte Menge von Sonderfällen ψ, ψ, ψ" . . . als »Werte« umfaßt, auf den beftimmten Sonder« fall ψ. Ferner fet)t et die Zahl τ (φ) e t ft e η s , fozufagen verfuchsweife, gleich Null. Dann gewinnt das transfinite Axiom die befondere Geftalt: φ (0) = 0
ψ (g) = 0,
w o für eine beftimmte Zabi g auch ψ (g) eine beftimmte Zabi ift. E s fragt fragt ficb nun, ob φ (g) für alle ¡ gleich Null ift, oder ob es auch einmal ein von Null verfchiedenes $ gibt. Ift das erfte der Fall, fo ift die obige Formel offenbar richtig, denn das Hinterglied ift richtig. Ift das zweite der Fall 1) Die Beziehung auf die früher, bei der Schilderung der intuitioniftifchen Auffaffung, gebrauchten Beifpiele für nicht«entfcheidbare Disjunktionen ift leicht einzufehen. Nehmen wir e t w a die F r a g e , ob in der Form 2" + l für η > 16 Primzahlen enthalten find. Man kann offenbar eine zablentbeoretifAe Funktion wie folgt definieren: f(n) ift für n= 1, 2 . . . 16 Null; für η = 17, 1 8 , 1 9 . . . ift es dann gleich Null, wenn 2" + 1 eine teilbare Zabi ift; dagegen ift f(n) = 1 für alle n, für die 2 " + l eine Primzahl darfteilt. Nimmt man nun für f{n) die Gültigkeit des transfiniten Axioms im obigen Sinne an, fo befagt das: Entweder alle Zablen der Form 2° + l (n > 16) find teilbar oder es gibt eine beftimmte Zabi τ [f{n)\, für die die Form 2" + l z u m e r ft e n · m a l (nach den fünf bekannten Primzahlen, die unter n = 17 liegen) eine Primzahl darftellt.
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(ift alfo u. U. vom aus· gefcbloffenen Dritten. 3) Vgl. zum ganzen Gedankengang O. H o l d e r , Metbode (Berlin 1924), S. 276f.
Die matbematifche
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Oskar Becker.
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Somit bat fid) herausgeftellt, daß allerdings die Widerfprucbsfreibeit von höchfter Bedeutung ift für jedes deduktive Verfahren aus axiomatifchen Grundfätjen überhaupt, mag ihm nun ein inhaltlicher Sinn zukommen oder nicht. Sie ift fozufagen eine notwendige Lebensbedingung für den Deduktionsprozeß felbft. Damit ift ihre zentrale Stellung unter den Aufgaben der Metamathematik, die fie in H i l b e r t s Theorie einnimmt, gerechtfertigt. b) D a s T r a n s f i n i t e u n d d a s
Imaginäre.
Nachdem es als gefiebert betrachtet werden kann, daß die H i l b e r t f c h e Forderung der Widerfprucbsfreibeit auch bei ftrenger Innehaltung feines rein formaliftifchen Standpunkts ihren guten Sinn bat, nämlich als unerläßliche Bedingung der Möglichkeit der Deduktion, erbebt fich die weitere Frage, ob man darüber hinaus den fo als möglich erkannten widerfpruchsfreien Gegenftändlichkeiten der H i l b e r t f c b e n Mathematik nicht auch eine po» fitive Bedeutung zufebreiben muß· In der Tat liegt doch die Frage nahe: W o z u e i g e n t l i c h d i e f e s w i d e r f ρ r u cb s l o f e D e d u z i e r e n ? Mit feiner Möglichkeit ift doch noch nicht feine Notwendigkeit, feine poiitive Sinnbaftigkeit gezeigt. H i l b e r t felbft bat auf diefe Frage, deren Dringlichkeit er fich nicht hat entziehen können, folgende Antwort gegeben: 1 »In meiner Beweistbecrie werden zu den finiten Axiomen die transfiniten Axiome und Formeln hinzugefügt, ähnlich wie in der Theorie der komplexen Zahlen zu den reellen die imaginären Elemente und wie in der Geometrie zu den wirklichen die ideellen Gebilde. Und auch der Beweggrund dafür und der Erfolg des Verfahrens ift in meiner Beweistheorie der gleiche wie dort: nämlich die Hinzufügung der transfiniten Axiome gefdhieht im Sinne der Vereinfachung und des Abfcbluffes der Theorie« 2 . Es ift nun zu prüfen; ob diefe Thefe H i l b e r t s einer kritifchen Betrachtung ftand hält. Über die Bedeutung der imaginären Zahlen ift nach allgemeinem Urteil febon von G a u ß das Weientlicbe gefagt worden, an jener berühmten Stelle der Anzeige der Tbeoria residuorum biquadraticorum, Commentatio secunda vom 23. ñpril 18313, wo von ihm »die wahre Metapbyfik der imaginären Größen in ein neues helles Licht geftellt« wird. G a u ß gebt davon aus, daß die Arithmetik fich erft 1) Matb. ñnnaten Bd. 88, S. 160/61. 2) Später (in Matb. Ann. 95) bat fogar Hilbert diefen »pragmatiftifeben« Gedanken zum Leitfaden feiner gefamten Beweistbeorie gemacht! 3) Werke, II. Band, S. 175ff.
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in neuerer Zeit entwickelt habe, im Gegeníatj zur Geometrie. Der Begriff der Zahl fei ftufenweife von den ganzen zu den gebrochenen Zahlen, dann zu den negativen und endlich zu den imaginären er· weitert worden. »Diefes Vorfchreiten ift aber immer anfangs mit furcbtfam zagendem Schritt gefchehen. Die erften fllgebraiften nannten noch die negativen Wurzeln der Gleichungen falfche Wurzeln, und fie find es auch, wo die Hufgabe, auf welche fie fich beziehen, fo eingekleidet vorzutragen ift, daß die Befchaffenheit der geiucfoten Größe kein Entgegengefetjtes zuläßt. Allein fo wenig man in der A l l g e m e i n e n Arithmetik Bedenken hat die gebrochenen Zahlen mit aufzunehmen, obgleich es fo viele zählbare Dinge gibt, wobei eine Bruchzahl ohne Sinn ift, ebenfowenig durften in jener den negative Zahlen gleiche Rechte mit den pofitiven deshalb vertagt werden, weil unzählige Dinge kein Entgegengefetjtes zulaffen: Die Realität der negativen Zahlen ift hinreichend gerechtfertigt, da fie in unzähligen anderen Fällen ein adäquates Subftrat finden. Darüber ift man freilich feit langer Zeit im klaren: allein die den reellen Größen gegenübergeftellten imaginären - ehemals und bin und wieder noch jetjt, obwohl unfchidklich, u n m ö g l i c h e genannt — lind nod) immer weniger eingebürgert als nur geduldet, und erfcheinen alto mehr wie ein an fich inhaltsleeres Zeichenfpiel, dem man ein denkbares Subftrat unbedingt abfpricht, ohne doch den reichen Tribut, welchen diefes Zeichenfpiel zuletjt in den Schat) der Vechältniffe der reellen Größen fteuert, verfchmähen zu wollen.« G a u ß betrachtet nun im weiteren die Sache »aus einem anderen Gefichtspunkt. « Er legt dar, wie ichon pofitive und negative Zahlen nur da Anwendung finden können, »wo das Gezählte ein Entgegengefetjtes hat, was mit ihm vereinigt gedacht der Vernichtung gleichzuftellen ift.« »Genau betrachtet findet diefe Vorausfetjung nur da ftatt, wo nicht Subftanzen (für fich denkbare Gegenftände), fondera Relationen zwifchen je zwei Gegertitänden das Gezählte find.« In ähnlicher Weife zeigt er dann, daß wenn die Gegenftände derart find, »daß fie nicht in eine, wenngleich unbegrenzte, Reibe geordnet werden können, fondera fid) nur in Reiben von Reihen ordnen laffen«, d. h. wenn fie eine »zweidimenfionale Mannigfaltigkeit« bilden, es neben der pofitiven und negativen Einheit + 1 und —1 noch »zweier anderer unter fich auch entgegengefetjen« Einheiten + i und — i bedarf. Darauf wird dann die uns beute fo woblbekannte Vorftellung der komplexen Zahlenebene entwickelt und am Schluß ftehen die bedeutfamen Worte: »Hat man diefen Gegenftand bisher aus einem falfchen
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Getichtspunkt betrachtet und eine geheimnisvolle Dunkelheit dabei gefunden, fo ift dies großenteils den wenig fchicklidben Benennungen zuzufchreiben. Hätte man + 1 , - 1 , V - 1 nicht pofitive, negative, imaginäre (oder gar unmögliche) Einheit, fondern etwa direkte, indirekte, laterale Einheit genannt, fo hätte von folcber Dunkelheit kaum die Rede fein können.« Die an fich fehr bekannten G a u ß · fchen Ausführungen wurden deshalb mit folcher Ausführlichkeit wiedergegeben, weil fie wirklich verdienen, klaffifch genannt zu werden. Es ift darin mit aller Klarheit alles Entfcheidende über die Frage des Imaginären vom Standpunkt des Mathematikers aus getagt, fluch die neuere Begründung des Rechnens mit komplexen Zahlen mittels des Begriffs des »Zahlenpaares« bringt kein wirklich neues Moment in die Diskuffion. 1 Den philofophifch entfcheiden» den Kernpunkt der G a u ß f c h e n fluffaffung kann man fo ausdrücken: das »Imaginäre« bildet zufammen mit dem »Reellen« ein »komplexes« Gebiet, das ebenfo r e a l , d. h. wirklichkeitsnah ift, wie das Gebiet der uriprünglich allein »reell« genannten Zahlen. Die Leiftung von G a u ß befteht gerade darin, dem gefamten komplexen ZahUyftem nicht nur ein »denkbares« Subftrat fondern fogar eine »anfchaulichfteVerfinnlichung« gegeben zu haben 2 . Das betagt, phänomenologifch angetehen, daß er das Imaginäre nicht als leer, obgleich vielleicht wideripruchslos Vermeintes hat ftehen laffen, fondern zu feiner erfüllten flnfchauung gebracht hat. Dabei braucht man übrigens nicht an die geometriche »anfchauliche Verfinnlichung« in wörtlicher Bedeutung zu denken; phänomenologifch gefehen handelt es fleh dabei ja doch um »kategoriale flnfchauung«3; die »arithmetifche« 1) Zur Theorie des Imaginären vgl. Η δ l d e r , I. c. X. flbfebnitt, über die Zablenpaare insbef. § 8 0 ; ferner F. K l e i n , Vorlefungen über Elementar· Mathematik vom höheren Standpunkt aus. I.Teil, 1. Hauptteil, ñbfebn. IV. (Urfprünglich autograpbiert 1908 und 1911, neuerdings im wefentlichen un. verändert gedruckt, Berlin 1924.) Diete Werke find auch zur Orientierung für Nichtmatbematiker befonders geeignet. 2) Vgl. dazu noch die folgende fiußerung von G a u ß (1. c. S. 174): »Die Verfettung der Lebrevon den biquadratiieben Reiten in das Gebiet der kom« plexen Zahlen könnte vielleicht manchem, der mit der Natur der imaginären Größen weniger vertraut und in falfcben Vorfteltungen davon befangen ift, anftößig und unnatürlich fcheinen, und die Meinung veranlaffen, daß die Unterfucbung dadurch gleidbfam in die Luft geftellt tei, eine fchwankende Haltung bekomme und fich von der ñnfchaulicbkeit ganz entferne. Nichts würde ungegründeter fein als eine folefce Meinung. Im Gegenteil ift die Arithmetik der komplexen Größen der anfchaulichften Verfinnlichung f ä h i g . . . « 3) Vgl. H u f f e r l , Log.Unterfucbungen, Bd. Ii, 2 (VI. Unterfucbung).
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Vorftellung der doppelt endlofen Reihe ift pbänomenologifch durch« aus erfüllte ñ n f c h a u u n g , wenn auch »kategoriale«, — während noch L e i b n i z die refignierten Worte fcbrieb 1 : Der götttiche Geift habe »eine feine und wunderbare ñusflucht gefunden in jenem Wunder der ñnatyfis, dem Monftrum der idealen Welt, faft einem ñmphibium zwifcben Sein und Nicht*Sein, daß wir die imaginäre Wurzel nennen.« Diefe »fchwankende Haltung des Imaginären« hat G a u ß von Grund aus und für immer gefertigt. Das Imaginäre als »Laterales« hat keinen prinzipiell anderen Seins-Sinn als etwa das Negative (»Inverfe«). Wie ftebt es nun mit dem H i l b e r t f c h e n T r a n s f i n i t e n ? Bedarf es da auch nur einer zweckmäßigen Veränderung der Bezeichnungsweife, um alle Dunkelheit verfchwinden zu laffen? Man fieht nach einiger Überlegung leicht, daß beim Transfiniten H i l b e r t s die Dinge ganz anders liegen als beim Imaginären. Die H i l b e r t fchen transfiniten ñxiome find offenbare ñnalogiebildungen zu Gefetjmäßigkeiten, die für endliche Mengen gelten. Das H r i i t i d e s - B e i f p i e l , das fdbon befprocben wurde, beweift dies klar. 2 Das leitende Prinzip ift, möglichft viele Eigenfchaften endlicher Mengen auch für die unendlichen als gültig anzufehen3. »Möglichft viele« betagt dabei: fo viele ihrer fich anfetjen lafien, ohne daß man zu widerfprechenden Konfequenzen kommt. Wenn man in der Gefchichte der Lehre von den imaginären Zahlen nach einem entfprechenden Standpunkt fucht, fo ftößt man auf denjenigen, den H a n k e l das »Prinzip der Permanenz formaler Gefetje« genannt 1) L e i b n i z , Math. SArift. (Gerbard) V., 357. Die ganze Stelle lautet im Urtext: »Verum enim vero tenacior est varietatis suae pulcberrimae Natura rerum aeternarum varietatum parens, vel potius Divina Mens, quam ut omnia sub unum genus compingi patiatur. Itaque elegans et mirabite effugium reperit in ilio flnalyseos miraculo, idealis mundi monstro, pene inter Ens et non-Ens fímpbibio, quod radicem imaginariam appellamus.« 2) fluch H i l b e r t felbft ift ficb darüber keineswegs im Unklaren, man vgl. W. A c k e r m a n n s ñufferung (Matb. ñnn. Bd. 93, S. 8). 3) Vgl. W e y I, Matb. Zeitfchr. 20, S. 143,147 (das über den »Exiftenzial· abfolutismus« Gefagte) und 150: »Vielleicht ift es aber ja doch fo, wie H i l b e r t zu meinen fcbeint, daß für den matbematifcben Teil der tbeoretifcben Weltkonftruktion das Prinzip der Widerfprucbsloflgkeit zufammen mit der F o r d e r u n g , die vom n e u e n E x i f t e n t i a l a b f o l u t i s m u s über das Unendticbe naAflnalogie des Endlichen aufgeftellten B e h a u p t u n g e n fo w e i t g e b e n d w i e m ö g l i c h f y m b o l i f c b z u r e c h t f e r t i g e n , als einziger Leitfaden genügt.«
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hat 1 . Es ift dies zugleich diejenige ñuffaííung, die, ohne explizite formuliert zu werden, die Anfänge des Rechnens mit den Imaginären geleitet bat, die bis in das 16. Jahrhundert zurückreichen2. Man führt etwa i = ^ - 1 alfo i2 = - 1 ein und rechnet mit diefem zunächft ganz bedeutungsleeren Symbol nach den (achlich für reelle Zahlen finnvollen Rechenregeln. Dabei erweift fich im Verlaufe einer ausgedehnten Benützung die mathematiche F r u c h t b a r k e i t diefes zunächft ganz willkürlichen Verfahrens. Der erfte Fall, indem es fich als fruchtbar erwies, war der fog. Cafus irreducibilis der kubifchen Gleichung, den B o m b e I i i zuerft mit Hilfe des Imaginären behandelte 3 . Indeifen tritt nun bei der naiven Anwendung eines folchen Verfahrens fofort das Gefpenft eines möglichen W i d e r f p r u c h s auf, der fich bei dem fortgelegten Gebrauch des neuen Verfahrens ergeben könnte. Es entftebt damit die Hufgabe, die Widerfpruchslofigkeit des Rechnens mit den neuen Zahlen nachzuweifen. Diefer Nachweis gefchieht in der Zeit v o r H i l b e r t ftets dadurch, daß man das Rechnen mit den neuen Zahlen a b b i l d e t (in eineindeutiger Weife) auf das Rechnen mit beftimmten Komplexen ichon eingeführter Zahlen. (Dabei genügt es bekanntlich, für die gebrochenen, negativen und komplexen Zahlen »Zahlenpaare« einzuführen 4 . Dagegen liegt der Fall bei den irrationalen Zahlen ganz anders und viel fchwieriger.) Es ift dann zumeift leicht, für die befonderen eingeführten Komplexe eine anfchauliche Deutung aufzuzeigen. Hiftorifch und auch finngenetifch im Sinne der geiftesgefchichtlichen Entwicklung liegt die Sache natürlich umgekehrt. Das anfchauliche Subftrat ift das erfte, was in das wiffenfcbaftliche Be« wußtfein tritt. Dann erft wird es formalifiert und damit führt es allererft zu den abftrakten Zahlkomplexen, die dann den neuen Zahlenarten zugeordnet werden. Diefer Umftand verdeckt nun den U n t e r f c h i e d , der zwifchen dem abftrakten Nachweis der Widerfpruchslofigkeit durch Hbbildung 1) Vgl. H. H a n k e 1, Theorie der komplexen Zablenfyfteme, Leipzig 1867, S. 10. — Hiftorifd) tritt diefes Prinzip z u e r f t im 14. Jahrhundert bei O r e s m e auf. S. Hankel, Zur Gefchicbte der Mathematik im Altertum und Mittelalter, Leipzig 1874, S. 350/351. 2) Bei O r e s m e (14. Jabtb.) dient das fragliche Prinzip zur Erweite» rung des Potenzbegriffs durch die Zulaffung gebrochener Exponenten. 3) In feiner Algebra von 1579.
Vgl. darüber H o l d e r , 1. c. §78.
4) Eine zufammenbängende Darfteilung diefer Dinge gibt z. B. H o l d e r in feinem akadem. Programm »Die Arithmetik in ftrenger Begründung.« (Leipzig 1914).
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auf cine als widetfpruchsfrei bekannte abftrakte Mannigfaltigkeit und der Bereitftetlung eines konkreten »Subftrats« befteht: alfo etwa zwifcben der ñbbildung der gebrochenen, negativen, imaginären Zahlen auf gewiffe »Zablenpaare« und ihrer anfchaulicben Deutung mittels der Teilung von Gegenftänden, der Richtungsunterfchiede in der Geraden und in der Ebene. Wir haben alfo, um ganz deutlich zu fein, d r e i verfchiedene Momente bei der Einführung neuer Zahlenarten zu unterfcheiden: 1. den Hnfat} der formalen Rechenregel; zumeift nach dem Prinzip der (größtmöglichen) Permanenz der formalen Geietje, 2. den Nachweis der Widerfpruchslofigkeit des eingeführten Rechnungsverfahrens ; i. ñ . geführt durch Hbbildung auf bereits als widetfpruchsfrei bekannte Syfteme, 3. die fiufweifung eines anfchaulicben Subftrats, in dem die yieueingeführten Zahlenbeziehungen konkret (befonders in ihrem Zufammenhang mit den bereits bekannten Verhältniffen) gedeutet werden können. Die v o r H i l b e r t übliche Beweismetbode für den zweiten Punkt bringt es, wie fchon ausgeführt, mit fich, daß zugleich mit der Erledigung des Problems (2) auch das Problem (3) gelöft ift: zugleich mit dem Nachweis der Widerfpruchslofigkeit ift der ñufweis eines anfchaulicben Subftrats gegeben. Das Neue am H i l b e r t » fchen metamatbematifcben Beweisverfahren ift dagegeu, daß durch es nur das 2. aber nicht auch das 3. Problem gelöft wird: die Widerfpruchsfreiheit des aritbmetifchen ñxiomeníyftems einfcbließlicb der transfiniten ñxiome wird nacbgewiefen, ohne daß fich aus ihrem gelungenen Nachweis auch nur die leiiefte Hindeutung auf ein konkretes Subftrat ergäbe, an dem das Transfinite gedeutet werden könnte. Logifch ift gewiffermaßen alles in Ordnung, und die Unterfuchung leidet keineswegs an einer »fcbwankenden Haltung«, aber in o n t o l o g i f c h e r Hiniicbt ftellt das T r a n s f i n i t e H i l b e r t s eine fehr merkwürdige Gegenftändlichkeit dar, auf die man febr wohl die L e i b n i z fche Bezeichnung » ñmpbibium zwifcben Sein und Nicbtfein« anwenden kann. Es läßt fich auch nicht leugnen, daß die vorhin angeführte G a u ß fche Äußerung vom »inhaltsleeren Zeichenfpiel, dem man ein denkbares Subftrat unbedingt abfpricbt, ohne doch den reichen Tribut, welches diefes Zeichenfpiel zuletjt in den Scbatj der Verbältniffe der reellen Größen fteuert, verfchmähen zu wollen« genau auf das H i l b e r t fche Transfinite paßt. Hoch-
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ftens könnte man fich gegen den ñusdtuck »ein d e n k b a r e s Subftrat« wenden, der von G a u ß ziemlich gleichbedeutend mit » a n · f c h a u l i c h « gebraucht wird, während gerade hier eine tiefer gehende phänomenologifche Unterfuchung einen grundlegenden Wefensunterfcbied aufdecken würde. In der Tat liegt die Sache, pbänomenologifch betrachtet, fo, daß man dem H i l b e r t f c h e n Transfiniten fehr wohl die »Denkbarkeit« zuerkennen muß, die jeder komplexen Bedeutungsintention zukommt, fofern fie nur widerfpruchsfrei ift; aber damit ift noch keineswegs die Möglichkeit der anfchaulichen Erfüllung jener leeren Bedeutung gefiebert. Vielmehr kann fich jener in der Bedeutung gemeinte, proleptifch fupponierte Gegenitand »transfinite Menge« bei dem methodifchen Verfuch, zu ihm einen phänomenologifchen Zugang zu finden, als » w i d e r f i n n i g « berausftellen, d . h . als wefensmäßig unzugänglich, auch für die kategoriale ñnfchauung. Freilich ift zu betonen, daß es lieh beim Transfiniten um eine ganz eigenartige Sachlage handelt. Man könnte etwa meinen, den bekannten Siebenflächner oder den regulären Taufendflächner zum Vergleich heranziehen zu dürfen, ñuch da, fo könnte man fagen, lägen Gegenftände vor, die als blos vermeinte ihrem »Begriff« nach durchaus widerfpruchsfrei feien. Verfuche man aber zu einer echten, erfüllten ñnfchauung jener Gegenftände fortzufchreiten, fo erweife fich diefe als evident unmöglich, man ftoße auf einen »material« ontologifchen« (anfchaulich- räumlichen) Widerfinn. Indeffen ift die Gleichfetjung diefes Vorkommnifies mit der Sachlage beim Transfiniten irrig. Denn die Unmöglichkeit jener Polyeder läßt fich b e w e i f e n , aus den Hxiomen der euklidifchen Geometrie des dreidimeniionalen Raumes, d. h. die - aud> ganz in abtsracto (ohne Rekurrenz auf irgendwelche ñnfchaulichkeit) — gemachte Hnnahme ihrer »mathematifeben Exiftenz« würde auf Widerfprüche im Syftem der euklidifchen Raumgeometrie führen. 1 Nicht nur mißlingt der »Exiftenzbeweis«, fondern er fchlägt in einen echten »Unmöglichkeitsbeweis« um. Es liegt alio auch ein formal-ontologifcher Widerfinn vor, wenn man die betr. Polyeder als auf Grund der abftrakten euklidifchen ñxiome abftrakt definierte Gegenftände betrachtet. Beim H i l b e r t fchen Transfiniten verhält es fich aber gerade fo, daß die Unmöglichkeit derartiger Widerfprüche in aller Stringenz durch 1) Beim Taufendflächner geriete man etwa mit dem Sat) über die Summe der »Seiten« einer »körperlichen Ecke« in Konflikt. Vgl. Weber>WeUftein ! , (Enzyklopädie der Elementar «Mathematik) Bd. II, §91.
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H i l b e r t s eigenartige Methode nadbgewieíen iit. Man muß alio zufammenfaííend íagen : die H i l b e r t ich en transfiniten Mengen find mit allen ihren Eigenfcbaften : 1. widerfpruchslos denkbar, d.h. im Sinne der B e d e u t u n g s L o g i k »exiftierende Gegenftändlicbkeiten«, 2. auch im Sinne der f o r m a l e n O n t o l o g i e nicht finnig«,
»wider-
3. trotjdem prinzipiell der (das Sein in der formal-ontologifdben Sphäre konftituierenden) »kategorialen ñnfchauung« n i c h t zugäng« lid), alio f o r m a l - o n t o l o g i f c h n i c h t p o f i t i v e x i f t i e r e n d . Die Unterfcbeidung von (2) und (3) ift ein Novum 1 . Bisher wurde angenommen, daß die Eigenfchaft (2) ftets (3) nach fich zöge. Die Möglichkeiten »formal-ontologifcher Widerfinn — formal-ontologifcbe Exiftenz« fchienen eine vollftändige Disjunktion zu bilden. Und nun hat fich herausgeftellt, daß gewiffe Gegenftändlicbkeiten im Sinne der formalen Ontologie weder widerfinnig noch exiftent find.2 Zu diefen merkwürdigen Gegenftändlicbkeiten gehören eben H i l b e r t s transfinite Mengen. Hieraus erhellt, d a ß e i n g r u n d f ä t j l i c h e r o n t o l o g i f c h e r Unterfchied zwifchen ihnen und den imaginären Z a h l e n b e ft e h t. Denn diefe find - als »laterale Zahlen« im G a u ß fchen Sinn — der kategorialen ñnfchauung ohne weiteres zugänglich. Damit ift alfo dem H i l b e r t fchen Vergleich zwifchen dem Transfiniten und Imaginären feine wefentlichfte Stüt;e entzogen. Die Funktion des Imaginären s in der geklärten G a u ß fchen ñuffaffung läßt fid) nicht mehr mit der des Transfiniten auf ein Stufe ftellen. Will man den gegenwärtig (feitens der fog. »Philofophie des ñls-Ob«) fo viel gebrauchten Begriff der F i k t i o n einführen, fo kann man fagen: beim Transfiniten handelt es fich um eine echte, beim Imaginären um eine bloß fcheinbare Fiktion. Die zweite ift durch eine geeignete Änderung der Bezeichnung zum Verfchwinden zu bringen, die erfte nicht. (Die transfiniten ffusfagen find prinzipiell nicht anfchaulich verifizierbar.) 1) Man könnte böcbftens die Κ a η t i f cf> e Unterfcbeidung von ens ima· ginariun, ens rationis und nibil negativum (Kritik der reinen Vernunft' S. 347f. vergleichen. (Siebe unten § 6c III D und IV.)] 2) Sie find alfo wirklich »flmpbibien zwifcben Sein und Nicht-Sein«! 3) Das Gleiche gilt mutatis mutandis von den »idealen« Gebilden der Geometrie und ebenfo von den »Idealen« der böberen Arithmetik. 31*
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Indeffen muß e n t g e g e n der Meinung der »Fiktionaliften« getagt werden, daß hier auch bei den »echten Fiktionen« Widerfprüche nachweislich nicht vorkommen. Eine Pbiloiophie des ñ l s - O b im Sinne V a i b i n g e r s kann ficb alio k e i n e s w e g s zur Beftätigung ihrer Lehre von der »Fiktion in der Mathematik« auf H i l b e r t s Transfinîtes berufen. ñ u s der ñ b l e b n u n g des H i l b e r t fchen Vergleichs zwifchen Transfinitem und Imaginärem ergibt fich aber auch eine ernftere Konfequenz: die Frage nach e i n e m berechtigten M o t i v für die Einführung des Transfiniten bleibt offen. Die Analogie mit d e m Imaginären ift nicht wirklich vorhanden, alto kann auch dies für die Einführung des Imaginären maßgebende Motiv »der Vereinfachung und des ñbfcblufíes der Theorie« nicht mehr für das Transfinite in finfpruch g e n o m m e n werden. W o z u a l t o d a s H i l b e r t t c h e F o r m e l fpiel? Diete Frage m u ß wortet bleiben 1 .
trot) ihrer Dringlichkeit vorläufig unbeant-
1) H i l b e r t bat in feiner fcbon zitierten neuen ñrbeit »Über das linend» liebe« den Geficbtspunkt der Analogie feiner Einführung des Transfiniten mit der des Imaginären ufw. durch frühere Mathematiker an die Spitje feiner getarnten Betrachtung des Unendlitften geftellt. Er fagt (Math. Ann. Bd. 95, S. 174): »Wenn wir im Bereich der finiten Husfagen b l e i b e n . . . , fo walten da fehr unüberfichtticbe Verbältniffe ob, und diefe Verbältniffe fteigern fleh bis zur Unerträglichkeit, wenn das »alle« und »es gibt« kombiniert und in eingefchachtelten Sätjen auftritt. Jedenfalls diejenigen logifeben Gefetje, die die Menfchen, feit fie denken, ftets gebraucht haben, und die eben H r i ft o t e l e s gelehrt hat, gelten nicht. Nun könnte man darauf ausgehen, die für den Bereich der finiten Husfagen gültigen logifeben Gefe^e aufzuftellen ; aber damit wäre uns nicht gedient, da wir eben auf den Gebrauch der einfachen Gefet>e hinauswollen... Gerade wie i=j/—l eingeführt wurde, um die Gefetje der Algebra . . . in der einfaebften Geftalt aufrecht zu erhalten, gerade wie die Einführung der ideaten Faktoren gefchah, um auch unter den algebraifchen Zahlen die einfachen Teilbarkeitsgefetje beizubebalten, . . . fo haben wir hier z u d e n f i n i t e n H u s f a g e n d i e i d e a l e n H u s f a g e n z u ad" j u η g i e r e η , um die formal einfachen Regeln der üblichen ariftotelifeben Logik zu erhalten.« Bei der Hufftellung diefer Analogie ift, wie im Text gezeigt, ein e η t = f e b e i d e n d e r Punkt überfeben: Während die imaginär »komplexen Zahlen durch Paare gewöhnlicher Zahlen, die unendlich fernen »idealen« Punkte durch Parallelbüfchel, die Zahlideale durch gewiffe gefe^mäßig gebildete Zahlfyfteme aus gewöhnlichen Zahlen abgebildet und im Sinne der urfprüng· liehen, »wirklichen« matbematifeben Gegenftändlichkeiten interpretiert werden können, — ift dies bei den »idealen Ausfagen« nicht der Fall. Diefe find viel* mehr reine »Gefetjtbeiten«, die k e i n e r irgendwie inhaltlichen Interpreta*
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c) D i e i m m a n e n t e U n v e r m e i d li chk e i t d e s in d e r
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Unendlichen
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Blickt man auf die bisher gegebenen Erörterungen über die H i l b e r t f c b e Theorie zurück, fo erkennt man, daß das ihr zugrundeliegende Prinzip der Widerfpruchsfreibeit zwar feinen guten Sinn bat, infofern es die unbefcbränkte Möglichkeit weiterer Deduktionen garantiert, daß aber andererfeits jede pofitive Motivation vermißt wird, überhaupt zu deduzieren. Indeifen, trolj diefer eigentümlichen Zwecklofigkeit fcheint doch die Möglichkeit einer fozufagen auf eigenen Füßen ftebenden, mit lediglich f i n i t e n Mitteln operierender Theorie des Transfiniten gefiebert und der immanenten Kritik entzogen. Eine Entfcbeidung zwifeben der intuitioniftifeben und der formaliftifeben HufFaffung des matbematifeben Grundlegungsproblems wird fo nicht erreicht. Sie würde indeffen erreichbar fein, wenn es gelänge zu zeigen, daß das Endlofe auch in H i l b e r t s Theorie eine (wenn auch verfchwiegene) »inhaltliche«, metamatbematifebe Bedeutung bat. Denn der Streit zwifeben Β r o u w e r und H i l b e r t gebt eigentlich um das Endlofe. Hilbert lehnt die Bemühungen der Intuitioniften um das Endlofe als überflüffig und bedenklich ab. Denn einerfeits kann feines Erachtens fogar das Tranfinite, alfo erft recht das bloß Indefinite, rein finit »begründet« werden, ñndererfeits fcheint ihm eine Erweiterung der Intuition über das Finite hinaus mit einem gewiffen Unficberbeitsfaktor behaftet, und deshalb foli fie vermieden werden. Diefen beiden Gegenargumenten gegen den Intuitionismus wäre nun in d e m ñugenblick der Boden entzogen, wo gezeigt würde, daß das Indefinite in dem metamatbematifeben Teil der H i l b e r t feben Theorie felbft notwendig eine Rolle fpielt. Denn alsdann wäre es offenbar ficher nicht überflüffig und, wenn vielleicht auch bedenklich, jedenfalls mit H i l b e r t s eigenen Mitteln nicht vermeidbar. Im Folgenden foli nun gezeigt werden, daß das Indefinite auch in den metamatbematifeben Überlegungen der K i l b e r t feben Theorie tatfäcblich nicht vermieden wird und nicht vermieden werden k a n n . tion fähig find. Man verfchleiert einfach durch Einführung der idealen ñusíagen den tiefgebenden Unterfcbied zwifeben der Logik des Endlichen und der des Unendlichen, die — darin weichen wir vom Finitismus H i l b e r t s ab —, wenn man nur die richtigen Urpbänomene zugrunde legt, gerade fo real und konkret entwickelt werden kann, wie die Logik des Endlichen.
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Das Indefinite tritt nämlich fchon in der grundlegenden F r a g e · f t e l l u n g H i l b e r t s fo offenfichtlich hervor, daß man fich wundern muß, daß kaum jemand darauf aufmerkfam geworden ift1. Wie ift denn das Problem der Widerfpruchsfreiheit eines beftimmten ñxiomeníyítems felbft genauer zu formulieren? Doch wohl ίο: »Es ift zu zeigen, daß aus dem vorgelegten ñxiomeníyftem keine einander widerfprechenden Theoreme gefolgert werden können, w i e w e i t m a n auch d i e D e d u k t i o n f o r t f e t z e n m a g « . Oder: »Die Reihe der aus den ñxiomen deduzierten Formeln kann unbefchränkt verlängert werden, ohne daß 0 φ 0 als Formel auftritt, — unbefchränkt, d.h. b i s i n s E n d l o f e . Man kann die i. ñ. nicht lineare, fondern nach ñ r t eines Stammbaumes oder beffer eines Netzes verzweigte Mannigfaltigkeit der ñxiome durch Zerlegung in un verzweigte »Fäden« 2 in eine endliche Anzahl linearer »Folgen« von Formeln verwandeln. Nun kann man diefer Formelfolge eine Zahlenfolge nach der Regel eindeutig zuordnen, daß für jede von 0 + 0 verfchiedene Formel die 1 und für die Formel 0 4= 0 die 2 gefegt wird. Dann kann man die Husfage der Widerfpruchsfreiheit in die Form kleiden: In der zugeordneten, frei werdenden, nur die Zahlen 1 oder 2 enthaltenden Zahlenfolge, die mit 1 1 1 1 . . , beginnt, kommt die 2 n i e m a l s vor. Die Zahlenfolge ift in der Tat eine frei werdende, denn die Entwidmung der zugeordneten Formelfolge erfolgt Schritt für Schritt, je nach dem Fortfehritt der Entwicklung der mathematifchen Theorie. Wie ift nun eine folche Behauptung, die 2 komme in jener Folge n i e m a l s vor, zu beweifen? Der nächftliegende Gedanke ift: d u r c h e i n e ñ r t v o l l f t ä n diger Induktion. So fagt wirklich H. P o i n c a r é 3 : »Man müßte feftftellen, daß man fich, foweit man auch die Reihe der 1) Zu den wenigen Ausnahmen gehört H. P o i n c a r é , deffen Ausführungen aber gegenwärtig nur nodh wenig Beachtung zu finden fcheinen. (Siebe die in Anm. 3 gegebenen Zitate.) Nur ñ . F r a e n k e l (Einleitung in die Mengenlehre, S. 240) erwähnt die Ausführungen P o i n c a r é s. 2) Durch Wiederholung von Sä^en ufw. vgl. W. A c k e r m a n n , Ann. 93, S. 6; H i l b e r t , Math. Ann. 88, S. 157/58.
Math.
3) Vgl. H. P o i n c a r é , Wiffenfchaft und Metbode (deutfeh von F. u. L. Lindemann, Leipzig u. Berlin 1914), S. 138, 147/48, 151, 155, 157 58. Das Zitat fteht auf S. 147/48. Es ift leicht verändert und ftebt im Original in einem anderen Zufammenbang. H i l b e r t s Theorie ift S. 151 - 158 bebandelt, aller· dings nur in der Faffung von 1904.
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Schlußfolgerungen verfolgt, niemals dem Widerfpruche ausfegt. . . . Wir können verifizieren, daß die Operationen der Logik, wenn fie auf widerfpruchsfreie Prämiffen angewandt werden, nur Folgerungen ergeben können, die gleichfalls von Widerfprüchen frei find. Wenn wir alio in η Operationen auf keinen Widerfpruch ftoßen, fo werden wir einem iolcben auch nicht in der (η + 1 ) t c n Operation begegnen. Es ift demnach unmöglich, daß der Widerfpruch b e g i n n t , was beweift, daß wir ihm niemals begegnen werden . . . «. Ähnliche Argumentationen finden fich nun wirklich bei H i l b e r t 1 , aber »wenn zwei dasfelbe tun, fo ift es nicht dasfelbe«. Denn in Hilberts Schule 2 unterfcheidet man »zwei Formen von vollftändiger Induktion: 1. Die » e n g e r e F o r m « , die fich nur auf etwas konkret und abgeíchlofíen Vorliegendes bezieht. 2. Die » w e i t e r e F o r m « , die entweder den ñllgemeinbegriff der Zahl oder das Operieren mit Variablen benutzt.« »Während die w e i t e r e Form eine h ö h e r e Schlußweiie ift, deren Begründung eine der ñufgaben der H i l b e r t fchen Theorie bildet, gehört die e n g e r e Form den primitiven anfchaulichen Erkenntnisweifen an und kann daher als Hilfsmittel der inhaltlichen Beweisführung angewandt werden.« ( B e r n a y s . ) In der Tat beginnt jeder H i l b e r t fche Widerfpruchsfreiheitsbeweis mit den Worten »Wir nehmen an, es fei uns ein Beweis vorgelegt, der zur Endformel 0 φ 0 führt«. Und dann wird gezeigt, daß dies unmöglich ift. fiber, was ift damit eigentlich gezeigt? ift damit eigentlich v o r a u s g e f e t j t ?
Oder vielmehr: was
Es wird getagt: »es liege e i n Beweis abgeíchlofíen vor«. Genauer müßte es heißen » i r g e n d e i n Beweis«, mit dem Nebengedanken »das gilt von j e d e m b e l i e b i g e n Beweis« (der überhaupt der Menge der auf Grund des in Frage ftehenden fixiomenfyftems zu führenden Be weife angehört). Denn nur, wenn man diefe Interpretation des unbeftimmten Artikels » e i n « zuläßt, wird die H i l b e r t fche metamathematifche Beweismetbode zwingend. Wird hierbei aber nicht bereits die »weitere Form« des Prinzips der vollftändigen Induktion angewandt? Spielt hierbei nicht bereits »der ñllgemeinbegriff der Zahl oder das Operieren mit Variablen« 1) f. oben § 1 b. (S. 16.) 2) B e r n a y s , Jabresber. d. D. Matb. Vereinig. Bd. 31 (1922), S. 10 ff.
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Oskar Becker.
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eine Rolle? Ift nicht gerade das fcheinbar fo barmlofe » e i n « ein verfcbleierter ñusdruck f ü r eine logifche Variable 1 ? In der Tat ift ja die Menge der aus einem beftimmten ñxiomenfyftem zu führenden Beweife — trotjdem jeder einzelne Beweis aus einer endlichen ñnzahl von »Zeichen« befteht - unendlich 2 . Das beruht wefentlich darauf, daß man für den einzelnen Beweis Br/ zwar eine Zahl Mq angeben kann, die die ñnzahl feiner einzelnen Formeln übertrifft, aber daß es k e i n e derartige obere Schranke M gibt, die f ü r a l l e Beweife gleichzeitig gilt, fodaß fie alfo a l l e mit ihrer Formelzahl unter d e r f e l b e n feften Schranke liegen würden. (In ähnlicher Weife liegt die Sache etwa bei der allgemeinen Formel für (α + ό) η , dem binomifchen Satj. Bis zu einer beftimmten Zahl n, etwa f ü r n= 1, 2, 3 . . . , 34 kann man ihn durch f i n i t e (engere) Induktion beweifen, aber nicht a l l g e m e i n , obwohl doch auch im letjteren Fall jedes einzelne vorlegbare η endlich ift.) Indem H i l b e r t bei feiner metamathematifchen Beweisführung immer nur auf den e i n e n , als Beifpiel dienenden finiten Beweis hinblickt, vergißt er, daß er die weitere (verfchwiegene) Annahme macht, es könne die gefamte u η e η d l i eh e Menge folcher möglichen Beweife mit e i n e m Blicke erfaßt werden· Hber das ift eine petitio prineipii: es wird die »inhaltliche« (metamathematifche) Erfaffung der unendlichen (freilich nur indefiniten, nicht im engeren Sinne transfiniten) Menge vorausgefetjt. Man kann dies leicht noch weiter im einzelnen dartun, wenn man fich der vorhin gemachten Zuordnung zu der aus Einfen und Zweien beftehenden Zahlenfolge bedient. Ein »Beweisfaden« werde dargeftellt durch die Formelfolge: (31 : ñxiom, . . .: Konfequenzen.) Sí SÎ3 . . . . βρ Zugeordnet fei jeder Formel die wenn fie 0 =j= 0 ift· Dann hat man »richtigen« Beweis: (21 ^ ®2 fl8 . \l 1 1 1 .
1, wenn fie nicht 0 4=0 ift; die 2, alfo bei j e d e m e i n z e l n e n . . . Stp . . . 1
1) Es fei daran erinnert, daß aueb B. R u f f e l l den logifeben Sinn der matbematifeben Variablen durch das englifcfte Wort »any« (irgendein) fpraebtieb wiedergibt. Vgl. The principles of matbematics (Cambridge 1903), § 87, p. 89. 2) Wenigftens ift das Problem des Nacbweifes der Widerfprucbsloßgkeit nur in diefem Falle finnvott oder wenigftens nicht trivial. Es könnte viel» leicht (!) fein, daß aus beftimmten ñxiomenfyftemen nur eine endliche Anzahl voneinander verfchiedener Folgerungen gezogen werden könnte (die fief) dann
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Mathematiche Exiftenz.
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Beim W i d e r í p r u c b s l o f i g k e i t s b e w e i s b a n d e l t es (id) n u n a b e r nicht u m e i n e d e r a r t i g e e n d l i c h e F o l g e , f o n d e r n u m j e d e m ö g l i c h e d e r a r t i g e F o l g e, w i e w e i t d i e f e F o l g e r u n g s k e t t e n iich auch a u s d e h n e n m ö g e n . filio um : / 21 S£3 . . . ® p ï ï p + l in indefinitum V1 1 1 1 . . . 1 1 in indefinitum. Wie kann man zeigen, daß in der unteren Folge n i e m a l s (!) die 2 auftritt? W. A c k e r m a n n bat die Metboden im einzelnen angegeben. Wie gebt er vor? Zunächft führt er nach beftimmten formalen Gefichtspunkten eine Unterfcheidung von »richtigen« und »falfcben« Formeln ein. Dabei bandelt es ßcb um »numerifche Formeln«, d. b. folche, die außer den elementaren logifcben Zeichen (für »und«, »oder«, »folgt«, »nicht«, »gleich«, »ungleich«) nur Zahlzeichen enthalten. »Der Beweis der Widerfpruchsfreiheit vollzieht ficb nun auf folgende Weife. Man gibt ein Verfahren an, das die Formeln einer vorliegenden Beweisfigur, deren Endformel eine numerifche Formel ift, fämtlich in numerifche Formeln verwandelt, fo weit fie nicht fcbon folcbe find, und zeigt dann, daß auf Grund diefes Verfahrens eine vorliegende Beweisfigur in ein Syftem von lauter richtigen Formeln übergebt. Da 0=)=0 falfch ift, ift damit die Widerfpruchsfreiheit des betreffenden ñxiomenfyftems gezeigt1.« Das Verfahren kann hier nicht im einzelnen gefchildert werden. Es verläuft im großen fo: Man geht von der Endformel des Beweites fcbrittweife rückwärts, indem man alle Variablen Schritt für Schritt fortfchafft und gelangt fo fcbließlicb zur ñnfangsformel, die offenbar ein ñxiom ift. Schließlich beftebt die ganze Beweisfigur aus numerifchen Formeln. Dann beißt es weiter: »Die Verbindung der Formeln durch das Scblußfchema bleibt unberührt. Sämtliche Formeln der Beweisfigur find in richtige übergegangen, falls diefes mit den Axiomen der Fall ift. Der Beweis der Widerfpruchsfreiheit eines ñxiomenfyftems ift alfo erbracht, wenn es gelingt zu zeigen, daß bei der Verwandlung der Beweisfigur in numerifche Formeln die ñxiome in richtige Formeln über« allenfalls in der Scblußkette wiederholen würden), aber dann kann man ja diefe Folgerungen einzeln durchgeben, um ihre Widerfpruchsfreiheit feftzu" ftellen, wodurch die Löfung des Problems trivial wird. 1) Math. Ann. 93, S. 4.
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Oskar Becker.
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gehen.« (Dies zu zeigen, bietet aber bei der endlichen ñnzahl der ñxiome keine Schwierigkeiten.) Ift man foweit gelangt, fo ift die Fortfetjung des Beweifes leicht: ñ u s der »Richtigkeit« der ñxiome (die nach gewifien rein formalen Kriterien beurteilt wird) folgt Schritt für Schritt die »Richtigkeit« der Konfequenzen. Die »Richtigkeit« überträgt (ich alio in der Vorwärtsrichtung bis zur Endformel des Beweifes. Diefe kann alio n i c h t » 0 4 = 0 « fein. (Denn diefe Formel ift formal »falfch«·) Damit ift der gewünfchte Beweis erbracht. Diefer metamatbematifdbe Beweis ift ftichhaltig für j e d e v o r g e l e g t e konkrete »Beweisfigur«, die ja notwendig e n d l i c h ift. Denn man braucht alsdann nur die »engere Form« der vollftändigen Induktion, ñ b e r daraus folgt keineswegs, daß er für a l l e Beweisfiguren, die überhaupt möglich find, gilt. Man muß forgfältig zwifchen den beiden Fällen unterfcheiden. Wenn man fich auch jedes einzelne Glied einer unendlichen Menge vorftellen kann, fo ift damit noch keineswegs getagt, daß man fich die ganze Menge als a k t u a l unendliche vorftellen kann. So kann man fich von jeder einzelnen natürlichen Zahl einen deutlichen BegrifF machen (fie in beftimmter Weife auch kategorial anfchauen). ñ b e r man kann fich von der a k t u a l unendlichen Menge a l l e r Zahlen durchaus keinen BegrifF machen, fondern nur von dem ins Endlofe gehenden Zählprozeß, der diefe Menge als άπειρον δυνάμει ov erzeugt. In ähnlicher Weife kann man fich fämtliche auf Grund eines beftimmten ñxiomenfyftems m ö g l i c h e n Beweife nicht »nebeneinander«, als aktual unendliche Menge denken. Sondern man kann fich nur einen (verzweigten) unendlichen P r o z e ß vorftellen, der von den ñxiomen ausgehend zu immer neuen Folgerungen führt. Bezüglich diefes Prozeffes befteht aber nicht einmal die vollftändige Disjunktion: entweder kommt im Verlauf des Prozeffes die F o r m e l o 4= o irgendwo vor o d e r fie kommt niemals und nirgends vor. (Denn im analogen Fall der fchrittweife werdenden Folge gilt eine derartige Disjunktion offenbar nicht.) Die Sachlage erinnert an eine ähnliche, die eintritt, wenn man den Sat) von der (weiteren) vollftändigen Induktion auf folgende Weife zu »beweifen« verfucht: Man nehme an, ein Lehrfat), in den eine ganze Zahl m eingebt, und der e r f t e η s für m = ; 1 richtig ift, z w e i t e n s ftets richtig ift für m = ιι + 1, wenn er für m = η gilt, fei nicht für alle Zahlen m = l, 2, 3, 4 . . . wahr. Denn müßte es eine e r f t e Zahl ν geben,
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Matbematifcbe Exiftenz.
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für die der Sat) nicht gilt. Er ift dann aber ficher für ν — 1 richtig. Set)t man nun ν — 1 = η, ίο ift ν = η + 1 und man kommt zu einem Widerfpruch1«. Es fcheint zunächft, als ob diefer »Beweis« die »weitere Form« der Induktion auf die »engere« zurüdkfübrt. ñber das ift eine Täufchung. Denn er fetjt (nach H o l d e r , I.e.) »gewiffermaßen als l o g i Γ eh e s ñxiom voraus, daß, wenn nicht alle Glieder einer nur nach einer Seite unendlich ausgedehnten Folge eine beitimmte Eigenfchaft befltjen, ein e r it e s Glied da fein muß, das die betreffende Eigenfchaft nicht befitjt2. Diefes logifche »ñxiom« ift aber nichts anderes als das auf e η d l o f e Folgen (indefinite Mengen) angewandte Prinzip des ausgefchloffenen Dritten. Denn offenbar ift es gleichbedeutend mit folgendem SaÇ: » E n t w e d e r befitjen alle Glieder der endlofenFolge F die Eigenfchaft E, oder es g i b t ein Glied (und fogar ein »erftes« Glied), das die Eigenfchaft E nicht befitjt. Tertium non datur3.« Man kommt alfo nicht darum herum, fleh mit der endlofen Folge in »inhaltlicher« (metamathematifcher) Weife zu befaffen und das läuft dann auf das Induktionsprinzip in der »weiteren« Form hinaus. Denn jenes »tertium non datur« für endlofe Mengen gilt ja eben, wie iowohl von intuitioniftifcher wie von formaliftifcher Seite zugeftanden wird, nicht a l l g e m e i n . 1) V g l . H. P o i n c a r é ,
Wiffenfcbaft und Hypotbefe (deutfeb von F. u. L.
Lindemann, Leipzig 1904), S. 12. -
O. H o l d e r , Die matbemafifebe Metbode
(Berlin 1924), § 120, S. 344. 2) H o l d e r überhaupt
fügt noch folgende Anmerkung
ein Glied,
das die Eigenfchaft n i c h t
kommen foli, d. b. n a c h der
Reibe
einer endlichen
auftreten
muß,
binzu (l. c. ñnm. 3) : » D a befitjt, in der Reibe vor«
Zahl
von Séritten
in
fo gehen dieiem Glied nur Glieder in
endlicher Z a b i voran, und man kann, w e n n man die vorangebenden,
die
Eigenfchaft nicht b e i z e n d e n Glieder ins Huge faßt, die auf Erfcböpfung der Menge gegründete Betrachtungsweife durchführen«, d. b. man kann unter diefen e η d I i eh vielen die Eigenfchaft nicht befitjenden Gliedern ein e r f t e s finden. -
Indeffen ift dies eben, w i e im Text erläutert, ein Sat) über
end»
l o f e Folgen; denn jenes zuerft genannte Glied, »das nach einer endlichen Zahl von Schritten (fagen w i r s) auftreten m u ß » , ift keineswegs in finiter Weife v o r g e g e b e n ;
man
kann
keineswegs
a
priori
Schranke M angeben, unter der die Z a b i s liegen muß. beliebige vorgegebene
fefte Z a b i M überfteigen. -
eine fefte obere
Vielmehr kann s jede Etwas
ganz
ähnliches
batten w i r oben für die Beweisfiguren gezeigt. 3) Vgl.
Hilberts
Math. Ann. 88, S. 155.
eigene,
fchon
früher
angeführte
Formulierung,
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Oskar Becker.
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Nun verfährt der H i l b e r t f c h e Beweis für die Widerfpruchsfreibeit offenbar ebenfo, wie der foeben zergliederte angebliche Beweis des Induktionsprinzips. Hilbert nimmt an, die Formel 0 φ 0 komme irgendwo in der deduzierten Formelfolge vor. Dann muß fie an einer beftimmten Stelle z u m e r f t e n M a l vorkommen. Dann kommt fie ficher unmittelbar v o r diefer Stelle n i c h t vor. Damit hat man dann ein endliches ñnfangsftück der an (ich ins endlofe laufenden Deduktionskette gewonnen und man kann dann m i t R e eh t das vorhin im ñnfchlufi an W. ñ c k e r m a n n gefcbilderte f i n i t e Verfahren anwenden. — ñ b e r , das fei zum Schluß nochmals wiederholt, der Schluß, die Formel 0 =)= 0 müffe an einer beftimmten, v o r l e g b a r e n Stelle vorkommen, - wenn fie überhaupt je vorkommen kann — ift f a l f ch ! Man fieht aus diefen Überlegungen, daß H i l b e r t im Irrtum ift, wenn er meint, für die Widerfpruchsfreiheit des ñxiomenfyftems der ñrithmetik und ñnalyfis einen finiten Beweis gegeben zu haben, d. h. einen Beweis, der nur die »primitiven Hnfchauungstatfachen« der e η d I i eh e η Mengenbeziehungen verwendet. Er braucht wefentlirf) zu feiner Beweisführung das Endlofe. Das Schema feines Beweisverfahrens muß fo umgeftaltet werden, daß erfichtlid) wird, daß das Verfahren u h b e g r e n z t fortgelegt werden kann. So allein ift es möglich, feftzuftellen, daß 0 Φ 0 η i e m a 1 s (!) als Konfequenz auftreten kann. Die Umformung des H i l b e r t f c h e n Beweisverfahrens ift fehr einfach. Die endlofe Folge der Konfequenzen aus einem beftimmten ñxiomenfyftem ift zunächft eine vielfach verzweigte, in viele endlofen Folgen auslaufende offene Mannigfaltigkeit nach ñ r t eines Stammbaumes. Schneidet man ein beftimmtes ñnfangsftück ab, fo kann man es als »vorgelegte« endliche Beweisfigur Fl wie bei H i l b e r t bebandeln. Das Refultat der Behandlung ift dann, daß die Endformel diefer Figur »richtig« (alfo nicht 0 =)= 0) ift. Dann kann man um ein beftimmtes endliches Stück I \ in dem endlofen »Stammbaum« der Deduktionen weitergeben und nunmehr die vorhin als richtig erwiefenen Endformeln als Prämiffen benuíjen. ñuf diefe Weife werden fämtlidbe Beweisfäden (nach der feftgefetjten Zerfällung) verlängert, und damit kommt man zu einer »verlängerten Beweisfigur« (Ft —> F2). Diefe kann man wieder auf diefelbe Weife »verlängern« {Fi —>- F2 —>- F3) und diefen Prozeß der Verlängerung einer Beweisfigur kann man unbegrenzt oft anwenden. Man erhält dadurch die offene e n d l o f e Beweisfigur Fl F., —> Fs ...—>• Fn . . . in indefinitum, mit lauter » r i c h t i g e n « Formeln ; +
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Mathematiche Exiftenz.
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alio eine gefetjmäßige endlofe Folge von richtigen Formeln. Damit ift dann ein korrekter Widerfpruchslofigkeitsbeweis zuftande gebracht, der jenes falfche ñxiom über die vollftändige Disjunktion nicht vorausfetjt, - aber an (einer Stelle das Prinzip der vollftändigen Induktion (im w e i t e r e n Sinne). Das ift auch ganz natürlich, denn jenes ñxiom gilt eben nur, wo »gefetjmäßige«, der Induktion unterworfene Folgen vorliegen. Was leiftet nun der fo umgeftaltete Beweis der Widerfpruchsfreibeit? Sofern er fich auf die Theorie der finiten und indefiniten Mengen ( o h n e B e n u t j u n g d e s t e r t i u m n o n d a t u r ) befchränkt, offenbar inhaltlich n i c h t s . Er zeigt ja nur, daß das, was »inhaltlich« in der metamatbematifcben Darlegung benutzt wird, auch in formal-mathematifeher Hinficht widerfpruchsfrei ift. Aber der Beweis felbft wäre offenbar unficher, wenn man diefe Widerfpruchslofigkeit des materiell in der metamatbematifcben Überlegung verwandten Beziebungsmaterials nicht vorausfetjt. Der Beweis gilt alfo nur, — wenn das zu Beweifende gilt, — ein immerhin etwas gro« tesker Sachverhalt. Schließlich läuft die ganze Sache darauf hinaus, daß eine fo offenfichtlich die Endlofigkeit begrifflich implizierende Frageftellung wie die nach der Widerfpruchsfreibeit eben aud) nur unter Verwendung diefes Begriffs des Endlofen beantwortet werden kann; im Grunde eher eine Trivialität als eine Paradoxie. fluch ift diefer Sachverhalt von H. P o i n c a r é 1 fd)on vor Jahren klar erkannt worden. Aber angefichts des blendenden Scheins der H i l b e r t fchen Argumentation bedurfte es wohl diefer langwierigen und pedantifdben Widerlegung 2 . — 1) Vgl. die oben (S. 46) angeführten Stellen. - Ferner auch: fl. F r a e n k e l (Einleitung in die Mengenlehre, 2. Aufl., Berlin 1923) 5. 239/40: »Ein ernfteres Bedenken [gegenüber der Hilbertfcben Theorie] bezieht lief) darauf, ob überall bei den inhaltlichen Scblüffen die Benutzung folcher logifchen Prinzipien ftreng vermieden wird und fich vermeiden läßt, deren Begründung eben das Ziel jener Scblüffe ift, alio ob z. B. in bezug auf das logifebe Schließen, das flef) in zwar endlichen, aber nicht befchränkten Prozeffen vollzieht, Gefetje wie die von der vollftändigen Induktion [in der »weiteren Form«] oder vom ausgefchloffenen Dritten [in bezug auf endlofe Mengen) niemals verwendet zu werden brauchen, bevor fie durch die neue Methode endgültig gerechtfertigt find.« — (Die Zufätje in [) find von mir.) 2) Zur Ergänzung fei noch die Kritik des der H i l b e r t feben ñrgu· mentation analogen Schachbeifpiels bei W e y l (Sympofion I, S. 2 2 - 2 6 ; Math. Zeitfchr. 20, S. 147 f.) angefcbloffen. Es beißt bei W e y l , zum Beweis dafür, »daß beim Schachfpiel 10 Damen einer Farbe in einer fpielgerechten Stellung unmöglich find": »Die Zugregeln lehren, daß ein Zug die Summe
Oskar Becker.
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Indeffen iít mit d e r Sicberftellung
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der eben genannten
lität noch bei w e i t e m nicht alles gefagt.
Trivia-
V o r allem ift d a m i t dod>
n u r ein T e i l d e r H i I b e r t f e b e n B e w e i s f ü h r u n g g e t r o f f e n : nämlich d e r , d e r fich a u f die (»intuitioniftifche«) T h e o r i e d e r finiten u n d indefiniten a b z ä h l b a r unendlichen M e n g e n b e z i e h t , jenige,
der
vom
Theorie
der
Mengen
bandelt.
allgemeinen
eigentlich
tertium
transfiniten
non
dagegen datur
nicht
der-
von
der
und
(nicht a b z ä h l b a r
unendlichen)
Diefer letjte B e w e i s ift w e i t d a v o n e n t f e r n t ,
tri-
vial z u fein, w e n n e r die widerfpruchslofe »Hnfetjbarkeit« d e s T r a n s finiten
zeigt,
unter
Verwendung
Begriffsbildungen. -
lediglich
finiter
ñ n d r e r f e i t s ift d a s E n d l o f e
und
T h e m a inhaltlicher (fachlicher) Unterfuchung e r w i e f e n . Finitismus H i l b e r t s
ift alio a b z u l e h n e n
intuitioniftifchen Forfchung
indefiniter
als n o t w e n d i g e s Der extreme
u n d d a s g u t e Recht d e r
anzuerkennen1. §4.
Logifcbe
finalyfe
d e r intuitioniftifchen
a) D i e L e u g n u n g d e s S a t > e s v o m Nachdem
die
Hilbertfchen
im
Vorigen
Theorie
die
Tbefen.
ausgefcbloffenenDritten.
gegebene
immanente
Unentbehrlichkeit
der
Kritik
der
Theorie
des
(93 + ®) der ñnzabl der Bauern (39) und Damen (5D) einer Farbe niemals vermehren kann. Im Anfang ift diefe Summe gleich 9, alfo kann fie — hier vollziehen wir einen a n f c b a u l i c h = f i n i t e n (?) Scbluß durch vollftändlge Induktion — bei keiner Stellung in einer Partie diefen Wert überfchreiten.« - Diefer Beweis ift nicht »anfebaulieb-finit«, fondern anfebaulieb-in d é f i n i t (endlos). Zwar kann man (wenn man von gewiffen Remis-Partien, die in der Beweistbeorie kein rechtes ñnalogon haben, abfiebt) fagen, daß jede einzelne Partie aus endlich vielen Zügen beftebt. Hber man kann keine fefte obere Schranke M angeben, unter der auf jeden Fall die Zabi der Züge zu bleiben bat. E s gibt daher u n e n d l i c h v i e l e mögliche Schachpartien ; d. b. man kann keine obere Schranke -V für ihre ñnzabl angeben. Will man alfo eine Überficbt über a l l e möglichen Partien gewinnen, fo muß man dazu eine endlofe werdende Folge von Zügen aufftellen (die dann im einzelnen für ein endliches flnfangsftück der Folge, fagen wir von s Gliedern, eine endliche ñnzabl Ks Kombinationsmöglichkeiten von elementaren Zügen enthält). — Wenn alfo in dem Weylfcben Beweis von »keiner Stellung« die Rede ift, fo kann nur gemeint fein, »keine aus der endlofen Folge von möglicherweife in irgend einer möglichen Partie noch zu fpielenden Stellungen«. Der Beweis beruht dann darauf, daß fich die Konftanz der Summe S3 + T> von der wt'n Stellung allgemein auf die (« + l ) t e überträgt. Hierbei ift nach dem Gefagten aber wefentlicb, daß diefe Übertragung ins Endlofe (in die o f f e n e Unendlichkeit hinein), in indefinitum, ftaitfindet. 1) S. hierzu den » M a t b e m a t i f c h e n neue Unterfuchungen von J. ν. Ν e u m a η η.
ñnbang«,
befonders
über
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Endlofen innerhalb gewifíet Grenzen dargetan hat, ift die logifcbc Klärung diefer Theorie von ausfcblaggebender Bedeutung für die Grundlegung der Mathematik geworden. Β r o u w e r hat bekanntlich diefe Klärung in Angriff genommen mit feiner Thefe, d a ß d e r l o g i f c h e S a t z v o m a u s g e ich I of f e η e η D r i t t e n für unendliche M e n g e n keine Geltung m e h r habe. Er fagt: 1 »Meiner Überzeugung nach find das Lösbarkeitsaxiom 2 und der Sat) vom ausgefcbloffenen Dritten beide falfch, und ift der Glaube an fie hiftorifch dadurch verurfacht worden, daß man zunächft aus der Mathematik der Teilmengen einer beftimmten e η d I i eh e η Menge die klaffifche Logik abftrahiert, fodann diefer Logik eine von der Mathematik unabhängige Exiftenz a priori zugefchrieben und fie fcbließlich auf Grund diefer vermeintlichen Apriorität unberechtigterweife auf die Mathematik der unendlichen Mengen angewendet hat.« Der Tatbeftand, auf den iich diefe Thefe ftütjt, ift im Vorigen wiederholt dargeftellt worden: In einer unendlichen Folge von Zahlen etwa befteht nicht die Alternative, daß e n t w e d e r alle Zahlen der Folge die Eigenfcbaft E haben o d e r es (mindestens) e i n e Zahl der Folge gibt, welche die Eigenfcbaft Ε η i d) t befit)t. Diefer Tatbeftand kann nun aber verfebieden interpretiert werden; man kann etwa fotgende ñuffaffungen anführen: 1. Das genannte »entweder — oder« bezeichnet wirklich eine vollftändige Disjunktion im formalen Sinn, Aber der Sat) vom ausgefcbloffenen Dritten gilt nicht. ( B r o u w e r . ) 2. Es bezeichnet nur fcheinbar eine vollftändige Disjunktion: in Wahrheit ftehen die beiden disjunktiven Glieder iich nicht wie Pofition und Negation gegenüber ( W e y l ) , d . h . rein formell befteht nur die Alternative »entweder alle Zahlen haben die Eigenfcbaft E oder nicht«. Aber daß n i c h t a 11 e Zahlen die Eigenfcbaft E haben, und daß es eine Ausnahme pofitiv gibt, das ift nicht dasfelbe! 3. Wenn es auch immer eine folche Ausnahme in abstracto »gibt«, fo kann fie doch nicht immer »vorgelegt« werden. ( H i l b e r t s Formulierung). Vielleicht ift die dritte Interpretation diejenige, die die tatfäcblicb ftattfindenen Verbältniffe am beften zu cbarakterifieren fcheint. Denn es kommt doch vor allem auf folgenden Punkt an: Weiß man, daß in einer Zahlenfolge nicht alle Zahlen von Eins verfebieden find, 1) In feinem fluffat) »Intuitioniftifche Mengenlehre«, Jabresber. d. D. Math. Ver., Bd. 28, S. 203 ff. (1919). 2) d. b. die Annahme, daß jedes mathematiche Problem grundfätjücb lösbar fei. (Vgl. H i l b e r t , Math. ñ n n . 78, S. 412 ; 95, S. 180.)
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fo ift gewiß, dati nach einer endlichen ñnzabl Ν von Wahlen die 1 auftritt, a b e r e s k a n n a p r i o r i d u r c h a u s k e i n e f e f t e Z a h l M— f e i f i e auch noch f o g r o ß g e w ä h l t - a n g e g e b e n w e r d e n , d e r a r t , d a ß i V n i e m a l s g r ö ß e r al s i i ift1. Immerhin kann man gerade gegen diefe ñuffaííung der Sachlage Bedenken haben. Denn man erwäge die folgende Disjunktion und frage fleh, ob fie notwendig e n t i c h e i d b a r fein muß: Von zwei Fällen m u ß einer ftattfinden: »entweder muß die ñusnabmezahl n i e m a l s auftreten o d e r nach einer endlichen Hnzahl Ν von Wahlen, wenn auch keineswegs für diefe ñnzabl Ν eine fefte obere Schranke M angegeben werden kann.« Ift dies wirklich eine finnvolle Alternative? Offenbar ift doch der (in gewiffem Sinn »dritte«) Fall denkbar, daß man, fo lange man auch wartet, n i e m a l s zu einer ñusnabmezahl kommt. Da man aber offenbar nicht unbegrenzt lange warten kann, so läßt fich in diefem Fall durchaus nicht e n t f e b e i d e n , ob in einer endlichen Zukunft die ñusnabmezahl erfcheinen wird oder nicht. Dagegen läßt fich fehr wohl (im Prinzip) die Sache entfebeiden, wenn man eine — wenn auch noch fo große — obere Schranke M für die Ordnungszahl der »entfeheidenden« Wahl kennt. Die Entfcbei= dungswabl kann dann konkret ins ñuge gefaßt werden und fie ift dann offenbar der ñltemative »ja-nein« unterworfen. Man hätte alfo nur e i n e finnvolle vollftändige Disjunktion: e n t w e d e r ericheint nach einer beftimmten, unter einer feften oberen Schranke M liegende ñnzabl Ν von Wahlen die ñusnabmezahl o d e r fie ift auch nach der Jf t e n -Wabl nicht erfchienen. Tertium non datur. Innerhalb der zweiten Möglichkeit noch Unterfcbiede zu machen, entbehrt des verifizierbaren Sinnes. Indeffen bei diefer ñuffaííung ift das »nicht alle Zahlen der Folge befit}en die Eigenfchaft E . nicht eindeutig beftimmt und die rein formal gebildete vollftändige Disjunktion ohne rechten Sinn. Die H i l b e r t f A e Unterícheidung zwifeben dem »es gibt eine Ausnahme, fie ift aber nicht vorlegbar« und »es gibt keine ñnsnabme« ift nicht verifizierbar. Man muß verfueben, die ganze Sache prinzipieller zu erwägen. Es fei gegeben ein Sat) p. Denkt man fich fein kontradiktorifebes Gegenteil, den Sat) ρ (nicht-ρ) hinzu, fo beftebt die vollftän1) Wie fieb derartige Verbältniffe u. U. bei konkreten matbematifcf>en Problemen auswirken können, darüber bat H i l b e r t (Matb. Ann. 78, S. 4 1 2 - 1 5 ) in feinem ñuffat) »fixiomatifches Denken« febr lehrreiche ñusfübrungen gemacht.
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dige Disjunktion ρ oder ρ, tertium non datur. Das ift der übliche logifche Standpunkt. Indeffen, bei genauerer Erwägung erkennt man, daß die negative ñusíage ρ mehrteilig, nämlich z w e i t e i l i g ift: Für ρ kann man auch Tagen »p gilt«. Oder wenn man einen prädikativen Satj nimmt: Für » A ift b* kann man auch fagen »Es gilt der Sat) ((A ift δ))«. Wie fteht es aber mit dem P? Man kann dafür offenbar in analoger Weife fagen: »ρ gilt« oder in der ausführlichen Faffung: »Der Sa$ « A ift nicht b)) gilt«, ñ b e r d a s i f t n i c h t d i e e i n z i g e M ö g l i c h k e i t , ρ z u n e g i e r e n . Es gibt noch die z w e i t e folgende: Man faßt als das kontradiktorifche Gegenteil des Satjes ρ oder »p gilt« ufw. die flusfage auf: »p gilt n i c h t « bzw. »der Sat} ((A ift b)) gilt nicht«. Rein formal hat man alfo nach dem bisher Entwickelten folgende d r e i Möglichkeiten: 1. »ρ gilt« fymbolifch etwa »+2> « . . . . ( l ) 2. »P gilt« „ „ »+(-!?)« (2) 3. »ρ gilt nicht« „ „ » - ( + p ) « . . . . (3) bzw.: 1. »Der Sal} ((A ift ύ » gilt« fymbolifch: A e b 2. »Der Sa$ ((A ift nicht 6 » gilt« „ Aeb 3. »Der Sa$ ((A ift b)) gilt nicht« „ Aeb oder allgemeiner: 1. A (a) 2. A (a) 3. A (a) Welche logifcben Beziehungen beftehen zwifchen diefen 3 ñus· fagen (l), (2), (3)? — a) ( l ) fchließt fleh mit (2) und auch mit (3) aus. Dagegen find (2) und (3) verträglich. b) ñus (2) folgt (3), aber nicht umgekehrt aus (3) (2). (2) und (3) find daher i. ñ . η i eh t äquivalent. Doch k a n n dies in befonderen Fällen eintreten. c) Es gilt e n t w e d e r ( l ) o d e r (2) o d e r (3); die 3 Möglichkeiten bilden eine vollftändige Disjunktion ; quartum non datur. Zufammenfaffend kann man fagen: es beftehen folgende Möglichkeiten : I. (1) gilt; (2) und (3) gelten nicht. II. (1) gilt nicht; (2) und (3) gelten. III. (1) und (2) gelten nicht; (3) gilt. Die übrigen rein formal denkbaren Kombinationen des Geltens bzw. Nichtgeltens von ( l ) , (2), (3) ftetlen keine finnvollen Möglichkeiten dar.
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Um die Bedeutung diefer formallogifcben Beziehungen deutlich zu machen, unterscheidet man am zweckmäßigften zwei Fälle: einen n o r m a l e n und einen a b n o r m a l e n . α) Der n o r m a l e Fall findet ftatt, wenn die mögliche aber nicht notwendige Äquivalenz zwiichen (2) und (3) beiteht. (vgl.b). Dann hat man nur eine z w e i f a c h e vollftändige Disjunktion, ( D i c h o t o m i e , t e r t i u m non datur). ß) Der a b n o r m a l e Fall findet ftatt, wenn (2) und (3) η i eh t äquivalent find, (ñlsdann folgt, nach b, (3) aus (2), aber n i c h t umgekehrt.) Hier findet eine d r e i f a eh e vollftändige Disjunktion ftatt. ( T r i c h o t o m i e ; q u a r t u m non datur.) Der Fall (α) ift verwirklicht für die Betrachtung von Eigenfchaften endlicher Mengen, genauer der Teilmengen einer endlichen Menge. Das ift derjenige Fall, von dem nach B r o u w e r s vorhin zitierten Worten »die klaffifche Logik abftrahiert« ift. Der Fall (ß) ift dagegen realifiert ζ. B. bei der Betrachtung von Eigenfchaften endlofer Zahlfolgen. Diefer Fall ift alfo noch näher zu klären. Bei ihm muß man, wie getagt zwifchen den beiden möglichen Negationen (2) und (3) des pofitiven Satjes ( l ) forgfältig unterfd>eiden1. Die N o t w e n d i g k e i t d i e f e r Unterfcheidung kann in k o n k r e t e r W e i f e k l a r g e m a c h t w e r d e n m i t t e l s d e r Hufierlfchen Lehre vom Urteil2. Damit ein Urteil mit der den Forderungen logifcher Vernunft entfprechenden Evidenz gefällt werden kann, muß ihm ein mittels der kategorialen erfüllten ñnfchauung zur Evidenz gebrachter Sachverhalt zugrunde liegen 3 . Diefer Sachverhalt kann ein pofitiver oder negativer fein, ñuch negative Sachverhalte find der Erfüllung in einer ganz beftimmten Modifikation zugänglich. Es fei an folgende ñusführungen der »Logifchen Unterfuchungen« erinnert : (VI. Unterfuchung § 11; Bd. II, 2, S. 41): »In der weiteren Sphäre der ñkte, welche überhaupt Unterfchiede der Intention und Erfüllung zulaffen, reiht fich der Erfüllung, als ihr ausfchließender Gegenfat), die E n t t ä u f c h u n g an. Der zumeift negative ñusdruck, der hierbei zu dienen pflegt, wie ζ. B. auch der ñusdruck Nichterfüllung, 1) Über den Formalismus
der Β r o u w e r feften Logik
matifeben Hnbang. 2) In der VI. logifchen Unterfuchung.
f . den matbe·
(Bd. II, 1.)
3) Vgl. H u f f e r i , I.e. §39 (Log. Unterfucbungen II, 2, S. 122 ff.).
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m e i n t k e i n e b l o ß e Ρ r i ν a t i o n d e r E r f ü l l u n g, f o n d e r n e i n n e u e s d e f k r i p t i v e s F a k t u m , e i n e fo e i g e n a r t i g e F o r m der S y n t h e f i s wie die E r f ü l l u n g Die Syn« tbefis der Erkenntnis war Bewußtfein einer gewiffen »Übereinftimmung«. Der Übereinftimmung entfpricbt aber als korrelate Möglichkeit die »Nichtübereinftimmung«, der » W i d e r f t r e i t « · Die ñnfcbauung »ftimmt« zur Bedeutungsintention nicht, fie »ftreitet« mit ihr. Widerftreit »trennt«, aber das Erlebnis des Widerftreites fetjt in Beziehung und Einheit, es ift eine Form der S y n t h e f i s . War die frühere Synthefis von der ñ r t der Identifizierung, fo ift die jetzige von der ñ r t der U n t e r f c h e i d u n g In der hier fraglichen » Unterfcbeidung « erfcheint der G e g e n ft a n d des enttäufchenden ñktes als » n i c b t d e r f e l b e « , als » a n d e r s « wie der G e g e n ft a n d des intendierenden ñktes Völlig gleichgeordnet find die beiden Synthefen allerdings nicht. Jeder Widerftreit fetjt etwas voraus, was der Intention überhaupt die Richtung auf den Gegenftand des widerftreitenden Aktes gibt, und diefe Richtung kann ihr letjtlicb nur eine Erfüllungsfyntbefis geben E i n e I n t e n t i o n e n t t ä u f c h t ficb i n d e r W e i f e d e s W i d e r f t r e i t e s n u r d a d u r c h , d a ß fi e e i n T e i l e i n e r u m f a f f e n d e r e n I n t e n t i o n ift, d e r e n e r g ä n z e n d e r Teil f i c h e r f ü l l t « . Die Lehre Η u f f e r l s betagt alfo zunäcbft: Erfüllung und Enttäufchung verhalten ficb wie Pofition und Negation: Enttäufchung ift Nichterfüllung; damit gleichbedeutend ift das Bewußtfein der Nichtübereinftimmung zwifchen Intendiertem und ñngefcbautem, des W i d e r f t r e i t s . Um dies Bewußtfein entftehen zu laffen, ift es aber offenbar notwendig, Intendiertes und ñngefchautes gleichermaßen gegenwärtig zu haben; deshalb ift auch die Enttäufchung eine »Synthefis«, die »Synthefis des Widerftreits«. Damit aber feftgeftellt werden kann (was doch offenbar für das Zuftandekommen der Synthefis notwendig ift), daß ein beftimmter intendierter Gegenftand einem beftimmten angefchauten »entfpricbt«, mit welchem er nach der vorwegnehmenden Erwartung, die in jeder auf Erfüllung »ausfeienden« Intention liegt, übereinftimmen f o l i t e , — dazu ift erforderlich, daß die Intention wenigftens i n E t w a s erfüllt wird 1) Zur Erläuterung diene ein einfaches Beifpiel: Wie kommt etwa das Urteil »Das Buch liegt nicht auf dem Tifch« zuftande? Erwartet wird, daß das fragliche Buch auf dem beftimmten Tifch liegt. Der flugenfcbein (eine Weife der ñnfcbauung) zeigt: 1. den betreffenden gemeinten Tifch, 2. den Sachverbalt, daß das gemeinte Buch nicht darauf liegt, d. b. das Leerfein des Tifcbes. Zur evidenten Fällung des obigen Urteils ift der erfte Punkt 32*
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Die Ubereinftimmung zwifchen Intendiertem und ñngefcbautem muß hinreichend fein, um die Identität des angefchauten Gegenftandes mit dem in der Intention vermeinten zu fiebern; erft auf Grund diefer Identifizierung bebt fieb dann die unterfcbiedliche w i r k l i db e Befcbaffenbeit des angefchauten Gegenftandes von der ihm v e r · m e i n t l i c h zukommenden ab. Im Grunde ift alfo jeder Widerftreit ein partieller Widerftreit 1 . Erwägt man diefe ganze H u f f e r liebe Lehre, fo erfcheint die vorhin vollzogene Gleicbfetjung der Termini »Enttäufcbung« und »Nichterfüllung«, »Widerftreit« und »Nicbtübereinftimmung« nicht gerechtfertigt. Wenn die Enttäufcbung und der Widerftreit poiitive Phänomene sui generis find, weshalb dann diefe negativen Bezeichnungen? Diefe find nur am Platje, wenn hinter der Gleicbfetjung der fiusdrücke auch eine Gleichheit der damit bezeichneten Gegenftände ftebt. Dies ift aber gerade wegen des durchaus ρ o f i t i ν e η Charakters jener Sachverhalte nicht der Fall. Genauer gefagt: E i n e e i n f a c h e N i c h t e r f ü l l u n g ift d u r c h a u s noch k e i n e p o f i t i v e r l e b t e E n t t ä u f c b u n g . Denn es kann doch fein, daß es w e d e r zu einer Erfüllung η o eh zu einer Enttäufcbung kommt. Das erhellt aufs klarfte daraus, daß jeder Enttäufcbung eine partielle Erfüllung zu Grunde liegen muß. Wie nun, wenn es zu g a r k e i n e r Erfüllung kommt? ñnalog fetjt »Widerftreit« eine teilweife Ubereinftimmung voraus. Wenn es nun aber zu gar keiner Ubereinftimmung kommt, - und das ift doch wohl der ausgeprägtere Fall der Ν i cb t-Übereinftimmung — wo ift dann der Widerftreit? ñlfo haben doch wohl »Nicht-Erfüllung« und » Nicht-Ubereinftimmung« ihren guten r e i n n e g a t i v e n (bzw. privativen) Sinn? Oder vielleicht doeb nicht? Vielleicht ift in diefen febeinbar rein negativen Fällen das übereinftimmende und fich erfüllende Moment nur eine Stufe weiter zurückgedrängt? ebenfo nötig w i e der zweite. Der erfte gibt die Erfüllungsfyntbefis (Identifizierung des gemeinten und gefebenen Tifcbes), auf Grund deren allererft das Nicbt-Liegen gerade auf d i e f e m Tifcb zur Gegebenheit gebracht w e r den kann, indem es zu einer Syntbeiis des Widerftreits (der »Nicbtüberein« ftimmung« der Intention auf das auf dem Tifcb liegende Bucb mit dem w a h r genommenen leeren Tifcb) kommt. 1) Diefe Verbältniffe find von Η u f f e r i genauer in § 12 der zitierten VI. Unterfuchung aneinandergelegt w o r d e n (I.e. S. 44 f.). 2) Hucb nach H u f f e r l (I.e. S. 44 f.) beftebt die »totale und reine« Enttäufcbung in dem pointierten Herausgebobenfein lediglich des unterfebiedlieben Teilmoments fl ( b z w . am Ganzen Θ. ñ b e r das Ganze Θ ftebt doch mit feinen ü b e r e i n ft i m m e η d e n Momenten « , < . . . im Hintergrund.
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Man wird diefe Fragen nur an der Hand einer konkreten finatyfe entfcheiden können. Man nehme als Vorbereitung den einfachen Sachverhalt »das Bud) liegt nicht auf dem Tifch«. - 1. E n t t ä u f d ) u n g bedeutet hier: der Tifch wird gefehen, aber das Bud) ift nicht darauf; alio Erfüllung in Bezug auf das originäre Gegebenfein des vermeinten Tifches; partielle Enttäufchung hinfichtlich des iupponierten Daraufliegen des Buches. 1 2. N i c h t - E r f ü l l u n g betagt (oder kann doch befagen) : We d e r der Tifch η o eh das Buch werden gefehen. Der Sachverhalt ift alfo ficher nicht als mit der Intention übereinftimmend gegeben, ñber er ift auch nicht im Widerftreit (im eigentlichen Sinne) mit ihr gegeben. Er ift eben g a r n i c h t g e g e b e n . ñber ift dies ftreng genommen richtig? Ift denn wirklich gar kein Sachverhalt gegeben? Ift g a r n i c h t s gegeben? Kann überhaupt gar nichts gegeben fein? Offenbar nicht. Es ift vielleicht das Zimmer gegeben, worin der Tifch und das Bud) fich gewöhnlich befanden, woraus fie aber entfernt find. Oder das Haus ift verfdbloffen und das Zimmer nicht betretbar und alfo auch nicht »originär gegeben« ufw. ufw. In allen folchen Fällen wird man auf die Frage: »Liegt das Bud) auf dem Tifch?« nicht etwa die ñntwort geben: »Es liegt nicht auf dem Tifch« fondern etwa: »Der Tifch ift überhaupt nicht da« oder: »Ich weiß nicht, id) kann nicht in das Zimmer hinein.« ñber eine gewiffe, wenn aud) »fchwächere« Erfüllung der Intention ift doch aud) hier vorhanden; das Zimmer bzw. das Haus ift »übereinftimmend« mit dem vermeinten Zimmer und dem vermeinten Haus, die im Falle »totaler Erfüllung« fundierend gewefen wären für das Dafein des Tifches und Buches, — nicht etwa nur »objektiv kaufal«, fondern durchaus im phänomenologifchen Sinn als »Hintergrund«, umfchließende phänomenale Örtlichkeit, als ortlieber Zugang im Sinne des praktifchen Lebens ufw. Man nehme felbft einen extremen Fall: Für den in einem tiefen Kerker Eingefchloffenen ift der größte Teil der Welt unzugänglich, nicht »originär gegeben.« Für ihn find alfo die Intentionen von Wahrnehmungsurteilen (auf folche befchränken wir uns der Einfachheit halber) zumeift nicht erfüllbar. Indeffen irgendwie befteht doch auch ein d e n k b a r e r Zugang zu den Wahrnehmungs« 1) Diefe Enttäufcbung kann natürlich noch auf vetfebiedene Weife Zustandekommen. Einmal etwa wird das Buch überhaupt nicht gefehen, das andere Mal fiebt man es z. B. auf dem Boden liegen ufw.
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íacbverhalten, wenn er auch d e f a c t o verfperrt ift. Und das »ñnfangsftück« diefes Zugangsweges für den Gefangenen, etwa, um ganz konkret zu fein, der Weg von feinem Lager bis zur freilief) verfchloffenen Kerkertüre, ift originär gegeben und durchfcbreitbar. Er repräfentiert alfo die partielle Erfüllung des im Urteil Vermeinten - in gewittern Sinne. Denn - daran muß man ftreng fefthalten, dann wird auch der Schein des Paradoxen verfebwinden ein konkret und originär gegebener Sachverhalt läßt iieb nicht von feinem phänomenalen Z u g a n g trennen, d e r Z u g a n g g e h ö r t m i t z u m P h ä n o m e n . Er fällt nur zumeift nicht ins Huge, wenn er leicht und »felbftverftändlicb« ift.1 Man muß fich davor hüten, diefen »Zugangsfachverbalt« als »fubjektiv« aufzufaifen, etwa prinzipiell zu febeiden den »objektiven« Sachverhalt: »das Buch ift nicht auf dem Tifch« und den »fubjektiven«: »Ich kann nicht in das Zimmer hinein«. Das wäre eine ganz febiefe Gegenüberftellung. Man kann den erften Sachverhalt auch fubjektiv wenden: »Ich febe, daß auf dem Tifch kein Buch liegt« und den zweiten (was für uns wichtiger ift) objektiv: »das Zimmer ift nicht gegeben«. Natürlich kann man einen Unterfchied der Fälle danach machen, ob die in der ñusgangsfrage : »Ift A b ?« oder: »Hat a die Beziehung R zu 6?« e x p l i z i t angeführten Gegenftändlichkeiten zum Teil wenigftens im originär gegebenen Sachverhalt vorhanden find oder nidbt. ñber man darf über diefer berechtigten Unterfcbeidung nicht vergeffen, daß der wirkliche Sachverhalt, dem nachgefragt wird, auch noch eine Fülle von i m p l i z i t e n , fundierenden Momenten enthält. Von den expliziten Momenten kann u. U. keines gegeben fein, ñber von den impliziten Momenten, d i e f c b l i e ß l i c b f t e t s b i s z u m faktifeben 1) E s liegt der gefcbilderten ñnalyfe ein allgemeines metbodifebes Grund· prinzip der Phänomenologie zugrunde, das in einer früheren Arbeit des Verfaffers als » P r i n z i p d e s t r a n f z e n d e n t a l e n Idealismus« bezeichnet wurde. (S. Jahrb. f. Pbilof. u. pbän. Forfch., Bd. 6, S. 387/88, S. 405, finm. 2, S. 412, S. 413.) Man kann es kurz mit den Worten andeuten: »Zu j e d e r Gegenftändlichkeit gibt es (im Prinzip, d . h . abgefehen von »tech« η i loben« Schwierigkeiten) einen Zugang«. Damit erft ift jeglid>e Gegenftänd· lichkeit als Phänomen charakterifiert und dem fchledbtbin u n i v e r f a l e n flnfpruch der t r a n f z e n d e n t a l e n Phänomenologie (für die jedes Sein mit Konftituiertfein gleichbedeutend ift) Genüge gefchehen. — Dies ift der zunächft fich darbietende ñfpekt des » p b ä n o m e n o l o g i i e b e n Z u g a n g s » p r i n z i p s « (diefer Terminus foil im folgenden vorzugsweise verwandt werden). Über die nähere Explikation und Weiterbildung bzw. Umgeftaltung diefer Huffaffung kann hier nicht gefprochen werden.
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L e b e n ( D a f e i n ) d e s U r t e i l e n d e n f e l b f t f ü h r e n 1 , mliííen immer irgendwelche gegeben fein. - Im Schlafe kann man nicht einmal fagen: »Von dem betreffenden Sachverhalt ift nichts gegeben«. Außer diefem elementaren und vielleicht zu trivialen Beifpiel fei noch ein anderes, m a t h e m a t i f c h e s gebracht, bevor das eigentliche Brouwerfche Problem zur Sprache kommt. Wir entnehmen es der feinfinnigen flnalyfe, die Ο. Η δ l d e r kürzlich * vom indirekten Beweisverfahren gegeben bat. Er braucht den (indirekten) Beweis des fog. a r c h i m e d i f c h e n Hilfsfatjes aus dem D e d e k i η d fchen Stetigkeitsaxiom als Beifpiel. Die Strecke AB fei ein Teil von AG (f. Figur). A
B
C
Angenommen, es würde A C von keinem Vielfachen von Α Β übertreffen (oder erreicht), fo kann man die Punkte Ρ rechts von A einteilen in folche, daß AP übertroffen und folche, daß AP nicht übertroffen wird von einem genügend vervielfachten Α Β. Die Einführung des D e d e k i η d fchen »Schnitt. Punktes« X zwifchen diefen beiden Punktmengen ergibt einen Widerfpruch3. Folglich exiftiert der Punkt X garnicht. - Wiefo kann man aber doch mit ihm operieren? Hier ift ebenfalls nicht »nichts« gegeben! Man denkt ficb ftatt des Vielfachen von AB gewiffe wachfende Strecken AAlt AA,, AA3,..., die nicht gerade Vielfache von AB find. Dann kann es zwei Punktklaffen, diejenigen Punkte, die von der Folge übertroffen werden und folche, die nicht übertroffen werden, geben und alfo auch den Punkt X »Wir können nun diefen Fall einmal an Stelle des urfprAnglichen fetjen und ihn als Abbild des früheren (unmöglichen) Falles betrachten, freilich mit der Einfcbränkung, daß hier nicht zu jeder Relation des abzubildenden Sachver· halts eine entfprechende Relation im Abbild zu finden ift.« Man erhält dann, wenn X der Trennungspunkt der Klaffen ift und Xl links und X., rechts von X in kleinerem Abftand als AB liegt, die Figuren: 1) Hier tritt wieder das fchon erwähnte phänomenologifche Zugangsprinzip hervor. 2) S. »Die mathematifche Methode« (Berlin 1924), § 118, S. 329-31. 3) Denn (vgl. I. c. § 30, S. 90) wählt man zwei Punkte X„ und -Xi rechts und links gleichweit von X, in geringerem Abftand als die Länge von Α Β, fo wird X¡ nach Vorausfetjung von einem Vielfachen von AB übertroffen: μ·ΑΒ>ΑΧι, Alfo ift:
aber:
XtX^XX,ÄXl+XlX=AX.
Es wird alfo AX übertroffen. Anderfeits ift für X, nach Vorausfetjung für jede Zahl v. AX.,>
ν • AB
(2)
Es ift aber 4 Ι + Α Ί . = AX2B2, folglich wegen (1) und (2) AX+AB>vAB,
d.h. AX ift größer als das (f-l)facbe, fomit größer als j e d e s Vielfache von AB. — Damit ift ein Widerfpruch erreicht.
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Αμ Η
Ay
1
1-
Xt
X
Η
1
1-
X
X,
Nimmt man nun die vorbin fallengelaffene Bedingung, daß
ΑμΑμ + 1 = Ay—lAy = AB fein ioli, wieder auf, ίο ergeben ficb (da doch X1X = XX,. ein (i. a. möglicher) Rabmenfacbverbalt des unmöglichen urfprünglicb vermeinten Sachverhalts mit der Folge von Multiplen von AB. Freilich würden wir nicht von darftellenden Zeichen, fondern genauer von vermeinenden Intentionen ufw. reden. Das »darftellende Gebiet«, der »Oberbau«, ift die leere Intention, der »Unterbau« der Erfüllung (l. c. §§ 114,116).
Nach diefen Vorbereitungen werde nunmehr wieder die B r o u « w e r i c h e Frage nach dem Vorkommen einer beftimmten Zahl in einer endlosen werdenden Wahlfolge ins ñuge gefaßt: Die Folge beginne etwa ίο: 2 4 25 3 6 6 7 . . . . ohne erkennbares Geiet}. Kommt die 1 in ihr vor? Darauf kann man w e d e r einfiebtig antworten: »die I kommt vor« Cp) noch: »die 1 kommt nicht vor« Cp). Vielmehr nur: »ein Sachverhalt dieier Stufe ift nicht einfiebtig gegeben«. Oder genauer: »weder der Sachverhalt ((die 1 kommt v o r ) ) noch der Sachverhalt ((die 1 kommt n i c h t v o r ) ) ift (einfiebtig) gegeben« (