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German Pages 347 [352] Year 2008
m 150 Jahre íjScN Wissen für die Zukunft Oldenbourg Verlag
Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler Problemorlentierte Einführung
von Universitätsprofessor
Dr. Alexander Karmann
6., erweiterte Auflage
Oldenbourg Verlag München
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
© 2008 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, [email protected] Herstellung: Anna Grosser Coverentwurf: Kochan & Partner, München Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: Grafik + Druck, München Bindung: Thomas Buchbinderei GmbH, Augsburg ISBN 978-3-486-58706-7
Vorwort Vorwort zur sechsten Auflage Die konzeptionelle Besonderheit dieses Lehrbuches hat sich im Studienbetrieb an verschiedenen Universitätsstandorten bewährt, wonach in jedem Kapitel die darin erläuterten formalen Methoden zunächst an ökonomischen Fragestellungen motiviert und am Ende beispielhaft angewendet werden. Das Buch dient zunächst als Vorlesungsbegleiter für eine einführende Lehrveranstaltung Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler im Bachelor-Studium, die grundlegende Instrumente formaler Analyse in den Wirtschaftswissenschaften vorstellt. Dieser Teil umfaßt Matrizenrechnung, lineare Systeme und Optimierung ebenso wie Differential- und Integralrechnung sowie die Lagrange-Methode, also die Kapitel 1 bis 12. Weiterführende mathematische Analyseinstrumente, die darüber hinaus für ein wirtschaftswissenschaftliches Master-Studium von Bedeutung sind, betreffen insbesondere Modelle, die durch Differentialgleichungen beschrieben werden, Ansätze zur intertemporalen Steuerung oder die Entwicklung dynamischer Systeme. Diese sowie einige typische Anwendungen werden in den Kapiteln 13 bis 16 vorgestellt. Die entsprechenden Inhalte werden an der Technischen Universität Dresden in der Lehrveranstaltung Mathematische Analyseinstrumente am Ende des BachelorStudiums behandelt, um auf ein erfolgreiches Master-Studium vorzubereiten. In die vorliegende Auflage sind neu aufgenommen lineare Differenzengleichungen 2. Ordnung und das wachstumstheoretische Multiplikator-Akzelerator-Modell (Beispiel 13.3). Herrn Dipl.-Vw. Andreas Bühn bin ich für hilfreiche Unterstützung bei der Erstellung der neuen Abschnitte zu großem Dank verpflichtet. Für Vorschläge zur Verbesserung oder Erweiterung bin ich jederzeit dankbar und bitte um Zusendung an [email protected].
Dresden, im Januar 2008
Hinweis für den eiligen Leser:
Alexander Karmann
Der eilige Leser kann folgende - dem eifrigen Leser durchaus
empfohlene - Teile überspringen, ohne den Anschluß an die übrigen Abschnitte zu verlieren: 1.1, 2.3, 5.6, 5.7, 6.1 - 6.5, 7.3, 8.2, 10.3, 11.3, 12.3, 12.4, 13.1 - 13.2, 14.1 - 14.6, 15.1 - 15.5, 16.1 - 16.4.
Vorwort
VI
Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage Ziel der zweiten Auflage ist es, die typischen Inhalte der Lehrveranstaltung Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, wie sie etwa an der Technischen Universität Dresden und der Universität Hamburg gelehrt wird, wiederzugeben. Neben graphischen Veranschaulichungen sind als ergänzende Kapitel oder Abschnitte hinzugekommen: Aussagenlogik, Komplexe Zahlen, Eigenwerte und Eigenvektoren, Lineare Optimierung sowie Reihen und Konvergenzkriterien. Da das Buch nicht nur als Vorlesungsbegleiter und Formelsammlung, sondern auch als Einstiegshilfe in das Hauptstudium dienen soll, ist ein Kapitel Dynamische Systeme neu aufgenommen worden. Darüber hinaus sind in den Beispielen und Anwendungen einige moderne ökonomische Gebiete berücksichtigt, die aus den Vorlesungen des Autors, etwa zur Finanzmarkttheorie und der monetären Makroökonomie, stammen: zustandsbedingte Wertpapiere aus der Finanzmarkttheorie, das Prinzipal-Agent-Modell und loglineare Modelle der Neuen Makroökonomie. Der Autor ist den Kollegen der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Dresden für einige Anregungen zur Neuauflage ebenso dankbar wie den Vertretern des Fachs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, mit denen das Curriculum auf die in den Wirtschaftswissenschaften benötigten mathematischen Methoden abgestimmt worden ist. Das Kapitel 15 über Dynamische Systeme ist von Herrn Dipl.-Math. Thomas Kähler verfaßt worden, dem für die Mitarbeit an der vorliegenden Auflage herzlich gedankt sei. Dresden - Hamburg, im März 1997
Alexander Karmann
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage Mathematische Methoden gehören zum festen Bestandteil der wirtschaftswissenschaftlichen Grundausbildung. Dies reflektiert nicht zuletzt den Grad der mathematischen Formalisierung, der auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften heute wissenschaftliche wie praxisangewandte Arbeiten kennzeichnet. Studierende der Wirtschaftswissenschaften der ersten Semester stehen oftmals den mathematischen Methoden zunächst skeptisch gegenüber, da sie noch nicht abschätzen können, wozu die formalen Instrumente benutzt und welche mathematischen Techniken im einzelnen benötigt werden. An dieser Motivationsschwelle
VII
Vorwort
setzt das vorliegende Buch an. Es ist aus der Vorlesung Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler entstanden, wie sie an der Universität Hamburg kompakt als einsemestrige Veranstaltung gehalten wird. Besonderheiten der Buchkonzeption sind zum einen die einführenden wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellungen, die jedem Kapitel vorangestellt sind und die die nachfolgend behandelte Mathematik ökonomisch motivieren. Zum anderen werden die grundlegenden mathematischen Begriffe sowohl deutsch als auch englisch wiedergegeben, um Studenten die spätere Lektüre mathematischwirtschaftswissenschaftlicher Arbeiten zu erleichtern und Fehlübersetzungen zu ersparen. Jedes Kapitel enthält einen Abschnitt mit ökonomischen Beispielen, in dem auch die zu Beginn des Kapitels erörterten Problemstellungen aufgegriffen und ausführlich diskutiert werden. Die Beispiele entstammen teilweise klassisch-ökonomischen Fragen wie Haushalts-, Produktionsoptimierung, InputOutput-Rechnung, aber auch komparativ statischer Modellanalyse, Grenzsteuerbelastung und Anwendungen aus der neueren Finanzwirtschaft. Aufgaben aus bisher gestellten Klausuren sind teilweise in die ökonomischen Beispiele mitaufgenommen worden. Da das Buch als Einführung und Vorlesungsbegleiter gedacht ist, ist es knapp und ohne Beweisführung gehalten; ein Verzeichnis mit weiterführender Literatur ist für den interessierten Leser am Ende aufgeführt. Das Buch kann aber auch als Studienbegleiter dienen, da es einige über die Grundvorlesung hinausreichende Sachgebiete umfaßt, die zum Standardrepertoire wirtschaftswissenschaftlicher Modellierung gehören, etwa Hesse-Matrix, Kuhn-Tucker-Bedingungen (hinreichende Optimalitätsbedingungen), Implizites Funktionentheorem (komparative Statik), Einhüllenden-Satz, Differenzen-, Differentialgleichungen (Wachstumsmodelle) . Die zentralen Ergebnisse der einzelnen Kapitel werden in Form durchnummerierter Sätze und Rechenregeln übersichtlich festgehalten. Für nützliche Hinweise zur Stoffauswahl danken wir dem Professorium des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg. Den Lehrbeauftragten des Fachs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, den Herren Professor Eberhard Groth, Aulis Harmoinen, Jochen Huesmann, Gunter Kleist, Rainer Kuske, Professor Hans Petersen und Dr. Lothar Wilde sind wir für die kritische Durchsicht dés Buches und ihre weiterführenden Anregungen zu Dank verpflichtet. Hamburg, im März 1994
Alexander Karmann Thomas Kahler
Inhaltsverzeichnis Vorwort
V
1
1
M e n g e n und Aussagenlogik 1.1 1.2 1.3
Grundzüge der Aussagenlogik Mengen und Operationen Mengen in reellen Räumen
1 6 11
2
Funktionen einer und mehrerer Veränderlicher 2.1 Grundbegriffe 2.2 Reellwertige Funktionen 2.3 Komplexe Zahlen 2.4 Eine Auswahl ökonomischer Funktionen
19 20 22 35 40
3
Matrizen 3.1 Grundbegriffe 3.2 Spezielle Matrizen 3.3 Operationen mit Matrizen 3.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
43 45 47 50 56
4
Vektorräume 4.1 Grundbegriffe 4.2 Lineare Abbildungen 4.3 Lineare Abhängigkeit, Basis und Dimension 4.4 Rang einer Matrix 4.5 Skalarprodukt, Norm eines Vektors 4.6 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
60 61 63 64 66 69 71
5
Lineare Gleichungssysteme, Determinanten, Eigenwerte 5.1 Lineare Gleichungssysteme 5.2 Gauß-Algorithmus, Bestimmung von Rang und Basis 5.3 Determinanten 5.4 Berechnung von Determinanten 5.5 Berechnung von inversen Matrizen und Cramersche Regel 5.6 Quadratische Formen 5.7 Eigenwerte und Eigenvektoren 5.8 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
74 75 78 83 86 89 92 93 98
χ
Inhaltsverzeichnis
6
Lineare Optimierung 6.1 Allgemeine Aufgabenstellung 6.2 Basislösungen 6.3 Austauschschritt 6.4 Simplex-Algorithmus 6.5 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
106 107 112 117 123 133
7
Folgen, Stetigkeit von Funktionen, Reihen und Konvergenzkriterien 141 7.1 Grundbegriffe 142 7.2 Grenzwerte und Stetigkeit im n-dimensionalen reellen Raum . . . . 147 7.3 Reihen und Konvergenzkriterien 148 7.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele 152
8
Differentialrechnung einer Veränderlichen 8.1 Grundbegriffe 8.2 Taylor-Reihen 8.3 Ableitungsregeln 8.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
163 163 167 168 170
9
Kurvendiskussion 9.1 Grundlagen 9.2 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
177 178 182
10 Integralrechnung 10.1 Das bestimmte Integral 10.2 Zusammenhang zwischen Integration und Differentiation 10.3 Das uneigentliche Integral 10.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
189 189 193 197 198
11 Differentialrechnung von mehreren Veränderlichen 11.1 Partielle Differenzierbarkeit 11.2 Totale Differenzierbarkeit 11.3 Komparative Statik und implizites Funktionentheorem 11.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
202 203 205 208 211
12 Ausgewählte Optimierungsprobleme im n-dimensionalen R a u m 12.1 Lokale Extrema und Hesse-Matrix 12.2 Lagrange-Methode und Nebenbedingungen 12.3 Satz von Kuhn-Tucker
220 221 223 226
Inhaltsverzeichnis
XI
12.4 Einhüllenden-Satz 12.5 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
227 229
13 Differenzen- und Differentialgleichungen 13.1 Differenzengleichungen 13.2 Differentialgleichungen 13.3 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
239 239 248 253
14 Dynamische Optimierung: Hamilton 14.1 Hamiltonfunktion in Momentanwertversion 14.2 Intuition über die Hamiltonfunktion 14.3 Hinreichende Bedingung 14.4 Infiniter Zeithorizont 14.5 Gegenwartswertversion der Hamiltonfunktion 14.6 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
263 264 267 269 269 271 272
15 Dynamische Systeme 15.1 Richtungsfeld und Phasendiagramm 15.2 Lösung dynamischer Systeme 15.3 Differentialgleichungen 2. Ordnung 15.4 Stabilität 15.5 Numerische Beispiele dynamischer Systeme
278 279 281 290 292 294
16 Einige weitere Anwendungen 16.1 Intertemporale Allokation und Geldhaltung 16.2 Das Prinzipal-Agent-Modell 16.3 Wachstumsraten in diskreter und kontinuierlicher Zeit
303 303 307 312
16.4 Loglineare Modelle
318
Literaturverzeichnis
326
Indexverzeichnis Mathematik
328
Indexverzeichnis Ökonomie
335
1 1.1
Mengen und Aussagenlogik Grundzüge der Aussagenlogik
Mit der Aussagenlogik werden Regeln für die Verknüpfung von Aussagen bereitgestellt, um durch Umformung neue Aussagen exakt nachvollziehbar ableiten zu können. Unter dem hier behandelten Begriff Aussage wird ein Satz verstanden, der die Eigenschaft hat, entweder wahr (w) oder falsch (f) zu sein, und daher im weiteren als logisch eindeutige Aussage bezeichnet wird. Durch w und f wird der Wahrheitswert einer Aussage angegeben. Aussagen werden im weiteren mit den Buchstaben p, q, r, s... bezeichnet.
Beispiele. p: "5 ist eine Primzahl." (w) q: "Berlin ist eine Millionenstadt in Deutschland." (w) χ s: "Es gibt eine natürliche Zahl χ mit der Eigenschaft — = 7." (w) χ t: "Für alle natürlichen Zahlen χ ist — wieder eine natürliche Zahl." v (f) 2 ' Zur Einführung des Begriffs natürliche Zahl siehe Abschnitt 1.3.
Dagegen ist der Ausspruch eines Kreters "Alle Kreter lügen" keine Aussage im oben genannten Sinn, da seine Wahrheit unmittelbar die Falschheit des Satzes zur Folge hätte. Ebenso sind Sätze wie "langfristig ist der Gewinn der Firma X positiv" oder "Die Konjunktur boomt" für sich genommen keine logisch eindeutigen Aussagen, solange die verwendeten Begriffe (langfristig, Konjunktur, Boom) nicht präzisiert sind und damit über ihren Wahrheitswert nicht eindeutig unterschieden werden kann. Hingegen sind Sätze wie p: "Bei normalem Verlauf der Preis-Absatz-Funktion (vgl. Abschnitt 2.4) steigt die Nachfrage mit sinkendem Güterpreis" oder q: "Bei fallendem EUR-Dollar-Wechselkurs erhält man weniger Dollar für den Euro" aufgrund ihres definitorischen Charakters (normaler Verlauf, EUR-Dollar-Wechselkurs) entscheidbare Aussage, die also entweder wahr (Aussage p) oder falsch (Aussage q) sind.
1
Mengen und Aussagenlogik
Definitionen. Negation:
->p
(lies: nicht p) ist wahr, wenn ρ falsch ist.
Konjunktion:
ρ Λq
(lies: ρ und q) ist wahr, wenn ρ wahr ist und q wahr ist.
Disjunktion:
ρ Vq
(lies: ρ oder q) ist wahr, wenn mindestens eine der beiden Aussagen ρ und q wahr ist.
Implikation:
ρ —> q
(lies: aus ρ folgt q) ist wahr, wenn aus der Aussage ρ die Aussage q folgt; anders ausgedrückt: ρ —> q ist falsch, wenn ρ wahr und q falsch ist.
Äquivalenz:
ρ q
(lies: ρ äquivalent q) ist definiert als (p —• q) Λ (q —> p).
Bemerkungen. - Anstelle des Begriffes Implikation wird auch der Begriff Folgerung verwendet. - Statt des Symbols verwendet.
(bzw. ' W ) wird auch das Symbol
(bzw.
- Die Disjunktion ρ V q entspricht nicht dem umgangssprachlichen "entweder - oder", da sich beide Aussagen nicht ausschließen. Das ausschließende "entweder - oder" wird durch den Ausdruck (ρ V q) Λ -ι(ρ Λ q) dargestellt, wie nachfolgend ersichtlich wird.
Der Wahrheitswert zusammengesetzter Aussagen läßt sich durch obige aussagenlogische Regeln ermitteln und in Form von Wahrheitstafeln übersichtlich zusammenstellen. Beispielsweise gilt:
1.1
Grundzüge der Aussagenlogik
3
Wahrheitstafeln Ρ
q
"φ
Ρ Aq
ρ Vq
ρ
q
ρ q wird ρ auch hinreichende Bedingung, q auch notwendige Bedingung genannt. Denn aus der Gültigkeit der Implikation folgt unmittelbar: q ist wahr, wenn ρ wahr ist; ist q falsch, muß auch ρ falsch sein. Eine ausführliche Erläuterung wird am Ende dieses Abschnitts gegeben.
Beim Beweis mathematischer Sätze werden Aussagenketten gebildet, bis schließlich die zu beweisende Aussage als wahr abgeleitet ist. Im Fall des direkten Beweises werden dabei aus den Voraussetzungen - unter der Benutzung von Definitionen und bereits bewiesenen mathematischen Zusammenhängen - solange durch Ketten von Implikationen neue Aussagen gebildet, bis zum Schluß die Behauptung folgt. Im Fall des indirekten Beweises wird angenommen, daß die zu zeigende Aussage ρ falsch ist. Durch Bildung logischer Ketten werden wiederum solange Implikationen abgeleitet, bis die negierte Aussage, also -ip, als wahr folgt. Aufgrund der Äquivalenz von ρ —> ->p und ρ Λ ->p wird der indirekte Beweis auch Widerspruchsbeweis oder Beweis durch Kontradiktion genannt. Anhand folgender Beispiele sollen einige in der mathematischen Logik häufig benutzte Begriffe erläutert werden.
1
4 Beispiele. Ρ Α -.ρ
Kontradiktion Tautologie
ρ V -ip —1—pi
Mengen und Aussagenlogik
ρ
((Ρ ~^ q)
doppelte Negation Λ
(q ^ r)) ~> (Ρ ~^ r)
Transitivität
Unter einer Aussageform wird ein Satz mit einer Variablen χ (vgl. Abschnitt 2.1) verstanden, die durch Einsetzen der Variablen in eine formal eindeutige Aussage übergeht. Schreibweise: p(x), q(x), ...
Um auszudrücken, daß die Gültigkeit von p(x) für mindestens eine spezielle Wahl von χ oder etwa für alle Wahlen von χ gesichert ist, werden nachfolgend definierte Symbole verwendet: Definitionen. Existenzquantor: 3X p(x) (lies: es gibt ein x, für das p(x) gilt) gilt, wenn für eine spezielle Wahl von χ die Aussage p(:r) wahr ist. Allquantor: Vx p(x) (lies: für alle χ gilt p(x)) gilt, wenn für jedes χ die Aussage p(x) wahr ist.
Beispiele. Aussageformen. p(x, y): ux ist Teiler von y". q(x,y): ux2+y2 > z2". Aussagen. p: "Vx My y = 2x —> χ ist Teiler von y". Die folgende Aussage q: "Es existiert ein Marktgleichgewichts-Preis p* zu gegebener Angebotsfunktion xA(p) = 2ρ und gegebener Nachfragefunktion
1.1
Grundzüge der Aussagenlogik
5
xN(p) = 12 -p" (vgl. Abschnitt 2.4) wird formal geschrieben (der Buchstabe ρ bezeichnet hier eine Variable und nicht eine Aussage): q: "3p. 2p* = 12 — p*". Die Aussage q ist wahr, da die Gleichung für p* — 4 erfüllt ist. Bemerkung. Eine Aussage, etwa q: 'Vx p(x)", läßt sich dadurch widerlegen, daß die Existenz eines speziellen χ gezeigt wird, für das die Aussage p(x) falsch ist (Beweis durch Gegenbeispiel)·, denn, wie leicht zu sehen, gilt die Äquivalenz der Aussagen U 3X -φ(χ) > <
10} ] — 1,7[ = { χ G IR I |χ - 3|< 4}
Weitere Bezeichnungen: 1R+ := { χ G IR I χ > 0} = [0, +oo[ = Menge der nichtnegativen reellen Zahlen ffi* : = { x G IR I χ φ 0} = IR\{0} IR+ := { χ G IR I χ > 0} = ]0, +oo[ IR" := IR χ ... χ IR = { ( χ ι , . . . ,χη) G IR™ | xi G IR;... ; x n G IR} S V ' n-mal = n-dimensionaler reeller Raum (real η-space) IR" := v1R+ χ ... x IR+ = { ( χ ι , . . . , χ „ ) G IR" I χι G I R + ; . . . ; x „ G IR+} s/ " n-mal IR*71 := IR* χ ... x IR* = {(xu ... ,xn) G IR" | xi G IR*;...\x n G IR*} v V ' n-mal = IR n \{0}, wobei gilt: 0 := (0,... ,0). v ν ' n-mal
1.3
Mengen in reellen Räumen
Seien α = ( α χ , . . . , α„) G IR", di c}, wobei zu beachten ist, daß —α = (—αχ,..., — a n ) ist und beim Multiplizieren der Ungleichung mit —1 aus ">" " 0. Die Menge
:= {x G IR" | | | x - o | | < c }
heißt offene Kugel (open ball) mit Mittelpunkt α und Radius e oder e-Umgebung von α. Gilt B(a,e) Ç U Ç IR™, so heißt U U m g e b u n g (neighborhood) des Punktes α.
Definition. Eine Menge X C IR™ heißt beschränkt (bounded), falls ein Punkt α 6 IR™ und ein Radius r € IR+ existieren, so daß gilt: I C B{a,r).
Bemerkung. Jedes abgeschlossene, offene, halboffene (eigentliche) Intervall und jeder Quader sind beschränkt und damit auch jede Teilmenge dieser Mengen. Alle übrigen oben genannten Mengen sind nicht beschränkt.
Definitionen. Eine Menge X C ]Rn heißt offen (open), falls zu jedem Punkt χ G U eine e-Umgebung existiert mit B(a, e) C X. X heißt abgeschlossen (closed), wenn die Menge ] R n \ X offen ist.
1
16
Mengen und Aussagenlogik
Bemerkung. Das halboffene Intervall ]a, ò] ist nicht offen, weil für alle e > 0 gilt: B(b,e) (jt ]a, 6], und es ist nicht abgeschlossen, weil für alle e > 0 gilt: B(a,e) ( f . H\]a, b] = ]-oo, a] U ]6, +oo[.
Eine vereinfachte Definition kompakter Mengen, welche auf den Satz von HeineBorel zurückgeht und nur im IR71 gilt, ist folgende: Definition. Eine Menge X C IRn heißt kompakt (compact), wenn sie abgeschlossen und beschränkt ist.
Bemerkung. Jedes abgeschlossene Intervall und jeder Quader Q ist kompakt. Desweiteren ist auch jede abgeschlossene Teilmenge X Ç Q kompakt. Definitionen. Eine Menge X Ç ]R n heißt konvex (convex), wenn für alle χ = ( x i , . . . , xn) G X, y = ( j / i , . . . , yn) G X und alle λ mit 0 < λ < 1 gilt: Χ(χι,...,χη)
+ (1 -
X)(y1,...,yn)
= (λχι + (1 - X) y i , . . . , X x n + ( l - X )y„) G X . Die Menge Υ := { (λχι + (1 - λ)?/ι,..., Χχ η + (1 - X)y^j \ 0 < λ < 1 j ist die Strecke zwischen den Punkten χ und y. Jeder Punkt ζ Ε Y ist eine Konvexkombination von χ und y (vgl. Abbildung 1.7). Ist λ Φ 0 und λ ^ 1, dann heißt die Konvexkombination ζ echt. Kann ein Punkt a E X nicht als echte Konvexkombination der Punkte x φ y dargestellt werden, dann heißt der Punkt α Ecke der konvexen Menge X .
1.3
Mengen in reellen Räumen
17
Bemerkung. Offene Kugeln Β (a, e) im IRn sind stets konvex, jedoch brauchen Umgebungen U eines Punktes nicht unbedingt konvex zu sein. Die Mengen IR", IR™, Quader, Halbräume, Hyperebenen, Halbebenen, Geraden und Intervalle sind stets konvex. Der IR*71 ist nicht konvex.
Anschaulich gesprochen bedeutet die Konvexität einer Menge X, daß die Konvexkombinationen von Punkten der Menge X wieder Elemente von X sind. Eine spezielle konvexe Menge ist das abschließend betrachtete Polyeder. In Kapitel 6 wird bei der Lösung linearer Optimierungsaufgaben der sogenannte Simplex-Algorithmus benutzt, das auf einem Vergleich von Ecken eines Polyeders, aber nicht notwendigerweise eines Simplex, beruht. Der Name ist historisch bedingt, und die entsprechende Definition wird hier der Vollständigkeit halber angegeben.
Definitionen. Seien x ° , . . . , xr G IR™, dann wird die folgende Menge konvexes Polyeder oder einfach Polyeder (vielflächiger Körper) genannt: M := {ζ G IR™ I ζ = λοζ° + . . . + Xrxr mit λο + . . . + Xr = 1 und λο > 0 , . . . , λΓ > 0}. Sind zudem die τ + 1 Punkte x°,... ,xr affin unabhängig (siehe nachfolgende Definition), dann heißt das Polyeder M r-Simplex oder einfach Simplex.
Abb. 1.8. Polyeder bzw. r-Simplexe.
Definitionen. Seien die Punkte x°,..., xr G IR". Ein Punkt ζ G IR™ heißt affin abhängig von x°,..., xr, wenn gilt: 2 =
+ ... + Kxr
mit λο + . . . + λΓ = 1.
1
18
Mengen und
Aussagenlogik
Sind die Punkte x ° , . . . ,xr G IR" paarweise verschieden, d.h. xkl φ xk2 für alle ki φ k 2 sind alle Punkte auf der von x° und x 1 aufgespannten Geraden E2 affin abhängig von x° und x1, jedoch die Punkte x1 und x2 mit 2 n 2 χ e R \E sind affin unabhängig. - Im Rn kann es maximal nur η + 1 affin unabhängige Punkte geben. - Der Zusammenhang zwischen der affinen Unabhängigkeit von Punkten und der linearen Unabhängigkeit von Vektoren wird in Abschnitt 4.3 dargestellt. - Für
r = 0,1,2,3
hat
ein
r-Simplex
spezielle
Bezeichnungen:
0-Simplex:
Punkt im IR",
1-Simplex:
Strecke im IR" (die Konvexkombinationen von zwei Punkten),
2-Simplex:
Dreieck im IR" (η > 2),
3-Simplex:
Tetraeder im IR" (η > 3).
- Die Punkte plex.
. . . , xr e IR" sind genau die Ecken des Polyeders bzw. Sim-
2
Funktionen einer und mehrerer Veränderlicher
Funktionen, auch Abbildungen genannt, haben eine grundlegende Bedeutung in der Mathematik und werden in den Wirtschaftswissenschaften vielfach angewendet. Eine ökonomische Anwendung. Die in der Ökonomie übliche Vorstellung, daß Güter Nutzen stiften, wird im nachfolgenden Rahmen diskutiert. Dem betrachteten Konsumenten stehen η Güter in den Quantitäten x\,...,xn für den Konsum zur Verfügung, weshalb die Menge IR+1 auch Konsumgüterraum genannt wird und seine Elemente χ = (x\,... ,xn) auch Güterbündel. Der Zusammenhang zwischen Konsum von Güterbündeln und dem damit verbundenen Grad der Bedürfnisbefriedigung wird durch den Begriff der Nutzenfunktion des Konsumenten präzisiert. Dabei ordnet die Nutzenfunktion jedem Güterbündel einen nichtnegativen Nutzenwert zu, formal U : IR+1 —• 1R mit (xi, ...,xn)>—• U{x 1, . . . ,x„) > 0. Fragen, die in diesem Zusammenhang von Interesse sind, lauten etwa: - Welche Güterbündel stiften desselben Nutzenniveau wie ein vorgegebener Referenzwarenkorb (Indifferenzkurven, vgl. Abschnitt 2.4) ? - In welchen Verhältnissen können zwei Güter wechselseitig substituiert werden, ohne den Gesamtnutzen zu verändern (Implizites Funktionentheorem, vgl. Abschnitt 11.3 und Beispiel 11.2 in Abschnitt 11.4) ? - Wie verändert sich der Grad der Bedürfnisbefriedigung, wenn bei Konstanz des Konsums aller anderen Güterarten der Konsum eines Gutes steigt und über alle Grenzen wächst (Grenzwert, Sättigungsniveau, vgl. Abschnitt 7.2 und Beispiel 7.4 in Abschnitt 7.4) ? - Welche Güterkombination stiftet bei Ausgabenbeschränkung einen maximalen Nutzen (Lagrange-Methode, vgl. Abschnitt 12.2 und die Beispiele 12.2 und 12.3 in Abschnitt 12.5) ?
2
20
2.1
Funktionen einer und mehrerer
Veränderlicher
Grundbegriffe
Definition. X und Y seien zwei Mengen. Eine Funktion oder Abbildung (function, mapping, map) / von X nach Y ist eine Zuordnungsvorschrift, die jedem Element χ Ε X genau ein Element f(x) £ Y zuordnet. Schreibweise.
/ :
X —• Y χ ι—• /(χ).
Dabei heißt χ das Argument (argument), die Variable oder Veränderliche (variable) und f(x) der (Funktions-)Wert (value) der Stelle x. Die Menge X heißt Definitionsbereich (oder Urbildbereich) (source or domain) von / und die Menge Y heißt Wertebereich (target) von / . Der Graph (graph) von / ist die Menge Tf
:= {(x,y)€XxY\y
= f(x)}.
Bemerkung. In der ökonomischen Literatur werden das Argument χ auch unabhängige oder exogene Variable und der Wert y auch abhängige oder endogene Variable genannt.
Weitere Bezeichnungen und Symbole erleichtern den Umgang mit dem Begriff Funktion. Definitionen. Bild (image) von M Ç X unter / : f(M)
:= {y Ε Y I es gibt ein χ € M mit y = f(x)}
Urbild (inverse image) von Ν Ç Y unter /: /-i(iV)
:= {χ G Χ I f(x) G Ν} Ç X.
Das Urbild von {yo} unter / , /-'({yo})
:= {χ e χ I f(x) = yo} ς
χ,
C Y.
2.1
Grundbegriffe
21
wird in den Anwendungen als Isoquante von / mit dem Wert yo bezeichnet. Beschränkung von / auf M C X: / | m · M —> Y
χ
ι—ν /(χ).
Sie unterscheidet sich von / nur durch den Definitionsbereich. Wichtige Eigenschaften von Funktionen haben spezielle Namen: Definitionen. / heißt injektiv (injective) (oder eineindeutig (one to one)), wenn für jedes y Ε Y das Urbild / _ 1 ({y}) höchstens ein Element hat, d.h. wenn aus x, x' G X und f(x) = f(x') stets χ = x' folgt, also zwei verschiedenen Argumenten auch zwei verschiedene Werte zugeordnet werden, surjektiv (onto), wenn für jedes y G Y das Urbild / _ 1 ({y}) mindestens ein Element hat, d.h. es zu jedem y G F ein x G X mit y = f(x) gibt, und bijektiv (one to one correspondence or a bijection), wenn / surjektiv und injektiv ist, d.h. für jedes y G Y das Urbild / - 1 ({y}) aus genau einem Element besteht, welches mit f~1{y) bezeichnet wird. Während / - 1 ({y}) das Urbild der einelementigen Menge {y} unter einer beliebigen Abbildung / beschreibt und wieder eine Menge ist, nämlich die leere Menge, eine einelementige Menge oder eine mehrelementige Menge, wird die Schreibweise f~l{y) nur für bijektive Abbildungen / verwendet. Ist / bijektiv, so wird dadurch sichergestellt, daß mit f~1(y) genau ein Element bezeichnet wird und f~l wieder eine Funktion ist. Definition. Ist f : X —> Y bijektiv, so wird die Umkehrfunktion (inverse function) wie folgt definiert: /-
1
:
Y —> X
y — f-Hv)·
2
22
Bemerkung. f(x)
einer und mehrerer
Veränderlicher
Mit χ e X, y Ε Y gilt für bijektive Abbildungen: /-1(y) = Χ
= y
/(/_1(y))
= y
Mit / ist auch / Definition.
Funktionen
_1
und
f-Hf(x))
und = χ·
bijektiv.
Für Funktionen / : X — • Y und g : Y — Ζ heißt die Funktion
gof: X χ
—> Ζ g{f(x))
die Komposition (oder Hintereinanderschaltung, Verkettung) (composition) von / und g. Bemerkung. Es gilt für h : Ζ —> W und χ E X das Assoziativgesetz (associative law): (h°(gof))(x) = h((gof)(x)) = h(g(f(x))) = (hog)(f(x)) = ((hog)of)(x). Im Allgemeinen gilt jedoch nicht das Kommutativgesetz (commutative law): (9°f)(x)
2.2
Φ
(fog){x)·
Reellwertige Funktionen
Sei speziell X Ç ]R™ und Y = IR m . Wird m = 1 gesetzt, dann wird von einer reellwertigen Funktion einer Veränderlichen gesprochen, falls η — 1 ist, bzw. von mehreren Veränderlichen, falls η > 1 ist. Beispielsweise stellt die Vorschrift f(xi,x2) = x\ · X2 eine reellwertige Funktion mit zwei Veränderlichen dar. Definitionen.
Eine Funktion / : X —> 1R heißt in X Ç IR":
monoton wachsend (monotonically increasing) (bzw. fallend (decreasing)), wenn für alle χ — (x\,..., xn) G X und ζ — (z\,..., zn) G X, für die < z¿ für alle 1 < i < η gilt, folgt: f{x)
< f{z)
(bzw. fix)
>
fiz));
2.2
Reellwertige
Funktionen
23
streng monoton wachsend (strictly monotonically increasing) (bzw. fallend (decreasing)), wenn für alle χ = (x\,..., xn) G X und ζ = (z\,..., zn) G X, für die Xi < Zi für alle 1 < i < η und x¡ φ Zj für mindestens ein 1 < j < η gilt, folgt: f(x)
< f(z)
(bzw. /(x) > /(*));
beschränkt (bounded), wenn Ν und M G IR existieren mit: Ν < f{x)
< M
für alle χ e X,
wobei Ν untere Schranke (lower bound) und M obere Schranke (upper bound) von / genannt wird; konvex (convex), wenn X konvex ist und für alle χ, ζ G X und 0 < λ < 1 gilt: f(\x + (l-\)z)
< \f(x) +
(l-\)f(z)·,
f m
\f(x) +
(l-X)f(z)
f(Xx + (1 - X)z)
m χ
\x + (1 — X)z ζ
Abb. 2.1. konvexe Funktion.
24
2
Funktionen einer und mehrerer
Veränderlicher
quasikonvex, wenn X konvex ist und für alle χ, ζ 6 X mit f(x) < f(z) und 0 < λ < 1 gilt: f(\x + (1 - λ)ζ) < /(*);
Abb. 2.2. quasikonvexe Funktion, konkav (concave) (bzw. quasikonkav), wenn —/ konvex (bzw. quasikonvex) ist;
Abb. 2.3. konkave Punktion.
2.2
Reellwertige
Funktionen
25
streng konvex, streng quasikonvex, streng konkav bzw. streng quasikonkav), wenn für χ φ ζ die Ungleichungen der letzten Definitionen mit dem Zeichen '
2/1,2/2 e IR+
loga(yi)-logáis) = log a (§)
2/1,2/2 e IR+
ioga(yp) = pioga(y)
y e IR+ und ρ e 1R+
Wird in der letzten Beziehung a — e gesetzt und auf beiden Seiten die Funktion exp angewendet, so folgt wegen exp ( ln(yp) j = yp: yp = exp (p ln(y)).
30
2
Funktionen einer und mehrerer
Veränderlicher
trigonometrische Funktionen (trigonometrie functions): sin : IR — • IR cos : IR — • IR χ ι—• sin(x) χ ι—> cos(x) (vgl. auch Abbildung 2.20 in Abschnitt 2.3). sin COS Weitere trigonometrische Funktionen sind tan(i) := — und cot(x) := . cos sin
2.2
Reellwertige
Funktionen
Abb. 2.12. Tangens
(π vgl. Abb. 2.10).
Abb. 2.13. Cotangens (ττ vgl. Abb. 2.10).
31
32
2
Funktionen einer und mehrerer
Veränderlicher
Treppenfunktion (step function): Seien α = to < h < ... < ί η _ι Κ rar Κ .
Dichtefunktion der Normal (μ, a 2 )-Verteilung: IR —> IR Ψμ^·.
χ
ι—•
1
—
exp,^ί
Speziell für (μ, σ 2 ) = (0,1) heißt der Graph dieser Punktion auch Gaußsche Glockenkurve. Die Punktion (x) ist quasikonkav.
2.3
Komplexe
Zahlen
35 Ψο,ι(χ) Gesamtfläche unter der Kurve = 1
- 2
- 1
0
—σ
1 = σ
2
χ
A b b . 2.16. Gaußsche Glockenkurve.
B e m e r k u n g . Die identische Abbildung, die Indikatorfunktion, das Kroneckersymbol und die Norm können statt für reellwertige Urbilder auch für beliebige Urbildmengen X definiert werden.
2.3
Komplexe Zahlen
In Abschnitt 2.2 beschränkt sich der Definitionsbereich der Quadratwurzel auf die Menge IR+, da keine negative reelle Zahl sich als Quadrat zweier reeller Zahlen darstellen läßt. Komplexe Zahlen dienen dazu, diesen Definitionsbereich zu erweitern. Hierzu wird folgende Zahl definiert: i
λ/—Τ
bzw.
i2 := —1.
Das Symbol i darf dabei nicht mit dem sonst gebräuchlichen Index verwechselt werden.
Definition.
Die Menge der komplexen Zahlen € wird wie folgt definiert:
C := {x + iy I x,y e IR,i 2 = - 1 } .
2
36
Funktionen
einer und mehrerer
Veränderlicher
Eine komplexe Zahl (irrational number) ζ G C setzt sich also additiv aus ihrem Realteil zRE := χ und Imaginärteil zIM := y wie folgt zusammen: « := zRE +
izIM.
Zwei komplexe Zahlen z\ und zi sind genau dann gleich, wenn gilt: zRE = und
Z[M
=
zRE
ZI2M.
Eine Zahl ζ G C kann in einer Gaußschen Zahlenebene (vgl. Abbildung 2.17) dargestellt werden, welche durch eine sogenannte reelle und imaginäre Achse aufgespannt wird. Auf der reellen Achse ist der Imaginärteil gleich null und stellt somit die Zahlengerade der Menge ]R dar. imaginäre Achse
Abb. 2.17. Darstellung einer komplexen Zahl. Eine komplexe Zahl ζ G € kann mit einem geordneten Paar (x, y) G IR x IR (vgl. Abschnitt 1.2) wie folgt identifiziert werden: Haben die geordneten Paare (x,y), {x\,y\), (^2,2/2) S IR x IR bzgl. der Addition und Multiplikation die Eigenschaften (xi,yi) (xi,yi)
+ (2:2,2/2)
=
· (x2,V2)
=
(xi+x2,yi+y2), {xix2-yiy2,xiy2
+ yix2),
und wird i = (0,1) gesetzt, so gilt der folgende Zusammenhang: (x,y)
= (x, 0) + (0, l)(y, 0) = x + iy
= 2.
2.3
37
Komplexe Zahlen
Definition. Zwei komplexe Zahlen z,z £ C heißen konjugiert komplex, wenn gilt: 2 = zRE + izIM und ζ = zRE-izIM. In der Gaußschen Zahlenebene kann ζ aus ζ durch Spiegelung an der reellen Achse gewonnen werden. 2 und ζ sind identisch, wenn ζ auf der reellen Achse liegt, d.h. wenn zIM = 0 ist. Seien z, Z\,Z2 €
Ζ = Z,
d) Z\ + 22
ΖΪ + Ζ2,
e)
2122,
f)
=
(zRE + izIM)(zRE-izIM)
= (zREf
+ (zIM)2
imaginare Achse yi+y-2-
Z\+Z2
Î/2-
ι ¿2
Ν L·—•"" ι1 X\+X2 0
ι1 x\
k*
reelle Achse
Abb. 2.18. Addition der komplexen Zahlen z\ und 22.
.
2
38 Definition.
Funktionen einer und mehrerer
Veränderlicher
Sei ζ e = y,
2.3
Komplexe
Zahlen
39
wobei r E 1R+ durch r := \z\ definiert ist und absoluter Betrag heißt. Damit kann jede komplexe Zahl ζ = χ ±iy in der trigonometrischen Darstellung 2 = r(cos ω ±i sin ω) geschrieben werden. Diese Darstellung einer komplexen Zahl heißt auch Darstellung in Polarkoordinaten.
Satz 2.1 (Theorem von D e Moivre). Für die komplexe Zahl ζ G C mit ζ = r(cos (ω) ± i sin (ω)^ gilt für alle η G INo zn — rn (cos (ηω) ± i sin
(ηω)).
Demzufolge gilt die Relation (cos (ω) ± i sin (u;)) = cos (ηω) ± i sin (ηω) für alle η E -CV0. Den Satz beweist man durch vollständige Induktion.
Oftmals verwendet man für die trigonometrischen Punktionen Sinus und Cosinus auch die nachfolgend dargestellte Eulersche Formel.
Eulersche Formel: βιω = cos(w) -I- i sin(a;). Da für alle ω G IR cos2(ω) + sin 2 (ω) = 1 ist, gilt: \&ιω\ — 1. In der Gaußschen Zahlenebene kann somit eiu als ein Punkt auf dem Einheitskreis dargestellt werden.
40
2
Funktionen einer und mehrerer
Veränderlicher
imaginäre Achse
2.4
Eine Auswahl ökonomischer Funktionen
Die Beschreibung und Erklärung ökonomischer Sachverhalte erfolgt häufig in funktionaler Form. Ohne auf die damit verbundene inhaltliche Problematik einzugehen, werden nachfolgend einige elementare ökonomische Funktionen aufgelistet. Im Fall der Produktionsfunktion wird auch auf den Homogenitätsgrad eingegangen. Nachfragefunktion χΝ _ χΝ [jp^
(demand function):
χ Ν : nachgefragte Menge eines Gutes (in ME) (pro Bezugsperiode), ρ : Preis eines Gutes (in GE/ME). Die Nachfragefunktion xN wird üblicherweise als streng monoton fallend angenommen. Z.B. xN(p) = α-bp
mit α, b > 0.
Preis-Absatz-Funktion: Diese Funktion ist die Umkehrfunktion der Nachfragefunktion und damit typischerweise streng monoton fallend. Angebotsfunktion (supply function): XA = XA (ρ), Α χ : angebotene Menge eines Gutes (in ME) (pro Bezugsperiode), ρ : Preis eines Gutes (in GE/ME).
2.4
Eine Auswahl ökonomischer
Funktionen
41
Die Angebotsfunktion xA wird üblicherweise als monoton steigend angenommen. Z.B. xA(p) = cp — d mit c,d > 0. Produktionsfunktion (oder Ertragsfunktion) (production function): Y = Υ(Κ,Ν), Y : Output (Ertrag, Ausbringung) des erzeugten Produktes (in ME), Κ : Einsatz von Kapital (in ME), Ν : Arbeitsnachfrage (in ME). Die exogenen Variablen Κ, Ν werden auch Inputs (Einsatzfaktoren) genannt. Speziell werden die neoklassische (z.B. Cobb-Douglas- oder CES-) und limitationale Produktionsfunktionen unterschieden. Ertragsgesetzliche Verläufe von Produktionsfunktionen werden in Kapitel 9 besprochen (vgl. auch Beispiel 9.3 in Abschnitt 9.2). Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion Y(K, N) = Ka • Nß ist homogen vom Grade r = α + β, denn: Y(\K,XN) = (\K)a(XNf = \α+ΡΚαΝΡ = λ a+PY{K,N). Ist die Summe der Exponenten gleich 1, so ist die Cobb-DouglasProduktionsfunktion linear homogen, z.B. α = β = 0,5. Die limitationale Produktionsfunktion Y ( K , N ) = m i n ( ^ , mit α, β > 0 ist linear homogen, wie leicht nachzurechnen ist. Erlösfunktion, Umsatzfunktion: E(p) = x(p) • ρ (bzw. E(x) = p(x)-x), E : wertmäßiger Erlös (bzw. Umsatz) (in GE), χ : abgesetze Gütermenge (in ME), ρ : Verkaufspreis (in GE/ME). Kostenfunktion (cost function): Κ = Κ (χ) = Kv(x) + Kf, Κ : Gesamtkosten (in GE) für die Produktion des Outputs, Kv : variable Kosten, Kf : fixe Kosten, χ : Output (Produktionsmenge, Ausbringung) (in ME). Gewinnfunktion (profit function): G{x) := E(x)-K(x), G : Gewinn (in GE).
42
2
Funktionen einer und mehrerer Veränderlicher
Konsumfunktion: c = C(Y), C : gesamtwirtschaftliche Ausgaben für Konsumgüter (in GE/ZE), Y : Volkseinkommen bzw. Sozialprodukt (in GE/ZE). Sparfunktion: S(Y) := Y~C{Y), S : gesamtwirtschaftliche Ersparnis (in GE/ZE). Nutzenfunktion (utility function): U = U(xi,... ,xn), U : Nutzen eines Wirtschaftssubjektes (z.B. Haushalt), Xi : Konsumgut i (i — 1,... ,n) (in ME). Z.B. U(x\,x2) = xi · X2Eine Indifferenzkurve (indifference curve), die dargestellt wird durch U(xi, • • •, xn) = const., gibt die Menge aller Güterkombinationen ( z i , . . . , xn) an, bei deren Konsum ein Wirtschaftssubjekt denselben Nutzen hat, und stellt gemäß Definition aus Abschnitt 2.1 eine Isoquante von U mit den Wert const, dar. Investitionsfunktion: / = I(i), I : gesamtwirtschaftliche Investitionen (in GE/ZE), i : Marktzinssatz. (Keynessche) Geldnachfragefunktion: L = L(Y,i), L : gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage (in GE/ZE). Insbesondere gilt: L — LT + LY + LS mit LT = LT{Y) : Transaktionskasse, LY = LV(Y.I) : Vorsichtskasse,
LS = LS{I) :
Spekulationskasse.
3
Matrizen
Zwei ökonomische Anwendungen. - In der sogenannten Input-Output-Analyse wird die Verflechtungsstruktur eines Wirtschaftssystems untersucht, welches in η endogene Sektoren (z.B. Industriezweige) und einen exogenen Sektor (z.B. Haushalte) aufgeteilt wird. Jeder endogene Sektor i produziert auf der einen Seite Güter, die sogenannten Vorleistungen Xi, die als Zwischenprodukte x t j an andere endogene Sektoren j geliefert werden oder als Endprodukte y, der Nachfrage des exogenen Sektors zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite benötigt der Sektor i zur Produktion Vorleistungen. Vorleistungen sind dabei Güter xa des Sektors i aus eigener Produktion bzw. Güter Xji mit i φ i von anderen Industriezweigen oder Primärfaktoren r% des exogenen Sektors (z.B. Arbeitsleistungen der Haushalte). Diese Verflechtungsstruktur kann in Tabellenform ("Matrix") beschrieben werden, etwa Input-Output-Tabelle an von
endogene Sektoren
exogene
Gesamt-
1
...
j
...
η
Sektoren
output
1
xn
...
Xij
...
•Ein
2/1
Xi
i
xn
endogene Sektoren
Xij
τι exogener Sektor
mit
Xnj r\
...
Tj
Vi
· • • %nn ...
yn
rn
η yi = Xj - y^Xjj3=1
Mit Hilfe der nachfolgend erläuterten Operationen mit Matrizen lassen sich in diesem Zusammenhang etwa folgende Fragen erörtern:
44
3
Matrizen
- Wie sieht die industrielle Verflechtung auf jährlicher Basis aus, wenn die Daten quartalsweise gegeben sind (vgl. Beispiel 3.1 in Abschnitt 3.4) ? - Wie groß müßten die sektoralen Produktionsleistungen sein, um eine gegebene Endnachfrage nach den produzierten Gütern decken zu können (vgl. Beispiel 5.3 in Abschnitt 5.8) ? Beispiel 7.7 in Abschnitt 7.4 betrachtet statt einer güterwirtschaftlichen eine monetäre Verflechtung, d.h. ein Bilanz-Schema finanzieller Forderungen. - In der MikroÖkonomie werden Güterbündel (x¿)¿ aus m zur Verfügung stehenden Gütern i betrachtet, wobei X{ die von Gut i vorhandene Quantität bezeichnet. Zu gegebenen Güterpreisen ist dann der Wert der Güter bündel von Interesse ('Vektormultiplikation' und vgl. Beispiel 3.2 in Abschnitt 3.4). Häufig werden jedoch auch einzelne Objekte i selbst in verschiedenen Kategorien j durch Merkmale q^ charakterisiert (z.B. Warentest). Wertungs-Tabelle Kategorien
Objekte
1
...
j
1