Literarisches Monstrum und Buch der Welt: Grimmelshausens Titelbild zum »Simplicissimus Teutsch« [Reprint 2015 ed.] 9783110915150, 9783484321199

The most enigmatic frontispiece in baroque literature is analyzed in terms of design, iconographic tradition, and in the

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German Pages 158 [160] Year 2004

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Table of contents :
Einführung: Ein Rätselbild
Zur Geschichte und Relevanz von literarischen Titelbildern
Das Titelbild-Genre im Barock
Literarische Titelbilder im Barock
Das Simplicissimus-Titelbild - Gestaltungsanalyse
Grimmelshausens Urheberschaft an dem Titelbild
Weiterführung der Analyse des Titelbilds - Zur Ikonografie des Körpers
Weiterführung der Analyse des Titelbilds - Zur Ikonografie der Attribute und Gesten
Abschluss der Analyse des Titelbilds - Zur Ikonografie der Bilderschrift
Zusammenfassung: Das poetologische Deutbild und seine Einzigartigkeit
Abbildungen
Literatur
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Literarisches Monstrum und Buch der Welt: Grimmelshausens Titelbild zum »Simplicissimus Teutsch« [Reprint 2015 ed.]
 9783110915150, 9783484321199

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Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte Band 119

Hubert Gersch

Literarisches Monstrum und Buch der Welt Grimmelshausens Titelbild zum »Simplicissimus Teutsch«

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2004

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-484-32119-9

ISSN 0083-4564

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2004 http://www. niemeyer. de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Satz: Johanna Boy, Brennberg Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Einband: Industriebuchbinderei Nädele, Nehren

Inhalt

Einfuhrung: Ein Rätselbild

ι

Z u r Geschichte und Relevanz von literarischen Titelbildern

4

Das Titelbild-Genre im Barock

6

Funktionen und Aufgaben

· Appell der F o r m

· Z u r Sonderstellung des

Simplicissimus-TitàbWàs

Literarische Titelbilder im Barock

18

Poetologie u n d Rechtfertigung · Redundanz der Erklärungen« · Traditionelles als Konventionelles

Das

Simplicissimus-Tïte.Yo'i\à



Gestaltungsanalyse

24

Das Sujet des M o n s t r u m s · Satyrkopf u n d Satyrbein · Absichtliche Disharmonie u n d Deformation Verkehrungen

· Ästhetisierende Formelemente

·

Darstellerische

· Z u r Komposition

Grimmelshausens Urheberschaft an dem Titelbild

36

Weiterführung der Analyse des Titelbilds — Z u r Ikonografie des Körpers

44

D e r Satyrkopf u n d seine B e d e u t u n g · Z u r Geschichte der poetologischen Körpermetaphorik · Das literarische M o n s t r u m des Horaz · Das Titelbild als Zitat u n d Variation • Ein Deutbild ftir den Simplicissimus-Roman · Die Titelbegriffe · D i e Eselsohren des Satyrkopfs

Z u r Rezeptionsgeschichte des horazischen Monstrums

60

Grimmelshausens Zielgruppe seines Titelbilds

66

Weiterführung der Analyse des Titelbilds - Z u r Ikonografie der Attribute und Gesten

69

Der Degen · Die Masken · Mit Füßen treten · Der Großfoliant • Das Handzeichen · Das offenbarte Buch · Das Buch der Welt

Abschluss der Analyse des Titelbilds - Z u r Ikonografie der Bilderschrift . 84 Die Textur der Bildzeichen · Ordnungen in der Unordnung · Darstellerische Verkehrungen • Die satirische Zeichenschrift

Zusammenfassung: Das poetologische Deutbild und seine Einzigartigkeit

99

Abbildungen

101

Literatur

143

VI

Einführung: Ein

Rätselbild

A u f den ersten Blick schon werden Neugier und Scharfsinn geweckt. N o c h vor der Lektüre des Romans Der Abentheurliche

Simplicissimus Teutsch1 nimmt uns,

gleich neben dem Titelblatt, ein Kupferstich gefangen — das Titelbild 2 (vgl. Abb. ι u. 2). So bescheiden es in seinem Duodezformat und in der handwerklichen Ausführung gehalten ist, so eindringlich spricht uns doch seine visuelle Rhetorik an. D a schaut ein leibhaftiges Rätsel aus dem Bild heraus und bannt unseren Blick. M i t seinem Bilderbuch, das es uns so demonstrativ entgegenhält, will es etwas bedeuten. U n d will von uns gedeutet sein. Ein Deutbild. Unverkennbar für uns Heutige scheint zunächst nur: D a ist kein natürliches Lebewesen dargestellt, sondern ein erfundenes. Ein solches Wesen nennt man Monstrum. V o n der Herkunft dieser Kreaturen weiß man, dass sie Ausgeburten der Phantasie sind, die aber niemals so frei ist, völlig neue Geschöpfe zu ersinnen, sondern immer nur Zusammensetzungen aus den Körperteilen realer 1

Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch einschließlich seiner Continuano wie auch andere Werke Grimmelshausens werden zitiert und im laufenden Text belegt nach Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Ausnahmen werden in den Anmerkungen belegt. — Abbildungen, wenn nicht anders angegeben, nach den angeführten Originalen. Fotos der Originale fertigten dankenswerterweise an: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (Abb. 1, 2, 4, 5, 6, 12, 13, 18, 29, 30, 31, 42 u. 48), Zentrales Fotolabor an der Universitätsbibliothek Münster (Abb. 8, 14, 15, 16, 32, 37 u. 38), British Museum London (Abb. 26 u. 35), Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin (Abb. 46 u. 47), Staatsbibliothek zu Berlin (Abb. 36), Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster (Abb. 40), Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt (Abb. 24), Universitätsbibliothek Mannheim (Abb. 3). Für die anderen Abbildungen, bei denen Faksimiledrucke gescannt sind, werden die Quellennachweise jeweils in den Anmerkungen geführt; den Verlagen sei für die Erlaubnis der Wiedergabe gedankt.

1

Abb. und Anordnung nach dem heutigen Zustand des Exemplars der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (Lo 2309). Bei diesem Exemplar, auch bei dem der Staatsbibliothek zu Berlin (Preußischer Kulturbesitz, Yu 5256 R), dem der Universitätsbibliothek Erfurt (Dep. Erf., 3 - Lg 1911 h) sowie dem Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München (Rar. 564) ist das Titelbild nicht links neben, also vor dem Titelblatt eingebunden - wie bei den meisten Büchern des Barock - sondern rechts neben, also nach dem Titelblatt. - Da diese Exemplare in den letzten Jahrzehnten alle mehr oder weniger restauriert und neu gebunden worden sind, besagt der heutige Zustand nichts Sicheres über den ursprünglichen. Allerdings, wie Christian Hogrefe von der Herzog August Bibliothek fachmännisch bezeugt, gibt es bei dem dortigen

Lebewesen. 3 Das ist das Konstruktionsprinzip solcher Fabelwesen: Sie sind Mischwesen. Ihre Zahl ist Legion und sie begegnen uns in jeder Kultur. Manche sind den humanistisch Gebildeten vertraut. Das Titelbild-Monstrum jedoch zählt zunächst nicht dazu. Es ist nicht eines, das wir ohne weiteres in jenem phantastischen Tierreich ausfindig machen können, das in der Welt der antiken Mythen, Künste und Dichtungen und auch in den Randzonen mittelalterlicher Kirchen, Weltkarten und Manuskripte lebt und noch in der Naturwunderliteratur und Zoografie des Barockzeitalters sich sehen lässt. Dieses Monstrum ist ein besonderes, ja einzigartiges Geschöpf. Seine Zusammensetzung aus menschlichen und tierischen Körperteilen ist vielfältiger und anders als etwa die Mischform einer Sphinx, einer Harpyie, eines Kentaur, eines Teufels oder sonst eines der vielen zweiteiligen, mitunter dreiteiligen Mischwesen. Allerdings, wenn unser Monstrum auch komplexer konstruiert ist als die allbekannten Fabelwesen, so ist es doch in seiner Abstammung und ebenso in seiner Sonderart bestimmbar. Denn sogar auf dem Gebiet der phantastischen Zoologie helfen morphologische Merkmale, die Verschiedenartigkeit im Ahnlichen zu unterscheiden und die Verwandtschaft im Entfernten herauszufinden. So bekannt dieses Titelbild ist, das immer wieder auf Buchumschlägen und Plakaten, sogar als Münze und Briefmarke, wie ein Stereotyp fur Barockes reproduziert wurde, so wenig ist das Bild in seiner Gestaltung und Intention wirklich verstanden. Die Konsequenz ist, dass es unbekümmert um seine historische Identität in willkürlichen grafischen Abänderungen ins Beliebige entstellt werden konnte. 4 Nicht, dass es an wissenschaftlichen Deutungsversuchen fehlte. Kaum ein Germanist, der über den Simplicissimus geschrieben hat und nicht auch irgendetwas zu dem rätselhaften Titelbild beitragen wollte. So gibt es dazu etliche hundert Seiten Literatur, meistensteils >reine< Interpretationsliteratur,

3

4

Exemplar doch ein gewisses Indiz, dass das Titelbild ursprünglich vor und links neben dem Titelblatt eingebunden gewesen sein dürfte: »Verfärbungen auf der verso-Seite des Titelkupfers lassen vermuten, dass sich dieses Blatt vor dem Titelblatt befand, und zwar mit dem Kupferstich auf der recto-Seite.« — Vgl. auch Anm. 38. So schon von Descartes ( M e d i t a t i o n e s . S. 34 f.) erläutert: »nam sane pictores ipsi, ne tum quidem, cum Sirenas et Satyriscos maxime inusitatis formis fingere student, naturas omni ex parte novas iis possunt assignare, sed tantummodo diversorum animalium membra permiscent«. (>Sind doch auch die Maler, selbst wenn sie Sirenen und Satyre in den fremdartigsten Gestalten zu bilden versuchen, nicht imstande, ihnen in jeder Hinsicht neue Eigenschaften zuzuteilen, sondern sie mischen nur die Glieder von verschiedenen lebenden Wesen durcheinander^) Vgl. Bircher u. Juranek: Simplicissimus. — Die Geschichte der Entstellung beginnt schon 1669 mit dem Nachstich des Titelbilds für die unrechtmäßige Ausgabe (E' a ) des Romans — vgl. Abb. bei Schölte: Grimmelshausen. S. 50. Die Entstellung setzt sich fort mit dem Nachstich des originalen Titelbilds und der Platzierung an das Ende der Continuano (!) im ersten Band der posthumen Grimmelshausen-Gesamtausgabe (C 1 ) von 1684 — vgl. Abb. 23 bei Heßelmann: Simplicissimus.

2

und obendrein einen Aufsatz zur sogenannten Forschungslage.5 Doch alle diese Einlassungen bieten nur ganz wenige Erkenntnisse, die ernst zu nehmen sind und in unserer Untersuchung auch ausdrücklich angeführt werden. Der große Rest aber besteht aus Mutmaßungen und willkürlichen Assoziationen, die sachlicher und methodischer Kritik nicht standhalten, weil sie einfach nur falsch sind. Falsch ist beispielsweise die Interpretation des Mischwesens als Chimäre,6 als jenes aus dem sechsten Gesang der Ilias bekannte feuerspeiende Untier, das sich völlig anders zusammensetzt: vorn ein männlicher Löwe, hinten eine Schlange und in der Mitte eine Ziege. Falsch ist gleichfalls die verbreitete Auffassung des Monstrums als Phönix,7 als den mythischen Vogel von adlerähnlicher Gestalt, der überdies ikonografisch immer nur mit ausgebreiteten Flügeln in seinem entflammten Nest dargestellt wird. Falsch ist, auch wenn aus der Feder eines hoch geschätzten Autors, die Auslegung des Fabelwesens als Baldanders,8 als den allegorischen Verwandlungskünstler aus dem neunten Kapitel der Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi, der sich in gänzlich anderen Erscheinungsformen zeigt: Aus einer altertümlichen Statue gestaltet er sich seriell um in eine Eiche, eine Sau, eine Bratwurst, einen Kothaufen, eine Wiese, eine Blume und so fort. Das Monstrum schaut mit hochgezogener Augenbraue; für uns eine Warnung, rasch und voraussetzungslos damit fertig werden zu wollen. Ein solches Rätsel will mit Bedacht gelöst sein. Das Bild verlangt von uns eine intensive und umfassende Untersuchungsarbeit, die zu den Traditionszusammenhängen vordringt, dem Ort der historischen Vergewisserung und Erkenntnis. Das heißt zunächst und mit einfachen Worten gesagt: Ein Titelbild ist nicht isoliert von seinem Genre, von dessen Funktion und Geschichte zu interpretieren; es muss als herkömmlicher und funktionaler Bestandteil der Buchausstattung gesehen werden, bevor man es in seiner spezifischen Gestaltung und Bedeutung analysiert.

Bauer: Phönix-Kupfer. - Die Interpretationsliteratur, auch wenn unsere Untersuchung ihr nichts abgewinnen kann, ist dennoch im Literaturverzeichnis angeführt. So die auch in ihrem weiteren Verlauf unhaltbare Interpretation von Breuer im Kommentar der von ihm hrsg. Ausgabe Grimmelshausen: Werke. Bd. ι. i. S. 794, 989 u. 1004 — vgl. die kritische Feststellung Wiedemann: Schreibsituation. S. 710, Anm. 16. — Zur Ikonografie der Chimäre vgl. Reverdin u. a.: Lexicon. Bd. III. 1. S. 249-269 u. Bd. III. 2. 197-217. So ζ. B. Kelletat: Nachwort. S. 631. Näheres unten in Anm. 42. - Zur Gestalt des Phönix und seiner Ikonografie vgl. die Abb. bei Henkel u. Schöne: Emblemata. Sp. 794—797 sowie die Untersuchung Reinitzer: Vogel. So die Interpretation von Jorge Luis Borges (Werke. Bd. 8. S. 22 f.).

3

Zur Geschichte und Relevanz von literarischen Titelbildern

Beinahe jedes Buch wendet sich allererst nicht an den Leser, sondern an den Betrachter. Beinahe jedes Buch zeigt auf dem Umschlag oder in seinem Vorspann etwas Grafisches, eine Illustration, ein Sinnbild oder ein Autorporträt, eine Vignette oder eine Titelumrahmung und ähnliches. Allenthalben am Anfang ein visuelles Signal: das Titelbild, auch Frontispiz genannt. Solche Bebilderung hat eine lange, abwechslungsreiche Geschichte, die schon in der Antike beginnt, wie aus Handschriften der Terenziiberlieferung zu schließen ist, wo vor der jeweiligen Komödie in einem Schrein die Masken der handelnden Personen dargestellt sind. 9 Und mit den Coverfotos heutiger Taschenbücher ist die Geschichte des Frontispizes gewiss nicht an ihrem Ende. Sachkenner des Buchwesens registrieren die verschiedenartigen Bildausstattungen zumeist als >Illustrationen< und betrachten sie auf Entwicklungstypen hin, die von Fortschritten in der Vervielfältigungstechnik, von Umwälzungen im Vertriebssystem, von Wandlungen des Marktes und des Geschmackes zeugen. Den kommunikativen Funktionen der Titelbilder schenken sie kaum Beachtung, ganz zu schweigen von den Bedeutungen in literarischen Zusammenhängen, wie sie hier interessieren. W i e wichtig aber solche Titelbilder zu nehmen sind, wird in den heftigen Äußerungen deutlich, mit denen Autoren von Rang auf nicht genehme Titelbilder reagierten. Zum Beispiel Schillers Empörung, dass die zweite Ausgabe der Räuber »durch ein höchst elendes Kupfer«, durch das Löwen-Titelbild mit dem >in-TirannosDidaskalie< und >Skrinie< zum Heautontimorumenos

Lefèvre: Komödie. S. 48. Schiller: Werke. Bd. 3. S. 341.

in dem Beitrag

An die Brüder Grimm, 7. 5. 1808 - Brentano: Werke. Bd. 9. T. 2. S. 4.

4

im Brief an den Verleger nicht enden wollender Arger über die Titelvignetten zu den beiden Bänden Bunte Steine, über die Stahlstiche von Ludwig Richter: »Welcher Schrek! Da ist alles verfehlt«, »so banal«, »nichts klappt und trift«. »Der Totaleindruk, den die Vignetten machen, ist der von ordinären Kindergeschichten, und ich fürchte, daß viele Käufer aus dem blossen Anblike der Bilder vor dem Buche vorüber gehen. Solche sinnliche vorweggenommene Eindrüke schaden dem Texte sehr«. Und ganz grundsätzlich: »das bitte ich herzlich, kein Bild mehr machen zu lassen ohne mir die Zeichnung zu zeigen; da ich die Sache von künstlerischem Standpunkte nehme, und die Beziehungen zu dem Texte beurtheilen kann«. 11 Nicht zuletzt Kafkas gegenüber dem Verlag vorbeugend geäußerter »Schrecken«, der Grafiker Ottomar Starke könnte als Titelbild zur Verwandlung »etwa das Insekt selbst zeichnen wollen. Das nicht, bitte das nicht! Ich will [...] aus meiner natürlicherweise bessern Kenntnis der Geschichte heraus bitten. Das Insekt selbst kann nicht gezeichnet werden.«13 Freilich, Literaturwissenschaftler und Kunsthistoriker widmeten sich bis in die 1970er Jahre Beispielen aus dem Genre des Frontispizes lediglich in Ausnahmefällen, 14 weil sie in den Bildern bloß sachfremde Akzidenzien zu den Texten sehen konnten bzw. nur Massenprodukte der Gebrauchsgrafik zu niederen Zwecken.'5 Doch inzwischen ist das Bewusstsein gewachsen, dass ein geschichtliches Verständnis jedweder Texte auch deren Formen der publikatorischen Vermittlung bedenken muss und nicht zuletzt die Bebilderung der Bücher Hinweise zu Wirkungsabsichten und zur potentiellen Werkrezeption geben kann. So hat die Forschung ihre frühere Zurückhaltung aufgegeben und einige erkenntnisreiche Untersuchungen zu Titelbildern einzelner Werke veröffentlicht.16 Jedoch, ein erhellender Beitrag zum Titelbild des Simplicissimus Teutsch ist nicht darunter. Deshalb noch einmal zur Sache.17

12 13 14 15

16

17

An Gustav Heckenast, 30. 11. 1852 - Stifter: Werke. XVIII. Bd. 2. S. 137-140. An den Verlag Kurt Wolff, 25. 10. 1915 - Kafka: Werke. Briefe 1902.—1924. S. 136. Als besonders beachtenswerte Ausnahme vgl. Jacobsen: Metamorphosen. Dafür repräsentativ ist der von Adelbert Keller in seiner Grimmelshausen-Ausgabe formulierte Standpunkt: »Daß die kupfer der alten ausgaben in der meinigen nicht wiedergegeben sind, wird jeder, der sie gesehen hat, sicherlich billigen. Wer sie nicht gesehen, hat keinen kunstgenuß daran verloren« - nach Heßelmann: Simplicissimus. S. 118. Beispielsweise — Harms: Auffassung; Brandt: Titelblatt; Groblewski: Imagination; Osterkamp: Geschäft. Einige Analysen und Interpretationen der vorliegenden Untersuchung habe ich (am 27. 8. 1973) als Kongressvortrag in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel mitgeteilt und davon die Hauptthesen einschließlich der Nachweise meinet Funde veröffentlicht - vgl. Gersch: Thesen. — Das hatte ungewöhnliche Nachwirkungen. Mehrere Zuhörer jenes Vortrags haben in der Folgezeit ihre Deutungen des Titelbilds publiziert, ohne sich dabei mit meinen Analysen und Thesen wissenschaftlich

5

Das Titelbild-Genre im Barock

W i r wollen zunächst das Genre des Frontispizes im Barockzeitalter mustern, um seine historischen Funktionen der Vermittlung zu erkunden, aber auch Ausschau halten nach dem Besonderen im Allgemeinen. Sicherlich darf gelten: Entsprechend seiner Platzierung vor dem T e x t kommt dem Titelbild eine Priorität im Wirkungsvorgang zu. Es arbeitet vorrangig mit an der Einstellung des Lesers zu dem Buch. U n d mag das Bild, meistens ein Kupferstich, zunächst nur dekorativ wirken, als Element der Ausstattung erhöht es den ästhetischen wie materiellen Wert des Buchs und damit die Attraktivität des Werks. D a liegt nicht nur das Interesse der Verleger, sondern auch das der Autoren. Vielleicht muss das gar umgekehrt formuliert werden. Darauf deuten nämlich die zwar selten überlieferten, dann aber dringlichen brieflichen Wünsche von Autoren. Z u m Beispiel ein Schreiben des Jesuiten Bernard Bauhusius, in dem er seinen Verleger zu einem Titelbild fiir die Veröffentlichung seiner Epigrammata

zu

bewegen sucht. Dabei stellt er aber taktischerweise auf die Interessen der Leser und Käufer ab; er schreibt: >Ein solches Titelbild erquickt den Leser, lockt den Käufer, schmückt das Buch und steigert nicht sehr den hohen BuchpreisEine Frau ist wie ein Buch, von dem zunächst das Frontispiz gefallen muss; bietet das keinen Anreiz, so erweckt es auch nicht die Lust zum LesenNachworts< fiir das Romanganze hat, indem es offensichtlich eine Sentenz aus Buch III, Kapitel 8 aufgreift, dass nämlich »nichts beständigers in der Welt ist / als die Unbeständigkeit selbsten« (S. 224). Auch bei diesem Sinngedicht gibt es keinen Bezug auf die Pegasus-Vignette (vgl. Abb. 30) des Continuatio-Titeiblatts. In ihrem Mottocharakter sind die beiden Sinngedichte deutlich miteinander verknüpft, einmal darin, wie jeweils Erfahrenes, Geschriebenes, Zulesendes und so auch Zuerkennendes reflektiert werden, vor allem aber darin, dass die Zielvorstellung des ersten Mottogedichts: »lebe in Rhue« im Continuatio-Gedicht ausdrücklich aufgegriffen und in der Bezeichnung »vermeinte Ruh« zurückgenommen wird.

40

Die motivischen Parallelen zwischen dem Sinngedicht des Simplicissimus Teutsch und dessen Untertiteltext (in den lebensgeschichtlichen Akzentuierungen der besonderen Geburt, der gemachten, skeptisch erinnerten Erfahrung von Welt und der jetzigen stoizistischen Zurückgezogenheit aus ihr) machen die Kommentierungsausrichtung auf die ersten fiinf Bücher des Romans klar und funktionieren erzähllogisch von dem Standpunkt aus, den Simplicius im letzten Textabschnitt des fünften Buchs erreicht, ohne freilich wie dort dann im vorletzten Satz skeptisch die Endgültigkeit des Rückzugs infrage zu stellen.

41

Der erste Vers des Sinngedichts, der Gedanke der metaphorischen Feuergeburt und sein Vergleich mit dem Vogel Phönix, steht bekanntlich in ausdrücklichem, nämlich thematischem und sprachlichem Kommentierungszusammenhang mit der brutalen Hanauer >Zwangsgeburt< des Simplicius zum Weltmenschen, die ihm (Buch II, Kapitel 8) der Pfarrer entsprechend ausdeutet: »bilde dir ein / als ob du gleich dem Phoenix, vom Unverstand zum Verstand durchs Feuer / und also zu einem neuen menschlichen Leben auch neu geboren worden seyest« (S. 114). Vers zwei mit den Motiven des Fliegens und der Errettung bezieht sich auf den Hexenflug (II, 17) des Romanhelden und seine Erlösung von dem Spuk. Der erste Teil von Vers drei spielt mit dem Motiv der Wanderung durchs Wasser auf die Mummelsee-Episode (V, 12-17) a n, wo die Sylphi mit Simplicius unter bzw. durchs Wasser bis in den Stillen Ozean »spazieren« (S. 414). Der zweite Teil von Vers drei, »Ich raißt über Landt«, hat keinen so speziellen Bezugspunkt innerhalb des Romangeschehens, sondern betrifft die grundlegende Erlebnisstruktur des pikarischen »Vaganten«, sein Umgetriebensein und »Umbschwermen«.

H

eindringlich, weil ganz gegen ihre Absicht, jene Interpretationsversuche, die auf einen Zusammenhang von Titelbild und Sinngedicht aus sind. Sie wollen in den Konstruktionsformen des Monstrums eine Bebilderung des Gedichtes und seines Vier-Elemente-Gedankens sehen, wobei sich in ihrer Deutung der Monstrumkörper »aus den Gliedern mehrerer Tiere (Phönix, Ziege, Fisch, Vogel) zusammensetzt«.41 Dabei müssen sie aber in dem ersten Gedichtvers (»Ich wurde durchs Fewer wie Phoenix geborn«) die Bedeutung der Vergleichspartikel »wie« gedanklich übergehen und auch jede nähere Ausfuhrung schuldig bleiben, welcher Körperteil denn auf den Phönix, den Vogel von adlerähnlicher Gestalt, zurückzufuhren sei und warum dieser entgegen der Ikonologie das Element Feuer repräsentieren soll.43 Wenn aber das mottohafte Sinngedicht den Anschein einer Erläuterung des Titelbilds erweckt, so liegt das zunächst an der Lesererwartung einer ausformulierten Bilderklärung, wie diese sonst bei einem barocken Frontispiz gang und gäbe ist. Anderes kommt noch hinzu: Gedicht und Bild sind denkbar eng beieinander platziert; der erste Gedichtvers ist sogar mit seinen Oberlängen der Schrift förmlich in den Schatten der Plattform hineingraviert. Und überhaupt die ganze Ausführungsidee, der Umstand nämlich, dass der Gedichttext (von wem werden wir später klären) dem Kupferstecher zur Wiedergabe überantwortet wurde und nicht dem Drucker, der das Sinngedicht möglicherweise auf der Rückseite des Titelblatts angebracht hätte, wie er kurz danach im entsprechenden Fall des Sinngedichts der Continuado (vgl. Abb. 30 u. 31) verfuhr. Das alles deutet bei dem Titelbild zum Simplicissimus Teutsch auf eine so beabsichtigte Inszenierung hin, auf eine vorsätzliche Irreführung des Lesers, mit dem in seiner Erwartung einer Bilderklärung ein täuschendes Spiel getrieben wird, das das Bild noch mehr verrätselt. Eine solche Art, ironisch-spielerisch mit literarischen Konventionen und Lesererwartungen umzugehen, ist in Grimmelshausens Werken nicht selten. Es macht eine Qualität dieser Werke aus, dass sie sowohl den Lesererwartungen in

So Rosenfeld: Bildgedicht. S. 64. Er beschrieb damit das »viergestaltige Fabelwesen«, das »sich aus den Gliedern mehrerer Tiere (Phönix, Ziege, Fisch, Vogel) zusammensetzt, aber einen menschenähnlichen Oberkörper besitzt«; er meinte dazu, »daß hier der im Mittelalter geläufige Gedanke, daß der Mensch aus allen vier Elementen zusammengesetzt sei, dem Dichter Stift und Feder geführt hat.« — Noch Kelletat im Nachwort seiner Simplicissimus-Ausgabe S. 631 interpretierte: »Dieses Monstrum, zur Fahrt durch die vier Elemente ausgerüstet, ist der schöne Vogel Phönix«. — Vgl. zur Ikonografie des Phönix hier Anm. 7. Bei Reinitzer: Vogel S. 46 kann man nachlesen, dass bei den im Barock sehr häufigen Darstellungen der vier Elemente, ihrer Attribute und Elementarwesen dem Feuer als einziges Tier der Feuersalamander zugeordnet wird: »In dem Feur ist die Salamandra [...] wann sie in das Feur komt / so verbrennet sie nicht / sondern ihre Haut wird dardurch gantz frisch und erneuert«.

15

kritischer Reflexion begegnen als auch im Umgang mit literarischen Konventionen eine gestalterische Ironie entfalten, die sich bis zur Genreparodie und zur Satire auf Tradition und Zeremoniell erstreckt. Dafür nur zwei Beispiele. Beim ersten geht es um die Konvention der Ehren- und Lobgedichte auf Verfasser und Werk, die befreundete Autoren als Buchbegleittexte beitragen, eine Konvention, der Grimmelshausen selbst entsprach, als er »Seinem wehrten H[errn] Nachbarn«, dem dichtenden Pfarrer Quirinus Moscherosch, »zu Ehren« für dessen Buch Poetisches Blumen-Paradiß (Nürnberg 1673) ein solches, überaus konventionelles Gedicht beisteuerte: »Schau der Gelehrten Zierd! schau das sinnreich Gemüt!« und so weiter. 44 Solche Preisgedichte finden sich auch im jeweiligen Buchvorspann zu Grimmelshausens unter seinem wirklichen Namen veröffentlichten Romanen Dietwalt undAmelinde sowie Proximus und Lympida, etwa als »Glückwünschender Zuruff An den unvergleichlichen Herrn / Joh. Christoff von Grimmelshausen« und mit Versen wie »So recht / Herr von Grimmelshausen! so kan man unsterblich seyn«. Der Buchkonvention ist damit vollkommen Genüge getan — von Grimmelshausen in eigener Person, wie man weiß,45 der sich nämlich die panegyrischen Gedichte selbst geschrieben hat und die Täuschung des Lesers ironisch durchscheinen lässt, indem er z. B. einem der fingierten Beiträger den gut simplicianischen Namen »Urban von Wurmbsknick auf Sturmdorff« verliehen hat. Bei unserem zweiten Beispiel sei zunächst daran erinnert, dass Grimmelshausen in der Vorrede »An den Leser« zu seinem Erstwerk, bei der Rechtfertigung des Titels Satyrischer Pilgram, kritisch darüber geurteilt hatte, dass »beynahe alle Scribenten [...] ihre Bücher mit gewaltigen Tituln ziehren und in denselben offtermahls mehr verheißen als Sie halten können«, so dass ihre marktschreierischen Titel die »gröste[n] Lügen im gantzen Buch sind«. Ein einschlägiges Spiel der »Lügen«, eine ironisch manipulative Leserlenkung, bietet fiinf Jahre später sein Buch Verkehrte Welt, für das Grimmelshausen das bezeichnende Autoranagramm Simon Le[u]gfrisch von Hartenfels wählt: Das Buch wird unter einem spezifischen, irreführenden Titel veröffentlicht, der die vollkommen falsche Lesererwartung erweckt, hier sei ein Werk nach dem bekannten Satiremodell des Mundus perversus zu erwarten, bei dem die real existierende Welt als auf den Kopf gestellte göttliche Ordnung karikiert wird. 40 Zudem ist das Buch mit einem analog täuschenden Titelbild 47 (vgl.

44 45 46

47

Vgl. Fluck: Moscherosch. S. 555 f. Vgl. Ehrenzeller: Sttidien. S. 90—106. Vgl. dazu Heselhaus: Grimmelshausen. S. 19 f., wo im Weiteren die strukturelle Bedeutung dieses Satiremodells fiir Grimmelshausens Erzählen auch im Simplicissimus herausgearbeitet ist. Abb. nach Schölte: Simplicissimus. S. 223.

16

Abb. io) ausgestattet, das das falsche Sujetversprechen ikonografisch bestätigt, indem es beispielsweise einen Soldaten bei der Feldarbeit oder einen Bauern mit Degen und Muskete zeigt. Dem entspricht dann noch des »Titul-Kupfers Erklärung«, die die ganze Täuschung fortschreibt mit Erläuterungen wie »Zur Arbeit der Soldat sich regt« oder »Der Bauer in Waffen sich bewegt«. Erst im Vorwort wird dann der Leser, der durch »Kupferblat sambt dem Titul« sich »betrogen findet«, über die ironische Vorspiegelung aufgeklärt und über das eigentliche Vorhaben des Autors, »aus einer andern Verkehrten Welt«, nämlich der Hölle, zu erzählen.

17

Literarische Titelbilder im Barock

Inzwischen ist eine spezielle Ergänzung fällig. Bei den bisher verfolgten Vermittlungszusammenhängen, bei denen sich merkantile Interessen und programmatische Aussageabsichten verflechten, verdient eine spezifische Funktion literarischer Titelbilder des Barock besondere Aufmerksamkeit gerade der Literaturwissenschaft, weil hierbei Leserwerbung und Programmatik in einer intendierten Reflexion des jeweiligen Werks gipfeln. Gemeint ist die Funktion dichtungstheoretischer Kommentierung und Rechtfertigung des Buchs durch sein Titelbild. Dazu sei an die geschichtliche Realität erinnert, dass im 17. Jahrhundert die Literatur von klerikaler und gelehrter Kritik umstellt war und durch amtliche Zensur in Schranken gehalten wurde. Bücherkonfiskationen und -Verbrennungen, Strafverfahren gegen Verleger und Autoren standen auf der Tagesordnung der Behörden. Der Spielraum der Literatur war eng. So eng wie das seit der Renaissance kaum weiterentwickelte Argumentationssystem der Poetiken, in denen Literatur nur als Dichtung und nach aus der Antike abgeleiteten Normen gerechtfertigt wurde. Doch waren gewisse, im Barock sehr lebendige Literaturformen durch die offiziöse Theorie nicht abgesichert. Der Roman und die Satire beispielsweise wurden von den zeitgenössischen Poetiken kaum berücksichtigt und in der Öffentlichkeit mit polemischen Angriffen verfolgt. Literaturwerke dieser Art waren bei der Verteidigung gegen gelehrtes, kirchliches und amtliches Misstrauen weitgehend auf sich selbst gestellt. Ihre Autoren und Verleger mussten den Schutz eigenhändig organisieren, d. h. mit buchinternen Mitteln 48 wie Titel- und Untertiteltext, Vor- und Nachwort, sonstigen Begleittexten und - eben dem obligaten Titelbild samt seiner Erklärung. So ist bei allerlei riskanten Werken das Titelbild im Zeichen der Poetologie genutzt. Es dient da weniger der Textillustration als vielmehr der dichtungstheoretischen Erläuterung und der vorbeugenden Rechtfertigung des literarischen Vorhabens. Solche Absichten sind beispielsweise bei dem doppelseitigen Frontispiz zu beobachten, mit dem Michael Wiedemann seinen Band HistorischPoetische Gefangenschaften (Leipzig 1690) ausgestattet hat, eine Sammlung von

48

Vgl. Gersch: Sonderfall. S. 269-274.

18

verifizierten Klagereden, die historischen Personen, die ein Gefangenenschicksal erlitten haben, als »Poetische Reden angedichtet« sind. Noch vor dem näher unterrichtenden Titel sowie Untertitel des Buchs 4 5 und dem weiteren erläuternden Vorspann ist es das allegorische Titelbild (vgl. Abb. n ) , das ganz auf die Präsentation des poetologischen Programms und der daraus folgernden Rechtfertigung des Werks der Gattung >Geschichtsreden< angelegt ist. Das Bild visualisiert und gewichtet die beiden Grundelemente der Gattung, die auch mit den TitelbegrifFen >historisch< und >poetisch< benannt sind, in zwei Szenen. Diese versinnbildlichen den defensiven Argumentationsstandpunkt von der Vorherrschaft der getreuen Geschichtsnachahmung einerseits und von der bloßen Auszierung mit poetisch-rhetorischen Mitteln andererseits. Die größere, dominierende Szene zeigt, wie ein von der himmlischen Fügung in Ketten geführter Aufzug Gefangener auf das genaueste von einem Maler abgebildet wird. Dagegen zeigt die kleine, untergeordnete Szene, wie fliegende Amoretten einem Kavalier Blumen zutragen, der daraus einen galanten Kranz flicht. Das ganze Titelbild und seine poetologische Bedeutung werden dann wie üblich im Buchvorspann, in den gereimten »Gedancken über das KupfferBlat«, detailliert erklärt: Wer nun Geschichte schreibt / pflegt solches abzureissen / Fast wie ein Mahler sonst die Bilder abschattirt / Was dort der Pinsel thut und ein gefärbtes gleissen / Wird hier vom Redner-Kiel mit Wörtern ausgeführt. Kömmt ein Poet darzu / so wird es ausgezieret: Wenn die Gedancken-Post als ein geflügelt Kind Von Himmel / Erd und Meer ein Bluhmwerck zugefiihret / Aus welchen Fleiß und Kunst verbliihmte Kräntze windt. Von beyden ist etwas in dieser Schrift geschehen / Da sich Geschickt / Gedicht und Redner-Vorrath zeigt / Ist aber gleich etwas (wie leicht geschieht) versehen / So bitt ich man verzeih und bleibe hochgeneigt. [...] wer Profeßion wil vom censiren machen / Der fange die Censur nur von ihm selbsten an. Die Bitte um Nachsicht bei Kritik und Zensur ging freilich nicht in Erfüllung. Weit entfernt vom Verlagsort und mehr als ein Dutzend Jahre nach der Publikation des Werks, das gegenreformatorische Eiferer als ein »mit vielen

infamen

Unflätereyen durch und durch angeschmiertes Buch« anzeigten, wurde sein

Historisch-Poetische Gefangenschaften / Bestehende In Erzehlung zwölf auserlesenen Geschichten / Also Daß denen gefangenen Personen nachdenckliche Poetische Reden angedichtet worden [...]

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Autor Wiedemann, inzwischen evangelischer Pfarrer im schlesischen Schweidnitz, eingekerkert, sein Buch sollte »durch den Hencker verbrannt« werden...50 Wir können festhalten: Ein poetologisches, rechtfertigendes Frontispiz will über Intention und Beschaffenheit des Buchs belehren und latente Bedenken oder gar Vorurteile zurückweisen. Im Idealfall soll es dem Betrachter und Leser, der es als Sinnbild entschlüsselt, zu einer hermeneutischen Anleitung werden, die dann seine Perzeption und Rezeption des Werks bestimmt. Solche poetologischen Titelbilder zielen ab auf die Verwandlung des neugierigen Betrachters in einen verständigen und sympathisierenden Leser. Das ist der Endzweck, wie ihn idealtypischer Weise zahllose Titelbilder literarischer Werke erkennen lassen. Die verbreitete Praxis aber ist eine andere. Denn außer dem Simplicissi««i-Titelbild, dem keinerlei Erklärung beigegeben ist, scheint es sonst kein so komplexes Frontispiz der Barockliteratur zu geben, bei dem der betrachtende Leser über die Bedeutung des Bilds im Unklaren gelassen wird. Er wird sonst durchweg als nahezu unverständig eingeschätzt; so sehr wird er versorgt mit weitgehend überflüssigen, weil von selbst sich verstehenden Bilderklärungen. Solche Redundanz hat Methode. Sie entspringt einer Uberdidaktik, wie bei Harsdörffer nachzulesen, wenn er fur die Autoren die Unerlässlichkeit »einer Poetischen Erklärung« der Titelbilder aus Rücksicht auf den Leser bedenkt, der »unsre Gedanken / (wann wir sie gleich fur leichtvernemlich halten /) nicht so bald errahten kan«.51 *

Ein kleiner Exkurs soll den zeittypischen Hang zu Konventionalität, Stereotypik und Redundanz verdeutlichen, von dem das Titelbild des Simplicissimus Teutsch sich so sehr unterscheidet. Dazu seien zwei Beispiele von poetologischen Titelbildern mit ihren jeweiligen Erläuterungen angeführt, ein besonders auf-

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Abb., Referat und Zitate nach dem Aufsatz, der auch das Weitere berichtet — Kemp: Verhängniß. Harsdörffer: Gesprächspiele. T. VI. S. 113. - Er selbst zeigt sich ebd. T. IV. S. 263 f. als verständigen Interpreten eines poetologischen Titelbilds. Bei Erörterung der »Sinnbildkunst« erwähnt er die Titelvignette zu Fischarts Geschichtklitterung, Ubersetzung und Nachdichtung des ersten Buchs von Rabelais' Gargantua et Pantagruel (vgl. die Abb. des Titelblatts der zweiten Auflage, das die gleiche Vignette besitzt, bei Wilpert: Literatur. S. 85). Harsdörffer beschreibt, »was auf des Pantagruels Titelblate zu ersehen / nemlich eine rechte Hand / welche einen Krebs / und eine linke / die einen Aal hält« samt dem Motto »Zu luck entkriechts: Ein Druck entziechts« (d. h. >Wenn du loslässt, schlüpft es weg. Wenn du drückst, entweicht esIch habe noch keinen Ritterroman gesehen, bei dem der Körper seiner Fabel mit allen seinen Gliedern ein Ganzes gebildet hätte, so dass die Mitte dem Anfang entspräche und das Ende dem Anfang und der Mitte; vielmehr setzen sie [= die Romanautoren] die Fabel aus so vielen Gliedern zusammen, dass es mehr den Anschein hat, sie

""

1,2

Huet: Traite. S. 5: »II faut qu'elles [= die Romane] soient écrites avec art, & sous de certaines regles; autrement ce sera un amas confus, sans ordre & sans beauté.« S. 44 f.: »S'il est vray, comme il [= G. B. Giraldi, gen. Cinzio] le reconnoist luy-mesme, que le Roman doit ressembler à un corps parfait, & estre composé de plusieurs parties différentes & proportionnées sous un seul chef; il s'enfuit que l'action principale, qui est comme le chef du Roman, doit estre unique & illustre en comparaison des autres; & que les actions subordonnées, qui sont comme les membres, doivent se rapporter à ce chef, luy ceder en beauté & en dignité, l'orner, le soûtenir, & l'accompagner avec dépendance: autrement ce sera un corps à plusieurs testes, monstrueux & difforme.« Ebd. S. 104 u. 127 f.

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beabsichtigten, eine Chimäre oder sonst ein Monstrum zu formen, statt eine wohlproportionierte Gestalt zu verfertigen^11' Auch sonst gehört ein polemischer Monstrumvergleich zum Argumentationsbestand literarischer Debatten des Zeitalters. Hier wollen wir nur festhalten, daß Grimmelshausen mit diesem Denkbild vertraut ist und es sich ironisch zunutze macht. Das lässt bei seinem Satyrischen Pilgram die erste »Vorred« erkennen," 4 die er dem Ankläger Momus in den Mund gelegt hat, der seit der Antike die Verkörperung der Krittelei und Tadelsucht abgibt. Der darf das kleine Buch »als ein wercklichs Mischmasch« schlechtmachen und wegen thematischer Vielfalt wie formaler Komplexität verleumden: Wie schon der Titel eine »schändliche Mißgeburt« darstelle, so werde dann wohl auch sein »Corpus selbst ein erschrecklichs Monstrum seyn« (S. 6 f.). Beinahe überflüssig erscheint der Hinweis, dass der Monstrumvergleich der »Vorred« keineswegs eine herabsetzende Selbstkritik Grimmelshausens bedeutet. Vielmehr ist der Vergleich Teil eines ironischen Spiels und einer poetologischen Reflexion, die in der Sprache der Negation sich entwickelt und die negative Begriffe und Vergleichsbilder nicht abwertend, sondern letztlich definitorisch und beschreibend verwendet, um nichtnormative Formmöglichkeiten ansprechen zu können. 1 ' 5 Fragt man nach der Geschichte des Denkbilds vom literarischen Monstrum, so stellt sich heraus, dass es auf Horaz und seine Epistula ad Pisones zurückgeht, die seit Quintilian als regelgebende Ars poetica aufgefasst wurde. Horaz, in der 113

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Cervantes: Quijote. Bd. 3. S. 394 f. »No he visto ningún libro de caballerías que haga un cuerpo de fábula entero con todos sus miembros, de manera, que el medio corresponda al principio, y el fin al principio y al medio; sino que los componen con tantos miembros, que más parece que llevan intención a formar una quimera o un monstruo que a hacer una figura proporcionada.« Der Buchvorspann des Satyrischen Pilgram ist bekanntlich von den Streitvorreden der Piazza Vniversale des Thomas Garzoni angeregt, wo (in der Übersetzung Frankfurt a. M. 1619. S. 3) Momus dieses Werk ebenfalls als »ein abschewlich monstrum vnd Mißgeburt« schmäht. — Näheres zu Vorspann und Titelbild der Erstschrift Grimmelshausens siehe Ehrenzeller: Studien. S. 40-48, Schäfer: Satyr. S. 198—202 u. Habersetzer: Ars. T . r. S. 65—68. — Zusätzlich sei noch auf eine besondere Pointe des ironischen Spiels hingewiesen: Auf dem Titelbild (vgl. Abb. 6) des Satyrischen Pilgram ist (unten rechts) Momus, der den »Monstrum«-Vorwurf erhebt, seinerseits als bösartiges Monstrum dargestellt. Sein hochschwangerer Bauch lässt angesichts der dinglichen Attribute des Gifts und des Todes, die dem Monstrum beigegeben sind, eine sinnbildliche Bedeutung in der Tendenz von >giftschwangerunheilsschwanger< etc. vermuten; siehe dazu auch in Anm. 71 die biblische Wendung. Mit ganz ähnlicher Negationssprache verfährt Grimmelshausen 1670 auch beim Ewigwährenden Calender (S. 3 f.). Dort trifft man in der »Vorred« und in der zweiten und dritten »Materia« auf die ironische Formterminologie »Chaos, oder Verworrnes Mischmasch ohne einige Ordnung« und auf die wirkungsästhetische Reflexion solcher »ordentlichen Unordnung«, bei der nämlich »mit Fleiß ein und andere Sachen durcheinander gesetzt« seien, damit der »Fürwitz« des Lesers »genöhtigt werde / das Lesen zu wiederholen«.

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Nachfolge von Platon und Aristoteles, vertritt gleich am Anfang seiner Schrift, in den Versen 1 - 1 3 , die Forderung nach der Einheit des Sprachkunstwerks, nach der Einfachheit und Gleichartigkeit der Bestandteile. Er verleiht seinen Gedanken zur Werkästhetik Anschaulichkeit und Nachdruck, indem er als negatives Exempel ein Werk fingiert, das nicht dieser Forderung entspricht, das er karikierend als monströsen Körper beschreibt und damit der Lächerlichkeit preisgibt. Mit seiner Kritik verfährt er (nach der Analogie »ut pictura poesis«, die er in Vers 361 formuliert, und in der Ubertragungsabsicht, die er in Vers 6—9 mitteilt) am Beispiel eines Gemäldes, dessen Darstellung eines Lebewesens der Maler aus einzelnen disparaten Körperteilen zusammenstückelt: Humano capiti cervicem pictor equinam iungere si velit et varias inducere plumas undique conlatis membris, ut turpiter atrum desinat in piscem mulier formosa superne, spectatum admissi risum teneatis, amici? crédité, Pisones, isti tabulae fore librum persimilem, cuius, velut aegri somnia, vanae fingentur species, ut nec pes nec caput uni reddatur formae. «pictoribus atque poetis quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.« scimus, et hanc veniam petimusque damusque vicissim; sed non ut placidis coeant inmitia, non ut serpentes avibus geminentur, tigribus agni.

In unserer prosaischen Ubersetzung besagen diese Verse: >Wollte zu einem menschlichen Kopf ein Maler den Hals eines Pferds fugen und mit buntem Gefieder die Körperteile überziehen, die von überall her [das heißt: aus allen Arten von Lebewesen] zusammengetragen sind," 6 so dass hässlich in einen schwarzen Fisch ausliefe das oben schöne Weib, könnt ihr dann, Freunde, zur Besichtigung zugelassen, das Lachen zurückhalten? Glaubt mir, Pisonen, jenem Gemälde ist ein literarisches Werk ganz ähnlich, dessen nichtige Vorstellungen wie Traumbilder eines Kranken erdichtet werden, so dass weder Fuß noch Kopf einunddieselbe Gestalt wiedergeben^ Dem möglichen Einwand eines Anspruchs auf künstlerische Freiheit (Vers 9 f.) : >Malern wie Dichtern war immer schon die gleiche Erlaubnis gegeben, alles und jedes zu wagenIch weiß das, und diese Erlaubnis erbitte ich und gewähre sie andererseits, aber nicht so, 116

Die logisch-syntaktischen Zusammenhänge in Vers 2 f. erläutert der Altphilologe so: »der Maler bekleidet also den Rumpf mit buntem Gefieder, natürlich auch mit Flügeln«, und er verdeutlicht weiter, dass der Maler »die einzelnen Teile seines Gebildes von den verschiedenen Klassen von Lebewesen, Mensch, Vierfüßler, Vogel zusammenborgt« — so Kießling: Kommentar. S. 289.

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dass sich mit Sanftem vereinigt Wildes, nicht so, dass Schlangen mit Vögeln gepaart werden und Lämmer mit Tigern.< Es dürfte offensichtlich sein, dass Horaz als Warnbild ein ganz eigenwilliges Monstrum entworfen hat, dai vielfältiger zusammengesetzt ist als alle anderen aus der Antike bekannten Mischwesen. Er hat das Konstruktionsprinzip der mythologischen Monstra, ihre Zusammensetzung aus zwei oder drei menschlichen und tierischen Körperteilen, in potenzierter Form durchgespielt und in sein Monstrum auch noch die Antinomie von >hässlich< und >schön< eingearbeitet. Somit hat Horaz eine unverwechselbare Neuschöpfung erdacht, die Wirkungsgeschichte gemacht hat, wie noch zu lesen und zu sehen sein wird. Ebenso offensichtlich dürfte es sein, dass Grimmelshausen das Monstrum seines Titelbilds zum Simplicissimus Teutsch nach dem horazischen Vorbild entworfen hat 117 - zugleich als bildliches Zitat und als Variation des antiken Musters. Auf dem Titelbild, bei dem wir bereits ein Widerspiel von hässlicher und schöner Gestaltung beobachtet haben, erkennen wir jetzt wieder, wovon bei Horaz zu lesen ist: Wir sehen den menschlichen Kopf, den weiblichen Leib" 8 und auch, dass das Monstrum in dem Fischkörper endet, wir sehen die Zusammenstellung von Körperteilen verschiedener Arten von Lebewesen und dabei auch die Ausstaffierung mit Gefieder in Form von Flügeln. Warum allerdings der Pferdehals des horazischen Musters in Grimmelshausens Titelbild in keiner Weise nachgebildet ist," 9 können wir nicht sagen; zu der Bedeutung dieser

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Vgl. Gersch: Thesen. S. 77 f. - K.-H. Habersetzer, ein Zuhörer meines Vortrags von 1973 (vgl. Anm. 17), überraschte 1974 die wissenschaftliche Öffentlichkeit mit einem Aufsatz und der Neuigkeit, er habe das horazische Monstrum als »Vorlage für das Titelkupfer des Simplicissimus Teutsch entdeckt« (Habersetzer: Ars. T. 1. S. 77). Er versicherte: »Das Manuskript dieser Arbeit war bereits abgeschlossen«, so dass »der Vortrag von Hubert Gersch« - mit »der ebenfalls entdeckten Horazstelle« — »nicht mehr berücksichtigt werden« konnte (ebd. S. 60). Das mag nun so gewesen sein. Allerdings veröffentlichte dieser Autor 1975 einen zweiten Teil seines Aufsatzes, in dem er sich auch nicht mit meinen Interpretationen und Thesen von 1973 wissenschaftlich auseinander setzte. Statt dessen ließ er weitere von mir bekannt gemachte Funde (zur Wirkungsgeschichte des horazischen Monstrums - vgl. Gersch: Thesen. S. 78) als die seinigen erscheinen (vgl. Ars. T. 2. S. 6z, 63, 69 u. 70 f.), nicht ohne dabei grobe Sachfehler zu produzieren — vgl. dazu Anm. 157.

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Wenn Grimmelshausen seinem Monstrum, wie schon bei der Gestaltungsanalyse gezeigt, sowohl Merkmale des männlichen wie des weiblichen Geschlechts verliehen hat, so geht diese Kombination nicht unmittelbar auf Horaz zurück. Denn dessen Monstrum ist, genau genommen, weiblichen Geschlechts; zwar bezeichnet der erste Vers den Kopf ganz unbestimmt als >menschlichWeibesschönen< menschlichen Oberkörpers des horazischen Monstrums zu dem Satyrkopf des Titelbilds variiert ist. *

Doch zuerst noch einmal zurück zu Horaz. Bei ihm ist das Bild des Monstrums eine poetologische Karikatur, ein Warnbild. Es gehört einem Textzusammenhang an, der metaphorisch der Fundamentalkritik eines solchen Literaturwerks gilt, das kein einheitliches Ganzes bildet, das vielmehr den inneren Zusammenhang der Bestandteile, das Aptum, vermissen lässt und zu große Abwechslung, zu

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wahrlich den »Pferdenacken« zu sehen, der »wegen der Frontstellung nur angedeutet« sei, ist nicht nachvollziehbar. Die andere Antwort bestand darin, dass er ebd. S. 77 f. ohne jede Begründung die entsprechenden Verse der Nachdichtung Poetereykunst (1639) von Α. H. Bucholtz abdruckte, die ich bei dem Vortrag und den Thesen S. 77 f. nur als didaktische Ubersetzungshilfe angeführt hatte. Naheliegend ist die Vermutung, dass das horazische Monstrum allegorisch ausgedeutet wurde, dass seine Körperteile jeweils als spezielle poetologische Deutbilder galten und dass der bei Grimmelshausens Monstrum weggelassene Pferdehals etwas verkörperte, was nicht auf den Simplicissimus-Roman zu übertragen war. Doch nur außerhalb von Grimmelshausens Lektürehorizont können wir tatsächlich eine solche Auslegung nachweisen, die wegen des prinzipiellen Deutungsansatzes referiert sei: Der italienische Gelehrte Pigna (Poetica. S. 3 f.) betrachtet die Körperteile des horazischen Monstrums als sinnbildliche Darstellungen der aristotelischen Literaturgattungen. Das menschliche Haupt gilt ihm als das Epos, der Pferdehals als die Tragödie, das Gefieder als die dithyrambische und die lyrische Gattung, der Fischschwanz als die Komödie. Das Bild der Ars poetica besage, dass die verschiedenen Gattungen niemals in einem einzigen Dichtwerk zusammengebracht werden dürfen. Als fehlerhaft wegen solcher unstatthaften Varietas führt er u. a. die Komödien Die Frösche und Die Wespen von Aristophanes an, was hier im Hinblick auf den Simplicissimus von Interesse sein könnte: — »wenn jemand, einen Krieg abhandelnd, lächerliche und plebejische Beschäftigungen einmische, so forme der das horazische Monstrumkurz, was es auch sei, es soll nur einfach und einzig seinWer einem einzelnen Sujet auf unnatürliche Weise Varietas zu geben wünscht,< — was in der Sprache des Barock als >ungeheuerliche< oder >abenteuerliche< Abwechslung zu übersetzen wäre — >der malt einen Delphin zu den Wäldern hinzu, zu den Wellen ein Wildschweine qui variare cupit rem prodigialiter unam, delphinum silvis adpingit, fluetibus aprum.

Gemessen an dem von Horaz formulierten Richtmaß zeigt sich der Simplicissiw«i-Roman wahrlich als Mixtum compositum. In ihm sind so verschiedenartige Stoffe und Formen, Themen und Traditionselemente, Gattungsmerkmale und Gestaltungsprinzipien miteinander verquickt, dass noch modernen Lesern die »Zusammenballung von literarischen Formen«, die »Buntheit seines literarischen Formenguts«121 und das »Bunt-Gestückelte und Zusammengesetzte der Komposition«122 ins Auge fallen. So konnten denn auch von der Forschung mannigfaltige Erkenntnisse über die Bauteile und die Virtuosität ihrer epischen Integration beigebracht werden. 113 Dieser Roman vereint, nur beispielsweise angeführt, so Verschiedenartiges wie einerseits Erzählformen und Strukturen des niederen, des pikaresken Romans, und andererseits auch — in ironischer Brechung und satirischer Verkehrung — Motive und Auffassungen des hohen, des höfischen Romans. 124 Da liegt nun die interpretatorische Folgerung nahe, dass Grimmelshausen mit dem Titelbild-Monstrum den Simplicissimus Teutsch als eben ein solches literarisches Monstrum zu erkennen gibt, wie es seit und mit Horaz kritisiert wird. Doch deutet nichts bei dem Titelbild etwa auf eine Abwertung des Romans und auf ein Eingeständnis künstlerischen Misslingens. Im Gegenteil, die bildliche Darstellung, wie wir sie beobachten konnten, etwa dass das Monstrum in einer

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So Lugowski: Formen. S. 628 f. So Heselhaus: Grimmelshausen. S. 18, der darin schon eine Entsprechung zu »dem grotesken Titelbild« vermutete. Beispielhaft zur epischen Integration - Geulen: Simpliciana. Nur in Stichwörtern soll an weitere integrale Elemente und integrierende Formen erinnert werden - wie Schwanke, Allegorien, Lieder, Utopien, Embleme, Exempel, Prophetien und auch Diskurse aus enzyklopädischem Schrifttum und aus chronikalischen Werken, Zitate aus der Traktatliteratur und aus moralischen Strafreden, Adaptionen aus Reiseberichten und so fort.

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gewissen Monumentalität und wie bei einer theatralen Vorführung präsentiert wird, deutet auf eine offensive Strategie bei dem Titelbild und seiner poetologischen Aussage. Grimmelshausen verfährt hier im Ansatz ähnlich, aber dann doch anders als in dem schon erwähnten (vgl. S. 48) Vorspann des Satyrischen Pilgrams und dem dortigen ironischen Spiel mit dem sprachlichen Monstrumvergleich. Hier im Titelbild stellt er mit der eigenwilligen Hinzufugung des Satyrkopfs' sein Monstrum - und mit diesem Deutbild den Simplicissimus-Roman - unter die Form- und Gestaltungsfreiheit der Satire. Denn die Dichtungstheorie seit dem Humanismus, so wenig sie auch zur Satire zu sagen hat, räumt ihr gerade das ein, was klassizistisches Normdenken sonst ausschließen möchte: Varietas, Abwechslungsreichtum. Dieses Prinzip legitimiert die Freizügigkeit der satirischen Schreibart und Gattung bei der Themenwahl, die Mannigfaltigkeit ihrer Stoffe, ihre Formenvielfalt und lockere Kompositionsweise. Bis ins Barockzeitalter wird diese Regelfreiheit bestätigt. Hatte Julius Caesar Scaliger befunden, dass es >in der Satire keine Teile gibt, deren Anzahl und Aufbau man auf sichere Weise aus Gesetzen ableiten kannalles abgerissen, aber nicht unzusammenhängend isteinfachungeheuerlich< oder >abenteuerlich< ausgestalten. Oder anders gesagt, von Grimmelshausens Titelattribut der Abenteuerliche her gedacht: Das Wort >abenteuerlich< hat einen begrifflichen Stellenwert in den Debatten über Mimesis, über die Darstellung des Wunderbaren, über ungewöhnliche, außerhalb von Normen entwickelte Gestaltung. Man kennt das Wort als abfälligen Terminus klassizistischer Kunstkritik im 18. Jahrhundert und aus solchen Äußerungen wie Wielands literarhistorischen Dikta von den »abentheuerlichen Scribenten Lohenstein, Hofmannswaldau« oder zu den »gereimten Ritterbüchern« wie dem Parcival, die für ihn »in Absicht der Erfindung durch und durch abentheuerlich und in der Composition monstros und ohne alle Proportion« sind.129 Die ästhetische Bedeutungsdimension von >abenteuerlichniederen< Berufe ansiedelt, zeigt er im Vordergrund und im vollen Licht die Künstler in Aktion. Ein Maler bildet auf seiner Staffelei das horazische Monstrum ab, das durch den darüber geschriebenen ersten Vers der Ars poetica ausgewiesen wird.

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abgewandelt sind; sie laufen manchmal in einer quastenförmigen Endflosse aus, manchmal in einer zweigeteilten, symmetrisch geformten Endflosse - so ja ebenfalls bei Grimmelshausens Titelbild-Monstrum zu sehen — und manchmal in einem verwickelten Rankenornament. Abb. nach Briels: boekdrukkers. S. 494. Vgl. Hocke: Welt. S. 46-51. Abb. nach einem Foto des Originals, bezeichnet mit Artist painting in his studio, im British Museum, London.

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Daneben lässt die Schreibrolle des gekrönten Dichters den bewußten, auch hier absolut gesetzten Satz vom Anspruch auf künstlerische Freiheit aus Vers 9 f. erkennen. Die programmatische Anspielung ist sogar noch in dem Kupferstich (vgl. Abb. 27) wirksam, der nach van Veens Vorlage angefertigt ist und den man in dem Emblembuch Moralia Horatiana findet.162 Mit seinem Motto »Cuique suum Studium«, »Viel köpfe / viel sinne«, präsentiert sich der Stich zwar emblematisch auf das Moralisch-Lehrhafte und auf das Lebenspraktische der »freien berufs-wahl« abgestimmt. Doch zeigt das Gemälde auf der Staffelei ebenfalls das horazische Monstrum und lässt dazu die ersten beiden Wörter »Pictoribus atq[ue]« jenes Satzes der Ars poetica lesen, der den Anspruch auf künstlerische Freiheit thematisiert. Der Blick auf die historischen Zusammenhänge, in denen das horazische Monstrum sein langes Leben beweist,16' dürfte deutlich gemacht haben, welcher klar strukturierte Verstehensraum sich für Grimmelshausens Zeitgenossen auftat. Wer das Titelbild des Simplicissimus Teutsch betrachtete, der sah sich konfrontiert mit einem zentralen Denkbild ästhetischer Debatten über Normgesetzlichkeit und Normfreiheit. Er traf auf ein ironisch-provozierendes Deutbild, das das Unstatthafte als Sinnfigur für diesen Roman darstellt. Und darin begegnete ihm der Anspruch des Simplicissimus-Romans, sich im Zeichen der Satire literarische Freiheit von ästhetischen Standards herauszunehmen.

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Abb. nach dem Faksimile der deutschen Erstausgabe - Zesen: Moralia. Bd. 1. T. 2. Nr. 1. Dazu noch Hinweise auf meist parodistische Anspielungen: In seinem Spottgedicht Das Krafigenie lässt G. F. Stäudlin (Stücke. S. 51) einen fiktiven Sturm-und-DrangDichter sich gegen einen Kritiker wenden, der sein »Werk vergleicht der Mißgestalt«, die »uns der schaale Römer malt«, wozu Stäudlin in einer Fußnote den ersten Vers der Ars poetica anfuhrt. - J. M. R. Lenz {Werke. Bd. 3. S. 234-239) beginnt sein nachgelassenes Gedicht Was ist Satire? mit dem Vers: »Auf einen Menschenrumpf den Kopf des Pferdes passen«, den er als parodistisch entstelltes Zitat im anschließenden Vers enthüllt: »Ist wie Horaz uns lehrt dem Dichter nicht vergönnt.« Siehe auch in der Edition Lenz: Selbstverteidigung. S. 32, wo Lenz sich auf die literarische »Freiheit« beruft und den Teilsatz aus Vers 9 f. der Ars poetica von der künstlerischen Freiheit zitiert — ohne die dort nachfolgende Einschränkung. — Genauso geschieht das auch jeweils in Form des wiederkehrenden Mottos bei den drei satirischen Titelvignetten der dreiteiligen Sammlung A. F. Bernhardi: Bambocciaden, an der auch L. Tieck mitarbeitete.

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Grimmelshausens Zielgruppe seines Titelbilds

Soweit in der vergleichenden Untersuchung des Titelbilds gekommen, wird mancher überlegen, wer denn überhaupt von Grimmelshausens Zeitgenossen ein so komplexes, kunstreiches Deutbild enträtseln sollte und auch konnte. Dieser Überlegung wollen wir jetzt einen Exkurs widmen. Dabei wird wohl jeder unserer Auffassung zustimmen, dass zweifellos nur solche Betrachter einen Verstehenszugang zu dem Titelbild hatten, die eine gewisse Kennerschaft in den kulturellen Traditionen und in der zeitgenössischen Bildsprache mitbrachten. Von derart Gebildeten oder >Gelehrten< weiß man, dass sie - von Sonderfällen abgesehen - einer bestimmten Schicht angehörten, die im Bürgertum und im Klerus eingrenzbar ist. Somit stellt sich zwingend die Frage, ob denn das Titelbild zum Simplicissimus Teutsch seinen ausschließlichen Adressatenkreis in jener gelehrten Schicht hatte. Gegen eine solche Annahme scheint der große verlegerische Erfolg des Romans zu sprechen, der auf ausgedehntere, das bedeutet: auch weniger Gebildete umfassende Leserkreise schließen lässt. Auf sogar nichtgebildete Leser weist Grimmelshausens programmatische Erklärung hin, die er zu Beginn der Continuatiti macht, dass er nämlich dem »Herrn Omn[i]« zuliebe seine »Histori erzehle« (S. 472). Dieser »Herr Omnis« ist allerdings fur die Zeitgenossen nicht »jedermann«, wie heutige Erläuterungen meinen.164 Genaueres kann man in der Barockliteratur selber lesen. Georg Greilinger etwa schreibt: »Herr Omnis« oder »Gemein Volck« sind »die Menschen einer Stadt / welche unbequem [= unfähig] zum Rathen / zur Regierung / Lehren / freyen Künsten und bürgerlichen Bedienungen.« Hier wird »Herr Omnis« in der gesellschaftlichen Abstufung der Zeit geringschätzig bestimmt als Schicht unterhalb des gebildeten Bürgertums. Die Geringschätzung wird noch deutlicher, wenn Greilinger fortfährt und urteilt, dass die »Gedancken deß gemeinen Volcks [...] allezeit zur Erden dencken / und nicht nach Hohen steigen«, denn der »Herr Omnis« sei »von Natur unverständig« und »ungelehrt«.1^5 Einmal mehr bestätigt sich, dass Gelehrtheit schon im Barock eine Kategorie bürgerlicher Selbstdarstellung 164

So Kelletat in seinen Anmerkungen. S. 661; Breuer: Kommentar. S. 1006 erläutert: »Herr Jedermann«. < Greilinger: Abbildungen. S. 68 f.

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ist und als ein Ausschließungsmittel angewandt wird gegenüber der »gesellschaft des Pöbels«, aber auch gegenüber der »des adel-pöbels«, wie Sigmund von Birken schreibt. 16 ^ Dessen Frage: »Wer für Herr Omnis schreibt / ist der Gelehrt zu nennen?«'^ 7 muss als eine nur rhetorische gelten, auf die sich die verneinende Antwort der schreibenden Zeitgenossen von selbst versteht. Entsprechend durchzieht die Barockliteratur das Motiv der Verachtung und Abwehr des »dumme [n] Herrn Omnis«, wie ihn Harsdörffer bezeichnet.' 68 In diesem Zusammenhang hat dann auch die spezielle Ansicht ihren Ort, »Herr Omnis« sei nicht zur allegorischen Sinndeutung fähig. So befindet Alexander von Suchten im Blick auf geheimwissenschaftliche Literatur, dass »der gemeine Mann [...] solche Bücher nicht verstanden: und durch seinen Unverstand die Schalen vor den Kern behalten« habe.' 6 9 Diese Metapher der allegorischen Texttheorie 1 7 0 besagt, dass der >Gemeine Mann< nur die äußere Textschicht, den Sensus historicus, aufnehme und diese Oberfläche für das Wesentliche halte, statt dass er auch den inneren geistigen Sinn, den Sensus allegoricus, erfasse. Für die Dichtung stellt Johann Justus Winkelmann ganz ähnlich fest, dass der »gemeine Pöfel«, der »Hans Unverstand und Alltags Mann«, nicht »verborgene Dinge« begreifen könne und - wiederum in der Sprache der allegorischen Theorie - dass er »die harte schalen«, um »den süssen Kern zuschmecken / nicht aufbeissen kan«. 171 Auch das literarische Programm Grimmelshausens, wie er es in der Continuatio darstellt, hat teil an der Ansicht, dem »Herrn Omni< sei die allegorische Auslegung nicht möglich. Doch im Gegensatz zu den meisten Barockautoren wehrt Grimmelshausen ihn nicht als Leser ab. Vielmehr gesteht er ihm zu, wenigstens in der äußeren, narrativen Textschicht Befriedigung seiner Unterhaltungsinteressen zu suchen (vgl. S. 47z f.).' 72 Grimmelshausens Programm, alles in allem genommen: M i t seinem Simplicissimus-Roman wendet er sich erklärtermaßen zugleich, wenn auch in verschiedener Hinsicht, an zweierlei Leserkreise, mit der äußeren »Histori« auch an die Bildungslosen, mit dem Sensus allegoricus zudem an das gelehrte Publikum.' 7 3 166

167

Birken: Vor-Ansprache.

- Vgl. dazu Wiedemann: Schreibsituation.

S. 725 f.

Birken: Dicht-Kunst. S. 165. 168 Harsdörfifer: Trichter. T. 3. S. 379. l6 ' Suchten: Schriffien. S. 378. 170

171 171

175

Vgl. Gersch: Geheimpoetik.

S. 75—79.

Winkelmann: Scbutzschrift.

S. 26.

Einen verwandten Standpunkt vertritt Johann Rist (Werke. Bd. 1. S. 125 f.) in der »Vorrede« zu seiner Perseus-Trzgödie, wenn er schreibt, dass er diese entgegen den literarischen Gesetzen mit lustigen Zwischenspielen ausgestattet habe, weil er damit »dem gemeinen Manne«, der mit »dergleichen possirlichen Auffzügen am allermeisten sich belustiget«, »vornemlich habe gratificiren vnd dienen« wollen. Vgl. Gersch: Geheimpoetik. S. 75-82 u. 135—159.

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Eine solche zweifache Publikumsadresse aber können wir bei dem Titelbild des Romans keinesfalls annehmen. Zwar gibt es auch hier einzelne visuelle Signale, die dem »Herrn Omni« mit Sicherheit geläufig waren, etwa das Wickelkind in dem vorgezeigten Bilderbuch — ganz so wie daheim in der eigenen Stube. Doch zentrale Bedeutungselemente des Titelbilds, wie die satirebezogene Inszenierung des horazischen Monstrums, und überhaupt der poetologische Sinnzusammenhang des Ganzen waren mit gleicher Sicherheit höchstens dem gebildeten Publikum verständlich. Zwar dürfte den >Herrn Omni< auch das aufsehenerregend Monströse neugierig gemacht haben, doch wird ihm bei dem Titelbild-Monstrum nur der Teufel in den Sinn gekommen sein, damals wie heute. So legt sich die Schlussfolgerung nahe, dass Grimmelshausen mit seinem Titelbild — in bemerkenswertem Gegensatz zu dem Simplicissimus-Romün selbst — sich eigens an eine ausgewählte, gelehrte Zielgruppe richtete. Der Widerspruch ist nur scheinbar. Er löst sich auf, wenn man die Funktionen eines solchen Bilds im Barockzeitalter berücksichtigt, wie sie zu Beginn unserer Untersuchung aufgezeigt wurden. Das Titelbild war nicht nur Blickfang zu Werbezwecken. Wichtiger noch: Das Titelbild diente - vor allem bei einem Roman oder einer Satire - zur Durchsetzung des literarischen Werks gegen Vorurteile, genauer gesagt, zum Versuch der Rechtfertigung gegenüber klerikaler wie gelehrter Kritik und der vorbeugenden Verteidigung gegenüber der obrigkeitlichen Zensur. U n d diese Absichten bestimmten die Zielgruppe eines solchen programmatischen Bilds. Das Titelbild zum Simplicissimus Teutsch war nicht dem >Herrn Omni< gewidmet, weil Grimmelshausen sich vor dem nicht rechtfertigen musste.

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Weiterführung der Analyse des Titelbilds - Z u r Uranografie der Attribute und Gesten

Bei den bisherigen Befunden darf die Untersuchung des Frontispizes nicht stehen bleiben. Dai Bild lässt weitere Bestandteile sehen, die analysiert und interpretiert sein wollen - die Attribute und Gesten, mit denen Grimmelshausen sein literarisches Monstrum ausgestattet hat. Ihre Funktion im Bildganzen und ihre metaphorisch-allegorische Bedeutung für den Roman wollen wir im Folgenden untersuchen. Somit zunächst zu der Ausrüstung des Monstrums mit einem Degen, den es in seinem stattlichen, zeittypisch mit Nieten gezierten Wehrgehänge trägt. Die Darstellung solcher Bewaffnung scheint keinen Scharfsinn des Bildbetrachters zu verlangen. Beinahe jeder Heutige wird sie als programmatisches Signal fur das Kriegsthema des Simplicissimus Teutsch, fur sein Erzählen von dem Dreißigjährigen Krieg betrachten. Darf doch dieses Sujet174 auch im Bewusstseinshorizont der Zeitgenossen als ein bestimmendes Charakteristikum des Werks gelten. Zur Sprache kommt das beispielsweise, wenn es in Beers Roman Teutsche Winternächte heißt: »Ich durchläse aida [...] Den Simplicissimum / in welchem der gantze Teutsche oder 30. Jährige Krieg beschrieben ist«.17' Auf einen Kriegsroman zunächst läuft auch Grimmelshausens veröffentlichtes Selbstverständnis seines Simplicissimus hinaus, wie er es ein Jahr vor dessen Erscheinen äußerte. In seinem Satyrischen Pilgram, im zweiten Teil und letzten Diskurs »vom Krieg«, sprach er ausdrücklich vom »verwichenen Teutschen Kriege«, bei dem er selbst »auch darbey gewesen / da man einander das weisse in den Augen beschaute«; er könne »derowegen wohl Zeugnüß geben«. Er ließ aber wissen, dass er von den »Teutschen Kriegshelden« künftig, »an einem andern Ort« erzählen werde (S. 156-158). Seine Andeutungen gipfelten dann am Ende des Diskurses in der konkreten Ankündigung seines

174

Die Relevanz des Sujets für den literarischen Markt hatte schon am 22. 8. 1648, zwei Monate vor dem Westfälischen Frieden, der Schriftsteller Martin Zeiller in einem »Sendschreiben«, Harsdörffers »Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte betreffend«, angesprochen, indem er aufforderte, »die jenige wunderliche Geschichten / so sich bey diesem noch werendem Krieg in Teutschland begeben / [zu] beschreiben [...] / so / sonders zweifei / treflich abgehen würden« - nach Harsdörffer: Schau-Platz. S. 1. •7S Beer: Werke. Bd. 7. S. 200.

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Romans und dessen Kriegssujets: »ICh gestehe gern / daß ich den hundersten Theil nicht erzehlet / was Krieg vor ein erschreckliches und grausames Monstrum seye / dann solches erfordert mehr als ein gantz Buch Papier / so aber in diesem kurtzen Wercklein nicht wohl einzubringen wäre / Mein Simplicissimus wird dem günstigen Leser mit einer andern und zwar lustigem Manier viel Particularitäten von ihm erzehlen«. (S. 160) Doch bei der Annahme, der Degen des Titelbild-Monstrums bilde einen Hinweis auf das Kriegsthema des Romans, sind Zweifel angebracht. Die müssen notwendigerweise dann aufkommen, wenn man die Waffe genauer betrachtet und den Degentyp sich vergegenwärtigt. Denn dieser Degen stellt keine Kriegswaffe im eigentlichen Sinn dar, weil er wenig tauglich für eine Schlacht wäre. Anders als der kürzere, aber schwere Reiterdegen, den wir im Bilderbuch des Frontispizes (vgl. Abb. 36), ganz oben auf der rechten Buchseite, erkennen, ist dieser leichte Degen mit keinem schützenden Griffbügel ausgerüstet, sondern ausschließlich mit einer Parierstange zwischen dem Griff und der langen, sehr schlanken Klinge. Dieser elegante Stoßdegen war als Hofdegen beliebt. Einen fast gleichartigen Degen tragen zum Beispiel die kunstsinnigen Kavaliere, die wir auf einem Bildausschnitt (vgl. Abb. 28) aus dem Frontispiz zu Harsdörffers Gesprächspielen, Teil V (Nürnberg 1645), sehen. Es scheint also ein Repräsentationsdegen zu sein, mit dem Grimmelshausen sein Titelbild-Monstrum bewaffnet hat. 176 Bei diesem Degentyp, der im Titelbild genau wiedergegeben ist, steckt die etwa 100 cm lange Klinge in einer dünnen, meist ledernen Scheide, was man an deren Bügel erkennen kann, mit dem sie unten in den Tragegurt eingehängt ist.' 77 Nur das Scheidenende, meist ein schützender Messingabschluss, ist nicht

176

Bei der Bewaffnung darf wohl auch eine spezielle poetologische Bedeutung erwogen werden, wenn man denn für das Barockzeitalter die Gleichsetzung eines Degens mit dem Schwert der Sinnbildkunst gelten lässt. Ein Bedeutungskompendium der Zeit lehrt uns, dass sowohl die Beredsamkeit selbst als auch die Sprache der Schmähung als ein Schwert angesehen werden — Valerianus: Hieroglyphica. S. 453: »Inuenies vero passim de maledicis, verbis proscindere: & eloquentiam ipsam esse gladium, & gladium in ore aliquem gestare [...] Et sacrae nostrorum literae linguam gladio saepe comparant«. Beliebte Bezugspunkte liegen in der Bibel, wo einerseits die prophetische Strafrede (Jes. 49, 2) und auch das Wort Gottes (Eph. 6, 17), andererseits aber auch die Zungen, Lippen und Worte der Verleumder als scharfe Schwerter bezeichnet werden (Ps. 55, 22; 57, 5; 59, 8; 64, 4). Auch in der Antike gibt es die Metapher des Schwertes z. B. für die Zornesrede des Satirikers (so bei Juvenal: Satura I, 165 f.). Noch bei Gryphius (Gesamtausgabe. Bd. 5. S. 19) heißt es in seinem Trauerspiel Leo Armenius·. »Die Zung ist dieses Schwerdt / So schützet und verletzt.« Im Hinblick auf eine solche Tradition wird man in der Waffe des Simplicissimus-Monstrums vielleicht einen Hinweis auf das streitbare Potential des satirischen Romans sehen dürfen. 177 Weil ich das Detail des Scheidenbügels übersehen hatte, habe ich 1973 den Degen als >blanke Waffe< missverstanden — Gersch: Thesen. S. 78 f.

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dargestellt, sondern außerhalb des begrenzenden Bildrandes zu denken. Was heutzutage vielleicht als ironische, weil unverhältnismäßige Darstellung anmutet, dass nämlich ein so leichter Degen an einem so imposanten Gehänge getragen wird, war freilich im Barock, wie auch auf Harsdörffers Frontispiz zu sehen, durchaus üblich; es war sogar zweckmäßig, da der breite Einhängebereich das Pendeln des Degens verminderte. Eine darstellerische Ironie ist gleichwohl im Spiel. Wie wir schon bei der Untersuchung seines Körpers erkannt haben, könnte das Titelbild-Monstrum in seiner Massigkeit und mit den Flügeln eines nicht voll flugfähigen Vogels kaum mehr als flattern. Definitiv unmöglich gemacht ist ihm aber jeder Flugversuch durch das Wehrgehänge mit dem Degen. Derartig ausstaffiert könnte das Monstrum, selbst wenn es denn wollte, seinen linken Flügel nicht einmal heben und ausbreiten. Was also als wehrhafte Ausrüstung anmutet, erweist sich als gänzliche Einschränkung. Es dürfte somit sinnfällig sein, dass Grimmelshausens Monstrumdarstellung die Idee des Aufschwungs ironisiert, wie sie sich sonst ikonografisch mit den Denkbildern geflügelter Wesen verbindet, seien es Engel, Genien oder allegorische Figuren. Solche Wesen werden immer mit erhobenen und ausgebreiteten Flügeln, wenn nicht sogar im Flug, dargestellt. Die Ironisierung aber auch jeder Aufschwungsidee, die mit dem literarischen Monstrum signalisiert ist, bedeutet für Grimmelshausens Roman die programmatische Verneinung von poetischem Aufschwung. Dem entsprechen dann auch im Erzählten das skeptische Bewusstsein, das Prinzip der satirischen Verkehrung und der Realitätssinn in Form der reflektierten Negation, wie sie im Simplicissimus Teutsch als einem Roman des niederen Literaturgenres herrschen. Dabei werden in abwehrenden Anspielungen und polemischen Reflexen erhabene Auffassungen, Motive, Stil- und Bauelemente der hohen Dichtung persifliert und zu einer andersartigen, beispielsweise zynisch-pikaresken oder narrensatirischen Wirklichkeitsdarstellung umgeformt.178 Allerdings, einen offensichtlichen Gegenentwurf zu dem ironischen, verneinenden Signal des Titelbilds zum Simplicissimus Teutsch stellt dann die Vignette dar (vgl. Abb. 30), die ein Jahr danach auf dem Titelblatt der Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi, des sechsten Buchs des Romans, abgedruckt wurde, sei es auf Wunsch des Autors, sei es auf Anweisung des Verlegers. Die Vignette mit der Losung »AD ASTRA VOLANDUM« zeigt das geflügelte Pferd Pegasus, wie es sich in die Lüfte erhebt und zu den Sternen fliegt. Dieses mythologische Mischwesen der Antike wird seit dem italienischen Humanismus bekanntlich als poetologisches Sinnbild, als Musenross oder Ross der Dichtung,

178

Vgl. die Interpretationen Heselhaus: Grimmelshausen und Geulen: Erzählkunst. S. 209-253.

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verstanden. Es begegnet immer wieder als Buchdruckermarke, Verlagssignet und auch als Bestandteil von Titelbildern poetischer Werke. Das geflügelte Ross ist Sinnbild jenes Aufschwungs, der sich allemal und auf das Engste mit der Auffassung von Literatur als Dichtung verbindet. Der Aufschwung des Pegasus meint traditioneller Weise: Inspiriertheit durch poetischen Geist, Steigerung der Sprache, Enthusiasmus fur das Erhabene, Erhebung zu Uberirdischem. Solche poetologischen Bedeutungsaspekte der Continuationignette stimmen mit der spirituellen Dichtungsauffassung überein, die - wie andernorts gezeigt werden konnte 179 — Grimmelshausen in eben der Continuano, in der Art eines kommentierenden Nachworts, für seinen Roman in Anspruch nimmt, eine Dichtungsauffassung, über die er aber in den ersten fünf Büchern seines Werks nichts mitgeteilt hatte. Das im Sinn des Nachworts distanzierende und umdeutende Widerspiel des Conrinuatio-Textes generell zum Simplicissimus Teutsch hat demnach seine sinnbildliche Entsprechung in dem poetologischen Gegensatz, den die Vignette mit dem Aufschwung des Pegasus zum Titelbild mit dem flugunfähigen Monstrum bildet. *

Indem die Untersuchung sich jetzt den Masken zuwendet, die auf der Plattform des Simplicissimus-Titelbilds liegen, wollen wir uns zunächst Merkmale der Darstellung klarmachen. Die wichtigste Beobachtung dabei ist wohl diese: Die Masken gehören nicht dem Monstrum zu; sie können nicht als seine eigenen, nur abgelegten Gesichtsmasken aufgefasst werden. Denn sie sind viel zu klein fur seinen großen Kopf, gemessen am Abstand zwischen Mund und Augen, und sie passen in ihrer wenig plastischen Ausformung in keiner Weise auf das schiefe Gesicht mit dem stark vorspringenden Kinn und der riesigen Nase. Die Masken, auf die das literarische Monstrum tritt, müssen also in einem ganz anderen Zusammenhang mit ihm gesehen werden. Eine weitere Beobachtung zu ihrer Darstellung: Die Anordnung auf der Plattform, besser: die stilisierte Unordnung, in der die annähernd gleichartigen Masken übereinander liegen und teilweise verdeckt sind, erlaubt weder den Eindruck einer Eigenheit der je einzelnen Maske, noch gibt sie mit der Gruppierung der sieben zu einer Vierer- und zu einer Dreier-Häufelung irgendeinen Hinweis, hier sei etwa ein bestimmtes der zahlreichen Siebenersysteme unserer kulturellen Tradition zeichenhaft repräsentiert. Wir wollen uns mit dem Befund begnügen, dass die Darstellungsform darauf angelegt ist, die Idee der Häufung zu figurieren, und sie mit der Siebenzahl ganz herkömmlich die Vorstellung einer Gesamtheit zum Ausdruck bringt. 179

Vgl. Gersch: Geheimpoetik.

7i

Die Maske oder Larve zählt bekanntlich zu den geläufigsten Requisiten der Sinnbildkunst des Barock, das damit fur seine Grundauffassung vom verbergenden, trügerischen Schein der Welt ein modulares Element hat, dem es negative Geltung für alle irdischen Dinge zuschreibt. Die allegorische Bedeutungsdimension der Maske bleibt in der ganzen Epoche weitestgehend unverändert, weil eben topisch. Wenn Harsdörffer uns belehrt: »Die Larve hat die Deutung der Verstellung und deß Betruges«,'80 so deckt sich das prinzipiell mit den Aussagen der Emblematik und der Ikonologie. Beispielsweise zeigt ein Emblem von Andreas Alciat die Maske als Sinnbild des >leeren Scheins< und ein Emblem von Guillaume de La Perrière als Sinnbild der >VerstellungLügeTücke< und >BetrugGeheimpoetik< ablesen kann und wie wir sie bei unserem Titelbild unter anderem in Form von absichtsvollen Verkehrungen beobachten konnten (und noch beobachten werden). Nicht jeder, und auch nicht sofort, erkennt das satirisch polemische Zeichen. N u r der betrachtende Leser, der den Schein der illusionistischen Darstellung durchschaut, entdeckt das programmatische Handzeichen, das von dem literarischen Monstrum gegen den offenen Großfolianten gerichtet wird. *

Fragt man jetzt, was es zu bedeuten hat, dass den Betrachtern ein aufgeschlagenes Buch präsentiert wird, so muss man sich den Darstellungstyp in seiner Ikonografie u n d Geschichte vergegenwärtigen. E i n e n ersten A n h a l t bietet wieder Harsdörffer: »Die Lehre ins G e m e i n wird bedeutet durch ein offnes Buch«. 2 0 1 Entsprechende Darstellungen sind aus der mittelalterlichen Kunst geläufig; Fresken, Altarbilder und Statuen der Kirchen stehen wohl jedem vor Augen. Dort ist das geöffnete und vorgewiesene Buch allererst Attribut Christi. Als Sinnbild seiner Lehre und Offenbarung gibt es in der Regel ein zentrales Evangelienwort seiner Selbstmanifestation zu lesen, etwa »Ich bin das Licht der Welt« (Joh. 8, 12). Das aufgeschlagene Buch in der Bedeutung der Heilslehre bildet wahrscheinlich das häufigste Attribut in der christlichen Kunst. 2 0 2 W i r d doch schon im Mittelalter dieses Attribut auch den Propheten, Aposteln und Evangelisten als den Vermittlern der Offenbarung verliehen und fernerhin einer endlosen Reihe von Kirchenlehrern, Päpsten, Bischöfen als Zeichen der Lehrautorität. Das Buch ist der Inbegriff des Christentums als einer Buchreligion; das veranschaulicht eindrucksvoll das schon angeführte Titelbild (vgl. Abb. 32) zu Predigten des Augustinus. M i t der Vielzahl von amtlichen Lehrern der Heilsgeschichte nicht genug, in synkretistischer Tendenz wurden bis in das Barockzeitalter noch mancherlei Personen, die man als Verkünder einer Grundoffenbarung auffasste und deren Botschaften man christlich auslegte, mit dem Attribut des offenen Buchs ausgezeichnet; so die römischen Sibyllen 2 0 ' oder Dichter wie Vergil und Dante,

201 202

203

Harsdörffer: Trichter. T. 3. S. 313. Andere ikonografische Erscheinungsformen wie das geschlossene Buch, das Buch des Lebens beim Jüngsten Gericht, das Gesetzbuch des Neuen Bundes oder das Buch der Regeln in den Händen der Ordensgründer können in unserem Zusammenhang vernachlässigt werden. Vgl. z. B. Strauss: Bartsch. Bd. 24. S. 53-74, 280 u. 285.

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die als göttlich inspiriert galten.204 Nicht zuletzt wurde der Darstellungstyp auch auf Luther angewandt. Das lässt der Ausschnitt (vgl. Abb. 33) aus einem Flugblatt sehen,205 wo der streitbare Reformator als glaubensgewiss abgebildet ist, indem er das offene Evangelium hoch hält und darin Worte des Glaubens {Rom. I, 17 u. Gal. 3, 7) lesen lässt. Vor dem Hintergrund solcher Konstanz in der Uranografie ergibt sich der interpretatorische Gesichtspunkt, dass nach dem Muster jenes Darstellungstypus auch die Präsentation des aufgeschlagenen Buchs auf dem Simplicissimus-Tite\bild gestaltet ist und in eben ihrer Übereinstimmung mit dem Typus erkannt werden soll. Dieses Verständnis der Buchdarstellung addiert sich mithin zu den Ergebnissen der vorangegangenen Untersuchung, so dass förmlich eine Zwischensumme formuliert werden kann: Die Titelbildkonzeption eines offenen Buchs, das hochgehalten, vorgezeigt und auf das gedeutet wird, macht den hohen Anspruch geltend, Lehre und Offenbarung zu bieten. Für diesen Anspruch steht das literarische Monstrum und damit der Simplicissimus Teutsch. Dessen Vermittlungsform wird durch die Satyrelemente samt dem programmatischen Handzeichen signalisiert als Lehre und Offenbarung kraft der satirischen Schreibart, die nämlich Wahrheit mitteilt, auch indem sie ihre Objekte bloßstellt und ohne Masken vorführt. Schließlich, den Objektbereich der satirischen Enthüllung durch den Roman stellt das offene Bilderbuch des Monstrums dar, der Großfoliant, der ein bestimmtes Denkbild von Welt repräsentieren dürfte, das in einer Analogie zum Buch der Bibel zu verstehen ist. Das Barock als Erbe auch des Mittelalters kennt neben dem Buch der Heiligen Schrift eine andere, ältere Offenbarung Gottes - die Welt. Diese erfaßt es in einem Denkbild, das die Welt positiv als großes Buch versteht,2oé das vom Finger Gottes geschrieben ist und offen vor jedermanns Augen liegt. Allenthalben wird zitierfreudig rekapituliert: »Le Monde est un grand livre«.207 »The world 's a book in folio«.208 »Kein grösseres Buch weist di Welt / als sich

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Man denke an das Bild von Domenico dì Michelino im Dom zu Florenz, das Dante darstellt und seine aufgeschlagene, vorgezeigte Divina Comedia mit einer Glorie abbildet. Abb. nach dem um 1568 datierbaren Blatt LVTHERUS. TRJVMPHANS, das Harms: Flugblätter. II. 18 wiedergibt und kommentiert. - Vgl. ebd. II. 124 u. 127 f. ähnliche Darstellungen Luthers mit dem Evangelium. Vgl. Gersch: Geheimpoetik. S. 118-121 und Schilling: Imagines. S. 71-81; ebd. S. 55, 65 f. u. 81 auch zu dem nur scheinbaren Widerspruch von negativer und positiver Welt-Bildlichkeit im barocken Denksystem. Guillaume de Salluste Du Bartas in seinem Schöpfungsepos La Sepmaine ou Création du Monde (1578) - nach Harsdörffer: GesprächspieU. T. VI. S. 584. Nach Curtius: Literatur. S. 327, wo das Zitat mit der Angabe Francis Quarles: Emblemes (163s) nachgewiesen ist. Dort war es aber nicht zu lesen. Einer nicht näher belegten Bemerkung bei Ohly: Welt. S. 255 zufolge stammt das Zitierte aus

81

selbsten«.209 Die zugrunde liegende Auffassung besagt, dass Gott im Schöpfungsakt alles in seiner Welt mit zeichenhafter, transzendierender Bedeutung versehen und so die einzelnen Geschöpfe und Dinge zu Sinnbildern, gleichsam zu Buchstaben und Wörtern seiner Uroffenbarung gemacht hat, so dass letztlich alles Geschaffene allegorisch auf ihn deutet. Die beiden Offenbarungswerke Gottes, das Buch der Welt und das Buch der Heiligen Schrift, existieren nach ererbter und produktiv fortgeschriebener Auffassung in einer Übereinstimmung. Beide Bücher sollen nach dem Willen ihres göttlichen Autors vom Menschen im Zusammenhang gelesen und in ihrer Bedeutung durch spirituelle Betrachtung der jeweiligen Sinnbilder erschlossen werden. Dazu sagt beispielsweise die Abraham von Franckenberg zugeschriebene Gemma Magica (Amsterdam 1688), dass sich die Zeichen im Buch der Welt über ihre Wiedergabe in der Bibel erschließen: »Wann du [...] im Welt-Buch aller Geschöpffen Bildungen / jene Sinnbildische Buchstaben nemlich / erwiegest / aldann soltu dich alsobald der Oerter heiliger Schrifït erinnern / da diese vorgesagte geheimte Buchstaben sich außgedruckt befinden / und also wirstu die wahre Erklärung [...] in der Anfuhrung und Erleuchtung Gottes / durchs Licht seines Worts haben.«2I° Grimmelshausen ist mit der Lehre vom Buch der Welt vertraut. Im 23. Kapitel der Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi zitiert er sie und übt sie den Lesern ein. Das und mehr konnte vor Jahrzehnten gezeigt werden.211 Deshalb sei jetzt nur daran erinnert, dass der Romanautor den fromm gewordenen Simplicius erzählen lässt, »von einem heiligen Mann gelesen« zu haben, »daß er gesagt / die gantze weite Welt sey ihm ein grosses Buch / darinnen er die Wunderwercke GOttes erkennen« könne (S. 568). Nach diesem Fingerzeig auf Antonius, den Einsiedler, und auf das Denkbild vom Welt-Buch führt Grimmelshausen das Prinzip der spirituellen Betrachtung der Dinge der Natur in ihren biblischen Entsprechungen erzählerisch vor und legt mit einer Reihe poetologischer Deutbilder seinen Lesern nahe, analog Sachen und Handlungen im Simplicissimus-Roman allegorisierend auszulegen. Das ist - sehr kurz gefasst - der Standpunkt seiner spirituellen Dichtungsauffassung, wie ihn Grimmelshausen 1669 in der Continuatio, dem verschlüsselten Kommentar zu seinem Roman, einnimmt. Darauf muss hier nicht weiter eingegangen werden.

209

210 211

von Josuah Sylvester ins Englische übersetzten Versen des Epos von Du Bartas, das hier in der vorigen Anmerkung angeführt ist. Dann wäre unser englisches Zitat wohl nur die Übersetzungsvariante unseres davor angeführten französischen. Kuhlmann: Tugend-Sonnenblumen. S. 293. — Der belesene Autor zitiert dabei den Beginn der Widmung des Werks Ost- und West-Indischer wie auch Sinesischer Lust- und Stats-Garten (Nürnberg 1668) von Erasmus Francisci, der fiir ihn »ein Gewaltsambelesener« ist. Franckenberg: Gemma. S. 150. Gersch: Geheimpoetik. S. 75-161, v. a. 118—124.

82

Denn ein Jahr zuvor im Simplicissimus Teutsch war keine Rede von solcher allegorisch-hermeneutischen Lesearbeit. Zwar hatte dort, um bei dem Beispiel zu bleiben, Simplicius als Hanauer Narr bereits »Außspruch und Meynung jenes heiligen Manns«, also des Einsiedlers Antonius, zitiert: »welcher davor hielte / die gantze weite Welt sey ihm Buchs genug / die Wunder seines Schöpffers zu betrachten / und die göttliche Allmacht darauß zu erkennen«. Jedoch hatte dabei Simplicius das Buch der Welt lediglich als polemischen Gegenentwurf zu »Druckerey und Schrifften« ins Spiel gebracht, um auch diese »Künste« der Menschen »als lauter Vanitäten und Thorheiten« zu kritisieren (S. 123). Damit ist eine narrensatirische Perspektive aufgetan, die der Grundstruktur des Simplicissimus als eines satirischen Romans zugehört. Keinesfalls aber wird dabei oder sonst irgendwo im Simplicissimus Teutsch eine spirituelle Betrachtungsweise angezielt wie in der Continuatio, dem generell umdeutenden Widerspiel zu den ersten fünf Büchern des Romans. Indem wir auf dessen Titelbild den Großfolianten mit seiner Textur aus lauter dinglichen Zeichen als eröffnetes, zu lesendes Buch der Welt verstehen, müssen wir zugleich geltend machen, dass diese Darstellung einer mehr oder weniger säkularisierten Variante des Denkbilds 212 gilt. Denn die programmatische Ankündigung des Frontispizes läuft auf kein Versprechen spiritueller, transzendierender Bedeutungen hinaus, sondern auf Offenbarungen der Satire, die - daran besteht kein Zweifel - weltzugewandt, wenn auch übergeordneten Normen verpflichtet ist. Das Bild signalisiert, dass der Simplicissimus Teutsch über den täuschend verbergenden Schein der Welt triumphierend das große Buch der Welt satirisch eröffnet, so dass Wahrheiten über die menschlichen Dinge und ihre Verkehrtheit zu lesen sind.

112

Zur Geschichte und zum Wandel der Auffassung vom Welt-Buch vgl. Blumenberg: Lesbarkeit und Ohly: Buch.

83

Abschluss der Analyse des Titelbilds — Zur Uranografie der Bilderschrift

Die Entzifferung des simplicianischen Welt-Buchs fuhrt jetzt in den Millimeterbereich der Darstellung. Doch erweisen sich bei genauer Betrachtung und außerdem in der fotografischen Ausschnittvergrößerung 2 ' 3 (vgl. Abb. 36) die einzelnen Bildzeichen als ziemlich sorgfältig graviert, so dass wir die abgebildeten Dinge, auch im Vergleich mit entsprechenden Motiven der Populärgrafik, näher bestimmen und nach dem darstellerisch Besonderen Ausschau halten können. Wir wollen dabei den eigenen Augen trauen, Unklarheiten und Unzulänglichkeiten bei den Gravuren durchaus nicht übergehen, sondern anmerken, doch auch jetzt die Interpretationsliteratur getrost beiseite lassen, die mit solchen Ansichten aufwartet, in dem Buch seien »ein Salamander, eine Kröte und eine Wühlmaus« abgebildet. 214 Als Ganzes betrachtet vermitteln die aufgeschlagenen Buchseiten den Eindruck einer handschriftlichen Textur: In der Art ihrer Platzierung wirken die Bildzeichen, als ob sie Wörter eines Manuskripts darstellten. Sie zeigen übliche Unregelmäßigkeiten eines handschriftlichen Duktus und der Schreibbewegung nach rechts. Zwar ist die Aufeinanderfolge der Zeichen, wie links am Seitenanfang mit den benachbarten Bildern der Zackenkrone und des Klerikerbaretts klargemacht, gewissermaßen in Zeilen ausgerichtet, aber sozusagen im Textverlauf sind diese mehrfach und beträchtlich über- oder unterschritten und haben ein gewisses Gefälle nach rechts. Der Schreibrichtung entspricht auch die Schieflage einzelner Bildzeichen. In den extremsten, den gleichgerichteten Fällen Wickelkind, Segelschiff, Spinne und Geflügelbraten hat deren Schiefe einen ordnenden Effekt, indem sie parallel zur senkrechten Mittelachse des Titelbildes (vgl. auf Abb. 2) konstruiert ist und so das schräg vorgezeigte Welt-Buch harmonisierend im Bildgefuge festmacht. Die meisten Zeichen sind in deutlichem Abstand von einander gesetzt, einige aber wie Narrenkappe, Laubbaum, Arzneidose, Spinne

213

214

A b b . nach dem Exemplar der Deutschen Staatsbibliothek Berlin — Näheres in Anm. 2. So Tarot: Simplicissimus. S. 13 f., der sich bei seinen falschen Angaben, die er für eine »ikonographische Beschreibung« hält, auf die Auskunft eines Zürichers beruft, der ein Zoologe und »zugleich ein vorzüglicher Kenner der Bildtradition« sei.

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und Geflügelbraten aus scheinbarem Platzmangel in sehr enge Nachbarschaft, ja in gegenseitige Berührung gebracht; Weinglas und Wickelkind sind sogar in leichter Uberlagerung abgebildet. Auf der linken Buchseite ist der äußere Schreibrand eingehalten, nicht aber der innere, wo das Feldgeschütz mit seiner Lafette weit in den Binderand hineinreicht. Ahnlich verschiedenartig zeigen sich der obere und der untere Seitenrand, der das Wickelkind förmlich in seinem Fußteil abschneidet. Insbesondere auf der rechten Buchseite, auf der die Zeilen der Textur vielfältig über die denkbaren Schreibränder hinausgehen, erscheinen die Gedrängtheit dieser Seite sowie die gegenseitige Berührung der Zeichen im Grunde unnötig, wenn nur einzelne von ihnen etwas anders angebracht wären. Dass sie aber gerade in dieser Weise platziert sind, lässt auf die gestalterische Intention einer gewissen Unordnung schließen. Die Stilisierung einer solchen zwanglosen Schriftlichkeit erlaubt nicht, etwa an den gleichförmigen Satzspiegel eines gedruckten Buchs zu denken und auch nicht an die strikte Formierung humanistischer >HieroglyphenHerrn Omnis< gedacht ist, sondern ausschließlich fiir eine gelehrte Zielgruppe in Bürgertum und Klerus. Dem methodischen Vorsatz entsprechend, das Titelbild nicht in ungeschichtlicher Vereinzelung und willkürlichem Assoziieren zu deuten, haben wir es im Zusammenhang mit dem Genre des barocken Frontispizes, mit den normativen Aufgaben literarischer Titelbilder analysiert. Als ein gemeinsamer Nenner erwies sich ihre Bestimmung zu poetologischer Programmatik und darin eingeschlossener Rechtfertigung des jeweiligen Werks, wobei es freilich nicht um sein Individuelles geht, sondern um sein Allgemeines, das für die Zeit hauptsächlich im Gattungsgesetzlichen liegt. Da macht das Simplicissimus-Titelbild keine Ausnahme, wenigstens nicht im funktionalen Ansatz. Doch war das Bild auch in seinen auffälligen Abweichungen von eben dem Genre zu untersuchen. Ganz anders nämlich als die meisten barocken Titelbilder, die reichlich mit textlichen, oftmals redundanten Bilderklärungen versehen sind, zeigt sich das Titelbild zum Simplicissimus Teutsch ohne jedes Wort der Erklärung und damit als wirkliches Rätselbild. Schwerwiegender noch die andere Besonderheit: Dieses Bild mit seinem Sujet ausgerechnet eines Monstrums, das für das Barock ein naturwidriges Ärgernis verkörpert, stellt einen prinzipiellen Widerspruch dar zu der Idealität des Titelbildgenres, das auf musterhafte Werkrepräsentation ausgerichtet ist. Zu solcher Provokation stimmen noch Momente absichtsvoll ironischer Darstellung des Hässlichen, des Verkehrten, der Deformation. Im Weiteren war zu erkennen, dass Grimmmeishausens Titelbild-Monstrum dennoch in einer poetologischen Traditionsfolge steht, indem es bildliches Zitat und Variation jenes literarischen Monstrums ist, das Horaz am Anfang seiner Ars poetica skizziert. Hat es dort die Funktion eines dichtungstheoretischen

99

Warnbilds, das ein Werk lächerlich macht, weil es kein einheitliches Ganzes bildet und zu große Varietas aufweist, so erscheint das Monstrum auf Grimmelshausens Titelbild geradezu umgearbeitet zu einem positiv rechtfertigenden Deutbild für den Simplicissimus Teutsch und seine literarische Komplexität. Durch die Ausstattung des Monstrums noch mit Darstellungselementen eines Satyrs, des traditionellen Repräsentanten der Satire, beansprucht Grimmelshausen für seinen Roman die von der Poetik zugestandene Stoff- und Formfreiheit der satirischen Gattung. Unter den sonstigen Bestandteilen des Titelbilds haben vor allem das schmähende Handzeichen des Monstrums und sein demonstrativ vorgehaltenes Buch poetologische Bedeutung. Im Vergleich mit Titelbildern anderer satirischer Werke konnte jene zweideutige Geste in ihrer programmatischen Eindeutigkeit verstanden werden — als Erkennungssignal der Gattung Satire und deren Anspruch, durch freimütige Bloßstellung Wahrheit zu offenbaren. Diese satirische Geste gilt dem aufgeschlagenen Großfolianten, der in ikonografischer Tradition als bibelanaloges Buch der Welt zu verstehen war, das durch das Monstrum, durch den Simplicissimus Teutsch, offenbar gemacht wird. Doch nicht Gottes Buch seiner geordneten Schöpfung gibt es da zu sehen, sondern deren Entstellung durch die Umtriebe der Menschen - entlarvt und gedeutet durch den satirischen Roman. Damit übereinstimmend sind auch bei den in jenem Welt-Buch abgebildeten Artefakten, den menschlichen Dingen, unverkennbare Deformationen und Verkehrungen wahrzunehmen. In ihrer Mehrzahl gehören die kleinen Abbildungen menschlicher Dinge zu einer im Barock populären Zeichenschrift von narrensatirischer Bedeutung. So wird denn, alles in allem, der Simplicissimus Teutsch vermittels seines Titelbilds umfassend und in sinnfälliger Programmatik als satirischer Roman zu verstehen gegeben. Es war im Lauf der Untersuchung zu sehen und zu lesen, dass das Titelbild in allen seinen Bestandteilen und Bedeutungselementen der Tradition verpflichtet ist. Das kann bei einem Bild des Barockzeitalters auch nicht anders erwartet werden. Doch hat Grimmelshausen die traditionellen Bausteine ungewöhnlich neuartig miteinander kombiniert. Im Einklang mit dem bildlich formulierten literarischen Anspruch ist es diese gestalterisch-integrierende Qualität, die die Einzigartigkeit und Modernität seines Titelbilds ausmacht.

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Abbildungen

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Abb. 7

Titelbild zu Grimmelshausen: Vogelnest T. I

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Abb. 8

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Titelbild zu Moscherosch: Visiones De Don Quevedo

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Abb. 12 Titelbild zu Neumark: Musikalisch-Poetischer Lustwaid T. 3

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c/©cift*unD ert 3» © Ι β ί φ w i e ber C o b t felbft t b u t ; w a e ί ο ΐ φ b i n flii^ttg tiefen Ï H i r bftbe jwgefwgt / w i r b b i e r i n n e n gelefen ; W o r a u f j u f e b e n ift baf* U n b e f t ä n b i g f e i t A l l e i n b e f t a n b i g fey/ i m m e r i n «Sreub u n b Äeib. Abb. 31

Grimmelshausen: Mottogedicht zu seiner Continuano

Abb. 32 Titelbild zu Augustinus: Opera

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Abb. 33

Flugblatt Lvtherus. Trivmphans — Ausschnitt

Abb. 34 Ghezzi: Scena campestre

R Jraniam. ostendit S Le viter

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Abb. 35 Bulwer: Chironomia — Tabelle — Ausschnitt

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Abb. 36 Titelbild zu Grimmelshausen: Simplicissimus Teutsch — Ausschnitt

Abb. 37 Kupferstich aus van Veen: Amorvm Emblemata

Abb. 40 Moncornet: Die fünf Sinne — Ausschnitt

Abb. 41

Flugblatt A Domino Factum — Ausschnitt

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A b b . 42 Titelbild zu Hobbes: Leviathan

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Kupferstich nach Brueghel d. Ä.: Eick — Ausschnitt

Abb. 44 Flugblatt Doctor Wurmbrandt

Abb. 48 de Bry: Stultorum medicus

Abb.

Flugblatt Newe Jahr Avisen — Ausschnitt

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