Logik Vorlesung 1896 (Husserliana: Edmund Husserl – Materialien, 1) (German Edition) 0792369114, 9780792369110

Der vorliegende Band enthält Husserls einzige weitgehend vollständig erhaltene Vorlesung aus seiner Hallenser Zeit, die

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Logik Vorlesung 1896 (Husserliana: Edmund Husserl – Materialien, 1) (German Edition)
 0792369114, 9780792369110

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EDMUND HUSSERL EINFÜHRUNG IN DIE PHÄNOMENOLOGIE DER ERKENNTNIS VORLESUNG 1909

HERAUSGEGEBEN VON

ELISABETH SCHUHMANN

EINFÜHRUNG IN DIE PHÄNOMENOLOGIE DER ERKENNTNIS

HUSSERLIANA EDMUND HUSSERL MATERIALIEN

BAND VII

EINFÜHRUNG IN DIE PHÄNOMENOLOGIE DER ERKENNTNIS VORLESUNG 1909

AUFGRUND DES NACHLASSES VERÖFFENTLICHT VOM HUSSERL-ARCHIV (LEUVEN) UNTER LEITUNG VON

RUDOLF BERNET, ULLRICH MELLE UND KARL SCHUHMANN†

EDMUND HUSSERL

EINFÜHRUNG IN DIE PHÄNOMENOLOGIE DER ERKENNTNIS VORLESUNG 1909

HERAUSGEGEBEN VON ELISABETH SCHUHMANN

A C.I.P. Catalogue record for this book is available from the Library of Congress.

ISBN-10 1-4020-3306-0 (HB) Springer Dordrecht, Berlin, Heidelberg, New Yo Y rk ISBN-10 1-4020-3307-9 (e-book) Springer Dordrecht, Berlin, Heidelberg, New York ISBN-13 978-1-4020-3306-3 (HB) Springer Dordrecht, Berlin, Heidelberg, New York ISBN-13 978-1-4020-3307-0 (e-book) Springer Dordrecht, Berlin, Heidelberg, New York

Published by Springer, P.O. Box 17, 3300 AA Dordrecht, The Netherlands.

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INHALT

Einleitung der Herausgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

vii

EINFÜHRUNG IN DIE PHÄNOMENOLOGIE DER ERKENNTNIS VORLESUNG 1909 i. teil

Allgemeine Einführung. Idee der Phänomenologie und ihre Methode Gegensatz zwischen natürlicher und philosophischer Denkhaltung . . . . „Phänomene“ der Phänomenologie . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorgegebenheit der natürlichen Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . Philosophisches Niveau und philosophisches Denken . . . . . . . . . . Mathematik, reine Logik, reine Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkenntnisprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die cartesianische Zweifelsbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . Reelle und intentionale Analyse der Phänomene . . . . . . . . . . . . Rekapitulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Etablierung einer Wissenschaft vom reinen Bewusstsein . . . . . . . . . Rekapitulation des bisherigen Ganges der Vorlesungen . . . . . . . . . Fortsetzung: Etablierung der Phänomenologie als Wissenschaft vom reinen Bewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Phänomenologie als Erste Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 11 15 21 29 32 42 52 59 65 73

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83 92

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100 105 107 111 115 122 127 133 138

ii. teil

Die speziellen Wahrnehmungsanalysen Die Erkenntnisphänomene . . . . . . . . . . . . . . Sinnliche Wahrnehmungen und Vorstellungen . . . . . . Wahrnehmung als Wahrnehmung eines Gegenstandes . . . Dingwahrnehmung und phänomenologische Wahrnehmung Eigentlich und uneigentlich Wahrgenommenes . . . . . . Verhältnis von darstellenden Inhalten und Auffassungen . Eigentliche und uneigentliche Perzeption . . . . . . . . Unterschiede der Bestimmtheit und Unbestimmtheit . . . Gesamt- und Spezialwahrnehmung . . . . . . . . . . .

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inhalt

Zeit in der Wahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . Zeitbewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rekapitulation einiger für das Verständnis wichtiger Punkte Schlussbetrachtung: Wahrnehmung als Erlebnis . . . . .

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148 155 166 184

Nachweis der Originalseiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

EINLEITUNG DER HERAUSGEBERIN

Der vorliegende Band enthält den Text der zweistündigen Vorlesung, die Edmund Husserl unter dem Titel „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ im Sommersemester 1909 in Göttingen gehalten hat.1 Husserl hatte sich seit den Sommerferien 1907 mit dem „Problem der Bedeutung und des analytischen Urteils“ auseinander gesetzt.2 Auf dieses Problem war er inmitten des ersten Ausarbeitungsversuches seiner Vorlesung „Einführung in die Logik und Erkenntniskritik“ vom Wintersemester 1906/073 gestoßen. Aber trotz intensivster Beschäftigung mit der Bedeutungsproblematik,4 musste Husserl sich schließlich eingestehen, „dass ich noch immer keine völlig klare innere Einheit all der Probleme besitze, reinlich auseinander gelegt und geordnet und systematisiert“.5 Diese Einsicht findet auch ihren Niederschlag in einem Brief vom 18. März 1909 an Paul Natorp, in dem Husserl mitteilt: „Von mir ist in absehbarer Zeit keine Logik zu erwarten.“6 Stattdessen beschließt er, wieder zu den Grundproblemen seines philosophischen Denkens zurückzugehen, das Verhältnis von „allgemeiner Phänomenologie und phänomenologischer Philosophie“7 zu überdenken und sich dann in seiner 1909er Sommervorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ erneut damit zu beschäftigen. Also widmet er den ersten Teil dieser Vorlesung der Darstellung der „Idee der Phänomenologie und ihrer Methode“8 und kennzeichnet die Phänomenologie als „die im strengsten Sinne Erste Philosophie“. Diese erneute Auseinandersetzung mit 1 Husserl hielt die Vorlesung mittwochs und samstags von 12–13h, die erste Vorlesungsstunde am Mittwoch, dem 28. April 1909. 2 Tagebuchnotiz vom 6. März 1908 (Husserliana XXIV, S. 449). 3 Diese Vorlesung ist veröffentlicht in Husserliana XXIV. 4 In der „Vorlesung über Urteil und Bedeutung“ vom Sommersemester 1908 (veröffentlicht in Husserliana XXVI) und der Vorlesung „Alte und neue Logik“ vom Wintersemester 1908/09 (veröffentlicht in Husserliana Materialien VI) versuchte Husserl, die Bedeutungsfrage zu klären. 5 F I 1/105b. 6 Edmund Husserl, Briefwechsel. In Verbindung mit E. Schuhmann herausgegeben von K. Schuhmann, Dortrecht/Boston/London 1994, Bd. V: Die Neukantianer, S. 111. 7 F I 17/52a. 8 F I 17/2a.

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einleitung der herausgeberin

dem Verhältnis von „allgemeiner Phänomenologie und phänomenologischer Philosophie“ stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg von den „Logischen Untersuchungen“ zu den „Ideen“ dar.1 Erst im zweiten Teil der Vorlesung beschäftigt sich Husserl mit speziellen Wahrnehmungsanalysen. Wie für viele seiner Vorlesungen hat Husserl auch für diese Sommervorlesung auf älteres Material zurückgegriffen. Auch wenn sich keine handgreiflichen Hinweise in Form von Notizen und Randbemerkungen finden, ist doch anzunehmen, dass Husserl für die Vorbereitung der Vorlesung von 1909 das Manuskript der Vorlesung „Einführung in die Logik und Erkenntniskritik“ aus dem Wintersemester 1906/072 zur Hand genommen hat, stellt er doch in ihr die Phänomenologie als Wissenschaft vom reinen Bewusstsein dar.3 Vermutlich hat Husserl auch die fünf einleitenden Vorlesungen „Die Idee der Phänomenologie“,4 die er vom 25. April bis 2. Mai 1907 als Einleitung in das „Dingkolleg“ von 19075 gehalten hatte, zur Vorbereitung des ersten Teils seiner „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ herangezogen; das legt folgende Notiz Husserls auf Blatt F I 17/42a mit der Paginierung „51“ der 1909er Vorlesung (S. 83, Z. 10 – S. 84, Z. 36) nahe: „1907 und 1909. Vorlesungen über Einleitung in die Phänomenologie“. 1 So sagt Rudolf Boehm in der „Einleitung des Herausgebers“, Husserliana X, S. XXXII: „In der als ‚Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis‘ angekündigten Vorlesung des Sommersemesters 1909“ nahmen „die Gedankengänge der Ideen zuerst in etwa die in diesem Buch gewählte Gestalt der Darstellung“ an. 2 Diese Vorlesung ist veröffentlicht in Husserliana XXIV. 3 Diese Meinung vertritt Ullrich Melle in der „Einleitung des Herausgebers“, Husserliana XXIV, S. XVIII. Sonach dürften die umfangreichen Randbemerkungen zum Text auf den Blättern 10–12 von Ms. L II 14 der Vorlesung „Einführung in die Logik und Erkenntniskritik“ von 1906/07 „um 1909 entstanden sein, möglicherweise im Zusammenhang mit seiner Vorlesung ‚Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis‘“ (Husserliana XXIV, S. 492). Laut Rudolf Boehm „liegt … der zweite Teil der Vorlesung ‚Einführung in die Logik und Erkenntniskritik‘ von 1906/07 mit einigen Blättern noch in F I 17 und ferner in F I 7 vor“ (Husserliana X, S. 269), nämlich mit den Blättern F I 7/32–33 und 41–51 mit der Paginierung „87“ bis „99“ (Husserliana X, S. 462). Diese Meinung übernimmt noch Ulrich Claesges, wenn er sagt, dass „einzelne Blätter der Vorlesung von 1906/07 auch in den Konvoluten F I 7 und F I 17“ liegen („Einleitung des Herausgebers“, Husserliana XVI, S. XIV, Anm. 6). Dies lässt sich allerdings nicht bestätigen. Für das als „93“ paginierte Blatt F I 7/45 verwendete Husserl eine „Einladung zu Doktor-Prüfungen“ vom 9. Juli 1909. Schriftbild und Schreibmaterial dieses Blattes sind identisch mit den übrigen von Rudolf Boehm auf Anfang 1907 datierten Blättern, und deren Schriftbild und Schreibmaterial sind wiederum identisch mit Blättern der Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ von 1909. Die Blätter F I 7/32–33 und 41–51 sind erstmals veröffentlicht in Husserliana X, S. 269–286. 4 Diese einleitenden Vorlesungen sind veröffentlicht in Husserliana II. 5 Diese Vorlesung ist veröffentlicht in Husserliana XVI. 6 Bezugnahmen auf den Text des vorliegenden Bandes werden im Folgenden nachgewiesen mit Seiten- und evtl. Zeilenangabe.

einleitung der herausgeberin

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Wie entsprechenden Randnotizen zu entnehmen ist, hat Husserl zur Vorbereitung des zweiten Teils seiner Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ auf die Vorlesung „Hauptstücke aus der Phänomenologie und Kritik der Vernunft“, das „Dingkolleg“ von 1907 zurückgegriffen. So notierte er an den Rand des als „9“ paginierten Blattes F I 13/78a1 der Dingvorlesung: „1909“. Das als „12“ paginierte Blatt F I 13/81 hat er „1909 benützt“, ebenso wie er das als „12a “ paginierte Blatt F I 13/82 „in der Vorlesung 1909 benützt“ hat.2 Die Vorderseite des als „29“ paginierten Blattes F I 13/993 trägt die Bemerkung: „Vgl. Vorlesungen 1909, 76a “. Ihr korrespondiert die Notiz auf dem als Blatt „76“ paginierten Blatt der Vorlesung von 1909 (S. 122, Z. 11 – S. 123, Z. 13): „Vgl. Dingvorlesung 29“. Möglicherweise hat Husserl auch die zwischen „12“ und „29“ liegenden Blätter in der Vorlesung von 1909 benützt, sind sie doch mit vielen Bleistiftrandbemerkungen versehen, die Husserl 1909 hinzugefügt haben könnte.4 Während Husserl all diese Blätter im Vorlesungsmanuskript von 1907 liegen ließ, hat er das als „30“ paginierte Blatt der Dingvorlesung von 1907 den Blättern seiner Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ eingereiht und zusätzlich mit der Bleistiftpaginierung „ad 82“ versehen. Es liegt nun als Blatt 25 in Konvolut F I 7 (S. 132, Z. 3 – S. 133, Z. 26). Entsprechend trägt die Rückseite des als „29“ der Dingvorlesung paginierten Blattes die Bleistiftnotiz: „Es fehlt Blatt 30!“5 Darüber hinaus weisen die beiden Vorlesungen neben inhaltlichen Übereinstimmungen auch nahezu wörtliche Übereinstimmungen auf, die vermuten lassen, dass Husserl bei der Niederschrift einzelner Vorlesungsstunden des zweiten Teils der „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ die Dingvorlesung von 1907 neben sich liegen hatte.6

1

Dieses Blatt ist veröffentlicht in Husserliana XVI, S. 16 f. Diese beiden Blätter sind veröffentlicht in Husserliana XVI, S. 337 f. und 21–23. 3 Dieses Blatt ist veröffentlicht in Husserliana XVI, S. 54 f. 4 Vermutlich hat Husserl also auch das als „24“ paginierte Blatt F I 13/94, obwohl es nicht mit der Jahreszahl 1909 versehen ist, „benutzt“, wohingegen er das als „25“ paginierte Blatt F I 13/95 „nicht benutzt“ hat. – Beide Blätter sind veröffentlicht in Husserliana XVI, S. 45–48. 5 Wie Ulrich Claesges annimmt, ist diese Notiz sicher erst nach 1909 entstanden, als Husserl „das Ms. F I 13 nach 1909 noch einmal gelesen und dabei das Fehlen des Blattes ‚30‘ festgestellt“ hat (Husserliana XVI, S. 389). Dagegen ist die andere Folgerung, die Claesges aus der Notiz zieht, nämlich, Husserl hätte die Blätter der Vorlesung von 1907 schon vor 1909 paginiert, nicht stichfest: könnte Husserl die Blätter doch erst 1909, als er sie zur Vorbereitung seiner 1909er Sommervorlesung heranzog, paginiert haben. 6 Einige Beispiele für diese Übereinstimmungen: unten S. 111, Z. 23 – S. 112, Z. 23 (F I 7/9b) – Husserliana XVI, S. 17, Z. 6 ff.; unten S. 120, Z. 19 – S. 122, Z. 9 (F I 7/15) – Husserliana XVI, 2

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Selbstverständlich ließ Husserl in der Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ auch seine Logischen Untersuchungen nicht unberücksichtigt. Hinsichtlich der „radikalen Widersinnigkeiten des Psychologismus“ hat er „im ersten Band meiner Logischen Untersuchungen alle nötigen Nachweisungen zu geben versucht, und Sie mögen da das Nähere lesen“ (F I 18/22a – S. 30, Z. 19 – S. 31, Z. 12). Auf Blatt F I 17/25b, paginiert als „41“, heißt es: „Anstatt Bewusstsein sagt man in gleichem Sinn auch Akt, ein Wort, das in meinen Logischen Untersuchungen immer genau in diesem Sinn gebraucht wird“ (S. 63, Z. 16–18), und auf Blatt F I 17/26b mit der Paginierung „42“: „In meinen Logischen Untersuchungen habe ich bei der Rede von Phänomenologie immer an die Akte gedacht und sie als Wissenschaft von den Akten in rein immanenter Betrachtung verstanden“ (S. 65, Z. 22–24). Auf die VI. Untersuchung verweist Husserl, wenn er auf dem als „76“ paginierten Blatt F I 7/16a sagt: „Darstellung ist Repräsentation des Ähnlichen durch Ähnliches. Ich selbst habe diesen Ausdruck in den Logischen Untersuchungen gebraucht“ (S. 123, Z. 4–6). Schließlich findet sich auf Blatt F I 7/39b1 der Hinweis auf die V. Untersuchung: „Danach gebe ich also die Identifikation von Empfindung und Empfindungsinhalt (die ich in den Logischen Untersuchungen vollzogen habe) wieder auf?“ (S. 147, Z. 11–12). Die Vorlesungsarbeit kostete Husserl viel Zeit, so dass seine eigene Forschungsarbeit zu kurz kam, zumal „es mit mir in den Ferien immer mehr parterre gieng … und hier kam ich nicht zu Kräften“, wie er am 13. Mai 1909 Heinrich Husserl mitteilt. Und er fährt fort: „Jetzt ists zwar besser, aber in der Arbeit kommt nichts Ordentliches heraus.“2 Dementsprechend schreibt er am 8. September 1909 an Gustav Albrecht: „Ich habe den ganzen Sommer für meine eigenen Untersuchungen verloren und das war eine sehr trübe Sache. Natürlich fehlte es auch nicht an den üblichen Depressionen und an der bekannten nahezu vollständigen Willenslosigkeit. Meinen Vorlesungsschimmel habe ich pflichtmäßig zugeritten, und sonst die äußeren

S. 45 f.; unten S. 126, Z. 16 – S. 127, Z. 11 (F I 7/20b) – Husserliana XVI, S. 46, Z. 37 – S. 47, Z. 4; unten S. 131, Z. 9 – S. 132, Z. 2 (F I 7/24a) – Husserliana XVI, S. 55, Z. 33 – S. 56, Z. 4; unten S. 133, Z. 28 – S. 135, Z. 19 (F I 7/26) – Husserliana XVI, S. 58, Z. 7 – S. 59, Z. 11. 1 Die mit „1“ und „2“ paginierten Blätter F I 7/39–40 mit der Randnotiz „Abschrift und Verbesserung“ dürfte Husserl 1909 im Zuge der Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ geschrieben und ihr beigelegt haben. Die Blätter sind veröffentlicht in Husserliana XXIII als Text Nr. 8. 2 Edmund Husserl, Briefwechsel. Bd. IX: Familienbriefe, S. 282.

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Geschäfte zur Not ausgeführt. Aber alles sonst habe ich liegen lassen.“1 Doch bildet diese Vorlesung die Grundlage für eigene Forschungen in den Sommerferien2 und vor allem im darauf folgenden Herbst und Winter.3 Wie aus dem Datum „17. Januar 1912“ eines Göttinger Universitätsschreibens, das Husserl als Umschlag für die von „22“ bis „61“ (S. 32–99) paginierten Blätter der Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ benutzte, ersichtlich ist, hat Husserl das Manuskript dieser Vorlesung 1912 wieder zur Hand genommen. Auch wenn sich keine entsprechenden Notizen und Randbemerkungen finden lassen, ist doch anzunehmen, dass Husserl zumindest den ersten Teil der 1909er Vorlesung für seine im Sommersemester 1912 gehaltene Vorlesung „Einleitung in die Phänomenologie“, vermutlich aber auch in Hinblick auf seine „Ideen“4 durchgesehen hat. Wiederum dürfte Husserl die 1909er Vorlesung für seine Vorlesung „Ausgewählte phänomenologische Probleme (zur Einleitung in die Phänomenologie)“ vom Sommer 1915 herangezogen haben. Jedenfalls trägt die Vorderseite des Umschlags F I 31/2, in dem die von „1“ bis „69“ paginierten Blätter dieser Vorlesung liegen, die Notiz: „Vgl. dazu die Parallelvorlesung vom Jahr 1909“. Ein mit dem Datum „22.6.21“ versehener Brief der Verlagsbuchhandlung Felix Meiner, den Husserl als Umschlag für die von „1“ bis „21“ paginierten Blätter des Vorlesungsmanuskripts von 1909 benutzte, legt die Vermutung nahe, dass Husserl dieses Manuskript auch zu dieser Zeit, in Zusammenhang mit seinem geplanten „Grundwerk der Phänomenologie“,5 wieder gelesen 1

A.a.O., S. 45 f. In den Sommerferien 1909 entstehen, wohl im Anschluss an die Wahrnehmungsanalysen der Sommervorlesung Blätter über Wahrnehmung (vgl. Karl Schuhmann, Husserl-Chronik. Denkund Lebensweg Edmund Husserls, Den Haag 1977, S. 128 f.). 3 Trotz des für eigene Forschungsarbeit verlorenen Sommers „bietet ihm diese erneute Diskussion des Verhältnisses von ‚allgemeiner Phänomenologie und phänomenologischer Philosophie‘ (F I 17/52a) – ein dem Titel der Ideen sehr nahestehender Ausdruck – doch hinreichend Boden für einen darauffolgenden ‚Herbst und Winter intensivster Arbeit‘ (Brief an P. Natorp vom 22. Februar 1910), die sich aber diesmal nicht in Vorlesungen, sondern ausschließlich in Manuskripten niederschlägt“ (Karl Schuhmann, „Einleitung des Herausgebers“, Husserliana III, 1, S. XXI). 4 Am 7. Juli 1912 schreibt Husserl an William Ernest Hocking: „Ich gedenke … ein eigenes Organ (Jahrbücher für Philosophie und phänomenologische Forschung …) zu begründen und vom Herbst d.J. ab in demselben der Reihe nach die Ergebnisse meiner Studien des letzten Jahrzehnts zu publiciren. Am ersten Stück = ‚Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Erstes Buch‘ schreibe ich jetzt eifrig“ (Edmund Husserl, Briefwechsel, Bd. III: Die Göttinger Schule, S. 160). 5 Am 25. November 1921 schreibt Husserl an Roman Ingarden: „Ich arbeite jetzt seit einigen 2

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einleitung der herausgeberin

haben dürfte. Wahrscheinlich hat er bei dieser Gelegenheit auch die erst nach der Vorlesung von 1909 entstandenen Blätter F I 17/43–44 S. 84, Anm. 1) in das Manuskript eingelegt. * Husserl hat den Text der Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ während des laufenden Semesters mit Tinte in Gabelsberger Stenographie auf in der Mitte gefaltete Blätter niedergeschrieben. Neben Streichungen, Veränderungen, Hinzufügungen und Randbemerkungen, die Husserl mit dem für die Niederschrift verwendeten Schreibmittel vorgenommen hat – die also so gut wie sicher gleichzeitig mit der Niederschrift entstanden sein dürften –, weist das Vorlesungsmanuskript auch Streichungen, Veränderungen, Einfügungen und Randbemerkungen mit Bleistift, Blaustift und Rotstift auf, die noch während des laufenden Semesters, z.B. bei der Vorbereitung der nächsten Vorlesungsstunde oder beim nochmaligen Durchlesen des Textes kurz vor einer Vorlesungsstunde, aber auch nach Ablauf des Semesters und in späteren Jahren vorgenommen sein können.1 Außer der groben Einteilung in einen ersten und zweiten Teil hat Husserl den Text der Vorlesung weder durch Überschriften noch nach einzelnen Vorlesungen gegliedert. Nur an einigen wenigen Stellen hat er den Text am Rand mit inhaltlichen Hinweisen versehen, die aber allesamt aus späterer Zeit stammen dürften. Allerdings hat Husserl die Blätter mit Bleistift paginiert.2 Monaten meine allzu großen Msc. durch und plane ein großes systematisches Werk, das von unten aufbauend als Grundwerk der Phänomenologie dienen könnte“ (Edmund Husserl, Briefwechsel, Bd. III: Die Göttinger Schule, S. 213). 1 Beispiel: Die Notiz mit Blaustift „Pfingstferien“, die Datumsangabe mit Bleistift „26/5 09“ auf Blatt F I 17/32b (S. 72, Z. 29 – S. 73, Z. 6) und die Randbemerkung mit Bleistift „Wiederholung“ auf dem folgenden Blatt stammen ebenso wie einige mit Bleistift gestrichene und durch einen anderen Text ersetzte Textstücke aus der Zeit der Niederschrift, wohingegen die Nullen mit Blaustift auf Blatt F I 7/59 (S. 175, Z. 1 – S. 176, Z. 23) eindeutig aus späterer Zeit stammen – Husserl hat den Text des Blattes 1909 gelesen, wie ein späterer Verweis auf diesen Text zeigt –, wie auch die Bleistifteinfügung „scil. nach dem Obigen ontisch und phansisch“ auf Blatt F I 7/9a (S. 110, Z. 22 – S. 111, Z. 21) späteren Datums sein muss: Vorher war in der 1909er Vorlesung von diesem Unterschied nicht die Rede (lediglich auf Blatt F I 17/26b (S. 64, Z. 33 – S. 65, Z. 26) wurde angekündigt, die Ausdrücke „Phansis“ und „phansiologische Analyse“ zu gebrauchen). 2 Unsicher ist, wann Husserl die Vorlesung paginiert hat. Für eine Paginierung gleich beim Niederschreiben des Textes könnte das als „11–12“ paginierte Blatt F I 18/14 (S. 18, Z. 12 – S. 19, Z. 23) sprechen: Die Blätter der folgenden Vorlesung könnten schon paginiert gewesen sein, als Husserl die beiden ursprünglichen, wohl weggeworfenen Blätter „11“ und „12“ durch das eine Blatt „11–12“ ersetzte. Auch das als „ad 16“ paginierte Blatt F I 18/19 (S. 27, Z. 17 – S. 28, Z. 3) könnte auf eine Paginierung während des laufenden Semesters hinweisen, falls es, wie aber angenommen werden dürfte, 1909 entstanden ist. Gegen eine Paginierung während des

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Das Manuskript des ersten Teils der Vorlesung befindet sich in den Konvoluten F I 18 und F I 17. Das Konvolut F I 18 enthält 25 Blätter. Blatt 1 und Blatt 25 bilden einen Umschlag, in den Husserl die von „1“ bis „21“ paginierten Blätter der Vorlesung (S. 3, Z. 4 – S. 32, Z. 22) gelegt hat. Für den Umschlag hat Husserl den oben schon erwähnten an ihn gerichteten Brief der Verlagsbuchhandlung Felix Meiner vom 22. Juni 1921 verwendet. Die Vorderseite des Umschlags trägt die Blaustiftaufschrift: „Vorlesungen S/S 1909. Inhaltsverzeichnis Innenblatt: Phänomenologie als ‚Erste Philosophie‘. ‚Phänomene‘ der Phänomenologie. Vorgegebe V nheit der natürlichen Erkenntnis. Absolute Erkenntnis.“ Dieses Innenblatt hat Husserl zusammen mit einem Blatt, F I 18/3, auf das er Überlegungen zur Vorlesung notierte, vor die Vorlesungsblätter in den Umschlag gelegt. Auf das „Innenblatt“ schrieb Husserl mit Bleistift: „Phänomenologie als Erste Philosophie 57 f. ‚Phänomene‘ der Phänomenologie 6 ff. Vorgegebenheit in der natürlichen Erkenntnis 9 ff. Absolute Erkenntnis 14 ff. Logik 13, 19, 22.“ Die Rückseite dieses Blattes ist auf S. 8, Anm. 1, das Blatt F I 18/3 auf S. 3, Anm. 1 veröffentlicht. Auf das als „1“ paginierte Blatt F I 18/4 notierte Husserl mit Bleistift: „Zuerst die Rekapitulation lesen, 48a, und als Leitfaden benutzen“.1 Für das als „8“ paginierte Blatt F I 18/11 (S. 14, Z. 25 – S. 15, Z. 12) verwendete Husserl ein Fakultätsschreiben vom 24. April 1909, für das als „21“ paginierte Blatt F I 18/24 (S. 32, Z. 12–22) eine „Einladung zu Doktor-Prüfungen“ vom 12. Mai 1909. Die Blätter „22“ bis „61“ (S. 32, Z. 24 – S. 99, Z. 36) liegen in Konvolut F I 17. Dieses Konvolut umfasst 56 Blätter, von denen die Blätter 1 und 56 einen Gesamtumschlag bilden, der nur die Aufschrift „F I 17“ trägt. Die Aufschrift mit Blaustift auf der Vorderseite des aus dem schon erwähnten Universitätsschreiben vom 17. Januar 1912 bestehenden Umschlags F I 17/2 + 55 lautet: „Allgemeine Einführung. Idee der Phänomenologie und ihre Methode. 1909. Vgl. das Gleichnis von der dunklen Höhle in Anwendung auf die Schwierigkeiten der Phänomenologie p. 100 (im nächsten Pack). I. Teil der Einführung in die Phänomenologie, Sommersemester 1909. Sehr wertvoll sind noch immer die verschiedenen Ausführungen von September 1908 und

laufenden Semesters aber könnte z.B. sprechen, dass die Blätter F I 17/33–38 (S. 73, Z. 7 – S. 81, Z. 11), die „Rekapitulation des bisherigen Ganges der Vorlesungen“ nach den Pfingstferien, um sie besonders kenntlich zu machen, mit Blaustift von „48a“ bis „48f“, also nicht durchlaufend paginiert sind. 1 Diese Notiz könnte auf die Benutzung der 1909er Vorlesung in den Jahren 1912 oder 1915 hinweisen.

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September 1907, so Aσ über transzendentale Phänomenologie 1–6, ‚L‘ über Logik, Ontologie und Phänomenologie etc.“1 Des Weiteren notierte Husserl an den oberen Rand mit Rotstift: „Kolleg 1909“. Später schob Husserl noch vor die Blätter der Vorlesung ein nicht vor 1912 geschriebenes unpaginiertes Blatt in den Umschlag ein, das die Randbemerkung trägt: „Disposition der Vorlesungen 1910/112 (über Intersubjektivität). (Niedergeschrieben in einem der nächsten darauf folgenden Jahre).“ Auch das halbierte Blatt F I 17/16 (S. 50, Anm. 3) ist unpaginiert. Sein gestrichener Text könnte als Ersatz für den später gestrichenen Text des folgenden Blattes gedient haben. An das Textende des als „48“ paginierten Blattes F I 17/32 (S. 71, Z. 32 – S. 73, Z. 6) hat Husserl mit Bleistift das Datum „26/5 09“ und mit Blaustift „Pfingstferien“ geschrieben. Nach den Pfingstferien trug Husserl eine „Rekapitulation des bisherigen Ganges der Vorlesungen“ vor, wie er mit Blaustift an den oberen Rand des ersten Blattes nach den Pfingstferien F I 17/33a (S. 73, Z. 7 – S. 74, Z. 17) notierte. Am Rand vermerkte er mit Bleistift: „9/6 1909. Wiederholung“.3 Die Rekapitulationsblätter F I 17/33– 38 (S. 73, Z. 7 – S. 81, Z. 11) sind nicht, wie das übrige Vorlesungsmanuskript, mit Bleistift paginiert, sondern mit Blaustift, und zwar als „48a“ bis „48f“; und ebenso ist auch noch das folgende Blatt F I 17/39 (S. 81, Z. 12 – S. 82, Z. 6) mit Blaustift als „49“ paginiert.4 Den Text des als „53“ paginierten Blattes F I 17/41a (S. 82, Z. 25 – S. 83, Z. 7) hat Husserl auf die Rückseite eines Universitätsschreibens vom Juni 1909 niedergeschrieben. Der zweite Teil des Vorlesungsmanuskripts, die von Husserl als „62“ bis „117“ paginierten Blätter (S. 100–190), liegen in Konvolut F I 7. Dieses Konvolut enthält 74 Blätter. Auf der Vorderseite des Gesamtumschlags F I 7/1 + 74 befinden sich folgende Aufschriften mit Blaustift: „II. Teil der Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis, Vorlesungen Sommer 1909. Speziell Wahrnehmung. Die speziellen Analysen (Wahrnehmungs1 Die Blätter Aσ vom September 1907 liegen als die Blätter 27–31 in Konvolut B II 1. Sie sind veröffentlicht in Husserliana XXIV, S. 424–430. Zu Blättern vom September 1908 siehe Karl Schuhmann, Husserl-Chronik, S. 118 f. 2 Im Manuskript irrig „1909/10“. Wie dem Text zu entnehmen ist, handelt es sich um die Vorlesung „Grundprobleme der Phänomenologie“ vom Wintersemester 1910/11. – Das Blatt ist veröffentlicht in Husserliana XIII, S. 195 f. 3 Die Bleistiftnotiz dürfte während des Semesters, die Überschrift mit Blaustift hingegen später entstanden sein. 4 Dies könnte, wie schon weiter oben erwähnt, darauf hinweisen, dass das Manuskript erst später paginiert wurde und die Rekapitulation besonders hervorgehoben werden sollte. – Diese Blätter F I 17 33–38 sind zusammen mit den ihnen voraufgehenden Blättern F I 17/26–32 (S. 64, Z. 8 – S. 80, Z. 28) veröffentlicht in Husserliana X, S. 335–353.

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analysen) beginnen p. 62, eigentlich erst 65. Transient unterschieden von transzendent 72. Rekapitulation (nach den Pfingstferien) 48a. Zeit in der Wahrnehmung etwa von 89 ab. Pagina 62 ff.“ Mit Rotstift fügte Husserl hinzu: „Zu Wahrnehmung“. Am oberen Rand rechts befindet sich mit Blaustift die Zahlenangabe „ad 282“ und die auf das Manuskript F I 7 bezügliche Angabe „(63/117)“, beide Angaben von der Hand Edith Steins.1 Für das als „71“ paginierte Blatt F I 7/11 benutzte Husserl eine „Einladung zu einer Fakultätssitzung“ vom 21. Juni 1909. Husserls Hinweis „81“ auf Blatt F I 7/12b (S. 116, Z. 10 – S. 117, Z. 5) bezieht sich auf F I 7/22b (de facto auf das als „80“ paginierte Blatt; S. 127, Z. 21 – S. 129, Z. 20). Blatt F I 7/25 (S. 132, Z. 3 – S. 133, Z. 26) ist ein als „30“ paginiertes Blatt aus der Dingvorlesung des Sommers 1907.2 Unter den Blättern der 1909er Vorlesung bekam es die zweite Paginierung „ad 82“. Blatt F I 7/27 (S. 135, Z. 20 – S. 136, Z. 15) stammt Papier und Schriftbild zufolge aus der zweiten Hälfte der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Es erhielt mit Blaustift die Paginierung „ad 84“. Die ursprüngliche Paginierung „79“ des folgenden Blattes F I 7/28 (S. 136, Z. 16 – S. 137, Z. 32) ist mit Blaustift gestrichen und ersetzt durch „ad 84 und 79“. Für Blatt F I 7/45 mit der Paginierung „93“ (S. 157, Z. 14–37) verwendete Husserl eine „Einladung zu Doktor-Prüfungen“ vom 9. Juli 1909. Ebenso benützte er für das als „103“ paginierte Blatt F I 7/56 (S. 171, Z. 22 – S. 172, Z. 25) ein Universitätsschreiben vom 8. Juli 1909. Die Rückseite des Blattes F I 7/64a mit der Paginierung „111“ (S. 182, Z. 8–20) ist eine „Einladung zu Doktor-Prüfungen“ vom 24. Juli 1909, die Rückseite des folgenden Blattes „112“ (S. 182, Z. 21 – S. 183, Z. 12) eine „Einladung zu Doktor-Prüfungen“ vom 17. Juli 1909. Die Blätter F I 7/70 und F I 7/73, paginiert als „117“ (S. 187, Z. 20 – S. 189, Z. 7) werden aus einem doppelten Briefbogen gebildet. Der nur eine Seite in Beschlag nehmende Brief datiert vom 5. Mai 1909; die restlichen drei Seiten sind von Husserl beschrieben. Unter den Blättern, die die Paginierung der 1909er Vorlesung tragen, liegen auch einige Blätter ohne oder mit einer anderen Paginierung. F I 7/17a (S. 123, Anm. 3) ist ein kleiner unpaginierter Zettel mit einer kritischen Bemerkung zur Vorlesung. Ein ebenso kleiner unpaginierter Zettel F I 7/34 (S. 144, Z. 15–19) bringt ein Beispiel zur Wahrnehmung. Blatt F I 7/35 (S. 141, Z. 32 – S. 143, Z. 3)

1 Über das ganze Manuskript F I 7 verstreut finden sich von der Hand Edith Steins Randtitel, ebenso wie Zahlenangaben, die sich auf das Inhaltsverzeichnis der großen Manuskriptzusammenstellung von Edith Stein beziehen, das in Husserliana XXIII, S. 602–611 abgedruckt ist. 2 Dieses Blatt ist erstmals veröffentlicht in Husserliana XVI, S. 56, Z. 5 – S. 58, Z. 6.

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trägt die Bleistiftpaginierung „29“.1 Das unpaginierte Blatt F I 7/36 (S. 143, Z. 4 – S. 144, Z. 4) enthält Notizen „zu Müller“.2 Ebenfalls unpaginiert ist Blatt F I 7/37 (S. 144, Z. 5–14) mit der Notiz „Abschrift eines alten Blattes“ und dem Randtitel mit Blaustift „Akte in der Einbildung“. F I 7/38 (S. 144, Z. 20 – S. 146, Z. 5), ein altes als „1“ paginiertes Blatt, trägt die Bemerkung mit Blaustift: „Von neuem zu studieren und für die systematische Ausarbeitung neu zu bearbeiten. Gut.“3 Die Blätter F I 7/39 und 40 (S. 146, Z. 6 – S. 148, Z. 26)4 tragen Husserls Paginierung mit Bleistift „1“ und „2“ und den Vermerk mit Bleistift: „Abschrift und Verbesserung“. Schließlich hat Husserl noch zwei nicht paginierte Blätter, F I 7/71 und 72 (S. 189, Z. 8 – S. 190, Z. 8), in den doppelten Briefbogen eingelegt. * Husserl hat die Vorlesung „Einführung in die Phänomenologie der Erkenntnis“ weder im Ganzen umgearbeitet noch in einem späteren Semester in veränderter Form noch einmal vorgetragen. Da also von keiner Gesamtbearbeitung gesprochen werden kann, wird der in diesem Band veröffentlichte Vorlesungstext nicht in Letztfassung geboten, vielmehr wurde versucht, den ursprünglichen Vorlesungstext weitgehend zu rekonstruieren. Dementsprechend wurden später gestrichene Textstücke im Text belassen und diese Streichungen nur in den Fußnoten angegeben. Spätere Textveränderungen T und Hinzufügungen werden in Fußnoten gebracht. Da nicht bei allen Beilagen zum Vorlesungstext zu entscheiden war, wann sie entstanden sind und

1 Dieses Blatt ist erstmals veröffentlicht in Husserliana III, 2, S. 550, Z. 23 – S. 551, Z. 39. Laut Karl Schuhmann gehörte das Blatt zu dem ursprünglich 40 Blätter zählenden Tintenmanuskript, das Husserl um Juli 1912 als Vorarbeit zu den Ideen I niedergeschrieben hat. Außer Blatt F I 7/35 sind nur noch einige wenige Blätter vorhanden. (Siehe dazu Karl Schuhmann, Reine Phänomenologie und phänomenologische Philosophie, Den Haag 1973, S. 93 f.) Es kann angenommen werden, dass das Blatt schon vor 1909 entstanden ist und Husserl es 1912 in das Tintenmanuskript aufgenommen und später wieder unter die Blätter des Vorlesungsmanuskripts von 1909 zurückgelegt hat. Die Bleistiftüberarbeitung könnte somit 1912, wahrscheinlich aber dürfte sie 1909 vorgenommen worden sein. 2 Dabei handelt es sich um G. E. Müller, Zur Analyse der Gedächtnistätigkeit und des Vorstellungsverlaufes, Leipzig 1911–1913. Wie diese Jahreszahlen zeigen, ist das Blatt nach 1913 geschrieben, wie auch der Gebrauch der Terminologie der 1913 entstandenen Ideen I (Noema, volles Noema, Satz, noetisch) beweist. 3 Zu diesem Blatt gehören das als „zu 1“ paginierte Blatt A VI 11 II/79 und das als „2“ paginierte Blatt A VI 11 II/84. 4 Die beiden Blätter sind erstmals veröffentlicht in Husserliana XXIII, S. 265, Z. 5 – S. 269, Z. 20.

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zu welcher Zeit Husserl sie in das Vorlesungsmanuskript hineingelegt hat, ob noch während des Semesters oder später, werden sie allesamt in den laufenden Vorlesungstext in Kleindruck eingefügt.1 Kleinere Veränderungen, auch stilistischer und grammatischer Art sowie solche, bei denen keinerlei Hinweis, weder inhaltlich noch sonstwie, vorliegt, ob sie noch während des Semesters oder erst später vorgenommen wurden, sind in den Drucktext aufgenommen, ohne dass dies eigens in den Fußnoten erwähnt würde. Noch während der Niederschrift gestrichene und durch einen anderen Text ersetzte Textstücke werden, sofern sie inhaltlich Neues bringen und von einiger Wichtigkeit sind, in den Fußnoten geboten. Aber auch einige dem neuen Text ähnliche, noch während der Niederschrift gestrichene Textstücke sind in den Fußnoten abgedruckt. Randbemerkungen aus der Zeit der Niederschrift wurden nach Möglichkeit in den Text eingegliedert. Alle sonstigen, sowohl mit der Niederschrift gleichzeitigen als auch späteren Randbemerkungen werden als Fußnoten gegeben. Diese späteren Randbemerkungen erhielten, ebenso wie die später vorgenommenen Veränderungen und Hinzufügungen, einen speziellen Hinweis. In eckige Klammern gesetzte Textstücke, bei denen nicht entschieden werden konnte, ob Husserl sie vorgetragen hat oder nicht, wurden im Text belassen; die eckigen Klammern wurden durch runde Klammern ersetzt. Der Übersichtlichkeit halber wurden dem Vorlesungstext einige wenige Überschriften eingefügt, für die auch Titel auf dem oben schon erwähnten „Innenblatt“, husserlsche Umschlagaufschriften und Randbemerkungen sowie einige Randtitel Edith Steins benutzt wurden. Zwei Fußnoten mit Asterisken enthalten Literaturhinweise der Herausgeberin. Verschreibungen Husserls und fehlerhafte Sätze wurden stillschweigend verbessert. Alle Hinzufügungen der Herausgeberin sind in spitze Klammern … gesetzt. Die in den Manuskripten überaus zahlreichen Unterstreichungen Husserls wurden nur in den wenigen Fällen (und zwar als Sperrdruck) berücksichtigt, in denen sie zum besseren Verständnis des Textes beitragen. Die Rechtschreibung wurde weitgehend den gegenwärtigen Regeln des Duden angepasst. *

1 Auch die erst nach 1913 hinzugelegte Beilage „zu Müller“ ist zusammen mit den anderen an dieser Stelle des Manuskripts liegenden Beilagen abgedruckt (S. 143, Z. 4 – S. 144, Z. 4) Sie erhielt aber einen entsprechenden Vermerk in den Fußnoten.

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Zum Schluss möchte ich dem Direktor des Husserl-Archivs zu Leuven, Professor Rudolf Bernet und Professor Ullrich Melle meinen tiefen Dank aussprechen nicht nur für ihr Vertrauen und Entgegenkommen, sondern für ihre Hilfe in der vergangenen schweren Zeit. Durch ihre Unterstützung wurde es mir möglich, die Arbeit an diesem Band wieder aufzunehmen. Professor Ullrich Melle danke ich überdies für die Freundschaft, die er meinem Mann in der Zeit der Krankheit entgegenbrachte. Dr. Thomas Vongehr danke ich dafür, dass er mir frühere Notizen zur Verfügung gestellt hat. Doch der größte Dank gilt meinem verstorbenen Mann, der – solange es seine Krankheit erlaubte – beim Kollationieren half und mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Elisabeth Schuhmann

EINFÜHRUNG IN DIE PHÄNOMENOLOGIE DER ERKENNTNIS VORLESUNG 1909

I. TEIL ALLGEMEINE EINFÜHRUNG. IDEE DER PHÄNOMENOLOGIE UND IHRE METHODE

Gegensatz zwischen natürlicher und philosophischer Denkhaltung Die1 Wissenschaft, in welche ich Sie in diesen Vorlesungen einführen will, ist eine wesentlich neue Wissenschaft. So neu ist die Phänomenologie, dass in unserer Zeit erst wenige von der Existenz, ja auch von der Möglichkeit einer solchen Wissenschaft eine Ahnung haben. Es gilt das selbst von solchen Forschern, welche von den ersten wirklich phänomenologischen Untersuchungen einige Kenntnis genommen, sie in psychologischer Absicht benützt, selbst unter dem Titel „Phänomenologie“ geschrieben und doch das eigentümliche Wesen der Phänomenologie, ihre Methode, ihr von aller 1 Überlegung zur Vorlesung Vorlesung Sommersemester 1909. Anfang vom Gegensatz zwischen natürlicher und philosophischer Denkhaltung. Naturerkenntnis und Erweiterung der Naturerkenntnis. Schranken der natürlichen Geisteshaltung. Frage nach der transzendentalen Möglichkeit der Erkenntnis. Wirklichkeiten stehen immer als Gegebenheiten vor Augen. Ohne vorgegebene Wirklichkeit, wie sie letztlich in unmittelbarer Erfahrung zur Gegebenheit kommt, ist keine weitere Wirklichkeit zu erkennen. Natürliche Erkenntnis fängt nicht damit an, als problematisch zu setzen, ob etwa überhaupt eine Wirklichkeit ist, um dann erst zu entscheiden, sondern sie fängt mit der Thesis der Wirklichkeit an. Was ist das schon Gesetzte? Wie beschaffen ist es? Ist das Hier? Ist das Wirkliche? Auch bei der Naturwissenschaft: Die Wirklichkeit der Natur ist ihr eine Vorgegebenheit: eine einzige räumlich-zeitliche Welt, die von allen (ebenfalls im Voraus gesetzten) Erkennenden als die eine und selbe angesetzt, wenn auch erst nach ihrem Sosein zu bestimmen ist. Sich in ihr wissenschaftlich zu orientieren, sie erkenntnismäßig zu beherrschen, das ist die Aufgabe. Ist die Vorgegebenheit der Natur kein Problem? Wir stellen sie in Frage. Bietet sich da nicht eine Fülle von Schwierigkeiten zu verstehen, was das Recht dieser Setzung eigentlich ausmachen soll und ob es nicht ein zweifelhaftes Recht ist? Und weitere Frage: wo ein Unzweifelhaftes zur Gegebenheit kommen kann? Forderung eines absoluten Erkennens. (Ich müsste jetzt geradezu sagen: Metaphysik, Philosophie will absolute Seinserkenntnis sein.) Radikale Kritik aller Vorgegebenheiten der natürlichen Erkenntnis. Sie insgesamt, und damit die ganze natürliche Erkenntnis überhaupt „in Frage stellen“ (nicht dasselbe wie bezweifeln). Methode, mit dem universellen Zweifel es zu versuchen. Noch in natürlicher Denkhaltung: Es gibt Illusionen, Halluzinationen. Natürliche Frage: Woher wissen wir, dass wir nicht überall

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Psychologie und aller natürlichen Wissenschaft unterschiedenes Forschungsniveau verkannt und somit de facto gar nicht phänomenologische Untersuchungen angestellt haben. Die Phänomenologie ist so wenig Psychologie, als sie Physik ist, obschon die Versuchung groß und in unseren späteren Betrachtungen uns sehr begreiflich werden wird, Phänomenologie und Psychologie zu vermengen. Es darf übrigens mit Rücksicht auf die in Rede stehende Vermengung nicht die Vorstellung Platz greifen, als ob das, was wir jetzt unter dem Titel „Phänomenologie“ abgrenzen wollen, nur einheitlich verschiedene Untersuchungen, und selbstverständlich zusammengehörige, aussondere, welche bisher schon unter dem Titel „Psychologie“ und evtl. im Rahmen noch anderer Wissenschaften behandelt wurde. Die Neuheit der Phänomenologie besteht vielmehr auch darin, dass wissenschaftliche Untersuchungen phänomenologischer Art, auf klarer Erkenntnis der zu lösenden Probleme beruhende und nach der ihnen angemessenen Methode geführte, früheren Zeiten überhaupt fremd waren; obschon es anzuerkennen ist, dass unter den psychologisch gemeinten Forschungen insbesondere erkenntnistheoretischer Art einige sind – ich nenne insbesondere den Treatise von Hume –, die für jeden Phänomenologen höchst wertvoll sind, weil sich in ihnen, vermengt mit anderem und völlig missdeutet durch den Autor selbst, phänomenologische Motive empordrängen und ein ungewöhnlich großer phänomenologischer Gehalt sichtbar wird, sowie man Wesen und Methode phänomenologischer Forschung kennen gelernt hat. So verhält es sich also nicht wie mit der Abgrenzung neuer naturwissenschaftlicher Disziplinen, von denen wir öfters Zeugen gewesen sind, z.B. so wie mit der Abgrenzung der experimentellen Psychologie. Dass eine Reihe bedeutender experimentalpsychologischer Probleme lange vor der Abgrenzung dieser Disziplin und im Zusammenhang mit der neueren Physiologie seit Joh. Müller gestellt und in wishalluzinieren oder nicht immer gerade da, wo wir etwas als vorgegeben hingenommen haben? Versuchen wir es also mit dem universellen Zweifel. Der Zweifel sicher nicht überall widersinnig. Äußere Wahrnehmung. Eine Klasse von Gegebenheiten aber, wo der Zweifel in der Tat widersinnig ist: das Sein der cogitationes in der Reflexion. Erkenntnisprinzip der Zweifellosigkeit des „Seins“ der Cogitationen. Vgl. dazu Konvolut „Evidenz“ mit sehr wichtigen Ausführungen. Der Text ab Bietet sich da nicht eine Fülle von Schwierigkeiten wurde später bis hierher gestrichen. Bei dem Konvolut „Evidenz“ handelt es sich um Ms. A I 4. Worin die Schwierigkeit der „Vorgegebenheit“ hier besteht. Muss ich nicht gleich übergehen zu der Frage: Wie kann Erfahrung, d. i. eine Wahrnehmung und Erinnerung oder ein Komplex solcher (solange ich noch nicht weiß, absolute Sicherheit habe, dass „Dinge“ existieren), über sich hinaus, wie kann sie, die doch etwas anderes ist als Dinge und doch Ding weder selbst ist noch es reell enthält, reell „fasst“, das Sein von Dingen gewiss machen? Charakter der Evidenz? Evidenz der Gewissheit? Oder auch Charakter der „berechtigten“ Wahrscheinlichkeit? Aber was soll so eine Marke leisten?

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senschaftlich angemessener Methode behandelt worden waren, ist bekannt. Die Neubegründung der experimentellen Psychologie bedeutet nicht eine grundwesentliche Änderung der Probleme und Methoden, sondern nur ihre Bereicherung und wissenschaftliche Verschärfung, wie es der Fortschritt in allen Wissenschaften mit sich bringt. Niemand würde Forschungen eines J. Müller, Purkinje, E. H. Weber, Helmholtz und Hering in unserer Zeit verselbständigter Psychologie für unwissenschaftlich erklären, so viel Fortschritte auch in den von ihnen behandelten Gebieten inzwischen gemacht worden sind. Also hier liegt tatsächlich eine bloße Verknüpfung schon vorhandener Untersuchungen und Untersuchungsmethoden vor, nur dass mit der systematischen Vereinigung der in sich zusammengehörigen Untersuchungen bzw. Problemgruppen alle jene Vorteile gewonnen wurden, die jede Forschung unter systematischem Gesichtspunkt in einem natürlich sich erweiternden Umkreis innerer Zusammengehörigkeit nach sich zieht, zumal wenn das neue Gebiet zur ausschließlichen Arbeitssphäre von Fachmännern wird. Andererseits kann man nun freilich sagen, dass die Probleme, zu deren endgültiger Erledigung die Phänomenologie besonders berufen ist, keineswegs neu, ja im Gegenteil uralt sind, dass sie nämlich im Rahmen der Philosophie seit den ersten Anfängen im griechischen Altertum immer wieder durchdacht und mit Aufwand höchster Denkenergie durchforscht worden sind. Die fraglichen Probleme sind keine anderen als die der Theorie der Vernunft, der Transzendentalphilosophie im weitesten Sinn. Es sind die Probleme, die die Korrelation zwischen Sein und Bewusstsein betreffen, und zwar nicht nur Sein als reales Sein, sondern auch als ideales Sein, etwa des Begrifflichen und Zahlenmäßigen, auch Sein als Wert-Sein, des Schönen und des praktisch Seinsollenden. Überall gibt sich sozusagen das Seiende als ein Ansich aus, als an sich seiend gegenüber der Erkenntnis, sofern was ist, ist, ob es erkannt wird oder nicht. Und überall ist doch für das erkennende Bewusstsein – empirisch gesprochen: für den Erkennenden – kein Zweierlei aufzuweisen, Erkennen und Werten, d. i. der Prozess der Wahrnehmungen, Erinnerungen, Gedanken, Urteile, Einsichten und daneben der Gegenstand, sondern nur Modi der Erkenntnis, modi cogitationis. Ja ein anderes hat offenbar gar keinen Sinn. Selbstgegebenheit des Gegenstandes ist selbst eine cogitatio, und ist der Gegenstand ein Ansich, d. i. ein Transzendentes, gemäß all der gegebenen Beispiele, so ist er eben nicht selbst eine cogitatio. Diese Probleme sind, wie gesagt, uralt, aber die wahre Auflösung dieser Probleme liegt einzig und allein in der Phänomenologie. Wie kann aber die Phänomenologie eine neue Wissenschaft sein, wenn ihre Probleme alt und, wie ich auch sagte, immer wieder und wieder bearbeitet worden sind?

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Nun, denken Sie etwa an die Probleme der Natur der Fixsterne und an die Spektralanalyse, welche allein dazu berufen ist – mindest bisher die einzigen methodischen Möglichkeiten darbietet –, diese Probleme wissenschaftlich anzufassen. Wird man sagen, die Spektralanalyse gehöre schon dem Altertum an, weil ja die Alten sich schon viel um das Problem der Natur des Fixsternhimmels bemüht haben? Ich gestehe, dass das Gleichnis nicht in jeder Hinsicht stimmt. Diese Fixsternspekulationen der Alten wird niemand auf eine Stufe stellen mit den erkenntnistheoretischen Spekulationen derselben und gar mit denen der Neuzeit vor Etablierung der Phänomenologie. Es bleibt aber genug als tertium comparationis übrig. So wie eine Spektralanalyse erst da sein und wissenschaftlich schon sehr weit ausgebildet sein muss, um die Himmelsprobleme angreifen und fördern zu können, und so wie sie anfangen und fortschreiten konnte, ohne an diese Probleme zu denken, so verhält es sich auch mit der Phänomenologie in Relation zu jenen uralten Rätselfragen des philosophischen Fixsternhimmels. Beiderseits kann eine Erwägung der Wege möglicher Problemlösung zu den lösenden Disziplinen führen. Da wir die Fixsternwelten allein durch ihr sichtbares Licht wahrnehmen, so bietet das Studium der Optik einzig verständliche Möglichkeiten, über die Natur dieser Welten etwas Wissenschaftliches zu erfahren. So kann auch ein analytisches Studium der vernunfttheoretischen Probleme und der Bedingungen ihrer Lösbarkeit auf die sie lösende Optik führen, nämlich auf die Etablierung einer Phänomenologie. Aber so ist man nicht verfahren. Man spekulierte über die Endprobleme selbst und gewissermaßen von oben her, man sah nicht, dass man in dem uns allein zugänglichen Unten allererst forschen müsste und dass hier ein weites Feld mit den vernunfttheoretischen Problemen wesensverwandter und miteinander verflochtener Probleme vorliege, die nur insgesamt und in ihrer natürlichen Ordnung behandelt werden müssen. Insoweit ist die Analogie also triftig und recht erleuchtend. Andererseits liegen die Sachen beiderseits aber sehr verschieden in der Hinsicht, dass erkenntnistheoretische, oder besser vernunfttheoretische, nicht die natürliche Verständlichkeit und Eindeutigkeit physischer Probleme haben. Ihre Vermengung mit metaphysischen, naturwissenschaftlichen, speziell psychologischen Problemen geht durch die Jahrtausende. Sie war die notwendige Folge der uns allen ursprünglich eigenen natürlichen Denkhaltung gegenüber jener neuen durchaus künstlichen, aber spezifisch philosophischen Denkhaltung der Phänomenologie. Der Weg der Entwicklung war hier der: Es musste erst auf dem Wege der Kritik, im Kampf miteinander streitender Erkenntnistheorien eine scharfe, aber in ihrer Äußerlichkeit unvollkommene

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Sonderung zwischen Erkenntnistheorie und Psychologie und jeder Naturwissenschaft überhaupt vollzogen sein, um der Phänomenologie den Weg zu eröffnen. Sowie dies und die Eigenheit der von ihr geforderten methodischen Denkhaltung erkannt war, wurde andererseits die Formulierung der reinen und echten vernunftkritischen Probleme möglich, und so war von jeder Seite der Weg zu einer streng wissenschaftlichen Vernunftkritik eröffnet und in weiterer Folge zu einer wirklich wissenschaftlichen Philosophie. Zur näheren Erläuterung bemerke ich: Es ist nicht genug, dass man auf indirektem Wege, nämlich durch die logische Aufweisung von Widersinnigkeiten dartut, dass Erkenntnistheorie, diese Wissenschaft von der Überwindung des Skeptizismus, von aller Psychologie fernbleiben müsse, es sei also jene seit Lockes Zeiten viel beliebte Form der Erkenntnistheorie, die wir psychologistische nennen, in sich absurd. Damit ist kein erkenntnistheoretisches Problem selbst in seiner Reinheit von psychologischen und naturwissenschaftlichen Einmengungen und in dem von den innersten Motiven aller Skepsis geforderten Sinn formuliert; es ist nicht das wissenschaftliche Gebiet aufgewiesen, in dessen natürlichen Zusammenhang sich diese Probleme einordnen, und weiter ist nicht die Methode angegeben, wie ihnen in stetiger Untersuchung beizukommen sei. Kant und verschiedene kantische Schulen bekämpfen den Psychologismus, aber das hindert nicht, dass sie in konstruktive Vermögensmythologien hineingeraten, die das Gegenspiel von klarer Wissenschaft sind. Von klarer Wissenschaft, sagte ich. Evidenz in jeder Hinsicht, absolut schlichte, in ihrer Einfachheit unmittelbar fassliche Ausgangspunkte, klare, völlig eindeutige Problemformulierungen, frei von allem mystischen Beigeschmack, evident angemessene und klare Methoden: das sind Forderungen, die an jede strenge Wissenschaft gestellt werden müssen. Es sind ganz unnachlässliche Forderungen, wie überall, so auch für die Kritik der Vernunft und Philosophie überhaupt. Sind Philosopheme Glaubensartikel, hängt das philosophische Seelenheil von einer wohl eingeübten Logik formelhafter Wendungen ab, und steht überhaupt Seelenheil, Erlösungssehnsucht, praktische befriedigende Weltanschauung voran,1 dann ist Philosophie eben keine Wissenschaft. Sie mag darum eine schöne und große Sache sein wie Religion und konfessionelle Dogmatik. Ich denke aber, auch Wissenschaft ist eine schöne Sache, und nicht zum mindesten philosophische Wissenschaft. Ist sie möglich, dann dürfte sie doch auch hinsichtlich der bescheidensten Anfänge des Schweißes der Edlen wert sein.2 Im Grunde 1 2

Gestrichen wie sie ja auch der Durchschnittsprediger im Bau seiner Predigten übt. Gestrichen Und wer wollte denn a priori ausmachen, dass gerade bei ihr von wirklich festen,

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will noch immer jeder Philosoph sein philosophisches „System“ haben, auf alle philosophischen Zielprobleme will er eine Antwort, kurz, er will den Stein der Weisen haben. Freilich, warum widmet man sich der Philosophie? Zunächst doch nicht, um wie in einem sonstigen Fach etwas zu „leisten“ und am Ende Professor zu werden. Die Not des Lebens, das Rätsel des Daseins, an dem der δσκολος so sehr leidet, treibt zur Philosophie, und das Leben fordert eine Antwort. Die Antwort aber muss für den intellektuell Gebildeten so etwas wie wissenschaftliche Form haben, genannt eben System. Der erlösungsbedürftige Grieche sehnte sich nach erlösender Metaphysik, nach Religion, er wollte Religion. Aber er, der in griechischer Wissenschaft Erzogene, konnte sie nur annehmen in den Formen einer Philosophie, genannt Dogmatik. Die meisten Philosophien sind von eben dieser Art. Eine jede ist eigentlich die Dogmatik eines Glaubens, eines ganz persönlichen Glaubens, der so genannten Weltanschauung des Philosophen. Das alles sei in seiner Schönheit in seinem Recht, in seiner Leben spannenden und Leben veredelnden Kraft anerkannt. Aber dürfen wir nicht und müssen wir nicht auch Philosophie als Wissenschaft gelten lassen, sind wir nicht berechtigt, von ihrem Werden und Wachsen Großes zu erhoffen, wenn nicht für unsere persönliche Lebensbefriedigung, für unsere persönliche Erlösung, für uns, die wir hier und jetzt in dieser Zeit leben, so für die künftige Menschheit? Man ruft nach einer Philosophie als Tat, nach einer Philosophie als Lebensmacht. Könnte nicht eine Philosophie als Wissenschaft der künftigen Menschheit edlere und höhere Lebensmöglichkeiten eröffnen, die unser Opfer an Mühen und Entsagungen lohnen möchten? Ja, muss es nicht so sein?1 Sie sind vielleicht erstaunt. Ich verteidige die Philosophie als Wissenschaft. Diejenigen unter Ihnen, die sich in dem Geistesleben unserer Zeit umgetan haben, werden wohl wissen, dass es an Anlässen dazu nicht fehlt. Die große Umwendung, die im letzten Jahrzehnt erfolgt ist, die neue, immer stärker anwachsende Sehnsucht nach Weltanschauung, Religion, nach einem streng gesicherten Fundamenten aus nicht ein gradus ad Parnassum und in infinitum zu immer herrlicheren Zielpunkten unmöglich sein werde? Freilich heißt es für den Anfang bescheiden sein. 1 Philosophie der Tat. Philosophie als Lebensmacht. Philosophie als Wissenschaft. Lebensmöglichkeiten eröffnend. Sehnsucht nach Weltanschauung und nach Religion. Armselige Kathederphilosophie. Wir brauchen eine Philosophie, die dem tiefsten Lebenswillen unserer Zeit, ihren Idealen, ihren Hoffnungen und Strebungen einen konkreten Ausdruck verschafft, eine Philosophie, die, aus reichstem persönlichem Leben erwachsen, gleichgestimmtes Leben zu erwecken, zu stärken, zu entfalten vermag. Schöpferische Leistung einer Persönlichkeit, welche in großer Weise alle herrschenden Tendenzen T der Zeit konzentriert. Literarische Schöpfung, Kunstwerke. Erhabenheit und Würde der reinen εωρ α. Was sie festgestellt hat, ein unverrückbarer Eckpunkt für alle künftigen Weltanschauungen.

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Leben im Geiste, einem persönlichen durchaus autonomen Leben in Freiheit, Schönheit, sittlicher Tat: diese große Umwendung bekundet sich auch als neu auflebendes Interesse an der Philosophie. Und die Philosophie soll die Führerin sein. Da sagt man aber: Was soll und kann uns diese armselige Kathederphilosophie, diese Philosophie als Wissenschaft helfen? Wir brauchen eine Philosophie, die dem tiefsten Lebenswillen der Zeit, ihren Idealen, ihren Hoffnungen und Strebungen einen konkreten Ausdruck verschafft, eine Philosophie, die, aus reichstem persönlichen Leben erwachsen, gleich gestimmtes Leben zu wecken, zu stärken, zu entfalten vermag. Solche Philosophie ist schöpferische Leistung einer genialen Persönlichkeit, welche in großer Weise alle herrschenden Tendenzen der Zeit konzentriert, in ihnen ihren allerpersönlichsten Lebenswillen findet und sie in einer vollendeten literarischen Schöpfung, dem philosophischen Kunstwerk, objektiviert. Ganz wohl, sage ich. Lassen wir diesen Philosophen und seine Philosophie kommen. Ist sie da, so soll sie auch uns erquicken. Auch wir sind Kinder der Zeit. Sollen wir aber, die wir keine Originalgenies sind, sondern schlichte Männer der Arbeit, die Hände in den Schoß legen, sollen wir nicht weiter, in unserer bescheidenen Art, den Zielen der Menschheit dienen dürfen, ihr dienen in den Formen der nicht auf Zeitliches, sondern Ewiges gerichteten Wissenschaft: der Wissenschaft, die freilich persönlicher Lebenssehnsucht nichts von überschwänglicher Befriedigung zu verschaffen vermag, ja die uns im Gegenteil über das eigene Ich, über unsere Zeit und alle ihre Nöte emporhebt in eine Region von Ewigkeitswerten. Gehen wir ruhig an unsere Arbeit. In der Arbeit mit Richtung auf die höchsten Erkenntnisziele, mit denen ja auch die idealen Leitsterne der Praxis beschlossen sind, liegt ein zweifelloser Segen. Die Erhabenheit und Würde der reinen εωρ α, in der Aristoteles das Wesen der göttlichen Seligkeit sieht, wird sicherlich nicht dadurch aufgehoben, dass wissenschaftliche Philosophie bei den geringen Anfängen, die bisher ausgebildet sind, dem lebendigen Menschen in seiner Lebensnot nicht helfen, dass sie seine innerste Sehnsucht nicht befriedigen kann. Andererseits wissen wir es aber, dass, was sie einmal in streng wissenschaftlicher Weise festgestellt hat, ein bleibender und für immer unverrückbarer Eckpunkt für alle künftigen „Weltanschauungen“ ist. Und alle Weltanschauungsphilosophie müsste sich selbst als leere Phantasie verdächtigen, wenn sie wissenschaftliche Philosophie verachten und nicht anerkennen wollte, dass auch sie, wenn auch nicht in strenger, sondern bloß vorläufiger Form objektive Wahrheit anstrebe; und sicher ist, dass die dereinst endgültige, der objektiven Wahrheit gewisse Weltanschauung nichts anderes sein kann als die bis zu den höchsten Höhen entwickelte

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wissenschaftliche Philosophie, die dann eo ipso die voll erquickende Quelle von Maximen für eine ideale Praxis sein würde.1 Doch kehren wir zu unserer Phänomenologie zurück, deren Bedeutung eben darin liegt, dass sie das Arbeitsfundament der Philosophie, der nüchtern wissenschaftlichen Philosophie ausmacht. In ihrer naturgemäßen Ausweitung umspannt sie die gesamte Theorie und Kritik der Vernunft, der reinen Vernunft, d. h. der Vernunft in einem nicht psychologischen und anthropologischen Sinn. Ja vielleicht kann man sogar sagen, dass alles Phänomenologische sich dem Rahmen der unter dem Titel „Vernunft“ befassten Teleologien irgendwie einordnet, also dass jede phänomenologische Feststellung sich einordnet in eine vollständige Wissenschaft von der Vernunft. Andererseits kann die Phänomenologie sich etablieren und umfassende Forschungen durchführen, ohne auf die mannigfach überkommenen Formen erkenntnistheoretischer und sonstiger vernunfttheoretischer Probleme zurückzugreifen und ohne sich mit den historischen Theorien auseinander zu setzen. An die Begründung einer Metaphysik, an die Überwindung des jede Möglichkeit einer Metaphysik bestreitenden Skeptizismus, an die Probleme vom Sinn der prätendierten unbedingt objektiven Geltung der logischen und mathematischen Gesetze, von dem eigentlichen Sinn der Geltung aller Naturwissenschaft, von der bloßen Phänomenalität oder absoluten Realität der Natur: an alle dergleichen Probleme braucht gar nicht gedacht zu werden. Kurz, wir können die ganze Philosophie ruhen lassen. Andererseits freilich ist das Forschungsfeld der Phänomenologie darum sehr schwer zugänglich, weil es, wie ich zu sagen pflege, in einer anderen Dimension liegt gegenüber allen Feldern des natürlichen Denkens und Forschens. Es bedarf also einer gewissen Emporleitung, einer gewissen methodischen Führung, um den auf das Natürliche gewohnterweise gerichteten Blick in die neue Richtung zu bringen, in die Einstellung, die ihm das Phänomenologische sichtlich macht. Dazu können Beispielsanalysen dienen; andererseits kann man aber auch an die Hauptmotive der überlieferten Erkenntnistheorien anknüpfen bzw. in ganz allgemeiner Weise an das Rätsel der Erkenntnis. Diese Anknüpfung dient aber nur dem angegebenen Zweck der neuen Blickstellung.

1 Randbemerkung (später) Vgl. nachher ausgeführt, und sehr viel besser, in „Die Philosophie als strenge Wissenschaft“. Logos I.

„phänomene“ der phänomenologie

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„Phänomene“ der Phänomenologie Mit1 Phänomenen soll es die Phänomenologie zu tun haben. Was sind das für Phänomene? Man hört oft genug die Naturwissenschaften als „Wissenschaften von Phänomenen“ bezeichnen; die physischen Naturwissenschaften seien Wissenschaften von physischen, die Psychologie aber Wissenschaft von psychischen Phänomenen. Die Redeweise entstammt freilich nicht den eigenen Motiven naturwissenschaftlicher Forschung, sie stammt von der Philosophie her, aus gewissen philosophischen Reflexionen über das Wesen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und den Sinn oder Seinswert des naturwissenschaftlich Erkannten. Es werden also Naturobjekte, ihre Eigenschaften, Relationen, ihre Kräfte und Zustände, darunter auch psychische Dispositionen und psychische Erlebnisse jeder Art, „Phänomene“ genannt. Sind da s also die Objekte der Phänomenologie? Darauf ist natürlich zu antworten: Die fraglichen Objekte sind Naturobjekte und als solche Objekte der Naturwissenschaften. Daran kann eine bloße Umnennung natürlich nichts ändern. Aber freilich könnte es sein, dass es sich um mehr als um eine bloße Umnennung handelt, nämlich dass jedes Naturobjekt, überall, wo von Naturobjekt die Rede, wo es erkannt ist, etwa in Reflexion auf die natürliche Erkenntnis, die es zum Erkenntnisobjekt 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Mit Phänomenen soll es die Phänomenologie zu tun haben. Was sind das also für Phänomene? Man hört oft genug die Naturwissenschaften als Wissenschaften von Phänomenen bezeichnen. Die physische Naturwissenschaft sei Wissenschaft von physischen, die Psychologie Wissenschaft von den psychischen Phänomenen. Es sind also Naturobjekte, Dinge, V Vorgänge, dingliche Eigenschaften, psychische Akte und Zustände Phänomene genannt. Sind das die Objekte der Phänomenologie? Nun, in gewisser Weise bezieht sich phänomenologische Erkenntnis sicherlich mit auf all diese Sachen. Es entspricht das der bildlichen Rede von einer neuen Dimension. Wenn natürlich auch nicht in wörtlichem Sinn jedes natürliche Ding eine übernatürliche Dimension hat, als ob ihm als physischen Ding, genau als demselben, das der Naturforscher erforscht, noch eine Gruppe von Eigenschaften zukäme, welche die Phänomenologie erforscht; etwa so, wie das physikalische Ding, das wir menschlichen Leib nennen, eine nichtphysische Klasse von Eigenschaften hat, die wir mit den Worten bezeichnen: An einen Leib ist Bewusstsein geknüpft, er ist „Reizen“ zugänglich, die Empfindung und weitere psychische Vorgänge auslösen. Nein. Das physische Ding und alle seine physischen Eigenschaften und ebenso all das, was wir in psychologischer Beziehung Subjekt und psychische Zustände des Subjekts nennen, hat seine Naturwirklichkeit und wird in dieser einzig und allein von den physischen und psychologischen Naturwissenschaften studiert. Andererseits konstituieren sich Dinglichkeiten jeder Art, konstituiert sich alles natürliche Dasein im Bewusstsein, es wird etwa wahrgenommen, vorgestellt, erinnert, erwartet, es wird im urteilenden Denken gesetzt usw. Es erscheint, es ist Gedachtes, Bedeutetes. Und es ist nur als so und so Erscheinendes, als so und so Gedachtes, Bedeutetes gegeben. Zunächst meint man etwa, die Beziehung zwischen Natursein und Bewusstsein in Form jener verschiedenen modi cogitandi sei etwas Zufälliges.

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macht, neue Stellungnahmen ermöglicht, durch die es Objekt der Phänomenologie wird. Neue Stellungnahmen! Solange wir in der Stellungnahme, in der Auffassungs- und Urteilsweise des natürlichen Denkens und Erkennens stehen, ist das Erkannte das naturhaft Daseiende. Naiv wahrnehmend und erfahrend, das Wahrgenommene und Erfahrene beschreibend, klassifizierend, den kausalen Zusammenhängen der erfahrenen Vorgänge nachspürend usw., betreiben wir die natürliche Erkenntnisweise des praktischen Lebens und bei höheren theoretischen Ansprüchen die Erkenntnisweise der Naturwissenschaften. Bleibt nun Raum noch übrig, und überall übrig, für eine andere Erkenntnisweise, für neue Stellungnahmen?1 Man wird da zunächst sagen: Gewiss, eine neue Stellungnahme ist in jedem gegebenen Fall objektiven Erkennens möglich, nämlich die der Reflexion im lockeschen Sinn. Erkennend sind wir zunächst rein dem erkannten Objekte zugewendet. Wir machen irgendwelche Wahrnehmungen und Erfahrungen. Es stehen uns da Dinge vor Augen, wir beschreiben sie, setzen sie zu anderen in Beziehung, erwägen in immer neuen Erkenntnisakten ihre verborgenen Eigenschaften, ihre gesetzlichen Zusammenhänge usw. Aber die Erkenntnisakte, die wir vollziehen, sind dabei nicht wieder unsere Erkenntnisobjekte, das würde ja neue Erkenntnisakte höherer Stufe voraussetzen, und so in infinitum. Dem Erkennen von Objekten ist das Erkennen nicht selbst Objekt. Andererseits ist es klar, dass wir „reflektieren“, d. h. uns dessen in neuen Erkenntnisakten, in so genannten inneren Wahrnehmungen, bewusst werden können, dass wir erkennen. Z.B. die Pflanze, das Kristall u.dgl. wahrnehmend nehme ich nicht das Wahrnehmen wahr. Aber ich kann auf das Wahrnehmen der Pflanze reflektieren und dann etwa sagen: „Jetzt nehme ich eine Pflanze wahr.“ Nun ist die Wahrnehmung selbst Objekt. Diese Änderung der Stellungnahme können wir offenbar hinsichtlich jeder Erkenntnis vollziehen, und es ist auch klar, dass wir nie und nimmer von den Erkenntniserlebnissen aller Arten sprechen könnten, dass wir von ihnen nichts wüssten, wenn wir solche Reflexion nicht zu üben vermöchten. Und das gilt für jederlei Bewusstsein, genau ebenso für das fühlende, begehrende, wollende Bewusstsein. Jene Reflexion (der bekannte lockesche Name) spielt für die Sphäre des Bewusstseins als solchen und damit des in einem spezifischen Sinn Psychischen die analoge Rolle wie die „Sensation“, die so genannte äußere 1 Gestrichen Etwa dadurch, dass wir die Naturobjekte, d. i. eben das uns in natürlicher Denkhaltung als da seiend Geltende und von uns in seinem Dasein singulär oder generell nach seinen Elementen, Eigenschaften, Gesetzlichkeiten Bestimmte, in Beziehung setzen zum Erkennen und so in Beziehung setzen zur es theoretisch bestimmenden Wissenschaft?

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Wahrnehmung, die Wahrnehmung von physischen Dingen und physischen Vorgängen, für die physische Natur. Sie erinnern sich da gewiss des lockeschen Satzes: Sensation und Reflexion sind die Quellen aller Erkenntnis. Doch mag es wie immer mit der Lehre von der Einzigkeit dieser „Quellen“ sich verhalten: halten wir uns lieber rein an das, was wir hier sehen. Hätten wir keine Dingwahrnehmungen, so wüssten wir nichts von Dingen. Verschwänden alle visuellen Wahrnehmungen, so verschwände die Welt des Sichtbaren, verschwänden alle Wahrnehmungen überhaupt, so die ganze physische Natur. Denn wie schon gemeine, so erkennt auch wissenschaftliche Naturerkenntnis nur so, dass sie von unmittelbar Erfahrenem, also Wahrgenommenem, auf nicht Wahrgenommenes schließt. Nichtwahrgenommenes Sein nehmen wir also in der physischen Natur genug an, aber nur aufgrund von wahrgenommenem. Genau ebenso verschwände die psychische Natur oder alles Psychische aus der einheitlichen psychophysischen Natur, wenn nicht innere Wahrnehmung uns psychische Erlebnisse unmittelbar zur Gegebenheit brächte und die Basis schaffte, von der aus wir auch indirekte Daseinssetzungen von Psychischem vollziehen könnten. Nachdem wir dies durchüberlegt, werden wir nun aber sagen müssen: Gewiss, jene neue Stellungnahme ist möglich, und bei allem Erkennen und Bewusstsein möglich. Wir können immer wieder reflektieren. Über den Umkreis der natürlichen Erkenntnis und wissenschaftlich über den der naturwissenschaftlichen Erkenntnis kommen wir damit nicht hinaus. Worauf führt uns denn die Reflexion? Doch auf das Psychologische. Was sich ergibt, ist eine gewisse Zweistufigkeit der Naturerkenntnis. Psychologische Erkenntnis setzt anderweitig vorgegebene nichtpsychologische in gewisser Weise voraus. Um uns hier nicht in einen Streit einzulassen, können wir mindest das als zugestanden voraussetzen, dass alle psychischen Erlebnisse im brentanoschen Sinn, alle Erlebnisse, die in sich den Charakter eines Bewusstseins von etwas haben, erst durch so genannte Reflexion zu Erkenntnisobjekten werden können. In sich sind diese so genannten „intentionalen Erlebnisse“ auf Gegenständliches gerichtet; Erkennen ist in sich Erkennen von etwas, Gefallen ist Gefallen an etwas, Wünschen ist in sich Wünschen von etwas usw. Erst durch Reflexion werden sie Gegenständlichkeiten der psychologischen Erkenntnis, und das Wort „Reflexion“ deutet an, dass vor dieser Erkenntnisweise Objekte schon gegeben sind, und zwar auf andere Weise.1 Erkenntnis von Bewusstsein setzt 1 Gestrichen Bewusstsein ist Bewusstsein von etwas, Erkennen ist Erkennen von einem Gegenstand, Werten ist Wertbewusstsein von einem Werte bzw. von einem bewerteten Gegenstand. Nun kann z.B. Erkennen sich wieder auf ein Erkennen als Gegenstand richten, wie z.B. wenn

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seiner Möglichkeit nach voraus, dass es Erkenntnis von anderem als Bewusstsein gibt, wie z.B. Erkenntnis von Dingen. Solche Erkenntnisse, wie schlichte Dingwahrnehmungen, Dingvorstellungen u.dgl., haben einen natürlichen Vorrang. Erst wenn sie vollzogen sind, kann eine Reflexion einsetzen, und erst durch solche Reflexion kommt Bewusstsein selbst zur Gegebenheit, d. h. es wird Gegenständlichkeit der Erkenntnis. Natürlich setzt also die Psychologie als Wissenschaft vom Bewusstsein (von all den Erlebnissen, die wir unter den Titeln „Erkennen“ und „Werten“ befassen) diese Reflexion voraus. Was ändert das aber daran, dass auch Psychologie Naturwissenschaft ist? Wenn wir dann weiter Gegenstände und ihre Erkenntnis in ihren Relationen erforschen, so ist wieder nicht abzusehen, was das anderes ergeben solle als wieder Naturwissenschaft. Bewegen wir uns in einer Sphäre primärer Erfahrung, schlichter Dingerfahrung, so treiben wir ausschließlich physische Naturerkenntnis. Studieren wir in der Stellung der Reflexion Psychisches, so treiben wir reine Psychologie. Da die Welt aber, wie Erfahrung lehrt, nicht in getrennte Welten zerfällt, so laufen die Fäden auch von physischer Natur zu psychischer Naturerkenntnis hinüber und herüber. Wir sprechen daher von Psychophysik. Die Beziehungen etwa zwischen physischen Gegenständen überhaupt und irgendwelchen sie erkennenden Akten werden natürlich der Psychophysik zugehören. Die Beziehungen zwischen psychischen Akten und den sie erkennenden Akten als Beziehungen zwischen Psychischem und Psychischem werden wesentlich der Psychologie zugehören. Also immer stehen wir in der naturwissenschaftlichen Sphäre, und es ist gar nicht abzusehen, wie wir herauskommen sollten. Das alles ist zweifellos, es ist also sicher, dass, wenn wir unter Reflexion psychologische Wahrnehmung verstehen,1 wir die Sphäre der Naturbetrachtung nicht verlassen haben, sondern nur von Naturerkenntnis zu Naturerkenntnis, von ersten Naturobjekten erkennend zu neuen auf sie bezogenen Naturobjekten fortgeschritten sind. Ich gehe etwa in psychologischer Absicht von der Betrachtung eines Dinges zur Betrachtung der Wahrnehmung eines Dinges über. Was habe ich da als Psychologe getan? Nun, ich habe eine neue Wahrnehmung, darin liegt: eine neue Seinssetzung, vollzogen. Ich sage, diese wir über Erkenntnis Aussagen machen. Aber endlich und schließlich muss es ein Erkennen geben, das nicht auf ein Erkennen, überhaupt nicht auf ein Bewusstsein gerichtet ist. 1 Gestrichen oder diejenige reflektierende Betrachtung, Auffassung und Seinssetzung, die uns jederlei intentionale Erlebnisse als Gegenständlichkeiten unserer psychischen Natur, als unsere psychischen Akte oder Zustände ergibt, eingeordnet unserem, dieses erlebenden Menschen, Seelenleben, und damit eingeordnet der Gesamtnatur: Ich sage, dass wir dann die Sphäre der Natur nicht überschritten.

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Wahrnehmung, die meine, die jetzt von mir vollzogen ist, und dieses Jetzt ist dasjenige, das ich mit der Uhr und sonstigen Zeit messenden Apparaten bestimmen kann. Jetzt schwanken diese Bäume im Wind, und gleichzeitig, in demselben Jetzt, ist diese Wahrnehmung von mir vollzogen oder erlebe ich sonst ein Bewusstsein, das ich reflektiv in innerer Wahrnehmung erfasse. Und jedes so wahrgenommene Psychische bestimmt sich durch seine Beziehung zu mir, der ich es habe; und ich, der es Habende, stehe mit meinem Leib in der physischen Natur, in der sich noch andere Leiber befinden, die ich als Menschen- und Tierleiber auffasse, denen ich dabei ein nicht direkt wahrgenommenes Bewusstsein einlege; und so steht alles Psychische von vornherein für mich und jeden Erkennenden innerhalb der einen Allnatur, in der, es zu erforschen, Aufgabe der Psychologie ist. Vorgegebenheit der natürlichen Erkenntnis Hartnäckig, wie wir sind, stellen wir aber wieder die Frage, ob nicht eine andere Betrachtungsweise als jene naturwissenschaftliche möglich ist und ob Reflexion nicht noch anders zu vollziehen ist, nämlich so, dass, was ihr Blick dabei erfasst, kein Naturwissenschaftliches ist oder, was dasselbe, ob eine Reflexion nicht möglich ist, die nicht den Charakter der Wahrnehmung im gewöhnlichen Sinn, der empirischen Wahrnehmung hat. Ja wir fragen, ob nicht jene selbe Reflexion, die sich uns als psychologische Wahrnehmung darbot, etwas anders zu nuancieren, in gewisser Weise zu beschneiden und bei Erhaltung eines Kerns zu begrenzen wäre derart, dass sie aufhörte, Wahrnehmung eines Naturdaseins zu sein. Wir denken also an eine Möglichkeit, dass sich uns bei modifiziertem Blick und bei etwas geänderter Einstellung inmitten aller Naturbetrachtung eine neue, ihr entgegengesetzte etablierte, in der sich ein neues Erkenntnisfeld eröffnete, das wir nicht mehr als Natur ansprechen könnten. Sie wenden vielleicht ein: Was ist das für ein sonderbares Beginnen? Kann eine geänderte Einstellungs- oder Betrachtungsweise etwas an den Dingen ändern, die da sind, was sie sind? Und geht nicht alle erkennende Betrachtung darauf aus, die Dinge, die sind, in unseren geistigen Blick zu bringen, der ihrer als Wahrnehmung unmittelbar gewiss wird und sie in methodischen Erkenntnisprozessen wissenschaftlich bestimmt? Gewiss, nicht alle Dinge sind uns von vornherein bekannt, der Blick der Erfahrung kann immer neue und vordem vielleicht nicht geahnte Richtungen annehmen. Aber damit erweitert sich doch nur der Rahmen der erkannten Natur. Eine geheimnisvolle Betrachtungsänderung, die ein neues Erkenntnisfeld

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eröffnen soll, aber keine Natur, das scheint keinen Sinn zu ergeben, zumal wenn dieses Feld gewissermaßen durch alle Natur hindurchgehen soll. Die psychologische Reflexion fasst das Psychische, den oder jenen psychischen Akt, das oder jenes intentionale Erlebnis. Was kann alle Beschneidung oder Eingrenzung jener Reflexion ändern? Das Erlebnis bleibt Erlebnis, Bestandstück der psychischen Natur, und wird etwas weggeschnitten, nun, auch jedes Stück von Psychischem ist wieder Psychisches. Oder ist es etwa gar auf eine mystische intuitio intellectualis abgesehen? Dafür sind wir aber nicht zu haben. Mit solchen Bedenken erweisen sich, wie Sie bald einsehen dürften, nur die Schranken der natürlichen Denkeinstellung. Charakterisieren wir diese näher. In unseren natürlichen Erkenntnisbetätigungen lebend (mögen es nun wissenschaftliche oder vorwissenschaftliche sein) und auf Befriedigung der uns leitenden Erkenntnisintentionen eingestellt, liegt die Frage nach der transzendentalen Möglichkeit der Erkenntnis uns gänzlich fern. In der natürlichen Denkhaltung nehmen wir wahr, urteilen, theoretisieren wir, und da stehen von Anfang an und immerfort Wirklichkeiten als gegeben uns vor Augen. Vorgegebene Wirklichkeiten näher zu bestimmen oder in Relation zu vorgegebenen Wirklichkeiten andere Wirklichkeiten zu setzen und dann weiter prädikativ zu bestimmen oder schon gesetzte und näher bestimmte Wirklichkeiten als Scheinwirklichkeiten aufzuheben (etwa als Halluzinationen, als abergläubische Vorstellungen u.dgl.), aber aufzuheben vermöge des Einspruchs, den die vorgegebene Wirklichkeit durch ihren erfahrungsmäßig gesetzten Gehalt erhebt: das ist der Lauf des natürlichen und auch naturwissenschaftlichen Denkens. Ohne vorgegebene Wirklichkeit, wie sie letztlich in unmittelbarer Erfahrung zur Vorgegebenheit kommt, ist da keine weitere Wirklichkeit zu erkennen. Natürliche Erkenntnis fängt ja nicht damit an, problematisch anzusetzen, ob überhaupt eine Wirklichkeit sei, um sich dann erst zu entscheiden, sondern sie fängt mit der Thesis von Wirklichkeit an. Wieweit wir auch zurückgehen mögen, immer ist schon „Wirklichkeit da“. Jede natürliche Frage lautet: „Was ist das?“, nämlich in Hinblick auf schon als wirklich Gesetztes. Oder sie lautet: „Ist das hier, nämlich in dieser meiner wirklichen Umgebung, unter diesen wirklichen Dingen sich als Wirkliches Gebende in der Tat auch ein Wirkliches?“ Also auch die Frage „Ist das wirklich?“ ist nie und nirgends die Frage nach dem Sein von Wirklichkeit überhaupt. Dies gilt offenbar auch für die Anfänge, ich meine für die allerersten Schritte der Naturwissenschaft. Sie will freilich nichts weniger, als die Meinungen des gewöhnlichen Lebens über die Natur als vorgegeben hinnehmen. Wie Natur in Wahrheit ist, will sie allererst bestimmen. Andererseits ist auch für sie die

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Wirklichkeit der Natur eine Vorgegebenheit. Die Natur ist für den Naturforscher von vornherein da, und von vornherein als die volle psychophysische Wirklichkeit. Sich selbst setzt der naturwissenschaftlich Erkennende, ohne dies gerade expressis verbis zu sagen, sich, das psychische Subjekt, mit seinem Leib und seinen Bewusstseinserlebnissen, und er setzt sich in leiblicher Hinsicht in eine Umgebung von Dingen, eine Umgebung, die mit dem Rahmen der faktischen Wahrnehmung nicht abschneidet, sondern sich ausweitet zur endlosen Natur. Und diese Natur ist die eine einzige räumlich-zeitliche Welt, die von allen mitgesetzten Erkennenden als die eine und selbe gesetzt ist. Uns in dieser allgemein vorgegebenen Natur wissenschaftlich zu orientieren, sie durch wissenschaftliche Methode erkenntnismäßig zu beherrschen, das ist die naturwissenschaftliche Aufgabe. Alle naturwissenschaftlichen Urteile setzen in der Tat die vorgegebene Natur voraus, mögen uns die Physiker auch sagen, in strenger Wahrheit existierten die Dinge der sinnlichen Wahrnehmung, nämlich so, wie sie uns da erscheinen, nicht; die Physik bewiese, dass in Wahrheit alle Wirklichkeit sich auf Konstellationen von Atomen, Ionen, Energien und was immer sonst reduziere. Mag es sich mit solchen Aussagen verhalten wie immer: sicher ist, dass auch sie auf vorgegebene Natur sich beziehen, und zwar auf dieselbe, die in der sinnlichen Erfahrung erscheint. Nämlich „die“ Dinge mögen anders beschaffen sein als sie erscheinen, und im Einzelnen mag es auch sein, dass bestimmte Dinge erscheinen und überhaupt nicht sind. Im Einzelnen, unter bestimmten Umständen! Dass aber davon abgesehen im Allgemeinen die Dinge der Erfahrung wirklich sind und dass bloß die wissenschaftliche Bestimmung der Dinge sie anders bestimmt als die unmittelbare Wahrnehmung und die schlichten beschreibenden Aussagen, die dem „Inhalt“ dieser Wahrnehmung Ausdruck geben, das ist überall die Meinung; NB die Meinung des Naturforschers und nicht des über Naturerkenntnis reflektierenden Philosophen. Wir nehmen hier das naturwissenschaftliche Erkennen vor aller so genannten „philosophischen“, „erkenntnistheoretischen“ Reflexion, wir nehmen es so, wie es sich wirklich abspielt, wenn eben Naturwissenschaft getrieben, wenn Beobachtungen und Experimente vollzogen, daraufhin „Tatsachen der Natur“ festgestellt und in weiterer Folge Tatsachengesetze gesucht und begründet werden. Dasselbe Ding, das der Naturforscher sieht, abwägt, dann in eine Retorte tut, über dem bunsenschen Brenner erwärmt, so und so chemisch analysiert oder nach seinem physikalischen Verhalten erforscht, dasselbe ist es, von dem er nachher sagt, es sei in Wahrheit ein Komplex so und so gelagerter, mit solchen und solchen Energien begabter Atome. In diesem

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Sinn ist die Natur des Wilden dieselbe wie die eines Helmholtz und Maxwell, nur dass die Urteile über das Was und Wie der Natur, dass die Prädikate, welche die Natur in theoretischer Wahrheit bestimmen, beiderseits so sehr verschieden lauten. Dass im Einzelnen der Naturmensch und der Mensch überhaupt vor der Wissenschaft sehr vieles für wirklich hält, was der Naturforscher als phantastische Einbildung, Aberglaube etc. degradiert, ändert nichts wesentlich an dem Gesagten. Jede Diskreditierung einer Wirklichkeitssetzung setzt andere Wirklichkeitssetzungen schon voraus. Erfahrung wird durch Erfahrung aufgehoben, mitunter unmittelbare Erfahrung durch mittelbare, die aber selbst ihren Halt in unmittelbarer notwendig hat. Warum gerade die eine Erfahrung den Vorzug hat, warum sie Geltung behält und der Widerstreit an ihr eine andere Erfahrung diskreditiert, ist eine Frage. Sie geht uns hier nicht an. Es kommt nur darauf an, einfach zu konstatieren, dass bei jeder Feststellung eines Phänomens als nicht objektiv triftig, sondern „nur psychologisch“, „nur subjektive Einbildung“, die Sachlage die beschriebene ist: Im Widerstreit zwischen Erfahrungen haben gewisse den Kredit der gültigen, die anderen, damit streitenden, verlieren durch diesen Streit den Kredit. Wieweit wir da zurückgehen: immer liegen Erfahrungen zugrunde, und das heißt: Immer ist schon eine gesetzte Wirklichkeit, eine so und so bestimmte da. Die allgemeine Frage, ob Wirklichkeit überhaupt sei, wird innerhalb des naturwissenschaftlichen Denkens niemals aufgeworfen. Auch die strengste Naturwissenschaft beginnt nicht mit der Begründung erster Natursetzungen, um darauf dann weitere Natursetzungen zu stützen. Sie erforscht eine Natur, die da ist. Wie1 steht es nun, müssen wir fragen, mit diesem Vorgegebenen in der natürlichen (nicht nur naiven, sondern auch wissenschaftlichen) Erkenntnis? Ist sie kein Problem? Kann und muss nicht auch nach ihrem Rechte gefragt werden? Bekanntlich hat es Skeptiker gegeben, welche mit Rücksicht darauf 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Wie steht es nun, müssen wir fragen, mit dieser Vorgegebenheit der natürlichen Erkenntnis? Ist sie kein Problem? Kann nicht nach ihrem Rechte gefragt werden? Es kommt nicht darauf an, wirklich Skeptiker zu sein und ernstlich zu bezweifeln, ob wir wirklich da sind und unsere Umgebung wirklich ist, ob eine uns umspannende Natur wirklich ist, die wir überall als eine vorgegebene, also nie erwogene Tatsache behandeln. Es mag eine Tatsache sein, aber das hindert doch nicht die Möglichkeit, die Frage zu stellen, ob sie der Kritik endgültig standhält, bzw. die Frage zu stellen, ob sie und wie sie der berechtigten Begründung bedarf, und damit auch, was denn, wenn die gesamte Natur und alle naive Vorgegebenheit überhaupt in Frage gestellt ist, als ein zweifellos Gegebenes übrig bleibt, ob und wie sich ein Erkennen etablieren lässt, das absolutes Erkennen ist, nämlich frei von aller sozusagen auf Kredit hin angenommenen Vorgegebenheit.

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und überhaupt in Reflexion auf die Möglichkeit absoluter Begründung der Erkenntnis die Existenz der Naturwirklichkeit geleugnet haben. Wir wollen hier nicht skeptische Absichten verfolgen, wir denken nicht daran, einen positiven Zweifel auszusprechen, ob Dinge wirklich sind und wir selbst als Glieder der Natur wirklich sind. Wir halten uns nur daran, dass Existenz der Natur als eine Vorgegebenheit behandelt wird. Mag sein, dass mit vollem Recht. Aber die Frage ist doch gestattet, mit welchem Recht? Bedarf sie einer Begründung, und wie würde solche Begründung aussehen? Was würde sie selbst etwa voraussetzen? Jedenfalls, ist die natürliche Erkenntnis keine absolute Erkenntnis, so muss sie auf den Stand absoluter Erkenntnis erhoben werden, d. h. einer Erkenntnis, die frei ist von aller sozusagen auf Kredit hin angenommenen Gegebenheit. Es bleibt natürlich offen, ob die bezeichnete Annahme einer seienden Natur und einer Natur, die uns durch Erfahrung, zunächst durch Wahrnehmung und Erinnerung, zur Gegebenheit kommt (wenn auch nicht in jeder Wahrnehmung und Erinnerung, die im Einzelnen täuschen kann), die einzige ist, die unformuliert der gemeinen und wissenschaftlichen Erkenntnis zugrunde liegt. Das Problem absoluter Erkenntnis umspannt natürlich alle solche Präsuppositionen, die etwa die Reflexion auf Inhalt und Gang der Wirklichkeitserkenntnis und jedwede Erkenntnis herausstellen möchte. (Und dieses Problem muss gestellt werden: Das ist klar. Es liegt ja, wie schon gesagt, im Sinn jeder Erkenntnis, dass sie absolut gelten will, und sie ist Erkenntnis im vollen und wahren Sinn nur, wenn sie das tut.) Das1 in ihr Erkannte ist als Wirklichkeit da, und es erhält die mit ihr streitende Gegenerfahrung den Stempel der Scheinerfahrung, das in ihr Erfahrene den Charakter der Halluzination, des Sinnenscheins, oder der falschen Erfahrungsannahme, der falschen Theorie in Betreff der Wirklichkeit usw. Es bleibt also dabei: Wirklichkeit ist im Voraus immer da, die allgemeine Frage, ob die Wirklichkeit überhaupt sei, die schon von Anfang an gesetzt ist und aus der die besonderen Forschungsobjekte nur herausgehoben werden, wird nicht aufgeworfen. Auch die strengste Naturwissenschaft beginnt nicht mit der Begründung der ersten Natursetzungen, auf deren Grund sie alle weiteren Setzungen vollzieht. Sie beginnt nicht mit der Infragestellung der Natur überhaupt, in der sie sich Schritt für Schritt erkennend betätigen will. Wir fragen nun: Kann und muss nicht diese das ganze natürliche Denken durchdringende Voraussetzung zum Problem gemacht werden? Wie steht es, so kann man doch fragen, mit ihrem Rechte? Wie mit dem Rechte des 1

Dieser Absatz wurde später gestrichen.

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auf solcher Vorgegebenheit ruhenden Erkenntnisverfahrens? Der Erkenntniswert aller natürlichen Wissenschaften hängt von der Entscheidung dieser Frage ab. Man1 könnte sagen: Gewiss, natürliche Wissenschaft ist nicht als voraussetzungslose Wissenschaft erwachsen, wie in diesem Punkt nicht, so auch in manchen anderen Punkten. Aber längst schon ist sie sich dessen bewusst, dass wahre Begründung den Rückgang auf absolut zweifellose Ausgangspunkte, das Emporsteigen nach absolut strengen Methoden erfordert. Das Ideal absoluter Exaktheit schwebt ihr überall vor, und schrittweise sucht sie es zu erreichen auf dem Wege der Kritik ihrer methodischen Grundlagen und durch die Hilfsmittel einer wissenschaftlichen Logik. Die Logik selbst soll seit den Anfängen der Neuzeit gerade solchen Bedürfnissen genügen, sie sollte die allem natürlichen Denken dienende Methodenlehre sein. Mittels2 ihrer soll das natürliche Denken sich erheben zum Stand strenger Wissenschaft und behütet sein vor den Täuschungen der Scheinwissenschaften der Scholastik. Immer schärfer wird das Ideal gefasst, es wird schon in den Anfängen der Neuzeit gefasst als Ideal des Aufbaus von Wissenschaft auf absolut festen Fundamenten und gemäß absolut sicheren Methoden: alles durch und durch begründet, ohne jede unbegründete Annahme. Die schnell erwachsenen Naturwissenschaften haben sich in weiterer Folge zwar von der Logik emanzipiert und haben aufgehört, von allgemeinen methodologischen Reflexionen viel Heil zu erwarten. Die Logik hat mit der Entwicklung der Wissenschaften nicht Schritt gehalten. Andererseits hat aber die Logik die ihr gestellte Aufgabe einer Methodenlehre wahrhaft wissenschaftlichen Denkens nicht aus den Augen verloren. Sicher haben die erfolgreichsten Logiker des letzten Jahrhunderts, Mill und Sigwart, und die vielen Logiker, die ihnen folgen, solche Ziele im Auge. Indessen können wir leicht uns davon überzeugen, dass alle diese Methodenlehren, so wie sie vorliegen, die von uns herausgehobene Voraussetzung mit sich führen und nicht minder auf dem Boden vorgegebener Wirklichkeit forschen wie die Naturwissenschaften. Allgemein ist da die Rede von dem erkennenden Menschen, von seinen Erkenntniserlebnissen und Erkennntnisdispositionen, und von Regeln, denen sich menschliches Denken unterwerfen muss, um den psychologischen 1

Randbemerkung (vielleicht erst 1921) Logik als praktische Methodenlehre. Die fünf folgenden Sätze sind Veränderung für die Intention auf wahrhaft exakte Wissenschaft und die auf Erkenntnis der wahrhaft strengen Methode überhaupt oder, was dasselbe: die Intention auf eine wahrhaft rationale, auf die wahrhaft ersten und voraussetzungslosen Anfänge zurückgehende, in allen weiteren Schritten völlig einsichtige Methode. Diese Intentionen gehen in den Anfängen der Neuzeit Hand in Hand und sind auch in der Gegenwart innig verflochten. 2

philosophisches niveau und philosophisches denken

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Charakter der Evidenz, der begründeten Allgemeingültigkeit als Gültigkeit für alle anderen Menschen zu erlangen. Also wieder sind wir Menschen da, und sind innerhalb einer zu erkennenden Allwirklichkeit; und die Frage ist, wie wir unsere Erkenntnistätigkeiten und Erkenntnisdispositionen gestalten sollen, um eine geforderte Zusammenstimmung mit der Wirklichkeit selbst zu erreichen. Offenbar ist eine solche Logik selbst ein Produkt natürlichen Denkens. Philosophisches Niveau und philosophisches Denken Ist es aber nicht klar, dass, wenn eine radikale Begründung in der Erkenntnis zum Ziel gesetzt ist und somit letztbegründete Wissenschaft, dass dann keinerlei Vorgegebenheit und somit auch nicht die der räumlich-zeitlichen Natur und unserer selbst als Bestandstück der Natur unbegründet passieren darf? Das aber besagt: Entweder Erkenntnis lässt überhaupt keine letzte Begründung zu, oder es muss eine Forschungsweise möglich sein, welche absolut voraussetzungslos ist, welche keine Welt, keine Vorgegebenheit überhaupt grundlos zulässt. Diese Forschungsweise würde sich danach in Gegensatz stellen zur natürlichen. Solange sie in Aktion ist, bleibt jede Natursetzung und jede in ähnlicher Weise vollzogene unbegründete, aber begründungsbedürftige Vormeinung suspendiert; konsequent bleibt Natur in Frage, ist also in keiner Weise als seiende Natur gesetzt. Es scheint auch klar, dass, wenn es unter dem Titel „Logik“ geben soll eine Wissenschaft, es eine Logik als Wissenschaft von letztbegründeter Erkenntnis überhaupt, von ihrem Wesen und ihren Normen geben soll, eine Wissenschaft, welche in allgemeiner Weise das aller echten Erkenntnis Grund und Geltung Verleihende bis in seine letzten Wurzeln durchleuchtet und den Sinn ihrer absoluten Verbindlichkeit verständlich macht: ich sage, es ist klar, dass eine solche Logik von allen Präsuppositionen natürlicher Erkenntnis frei sein muss. Nur auf dem Grunde absoluter Erkenntnis kann sie sich bewegen, wenn sie Wissenschaft von der Möglichkeit absoluter Erkenntnis, von endgültiger Erkenntnis sein soll.1 Auch eine Erkenntnis der Natur, die relativ gültig sein soll insofern, als sie immer neuer Erweiterungen, Bereicherungen gewärtig sein muss, will absolute Erkenntnis sein in dieser Relativität, z.B. als unter den und den Voraussetzungen wahrscheinliche. Die Wahrscheinlichkeiten sollen verbindliche sein, also unter festen Prinzipien stehen. Alle Erkenntnis will aber eigentlich absolute 1

Randbemerkung (vermutlich später) Absolute Erkenntnis cf. 29 (unten S. 44).

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Erkenntnis sein, und es ist nicht ein outriertes Ideal, das wir hier unter dem Titel absolute Erkenntnis bezeichnen. „Erkenntnis“ im weiteren Sinn mag zwar ein Name sein, der alle irgendein Sein meinenden, vorstellenden, setzenden Akte überhaupt befasst. Aber sie alle heißen doch so um ihrer Beziehung zu den im prägnanteren Sinn erkennenden Akten willen, nämlich denjenigen, in denen Ansetzung von seienden Gegenständlichkeiten in gültiger Weise geschieht. Dann aber bedeutet die Bezeichnung eines Denkens als Erkenntnis einen Anspruch, nämlich einen Geltungsanspruch, der sich allererst ausweisen muss. Ist die Ausweisung keine vollkommene, hängt sie etwa von offenen oder versteckten Präsuppositionen ab, dann ist, solange diese selbst ihre Geltung nicht ausgewiesen haben, die Erkenntnis bloß prätendierte Erkenntnis. Jede Erkenntnis weist sich also entweder als absolute aus, oder sie ist bloß Erkenntnisprätention, also in Wirklichkeit noch gar keine Erkenntnis, bestenfalls hypothetisch gültige, wofern sie bis auf gewisse Voraussetzungen ausgewiesen ist. Und so ist auch alle Wissenschaft im vollen und wahren Sinn nur Wissenschaft, wenn sie absolute Wissenschaft ist, wenn also keine ihrer Erkenntnisprätentionen der Reduktion auf letzte und voll ausweisende Gründe ermangelt, also auf Gründe, die weitere Begründung nicht mehr fordern. Nun ist es aber hier in unseren jetzigen Betrachtungen nicht als Ziel gesetzt worden, überall natürliche Erkenntnis und natürlich ausgebildete Wissenschaften zum Stand absoluter Erkenntnis zu erheben, also dem Ideal, das im Wesen der Erkenntnis beschlossen ist, Genüge zu tun. Vielmehr hatten wir es darauf abgesehen, das Niveau zu finden, auf dem sich uns die „Phänomene“ im Sinne der Phänomenologie darbieten, der Phänomenologie, die eine wesentlich neue Wissenschaft sein sollte, sofern sie sich eben in einer ganz anderen Denkeinstellung vollzieht als alle natürliche Wissenschaft. Dies Niveau gewinnen wir eben dadurch, dass wir uns von allen Präsuppositionen natürlicher Erkenntnis frei machen, alle ihre Vorgegebenheiten in Frage stellen, sie völlig in suspenso belassen. Auf diesem selben Niveau, soweit es bisher bezeichnet ist, müsste sich auch etablieren jene vorerwähnte reine Logik. Wie eine solche Logik zur gesuchten Phänomenologie steht, wissen wir natürlich nicht, ob beide identisch sind oder sehr nah zusammenhängen oder ganz auseinander fallen. Es fehlen uns ja noch alle auf die nähere Bedeutung dieser vorläufig leeren Titel bezüglichen Vorstellungen. Desgleichen wissen wir noch nicht, wie sich die Phänomenologie zu der Idee der zu letzter Begründung geführten natürlichen Wissenschaften verhalten würde. Nur das eine wissen wir im Voraus, dass zu diesem Niveau die letztgrundlegenden Erkenntnisse aller Wissenschaften gehören müssen

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und dass alle Wissenschaften, sobald sie auf ihre absoluten Grundlagen zurückgeführt und durch Beziehung auf sie passend umgewandelt sind, selbst und als Ganze auf das in Rede stehende Niveau erhoben worden sind, das auch die reine Logik trägt.1 Dies Niveau, das für uns vorläufig ein x ist, da wir noch nicht verstehen, wie Forschung da anheben soll, was man da als greifbares Forschungsmaterial findet, bezeichnen wir als das philosophische Niveau, das sich hierbei betätigende Denken als philosophisches Denken, die sich auf diesem Niveau etablierenden Wissenschaften als philosophische, so dass also in diesem Sinne die natürlich gewachsenen Wissenschaften, die wir Naturwissenschaften, mathematische Wissenschaften usw. nennen, in dem hier eingeführten weitesten Sinn alsbald zu dem Rang philosophischer Wissenschaften2 erhoben sind, sowie sie Reduktion auf das philosophische Niveau erfahren, d. i. letzte Begründung erfahren haben. Wie sollen wir dies philosophische Niveau aber erreichen? Ja ist es überhaupt je aufzuweisen, ist das Ziel, das man sich da steckt, nicht ein verkehrtes? Es ist im Grunde einerlei mit der Absicht, dem Ideal absoluter Erkenntnis, einer schlechthin voraussetzungslosen, einer durch und durch begründeten, wirklich Genüge zu tun. Müssen wir nicht das Prinzip absoluter Erkenntnis so aussprechen: es dürfe keine Erkenntnis, speziell keine Aussage als gültig zugelassen werden, ehe wir uns davon überzeugt haben, ob diese Aussage voraussetzungslos sei, ob sie nicht die, ob jene unbegründeten Vorgegebenheiten impliziere. Aber dieses Prinzip ist unzulässig. Ich soll mich überzeugen, ob die Aussage, die ich gerade hinstellen wollte, voraussetzungslos sei. Tue ich das, so vollziehe ich eine Erkenntnis. Aber diese kann wieder nur absolut gelten, wenn ich mich überzeuge, ob diese Erkenntnis voraussetzungslos sei; dieses neue Sich-Überzeugen wäre wieder eine Erkenntnis, und so in infinitum. Lassen wir diesen schönen Regress und alle allgemeinen Reflexionen über die Möglichkeit unserer Intentionen jetzt ruhen. Alle erwünschte Klarheit und Lösung wird sich von selbst ergeben, wenn wir bei den bestimmten Sachen bleiben und unser bestimmtes Verfahren aufbauen. Wir haben die durch das natürliche Denken hindurchgehende Vorgegebenheit der Natur hervorgehoben, aber noch nicht die Frage aufgeworfen, warum hier eigentlich Anstoß liege, eine unzulässige Voraussetzung.3 Sie ist freilich unbegründet. Aber bedarf denn jede Voraussetzung der Begründung? Muss es nicht 1

Randbemerkung (später) „Das philosophische Niveau“. Das philosophische Denken. Randbemerkung (später) philosophische Wissenschaften cf. 29 (unten S. 44 f.). 3 Randbemerkung Gehen wir, diese Frage beantwortend, dem Sinn dieser Vorgegebenheit nach, so stoßen wir auf Transzendenzprobleme der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, auf 2

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überall in der Erkenntnis letzte, einer Begründung nicht mehr bedürftige Anfänge geben? Führte jede Erkenntnis in der Begründung auf neue Erkenntnis, und bedürfte jede Erkenntnis mittelbarer Begründung, so kämen wir in unendliche Regresse, und Erkenntnis wäre ein nonsens. Dies ist gewiss. Aber eine erste Setzung, die als Erkenntnisfundament zureichen, in einer Wissenschaftssphäre neue und immer neue Erkenntnis mittelbar begründen soll, muss den Charakter voller innerer Klarheit haben. Sie muss, wie man zu sagen pflegt, „in sich selbst gegründet sein“, sie darf keinerlei Bedürfnis nach weiteren Begründungen unbefriedigt lassen. Sicherlich ist naturwissenschaftliches Verfahren so geartet, dass wir nicht verstehen können, wie sie mit all ihren Theorien über Natur sich etablieren könnte, wenn sie nicht mit Setzungen von Natur, also mit Erfahrungssetzungen zuversichtlich beginnen und als neue absolute Anfänge immer wieder Erfahrungssetzungen anführen dürfte. Alle wissenschaftlichen Erfahrungsbehauptungen sind in unmittelbaren Erfahrungen verankert, von solchen gehen sie aus, und auf solche führen sie in der Verifikation wieder zurück. Jede solche unmittelbare Erfahrung setzt unmittelbar Dinglichkeiten der Natur, die in ihr Dinglichkeiten aus der einen mehr oder minder bestimmt gesetzten räumlich-zeitlichen Allnatur sind. Nehmen wir an diesen Erfahrungssetzungen keinen Anstoß, wie wir es nicht tun, wenn wir gleich der natürlichen Erkenntnis über sie nicht weiter reflektieren, so finden wir alle weitere Theoretisierung, also die ganze Naturwissenschaft, ganz in Ordnung, wir fühlen und sehen ihre Rationalität. Andererseits geraten wir in Verlegenheit und immer größere Verlegenheit, wenn wir eben reflektieren und uns zunächst etwa fragen, ob diese unmittelbaren Erfahrungen, die unmittelbar Dinglichkeiten in der Natur setzen, wirklich unproblematisch sind, ihrer Erkenntnisleistung nach so völlig klar, dass hier kein Zweifel einen Sinn hat und kein Bedürfnis nach weiterer Begründung geltend gemacht werden kann. Gehen wir auf unmittelbare Wahrnehmungen zurück. Jedermann gesteht doch zu, dass eine Wahrnehmung, eine wirkliche, ehrliche Wahrnehmung, in der etwas als unmittelbar dinglich Gegebenes dasteht, nachträglich sich als Halluzination, Illusion herausstellen kann. Man merkt bei einiger Überlegung, dass jede Wahrnehmung überhaupt, wenn wir sie an und für sich nehmen, vor der Möglichkeit solch nachträglicher Entwertung nicht behütet ist. Rätselfragen, welche der Sinn und die Möglichkeit der Erkenntnis an sich seiender Natur uns stellt. Und von da aus erschauen wir dann die allgemeinen Probleme der Theorie der Vernunft.

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Wir1 wissen, wie solche Entwertung vonstatten geht; sie wird durch einen gewissen Fortgang der Erfahrungen besorgt. Auf der Straße wandernd kommt uns Kommilitone Maier entgegen. Näher kommend sehen wir: Das ist gar nicht Maier. Die neuen Wahrnehmungen stimmen nicht mit der ursprünglichen Wahrnehmung, und diese wandelt sich erfahrungsmäßig nicht so, wie sie sich im „Näherkommen“ wandeln müsste, und wir sagen: „Es war eine Illusion, eine Täuschung.“ Freilich, der Wahrnehmung entsprach in Wirklichkeit ein Gegenstand; aber nicht ist der Gegenstand als derjenige, den sie wahrnahm. Andererseits: Bei einer Halluzination wird nach der Entwertung jedes korrespondierende Dasein preisgegeben. Wer den Ton einer etwa im Umkreis von hundert Meter befindlichen Dampfpfeife hört, mag sich nachträglich durch Erfahrung überzeugen, dass sich in dem gesamten Umkreis seiner möglichen Hörweite überhaupt keine Dampfpfeife befindet und somit auch kein objektiver von ihr ausgesendeter Ton. Die im Fieberdelirium, im Traum, in krankhafter Halluzination jeder Art erscheinenden Vorgänge werden als erfahrene genommen, 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Die Entwertung besorgt der weitere Erfahrungszusammenhang. Kann nicht zu jeder Wahrnehmung ein sich an sie anschließender weiterer Erfahrungszusammenhang gedacht werden, der sie degradierte? In sich enthält die Wahrnehmung, die einzelne Wahrnehmung, offenbar keine wahrhafte Bürgschaft für das Wirklichsein des Wahrgenommenen. Wenn aber die einzelne nicht, so ist doch, möchte man sagen, nicht abzusehen, was der weiterlaufende Erfahrungszusammenhang helfen kann, da doch jede einzelne Erfahrung, aus denen er besteht, in sich wieder keine wirkliche Bürgschaft für Wahrheit enthält und evtl. durch spätere Erfahrungen entwertet werden könnte. Randbemerkung Genauer müsste es natürlich ausgeführt werden: Die Wahrnehmung geht dahin, und sie wird durch spätere Erfahrung diskreditiert, besagt: Die entsprechende Erinnerung verliert die Geltung für die Wirklichkeit. „Ich hatte damals die vermeintliche Wahrnehmung, es war aber in Wirklichkeit nicht, wie ich wahrgenommen hatte“ etc. Vielleicht sagt man: Jede Wahrnehmung hat ein gewisses relatives Recht derart, dass es unvernünftig wäre, sie aufzuheben, solange sie nicht anderweitig bestritten wird. Ganz recht, antworten wir! Aber bestritten wird sie doch durch neue Erfahrungen, durch neue Wahrnehmungen u.dgl. Aber haben diese zum Bestreiten ein Recht? Und ein besseres Recht wie die Ausgangswahrnehmung? Soll am Ende die faktische Kraft der Erfahrungen entscheiden, nämlich, welche mehr Standfestigkeit hat? Aber ist das nicht bloß psychologischer Zufall? Soll dieses Faktum größerer Standfestigkeit über objektive Wahrheit entscheiden? Und schließlich: Eine Kraft kann durch größere Kräfte wieder überwunden werden. Woher wissen wir, dass der weitere Erfahrungsverlauf nicht wieder die eben noch standhaften Erfahrungen diskreditiert? Wir stehen also, scheint es, in endlosen und unvernünftigen Relativismen und verstehen nicht, wie die in all den Erfahrungen gesetzte Natur in wahrhaft gültiger Weise gesetzte sein kann. Wir verstehen nicht die letzten Gründe naturwissenschaftlicher Wahrheit. Nun kommt man vielleicht mit der Wahrscheinlichkeit und sagt: Absolut sicher ist die Natursetzung nicht, aber w a h r s ch e in lich ist sie; und dass der Lauf der weiteren Erfahrung nicht beliebig vonstatten gehen und unsere Vermutungen nicht konsequent aufheben wird, das ist uns sicher, nämlich enorm wahrscheinlich aufgrund des Verlaufs bisheriger Erfahrung.

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sie existieren aber nicht, und sie werden diskreditiert durch so genannte normale Erfahrungen und ihren Zusammenhang. Die Normalität ist aber kein innerer Charakter der einzelnen Erfahrungen an und für sich, ebenso wenig die Abnormalität. Normalität besagt Geltung, und Erfahrungsgeltung muss sich allererst bewähren. Das geschieht im Erfahrungszusammenhang, der als Geltung ausweisender sicherlich seine Regeln haben wird.1 Ohne uns in nähere Betrachtung solcher erfahrungslogischen Regeln einlassen zu müssen, merken wir hier unbehagliche Schwierigkeiten. Die letztgrundlegenden Erfahrungen, die letzten Träger aller Naturerkenntnis sind also Wahrnehmungen, die einzeln genommen niemals die Gewähr für das Dasein der wahrgenommenen Dinglichkeit übernehmen können. Aber es sind doch Wahrnehmungen. Was ist Wahrnehmung anderes als das Bewusstsein unmittelbarer Selbsterfassung des Gegenstandes! Der Gegenstand bezeugt sich in der Wahrnehmung, weil sie Selbsterfassung des Gegenstandes ist. Als das gibt sie sich doch! „Da ist selbst der Gegenstand“: ich nehme ihn nicht hypothetisch und indirekt denkend an, ich habe ihn selbst leibhaft, in eigener Person gegeben; selbstfassendes Bewusstsein, das ist Wahrnehmung. In der empirischen Wahrnehmung heißt es aber: Der Gegenstand braucht in Wahrheit nicht zu sein. Das gilt von jeder empirischen Wahrnehmung. Erst der fortlaufende Erfahrungszusammenhang muss sie bewähren, von ihm hängt die Entscheidung über die Wirklichkeit des vermeintlich selbsterfassten Dinglichen ab. Dieser Zusammenhang aber ist nie abgeschlossen. Er läuft in infinitum weiter. Immer ist es denkbar, dass er in einer Weise abläuft, die das Eingeständnis fordert: „Es war eine bloße Halluzination.“ Es mag unwahrscheinlich sein, z.B. mag es töricht sein anzunehmen, das Dasein der Sonne, die Existenz von Göttingen, unseres Auditoriums sei bloße Illusion; aber wie groß auch die Unwahrscheinlichkeit ist: denkbar bleibt es immer, dass die betreffenden Wahrnehmungen schließlich doch aufgehoben werden hinsichtlich ihrer Geltung. Es ist absolut ausgeschlossen, dass Wahrscheinlichkeit sich in absolute Gewissheit verwandelt, die jeden Zweifel als sinnlos erscheinen ließe, eben weil wir über bloße empirische Wahrnehmungen nicht hinauskommen, deren jede an sich betrachtet nicht das ist, was sie zu sein scheint: wirkliche Selbsterfassung des Gegenstandes. Von da aus werden wir aber weitergetrieben. Hier scheint ja ein ganz irreparabler Mangel der Naturerkenntnis überhaupt vorzuliegen. Ist Natur an keinem Punkt wahrhaft selbstgegeben, kein Ding, kein dinglicher Zusam1 Gestrichen Also das im geregelten Erfahrungszusammenhang Sich-bewährt-Haben und immerfort Bewähren macht die Normalität aus.

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menhang: wie können wir Natur mit Vernunftgründen auch nur vermuten? Ein vernünftiger Wahrscheinlichkeitsschluss begreift sich als Induktion und Analogie, wenn wir von Selbstgegebenem auf Nichtgegebenes schließen. Wo aber gar keine Selbstgegebenheit vorliegt: wie kommen wir da überhaupt zur Annahme einer Natur an sich und zu ihrer vernünftigen Begründung? Springt etwa göttliche Offenbarung ein? Ist es nicht möglich, dass am Ende gar keine dingliche Wirklichkeit ist, während doch die Wahrnehmungen in so und so zusammenhängenden Reihen ablaufen? Und haben die Regeln der Wahrscheinlichkeit nicht die bloße Funktion, uns im Zusammenhang der Erscheinungen zu orientieren, unsere Erwartungen hinsichtlich der künftig kommenden Wahrnehmungen zu regulieren, uns vor Enttäuschungen zu behüten usw.? Wir stehen in einem endlosen Relativismus von Erfahrungen und kommen darüber nie hinaus. Andererseits1 unterscheidet doch die Naturwissenschaft Erfahrungen und erfahrene Dinge und prätendiert, Wissenschaft eines Ansich, also unabhängig von aller menschlichen Erkenntnis da seienden Natur zu sein. Wie ist das zu verstehen? Beilage: Muss hier nicht so fortgesetzt werden? Man könnte sagen: Gewisse Wahrnehmungen haben einen Vorzug vor anderen, nämlich, dass sie, wenn auch nicht in absoluter Gewissheit, so doch durch einen Charakter berechtigter Vermutung das Sein von entsprechenden Dingen gewiss machen und rechtmäßiges Sein ausweisen. Ferner: Oben hieß es: Die einzelne Wahrnehmung macht es nicht, sondern der Zusammenhang der Erfahrungen, und dieser Zusammenhang sei nie abgeschlossen. Es kann aber auch hinzugefügt werden: In dem und gerade dem Zusammenhang gewinnt die einzelne Wahrnehmung, Erinnerung, Erwartung den Charakter der Vernünftigkeit, den Charakter vernünftiger Vermutung. Aber das reicht, scheint es, nicht aus, ja verstärkt die Zweifel. Selbst wenn irgendein Zusammenhang feste Gewissheit, d. h. solche gäbe, die keinen Zweifel aufkommen lässt, und selbst wenn man irgendeine einzelne Wahrnehmung aufzuweisen suchte, die den Charakter vernünftig fester Gewissheit mit sich führen würde, so ergibt sich der Zweifel: Wie ist es prinzipiell zu verstehen, dass Erfahrung, als Wahrnehmung, Erinnerung usw., etwas verbürgen soll, was nicht Wahrnehmung etc. ist und was darin nicht selbst vorfindlich ist. Was nützt der Rekurs auf den Charakter der Evidenz, gleichgültig ob Evidenz der Gewissheit oder Evidenz der Wahrscheinlichkeit. Es ist eben ein Charakter. Könnte es nicht sein, dass kein Ding existiert, 1 Dieser Satz ist Veränderung für weil eben keine echte Wahrnehmung darin auftritt, die uns das Ding zu wahrer und wirklicher Selbstgegebenheit bringt. Ja gäbe es hinsichtlich der Natur echte Wahrnehmung, in der Dinge, die da sind und so, wie sie an sich sind, direkt gefasst würden, dann böte sie der Naturerkenntnis einen absoluten Boden; die Möglichkeit einer Naturwissenschaft als Wissenschaft einer an sich seienden Dingwirklichkeit böte kein solches Rätsel.

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nie und nirgends, während die Wahrnehmungen ihre Marken hätten: „evident“, „wahrscheinlich“ etc. Also das Problem ist schon als Problem der Transzendenz charakterisiert.

Nach all dem müssen wir sagen: Die Möglichkeit von Naturerkenntnis überhaupt ist ein Rätsel, und dieses Rätsel kommt uns erst zum Bewusstsein, wenn wir, aus dem Zusammenhang des natürlichen Erkennens heraustretend, über die in ihm überall naiv vollzogene Natursetzung, die mit jeder empirischen Wahrnehmung neu anhebt, reflektieren. Wir sind da in einer sonderbaren Situation. Innerhalb der naturwissenschaftlichen Erkenntnis stehend empfinden wir gar keine besonderen Schwierigkeiten, es sei denn die der noch ungelösten Probleme, die uns gerade forschend bewegen. Soweit die Wissenschaft entwickelt ist, so weit finden wir alles in Ordnung. Wir erleben die Evidenz des Verfahrens, wir zweifeln nicht, dass Natur ist, an sich ist, und sich in dieser Weise bestimmt, wie sie da bestimmt ist, sei es auch mit einer Wahrscheinlichkeit, die künftigen Modifikationen der gewonnenen Theorien bei Erweiterung des Erfahrungskreises Möglichkeiten offen lässt. Sowie wir aber Reflexionen der angegebenen Art vollziehen, geraten wir in Verlegenheiten.1 1 Gestrichen Ist nicht die ganze Annahme einer dinglichen Wirklichkeit etwas Unbegründetes und niemals zu Begründendes? In diesem Relativismus der Wahrnehmung kommen wir doch niemals an die Dinge selbst heran! Es mag sein, dass die Wahrnehmungszusammenhänge unter Regeln stehen, denen folgend wir möglichst der Enttäuschung entgehen und unsere erfahrungsmäßigen Suppositionen, unsere Erwartungen des Seienden und Werdenden sich in immer weiterem Umkreis bestätigen und wir es in immer weiterem Maß vermeiden, unsere ursprünglichen erfahrungsmäßigen Annahmen wesentlich zu modifizieren. Aber kommen wir damit über die Gesetzmäßigkeiten unserer Wahrnehmung hinaus und irgend je an wirklich seiende Dinge? Gäbe es Wahrnehmungen von Natur in dem strengen Sinn einer unmittelbaren Erfassung von Dinglichkeiten an sich selbst, wären also einerseits Dinge und andererseits Wahrnehmungen, die sie so, wie sie an sich sind, direkt fassten, eben wahrnehmen, dann hätte, scheint es, Naturerkenntnis ihr absolutes Recht und ihren absoluten Boden. Scheinwahrnehmungen wären nicht von demselben immanenten Charakter der echten und rechten Wahrnehmungen, sondern etwa phantastische Bildungen, die durch Unachtsamkeit mit Wahrnehmungen verwechselt würden, mit denen sie bestenfalls ähnlich wären. W Wie die Sachen aber liegen, sind Wahrnehmungen, möchte man sagen, gar nicht Wahrnehmungen im vollen Sinn, die wahrgenommenen Dinge wirklich direkt und selbst fassende Akte, vielmehr Akte, die bestenfalls so etwas wie Bilder, aber nicht Dinge selbst fassen. Diese Bilder oder, wie man auch sagen kann, Erscheinungen sind wie die Akte, scheint es, etwas gänzlich „Subjektives“; und nun wird es rätselhaft, wie solche Bilderzusammenhänge, auch wenn wir Erfahrungsprinzipien hinzunehmen, je ein Recht geben sollen, wirkliche Natur anzunehmen, wo doch Natur niemals zur wirklichen Selbstgegebenheit gekommen ist. Könnten nicht all die Erscheinungen, all die Wahrnehmungen mit ihrem Erscheinungsgehalt im Bewusstsein genau so ablaufen, wie sie es tun, ohne dass eine außerbewusste Wirklichkeit ist? Der Vorläufer des gestrichenen Textes lautet Scheinwahrnehmungen wären

mathematik, reine logik, reine ethik

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Mathematik, reine Logik, reine Ethik Das passiert uns aber nicht bloß bei den Naturwissenschaften. Es geht uns mutatis mutandis ähnlich auch bei den mathematischen Wissenschaften und bei den logischen und ethischen Disziplinen,1 kurz überall. Zu einem Teil rührt dies davon her, dass ursprünglich alle Wissenschaften auf Natur bezogen worden sind: die Mathematik als Hilfsmittel der quantitativen Erkenntnis der Naturobjekte und -vorgänge, die Logik als praktische Disziplin, die uns Menschen mit unseren empirischen Erkenntnisdispositionen in unseren methodischen Verfahrungsweisen zur Erreichung der Wahrheit fördern will, die Ethik ebenso uns fördern will in unserem vernünftigen praktischen Verhalten.2 Was die Mathematik anlangt, so schied sich schon früh reine und angewandte Mathematik, von denen die reine, ohne Rücksicht auf praktische Anwendungen und auf Anwendungen zu Zwecken der Naturerkenntnis, die Gesetzmäßigkeiten der reinen Zahl, der reinen Kombination, des reinen Raumes, der reinen Bewegung usw. erforscht. Ebenso hat man versucht, eine reine Logik zu begründen, welche ohne Hinblick auf die in der Psychologie erforschten Eigenheiten menschlicher Erkenntnisdispositionen a priori herausstellen will, was von Sätzen als solchen, von Schlüssen als solchen u.dgl. hinsichtlich ihrer Form ausgesagt werden kann, wenn sie gültige Sätze dann höchstens möglich als Verwechslung von inhaltlich verwandten phantasieartigen Akten mit den echten Wahrnehmungen. Wie die Sachen aber liegen, beruht Naturwissenschaft gar nicht auf echten, die Natur selbst in wahrem Sinn gebenden Wahrnehmungen. Die empirischen Wahrnehmungen geben nicht die Dinge selbst, sondern so etwas wie Bilder der Dinge, und jedem supponierten Ding entspricht eine Mannigfaltigkeit, ja genau besehen eine unendliche Mannigfaltigkeit solcher Bilder. Natürlich sind diese, wie die Wahrnehmungsakte überhaupt, etwas gänzlich Subjektives. Wie sollen aber solche Bilderzusammenhänge, solche Verläufe von bloßen Wahrnehmungserscheinungen, auch wenn wir die regelnden Erfahrungsprinzipien hinzunehmen, je ein Recht geben, eine ihnen transzendente Natur anzunehmen? Könnten nicht all die Erscheinungen ablaufen, wie sie faktisch ablaufen; könnte die Form ihres Ablaufs, wie es faktisch der Fall ist, unsere Vermutungen in Beziehung auf das Künftige bestimmen, und als vernünftige Wahrscheinlichkeiten bestimmen, während eine an sich seiende Wirklichkeit gar nicht ist? 1 Randbemerkung (später) Logik 13, 14, 22 f. (S. 20, 21 und 34). 2 Gestrichen Bis zum heutigen Tage stehen viele Forscher unserer Zeit immer noch auf dem Standpunkt, dass alle Wissenschaften Erfahrungswissenschaften sind. Erkennt man an, was allerdings nicht wenige Forscher durchaus nicht sehen wollen, dass alle diese Disziplinen sich scheiden lassen in reine und auf Natur angewendete (sei es auf physische Natur, sei es auf menschliche Verhaltungsweise), so dass die reinen jede Erfahrungssetzung ausschließen, so gerät man doch auch bei diesen bei der Reflexion über ihre Erkenntnisweise in Verlegenheit. Es soll sich um apriorische Disziplinen handeln, ihre Grunderkenntnisse sollen absolut gelten, unabhängig von aller Erfahrung.

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bzw. Schlüsse sollen sein können. Und wieder sollte eine reine Ethik und Wertelehre etabliert werden, welche es mit den reinen Werten, dem reinen Willen u.dgl. zu tun habe. Indessen scheint auch nach solcher Aussonderung reiner Disziplinen bzw. rein mathematischer, rein logischer, rein ethischer Gesetze die Beziehung zur Natur nicht völlig abgeschnitten zu sein, wie denn nicht wenige Forscher in solchen reinen Disziplinen nichts anderes sehen wollen denn höchst abstrakte Naturwissenschaften. Es ist hier weder möglich noch nötig, auf die endlosen Streitigkeiten um den eigentlichen Sinn der mathematischen, logischen, ethischen Erkenntnis einzutreten. Nur flüchtig hinweisen möchte ich darauf, dass die Schwierigkeiten, in welche uns diese Wissenschaften verwickeln, sowie wir sie zu Objekten der Reflexion machen, nicht bloß mit den Natursetzungen zusammenhängen, die evtl. in diesen Wissenschaften, sei es rechtmäßig, sei es unrechtmäßig vollzogen werden, aber wohl mit solchen, welche die Reflexion als natürliche Reflexion hereinbringt. Es genüge, auf die formale Logik hinzublicken, deren so genannte Denkgesetze eine absolut universelle Bedeutung haben, sofern sie sich auf alles Denken überhaupt, auf alle und jede Wissenschaft also, beziehen. Die1 zunächst ganz selbstverständliche Interpretation dieser Gesetze als psychologischer, als Gesetze, welche es mit allgemeinen Eigentümlichkeiten der menschlichen Erkenntnis zu tun haben, führt auf die radikalen Widersinnigkeiten des Psychologismus. Im ersten Band meiner Logischen Untersuchungen habe ich alle irgend nötigen Nachweisungen zu geben versucht, und Sie mögen da das Nähere lesen. Von vornherein müsste das eigentlich klar sein: Wer da sagt, Gesetze, wie das vom Widerspruch und ausgeschlossenen Dritten, brächten Besonderheiten der menschlichen Natur zum Ausdruck, muss auch die Möglichkeit anerkennen, dass eine Änderung dieser menschlichen Natur im Kampf ums Dasein, im Fortgang der naturhistorischen Artenentwicklung auch zur Änderung der logischen Gesetze führen könnte. Jedenfalls liegt im Sinne seiner Behauptung die Möglichkeit einer Natur, in der „unsere“ logischen Gesetze nicht gelten würden. Andererseits ist es evident, dass mit der Aufhebung der absoluten Geltung der logischen Gesetze auch die ganze Naturwissenschaft, die Lehre von der Entwicklung der Arten, kurz alle und jede Erkenntnis aufgehoben wäre aller und jeder auf Wahrheit Anspruch erhebenden Behauptung. Auch die Aussage des Psychologisten: „Dass ‚unsere‘ logischen Gesetze nicht gelten, ist eine Möglichkeit, sie gelten nur faktisch in der gegebenen Natur“: Auch diese Aussage will eine 1

Randbemerkung (später) Logik. Nochmals und anders: 22 f., 13 ff. (S. 34 f. und 20 f.).

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Wahrheit haben und setzt schon die Geltung der logischen Gesetze voraus. Diese Gesetze sagen ja nichts anderes aus, als was zum Sinn von Wahrheit gehört, was zu leugnen eben den Sinn des Wortes „Wahrheit“ aufheben würde. Und demgemäß ist es reinster Widersinn, Verletzung eben des Sinnes des Wortes „Wahrheit“, wenn man sagt: „Logische Gesetze gelten, aber nur faktisch, nur für uns Menschen, bei unserer psychischen Konstitution.“ Auf der anderen Seite hat die Abweisung der psychologischen Interpretation des Logischen etwas sehr Befremdliches. Wie sollen Denkgesetze etwas anderes als Gesetze des Denkens sein? Und sagt man für gewisse Gruppen von logischen Gesetzen, sie seien Gesetze, die sich auf Sätze beziehen, Sätze aber seien keine Urteilsakte, so wird man doch fragen: Sind Sätze nicht Urteilsinhalte, und wie sollen Urteilsinhalte ohne Urteile sein? Sollen wir etwa zu den berüchtigten platonischen Hypostasierungen von Denkinhalten zurückkehren? Ähnliche Schwierigkeiten bestehen offenbar hinsichtlich der Arithmetik. Die Zahl, die reine Zahl, ist etwas im Zählen Gegebenes und durch Abstraktion vom Gezählten uns bewusst werdend. Also es ist ein psychisches Gebilde. Ist also die Arithmetik eine Art Psychologie? Und wie versteht sich die objektive Bedeutung der Zahl als quantitative Charakteristik von Naturseiendem? Oder ist mit Mill die Zahl eine physische Tatsache? Doch genug daran. Wir sehen, dass die mathematischen und logischen Erkenntnisse, die so genannten apriorischen überhaupt, ihre eigenen Verlegenheiten und Schwierigkeiten mit sich führen, mögen wir sie nun den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen unterordnen oder sie von diesen als reine und wirklich apriorische trennen wollen. Diese Verlegenheiten entspringen erst aus der Reflexion. Im Mathematisieren lebend stören uns solche Schwierigkeiten gar nicht. Wir erleben hier im denkbar größten Maß die Evidenz, die uns der Triftigkeit unserer Deduktionen versichert. Die Mathematik gilt ja gerade als Muster wissenschaftlicher Strenge. Solange wir in ihr stehen, gibt es keine anderen Schwierigkeiten als die der noch ungelösten Probleme. Die vollendeten Theorien aber studierend sind wir voll befriedigt. Es fehlt uns nichts. Sowie wir aber zu reflektieren beginnen, wird die mathematische Erkenntnis und der eigentliche Sinn ihrer Leistungen problematisch. Während wir sicher sind, hier in der Tat Wahrheit zu erkennen und streng zu begründen, verstehen wir in der Haltung der Reflexion die Möglichkeit und den Sinn dieser Erkenntnis nicht. Es erwachsen hier unabweisbare Fragen, deren Beantwortung uns in Widersinnigkeiten zu verwickeln scheint; Fragen, die aber beantwortet werden müssen, wenn wir nicht in lächerlichster Weise einen Sinn des in der Mathematik Festgestellten

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verfehlen sollen. Ebenso bei der Logik, von deren richtiger Interpretation schließlich die Interpretation aller Wissenschaft überhaupt wesentlich bedingt ist. Die Reflexion aber, die bei diesen apriorischen Disziplinen in Schwierigkeiten und Verlegenheiten verwickelt, hat den Charakter natürlicher Reflexion, d. h. wie sonst im natürlichen Denken gilt die Natur, gilt das Dasein des Erkennenden mit seinen Akten in der Natur als eine selbstverständliche Vorgegebenheit, und es wird zudem irgendwie in verkehrter Weise mit dieser Voraussetzung oder unter dieser Voraussetzung operiert, so dass Widersinnigkeiten hervorgehen, deren Auflösung nicht ganz leicht zu sein scheint, da sie, historisch kaum widerlegt, sofort wieder aufschießen. Es wird auf diese Weise klarzumachen sein, dass Erkenntnis in allen ihren Gestaltungen, nicht nur als niederer, sondern als wissenschaftlicher Erkenntnis, und in Form aller Typen von Wissenschaften, Probleme darbietet, die uns des Besitzes dieser Wissenschaften nicht froh werden lassen. Die Probleme erstrecken sich auch auf die Wertewissenschaften, sofern sie überhaupt Wissenschaften sind, also dem allgemein Logischen nach. Es erstrecken sich aber auf das Wertegebiet spezielle Probleme, sofern es in der Reflexion die größten Schwierigkeiten macht zu verstehen, wie z.B. das ethische Bewusstsein den Anspruch darauf erheben kann, etwas als absolut Gesolltes zu charakterisieren, sozusagen als eine Objektivität, die doch keine Naturobjektivität sein soll.1 Erkenntnisprobleme Wir haben in den letzten Vorlesungen von den empfindlichen Verlegenheiten gesprochen, in die uns die natürliche Erkenntnis insofern verwickelt, als sie überall die eine allumfassende Natur als eine unmittelbare Gegebenheit behandelt, die bloß nach den jeweilig in Betracht gezogenen besonderen Dinglichkeiten näher zu bestimmen sei. Auch die Naturwissenschaften, die hoch gerühmten exakten Naturwissenschaften nicht minder als alle anderen, sind hinsichtlich ihrer letzten Begründung mit einem gewissen Mangel behaftet. Solange wir uns im naturwissenschaftlichen Erkennen bewegen, 1 Notizen zur Vorlesung Ansichsein der Natur, gefasst in der Erkenntnis. Unmittelbare Erfahrung – unmittelbar Zu-eigen-Werden des Gegenstandes. Descartes’ Meditationes. Identität. Gegenstand = Identisches. Die formale Logik: Bedingungen der Möglichkeit der Identität. Identität in der Veränderung. Identität in der Zeit. Identität im Wechsel der Relationen. Identität als Subjekt mannigfaltiger Eigenschaften (innerer Beschaffenheiten). Identität als Substrat mannigfaltiger Erscheinungen mit Beziehung auf mannigfache Ichsubjekte der Erfahrung.

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finden wir zwar alles verständlich und verständig, wir finden alles von einer inneren Klarheit und Rationalität durchleuchtet, die keine anderen Wünsche unbefriedigt lässt, es sei denn die nach Erweiterung der Theorien, nach Lösung der noch ausständigen naturwissenschaftlichen Probleme. Sowie wir aber zu reflektieren und die Möglichkeit naturwissenschaftlicher Erkenntnis als Erkenntnis an sich seiender Natur zu erwägen beginnen, erscheint jene Rationalität als durchaus unbefriedigend, sie erscheint von einer gewissen Irrationalität völlig durchtränkt. Wieweit wir Naturwissenschaft auch fortentwickelt, welche Füllen ungelöster Probleme wir noch gelöst denken: die Irrationalität, von der die Rede ist, wird dadurch nicht im Mindesten gemildert. Sie gehört sozusagen einer Dimension an, die im natürlichen Denken, im natürlichen Forschen und Theoretisieren gar nicht fühlbar wurde. Was uns da in steigendem Maße beunruhigt, ist die Unfähigkeit, über das Verhältnis der Erkenntnis zur an sich seienden Natur klare Auskunft zu geben. Wir verstehen nicht, wie eine Natur, die an sich sein soll gegenüber der Erkenntnis, also ihr transzendent, im Erkenntniszusammenhang zur Gegebenheit kommen soll. Niemals fällt ein dingliches Ansich, etwas, was ist, was es ist, ob es erkannt wird oder nicht, in die Erkenntnis so, dass es wirklich ihr unmittelbares Eigen wird, also niemals so, dass es in der Wahrnehmung, obschon sie Selbstfassung des Dinges zu sein vorgibt, wirklich gefasst und somit im Griff der unmittelbaren Erkenntnis in sie hineingezogen wird. Und erst recht gilt das von der mittelbaren Erkenntnis. Wie kommt also Erkenntnis als naturwissenschaftliche Erkenntnis überhaupt dazu, Ansichsein zu setzen und gültig zu setzen? Was ist dieses erkenntnismäßige Setzen und erkenntnismäßige Sichausweisen an sich seiender Gegenständlichkeit? Ist in der Naturerkenntnis Natur und dingliches Sein in der Natur rechtmäßig gesetzt und mit unanfechtbarer Rationalität bestimmt: Wie ist dieses Ansichsein der Naturerkenntnis zu verstehen?1 Einen guten Sinn muss doch natürliche und speziell naturwissenschaftliche Erkenntnis haben. Wer sie studiert und in der Größe ihrer Leistungen kennen gelernt hat, kann ja nicht, wie es im Altertum noch möglich war, daran zweifeln, ob Natur überhaupt erkennbar, ob Naturwissenschaft als wirkliche und echte Wissenschaft möglich sei. Die Reflexion rollt aber das Erkenntnisproblem auf. Es kommt uns zum Bewusstsein, dass es ein Problem sei zu verstehen, wie Naturerkenntnis, Naturwissenschaft möglich sei, und dass die Sicherheit der Überzeugung, da ss sie es sei, uns hier nicht das Mindeste helfe. Ja wir müssen 1 Gestrichen Wie ist sein durch die Erkenntnismeinung selbst doch vorgezeichneter Sinn zu bestimmen und vor allen Verkehrtheiten reflektiver Interpretation zu bewahren?

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es uns eingestehen, dass das Problem des Wie nicht gleichgültig ist für das Problem des Dass bzw. des Was; deutlicher gesprochen: Sowie Antworten auf das Erkenntnisproblem versucht werden, merken wir, dass die identisch festgehaltene Naturwissenschaft, was den Sinn der in ihr erforschten Natur anlangt, verschiedene Interpretationen zulässt und dass erst nach der Lösung der Probleme naturwissenschaftlicher Erkenntnis eine letzte Sinnesbestimmung erfolgen kann, welche erforderlich ist, damit Naturwissenschaft auf den Stand absoluter Wissenschaft erhoben werden kann. Mit anderen Worten: Es stellt sich heraus, dass Naturwissenschaft noch nicht Wissenschaft im letzten Sinn ist, sofern nämlich die Probleme neuer Dimension, die sich auf die Korrelation zwischen Naturerkenntnis und Natur beziehen, wesentliche Bedeutung haben für die Charakteristik des Seins selbst, die sie erforscht: eine Charakteristik, die aber gänzlich außerhalb der naturwissenschaftlichen Domäne liegt. Das aber besagt: Es bedarf einer endgültigen Seinswissenschaft, einer Metaphysik, neben und über den Erfahrungswissenschaften als Wissenschaften von der Natur. Die Rede vom „natürlichen Denken“ bezogen wir bisher vorwiegend auf die Naturerkenntnis, auf vorwissenschaftliche oder wissenschaftliche. Indessen, natürliches Denken und Erkennen charakterisiert sich allgemeiner (wie schon gelegentlich berührt worden) als ein solches, dem die Probleme, die wir allgemein die erkenntnistheoretischen nennen, noch nicht aufgegangen sind. Solche Erkenntnisprobleme bietet nicht nur die Naturerkenntnis. Es gibt ja noch andere Erkenntnis denn Naturerkenntnis, es gibt noch andere Wissenschaften als Naturwissenschaften. Von der Mathematik haben wir letzthin schon gesprochen und ebenso von der Logik.1 Auch diese Wissenschaften setzen, trotz der sie durchwaltenden Rationalität, in Verlegenheiten, sowie die Reflexion sich auf sie richtet. Wir hörten, in welche Widersinnigkeiten man sich dabei verflicht, wenn man der natürlichen Neigung folgt, logische und mathematische Gesetze zu psychologisieren oder sonstwie auf Naturtatsachen zu reduzieren. Die Schwierigkeiten sind nun nicht etwa beseitigt, wenn man auf indirektem Wege, nämlich eben durch Nachweisung widersinniger Konsequenzen, den Psychologismus und Naturalismus in der Interpretation dieser Disziplinen widerlegt. Das Zugeständnis, es handle sich hier um keine empirischen, sondern um apriorische Wissenschaften, um Erkenntnisgebiete, die nichts von einer Natursetzung enthielten, um Wissenschaften von idealen Einheiten u.dgl.; ich sage: dergleichen Zugeständnisse, so notwendig sie sind, ändern doch daran nichts, dass wir in der Reflexion 1

Randbemerkung (später) Wieder Logik (Kunstlehre 13 f.), 19 f. (oben S. 20 f. und 30 f.).

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das Wesen und die Möglichkeit logisch-mathematischer Erkenntnis nicht verstehen. Auch hier wird z.B. in der Erkenntnis ein „Ansich“ erkannt; jede Zahl, jeder auf Zahlen bezügliche mathematische Sachverhalt ist gegenüber der wirklichen und je möglichen Erkenntnis ein Ansich, d. h. es sind so etwas wie Objektitäten, die sind, was sie sind, ob sie erkannt werden oder nicht.1 Und wenn die Logik von Sätzen rein an sich handelt, von Wahrheiten an sich, von Schlüssen und Beweisen in reiner Idealität, so ist das Ansich in gleichem Sinn zu verstehen. Aber wer macht es uns klar, wie z.B. der pythagoreische Lehrsatz, der doch der Erkenntnis gegenüber an sich ist, in die Erkenntnis sozusagen hineinkommt und da zu einem Gegebenen und Erkannten wird? Die Erkenntnis, das ist irgendein einzelner flüchtiger Akt oder Aktzusammenhang, ein Abfluss von Erlebnissen. Ist der pythagoreische Lehrsatz in der Erkenntnis darin, als ein Teil, als ein Moment derselben? Aber dann müsste er doch mit der Erkenntnis entstehen und vergehen. Dann müsste die pythagoreische Wahrheit sich mit den Erkennenden und Erkenntnisakten vervielfältigen: was doch keinen Sinn zu geben scheint. Und wie ist diese Sorte von Objektivitäten, die da ideale Gegenständlichkeiten heißen: Sätze, Zahlen, Mannigfaltigkeiten, im Verhältnis zu Naturobjekten zu charakterisieren? Kann man sie überhaupt als Objektivitäten gelten lassen? Ist nicht alles, was der Erkenntnis als „Ansich“, als unabhängig seiender Gegenstand gegenübergesetzt wird, notwendig ein Reales? Ein Dingliches? Den meisten scheint das selbstverständlich, da sie sich sagen: Erkenntnis ist ein Psychisches, außer dem Psychischen ist natürlich nur Physisches oder anderes Psychisches. Kurzum, Natur ist die einzige Wirklichkeit, die einzige seiende Gegenständlichkeit. Ideale Gegenständlichkeiten, Gegenständlichkeiten, die nichtreale, nichtdingliche Seiende sein sollen, das wird als verkehrte platonische Hypostasierung gebrandmarkt. Wie immer, wenn es das ist, so muss es doch deutlich gemacht werden. Und mit der Erforschung der Wesensverhältnisse zwischen apriorischer Erkenntnis und dem darin Erkannten muss auch der echte und rechte Sinn eben dieser erkannten apriorischen oder idealen Gegenständlichkeiten herausgestellt und vor Missdeutungen bewahrt werden. Es ist ferner auch klar, dass die Erkenntnisprobleme, die uns die logische Erkenntnis aufgibt, keinen speziellen, sondern einen ganz universellen Charakter haben. Und Ähnliches gilt von der mathematischen, zumal wenn wir die mathematische als formal-mathematische verstehen. In allen Wissenschaften wird geurteilt, in allen werden Aussagen gemacht, und diese 1

Gestrichen Ebenso verhält es sich mit geometrischen Allgemeingültigkeiten.

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Aussagen haben einen Sinn und wollen gelten. Der Sinn der Aussage ist aber das, was man Satz nennt. Logische Gesetze, die apriorische Bedingungen für die Möglichkeit der Geltung von Sätzen aussprechen, beziehen sich auf die Sätze aller Wissenschaften und somit auf alle Erkenntnisse im prägnanten Sinn, als welche eben Urteile sind. Und da stoßen wir auf neue Merkwürdigkeiten der Erkenntnis und auf Probleme, die sich auf alle Erkenntnis überhaupt beziehen: nämlich, dass eben Urteile nicht nur Beziehung haben auf Urteilsgegenständlichkeiten (z.B. auf die Natur und Sachverhalte der Natur in der Naturwissenschaft), sondern dass sie in sich so etwas wie einen idealen Sinn bergen sollen, einen Satz, und dass sie nur durch das Medium dieses idealen Sinnes sich auf Gegenständliches beziehen; und weiter, dass die Gültigkeit dieser Beziehung abhängt von der Innehaltung der auf den Sinn bezüglichen logischen Gesetze. Das sind wunderbare Verflechtungen, die aufgehellt werden müssen, wenn wir verstehen sollen, was darin liege, dass Erkenntnis in Form von Wissenschaften sich in „triftiger“ Weise an sich seiender Gegenständlichkeit bemächtigen könne. Logische Probleme sind allgemein wissenschaftstheoretische Probleme, und die Probleme der Möglichkeit logischer Erkenntnis, bzw. Probleme ihres Wesens, sind eo ipso Probleme der Möglichkeit und des Wesens wissenschaftlicher Erkenntnis überhaupt. Sie betreffen also auch die Naturerkenntnis und fügen zu den von uns hervorgehobenen Problemen neue hinzu. Ähnliches gilt von der formalen Mathematik, in der ich nichts anderes sehen kann als ein höheres Stockwerk sozusagen der logischen Wissenschaft. Die durchgeführten Betrachtungen genügen sicherlich, um das Ergebnis so zu fassen: Alle im natürlichen Erkennen erwachsenen Wissenschaften, gleichgültig wie es mit der Höhe ihrer Entwicklungsstufe stehe, können letzten theoretischen Bedürfnissen nicht genügen. Überall zwingt uns die aus der Linie der natürlichen Erkenntnishaltung heraustretende Reflexion Probleme eines und desselben Typus auf: Probleme, die sich auf das Wesen der Erkenntnis als Erkenntnis so und so gearteter Gegenständlichkeit beziehen bzw. auf das Wesen solcher der Erkenntnis gegenüber an sich seiender Gegenständlichkeit, sofern sie in der Erkenntnis doch zur Gegebenheit kommen soll. Die Verhältnisse zwischen Erkenntnissen als Akten, den ihnen immanenten und doch idealen Bedeutungen und endlich den in ihnen als Erkenntnissen solcher Bedeutung gesetzten und bestimmten Gegenständlichkeiten an sich sind voll von Unverständlichkeiten. Solange hier nicht volle Klarheit gewonnen, solange diese so genannten erkenntnistheoretischen Probleme nicht gelöst sind, kann von einer endgültigen Seinserkenntnis und speziell Realitätserkenntnis gar keine Rede sein. Wis-

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senschaft im letzten Sinn, absolute Wissenschaft, muss in jeder Hinsicht klar und begründet sein. Sie darf in der Weise ihrer Begründung nicht gar eine ganze Dimension von Unklarheiten übrig lassen, welche mit der Möglichkeit der Erfassung des Erkannten den Sinn desselben wesentlich tangieren. Was nützen uns all die schönen Naturwissenschaften, was die gerühmte Exaktheit der rein mathematischen Disziplinen, wenn uns die Reflexion in immer neue Verwirrung versetzt und wir, immer neue Deutungen der Erkenntnisleistung und des Sinnes möglicher Erkenntnisgegenständlichkeit versuchend, bald in psychologistischen Widersinnigkeiten, bald in Begriffsmythologien zu stranden drohen? Wie sollen wir uns in dieser üblen Situation helfen? Offenbar ist hier das Erste, dass wir in radikaler Weise natürliche Erkenntnis, und somit auch alle natürliche Wissenschaft bis in ihre höchsten Ausgestaltungen hinein, in Frage stellen und somit nie und nirgends aus dieser Sphäre etwas so hinnehmen und so behandeln, als ob es nicht problematisch wäre. In Frage stellen besagt offenbar nicht so viel wie negieren oder auch hinsichtlich der Geltung bezweifeln. Vielmehr will dem Wortsinn nach gesagt sein, dass wir an alle natürliche Erkenntnis, alle natürliche Wissenschaft, ja alle Wissenschaft überhaupt Fragen stellen wollen, dass wir sie zu Forschungsobjekten machen, und zwar in der uns hier interessierenden Richtung: Das Wesen der in ihnen sich betätigenden Erkenntnis, die Möglichkeit der in ihnen vollzogenen Erkenntnisleistungen, den letzten durch Beziehung auf die Erkenntnis herauszustellenden Sinn der erkannten Gegenständlichkeit und was dergleichen Fragen mehr wollen wir zur letzten Klarheit bringen. Da die Unklarheit, die uns beunruhigt, sich nicht speziell an bestimmte einzelne Behauptungen und Theorien der Wissenschaften heftet, sondern alle natürliche Erkenntnis und Wissenschaft überhaupt betrifft, so wird sich die Untersuchung natürlich in einer entsprechenden Höhe der Allgemeinheit zu halten haben. Sie wird sich forschend richten müssen auf die durchgehenden Grundgestaltungen der Erkenntnis überhaupt in ihrer Beziehung auf die Grundgestaltungen erkannter Gegenständlichkeit überhaupt. Mit anderen Worten: Erkenntnistheorie als Wissenschaft bezieht sich auf Erkenntnis überhaupt. Sie ist nicht selbst Metaphysik, sondern das Fundament aller Metaphysik. Nämlich die Anwendung ihrer Ergebnisse auf die bestimmten Wissenschaften und auf die letzte Seinsbestimmung der in ihnen erkannten Gegenständlichkeiten leistet die Reduktion dieser Wissenschaften auf den Stand der absoluten Erkenntnis, und das ist eben metaphysische Erkenntnis in dem von uns bevorzugten Sinn.

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Es ist nun von größter Wichtigkeit, sich über Charakter und Methode der erkenntnistheoretische Probleme lösenden Untersuchungen klar zu werden. Ich meine hier die wirklich lösenden, die wirklich selbst zufassenden Untersuchungen. Denn sich kritisch mit dem Ballast historisch überkommener Erkenntnistheorien abgeben, sie aneinander messen, ihre Widersinnigkeiten da und dort herausstellen, mag ja nicht unnütz sein; aber auf dem bloßen Wege der Kritik zu einer positiven Entscheidung kommen zu wollen, wäre verkehrt, und vor allem darum, weil sich hier ein ungeheures Feld eigentümlicher Forschungen eröffnet, das nur in direktem Zugreifen und mühseligem Durchackern zu unserer Erkenntnis kommen kann. Die Sachen selbst müssen das Maß für alle von oben her entworfenen Meinungen über die Sachen entscheiden. Lassen wir also die Philosophen sich weiter bekriegen, und lassen wir alle ihre Theorien ruhen. Was sind das nun aber für Sachen, wo ist das Feld direkt zugreifender Arbeit, und wie beschaffen ist die von ihnen geforderte Methode? Zunächst möchte man denken, es handle sich um nichts anderes als um eine wissenschaftlich sorgsame Psychologie der Erkenntnis. Erkenntnis ist doch problematisch geworden. Also sehen wir uns die Erkenntnis näher an, durchforschen wir sie. Erkenntnis ist ein Titel für psychologische Tatsachen, wir haben also Psychologie der Erkenntnis als unser Forschungsfeld anzuerkennen. Hier sind wir auf dem Scheidewege. Hier ist die Entscheidung, ob wir den Sinn der uns bestimmenden Problematik reinlich innehalten oder ihn von Grund aus verfehlen sollen. Wir müssen uns beständig unser Prinzip vor Augen halten, das durch die Natur der erkenntnistheoretischen Problematik vorgezeichnet ist. Alle natürliche Erkenntnis, alle natürliche Wissenschaft ist radikal in Frage gestellt und muss daher als problematisch behandelt werden. Was problematisch ist, dürfen wir aber nicht als unproblematisch behandeln. Problematisch ist vor allem die gesamte Sphäre der Naturerkenntnis; in ihr liegen die nächsten und empfindlichsten Motive für die Etablierung einer Erkenntnistheorie. Worauf wir zuallererst stoßen, ist ja das Problem der Gegebenheit einer Natur; somit ist es selbstverständlich, dass wir, wo alle Naturerkenntnis als solche uns problematisch ist, nicht dadurch hoffen dürfen, zu einem Ergebnis kommen und die uns bedrückenden Probleme lösen zu können, indem wir naturwissenschaftliche Ergebnisse hereinziehen, naturwissenschaftliche Forschungen betreiben und so überhaupt uns in eine Erkenntnisstellung begeben, in der Natur als Gegebenheit hingenommen wird, da uns ja diese Gegebenheit überhaupt zum Problem geworden ist. Das gilt nun selbstverständlich auch für die Naturwissenschaft, die wir Psychologie nennen. Erkenntnisse, gefasst

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als Erlebnisse erlebender Individuen, als reale Tatsachen in der Natur, sind, wie alle solche Erlebnisse, Forschungstatsachen der Psychologie. Erkenntnis als meine oder irgendjemandes Erkenntnis, als ein Vorkommnis in der Zeit, derselben einen Zeit, welche Zeit ist der einen Natur, als Vorkommnis in einem menschlichen Bewusstsein, das in seinem psychophysischen Zusammenhang mit menschlichem Leib sich der gesamten psychophysischen Natur einreiht, erforscht die Psychologie; und sie ist Naturwissenschaft, weil sie ebenso gut wie die physische Naturwissenschaft unter den Titeln „äußere“ und „innere Wahrnehmung“ unmittelbare Natursetzung vollzieht und darauf alle mittelbare Naturbestimmung gründet. Ob die Psychologie dabei sich gründet auf Selbstbeobachtung und natürliche Lebenserfahrung oder ob auf Experiment, ist ganz gleichgültig. Psychologie ist Naturwissenschaft, und so ist sie in jedem Schritt behaftet mit dem Stempel des Problematischen. Sie steht in Frage, und folglich kann sie uns kein Fundament bieten. Man kann sich die Notwendigkeit einer Ausschaltung aller naturwissenschaftlichen Voraussetzungen, aller Geltung von Naturwissenschaft überhaupt aus dem Rahmen der hier zu führenden Untersuchungen in verschiedener Weise klarmachen. Zunächst könnte man etwa sagen: Wird es rätselhaft, wie Naturerkenntnis an sich seiende Natur erkennen kann, so ist, solange dieses Rätsel ungelöst bleibt, mindest die prinzipielle Möglichkeit offen – es ist mindest prinzipiell nicht unvernünftig –, die objektive Geltung der Naturwissenschaft zu bezweifeln. Nun ist es klar, dass überall, wo uns ein allgemeiner Zweifel bewegt und seinen vernünftigen Sinn hat, zu seiner Entscheidung nichts benützt werden kann aus der Gesamtsphäre des durch den allgemeinen Zweifel Betroffenen: Jede auf Entscheidung absehende Untersuchung wird vernünftigerweise darauf bedacht sein, nichts im besonderen Fall als geltend anzusetzen, was seiner Geltung nach vom allgemeinen Zweifel betroffen wird. Demnach wird auch erkenntnistheoretisch die Forschung, die auf Wesen und Möglichkeit der Geltung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis überhaupt gerichtet ist, sich nicht als naturwissenschaftliche Forschung etablieren und damit die Möglichkeit naturwissenschaftlicher Forschung als zugestanden voraussetzen dürfen. Man kann aber auch so ausführen: Wer die Schwierigkeiten, mit denen die Möglichkeit naturwissenschaftlicher Erkenntnis behaftet ist, erwägt, braucht persönlich an ihrer Triftigkeit keineswegs zweifelhaft zu werden. Er hält sie fest, aber fordert eine Untersuchung, welche diese Schwierigkeiten aufhellen soll. Eine solche Untersuchung kann unmöglich die Form einer naturwissenschaftlichen Untersuchung haben, also auf Naturobjekte, Naturvorgänge, Naturzusammenhänge gerichtet sein und auf sie bezügliche Wahrheiten

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irgendwie hereinziehen. Denn das ist ja klar, dass wir aus naturwissenschaftlichen Behauptungen wieder naturwissenschaftliche Behauptungen gewinnen werden, dass, was dabei resultieren kann, bestenfalls eine Erweiterung der Naturwissenschaften wäre. Es handelt sich aber jetzt nicht darum, Naturwissenschaft zu erweitern, sondern ein Problem zu lösen, das sich auf alle noch so weit geführte Naturerkenntnis, das sich auf Naturwissenschaft in ihrer ganzen Weite und Vollendung immerfort bezieht. Es handelt sich um den Sinn von Naturwissenschaft überhaupt, um den Sinn und die Möglichkeit der Beziehung von Naturwissenschaft auf die angeblich an sich seiende Natur. Es ist ja auch evident, dass unter dem naturwissenschaftlich Erforschten, also den Vorkommnissen der Natur sich nicht auch so etwas wie Sinn der Natur, Möglichkeit der Erkenntnis von Natur findet. Ich knüpfe hier gleich an: Man darf nicht die Möglichkeit, die hier problematisch ist, mit realer Möglichkeit vermengen. Das Problem der realen Möglichkeit der Erkenntnis ist etwas total anderes als das der erkenntnistheoretischen Möglichkeit. Erkenntnis als Naturfaktum steht nach den Feststellungen der Naturwissenschaft in einem gesetzlichen Zusammenhang, eben dem Naturzusammenhang. Denn Natur ist eine Einheit der Gesetzlichkeit. Psychophysische Gesetze schreiben also vor, welche Erlebnisse in irgendeinem psychischen Individuum unter gegebenen psychophysischen Umständen möglich sind und welche nicht. Das gilt auch für Erkenntniserlebnisse. Hier stehen wir in der Naturwissenschaft; hier gilt sie uns fraglos; hier lassen wir uns von ihren natürlichen und wohl begründeten Überzeugungen leiten. Wenn uns aber Naturwissenschaft überhaupt problematisch ist, nämlich wenn wir nicht verstehen, wie sie gelten kann, wie der Sinn ihrer Geltung oder Geltungsprätention aufzuklären ist: da haben wir keine Natur mehr als fraglose Gegebenheit, und keine fraglos geltende Naturerkenntnis mehr. Da haben wir also nicht mehr Erkenntnisakte als Bestandstücke der psychophysischen Natur gegeben, und keine Naturgesetze gegeben, die die Natur und auch die Erkenntnisakte in der psychischen Natur regeln. Die Möglichkeit der Erkenntnis, die hier in Frage ist, mit der realen Möglichkeit der Erkenntnis verwechseln, die auf die Erkenntnistheorie bezüglichen Probleme durch Rekurs auf den Menschen, auf die psychologische Entwicklung seines Seelenlebens und weiter zurück auf die biologische Entwicklung der Menschheit lösen zu wollen, das ist also purer Widersinn, es ist eine µετβασις in ein anderes γνος von Problemen.1

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Gestrichen Dieser Widersinn aber heißt Psychologismus.

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Durch1 immer erneutes Nachdenken und Klarlegen muss man sich dessen völlig vergewissern, dass sich an die Erkenntnis grundverschiedene Fragen richten und grundverschiedene Forschungen knüpfen lassen. Auf der einen Seite ist unter Erkenntnis ein psychologisches, biologisches, kulturhistorisches Faktum gemeint, das in den entsprechenden Naturwissenschaften bzw. Kulturwissenschaften seine Erforschung findet. Auf der anderen Seite kann Erkenntnis so betrachtet werden, dass alle Faktizität ausgeschieden bleibt in dem Sinn, dass jede Ansetzung von Erkenntnis als Sein einer Natur unterbleibt, genau so, als wäre alle Naturwirklichkeit bezweifelt oder im Sinne des antiken Skeptizismus völlig negiert, oder auch nur völlig außer Betracht bleibend. In letzter Hinsicht erinnere ich etwa an die reine Arithmetik. Die Streitigkeiten um die Art des Seins der Zahlen sind vom Standpunkt der rein arithmetischen Wissenschaft offenbar Privatsache der Streitenden. Ob Zahlen Geschöpfe des menschlichen Geistes sind oder ob sie allgemeine Eigenheiten der physischen wie psychischen Natur zumal ausdrücken oder ob sie auf Natur in keiner Weise Beziehung haben, darüber fordert die Arithmetik selbst keine Entscheidung. Die Setzung von Natur ist keine weder offene noch verschwiegene Voraussetzung, auf sie führt keine noch so minutiöse Analyse der mathematischen Theorien nach Gehalt und Prämissen zurück. So ist es auch mit der erkenntnistheoretischen Betrachtung der Erkenntnis. Eine Forschungsweise muss hier stattfinden bzw. stattfinden können, innerhalb deren jede Setzung von Natur und somit auch jede Ansetzung von Erkenntnis als Vorkommnis im Bewusstsein des und des Menschen, oder von Menschen überhaupt, in der Natur überhaupt, gewissermaßen Privatsache des jeweiligen Erkenntnistheoretikers ist, die den Inhalt der erkenntnistheoretischen Forschung nichts angeht. Oder was auf dasselbe ankommt: 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Durch immer erneutes Nachdenken und Klarlegen muss man sich dessen völlig vergewissern, dass sich an Erkenntnis und Wissenschaft grundverschiedene Fragen richten und grundverschiedene Untersuchungen knüpfen lassen. Erkenntnis und Wissenschaft können naturwissenschaftlich und kulturwissenschaftlich untersucht werden, d. h. wir verstehen unter Erkenntnis einen Titel für gewisse psychische Erlebnisse von Menschen, der bekannten Spezies der oberen Gattung animalia. Wie alle psychischen Erlebnisse fallen diese in den Rahmen der Psychologie. Wissenschaft bezeichnet dann einen Titel für gewisse historische Gebilde menschlichen Gemeinschaftslebens, die teils naturhistorisch nach ihren allgemeinen morphologischen Eigentümlichkeiten, nach ihren Hauptgestaltungen, nach den Entwicklungs- und Umbildungsformen dieser Gestaltungen, nach den psychologischen und psychischen Bedingungen ihrer Entstehung und Veränderung erforscht werden können, andererseits auch mit Hereinziehung axiologischer Gesichtspunkte, unter Hereinziehung logischer Wertmaßstäbe als Kulturgebilde, als spezifisch historische Gebilde betrachtet nach Aufblühen und Verfallen, nach besonderen und allgemeinen Gründen der Entwicklung der in ihnen aufgespeicherten Werte.

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Prinzipiell wird jede in dieser Hinsicht zu vollziehende oder vollzogene Setzung gleichsam eingeklammert, prinzipiell darf sie nicht benützt werden. Aber steuern wir damit nicht auf reine Logik los, könnte jemand denken. Nun hat es doch auch reine Logik in gewisser Weise mit Vorkommnissen der Erkenntnis zu tun, und in einer Haltung, die gerade unserer Forderung entspricht. In der Tat könnte man von der reinen Logik, wenn man sich auch nur ein Stück derselben wirklich reinlich herausgestellt hat, Ähnliches ausführen wie von der reinen Arithmetik: nämlich dass in ihr Natursetzung prinzipiell keine Rolle spielt und jede Hereinziehung solcher Setzung sie insofern verunreinigt, als sie offenbar Außerwesentliches und zum Sinn ihrer Forschungsweise gar nicht Gehöriges mit ihr vermengt. Indessen bedarf es, ohne hier in den Streit der Abgrenzung der reinen Logik und der psychologistischen Interpretation derselben einzugehen, keiner weiteren Ausführung, dass formale Logik nicht die Erkenntnislehre sein und sie jedenfalls nicht voll ausmachen könnte, die wir suchen. Reine Logik handelt ja bloß von den der Erkenntnis einwohnenden Urteilsinhalten, von den Satzbedeutungen. Von den Modis der Naturerkenntnis, z.B. von Wahrnehmung, Erinnerung etc. spricht sie nicht. Ferner, reine Logik und reine Mathematik wurden ja von uns in die erkenntnistheoretische Fragestellung selbst mit einbezogen, wie sie ja auch längst von den skeptischen erkenntnistheoretischen Zweifeln und Bedenken betroffen wurden. Wir können also nicht auf die Logik rekurrieren als ein schon vorgebahntes Stück Erkenntnistheorie, sondern wir müssen völlig reinen Tisch machen. Das Einzige, was wir sicher wissen, ist, dass wir einen Modus der Erforschung der Erkenntnis finden müssen, der Erkenntnis nicht als Faktum der Natur behandelt; und der Hinblick auf reine Arithmetik und reine Logik kann nur dazu dienen, uns für die intendierte Forschungsweise Möglichkeiten ahnen zu lassen. Die cartesianische Zweifelsbetrachtung Die Überlegung, die wir da begonnen haben, wird Sie schon lange erinnert haben an die erste und zweite der Meditationen des Descartes. In der Tat war er der Erste, der die Forderung des absoluten Erkennens an die Spitze der Philosophie gestellt und sie zu befriedigen versucht hat. Leider blieb sie ohne vollkommene Befriedigung in seinem modus procedendi. Denn während er alle Vorgegebenheiten durch das Infragestellen ausschaltete, operierte er sehr bald selbst wieder mit Vorgegebenheiten und verfehlte schließlich den richtigen Sinn seiner ursprünglichen, ihm nicht völlig klar gewordenen Intentionen. In der ganzen Philosophie nach Descartes wurde

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aber die Bedeutung seines Anfangs nicht verstanden und dieser Anfang nicht im echten und notwendigen Sinn fortgesetzt. So fehlte in der Tat der Philosophie der rechte Anfang. Doch darauf wollen wir gemäß unserem Vorsatz, alle Philosophie auf sich beruhen zu lassen, nicht eingehen. Was vom cartesianischen Meditieren in unserem wirksam geblieben ist, wird dem Kundigen durch Vergleichung ohne weiteres deutlich werden. Wollen wir also das Operieren mit Vorgegebenheiten im natürlichen Erkennen einer radikalen Kritik unterziehen, so müssen wir versuchen, sie insgesamt in Frage zu stellen, und obschon Infragestellen, recht verstanden, keineswegs dasselbe besagt wie Bezweifeln, so können wir zunächst ganz wohl die Methode befolgen, es mit dem universellen Zweifel zu versuchen. Noch in der natürlichen Denkhaltung verbleibend, wissen wir ja zunächst, dass in der Tat im einzelnen Fall Erkennen sehr oft vermeintliches Erkennen ist, wir wissen, dass Irrtümer vorkommen. Wir wissen das selbst von der unmittelbaren Erfahrung. Vermeintlich kommen in ihr Naturobjekte zu unmittelbarer Gegebenheit, und in einer Weise, dass jede mittelbare Ansetzung von Naturdasein bei letzter naturwissenschaftlicher Begründung auf unmittelbare Erfahrungen zurückführt. Und trotzdem kann selbst unmittelbare Erfahrung trügen. Ich erinnere nur an Halluzinationen, die in sich ja, in ihrem eigenen Charakter und für sich genommen, von normalen Wahrnehmungen sich in keiner Weise unterscheiden. Jede einzelne Wahrnehmung kann täuschen, so viel an ihr selbst liegt. Ebenso jede einzelne Erinnerung usw. Woher wissen wir, dass nicht in jedem vorliegenden Fall Täuschung vorliegt? Gewisse einzelne Erfahrungen erweisen sich als Scheinerfahrungen durch ihren Widerstreit mit anderen unbestrittenen, oder sagen wir selbst: unbestreitbaren Erfahrungen. Aber woher wissen wir, dass gerade diese vorgegebenen Erfahrungen wirklich unbestreitbar sind? Lassen wir uns durch diese natürlichen Überlegungen verwirren und mindest zum Versuch, zum Ansatz des universellen Zweifels forttreiben! Kann etwas ihm standhalten, und in einer Weise, dass jeder Zweifel an diesem Punkt sich als widersinnig aufhebt? Oder hält gar alles in dieser Weise stand? Das Letztere sicher nicht. Denn jetzt im versuchten universellen Zweifel und in einer Stellung, die jedes natürliche Sein, ja wir können weiter spannen: jedes Sein überhaupt, in Frage stellt, können wir doch hypothetisch ansetzen: Gesetzt, es gäbe eine physische Welt und sie sei erkennbar, und gesetzt, es sei irgendein physisches Ding wahrgenommen oder sonstwie unmittelbar erfahren, dann ist es evident, dass diese Wahrnehmung täuschen kann, dass das wahrgenommene Ding gar nicht zu existieren braucht. Nämlich widersinnig ist der Zweifel offenbar in keinem Fall. Doch genügt es, dass

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wir uns hypothetisch und in der Phantasieanschauung einzelne Beispiele vor Augen halten. Im Übrigen kommt es uns vielmehr jetzt auf die andere These an: nämlich dass es mindest Fälle und allgemeine Klassen von Fällen gibt, wo der Zweifel widersinnig ist. Angenommen, Dinge, Vorgänge und was immer es sonst sei, was ich für gegeben halte, würde in Frage gestellt und dem universellen Zweifel unterworfen, dann ist dabei eins sinnvoll nicht zu bezweifeln, das Sein dieses Zweifels oder Zweifelsansatzes, das Sein der Infragestellung, das Sein der betreffenden Wahrnehmungen, Erinnerungen, Erkenntnisse und was es sonst sei, wodurch das Objektive zur Erkenntnisgegebenheit komme.1 Wahrnehmend2 kann ich vielleicht zweifeln, dass das Wahrgenommene sei, nicht aber, dass das Wahrnehmen sei, nämlich wahrnehmend etwa diesen Tisch da, mag ich zweifeln, ob der Tisch wirklich sei, aber in Hinblick, in der Reflexion auf die Wahrnehmung kann ich nicht in gleicher Weise zweifeln, ob sie, diese Wahrnehmung, sei. Und so für jede Art „Bewusstsein“; auch wollend kann ich nicht, auf das Wollen reflektierend, am Sein dieses Wollens zweifeln usw. Ich kann es in Frage stellen, ich kann es zu bezweifeln versuchen, aber alsbald ist es völlig klar, die Frage, ob es sei, ist, wie gestellt, so schon beantwortet, und absolut beantwortet. Am Sein des Geschauten der Reflexion als einem absoluten Gegebensein hebt sich aller Zweifel auf, jeder Versuch der Setzung, „es sei nicht“, hebt sich auf. Das Sein der cogitationes ist absolut und in der Reflexion absolutes Gegebensein. Um nun zum Anfang zu kommen, könnten wir versuchen, Nutzen zu ziehen von der berühmten cartesianischen Zweifelsbetrachtung, welche die neuere Philosophie inauguriert. Es ist aber von vornherein klar, dass, wenn sie selbst ein wirklicher Anfang ist, ein Anfang für die Philosophie selbst, wie sie es sein will, sie uns bieten muss, was wir suchen. Philosophie3 ist uns die prinzipiell auf absolute Erkenntnis gerichtete Forschung, und der Begriff der absoluten Erkenntnis findet nur darin seinen Halt, dass natürliche, d. i. vom Erkenntnisproblem noch unberührte Erkenntnis die ausführlich besprochenen Schwierigkeiten mit sich führt; erst die Reflexion über die Möglichkeit aller natürlichen Wissenschaften zwingt ja zum Eingeständnis, dass sie, so wie sie da sind, noch nicht letztes Wissen geben können, auch nicht in ihrer höchsten Entwicklung. Und weiter: dass erst die Lösung des Erkenntnisproblems sie zum Rang philosophischer, absoluter, letztgeklärter, 1

Randbemerkung (später) Evidenz des Seins der cogitationes. Dieser Satz wurde später mit einem Fragezeichen versehen. 3 Der Rest des Absatzes wurde später eingeklammert und mit der Randbemerkung versehen Idee der Philosophie, cf.14 f. (oben S. 21 f.). 2

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letztfundierter und -durchleuchteter Erkenntnis erheben kann. Erkenntnistheorie ist also die im echten Sinn Erste Philosophie und enthält alle Fundamente und Methoden, um alle anderen Wissenschaften in Philosophien zu verwandeln. Was sonst als Philosophie zu gelten beansprucht, die Vertretung der Idee der Einheit gegenüber der versplitterten Vielheit der Erkenntnis in den Einzelwissenschaften, das ist prinzipiell nichts Neues gegenüber diesen einzelnen natürlichen Wissenschaften. Dass die Fäden der Erkenntnis von Gebiet zu Gebiet herüber- und hinüberleiten, das zwingt die natürliche Erkenntnis von selbst, diesen Fäden nachzugehen. Systematisierung aller natürlichen Erkenntnis, nicht bloß Polyhistorie, sondern innere Vereinheitlichung und Vollendung, das ist das oberste Ziel natürlicher und nichtphilosophischer Forschung. Dass gerade dieser systematische Zusammenschluss philosophisch besonders bedeutsam wird, ebenso wie andererseits die Betrachtung der natürlichen Gebietssonderungen und die Analyse der letzten Fundamente, Prinzipien, Voraussetzungen der einzelnen Wissenschaften, ist selbstverständlich, wofern Philosophie eben die Idee absoluter und dann auch einheitlicher und vollkommener Erkenntnis unter absolutem Gesichtspunkt vertritt. Aber Philosophie selbst beginnt erst da, wo absolute Erkenntnis sich abgeschieden, also wo Erkenntnistheorie sich etabliert hat. Also ich wiederhole: Ist Descartes’ Anfang ein Anfang der Philosophie, so müssen wir uns ihn zueignen können.1 Nun, etwas Brauchbares werden wir aus Descartes’ Zweifelsmethode allerdings entnehmen können, während wir andererseits konstatieren müssen, dass er die eigentümliche Funktion der erkenntnistheoretischen Verlegenheiten für die Zeugung der Idee der Philosophie nicht erkannt und sich weder zur reinen Formulierung der Idee der Erkenntnistheorie noch zu derjenigen der Philosophie im echten Sinn und im Gegensatz zur Idee natürlicher Wissenschaft erhoben hat.2 Zwei Tendenzen, die sorgfältig getrennt werden müssen, gehen bei Descartes ineinander: die natürliche auf exakte Wissenschaft, und die philosophische auf erkenntnistheoretisch geklärte und letztinterpretierte. Es liegt hier eine Zweistufigkeit vor, die unvermeidlich ist: erst Mathematik, dann Philosophie der Mathematik als Theorie der mathematischen Erkenntnis und durch sie philosophisch aufgeklärte Mathematik; erst Naturwissenschaft, dann Philosophie als Theorie der naturwissenschaftlichen Erkenntnis und als Metaphysik der Natur. Beides kann nicht durch1 Gestrichen Aber freilich müssen wir bald erkennen, dass Descartes den wahren Anfang nicht habe. 2 Gestrichen Darin aber meine ich die entscheidenden Grundpunkte sehen zu müssen.

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einander gehen. In einheitlich ungebrochener Linie läuft von den Axiomen der Arithmetik die Mannigfaltigkeit arithmetischer Theorien weiter. Und ebenso überall. Das Erkenntnistheoretische und Philosophische überhaupt führt, wie wir es bildlich ausdrückten, in eine neue Dimension. Descartes aber mit seinem Ziel auf eine universale Mathematik steht noch unter dem Einfluss der in der Renaissance erwachsenen Motive auf eine strenge Wissenschaft. Er ist einer der Väter der modernen Naturwissenschaft, und er ist es mit vollem Bewusstsein. Gründung von Naturwissenschaft im strengen und vollen Sinn ist hier das Ziel. Unklar mengt sich aber damit das Bestreben nach einer absoluten Wissenschaft im philosophischen Sinn, wie sein Kampf gegen den Skeptizismus es beweist. Das Wesen des antiken Skeptizismus liegt ja in der Bestreitung der Möglichkeit der Erkenntnis.1 Der Kampf gegen den Skeptizismus betrifft prinzipiell etwas anderes als der Kampf exakter Wissenschaft gegen mystische (astrologische, alchemistische) und scholastische Scheinwissenschaften. Die Überwindung des Skeptizismus liegt in einer anderen Dimension wie die Etablierung strenger natürlicher Wissenschaft. Gegen strengste Wissenschaft richtet sich schon im Altertum der Skeptizismus ebenso gut wie gegen die unstrengen Wissenschaften oder gegen die Erkenntnisweise des gemeinen Lebens. Die Strenge der euklidischen Geometrie bewahrt sie gar nicht vor den skeptischen Tropen. Sextus Empiricus schrieb die Bücher Adversus mathematicos. Jedenfalls beginnt Descartes mit dem Kampf gegen den Skeptizismus, und zwar gegen einen ganz extremen, der die Möglichkeit der Erkenntnis schlechthin leugnet. Er stellt sich versuchsweise auf dessen Boden und gewinnt einen Anfang, indem er ausführt: Wenn ich an allem zweifle, so kann ich nicht zweifeln, dass ich zweifle. Er weist darauf hin, dass wir wahrnehmend, vorstellend, urteilend, fühlend, wollend ebenso nicht zweifeln können, dass wir wahrnehmen etc. Er befasst all diese Erlebnisse, all diese Akte, die das Ich vollziehen und, sie simplici mentis intuitu vollziehend, nicht zweifeln kann, dass es sie vollzieht, unter dem Titel cogitationes und schließt bekanntlich den Grundsatz an: cogito, ergo sum. Das soll der gesuchte archimedische Punkt sein, der allen Angriffen des Skeptizismus spottet. Was können wir uns davon zueignen? Nach unserer Installierung der erkenntnistheoretischen Problematik und nach all unseren anschließenden Erörterungen hätten wir zu sagen: Sofern in der die Erkenntnistheorie motivierenden Reflexion das Ansichsein eines Erkenntnisobjekts gegenüber der Erkenntnis zum Rätsel wird, können wir uns sicherlich assumptiv wie 1

Gestrichen Mindest aber, sofern diese irgend Transzendenz T soll erfassen können.

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Descartes auf den Boden des Skeptizismus stellen. Ansichsein bezweifelt er, und die Möglichkeit einer Erkenntnis von Ansichseiendem lässt er nicht gelten. Das tun wir unsererseits nicht, nicht im Ernste. Was er ernstlich bezweifelt, das stellen wir in Frage, und wenn wir uns in die Situation der Skepsis hineindenken und herausheben, was wir selbst als Skeptiker nicht bezweifeln könnten, so heben wir damit eigentlich nur heraus, was nicht in Frage ist oder was von dem Infragestellen nicht betroffen wird, weil die vernünftige Möglichkeit des Fragens es schon voraussetzt. Sich also in den Habitus des Skeptikers hineindenken und zusehen, was da unzweifelhaft bleibt, ist eine ganz brauchbare Methode, wenn man nur ihren Sinn fest im Auge behält. Überlegen wir, was uns wirklich hier zukommt, welcher Anfang, welche zweifelsfreie und somit auch in unserem Sinn fraglose Gegebenheit. Descartes meint ganz konkret: Wenn ich wahrnehme, so mag es sein, dass das Wahrgenommene nicht ist; aber dass die Wahrnehmung, diese cogitatio ist, das ist unzweifelhaft. Und so überall. Wir hätten also zu sagen: Das wahrgenommene Sein als solches und die Möglichkeit, dass Wahrnehmung ein solches Ansichsein träfe, ist in Frage. Aber von dieser Infragestellung ist nicht die Wahrnehmung selbst betroffen; die Wahrnehmung nämlich, auf die ich simplici mentis intuitu einfach hinblicke, ist mir darin gegeben und so gegeben, dass ich hier jene Unklarheit und jene Zweifelsneigung nicht finde, die ich an der Möglichkeit der Erfassung des „äußeren“ Gegenstandes empfinde. In dem schlichten Schauen auf mein Erlebnis des Wahrnehmens ist das Wahrnehmen nicht so gegeben wie im Sehen des Baumes der Baum. Der Baum soll ein „Ansich“ sein, das die Wahrnehmung fasst. Aber prinzipiell, hieß es, könnte die Baumwahrnehmung Täuschung sein; sie ist also nicht ein wirkliches und eigentliches Haben und Fassen des Baumes selbst. Anders die Schauung der cogitatio, z.B. die Schauung der Wahrnehmung des Baumes. Die wird wirklich gefasst und gehabt, sie selbst und unmittelbar. Dass die Schauung täusche, das gibt keinen Sinn. Dass in ihr die Wahrnehmung bloß erscheine, so wie in der Wahrnehmung der Baum bloß erscheint, das ist evident ausgeschlossen.1 1 Gestrichen So bei jeder cogitatio. Urteilend und auf das Urteil hinblickend ist es unmöglich, oder besser: unvernünftig, widersinnig, zu zweifeln, ob das Urteilen sei und nicht vielmehr zu sein scheine, zweifelnd, ob das Zweifeln sei und nicht vielmehr zu sein scheine usw. Im Hinblick auf das Erlebnis der jeweiligen cogitatio habe ich nicht eine bloße Erscheinung der cogitatio, sondern sie selbst. Diese Zweifellosigkeit werden wir sicherlich – und wird niemand – anfechten können. Und wir fragen nun: Was ist da festgestellt und was lässt sich von da aus weiter machen? Zunächst, was wir nicht entnehmen dürfen im Sinn unserer Problematik und der eigentümlichen Urteilsenthaltung, die sie fordert, ist die empirische Ichexistenz, die im cogito enthalten ist, also

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Was wir in Anspruch nehmen dürfen, ist das, was das reine Schauen selbst fasst, und nichts weiter. Die Existenz der cogitatio in psychologischem Sinn ist das sicher nicht. Jede Natursetzung muss ausgeschaltet bleiben, also auch die Existenz meines, des reflektierenden Ich als der psychophysischen Persönlichkeit, die da hier und jetzt im Weltraum und der Weltzeit ist und die diese cogitatio erlebt, die so und so zweifelnd, reflektierend, urteilend, wahrnehmend usw. sich betätigt. In all dem stecken Fraglichkeiten der Sorte, die eben in Frage gestellt bleiben sollen. Freilich, wie da die Rede ging, war sie ja immerfort Rede von einem Ich, also wohl einem Menschen, einem Philosophen, der da überlegte, der da wahrnahm, urteilte, zweifelte, schauend auf den oder jenen vollzogenen Akt hinblickte usw. Aber das sollten indirekte Hindeutungen auf eine Stellungnahme sein, die keineswegs die Existenz von Menschen, von Philosophen usw. mitsetzte. Jeder von uns mag, etwa wahrnehmend, sein Wahrnehmen zum Zielpunkt des Schauens machen und dieses darin fassend sagen: „Das ist; es ist undenkbar, dass das nicht sei“, und sich zum Bewusstsein bringen, dass darin nichts anderes als zweifellose Gegebenheit gesetzt sei als eben „dies da“, dies Wahrnehmen, und nicht etwa das Ich, die Person, die Zeit, die Umstände usw. Genau das, was der schauende Blick wirklich fasst, und so, wie er es da fasst, das soll gesetzt sein, und nicht mehr. Danach scheidet sich uns in völliger Schärfe dieses Schauen, das die cogitatio schauend fasst, von dem, was in der Psychologie unter dem Titel „innere Wahrnehmung“ oder auch „psychologische Wahrnehmung“ besprochen wird. Die Verwandtschaft ist ja offenbar, und doch sprechen wir von einer scharfen Scheidung. Der Psychologe sagt aus: Jeder Mensch hat von seinen eigenen psychischen Zuständen innere Wahrnehmungen, sofern er seinen reflektierenden Blick auf sie richtet. Gewiss. Aber so, wie die so genannte äußere Wahrnehmung physische Dinge betrifft, ihre Eigenschaften, Relationen, ihre Bewegungen und Veränderungen, so betrifft die innere Wahrnehmung als psychologische Wahrnehmung die Icherlebnisse, Akte, Zustände der wahrnehmenden Person selbst. Die Wahrnehmungsaussage lautet hier: „Ich urteile, ich vollziehe einen Zweifel“ usw. Darin ist das Ich, ist das psychische Subjekt wie ein anderes Naturding gesetzt, und wir stehen in der Natur, die wir in psychologischer Hinsicht durchforschen wollen und in die das Psychische unmittelbar eingeordnet wird. Die cogitatio ist aber in der phänomenologischen Wahrnehmung, wenn wir schon diesen neuen Ausdruck gebrauchen, nicht gesetzt als Sein in der Natur. Ob wir alle Natur den cartesianischen Satz „cogito ergo sum“. Statt ihn als Grundsatz anzunehmen, klammern wir vielmehr ein.

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auch negiert denken würden: das Sein, das hier der rein schauende und in nichts das Schauen transzendierende Blick setzt, bliebe von der Negation unberührt. Eine Negation der Natur als physischer Natur nimmt der physischen Naturwissenschaft das Objekt, eine Negation der psychischen Natur hebt ebenso die Psychologie auf, diese verliert ihr Objekt. Die Aufhebung aller Natur überhaupt nimmt aber nicht der Phänomenologie das Objekt, da sie prinzipiell keine Natur setzt. Wir haben in der letzten Vorlesung eine gewisse Brauchbarkeit der cartesianischen Zweifelsbetrachtung für die Herausstellung eines absoluten Anfangs der Erkenntnistheorie erkannt. Verstehen wir nicht, wie Erkenntnis ein Objekt erfassen soll, das ihr gegenüber an sich ist, m. a. W. das ist, was es ist, ob Erkenntnis sich darauf richtet oder nicht,1 dann können wir dieses Verständnis offenbar nicht gewinnen, wenn wir in natürlicher Erkenntnishaltung an sich seiende Objekte als Gegebenheiten gelten lassen und sie so, wie sie sich geben, beschreiben und sonstwie theoretisch erkennen. Jeder Schritt impliziert hier ja das volle ungelöste Rätsel. Zu einem Verständnis können wir nur kommen, wenn wir mit einem Erkenntnisschritt beginnen und einen Erkenntnisweg beschreiten, der selbst das Rätsel nicht enthält.2 Müssen wir also jedes Ansichsein hinsichtlich seiner Geltung dahingestellt sein lassen, so ist es genauso, als wären wir Skeptiker. Und suchen wir einen Anfang, der mit dem Rätsel des Ansichseins nicht behaftet ist, so ist es genauso, als suchten wir einen archimedischen Punkt, der den Angriffen des Skeptizismus absolut Widerstand leisten könnte. Wie Descartes also stellen wir fest die absolute Gegebenheit der cogitatio. All die Erlebnisse, die der weite Titel der Erkenntnis umspannt, Wahrnehmungen, Vorstellungen, Urteile, Vermutungen usw., gehören hierher, aber auch andere Erlebnisse, wie alle so genannten Gemütserlebnisse. Und zwar gehört all dergleichen in den Rahmen der absoluten Gegebenheit hinein, soweit der schauende Blick sich auf das Erlebnis richtet und es schlicht fasst. Wenn ich ein Urteil fälle, so mag es z.B. sein, dass das Urteil falsch ist, dass die Dinge, von denen es spricht und die es als Wirklichkeiten ansetzt, gar 1 Gestrichen und das, wenn es erkannt ist, doch wieder nicht ein der Erkenntnis als Bestandstück reell Inwohnendes ist. 2 Gestrichen Wenn wir selbst nun nicht daran interessiert sind, den Skeptizismus, der die Möglichkeit transzendenter Erkenntnis leugnet oder am Ende gar die jeder Erkenntnis überhaupt leugnet, hier zu bekämpfen, so können wir doch genauso anfangen, wie Descartes in Absicht auf einen dem extremen Skeptizismus gegenüber absolut widerstandsfähigen Anfang verfuhr. Wir tun so, als wären wir extreme Skeptiker, nämlich hinsichtlich jeder transzendenten Erkenntnis, und sehen zu, was da absolut fest bleibt.

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nicht sind. Blicke ich aber auf das Urteil hin und fasse es in diesem Schauen, dann ist das absolut zweifellos, dass dies Urteil ist. Das Sein der cogitatio ist absolutes Gegebensein: Das gegen den Skeptizismus. Für uns aber kommt in Betracht, dass es fragloses Gegebensein ist, nämlich nicht behaftet mit dem Rätsel der Transzendenz. Im1 Grunde genommen war die Fraglosigkeit der cogitatio hinsichtlich ihres eigenen Gegebenseins schon in der Formulierung des Rätsels vorausgenommen. Wer da fragt: „Wie ist es zu verstehen, dass Erkenntnis etwas ihr Transzendentes fassen soll?“, oder gar, wer fragt: „Wie soll Erkenntnis über das Bewusstsein hinauslangen?“, der denkt ja wohl: „Würde Erkenntnis bloß hinschauen auf das Bewusstseinsgegebene, dann wäre kein Anlass zu einer Frage.“ Was lässt sich nun aus dem Anfang, den wir gewonnen haben, machen? Oder vielmehr: Was dürfen wir aus ihm nicht machen? Denn gleich der erste Schritt birgt eine Gefahr, eine Versuchung, der die meisten Erkenntnistheoretiker unterlegen sind, und als Erster auch Descartes. Die absolute Gegebenheit und Fraglosigkeit des Gegebenseins der cogitatio dürfen wir ja nicht gleichsetzen der cartesianischen Evidenz des cogito oder des cogito ergo sum. Die Existenz der cogitatio als me ine r cogitatio, und damit die Existenz des eigenen Ich, dürfen wir mitnichten in Anspruch nehmen, sondern nur das, was in jenem reinen Schauen in strengstem und eigentlichstem Sinn zur Gegebenheit kommt. Im Sinne unserer Fragestellung liegt es (ebenso wie im Sinne der Aufsuchung des archimedischen Punktes gegen den Skeptizismus), dass jede Setzung von Natur ausgeschaltet bleibt. Sowie wir zur cogitatio hinzurechnen, dass sie mir, diesem Ich, dieser erlebenden Person angehöre und damit zur Einheit der Allnatur, hat die Setzung der cogitatio nicht mehr den Charakter der rein selbstgebenden Schauung, sondern den Charakter einer Wahrnehmung, die genau in dem Sinn rätselbehaftet ist wie jede beliebige äußere Wahrnehmung. Vorstellend,2 wahrnehmend, urteilend, fühlend usw. kann ich schauend hinblicken oder zurückblicken auf dieses Vorstellen, Wahrnehmen usf. Dieses Schauen ist zweifellos und von aller Fraglichkeit frei, wofern ich rein das in ihm Geschaute, das da wirklich selbst Gefasste, selbst Gegebene, nehme und nichts anderes. Darüber gehen wir aber weit hinaus, wenn wir das Erlebnis als unse r, als unseres Ich Erlebnis nehmen.3 Wir müssen radikal scheiden die phänomenologische Reflexion, 1

Der Rest des Absatzes wurde später eingeklammert. Die drei folgenden Sätze wurden später eingeklammert und gestrichen. 3 Hier beigelegter, aber gestrichener Text Wenn ich wünsche, so ist der Wunsch evtl. auf Anschauung gegründet, aber gerichtet ist der Wunsch auf die Sache, und somit unempfindlich gegen alle Unterschiede der Anschauung, die die Sache ungeändert lassen. Dem leeren Wünschen liegt 2

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welche das jeweilige Erlebnis, etwa das einer Wahrnehmung oder eines Urteils, zur Selbstgegebenheit bringt und jederlei Mitmeinungen, Mitauffassungen ausschaltet, die nicht den rein selbstgebenden Charakter haben, und andererseits die psychologische Wahrnehmung, welche das Dasein der Erlebnisse als Erlebnisse von erlebenden Ich konstatiert, von Menschen etwa, von Tieren u.dgl. Die erlebenden Wesen sind Naturobjekte, und nicht minder gehören ihre Erlebnisse in die Einheit der Natur und sind als Naturfakta von der Psychologie gemeint und gesetzt. In dieser Hinsicht macht es keinen Unterschied aus, ob der Psychologe unter dem Titel „innere Wahrnehmung“ seine eigenen Erlebnisse beobachtet oder ob er in der Weise der so genannten Einfühlung anderen Menschen oder Tieren psychische Erlebnisse beimisst aufgrund ihrer leiblichen Äußerungen. Innere Wahrnehmung als Wahrnehmung, die ich von meinen eigenen Erlebnissen vollziehe, ist nicht minder mit dem Rätsel der so genannten Transzendenz behaftet wie die Wahrnehmung von äußeren Dingen oder von psychischen Akten anderer. Freilich ist, objektiv gesprochen, auch die phänomenologische Wahrnehmung eine Wahrnehmung, in der der Wahrnehmende seine eigenen psychischen Erlebnisse erfasst. Aber nicht darauf kommt es an, dass das objektiv gilt, sondern, ob die Wahrnehmung so vollzogen ist, dass sie selbst das wahrgenommene Erlebnis dem Ich und damit der Natur einordnet. Alle objektive Geltung und Meinung, die transzendente Objektität meint, schalten wir aus und müssen wir ja ausschalten, da wir die Möglichkeit solcher Geltung in Frage gestellt haben. Die phänomenologische Reduktion müssen wir also in jeder Hinsicht und konsequent vollziehen, und es ist ein πρτον ψεδος, die Evidenz der cogitatio umzudeuten in die Evidenz absoluter Gegebenheit des eigenen Ich und von da in das Problem überzugleiten: Wie komme ich über mein eigenes mir absolut gegebenes Ich hinaus zur berechtigten Setzung der übrigen Natur, wie komme ich von der mir durch das cogito allein unmittelbar gewährleisteten Ichexistenz zur Annahme einer Außenwelt? Das aber ist der Kardinalfehler, den die Philosophie der Neuzeit und nicht minder die Philosophie der Gegenwart immer wieder gemacht hat. Kants1 Opposition eine Leervorstellung zugrunde, und die ist natürlich ebenso unempfindlich gegen die mögliche Erscheinungsweise. Liegt also dem Wünschen eigentlich ein Denken zugrunde? Ist in gewisser Weise nicht auch das Wahrnehmen unempfindlich gegen die Erscheinungsweise? Das Wahrnehmen bringt zwar den Gegenstand von einer einzigen Seite (als ruhendes Wahrnehmen) zur Gegebenheit, aber im Wahrnehmen lebend, meinen wir da nicht das Objekt schlechthin? 1 Dieser Satz ist Veränderung für Zum mindesten mit ganz seltenen Ausnahmen, wobei aber die Unklarheit, mit der die abweichende Position vertreten wurde, jeden Eindruck auf die herrschenden Naivitäten verfehlte.

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hat in dieser Hinsicht wenig genützt, nämlich bei all denen nicht, die an dem mythischen Charakter seiner Erkenntnistheorie Anstoß nahmen. Also nicht das sum ist die Ausgangsevidenz, sondern die cogitatio rein in sich, als das absolute Diesda genommen, mit Ausschluss aller über sie hinausgehenden Meinung. Ein Ich, das Wort ganz natürlich verstanden, haben wir nicht irgendwie bevorzugterweise gegeben vor der Natur. Die1 Ichwahrnehmung hat gar keinen Vorzug vor der Dingwahrnehmung. Beide sind gleich unmittelbar, erkenntnistheoretisch mit gleichen Rätseln behaftet und andererseits naturwissenschaftlich gleichberechtigt, also für die Naturwissenschaft in gleicher Weise erste Anfänge. Das Erstgegebene für uns, die wir auf erkenntnistheoretische Aufklärung der Möglichkeit transzendenter Erkenntnis gerichtet sind, ist dasjenige, was durch einen alle Transzendenz leugnenden Skeptizismus nicht berührt wird. Die Leugnung der Transzendenz hebt die Naturwissenschaft auf. Negiert man die physische Natur, so verschwindet die Physik, negiert man die psychische Natur, so verschwindet die Psychologie. Negiert man aber alle Natur, so verschwindet nicht die Phänomenologie, es verschwinden jedenfalls die Phänomene nicht, die in der phänomenologischen Schauung als Selbstgegebenheiten dastehen. Freilich, ob das zu einer Wissenschaft, genannt Phänomenologie, zureichen kann, ist noch nicht sicher.2 Reelle und intentionale Analyse der Phänomene Das wird nun die nächste Frage sein müssen: Was kann man mit solchen puren Phänomenen anfangen? Zunächst ist das selbstverständlich, dass bloßes Schauen in phänomenologischer Einstellung noch keine Wissenschaft macht, dass also über das Geschaute Aussagen gemacht werden müssen. Diese Aussagen müssen genau nach dem Selbstgegebenen orientiert sein, sie müssen in getreuer Weise „zum bloßen Ausdruck“ bringen, was da geschaut ist. Dass so etwas möglich ist, wird niemand bezweifeln, aber wohl, ob da 1 Der Rest des Absatzes ist Veränderung für geschweige denn, dass zeitlich hier davon die Rede wäre, es sei historisch oder auch logisch das Ich das selbst zuerst Gegebene, und dann erst werde auf eine Außenwelt geschlossen oder müsse darauf erst geschlossen werden. Davon ist hier keine Rede, wiederhole ich. 2 Gestrichen Nach dem gemachten Anfang ist nun eben dies zu erwägen, was wir in ihm haben und inwieweit Wissenschaft sich hier etablieren kann, und wieder, wie diese Wissenschaft die Lösungen der erkenntnistheoretischen Probleme enthalten bzw. leisten soll. Zunächst ist hervorzuheben, dass der Titel cogitatio gewisse Data befasst, die in reiner Selbstgegebenheit dastehen, nämlich im schlicht schauenden Blick und unter Abweisung aller mitverflochtenen transzendierenden Meinungen.

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etwas wissenschaftlich Wertvolles herauskommen kann. Um hier Klarheit zu schaffen, überlegen wir näher, was in den cogitationes nach sorgfältiger phänomenologischer Reduktion selbstgegeben ist und in evidenten, getreu das Gegebene ausdrückenden Aussagen fixiert werden kann. Da ist dann zunächst wieder vor einer großen Versuchung zu warnen, die einigermaßen zusammenhängt mit der Neigung, die cogitationes als das Gegebene der psychologischen inneren Wahrnehmung anzusehen und somit zu psychologisieren. Nämlich an dem in der phänomenologischen Reflexion unter dem Titel cogitatio fraglos Gegebensein finden wir bei genauerem Zusehen verschiedene Richtungen, in denen mit Evidenz geurteilt werden kann, und somit verschiedene absolute Gegebenheiten ineinander geflochten. Die Rede von cogitationes weist auf den psychologischen Ausgangspunkt der Reflexion hin. Ich denke, ich erinnere mich, ich nehme wahr, ich urteile, fühle, will. Das Erste ist die psychologisch empirische Einstellung, gerichtet auf das psychische Erlebnis. Von ihr gehen wir über, indem wir phänomenologische Reduktion vollziehen, in die neue Einstellung, die uns die cogitationes: die Wahrnehmung, die Erinnerung u.dgl. in phänomenologischer Reinheit ergibt. Es ist also, könnte man sagen, das psychische Erlebnis nur in gewisser Weise beschnitten, gereinigt von jeder empirischen Ichbeziehung und damit Naturbeziehung. Was das psychische Erlebnis an Teilinhalten darbietet, was die analysierende Betrachtung herausstellt, während das Erlebnis noch lebendig ist, das kommt zu getreuem Ausdruck. Mit Beziehung darauf wird man also auch sagen: Jede solche phänomenologische Feststellung wird zur psychologischen, sowie wir das reine Phänomen wieder seiner Reinheit entkleiden und es im Vollzug der natürlich psychologischen Auffassung auf das erlebende Ich und die Allnatur beziehen. Und umgekehrt: Wo der Psychologe immanente deskriptive Analyse der Phänomene vollzieht (und das muss er doch, ehe er die Phänomene nach den naturgesetzlichen Zusammenhängen erforschen will), da gewinnt seine Beschreibung, wenn sie wirklich getreue und rein immanente Beschreibung ist, alsbald phänomenologischen Wert, sobald nur durch phänomenologische Reduktion alle Naturinterpretation abgeschnitten wird. So selbstverständlich dies alles erscheinen mag, so ist es doch unzureichend und zum Teil falsch. Es soll nicht geleugnet werden, dass dem psychischen Phänomen, z.B. des Urteils oder der Wahrnehmung, ein phänomenologisches Datum als absolut gegebene cogitatio entspricht derart, dass in der angegebenen Weise gewisse immanente psychologische Analysen zu phänomenologischen und phänomenologische Analysen zu psychologischen

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werden. Andererseits soll aber jetzt gezeigt werden, dass an einer cogitatio auch Gegebenheiten aufgewiesen werden können, die ihr gewissermaßen transzendent sind, nämlich die nicht als Bestandstücke der cogitatio und somit auch nicht als Bestandstücke des psychischen Phänomens gelten können. Also wir können z.B. eine Wahrnehmung so beschreiben, dass wir reelle Stücke oder Momente der Wahrnehmung analytisch herausheben. Andererseits können wir aber „in“ einer Wahrnehmung absolute Gegebenheiten finden und in absoluter Evidenz beschreiben, die, wie es heißt, zwar „in“ ihr wahrgenommen und doch nicht in ihr reell als Bestandstücke gegeben sind. Das alles in der Sphäre der phänomenologischen Reduktion. Dasselbe gilt von einer Erinnerung, einer Bildvorstellung, einer Phantasie, einem Urteil usw. Beispiele werden deutlich machen, worum es sich hier handelt. Nehmen wir etwa an, wir blickten mit Wohlgefallen in unseren Garten, auf einen blühenden Obstbaum, auf das jugendfrische Grün der Büsche u.dgl. Wir vollziehen nun phänomenologische Reduktion; wir setzen gewissermaßen die ganze Naturwirklichkeit, unser eigenes Ich so gut wie die übrige Natur, in Klammern. Ihre Existenz eben als Naturexistenz sei ausgeschaltet, wie wenn wir Skeptiker wären. Unser Schauen fasst die Wahrnehmung bzw. die Wahrnehmungskontinuität, in der wir den blühenden Baum, den ganzen Garten, dann wieder die blühenden Büsche usw. betrachten, als reine Gegebenheit, und desgleichen das Wohlgefallen, das wir an all dem empfinden. Die Einstellung hat sich geändert. Und unser Schauen richtet sich jetzt auf das Wahrnehmen und nicht auf das Wahrgenommene, auf das Wohlgefallen und nicht auf das Wohlgefällige. Aber ist damit die Beziehung auf das Wahrgenommene, auf die natürliche und wohlgefällige Gegenständlichkeit verloren gegangen? Kann sich unter beständiger Ausschaltung der Existenz der Natur, also ohne jede Inanspruchnahme ihres Seins im natürlichen Sinn, der schauende Blick nicht auch richten auf die Gegenständlichkeit, so wie sie da gegeben ist? Und ist sie da nicht in gewisser Weise gegeben? Ist nicht die Scheidung zwischen Wahrnehmung und wahrgenommenem Gegenstand, Wohlgefallen und dem Wohlgefälligen etwas, das durchaus in dem Rahmen der phänomenologischen Einstellung vollzogen werden kann? Sprechen wir zuerst natürlich: Wir sehen den Garten, in ihm – unser Auge richtet sich jetzt darauf – den blühenden Baum; unser Auge wandert von Zweig zu Zweig, vom Wipfel zum Stamm, es wendet sich dann etwa auf den grünenden Rasen usw. Immerfort Veränderungen! Der Garten, der Baum, der Rasen ändert sich nicht. Was sich ändert, das nennen wir das Erlebnis der Wahrnehmung, und ebenso das darin fundierte Wohlgefallen, das einmal Wohlgefallen an

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dem Blütenreichtum, dann am Rasen ist, und einmal reicher und lebendiger wird und das andere Mal ärmer und schwächer. Einerseits das Erlebnis der Wahrnehmung, andererseits die Wahrnehmungserscheinung: Es ändert sich hier Verschiedenes nicht. Wir können nun daran gehen, so gut es beim ersten Anhieb gelingen mag, das dabei sich Verändernde in der psychologischen Reflexion zu beschreiben; wir vollziehen Beschreibungen der Wahrnehmungen, der Gefühle, der psychischen Erlebnisse. Demgegenüber ist es eine ganz andere Beschreibung, wenn wir den Baum beschreiben, seine Blüten, seinen Stamm, den Rasen usw. Nehmen wir jetzt an, wir kämen mit einem Male zur Überzeugung, dass all das Illusion sei, eine Fata Morgana, also in Wirklichkeit ein Nichts; genauer gesprochen: all das vorhin als existierend Geltende gelte jetzt als nicht existierend. Hinsichtlich der Beschreibungen hat sich nichts Wesentliches geändert. Hält die Erscheinung stand, so müssen wir nach wie vor sagen: „Es steht ein Garten da, in ihm ein Baum, und gerade ein so beschaffener, blühender“ etc. Nur sagen wir: „Es ist keine Wirklichkeit.“ Wir sagen vielleicht: „Objektiv existiert hier nichts von dem Erscheinenden, all das ist bloß subjektive Täuschung, es ist etwas Psychologisches.“ Offenbar ist aber der Garten, der Baum, die Wiese, kurz all die gegebene Gegenständlichkeit nicht etwa ein Stück der psychischen Phänomene, der Wahrnehmungen in ihrer so und so verlaufenden Kontinuität. Der Garten existiert nicht: Das heißt nicht, er existiert nur nicht „in der Außenwelt“ und dafür im Erlebnis des Wahrnehmens. Das Wahrnehmen nimmt diese Dinglichkeiten wahr, aber die wahrgenommenen Dinglichkeiten sind nicht reelle Stücke in der Wahrnehmung. Wir merken, dass wir in all diesen Beschreibungen Evidenz in reichlichem Maß haben. Es ist offenbar, dass unabhängig davon, ob wir die Dinge da für Wirklichkeiten nehmen oder für Phantasmagorien oder ob wir uns jeder Wirklichkeitssetzung enthalten, mit Evidenz über sie ausgesagt werden kann, nämlich sie erscheinen, und erscheinen eben als so und so beschaffen. Was da gesehen ist, was da wahrnehmungsmäßig erscheint, kann nach seinen erscheinenden Teilen, Seiten, Momenten beschrieben werden, und ist die Beschreibung getreu, so hat jeder Zweifel keinen Sinn. Andererseits finden wir in unserer jetzigen psychologischen Einstellung Komponenten in unseren Urteilen, die nicht absolut evident sind, eben soweit wir die erscheinenden Dinglichkeiten und andererseits unsere Erlebnisse im empirischen Sinn als Wirklichkeiten setzen. Gehen wir nun zur phänomenologischen Haltung über, so haben wir alles, was nicht absolute Gegebenheit bzw. was nicht in absolut evidenter

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Aussage aussagbar ist, auszuschalten. Es bleiben dann einerseits die reduzierten Erlebnisse, die Wahrnehmungen, die sie geleitenden Gefühle in ihrem so und so ablaufenden Zusammenhang, und andererseits die aus ihnen zu entnehmenden und zum absoluten Ausdruck zu bringenden „intentionalen Gegenständlichkeiten“. Der Unterschied zwischen dem, was die cogitatio selbst in reellem Sinn immanent hat, als Teil, als aufbauendes Moment, und dem, was das cogito „gegenständlich“ „in sich hat“, kehrt innerhalb der phänomenologischen Sphäre wieder.1 Wie das wahrgenommene, als wirklich dastehende Gegenständliche kein Bestandstück der Wahrnehmung im psychologischen Sinn ist und die Teile des Gegenstandes nicht Teile der Wahrnehmung sind, so gilt dasselbe von Wahrnehmung und wahrgenommener Gegenständlichkeit nach der phänomenologischen Reduktion. Nun sehen wir auch, dass die Ausschaltung der Transzendenz nicht missverstanden werden darf. Sie bedeutet für uns nicht etwa die Beschränkung auf das phänomenologisch reduzierte Erlebnis und auf all das, was eine reelle Analyse an reellen Teilen, Seiten, Momenten dieses Erlebnisses aufweisen könnte. Jeder in dieser Richtung laufenden Feststellung entspricht allerdings in psychologischer Apperzeption die Feststellung von realen psychologischen Teilen und Momenten der psychischen Erlebnisse. Wir haben aber zu unterscheiden zwischen reeller Analyse der Phänomene und intentionaler Analyse (oder idealer), zwischen reeller Immanenz und ideeller oder intentionaler Immanenz. Dass die Wahrnehmung den blühenden Baum, und gerade den so bestimmten wahrnimmt, das ist ihr zugehörig, das ist aus ihr durch intentionale Analyse zu entnehmen; die Beschreibung des Baumes als des von ihr Wahrgenommenen „entnimmt“ ihr etwas, etwas, was ihr zugehört, was „in ihr liegt“, was aber nicht reell in ihr liegt und gar kein „wirkliches Sein“ zu haben braucht. Das Transzendente gehört also in einer Weise ganz evident zum Phänomen, nämlich als Wahrgenommenes bzw. als Geurteiltes, Phantasiertes usw., kurzum als Gemeintes, Intentionales.2 Ich fügte gleich bei: als Phantasiertes, Geurteiltes oder sonstwie Cogitiertes: denn offenbar ist es, dass, was wir uns an der Wahrnehmung klargemacht haben, für andere Erlebnisse eines weiten und von Descartes unter dem Titel cogitatio 1 Gestrichen Wir sehen also, dass sich ein doppelter Sinn von Immanenz und von absoluter Selbstgegebenheit und absoluter Deskription abhebt, Immanenz im realen und in einem idealen Sinn. Nur der erstere entspricht der psychologischen. 2 Randbmerkung Transzendentes, wenn es wirklich ist? Die Ausdrucksweise ist zu verbessern und das Ganze zu verschärfen. Eine gewisse Transzendenz gehört zum „Wesen“ der cogitatio. Jede ist Bewusstsein von etwas, und das vor der Frage nach der „Wirklichkeit“, überhaupt „Gültigkeit“, die ihrerseits doch wieder voraussetzt Bewusstsein als Bewusstsein von etwas.

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ins Auge gefassten Erlebniskreises genau ebenso gilt. Wenn wir z.B. in der reinen Bildbetrachtung versunken sind, fallen, in dieser rein ästhetischen Stellung, von selbst alle Natursetzungen fort. Aber das bildlich erscheinende Objekt steht für uns da, es fesselt unser Interesse, wir können es beschreiben, und die Beschreibung kann Evidenz haben. Das Transzendente ist in gewisser Weise absolut gegeben. In welcher, wieweit da von Gegebenheit zu sprechen ist, darüber noch mehr. Jedenfalls ist es zweierlei, die Existenz von Transzendentem ausschalten und das Transzendente ausschalten, sofern es in der Wahrnehmung Wahrgenommenes, im Denken Gedachtes, im prätendierten Erkennen Erkanntes ist usw.1,2 1

Randbemerkung (später) Nähere Ausführung 40 ff. (unten S. XXXff.) X . Die Vorlesungsstunde wurde vermutlich ohne schriftliche Vorlage, nur anhand folgender Stichpunkte fortgesetzt Das Erscheinende als solches, Bewusste als solches. Dann aber (in gewissen Fällen) die „Erscheinung“ unterschieden vom Erscheinenden, und verschiedene Stufen von „Erscheinungen“ voneinander und vom „Gegenstand“ (unter Anführungszeichen) unterschieden. Diese Stichpunkte dienten vermutlich als Ersatz für ein weggeworfenes Blatt. Soweit der an dieses Blatt anschließende Text nicht mehr benötigt wurde, wurde er gestrichen. Er lautet … des Bewusstseins gehört, Bewusstsein von etwas zu sein, das seinerseits darum nicht reelles Bestandstück des Bewusstseins zu sein braucht. Ich bevorzuge, nebenbei bemerkt, das Wort „reell“ gegenüber dem Wort „real“, weil „real“ zu Deutsch „dinglich“ sagt und dabei normalerweise an Naturobjekte gedacht ist. Hier aber ist das Bewusstsein selbst, nämlich Wahrnehmung, Vorstellung, Urteil usw. in phänomenologischer Reduktion rein als absolute Selbstgegebenheit genommen, also nichts Naturhaftes, kein „psychisches Phänomen“ im psychologischen Sinn: Somit sage ich lieber „reell“. Im phänomenologisch Reellen ist nun aber ein Intentionales gegeben, und dieses Intentionale kann nun alles und jedes sein: Denke ich ein Haus, so ist das Haus eben gedacht, und es ist ein zum Denkphänomen gehöriges und absolut gegebenes intentionales Datum, dass es eben Denken von einem Haus ist. Wenn wir also das Sein der Natur dahingestellt sein lassen oder ffür unsere Forschungsinteressen phänomenologisch einklammern und wenn wir alle Wissenschaften ausschalten und jede auf ihre Geltung bezügliche Frage, so umspannt doch der Horizont der Phänomenologie die gesamte Natur und alle Wissenschaften von der Natur, nämlich im Sinne intentionaler Dabilia. Wir könnten auch sagen, die Wirklichkeit der Dinge schalte die Phänomenologie aus; aber die Dinge als Korrelat jedweder gemeinen oder wissenschaftlichen Erkenntnis, in aller Fülle der Realität, die ihnen der jeweilige Stand der gemeinen und wissenschaftlichen Erkenntnis zubilligt, die Dinge als Phänomene genommen, gehören in die Phänomenologie. Doch tritt dabei ein unvermeidlicher Doppelsinn von „Phänomen“ uns entgegen. Einerseits heißt Phänomen das reelle Bewusstsein, nämlich die reelle cogitatio, und andererseits der ideelle Inhalt der cogitatio, die intentionale Gegenständlichkeit der jeweiligen Vorstellung, Meinung, Erkenntnis. Der eigentlichere Begriff von Phänomen, sich besser an den Wortsinn anschließend, ist der zweite. Das φαινµενον, das Erscheinende, und erweitert: das Gedachte, das wie immer Gemeinte, und zwar abgesehen von Wirklichsein oder Nichtwirklichsein. Denn wir sagen ja auch im gewöhnlichen Leben, der Regenbogen sei nichts Wirkliches, vielmehr bloß Erscheinung, oder das stereoskopische Bild sei bloß Phänomen, der Geist bloß Erscheinung usw. Das „bloß“ weist die Wirklichkeitssetzung ab. Andererseits hat sich von der Psychologie her der Sprachgebrauch eingebürgert, Wahrnehmungen, Vorstellungen, Urteile als psychische Phänomene zu bezeichnen, und somit heißen unvermeidlich auch diese phänomenologisch reduzierten Daten Phänomene. Ich nenne, wo 2

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Endlich1 muss noch auf eins aufmerksam gemacht werden. Wir sprachen zu Anfang dieser Vorlesungen davon, dass der Naturforscher es neuerdings liebe, auch die physischen Dinge, physischen Vorgänge, kurz die Forschungsobjekte der physischen Naturwissenschaft, als Phänomene zu bezeichnen. Wie verhält sich dieser naturwissenschaftliche Begriff von Phänomen zu dem unseren, und zwar dem Phänomen im engeren Sinn? Wir hätten dann etwa zu sagen, in den verschiedenen Stufen des naturwissenschaftlichen Erkennens seien diesem Erkennen immer neue Phänomene in unserem Sinn intentional. Diese werden aber nicht im Sinne der Phänomenologie als Phänomene gesetzt, sondern in der naturwissenschaftlichen Stellung werden Wirklichkeiten gesetzt und negiert, die sich in den Phänomenen darstellen, die aber nicht selbst Phänomene sind. Der Naturforscher vollzieht Wirklichkeitsurteile; die wahrgenommenen Dinge setzt er als wirkliche oder evtl. als unwirkliche. Während er aber die Illusion z.B. verwirft, ist in ihr ein Phänomen intentional gegeben, und das Phänomen verwirft er nicht als Phänomen, sondern er leugnet nur, dass in ihm Wirklichkeit gegeben sei. Das Sein des Intentionalen, als ideell in der cogitatio Gemeintsein und insofern beschreibbar zu sein, ist nicht zu verwechseln mit dem Sein der „Sache selbst“, dem so genannten Wirklichsein. Kurzum, wir haben hier gewissermaßen zweierlei Sein zu unterscheiden, das Sein im gewöhnlichen Sinn, als Wirklichsein, und das Sein, das in der phänomenologischen Stellung zur Gegebenheit kommt, das Sein unter Anführungszeichen, f das Bewusst-Sein. Es entspricht diese Scheidung einer doppelten Urteilsweise. In der einen vollziehen wir Wahrnehmungen, Erinnerungen, prädizierende Urteile u.dgl. in natürlicher Weise; wir urteilen da über die wahrgenommenen, erinnerten, gedachten Gegenstände (über seiende, wirkliche). Andererseits können wir reflektiv urteilen; wir urteilen über die Wahrnehmung und darüber, dass in ihr das und das wahrgenommen sei, dass zu ihrem so genannten „Sinn“ das und das gehöre, wobei wir alles, was über den Sinn und seinen Inhalt hinausgeht, seinem Sein nach dahingestellt sein lassen oder lassen können. In allen Erkenntnisakten, in allen cogitationes überhaupt ist ein Sinn, aber nicht alle Erkenntnis geht darauf und geht darin auf, Erkenntnis von Sinn zu sein, sondern sie geht in der naturwissenschaftlichen Sphäre z.B. darauf, eine scharfe Unterscheidung nötig ist, das Phänomen als cogitatio eine Phansis und die reelle Analyse derselben eine phansiologische Analyse. Demgegenüber Phänomen im engeren Sinn das Intentionale der jeweiligen cogitatio. Es wird sich übrigens herausstellen, dass hinter den Phanseis noch eine Schichte von Urphänomenen liegt, die erst das Bewusstsein im letzten und absolutesten Sinn ausmachen. 1 Randbemerkung Naturwissenschaftlicher Begriff von Phänomen.

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Erkenntnis von etwas zu sein (als einem ν ς αλετς), das sich in dem oder jenem Sinn darstellt oder vorstellt. Das alles soll nichts weniger als endgültige Lehre sein. Hier handelt es sich nur darum, dass Sie die verschiedenen Urteilsrichtungen bzw. die verschiedene Dimension von Gegebenheiten sehen, die beurteilt werden können, und evtl. wissenschaftlich beurteilt werden können, insbesondere aber den Unterschied zwischen den Naturgegebenheiten, die jeweils und notwendig durch Phänomene in unserem Sinn gegeben sind, und den Phänomenen selbst als Gegebenheiten in der phänomenologischen Reduktion. Nach1 all diesen Ausführungen erkennen wir, dass die Ausdehnung der Phänomenologie, soweit sie die reinen Phänomene erforscht, grenzenlos ist und in ihrer Art alle vorphänomenologische Erkenntnis und Erkenntnisgegenständlichkeit in sich schließt. Alle Erkenntnis, alle Wissenschaften und korrelativ alle Welt, die ganze physische und psychische Natur, die Welt des Mathematischen, die Welt der Werte usw., alles fällt auch in die Phänomenologie. Alles wirkliche Sein lässt sich ins Phänomen setzen: nämlich als Korrelat, sei es einzelner Meinung, sei es zusammenhängender Erkenntnis, sei es ganzer Wissenschaften. Rekapitulation Aus den Meditationen der letzten Vorlesungen ist hervorgegangen, dass die phänomenologische Reduktion und die mit ihr vollzogene Ausschaltung der Transzendenz nicht missverstanden werden darf. Einerseits liegt darin nicht ein Sich-Zurückziehen auf die angebliche Evidenz des Selbstbewusstseins, der psychologischen inneren Wahrnehmung. Nicht das cogito und das darin beschlossene sum dürfen wir als absolute Gegebenheit in Anspruch nehmen. Das so genannte Selbstbewusstsein, die Wahrnehmung des eigenen Ich und der Erlebnisse als seiner Erlebnisse hat in erkenntnistheoretischer Hinsicht keinen Vorzug vor der so genannten äußeren Wahrnehmung. In die Sphäre der Fraglichkeit fallen beide; in gleicher Weise sind sie mit dem Problem behaftet, wie Erkenntnis über sich hinausgreifen und etwas als wirklich existierend ansetzen könne, was ihr nicht selbst „immanent“ ist, in ihr selbst nicht in einer Weise gegeben ist, die jeden Zweifel, ob es wirklich sei oder nicht, als widersinnig erscheinen lässt. Aber noch in einer anderen Richtung, sahen wir, kann die Ausschaltung des transzendenten Seins missverstanden werden. Haben wir schon die co1

Dieser Absatz wurde vermutlich erst später gestrichen.

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gitatio rein herausgehoben; haben wir nicht bloß die Existenz dessen, was in ihr vorgestellt, wahrgenommen, abgebildet, erinnert, gedacht ist u.dgl., (sofern es ein Ansichseiendes gegenüber der cogitatio zu sein beansprucht) ausgeschaltet, sondern auch ausgeschaltet die Ansetzung der cogitatio als Erlebnis des jeweiligen psychophysischen Individuums und als reales Datum der Allnatur,1 dann ist vor der neuen Versuchung zu warnen, als ob die so reduzierte cartesianische Evidenz die Bedeutung habe ihrer Beschränkung auf die der cogitatio reell immanenten Gegebenheiten. Das heißt: Zunächst scheint es selbstverständlich, dass die einzigen Erkenntnisse, die aus den reduzierten cogitationes zu gewinnen sind, die einzigen evident gesicherten und in der phänomenologischen Stellung gestatteten Aussagen solche wären, die sich auf reelle Teile, Seiten, Momente der jeweiligen cogitatio beziehen. Zum Beispiel die Wahrnehmung eines blühenden Baumes ist in der auf sie gerichteten Reflexion absolut gegeben. Ausgeschaltet ist alle Beziehung auf die psychophysische Natur, die Existenz des Ich ebenso wohl wie die des blühenden Baumes selbst und seiner Naturumgebung usw. Selbst wenn wir in dieser Hinsicht Skeptiker wären: die im Blick der Reflexion gegebene Wahrnehmung ist eben gegeben, und absolut gegeben. Erfasst dieser Blick an ihr irgendwelche Teile oder Momente, so sind auch sie absolut gegeben. Es scheint also auf reelle Analyse der Phänomene, der reduzierten cogitationes hinauszukommen, und anderes scheint gar nicht möglich zu sein. Da nun auch der Psychologe, der die Erlebnisse als Fakta der Natur fasst, in großen Strecken der immanenten Analyse bedarf und der immanenten getreuen Deskription, so scheint phänomenologische Analyse und Deskription nur durch eine Nuance von der psychologischen unterschieden zu sein, einzig und allein durch den Umstand, dass der Phänomenologe die cogitatio, die er schaut, in ihrem absoluten Sein fasst, der Psychologe aber sie der psychophysischen Natur als reales Vorkommnis einordnet. Wir aber wurden darauf aufmerksam, dass die gesamte Sphäre der Naturtranszendenz in gewisser Weise in die der phänomenologischen Immanenz hineingehört; wir erkannten, dass nach Ausschaltung der Naturexistenz, nach Ausschaltung von fraglicher transzendenter Existenz überhaupt, die Beziehung auf Transzendenz von der cogitatio nicht weggeschnitten werden kann und dass hier ein großes Feld evidenter Aussagen ist und absolut zweifelloser Analysen. Blickt die Reflexion auf eine jetzt ablaufende Wahrnehmung, so gehört zu ihr evidenterweise und ganz unaufhebbar auch dies, dass sie Wahrnehmung von dem und dem, etwa Wahrnehmung vom blühenden Baum 1

und als reales Datum der Allnatur wurde vermutlich erst später gestrichen.

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auf dieser grünen Wiese ist. Diesen blühenden Baum als reines Wahrnehmungskorrelat, so wie „er“ von der Wahrnehmung wahrgenommen ist, nach den Teilen, Seiten, Momenten, die sie „ihm“ zumisst oder in welchen er in ihr dasteht, können wir beschreiben; und ist die Beschreibung getreu, geht sie in keiner Weise hinaus über das, was der analysierende Blick an „diesem Baum“ als dem wahrgenommenen wirklich findet, bzw. schränkt sich dieser Blick rein auf das Wahrgenommene als solches und das es als solches Konstituierende ein, dann haben wir die uns durch phänomenologische Reduktion gesteckten Schranken in keiner Weise überschritten. Die Existenz des Baumes als eines wirklichen Dinges, als einer Natur und eines Stückes der Natur ist und bleibt ausgeschaltet. Mögen wir die Existenz einer Natur und die Existenz dieses Baumes selbst als Skeptiker bezweifeln, ja negieren: was wir da festgestellt haben, bleibt festgestellt. Es bleibt immer dabei, dass die Wahrnehmung eben Wahrnehmung von diesem so und so sich darstellenden Blütenbaum ist und von nichts anderem. Die Analyse des wahrgenommenen Baumes als solchen ist aber nicht Analyse der Wahrnehmung selbst, die in ihr herausgehobenen Teile und Momente, Zweige, Blüten, Farben der Blüten, Formen usw., sind nicht Teile und Momente der Wahrnehmung selbst, sie nimmt sie wahr. Die Analyse der Wahrnehmung an sich selbst mag sehr viel zu tun haben mit der Analyse des Wahrgenommenen als solchen, aber eins und das andere ist nicht dasselbe. Ein „erscheinender Gegenstand“ ist da als etwas, das in den Blick gestellt, analysiert und beschrieben werden kann, und dabei ist doch dieser erscheinende Gegenstand, dieser wahrgenommene Baum, nicht als „in Wirklichkeit existierend“ gesetzt im natürlichen Sinn; es ist bloß gesetzt ein so und so beschreibbares Etwas, und zwar als reines Wahrnehmungskorrelat, als das, was die Wahrnehmung wahrnimmt, mag es sich im Übrigen mit der so genannten Geltung der Wahrnehmung bzw. der so genannten wirklichen Existenz des Erscheinenden verhalten wie immer. Ähnliches gilt, wie leicht zu sehen, von all den Erlebnissen, die Descartes unter dem Titel cogitatio im Auge hatte. Das Bildbewusstsein, in dem uns, etwa in der Anschauung eines Kunstwerkes, ein Zentaurenkampf und sonst welche Fiktion erscheint, das pure Phantasiebewusstsein, in dem wir uns ein goldenes Zeitalter vorträumen, eine Erinnerung, in der wir uns eines früheren Erlebnisses entsinnen: all solche Erlebnisse sind in sich selbst nach reellen Bestandstücken und Momenten nicht das, was in ihnen erscheint. Andererseits ist, dass gerade ein so und so zu Charakterisierendes erscheint, z.B. ein Zentaurenkampf, und gerade dieser bildlich dargestellte, etwas Gegebenes, und zwar absolut gegeben innerhalb der Ausschaltung aller so genannten transzendenten Wirklichkeit. Wieder dasselbe gilt von

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jederlei Denken, wie wenn wir uns denken, es sei 2 × 2 5, ohne es als wahrhaft seiend zu setzen: Das Denken ist nicht das darin Gedachte, die Analyse des Gedachten ist nicht Analyse des Denkens selbst. Wieder bei Gemütsakten, z.B. Willensakten, und schon darum, weil sie Vorstellungs- und Denkakte implizieren. Danach unterscheiden wir also innerhalb der phänomenologischen Reduktion Reelles und Ideelles (Intentionales); wobei das Ideelle, das wir hier besprochen haben, eine wesentliche Beziehung zum Reellen hat (Korrelat). Die cogitatio, das absolute Diesda, das nicht gesetzt ist als ein Seiendes der psychischen Natur, nicht gesetzt als Erlebnis einer erlebenden Person, ist ein phänomenologisch Reelles und hat seine reellen Teile und Momente (bzw. Eigenschaften). Die auf die cogitatio in dieser Hinsicht bezogene Analyse nennen wir reelle Analyse, alles, was sie ergibt, nennen wir der cogitatio reell immanent. Andererseits haben die cogitationes die merkwürdige Eigenschaft, dass sie so etwas wie einen Sinn haben, dass sie sich auf Gegenständliches beziehen, das ihnen im ideellen oder intentionalen Sinn immanent ist. „Immanenz“ ist hier ein uneigentlicher Ausdruck, da das eigentlich Immanente das reell Immanente ist. Ich sage daher auch ideell immanent, intentional immanent; das Gemeinte ist gleichsam in der Meinung, in ihr eben gemeint. Das Wahrgenommene ist in der Wahrnehmung wahrgenommen, das Erinnerte in der Erinnerung erinnert, das Gedachte gedacht im Denken. Zum Wesen der cogitatio gehört diese Immanenz, gehört es, in der oder jener (gattungsmäßig verschiedenen) Weise etwas gegenständlich zu haben, etwas zu meinen, und es lässt sich das Gemeinte, was als solches, nämlich als das, was da gemeint ist, und so, wie es da gemeint ist, zur absoluten Gegebenheit bringen und in einer absolut getreuen, keinerlei phänomenologische Fraglichkeit mitnehmenden Beschreibung zum Ausdruck bringen. Den blühenden Apfelbaum wahrnehmend können wir innerhalb der phänomenologischen Sphäre nicht fragen, ob er im nächsten Herbste gute Früchte tragen wird, denn das gehört nicht zum Sinn der Wahrnehmung selbst; und vor allem, die Frage setzt voraus, dass wir Natur hier gelten lassen, während wir sie in Klammern gesetzt haben. Ebenso ist der fingierte Zentaur nach seinem intentionalen Bestand eben derjenige, der in der Fiktion fingiert ist, und jede Frage, die über die Intention hinausgeht und ihren bloßen Sinn, z.B. was der Zentaur heute wohl zu Abend essen wird, aber auch, ob seine Haare wirklich schwarz sind oder bloß als das erscheinen, hat hier schon darum keinen Sinn, weil pure Phantasie von vornherein keine Wirklichkeitssetzung vollzieht. Halten wir aber die uns gesteckten Schranken fest, dann ist es überall klar, dass über das gemeinte Was als „Sinn“, über den intentionalen Gehalt der cogitatio, Aussa-

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gen gemacht werden können, die gegenüber der Skepsis absolut fest sind, weil Zweifel hier sinnlos ist, und die andererseits insoweit erkenntnistheoretisch voraussetzungslos sind, sofern sie nichts von dem als vorgegeben und fraglos voraussetzen, was erst durch Erkenntnistheorie entschieden werden soll. Die cartesianische Evidenz, die der Gegebenheit der cogitatio, ist also zweideutig. Von vornherein befasst sie, auch wie sie von Descartes und nachher immer wieder benützt worden ist, die doppelte Evidenz, die auf das reell Immanente bezügliche wie die auf das intentional Immanente. Von vornherein muss man sich die Sachlage hier absolut deutlich machen und hier der Ureigenschaft des „Bewusstseins“ sich vergewissern, in seiner Reellität sich selbst zu transzendieren. „Bewusstsein“, dieses vieldeutige Wort, gebrauchen wir hier im wichtigsten Sinn, im Sinn all jener Erlebnisse, zu deren Wesen es eben gehört, so etwas wie einen Sinn zu haben, sich intentional auf etwas zu beziehen. Jedes Bewusstsein ist Bewusstsein von etwas, und dieses Etwas ist, allgemein zu reden, nicht reelles Bestandstück des Bewusstseins selbst. Anstatt Bewusstsein sagt man in gleichem Sinn auch Akt, ein Wort, das in meinen Logischen Untersuchungen immer genau in diesem Sinn gebraucht wird. Ohne weiteres verständlich ist dann die unterscheidende Rede von reinem Bewusstsein im phänomenologischen und erkenntnistheoretischen Sinn und empirischem Bewusstsein im psychologischen Sinn. Ich habe, nebenbei bemerkt, mit Absicht im Zusammenhang unserer jetzigen Ausführung das Wort „reell“ bevorzugt gegenüber dem Worte „real“. Denn die deutsche Übersetzung von „real“ heißt „dinglich“, und demgemäß denkt man unter dem Titel des Realen gewöhnlich an Dinglichkeiten, sei es Dinge selbst, sei es Beschaffenheiten, sei es Relationen innerhalb der psychophysischen Natur. Wir aber hatten die ganze Natur ausgeschaltet und das reine Bewusstsein, die reine Wahrnehmung, Vorstellung, Prädikation u.dgl. in phänomenologischer Reduktion genommen; und wenn wir da entgegenstellen das, was dem Reduzierten als wirklich konstituierenden Teil einwohnt gegenüber dem intentionalen Gehalt, so mag das im Sprachgebrauch etwas weiter zu fassende Wort „reell“ ganz dienlich sein, um das erstere Glied des Gegensatzes zu bezeichnen. Die gemachte Scheidung ist, um es gleich zu betonen, auch für psychologische Zwecke fundamental. Immer wieder ist bis zum heutigen Tage von den Psychologen der fundamentale Fehler begangen worden, das Intentionale als solches zu psychologisieren, also das einem psychologisch apperzipierten Akt intentional Immanente als ein ihm reell Immanentes zu missdeuten. So z.B., wenn man halluzinierte Gegenstände als „bloß psychologische“ Gebilde bezeichnet. Doch in feiner Weise durchzieht die Vermengung die

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ganze traditionelle und neuere Psychologie, wie ich nicht näher ausführen kann; und niemals wäre man auf die Verkehrtheit verfallen, die Logik und Ethik für bloße Teile oder Zweige der Psychologie auszugeben oder für bloße psychologische Technologien, wenn man nicht beständig diese Vermengungen begangen hätte. Und damit hängt auch der bei den Psychologen so viel beliebte psychologistische Empirismus, überhaupt jede der erkenntnistheoretischen Abartungen des verkehrten Psychologismus zusammen. Doch gehen wir weiter. Vermöge der Intentionalität der cogitatio oder des „Bewusstseins“, wie wir auch sagten, umspannt die Phänomenologie, die wir auch als Wissenschaft vom reinen Bewusstsein bezeichnen könnten, in gewisser Weise all das, was sie so sorgfältig ausgeschaltet hat; sie umspannt alle Erkenntnisse, alle Wissenschaften und in gegenständlicher Hinsicht alle Gegenständlichkeiten, auch die gesamte Natur. Die Wirklichkeit der Natur, die Wirklichkeit von Himmel und Erde, von Menschen und Tieren, von eigenem Ich und fremdem Ich schaltet sie freilich aus, aber sozusagen ihre Seele, ihren Sinn behält sie zurück. Die Natur bzw. Dinge, reale Vorgänge, Zusammenhänge sind für uns Objekte der vorwissenschaftlichen oder wissenschaftlichen Erkenntnis, der Erkenntnis in ihren vielgestaltigen Besonderungen als Selbstwahrnehmung, Wahrnehmung von anderen psychischen Wesen, Wahrnehmung von physischen Dingen, Erinnerung, Erwartung, dann Wahrnehmungs- und Erinnerungsurteile, Erwartungsurteile, dann mittelbares Denken in seinen verschiedenen Besonderungen usw. Nun, all das sind Erlebnisse und Erlebniszusammenhänge, die, wie ihren reellen, so ihren intentionalen Gehalt besitzen und die in dieser Hinsicht nach phänomenologischer Reduktion studiert werden können. Jede Gegenständlichkeit kommt da als intentionale vor, ebenso wie jede Erkenntnisart, die auf solche Gegenständlichkeit ihrem Wesen nach sich bezieht. Dinge als Wirklichkeiten mögen dahingestellt bleiben, aber Dinge als Phänomene, könnten wir sagen, gehören in die Phänomenologie. Allerdings tritt dabei ein unvermeidlicher Doppelsinn des Wortes „Phänomen“ uns entgegen. 1) Einerseits heißt Phänomen (im Sinne der Phänomenologie immer verstanden) die jeweilige reelle cogitatio, das reelle Bewusstsein, und fürs Zweite aber auch der intentionale Inhalt des Bewusstseins, das in der betreffenden Wahrnehmung, Vorstellung, Meinung Gemeinte, Wahrgenommene, Vorgestellte als solches. Dem eigentlichen Wortsinn besser entspricht der zweite Begriff von Phänomen. Es ist eben das φαινµενον, das, was erscheint, und erweitert, das Gemeinte, auch das unanschaulich Gedachte als solches, abgesehen aber von Wirklichkeit oder Unwirklichkeit. So sprechen wir im gewöhnlichen Leben davon, es sei der

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Regenbogen nichts Wirkliches, sondern bloße Erscheinung, oder es sei ein im Stereoskopbild, ein im Kunstwerk Dargestelltes ein bloßes Phänomen, eine bloße Erscheinung. Erscheinung ist also hier das Erscheinende als solches. Freilich wird man nicht jedes Gemeinte als solches im gewöhnlichen Leben als Erscheinung bezeichnen, z.B. ein Gedachtes, aber nicht Angeschautes. Es liegt also eine sehr starke Extension des Ausdrucks vor, wenn wir in der Phänomenologie unter dem Titel „Phänomen“ auch Gedachtes als solches befassen. Auf der anderen Seite nun hat sich von der Psychologie her der Sprachgebrauch eingebürgert, die psychischen Akte selbst, die Wahrnehmungen, Vorstellungen, Urteile usw., als psychische Phänomene zu bezeichnen, und demgemäß ergibt sich auch nach der phänomenologischen Reduktion der Name „Phänomen“ zur Bezeichnung der reduzierten Akte selbst. Es heißt also Erscheinung bald so viel wie Erscheinen (Bewusstsein, in dem erscheint) und bald wieder so viel wie Erscheinendes. Wo eine scharfe Bezeichnung des Phänomens im Sinne des Aktes selbst nötig ist als des Bewusstseins, dem etwas erscheint, werden wir von Phansis sprechen und jede reelle Analyse des Bewusstseins scharf pointieren als phansiologische Analyse. Für die Phänomene im ursprünglicheren und naturgemäßeren Sinn werde ich wohl einen besonderen Namen ersparen müssen; man könnte ja freilich sagen Phantom oder Phantasma, was aber seine starken Unzuträglichkeiten hätte. In meinen Logischen Untersuchungen habe ich bei der Rede von Phänomenologie immer an die Akte gedacht und sie als Wissenschaft von den Akten in rein immanenter Betrachtung verstanden. Eine Wissenschaft von den Akten führt nun von selbst auf nicht nur reelle, sondern auch intentionale Analysen, also auf Sinnesanalysen. Etablierung einer Wissenschaft vom reinen Bewusstsein Wir1 beginnen heute mit der Frage, ob denn mit den Betrachtungen der letzten Vorlesungen genug geschehen ist, um die allgemeine Möglichkeit

1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Aber wir sind vielleicht etwas voreilig gewesen. Haben wir denn schon eine Phänomenologie, also dem Wortsinn nach eine Wissenschaft von Phänomenen dadurch, dass wir die cogitationes herausgestellt haben als absolut seiend, gefasst durch jenes phänomenologische Schauen, das der inneren Wahrnehmung nah verwandt ist, aber alle Beziehung auf Natur abgeschnitten hat? Wie lassen sich diese cogitationes wissenschaftlich erforschen? Bisher wissen wir nur davon, dass sie im phänomenologischen Schauen selbst gegeben werden. Aber bloßes Schauen ist noch nicht Urteilen, und bloßes Urteilen ist noch nicht wissenschaftlich Erkennen. Ist hier Raum für eine

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einer Wissenschaft vom reinen Bewusstsein zu sichern.1 Scheinbar haben wir durch passende Interpretation der cartesianischen Fundamentalevidenz ein grenzenloses Feld von absoluten Gegebenheiten, reellen und ideellen, bezeichnet, und es erscheint als selbstverständlich, dass dieses wissenschaftlicher Behandlung fähig sei. Indessen, Etablierung von phänomenologischer Wissenschaft hat ihre besonderen Schwierigkeiten, welche natürliche Wissenschaft nicht kennt. Haben wir irgendeine Sorte von Naturobjekten oder Naturvorkommnissen im Einzelnen exemplarisch aufgewiesen, und erregen sie unser theoretisches Interesse, so werden wir uns nicht lange besinnen, ob wir sie wissenschaftlich erforschen können, wir werden einfach anfangen. Das ist ja selbstverständlich, dass, nachdem solche Objekte als existierend aufgewiesen sind, sie sich in der Natur, im raum-zeitlichen Zusammenhang, unabhängig von der zufälligen Erkenntnis des Erkennenden fixieren, dass sie sich als Beziehungspunkte naturgesetzlicher Abläufe von Veränderungen bestimmen lassen. Wir können hier zunächst an eine objektiv fixierende Beschreibung herangehen, dann weiter Aufgaben der Klassifikation, der Feststellung empirisch allgemeiner Zusammenhänge in Angriff nehmen, desgleichen dann die Aufgaben der kausalen Analyse, in der sich die funktionellen Abhängigkeiten der Veränderungen herausstellen, wir werden aufsteigen zu den allgemeinen Naturgesetzen und mittels derselben kausale Erklärung irgendwie gegebener und bestimmter Objekte vollziehen oder von den geWissenschaft? Diese Bedenken werden wir sehr ernst nehmen müssen. Ehe wir aber an sie herantreten, wollen wir einige Schritte weiterforschen, ohne uns durch sie beirren zu lassen. Das Erste ist hier die Tat und das Zweite reflektive Auskunft über Sinn und Möglichkeit der Tat. Überlegen wir zunächst, was wir von den Cogitationen aussagen können, ohne den Rahmen absoluter Zweifellosigkeit zu überschreiten und damit den Rahmen der Unfraglichkeit in unserem Sinn. 1 Gestrichen (vermutlich noch während der Vorbereitung) Anfechten wird freilich niemand können, was wir festgestellt haben, dass zweifellose Aussagen möglich sind über verschiedene Bewusstseinsgestaltungen, über Wahrnehmungen, Erinnerungen, Urteile, Wollungen usw., und zwar innerhalb der phänomenologischen Reduktion; Aussagen, welche zum reinen und getreuen Ausdruck bringen, was der Blick der phänomenologischen Reflexion einerseits an dem jeweiligen Akt selbst an reell immanenten Bestandstücken zu erfassen vermag, und andererseits, was er zu erfassen vermag an intentionalen Momenten, an allerlei ideellem Gehalt. Wir lenkten da unser Interesse auf die wahrgenommene, erinnerte, phantasierte, geurteilte Gegenständlichkeit als solche. Es sei gleich hinzugefügt, dass wir da in der ideellen Hinsicht vielerlei werden unterscheiden müssen und dass also keineswegs gesagt sein soll, dass es nur e in e Sorte von Idealitäten gibt. Das Ideelle oder Intentionale ist hier nur ein allgemeiner Titel für Analysen und Deskriptionen, die sich auf Gegebenheiten beziehen in oder an den Akten, und doch nicht auf Gegebenheiten, die als reelle Teile oder reelle Momente der Akte angesprochen werden können.

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gebenen aus noch nicht gegebene der Zukunft im Voraus bestimmen oder objektiv vergangene Vorgänge, die uns nicht gegeben waren, feststellen. Wie steht es aber in der phänomenologischen Sphäre? Hier ist das einzelne Bewusstsein, der Akt, nicht gemeint als psychologische Einzelnheit. Wäre er so gemeint, dann wäre er etwas objektiv Fixierbares und in seiner Identität, gegenüber den auf ihn bezüglichen wechselnden Erkenntnissen, ein für alle Mal Bestimmbares. Er wäre es als Bestandstück der einen raumzeitlichen Natur; er hat ja Anknüpfung an einen Leib, ein physisches Ding so gut wie ein anderes, mit bestimmbarer Stellung in Raum und Zeit. Durch die Beziehung auf den Leib gewinnen die Raum und Zeit messenden Apparate Anwendbarkeit auf das Psychische, das nun objektiv bestimmbar ist nach seiner Zeitstelle, Zeitdauer, nach seinen inhaltlichen Momenten in ihrer funktionellen Abhängigkeit von dem Zentralnervensystem usw. Auch hier bestehen die Möglichkeiten der Vorausbestimmung des künftig eintretenden Psychischen oder der Rekonstruktion des vergangenen. Jede Bestimmung findet ihren objektiven Ausdruck in Aussagen, die aufgezeichnet und immer wieder in Identität ihrer gegenständlichen Bedeutung in Anspruch genommen werden können. Diese Inanspruchnahme vollzieht sich in immer neuen Akten verschiedener psychophysischer Individuen, Akten und Individuen, die aber zufällig sind gegenüber dem objektiv Festgestellten, gegenüber dem identischen Sinn der objektiv gültigen Aussage. Wie aber, wenn wir phänomenologische Reduktion vollziehen und unter Ausschaltung der Natur sowie aller problematischen transzendenten Setzung uns auf die absolute Gegebenheit der cogitatio zurückziehen? Bleibt da noch eine Möglichkeit für objektiv gültige Urteile? Wir vollziehen also irgendwelche Akte (cogitationes), Akte der Wahrnehmung, Erinnerung, Erwartung, des Urteils u.dgl. Rein in ihrer Selbstgegebenheit fassen wir sie; nicht bloß die in der cogitatio gesetzte Natur, sondern auch die Naturexistenz des eigenen Ich und des Aktes als seines Zustandes schalten wir aus. Damit sind offenbar alle Bestimmungsmittel der Naturwissenschaft ausgeschaltet; kein Maßstab, kein Theodolit oder Katheter, keine Uhr, kein Chronoskop bleibt uns erhalten. Sie alle verfallen dem Bann der phänomenologischen Reduktion. Was behalten wir übrig? Die reine cogitatio, das Diesda, diese Wahrnehmung etwa, und nicht einmal genommen als die unsere! Die Anknüpfung an das empirische menschliche Ich ist also verloren gegangen und damit die Beziehung zum Raum. Aber auch seine Beziehung zur objektiven Zeit. Er ist zwar ein Jetzt und ein von Jetzt zum immer neuen Jetzt sich Forterstreckendes: er dauert. Und er dauert, indem er sich zugleich nach seinen reellen Bestandstücken so oder so verändert und dabei etwa auf ein

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so und so sich veränderndes Objekt als Gemeintes gerichtet ist. Die Zeit, die da auftritt, ist keine objektive und keine objektiv bestimmbare Zeit. Die lässt sich nicht messen, für die gibt es keine Uhr und keine sonstigen Chronometer. Da kann man nur sagen: jetzt, vorher und weiter vorher, in der Dauer sich verändernd oder nicht verändernd etc. Wie sollen sich, wenn alle naturwissenschaftlichen Hilfsmittel als Mittel erfahrungsmäßiger Bestimmung ausgeschaltet sind, wissenschaftliche Aussagen etablieren? Sie sollen sich auf die reinen Selbstgegebenheiten der cogitatio beschränken. Aber wie weit reicht denn der Umfang der Selbstgegebenheit? Man wird doch nicht den Gesamtbereich von cogitationes, den das betreffende Ich gehabt hat, und nun gar haben wird, als den Umfang seiner zu phänomenologischen Forschungen verfügbaren und wissenschaftlich bestimmbaren cogitationes ansehen. Sind denn so weitreichende Aussagen als phänomenologische überhaupt zu machen?1 Eine Wahrnehmung aktuell vollziehend kann ich in der Reflexion sagen: „dies da“, und kann sie mit dem schauenden Blick in reiner Immanenz verfolgen, solange sie eben dauert. Ich kann auf ihre reellen Gliederungen, soweit sie sich immanent abheben, achten, dann auch auf das Gemeinte als solches und seine sich dabei abhebenden Bestandstücke; und kann das 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Wie sollten sie auch? Sie sind bloß Ausdruck eines Diesda im phänomenologischen Sinn, eines absolut Einmaligen und immerfort Fließenden, in Identität nimmer W Wiederkehrenden. Gesetzt, wir nehmen jetzt einen blühenden Baum wahr, und wir sagen: „Diese Wahrnehmung ist Wahrnehmung von einem blühenden Baum.“ Unser Blick wendet sich ab. Was bleibt nun von der Geltung der Aussage übrig? Diese Wahrnehmung, diese vom blühenden Baum. Aber jetzt ist ja keine solche Wahrnehmung gegeben, jetzt ist eine andere von einem anderen intentionalen Objekt gegeben. Nun mag sich allenfalls im Fluss der Aktphänomene eine Erinnerung einstellen vom Wahrnehmen desselben blühenden Baumes. Aber die sich anschmiegende Aussage kann jetzt nicht lauten, und im völlig gleichen Sinn lauten: „diese Wahrnehmung.“ Denn die erinnerte Wahrnehmung heißt im Ausdruck nun: „diese vergangene Wahrnehmung“, und nicht: „diese jetzt seiende Wahrnehmung, diese aktuelle, wie es ursprünglich gemeint war.“ Für das aktuelle Jetzt springt das erinnerte Jetzt ein, und die volle Aussage müsste jetzt lauten: „Diese Wahrnehmung, diese vergangene, w a r Wahrnehmung vom blühenden Baum“, während es ursprünglich hieß: „Diese Wahrnehmung is t Wahrnehmung vom blühenden Baum.“ Nun möchte man sagen: Auch im natürlichen Denken operieren wir doch mit diesen Unterschieden des Hier und Dort, des Jetzt und Vorher. Aber darüber hilft uns doch die Möglichkeit objektiver Raum- und Zeitbestimmung hinweg. In der Natur können wir festes Posto fassen. Bestimmte Fakta, immer wieder identifizierbar mit ihren identisch festhaltbaren Zeitpunkten und Ortspunkten, können als Grundpunkte von Koordinatensystemen so gewählt werden, dass in Relation zu ihnen alle anderen räumlich-zeitlichen Fakta feste Bestimmung erfahren und die betreffenden Aussagen eine einheitliche Geltung gewinnen können. Der 24. Mai 1909, so und so viel Uhr astronomischer Zeit u.dgl., das ist etwas Festes. Wie könnten aber reduzierte Phänomene festgehalten und wie in Relation zu ihnen die endlos fließende Mannigfaltigkeit von immer wieder neuen Phänomenen bestimmt werden? Ja wie dürften wir auch nur solche beständig transzendierenden Reden führen, da wir doch eigentlich an das einzelne Phänomen als das pure Diesda gebunden sind?

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zum Ausdruck bringen. Aber ist die Aussage nicht völlig gebunden an das aktuelle Phänomen während seiner Dauer? Mit ihm kommend und mit ihm verschwindend, jedenfalls seine in Anspruch zu nehmende Geltung alsbald wieder verlierend? Die Wahrnehmung dauert ihre Zeit; phänomenologisch gesprochen: sie fängt an, dauert und verschwindet wieder, wie wenn ich z.B. – um es empirisch auszudrücken – meinen Blick wegwende. Dahin ist dahin. Kehrt der Blick in die alte Lage zurück, so ist es eben eine neue Wahrnehmung. Was bleibt also von der alten Aussage, die ja nicht von dieser jetzigen Wahrnehmung spricht, übrig? Nun, wird man sagen, es schließt sich an die Wahrnehmung nach Abwendung des Blickes, und so an jedes abgelaufene Bewusstsein, ein Bewusstsein der Retention an, und zudem können in späteren Momenten des Bewusstseinsstroms Wiedererinnerungen auftauchen, die sich auf die früher gehabte Wahrnehmung, auf das früher vollzogene Urteils-, Gefühls-, Willensbewusstsein zurückbeziehen. Werden diese Wiedererinnerungen in passender Weise phänomenologischer Reduktion unterzogen, wird also auch in einer solchen nicht Gebrauch gemacht von der Wirklichkeit des früher wahrgenommenen Blütenbaumes, von meinem früheren Ich und dem zu ihm gehörigen Naturzusammenhang, so erstreckt sich nun der phänomenologische Blick über den früheren Bewusstseinsstrom, über das früher stattgehabte Kommen und Gehen, Dauern, Sichverändern der Akte. Und das ist das Feld der Phänomenologie. Aber nun kommt die Skepsis. Die Wiedererinnerung ist ein aktuelles Phänomen, das wir in seinem Diesda! fassen können. Sie bezieht sich etwa auf eine frühere phänomenologisch reduzierte Wahrnehmung. Dass sie das tut, das macht ihren intentionalen Gehalt aus; und auch den können wir als das Wiedererinnerte fassen, es ist ein zur Wiedererinnerung Gehöriges, und zwar als absolut Gegebenes. Aber wie steht es denn mit der Frage, ob das Wiedererinnerte wirklich gewesen sei? Mit der Frage der Geltung der Wiedererinnerung? Sie bezieht sich auf die frühere Wahrnehmung und setzt sie als wirklich gewesen. Das sehen wir ihr an, das ist gegeben. Aber muss dann diese Setzung eine gültige sein? So wie die Wahrnehmung eines Naturseins Setzung einer Natur ist, welche Setzung wir aber ausschalten (nämlich ihrer Geltung nach in der Phänomenologie dahingestellt sein lassen), weil hier ein Rätsel vorliegt, genau so scheint doch die Geltung der Wiedererinnerung in unsere phänomenologische Klammer gestellt werden zu müssen, da auch sie das Phänomen der Wiedererinnerung transzendiert und uns zum Rätsel werden will. Dasselbe, was von der Wiedererinnerung gilt, scheint auch gelten zu müssen von der unmittelbar auf das abfließende Phänomen folgende

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Bewusstsein, das wir Retention nennen. Somit scheint es, dass wir in unseren phänomenologischen Aussagen ganz gebunden sind an die aktuellen Phänomene, an die Phänomene in ihrer wirklichen Präsenz; solange das Phänomen dauert, so lange ist das da, was sie als phänomenologisch seiend setzen und als so und so beschaffen. Und ist das Phänomen vorüber, so verliert die Aussage das Geltungssubstrat. Wir hätten also phänomenologisch nicht einmal das Recht, von einem Bewusstseinsfluss, von einem Ablauf von immer neuen Akten zu sprechen. Von einem gegebenen Akt zurückblickend dürften wir nur diesen Akt des Rückblickens feststellen und das in ihm Erschaute nur als Gemeintes in Anspruch nehmen, nicht aber als wahrhaft Gewesenes. Somit ist alles Aussagen gleichgültig, wir haften ja doch nur am Diesda, das jeweils das Einzige ist, wovon wir sprechen dürften. Und natürlich wäre unsere ganze bisherige Reflexion mit betroffen. Die Ausschaltung der Natur hätten wir vollzogen; fordert man aber von uns auch Ausschaltung derjenigen Transzendenz, die in der Erinnerung und Retention liegt, dann sind wir zu Ende in dem Moment, wo wir angefangen haben. Es ist ja leicht zu sehen, dass wir eine gewisse Gültigkeit der Erinnerung und Retention vorausgesetzt haben. Im Übrigen führt der Zug der Skepsis noch immer weiter. Wie steht es denn mit dem aktuellen Phänomen, dem wirklich vollzogenen Bewusstsein und dem darauf gerichteten Schauen? Eine Wahrnehmung möge anfangen. Aber schon geht das Jetzt in das Nichtjetzt über, und ein neues Jetzt ist da. Wir sagen, die Wahrnehmung daure. Diese Dauer hat einen Endpunkt, das fließende Jetzt, und eine Strecke von gewesenen Jetzt, eine Extension also in der Vergangenheit. Überall also haben wir Retention. Transzendiert nun nicht der schauende Blick, indem er die dauernde Wahrnehmung als solche setzt, das reell allein Gegebene, das Jetzt, und setzt etwas mit, was nicht mehr reell gegeben ist: die Kontinuität der gewesenen Wahrnehmungs-Jetzt? Müssen wir nicht auch das ausschalten und uns zurückziehen auf das wahrhaft Gegebene, das absolute Jetzt und immer neue Jetzt? Natürlich hat es dann auch mit allem Aussagen ein Ende. Denn worauf bezieht sich die Wahrnehmung, wenn ich sage, sie richtet sich auf das intentionale Objekt des blühenden, jetzt im Winde so und dann so bewegten Objekts? Können wir nicht die Einheit in der Dauer durchhalten, die Einheit als Einheit der Veränderung und Unveränderung, sich erstreckend durch die Kontinuität der soeben gewesenen Jetzt, dann ist auch nichts auszusagen. Das Aussagen fließt ja selbst. Wie soll es das Jetzt fixieren, das im Fixieren immer wieder ein Neues wird? Viel weniger als absoluter Skeptizismus ist also das nicht. Ja wir können getrost sagen: Es ist absoluter Skeptizismus.

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Wir sind offenbar auf Irrwege geraten. Wie finden wir uns zur Vernunft und Klarheit wieder zurück? Da heißt es natürlich auf den Sinn der ursprünglichen Fragestellungen und auf den Sinn der Evidenzen, welche das Fraglose aussondern, rekurrieren. Naturerkenntnis ist problematisch. Aus welchen Gründen? Weil sie auf unmittelbare Natursetzungen rekurriert, die prinzipiell, ihrem Wesen nach, nicht den Charakter von selbstgebenden Setzungen haben, oder, was dasselbe, weil sie prinzipiell die Möglichkeit offen lassen, dass Naturwahrnehmung, trotz ihrer Prätention, Natur zur Gegebenheit zu bringen, täusche, also in Wahrheit keine Natur zur Gegebenheit bringe. Diese ganze Fragestellung wäre in sich sinnlos, wenn nicht Erkenntnis selbst zur absoluten Gegebenheit zu bringen wäre und wenn es nicht fest und zweifellos wäre, dass sie Erkenntnis des und des jeweiligen Inhalts wäre, Erkenntnis von Naturdasein, z.B. dass die Wahrnehmung Wahrnehmung gerade von dem blühenden Baum u.dgl. wäre, und wenn sich darüber nicht Aussagen machen ließen, die ungleich den Aussagen über Natur nicht nur gültige, sondern fraglos gültige Aussagen wären, fraglos, sofern sie eben nichts weiter tun, als absolut Gegebenes zum absoluten Ausdruck zu bringen. Nun half uns die cartesianische Evidenz dazu, uns dessen zu versichern, dass diese Voraussetzungen für vernünftige Problemstellung erfüllt sind, die ja evidenterweise auch Voraussetzung für jede Problemstellung überhaupt sind. Ist mir irgendetwas problematisch, so ist mir das mindest absolut gewiss, dass es problematisch ist, und von da geht es weiter zur Evidenz der cogitatio überhaupt und des darin Cogitierten. Absolute Selbstgegebenheit ist also sicher kein leeres Wort. Wir haben sie, auch wenn wir alle Naturexistenz, auch die empirische Ichexistenz in der phänomenologischen Reduktion ausschalten. Die Frage wird also sein, wie weit sie reicht. Und da ist es ganz offenbar, dass der schauende Blick, indem er z.B. auf Wahrnehmungserscheinung und das Wahrgenommene als solches gerichtet ist, er dieses in seiner Dauer immanent fasst, als absolute Selbstgegebenheit, und dass die Beschränkung auf das Jetzt, das im stetigen Flusse ist, eine Fiktion wäre. Damit ist schon gesagt, dass die in der Erfassung der Dauer abklingenden Phasen des eben verflossenen Jetzt nicht verloren gegangen sind. Und es ist offenbar als absolute Selbstgegebenheit in Anspruch zu nehmen, dass der Wahrnehmung schon eine Retention einwohnt, in der Eben-Vergangenes in seiner Einheit mit dem Jetzt und dem immer neuen Jetzt zur absoluten Selbstgegebenheit kommt. Blicken wir den blühenden Baum entlang, so kommt der Baum in einer Zeitgestalt zur Gegebenheit, und hören wir ein Stück Melodie, so hören wir nicht, den abstraktiv herauszudenkenden Jetztpunkten gemäß, bloß einzelne Töne oder gar Momente von einzelnen

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Tönen, gar mathematische Tonjetzt, sondern wir hören dauernde Töne, und zwar Töne sich verbindend zu einer Tongestalt, und diese ganze Tongestalt erfassen wir als stetig sich aufbauende und als das Gehörte, und die Einheit der gesamten Wahrnehmungserscheinung dieser Tongestalt erfassen wir als absolute Selbstgegebenheit in dem auf sie gerichteten stetig einheitlichen Blick. Und ist die ganze Tonphrase dahin, so fasst die Retention noch das eben Gewesene der gesamten Phrase, die da abgelaufen ist, und die gesamte Wahrnehmungserscheinung in der Weise einer eben gewesenen und nicht mehr Momente der aktuellen Wahrnehmung enthaltenden. Dabei trifft die Evidenz das Ebengewesensein, wodurch eine Beziehung des Gegenständlichen zum fließenden Jetzt mit gegeben ist, und von diesem ist es nicht ablösbar. Das alles in phänomenologischer Reduktion, unter beständiger Ausschaltung gegenwärtiger oder gewesener Naturwirklichkeit. Sagt man: „In reeller Wirklichkeit ist nur das Jetzt gegeben“, so antworten wir: Hier wollen wir nicht um reelle Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit streiten, sondern nur absolute Feststellungen, wahrhafte Selbstgegebenheiten, die gegen allen vernünftigen Zweifel gesichert sind, gewinnen, und die haben wir. Das Vergangene prätendiert hier nur als Vergangenes, das Jetzt nur als Jetzt in der Einheit des selbstgebenden Bewusstseins selbstgegeben zu sein. Das sagen wir aus, ehrlich, wie wir es schauen und haben. Es mag hier eine Sphäre von Problemen sein, nämlich gerichtet auf analytische Herausstellung der Arten und Komponenten solcher Selbstgegebenheit. Aber problematisch in dem Sinn, in dem die Naturerkenntnis problematisch ist, ist hier nichts. Gewiss transzendiert die Retention, die ein jetzt lebendiger und zur Selbstgegebenheit zu bringender Akt ist, selbst und setzt etwas als seiend, nämlich als vergangen seiend, was ihr nicht reell einwohnt. Aber was hier zu lernen ist, ist dies, dass innerhalb der Sphäre absoluter Selbstgegebenheit eine transzendente Geltung auftritt, die unbestritten ist und bleiben muss, sofern sie das ihr reell Transzendente nicht nur meint, sondern in offenbar gültiger Weise setzt; in absolut gültiger Weise, und nicht, wie es bei der äußeren Wahrnehmung statthat, in einer Weise, die immer Möglichkeiten der Nichtgeltung offen lässt. Nicht ganz so gut steht es freilich mit der Wiedererinnerung, wie wenn eine Erinnerung auftaucht, die nicht in der Weise der Retention das eben Gewesene als solches nur festhält in seiner Kontinuität zum fortfließenden aktuellen Jetzt. Auch in ihr können wir phänomenologische Reduktion üben, sofern wir das Naturdasein, das in der Wiedererinnerung eintritt, ausschalten, aber das bewahrt sie, allgemein zu reden, nicht von der prinzipiellen Möglichkeit der Täuschung. Andererseits wird man auch innerhalb der phänomeno-

rekapitulation des bisherigen ganges der vorlesungen

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logischen Reduktion sich überzeugen, dass Wiedererinnerung nicht immer vernünftig zweifelhaft ist, mindest in jeder Hinsicht zweifelhaft ist, nämlich wenn wir einen kontinuierlichen Weg der Erinnerung von ihr zum Jetzt und vom Jetzt durch Retention hindurch und durch stetig wieder auflebende Retention hindurch wieder zurück gelangen zu dem in der Wiedererinnerung Gesetzten. Doch das ist Sache besonderer Untersuchung. Rekapitulation des bisherigen Ganges der Vorlesungen Vergegenwärtigen1 wir uns den Stand unserer Meditationen vor den Pfingstferien. Das Leitproblem, das über die Stufe der natürlichen Erkenntnis und Wissenschaft hinaustrieb, war das „Problem der Transzendenz“, und zunächst das der Transzendenz der Natur. Oder um den lässigen und missdeutlichen Ausdruck zu erläutern: Es war das Problem, wie das erkennende Bewusstsein in seinem Fluss mannigfach gestalteter und ineinander gewobener Erkenntnisakte sich selbst transzendieren und in gültiger Weise eine Gegenständlichkeit setzen und bestimmen kann, die in ihm nach keinem Bestandstück reell zu finden ist, in ihm nie und nirgends zu absolut zweifelloser Selbstgegebenheit kommt, während sie doch dem Sinn der Naturerkenntnis gemäß an sich existieren soll, ob sie zufällig erkannt wird oder nicht. Von da aus schien 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Vergegenwärtigen wir uns den Stand unserer Meditationen vor den Pfingstferien. Das Leitproblem, das über die Stufe der natürlichen Erkenntnis und Wissenschaft hinaustrieb, war das Problem der Transzendenz. Oder, um den lässigen und missdeutlichen Ausdruck zu erläutern: Es war das Problem, wie das erkennende Bewusstsein, in seinem Fluss mannigfach gestalteter Erkenntnisakte, sich selbst transzendieren, wie es eine Gegenständlichkeit gültig setzen und gültig bestimmen kann, die der Erkenntnis gegenüber transzendent ist, eine an sich seiende Gegenständlichkeit, die im erkennenden Bewusstsein nie zu absolut zweifelloser Selbstgegebenheit kommt und die im Sinne der Erkenntnissetzung an sich selbst existieren soll, ob sie zufällig erkannt wird oder nicht. Untersuchungen, die uns in diesen Beziehungen helfen sollen, unterliegen der Forderung der phänomenologischen Reflexion. Es ist nichts anderes als die Forderung, des bewegenden Problems beständig eingedenk zu bleiben und es mit keinem anderen Problem zu vermengen und nichts als vorgegeben vorauszusetzen, nichts als Prämisse zu verwenden, keine Untersuchungsmethode gelten zu lassen, welche explizit oder implizit die Lösung des Problems schon voraussetzen würde. Hinsichtlich der Naturerkenntnis besagt das: Da jede Möglichkeit von solcher Erkenntnis in Frage ist, so kann die Untersuchung nicht selbst als naturwissenschaftliche Untersuchung laufen. Ohne ernstlich Skeptiker zu sein, müssen wir genau so verfahren, als wären wir hinsichtlich aller Naturexistenz Skeptiker: Von solcher Existenz dürfen wir in keiner Weise Gebrauch machen. Die Untersuchung kann also keine physiologische, biologische, psychologische sein. Alle Naturwissenschaften sind in Frage ebenso wie alle vorwissenschaftlichen Naturerkenntnisse des gewöhnlichen Lebens.

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sich das Problem in unbestimmt allgemeiner Weise zu erweitern: Wie ist Erkenntnis von irgendeinem in ähnlichem Sinn an sich Seienden möglich, wie ist ihr objektiver Geltungsanspruch zu verstehen und vor der widersinnigen Skepsis, zu der die Reflexion immer wieder zu drängen scheint, zu schützen? Wir sahen, dass Untersuchungen, die uns in diesen Beziehungen helfen sollen, der Forderung der phänomenologischen Reduktion unterstehen. Es ist nichts anderes als die Forderung, des hier bewegenden Problems und seines eigentlichen Sinnes beständig eingedenk zu bleiben und dem kein anderes Erkenntnisproblem zu unterschieben. Darin liegt aber, dass wir nichts als vorgegeben voraussetzen, nichts als Prämisse verwenden, keine Untersuchungsmethode zulassen dürfen, welche selbst mit dem Problem behaftet ist. Hinsichtlich der Naturerkenntnis besagt das: Die Untersuchung, welche die Möglichkeit der Naturerkenntnis in dem vorhin bezeichneten Sinn betrifft, kann nicht selbst den Charakter naturwissenschaftlicher Erkenntnis haben, kann nicht selbst naturwissenschaftliche Untersuchung sein. Ohne ernstlich Skeptiker zu sein, müssen wir genau so verfahren, als wären wir hinsichtlich aller Naturexistenz skeptisch: Keine Existentialsetzung von Natur darf in Anspruch genommen werden. Physiologie, Biologie, Psychologie, alle Naturwissenschaften überhaupt sind in gleicher Weise in Frage, bleiben in gleicher Weise ausgeschaltet. Einen Anfang bot nun die cartesianische Fundamentalbetrachtung. Die cogitatio ist eine absolute Gegebenheit, die nicht mit dem Problem der Transzendenz behaftet ist. Gegenüber Descartes’ Abirrung und gegenüber der sich auf Descartes berufenden Lehre von der Evidenz der inneren Wahrnehmung und ihrer angeblich grundlegenden Bedeutung für die Erkenntnistheorie stellten wir fest: Die absolute Gegebenheit der cogitatio besagt nicht cogito, sum; und bedeutet auch nicht Existenz des so genannten psychischen Phänomens im Sinne der Psychologie. Das Schauen der phänomenologischen Reflexion, die, auf das Erlebnis des Zweifelns, des Urteilens, Wollens u.dgl. hinblickend, gleichsam sagt: „Dies“, und es damit schauend fasst und setzt, ist nicht psychologische Selbstwahrnehmung. Es schien nun, dass wir mit dem Feld der reinen cogitationes, befreit von aller mitverflochtenen empirischen Existenzsetzung, sei es der Setzung der cogitierten Natur, sei es derjenigen des cogitierenden Ego, ein brauchbares und independentes Forschungsgebiet gewonnen hätten: eine Phänomenologie, wenn wir jene reinen cogitationes Phänomene nennen. Es schien, dass wir diese Phänomene analysieren, die Ergebnisse der Analyse zu adäquat beschreibendem Ausdruck bringen, dass wir sie getreu klassifizieren können u.dgl. Die Sphäre solcher Forschung schien dabei alsbald sehr viel umfas-

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sender zu sein, als wir es zunächst dachten. Es schieden sich reelle Analysen von intentionalen Analysen. Es zeigte sich, dass an den cogitationes nicht bloß reelle Bestandstücke aufgewiesen werden können, und zwar als solche, die in der Analyse zu absoluter Selbstgegebenheit gebracht werden können. Zum Wesen der cogitationes gehört, dass sie sich „intentional“ auf etwas beziehen, dass in ihnen ein Gegenständliches erscheint oder sonstwie in ihnen „gemeint“ ist, und das Erscheinende als solches, das Gemeinte als solches, kann evident beschrieben, kann in intentionaler Analyse zu absoluter Selbstgegebenheit gebracht werden, sei es auch in Beziehung zur cogitatio. Wahrnehmend können wir das Wahrgenommene beschreiben, so wie es da erscheint, als dasjenige, als welches es diese Wahrnehmung gleichsam meint, als welches es in ihr dasteht: mag es sich nun mit Existenz oder Nichtexistenz und mit Möglichkeit der Wahrnehmungserkenntnis verhalten wie immer. Und ebenso bei anderen cogitationes. In gewisser Weise gehört also das Sich-selbst-Transzendieren zum Wesen der cogitationes, es ist jeweils eine absolute Gegebenheit, dass so genannte Dingwahrnehmungen, Urteile u.dgl. etwas meinen, was sie nicht selbst sind, oder dass zweierlei absolute Urteile, Selbstgegebenheit ausdrückend, möglich sind, solche, die das Sein der cogitatio mit ihrem reellen Bestand setzen, und solche, die ihre Beziehung auf ihnen nicht reell Immanentes und den Inhalt des nicht Immanenten betreffen. Verschiedene Begriffe von Seiendem scheinen sich da zu spalten. Das Seiende im Sinne der Wirklichkeit oder Natur, das wir aber hier in seiner Wirklichkeit nicht in Anspruch nehmen dürfen. Das Seiende im Sinne des Bewusstseins, nämlich der cogitatio, endlich das Cogitiert-Seiende, z.B. das Fingiertsein in der Fiktion, das wir zwar nicht als wahrhaftes Sein gelten lassen, das wir aber andererseits als Fingiertes, als Cogitiertes doch mit Evidenz bezeichnen und seinem Inhalt nach, so wie es da gemeint ist, beschreiben können. Nach Erkenntnis dieser Doppelseitigkeit der cartesianischen Evidenz (nach ihrer passenden Reduktion), also auch nach Erkenntnis der wesentlichen Doppelseitigkeit der unter dem Titel „reines Phänomen“ oder „reines Bewusstsein“ bezeichneten absoluten Gegebenheiten, schien sich zu ergeben, dass die Phänomenologie einen immens erweiterten, ja allumfassenden Rahmen erhalten hat. Sie schien alle Erkenntnisse und Wissenschaften und in gegenständlicher Hinsicht alle erdenklichen Gegenständlichkeiten, darunter auch die Naturgegenständlichkeiten zu umspannen. Freilich, die Wirklichkeit der Natur durfte nicht in Anspruch genommen werden, naturwissenschaftliche Feststellungen durften nicht als Prämissen fungieren. Andererseits sind doch absolute Gegebenheiten a lle cogitationes, somit alle unter dem Titel „Erkenntnis“ zu befassenden, alle Wahrnehmungen, Vorstellungen, Erin-

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nerungen, alle Meinungen welcher Art immer, alle richtigen und falschen, einsichtigen und uneinsichtigen Urteile, und mit all dem natürlich auch all die vorgestellten, gemeinten, eventuell einsichtig erkannten Gegenständlichkeiten als intentionale Gegenständlichkeiten der betreffenden Erkenntnis cogitationes. Mit jeder cogitatio ist eben gegeben ihr Sinn, und der Sinn macht eben ihre wesentliche Eigentümlichkeit aus, sich auf die oder jene Gegenständlichkeit zu beziehen. Somit schienen die Auspizien nicht nur für eine Phänomenologie als immanente Analyse des reinen Bewusstseins in reeller und intentionaler Hinsicht, sondern auch für die Lösung des anführenden erkenntnistheoretischen Problems die günstigsten. Denn nun bietet sich folgender Gedanke dar: Ist die Möglichkeit transzendenter Erkenntnis, oder im Sinne des engeren Ausgangsproblems: ist die Möglichkeit der Naturerkenntnis ein Problem, so müssen wir im Rahmen der phänomenologischen Reduktion die verschiedenen Erkenntnisarten studieren, in denen Natur zur Gemeintheit, zur bald begründeten, bald unbegründeten Ansetzung und Bestimmung kommt. Durch die Erforschung des phänomenologischen Wesens der Erkenntnis in allen Beziehungen, nach reellem Bestand, nach Sinn, nach Rechtsbegründung oder -entgründung, nach Bestätigung und Widerlegung, müssen sich alle auf die Möglichkeit der Erkenntnis bezüglichen Probleme lösen. Und ein anderer Weg ist durch den Sinn des Erkenntnisproblems gar nicht denkbar. Und ich sagte gleich: alle auf Erkenntnis bezüglichen Probleme, ich meine nämlich alle irgend analogen, alle Rätsel der Transzendenz, die Erkenntnis in irgendeiner Sphäre bieten mag. Nun kam aber die Peripetie. Eine neue Meditation lehrte, dass die Möglichkeit einer phänomenologischen Wissenschaft mit all dem Bisherigen nicht hinreichend vorbereitet ist, ja dass ihr Schwierigkeiten im Wege stehen, die auf eine absolute Skepsis hinzudrängen schienen. Die cogitationes nach ihrem reellen und intentionalen Bestand sollen ein Feld der Phänomenologie sein. Aber was für cogitationes? Doch die in cartesianischer Evidenz und phänomenologischer Reduktion gegebenen, also die Erlebnisse im Momente der phänomenologischen Reflexion! Zum Beispiel wenn ich zweifle und mir reflektiv dessen bewusst werde, dass ich zweifle, ist das Gegebensein des Zweifels absolut gewiss, wenn ich wahrnehme, dass ich wahrnehme, wenn ich will, dass ich will. Aber alle Erlebnisse fließen dahin, Bewusstsein ist ein ewiger heraklitischer Fluss; was eben gegeben ist, sinkt in den Abgrund der phänomenologischen Vergangenheit und ist nun für immer dahin. Nichts kann wiederkehren und zum zweiten Mal in Identität gegeben sein. Haben wir also wirklich ein unendliches Feld und nicht vielmehr immer

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nur einen Punkt, der kommend alsbald wieder flieht? Nicht die unendliche Fülle von Phänomenen, die der Phänomenologe gehabt hat, und gar, die alle anderen Menschen haben und gehabt haben, kommt für uns als Gegebenheit in Frage. Die Natur schalteten wir aus, das eigene Ich wie die fremden Ich, und wir schalteten sie aus um des Rätsels der Transzendenz willen. Aber müssen wir nicht konsequent sein und diesem Rätsel überall in allen seinen analogen Gestaltungen nachgehen? Nützt es etwas, so genannte Natur1 ihrer Existenz nach in Frage zu stellen und gleichstehende Fraglichkeiten unberührt zu lassen? Nie und nirgends ist Natur absolute Gegebenheit. Ich verstehe nicht, wie sie angesetzt werden kann, und mit Recht angesetzt werden, dann weiter wissenschaftlich bestimmt werden kann. Bei der cogitatio, in dem Moment ihres reflektiven Gegebenseins, habe ich andererseits absolute Gegebenheit: bei meiner cogitatio, nur dass ich mich selbst ausschalte. Von den cogitationes eines anderen habe ich natürlich keine solche Gegebenheit. Der andere mag sie haben. Aber was nützt seine absolute Setzung, wenn ich sie mit seiner Existenz notwendig mit ausschalten muss? Und komme ich nun über meine absolute Gegebenheit und ihre Setzung (Jetztsetzung) hinaus? Wir besprachen die Probleme der Retention und Wiedererinnerung. Schon die unmittelbare Retention, die das eben abgeflossene Erlebnis noch im Fliehen hält, aber nur in der Weise des eben Gewesenen hält, schien mit dem Problem der Transzendenz behaftet zu sein. Die Retention hat ja nicht mehr die cogitatio selbst, die gewesen war. Was nützt mir also die Setzung der cogitatio und das eventuell beschreibende Urteil, wenn dies Urteil der eigentlichen Objektivität ermangelt, in den Fluss der cogitatio mit einbezogen ist und, sowie sie dahin ist, nicht mehr statthaben kann? Oder sollen wir nun ein Erinnerungsurteil daraus machen? Aber transzendiert nicht die Retention das Gegebene, indem sie, statt zu setzen: „Dies ist“, vielmehr setzt: „Dies ist eben gewesen“? Und nun gar die Wiedererinnerung! Könnte nicht alle Wiedererinnerung Täuschung sein; könnte sie uns nicht gleichsam versichern, es sei früher einmal etwas gegeben gewesen, während es nie und nimmer etwas gab? Diese Zweifel scheinen sogar die phänomenologische Wahrnehmung zu tangieren. Jede Erfassung eines dauernden Phänomens impliziert mit der Dauererfassung auch Retention. Sollen wir also sagen, nur das absolute Jetzt sei wirkliche Gegebenheit und sei frei vom Problem der Transzendenz, und schon die geringste Erstreckung in die Vergangenheit, die doch zur Dauer wesentlich gehört, sei problematisch? So geraten wir in einen extremen Skeptizismus. Schließlich dürften wir nicht einmal wagen, von einem Flusse 1

Gestrichen physische Natur oder so genannte äußere Natur

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des Bewusstseins zu sprechen, und von irgendetwas überhaupt zu sprechen, da1 das absolute Jetzt nirgends fassbar zu sein scheint, wenn wir den Fluss abstraktiv abzutun und sogar in Frage zu stellen versuchen. Gesetzt aber, jemand würde sich trotzig auf den Boden der cartesianischen Evidenz stellen und sagen: „Da ist ein wirklicher archimedischer Punkt, den Descartes für alle Zeiten festgestellt habe; an allem mögen wir zweifeln, nur nicht am Sein der cogitatio, die wir reflektiv als Gegebenheit erfassen“, so würden wir auch fragen können, was er denn damit anfangen wolle. Etwa Schlüsse daraus ziehen wie Descartes, die gar zum Dasein Gottes, einer körperlichen und geistigen Außenwelt, einer für sie gültigen Mathematik und Naturwissenschaft führen sollten u.dgl.? Aber ist nicht jeder Schluss, der vom Gegebenen auf Nichtgegebenes führt, wieder mit dem Problem der Transzendenz behaftet? Der Schluss als cogitatio mag in der Reflexion absolute Gegebenheit sein, aber dass das Erschlossene und Nichtgegebene wirklich ist, das gibt wieder ein Rätsel, wie Bewusstsein triftig sich selbst transzendieren kann. Am Ende entspricht gar nichts dem Erschlossenen. Sagt man, der Schluss als richtiger und einsichtiger Schluss sei begabt mit einem auszeichnenden Charakter der Notwendigkeit oder notwendigen Gültigkeit, einem Gefühl, das bei einem Fehlschluss mangle, einem Gefühl, das schlechthin untrüglich sei, so werden wir natürlich sagen: „Ja das ist eben das Rätsel.“ Wir wollen nicht etwa Triftigkeit der Schlüsse leugnen; wir sind ja nicht dogmatische Skeptiker, aber wir sind kritische Skeptiker. Wir erkennen an, dass einsichtiger Schluss sich von uneinsichtigem im Bewusstsein irgendwie scheiden muss; wir sind auch herzlich gern bereit anzuerkennen, dass der einsichtige objektiv gültig sei und dass der Charakter der Einsichtigkeit objektive Gültigkeit verbürge. Aber wir verstehen nicht, wie er das tue und tun könne. Was kümmert sich nichtgegebenes Sein um die unseren Schlusserlebnissen anhängenden Charaktere? Und ist, wie man sagt, Einsichtigkeit ein Gefühl und im einsichtig werdenden Irrtum der Falschheitscharakter ein anderes, negatives Gefühl, so fragen wir, ob diese Gefühle nicht ihre Funktionen umkehren könnten, und, wie wir dann dazu kommen sollen, mehr auszusagen, denn es sei einmal das Gefühl a da und das andere Mal das Gefühl b. Wir aber sagen einmal, das Nichtgegebene und Erschlossene sei wirklich, und das andere Mal, es sei nicht wirklich. All solchen Fragen und Problemen, Zweifeln gegenüber gibt es zunächst nur eine Stellung: Was uns irgend bei unserer Denkrichtung hier fraglich ist, müssen wir als fraglich behandeln und nur festhalten, was unserem Fragen 1

Gestrichen im Aussprechen schon alles fließt.

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und Erwägen als sinnvollem Fragen zugrunde liegt. Also die cartesianische Evidenz dürfen wir nicht preisgeben, wir müssen sie aber andererseits richtig verstehen, richtig fassen und begrenzen; auch nicht zu eng begrenzen. Sie appelliert an die absolute Selbstgegebenheit des Zweifels im Zweifeln, des Wahrnehmens im Wahrnehmen usw. Sie mahnt uns dadurch an das prinzipiell Nichtproblematische und bezeichnet damit im Voraus der Form nach das Feld, in dem Problemlösung vonstatten gehen muss. Absolute1 Selbstgegebenheit ist prinzipiell das Nichtproblematische im Sinne eben des Transzendenzproblems. Setzung eines Daseins, das nicht im absoluten Sinn selbstgegeben ist, ist rätselhaft, eben weil es nicht selbstgegeben ist. Haben wir und fassen wir etwas selbst, ohne in unserem Meinen, Aussagen, Urteilen über das wahrhaft Selbstgegebene hinauszugehen, so hat ein Zweifel keinen Sinn. Wir reden und urteilen ja vielerlei, und nicht bloß in den Tag hinein, sondern aus guten Gründen. Wenn wir Gründe einfordern, wenn wir sie aufgewiesen haben wollen: Ist dann nicht überall der Sinn der Forderung eben der, vom gegebenheitsfernen Meinen zurückzugehen auf das ausweisende, selbstgebende Meinen? Wir fühlen mindest, dass das der Sinn sei, selbst in der Erfahrungssphäre, wo wir Rückgang der Erfahrungsurteile auf aktuelle Wahrnehmung oder Erinnerung fordern. „Das ist so“, „Ich 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Was haben wir durch diese Betrachtungen gelernt? Nun vor allem dies, dass im Ausgang von der Evidenz der cogitatio verschiedene Sorten von Selbstgegebenheiten aufweisbar sind, dass darunter verschiedene Sorten von Erkenntnisakten sind und zu ihnen gehörige in absoluter Selbstgegebenheit aufweisbare intentionale, aber zugleich auch gültige, also in ihrer Art wirkliche Gegenständlichkeiten. Die Sphäre der „Immanenz“ hat sich reicher gezeigt, als wir dachten. Es ist nicht abzusehen, warum wir nicht weiterforschen könnten, ob sich noch andere Fälle von absoluter Gegebenheit schauend aufweisen ließen, und zudem scheint jede dieser Arten von Gegebenheiten wieder eine Erforschung ihrer inneren Konstitution und ihres Verhältnisses zu anderen Gegebenheiten zuzulassen; also z.B. Erforschung der Akte, die der Titel „Wahrnehmung“ befasst, und der Selbstgegebenheiten, die in oder an ihr in reellem oder intentionalem Sinn festzustellen wären. Ebenso der Titel „Erinnerung“, als Retention und Wiedererinnerung und was sonst da aufzuweisen wäre, wie z.B. auch Identifizierung und Unterscheidung usw. Indessen, einen großen Schritt haben wir noch zu machen als Bedingung der Möglichkeit wissenschaftlicher Forschung. Genau besehen haben wir noch immer nicht für eine Wissenschaft gesorgt. Angenommen selbst, wir könnten durch Wahrnehmung, Retention und Wiedererinnerung einen ungemessenen Bestand an gegenwärtigen und vergangenen Erlebnissen in phänomenologischer Stellungnahme überschauen, und so, dass alles Überschaute in gesicherter Selbstgegebenheit vorläge und immer neue Akte vollzogen werden könnten, die sich der Identität des Einzelnen aus diesem Bereich vergewissern könnten in zweifelloser Identifizierung: Was sollten wir da wissenschaftlich tun? Die Beschreibung jedes Einzelnen wäre zwecklos, da ein jedes doch immer wieder zur Wiedergegebenheit gebracht werden könnte und zum passenden getreuen Ausdruck. Es bliebe dann noch die Klassifikation, oder zum mindesten die Festlegung von Klassen, Gattungen, Arten bisher gegeben gewesener Akte. Wäre das ein Unternehmen von erheblichem Nutzen?

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habe es gesehen“: Damit wird der Zweifel abgeschnitten. Nur freilich, dass sich bei näherer Betrachtung zeigt, dass das empirische Wahrnehmen kein absolut selbstgebender Akt ist und seinerseits wieder mit dem Problem der Transzendenz behaftet ist. Und nur darum die weitere Untersuchung. Das cogito ist ein absoluter Ausgangspunkt, nicht weil es sich um unsere eigenen psychischen Erlebnisse handelt, sondern weil wir von diesen cogitationes, wie Descartes sagt, clara et distincta perceptio haben. Richtiger aber heißt es, weil das hierbei Gesetzte in reiner Selbstgegebenheit gesetzt ist. Und damit ist der erste Boden der Untersuchung bezeichnet insofern, als eben alle Transzendenzprobleme der Erkenntnis von der Gegebenheit der Erkenntnis selbst ausgehen müssen und von all dem, was in ihr selbst, sei es reell, sei es intentional, absolut gegeben ist. Von da muss man weitergehen und eben fragen, wie weit diese Selbstgegebenheit reicht; und man darf nicht etwa meinen, das Selbstgegebene biete überhaupt keine Probleme. Das Wesentliche ist, dass es selbstgegeben ist und dass in der Selbstgegebenheit die Probleme, die sie stellt, selbst, also durchaus immanent zu lösen sind. In diesem Sinne stellten wir schon als absolute Selbstgegebenheit das Dauern und Eben-Gewesensein in Wahrnehmung, aber auch Retention fest. Die Retention ist ebenso ein absolut gebender Akt wie die Wahrnehmung, und es ist Sache eines besonderen Studiums, alle in die Sphäre absoluter Gegebenheit fallenden Verhältnisse in diesen Akten zu erforschen, und von da aus wäre weiterzugehen. Schon Descartes frug sich: Warum kann die Evidenz des cogito absolut gelten, und was wäre ihr gleichzustellen? Und er sagt: alles, was wir in demselben Sinn clara et distincta perceptio nennen. Aber er hat den eigentlichen Sinn der Sachen nicht erfasst. Die perceptio, um die es sich hier handelt, ist das reine, zum absoluten Selbst des Gemeinten vordrängende oder1 allen Gestaltungen rein selbstgebender Akte nachgehende Schauen. Und wie groß das Feld ist, das werden wir noch ausreichend sehen. Indessen, eine Reihe von Hauptbedenken bleibt noch übrig. Im Ausgang von der cartesianischen Evidenz schien sich zu ergeben, dass mannigfache Sorten von selbstgebenden Erkenntnisakten aufweisbar sind und zu ihnen gehörige absolute Gegebenheiten. Die Sphäre der so genannten Immananz (ein Wort, das bei uns einen besonderen Sinn hat) zeigt sich als viel reicher, als wir zunächst denken möchten. Aber sind denn hier die Bedingungen für die Etablierung möglicher wissenschaftlicher Forschung erfüllt und erfüllbar? Angenommen, dass Retention nicht beschränkt, sondern in Ansehung des abgelaufenen Flusses unserer Erlebnisse allumfassend wäre, so dass wir 1

Gestrichen absolute Sein in rein fassendem Meinen

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sie alle überschauen könnten, oder gesetzt, Wiedererinnerung wäre allumfassend und in sich gesichert: Könnten wir selbst in diesem günstigen Fall eine Wissenschaft etablieren? Im Gegenfall scheint dies ja ohne weiteres ausgeschlossen, da die gemachten Feststellungen sozusagen verloren gehen, weil sie der Fraglichkeit verfallen. Was sollten wir also tun? So etwas wie deskriptive Wissenschaft treiben? Aber wäre nicht die Beschreibung der Einzelnheiten zwecklos, da wir ja des Gewesenen uns immer wieder neu in direktem Rückschauen vergewissern könnten? Oder sollten wir klassifizieren? Die Klassifizierung könnte sich nur auf die bisher im abgelaufenen Bewusstseinsfluss aufgetretenen Erlebnisse beziehen. Wäre das ein Unternehmen von einem verständlichen Werte? Zumal wenn wir daran denken, dass der Nutzen noch sich bewähren sollte auch nach Aufhebung der phänomenologischen Reduktion; mit anderen Worten, wenn unsere Arbeit Nutzen haben sollte, sei es für die Lösung des Problems der Naturerkenntnis, sei es etwa gar für die Naturerkenntnis selbst, etwa durch Umwendung gewisser Gruppen phänomenologischer Feststellungen für eine Psychologie. Sowie wir aber die phänomenologische Reduktion aufheben, charakterisiert sich unsere Untersuchung als eine Klassifikation von Akten, die ein gewisses Phänomenologie treibendes Subjekt in seinem Bewusstsein vollzogen hatte, und von gewissen zu diesen Akten gehörigen, sei es auch idealen Gegebenheiten, die aber, als zu diesen Akten gehörig, auch eine Beziehung zu dem zufälligen, Phänomenologie treibenden Subjekt hätten. Das erweckt keine großen Aussichten für nützliche Forschungen, und vor allem für wissenschaftliche. Wissenschaft will ein System objektiv gültiger Aussagen aufstellen, und die objektive Gültigkeit, worin sie sonst auch bestehen mag, impliziert auch die intersubjektive Gültigkeit, d. h. die Unabhängigkeit von dem zufällig forschenden Subjekt, und die Möglichkeit, dass jedermann, jeder Vernünftige überhaupt prinzipiell der Gültigkeit dieser Aussagen sich einsichtig vergewissern kann. Mag auch der Phänomenologe methodisch alle Natur ausschalten, die Phänomenologie als Wissenschaft muss doch, wenn Natur nun einmal Wirklichkeit ist und als Wirklichkeit erkennbar ist, für jeden Vernünftigen innerhalb der Natur etwas Erreichbares, Nachprüfbares, Einsehbares sein. Blicken wir zum Vergleich auf die Mathematik hin, etwa die reinste Mathematik, die da Arithmetik und Mannigfaltigkeitslehre heißt. Auch hier bewegt sich die Forschung innerhalb einer Sphäre, die jede Natursetzung ausschaltet; gesetzt werden reine Zahlen, und selbst wenn ein Arithmetiker die Zahlen für physische Vorkommnisse halten sollte, so bleibt das, wie wir einmal sagten, für ihn Privatsache. Das ist aber

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eine ganz analoge Stellung wie die, die wir phänomenologische Reduktion nannten, nur dass in weiten Klassen von Fällen, die wir besonders im Auge hatten, nicht bloß nebenher Natur mit hereinspielt, deren Setzung nun eigens ausgeschaltet werden muss. Arithmetik nun, obschon in ihr nichts von Natur gesetzt ist, weder Natur als physische Natur noch Natur als Existenz des Arithmetikers noch sonstwie, ist Gemeingut aller Vernünftigen, aller, die Arithmetik je trieben und treiben könnten. Jeder kann sich eben, was da Zahl heißt, zur Gegebenheit bringen, jeder die auf Zahlen überhaupt bezüglichen axiomatischen Sachverhalte, jeder die darauf gegründeten Beweise und Theorien. Wo sind nun die intersubjektiven Gegebenheiten der Phänomenologie? Sie hätte keine solchen, wenn sie auf das individuell Einzelne der cogitationes abgestimmt wäre und auf den individuell einzelnen, d. h. einmaligen, wenn auch in phänomenologischer Reduktion gefassten Bewusstseinsfluss des Phänomenologen. Die Phänomenologie wäre somit kein Titel für eine Wissenschaft. Es ist da klar, dass, wenn wir doch eine Phänomenologie als Wissenschaft haben, sie es nicht mit den Phänomenen, jenen cogitationes oder Akten in ihrer singulären und individuellen, sozusagen faktischen Einzelnheit zu tun haben kann, und ebenso wenig mit Klassenbegriffen, die an diese Einzelnheiten gebunden sind, somit als individuell begrenzten Allgemeinheiten. Zahlen, die Objekte der reinen Arithmetik, sind reine Allgemeinheiten; sie sind ebenfalls nicht individuell beschränkt, etwa als die Zahlen, die an empirischen Objekten zu zählen sind, etwa als Maßzahlen. Gibt es auch hier reine Allgemeinheiten? Allgemeine1 Gegenstände können nun sein Wesen von Naturobjekten, die transzendent sind, und Wesen von phänomenologischen Objekten, die immanent, die absolut gegeben sind. Sind Naturobjekte nicht zu absoluter Selbstgegebenheit zu bringen, so auch nicht ihr Wesen. Stellt es sich heraus, dass Naturobjekte und auf sie bezügliche Sachverhalte nur zu einer gewissen relativen und nie für sich abgeschlossenen Weise zur Gegebenheit kommen können, so gilt dasselbe von ihren Wesen. Das Reich phänomenologischer Forschung umfasst natürlich all das, was aus den Bewusstseinserlebnissen nicht nur in reeller, sondern auch intentionaler Hinsicht in der Einstellung reiner Ideation zu entnehmen ist. So ist z.B. Dingwahrnehmung ein schaubares Wesen. Dingwahrnehmung wesenhaft erforschend finden wir auch, dass sie individuell Gegenständliches als selbst und jetzt Gegenwärtiges setze als 1 Die drei folgenden Sätze wurden vermutlich erst später mit Fragezeichen versehen und gestrichen.

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etwas, das in ihr selbst nicht reell enthalten ist. Das Jetzt, von dem hierbei die Rede ist, ist nicht ein aktuelles Jetzt, sondern Jetzt in Wesensfassung. Die Betrachtung vollzieht sich im Allgemeinheitsbewusstsein, und in rein schauendem. Alles, was da als reelles oder intentionales Wesensmoment zur Gegebenheit kommt, wird fixiert, und eben wesenhaft, generell fixiert; und dahin gehört auch die Zeitform mit dem Jetzt und Gewesen, mit Dauer, Veränderung oder Unveränderung u.dgl. Fortsetzung: Etablierung der Phänomenologie als Wissenschaft vom reinen Bewusstsein Wir sollten heute einen letzten Schritt zur Installierung einer Phänomenologie als Wissenschaft vom reinen Bewusstsein vollziehen. Die cartesianische Evidenz lieferte uns nach unserer Neufassung, Begrenzung, Erweiterung verschiedene absolute Gegebenheiten, in die wir uns schauend versenken, die wir in reeller und intentionaler Hinsicht analysieren und beschreiben können. Aber in dieser Sphäre sehen wir keine Möglichkeit für die Etablierung objektiv gültiger Aussagen und somit für eine Wissenschaft. Das Sein all dieser Gegebenheiten schien sich ja in ihrem fließenden percipi zu erschöpfen. Die cogitationes kommen und gehen in einem ewigen Fluss, der schauende Blick mag ihnen folgen, er kann sie aber nicht halten, er bietet keine Möglichkeiten, sie in objektiv gültiger Weise zu fixieren. Objektiv gültige Aussagen hängen nicht am singulären Erkenntnisakt, sie lassen sich immer wieder erneuern in selbem Sinn, mit Beziehung auf dieselbe Gegenständlichkeit. Die Aussagen, die wir aber in unserer Sphäre machen können, in Hinsicht auf die absolut selbsterfassten cogitationes, verlieren ihre gegenständliche Beziehung, sowie die singulären cogitationes in Wahrnehmung und Retention dahingeflossen sind, auf die sie sich beziehen. Ist es uns damit ernst, in Frage gestellt zu lassen, was irgend mit einem Rätsel der Transzendenz behaftet ist, so scheinen uns aber gar keine anderen Aussagen übrig zu bleiben als solche am Fluss der phänomenologischen Schauung und ihrer cogitationes hängenden. Es mag sich einmal herausstellen, dass über die absoluten Gegebenheiten der cartesianischen Evidenz, über die fließenden cogitationes selbst und ihre intentionalen Momente objektiv gültige Aussagen gemacht werden können. Sicher ist, dass sie nicht zu Beginn einer Phänomenologie gemacht werden können. Also die Möglichkeit für die Etablierung einer phänomenologischen Wissenschaft hängt davon ab, dass noch andere absolute Gegebenheiten aufweisbar sind als diejenigen der cartesianischen Evidenz, Gegebenheiten, die ihrer Natur nach die Möglichkeit objektiv gültiger Aus-

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sagen mit sich führen. Der cartesianische Ausgang betraf das absolute Sein und absolut Selbstgefasstsein der jeweiligen individuell einzelnen cogitatio. Am individuellen, einmaligen Bewusstseinsfluss hängen wir natürlich auch, wenn wir den intentionalen Gehalt einer cogitatio beschreiben; wieder, wenn wir aus einer Retention das soeben Gewesensein einer cogitatio entnehmen u.dgl. Kurzum, es ist eine phänomenologische Daseinssphäre, eine Sphäre von Jetzt-Dasein, Dauern, Soeben-Gewesensein, die durch die cartesianische Sphäre im weitesten Sinn bezeichnet ist. Es kommen aber, und das ist das Neue, auch andere absolute Data zu reinem Schauen, Data, die nicht einbezogen sind in den Fluss des phänomenologischen Daseins; absolut gegeben kann nicht bloß sein individuell Einzelnes, Daseiendes, sondern auch Allgemeines, Wesensseiendes, in sehr verschiedenen Formen und Stufen. Das Allgemeine kommt dabei in gewisser Weise aufgrund von Einzelheit zur Gegebenheit, aber keineswegs so, dass die Seinssetzung vom Allgemeinen irgendwie abhinge vom Sein des Einzelnen. Das zeigt sich schon darin, dass das Einzelne, von dem es in einem sehr uneigentlichen Sinn heißt, dass es der Abstraktionsgrund vom Allgemeinen sei, ebenso gut in Erinnerung oder fiktiver Phantasie gegeben sein kann als in phänomenologischer Wahrnehmung. Zum Beispiel wir vollziehen Erinnerungen. Wir mögen auf diese Erinnerungen in phänomenologischer Reflexion hinblicken und sie in ihrer Diesheit fassen. Wir können aber auch anderes fassen als das jeweilige singuläre Diesda. Wir können z.B., in der Einheit eines Bewusstseins von Erinnerung zu Erinnerung fortgehend, aus diesen Einzelfällen das allgemeine Wesen „Erinnerung“ herausschauen, in diesen Erinnerungen Einzelfälle, Exempel, Besonderungen von Erinnerung überhaupt sehen. Wir können dabei so eingestellt sein, dass wir das Sein dieser Einzelnheiten gar nicht ansetzen; sie als jetzt seiende oder gewesene Erinnerungsakte in ihrer Singularität nehmen und setzen wir nicht, vielmehr sehen wir in ihnen nur das Allgemeine: Erinnerung. Statt wirklich vollzogener Erinnerungen können wir ebenso gut Einbildungen von Erinnerungen nehmen, als Fiktionen schweben uns Erinnerungen vor, absolut individuelle Gegebenheit kann dann nur die Phantasie selbst sein und dies, dass sie Phantasie von Erinnerung ist. Aber es kommt uns nicht darauf an, wir bringen uns das nicht zur Gegebenheit, sondern wieder schauen wir aus den intentional gegebenen Erinnerungsfiktionen das Wesen Erinnerung überhaupt heraus.1 1 An dieser Stelle wurden vermutlich erst 1921 zwei Blätter mit folgendem Text beigelegt Der Randbemerkung Anamnesis in der Apperzeption eines Unbekannten. Übertragung einer gestifteten Apperzeption Ausdruck ist hier vieldeutig. Wir können den „Gedanken“ haben: „ein Haus“, wie zur Aussage übergehend: „Dies ist ein Haus“. Das interessiert uns hier nicht.

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Sie erkennen bald, dass hier in der Tat eine neue Sorte von absoluten Gegebenheiten vorliegt, die nicht den Charakter von individuellen Gegebenheiten haben. Wir kommen in die Einstellung dieses neuen Schauens, das ich Sondern wir sehen einfach dieses Objekt, das uns unbekannt ist, und apperzipieren es doch sehend als einen Baum, einen Ofen etc. „nach Analogie“, wird man sagen, mit früher wirklich zur Kenntnis genommenen Bäumen etc. (wie oben in allseitiger, oder in gewisser Umrahmung allseitiger Wahrnehmung). Es wird natürlich nicht verglichen, es tritt auch keine reproduktive Anschauung auf; und wenn sie auftritt, ist schon vorher die Apperzeption fertig. Vielmehr das Unbekannte ist erfahren in einer Apperzeption, die mit einem Horizont ausgestattet ist, und in dem Horizont mit einer intentionalen Formstruktur, die nach Linien intentionaler Genesis zurückweist auf die früheren individuellen allseitigen Apperzeptionen „wohl bekannter Bäume“ etc. Die früheren wirklichen Kenntnisnahmen haben ihre habituelle Erfahrung ursprünglich begründet, und diese Erfahrung wird im neuen Fall „durch Analogie“ geweckt und zeichnet in der Deckung den apperzeptiven Horizont – in Analogie. Es ist nicht Wiedererkennen individuell desselben Baumes, Ofens etc., aber eines gleichen oder ähnlichen, dann mit dem Bewusstsein eines gewesenen Ähnlichkeitsabstandes, einer Deckung in Differenz. Die Weckung von Bekanntheiten (mit phänomenologischen Unterschieden: Weckung einer bestimmten einzelnen Bekanntheit, dann aber von unbestimmten Ketten von solchen) kann so erfolgen, dass ein Neues, ein Unbekanntes zugleich verschiedene Reihen, und nicht durch Deckung zu einer Einheit eines Typus verbundene, weckt. Das Objekt erinnert an Tannen, aber zugleich an Fichten, an verschiedene Koniferen etc. Es haben sich unter dem Titel „Tanne“ typische Einzeichnungen konstituiert, andere unter dem Titel „Föhre“ etc. Aber das Neue entspricht keinem dieser Typen und erinnert doch an alle, hat mit allen ein typisch Gemeinsames. Wie das? Eine Föhre, die ich zum ersten Mal sehe, erinnert an „Tannen“ – eine Kette der typischen Deckung mit einem Typus, der aber schon im Gesehenen nicht wirklich stimmt und weiter nicht in näherer Kenntnisnahme. Also müssten wir sagen: Jedes zur Kenntnis Genommene kann eintreten in Reihen, in denen ein Typus hervortritt, sei es in eigentlicher voll anschaulicher Vergleichung, sei es durch Wieder„Erweckung“ der alten Apperzeption und durch Deckung in der Weise der Auflegung der Leervorstellungen von der alten Wahrnehmung auf den der neuen Erfahrung. Jede Wahrnehmung (wie jedes originär auftretende Erlebnis) lässt einen „unbewussten“ Niederschlag zurück als bleibende Erfahrung. Dieser wird geweckt als „Leervorstellung“. Diese deckt sich mit einer neuen Anschauung teils nach dem eigentlich Anschaulichen, teils nach dessen Horizonten, die nun durch die Deckung eine Einzeichnung erhalten. Auch bei eigentlicher Vergleichung vollzieht sich dasselbe, sofern im Übergang die soeben gemachte Erfahrung dahin ist als der lebendige Akt und die noch frische Retention schon eine leere ist, aber mit der relativ größten inneren Leerzeichnung, die sich auflegt auf den Sinn der neuen Erfahrung. Dabei bilden sich in der Passivität offene Reihen, sofern die geweckten alten Erfahrungen durch den notwendigen Prozess der Verkümmerung durch Übergang ins Unbewusste, der im Unbewussten notwendig fortschreitet, unbestimmt werden, ihre Gegenstände ihre Individualität, die Beziehung auf die feste Zeitumgebeung, also Zeitlage, verlieren. Diese Unbestimmtheit gibt dem Geweckten den Charakter des „ein A“, wo A der Komplex der Bestände ist, die durch die neue Wahrnehmung zu bestimmter Weckung kommen. Zu jenem Prozess der Verkümmerung muss aber noch bemerkt werden, dass er sein Gegenstück in dem Prozess der eventuellen „Wiederholung“ oder vielmehr „Übung“ als Prozess der Kräftigung und Belebung des habituellen Besitzes hat; so dass die Verkümmerung mit Beziehung darauf Verkümmerung ist durch „nicht wieder in Gebrauch nehmen“ und „nicht wieder originär begründen“. Jede wiederholte Wahrnehmung ist eine Neustiftung der ent-

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Ideation zu nennen pflegte, wenn wir etwa fragen: „Was ist das überhaupt, ‚Wahrnehmung‘, was ist das, ‚Urteil‘, was ist das, ‚Erinnerung‘?“ Wir könnten auch fragen: „Was meinen wir überhaupt unter …?“ Oder: „Was heißt das, ‚Wahrnehmung‘?“ usw. Wir könnten die Frage verstehen in dem Sinn: Was nennt man in unserer Sprachgemeinschaft gewöhnlich Wahrnehmung? Die Beziehung auf die Sprachgemeinschaft und auf den Kreis empirischer Menschen, die ihr angehören, müssen wir hier ausschalten. Mag es Menschen geben oder nicht, und mag ich selbst Dasein im Sinne der Natur haben oder nicht, das Wort „Wahrnehmung“, das Wort „Erinnerung“ oder „Urteil“ verstehend kann ich das Bedürfnis empfinden, mir, was das Wort besagt, zur Klarheit und Gegebenheit zu bringen und kann ohne Rekurs auf Setzung irgendeiner Transzendenz von der Frage: „Was ist das, Wahrnehmung?“ usw., übergehen zur Aufweisung: Eine Wahrnehmung, eine Erinnerung u.dgl. schwebt mir dann anschaulich vor, und ich sage nun: „Das ist Wahrnehmung, das ist Erinnerung, da ist es gegeben.“ Und ich meine dabei nicht dieses singuläre Dasein, das kommt und geht; dieses exemplifiziert mir nur diese Artung, dieses allgemeine Wesen, welches seinerseits in der schauenden Ideation zur Selbstgegebenheit kommt. Die Exempel kommen und gehen, es mögen bald sprechenden „Erfahrung“, die erste Wahrnehmung die Urstiftung, die in der Wiederholung die schon gestiftete Erfahrung bekräftigt, aber nicht nur in der Weise einer anschaulichen Erinnerung (als Quasiwahrnehmung), sondern in der Hinzufügung der Kraft aus Neustiftung. Indem nun die Weckung der jeweiligen Motivationslage (Lage der passiven Motivationen) entsprechend zuerst die, dann jene früheren Erfahrungen weckt, dann wieder andere in irgendeiner Folge, erwachsen offene Reihen hinsichtlich der vergangenen Erfahrungen, und dann auch, da Wiederholungen neuer solcher Erfahrungen im Voraus nicht der Motivation entbehren, auch Offenheiten der Zukunft. Doch fehlt noch eins zur Erklärung der ersteren Offenheit. Wir müssen scheiden die Weckung einer habituellen Erfahrung (die wir auch als Weckung der früheren Wahrnehmung bezeichnen), als sozusagen ausgereifte Weckung einer Leervorstellung mit einem gewissen Sinngehalt, mit dem wir des Gegenständlichen sozusagen habhaft werden im leeren Daran-Denken, und die keimhafte Weckung eines völlig noch unbestimmten Etwas, das sich erst weiterhin durch die eigentliche Weckung ausgestaltet zu diesem Habhaftwerden. Während nun eines geweckt ist, keimt das andere auf, kommt zur Weckung, es keimt wieder etwas auf, kommt seinerseits zur Weckung; in reiner Passivität spinnen sich solche Prozesse ein und versanden, wenn wir nicht absichtlich darauf eingestellt sind, in der Form des passiven „und so weiter“. Solche Reihen des „und so weiter“ setzen also voraus eine durchgehende Sinnesdeckung und die Unbestimmtheitsform des „ein“ bei jedem Glied. Ein bestimmter allgemeiner Sinnestypus trat hervor als das Allgemeine; aber es fragt sich noch, ob konstituiert ist eine zweiseitig offene Reihe und eine Erfassungsrichtung auf dieses Allgemeine, oder ob der uns hier interessierende Fall dafür eintritt, dass ein neu Erfahrenes – nach der Vergangenheit hin – eine offene Reihe mit dem sich deckenden Allgemeinen weckt. Genauer gesprochen: Ein Wahrnehmungsmaterial weckt eine eingeübte Apperzeption, und diese weckt in einigen Schritten der Folge vergangene Erfahrungen, die in sukzessiver Deckung in ihrem Gemeinsamen sich decken. Ich muss also eine schon eingeübte Apperzeption voraussetzen.

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diese, bald jene auftauchen und dahinfließen, aber im Einheitsbewusstsein vollzieht sich ungesagt immer wieder das „Identische“: Das Identisch-Eine und wirklich absolut Identisch-Eine habe ich und fasse ich selbst, durch all die Einzelakte geht hindurch das Bewusstsein: Eben dies, ein und dasselbe meine ich und habe ich als es selbst. Dies Eine: „Wahrnehmung überhaupt“, diese Aktartung, oder diese Art Erinnerung: sie meine und habe ich als sie selbst und halte ich fixiert fest. Andererseits, setze ich das jeweilig Einzelne, so kann ich und muss ich sagen: Dies Einzelne und jenes Einzelne sind Einzelnheiten der durchgängig einen Art. Auch diese Identifikation ist ein selbstgebender Akt, es ist absolut gegeben, dass dies und jenes derselben Artung ist. Aber darin stehen wir wieder im Fluss, sofern ja das Einzelne selbst im Fluss steht. Heben wir aber ideierend nur das allgemeine Wesen selbst, die Idee sozusagen, heraus, so haben wir eine Einheit, die in keinem Fluss steht, die im Fließenden sich nur vereinzelt, aber dadurch nicht selbst in den Fluss hineingezogen ist. Ideen oder Wesen sind „überzeitliche“ Gegenständlichkeiten. Wesen von phänomenologischen Gegebenheiten sind frei von der Individuation durch die phänomenologische Zeitlichkeit, von der der Individualisierung in der Abwandlung des Jetzt und Gewesen, die zum phänomenologisch Individuellen als solchen gehört. Ich nenne Ideen Gegenstände. In der Tat sind sie Subjekte möglicher Aussagen; in Beziehung auf sie kann von Sein und Nichtsein, von bloß Gemeintsein und Wirklichsein, von leer Vermeintsein und originaliter Selbstgegebensein gesprochen werden, ebenso wie in Beziehung auf Individuelles. Sprechen wir von einem Wesen „lauter Ton“, so ist das Wesen selbst in einem phänomenologischen Schauen aufweisbar, es kommt da zu originaler Gegebenheit. Spricht jemand von einem Wesen „lauter leiser Ton“, so kann dieses nicht gegeben sein und überhaupt nicht sein, wie der Widerstreit des Laut und Leise in der Tonanschauung erweist, der dabei seinerseits in diesem Erweisen zu originaler Gegebenheit kommt. Doch es bedarf einiger näherer Unterscheidungen. Zunächst was die Allgemeinheit der Ideen anlangt, so entspricht jedem Phänomen – sagen wir: jeder cogitatio – in ihrer Singularität eine singuläre Idee insofern, als der Gesamtbestand der cogitatio unter Ausschluss ihrer Diesheit, ihrer Individualität (wir können es nicht anders ausdrücken) als Idee gefasst wird; also dasjenige, wie wir auch sagen können, was identisch bleibt in der bloßen „Wiederholung“ der cogitatio, die wir als wirkliche Wiederholung (als exakte Gleichheitskette) allerdings nie konstatieren, aber idealisierend-denkend supponieren können. Wir gewinnen dann das Ideal absoluter Gleichheit und ihr entsprechend eine Idee niederster Stufe, die

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das volle Wesen der singulären cogitatio ausmacht: die letzte und niederste Allgemeinheit, die denkbar ist. Solche niedersten Allgemeinheiten sind es, die ideell den Umfang der allgemeinen Wesen ausmachen, mit denen es die Phänomenologie zu tun hat. Aber sie selbst gehören in die Sphäre des „Unbegrenzten“, des πειρον, des wissenschaftlich nicht Bestimmbaren, ebenso gut wie die individuellen cogitationes selbst. Das bedarf wohl keiner näheren Ausführung. Anders steht es mit den Allgemeinheiten höherer Stufe, die in reiner Idealität erschaut und herausgehoben werden können: z.B. die Idee der Wahrnehmung als solcher, die Idee der sinnlichen Wahrnehmung, die Idee der sinnlichen Erinnerung, die Idee des Urteils, des Willens etc. Nicht identifizieren darf man hierbei den Allgemeinheitsgedanken oder die Allgemeinheit der Idee (des Generellen) mit dem Gedanken der Universalität. Der letztere geht auf Singuläres (Individuelles, wie ich wohl besser sage) in der Form der „beliebigen“ Einzelnheit, die erstere auf Ideelles selbst. Die Idee der Wahrnehmung erwägen, sie analysieren, sie näher bestimmen heißt nicht erforschen und daran thematisch denken, was zu jeder beliebigen individuell vorzulegenden Wahrnehmung überhaupt gehört. An die Einzelnheiten, die, unter die Idee der Wahrnehmung gehörig, im Fluss des Bewusstseins auftreten mögen, sei es auch in der Bewusstseinsform des Überhaupt und in der Einstellung der phänomenologischen Reduktion, braucht gar nicht thematisch gedacht zu sein. Thematisch auf Ideen gerichtete Einsichten ergeben a priori Erkenntnis für „Umfänge“ der Universalität. Aber sie selbst sind nicht solche Erkenntnis. Ferner: Wir haben Ideen, die Ideen von cogitationes sind, aber auch Ideen, die sich auf das in den cogitationes Intentionale beziehen, also z.B. auf das Wahrgenommene als solches, Erinnerte als solches, Gedachte als solches. Hier ist nun von vornherein fundamental der Unterschied zwischen selbstgebenden Akten und nichtselbstgebenden, die letzteren die „bloß meinenden“ Akte. Nun gehört zum Wesen jedes Aktes, dass er auch Meinen (Setzen bzw. Quasisetzen) ist, dass in absoluter Weise aus ihm sein Gemeintes als solches (sein Satz) in der Weise originaler Erfassung zu entnehmen ist, mit entsprechender evidenter Beschreibung dieses Was und seines Wie ist (Erscheinendes, Wahrgenommenes, Gedachtes als solches usw.). In solchen verschiedenen Modis des Meinens kann das Was, die Meinung, der Satz dasselbe sein und dasselbe Dasselbe in entsprechendem überschauenden Einheitsbewusstsein als dasselbe erschaut werden – als dieselbe Meinung, derselbe Satz. Einer dieser Modi des Meinens ist das originär anschauende Meinen, etwa das der äußeren Wahrnehmung. Vereinigt sich in der Einheit

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eines Bewusstseins ein bloßes, nicht in dieser Art anschauendes Meinen mit einem solchen, so erwächst das „Erfüllungs“-Bewusstsein als Erkenntnis des bloß Vermeinten durch sein erfüllendes „es selbst“. Im Gedanken an ein Haus ist ein Haus gedacht, und somit gemeint, aber ein anderes ist: „Das Haus ist angeschaut“. Aus dem Hausgedanken ist der Gedanke „Haus“ zu entnehmen als darin gegeben, aber gegeben im Hausanschauen ist das Haus selbst. Nicht übersehen darf man, um nicht in Verwirrung zu geraten, die Einstellungsänderung, die im Übergang vom aktuellen So-und-so-Meinen auf das Meinen als Gegenstand und evtl. auf die Meinung als Was dieses Meinens statthat. In dieser geänderten Einstellung kommt der Satz, der Gedanke als solcher zu originärer Gegebenheit, wir „sehen“ auf ihn hin und erfassen ihn selbst, als Satz, als den und den Sinngehalt. Aber etwas meinen schlechthin ist nicht „so eingestellt sein“, ist nicht „sehend“ den gemeinten Satz erfassen. Obschon er im Meinen „liegt“, ist er nicht Thema. Vielmehr geht durch ihn, ohne dass er das ist, die Intention hindurch, die sich im entsprechenden erfüllten Satz, seinem entsprechenden originalen Selbst erfüllt. In der beschriebenen Art kann jedes im Bewusstseinsfluss auftauchende in Reinheit genommene Phänomen als Grundlage für ein schauendes Allgemeinheitsbewusstsein dienen, und zwar in Hinsicht auf jederlei Bestandstücke, Formen, Inhaltsmomente reeller oder intentionaler Art. Es erwachsen generelle Aussagen von unbedingter Gültigkeit, deren identischer Sinn sich immer wieder an der Bereitstellung von wirklichen oder Phantasiephänomenen desselben Wesensbestandes ausweisen, und als absolut geltend ausweisen lässt. Dabei ist zu bemerken, dass nicht bloß rein generelle Aussagen zu vollziehen sind, die über Allgemeinheiten als generelle Gegenstände prädizieren, sondern auch Umwendungen solcher Aussagen in unbestimmt und unbedingt allgemeine. Es ist hier ganz ähnlich wie in der Arithmetik, wo wir bald über Zahlen als allgemeine Gegenstände urteilen, etwa über die Ordnung der Zahlen in der Zahlenreihe, über die Primzahlen unterhalb einer gegebenen Zahl u.dgl., und andererseits auch urteilen über Anzahlen in unbestimmt allgemeinem Sinn, z.B. 2 + 2 = 4, d. h. irgendeine Vielheit der Anzahl 2 und irgendeine Vielheit der Anzahl 2 geben summiert eine Vielheit der Anzahl 4 (und vice versa). Es sind in phänomenologischer Sphäre also möglich absolut gültige Urteile über Wahrnehmungen als solche, d. i. über einzelne Wahrnehmungen überhaupt, sofern sie nur überhaupt unter der Idee „Wahrnehmung“ stehen, ebenso über Erinnerungen überhaupt, über Gefühle überhaupt usw. Jede reine Urteilsweise, die in gültiger Weise an dem bloßen „Wesen“ der cogitatio hängt, ist als absolut gültige anzusehen, und

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die Reinheit des Urteilens besagt hierbei den Ausschluss von jederlei Daseinssetzungen, auch von phänomenologischen Daseinssetzungen. Sprechen wir über das, was für alle und jede Wahrnehmungen überhaupt gilt oder was universal in reiner Möglichkeit überhaupt für eine Wahrnehmung als solche besteht, so urteilen wir zwar über individuelle Phänomene, aber nicht anders denn eben im „reinen Überhaupt“, in unbedingter und unbestimmter Allgemeinheit, rein aufgrund des Wesens: Wir setzen kein einziges Individuum Wahrnehmung als wirklich. Natürlich wird die Forschung den verschiedenen Stufen der Allgemeinheit folgen können: Generelle, unbedingt universelle und partikulare Aussagen werden statthaben können, etwa für Phänomene überhaupt, für Akte überhaupt, für intellektive Akte überhaupt, für wertende Akte überhaupt, für Wahrnehmungen überhaupt, für Phantasien überhaupt, aber auch für Dingwahrnehmungen überhaupt1 usw. Vorausgesetzt ist dabei eben nur, dass in der schauenden Vergleichung und Ideation Allgemeinheiten unter den betreffenden Titeln zu wirklicher und reiner Selbstgegebenheit kommen. Man kann dabei herabsteigen bis zu den tiefsten erreichbaren Differenzen. Nehmen wir eine gegebene Wahrnehmung etwa mit ihrem ganzen Inhalt, so kann dieser volle und ganze Inhalt, der als das τοδετι individuell dasteht, wesensmäßig gefasst werden. Die singulären Einzelnheiten dieses identischen Wahrnehmungswesens unterscheiden sich dann bloß durch die Individuation. Freilich, ob wirklich unterscheidende Fixierung bis auf diese letzten Differenzen herab möglich ist, mag fraglich sein. Unfraglich ist sie jedenfalls hinsichtlich der höheren Differenzen, Arten, Gattungen. Soweit ideierendes Einheitsbewusstsein reicht, reicht die Wesenssetzung; die unterscheidende Fixierung setzt aber voraus, dass die Unterschiede der gesetzten Wesen zu klarer und reiner Gegebenheit kommen. Die Forschungssphäre F ist jedenfalls unendlich, das Bewusstsein mit seiner unerschöpflichen Fülle von Phänomenen unterliegt der Wesensforschung in ständig schauenden, zu reiner Selbstgegebenheit bringenden Verfahren. Die Möglichkeit einer Phänomenologie als Wissenschaft, und zwar als einer Wesenslehre der reinen Phänomene, ist außer Frage, und es ist auch sicher, dass ihre Wahrheiten auf alle möglichen individuellen Bewusstseinsgestaltungen sich beziehen (mit all ihren intentionalen Einheiten), aber ohne jedes Präjudiz für ein empirisches Dasein derselben als psychologischer Phänomene irgendwelcher psychischer Persönlichkeiten in der außer der phänomenologischen Einstellung schlechthin und naiv geltenden Welt. Eine solche Wissenschaft hat selbstverständlich, 1

Gestrichen für phänomenologische Wahrnehmungen überhaupt.

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wie jede Wissenschaft überhaupt, Zweck und Recht in sich selbst; es bedarf in dieser Hinsicht keiner utilitaristischen Abschätzungen, um für ihren systematischen Aufbau ein Recht allererst herzuleiten. Andererseits ist es bei der Unklarheit über das Wesen philosophischer Forschung und über das Verhältnis zwischen spezifisch philosophischen und den übrigen Wissenschaften doch von großer Wichtigkeit, sich über die Bedeutung phänomenologischer Forschung für eine wissenschaftliche Philosophie klar zu werden. In dieser Hinsicht ist kurz darauf hinzuweisen, dass unseren früheren Ausführungen gemäß es das Auftauchen der transzendentalen Probleme ist, welches die Scheidung zwischen natürlicher und philosophischer Wissenschaft bewirkt. Dem Standpunkt des Anfängers gemäß haben wir die Sachlage nur an einzelnen Punkten aufgewiesen, wir haben bevorzugend den Nachdruck gelegt auf das Rätsel der Naturerkenntnis und auf die dem natürlichen Denken überall selbstverständliche und ohne Arg vollzogene Setzung von empirischem Ich, von umgebender empirischer Welt in Raum und Zeit u.dgl. Solche Einzelnheiten genügen aber, um die Art der transzendentalen Schwierigkeiten exemplarisch kennen zu lernen und schrittweise einzusehen, dass die natürlich erwachsenen Wissenschaften oder, wie wir noch besser sagen, die in transzendentaler Hinsicht naiven, keine letzte Erkenntnis gewähren. Sowie die transzendentalen Reflexionen einsetzen und in verschiedenen Richtungen die Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis zum Rätsel wird, gerät all das, was die noch so exakten Wissenschaften aufgestellt und begründet haben, in Verwirrung und Schwanken, das Recht der Ausgangspunkte und der fortführenden Methoden, der Sinn der gewonnenen Ergebnisse wird zweifelhaft und jedenfalls fraglich. Die Unklarheit hinsichtlich der Möglichkeit objektiv gültiger Erkenntnis, die bei aller Subjektivität doch eines Ansichseins gewiss werden soll, verwickelt in immer neue und immer wieder absurde Theorien, die in sonderbarem Kontrast stehen zu dem Anspruch auf Klarheit und Strenge, den alle höher entwickelten Wissenschaften erheben und, solange sie sich um die transzendentalen Schwierigkeiten nicht kümmern, auch vertreten zu können glauben. Das betrifft ebenso wohl die theoretischen wie die normativen Wissenschaften; der Sinn der Objektivität des ethischen Sollens und die Möglichkeit objektiv gültiger ethischer Erkenntnis ist ebenso fraglich wie der Sinn des Ansichseins einer Natur und die Möglichkeit ihrer Erkenntnis in den Naturwissenschaften. Für die Lösung aller transzendentalen Probleme gibt es nun offenbar keinen anderen Weg als den der Phänomenologie. Es bedarf nur einer schlichten, alle Vorurteile abtuenden Selbstbesinnung, um sich deutlich zu machen, dass man phänomenologische Reduktion üben, dass man, was die

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transzendentalen Probleme als problematisch ansetzen, eben konsequent und in voller Allgemeinheit als problematisch behandeln muss, dass man, wo die Möglichkeit aller natürlich erwachsenen Wissenschaften in Frage ist, keine von ihnen als Grundlage nehmen, keines ihrer Ergebnisse als Prämisse verwenden kann, sondern dass man zurückgehen muss auf das, was vor allen solchen Problemen liegt und ihrem Sinn gemäß fraglos bleibt und bleiben muss: nämlich auf die Sphäre der absoluten Gegebenheit. Ist Erkenntnis ein Rätsel, so haben wir eben die Erkenntnis zu studieren, sie, deren absolute Gegebenheit als reines Phänomen das Fraglose und im Problem selbst Vorausgesetzte ist. Und wir haben zu studieren, was Erkenntnis in ihren verschiedenen Gestaltungen ihrem Wesen nach in sich beschließt, was in ihr absolut gegeben ist, sei es in reeller oder intentionaler Hinsicht. Erkenntnis nach allen ihren Gestaltungen, sagte ich: Ist Naturerkenntnis fraglich, so haben wir all die Gestaltungen der Naturerkenntnis zu studieren, also dem vorwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisverfahren nachzugehen und es nach all seinen Schritten in wesensmäßiger Allgemeinheit zu studieren; ist ethische Erkenntnis in Frage, so haben wir eben ethischer Erkenntnis nachzugehen und das Gleiche für sie zu leisten; und so überall. Es nützt natürlich nichts, von oben her über Erkenntnis zu sprechen und in vagen Gedanken und Reden sich Theorien der Erkenntnismöglichkeit zurechtzuzimmern. Wer so verfährt, weiß nicht, was hier ernstlich in Frage ist und was die Fragestellungen hier fordern. Denn alle Fragen betreffen hier nichts anderes als das Wesen der Erkenntnis und Klarlegung dessen, was in diesem Wesen liegt. Phänomenologie als Erste Philosophie Die Phänomenologie als Wesenslehre der rein gegebenen Phänomene hat, sagte ich am Schluss der letzten Vorlesung, ihre eigene Berechtigung wie jede andere Wissenschaft. Andererseits hat sie aber ihre besonders ausgezeichnete Stellung allen anderen gegenüber, sofern sie die im strengsten Sinne Erste Philosophie ist, diejenige, aus der alle anderen Wissenschaften die letzte Aufklärung des Sinnes ihrer Leistungen zu empfangen haben. Solange sie nicht ausgebildet ist, entbehren wir in allen Wissenschaften letzter, absoluter Erkenntnis, und sofern Philosophie es ist, welche das Ideal absoluter Erkenntnis zu vertreten und zu realisieren hat, werden alle Wissenschaften zu Philosophien, zu Bestandstücken und Fundamenten einer allumfassenden absoluten Seinslehre erst durch die Mithilfe der Phänomenologie.

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Wissenschaftliches Erkennen soll objektiv gültiges und in seiner objektiven Gültigkeit begründetes Erkennen sein. Es will nicht leeres Meinen sein, sondern überall auf die Recht oder Gültigkeit verleihenden Gründe zurückgehen. In dieser Hinsicht weisen alle Wissenschaften zunächst auf verschiedene logische Disziplinen zurück, die von der Phänomenologie noch völlig gesondert sind. Jeder Erkenntnisschritt soll in der Wissenschaft begründet sein, und ist er es, dann steht er unter irgendwelchen Prinzipien, welche generell rechtsprechend sind für alle Erkenntnisschritte desselben Typus. Diese Prinzipien gehören zu verschiedenen Schichten, entsprechend den verschiedenen Seiten, nach denen Wissenschaft erwogen werden kann. Gehen wir etwa davon aus, dass wissenschaftliches Erkennen urteilendes Erkennen ist, dass Wissenschaft auf Wahrheit geht, dass Wahrheit im objektiv gültigen Urteil gesetzt und in einsichtiger Urteilsbegründung begründet wird; achten wir ferner darauf, dass gesetzte Wahrheiten zum Ausdruck kommen in Form von prädizierenden Sätzen, Wahrheitsbegründungen in Form von gewissen Satzzusammenhängen, dann stoßen wir auf eine ganz universelle wissenschaftstheoretische Disziplin, auf die apophantische Logik, die im engsten Sinn formale Logik. Sie spricht nicht von Urteilen und Urteilsbegründungen als Erlebnissen, als flüchtigen Phänomenen des Urteilens, sondern von logischen Sätzen, von den Bedeutungen der Aussagesätze oder, wie wir auch sagen können, von den identisch idealen Urteilsbedeutungen; und die Prinzipien, die sie fixiert, die Gesetzmäßigkeiten, die sie deduziert, drücken die in der reinen Form der logischen Satzbedeutungen liegenden Bedingungen der Möglichkeit triftiger Erkenntnis aus. Hier ist noch von keiner Phänomenologie die Rede. Ebenso können wir in der Sphäre der Naturwissenschaften auf gewisse andere prinzipielle Bedingungen objektiv gültiger, und zwar naturwissenschaftlicher Aussage zurückgehen; nicht bloß auf solche, die in den Prädikationsformen gründen, sondern in den ontologischen Formen. Alles dinglich Reale, alles, was in einer möglichen Natur gegenständlich sein kann, steht unter gewissen Begriffen, die der Gegenständlichkeit a priori gewisse Formen vorschreiben. Solche Begriffe sind Substanz, Eigenschaft, Gestalt, Lage, Dauer, Zeitbestimmung, Veränderung, Bewegung, Ruhe, Ursache, Wirkung usw. Diese Begriffe und das, worauf sie sich in allgemeiner Weise beziehen, sind ein Gemeingut aller Realitätswissenschaften, und somit auch die in diesen Begriffen gründenden Prinzipien und abgeleiteten Gesetze. Die systematische Erforschung dieser Gesetze in ihren verschiedenen zusammenhängenden Gruppen als Zeitgesetze, Raumgesetze, reine Bewegungsgesetze, Gesetze für voll Dingliches als solches usw. ergibt ontologische Disziplinen, die aller bestimmten Naturwissenschaft vor-

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hergehen. Sie haben wissenschaftstheoretischen Charakter in Beziehung auf alle bestimmten Naturwissenschaften, sofern sie Bedingungen der Möglichkeit objektiver Gültigkeit in diesen Wissenschaften in unbedingt allgemeiner Weise aussprechen und als methodische Prinzipien der Begründung in diesen Wissenschaften jeweils zu fungieren mitberufen sind. Auch mit diesen ontologischen Disziplinen stehen wir nicht in der Phänomenologie, ebenso wenig als mit der formalen Logik und der mit ihr in innigstem Zusammenhang stehenden reinen Arithmetik und Mannigfaltigkeitslehre. Ob wir es mit bestimmten Naturobjekten und in allgemeiner Weise mit bestimmten Naturgebieten zu tun haben oder ob wir es zu tun haben mit Gegenständen und Sachverhalten überhaupt in formaler Allgemeinheit, rein sofern sie überhaupt in irgendwelchen Urteilsformen bedeutet sind, oder auch, ob wir es zu tun haben mit Gegenständen überhaupt in arithmetischer und formal mathematischer Allgemeinheit: wir sind dabei objektiv tendiert, wir beschäftigen uns eben mit Gegenständen als solchen und nicht mit den Phänomenen, in denen Gegenstände zur Gemeintheit und erkenntnismäßigen Gegebenheit kommen. Und dasselbe gilt, wenn wir uns in ontologisch-apriorischen Aussagen beschäftigen mit Raum- und Zeitgestalten überhaupt, mit realen Dingen überhaupt, realen Veränderungen überhaupt u.dgl. Forschungen, gerichtet auf die Wesen und Wesensverhältnisse zwischen den mannigfaltigen Phänomenen, in denen Gegenständlichkeiten überhaupt oder Gegenständlichkeiten der oder jener bestimmten Kategorie erkenntnismäßig bewusst sind, oder auf Wesenszusammenhänge zwischen Erkenntnisphänomen und Erkanntem, zwischen Urteilsphänomen, Urteilsbedeutung und erkanntem Sachverhalt u.dgl.; Forschungen dieser Art, sage ich, liegen offenbar in einer neuen Linie. Erst hier treten die radikalsten Schwierigkeiten wissenschaftstheoretischer Art auf, nämlich die erkenntnistheoretischen Schwierigkeiten im echten Sinn. Es ist eine Sache von außerordentlicher Wichtigkeit, die Problemschichten hier zu sondern. In der traditionellen Philosophie geht hier alles durcheinander; die objektiv-logischen Problemgruppen werden nicht geschieden von den erkenntnispsychologischen, und diese wieder nicht von den spezifisch phänomenologischen und erkenntnistheoretischen. Man macht sich nicht klar, dass z.B. die formale Logik eine objektive Disziplin für sich ist, die den Bedeutungsformen und den Gesetzen der Bedeutungsgeltung aufgrund der reinen Form genau in dem Sinn objektiv und um alles Erkenntnistheoretische unbekümmert nachgehen kann, wie dies schon längst die reine Arithmetik und Mannigfaltigkeitslehre hinsichtlich der Zahlformen und Mannig-

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faltigkeitsformen getan haben. Man kann sagen, dass formale Logik und Mannigfaltigkeitslehre, dass reine Mathematik, dass reine Ontologie der Natur (deren Aufbau freilich ein Desiderat ist), kurz, alle objektiven wissenschaftstheoretischen Disziplinen in der Linie der Philosophie liegen, dass sie zwischen den nichtwissenschaftstheoretischen Disziplinen und der Philosophie eine Vermittlung bilden. Aber sie selbst sind noch nicht Philosophie und behandeln noch nicht die in dem eigentlichsten Sinn philosophischen Probleme. Sie vermitteln, sofern ihre Grundbegriffe und ihre Prinzipien, wie man nachweisen kann, die Leitprobleme für eine allgemeine Phänomenologie und phänomenologische Philosophie abgeben. Die ungeheure Aufgabe, die uns mit dem Aufbau des Systems wissenschaftstheoretischer oder, wie ich auch sagen könnte, ontologischer Disziplinen im allgemeineren Sinn gestellt ist und mit der Herausstellung des zusammenhängenden Systems apriorischer Prinzipien, die zu dem System der verschiedenen Seinskategorien gehören, soll gar nicht gering geachtet, in ihrer einzigartigen Bedeutung nicht unterschätzt werden. Man mag sie auch als philosophische Aufgabe bezeichnen insofern, als wohl nur der Philosoph, allerdings unter Mithilfe des Mathematikers und Naturforschers, die Bedeutung dieser Aufgabe erfassen und zu ihrer Lösung berufen sein wird. Aber das ändert nichts an dem Gesagten. Die theoretische Umschreibung der objektiven Vernunft in Herausstellung ihrer Kategorien und ihrer Prinzipien ist noch keine Kritik der Vernunft, ist noch keine Philosophie der Vernunft. Sonst wäre eine vollendet gedachte, und zwar meine ich in ihrer objektiven Fundamentierung vollendet gedachte Arithmetik und Mannigfaltigkeitslehre ein Urbild reiner Philosophie und böte in ihrer Sphäre keine philosophischen Probleme mehr. Und dasselbe gälte von einer formalen Axiologie und von einer formalen oder reinen Naturwissenschaft als einer apriorischen Ontologie der Natur. In Wahrheit liegt die Quelle aller skeptischen Verlegenheiten, von denen die noch so vollkommenen Einzelwissenschaften und die noch so vollkommenen logisch-wissenschaftstheoretischen Disziplinen gleichmäßig betroffen sind, in den unklaren Zusammenhängen zwischen Erkenntnis und Erkanntem und in den unklaren Ansprüchen, welche die verschiedenen logischen Prinzipien erheben, unbedingt objektive Bedingungen der Möglichkeit des Seins von betreffender Kategorie auszudrücken und damit als unbedingt gültige Normen des Wahrheit suchenden Erkennens zu fungieren. Alle diese Prinzipien sind ja selbstgedachte Prinzipien, in reiner Intuition sollen sie erfasst sein. Wie kann aber Erkennen in sich verbleibend, in seiner reinen Immanenz, den Anspruch erheben, etwas zu treffen, was der Erkenntnis gegenüber ein Ansich ist? Ein unbedingt allgemeiner Sachverhalt, für jedes objektive Sein

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der betreffenden Kategorie a priori und absolut gültig: wie soll der subjektiv, in einem zusammenhängenden Erkenntnisphänomen erschaubar sein? Jeder Schritt des auf objektive Gültigkeit Anspruch machenden Erkennens, also jeder Schritt der Wissenschaft, steht unter einem objektiven Prinzip a priori, das diesen Schritt als Schritt dieser Artung berechtigen soll. Machen wir einen syllogistischen Schluss, so heißt es: Jeder Schluss dieser Form ist prinzipiell gültig, das Schlussprinzip rechtfertigt; und nur, wenn es aufweisbar ist, gilt der vorliegende Schluss. Das Schlussprinzip aber sagt objektiv: Aus jedem gültigen Bedeutungsinhalt solcher Form folgt ein gültiger Bedeutungsinhalt der und der korrelaten Form. Aber wie kann Erkenntnis über sich hinaus und Objektivität an sich, sei es auch in Form dieser Bedeutungsobjektivität, erfassen? Alles, was nach logischen Prinzipien erschlossen ist, soll sachlich gelten, und für Sachen, die dem Bewusstsein gegenüber an sich sind. Oder wir machen in concreto einen Schritt arithmetischer Feststellung. Wir werden auf ein arithmetisches Prinzip zurückgeführt. Wie kann Erkenntnis aber etwas, und in genereller Weise für Zahlen, an sich erfassen? Zahl wird im Zählen bewusst, aber Zählen ist doch nicht Zahl. Und gilt der Zahlensatz nicht zugleich für jede an sich seiende Natur? Wie machen wir Aussagen von prinzipieller Gültigkeit für Raum und Zeit? Sind Raumphänomene, die im geometrischen Prinzipiendenken fungieren, der Raum selbst, sind die Phänomene des Zeitflusses selbst die objektive Zeit? Und wie sind die prinzipiellen Aussagen für Raum- und Zeitgestalten mit ihrem Anspruch auf unbedingte Allgemeinheit und Notwendigkeit zu verstehen? Und so natürlich für alle Natur und Naturwissenschaft. Geht man vom Singulären aus, so findet man eine Schwierigkeit darin, wie eine singuläre Feststellung eines Naturdaseins möglich sein soll. Etwa durch schlichte Wahrnehmung und Erfahrung und das unmittelbar darauf bezogene Erfahrungsurteil? Aber Wahrnehmung ist nicht Wahrgenommenes, und das Wahrgenommene ist doch der Erkenntnis gegenüber ein Ansich. Wird man dann weiter auf Prinzipien der Naturbestimmung zurückgewiesen, sagt man uns, die Erfahrungslogik lehre, dass die und die Prinzipien uns bei der Ansetzung und weiteren Bestimmung von Erfahrungsobjekten a priori leiten müssen, so mag das ja sein, und es ist wirklich so. Aber wie können solche Prinzipien als Bedingungen, unter denen wirkliches Sein der Natur stehen soll, eben diese ihre Funktion in der Erkenntnis verständlich ausweisen? Wie kann das Erkennen einen solchen ihr doch transzendenten Sachverhalt, und sogar einen allgemeinen und notwendigen fassen? Etwa weil sie selbst irgendeinen Index, irgendein charakterisierendes Gefühl der Allgemeinheit und Notwendigkeit in sich trägt? Aber was kümmert sich das

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prätendierte Ansichsein um unser Gefühl? So überall. Überall heftet sich das Problem in radikalster Weise gerade an die im weitesten Sinne logischen Prinzipien als Prinzipien, die uns die wissenschaftstheoretischen Disziplinen für jeden kategorialen Typus von Wissenschaft, als apriorische Bedingungen der Möglichkeit objektiver Triftigkeit, in jedem Schritte herausstellen. Und das ist der Grund, warum ich vorhin sagte: Die wissenschaftstheoretischen Disziplinen lägen in der Linie der Philosophie, seien aber noch nicht selbst Philosophie, sie lieferten vielmehr die Problemstellungen in prinzipieller Allgemeinheit. Dass es sich hier nicht um psychologische Erkenntnisprobleme handelt, brauche ich nicht zu sagen. Vor dem Psychologismus, mit dem nicht nur die empiristische, sondern auch die rationalistische Philosophie bis in die neuere Zeit hinein behaftet war, brauche ich nicht mehr zu warnen. Selbst ein Kant vermochte, trotz aller Bemühungen, sich von diesem Fehler nicht zu befreien und nicht zur vollen Klarheit über das Wesen der eigentlichen hier zu lösenden Probleme durchzudringen. Unverkennbar liegt ferner in seiner transzendentalen Methode und Problemstellung auch die Vermengung objektiv-wissenschaftstheoretischer Aufgaben und eigentlich erkenntnistheoretischer; und das ist auch auf den Neukantianismus übergegangen. Man redet nicht selten so, als handle es sich in der Theorie der Erfahrungswissenschaft um die Herausarbeitung der objektiven apriorischen Bedingungen der Möglichkeit einer Naturwissenschaft (was Sache einer Ontologie der Natur wäre), und man übersieht dabei ganz die Schicht des eigentlich Erkenntniskritischen, und das ist die phänomenologische Schichte. Die Fragen, die an die Natur und auch an Natur überhaupt gestellt sind, sind zu trennen von den Fragen, die gestellt sind an die Möglichkeit der Erkenntnis der Natur; und wieder sind von den Gegenständlichkeitsfragen der Möglichkeit einer Natur zu trennen die bedeutungstheoretischen Fragen, Fragen, die gestellt und zu stellen sind an die Sätze und Satzzusammenhänge als den Bedeutungsgehalt der wissenschaftlichen Theorien, und die entsprechenden Erkenntnisfragen, die Fragen nach dem Verhältnis zwischen Erkenntnis und Bedeutung. Ist die Erkenntnis das Rätsel, wird sie zum Problem, dann gibt es keinen anderen Weg, als sie selbst zu studieren, und es wird dann, zumal nach unseren ausführlichen Betrachtungen, selbstverständlich, dass dieses Studium ein Wesensstudium ist und sich zu vollziehen hat auf dem Boden des reinen Bewusstseins, in der Sphäre der reinen und absoluten Selbstgegebenheit. Gehört es zum Wesen der Erkenntnis, dass sie sich auf Erkanntes bezieht, gehört es zum Wesen des Wahrnehmens, des Sich-Erinnerns, des Sich-Vorstellens, des urteilenden Meinens, des Vermutens, des urteilenden

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allgemeine einführung

Einsehens usw., dass es sich intentional auf Gegenständliches bezieht, dann umspannt die Wesenslehre all dieser unter dem Titel Erkenntnis zunächst ganz allgemein und vage befassten Phänomengruppen auch alle erkannte Gegenständlichkeit als solche. Ist es nicht eine Torheit, über die Möglichkeit der Erkenntnis und ihre Beziehung auf Ansichsein von oben her zu philosophieren und von oben her sich Theorien auszuspinnen, die die skeptischen Schwierigkeiten beheben sollen, statt sich die Erkenntnis nach ihren irgend in Frage kommenden Gestaltungen in den Blick der Selbstgegebenheit zu bringen und da rein immanent und in absoluter Wesensbetrachtung zu studieren, wie Erkenntnis eigentlich aussehe und ihrem eigenen Sinn oder Wesen nach an ein Erkanntes eigentlich herankomme, und dies nach den verschiedenen eben zu dem Wesen der jeweiligen Erkenntnisgestaltungen gehörigen Weisen, in der Weise etwa des fiktiven Vorstellens, in der Weise des leeren Vorstellens, in der Weise der urteilenden δξα, in der Weise der einsichtigen Begründung usw. Man hat es ja immer wieder gesagt: Erkanntes ist nichts neben der Erkenntnis, d. h. jede Rede von einem Ansichsein, jede Ansetzung von Ansichsein, jede angebliche oder gültige Erfassung und Bestimmung von Ansichsein ist Erkenntnis und immer wieder Erkenntnis, es ist Urteilen, Begründen, dabei evtl. Wahrnehmen, Erinnern u.dgl. Sehen wir uns doch diese Zusammenhänge an; und haben in ihnen rechtmäßige Geltung und Rechtsausweis dieser Geltung eine Stelle, lässt dergleichen sich aus ihnen zu absoluter Selbstgegebenheit bringen, nun, dann wird objektive Triftigkeit der Erkenntnis klar und verständlich; wenn aber nicht, dann ist sie etwas, wovon mit Vernunft gar nicht zu reden ist. Haben wir zumal prinzipielle Erkenntnis, und stehen selbst alle Erkenntnisse a posteriori unter Prinzipien a priori, so müssen sich diese Erkenntnisse in phänomenologischer Wesensbetrachtung ihrer Erkenntnisgegebenheit voll verstehen und der Sinn ihrer apriorischen, ihrer unbedingt allgemeinen Geltung für alles unter sie Fallende durch Wesenserforschung der Erkenntnisbeziehung zwischen Prinzip und Einzelfall klarlegen lassen. Fragen wie die, ob und wie Zahlen an sich, Bedeutungen an sich zur Gegebenheit kommen können, wie Ansetzung von Raum und Zeit, von Dingen an sich, von Kausalität usw. sich ausweisen soll, wie darauf bezügliche prinzipielle Sachverhalte in ihrer Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit zur Gegebenheit kommen sollen usw.: Wie sollten wir die beantworten, wenn wir nicht den Korrelationen zwischen dem Wesen von Zählungsakten und Zahlen, von empirischen Erkenntnisakten und Dingen, von Erfahrungsurteilen und empirischen Sachverhalten usw. nachgehen wollten oder uns nicht das Wesen des einsichtigen Not-

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wendigkeitsbewusstseins als eines Letztgebenden und generell Gebenden klarmachen wollten? Da hier überall bei den Fragen, wie diese oder jene Arten von Erkenntnissen (von individuellen oder generellen, realen und idealen, kategorialen und materialen, von unmittelbaren oder mittelbaren etc.) „möglich sind“, die Wirklichkeit so gearteter Erkenntnis nicht in dem Sinn verwendet werden darf, dass von dem Wirklichsein der in ihnen gesetzten Gegenständlichkeiten Gebrauch gemacht würde, so haben alle solchen Fragen von vornherein keinen anderen Inhalt als den der Aufklärung des Sinnes der gegenständlichen Bedeutung der Erkenntnis bzw. des Sinnes der objektiven Triftigkeit der so genannten „geltenden“, echten Erkenntnis,1 und im Zusammenhang damit des Sinnes der ausweisenden Gegebenheit eines entsprechenden Gegenständlichen in Evidenzzusammenhängen der Begründung. Diese Sinnesfragen sind nichts anderes als phänomenologische Wesensfragen. Die Möglichkeit der Erkenntnis klarlegen ist nichts anderes als ihr Wesen in reeller und intentionaler Hinsicht im Rahmen streng immanenter Betrachtung klarlegen, und zwar nach allen ihren mannigfaltigen Gestaltungen, wozu vor allem auch die synthetischen Zusammenhänge gehören, die im Bewusstsein evidenter Begründung vorliegen. Eine systematische und allumfassende Phänomenologie der im Zusammenhang des Erkennens auftretenden vielgestaltigen Phänomene muss also die an die Erkenntnis vernünftig zu stellenden vernunftkritischen Probleme eo ipso lösen, ja es ist sogar die Frage, ob nicht eine systematische Theorie der Vernunft und eine systematische Phänomenologie sich in der Ausführung decken, was anzunehmen ich im Ganzen geneigt bin. Schließlich bietet doch, wie mir scheint, die Teleologie, in welche alle Phänomene des Bewusstseins, nicht in ihrer Faktizität, sondern unter dem Gesichtspunkt, den das Wort Vernunft bezeichnet, gehören, den einzig natürlichen Leitfaden der phänomenologischen Untersuchungen. Auch wenn man die Idee der Vernunft nicht voranstellt, so bildet sie im Verborgenen das die Untersuchung Leitende. Dabei ist freilich zu beachten, dass Vernunft nicht bloß theoretische, sondern auch wertende, auch ästhetische und praktische Vernunft und was sonst da zu unterscheiden wäre mit befasst. Den Naturgegenständlichkeiten entsprechen Wertegegenständlichkeiten und Sollensgegenständlichkeiten im Sinne der Vernunftpraxis. Nehmen wir alles zusammen, so umfassen die Phänomene gegenständlicher Gemeintheit und Gegebenheit wohl alle Phänomene, jedes Phänomen hat in der Vernunftteleologie irgendeine Funktion.

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Gestrichen und der objektiven Nichtigkeit der vermeintlichen Erkenntnis.

II. TEIL DIE SPEZIELLEN WAHRNEHMUNGSANALYSEN

Die Erkenntnisphänomene1 Wir wollen heute mit speziellen phänomenologischen Analysen beginnen. Die allgemeinen Meditationen, die wir bisher gemeinsam gepflogen haben, haben ihren Zweck erfüllt. Wir haben uns von der Möglichkeit, ja Notwendigkeit wissenschaftlicher Untersuchungen überzeugt, welche in einer neuen Dimension liegen gegenüber denjenigen der Wissenschaften der natürlichen Erkenntnis. Wir erhoben uns schrittweise zur Idee einer Phänomenologie als einer Wesenslehre des reinen Bewusstseins. Wir haben in der letzten Vorlesung auch von der einzigartigen Bedeutung solcher Untersuchungen eine Vorstellung gewonnen, wir haben uns klargemacht, dass die Lösung der im spezifischen Sinn philosophischen Probleme nur nach phänomenologischer Methode, nur auf dem Fundament der in der Phänomenologie gewonnenen Aufklärungen erreichbar ist. Wir wollen nun die allgemeinen Betrachtungen nicht weiterführen, sondern in die Phänomenologie selbst eintreten. Sie dürfen natürlich nicht erwarten, hier den Abriss einer systematisch ausgebauten, hoch entwickelten Disziplin kennen zu lernen und dabei so weit zu kommen, dass Sie sich am Schluss des Semesters der endlichen Lösung der großen Probleme der Vernunftkritik erfreuen können. Eine neue Erkenntniskritik, in der die Rätsel der theoretischen, ästhetischen, praktischen Vernunft klipp und klar zur Erledigung kommen, in ein paar schnell fertigen Theorien, die man in wenigen Vorlesungswochen darstellen und historisch-kritisch durchführen kann, dürfen Sie von mir nicht erwarten. Das hiesse ein neues Luftschloss entwerfen, zu den vielen alten der Geschichte. Phänomenologie und phänomenologische Kritik der Vernunft ist eine umfassende und mühselige Wissenschaft, so umfassend und mühselig wie eben jede echte Wissenschaft. Und jede echte Wissenschaft wächst von unten in die Höhen ganz allmählich. Kein Einzelner stellt sie fertig her, jeder neue Forscher fügt nur ein neues Bauglied hinzu. 1

Randtitel von Edith Stein.

die erkenntnisphänomene

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Demnach muss eine Wissenschaft schon ziemlich weit fortgeschritten sein, ehe sie sich überhaupt als ein architektonisches Ganzes, als eine einheitlich zusammenhängende Doktrin darstellen lässt. Als Galilei die Idee einer physischen Naturwissenschaft zur Reinheit brachte und sie als exakte Wissenschaft inaugurierte, indem er ihr die echten Probleme und die allein angemessenen Methoden zuwies, da verfügte er nur über kleine Anfänge, und es bedurfte der gesammelten Arbeit von Jahrhunderten, um die neue Wissenschaft in einer Reihe systematisch zusammenhängender Theorien zur Entfaltung zu bringen. So haben wir denn heutzutage in der Phänomenologie nur Anfänge und Bruchstücke. Wir haben gelernt, die Allgemeinheit des Problems der Vernunft in eine Fülle von bestimmten Problemen auseinander zu legen, wir haben gelernt, in immer weiterem Umkreis die Grundgestaltungen der Phänomene voneinander abzuscheiden und sie zu Zwecken einer phänomenologischen Anatomie in den Brennpunkt des phänomenologischen Blickes zu bringen und sie begrifflich zu fixieren. Allmählich wächst nun jene reine Geschichte des Verstandes, jene echte geistige Geographie heran, die schon Locke und Hume geahnt und ersehnt, die sie aber von vornherein psychologistisch missdeutet und darum in der Ausführung verfehlt haben. Am1 besten führe ich Sie in das neue Gebiet ein, indem ich die nächstzugänglichen Ausgangspunkte wähle, irgendwelche cogitationes, die wir, wie es etwa bei den sinnlichen Wahrnehmungen der Fall ist, im wachen Leben beständig vollziehen, auf die wir leicht reflektieren, die wir in phänomenologischer Einstellung betrachten können. An ihnen üben wir uns zunächst in der Haltung phänomenologischer Reduktion und in der Methodik phänomenologischer Analyse. Von solchen konkreten Gestaltungen aus erheben wir uns auf dem Wege der Analyse und Generalisation zum Allgemeinen, zu generellen Wesenscharakteren, die mannigfachen typisch unterschiedenen phänomenologischen Wesen gattungsmäßig zukommen. Ebenso gehen wir von solchen konkreten Gestaltungen zu der Charakteristik der phänomenologischen Zusammenhänge, in die sie mit gleichartigen oder andersartigen Phänomenen eintreten können, und zur Betrachtung der Modifikationen, welche die gegenständliche Beziehung hierbei erfährt. Das uns für den Anfang zugängliche Gebiet ist sehr groß und nicht ohne sich aufdrängende Gliederungen; vor aller Phänomenologie verfügen wir ja über mannigfache Worte und Begriffe, die sich auf so genannte psychische Phänomene beziehen. Unter dem Titel „psychisches Phänomen“ finden wir zuerst eine Fülle von Erlebnisgestaltungen, die sich in phänomenologischer Reduktion von 1

Randtitel von Edith Stein Versuche einer Klassifikation von den cogitationes.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

allen natürlichen Existenzansetzungen befreien und nach ihrem rein immanenten Wesen studieren lassen. Zum Beispiel ich nehme wahr, ich stelle in Phantasie oder im Bilde vor, ich erinnere mich, ich habe einen undeutlichen Gedanken, ich urteile und sage aus, ich hege eine Vermutung, ich zweifle und frage, ich habe Wohlgefallen oder Missfallen, ich begehre, ich fürchte, ich will usw. Jedermann kennt und versteht solche Ausdrücke und bringt es leicht fertig, wenn er die betreffenden Erlebnisse nicht gerade aktuell vollzieht, sich eine mehr oder minder klare und standhaltliche Vorstellung von ihnen zu machen. Ein flüchtiger Blick zeigt auch, dass die so bezeichneten Phänomene öfters komplex sind und dass überhaupt alle solche Phänomene in sehr mannigfachen Arten zu Komplexionen zusammentreten und verschmelzen können. Blickt man auf die relativ einfacheren Gestaltungen hin, so drängen sich allgemeine Verwandtschaften bald auf, die Phänomene sondern sich in Klassen, in Gattungen und Arten. So hören wir allgemein (und schon seit dem Altertum) Intellekt und Wille oder auch Intellekt und Gemüt voneinander scheiden; beliebt ist seit dem 18. Jahrhundert die Scheidung zwischen Vorstellungsvermögen, Gefühlsvermögen und Begehrungsvermögen. Brentano scheidet Vorstellungs-, Urteils- und Gemütsphänomene, usw. Die psychologische Rede von solchen Vermögen, die früher sehr beliebt war, können wir leicht ausschalten, soweit sie, wie es oft der Fall war, zum Hauptteil durch immanente deskriptive Unterschiede bestimmt war. Worauf es ankommt, ist, dass verschiedene Einteilungen der psychischen Phänomene proponiert worden sind und sich in der Tat aufgedrängt haben aufgrund der Betrachtung der immanenten Artung der Phänomene selbst. Jede solche Einteilung, und nur eine solche, ist von phänomenologischem Interesse; und ist sie richtig, so trifft sie, nach Ausschaltung aller psychologischen Apperzeptionen, eine Einteilung der Phänomene nach ihrem Wesen. Man möchte zunächst denken, das Richtige wäre, die Phänomenologie mit einer systematischen Einteilung der Phänomene zu beginnen. Indessen aus guten Gründen gehe ich nicht diesen Weg. Man muss die Phänomene durch sehr umfassende und tief dringende Analysen schon gründlich kennen, ehe man daran denken kann, Gesichtspunkte für ihre Klassifikation ausfindig zu machen und eine wissenschaftlich wertvolle, auf klar abgehobene Wesenscharaktere sich gründende Klassifikation zu entwerfen. Die traditionellen Klassifikationen der psychischen Phänomene mögen nicht nutzlos sein und mögen uns auch ein Weilchen leiten. Sie orientieren sich nach den vagen unanalysierten Gesamttypen der Phänomene, nach ihren vagen allgemeinen Verwandtschaften. Selbstverständlich wird man von diesen Verwandtschaf-

die erkenntnisphänomene

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ten nicht absehen, sondern ihnen vielmehr nachgehen; man wird die nächsten allgemeinen Gruppierungen vorläufig zugrunde legen und damit in die Reihenfolge der Analysen eine vorläufige Ordnung hineinbringen. In dieser Art können wir Gebrauch machen von einer sehr allgemeinen Klassenbildung, nämlich von einer Zusammenfassung von Phänomenen unter dem Titel Intellekt. Gewöhnlich stellt man dabei gegenüber Intellekt und Gemüt, bzw. intellektive Phänomene oder Erkenntnisphänomene im weitesten Sinn und Gemütsphänomene. Ob das aber wirklich ausreichend ist, ob es sich dabei um eine wirkliche und scharfe Klassifikation handelt, die alle Phänomene umspannt, die einfachen wie die komplexen, darüber machen wir uns hier kein Kopfzerbrechen. Wir lassen das zweite Glied dieser Klassifikation überhaupt auf sich beruhen. Wir1 wollen uns mit Erkenntnisphänomenen speziell beschäftigen. Der Titel „Erkenntnis“ hat öfters einen prägnanten Sinn, es sind damit Erlebnisse gemeint, in denen Wahrheiten einsichtig zur Gegebenheit kommen. Sicherlich fungiert dieser engste Begriff auch in gewisser Weise als Leitbegriff für die Umgrenzung des ungleich weiteren Rahmens von Phänomenen, den der weiteste Erkenntnisbegriff umspannt. Es gibt nämlich, wie man leicht beobachtet, Füllen von Phänomenen, die nicht bloß psychologisch, sondern phänomenologisch den Charakter von Fundamenten haben, auf denen sich Erkenntnis im prägnanten Sinn notwendig aufbaut, auf die man jedenfalls bei der Analyse der Grundgestaltungen der Erkenntnis im prägnanten Sinn als Bestandstücken oder wesentlichen Unterlagen stößt, die beim Aufbau der Erkenntnisbeziehung auf gegebene Gegenständlichkeit ihre intentionale Rolle spielen und dabei alle miteinander zugleich verwandt erscheinen. Alle solche Phänomene heißen daher Erkenntnisphänomene im weitesten Sinn. Hierher gehören offenbar Wahrnehmungen, Vorstellungen, Urteile, Aussagen, Vermutungen, Erlebnisse der Schlussfolgerung usw. Dass nicht alle Phänomene hierher gehören, ist klar. Erlebnisse des Wohlgefallens oder Missfallens, des Fürchtens oder Hoffens, des Begehrens oder Wollens gehören nicht hierher; mögen sie sich auch auf Phänomenen aufbauen, die wir in die Erkenntnissphäre rechnen, sie selbst sind nicht mehr Erkenntnisphänomene. Natürlich ist die Wahrnehmung eines Gefallens, die Wahrnehmung eines Wollens, die Erinnerung an eine Furcht, das Urteil über eine Begierde (und ist jedes Werturteil) unter die Erkenntniserlebnisse zu rechnen. Im Übrigen soll sich erst ausweisen, inwiefern dieser Erkenntnisbegriff eine Wesenseinheit herausstellen kann oder nicht kann; er gibt uns einen allgemeinen Leitfaden, und was von ihm brauchbar ist, muss sich erst herausstellen. 1

Randtitel von Edith Stein Die Erkenntnisphänomene.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

Auch1 eine der traditionellen Erkenntnistheorie in ihren verschiedenen gegensätzlichen Formen gemeinsame und schon der populären Reflexion geläufige Scheidung innerhalb des weiten Rahmens der Erkenntnisakte können wir übernehmen, nämlich die Scheidung zwischen Erlebnissen des sinnlichen Vorstellens und des Denkens, Verstandeserlebnissen (und zwar in derselben vorläufigen Weise, ohne Präjudiz). Schlichte Erfahrung, nämlich schlichte Wahrnehmung oder Erinnerung, auch bloße Phantasieanschauung und Bildanschauung, schlichtes Vorstellen jeder Art pflegt man nicht Denken zu nennen. Wir denken, wenn wir urteilen, wenn wir zumal im verbalen Denken prädizieren, eine Aussage machen. In ihr vollziehen wir begriffliche Vorstellungen, wir verstehen Worte und ihre allgemeinen Bedeutungen; und auch diese Bestandstücke von urteilenden bzw. prädizierenden Akten sind Denkakte. Ebenso rechnen wir zum Denken das schliessende Urteilen, das Begründen von Theorien u.dgl. Solche unter dem Titel Denken abgesonderten Erlebnisse scheinen wesentlich andersartig zu sein als jene Erlebnisse des sinnlichen Vorstellens. Sie treten in enger Verbindung mit solchen auf, sei es oft oder gar immer, worüber wir hier nichts sagen wollen; aber sie sind doch, wie es scheint, nicht von derselben Art wie z.B. sinnliche Anschauungen und nicht bloß Komplexe von solchen. Sie scheinen auch vom Standpunkt der Erkenntnis aus den höheren Rang zu beanspruchen, sofern die spezifische Erkenntniswertung, in der die Begriffe „wahr“ und „falsch“ gründen, sich auf das Denken bezieht. Blosses Vorstellen kann nie Erkennen sein im prägnanten Sinn, nur im Denken vollzieht sich Erkennen, mag auch Erkennen als einsichtiges Erfassen der Wahrheit ein Denken sein, das seine Wurzelkraft mindest oft aus der Anschauung zieht. Im Zusammenhang damit steht ja, dass die traditionelle Philosophie den Unterschied zwischen Tier und Mensch eben darin zu sehen liebt, dass das Tier nur sinnlicher, schlichter Erkenntnisakte fähig ist; der Mensch aber als animal rationale hat Verstand. Der Psychologie gelten die Verstandesakte oder Denkakte auch vom Standpunkt der psychologischen Genesis aus als die höheren. Dass abgesehen von aller Biologie und Psychologie, und rein vom Standpunkt immanenter Betrachtung und Vergleichung, hier Unterschiede bestehen, die Objekte phänomenologischer Forschung sein müssen, ist von vornherein klar. Wir nehmen dies aber nicht als eine wissenschaftliche Feststellung, sondern nur als Vorbereitung, als eine vorläufige allgemeine Bezeichnung der Sphäre, auf die sich unsere nächsten Analysen beziehen sollen. Innerhalb der niederen intellektiven Schicht wollen wir uns bewegen und 1

Randtitel von Edith Stein Sinnliches Vorstellen und Denken.

sinnliche wahrnehmungen und vorstellungen

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den prominentesten Phänomenen unsere Studien zuwenden, den sinnlichen Wahrnehmungen, und dann weiter den sinnlich anschaulichen Vorstellungen überhaupt. Sinnliche Wahrnehmungen und Vorstellungen Wir1 beginnen die Wahrnehmungsanalyse, indem wir uns Beispiele vor den phänomenologischen Blick stellen, z.B. die Wahrnehmung eines Hauses, eines ganz bestimmten, vor dem wir gerade stehen; oder wir vergegenwärtigen uns ein bestimmtes Wahrnehmen in der klaren Erinnerung. Wir wollen nicht über Wahrnehmungen Aussagen machen aufgrund vager Kenntnisse oder aufgrund vager Vergegenwärtigungen von Wahrnehmungen, sondern Wahrnehmungen selbst sollen uns vor Augen stehen, und was in ihnen zu finden ist, wollen wir ehrlich und rein immanent deskribieren. Natürlich soll, da es sich um phänomenologische Analyse handelt, alle empirisch-psychologische aktuelle Existentialsetzung ausgeschaltet bleiben; überhaupt enthalten wir uns in Betreff jedes Naturdaseins des Urteils. Wir urteilen rein über das in der cogitatio als solcher Gegebene. Die Wahrnehmung kann sein eine unveränderte Wahrnehmung, wie wir sie etwa haben, wenn das Haus als ruhendes Objekt im hellen Tageslicht, bei unveränderter Beleuchtung, von uns bei unbewegtem Leib, auch bei unveränderter Augenstellung gesehen ist; sie kann aber auch sein eine veränderte Wahrnehmung, wie wenn wir uns wahrnehmend bewegen. Wir werden da überhaupt mancherlei Unterschiede konstatieren können. Doch zunächst kommt es auf sie noch nicht an. Normalerweise ist im Sehen das Haus das Objekt, nicht aber das Sehen des Hauses. Wir sollen jetzt aber reflektieren, auf das Sehen, das Wahrnehmen eingestellt sein und es beschreiben. Es kommt uns dabei nicht auf das einmalige Faktum dieses Sehens an, auf das phänomenologische Diesda im Sinn des Einmaligen; in dem Sinn also, in dem das phänomenologische Dies ein anderes ist, wenn wir etwa die Augen schließen und sie wieder öffnen und nun einen neuen phänomenologischen Gegenstand, ein neues Dies, wenn auch vielleicht gleichen Inhalts, haben. In dieser Art wiederholt verfahrend finden wir eine Kette von Wahrnehmungen vor. Wir fassen aber, wir heben schauend heraus dasjenige, was dasselbe ist, und zwar im Sinn absoluter Einheit und Identität dasselbe ist, und sich in diesen individuell-einzelnen Diesheiten vereinzelt. Das ist nach der vorletzten Vorlesung die Einstellung der Wesensbetrachtung bzw. Wesensherausschauung. 1

Randtitel von Edith Stein Analyse der Wahrnehmung.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

Wir sagen in populärer Weise, wo mehrfach Gleiches sich uns darstellt, das und jenes sei dasselbe; wir sagen bald, das und jenes sei gleich, bald, es sei einerlei; genauer: „Das und jenes ist vom selben Wesen.“ Gleichheit, Einerleiheit ist individuelle Verschiedenheit oder Nichtidentität, in der ein identisches Wesen sich vereinzelt. So auch in unserem Fall. Aus den einzelnen Wahrnehmungsphänomenen schauen wir das sich in ihnen exemplifizierende Wesen heraus, um es zu analysieren. Dem Zweifel gegenüber, ob denn wirklich gesagt werden kann, dass die „wiederholten“ Wahrnehmungen „bloß Wiederholungen“ sind, also wesenhaft betrachtet absolut identisch, antworte ich, dass hier gar nicht auf absoluter Gleichheit und die ihr entsprechende absolute Identität bestanden sein muss und bestanden werden soll. Deutlicher gesprochen: Wesen von verschiedener Stufe der Allgemeinheit können aufgrund der Einzelnheiten herausgeschaut werden, und wir wollen uns nur mit solchen allgemeinen Wesen beschäftigen, die in ihrer Identität mit sich selbst und in ihren Unterschieden voneinander zu absoluter Gegebenheit zu bringen sind. Zum Beispiel: handelt es sich um das phänomenologische Studium der Wahrnehmung, so ist das Allgemeinste der Wahrnehmung überhaupt etwas, was zu absoluter Gegebenheit zu bringen ist, indem wir etwa inhaltlich auch weit abstehende Wahrnehmungen vergleichen und der Wesenssetzung zugrunde legen; oder indem wir etwa auch gegenüberstellen Exempel von Wahrnehmungen und solche von Erinnerungen, von fingierenden Phantasien usw. Ebenso können wir etwa Wahrnehmungen einer engeren Gruppe, z.B. Wahrnehmungen einer Melodie, Wahrnehmungen eines visuell erscheinenden Naturobjekts u.dgl. nach ihrem allgemeinen Wesen betrachten und dieses in derselben Weise zur identifizierenden Fixation und zur voll gegebenen Unterscheidung gegenüber anderen Wesen bringen. Hierher gehört auch das Wesen „unveränderte Wahrnehmung“ und, aus anderen Fällen herauszuschauen, das Wesen „sich verändernde Wahrnehmung“ und näher, als tiefer liegende Besonderung: das Wesen „unveränderte Dingwahrnehmung“, „unveränderte Hauswahrnehmung“, „unveränderte Wahrnehmung dieses Hauses“. Wir nehmen alle diese Wesen genau so, wie sie in der Herausschauung gegeben und wie sie von anderen so geschauten Wesen in absoluter Unterschiedenheit zu halten und zu identifizieren sind. Beginnen wir nun mit dem Allgemeinsten. Wir können ganz allgemeine Aussagen machen, die reiner Gegebenheit zum Ausdruck sind, wenn wir zunächst verschiedenste Fälle von Wahrnehmungen, Hauswahrnehmungen, Tonwahrnehmungen, Wahrnehmungen eines inneren Unbehagens usw. zusammenstellen und in Wesensbetrachtung rücken.

wahrnehmung als wahrnehmung eines gegenstandes

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Wahrnehmung als Wahrnehmung eines Gegenstandes1 In der letzten Vorlesung haben wir mit der phänomenologischen Analyse der Wahrnehmung begonnen und als ersten Punkt hervorgehoben: Wahrnehmung ist Wahrnehmung von einem Gegenstand. Diese Beziehung erfordert ausserordentlich umfassende phänomenologische Untersuchungen. Natürlich wird aber in diesen nichts von der gemeinen, sich für erkenntnistheoretisch ausgebenden Wahrnehmungstheorie vorkommen, die den bekannten Typus hat: Draußen sind die Dinge an und für sich. Davon gehen Reizbewegungen, Schallwellen, Ätherwellen u. dgl. aus, wirken auf das psychophysische Subjekt, und daraufhin werden in diesem, nach Maßgabe seiner psychophysischen Konstitution, sinnliche Bilder, Erscheinungen erzeugt, die vermöge dieser Entstehung auf die draußen seienden Dinge bestimmte Beziehung haben,2 aber ihnen natürlich nicht in der Weise wirklicher Bilder werden entsprechen müssen; woran sich dann die bekannte Lehre von den sekundären und primären Qualitäten anschließt. Von all dem weiß die Phänomenologie selbstredend nichts. Studieren wir die Wahrnehmungen phänomenologisch, d. i. ihrem immanenten Wesen nach, so finden wir nichts von an sich seienden Naturobjekten, also Objekten einer räumlich-zeitlichen Natur, nichts von Schallwellen, Ätherwellen, mechanischen Reizen usw., nichts von Sinnesorganen, Nervensystem, physikalischen und psychologischen Wirkungen. Solche psychophysischen Theorien liegen also nicht auf unserem Wege, und dies so wenig, dass nicht einmal ein Anlass vorliegt, sich mit dem Unsinn auseinander zu setzen, der damit begangen wird, dass man aus ihnen erkenntnistheoretische Konsequenzen glaubt ableiten zu können; ein Unsinn, der sich durch die ganze empiristische Erkenntnistheorie von Locke bis in die Gegenwart hindurchzieht. Bleiben wir also in der Linie der Phänomenologie, schalten wir alle Naturexistenz und alles sonst nicht Hereingehörige aus. Naturobjekte werden in der sinnlichen Wahrnehmung wahrgenommen. Die Existenz dieser Objekte verfällt der phänomenologischen Reduktion. Und doch verliert die Wahrnehmung nicht ihren wahrgenommenen Gegenstand. Mögen wir hinsichtlich seiner Existenz Epoché üben, mögen wir sie selbst skeptisch negieren: es ist und bleibt evident, dass die Wahrnehmung Wahrnehmung von ihm ist. Es ist offenbar etwas zum phänomenologischen Wesen der jeweiligen Wahrnehmung Gehöriges, dass sie Wahrnehmung von einem Gegenstand, und gerade diesem ihrem 1 2

Randtitel von Edith Stein. Gestrichen nämlich kausale Beziehung haben.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

Gegenstand ist, die Wahrnehmung dieser Bank eben Wahrnehmung von ihr, die Wahrnehmung eines Hauses eben Wahrnehmung von dem Haus usw. Betrachten1 wir phänomenologisch andere cogitationes, so finden wir, dass nicht bloß Wahrnehmungen diese merkwürdige gegenständliche Beziehung haben. Auch zum Wesen einer Phantasie gehört es, dass sie Phantasie von etwas ist, z.B. Phantasie von einer Bank, von einem Zentauren u.dgl. Erinnerung ist Erinnerung an etwas, Denken ist Denken von etwas usw. Ohne in eine Wesensanalyse dieser andersartigen Phänomene einzutreten, erkennen wir, dass auch zu ihrem Wesen es unabtrennbar gehört, dieses „von etwas“, eine gegenständliche Beziehung mit sich zu führen. Es springen aber sofort Unterschiede ins Auge: Der cogitierte Gegenstand – der intentionale, wie wir es in unseren einleitenden Betrachtungen nannten – hat in den verschiedenartigen Phänomenen eine verschiedenartige intentionale Gegebenheitsweise. 1) Speziell der Gegenstand der Wahrnehmung hat, als wahrgenommener, einen eigentümlichen Charakter, den wir etwa als Cha ra kt e r de r Le ibha f t ig ke it bezeichnen können. Im Hauswahrnehmen steht das Haus leibhaftig da und weiter als leibhaft Gegenwärtiges; und darin liegt: Es steht als aktuell selbst und im aktuellen Jetzt gegeben da.2 Doch ist das keine Definition. Wenn wir „aktuell selbst gegeben“ und „aktuell jetzt gegeben“ sagen, so besagt das „aktuell“ eben wieder den unbeschreiblichen Leibhaftigkeitscharakter, dessen Wesen im Kontrast scharf hervortritt.3 In der Phantasie steht ein Gegenstand auch da, in gewisser Weise auch selbst. Aber das ist nicht das aktuelle Selbst, sondern nur gleichsam Selbst. Und ebenso ist das Jetzt der Phantasiegegenständlichkeit nicht das aktuelle Jetzt,4 sondern ein gleichsam Jetzt, und zwar ein Phantasie-Jetzt. Ebenso verhält es sich mit der Erinnerung. Der Gegenstand ist vergegenwärtigt und als das charakterisiert, er steht in einem Jetzt da, aber dieses Jetzt ist das gewesene Jetzt; und damit drückt sich zugleich ein Unterschied des gesamten gegenständlichen Inhalts aus, so wie er Inhalt des Erinnerungsgegenstandes ist. Die Farbe, die Gestalt usw., alles und jedes ist von einer gewissen Modifikation gegenüber der Wahrnehmungsgegebenheit durchtränkt. Die Farbe ist vergegenwärtigte und nicht leibhaftige Farbe usw. Wieder anders ist die Modifikation, wenn wir einen Gegenstand denken (= ansetzen), genauer: einen phantasierten 1

Randtitel von Edith Stein Leibhaftigkeitscharakter. Randbemerkung Leibhaft als Charakter des Selbst (original). Aber dazu auch: Leibhaft steht das Objekt in seiner Dauer da, es ist ein individuelles Objekt. Es ist leibhaft, das umschließt, dass es mit den Bestimmtheiten gegeben ist „jetzt“, „selbst“. 3 Randbemerkung Leibhaftigkeitscharakter und Aktualitätscharakter ist dasselbe. 4 Statt Jetzt im Manuskript versehentlich Selbst. 2

wahrnehmung als wahrnehmung eines gegenstandes

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oder erinnerten als gegenwärtig denken, oder wenn wir einen Gegenstand im Bilde anschauen, wie wenn wir ein Gemälde betrachten, wobei zwar auch ein leibhaftiges Bewusstsein zugrunde liegt, aber das leibhaft Erscheinende nicht das Abgebildete selbst sein will, sondern ein nicht leibhaft Erscheinendes eben verbildlicht. Die genaue Durchforschung dieser verschiedenen Gegebenheitsweisen der intentionalen Gegenstände und ihrer wechselseitigen Verhältnisse ist Sache umfassender und inhaltreicher Analysen. Hier begnügen wir uns mit rohen Aufweisungen und vor allem mit der Kontrastierung derselben zum Zweck der Abhebung des Aktualitätscharakters oder Leibhaftigkeitscharakters des wahrgenommenen Gegenstandes als solchen. 2) Der1 Aktualitätscharakter ist nicht zu verwechseln mit dem Wirklichkeitscharakter in dem Sinn des Charakters der Existenz. Die phänomenologische Epoché, die wir üben, besagt, dass wir in unserer Forschungssphäre über die Existenz, das Wahrhaft-Sein des Wahrgenommenen, soweit es, wie bei allen Wahrnehmungen von Naturobjekten, zu keiner evidenten Selbstgegebenheit kommt, kein Urteil fällen und von ihr überhaupt keinen theoretischen Gebrauch machen. Andererseits gehört es zum Wesen der Wahrnehmung im gewöhnlichen Wortsinn, dass sie Existenz des Wahrgenommenen setzt. Dieses Setzen ist kein Prädizieren, kein diskursives Urteilen. Schlicht wahrnehmen ist eins, und daraufhin ein Prädizieren vollziehen evidenterweise ein anderes. Im schlichten Wahrnehmen selbst finden wir nun das Setzen, von der Wahrnehmung heißt es in dieser Beziehung, sie sei Glaube an das Sein des Wahrgenommenen. Das ist freilich ein missdeutlicher Ausdruck, da er es gerade nahe legt, was wir ausschließen müssen, nämlich dass dieser Gedanke, dass das Haus ist, in der Hauswahrnehmung vorkomme, als ob sie die Prädikation, das Haus sei, vollziehe. Der Ausdruck „Wahrnehmungsglaube“ darf also nicht missverstanden werden. Und ebenso der etwas weniger missdeutliche Ausdruck „Wahrnehmungssetzung“. Was wir hinsichtlich der Wahrnehmung, dieser cogitatio selbst als Moment der Setzung bezeichnen, hat sein intentionales Korrelat in dem Existentialcharakter des wahrgenommenen Objekts als solchen. Kontrastieren wir wieder. Wir treten in ein Kaffeehaus und sehen vor uns einen weiten Raum mit Menschen, wir schreiten Platz suchend weiter und auf einmal merken wir, dass zwei Schritte vor uns eine große Spiegelwand ist, welche den wahren Raum verdoppelt. Alle die Spiegelmenschen, T Tische, Stühle, die wir soeben noch als Wirklichkeiten genommen hatten, werden nun zu unwirklichen, nichtseienden Bildobjekten, obschon von Bildern für die wirk1

Randtitel von Edith Stein Wirklichkeitscharakter.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

lichen Gegenstände vor dem Spiegel. Bei dieser Wahrnehmungsmodifikation leidet nicht der Leibhaftigkeitscharakter der gesehenen Objekte. Was sich ändert, liegt in einer ganz anderen Dimension. Von der Wahrnehmung sagt man: Ihr ursprünglich schlichter Glaubenscharakter hat sich gewandelt in einen Charakter des Unglaubens (womit nicht ohne weiteres gesagt sein soll, dass beides einander gleichstehende einfache Charaktere seien), und in gegenständlicher Hinsicht heißt es: Der Charakter der Wirklichkeit, des Wahrhaft-Seins hat sich gewandelt in den Charakter der Nichtigkeit. Die Sachlage ist hier kompliziert, sofern das nichtige Objekt zugleich als Bild fungiert, was eine eigene phänomenologische Charakteristik darstellt. Wir können aber auch andere Beispiele nehmen. Z.B. was zunächst im Waldesdunkel als Mensch erschien, erscheint im Nähertreten als ein eigentümlich geformter Baumstamm; oder was als Mensch erschien, erscheint (etwa im Panoptikum) als eine Wachsfigur. Auch nach der Aufhebung der Illusion können wir, obschon wir wissen, dass in Wahrheit vor uns eine Puppe steht, in ihr den Menschen sehen. Aber nun ist der Nichtigkeitscharakter da, und zwar in offenbarer Beziehung zu dem Konkurrenzgegenstand Puppe und seinem Seinscharakter. Zwei Phänomene durchdringen sich da im Streit miteinander, und intentional stehen im Streite zwei „Gegenstände“, und der Sieg für eine Seite besagt, dass ihr der Seinscharakter zufällt oder standhält, der anderen aber die Herabsetzung des ursprünglichen Seinscharakters zum Charakter der Nichtigkeit. Der Streit kann aber auch unentschieden sein: Wir zweifeln, ob Puppe oder Mensch, ob Spiegelbild oder Wirklichkeit. In diesem komplexen Zweifelsphänomen haben die Bewusstseinsglieder wieder nicht den normalen Wahrnehmungscharakter; es fehlt der schlichte Seinscharakter gegenständlich auf beiden Seiten, die vielmehr im Zweifelhaftigkeitscharakter dastehen. Wir wollen diese und ähnliche Modi der Stellungnahme,1 die zum phänomenologischen Gehalt der Wahrnehmung gehören können, hier nicht näher verfolgen. Wir heben nur hervor, dass zum Grundwesen der Wahrnehmung und der übrigen hier mit ihr parallelisierten Phänomene phänomenologisch (ontisch) die Leibhaftigkeit gehört (oder vielmehr dass sie ihrem Wesen nach ein solches Gegebenheitsbewusstsein vom Gegenstand ist, in dem er als leibhafter dasteht) und dass dieser Leibhaftigkeitscharakter zu scheiden ist von dem Charakter der existentialen Wirklichkeit und von anderen Modis, wie Nichtigkeitscharakter, Zweifelhaftigkeitscharakter usw. Die normale und prägnante Rede von Wahrnehmung bevorzugt die eine Form der Stellungnahme. Wer sagt: „Ich nehme wahr“, meint normaler1

Einfügung (später) scil. nach dem Obigen ontisch und phansisch.

dingwahrnehmung und phänomenologische wahrnehmung

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weise, es gelte ihm das Wahrgenommene als wirklich seiend. Da aber bei Erhaltung des übrigen phänomenologischen Wesens der Wahrnehmung der Glaubenscharakter fortfallen und durch andere, in die gleiche Linie gehörige Charaktere ersetzt werden kann, so hat der Begriff der Wahrnehmung eine Tendenz, gegenüber diesen Modifikationen unempfindlich zu werden, sie unbestimmt zu lassen, also seinen bestimmten Inhalt allein zu orientieren nach dem überall gemeinsamen Leibhaftigkeitsmoment. So wollen wir das Wort „Wahrnehmung“ nur da gebrauchen, wo keine Verwirrung möglich ist. (Natürlich nimmt man dieses Moment dann nicht in abstracto; Wahrnehmung ist der Name eines konkreten Phänomens; man rechnet also irgendeinen Modus der Stellungnahme hinzu, der dann aber in allgemeiner Rede unbestimmt gelassen ist.) In streng terminologischer Rede sprechen wir von Perze pt ion: von voller Perzeption, wo wir den Modus der Stellungnahme hinzurechnen, von bloßer Perzeption, wo wir davon abstrahieren. Die Modi der Stellungnahme bezeichnen wir dann als Perzeptionsglaube, Perzeptionsunglaube, Perzeptionszweifel usw. Wahrnehmung im echten und prägnanten Sinn ist eine Perzeption mit dem Modus des Perzeptionsglaubens. In den nächsten Analysen sehen wir von diesen Modis ab und analysieren also den Inhalt der bloßen Perzeption oder den Wesensgehalt der Wahrnehmung im weiteren Sinn in Richtung auf den Gehalt ihrer bloßen Perzeption, sei es nach ihrem reellen Bestand, sei es nach dem intentionalen. Dingwahrnehmung und phänomenologische Wahrnehmung1 3) Aus2 den bisherigen Betrachtungen geht schon hervor, dass zwei Reihen evidenter Aussagen möglich sind, Aussagen über die Wahrnehmung und Aussagen über den wahrgenommenen Gegenstand als Gegenstand der betreffenden Wahrnehmung, oder „im Sinn“ dieser Wahrnehmung, und dass in diesen Aussagen die Wahrnehmung und ihr Gegenstand nicht vertauscht werden können.3 Zum Beispiel ist es evident, dass im Fall einer Dingwahrnehmung das Wahrnehmungsobjekt sich eben beschreibt als Ding, z.B. als schwarze Tafel, dass aber die Wahrnehmung selbst nicht schwarze Tafel ist. Es unterscheidet sich Inhalt der Wahrnehmung und Inhalt des Gegenstandes, Teile und Prädikate der Wahrnehmung und Prädikate des Gegenstandes. Hinsichtlich des Gegenstandes ist aber wohl zu beachten, 1

Randtitel von Edith Stein. Randtitel von Edith Stein Wahrnehmung und Wahrnehmungsgegenstand. 3 Randbemerkung (vermutlich später) Das Thema ist nicht ausreichend behandelt. Die Sachen müssten tiefer geklärt werden. 2

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dass es sich nicht um den Inhalt des Gegenstandes schlechthin, den Gegenstand an sich genommen handelt: z.B. den Inhalt des Gegenstandes Tafel „an sich“,1 des Dinges der Natur. Ist „der wahrgenommene Gegenstand in Wirklichkeit“, so kommen ihm als demjenigen, der wirklich ist, und so, wie er wirklich ist, Inhaltsbestimmtheiten zu: Teile, Momente, Eigenschaften, Relationen. Obschon nun aber (wenn der wahrgenommene Gegenstand wirklich ist) der wahrgenommene Gegenstand selbst der wirkliche ist, so deckt sich doch keineswegs die Beschreibung des wirklichen Gegenstands mit der Beschreibung des „wahrgenommenen Gegenstands als solchen“, und zwar mit derjenigen Beschreibung, die wir im phänomenologischen Gebiete allein kennen. Die phänomenologische Beschreibung ist vom Modus der Stellungnahme unabhängig und in weiterer Folge auch unabhängig davon, ob wir urteilend „den Gegenstand“ für wirklich halten oder als unwirklich verwerfen. Andererseits, die Naturbeschreibung hat nur Sinn aufgrund der beständigen Wirklichkeitssetzung des Gegenstandes. Diese letztere Beschreibung, die Naturbeschreibung, geschieht bekanntlich, wenn sie sich ausweisen soll, aufgrund mannigfaltiger Wahrnehmungen. Um das Naturobjekt Tafel zu beschreiben und diese Beschreibung auszuweisen, muss ich es allseitig betrachten, in immer neuen Wahrnehmungen, und dann haben wir daran physische Operationen zu vollziehen; um das Innere der Tafel, die Art der inneren Struktur kennen zu lernen, haben wir sie zu zerschneiden oder zu zerbrechen usw. Wie solche Beschreibung und Inhaltsbestimmung des Naturobjekts weiter erfolgt, geht uns hier nicht an, jedenfalls ist es klar, dass bloße Beschränkung auf eine einzelne Wahrnehmung und das, was ihr in gegenständlicher Hinsicht abzulesen ist, keine „objektive Beschreibung“, keine objektiv gültige, und Bestimmung des Naturobjekts ergibt. Andererseits ist doch das absolut evident, dass die jeweilige Wahrnehmung „etwas, einen Gegenstand wahrnimmt“, und zwar betrifft das ihren bloßen Kern, die bloße Perzeption, da es gilt unabhängig vom Modus der Stellungnahme. Und mit absoluter Evidenz ist weiter auszusagen, dass dies wahrgenommene bzw. perzipierte Etwas „ein Ding“, „ein dreidimensionales Raumobjekt“ ist, eine schwarze Tafel usw., und zwar dem Sinn dieser Perzeption gemäß: als das nimmt sie, fasst sie, meint sie, oder wie man es nennen mag, das Etwas, das sie als leibhaftes vorstellt.2

1 Randbemerkung (vermutlich später) d. h. den eventuell in Wahrheit existierenden, der die Einheit ist, die sich in mannigfachen vollen Wahrnehmungen W ausweist, und in eventuell neuen Tafelerscheinungen. 2 Randbemerkung Aber Gemeintes hat Anführungszeichen, und diese Beschreibung, wenn

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Dabei besteht aber ein offenbarer Unterschied zwischen der Gegebenheit des Perzeptionsphänomens selbst und der Gegebenheit des Perzipierten, so wie es perzipiert ist. Wir unterschieden schon in unseren allgemeinen Betrachtungen reelle Gegebenheit und intentionale Gegebenheit. Diejenige des Perzipierten ist eine bloß intentionale. Blicken wir auf ein Phänomen – hier auf die Wahrnehmung – oder ein Perzeptionsphänomen überhaupt hin, so steht das Phänomen selbst da, aktuell da im aktuellen Jetzt, mit einem Worte: leibhaft da. Ferner: Nicht nur steht in diesem „Hinblicken“, das, wie wir sehen, selbst als ein Perzipieren charakterisiert ist, sein Gegenstand leibhaft da, sondern als wirklich da und als jetzt wirklich, in einer aktuellen Dauer. Damit ist das Hinblicken als ein Wahrnehmen im prägnanten Sinn charakterisiert. Wir sehen hier aber auch das Eigentümliche, dass andere Modi der Stellungnahme evident ausgeschlossen sind. Ein Zweifel an dieser Wirklichkeit, an dem Selbst-da- und Wirklich-da-Sein des Phänomens, ebenso ein Unglaube daran ist ausgeschlossen, nämlich mit dem vorliegenden phänomenologischen Bestand evident unverträglich; ja selbst ein Glaube im Sinne einer bloßen δξα, zu deren Wesen die Möglichkeit weiter folgender Bewährung oder Widerlegung gehört. Wir bemerken auch in der Reflexion auf dieses Hinblicken auf das Phänomen, dass das Hinblicken nicht anders gegeben ist wie sein Objekt, nämlich das Phänomen, und dass beide hier zumal gegeben sind in einer Einheit, die beides, das Hinblicken und das Phänomen, in gewisser Weise umfasst.1 Diese Wahrnehmung, die wir da als Hinblicken auf das Phänomen beschrieben, diese absolut gebende, eine leibhafte Wirklichkeit absolut fassende, scheidet sich evident von der Wahrnehmung nach Maßgabe der Beispiele von Dingwahrnehmungen, die wir bisher bevorzugt haben. Wir sehen, dass sich verschiedene Grundtypen von Wahrnehmungen voneinander abheben. Nicht jede Wahrnehmung ist dinglich und von dem allgemeinen Charakter der dinglichen. Nämlich bei der phänomenologischen Wahrnehmung, der Wahrnehmung einer cogitatio selbst und nach ihrem „reellen“ Bestand, fällt nicht Setzung und Beschreibung eines „Wahrnehmungsgegenstandes“ und diejenige einer angeblichen „entsprechenden Wirklichkeit“ auseinander. Ja es hat hier keinen Sinn, so zu scheiden. Das „wahrgenommene Ding als solches“ ist andererseits Perzipiertes, das ebenso wohl entsprechende Wirklichkeit als Nichtwirklichkeit haben kann, und die Beschreibung in sie „getreu“ ist, bedarf keiner Ausweisung an anderen Wahrnehmungen, ja lässt sie sinnvoll nicht zu. 1 Gestrichen und absolut wahrnehmungsmäßig gegeben hat.

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der Wahrnehmungsaussage der seienden Wirklichkeit deckt sich nicht mit der Beschreibung des Perzipierten als solchen (in der phänomenologischen Aussage über das Wahrnehmungskorrelat). Zugleich ist immer zu beachten, dass die Akte der Erfassung und Analyse des perzipierten Gegenstandes als solchen, also in der phänomenologischen Einstellung, nicht den Charakter haben von Wahrnehmungen im vollen und echten Sinn. Das phänomenologische Herausschauen der Momente eines Perzipierten ebenso wohl wie das in dieser Hinsicht damit gleichstehende Herausschauen der Momente eines phantasierten Gegenstandes ist kein Wahrnehmen. Es setzt auch sein Objekt nicht schlechthin – so gesetzt ist vielmehr das Wahrnehmungsphänomen oder Phantasiephänomen –, es setzt es vielmehr nur in eigentümlich modifizierter Weise als das Intentionale der Wahrnehmung, als das Intentionale der Phantasie usw. In dieser Hinsicht liegen noch Probleme, von deren Bedeutung ich hier noch keine Vorstellung erwecken kann.1 4) Bei dem dritten Punkt, den wir in der immanenten Analyse der Wahrnehmung in der letzten Vorlesung besprochen haben und bei dem wir Aussagen über den reellen Inhalt der Wahrnehmung selbst und Aussagen über das Wahrgenommene unterschieden hatten, wurden wir aufmerksam auf eine sehr wichtige Scheidung innerhalb der Gesamtgattung Wahrnehmung: Den Beschreibungen, die wir in Hinblick auf die Wahrnehmung selbst vollziehen, liegt zugrunde eben dieser Hinblick auf die Wahrnehmung, und dieser hat selbst den Charakter einer Wahrnehmung. Und dasselbe gilt von dem Hinblick auf eine Erinnerung, auf eine Phantasie, auf ein Urteil, kurzum auf irgendeine cogitatio, welcher Hinblick überall als Unterlage einer so genannten rein immanenten und in phänomenologischer Einstellung vollzogenen Beschreibung fungieren kann. Ist Wahrnehmung überhaupt charakterisiert dadurch, dass in ihr etwas Individuelles, Dauerndes als leibhaftig und als wirklich seiend dasteht, so ist jeder solche Hinblick auf eine cogitatio eine Wahrnehmung, und zwar eine Wahrnehmung von einem wesentlich anderen Charakter, als diejenigen es sind, die uns bisher als nächstliegende Beispiele fungierten, nämlich Dingwahrnehmungen. Erstens: Die Auszeichnung der ersteren Wahrnehmungen besteht fürs Erste darin, dass sie im absoluten 1 Vermutlich während der Vorbereitung der folgenden Vorlesungsstunde gestrichen Bei genauer Betrachtung kann man hier statt e in e s Gegensatzes vielmehr zwei abscheiden. 1) Wahrnehmungen von Phänomenen waren absolut gebend; nämlich das Wirklichsein des leibhaft perzipierten Phänomens war ein zweifelloses. Die Zweifellosigkeit ist allerdings ein normatives Kriterium, es besagt, dass mit der vorliegenden Wahrnehmungsart Zweifel evident unverträglich ist. Das gründet aber in ihrem Wesen, also der Eigenart der Seinssetzung, die absolute Seinssetzung zu nennen wäre.

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Sinn selbstgebend sind, nämlich dass sie das Wirklichsein des leibhaft Perzipierten in evidenter Zweifellosigkeit geben, das mit dem Phänomen Zweifel und ebenso Unglaube evident unverträglich ist. Die Seinssetzung, die hier vollzogen ist in jedem Fall solchen Hinsehens auf eine cogitatio, ist eine absolute Seinssetzung, eine schlechthin unaufhebbare. In dieser Hinsicht nennen wir die fraglichen Wahrnehmungen a dä qua t e und bestimmen so den Begriff der adäquaten Wahrnehmung überhaupt. Offenbar sind die Dingwahrnehmungen inadäquat. Fürs Zweite charakterisieren sich diese Wahrnehmungen durch eine Eigentümlichkeit, die begrifflich von der Adäquatheit im Sinn der eben gegebenen Definition zu unterscheiden ist, auch wenn wir es offen lassen, ob eins mit dem andern wesentlich Hand in Hand geht. Wahrnehmungen von cogitationes der Art, die wir jetzt immer im Auge haben, fassen ihre Objekte „reell“ in sich. Werfen wir einen schauenden Blick auf die Art, wie eine solche Wahrnehmung einer cogitatio sich auf diese selbst bezieht, so ist es evident, dass die Wahrnehmung einer cogitatio in ihrer Konkretheit das, was sie wahrnimmt, in seiner reellen Einheit befasst, dass sie ein konkretes Ganzes ist, das das Wahrnehmungsobjekt als Teil im eigentlichen Wortsinn in sich fasst. Und das besagt eben die Reellität des Enthaltenseins. Ganz anders steht es mit der Dingwahrnehmung. Sie erfasst ja auch das Wahrgenommene, das Ding ist in ihr leibhaft gegeben, leibhaft erfasst. Aber dieses Gegebensein oder Gefasstsein ist ein wesentlich anderes. Das Ding ist kein Stück, kein Teil der Dingwahrnehmung; diese umfasst nicht das, was sie wahrnimmt, im reellen, also eigentlichen Sinn. Wir nennen Wahrnehmungen, zu deren Wesen es gehört, das Wahrgenommene reell zu fassen und somit mit ihm reell eins zu sein, „reell immanente“. Die adäquaten Wahrnehmungen, die wir als Wahrnehmungen von cogitationes in verschiedenen Beispielen kennen gelernt haben, sind also zugleich reell immanente. Wahrnehmungen, die ihre Objekte nicht im angegebenen Sinn reell fassen, nennen wir transiente. Gehört es zu ihrem Wesen, ihre Objekte nur inadäquat und transient fassen zu können, so nennen wir die Wahrnehmungen transzendent. Eigentlich und uneigentlich Wahrgenommenes1 5) Wahrnehmungen, wie andere cogitationes, haben jeweils ihre phänomenologische Zeitform. Jedes Reelle (in reell immanenter Wahrnehmung adäquat zu fassende Phänomen) hat seine Dauer, hat in dieser Dauer sein 1

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immer neues Jetzt, und dieses als Endpunkt eines stetigen Abflusses von Phasen der Ebengewesenheit. Im Flusse dieser Phasen steht der Zeit füllende Inhalt des Phänomens entweder von Jetztpunkt zu Jetztpunkt immerfort als derselbe da – das Phänomen dauert und steht in der Dauer als unverändert da –, oder es verändert sich in seiner Dauer. In dieser Richtung wollen wir jetzt zunächst nicht forschen. Wir wollen unser Interesse transienten Wahrnehmungen zuwenden, und zwar den gewöhnlichen Dingwahrnehmungen. Selbstverständlich verbleiben wir streng in phänomenologischer Einstellung. Als Beispiele nehmen wir Wahrnehmungen, die als phänomenologische Zeitobjekte in ihrer Dauer sich nicht verändern. Dingwahrnehmungen sind ihrem Wesen nach Wahrnehmungen von unveränderten (im weitesten Sinn ruhenden) Dingen oder Wahrnehmungen von sich verändernden Dingen. Natürlich darf uns hier niemand einwenden: „Ernstlich ruhende, in sich veränderungslose Dinge gibt es nicht in der Natur.“ Wir sprechen nicht von der Wirklichkeit der Natur, sondern von Naturwahrnehmungen, und da gehört es phänomenologisch zum Wesen gewisser dieser Wahrnehmungen, dass ihrem Sinn gemäß das Wahrgenommene ein sich Veränderndes ist, und zum Wesen anderer Wahrnehmungen, dass es ein ruhendes ist. Wir erkennen sofort, dass eine Wahrnehmung, die ihrem Sinn nach auf sich Veränderndes geht, notwendig sich selbst verändert. Erscheint eine Veränderung, so ist das Phänomen des Erscheinens, die betreffende Perzeption bzw. Wahrnehmung selbst, und in phänomenologischem Sinne, in Veränderung begriffen. Wir nehmen also Beispiele von Wahrnehmungen, in denen auf objektiver Seite nichts von Veränderung intendiert ist, z.B. die Wahrnehmung eines Hauses, das im Garten steht, ringsum vielleicht noch andere Objekte, soweit solche eben von der Einheit der Gesamtwahrnehmung umspannt sind. Lassen wir jetzt den Unterschied beiseite, der darin besteht, dass wir (unbeschadet der weiter reichenden Einheit der Gesamtwahrnehmung, die eine konkrete Wahrnehmungseinheit ist) bevorzugend von dem Haus, indem wir ihm speziell zugewendet sind, sagen, es sei unser Wahrnehmungsobjekt. Jedenfalls ist es evident, dass, wenn wir Inhalt der Wahrnehmung und Inhalt der wahrgenommenen Gegenständlichkeit in Beziehung zueinander setzen, die Teilung der wahrgenommenen Gegenständlichkeit als solcher in wahrgenommene Einzelgegenstände und wahrgenommene Teile dieser Gegenstände Hand in Hand geht mit einer reellen Teilung der Wahrnehmung selbst. Dem Haus für sich entspricht ein Bestandstück der Gesamtwahrnehmung, dessen speziell Wahrgenommenes gerade dieses Haus ist; dem vom Gesamtblick mitgefassten Garten entspricht ein Bestandstück der Gesamtwahrnehmung, dessen Gegenständliches gerade dieser Garten ist, usw.

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Hierbei fällt uns Folgendes auf. Scheint sich nach dem Gesagten Wahrgenommenes und Wahrnehmung in gewisser Weise zu decken, so scheiden sich doch hinsichtlich der mitwahrgenommenen Dinge und Dingteile solche, die in einem eigentlicheren, prägnanteren Sinn in die Wahrnehmung fallen, und solche, die es nicht tun.1 Und dasselbe gilt von allen unselbständigen wahrnehmungsmäßig erfassten bzw. miterfassten dinglichen Bestimmtheiten. Das Haus hat im Sinne der Wahrnehmung nicht bloß die „eigentlich“ gesehene Vorderseite, sondern auch eine Rückseite und ein unsichtiges Inneres. Und das Nichtgesehene ist für die Wahrnehmung keineswegs ein pures Nichts, die Wahrnehmung „meint“2 nicht bloß Vorderseite, sondern „meint“ auch mit Inneres und Rückseite; sie meint ja das Haus, d. h. ein Haus und dieses Haus steht da, das voll dreidimensionale und inhaltlich irgendwie bestimmte Ding; und mag ihrem Sinn gemäß die Rückseite und das Innere auch nicht vollkommen bestimmt und – je nachdem die Wahrnehmung einmal ist – bald vollkommener, bald unvollkommener bestimmt sein, so ist ein gewisses Maß von Bestimmtheit schon durch die Hausauffassung, ja allgemeiner durch die Auffassung eines Dinges impliziert. In den Rahmen der Wahrnehmung fällt, sagten wir, auch der Garten. Das Haus verdecke partiell eine Reihe von Gartenbäumen: Einige von ihnen, die nicht verdeckten, fallen im prägnanteren Sinn in die Wahrnehmung, die verdeckten sind in gewissem Sinne mitgefasst, aber nicht in prägnantem Sinn wahrgenommen. Dieses Mitfassen aber können wir weder hinsichtlich der gesamten Wahrnehmungsgegenständlichkeit noch hinsichtlich jedes einzelnen dieser Gegenständlichkeit völlig ausschalten, da sonst die Wahrnehmung ihren Sinn völlig verliert. Das Haus, und das Haus mitsamt seiner Umgebung steht da, leibhaft da. Sagen wir, „eigentlich“ stehe bloß die Vorderseite des Hauses leibhaft da, so trifft das freilich gerade das, was wir hervorheben wollen, aber andererseits ist die Vorderseite eben Vorderseite des Hauses, und das Haus ist wahrgenommen, und diesen Genitiv können wir nicht wegstreichen. Zum Wesen der Dingwahrnehmung gehört diese unlösliche Verflechtung von eigentlicher und uneigentlicher Gegebenheit bzw. von Eigentlich-in-die-Wahrnehmung-Fallen und nur Uneigentlich-in-sie-Fallen. Dabei ist es klar, dass dieser Unterschied schon Sache der bloßen Perzeption ist,3 dass er bestehen bliebe, wenn sich, was das Wesen der Dingwahrnehmung offen lässt, der perzeptive Glaube in perzeptiven Unglauben oder Zweifel 1

Randbemerkung 81 (unten S. 129 f.). Randbemerkung Diese Rede von Meinung ist offenbar völlig zu sondern von Meinung im Sinne der Aufmerksamkeit. 3 Randbemerkung cf. Nachtrag 80 (unten S. 127 f.). 2

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wandelt. Wir können daher von Bestandstücken oder Bestimmtheiten des Perzipierten sprechen, die eigentlich, und solchen, die uneigentlich perzipiert sind. Ich hebe noch als Evidenz hervor, dass der Unterschied der eigentlich und uneigentlich wahrgenommenen Bestandstücke adäquate Wahrnehmung nicht angeht und angehen kann. 6) Wollen wir nun diesen Unterschied näher studieren, in dem Wahrnehmung und Wahrgenommenes, Perzeption und Perzipiertes zueinander stehen, so nehmen wir ein eigentlich wahrgenommenes Ding oder Dingstück.1 Dann zerfallen die Bestimmtheiten und näher die Eigenschaften, die dem Stück wahrnehmungsmäßig zukommen, wieder in eigentlich perzipierte und uneigentlich perzipierte. Z.B. das Haus steht als farbig da, und die Farbe der (es populär auszudrücken) uns zugewendeten Seite ist allein eigentlich gesehene Farbe,2 im Gegensatz zu den natürlich mitgemeinten Farben der abgewendeten Seiten. Wir beschränken uns auf die eigentlich gesehene Farbe und studieren die Weise des Gegebenseins dieser Farbe, deutlicher: das Verhältnis der Wahrnehmung dieser Farbe und der Farbe selbst. Evidenterweise bekundet sich ja die Dingfarbe in der Hauswahrnehmung, etwas entspricht ihr in dieser. In3 dieser Hinsicht treten nun alsbald auseinander empfundene Farbe und wahrgenommene, perzipierte Farbe; ebenso empfundene Rauhigkeit und wahrgenommene Rauhigkeit, empfundene Ausbreitung, empfundene Gestalt und wahrgenommene Gestalt usw. Betrachten wir die Perzeption selbst nach ihren reellen Bestandstücken, so finden wir darin kein Haus, aber auch keine Hausfarbe, keine Rauhigkeit der Hauswand, keine Hausgestalt und Hausgröße usw. Andererseits werden wir doch in gewissem Sinne sagen, und mit Evidenz sagen dürfen: Die Perzeption selbst enthält als reelles Moment ein „Moment Farbe“, ein Rotmoment, wenn mir das Haus als rot gegenübersteht. Und dieses Moment „rot“ hat seine Ausbreitung, die es im Phänomen der Perzeption reell überdeckt, und dieses Ausbreitungsmoment ist selbst ein reelles in der Perzeption usw. Diese Momente nennen wir empfundene Momente. Wir dürfen sie nicht perzipiert nennen, denn perzipiert ist das Haus, und perzipiert sind alle Bestimmtheiten des Hauses, in denen es eben perzeptiv dasteht. Das empfundene Rot ist aber nicht das Rot des Hauses. Wie das Haus selbst sind auch seine unselbständigen Momente, seine Eigenschaften, der Wahrnehmung transzendent. Existiert das Haus nicht, so 1 Gestrichen Zum Wesen wahrgenommener Dinglichkeit gehört (zum Wesen der Dinglichkeit, wie sie uns in Wahrnehmung als Gegebenheit vor Augen steht), dass sie zerstückbar ist. 2 Statt Farbe im Manuskript versehentlich Seite. 3 Randtitel von Edith Stein Darstellende und dargestellte Inhalte.

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existiert auch seine Farbe nicht, verbrennt das Haus, so bleibt von seinen Farben, Formen, von all seinen Eigenschaften nichts übrig. Das alles geht aber die Wahrnehmung und näher die Perzeption nichts an, und es ist ja ausgeschaltet durch die phänomenologische Reduktion. Die Wahrnehmung ist und ist mit all ihren Momenten, und unter diesen finden sich, ob das Haus existiert oder nicht, die empfundene Farbe, die ihrerseits notwendig sich irgendwie ausbreitet und mit dieser Ausbreitung empfunden ist. Nun ist aber die Frage: Ob denn im Wesen dasselbe, wenn auch nicht individuell dasselbe, einmal als reelles Moment der Perzeption und das andere Mal als Bestimmtheit des perzipierten Gegenstandes fungiert, wie ja die Rede von empfundener Farbe und wahrgenommener Farbe, von empfundener Ausbreitung und wahrgenommener Ausdehnung, von empfundener Rauhigkeit und wahrgenommener Rauhigkeit usw. nahe zu legen scheint. Wäre es wirklich dasselbe, so wäre nicht abzusehen, warum es nicht reell immanente Dinge sollte geben können. Es möchte scheinen, dass das Wesen der Dingwahrnehmung (und aller ähnlichen transienten Wahrnehmungen) damit umschrieben sei, dass hier die W Wahrnehmung sich auf ihren Gegenstand mittels eines ihr immanenten Bildes bezieht; eines Bildes, das prinzipiell von derselben Art ist wie das, was es abbilden soll, und nur darum in der Tat zur Bildfunktion befähigt ist. Nun fiel uns allerdings der Unterschied zwischen eigentlicher und uneigentlicher Wahrnehmung auf. Dem möchte man Rechnung tragen durch eine Unvollkommenheit des Bildes; im Wahrnehmen etwa bestehe bloß eine „Projektion“ des Gegenstandes, eine bloß flächenhafte Abschattung desselben. In sich wäre es aber denkbar (obschon wir es nicht herzustellen vermöchten), dass ein volles dreidimensionales Analogon des Gegenstandes der Perzeption reell immanent wäre. Dass das alles absurd ist und dass Auffassungen solcher Art nur solange möglich sind, als man Phänomenologie nicht kennt und Phänomenologie nicht reinlich treibt, das wird Ihnen späterhin von selbst klar werden. Im Zusammenhang damit steht es, dass es auch absurd ist, von der Wahrnehmung selbst zu sagen, dass die ihr reell immanente Farbe ihre Eigenschaft sei etc. Hier genügt es zunächst darauf hinzuweisen, dass, wenn empfundenes Rot und perzipiertes Rot, empfundene und perzipierte Ausbreitung u.dgl. sich decken würden (nämlich dem Wesensgehalt nach, wenn auch nicht individuellexistential), dass dann nicht mehrere Perzeptionen denkbar wären, die denselben Gegenstand hinsichtlich derselben gegenständlichen Bestimmtheit zu eigentlicher Perzeption brächten, während sie hinsichtlich ihres korrespondierenden Empfindungsgehalts verschieden wären. Und ebenso ist es klar, dass eine Beschreibung des Empfindungsgehaltes und des eigentlich

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perzipierten Gehaltes sich decken müsste. Das alles ist sofort zu widerlegen. Ich erinnere nur an das lockesche Beispiel einer gleichmäßig gelben Kugel. Die eigentlich wahrgenommene Kugelschale ist gleichmäßig gelb (als das nämlich steht sie da). Achten wir aber auf den Inhalt der Perzeption selbst, auf das in ihr reell vorfindliche Gelb und seine Ausbreitung, so finden wir, dass das Gelb sich abschattet, und das notwendig: Soll eine gleichmäßig gelbe Kugel erscheinen, dann muss das Empfindungs-Gelb sich so und so abschatten. Nehmen Sie ein gleichmäßig gelbes Hexaeder und achten Sie auf eine gerade perzipierte Seitenfläche, dann sind von dieser offenbar viele Ansichten möglich. Wir können uns nähern oder entfernen, den Kopf so oder so wenden: immer steht dasselbe Objekt da, und vorausgesetztermaßen seinem eigenen Inhalt nach unverändert. Aber die Farbenerscheinung ist nach ihrem rellen Gehalt, dem Empfindungsgehalt immerfort eine neue, und zwar wieder nach Notwendigkeit. Das genügt um einzusehen, dass die Empfindung nicht die perzipierte Farbe zur bloßen Reduplikation bringt, und man sieht voraus, dass das objektiv Farbigsein nicht im Sein einer Verdoppelung der Empfindungsfarbe besteht, die „nur“ dem perzeptiven Phänomen transzendent ist. 7) Gehen wir weiter. Das Wort „Empfindung“ besagt vorläufig nur so viel, dass in der Dingwahrnehmung ihrem Wesen nach gewisse Inhalte als reellimmanente vorfindlich sind, die zu gewissen Momenten bzw. Eigenschaften des wahrgenommenen Gegenstandes (nämlich den eigentlich perzipierten) in einer gewissen Beziehung der Korrespondenz stehen. Ich sagte, das gehöre zum We se n der Dingwahrnehmung, der Dingperzeption überhaupt. Denn das ist evident, dass, wo nichts Dingliches eigentlich perzipiert ist, überhaupt nichts mehr dinglich perzipiert ist, und wieder, dass jedem eigentlich perzipierten gegenständlichen Moment etwas Empfundenes entspricht und dass also, wenn wir Empfindungsinhalte überhaupt sozusagen weggestrichen dächten, die ganze Wahrnehmung fortfiele. Diese den eigentlich perzipierten dinglichen Momenten (nach Maßgabe unserer Beispiele etwa wahrgenommene und empfundene Farbe) entsprechenden reell immanenten Inhalte nannten wir im Gegensatz zu den wahrgenommenen objektiven Bestimmtheiten empfundene Inhalte oder Empfindungsinhalte. Ihr Gesamtkomplex macht aber nicht etwa den Gesamtinhalt der Perzeption aus, obschon wir sagten, dass, wenn sie fortfallen, auch die Perzeption nicht mehr sein könnte. Das geht schon daraus hervor, dass bei Erhaltung der Identität der gegenständlichen Bestimmtheit – nach dem vorhin Gesagten – mannigfaltige Wahrnehmungen möglich sind, die sie zur Perzeption bringen. Wir haben hier ergänzend hinzuzufügen, dass auch das Umgekehrte gilt:

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Haben mehrere Wahrnehmungen in ihrem immanenten Gehalt dieselbe Empfindungskomplexion als gesamten Empfindungsbestand, so brauchen die Wahrnehmungen darum nicht Wahrnehmungen vom selben Gegenstand zu sein, geschweige denn vom selben, sich mit derselben eigentlich perzipierten Seite darstellenden Gegenstand. Jede Puppenperzeption ist ein Beispiel, sofern hierbei, unter Voraussetzung desselben Standpunkts und derselben äußeren Bedingungen der Wahrnehmung, zwei Perzeptionen in Widerstreit stehen, die des Puppendinges – innen mit Sägespänen gefüllt – und die des dargestellten Menschen: beide aufgebaut auf derselben Empfindungsunterlage. Diese Erwägung lenkt unseren Blick auf das Plus, das über die Empfindungskomplexion hinaus im reellen Bestand der Wahrnehmung, der Perzeption überhaupt, zu finden ist und das in eigentümlich inniger Verbundenheit mit dem Empfindungsgehalt die Perzeption erst ausmacht, wenn auch nicht vielleicht allein ausmacht. Die Empfindungsinhalte an sich enthalten noch nichts vom spezifischen Charakter der Dingperzeption, nichts von der Richtung auf den perzipierten Gegenstand, d. h. in ihnen liegt nicht das, was es erst macht, dass ein Dingliches in Leibhaftigkeit dasteht. Ein eigentümlicher Überschuss ist da, ein zum Gehalt der Perzeption reell immanent Gehöriges, das den in sich bedeutungslosen Empfindungsstoff gleichsam beseelt, ihm Bedeutung, ihm gegenständlichen Sinn verleiht und Wahrnehmung, überhaupt perzeptives Bewusstsein von einem äußeren Gegenstand herstellt. Zur Abhebung kommt dieses Neue nur im Wechsel der gegenständlichen Auffassung bei Erhaltung des Empfindungsbestands oder bei Wechsel des Empfindungsbestands bei Erhaltung des gegenständlichen Bewusstseins. Wir merken, dass das Haben von Empfindungen und Hinsehen auf sie noch kein Wahrnehmen des Dinges ist und dass andererseits im Wahrnehmen Empfindungsinhalte in gewisser Weise gehabt, aber als ein gewisser Kern eines sie umspannenden Bewusstseins gehabt sind, eines Bewusstseins, das etwas total anderes ist als das Hinschauen auf die Empfindungsinhalte, somit als das reell immanente Wahrnehmen dieser Inhalte. Wir nennen dieses den Empfindungsinhalt gleichsam beseelende Bewusstsein, dieses neuartige Moment, den Cha ra kt e r de r A uf f a ssung und sagen, dass die Empfindungsinhalte durch ihn Auffassung erfahren. Diese Auffassung (denn es mag noch andere, dem Allgemeinen nach verwandte Bewusstseinsmomente geben) nennen wir perzeptiv darstellende Auffassung, und wir sagen, dass vermöge dieser die Empfindungsinhalte einen „äußeren“ Gegenstand zur Darstellung bringen und von ihm wieder zu eigentlicher Darstellung die eigentlich perzipierte Seite. Mit Rücksicht darauf nennen wir die Inhalte

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ferner auch darstellende, und zwar perzeptiv darstellende Inhalte, und zwar im Gegensatz zu den dargestellten, den eigentlich perzipierten gegenständlichen Bestimmtheiten. Nachdem sich uns früher schon als wechselndes Moment der Wahrnehmungen und perzeptiven Phänomene die Stellungnahme abgehoben hat, nämlich das Moment des Glaubens, Unglaubens u.dgl., so ist es selbstverständlich, dass wir den Begriff der Auffassung so begrenzen, dass für ihn diese Unterschiede irrelevant sind und dass wir ihn somit auf die pure Perzeption beziehen wollen. Verhältnis von darstellenden Inhalten und Auffassungen1 8) Wie roh unsere bisherigen Analysen sind und wie sehr sie der Begrenzung bedürfen, um nicht in unzulässiger Allgemeinheit in Anspruch genommen zu werden, das können wir Anfänger noch nicht ohne weiteres sehen. Ehe wir an die Verbesserung und Verfeinerung, die durchaus nötig ist, herantreten, führen wir die Analysen noch in gerader Linie fort. Zunächst heben wir ausdrücklich hervor, dass, was uns in der vorhin gewonnenen Blickrichtung als Charakter der Auffassung merklich geworden ist, kein bei allen Wahrnehmungen identischer und in sich unterschiedsloser Charakter ist. Wir haben ja schon erwähnt, dass ein und derselbe Komplex darstellender Inhalte verschiedene Auffassung erfahren kann, wie sich am Puppenbeispiel erweist. Die Verschiedenheit oder Gleichheit der Richtung auf den Gegenstand bei gleicher Empfindungsgrundlage liegt offenbar an der Auffassung, die also ein sich differenzierender Charakter ist. 9) Wir sehen ferner, dass die Wesensbestimmtheit der darstellenden Inhalte nicht gleichgültig ist für diejenige der ihnen die darstellende Funktion verleihenden Auffassungen. Das heißt, dem Wesen nach dieselben darstellenden Inhalte lassen zwar verschiedene, aber nicht beliebige Auffassung zu. Halten wir uns speziell an die Sphäre der eigentlichen Perzeption, die ja grundlegend ist für Perzeption überhaupt, so ist es evident, dass gewisse Wesenszusammenhänge zwischen Auffassung und Empfindungsinhalten, die Auffassung erfahren, bestehen, nämlich solche, die sich in Sätzen wie in folgenden aussprechen: Objektive Farbe kann nur durch Empfindungsfarbe dargestellt werden, objektive Rauhigkeit durch Empfindungsrauhigkeit usw. Tonempfindung kann nicht objektive Farbe, Geruchsempfindung nicht objektiven Ton darstellen usw. Freilich lässt das für die Auffassung Spielräume 1

Randtitel von Edith Stein.

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offen, aber a priori doch begrenzte. Im Beispiel Puppe – Mensch ist die durch dieselbe Empfindung dargestellte Dingfarbe einmal Menschen- und einmal Puppenfarbe u.dgl. Es liegt nahe, die beschriebenen Verhältnisse mit den Worten auszudrücken: Darstellung ist Repräsentation des Ähnlichen durch Ähnliches. Ich selbst habe diesen Ausdruck in den Logischen Untersuchungen gebraucht.1 Indessen stehen dieser Bezeichnung ernste Bedenken entgegen, sofern reell immanente Inhalte wie Empfindungsfarbe, Empfindungsausbreitung u.dgl. etwas toto coelo Verschiedenes sind gegenüber dinglichen Bestimmtheiten wie Farbigkeit, Ausdehnung usw. Ähnlichkeit im echten Sinn ist aber ein Verhältnis von Verschiedenem, das unter derselben umfassenden Gattung steht. Ich vermeide daher jetzt die Rede von Repräsentation durch Ähnlichkeit für solche Fälle.2,3 10) Wir haben Empfindung und Auffassung bisher nur durch eine gewisse Funktion charakterisiert. Wir hatten im Auge, dass Wahrnehmung bzw. Perzeption „Bewusstsein“ von einem Gegenstand ist, ein leibhaft Dastehen eines Dinges, und zwar eines Dinges, das hinsichtlich der und der Seite, an ihr der und der Farben, Formen und sonstiger Qualitäten leibhaft dasteht. All das, wovon die Perzeption in diesem Sinn „Bewusstsein“ ist, ist ihr transzendent. Reell immanent finden wir in ihr (wenn wir auf sie hinblicken) die „entsprechenden“ Empfindungsinhalte, und zwar wohnen sie der Perzeption in eigentümlicher Weise ein. Die Perzeption ist ja kein bloßes Haben dieser Inhalte, sondern ein so wundersames Haben, dass damit Bewusstsein-von, Bewusstsein von einem leibhaften transzendenten Gegenstand hergestellt ist.4 Es liegt nahe, die Empfindungsinhalte geradezu durch diese Funktion zu definieren und dementsprechend das Empfinden zu definieren als dasjenige Erleben von reellen Inhalten, in dem sie perzeptiv darstellend

1 Gestrichene Einfügung Ihm stehen aber große Bedenken entgegen, da die Gefahr besteht, die immanenten Inhalte unwillkürlich zu verdinglichen, wenn man sie analog bezeichnet den dinglichen. 2 Randbemerkung Vgl. Dingvorlesung 29. (= Husserliana XVI, S. 54 f.). 3 Ein hier beigelegter Zettel trägt die Notiz Bei der Einführung der darstellenden Wahrnehmungen hätten zunächst unterschieden werden müssen (rein begrifflich) darstellende Wahrnehmungen, welche volle Darstellungen ihrer Gegenstände sind, und darstellende Wahrnehmungen, welche einseitige Darstellungen ihrer Gegenstände sind. Ebenso voll bestimmte – nicht voll bestimmte. 4 Gestrichen Und näher noch so, dass zum leibhaft Dastehen der Dingfarbe notwendig gehört, dass die Perzeption das reelle Moment Empfindungsfarbe enthält usw. (Eben das besagt die Rede: Die Farbeninhalte, Gestaltinhalte u.dgl. stellen perzeptiv dar, sie sind mit darstellender Funktion behaftet.)

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fungieren.1 Dabei2 ist natürlich wohl zu beachten, dass die Weise, wie die darstellenden Inhalte gegeben sind, wenn wir auf die Dingwahrnehmung reflektieren, also sie mit ihrem reell immanenten Inhalt zum Objekt einer adäquaten Wahrnehmung machen, eine ganz andere ist wie die Weise, in der sie in der Dingwahrnehmung selbst außerhalb der Reflexion enthalten sind. Nehmen wir wahr, ohne auf die Wahrnehmung zu reflektieren, so sind die darstellenden Inhalte nicht im eigentlichen Sinn gegeben, sie sind nicht Objekte, nicht wahrgenommen. Die Dingwahrnehmung nimmt das Ding, aber nicht die Empfindungsinhalte wahr; „eigentlich“ wahrgenommen ist da die Dingfarbe, nicht die Empfindungsfarbe. Und ebenso ist das, was dieser den Charakter der Darstellung verleiht und was das Bewusstsein der perzeptiven Auffassung und schließlich die volle Wahrnehmung herstellt, erlebt, aber nicht wahrgenommen. Freilich ist es ein Problem, das auf alle unsere bisherigen Analysen Einfluss hat, wie wir über das Erleben, wo es nicht Objekt der Reflexion ist, sprechen, oder wie wir aufgrund von Reflexionen Aussagen über etwas gewinnen können, das erlebt war, aber nicht gegenständlich war. Darauf gehen wir hier nicht ein. Ich wiederhole nun: Es liegt nahe, Empfindungsinhalt und Empfinden durch die Auffassungfunktion zu definieren.3 Dagegen ist nichts einzuwenden. Es besteht ohnehin in der psychologischerkenntnistheoretischen Literatur eine Tendenz, zwischen Empfindung und Wahrnehmung zu sondern. Wir können dies in phänomenologisch begründeter Weise so tun, dass wir alle reell immanenten Inhalte in einer Wahrnehmung, die in ihr die beseelende Auffassung erfahren, als empfunden, und die Weise, wie sie da reell immanent sind, wie sie da perzeptiv fungieren, als Empfinden bezeichnen. Man kann dies auf alle Wahrnehmungen zu übertragen versuchen, selbst auf reell immanente Wahrnehmungen. Auch bei ihnen kann man und muss man sagen, dass das bloße Haben von Inhalten, ihr bloßes Erleben nicht ihr Wahrnehmen, ihr Sie-zum-Objekt-Machen ist. 1 Randbemerkung (vermutlich später) Das geht doch nicht, da nicht alle physischen Inhalte darstellend fungieren. Cf. 84 (= unten S. 138) Oder sollen wir sagen: darstellend oder orientierend? Aber hat das wirklich einen Zweck? 2 Der Rest des Absatzes wurde später gestrichen. 3 Gestrichen Doch das hat seine Bedenken. Wir haben in dieser Hinsicht schon scharf bezeichnende Ausdrücke: Inhalte, die Auffassung, näher: perzeptive Auffassung erfahren bzw. perzeptiv darstellende Inhalte. Will man Empfinden, wie das oft versucht worden ist, von Wahrnehmen unterscheiden, dann kann Empfinden den Umstand ausdrücken, dass die betreffenden Inhalte, die als perzeptiv darstellend ffungieren können, überhaupt erlebt sind, gleichgültig ob in dieser oder in anderen Funktionen. Nun fällt darum nicht Empfinden und Erleben zusammen, wofern wir zum Empfinden auch rechnen die Eigenart der Inhalte, von denen hier die Rede ist.

verhältnis von darstellenden inhalten und auffassungen

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Es liegt nahe hinzuzufügen: So wie ein „Bewusstsein“ es ist, ein Auffassen und Stellungnehmen, das in der äußeren Wahrnehmung die betreffenden Inhalte beseelt und in dieser Beseelung Gegenstandsbewusstsein ausmacht, so auch in der reell immanenten Wahrnehmung. Während aber dort der Inhalt für ein Transzendentes, für etwas reell nicht Immanentes gewissermaßen Repräsentant ist,1 repräsentiere der Inhalt in der reell immanenten Wahrnehmung für sich selbst. Er stelle sich selbst dar. Doch hat diese Rede ihr Bedenken. Das Wort „Darstellung“ und „Repräsentation“ können wir hier sicher nicht gebrauchen. Es ist beiderseits eine wesentlich verschiedene Art von Perzeption und, wenn man will, von Auffassung. Achten wir auf eine Farbe, so wie sie immanentes Objekt ist (wie wir dies im Hinblick auf jede äußere Wahrnehmung in der phänomenologischen Analyse tun), so fehlt in dieser immanenten Wahrnehmung die spezifische Darstellungsfunktion. Der betreffende Farbeninhalt fungiert hier ganz anders; wie ich auch zu sagen pflege, nicht darstellend, sondern selbststellend.2 In3 ihm sehen wir nicht anderes, sondern wir sehen ihn selbst. Beilage: Sollen wir, dem Rechnung zu tragen, sagen: auf der einen Seite „selbststellende“, auf der anderen Seite darstellende Wahrnehmungen? Nun, das würde gerade den falschen Gedanken nahe legen, dass es sich im einen Fall um so etwas wie ein Bild handle, im andern aber um ein Selbsterfassen, ein Erfassen, und wirkliches Erfassen, der Sache selbst. Also auch diese Termini sind ganz unbrauchbar. Allerdings spricht auch eins für diese Bezeichnung. Wir fassen doch das gleichmäßige Rot, das uns bei der Hexaederfläche in einer gewissen bevorzugten Stellung (Orientierung) erscheint, als das Rot, so wie es dem Hexaeder wirklich zukommt, und alle anderen Darstellungsinhalte als bloße Abschattungen, bloße Darstellungen. Ebenso in Bezug auf die Raumform. Aber dann müssten wir diesen ausgezeichneten Fall als Selbststellung, die übrigen als Darstellung bezeichnen! Im Gleichnis mögen wir immerhin von den mannigfaltigen Darstellungen oder Abschattungen des einen und selben empirisch-objektiven Datums sprechen, müssen aber immer darauf achten, dass dieses überhaupt nicht gegeben sein kann in der Art wie eine Abschattung, gegeben sein kann als ein „Inhalt“.

Immerhin4 könnte man sagen, sofern der betreffende Inhalt Träger5 einer Bewusstseinsfunktion von der Art der Perzeption ist, sei er als empfunden 1

Gestrichen also den Charakter des Darstellenden hat. Randbemerkung (später) Unbrauchbare Terminologie. 3 Dieser Satz wurde später mit Fragezeichen versehen. 4 Die vier folgenden Sätze wurden später eingeklammert und mit Deleaturzeichen versehen. 5 Randbemerkung (später) Was heißt Träger? Oben handelte es sich um Träger einer darstellenden Auffassung. 2

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

zu bezeichnen, nur dass hier, bei der reell immanenten Wahrnehmung, das Empfundene zugleich wahrgenommen sei. Dehnen wir den Begriff des Empfindens und des Empfundenen so weit aus, dann ist jede cogitatio, soweit sie phänomenologisch wahrgenommen ist, zugleich Empfindungsinhalt. Ob sie auch in analoger Weise wie Farben, Töne u.dgl. in der Weise von darstellenden Inhalten fungieren können, das lassen wir hier dahingestellt. Wäre dies der Fall, so hätten wir auch von ihnen evtl. Empfindung, ohne dass sie wahrgenommen sind. Übrigens könnte man1 den Begriff der Empfindung auch2 so orientieren, dass man ihn ausschließlich auf transzendente Wahrnehmungen bezieht, so es ausgeschlossen wäre, dass Empfundenes zugleich Wahrgenommenes sei.3 Empfindungsinhalte also wären die reell immanenten Inhalte von transzendenten Wahrnehmungen, die in ihnen Auffassung erfahren. Doch4 können wir ruhig bei dem weiter gefassten Begriff bleiben, der seinerseits so verstanden sei, dass er nicht bloß von Dingwahrnehmungen spricht, sondern eben von transzendenten Wahrnehmungen überhaupt. 11) Beschränken wir uns nun wieder auf Dingwahrnehmungen, so ist herauszuheben, dass alle die Inhalte, die in ihnen als perzeptiv darstellend auftreten, durch ihren eigenen inneren Charakter ausgezeichnet sind. Sie können zwar wesentlich verschiedenen Gattungen angehören, Farbe, Ton etc.; aber so weit die Unterschiede hier auch sind: es ist klar, dass alle solche Inhalte und Inhalte überhaupt, die für Dingwahrnehmungen als darstellend sollen fungieren können, eine Wesensverwandtschaft haben. Sie stehen unter einer obersten Gattung aufgrund eines gemeinsamen allgemeinsten Wesens. Es liegt nahe, die Gattung als die der sinnlichen Inhalte zu bezeichnen. Doch steht dem entgegen, dass man auch von „innerer Sinnlichkeit“ gesprochen hat und dass das Wort „sinnlich“ sich auch wieder nach dem Funktionellen zu orientieren scheint, während es hier auf das gattungsmäßige Wesen ankommen soll. Wir werden in Ermangelung eines besseren Ausdrucks von physischen5 Erlebnissen sprechen, in Erinnerung an Brentanos Ausdruck „physisches Phänomen“. Denn es ist nicht zu verkennen, dass Brentano mit diesem Ausdruck die gattungsmäßige Einheit von Erlebnissen der Art wie Farben, Töne etc. im Auge hat, und zwar so, wie sie in reeller Immanenz aufzuweisen sind. Gerade diese ihre gattungsmäßige Artung ist es, die sie in 1

Übrigens könnte man wurde später verändert in Man wird besser. auch wurde später gestrichen. 3 Randbemerkung (später) Aber wenn ich eine immanente Wahrnehmung von einer äußeren Wahrnehmung bilde? 4 Dieser Satz wurde später gestrichen. 5 Einfügung (vermutlich später) sinnlichen. 2

eigentliche und uneigentliche perzeption

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Dingwahrnehmungen zu Darstellungsfunktionen befähigt. Evident ist, dass die Gattung der physischen1 Erlebnisse toto coelo verschieden ist von allem, was in weiterem und engerem Sinn Bewusstsein heißt und was uns in unserer Sphäre der Dinggegebenheiten entgegentritt als beseelende Auffassung, aber auch als Glaube, Unglaube, Schwanken, wieder als bevorzugendes Aufmerken u.dgl. Offenbar können die physischen Inhalte und die Auffassungen in der Einheit der Wahrnehmung ihre Rollen nicht vertauschen, und es kann nicht ein bloßes Hinzutreten von neuen physischen Inhalten zu gegebenen das leisten, was das Auffassen leistet, bzw. nicht selbst Auffassen sein. Das Auffassen, das, was gegenständliche Beziehung und darstellende Beziehung herstellt, ist durch abgrundtiefe Unterschiede von dem gattungsmäßigen Wesen des Physischen getrennt. 12) Physische Erlebnisse finden wir, wo wir sie uns zur adäquaten Gegebenheit bringen, in der Regel als Empfindungssubstrate von Auffassungen. Es ist nun die Frage, ob die Unterscheidung zwischen ihnen und den Auffassungen eine bloß abstraktive ist, nämlich eine Unterscheidung gattungsmäßig unabtrennbarer Momente, die nur zu Sonderbeachtung zu bringen, aber nicht voneinander reell zu trennen sind, etwa so wie Tonstärke und Tonhöhe untrennbar einig sind.2,3 Eigentliche und uneigentliche Perzeption Wir setzen die Wahrnehmungsanalysen der beiden letzten Vorlesungen fort und wollen versuchen, sie nach verschiedenen Seiten zu erweitern und zu vertiefen. Wir versetzen uns also wieder in eine Wahrnehmung hinein. Es stehe wieder das rote Haus vor unseren Augen in irgendeinem in gewisser Weise mitperzipierten gegenständlichen Hintergrund. Das rote Haus verbleibe unverändert; als unverändert stehe es da, und die speziell auf dasselbe bezügliche Wahrnehmung bleibe ungeändert. Ob dasselbe auch für den Hintergrund bzw. für die Gesamtwahrnehmung gilt, die den Hintergrund befasst, darauf kommt es uns hier nicht an. Wir vergleichen Gegenstand und Wahrnehmung 1

Einfügung (vermutlich später) sinnlichen. Randbemerkung 25b (= Dingvorlesung von 1907, Ms. F I 13/95b, veröffentlicht in Husserliana XVI, S. 48). 3 Randbemerkung Von vornherein nicht zu vergessen, dass Empfindungsinhalte (physische Data) nicht nur darstellend fungieren f für das erscheinende Gegenständliche, sondern auch orientierend fungieren und konstitutiv sind für das erscheinende Räumliche, das sich aber nicht mit ihnen darstellt. Vgl. das eigene Blatt darüber bei 84 (= unten S. 136 f.). 2

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

und unterscheiden Bestimmtheiten des Gegenstandes, die in eigentlichem Sinn in die Wahrnehmung fallen, von solchen, die es nicht tun. Wir unterscheiden andererseits den Empfindungsgehalt der Wahrnehmung und die perzeptive Auffassung, die das Spezifische der Perzeption ausmacht, wobei wir absehen von gewissen Unterschieden, die mit der Auffassung speziell verwoben sind, von Charakteren, die die Auffassung irgendwie tingieren: nämlich den Momenten der Stellungnahme, wie wir es nannten. In1 Hinblick auf die eigentlich in die Wahrnehmung fallende Seite des Gegenstandes fungierte eine korrespondierende Empfindunggruppe als darstellende, und das Darstellen besorgte dabei die Auffassung. Die Empfindungen, deutlicher die Empfindungsinhalte, gehörten verschiedenen Gattungen wie Farbe, Tastinhalt u.dgl. an, aber eine oberste Gattung umspannte sie: die der physischen Erlebnisse. Was wir Auffassung nannten, das erwies sich als etwas total Verschiedenes, von total verschiedener Gattung. Nachträglich2 erwähnen möchte ich noch, dass manche Autoren (Brentano und seine Schule), denen übrigens die ganze Art unserer Analysen fremd ist, zwischen Wahrnehmung und bloßer Wahrnehmungsvorstellung unterscheiden und den Unterschied zwischen beiden in dem die volle Wahrnehmung auszeichnenden Charakter des Wahrnehmungsglaubens (oder, wie sie auch sagen, des Wahrnehmungsurteils) sehen. Diese Rede von Wahrnehmungsvorstellung erhält durch unsere Analysen einen bestimmten Gehalt, nämlich durch das, was wir die reine Perzeption nannten. Die Empfindungsinhalte in ihrer Auffassung genommen, aber in Abstraktion vom Charakter der Stellungnahme, das wäre die bloße Wahrnehmungsvorstellung, wobei aber aus unseren Analysen nicht zu entnehmen ist, dass es etwa in concreto solche Wahrnehmungsvorstellungen gäbe ohne jedweden modalen Charakter der Stellungnahme. Darüber bedürfte es besonderer Untersuchung. Es ist ferner zu erwähnen, dass man bei der Wahrnehmung auch von Erscheinung spricht.3 In der Wahrnehmung, aber ebenso in jeder gleichstehenden Perzeption, erscheint etwas dinglich Objektives, ein Naturobjekt, ein Naturvorgang u.dgl. Man kann Erscheinung das Erscheinende nennen, und zwar das Erscheinende als solches und so, wie es da erscheint. So gebraucht Kant 1

Dieser Satz wurde vermutlich später gestrichen. Dieser Absatz wurde vermutlich später eingeklammert und mit der Randbemerkung versehen ad 73 (= oben S. 117 f.). 3 Randbemerkung (vermutlich später) cf. die Blätter ε. (Die Randbemerkung könnte zusammenhängen mit F I 13/35, entweder ein Titelblatt oder (wahrscheinlicher) Vorblatt eines Konvoluts, das ebenfalls als ε bezeichnet war, sofern auf diesem Blatt hingewiesen wird auf Lipps’ „Die Erscheinungen“.) 2

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das Wort, und fast vorwiegend.1 Andererseits kann Erscheinung auch genau das, was wir Perzeption, und zwar pure Perzeption nannten, heißen: eine sehr störende Äquivokation, die zu vielen Verwirrungen Anlass gegeben hat. In beiderlei Sinn kann man natürlich von eigentlicher und uneigentlicher Erscheinung sprechen. Auch bei allen mit den perzeptiven Erlebnissen nächstverwandten Erlebnissen, der Erinnerung, der Bildimagination und der gewöhnlichen Phantasie spricht man in diesem Doppelsinn von Erscheinung, also von Erinnerungserscheinung, Phantasieerscheinung usw., wobei das Wort „Erscheinung“ sich den Unterschieden dieser Phänomene anpasst. Wir selbst werden das Wort „Erscheinung“ nur gebrauchen, wo Zweideutigkeit ausgeschlossen ist, und niemals für das Gegenständliche, das erscheint, sondern für die Perzeption selbst und die ihr gleichstehenden parallelen Erlebniskomponenten. Gehen2 wir nun dem Unterschied zwischen eigentlicher und uneigentlicher Perzeption nach. Der Gegenstand, das Haus, kommt zur perzeptiven Gegebenheit dadurch, dass ein Komplex physischer Inhalte Erlebnis ist, die den Gegenstand darstellen. Aber zu eigentlicher Darstellung kommt nur eine Seite des Hauses, nur nach einer Seite kommt das Haus zu eigentlicher Erscheinung, zu eigentlicher Perzeption. Das „eigentlich“ Perzipierte vom Haus, das „uns zugewendete“ Stück seiner Oberfläche, so und so mit sinnlichem Bestimmungsgehalt erfüllt, lässt sich für sich beachten, lässt sich evidenterweise zu gegenständlicher Abhebung bringen; und dem entspricht offenbar der Gesamtkomplex der darstellenden physischen Inhalte, die wir phänomenologisch zur Hausperzeption rechnen. Wir können evidenterweise auch auf einzelne Teile und Momente der eigentlich erscheinenden Hausseite unseren Blick richten und sie auf dem Grunde des eigentlich perzipierten Ganzen, der ganzen Seite, zur Sonderbetrachtung bringen. Jeder solche Teil ist eigentlich perzipiert, und wir finden, dass jedem ein Teil der darstellenden Inhalte korrespondiert. Also der Teilung des eigentlich Perzipierten entspricht eine Teilung der physischen Inhalte der Darstellung, und zwar in exklusiver Disjunktion.3 Die darstellenden Inhalte für das Dach des Hauses, soweit es wirklich erscheint, sind gesondert von den darstellenden Inhalten für die roten Wandflächen usw. Der Gesamtbestand der Darstellung hat sein Korrelat im Gesamtbestand des eigentlich Erscheinenden oder eigentlich Dargestellten, wie jeder Bestandteil der Darstellung sein spezielles Korrelat 1

Randbemerkung (später) Nein, geradezu als Gegenstand! Randbemerkung (vermutlich später) cf. 72 (= oben S. 115 f.). 3 Randbemerkung (später) Aber nicht alle physischen Inhalte sind darstellend, andere sind orientierend. 2

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hat an einem bestimmt zugehörigen Bestandteil der eigentlich erscheinenden Seite. Andererseits ist in der Gesamtperzeption das Haus und nicht bloß die Hausseite perzipiert. Das Haus steht da. Und die Hausseite ist nicht für sich leibhaft perzipiert und in der Wahrnehmung als da seiend gesetzt. Nur als unselbständiges Moment des perzipierten Dinges gilt sie, nur als das ist sie im Sinn der Wahrnehmung gesetzt. Es ist klar, dass die Darstellung, vermöge deren gewisse Farbeninhalte aufgefasst sind als Farbe des Daches, ein gewisses Ausbreitungsmoment dieser Inhalte aufgefasst ist als zugewendete Seite des Dachs usw., nur Sache eines Teils der perzeptiven Auffassung ist. Mit der spezifischen Darstellung jener Quasirepräsentation des Ähnlichen für Ähnliches ist nicht die Gesamtauffassung erschöpft. Verwoben mit der Darstellung ist ein Überschuss der Auffassung, vermöge dessen das im eigentlichen Sinne nicht Erscheinende doch mitperzipiert, „mitgemeint“ ist. Die1 abgewandte Seite des Hauses, d. h. all das, was über die eigentlich erscheinende hinaus dem Haus zugehört, und zwar ihm im Sinne der Perzeption zugehört, ist zwar nicht im prägnanten Sinn gesehen, erscheinend, aber mitaufgefasst. Und das besagt, dass es nicht mittels eines eigens darstellenden Empfindungsmaterials repräsentiert, sondern gewisserweise als Anhang der darstellenden Auffassung, sozusagen in leerer Weise repräsentiert und so mitgefasst ist.2,3 Natürlich sind dabei aber die Komponenten eigentlicher und uneigentlicher Perzeption nichts Getrenntes, sondern einig, und zwar aufs innigste verflochten in der Einheit der ganzen Perzeption. Unsere Beschreibung könnte bei manchem Anstoß erregen. Man könnte nämlich sagen, es sei doch4 klar, dass, wenn das ganze Haus wahrgenommen sei, aber nur eine Hausseite zu eigentlicher Perzeption komme, das Übrige vom Haus doch mitvorgestellt sei. Die wahre Sachlage sei die, dass bei der gewöhnlichen Dingwahrnehmung nur die Vorderseite durch wirkliche Emp1

Randtitel von Edith Stein Leerkomponenten der Auffassung. Randbemerkung (vermutlich später) Dies Leer ist aber ein ganz anderes wie das Leer der Leervorstellungen, z.B. der Leerreproduktionen. 3 Gestrichen Freilich sind alle Beschreibungen hier cum grano salis zu verstehen. (Die Auffassung lässt zwar evidenterweise eine der Sonderung zwischen eigentlich und uneigentlich Erscheinendem parallel laufende Sonderung zu, auf der einen Seite Auffasssungskomponenten mit Darstellung und andererseits Auffassungskomponenten ohne Darstellung. Andererseits ist eine Zerstückung im eigentlichen Sinn offenbar undenkbar. Die Leerkomponenten lassen sich nicht wegschneiden.) 4 Der Rest des Satzes ist Veränderung für unbegreiflich, wie Leerauffassungen, verflochten mit den vollen, zu eigentlicher Erscheinung bringenden, uns die nicht erscheinenden Seiten und Momente des Gegenstands zur Vorstellung bringen sollten. 2

eigentliche und uneigentliche perzeption

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findungsinhalte sich darstelle, das Übrige vom Haus sich aber auch darstelle, jedoch durch reproduktive Inhalte. Also bloß vorgestellt wird verstanden als phantasiemäßig vergegenwärtigt. Wie sollte, meint man, die Rückseite des Hauses vorstellig sein, wenn nicht in Form von Phantasien. Die Ansicht, dass der Überschuss über das eigentlich Erscheinende im Sinne empfindungsmäßiger Darstellung in mitverwobenen Phantasievorstellungen bestehe, ist allgemein verbreitet. Allerdings hat diese Ansicht ihren sachhaltigen Halt an dem Mangel auch nur der allerrohesten phänomenologischen Analyse der Dingwahrnehmung. Gewöhnlich wirft man Empfindung und Wahrnehmung, Phantasma und Phantasievorstellung durcheinander, und wieder die Empfindungsinhalte mit den dargestellten gegenständlichen Momenten. Das, was wir Auffassung nannten, wird gar nicht zur Abhebung gebracht und dafür surrogiert allerlei psychogenetisches Gerede von Apperzeption, Apperzeptionsmaß, erregten Dispositionen usw.1 Da man in der herrschenden sensualistischen Psychologie Bewusstsein im spezifischen Sinn und darunter all das, was wir Auffassung nannten und rein phänomenologisch herausanalysierten, konsequent übersieht oder psychogenetisch wegdeutet, so muss freilich der Gedanke von Leervorstellungen, die schlechthin nichts von einem sinnlichen Material enthalten, wie eine contradictio in adiecto klingen. Für uns bedeutet aber Auffassung einen immanenten Charakter der Wahrnehmung, der sich uns in der Analyse als ein positiv innerer Charakter abhob. Und da hat es gar nichts Besonderes an sich, dass ein solcher Charakter physischen Inhalten jene Beseelung verleiht, die wir darstellende Auffassung nannten, und dass ein ergänzender Charakter ohne neue physische Inhalte das erweiterte gegenständliche Bewusstsein herstellt, dasjenige, das uneigentlich Perzipiertes zur Mitauffassung bringt. Abgesehen von all dem ist es aber nicht schwer, die Ansicht, die die Funktion uneigentlicher Erscheinung begleitenden Phantasievorstellungen beimisst, als evident unzulässig auszuweisen. Wir haben bisher noch keine Analyse der Phantasievorstellung vollzogen. Aber soviel ist uns von vornherein klar, dass Phantasie und Wahrnehmung (bzw. vergegenwärtigende Erinnerung und Wahrnehmung) miteinander nah verwandt sind, während zugleich eine durchgehende Modifikation sofort auffällt. Wie immer es sich nun mit dieser Modifikation verhalten mag: Auch die vergegenwärtigende Phantasie bringt Dingliches in gewisser Weise zur 1 Gestrichen Von deskriptiven Momenten langt man aus mit Verschmelzungen von Empfindungsinhalten, in die sich vermöge der Assoziation allerlei reproduzierte sinnliche Momente, welche von demselben inneren Gehalt wie die aus äußeren Reizen stammenden Empfindungsinhalte, hineinschmelzen und denen sich dann noch allerlei begleitende Phantasmen anschließen.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

Erscheinung, und auch sie nur so, dass sie es bloß einseitig darstellt, in dieser Hinsicht ganz so wie die perzeptive Erscheinung.1 Beilage:2 Ist es nun angängig, die uneigentlich erscheinenden Momente eines wahrgenommenen Dinges auf Konto von Phantasiedarstellungen zu setzen, also etwa das Innere, die Rückseite des Dinges etc.? Es ist zweifellos, dass wir manchmal in Zusammenhang mit der Wahrnehmung (und das heißt: nicht in der Wahrnehmung) eines Dinges auch Phantasien seiner abgewendeten Seiten finden, und so liegt es für den, der mit unbemerkten Erscheinungen oder gar unbewussten zu operieren leicht geneigt ist, nahe, in den übrigen Fällen ebensolche zu supponieren, also auch da, wo sie nicht konstatiert sind. Indessen, man überzeugt sich leicht durch folgende Betrachtung, dass es sich da um eine phänomenologisch recht naive Konstruktion handelt. Eine bloße Phantasieerscheinung stellt ein Ding dar, teils eigentlich, hinsichtlich seiner Vorderseite, teils uneigentlich, hinsichtlich seiner Rückseite. Wie stellt sie nun diese Rückseite dar? Wieder durch Phantasie? Aber dann fiele der Unterschied ja fort. In Wahrheit können wir auch in der Phantasie ein Haus nicht zugleich von der Vorderseite und Rückseite vorstellen; steht die Vorderseite uns vor Augen, so nicht die Rückseite, und umgekehrt. Also auch hier der Unterschied eigentlicher und uneigentlicher Erscheinung, und damit Auffassungskomponenten, die der Darstellung entbehren. Was soll nun noch im Falle der Wahrnehmung des Hauses der Rekurs auf Phantasievorstellungen der nicht eigentlich erscheinenden Seite helfen? Man könnte sagen: Die Vorderseite des Hauses findet perzeptive Darstellung, die übrigen Seiten imaginative Darstellungen. Dann aber müssen wir fragen: Was gibt die Einheit? Die Vorderseite weist auf die Rückseite hin, die Rückseite auf die Vorderseite. Mit anderen Worten, die perzeptive Darstellung der Vorderseite ist verbunden mit Auffassungskomponenten, die über sie hinausweisen auf eine Rückseite, und die imaginative Darstellung hat nicht minder solche, die auf die Vorderseite hinweisen. Damit aber ist schon gesagt, dass jede solche Imagination eine volle Phantasie ist, die auch als eine bloße Phantasie für sich sein könnte und Darstellung mit hinausweisenden Komponenten verbindet, und ebenso, dass die Perzeption auch ohne Phantasie eine volle Vorstellung abgibt, nämlich als Darstellung der Vorderseite mit hinausweisenden Komponenten. Wenn nun wirklich, wie es ja vorkommt, mit der Perzeption zugleich eine Phantasievorstellung von irgendwelchen Rückansichten gegeben ist, dann „decken“ sich eben die beiden Vorstellungen, die perzeptive und die phantastische, sie treten in eine Synthesis der Identifikation und näher in eine solche, die den Charakter der Erfüllung hat hinsichtlich der hier und dort auftretenden Leerstücke der Auffassung.3 Offenbar wird das auch 1 Randbemerkung Erwähnen hätte ich müssen die Unterschiede zwischen Leerstücken der Auffassung in transienten Perzeptionen und von dunklen Perzeptionen, die ich früher auch als leere bezeichnet habe. Diese sind in Wahrheit nicht leer, sondern eben dunkel; sie haben dieselben Eigenschaften wie die klaren, den transienten Gegenstand durch eine bloße Vorderseite vorstellig zu machen etc. 2 Die Beilage stammt aus der Dingvorlesung von 1907. Der Text ist veröffentlicht in Husserliana XVI, S. 56 ff. f 3 Auffassung ist Veränderung für Intention.

unterschiede der bestimmtheit und unbestimmtheit

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vollauf bestätigt durch die phänomenologische Analyse der Fälle, wo wir Phantasien als Veranschaulichungen der nichtgegebenen Seiten des wahrgenommenen Dinges auftreten und wieder schwinden sehen. Dabei ist noch ergänzend zu sagen: Reproduktive Vorstellungen können ja auch völlig dunkel sein, wie z.B. Phantasie in den Zwischenzeiten des Intermittierens. Von diesen dunklen Phantasien gilt wie von den klaren, dass sie durch dunkle Erscheinungen zur Darstellung bringen, einseitig etc. Das klare Ergebnis dieser Betrachtung ist also dies, dass uneigentlich erscheinende gegenständliche Momente in keinerlei Weise dargestellt sind. Die Perzeption ist, wie ich es auch ausdrücke, ein Komplex voller und leerer Intentionen (Auffassungsstrahlen). Die vollen Intentionen oder vollen Auffassungen sind die eigentlich darstellenden, die leeren sind eben leer an jedem Darstellungsmaterial; sie bringen wirklich nichts zur Darstellung, obschon sie ihre Richtung auf die betreffenden gegenständlichen Momente haben. Daran wird prinzipiell nichts geändert durch die Fälle der Phantasievergegenwärtigung perzeptiv nicht dargestellter Gegenstandsmomente: Es tritt dann eben eine1 Verbindung von Perzeption und Imagination ein, eine eigentümliche Synthese trennbarer Phänomene. Also dürfen auch Leervorstellungen im Sinne jener Leerauffassungen in der Wahrnehmung und Leervorstellungen im Sinne von dunklen Vorstellungen nicht verwechselt werden. Man darf nicht eigentlich von leeren Perzeptionen sprechen, sondern nur von leeren Auffassungskomponenten; bei Perzeptionen kann nur die Rede von dunklen gelten.2 Wir fügen nun dem eben besprochenen Unterschied zwischen vollen und leeren Auffassungen3 innerhalb der Wahrnehmung einen weiteren bei, nämlich den zwischen bestimmten und unbestimmten, der sich mit dem ersteren kreuzt und einen neuen, in ganz anderer Dimension liegenden Unterschied in der Weise der gegenständlichen Beziehung darstellt.

Unterschiede der Bestimmtheit und Unbestimmtheitt4 Sehen wir ein Haus im Sonnenlicht, in angemessener Nähe, bei durchsichtiger Luft, so erscheint uns die Farbe, die Gestalt der uns zugewendeten Seite in ihrer Bestimmtheit; sehen wir im Dunkel oder im Nebel, so erscheint 1 Der Rest des Satzes ist Veränderung für zum Leerstück der perzeptiven Intention ein sich mit ihm deckendes Vollstück einer Phantasieerscheinung. 2 Der folgende Text wurde eingeklammert und vermutlich nicht vorgetragen Aus unseren bisherigen Überlegungen sehen wir schon, wie unzureichend die neuerdings so viel gerühmte Unterscheidung zwischen Akt, Inhalt und Gegenstand ist, um dem Wesen der objektivierenden Akte, und zunächst der Wahrnehmungen gerecht zu werden. Wir begannen ja auch damit, reellen Inhalt der Wahrnehmung und Gegenstand gegenüberzustellen, und im reellen Inhalt wieder zu sondern den Empfindungsinhalt und die Auffassung. Aber damit langt man nicht weit und hat noch nichts, was Sinn und Leistung der Wahrnehmung verständlich machen könnte. 3 Auffassungen ist Veränderung für Intentionen. 4 Randtitel von Edith Stein.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

die Farbe, die Form u.dgl. mehr oder minder unbestimmt. Offenbar handelt es sich bei solchen Unterschieden der Bestimmtheit und größeren oder geringeren Unbestimmtheit nicht um solche, die das erscheinende Ding selbst nach seinem dinglichen Inhalt, nach seinen dinglichen Merkmalen betreffen, sondern es vermöge der Weise seiner perzeptiven Gegebenheit angehen. Wir werden also verwiesen auf immanente Unterschiede der Wahrnehmung und näher der puren Wahrnehmungserscheinung. Diese Unterschiede betreffen bald die Momente der eigentlichen und bald solche der uneigentlichen Perzeption. In letzterer Hinsicht brauchen wir nach Beispielen nicht weit zu suchen. Fassen wir einen vor uns stehenden Schrank ins Auge, so hat er für unsere Auffassung von vornherein seine Rückseite und sein Inneres, aber zumeist sehr unbestimmt. Es bleibt etwa unentschieden, ob der Schrank voll oder leer, ob er die Einrichtung eines Wäscheschrankes oder Kleiderschrankes hat usw. Innerhalb der leeren Auffassungsstrahlen finden wir also Unterschiede, Unterschiede der Bestimmtheit und Unbestimmtheit. Je genauer wir den Gegenstand kennen, umso größere Bestimmtheit hat die Leerauffassung der zugehörigen Perzeption; es werden aber immer Momente der Unbestimmtheit übrig bleiben. Ist die Unbestimmtheit danach ein immanenter Charakter der betreffenden Auffassung bzw. der jeweiligen Auffassungskomponente, so ist sie andererseits nicht ein sozusagen einfarbiger Charakter. Vielmehr differenziert er sich nach mannigfachen Tinktionen. Zunächst ist zu bemerken, dass Unbestimmtheit niemals die Bedeutung von absoluter Unbestimmtheit hat. Jede Unbestimmtheit hat ihre Begrenzung, ihre Momente der Bestimmtheit. Ist die Form der Rückseite des gesehenen Objekts im Sinne der Perzeption unbestimmt, sagen wir danach im genau angemessenen Wahrnehmungsurteil hinsichtlich dieser Form nichts positiv aus, sagen wir vielmehr aus, wir müssten die Art der Form offen lassen, so ist das doch sicher und mitaufgefasst, dass es überhaupt eine Form ist. Das Ding ist ein Körper, hat eine geschlossene Oberfläche, wir wissen nur nicht, wie sie verläuft. Ebenso mag es offen bleiben, wie es mit der genauen Färbung, mit Rauhigkeit oder Glätte, mit Wärme oder Kälte stehe: Im Sinne der Dingauffassung hat das Ding e ine gewisse Färbung, e ine gewisse taktile Beschaffenheit usw. „Eine gewisse“: Dieser Ausdruck deutet den Charakter der Unbestimmtheitstinktion an, die zur Auffassung immanent gehört; das Umgrenzende liegt in den ergänzenden Ausdrücken: Es heißt, eine gewisse Fa rbe , Form usw. Dabei müssen wir natürlich scheiden das, was Sache der perzeptiven Auffassung selbst ist, und das, was Sache des begrifflich fassenden Gedankens und Ausdrucks ist. Das Unter-den-Begriff-Form-oder-Farbe-Bringen usw.

unterschiede der bestimmtheit und unbestimmtheit

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Dieses Moment der Auffassung spielt eine außerordentlich bedeutsame Rolle in der Erkenntnis. Zu ihm, diesem Moment der Unbestimmtheit, gehört die graduell wechselnde Näherbestimmung bzw. die ideale Bestimmbarkeit innerhalb fest umgrenzter allgemeiner Sphären, wie Raumgestalt, Farbe usw., vorgezeichnet durch das immanente Wesen des betreffenden Auffassungscharakters. Die Wahrnehmung kann im Zusammenhang fortschreitender Wahrnehmungen desselben Gegenstandes sich so modifizieren, dass in den neuen Wahrnehmungen der Gegenstand sich hinsichtlich jener unbestimmten Färbung, Gestalt usw. näher bestimmt: Es treten in der neuen Wahrnehmung entsprechende Auffassungsstrahlen auf, die in ihrer geänderten Tinktion nun nicht mehr Bewusstsein von Raumform überhaupt, sondern von Kugelform sind, oder nicht von Kugelform überhaupt, sondern Kugelform mit einer gewissen Einknickung usw. Dabei kann die Bestimmung vollzogen sein in Form der Verwandlung uneigentlicher Auffassung in eigentliche: Die Rückseite etwa wird sichtbar. Doch kann ja auch die Vorderseite mit einiger Unbestimmtheit behaftet sein und neue eigentliche Perzeption größere Bestimmtheit verschaffen. Es kann aber auch in uneigentlicher Perzeption nähere Bestimmtheit sich einstellen: all das aber unabhängig von Gültigkeit oder Ungültigkeit.1 Beilage: Unterschiede in der Unbestimmtheit. 1) Nehmen wir eine Wahrnehmung. Ich sehe dieses Haus. Ich war niemals drinnen, ich kenne nicht genau die Rückseite. Die Meinung geht hier auf das individuelle Objekt und insofern auf ein Bestimmtes. Aber zum Gegenstand gehört vieles, was in der Wahrnehmung unbestimmt bleibt, und somit in der Intention. Dasselbe gilt von anderen Vorstellungen bestimmter Gegenstände. Also ein Dieses ist intendiert, aber die Intention ist nicht allseitig bestimmt. 2) Nehmen wir ein Bild einer Person, die ich nicht kenne. Ich fasse es doch unmittelbar als Bild einer bestimmten Person auf. Es ist eine Fotografie, die mir weder die Größe noch die Haar- und Gesichtsfarbe u.dgl. abbildet. Also ist die bildliche Intention (auch Auffassung) eine unbestimmte. Ich höre sprechen, die Stimme ist mir fremd: „Jemand“ spricht. „Etwas läuft dort“ usw. Sind die Fälle 1) und 2) überhaupt zu unterscheiden? Man könnte sagen: Wenn ich oben das Haus sehe, so haftet das Interesse primär an der erscheinenden Seite und ihren Momenten, und in dieser Hinsicht ist die Intention eine bestimmte (soweit in ihr Andeutungen vorhanden sind, sind sie bestimmte). Alles Übrige ist unbestimmt, aber es ruht darauf auch kein Interesse. Fühle ich das Bedürfnis nach Näherbestimmtheit, richtet sich das Interesse auf die

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Gestrichen von Bewährung oder Widerlegung

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

nicht erscheinenden Momente, so fühle ich überhaupt erst die Unbestimmtheit, und dann habe ich eine Intention der Form „ein A“. Ebenso in 2). Blicke ich auf das Haar, so fühle ich das Bedürfnis nach einer Bestimmtheit der Haarfarbe. „Was für eine Farbe hat das Haar?“, so frage ich. Ich habe jetzt also die Vorstellung einer gewissen zu bestimmenden Farbe. Ich habe die Vorstellung einer Lücke. 3) Vorstellungen der Form „ein A“. Ich stelle mir eine Palme vor. Ich meine nicht diese Palme. Ich habe die Vorstellung einer unbestimmten. Das ist offenbar wieder eine verschiedene Vorstellungsweise. Es ist ein anderes, ein Dieses oder ein völlig Bestimmtes vor Augen haben, aber es nicht in ganz bestimmter Weise zu meinen, und wieder ein anderes, die Vorstellung eines unbestimmten Objekts haben, in der Weise, wie es Bedeutung des Ausdrucks „ein A“ ist, oder gar „ein“. Die Dies-Vorstellung ist bei aller Unbestimmtheit, die ihr anhaften mag, doch für uns die Vorstellung eines Bestimmten. Die Etwas- und Ein-A-Vorstellung ist hingegen die Vorstellung eines in unserer Intention Unbestimmten.

Wir1 haben bisher den Begriff der Darstellung orientiert an Beispielen der Art wie empfundene Farbe und wahrgenommene Farbe. Bei genauerem Studium merken wir aber wesentliche Unterschiede in der Funktion der physischen Inhalte, die den Empfindungskern der Wahrnehmung ausmachen. Objektiv gesprochen ist das Ding ein Raumding, und es ist offenbar nichts Zufälliges, dass es eine bestimmte Orientierung im Raum hat in Relation zum wahrnehmenden Ich. Das Ding steht vor mir so und so weit entfernt, und im empirischen Ich liegt der Beziehungspunkt aller empirischräumlichen Orientierungen. Abstrahieren wir vom Ich und blicken wir, wie wir es bisher offenbar stets getan haben, auf ein einzelnes Objekt der Gesamtwahrnehmung hin, so führt die Analyse der erscheinenden Seite des Dinges im Vergleich mit dem Entsprechenden der Wahrnehmung auf darstellende Empfindungsinhalte und Darstellungsfunktionen. Dasselbe gilt für jedes andere herauszuhebende Wahrnehmungsobjekt; und es gilt auch vom Ich, nämlich dem Ichleib, sofern er und soweit er ebenso zur dinglichen Umgebung irgendeines speziell ins Auge gefassten Dinges, etwa eines Hauses gehört, wie die ihn umgebenden Bäume, Rasenflächen u.dgl., soweit all das in die Einheit des Wahrnehmens hineinfällt. Aber es bleibt noch etwas übrig.2 Die mannigfaltigen Muskelempfindungen, Gelenkempfindungen, überhaupt Orientierungsempfindungen, die zur Auffassung der Lage meines Kopfs, meiner Augen, meines Körpers mithelfen und die näher besehen alle Raumauffassung mitbedingen, haben nicht in demselben Sinn darstellende Funktion, 1

Randtitel von Edith Stein Darstellende und kinästhetische Daten. Gestrichen Meinen Kopf, meine Augen sehe ich nicht und nehme ich nicht in demselben Sinne wahr, wie ich meine Hand, die in das Wahrnehmungsfeld hineinfällt, wahrnehme. 2

unterschiede der bestimmtheit und unbestimmtheit

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wie es die Farbenempfindung hat.1 Zum Beispiel beim Tasten haben wir zweierlei Empfindungen: die Tastempfindungen im eigentlichen Sinn, verbunden mit Temperaturempfindungen, und die kinästhetischen Empfindungen. Die ersteren sind an der Dingperzeption in ganz anderer Funktion beteiligt als die letzteren. In den ersteren stellt sich genauso eine Qualität des Gegenstandes dar, wie sich beim Sehen in der empfundenen Farbe selbst eine gesehene darstellt. In den kinästhetischen Empfindungen stellt sich aber keine gegenständliche Bestimmtheit in diesem Sinne dar, obschon sie bei genauer Analyse wesentliche Bestandstücke der Gegenstandsauffassung sind, nämlich hinsichtlich der Konstitution des räumlichen Moments. Das besagt aber nicht: hinsichtlich ihrer Darstellung. Die Raumbestimmtheit des Objekts stellt sich durch diese kinästhetischen Empfindungen nicht etwa dar. Die im Sehen perzipierte Räumlichkeit, z.B. die Raumform des Hauses, stellt sich durch das Ausbreitungsmoment der visuellen Empfindungskomplexion dar, im Tasten stellt sie sich durch ein Ausbreitungsmoment der Tastempfindungen dar. Nicht aber im Kinästhetischen, wie sich mir in genaueren Untersuchungen ergeben hat. Es zeigt sich somit, dass die Empfindungsfunktion innerhalb der Dingwahrnehmung die verschiedenen Gruppen von physischen Daten, die sie gleichsam auffassungsmäßig verarbeitet, in verschiedener Weise angreift, oder, dass in der Einheit der perzeptiven Auffassung verschiedenartige aufeinander angewiesene und wesentlich miteinander zusammenhängende Auffassungsfunktionen verwoben sind, zu denen verschiedene Gruppen von Empfindungen gehören. Blickt man auf das Objekt hin und lässt man sich von den perzipierten Bestimmtheiten desselben leiten und abstrahiert man dabei vom Ich, so treten einseitig die im spezifischen Sinn darstellenden Inhalte hervor. Erst eine weitere und die ganze Perzeption in ihrer konkreten Einheit umspannende Analyse wird auf die ergänzenden Funktionen aufmerksam, zu denen eigene Gruppen physischer Data gehören. Nennen wir alles, was in der Dingwahrnehmung als physischer Kern der Auffassung fungiert,2 Empfindungsinhalt, so haben wir verschiedene Gruppen von Empfindungsinhalten und verschiedene Gruppen von Empfindungsfunktionen, deren Studium die große Aufgabe der Dinganalyse, insbesondere als Raumanalyse ist.

1 Gestrichen Wenn ich meine Augen, soweit ich kann, betaste, so habe ich eine äußere Wahrnehmung so gut wie wenn ich den Tisch betaste, den ich eventuell nicht sehe. Da fungieren die Tastempfindungen als darstellend, nämlich ffür objektive Tischbestimmtheiten. Aber die Empfindungen der Augenbewegungen fungieren ganz anders. 2 Gestrichen und zu ihrem Wesen als Dingauffassung gehört.

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die speziellen wahrnehmungsanalysen Gesamt- und Spezialwahrnehmung1

Wir werden damit auf gewisse Synthesen von Wahrnehmungen hingewiesen, deren Erforschung in eine höhere Schicht intellektiver Erlebnisse hineinführt. Bleiben wir zunächst in der niederen Schicht stehen, so ist da noch vielerlei zu erforschen, und zwar innerhalb der Sphäre von perzeptiven Erlebnissen. Zunächst fordert der Unterschied zwischen Ge sa mt wa hrne hmung und Spe zia lwa hrne hmung, von dem wir von vornherein, aber ohne nähere Erörterung Gebrauch gemacht, eine phänomenologische Analyse. Unser Exempel war ein perzipiertes Haus, das in einem Garten steht, umgeben von Bäumen, Blumenbeeten, weiterhin Häuser und ein Stück Straße. Die Einheit des wahrnehmenden Blickes umspannt das alles, und dabei nehmen wir der Einfachheit halber einen ruhenden Blick an. Die Gesamtwahrnehmung ist die Wahrnehmung, die eben in einem Schauen so vielerlei umspannt. Wir sagen aber, das Haus sei speziell ins Auge gefasst, und eine solche spezielle Wahrnehmung haben wir beschrieben. Jedes Einzelne, das in die Einheit des Gesamtblickes fällt, kann zum Objekt der Spezialwahrnehmung gemacht werden. Andererseits gehört offenbar zu jedem Objekt, das in der Gesamtwahrnehmung mitwahrgenommen ist, ein Teil der Gesamtwahrnehmung, und wir werden Grund haben zu sagen, dass alles, was wir ausgeführt, von jedem dem Gesamtwahrnehmen eingeordneten Teilwahrnehmen gelten wird: so z.B. die Unterschiede zwischen darstellenden Inhalten und Auffassung und ebenso die gemachten Auffassungsunterschiede. Indessen, hier erfordert einiges doch nähere Betrachtung. Zunächst kann man sagen: Der Gesamtwahrnehmung entspricht eine Gesamtheit darstellender Inhalte und eine Einheit der Gesamtauffassung, eine Einheit sowohl hinsichtlich der darstellenden Auffassung und dann der Leerauffassung im Sinn uneigentlicher Wahrnehmung. Das muss in gewissem Sinn richtig sein. Andererseits muss hier unterschieden werden. Die Rede von der Einheit der Gesamtauffassung hat ihr Recht, wenn ihre intentionale Einheit der perzipierten Gegenständlichkeit entspricht. Eine solche Einheit ist offenbar vorhanden, und notwendig vorhanden. Es steht eine einheitliche Gesamtgegenständlichkeit da, leibhaft da, sofern räumlich so und so geordnete und auch physisch in einheitlicher Verbindung stehende Gegenstände dastehen. Ein Raum, eine räumliche Natur steht da, es steht nicht das Haus da und bloß kollektiv in einer zweiten Auffassung die Rasenfläche, und 1

Randtitel von Edith Stein.

gesamt- und spezialwahrnehmung

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wieder ein Baum und dann noch einmal ein Baum usw., sondern es steht das Haus auf dem Rasen, im Garten vor und hinter ihm auf demselben Boden der und jener Baum usw. Und die Welt hat nicht ein Ende mit dem Rand des Gesichtsfeldes, sondern sie geht weiter, und zwar im Sinne der Gesamtwahrnehmung weiter. Sie hat also in der Tat als Korrelat eine einheitliche Gegenständlichkeit, und von ihr fällt insgesamt nur eine Seite in die eigentliche Perzeption; und damit verflochten haben wir Leerauffassungen, die „in verschiedener Richtung“ über das eigentlich Perzipierte hinausreichen, partiell bestimmt und immer mehr unbestimmt. So geht z.B. die Straße mit Häusern in einigermaßen bekannter Weise fort und dann immer weiter, schließlich ins völlig Unbestimmte. Die völlige Unbestimmtheit ist aber doch partielle Bestimmtheit insofern, als Raumwelt es ist, die da weitergeht. Innerhalb dieser Gesamteinheit erscheinender Gegenständlichkeiten, die zu allererst räumliche Einheit ist, haben wir aber Sondereinheiten. Jedes physische Ding ist eine Einheit für sich (immer gesprochen vom Standpunkt der Wahrnehmung aus und in ihrem Sinn!). Was die Einheit des Dinges befasst, das hat seine Spezialeinheit, und eine ungleich innigere Einheit als die der im räumlichen Nebeneinander und eventuell im kausalen und sonstigen Nebeneinander aneinander gereihte und -gebundene Dingvielheit. Das gibt also verschiedene Linien von phänomenologischen Analysen. Die einen betreffen die Gesamteinheit nach ihren verschiedenen Schichten und Verbindungsformen bzw. die Konstitution der entsprechenden perzeptiven Auffassungen, die anderen die besonderen perzeptiven Auffassungen, die zur Einheit eines Dinges im prägnanten Sinn gehören. Und in ihm wieder haben wir Teile in verschiedenem Sinn: Das Haus hat Fenster, hat einen Balkon, hat ein Dach. Ferner: Das Haus hat Eigenschaften in dem Sinn, dass es eine zusammenhängende Färbung hat, die sich auf die Teile im anderen Sinn, auf die Stücke des Dinges, eben verteilt. Sofern dergleichen Unterschiede im Sinne der Auffassung liegen, müssen sie in verschiedenen Seiten, Teilen der Auffassung sich darstellen oder leer vorstellen; und ebenso muss in ihr das liegen, was die Art der Zusammenhänge dieser verschiedenen Teilarten zur Auffassung bringt. Wieder in anderer Linie liegen die Unterschiede der A uf me rksa mke it, auf die es mit der Rede von Spezialwahrnehmen vorhin abgesehen war. Die Gesamtwahrnehmung umspannt in ihrer Einheit Gliederungen, die den Einzeldingen entsprechen. Jedes solche Glied ist wieder eine Wahrnehmung, aber eine nur relativ selbständige. Sie ist eben Glied eines Wahrnehmungsganzen, hat in ihm eine Funktion und hilft mit, die kollektive, aber räumlich und kausal einheitliche Gegenständlichkeit der Gesamtwahrnehmung zur

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leibhaften Gegebenheit zu bringen. Jede solche Gliedwahrnehmung könnte eine Spezialwahrnehmung heißen. Wir können aber von „speziell wahrgenommen“ noch in einem ganz anderen Sinn sprechen: nämlich im Sinne der Aufmerksamkeit und der Meinung in dem entsprechenden eigentümlichen Sinn. Von der räumlich und engerdinglich verbundenen Einheit von Dingen, die der eine Blick ruhend umspannt, ist jedes in einem Wahrnehmungsglied eigens wahrgenommen, sofern eben das betreffende Einzelding das eigentümliche Objekt der betreffenden Sonderwahrnehmung ist. Aber von all dem ist nun gerade das Haus gemeint, es ist im speziellen Sinn wahrgenommen, nämlich es ist herausgemeint, es ist herausgehoben und von einem eigentümlichen Geisteslicht durchleuchtet, es ist das besonders Beachtete, Betrachtete, oder wie sonst man es ausdrücken mag. Die Bäume daneben kommen etwa noch ein wenig mit zur Geltung, vielleicht auch der Amselschlag, der zugleich ertönt u.dgl. Die Stufen der Bevorzugung sind verschieden. Genau besehen ist dabei eins, das ganz besonders ausgezeichnet ist. Eins: Das heißt notwendig, ein Objekt oder ein Moment an einem Objekte oder auch ein Objektpaar, ein einheitlicher Zusammenhang aus dem Ganzen. Das Haus hat eine Auszeichnung oder die Fensterreihe am Haus oder die einheitliche Gliederung des Balkons u.dgl. Das ist das primär Gemeinte. Daneben hält ein aufmerkender Blick in der Regel noch manches fest, etwas, was nebenbei mit die Aufmerksamkeit fesselt: etwa den Schlag der Amsel. In dieser Hinsicht haben wir sekundär und evtl. tertiär Gemeintes. Und das hebt sich von einem vagen Hintergrund ab, der da ist, aber, wie wir sagen, nicht gemeint ist. Aber dieses Nichtgemeintsein ist nur ein eigener Modus; wir sprechen von Hintergrundmeinung. Da haben wir eigentümliche Unterschiede, die zu unserer Wahrnehmungsanalyse eine neue Schicht liefern. Denn es ist klar, dass diese Schicht weder mit der Schicht der bloßen Erscheinung noch mit der der Stellung nehmenden Momente zusammenfällt. Dass mit dem Wechsel der Aufmerksamkeit bzw. mit dem Wechsel der Herausmeinung auch Unterschiede in den anderen Schichten Hand in Hand gehen werden, ist eine Sache für sich. So z.B. die Tendenz zur Auffassungsbereicherung mit der Zuwendung einer bevorzugenden Meinung zu einem Gegenstand, so dass also der bloße Wechsel der Aufmerksamkeit bei Identität aller übrigen Momente der Wahrnehmung nur eine Idee ist. Jedenfalls wäre hier weiter zu forschen. Insbesondere wäre darauf hinzuweisen, dass die Bevorzugung, welche die Aufmerksamkeit schafft, auch eine gewisse Erhebung, Erleuchtung der darstellenden Inhalte mit sich führt. Andererseits bedeutet das nicht Aufmerksamkeit auf diese Inhalte. Aufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit

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auf ein Objekt und setzt also, wenn die Empfindungsinhalte Objekte der Aufmerksamkeit sein sollen, voraus, dass diese Inhalte immanent aufgefasst, perzipiert sind.1 Zu beachten ist, dass diese Rede von Meinung grundverschieden ist von derjenigen, die die bloße gegenständliche Richtung betrifft. Wir sagen oft, die Perzeption sei auf ein Gegenständliches „gerichtet“, sie mache es vorstellig, bringe es zur Erscheinung, meine es. Wir unterscheiden hinsichtlich des Gegenstandes das, was ihm als Naturobjekt existential zukommt und was er im Sinne der Perzeption ist, was sie ihm zumeint. Indem wir diese Unterscheidung phänomenologisch festlegen, haben wir natürlich irgendwelche Exempel vor Augen und vollziehen hierbei Aufmerksamkeit auf das Objekt. Aber es ist klar, dass wir scheiden müssen die gegenständliche Beziehung der Perzeption, und jeder Perzeption – auch derjenigen, in der die Aufmerksamkeit nicht lebt – und die Meinung im Sinne der aufmerkenden und vorziehenden Zuwendung. Das ist also wohl zu beachten. Und es ist auch hervorzuheben, dass Meinung im zweiten Sinn diejenige im ersten voraussetzt: Im aufmerkenden Sinn gemeint kann nur sein, was vorstellig ist, und in der Wahrnehmungssphäre, was perzipiert ist. Das gilt alles ganz allgemein und klärt zugleich eine Äquivokation der Rede von intentionalem Erlebnis auf. „Intention“ ist entweder Aufmerksamkeit oder ist Akt, und Aufmerksamkeit ist ein Modus, der Intentionalität im anderen Sinn voraussetzt. Dasselbe gilt bei der Rede von Hinblicken-auf, Betrachten. Man muss also in der Ausdrucksweise vorsichtig sein. (Es ist klar, dass alle Beschreibungen mit ihren Erkenntnissen höherer intellektiver Schicht in der perzeptiven Unterlage aufmerkende Betrachtung voraussetzen, und so ist das Problem, wie wir überhaupt phänomenologisch Aussagen machen können über die Gegebenheitsweise des nicht aufmerksam Erscheinenden. Es hängt das mit verwandten Problemen zusammen, die wir bisher nicht berührt haben, wie wir von Erlebnissen sprechen können, die wir haben und die überhaupt nicht perzipiert worden sind, weder aufmerksam noch unaufmerksam.) Beilage 1: Wie sind nun Erlebnisse bewusst, während sie nicht Objekte eines reflektierenden Bewusstseins sind? Können wir darüber etwas aussagen? Nun doch, sie sind, können wir z.B. sagen, bewusst als aktuelle Gegenwärtigkeiten, als jetzt gegenwärtig, dauernd, mit dem Inhalt jedes neuen, des aktuellen Jetzt dieser Dauer in die Gewesenheit herabsinkend usw. Ist Wahrnehmung Blickrichtung auf, Erfassung

1

Randbemerkung (vermutlich später) Doch das ist bedenklich.

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von einem als „aktuell gegenwärtig“ Bewussten, ist Retention Blickrichtung auf, Erfassung von einem als „aktuell gegenwärtig gewesen“ Bewussten, so ist jenes Bewusstsein vor der Blickrichtung kein Wahrnehmen, keine Retention. Andererseits kann auch das originäre Bewusstsein, das der originären Gegenwart bzw. das der originären Gewesenheit selbst als Wahrnehmungsbewusstsein bzw. frisches Erinnerungsbewusstsein verstanden sein (obschon die Tendenz der sprachlichen Ausdrücke mehr in die erstere Richtung geht, also die Zuwendung hineinnimmt). Fragen wir nach dem Rechtsgrund solcher Unterscheidungen, die doch voraussetzen, dass der Gehalt jenes unreflektierten Bewusstseins für uns irgendwie fassbar wird, und überlegen wir andererseits, dass sie nicht auf empirischen Schlussweisen beruhen sollen, da wir als Phänomenologen alles Empirische ausgeschaltet haben, so lautet offenbar die Antwort: Von der Zuwendung, die als „neues Ereignis“ auftritt, und davon, dass sie etwas erfasst, das vorher nicht erfasst war, wissen wir dadurch, dass eine Reflexion möglich ist, welche von dem Erlebnis, das nun Objekt des Zugewendetseins, erfasstes Objekt ist, zurückgeht fürs Erste auf das Erfassen selbst und auf dasselbe als Erfassen dieses jetzt Erfassten in seiner Dauer. Fürs Zweite aber kann der reflektierende Blick auch zurückgehen auf das „vorhin“, auf die früheren Phasen des Objekts und seiner Erfassung; und darin zurückgehend findet diese Reflexion den Anfang des Erfassens dieses Objekts und Zeitstrecken desselben, die vorher liegen und der Erfassung entbehrten. Zum Beispiel eine Sorge regt sich, ich wende mich ihr zu. Davon weiß ich; rückblickend finde ich nämlich vor der erfassten Sorge die Sorgenregung, eine Zeitstrecke derselben Sorge vor dem Einsatzpunkt der Erfassung. Wir finden in dieser Reflexion (die wir natürlich selbst wieder zum reflektiven Objekt machen und exemplarisch als Unterlage für unsere Wesensbetrachtung nehmen) fürs Erste als Gegenstand ein vergangenes Erlebnis, das einer Zeitstrecke nach bewusst war ohne Zuwendung und einer Zeitstrecke nach mit Zuwendung. Wir haben aber Bewusstsein ohne Zuwendung offenbar auch gesondert und nicht als Stück einer solchen Dauerstrecke, in der dasselbe Erlebnis Zuwendung erfährt. So mögen wir in der Reflexion „gleichzeitig“ mit der Sorgenregung vor der Zuwendung auch finden Wahrnehmungen oder sonstige Erlebnisse, die jeder Zuwendung zu ihnen entbehrten. Fürs Zweite, die Reflexion selbst, die wir zum Objekt einer zweiten Reflexion machen, finden wir als ein Erlebnis, das jetzt anfängt und fortdauert, sich aber bezieht auf ein vergangenes Erlebnis, das ebenso wohl in seinem Vergangenheitsbestand Objekt einer in derselben vergangenen Dauer stattgehabten Reflexion sein kann als auch ohne solche sein kann. Die Reflexion geht in eine Erlebnisvergangenheit zurück, und zum Wesen des als vergangen Bewussten gehört es, dass es gegenwärtig gewesen ist. Es kann aber im Sinne dieser zurückgehenden Reflexion bzw. dessen, was sie erfasst, liegen, dass das Gewesene entweder zwar gegenwärtig war, aber nicht erfasst war (nicht innerlich wahrgenommen im bevorzugten Sinn), oder dass es eben nicht nur überhaupt gegenwärtig, sondern auch Objekt der Erfassung war. Das ergibt also wesentlich verschiedene Modi dessen, was da der Titel „Erinnerungsbewusstsein“ befassen kann, abgesehen von dem Unterschied zwischen Retention und Wiedererinnerung; sie werden erzeugt durch die verschiedenen Weisen, wie Reflexion (nicht in Rechnung gesetzt die Reflexion, die das Erinnerungserlebnis wie jedes Erlebnis, das aktuelle Gegenwart ist, zum innerlich „wahrgenommenen“ macht) „in“ der

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Erinnerung auftreten, als aktuell gegenwärtige Reflexion in sie hineinleuchten, oder zum Erinnerten selbst gehören kann. Und dabei gibt es offenbar näher zu überlegende Iterationen. Beilage 2: Zu Müller:* Farbloses Vorstellen von Farbigem. Es ist so wie bei unbestimmtem – der Farbe nach unbestimmtem – Vorstellen von Farbigem. Das „farblos“ Vorgestellte ist nicht farblos gemeint, sondern gemeint in einer gewissen Farbe, evtl. einer „wohl bekannten“, evtl. einer Farbe, von der ich aufgrund einer erinnerten Aussage „weiß“, dass sie rot ist. Es ist eins mit dem farblos vorschwebenden Wort und Wortmeinung „rot“ u.dgl. Ebenso: Die Umrisse sind verschwommen, in einem eigentümlichen Milieu der Nebelhaftigkeit (was nur ein Gleichnis ist). Ich meine aber nicht das Verschwommene, sondern durch das verschwommene „Bild“ hindurch ein bestimmtes scharf Gestaltetes. In diesen Reproduktionen haben wir also ein „durch das Erscheinende hindurch“ Meinen. Ist das nicht eine Abbildlichkeit? Aber es steht hier nicht Gleiches für Gleiches. Ich sehe nicht in dem einen ein anderes, in dem Gleichen ein Gleiches. Ich sehe durch ein Ungleiches ein Ungleiches als das Gemeinte. Das ist also zu erforschen. Dazu: Wie steht es mit der Redeweise: Das Farbige ist durch ein „farbloses“ Bild vergegenwärtigt? Dasselbe Farbige ist auf verschiedene Art vorgestellt, einmal als Farbiges, das andere Mal als Farbloses. Die „Weise des Vorstellens“ ist eine verschiedene beiderseits. Somit sagt Müller: Nicht auf das vorgestellte Objekt bezieht sich die Beschreibung, wenn ich sage, der Gegenstand ist mir „farblos“ bewusst, er ist mir als farblos vorstellig, sondern auf die „Art seines Vorstellens“. Das sei also eine „psychologische Apperzeption“. Es wäre also ebenso zu sagen: Die Bezeichnung, ein Gegenstand sei im Bilde vorgestellt oder er sei symbolisch vorgestellt, sei durch eine psychologische Apperzeption gegeben. Gewiss. Ich kann das Noema beschreiben: den vorgestellten Gegenstand als solchen, und zwar den „noematischen Gegenstand“ schlechthin, den Sinn. Ich kann auch den „Satz“ beschreiben. Ich kann endlich auch beschreiben das volle Noema, den Gegenstand im Wie der Gegebenheitsweise, als wahrgenommenen und evtl. noch so und so erkannten, dazu sprachlich beurteilten. Oder den Gegenstand als bildlich vorgestellten oder als reproduktiv bewussten und dazu als „durch“ eine symbolische Vorstellung, ein „stellvertretendes Bild“ hindurch vorgestellten oder durch ein wirkliches Bild, durch einen Ähnlichkeitsrepräsentanten hindurch usw. Noetisch habe ich nur: Ich bin darauf gerichtet, ich glaube, ich stelle vor, ich habe die und die reproduktiven Inhalte und die und die Auffassungen. Aber in dieser Richtung beschreibe ich nicht. * G. E. Müller, Zur Analyse der Gedächtnistätigkeit und des Vorstellungsverlaufes, Leipzig 1911–1913, 1. Teil, besonders §§ 8 und 9. Wie aus den Jahreszahlen zu ersehen ist, wurde der Text dieser Beilage frühestens 1913 verfasst.

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Die farbige Silbe auf dem Papier, die farblose Silbe. Das ist das Gegebene, das „Objekt“, aber nicht die Art meines Meinens, meines Vorstellens etc. Aber zu der Weise meines Vorstellens gehört es, dass so das Vorgestellte als solches zu beschreiben ist. Beilage 3: Akte in der Einbildung: Ich urteile, frage, zweifle, vermute etc. aufgrund oder besser innerhalb bloßer Vorstellung. Im Theater: Was wird der Held nun machen? Er wird natürlich so und so handeln. Ich erwarte nicht, was der Autor sagen wird, an den ich gar nicht denke, sondern was der Held sagen, wie er handeln wird, welche Geschicke er erleiden muss. Ich schließe aus den Worten auf die Gesinnungen des Helden, ich phantasiere mich in sie hinein, ich trauere über sein Unglück, ich wünsche ihm allen Erfolg so wie der guten Sache, für die er eintritt. Ich bewundere, liebe, schätze ihn etc. Nur der Wille ist ausgeschlossen, solange das Bewusstsein der Phantasie bzw. Bildlichkeit noch vorhanden ist. Die Welt der Wirklichkeit und die der Phantasie sind durch keinen Wirkungsfaden miteinander verbunden. Beilage 4: Wir blicken durch das rote Fensterglas eines Lusthauses und rufen aus: Ein prächtiges Bild! Ein Streifen rote Beleuchtung fällt auf die Tänzerin der Bühne: Ein Bild. Die Tänzerin selbst schon durch ihre außerordentliche Kleidung und ihre Bewegungsformen als „Bild“ genommen. Beilage 5: In der bildlichen Repräsentation erscheint ein Gegenstand und wird als Bild aufgefasst für einen anderen Gegenstand. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Repräsentation durch Ähnlichkeit, wie sie bei der Präsentation statthat. Zum Beispiel wenn ich ein Ding im Dunkel sehe, so erweckt es in mir auch die Vorstellung einer Erscheinung, die dasselbe Ding im günstigeren Licht darstellt. Wenn diese Vorstellung als Phantasiebild auftaucht, identifizieren wir den gesehenen und diesen im Phantasiebild vorgestellten Gegenstand. Das im Dunkel Gesehene hat also eine repräsentative Beziehung zu der Erscheinung unter normalen Verhältnissen.1 Ich erkenne es im Vollzug dieser Repräsentation als das inhaltlich reicher ausgestaltete normale Wahrgenommene. Aber der Gegenstand, der mir jetzt erscheint, ist identisch derselbe wie der Gegenstand, der repräsentiert ist, er erscheint mir beiderseits nur in verschiedener Weise. Der präsentierende Gehalt ist ein verschiedener. Darum erkenne ich den Gegenstand auch als denselben. In der Erregung des Repräsentationsbewusstseins findet eine neue Auffassung statt, welche die gegenwärtige Erscheinung in Beziehung bringt zu der nicht gegenwärtigen Erscheinung der normalen Auffassung. Der Gegenstand dieser neuen Auffassung ist aber derselbe wie der Gegenstand der ursprünglichen. Darum Erkennen, welches immer ein Identifizieren ist. Das sind also Beziehungen, die innerhalb einer möglichen Synthese verlaufen, also innerhalb der Mannigfaltigkeit von Erscheinungen, die zu demselben, sich in ihr entfaltenden Gegenstand gehören. Bei der bildlichen Beziehung im echten Sinn ist der Bildgegenstand und der abgebildete Gegenstand nicht derselbe: Die repräsentie-

1

Randbemerkung Doch wohl zum Gegenstand!

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rende Erscheinung gehört nicht mit in die Einheitlichkeit der Synthesis, in welcher der Gegenstand sich entfaltet. Der Einheit der Synthese entspricht der Umfang des Identitätsbewusstseins: des kontinuierlichen in der aktuellen Entfaltung der Synthesis, des erkennenden Identifizierens in der erkennenden Beziehung zwischen einem gegebenen Gliede der Synthesis und einem irgendwie Vergegenwärtigten, im Phantasiebild, im gewöhnlichen Bild, in einem bloßen Wiedererkennen. Dagegen besteht zwischen Bildobjekt und abgebildetem Objekt einer abbildlichen Vorstellung keine Identität. Wenn das Bild existierte, so existierte damit ein ganz anderer Zusammenhang möglicher Erscheinungen. Es ist also zu scheiden 1) dasjenige anschauliche „Gegenstandsbewusstsein“, das wir als Präsentation bezeichnet haben, worin der Gegenstand erscheint und das in der Mannigfaltigkeit von Erscheinungen zum Identitätsbewusstsein sich entwickelt. Ein solches gehört zu jeder Wahrnehmung, aber auch zu jeder Bildvorstellung, und zwar bei Letzterer zum Bildgegenstand. 2) das Bild„bewusstsein“ der bildlichen Repräsentation, welches abermals ein Gegenstandsbewusstsein ist, aber keine Erscheinung gibt, vielmehr einen zweiten Gegenstand, welcher als Bild fungiert, zur Vorstellung bringt in einer eigentümlich geänderten Weise. Der Gegenstand ist nicht gegenwärtig, sondern vergegenwärtigt. In der Änderung der Bilderscheinung kann, wenn diese Änderung innerhalb des abbildenden Objekts fällt (innerhalb der gegenständlichen Einheit desselben) bestehen a) Kontinuität des Erscheinungsbewusstseins (Identitätsbewusstseins) hinsichtlich des erscheinenden Gegenstands, des abbildenden, b) Kontinuität (Identität) des gegenständlichen Bewusstseins hinsichtlich des abgebildeten Gegenstandes. c) Ändert sich aber die Bilderscheinung so, dass damit ein neuer Bildgegenstand erwächst, so kann darum doch der abgebildete Gegenstand identisch bleiben. Es kann Kontinuität des abbildenden Bewusstseins bestehen bleiben, während doch die Bildgegenstände wechseln. So bei der Phantasie. 3) Innerhalb der Präsentation sind zu unterscheiden die direkte und indirekte Präsentation und das repräsentative Bewusstsein bei der direkten Präsentation. Undeutlich; besser so: In der schlichten Präsentation ist das direkt präsentierende Moment da mit der ihm eigentümlichen Bewusstseinsweise. Doch kann, vermöge der Ähnlichkeitsbeziehungen, auch ein eigenes Bewusstsein des Vergegenwärtigens da sein. Das erscheinende Moment repräsentiert ein ihm entsprechendes reichhaltiges, das zu den begünstigenden Wahrnehmungsumständen gehören würde. Eventuell repräsentiert die ganze gegenwärtige Erscheinung eine andere begünstigte aus demselben Zusammenhang. Man kann wohl sagen: Das sind Akte bildlicher Repräsentation in Bezug auf die Erscheinungen, nicht in Bezug auf die Gegenstände. Und es sind vielleicht echte Akte der bildlichen Repräsentation oder der Erkennung; wir reflektieren eben auf die Erscheinungen. Wir bringen uns zum Bewusstsein, nicht zum aussagenden Bewusstsein: Die Erscheinung gleicht der anderen früheren. In der Tat „erinnert“ uns die gegenwärtige an die frühere. Aber solche Akte gehören nicht wesentlich zum

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Akte der Präsentation. Sie sind Begleitakte, allerdings wichtige. Die gegenwärtige Erscheinung wird nicht unmittelbar als Erscheinung des Gegenstandes der Synthesis aufgefasst, sondern erst auf dem Weg der Erkennung. Sie erinnert an ein Glied der Synthesis. Dieses kommt eventuell zu besonderer Reproduktion, und im Identitätsbewusstsein wird nun die zugehörige lebendig erfasst. Beilage 6:1 Was ist die Quelle der immer aufs Neue wiederholten und immer wieder misslingenden Versuche zu einer Aufklärung des Verhältnisses von Wahrnehmung und Phantasie, oder vielmehr die Quelle des Misslingens dieser Versuche? Ich denke, dies! Ich habe nicht gesehen (und man hat überhaupt nicht gesehen), dass z.B. bei der Phantasie einer Farbe nicht etwas Gegenwärtiges, nicht ein Erlebnis Farbe gegeben ist, das dann für die wirkliche Farbe repräsentiert. Wonach Empfindungsfarbe und Phantasmafarbe in sich ein und dasselbe wäre, nur mit verschiedener Funktion behaftet. Ich hatte das Schema Auffassungsinhalt und Auffassung, und gewiss hat das einen guten Sinn. Aber nicht haben wir, zunächst im Falle der Wahrnehmung, in ihr als dem konkreten Erlebnis, eine Farbe als Auffassungsinhalt und dann den Charakter der Auffassung, der die Erscheinung macht. Und ebenso haben wir im Falle der Phantasie nicht wieder eine Farbe als Auffassungsinhalt und dann eine geänderte Auffassung, diejenige, die die Phantasieerscheinung macht. Vielmehr: „Bewusstsein“ besteht durch und durch aus Bewusstsein, und schon Empfindung, so wie Phantasma, ist „Bewusstsein“. Und da haben wir zunächst Wahrnehmung als impressionales (originäres) Gegenwartsbewusstsein, Selbst-daBewusstsein u.dgl., und Phantasie (in dem Sinn, in dem Wahrnehmung der Gegensatz ist!) als das reproduktiv modifizierte Gegenwartsbewusstsein, Bewusstsein des gleichsam Selbst-da, des gleichsam Gegenwärtig, der Gegenwartsphantasie. (Gegenwärtig ist ein Individuum, es ist jetzt und dauert seine Weile etc.). Wir können nun Wahrnehmung, wenn es transiente, äußere Wahrnehmung ist, analysieren und finden in ihr „Empfindung von Farbe“; wir finden dann ein Bewusstsein, das in der Einstellung, die wir jetzt haben, Wahrnehmung (Meinung) von „Farbe“ ist, ein Bewusstsein, in dem der und der Farbeninhalt da, mir gegenüber, gegenwärtig ist. Ich schrieb „Farbe“ und sagte auch Farbeninhalt. Denn das ist nicht gegenständliche Farbe, Eigenschaft eines Dinges, sondern ein „Inhalt“, in dem sich vermöge der Funktion die Eigenschaft Farbe „abschattet“. Immerhin, mag auch, wie evident ist, dieses Moment Farbenabschattung etwas anderes sein als Farbe, so ist es doch ein Selbst-da, selbst gegenwärtig (zeitlich) in der vollen Wahrnehmung, die wir jetzt üben, als GegenStand ein Gesetztes. In der Empfindung haben wir ein „Bewusstsein“ von dieser Abschattung, aber nicht eine Wahrnehmung. Aber immerhin haben wir auch hier zu sagen: Es ist nicht die Abschattung selbst ein Bestandstück der äußeren Wahrnehmung, sondern eben die Empfindung, d. h. ein Bewusstsein von dieser Abschattung.2 1

Der Text dieser Beilage ist veröffentlicht in Husserliana XXIII als Text Nr. 8. Randbemerkung Das darf aber nicht missverstanden werden. Die Abschattung, der „Inhalt“ als „Bestandstück des Bewusstseins“ ist eine Einheit, die sich erst im Fluss der letzten Fluenten konstituiert; er ist nicht absolut, sondern Bewusstsein von ihm, und das nennen wir Empfindung von ihm. 2

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Es ist nicht volle „Wahrnehmung“ (Meinung), aber im Kern mit ihr verwandt, es ist Bewusstsein von, obschon nicht ein als Objekt Sich-Gegenübersetzen. Die Empfindung ist Unterlage für das Bewusstsein „Auffassung als“, „Erscheinung von“ einem Haus, das farbig ist. Dieses Auffassungsbewusstsein und das ganze Erscheinungsbewusstsein ist wieder ein impressionales, ein unmodifiziertes. Wir können vielleicht sagen: Wenn mir das Haus dasteht, aber ich nicht darauf achte, dann ist das Bewusstsein der Wahrnehmungserscheinung so vollzogen wie vorhin die Empfindung (z.B. innerhalb der normalen Wahrnehmung). Zur normalen und vollen Wahrnehmung pflegen wir zu rechnen das im eigentlichen Sinn Zum-Objekt-Haben, diesem Zugewendetsein (darauf gründet sich eventuell es als Subjekt für Prädikate Ansetzen usw.). Danach gebe ich also die Identifikation von Empfindung und Empfindungsinhalt (die ich in den Logischen Untersuchungen vollzogen habe) wieder auf? In gewisser Weise, ja. Muss ich damit zu der Ansicht zurückkehren, dass Empfindung und Wahrnehmung prinzipiell auf einer Stufe stehen, dass jede Empfindung Wahrnehmung ist, nur nicht volle Wahrnehmung, sofern Aufmerken oder Meinen fehlt?1 Oder dass wir bloß unterscheiden müssen das noch nicht „wirklich objektivierende“ impressionale Bewusstsein-von, und zwar Bewusstsein des Selbstgegenwärtig, und das objektivierende, meinende, in dem sich ein Aufmerken und Subjektsetzen noch vollzieht? Dem allen steht nun die reproduktive Modifikation gegenüber. Der Empfindung steht gegenüber das Phantasma. In dem Letzteren steht die Farbenabschattung „gleichsam“ da. Der Dingwahrnehmung steht gegenüber die Dingphantasie als das Bewusstsein des gleichsam Selbstgegenwärtig des Dinges. So wie wir in der Wahrnehmung den Auffassungsinhalt Farbenabschattung hatten für die objektive Farbe (dingliche), so haben wir in der Phantasie den Auffassungsinhalt Farbenabschattung für die objektive Farbe. Dasselbe beiderseits. Aber der Auffassungsinhalt ist einmal empfindungsmäßig („wirklich“), das andere Mal phantasiemäßig („gleichsam“) bewusst. Und was die Auffassung anlangt, so ist sie einmal wirkliche perzeptive Auffassung, das andere Mal quasiperzeptive Auffassung (die reproduktive Modifikation). Auffassung ist hier verstanden als das Auffassen. Oben sagte ich ausdrücklich Auffassungsbewusstsein, Bewusstsein von Erscheinung. Nämlich es scheint, dass wir sagen müssen: So wie der Empfindung der Empfindungsinhalt entspricht, so dem Auffassen die Auffassung, dem Bewusstsein der Erscheinung die Erscheinung. Die Wahrnehmung wäre danach Empfindungsbewusstsein hinsichtlich der Erscheinung. In der Tat kann ich, wie den Inhalt „Farbenabschattung“, so die Erscheinung zum Objekt machen. Im Falle der Phantasie habe ich das modifizierte Bewusstsein (Phantasma) von Erscheinung, Auffassung. Daher finde ich in der Analyse Auffassungsinhalte und Auffassung (Erscheinung) als phantasierte, als gleichsam da 1 Gestrichene Randbemerkung Das scheint aber noch keineswegs gefordert. Ob das, was die Einheit des Inhalts konstituiert, so etwas wie Apperzeption ist, ja ob man überhaupt sagen kann, jeder Inhalt sei als e in Inhalt bewusst, auch wenn er nicht wahrgenommen wird? Das ist sicher, dass die Erscheinung innerhalb der normalen Wahrnehmung und alle ihre Komponenten, die Farbenabschattung etc., wirklich als Einheiten dastehen, wenn auch in ihnen das allein gemeinte transiente Objekt erscheint. Ist nicht ebenso ein Gefühl, eine Trauer, ein Wunsch, ein Wille, eine Prädikation etc. eine Einheit? Und gibt es dann eine Grenze?

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seiende. Die Auffassung der Phantasie ist dieselbe wie die Auffassung der Wahrnehmung. Das heißt, im Wesen ist Wahrnehmungsauffassung und Phantasieauffassung dieselbe, genauso wie wahrgenommene Farbe und phantasierte Farbe. Darin liegt: Wahrnehmungs- und Phantasiebewusstsein fundieren hier ein Identitätsbewusstsein (und zwar ein evidentes). Natürlich kann ich vom Phantasiebewusstsein, besser: Phantasma (als einheitlicher Inhalt), selbst wieder eine Wahrnehmung haben, sie zum Gegenstand machen. Sie steht dann als gegenwärtiges Erlebnis da. Analysiere ich Phantasiebewusstsein (ein Phantasma), so finde ich nicht eine Farbe und sonst dergleichen, sondern ich finde wieder Phantasiebewusstsein; genauso wie ich beim Wahrnehmungsbewusstsein analysierend immer wieder Wahrnehmungsbewusstsein finde. Phantasie ist eben durch und durch Modifikation, und anderes als Modifikation kann sie nicht enthalten. Diese Modifikation ist als solche Erlebnis, ist Wahrnehmbares, und die Wahrnehmung dieses Erlebnisses hat dann selbst wieder ihre Modifikation. Phantasie ist durch und durch Modifikation: Sie ist Phantasie von Farbe, von Auffassung. Bei transienten Phantasien: ein verblasenes, lückenhaft schwankendes Rot mit fließenden Formen etc. Aber all das ist auch Phantasie, die fließenden Formen phantasierte Formen etc. Genauso wie wenn ein verwaschen, unklar etc. sich darstellendes Wahrnehmungsobjekt wahrgenommen ist, die Wahrnehmung durch und durch Wahrnehmung ist: Freilich, da stellen sich Wahrgenommenheiten dar, die nicht dem Gegenstand selbst „zugedeutet“ werden, aber durch sie hindurch „meinen wir“ wahrnehmend (und ebenso im parallelen Fall: phantasierend) das Nichtverwaschene, Nichtschwankende etc.1 Das Gleichsam ist der Charakter der Reproduktion, Gleichsam-Wahrnehmung der Charakter der Phantasie im engeren Sinn. Doch kann man sagen, dass „Phantasie“ gewöhnlich ein weiterer Begriff ist = intuitive Reproduktion.

Zeit in der Wahrnehmung Die Analysen, die wir bisher vollzogen haben, waren zwar von der äußeren Wahrnehmung ausgegangen und zumeist auch auf sie selbst bezogen, sie hatten aber doch einen über sie weit hinausreichenden allgemeinen Charakter. Sehr früh drängten sich uns verschiedene Wahrnehmungstypen auf, allgemeinere Momente hoben sich ab, die ein allgemeineres begriffliches Wesen von Wahrnehmung überhaupt zu begrenzen gestatten, und auch die innerhalb dieser Allgemeinheit unterschiedenen Artungen waren nicht 1 Gestrichen Nicht zu verwechseln: Bloße Phantasie und Vergegenwärtigung. Wahrnehmung – Phantasie ist nicht der Gegensatz von Gegenwärtigung und Vergegenwärtigung. Denn Vergegenwärtigung ist ein impressionaler Akt, der wieder seine Modifikation hat. Phantasie ist gleichsam Gegenwärtigung; Vergegenwärtigung, das sind die verschiedenen Formen der Erinnerung, die wieder ihre Modifikationen hat. Gleichsam erinnern, ebenso gleichsam bildlich vorstellen.

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zufällig herausgegriffene niedere Differenzierungen der allgemeinen Gattung, sondern hoch liegende Artunterscheidungen, die durch unmittelbare Differenzierung der Gattung Wahrnehmung zu erwachsen schienen. So z.B. die Unterscheidung zwischen darstellenden und nichtdarstellenden (reell immanenten) Wahrnehmungen. Im Übrigen kann das phänomenologische Verfahren natürlich nicht anders laufen als so, dass man von nahe liegenden exemplarischen Fällen ausgeht und daran Wesenserfassung und Wesensunterscheidung übt. Den Stufen der adäquat erfassten Allgemeinheiten hat man dann nachzugehen und die idealen Möglichkeiten systematisch zu ordnen und zu entwickeln, die auf eine Systematik möglicher Gattungen und Arten von Phänomenen hinführen. Wir wollen nun noch in der allgemeinen Sphäre verbleiben und nicht etwa in der Richtung der Besonderungen fortschreiten, durch die die Dingwahrnehmung als Wahrnehmung von physischen Dinglichkeiten ausgezeichnet ist. Was das Naturding spezifisch zum Ding, und zwar zum Naturobjekt, also zum räumlich-zeitlichen Objekt, zum Besitzer von realen Eigenschaften und realen Relationen, zum real Wirkenden und Leidenden macht, das ist in der Allgemeinheit unserer bisherigen Untersuchungen noch gar nicht in Erwägung gezogen worden. Eine spezielle Dinganalyse bzw. Analyse der Dinggegebenheit muss aber all dem nachgehen. Im perzeptiven Wesen muss sich schließlich all das ausdrücken, und in den Zusammenhängen der Erfahrung, die vor allem auch perzeptive Erfahrung ist, muss sich wesensmäßig klarlegen lassen, was das sich erfahrungsmäßig Ausweisen der Naturwirklichkeit eines Dinges, das Ausweisen eines gerade so und nicht anders Beschaffenseins oder das sich anders Bestimmen des Dinges, als welches es gesetzt war, eigentlich macht, was dergleichen und ähnliche Erkenntnisvorkommnisse phänomenologisch charakterisiert. Wir1,2 richten vielmehr unser Augenmerk auf einige wichtige Punkte, die sowohl der darstellenden Wahrnehmung als der nichtdarstellenden (der reell immanenten, wie wir sie bisher verstanden hatten) gemeinsam sind, und die Abwandlungen, die sich aus der verschiedenen Natur dieser Wahrnehmungen dann ergeben. Wahrnehmung, sei sie darstellend oder nichtdarstellend, geht auf einen leibhaften Gegenstand, und dieser Gegenstand ist ein Individuelles. Wir können hinzufügen, wenigstens in Hinblick auf die Wahrnehmungstypen, die wir unterschieden hatten: Der individuelle Gegenstand ist jeweils eine Einheit, Einheit gegenüber einer Mannigfaltigkeit. Zunächst ist 1 2

Randbemerkung cf. Rekapitulation, 94 (= unten S. 157 f.). Randtitel von Edith Stein Wahrnehmung als Wahrnehmung von Individuellem (Zeitlichem).

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das unklar. Wir sagen lieber: Das Individuelle, das leibhaft zur Vorstellung zu bringen die Funktion der Perzeption ist, ist eine zeitliche Einheit.1 Das Individuelle ist notwendig sei es individuelles „Ding“ oder individueller „Vorgang“. Es ist ein Ding, ein Ding, das dauert und mit seinem dinglichen Inhalt die Zeitdauer, seine Dauer ausfüllt, und sie bald ausfüllt in der Weise des Sichveränderns oder in der Weise der Unveränderung, der Ruhe. Oder das Individuelle ist ein Vorgang, von dem wir wieder – obschon in merklich anderem Sinn – sagen, dass er dauert und in der Dauer entweder selbst Unveränderung ist oder Veränderung.2 Das Wahrgenommene als solches betrachten wir nun nach diesen wesentlich zeitlichen Vorkommnissen, ohne die es als wahrgenommenes Individuelles nicht denkbar ist. Zum Beispiel, das Ding ist Einheit, es dauert, und in seiner Zeitdauer. In ihr sind zu unterscheiden die mannigfaltigen Phasen; jede Phase ist Phase des zeitlichen Daseins des Dinges. Das Ding ist aber nicht die Vielheit der Phasen, auch nicht die Kontinuität der Phasen, sondern das eine und selbe Ding, das eben während seiner Zeit dasselbe ist, in jeder Phase dasselbe. Das Ding mag während seiner Dauer unverändert bleiben, es mag jedem Zeitpunkt gleiche Inhaltsfülle verleihen; aber es ist nicht dasselbe im Sinn bloß der Gleichheit, sondern es, das eine identische Ding, bleibt sich gleich. Ebenso bei der Veränderung: Das eine identische Ding bleibt sich qualitativ nicht gleich, nämlich sofern es immer wieder anders wird; und doch ist es dasselbe Ding, ein Selbes wird gefasst, das aber sich verändert. Einheit gegenüber der Mannigfaltigkeit besagt hier also diese in der Perzeption von Individuellem zu erfassende Identität, die wir ganz allgemein als Identität des Ding e s bezeichnen gegenüber der kontinuierlichen zeitlichen Mannigfaltigkeit von Dingphasen. Diese Kontinuität kann ebenso wohl beachtet, gemeint und in diesem Sinn erfasst werden, sie ist in anderem Sinn Einheit als das Ding, sie ist eben Einheit der Phasenkontinuität und ist näher Dauer oder Veränderung des Dinges, die konkret erfüllte Zeit selbst, durch die sich das Ding als das Identische aller Phasen hindurcherstreckt oder in der es in eigener Weise liegt, aus deren Gegebenheit es evident zu entnehmen ist. Auf dieser Seite liegt offenbar das, was wir Einheit des Vorgangs nennen, wofern damit nicht der Sachverhalt, da ss das Ding ruht 1 Gestrichen Es ist notwendig wahrgenommene Veränderung oder wahrgenommene Ruhe, bzw. es ist in gegenständlicher Hinsicht etwas da, etwas Perzipiertes, das sich verändert oder das ruht, und bald sich verändert und bald ruht. Die Begriffe „Veränderung“ und „Ruhe“ führen offenbar den der Zeit mit sich. 2 Gestrichen Ich muss es Ihnen überlassen, die Deskription hier genauer durchzuführen. Worauf es ankommt, ist hier, mehr die Richtung anzudeuten.

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oder sich verändert, gemeint ist. Zur Einheit des Vorgangs gehört die Einheit des Dinges, mit dem etwas vorgeht, das da ruht oder sich in der oder jener Veränderungsgestalt verändert. Bei der Weite, in der hier das Wort „Ding“ gebraucht ist (wir werden darüber noch sprechen), brauchen wir nicht einzelnes Ding und zusammenhängende Dingkomplexion zu unterscheiden. Auch sie ist ein identisch Einheitliches in der Zeit, insgesamt ein „Ding“. Aber wie weit gebrauchen wir denn eigentlich die Rede von Ding und damit auch von Vorgang und von Zeit, Dauer, Ruhe, Veränderung? Wir haben ausdrücklich gesagt, dass nicht bloß von den darstellenden Wahrnehmungen die Rede ist, sondern auch von den nichtdarstellenden, nicht bloß von transzendenten, sondern auch von immanenten und adäquaten, kurzum von jederlei Wahrnehmungen individuell einheitlicher Objekte. Es ist also nicht bloß die Rede von Dingobjekten im gewöhnlichen Sinn von Naturobjekten. Gehen wir zur spezielleren Betrachtung der Sachlage bei den reell immanenten Wahrnehmungen über, in denen ein Individuelles, aber kein Naturobjekt zu adäquater Gegebenheit kommt, so wird sich dabei nicht nur die allgemeinere Rede von Dingeinheit und zeitlicher Mannigfaltigkeit rechtfertigen, sondern wir werden bald auch darauf kommen, dass der Gegensatz von Einheit und Mannigfaltigkeit einen neuen Sinn bekommt, der uns auf eine tiefer liegende Schicht von konstituierenden Bewusstseinsvorkommnissen zurückführen wird. In reeller Immanenz ist uns jede cogitatio gegeben, auf die wir in der Reflexion hinblicken und die wir in der Art, wie es die reduzierte cartesianische Evidenz erfordert, so nehmen, wie sie eben zu absoluter Selbstgegebenheit kommt. So gegeben ist uns in der phänomenologischen Analyse, soweit sie sich innerhalb der Reflexion vollzieht, etwa eine äußere Wahrnehmung und in ihr der Komplex der darstellenden physischen Inhalte, die Empfindungsfarbe, der Empfindungston, die Empfindungsrauhigkeit usw. Nehmen wir etwa einen Toninhalt. Es sei der Ton einer Geige gehört; wir leben aber nicht im Hören des Geigentones, sondern wir blicken auf das Tonerscheinen hin und darin auf den Ton als physischen Inhalt, so wie er in sich selbst ist und unter Abstraktion von dem, was mit ihm erscheint und was in der Weise der äußeren Dingwahrnehmung als Erzeugnis der gestrichenen Geigensaite in räumlicher Wirklichkeit dasteht. Mit anderen Worten, wir abstrahieren von dem, was der Ton darstellt und nehmen ihn als Empfindungston. Dann müssen wir offenbar sagen: In der reell immanenten Wahrnehmung, in der uns dieser Ton zur Gegebenheit kommt, ist er eine Einheit im Fluss seiner Zeitphasen. Der Ton dauert, und inhaltlich steht er bald als unverändert da, bald als sich verändernd, z.B. es schwankt seine

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Intensität, sie schwillt an und klingt wieder ab, oder es verändert sich auch seine so genannte Qualität, seine Klangfarbe usw. Der1 Ton als diese zeitliche Einheit ist ein adäquat gegebenes Objekt, wir können auch sagen: ein immanent gegebenes Objekt; und zwar haben wir darin ein Beispiel von dem, was wir in einem allgemeineren Sinn Ding nennen. Es ist ein Dinggegebenes in der immanenten Sphäre, nämlich eben als ein zeitlich Dauerndes, und in seiner Dauer, sei es Unverändertes, sei es Sichveränderndes, ein Identisches der Zeit, das seine Eigenschaften hat, die Eigenschaften der Qualität der Klangfarbe, der Intensität, die ihrerseits dauernd ihm verbleiben oder an ihm, demselben Ding, kontinuierlich oder diskret wechseln. Auch die Eigenschaften sind Einheiten in der Zeit, analog wie das Ding selbst, das Eigenschaften hat. Die Intensität des Tones, sagen wir etwa, dauert und schwillt jetzt an und jetzt wieder ab, sie hält sich eine Strecke lang unverändert u.dgl. Der Ton in seiner vollen Konkretion, sich von seinem Hintergrund als in sich Geschlossenes abhebend, ist das Ding; die Intensität aber ist Intensität des Tones. Sie ist auch zeitliche Einheit, Identisches in der Kontinuität ihrer Zeitphasen, aber sie ist eben Intensität des Tones, sie ist ein Unselbständiges, das am Ton ist, als zu ihm gehörig in der adäquaten Eigenschaftswahrnehmung erfasst wird. Einheiten von der Art dieser „Eigenschaften“ haben das Charakteristische, dass sie evidenterweise in eigentümlicher Weise nur sein können an einem andern, das sie eben „hat“, und das seinerseits in sich oder für sich ist und nicht in diesem eigentümlichen Sinn von einem andern gehabt wird. Natürlich ist hier ebenso wie Ding auch Eigenschaft ein Immanentes und unterschieden von dem, was wir Eigenschaft nennen in der Natursphäre und überhaupt in der Sphäre der Transzendenz. Beiderseits aber bezeichnen die Worte „Ding“ und „Eigenschaft“ ein Gemeinsames,2 die gegebenen Beschreibungen passen beiderseits: Naturding wie immanentes Ding sind zeitliche Einheiten, die 1 Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Der Ton als diese zeitliche Einheit ist ein immanentes Objekt, und zwar ein immanentes Ding; wofern wir eben Ding als Ausdruck für zeitliche Einheit überhaupt nehmen in Ermangelung eines irgend brauchbaren Worts für solche Einheit. Ding im gewöhnlichen Sinn ist ein Naturobjekt, ist ein Baum oder Haus, das seinerseits auch in der Zeit ist, in der Zeit der Natur, und nicht adäquate immanent gegebene Einheit, sondern transzendente, mittels der Empfindungsabschattungen sich darstellende Einheit. Einheit des Dinges: das Identische in der Zeit, das etwas hat. In jedem Zeitpunkt is t das Ding in seinen Eigenschaften oder neue Eigenschaften habend; die Intensität habend. Einheit des Vorgangs: In jedem Zeitpunkt geht mit dem Ding etwas vor. Der Wettlauf, das Gehen. X geht. Sein Gehen. 2 Gestrichen auch das Naturobjekt als Objekt der transzendenten, der so genannten äußeren Wahrnehmung gilt als Dingobjekt, nämlich als identisches Zeitobjekt.

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Eigenschaften haben, aber nicht Eigenschaften sind, und die Eigenschaften sind zeitliche Einheiten, die zurückweisen auf Einheiten, an denen sie sind, von denen sie gehabt werden.1 Beiderseits hängen die Wahrnehmungen von Ding und Eigenschaften wesentlich zusammen. Wir werden versucht sein zu sagen, dieselbe Wahrnehmung liege vor, und einmal sei die Aufmerksamkeit gerichtet auf das identische Ding, das andere Mal auf die oder jene Eigenschaft des Dinges. Insoweit ist das richtig, als beim Achten auf das Ding die Eigenschaften einheitlich sind und verbleiben, und als umgekehrt beim Achten auf diese oder jene einheitliche Eigenschaft das Ding immerfort als Einheit dasteht. Wahrnehmung im vollen Sinn befasst die Achtsamkeit-auf, also mehr als die bloße Perzeption, die mit anderen attentionalen Modis verknüpft sein kann (Wort „Wahrnehmung“). Wie beiderseits Ding und Eigenschaft ist auch beiderseits gegeben die Einheit des Vorgangs; die Einheit des Vorgangs ist Einheit der real erfüllten Zeit. Aber in der real erfüllten Zeit ist eo ipso ein Ding da, das in ihr dauert, und mit seinen konstituierenden Eigenschaften in ihr dauert. Vom Vorgang selbst heißt es, dass er dauert und sich verändert. Aber der Vorgang hat in einem anderen Sinn eine Dauer als das Dingeinheitliche, er ist erfüllte Dauer, das Ding aber ist das Identische in jedem Punkt der Dauer, in jeder Phase der Fülle. Und sagt man vom Vorgang, er sei doch in jedem Punkt, so ist das Sein in einem Punkt hier etwas wesentlich anderes als das Sein des Dinges in diesem Punkt. Jeder Punkt trägt zum Vorgang bei, baut ihn auf, aber ein Punkt trägt nichts zum Ding bei, sondern in ihm ist ganz und gar das Ding, 1 Gestrichen Beiderseits ist von Zeit die Rede. Aber im einen Fall ist es die immanent gegebene Zeit, die Zeit, durch die der reell immanent gegebene Empfindungsinhalt Ton sich hindurchdehnt, in der er ist, während deren er dauert und immerfort derselbe ist. Auf der anderen Seite ist es die Naturzeit, die transzendent ist wie das Objekt, das sich durch sie hindurchbreitet, und Analoges gilt natürlich für die Begriffe von Ruhe oder Unveränderung und Veränderung. Beiderseits ist es auch evident, dass nicht alle Beschaffenheiten, die im Sinne der Wahrnehmung dem Wahrgenommenen zukommen, in Anspruch zu nehmen sind als „Eigenschaften“ im spezifischen Sinn. Vom Ding und von der Eigenschaft sagen wir aus, dass sie dauern, dass sie ruhen, sich verändern, oder dass sie im Nacheinander sich erst verändern und dann ruhen u.dgl. Vom Ding sagen wir aber auch aus, dass es eine Eigenschaft hat, z.B. vom Ton, dass er Intensität hat. Das Ding Ton dauert, und seine Intensität, seine Qualität dauert, aber die Dauer dauert nicht selbst wieder. Sie ist Zeit, h a t aber nicht Zeit. Das Sichverändern des Tones ändert sich nicht selbst wieder in dem Sinn, in dem der Ton sich verändert. Aber der Vorgang, den wir auch die Tonveränderung nennen, die Einheit der tonal erfüllten Zeitgestalt, lässt eine dingartige Auffassung zu: Der Vorgang ist selbst wieder als eine Einheit der Zeit aufzufassen, der Vorgang hat eine bestimmte Zeitgestalt und hat eine Dauer, in welcher er bald seine Gestalt unverändert erhält, bald sie verändert, die Bewegung etwa ist bald eine gleichförmige, bald eine ungleichförmige, jetzt wird sie schneller, dann langsamer usw.

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nur das Ding dieses Moments. (Auch der Vorgang ist eine Identität, und wir sagen sogar, der Vorgang bleibe immer sich gleich hinsichtlich seiner Form, er verändere sich nicht und er verändere sich, er ändere seine Gestalt, er werde langsamer und dann wieder schneller. Auch der Vorgang ist eine Einheit und hat seine Eigenschaften. Aber all das in einem wesentlich anderen Sinn als das Ding mit seinen konstituierenden Dingeigenschaften. Mit all dem hängt zusammen, dass evidenterweise nicht alle Prädikabilien eines Dinges über denselben Kamm zu scheren sind; konstituierende Dingeigenschaften und Beschaffenheiten des Dinges mit Beziehung auf seine Veränderungsart, auf die Form und den Ablauf seiner Veränderung sind z.B. wesentlich verschieden.) Auf beiden Seiten, nämlich sowohl in der immanenten als in der transzendenten Realitätssphäre, ist die Zeit die unaufhebbare Form der individuellen Realitäten in ihren beschriebenen Modis. Das Moment der Zeitlichkeit fassen wir dabei am perzipierten Realen, und somit müssen wir sagen: Ist etwa das Jetzt, oder ist die Dauer, Jetzt oder Dauer eines Immanenten gegeben, so ist das zeitliche Moment selbst immanent gegeben; wieder ist es transzendent gegeben als zeitlicher Modus eines Transzendenten. Andererseits scheint „die Zeit“ in gewissem Sinne und evidentermaßen eine einzige zu sein: Zwei Realien, zwei Dinge, Eigenschaften, Vorgänge, können, nach entsprechenden Zeitmodis betrachtet, zeitlich identisch sein. Als Beispiel: Die Wahrnehmung eines Realen ist selbst ein Reales, und ihre Zeiten decken sich. Das Jetzt der Wahrnehmung ist identisch dasselbe wie das Jetzt des Wahrgenommenen, die Dauer der Wahrnehmung identisch mit der Dauer des Wahrgenommenen usw. Ist das Wahrgenommene ein Transzendentes, so erscheint es eben, auch wenn es nicht reell gegeben ist, in demselben Jetzt, in dem die Wahrnehmung ist, die selbst zur reellen Gegebenheit kommt. Reflektieren wir und erfassen wir die Wahrnehmung als ein eben Gewesenes, so erscheint ihr Wahrgenommenes in demselben Zeitpunkt des Gewesenseins. Ist das Wahrgenommene ein Immanentes und somit auch nach seiner Existenz Gegebenes, so decken sich die beiden realen Individuen Wahrnehmung und Wahrgenommenes (z.B. der Empfindungston) in ihrem ebenfalls adäquat gegebenen zeitlichen Modus, in ihrer Dauer und in den Punkten dieser Dauer. Die Zeit ist nicht doppelt da; Gleichzeitigkeit ist Identität der Zeit, obschon das Zeitmoment am Realen zur Gegebenheit kommt.

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Zeitbewusstsein Ohne all die schwierigen Analysen, welche in den bisher angedeuteten Richtungen erforderlich sind, näher andeuten zu können, gehen wir auf eine besonders wichtige Betrachtung über. Führen wir folgende Überlegung zunächst in Beschränkung auf rein immanente physische Daten durch. Der physische Inhalt Ton steht in der reduzierten phänomenologischen Wahrnehmung als immanentes „Ding“ da, er ist Einheit einer fließenden Mannigfaltigkeit von Tonphasen. Dieses Ding Ton hat, das gehört zum Wesen der Dinglichkeit überhaupt, eine Zeitform und den Zeit füllenden Inhalt. Die Zeitform ist eine Kontinuität von Zeitpunkten, deren jeder seine Fülle hat. Der füllende Inhalt des Objekts breitet sich aus über die Zeitdauer, die seine Dauer ist. Der Ton dauert, er ist Jetzt und immer wieder Jetzt. Das Jetzt ist immer wieder ein neues, und im neuen Jetzt ist der Ton nicht mehr zugleich im alten Jetzt, sondern im alten Jetzt gewesen. Dies führt uns auf eine neue Kontinuität, nicht die Kontinuität der Tonphasen bzw. der Zeitpunkte, welche die Dauer des Objekts ausmacht, sondern auf die Kontinuität der temporalen Abschattungen des Tones. Blicken wir auf das Tonjetzt (das freilich immer wieder ein neues ist). Das Jetzt ist Grenze einer Kontinuität von Tongewesenheiten, und es ist hier offenbar eine Blickstellung möglich, in der wir nicht hinblicken auf die Tonphasen, die gewesen sind und die, während sie gegenüber dem immer neuen Jetzt immer weiter zurückrücken, mit ihrer individuellen Identität auch die Identität ihres Zeitpunkts bewahren, sondern hinblicken auf das „Phänomen“ ihrer Gegebenheit. Was heißt das? Nun, wir müssen offenbar unterscheiden das jedem Jetztmomente der Tonwahrnehmung reell Immanente von dem in ihm objektiv Erscheinenden. Der Ton in seiner Dauer ist immanent gegeben in der Tonwahrnehmung, und diese Tonwahrnehmung ist selbst ein Dauerndes. Jedes Jetzt der Tonwahrnehmung erfasst eine Tonphase, und zwar diejenige des betreffenden aktuellen Jetzt. Aber nicht bloß das. Eine Kontinuität von abgelaufenen Tonphasen ist im selben Jetzt bewusst. Diese abgelaufenen Tonphasen sind nicht so wahrgenommen in dem betreffenden Jetztpunkt der Wahrnehmung wie diejenige Tonphase, die in ihm als ein Jetzt dasteht. Sie sind noch bewusst, sie erscheinen noch, aber in modifizierter Weise. Das verflossene Jetzt mit seiner Fülle verbleibt nicht aktuelles Jetzt, sondern stellt sich im neuen aktuellen Jetzt in einer gewissen Abschattung dar, und jede solche Abschattung vertritt sozusagen das gewesene im aktuellen Jetzt. Sie macht einen reell immanenten Inhalt aus in dem betreffenden aktuellen Jetztpunkt der Wahrnehmung des Tones; und das gilt für die ganze

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Kontinuität der abgeflossenen und noch lebendig bewussten Tonphasen. Richten wir also den Blick auf das Tonwahrnehmen im aktuellen Jetzt, so ist es eine Kontinuität von Zeitabschattungen des Tones, die terminiert in einer Randphase, welche das Jetzt des Tones nicht bloß abschattet, sondern absolut selbst fasst. Und rückt nun der aktuelle Jetztpunkt vor, so ist ein neues Tonjetzt absolut gefasst,1 und was soeben in dieser Weise gegeben war, ist vertreten durch eine Abschattung. Aber die ganze Kontinuität der früheren Abschattungen erfährt abermals Abschattungen. Der gesamte reelle Gehalt des Wahrnehmungs-Jetzt mit allen reell in ihm enthaltenen Abschattungen „sinkt in die Vergangenheit“, und so wird jede Phase, jede Abschattung von neuem abgeschattet usw. Ich will diese Analyse keineswegs als eine letzte ausgeben, es kann unsere Aufgabe hier nicht sein, das schwierigste aller phänomenologischen Probleme, das der Zeitanalyse, zu lösen. Worauf es mir ankommt, ist, hier nur ein wenig den Schleier zu lüften von dieser uns bisher verborgenen Welt des geheimnisreichen Zeitbewusstseins. Und insbesondere pointieren will ich den neuen Sinn von Einheit gegenüber der Mannigfaltigkeit, womit zusammenhängt ein mehrfacher Sinn von immanenter Wahrnehmung, von adäquater, ja sogar von Darstellung gegenüber absoluter Selbststellung. Nach dem Vorangegangenen werden Sie leicht Folgendes verstehen. Wir hatten als Beispiel einen Empfindungston, so und so nach Intensität, Qualität, Klangfarbe sich modifizierend und emporschwellend oder abschwellend u.dgl. Eine immanente Wahrnehmung, eine Wahrnehmung, die transzendente Auffassungskomponenten ausschaltet, erfasste selbst, leibhaftig diesen Empfindungston als zeitliche Einheit, als Einheit des dauernden, anschwellenden und abschwellenden Tones. Die Mannigfaltigkeit ist hier die zeitliche Mannigfaltigkeit der Tonphasen, die in ihrer Einheit als Vorgang ebenfalls gegenständlich werden kann, und zwar ebenfalls wahrnehmungsmäßig. Wieder davon unterschieden ist aber eine offenbar ganz andersartige „immanente Wahrnehmung“, nämlich diejenige, welche auf den Fluss der Tonabschattungen gerichtet ist, nämlich der Abschattungen, in denen sich der identische Ton „darstellt“, in denen er in jedem Wahrnehmungs-Jetzt sich in immer neuer Weise in seinem Jetzt und nach seiner abgeflossenen Dauer durch eine Kontinuität von nachklingenden Modifikationen repräsentiert. Es ist offenbar eine ganz andere Wahrnehmung, die hier in Frage ist. Nicht die Wahrnehmung der Tonphasen in ihrer Kontinuität, also des tonalen Vorgangs, sondern die Wahrnehmung der Kontinuität, die für den Tonvorgang 1

Gestrichen und nicht in abschattender Weise dargestellt immanent.

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darstellend ist, die ihn repräsentiert. Reflektieren wir auf die Wahrnehmung des einheitlichen Tones oder auch auf die Wahrnehmung des Tonvorgangs und erhaschen wir ihr Jetzt und das, was ihr in diesem Jetzt reell zugehört, so finden wir sie als eine Kontinuität, und speziell in Hinsicht auf die physischen Inhalte, die ihr einwohnen und die Auffassungskontinuität erfahren, finden wir eine Kontinuität: die Jetztphase der Tonempfindung und einen Fluss von Abklängen, in denen sich in diesem selben Wahrnehmungsjetzt das Abgeflossensein, das Gewesen- und Dauernd-Gewesensein des Tones stetig abschattet. Die der Abschattung steht offenbar im Charakter der Abschattung da, im Charakter einer Darstellung, d. i. der physische Inhalt in seinen eigentümlichen Modifikationen hat einen stetigen Bewusstseinscharakter, etwas von der Art Auffassung, was eben die Darstellung als Darstellung charakterisiert. Wir haben früher schon den Ausdruck „phansiologisch“ gebraucht, um innerhalb der phänomenologischen Analyse scharf pointieren zu können den Unterschied zwischen dem, was Sache der cogitatio ist und Sache des Cogitierten als solchen, das ja auch evident zu beschreiben ist. Den Ausdruck cogitatio haben wir in Anlehnung an die cartesianische Betrachtung festgehalten. Phansiologisch nennen wir eine Untersuchung, welche die cogitatio nach ihrem reellen Bestand erforscht. Dabei aber stellt es sich heraus, dass die cogitatio in der reflektiven Wahrnehmung zur Einheit wird, da evidente Einheitsgegebenheiten hier zu fassen und zu beschreiben sind, wie wenn wir die Wahrnehmung, die Erinnerung, das Urteil als Einheiten nehmen und in einheitlicher Weise von der Erscheinung als Wahrnehmungs- oder Erinnerungserscheinung sprechen, von dem Charakter der Setzung, der Aufmerksamkeit usw. Andererseits aber sind diese Einheiten Einheit von Mannigfaltigkeit, nämlich von Einheiten, die notwendig zurückweisen auf die Mannigfaltigkeit des letzten Zeitflusses, in dem sie sich notwendig darstellen, sich im Fluss phansiologischer Zeit abschatten. Hier in diesem Fluss liegt das Absolute, auf das alle phänomenologische Analyse zurückführt; wir sprechen von dem absoluten phansiologischen Zeitfluss und sagen, dass sich in ihm alle Einheiten konstituieren. Alle diese Objektivitäten sind in gewissem Sinn bloß intentionale der angedeuteten Art, sind Einheiten und aus Einheiten gleichsam aufgebaut, und alle Einheiten in diesem Sinn, zeitliche Einheiten, reale Einheiten, sind in gewissem Sinn bloß intentionale Einheiten. Jeder solchen Einheit korrespondiert nun a priori, d. i. wesentlich, ein konstituierender Bewusstseinsfluss. Rekapitulieren wir. Ausgehend vom Beispiel eines adäquat in reell immanenter Wahrnehmung gegebenen Tones hatten wir festgestellt, dass dieser

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Ton ein individuell Einheitliches ist, einheitlich, sofern er dasteht als dauernder Ton, welcher der eine und selbe ist während der Dauer. Während der Dauer: also in allen unterscheidbaren Teilen der Dauer und in allen abstraktiv zu unterscheidenden Phasen der Dauer. Die Phasen sind dabei erfüllte Phasen, und was sie erfüllt, ist der Toninhalt, der Ton durch seinen Inhalt, welcher von Phase zu Phase ein anderer ist. Toninhalt ist aber nicht identischer Ton selbst, ist nicht das Identische, von dem wir sagen, dass es dauert und in seiner Dauer bald ruht und bald sich wieder verändert. Dieses Identische ist nichts ohne Inhalt, es ist, was es ist, mit seinem Inhalt. Das Identische ist nicht in den Inhalt bloß hineingesetzt, als ob es wieder herausgenommen und für sich gedacht werden könnte. Durch alle Phasen und all den in der Phasenkontinuität ausgebreiteten Inhalt hindurch geht die Identität des Dinges Ton, der als dieses Identische nur denkbar ist als sich durch diese Kontinuität hindurch Erstreckendes, in ihr Dauerndes, ein Selbiges, das ruht und wieder sich verändert. Wir sahen, dass hier verschiedene andere analoge Einheiten in Wesensbeziehungen stehen: Die Einheit des Tones war Dingeinheit. Davon unterschieden wir die zugehörigen Einheiten, die wir die Dingeigenschaften nannten. Auch dingliche Relationen wären hier zu nennen. Ferner hoben wir auch hervor die Einheiten, die Vorgänge heißen. Jede Wahrnehmung setzt derartige Einheiten, und eigentlich entsprechen den Grundformen dieser Einheiten auch Formen oder Typen der Wahrnehmung. Wesensgesetzlich hängen diese Wahrnehmungstypen zusammen; von der einen kann zur andern übergegangen werden, mit der Gegebenheit einer Gegenständlichkeit sind andere Gegenständlichkeiten mitgegeben, nämlich in entsprechender Wendung der Wahrnehmung, in entsprechendem Übergang von einem Wahrnehmungstypus zum andern zu erfassen. Das gilt nun, ob die Einheiten immanente, adäquat gegebene Einheiten sind oder transzendente, also äußere Dinge, äußere Eigenschaften, Naturvorgänge im gewöhnlichen Sinn u.dgl. Gehen wir von einer gewöhnlichen äußeren Wahrnehmung zu einer immanenten Wahrnehmung ihres Empfindungsinhalts über, so ist das ein Übergang, dessen Möglichkeit a priori im Wesen der äußeren Wahrnehmung gründet. Zum Beispiel wir nehmen das Heranfahren eines Postwagens wahr und achten auf das Geräusch des Rollens oder auf den Klang des Posthorns unter Abstraktion von allem, was es transzendent bedeutet. Wir sagen dann von diesem Inhalt, er sei ein immanentes Objekt; der Vorgang des Rollens, der Klang des Posthorns, das sind hier adäquate Gegebenheiten. Was besagt hier die Immanenz? Besagt es, dass das Objekt nicht außerhalb, sondern im Bewusstsein ist und dass das Bewusstsein gleichsam

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ein Sack ist, in dem das einheitliche immanente Objekt darinsteckt? Natürlich haben wir die Linie phänomenologischer Reduktion zu beachten. Der Klang des Posthorns ist in äußerer Wahrnehmung ein transzendent Reales, in der wesentlich geänderten Einstellung der immanenten Wahrnehmung ist er nichts Transzendentes, sondern Immanentes, und darin liegt, wie der erste Aspekt zu lehren scheint, in der Tat ein reales Enthaltensein des Objekts in der Wahrnehmung. Indessen, wie aus den Betrachtungen am Schluss der letzten Vorlesung hervorgeht, die wir jetzt fortführen, bedarf es hier großer Vorsicht. Die äußere Wahrnehmung des Klanges ist nicht Klang und da zu ein im Übrigen unterschiedsloses leeres Hinschauen darauf. Da ist das ganz selbstverständlich. Bei der immanenten Wahrnehmung, wo der Klang als bloß physischer Inhalt Objekt und als das adäquat gegeben ist, da ist die Versuchung größer, die Sachlage so anzusehen und das Wahrnehmen als ein unterschiedsloses Fassen oder Haben des Inhalts, der ihm nun reell einwohnt, zu interpretieren. Vollziehen wir aber einen neuen und im Wesen der Wahrnehmung als ideale Möglichkeit begründeten Schritt der Reflexion, gehen wir nämlich von der Wahrnehmung des immanenten Klangs über zur Wahrnehmung dieser Wahrnehmung, so eröffnen sich die Wunder des Zeitbewusstseins. Die Wahrnehmung des Tones in ihrem immer neuen Jetzt ist nicht ein bloßes Haben des Tones, sei es auch des Tones in der Jetztphase. Vielmehr finden wir in jedem Jetzt neben dem wirklichen physischen Inhalt eine Abschattung, oder besser: wir finden eine eigentümliche Tonabschattung, die in dem aktuell empfundenen Tonjetzt terminiert. Achten wir reflektiv auf das, was vom Ton des geblasenen Posthorns oder vom Rollen des Wagens jetzt, in dem aktuellen Jetzt gegeben ist und wie es gegeben ist, so merken wir den Erinnerungsschweif, der den Jetztpunkt des Tones oder des Rollens extendiert. Es ist dabei evident, dass das immanente Ding gar nicht in seiner Einheit gegeben sein könnte, wenn nicht das Wahrnehmungsbewusstsein mit dem Punkt aktueller Empfindung auch die Kontinuität der abklingenden Phasen der Empfindungen der früheren Jetzt mit umspannte. Das Vergangene wäre für das Bewusstsein des Jetzt nichts, wenn es sich nicht im Jetzt repräsentierte,1 und das Jetzt wäre nicht Jetzt, nämlich für das wahrnehmende Bewusstsein des betreffenden Moments, wenn es in ihm nicht als Grenze eines vergangenen Seins dastände; das vergangene Sein muss sich in diesem Jetzt aber als solches repräsentieren,2 und das tut es durch die im Empfin1 2

repräsentierte wurde vermutlich später verändert in vergegenwärtigte. repräsentieren wurde vermutlich später verändert in vergegenwärtigen.

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dungspunkt terminierende, nach der anderen Seite vage verschwimmende Abschattungskontinuität.1 Offenbar ist aber diese Abschattungskontinuität2 nicht eine Kontinuität von Empfindungspunkten. Die der Jetztphase des Tones entsprechende Empfindungsphase ist die einzige Empfindungsphase dieses Jetzt. Die vergangenen Empfindungen sind nicht aufbehalten als Empfindungen. Nur Nachklänge derselben, eigentümliche Modifikationen,3 die den impressionalen Charakter des Tondatums wesentlich verändern, sind im Jetzt als einheitliche Kontinuität gegenwärtig. Und darin wieder ist jede Phase von jeder dem Charakter nach unterschieden, die Kontinuität steht ja als Kontinuität da, als eine Abklingungsreihe, Abschattungsreihe.4 Diese Kontinuität ist jedem Moment der Wahrnehmung im echtesten Sinn reell immanent, während wir in der Wahrnehmung, wofern wir ihren Phasen von Jetztpunkt zu Jetztpunkt nachgehen, nirgends de n Ton finden, das phänomenologische Ding, ja im eigentlichen Sinn nicht einmal die entsprechenden Jetztphasen des Tones. Das Letztere wird deutlich, wenn wir darauf achten, dass die Wahrnehmung des identischen Tones nicht etwa sich bloß auflöst in die fließende und sich abschattende Folge der Abschattungsreihen, die in jedem neuen Jetzt in einem neuen Empfindungsinhalte terminieren. Es ist nicht bloß so, dass die Wahrnehmung in ihrem Anfangs- und ersten Jetzt bloß Empfindungsinhalt ist, dass nun alsbald dieser Empfindungsinhalt anfängt sich abzuschatten und zugleich ein neuer Empfindungsinhalt kontinuierlich auftritt, der seinerseits alsbald in Abschattung übergeht usw. Auch das genügt nicht, dass im Fortgang dieses Flusses jede Abschattung sich weiter abschattet, diese neu erwachsende Abschattung sich abermals abschattet usw., womit wieder zusammenhängt, dass jede Abschattungskontinuität, die zu irgendeinem Jetzt gehört, als Ganzes genommen einheitliche Abschattung erfährt und der ganze Prozess auch als Abschattung von Abschattungskontinuen angesehen werden kann, die hierbei stetig durch neue Empfindungspunkte sich erweitern, um sie alsbald in Form von Abschattungsphasen umzuwandeln. Das alles reicht nicht aus. Dieser komplizierte Fluss von sich modifizierenden Kontinuen ist in sich doch noch nicht Wahrnehmung von dem dauernden, so und so anschwellenden und verklingenden Ton. Diese einheitliche Gegenständlichkeit steht in der Wahrnehmung da, und nicht steht jene verwirrende Mannigfaltigkeit da. Das Posthorn tönt. Der Ton dauert fort, schwillt empor usw. Das Bewusstsein vom Ton ist Bewusstsein von ihm in 1 2 3 4

Abschattungskontinuität wurde vermutlich später verändert in retentionale Kontinuität. Abschattungskontinuität wurde vermutlich später verändert in Kontinuität. Einfügung (vermutlich später) Vergegenwärtigungsmodifikationen, näher retentionale. als eine Abklingungsreihe, Abschattungsreihe wurde vermutlich später gestrichen.

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der Zeitdauer, und damit steht er da als fortgehende Gegenwart gegenüber einer Kontinuität von Gewesenheiten, die seine eigenen Gewesenheiten sind. Darin liegt offenbar, dass im Bewusstsein des da seienden Tones mit dem aktuellen Gegenwartspunkt des Tones jeweils auch die Vergangenheiten, d. h. die gewesenen Gegenwartspunkte desselben Tones, und zwar als desselben intentional umspannt sind. Hierbei rückt zwar jeder Zeitpunkt dieser aktuell mitbefassten Vergangenheit des Tones in Relation zum immer neuen Gegenwartspunkt stetig zurück, aber in seiner individuellen Einheit bleibt er dabei beständig intentional, er steht immerfort als derselbe da. Tritt das aktuelle Tonjetzt in die Vergangenheit über und sinkt es immer weiter zurück, so gilt es sozusagen dem wahrnehmenden Bewusstsein doch immerfort als dasselbe, als dieselbe, nur eben in Relation zum immer neuen Jetzt immer weiter zurücktretende Tonphase. So ist also das dauernde Objekt eine zeitliche Einheit und seine Dauer eine Kontinuität von Zeitpunkten des Objekts, die selbst Einheiten sind: nämlich Einheiten gegenüber dem Fluss der Wahrnehmung. Die Einheit jeder Dingphase tritt hier in Kontrast mit der Mannigfaltigkeit von Abschattungen, die wesentlich zu dieser Dingphase gehören und ohne die das Bewusstsein der einen und selben Dingphase nicht möglich wäre. Gehen wir vom Gegenwartspunkt des T Tones aus und lassen wir ihn in die Vergangenheit rücken, so entspricht seiner intentionalen Identität ein Kontinuum von tonalen Empfindungsabschattungen;1 das Wahrnehmungsbewusstsein nimmt aber nicht diese Abschattungen2 wahr, sondern (abstraktiv gesprochen) die identische Tonphase. Das Abschattungskontinuum3 hat also den Charakter eines Kontinuums von Repräsentationen4 für die intentionale Einheit des Zeitpunkts bzw. der punktuellen Phase des Objekts Ton. Eine „Einheit des Bewusstseins“ in einem spezifischen Sinn – wir können auch sagen: eine Einheit der Auffassung – erfasst eben in dieser Abschattungskontinuität5 die identisch einheitliche Zeitphase. Das war natürlich in abstracto gesprochen. Wir hatten die Mannigfaltigkeit herausgehoben, die zu einem temporalen Objektspunkt gehörte. Aber die ganze Dauer ist eben stetige Einheit dieser Punkte, und so ist es Einheit der Auffassung, welche aufgrund der ganzen Implikation von Abschattungsreihen die ganze Dauer und in anderer Auffassungsweise das einheitliche Objekt, das da dauert, erfasst. In jedem 1 2 3 4 5

Empfindungsabschattungen wurde vermutlich später verändert in Empfindungsretentionen. Abschattungen wurde vermutlich später gestrichen. Abschattungskontinuum wurde vermutlich später verändert in Kontinuum. Repräsentationen wurde vermutlich später verändert in Vergegenwärtigungen. Abschattungskontinuität wurde vermutlich später verändert in Kontinuität.

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Wahrnehmungsmomente dient die Reihe der Abschattungen, die in ihm von jedem vergangenen Jetzt des Tones vorhanden ist, als Repräsentation1 für die Reihe der vergangenen Tonphasen bis zum Tonjetzt. Im Flusse der Wahrnehmung wird durch die stetige Veränderung dieser Repräsentationen2 hindurch Einheit der Auffassung so bewahrt, dass immerfort die Auffassungseinheit stetig hindurchgeht durch die Linie der Modifikationen, die jeweils demselben Tonpunkt im Abflusse der Wahrnehmung entsprechen.3 Sie sehen da, was für eine wunderbare Sache die scheinbar schlichteste Wahrnehmung, die eines immanenten Tones ist. Und wir sehen zugleich, dass diese Immanenz des identischen Zeitobjekts Ton wohl zu unterscheiden ist von der Immanenz der Tonabschattungen und der Auffassungen dieser Abschattungen,4 die das Gegebenheitsbewusstsein des Tones ausmachen. Was als Einheit gegeben und, wie wir hier voraussetzen, adäquat gegeben ist als individuelles und damit zeitliches Sein, das ist im letzten absoluten Sinn nicht reell immanent gegeben, nämlich nicht gegeben als Bestandstück des absoluten Bewusstseins. Immanent kann besagen den Gegensatz zu transzendent; dann ist das Zeitding Ton immanent. Es kann aber auch besagen das Seiende im Sinn des absoluten Bewusstseins; dann ist der Ton nicht immanent. Wir können auch so ausführen: Was immer wahrgenommen ist, was immer selbstgegeben5 ist als individuelles Objekt, ist gegeben als Einheit einer absoluten, nicht gegebenen6 Mannigfaltigkeit. Zum Wesen dieser Einheit als zeitlicher Einheit gehört es, dass sie sich im absoluten Bewusstsein „konstituiert“. Speziell was die adäquat gegebenen Einheiten, wie jene Toneinheit es war, anlangt, so erkennen wir die wunderbare Tatsache, dass das Dasein solch einer Einheit nicht denkbar ist, ohne dass sie sich konstituierende Einheit von gewisser Art ist, nämlich zurückweisend auf einen gewissen eigentümlich geformten und verbundenen Bewusstseinsfluss. Ist 1

Repräsentation wurde vermutlich später verändert in retentionale Vergegenwärtigung. Repräsentationen wurde vermutlich später gestrichen. 3 Randbemerkung (vermutlich später) Repräsentation, Auffassung, das sind hier unpassende Worte. Es handelt sich doch nicht um Darstellung, sondern um Retentionen. Es ist ja 95 (= oben S. 159 f.) betont, dass es keine Empfindungen (also nicht etwa schwächere Empfindungen, „abklingende“, wie das schlechte Bild besagt) sind. „Auffassung“, das wird wohl unvermeidlich sein. Die originäre Auffassung im Jetzt erfährt selbst retentionale Modifikationen, aber diese Modifikationen kommen zur Einheit. 4 Tonabschattungen und der Auffassungen dieser Abschattungen wurde vermutlich später verändert in Töne. 5 selbstgegeben wurde vermutlich später verändert in als selbstgegeben erfasst. 6 gegebenen wurde vermutlich später verändert in erfassten. 2

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dieser Bewusstseinsfluss, so ist das einheitliche Zeitobjekt da, und steht es da, so muss ein absoluter Bewusstseinsfluss dieses Gehalts sein, in dem es einheitliche Gegebenheit ist oder aus dem es als Einheit zu geben ist. Das esse des immanenten Tondinges geht in gewissem Sinn auf in seinem percipi. Dieses percipi ist nicht selbst ein Ding und hat eine andere Seinsweise, aber die eine ist mit der anderen a priori gegeben. Das percipi im Sinne jenes Bewusstseinsflusses und der damit als Möglichkeit gegebenen Einheit-Wahrnehmung „schafft“ das Ding, sofern das absolute Sein dieses Bewusstseinsflusses das mögliche Haben und Fassen des Tones ist, ohne welche Möglichkeit er nichts wäre.1 Das Objekt selbst ist, was es ist, nur als Intentionales der adäquaten Wahrnehmung bzw. als ein gewisser Fluss absoluten Bewusstseins, der solche adäquate Wahrnehmung ermöglicht.2 Die wesentliche Beziehung des immanenten Objekts auf ein gebendes Bewusstsein fordert hier die Lösung des Problems dieser Gegebenheit, d. h. es müssen genau die Bewusstseinsmannigfaltigkeiten und ihre Einheiten stu1 Gestrichen Während Bewusstsein sein kann, ohne Wahrnehmungsbewusstsein, und zwar adäquat fassendes Bewusstsein zu sein, ist es doch wieder so, dass eine gewisse Bildung des Bewusstseins, die wir adäquate Wahrnehmung nennen, das leistet, was Dasein, wahr und wirklich selbst Dasein des Objekts heißt. 2 Gestrichen Auf beiden Seiten, sowohl in der immanenten als in der transzendenten Realitätssphäre, ist Zeit die unaufhebbare Grundform der individuellen Realität in ihren beschriebenen Modifikationen. Aber freilich müssen wir auch sagen, dass im einen Fall die Zeitlichkeit des Realen, in ihren wechselnden Modis, Dauer, Jetztpunkt, Gewesensein, in ihrem eigentümlichen Fluss, der aktuelles Jetzt immer wieder in Jetztgewesen wandelt, ich sage, im einen Fall ist all das immanent gegeben, wirklich und adäquat gegeben. Im anderen Fall aber ist es transzendente Zeit, in der transzendenten Wahrnehmung intentional gegeben, bloß intentional, d. i. eben nicht reell gegeben. Die wesentliche Beziehung des immanenten Objekts auf ein gebendes Bewusstsein fordert hier die Lösung des Problems, diese Gegebenheit aufzuhellen und die Bewusstseinsarten und Bewusstseinszusammenhänge aufzuweisen, f in denen sich das Objekt konstituiert, in denen es intentional als selbstgegeben, und adäquat selbstgegeben, dasteht, und ohne die es nichts ist. Ehe wir weitergehen, müssen aber gewisse Schwierigkeiten erörtert werden, die sich Ihnen vielleicht schon aufgedrängt haben. Wir gingen aus von der Toneinheit, vom Klang des Posthorns. Dieser war uns gegeben zunächst durch äußere Wahrnehmung, eben als Klang des Posthorns, dann durch immanente, adäquate Wahrnehmung nach einem rein immanenten Gehalt. Die Wahrnehmung war uns gegeben in einer Wahrnehmung zweiter Stufe. Sie war uns gegeben, also auch sie war ein Objekt, auch sie war individuell zeitliche Einheit. Fordert diese selbst doch wieder immanente Einheit nicht wieder einen Bewusstseinsfluss analoger Art wie die Einheit Ton, werden wir also nicht geführt vom einheitlichen Ton und ihren einheitlichen Zeitpunkten zur einheitlichen Wahrnehmung des Tones und ihren einheitlichen Zeitpunkten? Für das Erste war erfordert die konstituierende Mannigfaltigkeit der Empfindungsabschattungen und ihrer vereinheitlichenden Auffassungen. Bedarf es für das Zweite nicht abermals konstituierender Mannigfaltigkeiten?

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diert werden, in denen sich das Objekt „konstituiert“, in denen es intentional als adäquat Gegebenes dasteht und ohne die es nichts wäre.1 Wir müssen, ehe wir weitergehen, nun aber gewisse Schwierigkeiten erörtern, die sich Ihnen vielleicht schon aufgedrängt haben. Der individuelle Ton, diese zeitliche Einheit, ist gegeben in einer eigentümlich gebauten adäquaten Wahrnehmung. Auf diese gingen wir zurück und studierten, wenn auch nur im Rohen, die Weise, wie die immanente Einheit in der absoluten Bewusstseinsmannigfaltigkeit solcher Wahrnehmung sich intentional konstituiert. Wenn wir so die Wahrnehmung des Tones studieren, kommt sie uns doch selbst zur Gegebenheit in einer reflektiven Wahrnehmung zweiter Stufe, und in dieser ist die Tonwahrnehmung Objekt, individuelles, zeitliches Objekt, abermals immanent Gegebenes. Was von der Einheit des Tones gilt, gilt doch auch von der Einheit der Wahrnehmung des Tones. Dieser ganzen Dauereinheit nach allen einheitlichen Zeitpunkten entspricht also wieder ein konstituierender Fluss von Mannigfaltigkeiten, welche dem absoluten Bewusstsein angehören, und zwar in Form der Wahrnehmung zweiter Stufe. Die Reflexion auf diese lässt auch sie wieder als ein Zeitobjekt dastehen, das nicht sein kann ohne einen konstituierenden Fluss von Mannigfaltigkeiten, der selbst wieder ein Zeitfluss ist und eine zeitliche Einheit konstituiert, und so in infinitum. Darauf ist Folgendes zu sagen. Wenn W wir von der Wahrnehmung des Tones sprechen, so ist hier wie überall zu unterscheiden zwischen dieser Wahrnehmung als absolutem Bewusstsein und der objektivierten Wahrnehmung, näher: der Wahrnehmung als Gegenstand der auf sie reflektierenden Wahrnehmung. Reflektieren wir, so erfassen wir die Wahrnehmung nicht nur als jetzt, sondern auch als evident Gewesenes. Während sie jetzt aber als beachtete und speziell gegenständliche dasteht, steht der Abschnitt der Vergangenheit dieser Wahrnehmung nicht da als beachtet Gewesenes. Ferner: Wenn wir auf die Tonwahrnehmung reflektiv achten, so finden wir die Abschattungsreihen und die Auffassungen derselben als zum Wesen der Tongegebenheit gehörig vor. Wenn wir auf die dabei vollzogene reflektive Wahrnehmung zweiter Stufe achten, so gilt natürlich das Entsprechende. 1 Randbemerkung Man kann allerdings fragen, ob nicht geradezu gesagt werden muss, das Sein eines solchen Objekts ist Sein in der adäquaten Wahrnehmung, und nicht bloß in der möglichen adäquaten Wahrnehmung. Mein Gedanke ist der: Wenn im absoluten Bewusstsein die Abschattungsmannigfaltigkeit ist, so braucht darum nicht eine entsprechende immanente Erfassung zu sein, die das immanente Objekt erst da hinstellt. Ob im Fall der äußeren Wahrnehmung z.B. die immanenten Empfindungen wirklich objektiviert sind als immanente Objekte? Abgesehen davon, ob sie gemeinte Objekte im Sinn der herausgemeinten sind. Die beiden letzten Sätze wurden vermutlich später mit einem Fragezeichen versehen.

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Aber die Auffassungen, die zu dieser gehören, finden wir natürlich nicht in der Wahrnehmung unterer Stufe, sie werden vielmehr erst in der höheren Stufe vollzogen. Eine tiefere Analyse der Sachlage ist sicherlich von großer Schwierigkeit. Es wird sich dabei müssen klarlegen lassen, dass zum Wesen des absoluten Bewusstseins das ständige Sichabschatten gehört und dass im Wesen desselben die ideale Möglichkeit von Wahrnehmungsauffassungen liegt, welche aus diesem absoluten Fluss der Abschattungen die zeitliche Einheit als eine immanent-intentionale Einheit sozusagen entnehmen oder sie darin konstituieren. Im Wesen alles absoluten Bewusstseins gründet das, somit auch im Wesen jeder vollzogenen Einheitssetzungen, jeder vollzogenen Wahrnehmungen. Auch sie schatten sich ab; auch hier gründet in diesem absoluten Fluss der Abschattung die ideale Möglichkeit neuer Auffassungen, die aus diesen Abschattungsmannigfaltigkeiten die zu ihnen gehörigen, sich in ihnen abschattenden Einheiten entnehmen, das sind die absoluten Wahrnehmungen zweiter Stufe. Für diese gilt dasselbe, usw. Gewissermaßen vor aller Einheitssetzung, d. i. aller Objektivation, liegt das absolute Bewusstsein. Einheit ist Einheit der Objektivation, und Objektivation ist eben objektivierend, aber nicht objektiviert. Alle nicht objektivierte Objektivation gehört in die Sphäre des absoluten Bewusstseins. Natürlich kann es objektiviert werden: Das geschieht unter dem Titel „reflektive Wahrnehmung“ bzw. „reflektive Retention“ und „Wiedererinnerung“. Aber dann vollzieht sich das eben in diesen Objektivationen höherer Stufe; und diese fassen das, was sie objektivieren, als identische Einheit und können es nicht anders fassen. Da das Leben des Bewusstseins im ewigen Fluss besteht und jedes Bewusstseinsmoment sofort von seiner Aktualität in den Fluss der Potentialität, nämlich der Abschattungen übergeht, so kann es nur gefasst werden in Form des in diesem Fluss identisch sich Darstellenden, d. i. des Zeitindividuums. So hat, möchten wir sagen, das absolute Bewusstsein die Form des Flusses, das objektivierte Bewusstsein aber ist einheitliches Objekt, ist individuelle cogitatio, ein Einheitliches der Zeit; objektiviertes Bewusstsein, wie individuelle Objektivität überhaupt, hat die Form der Zeit. Niemand hat diese tiefsten Probleme menschlicher Erkenntnis ergründet, ja ich möchte sagen, dass nicht einmal die Probleme als solche formuliert worden sind. Unverkennbar ist, dass wir nicht bei den ersten objektivierten Einheiten stehen bleiben können. Heben wir den so genannten immanenten Ton als adäquate Gegebenheit hervor, so ist es nicht Laune, sondern Notwendigkeit, auf eine zurückliegende Schicht zurückzugehen und die Weise, wie diese zeitliche Einheit zur Gegebenheit kommt, zu studieren, also dem Bewusstsein nachzugehen, in

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dem sein Gegebensein besteht, und zwar nach darstellenden Inhalten und Auffassungen. Unverkennbar ist, dass wir ebenso, wo immer wir von den cogitationes sprechen und sie nach ihrem eigentümlichen Sein studieren, wir damit zeitliche Einheiten der immanenten Sphäre zunächst vor Augen haben, und dass wir auch bei ihnen den Schritt zurück machen, also nach der Gegebenheitsweise fragen müssen, in der sie sich konstituieren. Man mag sagen, dass Zeitbewusstsein überall von einer gemeinsamen Gestaltung ist, dass diese Untersuchung also nicht für jede Sorte immanenter Objekte gesondert zu führen ist. Die Hauptsache ist, dass sie geführt werden muss und dass es zur Einsicht kommen muss, dass zeitliche Einheit nicht etwas Letztes ist, sondern nur in und mit einem eigentümlichen und wunderbar gebauten Bewusstsein sich intentional Konstituierendes. Rekapitulation einiger für das Verständnis wichtiger Punkte Die Ausführungen der letzten Vorlesungen sind, wie ich gehört habe, als sehr schwierig empfunden worden. Ich will nichts unversucht lassen, Ihnen volle Klarheit zu verschaffen. Die außerordentlichen Schwierigkeiten, die die Phänomenologie dem Anfänger bietet, beruhen vor allem auf der völlig neuen Einstellung, welche die Beschäftigung mit absoluten Selbstgegebenheiten voraussetzt. Es gehört ein eigenes intellektuelles Training dazu, um die natürliche Blickrichtung und die natürliche Weltbetrachtung auszuschalten, zu der uns sozusagen die Natur selbst erzogen hat, und stattdessen nicht bloß momentan, sondern dauernd die phänomenologische Blickstellung zu üben. Wir müssen da überhaupt erst sehen lernen, was wir zu sehen gar nicht gewohnt sind: die Welt absoluter Selbstgegebenheiten und die zu ihnen gehörigen Wesensgesetze. Wer wird hier nicht erinnert an das berühmte platonische Gleichnis von der dunklen Höhle,* in der der natürliche Sinnenmensch angekettet ist und in die nur matte Abschattungen der ihm unbekannten sonnigen Welt des ντως ν hineindringen. Befreit von seinen Fesseln und in diese Lichtwelt plötzlich eintretend, ist er zunächst so geblendet, dass er nichts zu unterscheiden, geschweige denn zu beschreiben und zu erforschen vermag. Alles verschwimmt in einem vagen blendenden Lichtnebel, und sein erster Eindruck ist der, die Schatten der dunklen Höhle, das seien die einzig wirklichen Gegenständlichkeiten, die Lichtsphäre sei aber eine Sphäre verworrenen und verwirrenden Lichtscheins. So geht’s dem Anfänger, wenn er in die ihm unbekannte und von ihm nicht geahnte Sphäre der phänome*

Platons Höhlengleichnis: Der Staat, 514 A ff.

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 167 nologischen Gegenständlichkeiten eintritt. Hier heißt es aber Geduld haben und nicht ablassen, bis das intellektuelle Auge das Neue sehen gelernt hat. Ich kann natürlich nicht daran denken, den ganzen Zug der bisherigen Betrachtungen zu rekapitulieren. Aber ich will eine Reihe von Punkten, die für das Verständnis entscheidend sind, von neuem und in möglichst primitiver und eindringlicher Weise erörtern. Ich knüpfe an die cartesianische Zweifelsbetrachtung an, die den naturgemäßen Weg darbietet, von der natürlichen Einstellung in die phänomenologische überzuführen. Die Natur, die Welt der Erfahrung steht uns vor Augen, wir nehmen sie wahr, und auf diese wahrgenommene und in weiterer Folge erinnerte bezieht sich das erkennende Denken des gemeinen Lebens und der Wissenschaft. Welche Zweifelsmotive in Bezug auf diese Welt bestehen, welche Bedenken die Möglichkeit einer Naturerkenntnis mit sich führen und uns veranlassen mag, die Existenz dieser Welt bzw. die Triftigkeit ihrer Erkenntnis in Frage zu stellen, brauchen wir jetzt nicht zu erörtern. Genug, wir entschließen uns, in der jetzigen Urteilssphäre das Sein der Natur auszuschalten, d. h. von nun ab davon keinen Gebrauch zu machen. Die cartesianische Betrachtung sagt: Schalte ich das Sein der Natur urteilsmäßig aus, so ist nicht alles Sein ausgeschaltet. Es bleibt das cogito übrig. Wir modifizierten. Wir sagten, das sum, das im cogito steckt, enthält noch ein naturhaftes Sein, das des Ich, der ich denke, nämlich als des Ich, das so wie sonstige geistige und körperliche Dinge in die Natur hineingehört. Es blieb dann übrig die bloße cogitatio: die aktuellen Erlebnisse des Vorstellens, Urteilens, Fühlens, Wollens. Wir dachten uns, dass auf diese in so genannter reflektiver Wahrnehmung hingeblickt wird, dass sie, diese lebendigen Akte, schauend erfasst würden. In dem Kontrast zwischen dem Naturgegebenen, dem Ding etwa, das wir sehen und das wir ohne weiteres als Wirklichkeit in Anspruch nehmen, und der erschauten cogitatio, etwa der Dingwahrnehmung, machten wir uns den Unterschied zwischen absoluter Selbstgegebenheit und jener Quasi-Selbstgegebenheit von Naturobjekten klar. Das Naturobjekt steht in der Wahrnehmung als leibhaft gegeben da, aber es ist darum gar nicht gesagt, dass es in Wahrheit in ihr leibhaft dastehe. Die Wahrnehmung des Naturobjekts schließt es ja nicht aus, dass das Objekt, z.B. ein Haus, das uns vor Augen steht, überhaupt unwirklich sei. Andererseits: Auf die Wahrnehmung des Hauses blickend, sagen wir: Das ist ein absolut zweifelloses Sein; dass sie nicht sei, das ist undenkbar, sie ist wirklich und wahrhaft selbst da. Zweifellos ist auch: Sie nimmt das Haus wahr, und das heißt, in ihr präsentiert sich ein Haus als selbst, als leibhaft da seiend. Aber dieses Präsentieren, das dem Charakter der Wahrnehmung

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einwohnt, ist nicht wirklich Dasein, wirklich leibhaft Gegebensein in und mit der Wahrnehmung. Anders steht es mit der reflektiven Wahrnehmung, in der wir eine cogitatio erfassen; z.B. wenn wir im Hinblick auf eine Wahrnehmung sagen, sie sei selbstgegeben. Und ebenso bei jeder cogitatio. Fühlen wir, und blicken wir auf das Gefühl hin, so ist das Gefühl in diesem wahrnehmenden Hinblicken nicht bloß als selbst da seiend präsentiert, sich gleichsam dafür ausgebend, sondern das Gefühl ist im absoluten Sinn selbst da, ist in und mit der Wahrnehmung in seinem Selbst- oder Leibhaftsein wirklich gefasst; ein Zweifel, ob es sich bloß präsentiere, sich sozusagen als leibhaftes Dasein ausgebe, während es in Wahrheit nicht sei, ist völlig ausgeschlossen. Da haben wir zugleich zweierlei Wahrnehmungen in Kontrast gebracht, die eine die Wahrnehmung von Transzendentem, die andere Wahrnehmung von Immanentem. Was bedeutet die Rede von Immanenz und Transzendenz? Betrachten wir das Verhältnis zwischen Wahrnehmung und Gegenstand beiderseits, so finden wir eben den Unterschied, dass wir zwar beiderseits mit Evidenz sagen können, die Wahrnehmung sei Wahrnehmung von dem und gerade dem Gegenstand, aber nur in dem einen Fall sagen können, in der Wahrnehmung, in ihr rein an und für sich genommen, sei der Gegenstand wirklich in seinem Selbstsein gefasst, in ihr selbst sei er wirklich da, sie fasse ihn wirklich und wahrhaft selbst; im andern Fall, etwa bei der Hauswahrnehmung: sie in ihrem Selbstsein umfasse ihn nicht wirklich in seinem Selbstsein, in ihr stelle er sich selbst dar, aber diese Selbstdarstellung sei nicht Selbstdasein in ihrem Selbstsein. Wir können auch so sagen: In jeder Wahrnehmung, allgemeiner in jeder Perzeption, ist das Intentionale charakterisiert als selbst da, im Gegensatz zur Phantasievorstellung, in welcher das Objekt in einem anderen Charakter erscheint. Das gilt also von der entlarvten Illusion ebenso wie von der Wahrnehmung. Die Perzeption ist Perzeption vom Objekt, besagt da nicht: das Objekt ist in der Perzeption, denn das Objekt ist überhaupt nicht, obschon es evident ist, dass die Perzeption Perzeption von ihm ist. Das Objekt in der Wahrnehmung von Immanentem ist aber im Sinne der Wahrheit in der Wahrnehmung, sie ist nicht bloß Wahrnehmung von ihm, sondern es ist in Wahrheit in der Wahrnehmung. Erfassen wir hier einen Unterschied zwischen bloß erscheinendem Sein, allgemeiner zwischen bloß Vorgestelltund Gedachtsein und Wahrhaftsein, und beachten wir, dass historisch gerade das bloß Vorgestelltsein als Immanentsein in der Vorstellung bezeichnet worden ist, so erfordert die Betonung des Immanentseins im Wirklichkeitsoder Wahrheitssinn ein unterscheidendes Wort. Nicht selten diente der terminologische Gegensatz von „ideell“ und „reell“ zu solchen Zwecken. Das

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 169 bloß Vorgestellte ist bloß ideell in der Vorstellung; sie stellt es eben bloß vor; das reell in etwas Seiende ist in ihm Wirklichkeit, ist selbst seiend, und seiend schlechthin bedeutet immer wahrhaft seiend. Sagten wir also, die reflektive Wahrnehmung einer cogitatio sei reell immanente Wahrnehmung, so sollte das heißen: In der Wahrnehmung ist die cogitatio nicht bloß im ideellen Sinn, nämlich sie sei nicht bloß Wahrnehmung von ihm, während es gar nicht zu sein brauchte und von ihr nicht in Wirklichkeit selbst gefasst sei, sondern eben das Gegenteil. Was das In-der-Wahrnehmung-Sein W sonst bedeutet, was dem Worte „in“ entspricht, das ist eine Sache für sich. Nur so viel dürfen wir, scheint es, sagen: Die Wahrnehmung, die sich immanent auf eine cogitatio, etwa auf einen lebendigen Schmerz richtet oder auf eine erlebte Hoffnung u.dgl., ist einerseits selbst Wirklichkeit und andererseits erfasst sie Wirklichkeit; und diese beiden Wirklichkeiten stehen in der Reflexion als so geeinigt da, dass eine Rede von „eins im andern“ gerechtfertigt ist. (Nicht ohne Anhalt gebrauchen wir ja all die bildlichen Ausdrücke wie: die Wahrnehmung fasst, hat das Wahrgenommene, und zwar wirklich, es hat es selbst in seinem wirklichen Selbstsein; das Gehabte ist im Habenden, und zwar reell, nicht bloß ideell.) All das, was ich ausgeführt habe, beschreibt gesehene Unterschiede. Es besagt aber nicht, dass hier phänomenologische Analyse zu Ende ist und hier nicht Probleme vorliegen. Wir haben nun auch allerlei reelle Analysen vollzogen, und zwar hinsichtlich der beiderlei Wahrnehmungen. Reelle Analysen, das besagt: Wir haben z.B. die transzendente Dingwahrnehmung vorgenommen und, sie in einen wahrnehmenden Blick hineinbringend, die Bestandstücke zu bestimmen gesucht, die aus ihr sich als reell immanente Gegebenheiten herausstellen ließen. Wieder ist der Sinn dieser Analysen aus der Art der Analysen selbst zu entnehmen, also auch die hier maßgebliche Rede von Bestandstücken. Gehen wir von einer Dingwahrnehmung zur Reflexion über, zu der Wahrnehmung, die sie zur Selbststellung bringt, so finden wir darin das, was wir Perzeption nannten oder die „Erscheinung“: physische Inhalte, so und so sich ausbreitend und einen Menschen darstellend. Studieren wir schwankende Auffassungen, Zweifelswahrnehmungen: „Ist das ein Mensch, ist das eine Puppe?“, so finden wir, dass sich dabei zur Abhebung bringen lassen physischer Inhalt und Charakter der Auffassung oder Darstellung. Nämlich, sehen wir uns reflektiv die miteinander streitenden Wahrnehmungen an, so finden wir oder können wir bei passend verstandenem Beispiel finden, dass die Farbeninhalte und sonstigen verwandten Inhalte beiderseits identisch bleiben; aber gleichwohl erscheint einmal eine Puppe, das andere Mal

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ein Mensch. In der unreflektierten Haltung liegt nichts weiter vor als ein eigentümlich charakterisiertes Umschlagen einer dastehenden Gegenständlichkeit in eine andere, also eine in die andere sich gleichsam umwandelnde. In der reflektierten Haltung finden wir: das sinnliche Material, der Komplex physischer Inhalte, Farben, taktile Inhalte u.dgl. beiderseits identisch dasselbe, aber beide in verschiedener Weise gleichsam beseelt. Ein Überschuss ist da, und dieser Überschuss ist es, der beiderseits das Plus der Erscheinung gegenüber der bloß da seienden Komplexion physischer Daten ausmacht. Die physischen Daten sind nicht bloß da, und zwar alle reell immanenten, in der Reflexion reell gegebenen Daten; sondern mit ihnen ist etwas gemeint, mit ihnen stellt sich etwas dar, und zwar einmal eine Puppe und einmal ein Mensch. Sie gelten gleichsam nicht für sich, sondern als Repräsentanten für etwas anderes, sie stellen dar, sie erfahren Auffassung, oder besser: sie sind Träger für Auffassung. All das besagt dasselbe, und all das soll absolut nichts anderes besagen, als dass eine gewisse eigentümliche Tingierung die physischen Daten beseelt und dass diese etwas toto coelo Verschiedenes ist von den physischen Daten, eben das, was sie zu Erscheinungen macht. Ich habe ausführlich darüber gesprochen und immer wieder betont, dass Darstellung nicht besagen soll, dass in einer äußeren Wahrnehmung erst der sinnliche Inhalt hingesetzt ist oder dasteht und dann etwas tut, nämlich darstellen, und ebenso, dass Auffassung nicht sagt, dass wir erst bloß sinnliche Inhalte, bloß physische Daten vor unseren Augen haben und dann etwas mit ihnen tun, eine auffassende Tätigkeit üben, sondern dass Auffassung absolut nichts anderes besagt als ein reell mit den physischen Daten einiger, sie beseelender, sie tingierender Charakter. Das Wort „beseelen“ sagt es ja schon. Es ist ein Seele gebender Charakter; aber nicht stehen wir da, tun ihm etwas, nämlich ihm Seele einhauchen. Nichts ist gemeint, als dass die Reflexion auf die Puppen- und mit ihr kämpfende Menschwahrnehmung reell vorfindet zweierlei Erscheinungen, zweierlei Perzeptionen, und dass an diesen reellen Vorfindlichkeiten ein Identisches zu finden ist, die puren physischen Inhalte, und ein eigentümlich Unterscheidendes, das nicht daneben liegt, sondern sie durch und durch beseelt, und dieselben Inhalte einmal so beseelt, dass das Ganze nun Erscheinung von Puppe und das andere Mal Erscheinung von Mensch ist. Und so können wir nun überall auf die physischen Daten in einer Wahrnehmung achten, natürlich reflektierend, und dann wieder auf den Charakter achten, der aus ihnen erst Erscheinungen macht, wobei das unvermeidliche Wort abermals nicht ein Machen im wirklichen Sinn bedeuten soll. Jedes Wort ist da gleich missverständlich. Nicht einmal „ergänzt“ können wir sagen, weil es sich nicht um ein bloßes Zusammensetzen von Teilen zu einem

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 171 Ganzen handelt, im Sinne wenigstens der gewöhnlichen Vorstellung von Ganzen. Auch1 Folgendes kann dienlich sein: Wenn eine Dingerscheinung nach ihrem Gehalt an eigentlicher Perzeption ungeändert bleibt, kann doch die mitaufgefasste Rückseite sich etwa erinnerungsmäßig näher ausgestalten. Der Gehalt an physischen Daten hat sich nicht geändert, geändert hat sich der Charakter der Auffassung, der Darstellung, der Repräsentation. Es handelt sich also um Momente, die zum Gehalt der Wahrnehmung selbst gehören und in der Reflexion als reell immanente Gegebenheiten dastehen. Noch eins: Die Erscheinung vom Ding mit all ihrem Bestand an sinnlichen Inhalten und Auffassungscharakteren ist der Wahrnehmung des Dinges, zu deren Bestand sie gehört, nicht in der Weise immanent wie der reflektierenden Wahrnehmung, die sich auf diese Erscheinung richtet. Die Wahrnehmung vom Haus ist keine Wahrnehmung von der Erscheinung des Hauses, keine Wahrnehmung von den physischen Daten, die in ihr Empfindungsinhalte sind, aber eben nicht wahrgenommene Inhalte. Andererseits ist beiderseits zu sagen: Es liegt reelle Immanenz vor. Der Hauswahrnehmung ist die Hauserscheinung reell immanent, aber auch der Wahrnehmung von der Hauserscheinung ist die Erscheinung reell immanent. Die Wahrnehmung von der Hauserscheinung bedeutet uns ja nicht ein Abstraktum, etwa ein in abstracto genommenes Meinen oder Gerichtetsein-auf, sondern das voll konkrete Phänomen, und da gibt es keine Trennung zwischen Wahrnehmung von der Hauserscheinung und der Hauserscheinung selbst. Ich2 habe in 1

Die folgenden vier Sätze wurden vermutlich später eingeklammert. Ursprünglicher, aber noch während der Vorbereitung gestrichener Text Nachdem all das klargelegt ist, möchte es mir doch scheinen, dass mein erst in dieser jetzigen Vorlesung von mir gewählter Terminus „reell immanente Wahrnehmung“ weniger gut passt als mein alter Ausdruck „adäquate Wahrnehmung“ im Gegensatz zu inadäquater, bloß abschattender Wahrnehmung, bloß darstellender. Die inadäquate Wahrnehmung, indem sie reell in sich bloß eine abschattende Darstellung des Gegenstandes, eine Erscheinung desselben nach einer bloßen Seite fasst, kann ihn nicht in Wirklichkeit selbst fassen, also reell in sich haben. In der Reflexion brachten wir uns verschiedene Wahrnehmungstypen zur adäquaten Gegebenheit (die also nach uns immer eine Seinsgegebenheit ist), und so beschrieben wir immerfort Gegenstände; Gegenstände, wirklich seiende und in ihrer Wirklichkeit gegebene Gegenstände von adäquaten Wahrnehmungen, sie evtl. in Beziehung setzend zu den bloß intentionalen Gegenständen, die in dieser Weise nicht als Wirklichkeiten immanent gegeben waren. Nun gingen wir zu einer neuen Schicht von Analysen über. Dieses Übergehen von niederen zu höheren Schichten ist ein wesentliches Stück der phänomenologischen Methodik. Die phänomenologischen Gegebenheiten wachsen gleichsam so wunderbar auseinander hervor, dass, was als ein Schlichtes und Geschlossenes in einer ersten analytischen Schicht sich gibt, in eine Mannigfaltigkeit von Gegebenheiten gewissermaßen auseinander geht, sowie man die tiefere Schicht betritt. Jede der erst gefundenen Gegebenheiten weist von einem tieferen Standpunkt auf Mannigfaltigkeiten von Gegebenheiten zurück, die so wesentlich auf sie bezogen ist, dass man das Bild von einem Zusammengehen der Mannigfaltigkeit zur Einheit oder einem sich 2

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diesen Vorlesungen für die Wahrnehmungen, die das Wahrgenommene reell und nicht bloß ideell, und dabei in unzweifelhafter Weise in sich haben, den Ausdruck „reell immanente Wahrnehmung“ gebraucht. In früheren Vorlesungen pflegte ich von adäquaten oder auch selbststellenden Wahrnehmungen zu sprechen1 im Gegensatz zu inadäquaten Wahrnehmungen, welche sich auf das Wahrgenommene durch bloße Abschattungen, durch bloße Darstellungen beziehen. In der Reflexion brachten wir uns verschiedene Wahrnehmungstypen zu solcher adäquat reell immanenten Gegebenheit, und so beschrieben wir immerfort wirklich seiende und in ihrer Wirklichkeit gegebene Gegenstände von adäquaten Wahrnehmungen, sie im Übrigen beständig in Beziehung setzend zu den erscheinenden, bloß intentionalen Gegenständen, die in dieser Weise nicht als Wirklichkeiten zu immanenter Gegebenheit kamen. Nun gingen wir in eine neue Schicht von Analysen über. Ein solches Übergehen von oberflächlicheren zu tieferen Schichten von Gegebenheiten wiederholt sich in der Phänomenologie immer wieder. Die phänomenologischen Gegebenheiten, die man zunächst zur Selbsterfassung bringt, wachsen gleichsam aus tieferen Seinsgründen hervor. Was in einer ersten Einstellung als ein in sich Einheitliches und Schlichtes dasteht und in der Analyse in ebensolche Einheiten geschieden wird, das geht gleichsam in einer neue Schichten erschließenden Einstellung in Mannigfaltigkeiten von Gegebenheiten auseinander. Freilich ist diese Rede vom Auseinandergehen der Einheit in Mannigfaltigkeit oder vom Sichkonstituieren der Einheiten in Mannigfaltigkeit nur eine bildliche. Aber alle sprachlichen Ausdrücke führen nun einmal ihre Bildlichkeit mit sich. Die tiefere Schicht gewinnen wir, sowie wir auf die Zeitlichkeit der in jeder Wahrnehmung leibhaft dastehenden Gegenständlichkeiten achten. Unser Begriff „Wahrnehmung“ ist dabei von vornherein so orientiert, dass das Wahrgenommene ein Individuelles ist. Das Individuelle ist notwendig Zeitliches; und zwar gehört zu ihm notwendig die Form der Dauer als seine Herausbilden der Einheit aus der Mannigfaltigkeit kaum vermeiden kann. Es ist aber ein Bild, und nicht mehr. Dazu kommt, dass der erste Aspekt gewiss notwendig Ungenauigkeiten mit sich bringt, ja direkte Fehler, wenn man die Zusammenhänge, die man in ihm gesehen hat, so interpretiert, wie sie fast unvermeidlich interpretiert werden müssen. Mit anderen Worten: was gesehen ist, ist natürlich gesehen und unzweifelhaft. Aber man muss erst lernen, die sprachlichen Ausdrücke rein nach dem wirklich Gesehenen orientiert zu halten, und wieder lernen, zwischen Gesehenem und nicht Gesehenem und doch Seiendem zu unterscheiden und es problematisch zu finden, ob die Interpretation des nicht Gesehenen nach Maßgabe dessen, was sich in der Wendung des wahrnehmenden Blickes darauf hin darbietet, ohne weiteres zulässig ist. 1 Vgl. Dingvorlesung 1907 (Hua XVI, 23 f.).

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 173 zeitliche Ausbreitung. Es ist dauernd. Und in dieser Dauer unterscheiden wir die Teilstrecken und abstraktiv die Zeitpunkte, und die Zeitpunkte sind erfüllte Zeitpunkte; in der erfüllten Dauer unterscheiden wir die Objektphasen, jede hat eine andere Fülle, bestenfalls eine gleiche, und einen anderen Zeitpunkt als Form. Das Objekt als dasjenige, von dem wir sagen, es sei während dieser Dauer dasselbe – z.B. ein Ton, von dem wir sagen, er dauere, und zwar während der Strecke seiner Dauer unverändert, während jener sich nach Qualität und Intensität verändernd –, ist eine Einheit, die durch alle Phasen hindurchgeht. Jede Phase hat einen anderen Inhalt und ist überhaupt eine andere. Im Falle der Veränderung sind sie nicht einmal gleich, aber es heißt: der Ton ändere sich und e r sei jetzt so, dann anders. Diese Einheit nannten wir Dingeinheit. Ebenso sprachen wir von Eigenschaften des Dinges als Einheiten; z.B. die Eigenschaft der Intensität des Tones verharrt zeitweise unverändert, und dann ändert sie sich wieder. Von Ding und Eigenschaft verschieden ist das kontinuierliche Ganze der erfüllten Dauer – wir sagten: der Tonvorgang, das lineare Kontinuum der tonal erfüllten Zeitpunkte. Das Gesagte gilt von jedem möglichen Wahrnehmungsobjekt, von jedem Individuellen, ob es transzendent ist oder immanent. Nun ist aber die Wahrnehmung eines Objekts selbst wieder ein individuelles Objekt. Demgemäß haben wir Phasen der Wahrnehmung und Phasen des Wahrgenommenen zu unterscheiden, und die einen sind auf die anderen zu beziehen. Es gilt da der Satz, dass jedem Jetzt der Wahrnehmung, also jedem ihrer Zeitpunkte oder -phasen, ein Jetzt des Wahrgenommenen derart entspricht, dass das eine und andere Jetzt identisch dasselbe ist.1 All2 das führt zwar zu Erweiterungen unserer früheren Analysen, aber doch nicht zu etwas unerwartet Neuem oder gar Rätselhaftem. Wir gerieten nun auf Neues, auf eine völlig neue und tiefste Rätsel bietende Schicht phänomenologischer Dabilien, indem wir darangingen, die Wahrnehmung eines individuellen Objekts näher ins Auge zu fassen. Offenbar bieten die reell immanenten Wahrnehmungen, in denen sich nicht eigentliche und uneigentliche Perzeption scheidet und in denen nicht physische Daten als darstellende Repräsentanten für nicht reell immanent gegebene gegenständliche Momente fungieren, den einfacheren Fall. Wir wollen also nur der Einfachheit halber reell immanente Wahrnehmungen, wenigstens zunächst, betrachten. Wir hatten gesagt, in ihnen seien physische Daten reell gegeben; sie sind nicht die bloß reellen Daten. (Die reell immanent fassende 1 2

Randbemerkung (später) Vgl. für das Weitere gleich 107 (= unten S. 176 f.). Randbemerkung Nicht sehr klar. Mündlich verbessert. Vgl. die folgenden Blätter.

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Tonwahrnehmung ist nicht bloß physisches Datum Ton. Denn wir lassen es zu und müssen es, scheint es, doch zulassen, dass ein Toninhalt Erlebnis ist, aber nicht gegenständlich dasteht als ein immanent Wahrgenommenes. Ist der Ton transzendent darstellend, z.B. aufgefasst in der Weise „Geigenton“, so ist mit dem physischen Datum als Beseelung verwoben diese darstellende Auffassung. Ist der Ton aber immanent wahrgenommen, so entfällt zwar diese transzendente Auffassung, aber etwas dieser Auffassung Entsprechendes muss auch jetzt vorhanden sein. Der Toninhalt fungiert nicht als Repräsentant für anderes, aber er fungiert selbststellend, er gilt gewissermaßen als er selbst. Dazu kommt auch das Moment der Aufmerksamkeit und der Seinssetzung, hier analog wie bei der äußeren Wahrnehmung. Das ist es, was wir da also zu unterscheiden haben.) Aber im Übrigen, wenn wir uns auf die pure Perzeption beschränken, so scheint es, dass wir nichts anderes finden, und evidenterweise nichts anderes als zur Perzeption gehörig bezeichnen können als eben: das den physischen Inhalt ergänzende spezifische perzeptionale Moment, das Selbstauffassungsmoment. Das scheint ein unterschiedloses Moment zu sein. Die Vielgestaltigkeit der transzendenten Auffassungen liegt darin, dass, wie wir festgestellt haben, dasselbe physische Datum transzendent in sehr verschiedener Weise aufgefasst sein kann. Das fällt hier aber fort. Was sollte es hier noch für Unterschiede geben? Nun haben wir jetzt allerdings in Erweiterung unserer früheren Betrachtungen die Zeitlichkeit des Wahrgenommenen mit in Rechnung gezogen, die wir früher ganz außer Acht gelassen hatten. Wie ist für diese Zeitlichkeit des Objekts innerhalb der Perzeption Rechenschaft zu geben? Es scheint nur so, dass der Charakter der Selbstauffassung, der das immanente physische Datum beseelt, von Moment zu Moment sich etwas modifiziert. Jedes Jetzt der Perzeption stellt ja nicht nur ein Neues vor, nämlich eine neue Phase des Tones, sondern ist selbst ein Neues. Aber diese Modifikation ist keine Modifikation, möchte man sagen. Die Selbstauffassung dauert eben, und in unterschiedloser Art; nur eben zeitlich sich extendierend fasst sie den stetig andauernden (evtl. inhaltlich unveränderten, evtl. inhaltlich sich ändernden) Ton. In der Tat, was finden wir in der Reflexion, wenn wir die Weise solcher reell immanenter Gegebenheit beschreiben sollen? Doch nichts als das Hinsehen auf den Ton, das Den-Ton-selbst-Nehmen, Auf-ihn-Achten, Ihn-Setzen, also nichts weiter als Modi der Setzung und Aufmerksamkeit, und sonst nur das Selbstnehmen als ein unterschiedlos über die Zeit des Tones sich Hinstreckendes.

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 175 Sehen1 wir jetzt auf den parallelen Fall der äußeren Wahrnehmung und nehmen wir etwa den Fall einer Hauswahrnehmung, so verhält es sich hier mutatis mutandis ebenso, nur etwas komplizierter. Der Dauer des Objekts Haus entspricht in der dauernden Wahrnehmung die dauernde Erscheinung. So gut wie das Haus ein dauerndes Objekt ist, auf das wir eingestellt sein können, können wir auch uns einstellen auf die Hauserscheinung, gewissermaßen das Hausbild. Jedem Zeitpunkt der Dauer des Hauses, das erscheint, entspricht ein Zeitpunkt der Dauer der Erscheinung, und speziell der eigentlichen Erscheinung, und damit verwoben der leeren Erscheinung. Dazu wieder die dauernde Setzung, die dauernde Aufmerksamkeit usw. Also was wir unter dem Titel „Wahrnehmungsanalyse“ geboten haben in der ganzen ersten Schicht von Betrachtungen, das war die Herausstellung einer eigentümlichen neuen individuellen Objektivität, die charakteristisch angedeutet ist, wenn wir das Wortepaar „Erscheinung“ und „Erscheinendes“ gegenüberstellen. Dabei hat die Erscheinung sozusagen eine phänomenologische Zusammengerafftheit im Vergleich mit den Momenten der Aufmerksamkeit. Überlegen wir: Wir sagen: „Der Ton steht da, das Haus steht da.“ Indem es aber dasteht, erscheint es, und die Erscheinung ist, und ist selbst eine individuelle Gegenständlichkeit; sie ist nicht wahrgenommen in der Wahrnehmung des Hauses, aber sie ist in ihr in gewisser Weise bewusst, sie muss da sein, in ihr erscheint erst der Ton bzw. das Haus. Ferner ist auch da das Moment Aufmerkenauf, aber in ganz anderer Weise wie die Erscheinung. Und wieder ganz etwas anderes ist der Modus der Stellungnahme als Glaube, Unglaube u.dgl. Die Erscheinung macht einen geschlossenen Kern, etwas gleichsam in sich Seiendes aus. Sehen wir nun von diesen letzteren Momenten und Modis ab und bleiben wir bei der Erscheinung stehen, so schien sie also den Kern der Wahrnehmung auszumachen. Und zweifellos, Wahrnehmung in einem gewissen Sinn ist wirklich nichts als jenes eigentümliche Haben von perzeptionalen Erscheinungen, in dem nicht sie, sondern ein Erscheinendes Objekt ist (abgesehen von jenem von uns ausgeschlossenen Charakter Aufmerksamkeit u.dgl.). Nun stoßen wir aber auf völlig neue Gegebenheiten dadurch, dass wir fragen: Wie kann die Wahrnehmung mit ihrer Erscheinung die Zeitlichkeit des Wahrgenommenen zur Gegebenheit bringen, und wie verstehen sich jene verschiedenen aufeinander bezogenen Gegebenheiten Ding, Eigenschaft, Vorgang? Kann das die Wahrnehmung, von der wir sprachen und die wir analysiert hatten? 1 Die drei folgenden Absätze wurden später durch Nullen als nicht mehr brauchbar gekennzeichnet.

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Wir überlegten: In jeder Phase, in jedem temporalen Punkt der Erscheinung erscheint eine Phase des Tones, des Hauses. In der Dauer der Hauserscheinung, der Tonerscheinung der dauernde Ton, das dauernde Haus. Nehmen wir diese beiden Gegenständlichkeiten: Erscheinung und erscheinendes Objekt, so ist in der Tat nichts weiter zu sagen. Und doch liegt eine Zweifelsfrage nahe. Populär gesprochen: Wenn im Moment, etwa dem aktuellen Jetzt, nur das Jetzt des Tones wahrgenommen wäre, wie könnte ich jetzt, in demselben Moment, etwas wissen von dem Gewesensein des Tones? Wenn das Ebengewesensein des Tones in den Abgrund der Vergessenheit fiele, wie könnte der Ton für mich, jetzt eben und so im Fortgang von Jetzt zu Jetzt, als dauernder dastehen? Das kann er doch nur, wenn er nicht nur in seinem Jetzt dasteht, sondern eine Zeitstrecke als seine von ihm erfüllte Dauerstrecke (zugleich mit dem Jetzt und in ihm) mir vor Augen steht. Und nun vollziehen wir ein neues phänomenologisches Schauen, und alsbald finden wir die vermisste Gegebenheit. Gewiss, wir können unseren Blick so einstellen, dass wir die Erscheinung des Hauses wahrnehmen und sie uns als eine ruhende und dauernde Erscheinung, immer wieder dieselbe und fortdauernde, dasteht. Wir können aber auch den Blick anders einstellen, und zwar so, dass wir darauf achten, dass im Jetzt faktisch (ja mehr als das, nicht faktisch, sondern unaufhebbar und wesentlich) das Nichtjetzt „bewusst“ ist. Freilich, dafür verwenden wir zunächst am besten Beispiele von sich verändernden Gegenständen, mit denen also Veränderungsvorgänge gewissermaßen mitgegeben sind. Wir hatten unsere Wahrnehmungsanalysen durch Heranziehung des Zeitmoments ergänzt, das individuelle Objekt, das wahrgenommen ist, hat seine zeitliche Ausbreitung, und die Wahrnehmung selbst hat eine solche, und beide decken sich in der beschriebenen Weise. Diese Heranziehung von Zeitlichung von Wahrgenommenem und Wahrnehmung schien zunächst nichts wesentlich Neuartiges, jedenfalls nichts Rätselhaftes und Unerwartetes herbeizubringen. Wir stoßen aber auf solches, wenn wir die Wahrnehmung eines zeitlichen Objekts näher studieren, oder genauer, wenn wir das Gesamterlebnis näher studieren, gewissermaßen das Wahrnehmen gegenüber der Wahrnehmung, das Erscheinen gegenüber der Erscheinung.1 1 Gestrichen Die „Wahrnehmung“ eines immanenten Objekts oder, um die Sache zu vereinfachen, die pure Perzeption, die pure Erscheinung, deckt sich mit dem immanenten Objekt selbst. Der immanente Ton ist der Gegenstand, die Tonperzeption, als „Erscheinung“ dieses Tones, ist der aktuell erlebte Ton als er selbst genommen. Vielleicht tun wir gut, das letzthin hierzu Gesagte etwas zu modifizieren und geradezu zu sagen: In der immanenten Objektsphäre

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 177 Nehmen wir die Wahrnehmung eines Hauses, so scheiden wir die Erscheinung des Hauses von der primär bevorzugenden Aufmerksamkeit und von der Ansetzung als Wirklichkeit. Was ist die Erscheinung des Hauses? Eine Objektität, und zwar eine dauernde Objektität. Und ihr Eigentümliches ist, dass sie in jedem Jetzt ist und zugleich Erscheinung vom Haus ist, und vom Jetztpunkt des Hauses ist. Indem die Erscheinung dauert, dauert eine Objektität, die das dauernde Haus zum Objekt hat. Wir können auf die Erscheinung in dieser ihrer Eigenart wahrnehmend gerichtet sein und auf sie achten. Wir blicken auf die erscheinende Hausseite etwa hin und dann auf die Weise, wie sie sich darbietet, und da fassen wir eine dauernde Objektität, die, wenn wir uns nicht bewegen, unseren Blick fixiert halten u.dgl., ein ruhendes Ding ist, ein unverändertes Identisches in der Kontinuität der Zeit. Wir haben e in Ding, ein „immanentes Ding“, das ein äußeres Ding vorstellt. Wir nennen dieses Ding eine Vorstellung, eine Anschauung, eine perzeptive Anschauung. Darin schieden wir: 1) sinnliche Daten. Aber das sind wieder Dinge, nämlich Dauereinheiten, immanente Gegebenheiten. 2) Mit Rücksicht auf die Möglichkeiten verschiedener Erscheinungen aufgrund desselben Gehalts an Empfindungsinhalten, d. i. an solchen immanenten Dabilien, unterschieden wir auch Charaktere der Auffassung, die aber selbst wieder Einheitscharaktere in der Zeit sind. Beschränken wir uns auf immanente Objekte, und zwar auf physische der Art wie Ton, so mussten wir korrekterweise sagen: Erscheinung und Objekt, immanente Tonerscheinung und immanenter Ton sind hier einerlei. Was ich letzthin gegen Schluss sagte, ist zu modifizieren. In der Einstellung, in der wir jetzt sind, kann nicht in der immanenten Wahrnehmung Inhalt und Auffassung unterschieden werden. Man muss hier sorgsam darauf achten, dass man nicht aus einer Einstellung in die andere verfällt, die wir erst nach höherer vollziehen sollen. Nun haben wir also immanente Gegebenheiten, die den Charakter von zeitlichen Objekten, von Dingen haben, und transzendente Gegebenheiten, die sich in immanenten Dingen vorstellen, in Erscheinungen von etwas, was sie nicht selbst sind. Wir machen einen Schritt weiter. Wir unterschieden Erscheinung von Erscheinen, wir unterschieden Wahrnehmung von Wahrnehmen. Wir sprachen oft von Reflexion: Dieses Wort gewinnt eine neue Bedeutung. Es zeigt sich, dass es vieldeutig ist. Reflexion kann den Übergang besagen von der Einstellung, in der wir das Haus sehen, zu der Einstellung, wo wir die fällt Erscheinung und Erscheinendes zusammen, nämlich wofern wir Erscheinung verstehen als die identische Objektität, die zeitlich ausgebreitet ist in jedem Jetzt.

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Hauserscheinung als einheitliche Gegebenheit haben. Reflexion kann aber auch die Einstellung besagen, in der wir den Übergang von dem einen oder andern zu einem Neuen, zum Wahrnehmen, zum Erscheinen, zum Vorstellen vollziehen. Das wird vielleicht einiges Kopfschütteln erzeugen. Wir reden, um es zu betonen, nicht von Tätigkeiten, wir sprechen von phänomenologischen Vorkommnissen, wir wollen etwas aufweisen, das sich sehr gut durch die gebrauchten Worte bezeichnen lässt. Die Erscheinung des Hauses (und ebenso die ganze Wahrnehmung desselben) war ein immanentes Ding, das als Einheit der Zeit dastand, zeitlich sich deckend mit dem Haus selbst, das da erschien, wie sich im Übergang vom einen zum andern evident erwies. Wie gelangen wir zu dem Neuen, das da Erscheinen heißen soll, und, voller genommen, das Wahrnehmen (auch Wahrnehmung genannt, aber dann Wahrnehmung in einem wesentlich neuen Sinn)? Wir stoßen darauf, wenn wir fragen: Wie bringt Wahrnehmung bzw. Erscheinung die Zeitlichkeit des Wahrgenommenen zur Gegebenheit? Setzt nicht Gegebenheit eines zeitlich dauernden Seins notwendig voraus, dass die Wahrnehmung, und speziell die Erscheinung in jedem aktuellen Jetzt, auch eine Strecke der gewesenen Jetzt zur Vorstellung bringe? Und kann die Wahrnehmung, die Erscheinung, von der bisher die Rede war, das leisten? Überlegen wir näher. Verstehen wir unter Erscheinung das, was wir vorhin scharf fixiert haben, so erscheint in jedem temporalen Punkt der Erscheinung eine Phase des erscheinenden Objekts, etwa des Hauses, und in der gesamten Erscheinungsdauer erscheint das dauernde Objekt in seiner ganzen Dauer. Nehmen wir diese beiden Dinglichkeiten Erscheinung und erscheinendes Haus, so ist in der Tat gar nichts weiter hinzuzufügen. Aber es ist doch eine Frage hier möglich, die wir populär zunächst so bezeichnen: Wenn ich in einem aktuellen Jetzt nur das Jetzt des Tones wahrnehmen würde, wie könnte ich in diesem selben Jetzt etwas noch davon wissen, dass der Ton eben gewesen sei? Aber wenn der Ton im Übergang vom Jetzt zum neuen Jetzt alsbald in den Abgrund der Vergessenheit oder Unbewusstheit fiele, wie könnte er jemals mir als dauernder gegenüberstehen? Das kann er doch nur, wenn er nicht nur in jedem Jetzt mit seinem Jetztgehalt mir vor Augen steht, sondern mir nach seinem vergangenen Inhalt vor Augen stehen bleibt, mit diesem eine Dauerstrecke erfüllend. In jedem Jetzt muss mir die Jetztphase des Tones als Endphase einer Vergangenheitsstrecke erscheinen, und diese muss mir also im Jetzt gegenwärtig sein. Und nun finden wir leicht die neue Einstellung, in der wir die neue Gegebenheit finden, welche der Titel „Erscheinen“, „Wahrnehmen“ andeuten sollte. Die frühere Einstellung bestand darin, dass wir auf die Erscheinung

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 179 des Hauses hinsahen, einmal als dauernde dingliche Objektität, die in der beschriebenen Beziehung zum dauernden Objekt Haus stand, einmal in der Beziehung, eben Erscheinung von ihm zu sein. Wir können aber den Blick auch anders einstellen, wir können es sehen und darauf achten, dass mit dem Jetzt der Erscheinung allerdings auch ihr Nichtjetzt, ihr soeben Vergangen, und zwar in einer stetigen Kontinuität von Vergangenheiten, bewusst ist und dass eben damit von aktuellem Jetzt zu aktuellem Jetzt immerfort die Vergangenheit des erscheinenden Objekts mit seiner Gegenwart einheitlich zur Erscheinung kommt. Am besten gehen wir, um das sichtlich zu machen, allerdings nicht so gut von unverändert erscheinenden Objekten aus, wie bei dem Hausbeispiel, sondern von sich verändernden und in sich verändernden Erscheinungen erscheinenden. Also z.B. ein Geigenton, der mit einem kratzenden Geräusch anhebt und mancherlei Veränderungen erfährt, oder ein Stück Melodie, ein visuell mit markanten Eigentümlichkeiten ausgestatteter visueller Vorgang u.dgl. Die Erscheinungen von diesen objektiven Vorgängen sind natürlich ebenfalls Vorgänge bzw. sich verändernde zeitliche Gegenständlichkeiten. Wir fassen nun eine bestimmte ausgezeichnete Phase der objektiven Veränderung ins Auge, etwa einen Ton der gesungenen Melodie. Diese Phase erscheint perzeptiv jetzt. Jeder Zeitpunkt der perzeptiven Erscheinung ist ein Jetzt, und aus lauter solchen Jetzt baut sich ihre Dauer auf, so wie aufseiten des erscheinenden Objekts dessen Dauer sich aus den Jetztphasen des Objekts aufbaut. Jene ausgezeichnete Phase der Melodie geht vorüber. Der Melodievorgang fließt weiter ab und ebenso seine Erscheinung. Angenommen, wir stehen in einem bestimmten neuen Jetzt, in dem ein bestimmter neuer Ton der Melodie zu neuer Perzeption kommt: Das frühere Jetzt mit dem früheren perzipierten Ton ist dahin; die Erscheinung, die ihn perzeptiv brachte, ist nicht mehr, so wie der Ton selbst nicht mehr ist. Aber im nunmehrigen aktuellen Jetzt ist die frühere Erscheinung nicht einfach dahin, nicht spurlos vergangen. Vielmehr ist eine Spur eben übrig. Und wie wir sogleich sehen, nicht bloß von der Erscheinung des ausgewählten früheren Tones, sondern von der ganzen abgelaufenen Tonreihe hinsichtlich ihrer Erscheinungen. Das können wir uns wirklich zum Schauen bringen. Statt im Melodiebewusstsein zu leben, achten wir auf den Gang der Erscheinungen und Erscheinungsabschattungen; wir merken, dass bei der Perzeption des zweiten Tones der erste, bei der Perzeption des dritten noch der zweite und weiter zurück noch der erste lebendig ist. N och lebendig ist aber nicht wirklich lebendig. Aktuell sind die perzeptiven Erscheinungen nicht da, sonst hätten wir ein Zusammen von wirklichen perzeptiven Erscheinungen,

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und darin erschiene notwendig ein gleichzeitiges Zusammen von Tönen. Die Töne aber stehen nicht wirklich da, nicht als wirklich perzipierte – nur vom Jetzt-Ton gilt das –, vielmehr erscheinen sie in Form bloßer Retentionen, in abgestufter Weise. Also wohl zu scheiden ist das objektive Nacheinander der Töne, wieder das objektive Nacheinander der Perzeptionen der Töne und die in irgendeinem herausgehobenen Jetzt, in Zusammenhang mit irgendeiner herausgehobenen perzeptiven Erscheinung gegebene Reihe abgestufter Tonretentionen, in denen Töne nicht als jetzt seiend, sondern als soeben gewesen, als noch lebendig, aber nicht wirklich lebendig gegeben sind. So finden wir verschmolzen mit jeder neuen Phase der Wahrnehmungserscheinung eine Kontinuität von abklingenden Retentionen, einen Kometenschweif von retentionalen Modifikationen, die sich auf das vergangene Jetzt der wahrgenommenen Gegenständlichkeit beziehen, in unserem Beispiel auf die vergangenen Töne der Melodie. Natürlich gilt dasselbe von jedem einzelnen Ton in sich selbst und seiner perzeptiven Erscheinung. Er dauert, und indem er als dauernd dasteht, gehört zu jeder Phase seiner perzeptiven Erscheinung die Serie von Erscheinungsmodifikationen, die sich auf die früheren Jetztpunkte in ihrer Kontinuität beziehen. In dieser Weise ist also in jedem Jetzt der Wahrnehmung bzw. der Perzeption nicht nur ein Jetzt (des Objekts) perzipiert, sondern es ist zugleich eine Vergangenheitsstrecke des Objekts mitbewusst, und nur so kann Dauer und kann ein Objekt als dauerndes und kann ein Vorgang wirklich als Vorgang dastehen. Das Mitbewusstsein der Vergangenheit ist ihr Bewusstsein durch das Medium der retentionalen Abschattungsreihen. Zu beachten ist, dass dieses Vergangenheitserfassen nichts Getrenntes ist von einem Erfassen der Gegenwart im aktuellen Jetzt: Das Jetzt des Dinges ist Jetzt in seiner Dauer, es ist Grenze der Dauer, eine immer neu aufflammende und wieder verlöschende, sich modifizierende Grenze. Das Jetzt ist nichts ohne das Gewesen und ist nur als Grenze des Gewesen, oder vielmehr einer Kontinuität von Gewesenheiten denkbar. So ist auch die Jetzterscheinung als solche nur denkbar als Grenze einer retentionalen Kontinuität von Erscheinungsmodifikationen, die ihrerseits in gewissem Sinn den Charakter von Erscheinung von Gewesenheiten haben. Inwiefern haben wir nun einen neuen Begriff von Wahrnehmung bzw. von Perzeption, perzeptiver Erscheinung? In der Tat ist es leicht zu sehen, dass der Begriff von perzeptiver Erscheinung, von dem wir ausgingen, nicht das mindeste von jenen Abschattungsreihen enthält, mit denen sich Wahrnehmung im neuen Sinn, nämlich im Sinn von Wahrnehmen aufbaut. Das Wahrnehmen ist der Fluss von Erscheinungsphasen und Mannigfaltigkeiten

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 181 von retentionalen Phasen, die so angeordnet sind, dass der linearen Reihe der Punkte der objektiven Dauer entsprechend, zu jedem solchen Punkt ein aktuelles Jetzt und die Kontinuität des Gewesen gehört, zu jedem aktuellen Jetzt eine perzeptionale Erscheinungsphase und ein Kometenschweif von retentionalen Abschattungen, die sich auf die Gewesenheiten beziehen. Und jedes Jetzt geht über in stetig neue Jetzt, d. i. dieser Fluss des Wahrnehmens besteht darin, dass jede perzeptionale Erscheinungsphase mit ihrem Kometenschweif sich stetig abschattet; das Jetzt in ein soeben Gewesen, das soeben Gewesen in ein früheres Gewesen. Und das alles besagt: Die entsprechenden Darstellungen schatten sich in gesetzmäßiger Weise ab; ein immerwährender Fluss. Dagegen ist die Wahrnehmung im ersten Sinn kein solcher Fluss, sondern ein immanentes Dauerobjekt, in dem sich nicht einmal etwas zu verändern braucht. Zum Beispiel die Hauserscheinung bei ruhendem Blick und unveränderter Körperhaltung ist eine dauernde unveränderte Erscheinung, und zu dieser gehört gar nichts von diesen Abschattungen, die das Erscheinen ausmachen. Wir können das auch so deutlich machen. Wenn wir einen Ton hören und von aller Transzendenz abstrahieren, so dass wir ihn als immanentes Objekt setzen, so ist er ein immanent Dauerndes und eine zweifellose Gegebenheit. Das ändert aber nichts daran, dass er sich „konstituiert“, d. h. dass diese Dauereinheit notwendig zurückweist auf ein Erscheinen, auf eine Kontinuität von Tonjetzt, die immerfort retentionale Modifikationen erfahren, und dabei so, dass mit jedem Tonjetzt, das eine Phase der Tondauer ausmacht, eine Kontinuität von Tonretentionen zumal gegeben ist. Und nun fließt jede solche Reihe mit ihrer Jetztgrenze sich stetig modifizierend weiter: Nur so kann Dauereinheit dastehen, und das esse dieses immanenten Tones ist ein esse, das in solchem Fluss von perzeptionalen und retentionalen Übergängen wesentlich gegeben ist und von ihm in seinem Sein unablösbar ist. Wenn wir nun eine äußere Wahrnehmung nehmen, so steht da etwa das Haus. Wir können nun erfassen die Hauserscheinung als ein immanentes Objekt, somit als die Dauereinheit, so wie jener Ton. Natürlich gilt von der Hauserscheinung wieder dasselbe. Sie weist zurück auf das Hauserscheinen, überhaupt auf kontinuierliche retentionale und perzeptionale Darstellungsreihen, in denen das Wahrnehmen des Hauses bzw. das Wahrnehmen der Erscheinung des Hauses besteht. Es ist nun klar, dass wir auf diese erweiterte Sphäre überall in der Phänomenologie Rücksicht zu nehmen haben. Jede aktuelle cogitatio – Hume würde sagen: jede Impression – machen wir zum Objekt, indem wir darauf

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hinblicken, indem wir es erfassen als ein Identisches der Dauer: als dieses so und so dauernde, unveränderte oder veränderte Gefühl, als dieses Urteil, als diesen Willen usw. Aber diese cogitationes sind Einheiten, die auf einen tieferen Untergrund von Mannigfaltigkeiten zurückweisen. Sie stehen im retentionalen Bewusstseinsfluss, in jeder Phase ihrer Dauer schatten sie sich ab, und in der Abschattung stellt sich Vergangenheit dar, ohne die Dauer nicht als Dauer sich konstituieren kann. Achten wir also auf die physischen Inhalte, welche den sinnlichen Kern perzipierter Erscheinungen von individuellen Objektitäten (Dingen oder Vorgängen) ausmachen, so finden wir in der jetzigen Blickstellung einen ewigen Fluss. Und nicht nur sie sind in einem Fluss, und nicht ist auch die Sache so zu verstehen, als ob sie sich bloß empfindungsmäßig modifizieren. Vielmehr gilt dasselbe von den Auffassungen. Jedem aktuellen Empfindungsjetzt entspricht seine Auffassung, die es zur aktuellen Perzeption ergänzt, und die ganze Perzeption, die ganze Erscheinung modifiziert sich und verliert den Charakter der Jetzterscheinung, der Erscheinung eines aktuellen Jetzt. Sie erhält den Charakter einer Erscheinung, in der sich Gewesensein vorstellig macht. Dabei entspricht der Ordnung dieser Modifikationen die Ordnung der Vergangenheiten, und ihrer Stetigkeit die Stetigkeit der mit dem aktuell perzipierten Jetzt miterscheinenden Dauer. Es ist nicht so, als ob das Wahrnehmen eines jeden Moments darin bestände, auf das so durch physische Inhalte Gegebene „hinzublicken“. Das Wahrnehmen eines jeden Moments nimmt weder den aktuell jetzt empfundenen Toninhalt wahr, der die Obergrenze der Abschattungsreihe ist, noch die ganze Abschattungsreihe. Dergleichen ist nicht das irgendwo in der Wahrnehmung des Tones Wahrgenommene, sondern kommt uns erst in der Reflexion auf diese Wahrnehmung zur Gegebenheit. Den Ton wahrnehmend steht nichts anderes da als der Ton, und zwar der Ton in seiner Zeitlichkeit; in jedem Jetzt steht da der jetzt seiende, aber zeitlich dauernde Ton. Das Jetzt ist ein bloßer Durchgangspunkt, und in ihm ist das Bewusstsein von dem Gewesensein nicht verloren gegangen; im Gegenteil: die Extension in die Vergangenheit steht vor dem Auge, die Tongegenwart ist Grenze einer linearen Kontinuität von Vergangenheiten. Der Abschattungszug nun einer speziell von uns bevorzugten vergangenen Tonphase, die im Jetzt mit dem Empfindungsjetzt des Tones verschmolzen ist, ist aber nicht jene Kontinuität der Vergangenheit, in der der Ton im Jetzt das fließende Ende bildet. Die Abschattungsreihe gehört zum Jetzt und ist keine Vergangenheit. Vielmehr so kommt das Vergangenheitsbewusstsein zustande, dass die im Jetzt erlebten physischen Nachklänge eine gewisse repräsentative Funktion tragen, dass

rekapitulation einiger für das verständnis wichtiger punkte 183 sie einen beseelenden Charakter haben, der ihnen gleichsam die Bedeutung von Repräsentanten für Vergangenes gibt. Doch das alles darf wieder nicht missverstanden werden. Es ist genau das zu beachten, was wir vorhin von Auffassung überhaupt sagten. Indem nun die Wahrnehmung fortdauert, also stetig ihr zeitliches Sein extendiert, gehört zu ihrem Bestand in jedem neuen Jetzt ein neues Tonempfindungs-Jetzt. In jedem stetig neuen Jetzt schattet sich aber der Inhalt des eben gewesenen Jetzt ab, in dem abermals stetig neuen Jetzt schattet sich die Abschattung wieder ab, ebenso wie sich das neue Empfindungsjetzt neu bildet und das eben gewesene Jetzt zum ersten Abschattungspunkt wird usw. Wir haben also einen stetig sich modifizierenden Fluss von Abschattungskontinuen, immer wieder im aktuellen Empfindungsjetzt sozusagen ein neues Licht aufsteckend, das aber alsbald verglimmt und schließlich verlöscht. Dieser Fluss im Bestand der physischen Inhalte ist aber beseelt von einem Auffassungsfluss, wodurch all diese physischen Mannigfaltigkeiten den Charakter von „Erscheinungen“ erhalten, nämlich von Erscheinungen eines Jetzt als Grenze einer Kontinuität von Vergangenheiten, und diese Erscheinungen fließen selbst stetig dahin, sie bringen ja mit jedem Jetzt Neues und die eben gewesene Erscheinung in allen Phasen stetig Modifizierendes. In diesem Erscheinungsfluss waltet aber eine eigentümliche Einheit, nicht bloß überhaupt Einheit einer Kontinuität, sondern durch all die neuen und neuen Abschattungen in ihrer Folge geht hindurch Auffassungseinheit, die es macht, dass wir überhaupt davon sprechen können, dass eine und dieselbe Tonphase im Fortgang der Wahrnehmung sich immer weiter abschattet derart, dass die immer neuen Abschattungen Abschattungen derselben Zeitphase des Tones sind und bleiben. Einheit des Bewusstseins, von der erkenntnistheoretisch so viel die Rede ist, das ist stetige Einheit der Auffassung, in der bei allem beständigen Wechsel des reellen Inhalts Einheitliches, Identisches intentional dasteht. Die in der Tonwahrnehmung erscheinende Einheit ist eine lineare, die Tondauer bzw. der Ton in der Dauer. Das Tonbewusstsein, d. h. die Tonwahrnehmung ist aber nichts Lineares, sondern eine Kontinuität von Kontinuis, und nur in einer solchen kann Bewusstsein von Dauer bestehen. Ich achte auf das Tonjetzt und sage: Diese Tonphase sinkt in die Vergangenheit, sie ist gewesen und ändert sich inhaltlich nicht. Andererseits sage ich: Der jetzt gegebene Empfindungsinhalt schattet sich ab und ändert sich. Im einen Fall habe ich die Phase des Tones als Punkt der Tondauer, das andere Mal habe ich das Tonmoment als darstellendes Moment des Tonpunkts in seiner Abschattungsreihe.

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Jetzt blicke ich auf die „Inhalte selbst“, auf die immer neuen hin; sie bilden eine Abschattungskontinuität, die immer wieder eine neue ist und Neues bietet. Da habe ich eine neue Objektität. Ich lasse etwa den Toninhalt dahinschwinden, sich abschatten. Ich blicke dann hin auf die Abschattungsreihe. „Ich halte sie fest.“ Sie schwindet selbst dahin, aber ich nehme sie als Einheit (ähnlich wie den Ton), und in dieser Einheit habe ich ein Kontinuum. Ich „wiederhole“ diese Einheit in der Wiedererinnerung. Ich „durchlaufe“ sie. Dieses Durchlaufen kann ich hier vollziehen wie bei jeder Kontinuität, und bei jeder führt das zur Rede von Veränderung. In der konstanten Farbenkontinuität „ändert sich die Farbe“. Nämlich durchlaufe ich sie, dann habe ich Koexistenz in Sukzession übergeführt und dabei das analoge Phänomen wie bei einer zeitlichen und echten Veränderung. Da gibt es Problem über Problem. Beilage: Das Erscheinen ein Vorgang ebenso gut wie die Erscheinung. Das Erscheinen ist notwendig ein Veränderungsvorgang. Der Ton ist eine Einheit, die Tonabschattungsreihe ist auch eine Einheit, und zwar eine Veränderungseinheit, eine sich verändernde. Wie ist es nun. Führt diese Einheit „Tonerscheinen“ ebenso wie die Einheit „Ton“ wieder zurück auf ein Erscheinen? Das Tonerscheinen ist der stetige Abschattungsverlauf. Der Vorgang des Tonerscheinens besteht doch aus Zeitphasen. Müssen diese nicht in Retention zurückbehalten werden? Indem Abschattungsreihe auf Abschattungsreihe folgt im kontinuierlichen Fluss, so muss in jedem neuen Jetzt die verflossene Reihe sich doch „erscheinungsmäßig darstellen“, und so in infinitum. 1. Ton dauernd, das Haus dauernd dastehend. 2. Die Erscheinung des Hauses, gleichstehend mit: dauernder immanenter Ton. 3. Das Erscheinen des Tones. Das Erscheinen des Hauses. Das Erscheinen der Erscheinung des Hauses.

Schlussbetrachtung: Wahrnehmung als Erlebnis Das wunderbare Problem: wie „bloße Erlebnisse“ zur Gegebenheit kommen. Wahrgenommen können sie nicht werden. NB wahrgenommen im gewöhnlichen Sinn. Woher weiß ich von ihnen? Woher weiß ich, dass ich auf meine Wahrnehmung, die vordem nicht gegenständlich war, „reflektiere“? Doch nur eben durch die Reflexion, die das Wahrnehmen von A als eben gewesenes erfasst, und so erfasst, dass es als das gegeben ist. Freilich, von dieser Reflexion kann wieder nur Reflexion Auskunft geben, und ebenso von dem Bau des Zeit konstituierenden Bewusstseins, das die Einheit jener Gewesenheit erfasst.

schlussbetrachtung: wahrnehmung als erlebnis

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Was ist das Wunderbare am Zeitproblem? Einmal muss ich sagen: Die Wahrnehmung des Hauses „enthält“ reell die Erscheinung des Hauses, die „Empfindungsinhalte“ und die „Auffassungzu“. „Reflektierend“ finde ich die Hauserscheinung vor, sie ist da, auch ohne dass ich auf sie meinend gerichtet war. Meinend bin ich gerichtet auf etwas, das „nicht da ist“, auf das Haus. Das letztere Meinen ist etwas, das das „Haben“ der Erscheinung voraussetzt, einmal ist sie gehabt und durch sie hindurch das Haus das Objekt (das Gemeinte), das andere Mal ist ein Schauen auf sie gerichtet, das selbst den Charakter des Wahrnehmens hat, und zwar des wahrnehmenden (aufmerkenden) Meinens. Die Erscheinung ist „da“, sie ist in der konkreten Einheit der Wahrnehmung des Hauses da. Sie ist dauernde Erscheinung, „so lange“ dauernd als die Wahrnehmung des Hauses, unverändert bleibend oder sich verändernd, je nachdem die Hauswahrnehmung einmal ist. Wie ist die Erscheinung „da“ reell immanent in der Wahrnehmung? Ist die Wahrnehmung das pure Erlebnis, und ist die Erscheinung in der Wahrnehmung ein Teil des puren Erlebnisses, d. i. „erlebt“, aber nicht wahrgenommen? Ist nicht die Wahrnehmung, die die Erscheinung reell enthält, eben die Erscheinung selbst mit dem wie sie dauernden, sie eigentümlich charakterisierenden Charakter der Setzung, der Aufmerksamkeit etc.? Das Ganze ein Einheitliches der Dauer, ein „immanent Seiendes der immanenten Zeit“? Gibt es noch anderes? Kann cogitatio etwas anderes sein als solch ein immanentes Zeitobjekt, das in Beziehung steht zu einem eventuell „transzendenten“ Objekt in der transzendenten Zeit? Nun wird auf einmal noch eine Objektität sichtbar. Ich achte auf die Erscheinung, und dann wende ich in gewisser Weise den Blick und merke die Abschattungen. Zu jedem Jetzt der Erscheinung (und der ganzen Wahrnehmung im einheitlichen Sinn, also Setzung etc.) gehört ein Abschattungszug, und zur dauernden Erscheinung eine Kontinuität von Abschattungszügen; jeder hat einen Höhepunkt im aktuellen Erscheinungsmoment, in dem, was den „Inhalt“ des Jetzt hergibt und es präsentiert. Das Übrige stellt die vergangenen Inhalte, die Inhalte der Gewesenheiten dar. Die Abschattungszüge haben eine Kontinuität, und durch diese Kontinuität hindurch waltet „Einheit“, „Einheit des Bewusstseins“; alle „entsprechenden“ Punkte der Abschattungszüge stellen dasselbe dar, denselben Zeitpunkt der Dauer. Diese Abschattungskontinuität, diese Kontinuität von vereinheitlichten Abschattungsreihen ist Wahrnehmung in einem neuen Sinn, nämlich Wahrnehmung nicht als Einheit, sondern Wahrnehmung als „Erlebnis“, als letztes

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die speziellen wahrnehmungsanalysen

Bewusstsein. Dieses schließt nicht die Erscheinung reell in sich. Kann man von dieser noch im eigentlichen Sinn sagen, sie dauere, sie sei in der Zeit? Also zwei „Wahrnehmungen“ unterscheiden sich. Die eine ist die Perzeption als Einheit, als Dauerndes: die einheitliche cogitatio, die andere ist das Perzeptions„erlebnis“ im letzten Sinn, das absolute Bewusstsein, in dem sich alle Einheit konstituiert, das aber selbst nicht Einheit ist. Es ist ein Fluss. Ist dieser Fluss nicht Zeit? Wenn ich auf das Rollen des Wagens achte, so achte ich auf den „objektiven Vorgang“. Achte ich auf die Mannigfaltigkeit der absoluten Empfindung mit ihren Abschattungen (der Repräsentanten für die einheitlichen Empfindungen und die Empfindungsgewesenheiten als reell immanente Inhalte der einheitlichen Perzeption) oder achte ich auf die Mannigfaltigkeit der Abschattung der Erscheinung, um das voll zu nehmen, so entspricht jedem Jetzt eine Abschattungsreihe. Ich sage aber, diese sei jetzt, sie bilde das Jetzt der Wahrnehmung in Hinsicht auf ihren Erscheinungsgehalt. Was heißt das? Habe ich da eine Dauer? Habe ich da eine objektive Zeitreihe? Ich folge dem Abschattungszug, oder vielmehr ich erhasche einen Abschattungszug (retentional im Aktualitätspunkt terminierend) und „er“ sinkt zurück, er modifiziert „sich“, ein neues Jetzt, ein neuer Aktualitätspunkt ist da mit einer modifizerten Abschattungsreihe usw. Das volle Jetzt ist der Abschattungszug mit dem Höhepunkt, und der Fluss ist eine Einheit, und zwar eine zeitliche Einheit, möchte man sagen, in der eine Veränderung statthat. Ein ständiges Sichverändern, ein Erstrahlen und Verflammen hinsichtlich der Höhepunkte, ein Sichmodifizieren hinsichtlich des ganzen Abschattungszuges, der Abschattungsschwärze; der Kometenschweif wird immer wieder anders. Es scheint also, dass wir es mit einer gewöhnlichen Zeitreihe zu tun haben. Der Ton in seiner Bewegung oder ein Rollen des Wagens weist zurück auf einen Fluss von Abschattungsreihen. Erste Zeitreihe: die des Rollens. Zweite Zeitreihe: die der Erscheinungsabschattungen. Dann geht es weiter. Dritte Zeitreihe: die der Erscheinungsabschattungen zweiter Stufe. Denn ich habe in jedem Jetzt eine Erscheinungsabschattung: objektiv also eine Kontinuität, eine lineare Zeitreihe von Erscheinungsabschattungen. Aber jede Erscheinungsabschattung, die früher gewesen ist, ist jetzt repräsentiert durch eine Abschattung von ihr, und so in infinitum. Ich habe unendlich viele Zeitreihen. Natürlich, zu sehen ist davon nichts. Es muss also doch wohl eine Konstruktion sein. Oder handelt es sich um ideale Möglichkeiten, wie die Unendlichkeit der möglichen „Reflexionen“? Ja, ist das Problem der unendlich viel möglichen Reflexionen nicht au fond

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dasselbe Problem? Jede Reflexion scheint doch ein Objekt zu setzen, ein individuelles Objekt, ein zeitliches. Lösung. 1) Es ist ein absoluter Fluss von Erlebnissen. Das heißt, jedes „aktuelle“ Erlebnis schattet sich ab, und die Abschattungen „erhalten sich“ im Zusammenhang mit den neuen aktuellen Erlebnissen und schatten sich mit ihnen ab. Kurz, alles Seiende schattet sich ab, und die Abschattungen bilden eine ewige Kontinuität. Der absolute Fluss. 2) Es besteht die ideale Möglichkeit einer Wahrnehmung als immanenter Wahrnehmung. Sie setzt in einen Fluss Einheit, d. h. sie „erkennt“ in einem Abschattungsfluss eine Dauereinheit. 3) Die Wahrnehmung ist selbst ein Erlebnis und schattet sich ab, und sie kann verschieden orientiert sein. Ich kann auf das Jetztdarstellungsmoment achten, und dann habe ich die Tonreihe. Ich kann immer im Jetzt auf die gesamte Abschattung des Tones achten, dann habe ich die Reihe der Abschattungen in ihrer Zeitfolge. Ich kann auf die Abschattung der Abschattung achten, dann habe ich die Reihe der Abschattung zweiter Stufe. Es scheint nicht, dass es weitergeht. Alles aber sind ideale Möglichkeiten, die in der absoluten Beschaffenheit der Abschattungskontinuität gründen. Es ist ein Strom. Beilage 1: Der dauernde Ton. Der Vorgang des Dauerns des Tones (unverändert und verändert bleiben). Die Wahrnehmung des dauernden Tones selbst ein Dauerndes bzw. ein Vorgang. Jedem Jetzt der Wahrnehmung entspricht ein Jetzt des Tones, dazu das sich zeitlich Abschatten des Tones. Reell in der Wahrnehmung enthalten das Abschattungskontinuum. Zu jedem Jetzt(K) gehört das Abschattungskontinuum A(K). Die Wahrnehmung analysieren wir in der reflektiven Wahrnehmung W2 so, wie wir den Ton analysieren (die Tondauer, den Tonvorgang in der schlichten Wahrnehmung W1). Analysieren wir also W1, so finden wir darin die Phasen der Wahrnehmung. Jede Phase hat ihren Zeitpunkt, und jede hat das in sich, was er im Jetzt, wenn es aktuell, in sich hat. So wie der Ton in jedem Punkt der Dauer das ist, was er im jeweiligen Jetzt (aktualisierten Zeitpunkt) ist. W2. Betrachten wir jetzt die Wahrnehmung der Wahrnehmung = W2 (die wir natürlich in W3 erfassen), so sagt uns das W3, dass diese Wahrnehmung von der Wahrnehmung (W2) selbst wieder ihre zeitliche Dauer hat, dass jedes Jetzt derselben das W1 als Grenze einer Abschattungsreihe enthält, dass also in der Wahrnehmung von der Wahrnehmung wir eine Kontinuität von Abschattungskontinuitäten haben, deren jede in einem W(K), in einem Jetztpunkt terminiert. So kommen wir auf einen unendlichen Regress. Der Ton fließt ab, der Tonvorgang ist eine Kontinuität von Tonphasen. Reell bewusst ist aber nicht bloß eine Kontinuität von Tonempfindungen (jedem ZeitpunktK der Dauer entsprechend das Tonjetzt, verstanden als Tonempfindung

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dieses Jetzt), sondern eine Kontinuität von Tonabschattungen, deren jede in jener Tonempfindung ek terminiert: evtl. zugleich eine Auffassungskontinuität. Diese Kontinuität ist aber wieder eine zeitliche Kontinuität. Also jede Abschattungsreihe schattet wieder ab, und auch das ist reell bewusst. Und so in infinitum. Es scheint also ein unendlicher Regress unausweichlich. Soll man sagen, er wird dadurch vermieden, dass zwar der Ton sich konstituiert, und indem er es tut, ein Bewusstsein von der Dauer des Tones statthat dadurch, dass eine „Weile lang“ Tonabschattungen sich an den Jetztton immer wieder anschließen und dass noch einen Schritt weiter Reflexion darauf möglich ist, nämlich auch diese Tonabschattungen sich abschatten, dass das aber nicht in infinitum fortgeht? Das hieße: Wir kommen auf eine letzte Abschattungsreihe, die nicht mehr ein Zeitbewusstsein begründet, das aber idealiter möglich ist, sofern es idealiter möglich wäre, dass auch diese Reihe sich abschattet und dann ein Zeitbewusstsein ermöglichte. Es verhält sich mit dieser sozusagen tiefen Unendlichkeit ebenso wie mit der linearen Unendlichkeit: Das Bewusstsein, das vom Jetztton übrig bleibt, schattet sich ab, aber nicht wirklich in infinitum. Obschon idealiter dergleichen möglich wäre. Wäre das befriedigend? Und was wäre nun das Letzte? Ein letzter Fluss von physischen Inhalten und Inhaltsabschattungen, ein Zeitfluss? Zur absoluten Gegebenheit wäre er nicht zu bringen. Denn wäre er es, könnte er gegeben sein als eine Zeitreihe, so müsste ein Fluss hinter diesem Fluss noch liegen, gegen die Voraussetzung. Ist es notwendig, einen letzten Fluss anzunehmen, so ist zu fragen: Kann er überhaupt noch Fluss heißen? Wir sagen: Die Toninhalte schatten sich ab, das ist: Nicht die bloßen Tonempfindungen bilden eine Reihe, sondern diese mit den anhängenden Tonabschattungen. Diese Reihe ist aber gedacht als zeitliche und weist sich aus in der reflektiven Wahrnehmung. Wenn sich nun auch die Tonabschattungen noch einmal abschatten, so ist auch das wieder zeitlich gedacht. Wenn nun aber eine Reihe die letzte ist, so ist sie gedacht als Zeitreihe. Aber gegeben kann sie als das nicht sein in einer Wahrnehmung. Das gibt also immer wieder eine Schwierigkeit. Sollen wir das als Evidenz in Anspruch nehmen: Zum Wesen der Wahrnehmung einer Einheit gehört (als Einheit einer Zeit) es, dass die Einheit sich nach jedem Zeitpunkt durch Abschattung darstellt. Ist die zeitliche Einheit eine immanente, so besteht ihre Immanenz darin, dass sie einheitlich Erschautes und Gesetztes ist einer Kontinuität von Abschattungsmannigfaltigkeiten. Das immanente Ding und der immanente Vorgang ist nicht in dem Sinn reelles Stück des Bewusstseins, dass das Bewusstsein eine Hülle ist, die ihn in sich hat, sondern so, dass er Einheit der Auffassung ist, die sich in einer Bewusstseinsmannigfaltigkeit konstituiert. Sein esse ist sein percipi in dem Sinn, als sein Sein nichts ist denn ein als Einheit Gesetzt- und Wahrgenommensein, wobei das Wahrnehmen ein wunderbar gebautes Kontinuum ist. Soweit Wahrnehmen, soweit cogitatio noch zeitlich ansetzbar ist, soweit werden wir auf zurückliegende Kontinua verwiesen. Aber endlich und letztlich ist ein Kon-

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tinuum dasjenige, hinter dem keines mehr liegt, und so löst sich schließlich das Bewusstsein in ein absolutes Bewusstsein auf, das Träger aller Zeitauffassung ist, aber selbst nicht mehr zeitlich aufgefasst und auffassbar ist. Wir können dann noch von einem Fluss sprechen, aber nicht mehr von einer Zeitlichkeit der Folge, die zu haben wäre. Freilich, besteht nicht die ideale Möglichkeit, immer einen Hinterfluss unterzulegen und somit von Zeitlichkeit zu sprechen? Jedenfalls kommen wir auf ein absolutes Bewusstsein. Beilage 2: Der Ton fließt ab, der Tonvorgang ist eine Kontinuität von zeitlichen Tonphasen. Reell bewusst ist nicht bloß die Kontinuität der Tonempfindungen, und zwar reell bewusst im Nacheinander der Tonwahrnehmung, sondern eine Kontinuität von Abschattungen der Tonempfindungen, deren jede in dem betreffenden ZeitpunktK in der Tonempfindung dieses K tK terminiert. Diese Kontinuität von kontinuierlichen Empfindungsabschattungen, oder besser: von Abschattungsreihen, ist selbst wieder zeitliche Kontinuität. Auch sie ist reell bewusst in Form von Abschattung. Im Jetztpunkt K ist reell bewusst eK, näher eine Empfindungsabschattung, eine Reihe, die in eK terminiert: ...[eK]...eK. Zugleich ist dies selbst wieder Grenze, nämlich in retentionaler Weise ist nicht bloß für ein früheres K’ das modifizierte [eK’] bewusst, sondern auch die zu ihm gehörige Abschattungsreihe ...[eK’].....eK’, aber in eingeklammerter, d. i. abgeschatteter Form. Es scheint also, dass wir dem unendlichen Regress nicht ausweichen können. Beilage 3: Die darstellenden Empfindungen lösen sich phansiologisch auf in Mannigfaltigkeiten, in welchen sie sich als Einheiten konstituieren, und so können wir sagen: Die cogitationes überhaupt, und so speziell die Dingperzeptionen, führen in phänomenologischer Analyse zurück auf einen bestimmt gearteten Fluss des absoluten Bewusstseins, aus dem sich zunächst die immanenten Einheiten entnehmen lassen, auf die die phänomenologische Analyse zunächst führt, nämlich die Einheiten, die wir physische Inhalte und Auffassungen, überhaupt Bewusstseinscharaktere nennen. Aber alles, worauf uns erste phänomenologische Analyse führt, steht unter dem Gesetz des Bewusstseinsflusses; alles, was wir als reelle Immanenz ansetzen, ist Einheit, welche in einer wunderbar eigentümlichen Weise sich in einer Mannigfaltigkeit von Abschattungen darstellt. Zum Unterschied sprechen wir einerseits von darstellenden Empfindungen wie bisher, wir sagen: Die objektiven Eigenschaften in ihrer Dauer unverändert stellen sich dar, schatten sich ab in den darstellenden physischen Inhalten. Diese fassen wir immer als die Einheiten. Andererseits aber sagen wir, jeder physische Inhalt konstituiere sich seiner immanenten Zeit und seinem immanenten Zeitgehalt nach in seiner Mannigfaltigkeit von Fluxionen. Wir nennen also Empfindungsfluxionen, ebenso Erlebnisfluxionen jene ganz andersartigen Abschattungen der Mannigfaltigkeit. Die Erlebnisfluxionen machen die absoluten Erlebnisse, das absolute phansiologische Sein aus. Die1 immanente Einheitsauffassung, in der die phansiologische Einheit als Einheit dasteht (ich schaue etwa hin auf den immanenten Ton), ist natürlich ein wesentlich 1

Dieser Absatz wurde später mit einem Fragezeichen versehen.

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verschiedener Typus von perzeptiver Auffassung gegenüber der Einheitsauffassung, die das Ding wahrnimmt; und wieder ein wesentlich verschiedener Typus ist die Erfassung der Mannigfaltigkeit, der Fluxionen und der fließenden Stetigkeit derselben. Ich achte nicht auf den Ton, der da dauert, sondern auf das fließende „Tonphänomen“, auf den Jetztcharakter mit all den Abklingungsphänomenen, jedes ein neues, soweit es unterschieden werden kann. Freilich haben wir da ein Problem: Diese werden selbst zeitlich geordnet und haben wieder ihre Zeit. Hier sind überhaupt ungeheuere Schwierigkeiten der Analyse zu überwinden.

NACHWEIS DER ORIGINALSEITEN

In der linken Kolonne findet sich die Angabe von Seite und Zeile im gedruckten Text, in der rechten Kolonne die des Manuskriptkonvoluts und der Blattzahlen im Manuskript nach der offiziellen Signierung und Nummerierung des Husserl-Archivs. 3, 5 – 32, 22 32, 24 – 99, 36 100, 4 – 125, 1 125, 1 – 125, 16 125, 17 – 126, 15 126, 16 – 141, 31 141, 32 – 148, 26 148, 27 – 152, 2 152, 3 – 187, 19 187, 20 – 188, 25 188, 26 – 190, 8

F I 18 F I 17 FI7

4–24 4–54 2–18 20 19 20–31 35–40 32–33 41–69 73 70–72

NAMENREGISTER

Aristoteles, 9 Brentano, F., 13, 102, 126, 128 Descartes, 32, 42, 44–50, 56, 61, 63, 66, 71, 74, 75, 78–80, 83, 84, 167 Galilei, 101 Helmholtz, H. (von), 5, 18 Heraklit, 76 Hering, J., 5 Hume, 4, 101, 181 Kant, 7, 51, 97, 128

Locke, 7, 12, 101, 107, 120 Maxwell, J. C., 18 Mill, J. St., 20, 31 Müller, G.E., 143 Müller, J., 4, 5 Platon, 166 Purkinje, J. E., 5 Sextus Empiricus, 46 Sigwart, Ch., 20 Weber, E. H., 5

Husserliana EDMUND HUSSERL MATERIALIEN

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Logik. Vorlesung 1896. Hrsg. von Elisabeth Schuhmann. 2001 ISBN 0-7923-6911-4 Logik. Vorlesung 1902/03. Hrsg. von Elisabeth Schuhmann. 2001 ISBN 0-7923-6912-2 Allgemeine Erkenntnistheorie. Vorlesung 1902/03. Hrsg. von Elisabeth Schuhmann. 2001 ISBN 0-7923-6913-0 Natur und Geist. Vorlesungen Sommersemester 1919. Hrsg. von Michael Weiler. 2002 ISBN 1-4020-0404-4 Urteilstheorie. Vorlesung 1905. Hrsg. von Elisabeth Schuhmann. 2002 ISBN 1-4020-0928-3 Alte und neue Logik. Vorlesung 1908/09. Hrsg. von Elisabeth Schuhmann. 2003 ISBN 1-4020-1397-3 ¨ Einfuhrung f¨ in die Phanomenologie der Erkenntnis. Vorlesung 1909. Hrsg. von Edmund Husserl und Elisabeth Schuhmann. 2005 ISBN 1-4020-3306-0

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