Linking: Syntax und Semantik französischer und italienischer Gefühlsverben 9783110943351, 9783484304932

With reference to extensive material, the study shows that the linking behaviour of French and Italian verbs of feeling

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German Pages 383 [384] Year 2005

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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Vorwort
1. Zielsetzung
2. Theoretische und methodische Aspekte
3. Gefühl als Szene - semantisch-syntaktisches Linking
4. Syntaktische Klassen
5. Einzelne Gefühlsszenen und semantisch-syntaktisches Linking
6. Syntaktische Klassen und syntaktisch-semantisches Linking
7. Ansätze zu einer Formalisierung
8. Fazit und Perspektiven
Literatur
Verbverzeichnis
Namensverzeichnis
Schlagwortverzeichnis
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Linking: Syntax und Semantik französischer und italienischer Gefühlsverben
 9783110943351, 9783484304932

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Linguistische Arbeiten

493

Herausgegeben von Peter Blumenthal, Klaus von Heusinger, Ingo Plag, Beatrice Primus und Richard Wiese

Rolf Kailuweit

Linking: Syntax und Semantik französischer und italienischer Gefühlsverben

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2005

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-484-30493-6

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag G m b H , Tübingen 2005 http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Laupp & Göbel G m b H , Nehren Einband: Nädele Verlags- und Industriebuchbinderei, Nehren

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen Vorwort 1 Zielsetzung 1.1 Funktionalistische Sicht 1.1.1 Syntax und Semantik 1.1.2 Paradigmatische und syntagmatische Orientierung 1.2 Einzelsprachliche und übereinzelsprachliche Orientierung 1.3 Sprachkompetenz und Sprachwissen

ix xi 1 4 5 8 11 16

2 Theoretische und methodische Aspekte 2.1 Semiose 2.2 Methodische Grundlagen des onomasiologischen Vorgehens 2.3 Semasiologisches Vorgehen: Verben als Untersuchungskorpus 2.4 Verbsemantik und Verbsyntax 2.4.1 Valenz 2.4.2 Relationalität und Interdependenz 2.4.3 Verb und Satz: Ebenen der Satzstruktur 2.4.4. Das Zusammenwirken der Ebenen - Linking 2.5 Korpuserstellung

23 23 29 31 36 36 38 40 43 50

3 Gefühl als Szene - semantisch-syntaktisches Linking 3.1 Der Phänomenbereich «Gefühl» 3.1.1 Gefühl als Szene 3.1.2 Partizipantenrollen: Empfindungsträger und (Empfindungs)-Korrelat 3.1.2.1 Notwendigkeit des Korrelats 3.1.2.2 Das Korrelat als Sachverhalt 3.1.2.3 Spezifizität der Partizipantenrollen 3.1.3 Kausalität 3.1.4 Ursachen, Bezugspunkte und «finale» Korrelate 3.2 Gefuhlspartizipanten und semantisch-syntaktische Linking-Prinzipien 3.3 Zusammenfassung

57 58 65 68 72 75 77 84 92 100 107

4 Syntaktische Klassen 4.1 Einwertige Verben 4.2 Zweiwertige Verben 4.2.1 Zweiwertige SE-Verben 4.2.1.1 Transitive SE-Verben 4.2.1.2 Intransitive SE-Verben 4.2.1.3 Pseudoreflexive Verben 4.2.2. Zweiwertige OE-Verben 4.2.2.1 Transitive OE-Verben 4.2.2.2 Intransitive OE-Verben 4.3. Dreiwertige Verben

109 111 116 116 116 120 129 134 134 138 141

vi 4.3.1 Dreiwertige SE-Verben 4.3.2 Dreiwertige OE-Verben 4.4 Zusammenfassung

141 147 150

5 Einzelne Gefuhlsszenen und semantisch-syntaktisches Linking 5.1 Ärger 5.1.1 Das Szenario des Ärgems 5.1.2 Nicht-episodischer Ärger? 5.1.3 Die Versprachlichung des Szenarios 5.1.4 Französische und italienische Verben des Ärgerns 5.1.4.1 Verben des Kränkens und Störens 5.1.4.1.1 Metonymische und metaphorische Merkmale 5.1.4.1.2 Linking-Verhalten 5.1.4.1.2.1 Agentivitätstests 5.1.4.1.2.2 Agentive und nicht-agentive Konstruktionen 5.1.4.1.2.2.1 Aktionsart 5.1.4.1.2.2.2 Kasus 5.1.4.1.2.3 Pseudoreflexiva 5.1.4.1.3 Zusammenfassung 5.1.4.2 Verben des Ärgerempfindens 5.1.4.2.1 Metonymische und metaphorische Merkmale 5.1.4.2.2 Linking-Verhalten 5.1.4.2.2.1 Agentive Verben 5.1.4.2.2.2 Nicht-agentive Verben 5.1.4.2.2.3 Pseudoreflexiva 5.1.4.2.2.4 Dreiwertige Konstruktionen 5.1.4.3 Verben des Ärgerverhaltens 5.1.4.3.1 Metonymische und metaphorische Merkmale 5.1.4.3.2 Linking-Verhalten 5.1.5 Zusammenfassung 5.2 Gefallen 5.2.1 Französische und italienische Verben des Gefallens im weiteren Sinne 5.2.1.1 Befriedigung 5.2.1.2 Vergnügen, Freude, Genuss 5.2.1.3 Entzücken 5.2.1.4 Verlocken, Verführen, Anziehen, Begehren 5.2.1.5 Begeisterung und Interesse 5.2.1.6 Wertlegen und Wichtigsein 5.2.1.7 Achten, Schätzen, Bewundern, Lieben 5.2.2 Französische und italienische Verben des Gefallens im engeren Sinne 5.2.3 Zusammenfassung 5.3 Erstaunen 5.3.1 Das Szenario des Erstaunens 5.3.2 Französische und italienische Verben des Erstaunens 5.4 Ergebnisse

153 156 156 162 165 167 167 172 179 184 190 192 203 210 222 223 224 226 227 228 232 233 234 236 238 246 247 256 257 259 261 262 264 267 269 271 275 276 277 279 288

6 Syntaktische Klassen und syntaktisch-semantisches Linking

291

vii 6.1 Transitive OE-Verben 6.2 Transitive SE-Verben 6.3 Intransitive OE-Verben 6.4 Intransitive SE-Verben 6.5 Dreiwertige OE-Verben 6.6 Einwertige Verben 6.7 Pseudoreflexiva 6.8 Dreiwertige SE-Verben 6.9 Zusammenfassung

291 302 305 307 308 310 311 313 313

7 Ansätze zu einer Formalisierung 7.1 Protorollen-Theorien 7.2 Role-and-Reference-Grammar 7.3 Überlegungen zu einem merkmalsbezogenen GSR-Ansatz 7.4 Formalisierung der Ergebnisse

317 317 318 321 324

8 Fazit und Perspektiven

335

Literatur Quellen Wörterbücher Italienische Volltexte Sekundärliteratur

341 341 341 341 342

Verbverzeichnis Französisch Italienisch Deutsch Englisch Namensverzeichnis Schlagwortverzeichnis

357 357 361 364 366 367 371

Abkürzungen

Β Ε FG G&B GG GSR GSRa GSRp HPSG Κ LFG LS MP OE OS P&P PAE PPE PSA RG RRG SE TS U

BEZUGSPUNKT EMPFINDUNGSTRÄGER

Functional Grammar Government & Binding Modell Generative Grammatik Generalisierte semantische Rolle aktivere GSR passivere GSR Head-driven Phrase Structure Grammar KORRELAT

Lexical Functional Grammar Logical Structure Minimalist Program Objektempfindungsträger Oberflächenstruktur Principles & Parameters Modell Protoagenseigenschaft Protopatienseigenschaft Privilegiertes syntaktisches Argument Relational Grammar Role and Reference Grammar Subjektempfindungsträger Tiefenstruktur URSACHE

Symbole und Notationen != =>

!=> liü {x + y}

ungleich impliziert impliziert sich gegenseitig impliziert nicht Metataxe χ oder y

kursiv

Ausdruck, einzelsprachliches Beispiel im laufenden Text semantische Rolle einzelsprachlicher Inhalt (Bedeutung) übereinzelsprachlicher Inhalt (Begriff) wörtliches Zitat im laufenden Text

KAPITÄLCHEN

,' »« „"

Vorwort

Die vorliegende Arbeit ist eine im Detail überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift, die im Sommersemester 2003 von der Neuphilologischen Fakultät der Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg angenommen worden ist. Als Gutachter fungierten Jens Lüdtke, Jörn Albrecht und Edgar Radtke, fur deren wertvolle Anregungen und Kritik ich mich an dieser Stelle bedanken möchte. In besonderem Maße möchte ich Jens Lüdtke danken, in dessen Arbeitsbereich ich während meiner Habilitationszeit als Hochschulassistent tätig war. Jens Lüdtke hat mich nicht nur während meines gesamten akademischen Werdegangs mit Rat und Tat unterstützt, er hat mich vor allem auch die Freiheit gelehrt, über den engen Kreis der Schulenbildung hinaus, ein weites Netz wissenschaftlicher Kontakte zu knüpfen. Der Austausch vor allem mit Maurice Gross (f2002) und Robert D. Van Valin, aber auch mit Valeriano Bellosta von Cölbe, Delia Bentley, Kerstin Blume, Cedric Fairon, Jacques Francis, Martin Hummel, Carmen Kelling, Peter Koch, Fabienne Martin, Natascha Müller, Beatrice Primus, Morris Salkoff, Max Silberstein und Dieter Vennandere war fur die Fertigstellung der vorliegenden Arbeit von unschätzbarem Wert. Des weiteren habe ich meinen französischen und italienischen Informantinnen und Informanten zu danken, die mit großer Geduld schier endlose Listen von Gefühlsverbkonstruktionen beurteilt haben; ferner den Kolleginnen und Kollegen am Heidelberger Seminar sowie den Doktorandinnen und Doktoranden am Lehrstuhl von Jens Lüdtke, die mir mit manchem Tipp während der Konzipierung der Arbeit und kritischem Blick auf das eine oder andere Kapitel in der Zeit des Korrekturlesens geholfen haben. Aber vor allem Katrin Lemmer gilt in diesem Zusammenhang mein Dank: sie hat mit ihrer akribischen Lektüre des gesamten Manuskripts dafür gesorgt, dass ich so manches Detail noch einmal überdacht habe im Bemühen nicht nur um eine fehlerfreie, sondern möglichst auch klare und verständliche Darstellung. Sollte mir diese nicht immer gelungen sein, so übernehme ich dafür, wie auch für alle anderen verbleibenden Schwächen, ganz allein die Verantwortung. Schließlich möchte ich den Herausgebern der Reihe Linguistische Arbeiten dafür danken, dass sie meine Arbeit aufgenommen haben. Als Vertreter des Lehrstuhls für Romanische Sprachwissenschaft an der RWTH-Aachen konnte ich im Wintersemester 2003/2004 und im Sommersemester 2004 auf die Unterstützung von Christiane Thelen, Sabine Estor und Philippe Derchain zurückgreifen. Ihnen, wie auch den Mitarbeitern des NiemeyerVerlages, danke ich für die Hilfe bei der technischen Gestaltung der Druckfassung. Heidelberg / Aachen, im September 2004 RolfKailuweit

1 Zielsetzung

Mein Ziel wird es im folgenden sein, das Verhältnis zwischen der Bedeutung französischer und italienischer Gefuhlsverben und ihren syntaktischen Eigenschaften zu untersuchen. Dabei steht die Beziehung (»Linking«1) zwischen den syntaktischen Funktionen (Subjekt, direktes Objekt, etc.) bzw. den Kasus (Nominativ, Akkusativ, Dativ, Obliquus) der Aktanten und der Verbbedeutung im Mittelpunkt. Den zentralen Teil der Verbbedeutung bildet die semantische Valenz2 (Argumentstruktur) des Verbs, wobei Zahl und Art der Argumente, die syntaktisch als Aktanten realisiert werden, in engem Verhältnis zur durch das Verb ausgedrückten Art der Sachverhaltsdarstellung3 (inneren Zeitkonstitution des Verbs, Aktionsart4) stehen. Da es sich um eine sprachwissenschaftliche Arbeit handelt, geht es mir vor allem um die exemplarische Klärung theoretischer und methodischer Fragen und die Illustration der Ergebnisse anhand einer relevanten Menge sprachlicher Daten. Es wird keine unmittelbare Verwendbarkeit der Ergebnisse angestrebt, mögliche Anwendungsdomänen - die Übersetzungswissenschaft (maschinelle und nicht-maschinelle Übersetzung) und die Sprachdidaktik geraten jedoch nicht völlig aus dem Blick.5 Die sprachvergleichende Perspektive setzt eine Analyse der übereinzelsprachlichen Inhalte voraus, also der Gefühle als ein zentrales Phänomen des menschlichen Lebens. Die Analyse des Phänomenbereichs Gefühl kann an jeder Einzelsprache geleistet werden. Alle Einzelsprachen stellen Verben zur Verfügung, mit denen Gefühle ausgedrückt bzw. beschrieben werden können. Die syntaktischen Konstruktionen, in denen diese Verben erscheinen, variieren jedoch nicht nur von Sprache zu Sprache, sondern bereits innerhalb einer Einzelsprache selbst. Wenn wir etwa deutsche Verben betrachten, die einem intuitiven Vorverständnis nach ein Gefühl

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2

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5

Pesetsky ([1988] 1995: 2) etwa definiert Linking als „relation between the semantic categories of a predicate's arguments and their syntactic positions". Der Begriff wird in Kapitel 2 ausführlicher thematisiert. Fa/enz soll hier in der Tradition Tesi^res (1953; [1959] 1965) verstanden werden: Verben haben die Bedeutung, ergänzungsbedUrftig zu sein (cf. Busse 1974: 113). Die lexikalische Bedeutung des Verbs wird nicht durch die Bedeutung seiner Argumente ergänzt, vielmehr bilden Verbbedeutung und Argumentstruktur eine primäre Einheit. Wie der Begriff »Linking« wird auch der Begriff »Valenz« in Kapitel 2 ausführlicher behandelt. Im Sinne Kochs (1981: 207): Darstellung des Sachverhaltes als Zustand, als Vorgang, etc. Francis hatte bereits 1985 den Term Zeitkonstitution zur Vermeidung des undurchsichtigen Terms Aktionsart vorgeschlagen (cf. Francois 1997: 119), der neben einer Reihe anderer Termini (cf. Sokol 1999: 31-33) unfibersetzt auch in der englischsprachigen Literatur, ζ. B. in der Role and Reference Grammar (cf. Van Valin / LaPolla 1997) verwendet wird. Beck (1987: 7-20) hat gezeigt, dass es aus slawistischer und germanistischer Sicht auch Gründe gibt, inhaltlich zwischen »Aktionsart«, als Modifikation eines Ausgangsverbs ζ. B. durch Präfigierung: blühen - erblühen - verblühen und »Zeitkonstitution« (Beck spricht von Zeitcharakter) zu unterscheiden. Ich werde im fünften Kapitel punktuell auf mögliche Anwendungsdomänen zurückkommen.

2

bezeichnen, so fällt auf, dass die Person, die das Gefühl hat, der EMPFINDUNGSTRÄGER6 (E), mal als Subjekt (SE-Verben), mal als Objekt (OE-Verben) erscheint: (1)

a. PeterE {liebt + mag + hasst + furchtet}7 Maria b. Maria {begeistert + interessiert + gefällt + missfällt + ängstigt + ärgert} PeterE

Eine analoge Verteilung findet sich auch im Französischen und im Italienischen: (2)

a. PierreE m6prise les femmes b. Les femmes degoütent PierreE (Ruwet 1972: 181, Beispiele 1-2)

(3)

a. GianniE teme questo b. Questo preoccupa GianniE (Belletti / Rizzi 1988: 291, Beispiele 1-2)

Beim Vergleich verschiedener Sprachen zeigen sich allerdings unterschiedliche Beschränkungen für die syntaktische Realisierung des EMPFINDUNGSTRÄGERS. Am auffälligsten ist dies bei den Verben des Gefallens. Während im Deutschen hier zwei Verben zur Verfügung stehen (mögen : gefallen), findet sich im Englischen8 und Italienischen nur ein (zentrales) Verb des Gefallens: im Englischen das Verb like, das den EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt realisiert, im Italienischen dagegen das Verb piacere mit dem EMPFINDUNGSTRÄGER als Dativobjekt: (4)

PeterE likes Mary

(5)

Maria piace a PietroE

Im Französischen wird »gefallen« mit dem Verb plaire ausgedrückt, das wie gefallen und piacere den EMPFINDUNGSTRÄGER als Objekt realisiert. Allerdings hat das Verb aimer neben der

Bedeutung,lieben' auch die Bedeutung,mögen', so dass, anders als im Italienischen, im Französischen zwei zentrale Verben des Gefallens zur Verfügung stehen. Dies fuhrt zu einem Übersetzungsproblem.9 Französisch aimer ist in bestimmten Kontexten durch italienisch piacere wiederzugeben: (6)

Mais je l'aimais mieux avec ses cheveux libre : Ma a me piaceva di piü con i capelli liberi (Koch 2001: 67, Beispiel 12)

Als weiteres Beispiel für die Unterschiede, die selbst bei den eng verwandten Sprachen Französisch und Italienisch zu beobachten sind, können die Verben des Bedauerns angeführt werden. Im Italienischen dienen dispiacere und spiacere, die einen Objekt-EMPFINDUNGSTRÄGER for6

7

8

9

EMPFINDUNGSTRÄGER soll als Term für eine semantische Rolle verstanden werden und wird deshalb in Kapitälchen dargestellt. Alternativen innerhalb eines Beispiels markiere ich hier und im folgenden wie in der LexikonGrammatik üblich mit {x + y}: zu lesen als entweder χ oder y. Für das Englische mag dies zu relativieren sein: Auch love füngiert in vielen Kontexten als Verb des Gefallens. Im syntaktischen Verhalten bestehen jedoch keine Unterschiede zwischen love und like. Beneventi / Pantaleoni (1990: 293) weisen im Abschnitt Dire cid che piace ihrer onomasiologischen Grammatik des Französischen auf dieses Problem hin:, Attenzione! II verbo aimer non significa solo amare, come in italiano, ma anche piacere. Si noti la diversa costruzione dei verbi aimer et plaire" [Hervorhebung im Original].

3

dem, zum Ausdruck des Bedauerns, im Französischen das Verb regretter und das adjektivische Prädikat etre desole, die den EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt realisieren: (7)

a. La sua assenza displace a tutti: Tout le monde regrette son absence (Β: s. v. dispiacere) b. Ci displace molto che dobbiate subire simili angherie: Nous sommes vraiment dösolis que vous ayez ä subir de telles vexations (Β: s. ν. dispiacere)

Das inverse Realisieren von Aktanten in verschiedenen Sprachen ist von Tesniere (1965: Kap. 120-122) Metataxe genannt worden.·0 In jüngster Zeit haben Stati (1992) und vor allem Koch (1994a; 1996a; 2001) diesen Begriff aufgenommen und ihn auch auf analoge Phänomene innerhalb einer Sprache angewendet. Terminologisch erscheint es mir sinnvoll, zwischen interlingualer Metataxe (like LÜI piacere) und intralingualer Metataxe (aimer (DJ plaire) zu unterscheiden. Die intralinguale Metataxe kann verschiedene - zumindest auf den ersten Blick - weitgehend synonyme Lexeme betreffen (bilexematische Metataxe: aimer roi plaire) oder aber ein einzelnes Lexem (monolexematische Metataxe), bei dem ebenfalls Bedeutungsunterschiede zwischen den verschiedenen Konstruktionen nicht evident sind (cf. Kailuweit 2002a; 2002b):11 (8)

Lindet röpugnait au teirorisme (FRANTEXT: LEFEBVRE, G.) (DJ Cette nourriture lui rfpugne (GR)

Es soll im folgenden geklärt werden, inwiefern die Unterschiede in der syntaktischen Realisierung der Aktanten bei eingehenderer Analyse auf (feine) semantische Unterschiede zurückzufuhren sind. Einerseits ist die Frage zu erörtern, inwieweit die ausdrucksseitigen intralingualen Metataxen (z. B. aimer ICJ plaire) eine inhaltsseitige Funktion haben. Andererseits ist zu diskutieren, ob aus den interlinguale Metataxen (Ζ. B. regretter IÜJ dispiacere) auf ein unterschiedliches einzelsprachliches Erfassen der Welt geschlossen werden kann, oder ob hier auch - und vielleicht vor allem- die unterschiedlichen syntaktischen Möglichkeiten der Einzelsprache eine Rolle spielen.12 Genauso wichtig wie die Unterschiede sind die Gemeinsamkeiten. Warum etwa realisieren Verben des Liebens und Hassens im Deutschen, Französischen und Italienischen den EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt? Warum erscheint andererseits bei zweiwertigen syntaktisch transitiven13 Verben des Ärgerns in diesen Sprachen der EMPFINDUNGSTRÄGER stets als Objekt? (9)

a. PeterE {liebt + hasst} Maria: *Peter {liebt + hasst} MariaB b. Maria ärgert PeterE: »Mariae ärgert Peter

10

Einen ausführlichen Forschungsüberblick über die Rezeption des tesniereschen Metataxe-BegrifFs gibt Ildiko Koch (2000: 5-24). " Peter Koch in einer älteren Arbeit (1991: 296-299) und Richard Waltereit (1998: 75) sprechen von Konversen und Auto-Konversen. Diese Begriffe sind jedoch weiter und beziehen sich gerade auch auf Fälle, in denen keine Synonymie, sondern zwei deutlich zu trennende Bedeutungen vorliegen, obschon auf einer gewissen Abstraktionsebene gleiche semantische Rollen angesetzt werden können: ζ. B. acheter: vendre oder louer (,mieten'; .vermieten'). Ob bei Metataxen Bedeutungsunterschiede zwischen den beiden Konstruktionen bestehen, ist dagegen gerade nicht offensichtlich. 12 Zu den übersetzungswissenschaftlichen Implikationen dieses Problems siehe auch Albrecht (1990). 13 Unter »syntaktisch transitiv« sollen hier nur Verben verstanden werden, die ein direktes bzw. akkusativisches Objekt besitzen.

4 c. PeterE {ärgert sich Uber Maria + zürnt Maria} [Dativ: zürnt ihr] (10)

a. PierreE {aime + deteste} Marie: *Pieire {aime + deteste} MarieE b. Marie irrite Pierre E : *MarieE irrite Pierre c. PierreE {s'inite + enrage} contre Marie

(11)

a. PietroE {ama + odia} Maria: *Pietro {ama + odia} MariaE b. Maria irrita Pietro E : *MariaE irrita Pietro c. PietroE si irrita con Maria

Allein auf der Grundlage der Gemeinsamkeiten kann der Stellenwert der Unterschiede beurteilt werden.

1.1 Funktionalistische Sicht

Der Ansatz, den ich verfolge, kann funktionalistisch genannt werden. Er steht in einer bestimmten Tradition, womit nicht gesagt sein soll, dass er im engeren Sinne einer linguistischen Schule bzw. einer bestimmten Grammatiktheorie zuzuordnen ist. Unter einer funktionalistischen Sicht ist ein Erfassen der Sprache in ihrer kognitiven und kommunikativen Funktion zu verstehen.14 Die historisch gewordene Sprache ist ein Ergebnis der Bedürfnisse der Welterfassung (Kognition) und intersubjektiven Sicherung (Kommunikation). Die Semantizität der Sprache,15 d. h. ihre Grundeigenschaft, ein Instrument zu sein, Gegenstände und Sachverhalte zu bezeichnen sowie intersubjektiven Sinn zu schaffen, determiniert ihre konkrete strukturelle Ausgestaltung. Die verschiedenen Richtungen, die sich in der Geschichte der Sprachwissenschaft des 20. Jahrhunderts ausdifferenziert haben und die sprachwissenschaftliche Forschung dominieren, lassen sich grob in zwei Gruppen teilen: auf der einen Seite die »formellen«, auf der anderen die »funktionellen« Ansätze (cf. Halliday 21994: xxviii; Dik 21997: 2-3). Im Zentrum der ersten Gruppe steht die Generative Grammatik (GG), die Noam Chomsky seit den 50er Jahren in verschiedenen aufeinander folgenden Versionen bis hin zum Government & Binding, oder treffender16 Principles «Sc Parameters Modell (G&B bzw. P&P) (cf. Chomsky 1981)17 und schließlich dem Minimalist Program (MP) (cf. Chomsky 1995) entwickelt hat. Als Vorläufer des formellen Ansatzes können Bloomfield (1933) und Harris (1951) gelten (cf. Dik 21997: 3). Neben der GG

14

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16 17

Metafunktionen im Sinne von Halliday (21994: xiii): „AU languages are organized around two main kinds of meaning, the »ideational« or reflective, and the »interpersonal« or active". »Semantizität« ist als zentrale universelle Eigenschaft der Sprache vor allem auf die Kognition, das Erfassen der Welt, bezogen. Der intersubjektive Bezug, der sich in der Kommunikation manifestiert, kann dagegen als das Universale der »Alterität« bezeichnet werden (siehe zu den sprachlichen Universalien Coseriu [1975] 1988c; Lüdtke 1984: 17-18; 2001: 26-37). Cf. Chomsky / Lasnik 1995: 29. Eine zusammenfassende und in gewisser Weise abschließende Betrachtung dieses Modells unternehmen Chomsky / Lasnik 1995. Gleichwohl hat sich das MP nur allmählich durchgesetzt, so dass das G&B / P&P-Modell erst in alleijüngster Zeit als endgültig überholt gelten kann.

5 sind auch die Relational Grammar (RG) (Perlmutter 1980) oder die Lexikon-Grammatik (Gross 1975; 1994) formelle Ansätze. Die fiinktionalistische Sicht verbindet bei allen Unterschieden im Detail eine Vielzahl von Ansätzen, die in der heutigen Sprachwissenschaft von internationaler Bedeutung sind: die Systemic Functional Grammar Hallidays (21994), die Functional Grammar (FG) Diks (21997), die Construction Grammar Filimores (1988), die Cognitive Grammar (Langacker 1987; Lakoff 1987), die Lexical Functional Grammar (LFG) (Bresnan 1982; 2001), die Head-driven Phrase Structure Grammar (HPSG) (Pollard/Sag 1994; Sag/Wasow 1999) und die Role and Reference Grammar (RRG) (Foley/Van Valin 1984; Van Valin/LaPolla 1997). Zu den wichtigsten Vorläufern gehört der Strukturalismus der Prager Schule, der etwa in Frankreich durch Martinet (21980) repräsentiert wird. Funktionalistisch ist auch der seit den 50er Jahren entwickelte Ansatz von Eugenio Coseriu (1988b), dessen Arbeiten im anglo-amerikanischen Raum weitgehend unbekannt geblieben sind. Zwei Aspekte, in denen sich die fiinktionalistische von der formalistischen Sicht unterscheidet, werden im allgemeinen hervorgehoben: zum einen der Stellenwert der Semantik innerhalb der Grammatik, zum anderen die Frage einer primär paradigmatischen oder aber syntagmatischen Orientierung. Beide Aspekte sollen im folgenden kurz erläutert werden.

1.1.1 Syntax und Semantik Van Valin / LaPolla, die die Unterschiede des formellen und des fiinktionalistischen Ansatzes eingehend diskutieren (1997: 8-16), betonen die Syntaxzentriertheit des formellen Ansatzes: The phonological and semantic aspects of a language are derivative of and secondary to syntactic structure. From Chomsky's point of view, language is an abstract object whose structure is to be studied independently of psycholinguistics, communicative, sociocultural and other considerations. (Van Valin/LaPolla 1997: 9). Gegenstand des formellen Ansatzes ist die interne, individuelle Sprachkompetenz (I-language) eines ideellen Sprecher-Hörers, „independent of other elements in the world" (Chomsky / Lasnik 1995: 15). Diese Kompetenz gilt es in ihren Beschränkungen durch universelle Prinzipien und einzelsprachliche Parameter zu untersuchen, als ein autonomes syntaktisches Modul, dessen Strukturierung nicht durch kognitive und kommunikative Bedürfnisse determiniert ist. Dagegen wird die Autonomie der I-language™ von den fiinktionalistischen Theorien bestritten:

18 Tatsächlich umfasst die Autonomiefrage verschiedene Ebenen (cf. Croft 1995; Newmeyer 1998). Im Mittelpunkt steht die Frage der Autonomie der Syntax als „cognitive system of nonsemantic and nondiscourse-derived syntactic elements whose principles of combination make no reference to system external factors" (Newmeyer 1998: 94). Darüber hinaus stellt sich die Frage, nach der Autonomie der (unhinterfragbaren) sprachlichen Kompetenz des einzelnen (erwachsenen) Sprechers vom Sprachgebrauch als eines sozialen Phänomens. Croft (ibd.: 493) spricht hier von „autonomy of grammar", Newmeyer (ibd.: 55) dagegen von „autonomy of knowledge of language". Ich werde auf diese Frage

6 ...fromthis point of view, human language's role as a means of communication, its role in broader cognitive processes such as reasoning and conceptualization, and its relations with other cognitive systems such as perception and knowledge are relevant and indeed crucial to the study of language. (Van Valin / LaPolla 1997: 11). Die Annahme, syntaktische Strukturen seien ihrem Wesen nach keineswegs autonom, hat vor allem methodische Konsequenzen. Gehen wir von der grundsätzlichen semantischen Motivation syntaktischer Strukturen aus, so wird sich unser Interesse auf die Untersuchung der Art und Weise der Welterfahrung selbst und ihrer kommunikativen Vermittlung richten. Dies heißt nicht, dass alle strukturellen Besonderheiten, die eine bestimmte Sprache aufweist, semantisch motiviert werden können. Betrachten wir beispielsweise die deutschen Verben erstaunen, überraschen, verblüffen und wundern, die französischen Verben ebahir, etonner, stupefier und surprendre sowie die italienischen Verben meravigliare, sorprendere, stupefare und stupire. All diese Verben werden in einer transitiven Konstruktion mit einem Objekt-EMPFINDUNGSTRÄGER gebraucht: (12) a. Dass Paul noch nicht angekommen ist, {erstaunt + überrascht + verblüfft + wundert} ihn b. Que Paul ne soit pas encore arriv6, {l'6bahit + l'etonne + le stupifie + le surprend} c. Che Paolo non sia ancora anivato, lo {meraviglia + sorprende + stupefa + stupisce} Im Deutschen erlaubt das Verb mindern eine pseudoreflexive19 Konstruktion sich wundern über, im Französischen sind es die Verben ebahir20 und etonner, die eine entsprechende Konstruktion ermöglichen, im Italienischen sogar alle vier Verben: (13) a. Er hat sich darüber {»erstaunt + »überrascht + »verblüfft + gewundert}, dass Paul noch nicht ankommen ist b. II {s'ebahit + s'6tonne + *se stupefie + *se surprend} de ce que Paul ne soit pas encore arrivö c. Si {meraviglia + sorprende + stupefa + stupisce} del fatto che Paolo non sia ancora arrivato Eine semantische Motivation für diese Unterschiede zu finden, ist nun keineswegs trivial. Es mag nach ihr gesucht werden, auch und gerade mit Hilfe diachroner Betrachtungen, doch sollte nicht ausgeschlossen werden, dass solche Unterschiede zumindest in der Synchronie unmoti-

19

20

in Kapitel 2 zurückkommen. Davon zutrennen ist die faktisch unumstrittene Autonomie der Sprache als einer kognitiven Fähigkeit des Menschen neben anderen kognitiven Fähigkeiten. Croft (ibd.) spricht hier von „autonomy of language", Newmeyer (ibd.: 77), etwas verwirrend, von „autonomy of grammar". Den Term pseudoreflexiv für diese Konstruktion übernehme ich von Oesterreicher (1992: 24S). Was darunter zu verstehen ist, wird unter 4.1.2.3 ausführlicher diskutiert werden. Nach Gross (1975: 256) ist die Pseudoreflexivkonstruktion wie in (9) bei ebahir möglich, nach Mathieu (2000: 180) dagegen erlaubt ebahir in dieser Konstruktion nur ein nominales (s 'ebahir de Ν) nicht ein satzartiges Komplement (s 'ebahir de ce que Ρ). Vgl. aber: Le penseur militant ne doit pas plus s'ebahir d'etre tour ä tour populaire et impopulaire que le marin d'etre tour ä tour sec et mouille (GR s. v. ebahir, HUGO).

7 viert sind. Die Existenz eines gewissen Bereichs syntaktischer Autonomie, sei dieser auch erst durch das Unmotiviertwerden ursprünglich motivierter Strukturen entstanden, muss in Betracht gezogen werden. In der Lexikon-Grammatik werden Eigenschaften wie die beschriebenen in Tabellenform dargestellt. Verben, die in derselben Tabelle erscheinen, haben zumindest eine Eigenschaft gemeinsam, die somit als definitorisch für die Tabelle gilt.

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Fig. 1: Lexikon-grammatische Darstellung einiger Verben des Erstaunens

Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Eigenschaften, die nicht definitorisch für die Tabelle sind, werden konstatiert, aber nicht weiter hinterfragt. In der Tat verhält es sich nach Gross (1994:227) so, dass bei 400 überprüften Eigenschaften nicht zwei von 12000 französischen Verben dieselben Eigenschaften aufweisen. Es ist offensichtlich, dass nicht fur jeden Unterschied, der in den Tabellen der LexikonGrammatik festgehalten ist, eine semantische Motivation gefunden werden kann. Aus funktionalistischer Sicht geht es jedoch darum, die einzelnen Eigenschaften zu gewichten und Zusammenhänge zwischen ihnen herzustellen, um die Grenzen kognitiver und kommunikativer Motiviertheit zu bestimmen. Bei dem diskutierten Beispiel fällt etwa auf, dass (bei wenigen Ausnahmen) im Bereich der Gefühlsverben die pseudoreflexive Konstruktion die transitive OEKonstruktion voraussetzt, in der der EMPFINDUNGSTRÄGER als akkusativisches bzw. direktes Objekt erscheint. Verben, die den EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt oder als dativisches bzw. indirektes Objekt realisieren, erlauben die pseudoreflexive Konstruktion in aller Regel nicht.21 Wie noch näher gezeigt werden soll, steht das Auftreten der pseudoreflexiven Konstruktion

21

Ausnahmen sind etwa deutsch ßrchten {sich förchten vor), das in allen Konstruktionen den EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt realisiert, und italienisch dispiacere, das mit einem dativischen EMPFINDUNGSTRÄGER konstruiert wird, aber dennoch die Pseudoreflexivkonstruktion erlaubt: i. Mi dispiace non essere venuto (BUSCHI: V), ii. Mi sono molto dispiaciuto per la tua assenza (DISC).

8 somit im Zusammenhang mit den kognitiven und kommunikativen Faktoren, welche die Realisierung des EMPFINDUNGSTRÄGERS als akkusativisches Objekt motivieren.

1.1.2 Paradigmatische und syntagmatische Orientierung Für Halliday (21994: xviii) besteht der Hauptunterschied zwischen dem formellen und dem fünktionalistischen Ansatz nicht in der Syntaxzentriertheit des ersteren. Vielmehr sei entscheidend, dass sich der formelle Ansatz an syntagmatischen Strukturen, der fünktionalistische dagegen an paradigmatischen Strukturen orientiere: ... the more fundamental opposition is between those [grammars] that are primarily syntagmatic in orientation (by and large the formal grammars, with their roots in logic and philosophy) and those that are primarily paradigmatic (by and large the functional ones, with their roots in rhetoric and ethnography). (Halliday 21994: xxviii). Bei den formellen Ansätzen steht die Bestimmung der Kombinierbarkeit der sprachlichen Zeichen in der Aussagekette im Vordergrund, bei den fünktionalistischen die Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Zeichen an jeder Stelle der Aussagekette. Auch in diesem Punkt geht es weniger um einen absolut zu setzenden Unterschied, als vielmehr um einen unterschiedlichen Zugang zum sprachlichen Material. Aus der Orientierung am Formellen folgt, dass Unterschiede zwischen sprachlichen Zeichen, die fur eine Grammatik relevant sind, sich materiell in Kombinationsbeschränkungen manifestieren sollten. Anders formuliert: Unterschiede werden vor allem durch die Möglichkeit oder Unmöglichkeit bestimmter von einer Ausgangskonstellation abgeleiteter Kombinationen (Transformationen) ermittelt, nicht durch die Beurteilung eines Bedeutungsunterschiedes zwischen verschiedenen Zeichen, die an der gleichen Stelle der Aussagekette kommutiert werden. Am Beispiel der Verben des Erstaunens haben wir bereits gesehen, dass nach dem Ansatz der LexikonGrammatik die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer bestimmten Transformation explizit gemacht wird, nicht der Unterschied, der sich ergibt, wenn wir die genannten Verben in der Ausgangskonstellation austauschen. Das Fehlen einer paradigmatischen Analyse innerhalb der semantischen Komponente der formellen Grammatiktheorien ist zurecht kritisiert worden.22 Allerdings schließen sich die Untersuchung syntagmatischer und die Untersuchung paradigmatischer Aspekte keineswegs aus, sie ergänzen sich vielmehr. So ist es mit Hilfe syntagmatischer Unterschiede möglich, paradigmatische Unterschiede zu explizieren. Der Intensitätsunterschied etwa, der sich beim Austausch von ebahir und etonner ergibt - ebahir drückt ein „grand etonnement" (GR s. v. ebahir) aus, kann syntagmatisch gezeigt werden: (14) a. Paul est 6tonn£, mais il n'est pas 6bahi b. *Paul est ibahi, mais il n'est pas έίοηηέ

22

Coseriu (31979: 163) kritisiert mit diesem Argument den Ansatz von Katz / Fodor (1963), der für die Ausarbeitung der Semantikkomponente der GG prägend war.

9 Es soll nicht behauptet werden, dass die Explikation paradigmatischer Unterschiede mit Hilfe solcher Tests immer gelingt. Die Einbettung der zu testenden Äußerungen in einen Kontext, der den Akzeptabilitätsurteilen der Sprecher zugrunde liegt, erfolgt intuitiv und ist oftmals unvorhersehbar, was zu erheblichen Schwankungen bei den Akzeptabilitätsurteilen fuhrt. So betont Ruwet zurecht: „Comme presque toujours quand il s'agit de semantique, les tests distributionnels montrent vite leurs limites" (Ruwet 1995a: 32). Es gilt aber, diese Grenzen zu bestimmen und nicht von vornherein auf die Möglichkeit syntagmatisch distributioneller Explizierung semantischer Unterschiede zu verzichten. Grundsätzlich problematisch ist dagegen die Syntagmatisierung, wenn sie zu der Annahme fuhrt, bestimmte Interpretationen seien die Folge von Tilgungen sprachlichen Materials in der Aussagekette. So erklärt Salkoff (2002: 115) im Rahmen der Lexikon-Grammatik, dass folgende a-Beispiel sei nur erklärbar, wenn eine Tilgung der mit by eingeleiteten PP imb-Beispiel angenommen werde. (15) a. John bewilders Mary b. John bewilders Mary by his {attitude + personality + bearing +...} (Salkoff ibd., Beispiele 6e und 6d) Die beiden Sätze hätten „the same meaning [...] The Äy-phrase can then be deleted because of its indefinite nature. If no 6y-phrase containing such an indefinite noun is understood to be present, (6e) does not literally have any meaning" (ibd.). Tatsächlich sind die Beispiele nicht bedeutungsgleich. In den verschiedenen Varianten des b-Beispiels wird jeweils gesagt, wodurch John Mary in Erstatmen versetzt, im a-Beispiel bleibt dies offen. Die Beziehung zwischen den Sätzen ist nicht anders als diejenige zwischen: (16) a. John broke the window b. John broke the window with a stone Das Hinzufügen unbestimmten sprachlichen Materials, um es dann wieder zu tilgen, ist ebenso beliebig wie überflüssig.23 Salkoff möchte eigentlich darauf hinaus, dass John in seinem Beispiel grundsätzlich nicht als eine Person, die aktiv etwas bewirkt, zu interpretieren ist: „Note that if the subject John is to be an agentive [...] then his activity must be mentioned in a nondeletable fry-phrase" (ibd.). (17) a. John bewilders Mary by {standing on his head + talking gibberish +...} (ibd., Beispiel 7) Tatsächlich ist die PP fur die agentive Interpretation weder hinreichend noch notwendig. Die Möglichkeit einer agentiven und nicht-agentiven Interpretation folgt allein aus der Bedeutung von bewilder, genau gesagt, aus der Art der semantischen Rolle des Subjektaktanten von bewilder. Welche Interpretation zu wählen ist, ergibt sich je nach bezeichnetem Sachverhalt. Ein Ziel

23

In entsprechender Weise argumentiert Bierwisch (1983: 76) dagegen i. Faulkner ist schwer zu verstehen als elliptisch anzusehen, etwa im Sinne ii. Faulkners {Aussprache + Handlungsweise + literarisches Werk} ist schwer zu verstehen·. „Eine solche Erklärung würde erstens eine völlig unbestimmte und zudem ganz unmotivierte Mehrdeutigkeit (und zwar syntaktischer Art) [...] postulieren müssen, und zweitens die Syntaxtheorie durch ganz und gar unmotivierte Tilgungsregeln aufweichen".

10 der vorliegenden Arbeit wird es sein, sich einer solchen Frage onomasiologisch zu nähern, d. h. die verschiedenen Sachverhalte zu beschreiben, die durch Gefuhlsverben ausgedrückt werden. Die Frage, durch welches Verb und welche Konstruktionen ein bestimmter Sachverhalt ausgedrückt werden kann, führt dann zur Bildung von Paradigmen. Allerdings ist ein in Ineinandergreifen einer paradigmatischer und einer syntagmatischen Analyse im Sinne Hiltys (1983; 1995) fur eine adäquate Bestimmung der lexikalischen Bedeutung von Gefuhlsverben grundsätzlich erforderlich. Der Inhalt lexikalischer Oppositionen ist nur zu bestimmen, wenn die verschiedenen syntagmatischen Einbettungen (d. h. Vorkommenskontexte) der in Frage stehenden Elemente berücksichtigt werden. Auf die onomasiologische Frage nach der Art und Weise, wie ein bestimmter Sachverhalt zu versprachlichen ist, folgt dann als semasiologisches Korrektiv die Frage nach den verschiedenen Sachverhalten, die ein bestimmtes Lexem bezeichnen kann. Hilty (1995) hat gezeigt, dass etwa spanisch silla nicht nur durch ein bestimmtes Sem im Wortfeld der Sitzgelegenheiten in Opposition zu butaca steht, wie dies analog bei Stuhl und Sessel im Deutschen und chaise und fauteuil im Französischen der Fall ist. Silla ist vielmehr auch in seiner Polysemie (silla bezeichnet unter anderem den Sattel) durch semantische Merkmale gekennzeichnet, die je nach Kontext aktualisiert werden. Dies wird erst deutlich, wenn alle Lesarten24 des Wortes betrachtet werden. Hiltys Ziel ist es nicht, eine möglichst allgemeine Systembedeutung zu finden, die allen Lesarten zugrunde liegt, sondern gerade das Zusammenspiel der aktuellen Lesart mit den übrigen Lesarten hervorzuheben. Diese sind in der Aktualisierung einer Lesart „nicht einfach inexistent. Potentiell bleiben sie vorhanden und haben eine Wirkung, welche deijenigen von Obertönen vergleichbar ist, das heißt, sie bestimmen die Klangfarbe und rufen Bedeutungsschattierungen hervor" (1995: 299). Diese Art syntagmatischer Analyse ist auch für die Beschreibung von Gefuhlsverben relevant. Paradigmatisch ließe sich nur feststellen, dass unter den Verben des Gekränktseins, als einer Form des Ärgers, im Französischenfroissersich vom intensiveren offenser unterscheidet. Der Unterschied zu vexer wird erst deutlich, wenn wir die Polysemie von froisser berücksichtigen. Zwischen der Bedeutung .zerknittern' (GR s. v.froisser:„Faire prendre de nombreux faux plis ä (une substance souple) - Chiffonner. Froisser une etoffe") und der Bedeutung .kränken' besteht ein komplexes metonymisches Verhältnis. Das Zerknittern der Kleidung eines anderen steht als denkbare konkrete fur eine abstrakte Beleidigungshandlung, die wiederum metonymisch für ihre Wirkung, das Gekränktsein, steht. Solche Bedeutungsbeziehungen sollen berücksichtigt werden, da sie für die unterschiedliche Gestaltung der Wortfelder in den Sprachen Französisch und Italienisch relevant sind.25 Im Italienischen wird das Gekränktsein nicht 24 25

Redebedeutung(styp)en im Sinne Coserius. Hilty (1983: 34; 1995: 297) unterscheidet zwischen »semantischen Merkmalen«, die durch syntagmatische Analyse gewonnenen werden und primär referentiellen Charakter haben, und »Semen«, die durch paradigmatische Analyse gewonnen werden und primär distinktiven Charakter haben. Raible (1983: 6-7) merkt dazu an, dass die syntagmatische Analyse durchaus auch Phänomene der einzelsprachlichen Gestaltung zu Tage fördert. Am Beispiel froisser soll gezeigt werden, dass die unterschiedlichen Phänomenbereiche, in denen dieses Verb verwendet wird, nicht dazu führen, dass auf der Ebene der langue zwei getrennte Verben froisser; (.zerknittern') und froisser2 (.kränken') anzunehmen sind, die ohne jeden Bezug zueinander in zwei verschiedenen Wortfeldern stehen und erst auf der Ebene der parole in Beziehung treten. Vielmehr wird die Polysemie bereits auf der Ebene der

11 in Bezug auf eine Verletzung der Integrität der Kleidung ausgedrückt. Die Verwendung des Verbs sgualcire .zerknittern' wäre in diesem Kontext kaum verständlich. Bei der Übersetzung von froisser muss im Italienischen also auf ein neutrales Verb zurückgegriffen werden.

1.2 Einzelsprachliche und übereinzelsprachliche Orientierung

In den bisherigen Erörterungen ist schon mehrfach angeklungen, dass es mir auch und gerade um die Analyse des Phänomenbereichs Gefühl als übereinzelsprachlicher Inhalt gehen wird. Ob das Forschungsinteresse der Sprachwissenschaft sich primär auf einzelsprachliche oder aber auf übereinzelsprachliche Aspekte konzentrieren sollte, darüber gehen die Meinungen nach wie vor weit auseinander. Einer universalistischen Orientierung der anglo-amerikanischen Forschung26 seit den 60er Jahren27 steht dabei eine die einzelsprachlichen Unterschiede betonende europäische Tradition gegenüber.28 Dass sich die Inhaltsanalyse auf übereinzelsprachlicher Ebene bewegt, würde im Rahmen der meisten anglo-amerikanischen Sprachtheorien nicht eigens hervorgehoben werden müssen, da ihr mean ing-B egriff grundsätzlich auf die Untersuchung übereinzelsprachlicher Inhalte beschränkt ist. Einer der Hauptvertreter einer solchen »Ein-Stufen-Semantik« ist Ray Jackendoff, der in seiner Diskussion verschiedener semantischer Theorien (cf. Jackendoff 1990: 11-16) sich allein die Frage stellt, ob Semantik in einer sprecherunabhängigen Beschreibung der Sachen („about the way the world is") bestehen kann oder aber, und dies ist Jackendoffs Position, die Repräsentation der Welt in den Köpfen der Sprecher („the way we grasp the world" [Hervorhebungen im Original]) berücksichtigen muss. Es wird davon ausgegangen, dass die mentalen Repräsentationen (Vorstellungen) universell sind, also für die Sprecher unabhängig von ihrer Einzelsprache gelten. Im Gegensatz dazu betont der europäische Strukturalismus die einzelsprachlichen Unterschiede in der Erfassung der Wirklichkeit. Martinet ([1970] 21980: 12) etwa hebt hervor: „ä chaque langue correspond une organisation particuliere des donnees de l'experien-

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langue als eine assoziative Beziehung betrachtet, die für die Gestaltung des Wortfeldes »Ärger« im Französischen relevant ist. Auf das Problem des Sachbezuges der einzelsprachlichen Gestaltung wird noch einzugehen sein. Bartsch / Vennemann ([ 1972]21973: 3) etwa formulieren in ihrer kritischen Diskussion der führenden anglo-amerikanischen Theorien der Zeit diesen Anspruch umfassend für Syntax und Semantik: „The goal of a theory of grammar is to determine a) the universal principles by which grammars are structured (morpho-syntax and phonology), and b) the universal rules by which speakers generate semantic representations (semantics)". Einen kurzen sprachwissenschaftsgeschichtlichen Überblick gibt Coseriu ([1975] 1988c: 233). Recht polemisch stellt Coseriu ([1975] 1988c: 257s) fest: „während man in der funktionellen Sprachwissenschaft vor allem zu zeigen versucht hat, daß die Sprachen in bezug auf die identische Wirklichkeit, die sie bezeichnen, verschieden sind (daß sie die bezeichnete Wirklichkeit nicht in der gleichen Weise analysieren), hat man in einem anderen Teil der gegenwärtigen Sprachwissenschaft große Anstrengungen unternommen und eine ganze Technik entwickelt, um zu zeigen, daß trotz der Unterschiede zwischen den Sprachen die bezeichnete Wirklichkeit immerhin die gleiche ist".

12 ce", und weiter: „Le langage, l'objet de la linguistique n'existe que sous la fonne des langues diverses. Le premier soins du linguiste sera done d'etudier ces langues [...] 11 s'agira de preciser, pour chacune d'entre elles, la fa9on dont elle analyse l'experience humaine en unites significatives" (ibd.: 28). Gerät bei Jackendoff die einzelsprachliche Gestaltung gar nicht erst in den Blick, so wird bei Martinet vorausgesetzt, dass die von der Einzelsprache gestaltete menschliche Erfahrung intuitiv bekannt ist und deshalb nicht Gegenstand sprachwissenschaftlicher Untersuchung werden muss. Vertreter einer »Zwei-Stufen-Semantik« unterscheiden dagegen zwischen einer universellen Ebene der Konzepte, d. h. einer Ebene der Sacherfahrung und des Denkens, und einer Ebene der einzelsprachlichen Bedeutungen. Vertreter einer »Drei-Stufen-Semantik« schließlich trennen darüber hinaus sprachspezifische lexikalische Bedeutungen von deren kontextspezifischen Aktualisierungen (cf. Schwarz /Chur 32001: 26). Coseriu (zusammenfassend 1988a: 262s) nennt die drei Formen sprachlichen Inhalts (allgemeinsprachliche) Bezeichnung, (einzelsprachliche) Bedeutung und (individuellen) Sinn. Die grundsätzliche Richtigkeit einer solchen Differenzierung erscheint heutzutage imbestreitbar.29 Entscheidend ist es jedoch, das Verhältnis der Ebenen zu bestimmen, denn, wie Gauger (1983: 28) betont, handelt es sich dabei nicht „etwas Festes und in jeder Hinsicht Geklärtes" sei, auf das die Semantik „ohne weiteres zurückgreifen" könne. Die Analyse einzelsprachlicher Bedeutung setzt stets einen Bezug zur übereinzelsprachlichen Welterfahrung voraus.30 Das Spezifische der einzelsprachlichen Gestaltung wird aber erst deutlich, wenn sich die Frage nach einer alternativen Gestaltung desselben Phänomenbereichs durch eine andere Sprache stellt. Diese Frage ergibt sich einerseits bereits in der Theorie der sprachlichen Kategorien, die ihrem Wesen nach übereinzelsprachlich sind (cf. Coseriu 1988b: 128), andererseits aber vor allem immer dann, wenn mehrere Sprachen vergleichend untersucht werden, sei dies aus theoretischem Interesse oder im Hinblick auf die praktischen Bedürfnisse der Übersetzung. Bei Sprachvergleich und Übersetzung dient die allgemeinsprachliche Ebene als Bezugspunkt, als tertium comparatiotiis. Nach Coseriu fehlt es nun an einer systematischen Beschreibung der allgemeinsprachlichen Kompetenz: 29

Gauger (1983: 28) merkt an, dass die Unterscheidung zwischen allgemein-sprachlicher Vorstellung und einzelsprachlicher Bedeutung im Gegensatz zu der Unterscheidung zwischen den Wörtern und den Sachen, auf die sich die Wörter beziehen, keine Tradition habe. Tatsächlich scheint in der Geschichte des Sprachdenkens mal ein Uni versalismus, der unter der Behauptung, alle Sprachen seien gleich, die Bedeutung auf die Bezeichnung reduziert, mal ein Partikularismus, der von einer spezifisch einzelsprachliche Weltsicht ausgeht und dabei auch die Gefahr eines sprachlichen Chauvinismus in sich birgt, dominiert zu haben (cf. Bossong 1990; Kailuweit 1997: 46-51). 30 Es gibt, wie Raible (1983:4) betont, „keine Bedeutung ohne Vorstellung [...] Die Bedeutung kann natürlich nicht von der Bezeichnung qua Vorstellung völlig gelöst werden [...] Die strenge Trennung, auf die die Sprachwissenschaftler achten, hat nur insofern Sinn, als wir das rein Sprachliche gerne von der Vorstellung her interpretieren [...] Die Sprachwissenschaftler interessiert dagegen der gewissermaßen »rein sprachliche« (d. h. auch: spezifisch einzelsprachliche) »Inhalt« der Bedeutung". Unter »Sprachwissenschaftler« versteht Raible hier offenbar die europäischen Strukturellsten, deren Ausgrenzung der Bezeichnung er kritisiert. Die reduktionistische Formulierung ist nicht unschuldig, mag Raible sie auch aufgrund eines bestimmten Adressatenkreises seines Beitrages gewählt haben. Sie zeigt gleichsam spiegelbildlich zu den Ausführungen von Jackendoff, dass die einzelnen Ausrichtungen der Sprachwissenschaft nicht miteinander diskutieren.

13 Zur Untersuchung der allgemein-sprachlichen Kompetenz bräuchten wir eine Linguistik des Sprechens im allgemeinen, die neben die existierende Linguistik der Einzelsprachen zu stellen wäre und als Voraussetzung für die genaue Abgrenzung der Linguistik der Einzelsprachen dienen könnte. Wir bräuchten eine Linguistik, die uns sagt, welche Prinzipien des Denkens für das Sprechen im allgemeinen gelten und worin die Kenntnis der Sachen, d. h. die Kenntnis der außersprachlichen Wirklichkeit besteht, die wiederum fur alle Sprachen und fur alles Sprechen gilt. (Coseriu 1988b: 128).

Tatsächlich sind aber für eine solche Beschreibung in der anglo-amerikanischen universalistisch orientierten Sprachwissenschaft bereits seit den 60er Jahren differenzierte Modelle geschaffen worden. Die Arbeiten von Gruber ([1965] 1976), Jackendoff (1983), Fillmore (1968), Chafe (1970) und Cook (1979) versuchen unter den Lemmata Theta-Rollen bzw. Tiefenkasus semantische Funktionen der Argumente eines Prädikats zu beschreiben, das sich als übereinzelsprachliche Vorstellung auf einen Sachverhalt und die daran beteiligten Gegenstände (Personen, Sachen) bezieht.31 Vendler (1967) und Dowty (1979) beschreiben die sich aus dem Sachverhalt ergebene innere Zeitkonstitution (Aktionsart) der Prädikate.32 Soweit es in der angloamerkanischen Tradition aufgrund einer mangelnden Unterscheidung der Ebenen zu Verwechslungen einzelsprachlicher und übereinzelsprachlicher Aspekte kommt,33 müssen diese Verwechslungen korrigiert werden. Solche Verwechslungen entwerten jedoch nicht grundsätzlich die Leistungen dieser Theorien für die Beschreibung der allgemeinsprachlichen Kompetenz. In methodischer Hinsicht stellt sich das Problem der Bestimmung übereinzelsprachlicher Prädikat-Argument-Strukturen als Bestandteile des allgemeinsprachlichen Wissens. Sind diese unabhängig von den Einzelsprachen durch Analyse der Sachverhalte herzuleiten? Man könnte argumentieren, dass die menschliche Praxis des Tanzens ohne Rückgriff auf eine einzelsprachliche Gestaltung analysiert werden könnte: Es handelt sich tun einen dynamischen Sachverhalt, genauer um eine Aktivität, eine kontrollierte, nicht notwendig zielgerichtete Bewegung des gesamten Körpers der einzelnen Partizipanten (der Tänzer). Coseriu (1988b: 116) beharrt auf der Notwendigkeit eines deduktiven Vorgehens, das vor der Analyse einer bestimmten Einzelsprache „die allgemeinen Prinzipien des Denkens und die allgemeine Kenntnis der Sachen" untersucht. Es sei dann festzustellen, inwieweit die übereinzelsprachlichen Inhalte durch die einzelsprachliche Tradition spezifisch gestaltet werden können. Nach Coseriu (ibd.: 117) werde ζ. B. das allgemeine Prinzip des Denkens, dass eine doppelte Verneinung eine Bejahung ist, in verschiedenen Einzelsprachen aufgehoben, etwa im Französischen, wo die Negation im Regelfall durch ne und pas ausgedrückt wird. Es stellt sich allerdings die Frage, wie solche allgemeinen Prinzipien des Denkens zu ermitteln sind, ohne auf eine bestimmte Sprache zurückzugreifen. Das Prinzip, dass eine doppelte Negation einer Be-

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Eine ausführliche Diskussion dieser Ansätze findet sich bei Rauh (1988), ein Überblick bei Francois (1997). Ausführlich diskutiert in Fran;ois (1989), dessen Überblick (1997:119s) das notwendige Ineinandergreifen der Bestimmung von Partizipantenrollen und Zeitkonstitution betont. Halliday ( 2 1994: xxxiii) etwa kritisiert einen „ethnocentrism in modern linguistics", der zu einer falschen Verallgemeinerung von Beschreibungsergebnissen führe, die anhand weniger Sprachen gewonnen wären. Aus diesem Grund fordert Dik (21997: 14s) »typologische Adäquanz«, d. h. theoretische Untersuchungen sollten auf eine breite empirische Basis gestellt werden und Sprachen verschiedenster Sprachtypen gerecht werden.

14 jahung entspricht, wird schwerlich ohne Bezugnahme auf ein letztlich in natürlicher Sprache wurzelndes Zeichensystem erfahrbar sein. Komplexere Sachverhalte sind kaum anders als prepositional erfassbar (cf. Lüdtke 1984: 37), so dass die allgemeinen Prinzipien des Denkens sich in aller Regel nur aus der Analyse der bereits in einer Einzelsprache realisierten sprachlichen Äußerungen bestimmen lassen. Genau gesagt besteht nicht wirklich eine Opposition zwischen dem Sachverhalt und seiner notwendig einzelsprachlichen Beschreibung. Vielmehr sind die Sprachäußerungen selbst Bestandteil der menschlichen Praxis und als solche in komplexe Sachverhalte, Sprachspiele im Sinne Wittgensteins, eingebettet. Wittgenstein beschreibt das Sprachspiel der Gefühlsäußerungen anhand des Wortes Schmerz·. ... wie lernt ein Mensch die Bedeutungen der Namen von Empfindungen? Ζ. B. des Wortes »Schmerz«. Dies ist eine Möglichkeit: Es werden Worte mit dem ursprünglichen, natürlichen Ausdruck der Empfindung verbunden und an dessen Stelle gesetzt. Ein Kind hat sich verletzt, es schreit; und nun sprechen ihm die Erwachsenen zu und bringen ihm Ausrufe und später Sätze bei. Sie lehren das Kind ein neues Schmerzbenehmen. »So sagst du also, daß das Wort »Schmerz« eigentlich das Schreien bedeutet?« - Im Gegenteil; der Wertausdruck des Schmerzes ersetzt das Schreien und beschreibt es nicht... (Wittgenstein [1953: PUI §244] 1984: 357).

Der sprachliche Ausdruck fungiert als Möglichkeit der Gefühlsäußerung. Er ist gebunden an die natürlichen Gefühlsäußerungen, geht aber gleichzeitig über diese hinaus. Damit kommt auch die dritte Ebene des sprachlichen Inhalts ins Spiel. Das übereinzelsprachliche Wissen ist uns, in Teilen zumindest, nur in der Form von Texten gegeben, die erst einmal individuelle Äußerungen in einem bestimmten Produktions- und Rezeptionskontext sind, auch wenn sie ihrem Wesen als Texte nach diesen Kontext überschreiten, d. h. aus ihm herausgelöst, in neue Kontexte gebracht, neu interpretiert werden können.34 Die Beschreibung der einzelsprachlichen Gestaltung wie des übereinzelsprachlichen Wissens, soweit dieses primär sprachlich gegeben ist, setzen voraus, dasjenige der Äußerung festzuhalten, was über die spezifischen Kontexte hinweg bestehen bleibt: das Typische, das schon Bekannte und Erwartete, von dem die Interpretation eines Textes erst einmal ausgeht, um dann gegebenenfalls die Erwartung zu revidieren und das Innovative zu entdecken.35 Ein onomasiologisches Vorgehen, das die zu Versprachlichenden Phänomene selbst thematisiert, um dann nach der einzelsprachlichen Gestaltung des Phänomenbereichs zu fragen, und ein semasiologisches Vorgehen, das die Einzelsprachen untersucht und vergleicht, um dann ein differenziertes Bild der summarischen Möglichkeiten zu zeichnen, den Phänomenbereich sprachlich zu gestalten, schließen sich nicht aus, sondern greifen ineinander und kommen aufgrund der Erfahrungsbezogenheit einzelsprachlicher Gestaltung durchaus nicht zufällig in ihren Ergebnissen überein (cf. Raible 1983: 9). Wenn wir uns fragen, wie ein bestimmtes Gefühl, sagen wir Ärger, im Französischen oder Italienischen beschrieben wird, stoßen wir auf bestimmte Lexeme, ζ. B. das schon angesproche34

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Cf. Derridas Aufsatz „Signature evinement contexte" in Derrida (1972); dazu Kailuweit (1997: 1824). Texte sind aufgrund der Unabschließbarkeit des Kontexts stets mehr als das im Weltwissen und in der Einzelsprache Vorgegebene. Deshalb können und müssen sich Weltwissen und Einzelsprache verändern.

15 nefranzösischeVerbfroisser (.kränken1). In einem zweiten Schritt kann jedoch gefragt werden, was froisser genau heißt, welche Aspekte des Ärgems gerade durch dieses Verb bezeichnet werden. Diese Aspekte sind nicht a priori gegeben. Sie zu ermitteln, setzt eine Analyse der Redebedeutungen voraus, aus denen sich wiederum ergibt, welche Gestaltungsmöglichkeiten im Französischen für die Beschreibung des Ärgerns zur Verfügung stehen und damit wie der Phänomenbereich überhaupt sprachlich erfasst werden kann. Das spezifisch Einzelsprachliche zu bestimmen, ist wichtig, da die einzelsprachliche Gestaltung den Sprechern vorgegeben ist. Sage ich froisser, so sage ich gerade nicht einfach vexer und möchte ich genau dies in einer anderen Sprache sagen, so habe ich vielleicht Schwierigkeiten, mich auszudrücken. Ich müsste etwa im Italienischen oder im Deutschen auf komplizierte Umschreibungen zurückgreifen. Dies heißt jedoch nicht, dass das Einzelsprachliche eine unhintergehbare Schranke darstellt. Die einzelsprachliche Bedeutung, etwa von froisser, ist metasprachlich nur beschreibbar und grundsätzlich auch übersetzbar, weil sie sich auf einen Sachverhalt, eine bestimmte zwischenmenschliche Praxis bezieht.36 Nur in diesem Bezug zur Welt ist sie überhaupt erlernbar.37 Semantische Merkmale, die in der einzelsprachlichen Gestaltung eines Phänomenbereichs ausgewählt werden können, sind deshalb stets Merkmale der Sachverhalte38 und somit eine Möglichkeit der sprachlichen Gestaltung im allgemeinen. Zwei Aspekte dürfen in diesem Zusammenhang nicht vermischt werden. Zum einen stellt sich die Frage, ob die Strukturiertheit der Welt immanent ist, oder ob sie erst durch eine Syntheseleistung des menschlichen Erkenntnisvermögens entsteht. Kant hat dieses Problem in der Kritik der reinen Vernunft39 zugespitzt: Richtet sich unser Vorstellungsvermögen nach den Sachen oder richten sich die Sachen, so wie wir sie wahrnehmen können, nach unserem Vorstellungsvermögen? Bis heute ist diese Frage ein Streitpunkt zwischen einer logisch-positivistischen Semantik der Wahrheitsbedingungen, die von der Strukturiertheit der Sachen selbst ausgeht, und einer mentalistisch inteipretativen Semantik, die auf der Strukturierung der Sachwelt durch das menschliche Erkenntnisvermögen behant (cf. Jackendoff 1990: 11-13). Eine davon zu trennende Frage ist jedoch, inwieweit eine sprachliche Gliederung der Welt, wenn wir sie einmal annehmen, allgemeinsprachlicher oder einzelsprachlicher Natur ist. So kritisiert etwa Hoinkes (1995: 310) zurecht die Auffassung, die Einzelsprachen würden bei der Erfassung der Sachwelt nur eine Auswahl „sachlich vorgegebener Strukturen" leisten. Die Berücksichtigung funktioneller Merkmale, wie bei den von Hoinkes untersuchten Sitzgelegenheiten die »Bequemlichkeit« als das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen Sessel und Stuhl, erweist sich, so Hoinkes, zumindest bei Artefakten als die zentrale Leistung der Sprache.40 Hoinkes vernachlässigt jedoch, dass die Erfahrung der Bequemlichkeit einer

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Die Möglichkeit das Gesagte selbst zum Thema zu machen, die Reflexivität der Sprache leitet sich aus der Semantizität und der Alterität der Sprache ab (cf. LUdtke 1984: 18). Zum notwendigen Bezogensein des Bedeutungserwerbs auf die Bezeichnung (»prägma« der Stoiker) siehe auch Gauger (1983). Dies gilt, wie auch Coseriu (1990: 253) betont, unabhängig davon, ob die sprachlich den Sachen beigemessenen Eigenschaften nach wissenschaftlicher Erkenntnis richtig oder falsch sind. Vorrede zur zweiten Auflage (cf. Kant [1787] 1974a: 25-6). Hoinkes richtet sich dabei gegen Pottier (1963), der bei seiner bekannten Analyse des Wortfeldes »sifege« zwar die funktionellen Merkmale »pour s'asseoir« und »pour 1 personne« berücksichtigt,

16 Sitzgelegenheit - wenn wir hierin ein primär sprachlich erfassbares Moment menschlicher Praxis sehen wollen - nicht die Leistung einer einzelsprachlichen Gestaltung ist. Bequemlichkeit ist übereinzelsprachlich eine Eigenschaft des »Zuhandenen« im Sinne Heideggers ([1927] 1986: 69),41 d. h. eine Eigenschaft bestimmter Sachen in Bezug auf eine allgemein menschliche Praxis in ihren kulturellen Ausgestaltungen. Eigenschaften des Zuhandenen können genauso wie Eigenschaften der Sachen als bloß vorhandene in die einzelsprachliche Gestaltung eingehen oder nicht. Fassen wir noch einmal zusammen: Sprachliche Ausdrücke haben nur Bedeutung in Rückvermittlung zur menschlichen Praxis. Verschiedene Sprachen bezeichnen unterschiedliche Aspekte der außersprachlichen Wirklichkeit, deren Begreifen in eine allgemein menschliche Praxis in ihren jeweiligen kulturellen Ausgestaltungen eingefasst ist. Menschliche Praxis ist grundsätzlich von jeder Einzelsprache aus zugänglich, daher die grundsätzliche Übersetzbarkeit jeder sprachlichen Äußerung (auch wenn im Einzelfall dazu ausfuhrliche Erklärungen notwendig sind). Einzelsprachen mögen verschiedene Weltsichten darstellen, die gemeinsame Praxis ermöglicht es aber, Sprecher anderer Sprachen an diesen Weltsichten teilhaben zu lassen. Funktionelle Aspekte wie Bequemlichkeit oder Nützlichkeit sind Kategorien der Sachen im weiteren Sinne. Sie werden durch die Analyse der Sacheigenschaften in Bezug zur menschlichen Praxis gewonnen. Wortfeldanalysen sind nur unter Rückbezug auf die Sachen möglich. Einzelsprachen unterscheiden sich zwar in ihrem Primärwortschatz, doch sollte dieser Aspekt nicht überbetont werden. Ebenso wichtig wie das Spezifische eineT Sprache ist dasjenige, was sie mit anderen Sprachen und vielleicht mit allen Sprachen teilt. Hinsichtlich des Untersuchungsgegenstands Gefuhlsverben im Französischen und Italienischen heißt dies, dass weder die Strukturierung des einzelsprachlichen Wortschatzes allein das Untersuchungsziel ist, noch die allgemeine Bestimmung der Versprachlichungsmöglichkeiten dieses Phänomenbereichs, die nur zufällig am Beispiel des Französischen und Italienischen illustriert wird. Vielmehr gibt die allgemeinsprachlich in einem ersten Schritt onomasiologisch geführte Untersuchung des Phänomenbereichs einen Rahmen, in dem die einzelsprachliche Gestaltung des Phänomenbereichs deutlich wird. Die in einem zweiten Schritt semasiologisch zu bestimmende einzelsprachliche Feingliederung verdeutlicht dann die differenzierten Möglichkeiten, den Phänomenbereich sprachlich zu gestalten, über die selbst eng verwandte und typologisch ähnliche Sprachen verfugen.

1.3 Sprachkompetenz und Sprachwissen

Ziel sprachwissenschaftlicher Arbeit ist es im allgemeinen, einen Ausschnitt der Sprachkompetenz zu beschreiben. Die Frage, was unter dieser Kompetenz eigentlich zu verstehen ist und wo diese Kompetenz aufgefunden werden kann, ist durchaus nicht banal und soll deshalb nicht übergangen werden. Coseriu (1988b: 3-55) hat betont, dass Chomskys Begriff der Kompetenz ansonsten aber auf sachbeschreibende Merkmale (»sur pied(s)«; »avec dossier«, »avec bras« etc.) zurückgreift. 4 > Sein und Zeit §15.

17 (cf. Chomsky 1965) dem Saussureschen Begriff der langue (cf. Saussure [1916] 1972) vorzuziehen ist. Während bei der langue als sozialem System unklar bleibt, wo sie sich befindet, ist die Kompetenz im Sinne Chomskys realistischerweise etwas, was im Kopf des einzelnen Sprechers vorzufinden ist. In Chomskys neueren Formulierungen (cf. Chomsky / Lasnik 1995:1330) erscheint Kompetenz als das einzelsprachlich parametrisierte universelle Sprachwissen eines Individuums. Coseriu (ibd.) unterscheidet dagegen zwischen allgemeinsprachlicher Kompetenz, einzelsprachlicher Kompetenz und Textkompetenz bzw. elokutionellem, idiomatischem42 und expressivem Wissen. Ich habe in einem anderen Kontext vorgeschlagen, Kompetenz und Wissen nicht gleichzusetzen (cf. Kailuweit 1997: 23). Kompetenz sollte tatsächlich auf die einem Individuum zur Verfugung stehende Fähigkeit beschränkt werden. Demgegenüber ist das Wissen personenentbunden. Es ist nicht (nur) im Kopf des Menschen auffindbar, sondern auch und vor allem in Nachschlagewerken mit Referenzcharakter: in Enzyklopädien und Handbüchern oder im Bereich des einzelsprachlichen Wissens in Wörterbüchern und Grammatiken. Im Rahmen der historisch-soziolinguistischen Fragestellung, die ich verfolgt habe (cf. Kailuweit 1997), ging es mir darum zu zeigen, dass eine absolute, unhinterfragbare erstsprachliche Kompetenz (ich nenne sie Genolekt) vielleicht infrühsterKindheit erworben wird, aber fur das Verständnis dessen, was eine historische Sprache ist, warum sie sich ausdifferenziert und für eine Sprachgemeinschaft eine identitätsstiftende Funktion hat, eine geringe Relevanz besitzt. Eine Einzelsprache setzt eine repräsentative konzeptionell schriftliche43 Varietät (ich spreche hier von einem Grammolekt) voraus, der die Sprecher ihren jeweiligen Genolekt zuordnen. Der Grammolekt stellt ein personenentbundenes Wissen dar, dass durch besondere Verfahren erlernt werden muss. Die einzelnen Sprecher besitzen eine mehr oder weniger gute (ihrem Wesen nach aber stets prekäre) Kompetenz dieses Grammolekts.44 Im Zusammenhang mit der hier verfolgten Fragestellung ist zu klären, ob personengebundene Kompetenz oder personenentbundenes Wissen beschrieben werden soll. Die Antwort auf diese Frage ist nicht einfach, zumal sowohl einzelsprachliche als auchübereinzelsprachliche Phänomene untersucht werden sollen und insofern die Frage nach Kompetenz oder Wissen für die einzelsprachliche und die allgemeinsprachliche Ebene getrennt erörtert werden muss. Die Kenntnis der Sachen bildet in noch offensichtlicherem Maße, als dies bei den in Wörterbüchern, Grammatiken und sprachlich repräsentativen Texten festgehaltenen Grammolekten der Fall ist, ein Wissen, das die Kompetenz des einzelnen weit übersteigt. Eine allen Sprechern gemeinsame unhinterfragbare elokutionelle Kompetenz könnten jedoch die Prinzipien des Denkens darstellen. Philosophen haben diese Prinzipien seit der Antike zu bestimmen versucht. Nach Kant gehören zu den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis die reinen Verstandesbegriffe und die Schemata der Einbildungskraft, die zwischen den Begriffen und den Anschauungen vermitteln. Auch wenn die Kategorientafeln, die Aristoteles und Kant entwarfen,

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43 44

Gemeint ist einzelsprachlich, nicht deutsch idiomatisch im Sinne von »auf Redensarten oder feststehende Ausdrücke bezogen«. Es liegt hier wohl in der deutschen Fassung des Texts ein Hispanismus vor (spanisch idioma = ,Einzelsprache'). Im Sinne von Koch / Oesterreicher (1985). Eine ausgiebige Diskussion dieser Problematik, die ich hier nicht wiederholen möchte, findet sich in Kailuweit (1997: 9-39).

18

in ihren konkreten Ausgestaltungen keine allgemeine Anerkennung fanden, wird die Vorstellung, dass bestimmte Begriffe universell sind, dadurch nicht entwertet. Einen empirischen Zugang zur Frage nach den universellen Begriffen und den Prinzipien des Denkens eröffnet die Kognitive Linguistik.45 Der Kognitivismus geht davon aus, dass den Menschen „gewisse kognitive Dispositionen von Geburt an zur Verfügung stehen" (Schwarz 2 1996: 14). Es ist hier nicht der Ort, die verschiedenen Ausprägungen der Kognitiven Linguistik im einzelnen zu diskutieren. Von Interesse für die vorliegende Arbeit ist vor allem eine Unterscheidung, die Anna Wierzbicka (1992) im Untertitel ihres Buches Semantics, culture and cognition trifft: diejenige zwischen universal human concepts and culture-specific configurations. Der Psychologe Paul Ekman hat seit den 70er Jahren (cf. Ekman 1971) eine einflussreiche Theorie entwickelt, derzufolge nicht nur der Phänomenbereich Gefühl grundsätzlich universeller Natur ist. Vielmehr würden auch bestimmte negative Gefühle wie Ärger, Trauer, Angst und Ekel kulturübergreifend mit bestimmten Gesichtsausdrücken korrespondieren, während positive Gefühle einem einzigen Gesichtsausdruck „a particular type of smile" (Ekman 1994a: 18) entsprächen. Im einzelnen ist Ekmans Theorie umstritten,46 aber es besteht zumindest insofern Einigkeit, als kulturübergreifend eine Entsprechung zwischen positiven und negativen Gefühlen und mehr oder weniger kontrollierbaren Ausdrucksformen, wie bestimmten Gesichtsausdrücken, Lachen und Weinen angenommen werden kann (cf. Wierzbicka 1999: 213-215; 305). Positive und negative Gefühle zu äußern, wahrzunehmen und beschreiben zu können, gehört zur kognitiven und kommunikativen Kompetenz des Menschen. Die konkrete Ausgestaltung des Phänomenbereichs Gefühl ist dagegen kulturspezifisch und stellt damit ein Wissen dar, das der einzelne in einem Akkulturationsprozess in prekärer Weise erwirbt. Welche Grade und Formen von Zuneigung, Verstimmung oder Demütigung es gibt, und wie diese unmittelbar zum Ausdruck gebracht und beschreibend anderen vermittelt werden können, muss als Kulturtechnik erlernt werden. In unserer Kultur halten philosophische Texte, aber vor allem auch literarische Texte47 dieses Wissen fest. Auf der übereinzelsprachlichen Ebene geht es deshalb auch darum, die Strukturierung des Phänomenbereichs als ein Wissen zu beschreiben, das die Kompetenz des einzelnen überschreiten mag, ihm aber als ein Kulturgut in der Form repräsentativer Texte zur Verfügung steht. Auf der einzelsprachlichen Ebenen könnte sich die Untersuchung ebenfalls auf eine unhinterfragbare Kompetenz richten oder aber auf ein personenentbundenes Wissen, das der einzelne Sprecher durch einen mehr oder weniger erfolgreichen Lernprozess in eine prekäre Kompetenz überführt hat. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Bedeutungserwerb, als Erwerb lexikalischer Einheiten, unbestritten ein im Leben des einzelnen unabschließbarer Prozess ist, während der Erwerb syntaktischer Strukturen der Erstsprache gemeinhin als relativfrühabgeschlossen gilt (cf. Schwarz 1992: 65). Dies ist jedoch im Hinblick auf die getroffene Unterscheidung zwischen Genolekt und Grammolekt zu relativieren. Als abgeschlossen kann lediglich der Erwerb syntaktischer Strukturen im Rahmen einer eng beschränkten genolektalen Kompetenz 45 46 47

Einen Überblick gibt Schwarz (21996). Siehe Wierzbicka (1999: 169) mit weiteren Hinweisen. Daher sehen auch Psychologen wie Ortony, Clore und Collins, die es strikt ablehnen, die Analyse von Gefühlen als Analyse von Wörtern zu begreifen (Ortony et al. 1980: 1 s), den Rückgriff auf literarische Texte und die darin beschriebene soziale Praxis als einen legitimen Zugang zu dieser Praxis an (cf. ibd.: 3).

19 gelten. Die Sprachkompetenz besteht jedoch aus einem komplexen System von Genolekt und verschiedenen Grammolekten, die als Summe das bilden, was man unter »deutsch, französisch oder italienisch sprechen können« versteht. Es ist deshalb fraglich, ob die komplexe grammolektale Syntax abschließend erworben werden kann; sie stellt jedenfalls, da sie notwendig an konzeptionelle Schriftlichkeit gebunden ist, eine prekäre Kompetenz dar. Das Verhältnis zwischen einem als homogen begriffenen sprachlichen System und der äußerst heterogenen Sprachkompetenz der einzelnen Sprecher hat zur Ausprägung der Varietätenlinguistik geführt. Wie Coseriu (zuletzt 1988b: 25-27) feststellt, bildet nur eine »funktionelle Sprache« als syntopisch, synstratisch und symphasisch einheitliche Sprache ein System. Eine historische Sprache wie Deutsch, Französisch oder Italienisch setzt sich Coseriu zufolge aus einer Vielzahl funktioneller Sprachen zusammen, von denen die Sprecher einen gewissen Ausschnitt beherrschen und abwechselnd (ggf. auch in ein und demselben Text) verwenden können. Die einzelnen funktionellen Sprachen innerhalb einer historischen Sprache ersetzen als Untersuchungsgegenstand somit die synchronische Idealisierung der historischen Sprache als ganze, wie sie Saussures langue und Chomskys „homogeneous speech community" (cf. Chomsky / Lasnik 1995: 19) zugrunde hegt. Damit verschiebt sich jedoch nur das Problem der Idealisierung auf eine kleinere Einheit, deren Abgrenzung theoretisch zu einem regressum ad infinitum fuhrt. Um dies zu vermeiden, rekurriert Coseriu (1988b: 27) auf die Sprachreflexion der Sprecher: Die verschiedenen funktionellen Sprachen seien den Sprechern bekannt. Sie könnten innerhalb von Texten bestimmte Ausdrücke als mundartlich, vulgär oder familiär identifizieren. Einen Ausdruck als markiert anzusehen, muss jedoch nicht heißen, ihn als Bestandteil eines eigenen Systems zu erkennen. Dies würde nämlich voraussetzen, dass er innerhalb dieses Systems als unmarkiert fungiert. Es ist aber gar nicht gesagt, dass es eine Vulgärsprache oder Familiärsprache als ein vollwertiges System des Sprechens überhaupt gibt. Statt auf einem Systemwechsel zu beharren und die Untersuchung solcher Ausdrücke damit von derjenigen unmarkierter Ausdrücke zu trennen, erscheint es ebenso gut möglich anzunehmen, dass innerhalb einer Gemeinsprache Ausdrücke zur Verfügung stehen, gewisse Dinge »drastisch«, »locker« oder auch »gestochen« zu formulieren. Solche Ausdrücke funktionieren dann innerhalb einer Gemeinsprache als, wenn man möchte, synsystematisch markiert und nicht als Bestandteile einer eigenen funktionellen Sprache, d. h. als diasystematisch markiert. Faktisch hat sich auch und gerade die Systemlinguistik, sei sie strukturalistisch oder generativistisch, primär der Schriftsprache zugewandt. Dies wiederum hat als Reaktion ein verstärktes Interesse an der gesprochenen Sprache ausgelöst. In der gesprochenen Sprache scheint sich die Systemhaftigkeit einer unhinterfragbaren erstsprachlichen Kompetenz am ehesten zu zeigen, obgleich das Gesprochene weder notwendig homogen, noch in Sinne von Koch / Oesterreicher (1985) »konzeptionell mündlich«48 ist. Es ist eine Frage von theoretischem Interesse, inwieweit die Annahme eines homogenen sprachlichen Systems, in welcher Form diese Idealisierung auch immer erfolgen mag, der sprachlichen Wirklichkeit gerecht wird. Aus praktischen Gründen erscheint es durchaus 48

Koch / Oestereichers (1985) Terminus konzeptionell mündlich ist unglücklich, da dem spontanen, unreflektierten Sprachgebrauch in der Regel keine »Konzeption« zugrunde liegt. Mündlichkeit wird nur in Ausnahmefällen konzipiert, etwa in einem Roman oder Theaterstück oder wenn man sich bemüht, einen Dialekt zu sprechen, der nicht der eigene ist (cf. Kailuweit 1997: 15).

20 sinnvoll, diese Frage offen zu halten. Offensichtlich ist die Systemhaftigkeit bestimmter Teilbereiche der Sprache leichter zu bestimmen als die anderer Teilbereiche. Aus universalistischer Sicht heißt dies, die Teilbereiche auszuwählen, in denen universelle Prinzipien und sprachtypspezifische (eher als in einem strengen Sinne einzelsprachliche) Parameter eindeutig nachweisbar sind: For working purposes (and nothing more than that), we may make a rough and tentative distinction between the core of a language and its periphery, where the core consists of what we tentatively assume to be pure instantiations of UG [universal grammar, R.K.] and the periphery consists of marked exceptions (irregular verbs, etc.) [...] A reasonable approach would be to focus attention on the core system, putting aside phenomena, that result from historical accident, dialect mixture, idiosyncrasies, and the like. (Chomsky / Lasnik 1995: 19s).

Ziel linguistischer Forschung ist dann nicht die vollständige Beschreibung einer langue als eines homogenen Systems, sondern vielmehr das Festellen von Regelmäßigkeiten, mögen sie nun für alle oder doch nur eine gewisse Vielzahl von Sprachen gelten. Eine solche Sicht ist nicht auf den formellen Ansatz beschränkt. Auch Dik (21997: 15) betont: „linguistic theory is of interest only to the extent that it reveals rules and principles which have potential crosslinguistic applicability". Letztlich wird damit die Frage nach dem Sprachsystem durch eine Frage nach dem Sprachtyp ersetzt. Für die hier verfolgte Fragestellung ist dies relevant. Gewisse Eigenschaften charakterisieren (synchron betrachtet) das Französische oder das Italienische nicht als einheitliches System, sondern eher als Sprachtyp, wobei nicht behauptet wird, dass alle Varietäten, insbesondere alle Dialekte, die dem Französischen oder Italienischen als historische Sprache zugeordnet werden, diese Eigenschaften aufweisen. Ein Beispiel: Aufgrund der Wortstellungsbeschränkungen des Französischen ist es notwendig, ein Verb mit einem Subjekt-EMPFINDUNGSTRÄGER (SE-Verb) zu wählen, soll bei der Beschreibung des Gefallens der Informationsschwerpunkt auf der Sache liegen, die gefällt. Spricht man über kulinarische Vorlieben, so sagt man etwa auf Italienisch: (18)

... a uno, per esempio, non piacevano le arance (Koch 2001: 67, Beispiel 13)

Im Französischen muss dieser Sachverhalt mit dem SE-Verb aimer ausgedrückt werden. Piaire kommt nicht in Frage, da eine Nachstellung des Subjekts wie bei italienischpiacere, die aus informationsstrukturellen Gründen49 erforderlich wäre, nicht möglich ist: (19)

... Tun n'aimait pas les oranges (Koch ibd.)

Es ist davon auszugehen, dass solche Regelmäßigkeiten, wie ζ. B. die verschiedenen syntaktischen Grundmuster, in denen die Aktanten von Gefühlsverben im Französischen und Italienischen erscheinen, zum Kernbereich gehören. Sie können deshalb in Sprecherbefragungen auch ohne weiteres bestätigt werden.

49

Auf diese Gründe wird im Abschnitt 5.2 noch einzugehen sein.

21

Weniger eindeutig ist dagegen, ob ζ. B. bestimmte französische Verben des Ärgerns ein aktiv, d. h. intentional handelndes, Subjekt erlauben oder nicht. Bei der Beurteilung eines Satzes wie des folgenden gehen die Meinungen50 auseinander: (20)

Dominique fache Claude par michancete

Oftmals zweifeln Sprecher, konsultieren, um ihre Urteile zu stützen, Grammatiken und Wörterbücher, in denen sie Beispiele zu finden hoffen, die eine Konstruktion belegen. Dieses Zweifeln ist nicht allein dadurch zu erklären, dass sie über ihre eigene Kompetenz nicht reflektieren können, das Bekannte noch nicht zum Erkannten geworden ist Vielmehr gründet der Zweifel auch darauf, dass die Kompetenz im grammolektalen Bereich prekär ist. Ein Großteil dessen, was wir »deutsch, französisch oder italienisch sprechen« nennen, bezieht sich auf ein personenentbundenes Wissen, das nicht notwendig im Kopf des Sprechers aufzufinden ist, sondern eben in Grammatiken, Wörterbüchern sowie in literarischen und nicht-literarischen Texten, die als repräsentativ für eine Sprachkultur gelten. Diese Texte bilden als ein offenes Korpus den Referenzbereich für die Gemeinsprache, einen Referenzbereich, der über die Standardsprache, als die im engeren Sinne explizit normierte Varietät, hinausreicht. Für die Praxis ist die Untersuchung der Gemeinsprache als ein grammolektales Wissen besonders relevant. Potentielle Anwendungsdomänen sprachwissenschaftlicher Grundlagenforschung liegen im konzeptionell schriftlichen Bereich. Übersetzer wie Übersetzungsprogramme haben es in aller Regel mit konzeptionell schriftlichen Texten zu tun und jemand, der eine Fremdsprache erlernt, wird diese anfangs in erster Linie in konzeptionell schriftlichen Kontexten gebrauchen.51 Hinsichtlich des Phänomenbereichs der Untersuchung hat dies ebenfalls Konsequenzen. Es wird primär die Beschreibung von Gefühlen mit Hilfe von Gefühlsverben untersucht werden und nicht deren unmittelbarer Ausdruck,52 der häufig, wenn auch nicht notwendig, einen Kontext für spontanes, »konzeptionell mündliches« Sprechen darstellt. Es wird also weniger darum gehen, was man auf Französisch oder Italienisch sagt, wenn einem etwas gefällt, man sich ärgert oder erstaunt ist. Tatsächlich wird in solchen Situation oftmals gar nichts gesagt werden, bzw. das, was gesagt wird, ist nicht gleichzeitig auch eine Beschreibung von Gefühlen. Berichte hingegen über Gefühle sind, wenn in konzeptionell schriftlicher Sprache von Menschen die Rede ist, allgegenwärtig: in der Belletristik genauso wie im Bereich der journalistischen Information. Im Hinblick auf die Anwendungsdomänen der Übersetzung sowie des Fremdspracherwerbs sollen die Mittel der jeweiligen Einzelsprachen untersucht werden, mit

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Gross (1975: 260) beschreibt b e i ß c h e r die als Subjektaktant realisierte Person, die den Ärger des als Objekt realisierten EMPFINDUNGSTRÄGERS auslöst, als notwendig nicht intentional handelnd, nach Mathieu (2000: 167) dagegen kann diese Person durchaus intentional handeln. Die Urteile der von mir befragten Sprecher sind nicht eindeutig. Der Zweitsprachenerwerb erfolgt gewissermaßen umgekehrt zum Erstsprachenerwerb. Erst nach dem Aufbau einer gewissen Kompetenz im konzeptionell schriftlichen Bereich, die es den Lernenden ermöglicht, mit Fremden zu sprechen, werden sie vielleicht soziale Kontakte knüpfen, die sie in konzeptionell mündlichere Sprechsituationen führen. Kövecses (2000: 2s) betont, dass Gefuhlswörter wie anger, angry, joy oder happy grundsätzlich beschreibenden Charakter haben und sich darin von Interjektionen unterscheiden, mit denen Gefühle ausgedrückt, aber nicht beschrieben werden können. Sagt man etwas wie I love you so wird mit love ein Gefühl sowohl beschrieben als auch ausgedrückt.

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denen Gefühle beschrieben werden können. Aus diesem Grund konzentriert sich die vorliegende Untersuchung, was die einzelsprachliche Ebene betrifft, auf die jeweiligen Gemeinsprachen als Grammolekte. Eine Gemeinsprache ist kein geschlossenes System, und sie ist auch nicht an und für sich strukturiert. Sie zu beschreiben, heißt aber, sie in relevanten Bereichen zu strukturieren, um mit der Strukturierung der Beschreibungsergebnisse eine Grundlage für potentielle Anwendungen zu schaffen. Ich verfolge damit eine konstruktivistische Sicht, wie auch Dik (21997: 1) sie für die funktionelle Grammatik vorschlägt. Die Beschreibung der Gemeinsprache als eines Wissens schafft neues Wissen: ein Modell, dessen deskriptiver Wert sich in der Praxis beweisen muss.

2 Theoretische und methodische Aspekte

Im Kapitel »Zielsetzung« wurden eine Reihe theoretischer und methodischer Fragen bereits im Ansatz behandelt. Einiges wurde thematisiert, anderes aus einem intuitiven Vorverständnis heraus operativ verwendet. In diesem Kapitel sollen nun die theoretischen Grundlagen präziser gefasst und das methodische Vorgehen bei der Erschließung des Materials erörtert werden. Dabei werde ich erneut auf das Ineinandergreifen von onomasiologischer und semasiologischer Vorgehensweise eingehen. Es ist eine onomasiologische Frage, was Gefühle sind und welche sprachlichen Mittel zu ihrem Ausdruck bzw. zu ihrer Beschreibung dienen. Wenn aber im Titel von Syntax und Semantikfranzösischerund italienischer Verben die Rede ist, so impliziert dies eine semasiologische Sicht. Die semasiologische Beschränkung auf die Ausdruckskategorie Verb ist eine der Vorentscheidungen, die in diesem Kapitel begründet werden sollen.

2.1 Semiose

Im ersten Abschnitt dieses Kapitels möchte ich mithilfe eines Zeichenmodells (besser: eines Modells der Semiose) verdeutlichen, was unter onomasiologischer bzw. semasiologischer Vorgehensweise verstanden werden soll. signatum

Ebene des Möglichen

Λ Vorstellung/ designatum

signans

V nomen

nominandum nominatum / denotatum

Fig. 1: Semiotisches Pentagon nach Raible (1983: 5)

Ebene des Wirklichen

24 Den Ausgangspunkt meiner Überlegungen bildet das in Fig. 1 dargestellte semiotische Pentagon, das Raible (1983: 5) als Synthese der zeichentheoretischen Ansätze von Hilty (1983) und Gauger (1983) entworfen hat.1 Das Pentagon basiert im Wesentlichen auf dem semiotischen Trapez, das Hilty seit den 60er Jahren zur Illustration seiner Theorie des doppelten, distinktiven und referentiellen, Charakters der semantischen Merkmale verwendet. Hilty (1983: 1-33) hebt die Beziehung zwischen den „NOMINANDA (als Teilen der wahrgenommenen oder vorgestellten Welt)" (ibd.: 31) hervor, die er Referenz nennt. Sie besteht in einer Reduktion der vielfältigen Wahmehmungsmerkmale auf diejenigen, die charakteristisch sind, so dass ein NOMINANDUM mit Hilfe eines Zeichens identifiziert werden kann. Diese Merkmale sind logisch zu trennen von den distinktiven Merkmalen (Semen), die verschiedene Zeichen einer Sprache paradigmatisch unterscheiden. Des weiteren trennt Hilty die „Ebene des Möglichen" von der „Ebene des Wirklichen". Wird das Zeichen aktualisiert (NOMEN), so dient es als Teil der Wirklichkeit zur Bezeichnung des NOMINANDUMs. Dabei fließen ihm diejenigen Elemente des NOMINANDUMs, die „nicht in die »Abreviatur« des Zeichens aufgenommen worden sind" (ibd.: 33) wieder zu und verbinden sich mit Merkmalen des SIGNATUMs. Raible (1983: 5) erweitert nun das Trapez zum Pentagon, indem er mit Gauger (1983) zwischen einer ersten übereinzelsprachlichen Strukturierung der NOMINANDA zu Vorstellungen und einer zweiten einzelsprachlichen Strukturierung unterscheidet, die als Auswahl aus den Vorstellungsmerkmalen begriffen werden kann. Das semiotische Pentagon trennt somit in vorbildlicher Klarheit die für die sprachwissenschaftliche Beschreibung relevanten Ebenen. Einige Ergänzungen und Veränderungen sind dennoch notwendig. Sie betreffen vor allem die mangelnde Berücksichtigung der Materialität des Wirklichen und die damit verbundene Beschränkung der Semiotik auf die personengebundene Kompetenz. Im folgenden soll deshalb sukzessiv ein Modell der Semiose entwickelt werden, das einerseits ihren materiellen Grundlagen gerecht wird und andererseits die Unterscheidung zwischen personengebundener Kompetenz und personenentbundenem Wissen ermöglicht. Das in Fig. 2 illustrierte Modell erweitert das Pentagon zu einem Hexagon. Die zusätzliche Ecke wird benötigt, um zwischen den Sachen und Sachverhalten, wie sie an und für sich sind und wie sie dem menschlichen Erkenntnisvermögen erscheinen, zu unterscheiden. Ich verwende zur Präzisierung desjenigen, was Hilty NOMINANDUM nennt (die wahrgenommene Welt), den Kantschen Begriff der Erscheinung. Das Korrelat der Erscheinung, bei Kant »Ding an sich«, nenne ich Sache.2 Eine entsprechende Unterscheidung findet sich bei Jackendoff (1983). Jackendoff, der sich u. a. auch auf Kant beruft (cf. ibd.: 29), trennt in seiner Auseinandersetzung mit der positivistischen Logik eine Domäne „real world" von einer Domäne „projected world" (ibd.: 31).

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Dieses von Raible eher beiläufig in der Einleitung eines semantiktheoretischen Sammelbandes skizzierte Modell ist in einer Reihe von Studien aufgegriffen worden (cf. Koch 1995: 35s; Blank 1997: 98-102; Waltereit 1998: 5-7).

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Ich ziehe Sache dem Kantschen Ausdruck Ding vor, da Sache in allgemeinerer Weise das in der Welt Vorhandene bezeichnet. So kann Sache auch für einen Sachverhalt stehen, wenn man etwa fragt: Was ist Sache?

25 Ebene des Möglichen Bedeutung

Ebene des Wirklichen Fig. 2: Semiotisches Hexagon Zum Nachweis der Relevanz einer Ebene der Erscheinungen gegenüber einer Ebene der Sachen selbst verweist Jackendoff ζ. B. auf das Phänomen der Phantomschmerzen (cf. ibd.: 33). Dem Vorwurf, eine solche Position sei solipsistisch, widersetzt er sich mit dem Hinweis auf die allen Menschen gegebenen genetischen Anlagen: „the fact that we are all human beings, with similar mental structure, guarantees that in a vast range of useful cases our projections are for most purposes compatible" (ibd.: 31). In Kantschen Begriffen gesagt: Die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis sind für alle Mensch dieselben. Insofern aber gehören die »Vorstellungen« nicht ausschließlich zur Ebene des Möglichen, sondern bilden vielmehr die Schnittstelle zwischen dem Möglichen und dem Wirklichen. Die Konstanz der Erscheinungen wie der Vorstellungen, die erst Kommunikation ermöglicht, ist durch die im Kern für jeden Menschen gleiche Anlage des Erkenntnisvermögens gegeben. Die Verschiebung der Achse, die das Wirkliche vom Möglichen trennt, betrifft jedoch nicht nur die Vorstellungen, sondern auch die »NOMINA« im Sinne Hiltys und Raibles, d. h. die aktualisierten Zeichen. Bei Hilty und Raible wird die Realisierung des Zeichens in einem konkreten Bezeichnungsakt ins Auge gefasst. Realisierung als Aktualisierung des Zeichens mag nun nicht unbedingt auch als Materialisierung zu begreifen sein. Bezeichnung als Relation zwischen dem NOMEN und dem NOMINANDUM entsteht zwar, so Raible (1983: 5), „in einem konkreten Sprechakt". Bezeichnung scheint aber auch in einem reinen Denkakt möglich, bei dem eine Materialisierung des Zeichens nicht erfolgt.

26 Nun kann Bezeichnung als Denkakt aber nur erfolgen, wenn die Möglichkeit der Materialisierung des Zeichens gegeben ist. Der kognitive Gebrauch der Sprache setzt den kommunikativen, an Materialisierung gebundenen Gebrauch voraus. Wittgenstein hat dies in den Philosophischen Untersuchungen bei der Erörterung der Möglichkeit einer Privatsprache gezeigt ([1953]3 1984: 363s): Das Vorstellen von Ausdrucksmitteln (ζ. B. einer Tabelle, die nur in der Vorstellung existiert) hilft nicht, um eine Bedeutung eindeutig auf eine Sache zu beziehen. Ebensowenig ist Bezeichnung jedoch durch bloße Materialisierung herzustellen. Schreibe ich »E« in mein Tagebuch, wenn ich eine, wie ich glaube, Empfindung habe, so ist damit noch kein Zeichen konstituiert, das zur Reidentifizierung der Empfindung dienen könnte. »E« verbleibt zwar materiell, aber, wofür »E« steht, dafür gibt es solange kein objektives Kriterium, wie »E« nicht Bestandteil eines intersubjektiven Sprachspiels ist (cf. Wittgenstein ibd.: 361-3634). Ausdrucksmittel können gesicherten Sachbezug nur herstellen, wenn sie materialisierte Requisiten intersubjektiver Sprachspiele sind. Wenn die Semiose somit Materialisierung und Intersubjektivität beinhaltet, ist Bezeichnung grundsätzlich nur durch Verzeitlichung gesichert, d. h. durch ein Verbleiben des Zeichens zwischen einem Produktions- und einem Rezeptionsakt. Das Verbleiben des aktualisierten Zeichens wird bei Hilty und Raible nicht thematisiert. Dieses Verbleiben ist jedoch vor allem dann, wenn es um die Interpretation und Verarbeitung von Daten geht, von zentraler Wichtigkeit. Dies betrifft sowohl die menschliche Praxis in einer grammolektal geprägten Kultur als auch die innerhalb einer solchen Kultur erst mögliche sprachwissenschaftliche Beschreibungsarbeit. Das Verbleiben des Zeichens als Zeichen ist für sich kein Phänomen, das allein der Ebene des Wirklichen zuzuordnen wäre, sondern bewegt sich auf der Grenze zwischen dem Wirklichen und dem Möglichen. Derrida (1972: 378) nennt die Art des Verbleibens des Zeichens eine „restance non-presente". Das Zeichen verbleibt als Zeichen, indem es, aus seinem Produktionskontext gelöst, die Möglichkeit in sich trägt, in einen neuen Kontext einzutreten. Damit entzieht sich das Zeichen jedoch gleichzeitig der traditionellen type-tokenUnterscheidung, in der sich die Trennung des Möglichen (type) vom Wirklichen (token) vollzieht. Um diesen wesentlichen Aspekt hervorzuheben, zieht es Derrida (ibd.) vor, von »Marken« statt von »Zeichen« zu sprechen. Marken als sprachliche Produkte (ergon) sind einerseits auf der Coseriuschen Ebene des Individuellen tokens und, da sie mit Bedeutungen verknüpft und rekontextualisiert werden, auch Texte. Andererseits sind sie auf der Coseriuschen Ebene des Einzelsprachlichen types und damit „abstrakte Sprache". Sie fungieren für jede Form der Weiterverarbeitung als Orientierungsmuster. Die iype-toJten-Unterscheidung wird durch den Begriff der Marke gewissermaßen aus einer vertikalen in eine horizontale Ordnung gebracht. Zur Ebene des Möglichen gehören die Dimensionen des Saussureschen Zeichens als Bestandteile der Sprecherkompetenz. SIGNANS und SIGNATUM gebe ich durch Ausdrucksform und Bedeutung wieder. Raible interpretiert SIGNANS als „Vorstellung vom Lautkörper" (1983: 5) - eine zu enge Sicht, die die Realisierung von Sprache im visuellen Medium ausgrenzt. Bedeutung schließlich soll im Sinne Raibles oder Coserius als einzelsprachlicher Inhalt verstanden werden. 3

Philosophische Untersuchungen I §265. * §§258-261.

27

Bedeutung

Fig. 3: Potentiell personenentbundener Bereich der Semiose

Die eingeführten Veränderungen gegenüber dem semiotischen Pentagon von Raible ermöglichen nun auch die Unterscheidung zwischen personengebundener Kompetenz und personenentbundenem Wissen innerhalb des Zeichenmodells zu verdeutlichen (Fig. 3). Marken und Sachen kommt eine vom Menschen unabhängige Existenz zu. Was die Sachen betrifft, so mag dies allenfalls für bestimmte Spielarten der Philosophie in Frage stehen. Marken dagegen, könnte eingewendet werden, sind jedoch durch menschliche Praxis hervorgebracht. Wenn sie dennoch eine vom Menschen unabhängige Existenz haben, dann deshalb, weil sie unabhängig von ihrem Produzenten weiterwirkea Sie konstituieren ein personenentbundenes Wissen, das in Abwesenheit des Produzenten nachfolgenden Rezipienten zugänglich ist. Aber nicht nur das Verbleiben der Marken ist personenentbunden, auch ihre Rezeption kann personenentbunden erfolgen, d. h. sie setzt nicht ein menschliches Erkenntnisvermögen voraus. Denken wir uns etwa eine Maschine, die Marken einliest, sie mit gespeicherten Marken vergleicht und bei Übereinstimmung Aktionen ausführt. Eine solche Maschine leistet gewissermaßen eine Semiose als Kurzschluss zwischen den Marken und den Sachen. Ich werde diesen Gedanken an dieser Stelle nicht vertiefen, da es mir vorrangig um die Semioseleistung des Menschen geht. Diese verläuft nun in einer Kreisbewegung über die sechs Dimensionen des Modells. Die Bewegung, die in Fig. 4 als Kreis dargestellt wird, kann nun semasiologisch rechtsdrehend bei den Marken beginnen, oder onomasiologisch linksdrehend bei den Erscheinungen bzw. Vorstellungen.

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Bedeutung

Fig. 4: Bewegung der Semiose

Semasiologische Semiose: Die semasiologische Semiose beginnt bei der Marke als materialisiertem Zeichen. Der Marke wird eine Ausdrucksform eines spezifischen Kodes, sagen wir der Einfachhalt halber einer Einzelsprache, zugeordnet (Gift ζ. B. kann als Ausdrucksform des Deutschen oder des Englischen begriffen werden). Die Zuordnung zu einer einzelsprachlichen Ausdrucksform bedingt die Zuschreibimg einer einzelsprachlichen Bedeutung. Diese Bedeutung wird auf eine übereinzelsprachliche Vorstellung bezogen. Damit scheint die Semiose bereits abgeschlossen. Tatsächlich jedoch ist der Bezug zwischen Marke und Vorstellung erst in objektivierbarer Weise gesichert, wenn sich die Bewegung der Semiose fortsetzt, sich der semiotische Kreis schließt. Die Vorstellung muss auf eine Erscheinung bezogen werden können, die intersubjektiv teilbar ist. Um teilbar zu sein, braucht sie ein Korrelat in der Sachwelt. Onomasiologische Semiose: Die onomasiologische Semiose ist ein Prozess, der von einer konkreten Erscheinimg oder von einer von konkreten Erscheinungen abstrahierten Vorstellung ausgeht, die Vorstellung mit einer an einzelsprachliche (bzw. im weiteren Sinne kodebezogene) geknüpfte Ausdrucksform verbindet und eine Marke als ein materialisiertes Zeichen3 produziert. Die Marke bezeichnet dann eine Sache (einen Sachverhalt) in der Welt. Die Bezeich5

Das Produzieren einer Marke ist dabei unerlässlich. Das bloße Vorstellen einer Ausdrucksform stellt keinen (gesicherten) Sachbezug her, da eine intersubjektive Verifikation ohne Materialisierung der Semiose nicht gegeben ist.

29 nung glückt, wenn sie intersubjektiv nachvollziehbar ist, d. h. bei einem Anderen eine entsprechende Erscheinung auslösen kann. Damit schließt sich auch in onomasiologischer Richtung der semiotische Zirkel in der Intersubjektivität. Fassen wir die Ergebnisse dieses semiotischen Exkurses noch einmal im Hinblick auf das weitere Vorgehen zusammen. Im Folgenden wird es einerseits onomasiologisch darum gehen, den Phänomenbereich Gefühl, wie er in menschlicher Praxis erscheint, vorzustellen und diese Vorstellung in der Sprache der Beschreibung zu formulieren. Diese intersubjektiv nachvollziehbare Beschreibung kann dann über die einzelsprachliche Kenntnis des Französischen und Italienischen auf bestimmte Marken bezogen werden. Andererseits wird es semasiologisch um die Interpretation von Marken gehen: Materialisierte, mir vorliegende Zeichen, die ich über eine Vorstellung der Ausdrucksfonnen des Französischen und Italienischen mit einer durch diese Einzelsprachen bestimmten Bedeutung6 verbinde. Diese Bedeutung ist dann auf eine Vorstellung zu beziehen, die über eine metasprachliche Formulierung intersubjektiv zugänglich und überprüfbar wird. Wie schon im ersten Kapitel geschildert, fuhrt das onomasiologische Vorgehen erst einmal zu einer summarischen Auswahl von Lexemen. Ich brauche eine Vorstellung davon, was überhaupt ein Gefühl ist und welche Grundarten von Gefühlen in der menschlichen Praxis relevant sind, um eine Auswahl und grobe Ordnung der Lexeme vornehmen zu können. Die semasiologische Analyse fuhrt dann zu einer feineren Differenzierung der Vorstellung.

2.2 Methodische Grundlagen des onomasiologischen Vorgehens

Es stellt sich also die Frage, wie man sich der Bestimmung des Phänomenbereichs Gefühl nähern soll. Eine Methode könnte in der Introspektion bestehen. Da Gefühle zu den elementaren Anlagen des Menschen gehören, sollte jeder Mensch durch unmittelbare Erfahrung wissen, was es mit ihnen auf sich hat. Könnte man also nicht einfach durch ein In-sich-Hinein-Sehen oder In-sich-Hinein-Horchen sich vergegenwärtigen, was ein Gefühl ist und welche Gefühle es gibt? Sartre beruft sich in seiner Esquisse d'une theorie des emotions in diesem Sinne auf die phänomenologische Methode Husserls: „le principe de la phenomenologie est d'aller »aux choses elles-memes« et la base de sa methode est l'intuition eidetique" ([1938] 1965:12). Mit Husserl und Sartre scheinen wir tatsächlich onomasiologisch vorgehen zu können, indem wir Gefühle als Phänomene unseres Innenlebens begreifen, die unserem inneren Auge erscheinen.

6

Die Kompetenz, einer Marke innerhalb eines Grammolekts eine Bedeutung zuzuweisen, ist, wie bereits im ersten Kapitel angedeutet, grundsätzlich prekär. Die Oppositionen, die innerhalb eines Grammolekts bestehen, sind auch »Muttersprachlern« nicht einfach gegeben, sondern müssen durch Rückgriff auf personenentbundenes Wissen, das in Form weiterer Marken vorliegt, erlernt werden. Bestimme ich als Sprachwissenschaftler die Bedeutung einer Marke, so erwerbe ich, insofern ich verstehe, was ich beschreibe, gleichzeitig eine eigene prekäre Kompetenz des zu beschreibenden Grammolekts.

30 Tugendhat hat die Husserlsche Methode der eidetischen Intuition, der Wesensanschauung, als eines nach innen gerichteten Blicks7 polemisch kritisiert: „Versuchen Sie das doch einmal, in sich zu schauen. Ist das nicht auch eine unangemessene Metapher, so als könnten wir unseren Blick, der nach außen gerichtet ist, in einem solchen Akt der Reflexion auch nach innen wenden? Also ich für meinen Teil kann da gar nichts sehen" (Tugendhat 1979: 17). Tatsächlich, so Tugendhat, sei Husserls Methode eine ganz andere: „Wenn wir jetzt genau darauf achten, woran sich Husserl in Wirklichkeit orientiert hat, bei seiner Herausstellung der intentionalen Erlebnisse, so finden wir, daß es die Art ist, wie wir über diese Phänomene sprechen" (ibd.: 17s). Tugendhat plädiert hier fur eine sprachanalytischen Wende in der Philosophie. Aus der Sicht der sprachanalytischen Philosophie scheinen wir eine Frage wie diejenige, was ein Gefühl ist, als eine semasiologische Frage begreifen zu müssen. Es wird eigentlich gefragt, was das Wort Gefiihl bedeutet, und diese Frage wiederum ist mit Wittgenstein als Frage nach dem Gebrauch des Wortes in intersubjektiver Praxis zu verstehen. Mit bedeuten ist in der sprachanalytischen Philosophie jedoch nicht die einzelsprachliche Bedeutung gemeint. Es wird auf die grundsätzliche Sprachgebundenheit des Denkens abgestellt, jedoch von einzelsprachlichen Unterschieden abstrahiert. Eine solche Abstraktion erscheint legitim, setzt jedoch eine Überschreitung der Sprache hin zu einer Erfahrung menschlicher Praxis voraus, in der Wörter und Sachen zusammenkommen. Es mag der sprachanalytischen Methode entgegengehalten werden, dass Gefühle uns vielleicht nicht durch Introspektion, wohl aber sprachunabhängig durch eine soziale Praxis, an der wir teilnehmen, gegeben sind. In dieser Praxis müssen Gefühle zwar nicht notwendig versprachlicht erscheinen; indes zumindest komplexere Gefühl erfordern wohl zu ihrer Konzeptualisierung Sprache. Darüber hinaus wird die soziale Praxis durch Versprachlichungen, zumal in Erzählungen und Märchen, in Literatur im weitesten Sinne, nicht nur reflektiert, sondern auch erlernt und perpetuiert (cf. De Sousa 1980: 142). Schließlich setzt jede Analyse Versprachlichung voraus. Die Verwendung einer Beschreibungssprache darf nicht naiv erfolgen. Sie ist in letzter Instanz an die Alltagssprache zurückgebunden. Wir bewegen uns somit stets im semiotischen Zirkel. Die Bewegungsrichtung allerdings wechselt von einer semasiologischen Bestimmung der Bedeutung von Gefiihl zu einer onomasiologischen Grundlegung der Gefühlserfahrung als Phänomen intersubjektiver Praxis. Die Erfahrung dieser Praxis mag durch eine Einzelsprache perspektiviert sein, doch ermöglicht sie gerade, diese Perspektivierung zu überschreiten und zu einer Gefühlsvorstellung zu kommen, die für eine auf verschiedene Einzelsprachen gerichtete sprachwissenschaftliche Untersuchung die Grundlage bilden kann. Die Methode, die bei der Bestimmung des Gefuhlsbegriffs verwendet werden soll, besteht also im Hinblick auf mitteilbare Welterfahrung in der Konstruktion eines Wissens, das in seiner beschreibungssprachlichen Formulierung den onomasiologischen Ausgangspunkt für die Untersuchung der Objektsprachen liefert. Habe ich in der Beschreibungssprache bestimmt, was unter »Gefühl« zu verstehen ist, so kann ich diese Bestimmung zum Ausgangspunkt nehmen, um hinsichtlich der hier untersuchten Sprachen zufragen,welche Gefühlsausdrücke es im Französischen oder Italienischen gibt.

7

Cf. Husserls Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie ([1930] 1992b).

31 2.3 Semasiologisches Vorgehen: Verben als Untersuchungskorpus

Solange wir noch nicht über einen differenzierten Gefühlsbegriffverfügen, mögen wir erst einmal von einem intuitiven Vorverständnis ausgehen bezüglich dessen, was ein Gefühl im allgemeinen und im besonderen ein Gefühl wie Ärger oder Angst ist. Ein solches Gefühl bildet einen Gefühlssachverhalt, wenn es als Gefühl von jemandem beschrieben wird. Im Sinne der von Seiler (1984) entwickelten Theorie der Sachverhaltskonstitution als Partizipation ist ein Gefühl ein Partizipatum, deijenige, der das Gefühl hat, ein Partizipant. Ein Gefühlssachverhalt kann nun im Französischen auf drei grundsätzlich unterschiedliche Arten dargestellt werden:8 (1)

a. Claude est fiirieux b. Claude est inquiet

(2)

a. Claude est en colore

(3)

a. Claude rage

b. Claude a peur b. Claude panique

Nach Kotschi (2001: 344) wären die Beispiele unter (1) und (2) als einfache Prädikate mit komplexem Ausdruck zu beschreiben, die Beispiele unter (3) als einfache Prädikate mit lexikalisch einfachem Ausdruck. Die Beispiele unter (1) sind Kopulakonstruktionen, diejenigen unter (2) Funktionsverbgefüge (support verb constructions).9 Aus onomasiologischer Sicht können die drei Verfahren als bezeichnungsäquivalent angesehen werden. Wäre das Ziel der Untersuchung, den Gefühlsausdruck in den Sprachen Französisch und Italienisch zu beschreiben, sollten sie in gleicher Weise berücksichtigt werden. Wenn im folgenden aber allein die verbalen Prädikate vom Typ (3) systematisch untersucht werden, bedarf dies der Rechtfertigung aus semasiologischer Sicht. Semasiologisch betrachtet handelt es sich um drei verschiedene Verfahren, die in Bezug auf das Linking getrennt werden müssen. Für ein Primat der verbalen Prädikate spricht grundsätzlich, dass allein diese primär die prädikative Funktion erfüllen. Dik definiert den Unterschied zwischen verbalen, substantivischen und adjektivischen Prädikaten folgendermaßen: , Α Verbal predicate (V) is a predicate which is primarily used in predicate function. A Nominal predicate (N) is a predicate which is primarily used as head of a term.10 An Adjectival predicate (A) is a predicate which is primarily used in attributive function" (21997:194). Sekundär können zwar auch adjektivische und substantivische Prädikate die prädikative Funktion erfüllen. Sie benötigen dafür aber im 8 9

10

Siehe auch Gross (1995), der diese drei Möglichkeiten, den Sachverhalt darzustellen, berücksichtigt. Funktionsverbgefüge bestehen nach Detges (1996:4) „entweder aus den Konstituenten FVN (FVG) oder aus FV Präposition Ν (FVG)". Diese Verwendungsweise entspricht dem in der englischsprachigen Literatur üblichen Ausdruck support verb construction und dem in der französischsprachigen Literatur üblichen Ausdruck construction ä verbe support (Gross 1981). Kotschi (2001: 344) unterscheidet dagegen Funktionsverbgefüge (Luc est en alerte) von Nominalisierungsgefügen (L 'opposition rendit hommage ä l 'initiative du president). Gemeint ist, dass Substantive primär eine referenzielle Funktion haben: „All linguistic expressions which can be used to refer to entities in some world are analysed as terms" (Dik 21997: 61).

32

Französischen und Italienischen in aller Regel11 die Unterstützung eines Verbs, das, wie zu zeigen sein wird, die Partizipantenrealisierung mitbestimmt. Betrachten wir zunächst die substantivischen Prädikate. Auf die Unterschiede zwischen Funktionsverbgefugen und einfachen Verben in Bezug auf die Sachverhaltsdarstellung und die Partizipantenrealisierung hat Detges (1996: 191-192) hingewiesen. Bei gefiihlsbezeichnenden Substantiven wie peur oder colere handelt es sich um sachverhaltsdarstellende Nomina, die über eine eigene Argumentstruktur verfügen.12 In Funktionsverbgefugen konkurriert die Argumentstruktur eines sachverhaltsdarstellenden Fügungsnomens mit der des Funktionsverbs.13 Was die syntaktische Realisierung betrifft, dominiert dabei das Funktionsverb. Daher scheint die syntaktische Realisierung der Partizipanten durch das Funktionsverb bedingt. Sie beruht, wie die folgenden Beispiele zeigen, auf Prinzipien, die vom Gefuhlssachverhalt als solchem unabhängig sind. (4)

a. Claude est en colfere

(5)

a. Cette affaire a mis Claude en col£re

b. Claude est en possession de ce velo b. Cette affaire a mis Claude en possession de ce velo (6)

a. Claude a peur b. Claude a soif

(7)

a. La course {fait peur + donne peur} έ Claude b. La course donne soif ä Claude

Ob Claude in der Subjekt- oder Objektposition erscheint, bestimmt das verwendete Funktionsverb. Auch die Realisierung als akkusativisches Objekt in den Beispielen unter (5) gegenüber der Realisierung als dativisches Objekt in den Beispielen unter (7) ist durch die interne Syntax des Funktionsverbgefüges (das Vorhandensein einer Präposition) bedingt und nicht durch die Semantik des Fügungsnomens. Was die Kopulakonstruktionen der Beispiele unter (1) betrifft, so scheint dagegen die Realisierung der Partizipanten des Gefuhlssachverhalts nicht eine Funktion der Kopula, sondern der adjektivischen Prädikate: (8)

a. Jacques est furieux du dömantelement de son equipe b. *Le demant£lement de Γ equipe est furieux pour Jacques

11

12

13

Verblose Sachverhaltsdarstellungen wie homo hominem lupus, in denen die Prädikatfünktion allein einem Substantiv zukommt, finden sich im Romanischen nicht. Einzelne Konkreta oder Abstrakta können allerdings in dieser Funktion verwendet werden: Attention! Al fuoco! Attenzione! Adjektivische Prädikate stehen bei generalisierenden Aussagen vereinzelt ohne Kopula: Heureux les pauvres en esprit, car le royaume des cieux est ä eux (Matth. V, 3). Funktionsverbgefiige können auch Fügungsnomina enthalten, die nicht sachverhaltsdarstellend sind: ζ. B. etre en feu (cf. Detges 1996: 145). Bei Detges (1996: Kap. 4) steht die Rolle des Funktionsverbs bei der Aktantenrealisierung im Mittelpunkt. Ich verzichte hier auf eine detailliertere Darstellung seines Ansatzes, da es mir allein darum geht zu zeigen, dass die syntaktische Realisierung der Partizipanten eines durch ein Funktionsverbgefiige dargestellten Gefühlssachverhalts nicht primär vom gefiihlsbezeichnenden Fügungsnomen determiniert ist.

33 (9)

a. II est fächeux pour moi d'etre toujours interrompu b. *Je suis fächeux d'etre toujours interrompu

(10) a. Le voyage de retour dtait trfes triste pour tout le monde b. Je suis triste que cela soit fini Sowohl fiirieux als auchfächeux beziehen sich auf einen Gefühlssachverhalt des Ärgers. Deijenige, der dieses Gefühl e r f i n d e t , wird beim prädikativen Gebrauch von fiirieux in der Kopulakonstruktion als syntaktisches Subjekt realisiert, beiföcheux dagegen, mit Hilfe der Präposition pour. Dasjenige, worauf sich der Ärger bezieht, erscheint beifächeux als Subjekt der Kopulakonstruktion, bei Jurieux dagegen als präpositionales Komplement.14 Bei triste schließlich kann deijenige, der das Gefühl der Trauer empfindet, sowohl als Subjekt der Kopulakonstruktion als auch mittels der Präposition pour realisiert werden. Adjektivische Prädikate des Gefiihlsausdrucks scheinen sich insofern, was ihre LinkingEigenschaften betrifft, ähnlich wie Vollverben zu verhalten:15 (11) a. Je rage b. *Cela me rage (12) a.Celamefache b. *Je fache (13) a. Je d6sesp£re b. Cela me ddsesp£re Jedoch wird im folgenden zu zeigen sein, dass es sich bei den Kopulakonstruktionen der Beispiele unter (1) und den Vollverbkonstruktionen der Beispiele unter (3) um zwei grundsätzlich verschiedene Verfahren der Sachverhaltsdarstellung handelt. Die Abgrenzung und Benennung dieser Verfahren wird in der Literatur nicht immer klar vorgenommen. Die Grammatik von Port Royal hatte sämtliche Verben auf eine Konstruktion aus Kopula und Partizip reduziert: ... comme les hommes se portent naturellement & abreger leurs expressions, ils ont joint presque toüjours ä Γ affirmation d'autres significations dans un mesme mot [...] Iis y ont joint celle de quelque attribut: de sorte qu'alors deux mots font une proposition: comme quand je dis, Petrus vivit, Pierre vit: parce que le mot de vivit enferme seul Γ affirmation, & de plus l'attribut d'estre vivant; & ainsi c'est la mesme chose de dire Pierre vit, que de dire, Pierre est vivant. De Ιέ est venuö la grande diversite de verbes de chaque Langue ... (Amauld/Lancelot 31676 [1966]: 96). Insbesondere die französische Grammatikographie hat sich mit dieser These intensiv und kritisch auseinandergesetzt (cf. Grevisse / Goose 131993: 320). Es wurde gezeigt, dass sowohl sprachgeschichtlich als auch ontogenetisch ein Primat des Verbs »sein« nicht begründbar ist (cf. Le Bidois / Le Bidois 1935: 376). Feiner ist die Analyse eines Vollveibs als »sein«+Attribut inadäquat, da sie nicht zum Verständnis der Verbalhandlung beiträgt (ibd.: 379). Georges 14

15

Die Beispielefurieux undfächeux, die mit dem gleichen Derivationssuffix gebildet sind, zeigen auch, dass die Linking-Problematik nicht einfach auf der Ebene der Wortbildung erklärt werden kann. Siehe auch Halliday (21994: 121), der auf die Parallelen zwischen I'm sorry gegenüber it's puzzling einerseits und like gegenüber please andererseits hinweist.

34 und Robert Le Bidois grenzen die Funktion des Vollverbs gegenüber der Kopulakonstruktion auf folgende, zugegeben etwas pittoreske Weise ab: „C'est avec ces verbes-la que la phrase ne se presente plus comme une sorte d'equation algebrique, mais proprement comme un organisme linguistique oü aucun membre ne doit faire defaut" (ibd.: 374-375). Diese Formulierung verdeutlicht aber durchaus die wesentlichen Unterschiede, die zwischen den beiden Funktionen bestehen. In der gegenwärtigen Forschung wird nun umgekehrt nicht selten die Kopulakonstruktion der Funktion des Vollverbs gleichgeordnet. Lyons (1983 II: 65) unterscheidet zwischen intransitiven, transitiven und askriptiven Satzkemtypen. Letztere bezeichnen die Kopulakonstruktionen. ZuHallidays ( 2 1994: 108) types of processes16 gehören neben material und mental processes auch relational processes, die sich in die durch Kopulakonstruktionen ausgedrückten Unterklassen having attribute sowie having identity aufteilen. Van Valin / LaPolla (1997: 115) zufolge sind attributional / identificational states neben emotions, possessions oder pure locations eine von neun verschiedenen semantischen Klassen von Zustandsverben. Auch für Detges (1996) besteht kein fundamentaler Unterschied zwischen Kopulakonstruktionen einerseits sowie Vollverben und Funktionsverbgefügen andererseits. Bei seiner Abgrenzung der drei Konstruktionen hebt er vor allem hervor: Aufgrund der besonderen semantischen und syntaktischen Struktur ihrer Verbalkonstituente FV verfügen etre Präp N(FYQ) über eine Reihe von distributionellen Eigenschaften, die als typisch fur etre ADJ gelten [...]. V verfügen über diese Eigenschaften nur in der markierten Form etre PART II. (ibd.: 192). Die Eigenschaften, die Detges anführt, betreffen vor allem die Koordinierbarkeit der drei genannten Konstruktionen (cf. Detges ibd.: 134-136). Den attributiven Charakter, in dem sich diese Konstruktionen von Vollverbkonstruktionen unterscheiden, verdeutlicht die Möglichkeit einer Anaphorisierung mit / 'etre: (14) Marie parait {amoureuse de Luc + decourag6e + en colere}, mais eile ne Test pas (cf. ibd.: 135, Beispiel 73) Die Gleichordnung der drei Konstruktionen und ihre Abgrenzung gegenüber den Vollverben in ihren »unmarkierten« Formen greift allerdings in zweifacher Hinsicht zu kurz. Erstens unterscheidet Detges nicht zwischen dem verbalen Partizip II und einem davon gebildeten Adjektiv. Tatsächlich können allein Verbaladjektive mit l 'etre anaphorisiert werden: (15) Est-ce que tu es battu? - *Je ne le suis pas

16

Process erscheint als dem deutschen Term Sachverhalt entsprechender Oberbegriff unglücklich, da er Dynamizität konnotiert. Halliday (21994: 106) wählt den Term bewusst, da er Welterfahrung prototypisch als Erfahrung von „going-ons" beschreibt. Allgemeiner als die Ebene der mit What is going ort? Was ist los? erfragbaren Vorgänge ist jedoch eine Erfahrungsebene, die Zustände und Vorgänge gemeinsam erfasst (cf. Koch 1981). Diese Ebene ist mit Was gibt es? bzw. What's the matter? erfragbar. Anders als das Deutsche besitzt das Englische jedoch keinen Term, der diese Ebene adäquat bezeichnet. Wenn process Dynamizität konnotiert, so konnotiert state of affairs Statizität.

35 Die von Detges untersuchten Partizipien sind ausschließlich als Verbaladjektive zu klassifizieren, was sich auch durch folgenden Kontrast zeigen läßt: (16) a. II est trfes ddcouragee b. »II est trts battu Der Modifikator tres, der im Gegensatz zu beaucoup adjektivische Prädikate intensiviert, ist mit Verbaladjektiven kombinierbar, nicht aber mit Partizipien, die keinen adjektivischen Status besitzen. Kopulakonstruktionen unterscheiden sich deshalb nicht nur von den »unmarkierten« Formen des Vollverbs, sondern auch von der mit etre + Partizip II gebildeten Konstruktion, dem verbalen Passiv. Der zweite Punkt betrifft den Status der etre PRÄP N(fya) Konstruktionen selbst. Die aufgezeigten Parallelen zwischen etre + ADJxaaä etre PRÄP Ν(ργς) werfen nämlich die Frage auf, ob nicht bei den Funktionsverbgefügen die Unterschiede zwischen kopulaartigen Funktionsverben und nicht-kopulaartigen Funktionsverben stärker thematisiert werden sollten. Dies gerät jedoch bei Detges (1996), wie auch bei Kotschi (1998) oder Pfleiderer et al. (2000) nicht in den Blick, da man sich vor allem mit den paradigmatischen Bezügen zwischen etre, se mettre und mettre beschäftigt, deren Kommutation in systematischer Weise ein Funktionsverbgefuge von der Ebene Zustand (etre bzw. Italienisch essere) über die Ebene Zustandsändemng (se mettre bzw. mettersi) zur Ebene Zustandsändemng mit Kausator (mettre bzw. mettere) fuhrt (cf. Pfleiderer et al. 2000: 74). Halten wir also fest, dass das Zuschreiben einer Eigenschaft mittels eines Kopulaverbs ein grundsätzlich anderes Verfahren der Sachverhaltsdarstellung ist als das Prädizieren mittels eines Vollverbs. Nach der von Seiler (1984) entwickelten Partizipationstheorie wird durch das Zuschreiben einer Eigenschaft Partizipation bloß »gesetzt«. Dieses Verfahren ist minimal explizit bezüglich der Gliederung in Partizipatum und Partizipanten (cf. Broschart 1991 a: 32). Zwar sind Kopulakonstruktionen möglich, bei denen die Partizipanten explizit erscheinen (vgl. die Beispiele (8) bis (10)), doch bezeugt die Anaphorisierbarkeit des attributiven Ausdrucks mit l'etre, dass im Grunde nur indirekt auf einen Sachverhalt mit seinen Partizipanten »gezeigt« wird, wenn er als eine Eigenschaft des Subjekts der Kopulakonstruktion erscheint. Dagegen stellt die Sachverhaltsdarstellung mittels eines Vollverbs, Georges und Robert Le Bidois' „organisme linguistique oü aucun membre ne doit faire defaut", einen expliziten Ausdruck der Opposition zwischen Partizipanten und Partizipatum dar. Auf einer Skala der verschiedenen Verfahren der Sachverhaltsdarstellung steht, wie Broschart (1991a) im Anschluss an Seiler (1984) ausfuhrt, die Kopulakonstruktion näher am Pol der »Indikativität«, die Vollverbkonstruktion näher am Pol der »Prädikativität«: ... »pointing« at what is given as tacit knowledge embodies the principle of »indicativity«. The converse principle, i.e. the act of giving füll categorical expression to what is to be represented, is called the principle of »predicativity« [...] »Predicativity« means making things semantically and structurally explicit: we hereby establish, for instance, the relation of P[ARTICIP] ATION. »Indicativity« means reference to what is implicitly given, without making a relation explicit. (Broschart 1991 a: 31). Halliday (21994: 122) weist allerdings auf eine Besonderheit der Kopulakonstruktionen mit gefühlsbezeichnenden Attributen hin: „In principle, if a second process comes into the picture

36 representing the source or origin of the mental condition, it appears as ,fact' with a mental process, but as ,cause' with a relational". Mit französischen Beispielen illustriert: (17) a. Je regrette que cela soit fini [mental process + fact] b. Je suis triste parce que cela est fini [relational process + cause] Während das »Faktum« als Partizipant von regretter nicht durch eine Ursachenangabe ersetzt werden kann, gilt eine entsprechend umgekehrte Beschränkung für triste nicht: „relational attributive clauses with Attributes of this kind, agnate to mental processes, regularly take a ,fact' clause" (Halliday ibd.): (18) a. *Je regrette parce que cela est fini b. Je suis triste que cela soit fini Halliday (ibd.) zieht daraus den Schluss: „The attribute has become, in effect, a metaphorical expression of a mental Process". Damit wird aber der Tatsache, dass Kopulakonstruktionen und Vollverben Gefuhlssachverhalte auf einer unterschiedlichen Abstraktionsebene darstellen, weiterhin Rechnung getragen. Trotz der distributionellen Parallelen steht der expliziten Darstellung der Gefuhlssachverhalte durch Vollverbkonstruktionen die Darstellung durch Kopulakonstruktionen als implizites, nämlich metaphorisches Verfahren gegenüber. Es erscheint somit gerechtfertigt, bei der Untersuchung des Gefuhlsausdrucks bei den Vollverbkonstruktionen anzusetzen. Die anderen Verfahren werden im folgenden jedoch nicht völlig ausgeblendet. Ich werde vereinzelt auf sie hinweisen, wenn im kontrastiven Vergleich der Untersuchungssprachen Französisch und Italienisch eine in einer der beiden Sprachen belegte Vollverbkonstruktion in der anderen lediglich durch eines der anderen Verfahren wiedergegeben werden kann. Auf diese Weise können einige Unterschiede in der Lexik der beiden Sprachen aufgezeigt werden.

2.4 Verbsemantik und Verbsyntax

2.4.1 Valenz Das zentrale Moment der Verbbedeutung ist ihre Relationalität. Diesem Aspekt trägt der Begriff »Valenz« Rechnung. Er ist in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts im Kontext des europäischen Strukturalismus von Tesniere (1953; [1959] 1965) und unabhängig davon im Kontext des amerikanischen Strukturalismus von Hockett (1958) entwickelt worden. 17

17

Lehmann (1992: 436) weist darauf hin, dass bereits de Groot (1949) den Terminus in die Sprachwissenschaft eingeführt hat.

37 Die Metapher aus dem Bereich der Chemie verdeutlicht, dass das Verb als Partizipatum Leerstellen für Partizipanten eröffnet. Der Begriff der Valenz wird heutzutage über die sich auf Tesniere berufende europäische und speziell deutschsprachige Valenztheorie18 hinaus in einem Großteil der linguistischen Theorien explizit verwendet.19 Es besteht Einigkeit, dass Valenz ein im Wesen semantisches Phänomen ist, das sich jedoch auf der syntaktischen Ebene manifestiert. Deshalb wird gemeinhin zwischen syntaktischer und semantischer Valenz unterschieden (Cf. Heibig 1992; Van Valin 2001: 92-94). In einigen Ansätzen, u. a. in der GG (Chomsky / Lasnik 1995: 30), entspricht der Valenzbegriff in seiner semantischen Dimension dem Begriff der Argumentstruktur.20 Eine begriffliche Trennung der syntaktischen und semantischen Ebene wird nicht immer vorgenommen. Die Unterscheidung von Argumenten und Aktanten,21 die Lehmann unter dem Gesichtspunkt der Partizipation trifft, erscheint äußerst sinnvoll: At the level of semiotic entities, a predicate (in one of the senses of this word) corresponds to a participatum, and an argument corresponds to a participant [...] If a participant is represented at the level of syntax, it will be in the form of an actant [...] and if the participatum is represented, it will mostly be in the form of a verb. (Lehmann 1991b: 189).

Nach dem hier zugrunde gelegten Modell der Semiose bezieht sich die Unterscheidung zwischen Partizipatum und Partizipanten auf die Ebene der Erscheinungen. Valenz erfasst dagegen die sprachliche Repräsentation dieser Unterscheidung.22 Bezüglich der semantischen Dimension der Valenz ist nun ferner zwischen der einzelsprachlichen Ebene und der übereinzelsprachlichen Ebene zu unterscheiden. Der Begriff des Prädikats mit seinen Argumenten ist eine übereinzelsprachliche Kategorie. Mit ihm wird zwar einerseits die Unterscheidung zwischen Partizipatum und Partizipanten überhaupt erst fassbar, andererseits ist diese nicht auf den Prädikatbegriff zu reduzieren. Die Zahl der Partizipanten an komplexen Sachverhalten ist an und für sich nicht beschränkt, die Zahl der Argumente von Prädikaten dagegen sehr wohl. Zwar scheint die Annahme, dass Prädikate in der Regel nicht mehr als dreistellig, höchstens aber vierstellig sind (cf. Kotschi 2001: 343), erst einmal der Analyse ihrer einzelsprachlichen Realisierung zu entspringen, doch liegt die Vermutung nahe, dass hier universelle Gesetze des Denkens eine Rolle spielen.

18

Einen Überblick über deren Entwicklung geben Heibig (1992) und Kotschi (2001). Ζ. B. in der FG (Dik 21997: 59), der RRG (Van Valin / LaPolla 1997: 147) oder der HPSG (Sag/Wasow 1999:49). 20 Dik (21997: 59) spricht im Rahmen der FG von „valency or argument structure of the predicate". 19

21

22

Eine entsprechende terminologische Unterscheidung nimmt auch Lazard ([1994] 1998: 66) vor, ohne jedoch auf Lehmann, dessen Aufsatz er an anderer Stelle zitiert, zu verweisen. Der Begriff »actant« bei Tesniere ([1959] 21965) umfasst dagegen sowohl semantische (die an der Verbhandlung als »Szene« beteiligten Mitspieler) als auch morphosyntaktische Aspekte (als Aktanten werden nur das Subjekt, das akkusativische und das dativische Objekt angesehen) (cf. Heibig 1992: 73). Lehmann (1992: 443) möchte dagegen den Valenzbegriff auf die syntaktische Dimension beschränken: „Für den Begriff der semantischen Valenz stehen alternative Termini wie .Argumentenrahmen' u. ä. zur Verfügung". Gegen diese terminologische Reduktion spricht m. E., dass die semantische und die syntaktische Valenz gerade aufeinander bezogen sind.

38 Gleichwohl gibt es eine einzelsprachliche semantische Valenz. Die mit morphosyntaktischen Mitteln erfolgende einzelsprachliche Realisierung der Argumente ist nämlich nicht allein ein Phänomen der Ausdrucksseite, sondern entspricht einer semantischen Ausgestaltung des begrifflichen Rahmens. Gut verdeutlichen lässt sich dies am Beispiel von deutsch berauben und bestehlen .23 Beide Verben referieren auf einen Sachverhalt des Besitzverlustes, der notwendig ein Objekt impliziert, an dem Besitz besteht. Während aber bei berauben wie bei den Grundformen rauben und stehlen dieses Objekt erscheinen kann, besteht die Bedeutung von bestehlen gerade darin, dass dieses Objekt notwendig ausgeblendet wird: (19)

a. Er hat ihnen ihr ganzes Geld {geraubt + gestohlen} b. Gr hat sie ihres ganzen Geldes beraubt c. Er hat sie (*ihres ganzen Geldes) bestohlen

2.4.2 Relationalität und Interdependenz Valenzdefinitionen stellen gewöhnlich die Funktion des Valenzträgers als die Funktion dar, die semantischen und syntaktischen Eigenschaften seiner Argumente/Aktanten zu determinieren. Mosel (1991: 240) etwa definiert: „Valency is the property of the verb which determines the obligatory and optional number of participants, their morphosyntactic form, their semantic class membership (e.g. ± animate, ± human) and their semantic roles (e.g. agent, patient, recipient)".24 Andererseits wird die Relationalität der sich in der semantischen Valenz realisierenden Partizipation betont: Ein Verb ist selbst keine Relation, sondern Teil einer Relation, die zwischen dem Verb als Repräsentant des Partizipatums und den Partizipanten besteht (cf. Broschart 1991b: 69).25 Mosel (1991: 240) behauptet in diesem Sinne: „Ifa verb is combined with more participants than allowed or less than required, or, if the participants do not show the required morphosyntactic form or class membership, the clause is ungrammatical". Die Zugehörigkeit etwa zur Klasse »menschlich« [+hum] würde, so Lehmann (199 lb: 190), nicht allein die Interpretation einer Nominalphrase betreffen, sondern wäre eine Bedingung dafür, dass diese Nominalphrase die semantische Rolle EXPERIENCER erhalten könne: „participant relations are inseparable from participant properties" (ibd.). Es erscheint grundsätzlich richtig, die Relationalität zwischen der semantischen Valenz des Verbs und den semantischen Rollen der Partizipanten herauszustellen. Eine Nominalphrase ist nicht an und für sich ein AGENS, sondern nur in Bezug auf eine Aktion (cf. Heibig 1992: 35), und umgekehrt bezeichnet ein Verb keine Aktion, wenn es kein AGENS gibt (cf. Lehmann 1991b: 190). Es stellt sich allerdings die Frage, ob daraus folgt, dass Sätze ungrammatisch (oder besser: nicht interpretierbar) sind, sobald etwa eine Nominalphrase einen Gegenstand denotiert, der nicht die für die in der Relation geforderten semantischen Rollen notwendigen Eigenschaften aufweist.

23

24 25

Heibig (1992: 15), der allein stehlen und bestehlen vergleicht, sieht allerdings in der unterschiedlichen Aktantenzahl lediglich einen syntaktischen Valenzunterschied. Ähnliche Definitionen finden sich bei Kotschi (1981: 81; 2001: 343) und bei Detges (1996: 1). Siehe auch Lehmann (1991a).

39 Eine Möglichkeit, einen sich auf Sachverhaltsebene ergebenen Konflikt aufzulösen, besteht in der Berücksichtigung von Phantasiewelten, in denen ζ. B. auch unbelebte Objekte sprechen oder Gefühle haben können. Bleiben wir in dieser Welt, so sind die Möglichkeiten der Rhetorik zu berücksichtigen. Eine Uminterpretation des Denotats der Nominalphrase könnte nach den Mechanismen der Metapher und der Metonymie erfolgen. Ausgangspunkt wäre dann jedoch stets die Bedeutung des Verbs, die unter Bezugnahme auf den dargestellten Sachverhalt auf ihre Verträglichkeit mit der Bedeutung der Aktanten überprüft wird Und im Konfliktfall den Aktanten eine übertragene Bedeutung aufzwingt.26 Aus dem Prinzip der Relationalität folgt aber, dass auch der umgekehrte Fall in Erwägung gezogen werden muss. Tatsächlich haben wir mit dem Beispiel froisser aus dem ersten Kapitel einen solchen Fall vorliegen. Wenn wir, wie in Kapitel 1 erörtert, davon ausgehen, dass es nicht zwei gewissermaßen homonyme Verben froisser, undfroisser2 gibt, ist eine komplexe metonymische Beziehung anzunehmen, die letztlich zu einer Uminteipretation des Verbs führt: (20) Claude afroisseDominique Gehen wir von froisser, .zerknittern' aus, so ist Dominique kein geeignetes Objekt, das von einer solchen Handlung affiziert werden könnte. Die Person steht in einem metonymischen Verhältnis zu ihrer Kleidung, doch ist der Interpretationsprozess damit nicht abgeschlossen. Das Zerknittern von Kleidung steht in einem doppelt metonymischen Verhältnis als eine denkbare konkrete Beleidigungshandlung für eine Beleidigungshandlung überhaupt und diese wiederum als Ursache fur das Gekränktsein als ihre Wirkung. Das Auftreten einer Person als Objektaktant führt also zur Interpretation froisser2 .kränken', nicht zur Unverständlichkeit oder gar Agrammatikalität des Satzes. Allein die Komplexität dieses Prozesses zeigt allerdings schon, dass es sich hier nicht um eine Denkfigur handelt, die sprachunabhängig jederzeit abrufbar wäre. Im Französischen ist es hier zu einer Lexikalisierung gekommen. Eine wortwörtliche Übersetzung ins Italienische ist dagegen, wie schon in Kapitel 1 erwähnt, für Italienischsprecher sehr markiert und nicht ohne weiteres interpretierbar. (21) ??Claudio ha sgualcito Domenico Die Beziehung der beiden Bedeutungen vonfroisserist aber auch synchron durchschaubar und verdeutlicht das Prinzip der Relationalität. Die Verbbedeutung verweist nicht starr auf eine bestimmte Prädikat-Argument-Struktur, die wiederum für einen Sachverhalt steht, sondern Verb und Aktantenbedeutung müssen zusammenwirken, um einer bestimmten Prädikat-ArgumentStruktur zu entsprechen. Scheitert dieses Zusammenwirken erst einmal, so stehen andere Prädikat-Aigument-Strukturen für eine Uminterpretation der Satzbedeutung zur Verfügung. Übereinzelsprachliche Prädikat-Argument-Strukturen sind ferner hinsichtlich ihrer wortartenspezifischen einzelsprachlichen Realisierung unterspezifiziert. Sie stehen zwar typischerweise für Verben, aber eine Realisierung in der Form von Adjektiven oder sachverhaltsdarstellenden Substantiven ist ebenfalls möglich (cf. Hummel 2004: 40; Hummel / Kailuweit 2004: XXV). Bei den bisherigen Ausführungen haben wir ausschließlich Verfahren betrachtet, die satzbildend sind. Substantive und Adjektive wurden dabei als Wortarten eingeführt, denen lediglich sekundär eine prädikative Funktion zukommt. Um diese in konkreten Äußerungen 26

Ζ. B. Das Schnitzel hat kaum Trinkgeld gegeben. Zur Metonymie siehe Waltereit (1998).

40 auszuüben, bedürfen sie in aller Regel der Unterstützung durch ein Verb. In ihrer primären, d. h. referentiellen bzw. attributiven, Funktion können sachverhaltsdarstellende Substantive und Adjektive allerdings ebenfalls Partizipanten der dargestellten Sachverhalte syntaktisch realisieren. Adjektive des Französischen in attributiver Funktion, die Gefühlssachverhalte bezeichnen, können eines ihrer Argumente als präpositionales Komplement realisieren. Als ein zweites Argument erscheint das Substantiv, das sie modifizieren. Nach Lehmann (1992: 447s) zeigt sich Valenz auch in der modifizierenden Funktion. Im Vergleich zu den Kopulakonstruktionen ergibt sich, dass das Argument, das in der Kopulakonstruktion als Subjekt erscheint, in der attributiven Konstruktion das modifizierte Substantiv darstellt. (22) a. Un brave jeune homme triste pour des causes bien precises et humaines b. Une situation fächeuse pour nombre d'eleveurs Einige gefühlsbezeichnende Substantive können im Französischen zwei Argumente präpositional realisieren.27 (23) a. L'amour de Γ homme pour Dieu (GR) b. L'accablement des coupables par la punition (GR) Die Beispiele verdeutlichen, dass die Verfahren der Aktantenmarkierung bei Adjektiven, Substantiven und Verben verschieden sind. Die syntaktische Realisierung der Aktanten bei Adjektiven und Substantiven stellt deshalb einen eigenen Forschungsbereich dar, der von dem Bereich der Aktantenrealisierung durch Verben abgetrennt werden kann. Die Untersuchung der Verben erscheint auch in dieser Beziehung gegenüber der Untersuchung der Adjektive und Substantive primär. Mit den Nominalphrasen der Beispiele (22) und (23) wird ein Gefuhlssachverhalt mit seinen Partizipanten lediglich genannt. Um ihn in einer Äußerung zu bezeichnen, wird in aller Regel ein Verb benötigt.

2.4.3 Verb und Satz: Ebenen der Satzstruktur Nicht jede Vorstellung eines Sachverhalts ist in Satzform auszudrücken, aber jeder Satz enthält eine vollständige Sachverhaltsdarstellung, die auf der Ebene der Abstraktion kontextunabhängig erfasst werden kann. Dies macht den Satz zur zentralen Äußerungskategorie. Zentraler Bestandteil des Satzes ist das Verb. Seine prädikative Bedeutung verbindet die übrigen notwendigen Bestandteile des Satzes. Das Verb als lexikalische Einheit enthält die für die Satzbildung relevanten syntaktischen und semantischen Informationen. Vor diesem Hindergrund erscheint es gerechtfertigt, das Verb als Kopf des Satzes anzusehen, der seine Eigenschaften an den Satz vererbt.28 In methodischer Hinsicht folgt daraus jedoch umgekehrt, dass die Verbfunktion allein im Satz zu ermitteln ist. Allein der Vergleich von Verben in Sätzen, der Vergleich ihrer syntaktischen und semantischen Möglichkeiten, die sich im Satzzusammenhang entfalten, kann zu einer Bestimmung und Abgrenzung ihrer lexikalischen Einträge führen. Die Satzstruktur als Ent27

28

Es handelt sich dabei eher um die Ausnahme als um die Regel. Siehe zu den Beschränkungen Kailuweit et al. (2003). Cf. Sag / Wasow 1999: Kap. 6.

41 faltung der lexikalischen Möglichkeiten des Verbs gliedert sich in zwei in der doppelten Natur des Zeichens angelegte Ebenen: eine syntaktische Ebene (Ausdruckebene) und eine semantische Ebene (Inhaltsebene). Beide Ebenen sind weiter zu untergliedern. Auf der Inhaltsebene kann zwischen der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Ebene, die sich im Sinne Coserius ([1975] 1988c: 238) auf das Universale der Semantizität bezieht, und der pragmatischen Ebene unterschieden werden. Zur semantischen Ebene gehören, wie in Kapitel 1 bereits vorweggenommen, die Darstellung von Sachverhalten als Propositionen, die innere Zeitkonstitution (Aktionsart) und die semantischen Rollen der am Sachverhalt beteiligten Partizipanten. Diese Aspekte sind nicht unabhängig voneinander. Es soll im Laufe dieser Arbeit deutlich werden, dass eine Proposition in ihrem Kern nichts anderes ist als die Darstellung eines Sachverhaltes unter dem Aspekt seiner inneren Zeitkonstitution und, damit interagierend, seiner Partizipantenrollen. Die pragmatische Ebene ihrerseits umfasst zum einen die (Kon-)Textualität von Sprache, die „textual metafiinction" bei Halliday (zuletzt 2 1994: 36), die auf die funktionale Satzperspektive im Sinne der Prager Schule (Daneä 1964) bezogen ist. Diese Ebene betrifft die Strukturierung der sprachlich vermittelten Information in Bezug auf den sprachlichen Ko-Text und den außersprachlichen Kontext und schlägt sich in der Gliederung in Topik (Thema) und Fokus (Rhema) nieder. 29 Zum anderen ist auch der kommunikative Aspekt von Sprache, die Alterität im Sinne Coserius ([1975] 1988c: 238), ein Aspekt der pragmatischen Ebene. Auf diese Ebene gehören die Möglichkeit, mit Sprache zu handeln, d. h. ein und dieselbe Proposition in verschiedenen Sprechakttypen, wie Aussagen, Befehlen, Fragen, etc. zu verwenden (cf. Koch 1981:42-43; Halliday zuletzt 2 1994: 68-70) sowie weitere von der Sprechsituation abhängige Faktoren. Lambrecht (1994: 2) spricht hier von diskurspragmatischen Faktoren, die die Informationsstruktur der Äußerung nicht betreffen. Auf der Ausdrucksebene sind die als syntaktische Valenz bekannten Phänomene anzusiedeln (cf. Koch 1981: 39; Heibig zuletzt 1992: 9). Es sollte dabei unter typologischen Gesichtspunkten grundsätzlich der Aspekt der morphosyntaktischen Kodierung (Kasus), vom Aspekt der an eine strukturelle Hierarchie gebundenen syntaktischen Funktionen (Subjekt, Objekt) getrennt werden (cf. Primus 1999a). 30 Diese Trennung wird oft nicht vorgenommen. In der GG 2» Während Halliday (21994: 37) in der Prager Tradition von „theme and rheme" spricht, werden in der anglophonen Diskussion meistens die Termini topic und focus verwendet (cf. Lambrecht 1994, Dik J 1997). Ich ziehe im folgenden die Termini Topik und Fokus den Termini Thema und Rhema vor. Hauptgrund dafür ist die Mehrdeutigkeit von Thema in der linguistischen Fachsprache. Da Thema nach Gruber (1965/1976) die prototypisch passive semantische Rolle bezeichnet und daher semantische Rollen vielfach schlicht thematische Rollen oder 7%eto-Rollen genannt werden, ist es verwirrend, Aktanten informationsstrukturell als Thema zu bezeichnen, die typischerweise gerade nicht die semantische Rolle »Thema« erhalten. 30 Primus (1999a: 125) zeigt, dass zumal in Ergativsprachen die Kasuszuweisung und die für die Bindung reflexiver Anaphern relevante strukturelle Hierarchie der Komplemente nicht zusammenfallen. Das strukturell privilegierte Komplement (das »Subjekt«) kann im Nominativ/Absolutiv, im Ergativ oder im Dativ stehen. Auch im Deutschen, so Primus (ibd.: 128s), ist die strukturelle Hierarchie ein unabhängiger Faktor, der neben der Kasushierarchie (Akkusativ > Dativ) die Bindung reflexiver Anaphern beeinflusst: i. *Wir überließen sich selbst den Kindern: ii. ?Ich zeigte dem Mann sich selbst im Spiegel (ibd., Beispiele 9b und 13). Es erscheint mir allerdings grundsätzlich

42 etwa wird ein »struktureller« Kasus (ζ. B. Nominativ oder Akkusativ) angenommen, der nicht in Abhängigkeit von einer bestimmten semantischen Rolle vergeben wird, sondern, wie der Name schon sagt, in einer bestimmten strukturellen Konstellation. Akkusativ wird nach dem G&B (P&P) Modell innerhalb der VP zugewiesen, Nominativ »darüber« innerhalb eines satzunmittelbaren Strukturknotens (IP bzw. TP) (cf. Haegeman 1991: Kap 3). 31 Zusammenfassend lassen sich die Ebenen der Satzstruktur, die durch das Verb als lexikalische Einheit determiniert werden, wie folgt skizzieren:

Ausdrucksebene

Morphosyntax Syntax (syntaktische (Kasus) Funktionen)

Inhaltsebene

Semantik im engeren Sinne (Propositionen, innere Zeitkonstitution, semantische Rollen)

Semantik im weiteren Sinne (Pragmatik)

Informationsstruktur (Fokus, Topik)

Sprachliches Handeln (Sprechakttypen, Diskurspragmatik)

Fig. 5: Ebenen der Satzstruktur Die hier dargestellten Ebenen der Satzstruktur werden heutzutage in den meisten theoretischen Ansätzen in einer ähnlichen Form angenommen (cf. Fran5ois / Broschart 1994: 7; Koch 2001: 60). Weit verbreitet ist die Dreiteilung in eine syntaktische, eine semantische und eine pragmatische Ebene. 32 Aus sprachtheoretischen Gründen sollte jedoch an einer übergeordneten Zweiteilung festgehalten werden (cf. Koch 1981: 43-50). Die Sprecher verfügen über Ausdrucksmittel: die (morpho)syntaktische Gestaltung der Phoneme bzw. Grapheme, um Inhalte zu repräsentieren. Diese Inhalte sind sowohl semantisch-sachverhaltsdarstellender, als auch pragmatischer Natur.

problematisch, lediglich in verschiedenem Grade markierte Konstruktionen zur Grundlage zentraler theoretischer Überlegungen zu machen. Darauf wird im Zusammenhang mit den Gefühlsverben noch einzugehen sein. 31 Zur Zuweisung strukturellen Kasus im Rahmen des MP siehe Chomsky (1995: 173-175). « Z.B in der FG (Dik 21997: 60) oder in der RRG (Van Valin 2001: 209). Siehe Koch (2001: 60) mit weiteren Hinweisen. Letztlich kann auch die im generativen G&B (P&P) Modell angenommene Aufgliederung des Strukturbaums in einen CP-Bereich (Pragmatik), einen IP-Bereich (Syntax) und einen VP-Bereich (Semantik) als Ausdruck dieser Dreigliederung interpretiert werden (cf. Kailuweit: 2003: 132s). Eine didaktische Aufarbeitung der Entwicklung des VP, IP und CP-Bereichs innerhalb der GG seit 1986 findet sich bei Hagstrom (2001).

43 Im folgenden sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die die verschiedenen genannten theoretischen Ansätze hinsichtlich der Ebenen der Satzstruktur charakterisieren, nicht unter theoretischen Gesichtspunkten diskutiert werden. Vielmehr wird unter dem Aspekt der hier verfolgten Fragestellung das Zusammenwirken der Ebenen thematisiert.

2.4.4 Das Zusammenwirken der Ebenen - Linking Unter funktionellen Gesichtspunkten ist die Inhaltsebene als Zweck gegenüber der Ausdrucksebene als Mittel prioritär (Koch 1981: 46).33 Aus onomasiologischer Sicht kann gefragt werden, welche Mittel zum Ausdruck bestimmter gegebener Zwecke zur Verfügung stehen und inwieweit die Wahl der Mittel durch die Zwecke determiniert ist. Aus semasiologischer Sicht stellt sich die Frage, inwieweit aus der Wahl eines gegebenen Mittels auf die Verfolgung eines bestimmten Zwecks geschlossen werden kann. Eine grundsätzliche Inkongruenz von Inhaltsund Ausdrucksebene ergibt sich aber dadurch, dass die Funktion der Ausdrucksmittel darin besteht, zugleich die semantisch-sachverhaltsdarstellende Inhaltsstruktur, die Informationsstruktur und die Sprechakttypen zu repräsentieren (cf. Koch ibd.: 51). Das Verhältnis der verschiedenen inhaltlichen Komponenten ist somit nicht a priori geklärt. Eine verbreitete Sicht des Zusammenwirkens der Ebenen findet sich etwa bei Dik (21997: 60): die semantisch-sachverhaltsdarstellende Komponente wird, stark vereinfachend gesagt, mithilfe syntaktischer Funktionen (Subjekt, Objekt) interpretiert, wodurch eine Kernprädikation entsteht, die in einem nächsten Schritt durch pragmatische Funktionen (Topikalisierung, Fokalisierung) interpretiert wird. Ähnlich lässt sich der Derivationsprozess innerhalb des Strukturbaums des G&B (P&P) Modells begreifen. Auf der TS-Ebene werden innerhalb der VP den Argumenten semantische Rollen zugewiesen,34 zur OS-Ebene erfolgt die Bewegung zumindest des externen Arguments in die Subjekt Position (Spezifikator von IP), schließlich ist eine weitere Bewegung von Argumenten in spezielle Topik- oder Fokus-Positionen, die im Strukturbaum oberhalb der IP Ebene angesiedelt sind, möglich.35 Bei Dik (21997: 64s) wird aber schon deutlich, dass die syntaktischen Funktionen im Zusammenhang mit einer Perspektivierung des Sachverhalts stehen.36 Eine solche Perspektivierung erfolgt nun bereits unter

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Nach Martinet ([1970] 2 1980) ist die semantische Gliederung daher auch die erste Gliederung der Sprache. Die »Abschaffung« der TS im Rahmen des MP führt zu grundsätzlichen Problemen hinsichtlich des Verhältnisses von lexikalisch-semantischer Information (semantische Rollen) und ihrer syntaktischen Realisierung. Diese Probleme erscheinen weitgehend theorieimmanent. Ich verzichte deshalb darauf, sie in der vorliegenden Arbeit zu diskutieren. Siehe dazu jedoch ausfuhrlich Veimandere (2002:123150). Auch innerhalb des G&B / P&P Ansatzes ist meine Darstellung natürlich gewagt: Ich blende hier völlig aus, dass die TS als eine syntaktische Repräsentationsebene begriffen wird. Es geht mir aber um einen, wie ich meine, illustrativen Vergleich. „The core predication appears to be the level where the »syntactic« or »perpectivizing« functions Subject and Object come into play. Subject and Object function are used in FG to capture the different »point of view« from which the SoA [State of Affairs, R.K.] coded in a given predication can be presented" (Dik 21997: 64).

44 informationsstrukturellen Gesichtspunkten,37 so dass die pragmatisch-informationsstrukturelle Komponente »früher« ins Spiel kommt. Es erscheint deshalb angemessener, die informationsstrukturelle Komponente als eine Vermittlungsinstanz zwischen der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Ebene und der syntaktischen Ebene zu sehen, wie dies in der RRG geschieht: (MORPHO)-SYNTAKTISCHE EBENE

t 1

Linking-Regeln I

SEMANTISCH-SACHVERHALTSDAR-

g

i

d ζ vi

§

STELLENDE EBENE

Fig. 6: Verhältnis der Ebenen der Satzstruktur in der RRG in Anlehnung an Van Valin (2001: 209) Die in der vorliegenden Arbeit verfolgte Fragestellung betrifft primär das Verhältnis zwischen der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Ebene und der (morpho)syntaktischen Ebene. Dieses Verhältnis soll, wie bereits in Kapitel 1 vorweggenommen, Linking genannt werden. Es handelt sich dabei um einen Fachbegriff, der gegen Ende der 70er Jahre geprägt wurde. Wahrscheinlich geht er auf Carter ([1978] 1988: 139) zurück, demzufolge das „»linking« problem", d. i. „to predict the regularities found to hold between the syntactic distribution and behavior of lexical items and their meaning", eine der zentralen Fragestellungen der Semantik darstellt.38 Im Laufe der 80er Jahre wurden die bereits bei Fillmore (1968) vereinzelt angedeuteten Entsprechungen zwischen semantischen Rollen und syntaktischen Funktionen als systematisch begriffen. Im Rahmen der RG stellten Perlmutter / Postal (1984) die Universal Alignment Hypothesis auf, im Rahmen der GG (G&B / P&P) Baker (1988)39 die im logischen Sinne stärkere Uniformity of Theta Assignment Hypothesis: Universal Alignment Hypothesis (UAH): Principles of Universal Grammar exist which predict the initial relation borne by each nominal in a given clause from the meaning of the clause. (Perlmutter /Postal 1984: 97). 37

38

39

Unter »Perspektive« versteht Koch (2001: 60) die Darstellung des Sachverhaltes als Aussage über den topikalischsten Aktanten. Zur Geschichte des Begriffs »Perspektive« siehe Gonzalez de Sarralde (2001: 75-85). Während bis Ende der 80er Jahre in Ansätzen zur Verbklassifizierung nach Aspekten der Zeitkonstitution und der Partizipantenrollen, etwa Dowty (1979), Koch (1981), Rauh (1988) oder Francis (1989), das Linking-Problem noch weitgehend ausgespart wurde, steht es in jüngeren Arbeiten, etwa Jackendoff (1990), Grimshaw (1990), Dowty (1991), Voorst (1993), Tenny (1994) oder Levin / Rappaport (1995), im Mittelpunkt. Butt / Holloway (2000:1) können deshalb feststellen: „Argument realization - how arguments of predicates surface in the clause - is central to linguistic theory". In einer neueren Arbeit hat Baker gezeigt, dass seine Hypothese auch innerhalb des MP aufrecht erhalten werden kann (cf. Baker 1997: 121).

45 Uniformity ofTheta Assignment Hypothesis (UTAH): Identical thematic relationships between items are represented by identical structural relationships between those items at the level of D-structure. (Baker 1988: 46).

Die Hypothesen, auf die Pesetsky ([1988] 1995: 12) vereinheitlichend mit der Abkürzung U(T)AH Bezug nimmt, stellen unter sprachökonomischen Gesichtspunkten einen sinnvollen Ansatzpunkt dar. Pesetsky (ibd.: 11) verweist auf den Erstspracherwerb und betont, dass ein Kind wohl nicht Verb fur Verb die syntaktische Realisierung der Argumente erlernen müsse. Auch wenn man als Linguist keine Spekulationen über die Ökonomie der den Spracherwerb begleitenden neurophysiologischen Prozesse anstellen möchte, allein unter deskriptionsökonomischen Gesichtspunkten erscheint die U(T)AH attraktiv. Wenn die syntaktische Realisierung der Argumente aus der Verbsemantik ableitbar ist, muss sie nicht eigens in den lexikalischen Einträgen für Verben kodiert werden. Zumal scheint sich die U(T)AH sprachübergreifend für einen Großteil der Verben zu bestätigen. Verben wie essen, manger, mangiare, schreiben, ecrire, scrivere oder schlagen, battre, battere, die ein durch ein AGENS affiziertes oder effiziertes Objekt besitzen, realisieren das Argument mit der Rolle AGENS in der Aktivkonstruktion stets als Subjekt. Solche Regelmäßigkeiten stehen im Bereich der Gefuhlsverben in Frage. Bei Gefühlsverben kommt es zu den bereits in Kapitel 1 aufgezeigten interlingualen und intralingualen Metataxen. Ich wiederhole zur Illustration einige Beispiele: (24)

PeterE likes this song

(25)

Questa canzone piace a PietroE

(26)

a. PierTeE aime cette chanson b. Cette chanson plait k PierreE

Während etwa bei englisch like undfranzösischaimer der EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt erscheint, wird er bei italienisch piacere undfranzösischplaire als Objekt realisiert. Inwieweit das Linking auch der Gefuhlsverben als regelgeleitet beschrieben werden kann, ist der Hauptgegenstand der weiteren Überlegungen. Linking-Regelmäßigkeiten wurden, wie erwähnt, schon bei Fillmore (1968) und explizit in Bakers UTAH als Entsprechungen semantischer Rollen und syntaktischer Funktionen beschrieben. Der ungeklärte theoretische Status semantischer Rollen in der Tradition von Grubers ([1965] 1976) Theta-Rollen und Filimores (1968) Tiefenkasus, ihrer Zahl und ihres Abstraktionsgrades40 führte in jüngerer Zeit zu Versuchen, im Bereich der Linking-Theorien ganz auf semantische Rollen zu verzichten und die syntaktischen Funktionen der Argumente allein aus der inneren Zeitkonstitution der Verben zu erklären (cf. Tenny 1994; Levin / Rappaport 1995). Dies ist jedoch im Bereich der Gefuhlsverben nicht möglich. Die verschiedenen syntaktischen Klassen der Gefuhlsverben unterscheiden sich nicht ausschließlich in ihrer inneren Zeitkonstitution. Deshalb werden in der vorliegenden Arbeit semantische Rollen angenommen, deren Beziehung zur inneren Zeitkonstitution jedoch nicht vernachlässigt werden soll. Es besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass semantische Rollen nur bei gleichzeitiger Berücksichtigung von zeitkonstitutionellen und partizipantenbezogenen Kriterien bestimmt werden können (cf. Francis

« Cf. Koch 1981: 124-162; Jackendoff 1987, Rauh 1988: 23-77; 256-260, Dowty 1989.

46 1997: 19s).41 Einerseits erfordert die systematische Herleitung von Partizipantenrollen auf einheitlichem Abstraktionsniveau eine Klassifikation der Sachverhaltsdarstellungen nach Kriterien der inneren Zeitkonstitution (Dynamizität, Telezität 42 ). Andererseits lassen sich Partizipantenrollen nicht ausschließlich zeitkonstitutionell begründen. Die für die Verbklassifikation und das Linking zentrale Kategorie der Agentivität, verstanden als Sachverhaltskontrolle, 43 ist eine die Zeitkonstitution des Sachverhaltes überlagernde Partizipanteneigenschaft. 44 Ebenso ist die in Kapitel 1 bereits aus einem intuitiven Vorverständnis heraus eingeführte Partizipantenrolle EMPFINDUNGSTRÄGER nicht an die innere Zeitkonstitution des Gefühlssachverhalts gebunden 45 Hinsichtlich der Kategorie Kausativität, die ebenfalls für die Klassifikation der Gefühlsverben relevant sein wird, ist es umstritten, ob es sich um eine partizipantenbezogene oder um eine zeitkonstitutionelle Eigenschaft handelt 4 6 Das Ziel, unter Linking-Gesichtspunkten zu einer systematischen Bestimmung semantischer Rollen zu gelangen, hat in den 80er und 90er Jahren zu verschiedenen Theorien generalisierter semantischer Rollen (GSR) - generalized semantic roles in der Terminologie von Van Valin (1999) - geführt. GSR unterscheiden sich von »herkömmlichen« semantischen Rollen wie AGENS, INSTRUMENT, EXPERIENCER, PATIENS, THEMA, ORT, AUSGANGSPUNKT, ZIEL etc. d u r c h

einen einheitlichen Abstraktionsgrad und eine geringe Zahl (in der Regel werden nur zwei Rollen angenommen). Ihr theoretischer Status ergibt sich aus ihrer Funktion, das Linking der Argumente vorherzubestimmen. Foley/Van Valin (1984) entwickeln die GSR Actor und Undergoer (Makrorollen) und weisen diesen herkömmliche semantische Rollen als deren mehr oder weniger prototypische Vertreter zu. Am bekanntesten jedoch ist der Protorollen-Ansatz

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Diese These wurde bereits in Francis (1989: Kap. 4) ausführlich begründet. Die Unterscheidung zwischen dynamisch-telischen Prozessen, die auf eine Zustandsveränderung hinauslaufen und dynamisch-atelischen, die keine Zustandsveränderung implizieren, kann auf Aristoteles' Unterscheidung zwischen kinesis und energeia ([Metaphysik Θ6] 1970: 228-231) zurückgeführt werden. In der anglophonen Literatur wird sie meist auf die Arbeiten von Kenny (1963) und Vendler (1967) bezogen. Zur älteren romanistischen und germanistischen Forschung siehe Engelberg (2001: 54-63), zu älteren slavistischen und anglistischen Ansätzen Beck (1987: 7-19). Cf. Denhifere / Franfois et al. (1997: 166). Zum Begriff »Kontrolle« siehe Dowty( 1979: 117s) und Primus (1999a: 36s). Auf das Verhältnis von Agentivität und Kontrolle wird noch ausgiebig einzugehen sein. Dies wird bereits in den Arbeiten von Koch (1981) und Rauh (1988) deutlich. Koch bestimmt Partizipantenrollen in Abhängigkeit von zeitkonstitutionellen Sachverhaltsdarstellungen als Zustandsträger, Vorgangsträger, Zustandsänderungsträger etc., sieht allerdings auch einen Handlungsträger vor, der in seiner Schematisierung keinen adäquaten Platz findet. Rauh unterscheidet die semantischen Relationen Action, Affection, Location, Source, Goal und Path mithilfe eines Aktions-, eines Ruheund eines Bewegungsschemas. Diese Rolle wird noch präziser gegenüber der in der Literatur gemeinhin angenommenen Rolle EXPER1ENCER abzugrenzen sein. Francis (1989: Kap. 4; 1997: 134), Pesetsky ([1988] 1995: 56-60) oder Primus (1999a: 48s) zählen sie zu den partizipantenbezogenen Eigenschaften, indem sie Kausativität als Beziehung zwischen einem Individuum (Kausator) und einem Ereignis verstehen. Nach Dowty (1979), Grimshaw (1990), Van Valin / LaPolla (1997) oder Engelberg (2000: 328-333) ist Kausativität dagegen eine Relation zwischen zwei Sachverhalten und damit eine zeitkonstitutionelle Kategorie. Das Problem der Kausativität als Problem der konzeptuellen Ebene wird unter 3.1.3 ausführlich behandelt.

47 von Dowty (1991) geworden. 47 Dowty begreift die GSR Agens und Patiens als prototypische Kategorien, die durch eine grundsätzlich offene Liste von Eigenschaften gekennzeichnet sind: (27) Protoagenseigenschafien (PAE) a. Volitional involvement in the event or state b. Sentience (and/or perception) c. Causing an event or change of state in another participant d. Movement (relative to the position of another participant) e. (Exists independently of the event named by the verb) (28) Protopatienseigenschafien (PPE): a. Change of state b. Incremental theme48 c. Causally affected d. Stationary relative to another participant e. (Existence not independent of the event) (cf. Dowty 1991: 572) Ein prototypisches Agens bzw. Patiens besitzt alle oder zumindest die meisten Eigenschaften einer solchen Liste. Die herkömmlichen Rollen FORCE (ftir Naturkräfte) oder INSTRUMENT, die allein die PAE c) aufweisen, könnten ζ. B. als nicht-prototypische Agentes begriffen werden. Dies scheint auch für den EMPFINDUNGSTRÄGER zu gelten, dem offenbar allein die PAE b) zukommt. Im folgenden wird zu überprüfen sein, inwieweit durch die Annahme von GSR als prototypische Konzepte das Linking-Verhalten von Gefuhlsverben erklärt (semasiologische Perspektive) bzw. vorausgesagt (onomasiologische Perspektive) werden kann. Dabei wird es sich erweisen, dass die syntaktische Realisierung ihrer Argumente nicht ausschließlich durch die semantischsachverhaltsdarstellende Ebene determiniert ist. Zum einen ist, wie in Kapitel 1 bereits erwähnt, mit Restbereichen syntaktischer Autonomie zu rechnen, zum anderen kann eine inhaltsseitige Motivierung des Linking-Verhaltens auch unter infonnationsstrukturellen Gesichtspunkten gegeben sein. Oesterreicher (1991: 54-56) hat auf der Grundlage der Überlegungen von Contreras (1976) den Zusammenhang zwischen der „Gewichtung der Sachverhaltsdarstellung" von Prädikaten und ihrer unmarkierten Informationsstruktur betont. Damit wird in systematischer Weise etwa dem Phänomen Rechnung getragen, dass ein AGENS unmarkiert als Topik erscheint, was in der traditionellen Grammatikschreibung häufig zu einer Gleichsetzung von

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Primus (1999a; 1999b) sowie Blume (2000) schlagen modifizierte Fassungen des Protorollenkonzeptes vor. Die Bedeutung der Arbeit von Foley / Van Valin (1984) für Dowtys Ansatz ist in der Literatur zu wenig gewürdigt worden. Dowty (1991) selbst zitiert Foley / Van Valin (1984) nur in wenigen Fußnoten. Einen detaillierten Vergleich der Ansätze habe ich an anderer Stelle unternommen (cf. Kailuweit 2004). Unter incremental theme ist ein Partizipant zu verstehen, der in dem Maße, wie das Ereignis voranschreitet, eine Veränderung erfährt. So ist etwa nach der halben Ess- oder Schreibzeit das Brot halb gegessen und der Brief halb fertig geschrieben (cf. Dowty 1991: 567-571).

48 Subjekt, AGENS und Topik gefuhrt hat (cf. Koch 1981: 50s; 119). Es geht Oesterreicher (ibd.), und ihm folgend Koch (2001: 61), jedoch nicht darum, abstrakten semantischen Rollen an und für sich ein bestimmtes informationsstrukturelles Gewicht zuzuweisen. Vielmehr erscheint die unmarkierte Informationsstruktur als Teil der semantischen Valenz und kann bei einzelnen Prädikaten auch von einer prototypischen Entsprechung zwischen semantischer Rolle und informationsstrukturellem Gewicht abweichen (cf. Oesterreicher ibd.: 356). Koch (2001: 72) nimmt deshalb für italienisch piacere und französisch plaire bei gleichen semantischen Rollen eine unterschiedliche inhärente Informationsstruktur an. Piacere erlaubt im Gegensatz zu plaire zwei verschiedene unmarkierte informationsstrukturelle Gewichtungen. Das Argument, auf das sich das Gefühl bezieht, kann als Subjekt unmarkiert als Topik fungieren. Aber auch der EMPFINDUNGSTRÄGER, der als Dativobjekt realisiert wird, kann aufgrund der Wortstellungsund Intonationsregeln des Italienischen unmarkiert Topik sein. (29) a. II concerto έ piaciuto a tutti b. A Gianni non piacevano le arance Französisch plaire erlaubt dagegen nicht, den EMPFINDUNGSTRÄGER unmarkiert als Topik zu realisieren: (30) a. Le concert a plu ä tout le monde b. *A Jean ne plaisent pas les oranges Es wird zu zeigen sein, dass die inhärente Informationsstruktur als Teil der lexikalischen Bedeutung nicht nur einzelsprachliche Unterschiede wie zwischen piacere und plaire erklären kann, sondern dass auch die syntaktische Realisierung von Argumenten bestimmter Gruppen von Gefuhlsverben aufgrund ihrer inhärenten Informationsstruktur von den allgemeinen Linking-Regeln abweicht.49 Hinsichtlich der Ausdrucksmittel stellt sich die Frage, ob die Linking-Regeln syntaktische Funktionen oder morphologische Kasus betreffen. Der Protorollenansatz Dowtys (1991) und der Makrorollenansatz der RRG (Foley / Van Valin 1984; Van Valin / LaPolla 1997) beziehen die Linking-Regeln auf syntaktische Funktionen.50 Primus (1999a: Kap. 4) dagegen steht der Möglichkeit, syntaktische Funktionen universell zu definieren, skeptisch gegenüber und bezieht ihre Linking-Regeln deshalb primär auf die morphosyntaktische Kategorie Kasus. Hier zeigen sich auch die charakteristischen Linking-Unterschiede zwischen agensorientierten Akkusativsprachen und patiensorientierten Ergativsprachen. Syntaktisch-strukturelle Phänomene, ζ. B. die Bindung von reflexiven Anaphern, sowie die unmarkierte Wortstellung seien dagegen „agent-oriented in many languages [...] such phenomena tend to pattern .accusatively' even in ergative languages" (Primus 1999a: 176). Da es in der vorliegenden Arbeit ausschließlich um Akkusativsprachen geht, soll die hauptsächlich auf die Verhältnisse in Ergativsprachen gestützte Argumentation von Primus hier nicht ausgiebig diskutiert werden. Es stellt sich allerdings die Frage, ob in den romanischen Sprachen bezüglich der dieser Arbeit erörterten Phänomene eine Trennung zwischen Kasus und syntak49

Siehe auch Kailuweit (2002b: 81-85). 50 Van Valin / LaPolla (1997) beschränken sich dabei auf eine »Privilegiertes Syntaktisches Argument« genannte Funktion und gehen auch ausfuhrlich auf die Verhältnisse in Ergativsprachen ein.

49 tischer Funktion erforderlich ist. Dafür könnten folgende Daten aus Belletti / Rizzi (1988) sprechen: (31) a. Gianni si έ fotografato (ibd.: 295, Beispiel 7) b. *Paola si preoccupa (ibd.: 297, Beispiel 10b) (32) a. Questi pettegolezzi su di s6 preoccupano Gianni piu di ogni altra cosa b. *Questi pettegolezzi su di s6 descrivono Gianni piu di ogni biografia ufficiale (ibd.: 312, Beispiele 57a-b)

Grundsätzlich erfordert die Bindung reflexiver Anaphern, dass die bindende NP in einer strukturell privilegierteren Position steht als das zu bindende Reflexivum. So bindet etwa eine NP in »Subjekt«-Funktion, ein Reflexivum in »Objekt«-Funktion (siehe 31 a), aber nicht umgekehrt. Es scheint nach den Daten in (3 lb) allerdings so zu sein, als ob bei einem Gefühlsverb wiepreoccupare die Nominativ-NP (das »Subjekt«) das Reflexivum nicht binden kann, während umgekehrt in (32a) eine Akkusativ-NP (das »Objekt«) als Binder einer im »Subjekt« enthaltenen Anapher fungiert.51 Nach Belletti / Rizzi (1988: 312-324) erklären sich die Unterschiede durch »Bewegung« von der TS-Ebene zur OS-Ebene. Auf der TS-Ebene wird questi pettegolezzi su di se in (32a) in derselben strukturell niedrigeren Position (als Schwester von V°) generiert wie das Reflexivum in (31a). Da preoccupare aber im Gegensatz zufotografare ein inakkusativisches Verb sei und deshalb seinem TS-Objekt (der Schwester von V°) keinen strukturellen Akkusativ zuweisen könne, müsse die NP hin zu OS in eine höhere Position bewegt werden, wo sie Nominativ erhält. Die Bindung der reflexiven Anapher erfolge dagegen bereits auf der TSEbene, wo sich Gianni in (32a) in einer strukturell höheren Position (Schwester von V') befände und deshalb das in der niedriger positionierten NP enthaltene Reflexivum binden könne. Der Akkusativ, den Gianni in (32a) erhält, sei nicht strukturell (und damit nicht an die Position »Schwester von V°« gebunden), sondern inhärent und könne deshalb in der höheren Position zugewiesen werden. Auch wenn man dieser formellen Lösung im einzelnen nicht folgt, insbesondere keine verschiedenen syntaktischen Repräsentationsebenen (TS und OS) annehmen möchte, könnte man in den Daten vielleicht einen Beleg für das Auseinanderfallen von Kasus und syntaktischer Funktion sehen. Man könnte argumentieren, dass Gianni in (32a) zwar Akkusativ erhält (durch ein akkusativisches Pronomen ersetzt werden kann), aber dennoch nicht die Funktion eines direkten Objekts erfülle. Entsprechend wäre Gianni in (3 lb) kein Subjekt. Für eine solche Argumentation würde auch sprechen, dass preoccupare nach Belletti / Rizzi (1988) kein verbales Passiv bilden könne: (33) *Gianni viene preoccupato da tutti

Tatsächlich aber ist, wie noch zu zeigen sein wird, das syntaktische Verhalten der akkusativischen Gefühlsverben bezüglich der genanten Eigenschaften weder einheitlich noch eindeutig.52 Des weiteren stellt sich die Frage, ob die Bindungseigenschaften akkusativischer Gefühlsver51

52

Die Akzeptabilität eines Satzes wie in (32a) erscheint allerdings fraglich. Meine italienischen Informanten halten (32a) für stark markiert und sehen im Vergleich zu dem ungrammatischen Satz in (32b) wenn überhaupt, dann lediglich einen geringen Akzeptabilitätssunterschied. Auch bezüglich des verbalen Passivs von preoccupare gehen die Urteile meiner Informanten auseinander.

50 ben, wenn diese überhaupt ein systematisches Bild ergeben, nicht auch durch semantische Faktoren motiviert sein könnten.53 Ich lasse es deshalb offen, ob es sich auch in romanischen Sprachen als sinnvoll erweisen könnte, auf der Ausdrucksebene Kasuszuweisung und strukturell hierarchisch bedingte syntaktische Funktion zu trennen. Da es grundsätzlich problematisch erscheint, aus umstrittenen Daten und geringen, bestenfalls als unterschiedliche Markiertheitsgrade zu fassenden Akzeptabilitätsunterschieden zentrale theoretische Schlussfolgerungen zu ziehen, werde ich im weiteren, wie in der Literatur üblich, von SE-Verben und OE-Verben sprechen und bei den OE-Verben akkusativische und dativische Konstruktionen unterscheiden. Ich nehme somit keine strikte Trennung zwischen syntaktischer Funktion und morphosyntaktischem Kasus vor.

2.5 Korpuserstellung Linguistische Arbeiten, die hauptsächlich theoretische Interessen verfolgen, tendieren häufig dazu, ihre Thesen lediglich anhand weniger ausgewählter Beispiele zu illustrieren. Es bleibt dann offen, für wie viele analoge Fälle die These gelten soll. Belletti / Rizzi (1988) etwa illustrieren ihre These, Gefuhlsverben, die den EMPFINDUNGSTRÄGER im Akkusativ realisieren, könnten kein verbales Passiv bilden, anhand von drei Verben 54 (Test: venire + Partizip Perfekt): preocctipare, als Leitverb der gesamten Argumentation, und ferner affascinare und appassionare: (34) a. *Gianni viene preoccupato da tutti b. *Gianni viene affascinato da questa prospettiva c. *Gianni viene appassionato dalla politica (Belletti / Rizzi 1988: 311, Beispiele 54a-c) Aufgrund des universalistischen Anspruchs der GG stellt sich die Frage, ob die These von Belletti / Rizzi nicht auch für andere Sprache gilt. Bouchard (1995: 303) versteht sie so und hält sie für widerlegt, da im Englischen Verben wie frighten oder amuse zweifelsohne ein verbales Passiv bilden können: (35) Mary was {frightened + amused} by the clown (Bouchard 1995: 303, Beispiel 92) Unabhängig davon, dass über die Akzeptabilität einzelner Beispiele gestritten werden kann,55 ist es bezeichnend, dass Bouchard seine Argumentation auf zwei englische OE-Verben stützt, die gerade nicht den italienischen Verben bei Belletti / Rizzi (1988) entsprechen. Dieses Beispiel soll illustrieren, dass es in methodischer Hinsicht erforderlich ist, (zumindest annähernd) zu bestimmen, wie viele Lexeme eine bestimmte Konstruktion aufweisen (könnten). Es macht einen nicht unerheblichen Unterschied, ob für eine Konstruktion, deren Grammatikalität oder 53

54

55

Auf diesbezügliche Überlegungen von Pustejovky (1995) und Bouchard (1995b) werde ich in Kapitel 6 zurückkommen. Die Verben entusiasmare, stufare, stancare und interessare werden in weiteren Tests aufgeführt, die die These stützen sollen. Bei affascinare ist nach Elia et al. (1981: 324) ein ven/re-Passiv möglich: i. Io vengo affascinato dal fatto che Oreste parli dipoesia.

51 Agrammatikalität weitreichende Folgen für eine bestimmte Theorie hat, vier oder fünf, einige Dutzend oder einige Hundert Lexeme in Frage kommen. Maurice Gross betont deshalb, dass linguistische Arbeit, wie alle Forschungsarbeit, weniger im Aufstellen von spekulativen Theorien, als im Sammeln und Klassifizieren von Material bestehen sollte (Gross 1994: 259). Allerdings ist auch das Sammeln von Material nicht ohne theoretische Vorentscheidungen möglich. In der Lexikon-Grammatik fällt auf, dass Aspekte wie die Textfrequenz oder die stilistische Markierung (literarisch, umgangssprachlich, etc.) der Lexeme in der Regel nicht berücksichtigt werden. Auch fallen die Urteile über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Eigenschaft (ζ. B. über die Möglichkeit eines Verbs, ein Passiv zu bilden) stets apodiktisch aus, während es sich nicht nur in der generativistischen Forschung als nützlich erwiesen hat, verschiedene Akzeptabilitätssgrade zu unterscheiden.56 Jede Materialsammlung bleibt zudem wertlos, wenn sie nicht als Grundlage für theoretische Verallgemeinerungen genutzt wird. Wenn Gross (1994: 227), wie bereits erwähnt, feststellt, dass von 12000französischenVerben nicht zwei in den 400 untersuchten Eigenschaften übereinstimmen, so ist diese Aussage von geringem wissenschaftlichen Nutzen, solange nicht durch eine begründete Auswahl von Eigenschaften eine überschaubare Zahl von Klassen gebildet werden kann. Ferner ergibt sich bei der Arbeit mit größeren Datenmengen das Problem der Darstellung. Die Tafeln der Lexikon-Grammatik57 stellen bereits eine (im Detail nicht begründete) Auswahl aus der Menge der untersuchten Eigenschaften dar. Das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen einer Eigenschaft ist darüber hinaus für den Benutzer nur nachvollziehbar, wenn er dies anhand eines entsprechenden Beispiels beurteilen kann. Solange nicht angegeben wird, auf welche Beispiele sich die Beurteilungen beziehen, ist ihre Überprüfbarkeit problematisch. Allerdings ist eine Reduzierung des Materials aus darstellungsökonomischen Gründen unvermeidbar und auch legitim, wenn deutlich gemacht wird, aufweiche weiteren Lexeme die anhand der erörterten Beispiele getroffenen Aussagen bezogen werden könnten. Zu diesem Zweck soll in der vorhegenden Arbeit ein Korpus von Gefuhlsverben zusammengestellt werden. Das Korpus erhebt nicht den Anspruch auf Exhaustivität, soll aber zum einen die erheblichen quantitativen Unterschiede zwischen den einzelnen Klassen von Gefühlsverben verdeutlichen und zum anderen den Lesern die Möglichkeit eröffnen, die anhand einiger Beispiele getroffenen Aussagen mithilfe einer größeren Zahl von Lexemen zu überprüfen. Bei der Erstellung eines Korpus französischer Gefühlsverben kann auf die Arbeiten der Lexikon-Grammatik zurückgegriffen werden. In Methode en syntaxe (1975) hat Maurice Gross 19 verschiedene Verbklassen abgegrenzt, die eines ihrer Argumente durch einen Komplementsatz oder einen Infinitiv realisieren. Abgrenzungskriterium ist dabei allein die Art der syntaktischen Realisierung der Argumente. Eine bestimmte Art der Realisierung, ζ. B. in Tafel 6: N0 V Qu Ρ (Verben mit einer NP als Subjekt und einem Komplementsatz in der Funktion des direkten Objekts), ist definitorisch für eine bestimmte Klasse. Die übrigen in der entsprechenden Tafel aufgelisteten syntaktischen und semantischen Eigenschaften der Verben, die aufgrund der definitorischen Eigenschaft zu einer bestimmten Klasse gehören, können sich dagegen unterscheiden. In semantischer Sicht zeigen die 19 Klassen im allgemeinen eine große 56

57

Üblich ist die Unterscheidung von sechs Akzeptabilitätsgraden: grammatisch, (leicht) markiert: (?), stark markiert: ??, sehr stark markiert / annährend ungrammatisch: ?*, ungrammatisch: *. Siehe etwa Gross (1975), Boons / Guillet / Leckre (1976), Guillet / Leclfcre (1992).

52 Heterogenität. Verben verschiedenster semantischer Felder erscheinen in ein und derselben syntaktischen Klasse. Eine Ausnahme jedoch stellt die Tafel 4 dar, die durch die Möglichkeit eines Komplementsatzes in Subjektfunktion und einer NP als direktes Objekt (Qu Ρ V Ni) gekennzeichnet ist: „Les verbes de cette table sont semantiquement homogenes. La grande majorite d'entre eux correspond a un sentiment »declenche« par N0 et »eprouve« par Ν " (Gross 1975: 170). Obschon Gross selbst die These der semantischen Homogenität ein wenig abschwächt, sind die 616 Verben der Tafel 4 doch eine wichtige Grundlage für die Erstellung eines Korpus von Gefühlsverben.58 Untersuchungen entsprechender syntaktischer Klassen sind im Rahmen der Lexikon-Grammatik von Elia et al. (1981) für das Italienische und Subirats (1987) für das Spanische unternommen worden. Während Subirats ähnlich umfassende Tabellen vorlegt wie Gross, beschränken sich Elia et al. allerdings darauf, die Klassen anhand weniger Dutzend Verben zu illustrieren. Die Arbeiten von Gross (1975) und Elia et al. (1981) sind somit hinsichtlich der Materialfülle nicht vergleichbar. Auf der Grundlage der Arbeiten von Gross hat Yvette Mathieu in ihrer Dissertation von 1993 (Mathieu 2000) französische Gefühlsverben untersucht. Im Gegensatz zu den meisten Arbeiten der Lexikon-Grammatik59 grenzt Mathieu ihr Untersuchungsgebiet in Bezug auf eine semantische Klasse (»Gefühlsverben«) ab und nicht in Bezug auf eine bestimmte Gruppe syntaktischer Konstruktionen. Aufgrund der relativ hohen semantischen Homogenität nimmt Mathieu die Tafel 4 in Gross (1975) als Ausgangspunkt. Die Verben dieser Tafel, die nach semantischen Kriterien tatsächlich als Gefühlsverben gelten können, werden Hann auf drei semantische Oberklassen (negative, positive und neutrale Gefühle) und 32 semantische Unterklassen (die negativen Gefühle ζ. B. in »peur«, »tristesse«, »souffrance«, »ennui«, »enervement« etc.) verteilt und durch einige Verben, die in Tafel 4 nicht berücksichtigt wurden, ergänzt. Schließlich werden auch Verben behandelt, die den EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt realisieren, und auf 13 semantische Unterklassen verteilt. Die Kriterien, nach denen die semantische Unterteilung und die Zuordnung der Verben erfolgt, bleiben allerdings intuitiv und erscheinen im einzelnenfraglich.Ζ. B. werden für die OEVerben drei Klassen negativer Gefühle »derangement«, »enervement« und »indignation« aufgeführt, als seien diese von einander unabhängig und jede für sich anderen Klassen negativer Gefühle wie ζ. B. »peur«, »tristesse« oder »souffrance« gegenüber zu stellen. Indirekt zeigt Mathieu jedoch, dass die drei Klassen »derangement«, »enervement« und »indignation« in semantischer Beziehung zueinander stehen, insofern nämlich als die Verben, die in ihnen aufgeführt sind, verschiedene Intensitätsgrade eines Gefühls (nämlich »Ärger«) darstellen. Eine Steigerung des durch exasperer, einem Verb der Klasse »enervement«, denotierten Gefühls wird etwa durch scandaliser, einem Verb der Klasse »indignation« ausgedrückt, eine Abschwächung durch deranger, einem Verb der Klasse „derangement» (cf. Mathieu 2000: 111). Unabhängig von den Schwächen bei der semantischen Unterklassifikation stellt Mathieus Arbeit eine bedeutende Materialsammlung dar, auf die ich im folgenden zurückgreifen werde. Die Arbeiten von Gross (1975) und Mathieu (2000) bilden den Ausgangspunkt für die Erstellung meines KorpusfranzösischerGefühlsverben. Bei einer präziseren syntaktischen und 58

59

Eine kritische Diskussion einer Vielzahl der Verben der Tafel 4 hinsichtlich der Frage, ob es sich dabei tatsächlich um Gefühlsverben handelt, findet sich bei Ruwet (1994; 1995b). Siehe aber auch Gross (1995), der verschiedene syntaktische Möglichkeiten der „expression des sentiments" untersucht.

53 semantischen Bestimmung einzelner Unterklassen soll dieses Korpus um einzelne Verben ergänzt werden. Hierzu greife ich auf ein- und mehrsprachige Wörterbücher sowie auf Sprecherbefragungen zurück. Ebenso werde ich im Bereich des Italienischen verfahren, wo umfangreiche lexikon-grammatische Materialsammlungen nicht zur Verfügung stehen. Die semantische wie syntaktische Klassifikation einzelner Verblexeme erfordert, wie gezeigt, ihre Betrachtung im Satzzusammenhang. Allein im Satzzusammenhang werden ihre semantischen Unterschiede deutlich, auch und gerade in Bezug auf die unterschiedlichen syntaktischen Konstruktionen, die die einzelnen Verben ermöglichen. So beziehen sich die syntaktischen und semantischen Eigenschaften, die in den Tafeln der Lexikon-Grammatik aufgelistet sind, stets auf das Verb in einer bestimmten Konstruktion und können durch Satzbeispiele illustriert werden. Allerdings finden sich bei Gross (1975) und Mathieu (2000) nur wenige konstruierte Beispiele, die die in den Tafeln aufgeführten Eigenschaften illustrieren. Zum Beleg bestimmter Konstruktionen wird in der vorliegenden Arbeit dagegen weitgehend auf Textkorpora zurückgegriffen. Die meist literarischen Belege großer einsprachiger Wörterbücher, die zum größten Teil auch auf CD-Rom konsultiert werden können, stellen einen wichtigen Fundus dar. Für das Französischen steht aber vor allem mit FRANTEXT ein wertvolles Online-Korpus zur Verfugung, mit dessen Hilfe 3417 Texte untersucht werden können. Beschränkt man die Suche auf die letzten 50 Jahre, so werden 562 Texte konsultiert (Stand 2002). Aus Gründen des Urheberschutzes können die Texte allerdings nicht als ganze eingesehen werde. Zur Bewertung eines jeden Belegs kann von den Benutzem aber ein gewisser, den Satzrahmen überschreitender Kontext konsultiert und zur Weiterbearbeitung heruntergeladen werden. Neben dem FRANTEXT-Korpus, dem die meistenfranzösischenBelege entnommen sind, habe ich auch aktuelle Online-Ausgaben von französischen Tageszeitungen verwendet, die ich mit dem von Cedric Fairon entwickelten Programm CoipusWeb60 in maschinenlesbare Form gebracht habe. Für das Italienische gibt es leider kein mit FRANTEXT vergleichbares Hilfsmittel. Ich habe deshalb auf die Belege ein- und mehrsprachiger Wörterbücher, insbesondere auf das Wörterbuch der italienischen Verben von Blumenthal / Rovere [BR] zurückgegriffen, das die aufgenommenen Konstruktionen nicht nur mit Belegen anderer Wörterbücher, sondern vor allem mit einem Korpus stützt, das zum größten Teil aus italienischen Tageszeitungen besteht. Des weiteren habe ich auch mit Hilfe von CorpusWeb aktuelle Online-Ausgaben italienischer Tageszeitungen konsultiert. Um auch für das Italienische literarische Texte einzubeziehen, habe ich auf das Korpus Letteratura Italiana Zanichelli (LIZ 4.0) zurückgegriffen. Die CD-Rom enthält 95 Prosatexte des frühen 20. Jahrhunderts, die über ein Recherche-Programm nach Belegen einzelner Lemmata abgesucht werden können. Dieses Programm ist jedoch wenig beutzerfreundlich. Es ist äußerst schwierig größere Volltextmengen zu extrahieren und gezielt nach komplexeren Konstruktionen zu suchen. Ich habe deshalb auch maschinenlesbare Editionen meist literarischer Texte einbezogen, die der Online-Service www.liberliber.it zur Verfügung stellt. Aus Gründen des Urheberrechtes sind meist nur Texte des späten 19. und (frühen) 20. Jahrhunderts zugänglich, allerdings auch einige aktuellere Texte unbekannterer Autoren. Beide Korpora überschneiden sich partiell. Wenn ich den einen oder anderen Text, der über das LIZ-Programm konsultiert werden kann, auch als Volltext über www. liberliber. it aufgenommen

60

Zu dessen Funktionsweise siehe Fairon (1998/1999: 328-330).

54 habe, so deshalb, weil er sich dadurch leichter auf das Vorliegen bestimmter komplexerer Gefuhlsverbkonstruktionen untersuchen ließ. Zweifellos ist das italienische Korpus insgesamt heterogener als das französische, allein schon in diachroner Hinsicht. Μ. E. ist dies jedoch kein erhebliches Manko. Einerseits habe ich auf quantifizierende Aussagen hinsichtlich des italienischen Korpus verzichtet. Andererseits wurden die Korpusbelege, die in der vorliegenden Arbeit erscheinen, von »muttersprachlichen« Sprechern61 auf ihre stilistische Markiertheit überprüft. Dialektalismen konnten auf diese Weise ausgesondert werden. Archaismen und jugendsprachliche Ausdrücke werden im Hinblick auf ihre Markiertheit innerhalb der Gemeinsprache kommentiert. Gesprochene Korpora habe ich nicht berücksichtigt. Zum einen ergibt sich dies aus der Zielsetzung, die Gemeinsprache als einen Grammolekt von grundsätzlich mittlerer bis hoher konzeptioneller Schriftlichkeit zu beschreiben. Gesprochene Korpora, die »konzeptionelle Mündlichkeit« im Sinne von Koch / Oesterreicher (1985) dokumentieren, sind dafür ungeeignet. Zum anderen sind solche Korpora in der Regel durch das häufige Auftreten von Konstruktionen charakterisiert, die allein bei Berücksichtigung von diskurspragmatischen Faktoren im Sinne Lambrechts (1994: 2) erklärt werden können.62 Wie schon am Ende von Kapitel 1 erörtert, folgt daraus, dass nicht primär der Gefuhlsausdruck, sondern die Gefuhlsbeschreibung untersucht wird. Es ist insofern auch kein Widerspruch, dass einige literarische Texte aus dem FRANTEXT-Korpus sowie aus den italienischen Korpora gesprochene Sprache imitieren. Die Nachahmung gesprochener Sprache einschließlich der Verwendung markierter Ausdrücke erfolgt stets im Hinblick auf ein breites Lesepublikum. Sie bewegt sich, soll dieses Publikum erreicht werden, auf einem höheren Grad »konzeptioneller Schriftlichkeit« und damit innerhalb der abgesteckten Grenzen der Gemeinsprache. Aus dem Gesagten wird aber bereits deutlich, dass die vorliegende Arbeit keine korpuslinguistische Arbeit im engeren Sinne ist. Es ist nicht mein Ziel, ein geschlossenes Korpus statistisch auszuwerten. Zwar erscheint die Häufigkeit des Vorkommens eines bestimmten Verbs oder einer bestimmten Konstruktion auch und gerade im Hinblick auf mögliche Anwendungsdomänen linguistischer Arbeit nicht irrelevant und wird daher im folgenden zumindest für das Französische punktuell in der Argumentation berücksichtigt. Gegen eine statistische Auswertung der Daten sprechen aber folgende grundsätzliche Überlegungen:63

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Was unter »muttersprachlichen« Sprechern verstanden werden kann, ist, wie schon in Kapitel 1 angesprochen, nicht so einfach zu bestimmen. Da es in der vorliegenden Arbeit nicht um genolektale Kompetenz, sondern um die Gemeinsprache als ein grammolektales Wissen geht, ist die Kompetenz der Sprecher grundsätzlich nicht unhinterfragbar. Als kompetente Sprecher kommen somit vor allem Sprecher mit einer hohen grammolektalen Kompetenz in Frage, die sie etwa dadurch erworben haben, dass ihre gesamte Schulausbildung auf Französisch bzw. Italienisch erfolgt ist. Die genolektale Kompetenz, die gerade bei Italienischsprechern häufig dialektal geprägt ist, erscheint dagegen weniger relevant. Mensching (im Druck) weist daraufhin, dass eine Sequenz wie die folgende aus einem spanischen gesprochenen Korpus: i. yo es queyo... yo... yo... es que no entiendo una cosa kein sinnvoller Untersuchungsgegenstand für eine Grammatiktheorie ist, auch wenn unter Berücksichtigung diskurspragmatischer Faktoren die Akzeptabilität einer solchen Sequenz erklärt werden kann. Siehe auch Mensching (im Druck), der aus der Sicht der GG die Möglichkeiten und Grenzen korpuslinguistischen Arbeitens diskutiert.

55 Die Heterogenic der Korpustexte hinsichtlich Entstehungszeit und Stilebene erfordert eine qualitative anstelle einer nur quantitativen Analyse. Eine solche qualitative Analyse ist aber nur möglich durch verstehende Teilnahme an sprachlicher Praxis (cf. Koch 1981: 112): zum einen durch meine eigene selbstredend subjektive Interpretation, zum anderen durch Überprüfung meiner Interpretationen im Gespräch mit kompetenten muttersprachlichen Sprechern. Die Befragung muttersprachlicher Sprecher ermöglicht auch, bestimmte Konstruktionen als bedingt grammatisch (markiert) oder ungrammatisch zu erkennen. Dies ist mit rein statistischen Methoden kaum möglich. Als ungrammatisch könnte nur gelten, was nicht oder nur mit einer minimalen Häufigkeit vorkommt; im logischen Sinne belegt das Nicht-Vorkommen einer Konstruktion in einem Korpus, und sei dieses noch so umfangreich, aber nicht, dass sie ungrammatisch ist. Auch kann mit statistischen Mitteln nicht unterschieden werden zwischen einer Konstruktion, die selten, aber vollauf grammatisch ist, und einer anderen, deren Seltenheit gerade daraus folgt, dass ihre Grammatikalität den Sprechern fraglich erscheint. Auf die Berücksichtigung sprachlicher Bewertung durch kompetente Sprecher kann deshalb nicht verzichtet werden.64 Damit soll aber nicht gesagt werden, dass Sprecherbefragungen eine einfache und verlässliche Methode zur Gewinnung objektiver Daten seien. Wer einmal Sprecherbefragungen durchgeführt hat, weiß, wie stark die Bewertung sprachlichen Materials durch verschiedene kompetente Sprecher auseinanderfallen kann. Insbesondere auch Linguisten, die ihre eigene muttersprachliche Kompetenz zur Grundlage nehmen, stellen hier keine Ausnahme dar. Urteile über die Grammatikalität sowie die Bedeutung sprachlicher Konstruktionen fallen grundsätzlich in den grammolektalen Bereich und sind deshalb prekär. Sie können durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden, bei Linguisten wohl nicht zuletzt durch die Theorien, deren Richtigkeit sie beweisen wollen, bei linguistischen Laien etwa durch unterschiedlich vorgestellte Verwendungskontexte, durch ästhetische Vorlieben oder aber auch durch puristisch-moralisierende Überzeugungen. Es ist deshalb wenig ergiebig, die Bewertungen kompetenter Sprecher einfach unkritisch zu übernehmen. Sie stellen nur dann eine wertvolle Quelle dar, wenn unerwartete Abweichungen in Bezug zu anderen Quellen (Korpusbelegen, normgrammatischen oder linguistischen Beschreibungen) im Gespräch hinterfragt und die Motivation der Bewertungen offengelegt werden. Maschinenlesbare Volltexte (Online-Tageszeitungen und das www.liberliber.it Korpus) sowie FRANTEXT-Belege habe ich mit dem Textanalyseprogramm INTEX untersucht, das Max Silberstein am Pariser LADL entwickelt hat.65 INTEX verfugt über linguistische Ressourcen fur das Französische wie fur das Italienische, vor allem über elektronische Wörterbücher. Die umfangreichsten Wörterbucher sind die sogenannten DELAF, Vollformenlexika, die flektierte Wortformen, ihre morphosyntaktische Beschreibung und die dazugehörigen Lemmata enthalten. Das französische DELAF umfasst 675.249, das italienische sogar 1.111.179 Einträge. Die Wörterbücher können durch den Benutzer ergänzt und modifiziert werden. Mit ihrer Hilfe können ζ. B. konjugierte Formen von Gefuhlsverben in einem Text gefunden und ihren Lemmata zugeordnet werden.66

64 65 66

So auch Mensching (im Druck). Zur Funktionsweise des Programms siehe Silberstein (1999/2000). Diese Möglichkeit bieten die Online-Recherche von FRANTEXT und das LIZ-Programm ebenfalls. LIZ 4.0 erstellt jedoch keine Textdatei, in der die Belege aller Formen eines Lemmas zusammen-

56 INTEX erlaubt jedoch vor allem, komplexere syntaktische Konstruktionen durch gerichtete Graphen (Finite State Transducers) darzustellen. Es ist umstritten, ob Finite State Transducers geeignet sind, linguistische Strukturen höherer Komplexität zu beschreiben.67 Diese Frage soll hier nicht weiter erörtert werden, da INTEX-Graphen fur die vorliegende Arbeit reine Hilfsmittel darstellen und nicht zu einer möglichen Formalisierung der Ergebnisse verwendet werden. In erster Linie werden die Graphen für Suchoperationen gebraucht. Der folgende Graph etwa sucht Textvorkommen von s 'irriter und berücksichtigt dabei einfache wie zusammengesetzte Zeiten und den möglichen Einschub eines Adverbs:

je me tute

Fig. 7: INTEX-Suchgraph für s 'irriter

Ein solcher Graph kann nicht nur zur Suche in lokal gespeicherten Texten verwendet, sondern mithilfe des von Cedric Fairon entwickelten Online-Service GlossaNet68 auch zur Suche in den Online-Ausgaben von Tageszeitungen eingesetzt werden. Dazu wird der Graph auf einen Server hochgeladen und von dort aus mit einer INTEX-Version auf die vom Benutzer ausgewählten Tageszeitungen angewendet. Der Benutzer erhält dann die Fundstellen per e-mail. Auch von dieser Möglichkeit habe ich zur Erstellung des Belegkoipus der vorliegenden Arbeit sowohl für das Französische als auch fur das Italienische Gebrauch gemacht.

67

68

gefasst sind. Es kann nach einem Lemma gesucht werden, die Belege jeder zu diesem Lemma gehörenden Form müssen aber einzeln konsultiert werden. Silberstein (1999/2000: 73-78) zeigt, dass mithilfe der Graphen auch Rekursionen beschrieben werden können. Zur Funktionsweise von GlossaNet siehe Fairon (1998/1999). Aktuell (Stand August 2004) kann das Progamm unter http://glossa.fltr. ucl.ac.bei genutzt werden. Anstelle von INTEX ist nunmehr das funktionsähnliche Programm UNITEX, das Sebastien Paumier an der Universität Marne-la-Vallee entwickelt hat, eingebunden.

3 Gefühl als Szene - semantisch-syntaktisches Linking

You don't have to speak I feel... emotional landscapes (Björk)

In diesem Kapitel soll es um eine semantische Bestimmung des Phänomenbereichs »Gefühl« gehen. Eine solche Bestimmung erscheint besonders wichtig, um die Gefahr zirkulärer Argumentation bei der Erklärung des Linking-Verhaltens von Gefuhlsverben zu vermeiden. Betrachten wir ζ. B. die Verben italienisch sorprendere und französisch surprendre: (1)

a. Ecco una notizia che vi sorprenderä (B s. v. sorprendere) b. Voilä une nouvelle qui vous surprendra (B s. v. sorprendere)

(2)

a. Non devi sorprenderti se ... (B s. v. sorprendere) b. Tu ne dois pas t'dtonner si... (B s. v. sorprendere) c. *Tu ne dois pas te surprendre si...

Die Verben sorprendere und surprendre scheinen auf den ersten Blick bedeutungsäquivalent. Gleichwohl ermöglicht, wie bereits in Kapitel 1 erwähnt, italienisch sorprendere eine pseudoreflexive Konstruktion, während bei französisch surprendre wie auch bei deutsch überraschen diese Konstruktion nicht grammatisch ist. Es stellt sich die Frage, wie mit einem solchen Kontrast umgegangen werden soll. Engelberg weist darauf hin, dass man als Linguist leicht verführt ist, die Annahme, bestimmte Verben seien bedeutungsäquivalent, allein aufgrund der syntaktischen Unterschiede zu modifizieren. In einem solchen, für viele Arbeiten zur Linking-Problematik typischen Vorgehen liegt die Gefahr zirkulärer Argumentation: Zunächst wird davon ausgegangen, daß alle syntaktischen Unterschiede im Bereich der Argumentenrealisierung auf semantische Unterschiede zurückgeführt werden können. Es wird dann für ein Paar Verben X und Y zunächst festgestellt, daß sie offenbar bedeutungsgleich sind und dann, daß sie ihre Argumente unterschiedlich realisieren. Dies fuhrt aber nicht dazu, die Ausgangsannahme zu revidieren, sondern vielmehr die Beobachtung anzuzweifeln, daß X und Y bedeutungsgleich sind. Das ist zunächst auch vernünftig, denn vielleicht hat man ja nicht genau genug beobachtet. Ersetzt man aber eine intuitiv naheliegende und daher vielleicht intersubjektiv akzeptable Annahme (wie die der Bedeutungsgleichheit von X und Y) durch eine andere, dieser widersprechenden Annahme, dann sollte man allerdings eindeutige und vor allem von dem gewünschten Resultat (wie der theoriekonformen Bedeutungsverschiedenheit von X und Y und ihrer syntaktischen Unterschiedlichkeit) unabhängige Kriterien haben. Das sollten in diesem Fall, insofern als es um die Bedeutung von X und Y geht, semantische Kriterien sein. Ohne solche Kriterien haben wir nur

58 zwei gleichermaßen unüberprüfbare Intuitionen, und als theorieverteidigende Linguisten (und Linguistinnen) werden wir uns in unserer moralischen Unvollkommenheit immer für die entscheiden, die den zu erklärenden syntaktischen Gegebenheiten konform ist. Auf diese Weise werden aber nicht syntaktische Strukturen aus semantischen abgeleitet, sondern syntaktische Eigenschaften zwingen uns bestimmte Bedeutungsrepräsentationen auf [...] Die Theorie ist offenbar zirkulär. (Engelberg 2000: 15s).

Eine Linking-Theorie muss deshalb als erstes eine onomasiologische Komponente besitzen, die von der Analyse der Sachverhalte ausgeht. Nur vor dem Hintergrund dieser Analyse können gegebenenfalls einzelsprachliche Unterschiede bei der Gestaltung der Sachverhalte erkannt werden. Linking-Unterschiede, deren Erklärung die Theorie beabsichtigt, motivieren zwar eine eingehende Beschäftigung mit der Semantik, dürfen jedoch deren Ergebnisse nicht vorherbestimmen. Es ist, wie schon festgestellt, ein Restbereich syntaktischer Autonomie nicht von vornherein auszuschließen. Ein Ziel der vorliegenden Arbeit besteht gerade auch darin, die Grenzbereiche dieser Autonomie aufzuzeigen.

3.1 Der Phänomenbereich »Gefühl«

In den Kapiteln 1 und 2 bin ich hinsichtlich dessen, was Gefühle sind, von einem intuitiven Vorverständnis ausgegangen. Gefühle gehören zu den kulturübergreifenden Charakteristika der menschlichen Existenz. Es sollte also möglich sein, einen übereinzelsprachlichen Gefühlsbegriff zu bestimmen. Andererseits zeigt bereits ein Vergleich zwischen sprach- und kulturgeschichtlich so verwandten Sprachen wie Deutsch, Englisch, Französisch oder Italienisch, dass die Benennung des Phänomenbereichs mit dem deutschen Wort Gefiihl keineswegs unproblematisch ist. Gefiihl entspricht in seiner Extension in etwa englisch feeling: (3)

ein Gefühl der Traurigkeit: a feeling of sadness

(4)

ein Gefühl der Einsamkeit: a feeling of loneliness

(5)

ein Hungergefühl: a feeling of hunger

Dagegen können französisch sentiment und italienisch sentimento nur zur Übersetzung der Beispiele (3) und (4) gebraucht werden, nicht jedoch zur Übersetzung von Beispiel (5): (6)

un sentiment de tristesse : un sentimento di tristezza

(7)

un sentiment de solitude : un sentimento di solitudine

(8)

*un sentiment de faim: *un sentimento di fame

Gefiihl und feeling bezeichnen im Gegensatz zu sentiment und sentimento auch Körperempfindungen, die keine »kognitive Basis« haben, d. h. keine Gedanken und Beurteilungen implizieren. Körperempfindungen wie Hunger, Durst oder Kälte stellen einen eigenen Phä-

59 nomenbereich dar, dessen sprachlicher Ausdruck durch Verben im Deutschen interessante Linking-Probleme aufweist. Frieren etwa zeigt monolexematische Metataxe:1 (9)

Ich friere lüi mich friert

In der englischsprachigen philosophischen, psychologischen und linguistischen Fachliteratur ist in der Regel nicht von feelings, sondern von emotions die Rede. Ein Grund dafür mag sein, dass unter emotions gewissermaßen »objektivere« Phänomene verstanden werden, denen eine »interpersonelle«, »soziale« Dimension zugeschrieben werden kann.2 Anna Wierzbicka warnt vor solchen Vorstellungen: »Emotion« als wissenschaftlicher Fachbegriff sei durch die einzelsprachliche Bedeutung von englisch emotion geprägt. Diese Bedeutung beschreibt Wierzbicka (1999: 2) nun in einer ersten Näherung folgendermaßen: „The English word emotion combines in its meaning a reference to »feeling«, a reference to »thinking«, and a reference to a person's body". Die gleichzeitige Bezugnahme auf »Gedanken« (»Urteile«) und »Körperempfindungen« verdeutlicht, dass emotion lediglich in Beispiel (3), nicht aber in den Beispielen (4) und (5) als Synonym fur feeling gebraucht werden kann: (10)

*an emotion of loneliness; *an emotion of hunger

Was reine Körperempfindungen angeht, so gilt für emotion das gleiche wie für französisch sentiment oder italienisch sentimento: ohne eine Komponente der Beurteilung können Empfindungen mit diesen Ausdrücken nicht bezeichnet werdea Andererseits wird ein Gefühl der Einsamkeit oder Verlassenheit, da es nicht mit bestimmten Körperempfindungen verbunden ist, ebenfalls nicht mit emotion bezeichnet. Der enge Phänomenbereich, den emotion alltagssprachlich im Englischen umfasst, führt nun dazu, das wissenschaftliche Untersuchungsgebiet in einer Weise einzugrenzen, die zumindest für die kulturanthropologische und linguistische Forschung inadäquat erscheint. Der Psychologe Paul Ekman etwa führt sieben Charakteristika3 auf, die für die Bestimmung des Begriffs »Emotion« definitorisch seien: ... automatic appraisal, commonalities in antecedent events, presence in other primates, quick onset, brief duration, unbidden occurrence, and distinctive physiology. I believe the evidence will show that these characteristics are found in amusement, anger, awe, contempt, contentment, disgust, embarrassment, excitement, fear, guilt, interest, pride in achievement, relief, sadness, satisfaction, sensory pleasure, and shame. (Ekman 1994a: 16).

Wenn man die Liste der Gefühle betrachtet, die Ekman zufolge diese Kriterien erfüllen, so fallt auf, dass zumindest hinsichtlich der Eigenschaft »brief duration« bei einigen Gefühlen Zweifel bestehen können. Es kommt hinzu, dass Ekman hinsichtlich dieses Kriteriums eine extreme Auffassung vertritt: 1

2 3

Der Begriff der Metataxe wird hier insofern erweitert, als er auch bei einwertigen Verben Verwendung finden kann, wenn diese ihr Argument in verschiedenen Kasus realisieren. Wierzbicka (1999:1) führt einige Belege fUr diese Auffassung an. Es mag hier dahinstehen, wie diese Kriterien im einzelnen zu verstehen sind. Auf einige werde ich im Laufe der Arbeit zurückkommen.

60 I have maintained [...] that emotions can be very brief, typically lasting a matter of seconds or at most minutes. When we speak of an emotion lasting for hours, we probably are summating the recurrent emotion episodes within that time period. Moods last for hours, sometimes for days. If the state endures for months, however, it is not a mood but more probably identified as an affective disorder. (Ekman 1994b: 56).

Wierzbicka (1999: 21) vermutet, dass Ekmans Kriterium der extremen Kürze von »emotions« durch die Bedeutung des alltagssprachlichen englischen Worts emotion indiziert wird. Nichtsdestoweniger berücksichtigt Ekman mit »awe«, »contempt«, »disgust«, »guilt«, »sadness« und »shame« auch Gefühle, bei denen es fraglich ist, ob sie die definitorische »extreme Kürze« aufweisen. Gefühle wie »Liebe« oder »Hass« jedenfalls fallen aus dem Untersuchungsbereich heraus. Im Deutschen wie in den romanischen Sprachen gibt es keinen alltagssprachlich verbreiteten Ausdruck, der dem engen Begriff, der mit englisch emotion bezeichnet wird, entspricht. Wittgenstein (1970: 386s; 1982: 236) gebraucht dafür den inzwischen veralteten fachsprachlichen Terminus Gemütsbewegung, den er dem Terminus Gemütsdisposition gegenüberstellt. Zu den Gemütsbewegungen zählt er »Freude« und »Trauer«, da sie eine gewisse, wenn auch nicht unbedingt kurze Dauer aufweisen, zu den Gemütsdispositionen »Liebe« und »Hass«. Wittgenstein vertritt somit eine weniger extreme Auffassung hinsichtlich der Dauer von »emotions« (= »Gemütsbewegungen«), eine Auffassung, die auch Wierzbicka (1999: 21) für eine linguistische und kulturanthropologische Fragestellung für angemessener hält. Es wird noch zu zeigen sein, dass das Kriterium der Dauer für die Einteilung der verschiedenen zu untersuchenden Gefühle relevant ist. Gerade deshalb kann aber weder der englische Fachbegriff »emotion«, noch seine deutsche Entsprechung »Gemütsbewegung« als Oberbegriff für den gesamten zu untersuchenden Phänomenbereich dienen. Es erscheint sinnvoller, vom weiten Begriff »Gefühl« auszugehen und diesen im Laufe der Untersuchung zu unterteilen. Wierzbicka spricht im Titel ihres Buches dennoch von Emotions across languages and cultures. Nachdem sie nachhaltig vor dem Emotionsbegriff gewarnt hat, rechtfertigt sie ihren eigenen Gebrauch des Terminus damit, dass dieser für sie schlicht eine Abkürzung für „feelings based on thoughts" (1999: 12) bedeuten soll. Ein solcher Begriff würde dann die Beispiele (3) und (4) umfassen und weitgehend mit der alltagssprachlichen Bedeutung von französisch sentiment oder italienisch sentimento korrespondieren. Es fragt sich allerdings, ob Wierzbicka nicht trotz aller Hellsicht, dem anglozentrischen Verständnis von »Emotion« Tribut zollt. In ihrer Arbeit beschränkt sie sich weitgehend auf Gefühle, die von Ekman als emotions aufgeführt werden.4 »Love« und »hate« fehlen, wenn auch angeblich nur „for reasons of space" (Wierzbicka 1999: 121).5 In der vorliegenden Arbeit jedenfalls widerstehe ich der Versuchung, mich an ein internationales Forschungsparadigma anzulehnen und von Emotionen zu sprechen. Wenn ich am Terminus Gefühl festhalte, dann allerdings nicht, weil ich wie Wierzbicka im Einklang 4

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Herauszuheben ist allerdings die ausfuhrliche Studie zu „German Angst" (Wierzbicka 1999: 123167), die gerade nicht der Emotion »fear« bei Ekman entspricht. Auf den Seiten 293s ist kurz von „love-like emotions" die Rede.

61 mit ihrer Theorie einer Universal Semantic Metalanguage davon ausgehe, dass das deutsche Verb fühlen wie das englische Verb feel als semantisches Primitivum in einer 1 : 1 Beziehung zu einem universellen Begriff steht, der in jeder Sprache einen einfachen alltagssprachlichen Ausdruck findet.6 Ein solcher Ansatz erscheint mir einerseits zu »sprachlastig«, da er die grundsätzliche Unabhängigkeit der begrifflichen Ebene von den Einzelsprachen vernachlässigt, die es erst ermöglicht, dass durch menschliche Erfahrung gestützte Vorstellungen als tertium comparationis ihrer einzelsprachlichen Erfassung dienen können. Andererseits verkennt Wierzbickas Theorie auch die spezifische Ausgestaltung des primären einzelsprachlichen Wortschatzes, da Wortfeldbeziehungen der angeblichen Primitiva nicht berücksichtigt werden. Ohne ihre radikalen theoretischen Annahmen zu teilen, erscheint mir allerdings Wierzbickas Plädoyer fur „experience-near concepts" (1999: 10-12) beachtenswert. Definitionen wissenschaftlicher Fachbegriffe müssen notwendigerweise mit alltagssprachlichen, nicht weiter zu erklärenden Wörtern operieren, wollen sie ein regressum ad infinitum vermeiden. Die Einbettung der Wissenschaft in die Alltagssprache ist nun umso leichter, wenn der zu definierende Begriff mit einem Terminus bezeichnet wird, dessen alltagssprachliche Verwendung sich mit der fachsprachlichen weitgehend deckt. Was den Terminus Gefühl betrifft, soll dieser in der vorliegenden Arbeit für einen engeren Begriff verwendet werden als in der Alltagssprache. Reine Körperempfindungen sollen ausgeschlossen werden, so dass Verben, die solche Körperempfindungen bezeichnen, nicht Gefühlsverben im Sinne der vorliegenden Arbeit sind. Diese Beschränkung erfolgt jedoch nicht willkürlich, sondern entspricht einer Reduktion auf den Bereich der prototypischen Phänomene, die in der Alltagssprache mit dem Ausdruck Geßhl bezeichnet werden. Wenn wir uns fragen, was Gefühle sind, so denken wir als erstes an Liebe und Hass, an Vorlieben und Abneigungen, an Ekel, Abscheu, Angst und Sorge, Ärger und Wut, an Trauer und Freude. Wir wären verwundert, wenn wir in einer Abhandlung über Gefühle nur Ausführungen über das Frieren, Hungern und Dürsten fänden. Psycholinguistische Untersuchungen bestätigen dies. Zammuner (1998) hat mit mehreren Gruppen nord- und zentralitalienischer Studenten verschiedene Tests durchgeführt7 und »gioia«, »paura«, »amore«, »felicitä«, »rabbia«, »tristezza« und »odio« - in dieser Reihenfolge - als prototypische Gefühle bestimmt. Die Ergebnisse dieser empirischen Untersuchung decken sich weitgehend8 mit den Ergebnissen entsprechender Studien, die im englischsprachigen Raum und in anderen westeuropäischen Kulturgemeinschaften durchgeführt wurden:9 „emotion categorization within these cultures seems to be relatively homogeneous" (ibd.: 263). Unter »prototypischen« Gefühlen verstehe ich solche Gefühle, die als Sachverhalte, über entsprechende Vorstellungen vermittelt, eher mit deutsch Gefühl, französisch sentiment oder italienisch sentimento assoziiert werden können, als andere, die gleichwohl im Rah-

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9

Siehe zu dieser Theorie Wierzbicka (1996), zum semantischen Primitivum FEEL (1996:48s). Die Testpersonen wurden gefragt, ob ein bestimmtes italienisches Wort ein Geftihl bezeichnet oder nicht, wobei auch die Reaktionszeit gemessen wurde. Ferner sollten die Testpersonen eine freie Liste geftthlsbezeichnender Wörter zusammenstellen. Auffällig ist allein, dass disgusto unter 153 Gefühlsausdrücken lediglich Platz SO einnimmt (cf. Zammuner 1998: 268). Siehe die Hinweise bei Zammuner 1998: 245.

62 men der einzelsprachlichen semantischen Beschränkungen mit diesen Wörtern bezeichnet werden. Der in der kognitiven Linguistik und Psychologie auf vielfältige und nicht immer klare Weise gebrauchte Begriff »Prototyp«10 wird damit auf die Ebene der Sachen, bzw. auf die Ebene der auf die Sachen gerichteten Vorstellungen bezogen." Er erweist sich als sinnvoll für die Beschreibung einer Dimension des sprachlichen Inhaltes, die die Beziehung der Lexeme einer Sprachgemeinschaft zu den in dieser Sprachgemeinschaft als Kulturgemeinschaft vorgestellten Sachen und Sachverhalten betrifft. Ein solcher Prototypenbegriff impliziert nicht, dass die Bedeutung eines einzelsprachlichen Lexems vage und unbestimmt ist und negiert nicht die Möglichkeit, diese Bedeutung in ihrem Verhältnis zur Bedeutung anderer Lexeme dieser Sprache präzise abzugrenzen.12 Von der Frage der Prototypikalität bestimmter Gefühle, die stets im Verhältnis zu einer Kulturgemeinschaft gestellt werden muss, ist die Frage zu trennen, ob es bestimmte Gefühle gibt, die elementarer sind als andere (»basic emotions«). Als elementare Gefühle könnten vielleicht solche angesehen werden, die im Sinne Ekmans kulturübergreifend mit bestimmten Gesichtsausdrücken assoziiert werden.13 Johnson-Laird / Oatley (1989) haben einen Katalog von „five basic families of emotion modes" aufgestellt, der Ekmans Katalog von universellen, an spezifische Gesichtsausdrücke geknüpften Emotionen weitgehend entspricht: „happiness, sadness, anger, fear, and disgust" (Johnson-Laird / Oatley 1989: 85).14 Für Johnson-Laird / Oatley ist aber vor allem entscheidend, dass die genannten Gefühlswörter nicht weiter analysierbare semantische Primitiva15 seien (cf. ibd.: 90-93). Ein

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Der Prototypenbegriff geht auf Arbeiten zurück, die Eleanor Rosch zum Teil noch unter ihrem Mädchennamen Heider veröffentlicht hat (cf. Heider 1971; Rosch 1973). Der Begriff ist vor allem von Lakoff (1987) weiterentwickelt worden. Einen knappen Überblick geben Schwarz/Chur 2 1996: 46-53, ausführlicher und im einzelnen kritisch Kleiber (1990). Kritisch zu Lakoffs Beitrag auch Koch (1994b; 1996b). Für einen solchen Prototypenbegriff plädieren auch Koch (1996b: 131) und Krefeld (1998: 160). Kritisch hinsichtlich der Tendenz, die Prototypensemantik als Überwindung der einzelsprachlich orientierten strukturellen Semantik anzusehen Coseriu (1992) und Hummel (1994). Ekman (1994a) lehnt es allerdings ab, »basic emotions« und »non-basic emotions« zu unterscheiden. Alle »Emotionen«, die die bereits genannten sieben Charakteristika „automatic appraisal, commonalities in antecedent events, presence in other primates, quick onset, brief duration, unbidden occurrence, and distinctive physiology" aufwiesen, seien „basic". Einen kurzen kritischen Überblick über die verschiedenen Ansätze, die »basic emotions« annehmen, geben Ortony et al. (1988: 25-29). Es zeigt sich, dass in der Literatur keine überzeugenden Kriterien vorgeschlagen worden sind, mit denen ein einheitlicher Katalog von »basic emotions« abgegrenzt werden könnte. In einer früheren Arbeit (1980: 138) hatte Ekman auch »surprise« als eine Emotion bezeichnet, die kulturübergreifend einem spezifischen Gesichtsausdruck zugeordnet werden kann. »Surprise« nimmt er nunmehr aus dem Katalog der Emotionen heraus (cf. Ekman 1994a: 18). Auch Ortony et al. (1988: 32; 174) und Johnson-Laird / Oatley (1989: 102) schließen »surprise« aus, da es sich nicht um ein Gefühl, sondern um einen kognitiven Zustand handele. Dies erscheint nach der Umfrage Zammuners (1998:267s) jedoch fraglich: sorpresa nimmt unter den 153 untersuchten Gefühlsausdrücken Platz 33 ein, stupore sogar Platz 23. Diese These wird von Wierzbicka (1999: 39; 61) bestritten, die Johnson-Laird / Oatley und auch Ekman vorhält, durch die Bedeutung der entsprechenden englischen Wörter geprägte Begriffe vor-

63 fragwürdiges Kriterium, bei dem sich trotz aller Beteuerungen, die Ebenen der Wörter und der Phänomene auseinander zu halten (cf. ibd.: 89-90), diese zu vermischen scheinen. Denn einerseits wird die Bedeutung von emotion mittels der fünf semantischen Primitiva beschrieben: „the term »emotion« itself ultimately depends on a disjunction of semantic primitives corresponding to the emotion modes" (ibd.: 92), andererseits konstituieren die fünf Modi „experiences that have in English as their closest labels: happiness, sadness, anger, fear, and disgust' (ibd.: 85) und sind somit zur Ebene der Phänomene zu zählen. Unabhängig von dem Problem, ob der Prototypenbegriff bei Johnson-Laird / Oatley nun die Klassifikation der Phänomene oder die Bedeutung der einzelsprachlichen Wörter betrifft, zeigt es sich aber, dass er von den Autoren weder zur Bestimmung des Begriffs »Emotion« noch zur Bestimmung der Bedeutung des englischen Worts emotion genutzt wird. Johnson-Laird / Oatley behaupten zwar: „the concept of emotion depends on a prototype, rather than a set of necessary and sufficient conditions" (ibd.: 83). Tatsächlich gehen sie jedoch davon aus, dass die elementaren Modi den als »Emotion« abzugrenzenden Phänomenbereich erschöpfend strukturieren. Anders gesagt, jedes Gefühl ist ein Gefühl, das unter (mindestens) eines der fünf genannten Modi fällt, während die Modi selbst als von »Familien« umgeben verstanden werden, deren Mitglieder »Familienähnlichkeiten« aufweisen: „these modes constitute the fundamental elements out of which all subjective experiences of emotion are constructed [...] Around each mode, there may cluster a family of related emotional experiences" (ibd.: 85). Wenn wir wieder auf die sprachliche Ebene zurückkehren, wird noch deutlicher, dass die Bedeutung von Englisch emotion und diejenige entsprechender Wörter in anderen Sprachen keineswegs prototypisch ist, sondern notwendige und hinreichende Bedingungen erfüllt, die in Form einer falsifizierbaren Hypothese formuliert werden: ... all terms denoting emotions ultimately depend on just the five basic families of emotion modes, roughly speaking: happiness, sadness, anger, fear, and disgust. This prediction allows that a word may denote disjunctively more than one of these modes; its essential claim is that the emotional component of any word's meaning never goes outside them [...] It may tum out that emotion words refer to subjective states other than those that depend on the five basic modes. If there is any such word - as evinced by, say, the judgements of subjects or the entries to be found in dictionaries, then the theory is false in its current formulation. (Johnson-Laird / Oatley 1989: 86s).

Wichtiger als die Nicht-Analysierbarkeit der »basic emotions« scheint es deshalb für Johnson-Laird / Oatley zu sein, dass diese in erschöpfender Weise als Oberbegriffe16 für alle

schnell für universell auszugeben. Es wird noch näher zu zeigen sein, inwieweit die entsprechenden Begriffe komplex und kulturabhängig sind. >6 Dass die Modi gewissermaßen Oberbegriffe sind, darf hier auch nicht mit dem prototypischen Aufbau einer Kategorie verwechselt werden: „the members of a culture have a prototype for the sorts of events that cause an emotion such as sadness, and for the sorts of events that ensue; but they do not have a prototype for the subjective feeling itself. It is an unanalysable primitive experience" (Johnson-Laird / Oatley 1989:93). Deshalb auch die aus prototypensemantischer Sicht merkwürdige Formulierung, die Modi seien von Familien von emotionellen Erfahrungen umgeben (cf. ibd.: 85).

64 spezifischen »Emotionen« dienen können.17 Die Autoren verfolgen dabei einen weiten Emotionsbegriff, der auch »love«, »hate« oder »loneliness« umfasst. Problematisch erscheint an ihrem Ansatz vor allem der Zwang, sämtliche Gefühle, die eine »mentale Komponente«18 haben, unter die fünf Modi zu fassen. So betont Wierzbicka, dass disappointment nicht, wie Johnson-Laird / Oatley (ibd.: 112) behaupten, die Bedeutung „sadness caused by failure to achieve goal [sic!]" habe. Disappointment beinhalte nicht die Komponente »sad«, denn es sei keineswegs kontradiktorisch zu sagen: (11)

I'am disappointed, but I am not sad (Wierzbicka 1999: 71)

Vielmehr sei disappointment durch die Komponente »something good didn't happened« charakterisiert (Wierzbicka ibd.). Auch andere Klassifizierungen wie etwa fur hate „to feel intense disgust towards someone or something" (Johnson-Laird / Oatley 1989: 114) oder für contempt „hatred for a known reason" (ibd.: I l l ) scheinen wenn nicht falsch, so doch zumindest »gezwungen«. »Ekel«, »Hass« und »Verachtung«, mögen etwas miteinander zu tun haben, scheinen jedoch nicht adäquat in eine Begriffshierarchie gebracht werden zu können, der zufolge »Verachtung« eine Art von »Hass« und »Hass« eine Art von »Ekel« ist. Es erscheint deshalb nicht nur fraglich, ob die fünf Modi kulturübergreifend den Phänomenbereich erschöpfend charakterisieren. Auch wenn man sie als kulturgebunden begreift, können sie diese Funktion nicht haben. Zweifellos ist die Studie von Johnson-Laird/ Oatley (1989) von großem Wert für das Verständnis des Phänomenbereichs Gefühl, und zwar trotz des zu hohen Anspruchs an die Erklärungskraft der fünf Modi und der erwähnten semantiktheoretischen Widersprüche und Schwächen. Die fünf Gefühlsmodi »happiness«, »sadness«, »anger«, »fear« und »disgust« mögen den Phänomenbereich nicht ausmessen, sie erscheinen aber in der abendländischen Kultur als prototypische Gefühle, neben einigen wenigen anderen prototypischen Gefühlen und einer Vielzahl weniger prototypischer, nicht notwendig auf die fünf Modi reduzierbarer Gefühle. Nichtsdestoweniger können sie für einen Teil speziellerer Gefühle als Oberbegriffe dienen. Einige der 32 semantischen Klassen von Mathieu (2000) lassen sich mit ihrer Hilfe auf einander beziehen. So werde ich etwa die Verben der Klassen »offense«, »derangement«, »enervement« und »indignation« als Verben des Bereichs »Ärger« beschreiben. Die zentrale kulturgeschichtliche Bedeutung, die die Prototypikalität der fünf Gefühlsmodi ausmacht, zeigt sich etwa in der Lehre der Temperamente (cf. Rothe 2001): Sanguiniker, Melancholiker, Choleriker, sind den ersten drei Modi zuzuordnen, beim Phlegmatiker scheint die Abwesenheit ausgeprägter Gefühlsregung zentral. Ebenso können die Krankheitsbilder der Psychopathologie Manie, Depression und Paranoia als Extremformen dem ersten, zweiten und vierten Modus zugeordnet werden, während Wahnsinn laienhaft oft mit Tobsucht als eine extreme Form grundloser Wut gefasst und damit mit dem dritten

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Zu der Möglichkeit »basic« auf diese Art zu verstehen siehe Averiii (1994: 11). Die Feststellung „Emotions are mental states" (Johnson-Laird / Oatley 1989: 83) grenzt »Emotionen« von Körperempfindungen wie Hunger und Durst ab. Aus Gründen, die noch zu diskutieren sein werden, sprechen Johnson-Laird / Oatley nicht von einem Element der Beurteilung.

65 Modus in Verbindung gebracht wird.19 Prototypische Gefühle sind ferner ein zentraler Gegenstand der abendländischen Philosophie und Literatur. Auch wenn grundsätzlich in der Philosophiegeschichte das Gefühl gegenüber dem Verstand abgewertet erscheint, ist doch »Ärger« bereits bei Aristoteles (in der Rhetorik) und Seneca (De ira) behandelt worden und stellt als »ressentiment« ein wichtiges Thema für Nietzsche dar. »Angst« ist in der Tradition von Luther und Kierkegard zu einem zentralen Begriff in der Philosophie Heideggers geworden, Sartre misst in seiner Interpretation des Existenzialismus dem Begriff »Ekel« eine ähnlich bedeutende Rolle zu. Der Stellenwert zumal der »Liebe«, aber auch des »Hasses« in der abendländischen Literaturgeschichte muss nicht eigens hervorgehoben werden. Unter onomasiologischen Gesichtspunkten werden sich die weiteren Ausführungen daher an den genannten prototypischen Gefühlen orientieren. Unter semasiologischen Gesichtspunkten wird es dagegen einerseits notwendig sein, eine Auswahl unter den verschiedenen prototypischen Gefühlen vorzunehmen, um gerade diejenigen Phänomenbereiche zu diskutieren, bei denen es in besonderen Maße zu Linking-Auffälligkeiten kommt. Andererseits kann es im Hinblick auf das Linking-Verhalten auch illustrativ sein, bestimmte (Gruppen von) Verben zu untersuchen, die weniger prototypische Gefühle bezeichnen.20

3.1.1 Gefühl als Szene In semasiologischer Perspektive stellt Tesniere ([1959] 1965: 102) die Verbbedeutung als ein „petit drame" dar: „Le nceud verbal [...] exprime tout un petit drame. Comme un drame en effet, il comporte obligatoirement un proces, et le plus souvent des acteurs et des circonstances". Beschreibt Tesniere die semantische Relation zwischen einem verbalen Prädikat und seinen Argumenten als eine Art Theaterszene,21 so wählt Fillmore (1968: 26) hierfür das statische Bild des »Rahmens« (frame) der semantischen Kasus, in deren Mitte gewissermaßen das Verb steht. Auf beide Ansätze greift der Psychologe Friedhart Klix22 (1992: 239) zurück, wenn er „Ereignisbegriffe" als „Klassenbildungen über raum-zeitlich kohärenten, einander ähnlichen Vorgängen oder Situationskonstellationen" beschreibt: „Bei der Erschließung dieser begrifflichen Strukturen hat die kognitive Psychologie der linguistischen Analyse von

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Die Gleichsetzung von Zorn und zeitweiligem Wahnsinn findet sich bereits bei antiken Autoren (cf. Seneca 1995: 96 [De ira, Uber Primus 1,2]). Sie ist auch in der Bedeutung von lateinisch furor aufgehoben: .Raserei', ,Wut', .Zorn', .Tobsucht', .Wahnsinn'. In Kapitel 1 sind bereits kuiz verschiedene Verben des »Erstaunens« diskutiert worden. Wie erwähnt, bezweifeln Johnson-Laird / Oatley (1989: 102) und Ekman (1994a: 18), ob »Erstaunen« überhaupt ein »Gefühl« ist. Die Ergebnisse von Zammuner (1998: 267s) zeigen aber deutlich, dass in der italienischen Kulturgemeinschaft »Erstaunen« als Gefühl angesehen wird, allerdings im Vergleich zu »Angst«, »Liebe« oder »Ärger« als ein weniger prototypisches Gefühl. Wenige Seiten nach der ersten Erwähnung der Metapher „petit drame" heißt es: „reprenant notre comparaison de la phrase avec un petit drame [...] le rideau se Ιένβ sur une scfrie ..." (Tesniere 1965: 106). Zur Bedeutung des Ansatzes von Klix für die Sprachwissenschaft siehe auch Wotjak (2004).

66 Verbformen viel zu verdanken" (ibd.: 240). Allerdings sind es nicht nur Verben, die Ereignisse als Situationskonstellationen bezeichnen, sondern auch Substantive wie Schach oder Gewitter (cf. ibd.: 239). Die Analyse solcher Ereignisse führt zu einer Auflistung von »Aktanten«, die die Zahl der syntaktisch in einem Satz von einem Verb abhängigen Aktanten überschreitet (cf. ibd.: 241). Ereignisse sind potentiell von höherer Komplexität. Die „Struktur eines (beliebigen) Ereignisbegriffs", lässt sich nach Klix wie folgt formalisieren: Ein semantischer Kern Sk, eine Menge (zwischenbegrifflicher) semantischer Relationen {RE} und eine Menge von Objektbegriffen {B0} bilden zusammen mit einer assoziativ gebundenen Wortmarke (WM) die Konstellation eines Ereignisbegriffes BE: B b = [(WM), Sk => {RE, B0}]. (Klix 1992: 242). Ziel der Wissensanalyse ist nicht die Beschreibung der Bedeutung einzelsprachlicher Lexeme (Wortmarken im Sinne von Klix), sondern die strukturierte Repräsentation von Weltwissen, das, insbesondere wenn es komplexe Situationskonstellationen menschlicher Praxis betrifft, nicht sprachunabhängig, aber grundsätzlich übereinzelsprachlich ist. Soll die eingangs dieses Kapitels beschriebene Zirkularität vermieden werden, kann die Analyse einzelsprachlicher Lexeme nur heuristischen Charakter haben. Sie ist auf vorgängiges Weltwissen bezogen, das die Grundlage für Sprachvergleich und Übersetzung bietet.23 Zum Zweck computerlinguistischer, aber auch sprachdidaktischer24 Anwendungen ist es notwendig, Weltwissen in strukturierter Form zu repräsentieren. Dabei sind nicht zuletzt Erkenntnisse der kognitiven Psychologie nützlich, auch wenn im Rahmen linguistischer Forschung eine Erklärung der Wissensrepräsentation, wie sie tatsächlich im menschlichen Gehirn erfolgt, nicht angestrebt werden muss. Neben der kognitiven Psychologie hat auch die Computerlinguistik zu einer Weiterentwicklung des Begriffs »frame« beigetragen. Bereits McCarthy / Hayes (1969) hatten mit frame eine durch mehrere Propositionen beschriebene komplexe Situation bezeichnet, aber vor allem seit der Arbeit von Minsky (1975) werden in der Computerlinguistik komplexe inhaltlich geordnete Wissensstrukturen in der Regel mit dem Terminus frame benannt (cf. Wettler 1989: 300-331). Minsky definiert den Begriff wie folgt: Α frame is a data-structure for representing a stereotyped situation. Attached to each frame are several kinds of information. Some of this information is how to use the frame. Some is about what one can expect to happen next. Some is about of what to do if these expectations are not confirmed. (Minsky 1975: 118). Auf der Grundlage dieses Ansatzes sind in der Folge in computerlinguistischen Arbeiten eine Vielzahl von »Handlungsframes« beschrieben worden (cf. Wettler 1980: 176-184): 23

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Die strukturierte Beschreibung des Weltwissens ist, wie in Kapitel 1 gezeigt, letztlich die von Coseriu geforderte »Linguistik der Sachen«. Coseriu hatte allerdings noch 1988 behauptet, dass es eine solche Linguistik nicht gebe (cf. Coseriu 1988b: 128). Ein Beispiel sprachdidaktischer Anwendung anhand einer Repräsentation des Ereignisses »Unternehmensfusion« gibt Schneider (2004).

67 Handlungsframes [...] bestehen meist aus den vier folgenden Komponenten: 1. einer Liste von sogenannten Terminalknoten, welche die wichtigsten Aktanten eines Ereignisses bezeichnen und denen Default-Werte und mögliche Schwankungsbereiche zugeordnet sind; 2. einer Liste von Prärequisiten für das beschriebene Ereignis; 3. einer Liste von Resultaten und 4. der Beschreibung eines Ereignisses selbst, häufig in Form einer Liste von Zuständen, welche im Ablauf des Ereignisses verwirklicht werden müssen. (Wettler 1989: 331). Fillmore selbst verwendet seit Mitte der 70er Jahre den Begriff »frame« für komplexere Situationskonstellationen: ... its use in case grammar was continuous, in my own thinking, with the use to which I have put it in »frame semantics«; In particular, I thought of each caseframeas characterizing a small abstract »scene« or »situation«, so that to understand the semantic structure of the verb it was necessary to understand the properties of such schematized scenes [...] This theory of semantic roles fell short of providing the detail needed for semantic description [...] it seemed to me more profitable to believe that there are larger cognitive structures [...] nobody can really understand the meaning of the words [...] who does not understand the social institutions or the structures of experience which they presuppose. (Fillmore 1987: 30-31). Was Fillmore hier als Kontinuität darstellt, ist in methodischer Hinsicht ein Umschlag von einer semasiologischen zu einer onomasiologischen Orientierung. Dies lässt sich, so Miriam Petruck (1996: 2), auch terminologisch nachweisen „In the early papers on Frame Semantics, a distinction is drawn between scene and frame, the former being a cognitive conceptual, or experimental entity and the latter being a linguistic one. In later works, scene ceases to be used and a frame is a cognitive structuring device". Aus einer onomasiologischen Perspektive ist die Beschreibung komplexerer Situationen der Ausgangspunkt. Ist eine solche Situation beschrieben, kann gefragt werden, welche einzelsprachlichen Mittel zur Verfügung stehen, um die Situation als ganze oder Teilaspekte der Situation auszudrücken. Besteht somit inhaltlich weitgehend Übereinstimmung zwischen den Ansätzen innerhalb der kognitiven Psychologie, der kognitiven Linguistik und der Computerlinguistik, so herrscht hinsichtlich der Terminologie verwirrende Vielfalt. Neben den genannten Termini Ereignis, frame und scene wird in computerlinguistischen Arbeiten für die »Handlungsframes« im Sinne Wettlers (1989: 331) auch der Terminus script verwendet, der auf Schänk / Abelson (1977) zurückgeht. In der kognitiven Linguistik findet sich des weiteren der Terminus mental space, der von Fauconnier (1984) eingeführt wurde. Lakoff (1987: 281) definiert: ,A mental space is a medium for conceptualization and thought. Thus any fixed or ongoing state of affairs as we conceptualize it is represented by a mental space". Im Hinblick auf die Bestimmung des Begriffs »Gefühl« als eines strukturierten übereinzelsprachlichen Wissens, das einen komplexen Sachverhalt repräsentiert, stellt sich die Frage, welcher der genannten Termini am geeignetsten ist. Ereignis hat den Nachteil, Dynamizität zu implizieren und scheint somit für die Benennung statischer Sachverhalte wenig geeignet. Mental space ist für Zwecke, die ich in der vorliegenden Arbeit verfolge, ungeeignet, da es mir nicht darum geht, Aussagen über das menschliche Kognitionsvermögen zu treffen, sondern grundsätzlich personenentbundenes Wissen zu beschreiben. Script verweist auf komplexere, Handlung implizierende Situationskonstellationen. Der

68 Terminus frame besitzt den Vorteil, der wohl am weitesten verbreitete Terminus zu sein. Gleichwohl bringt dies den Nachteil mit sich, dass sich in der Literatur eine Vielzahl zum Teil nicht unerheblich von einander abweichender Definitionen findet. Es bleibt deshalb unbestimmt, was genau mit diesem Terminus bezeichnet werden soll. Nicht zuletzt bei Fillmore, dem Begründer der »Frame Semantics«, wurde frame, wie gezeigt, im Laufe der Jahre in unterschiedlicher Weise verwendet: in Filimores frühen Arbeiten ist frame eine sprachspezifische Kategorie und erst in seinen späteren Arbeiten eine kognitive. Ein wieteres Problem entsteht daraus, dass frame die Zentralität einer Entität impliziert, die von anderen Entitäten umgeben ist. Die ursprüngliche Idee Filimores, dass ein Verb, von einer bestimmten Konstellation von Aktanten verschiedener semantischer Rollen eingerahmt wird, ist unglücklich, weil sie suggeriert, die Aktantenkonstellationen seien gewissermaßen verbunabhängig. Gleichwohl verweist der Terminus case-frame auf die Zentralität des Verbs. Dies ist jedoch problematisch, denn auf der konzeptuellen Ebene scheint es nicht angemessen, eine zentrale Entität gleichsam auszusondern, indem auf die sie umrahmenden Entitäten Bezug genommen wird. Schach, Gewitter oder Gefiihl bezeichnen nicht einen »Rahmen« für irgendetwas, sondern einen Sachverhalt als ganzen, mit allen Entitäten und Relationen. Insofern scheint mir unter allen vorgeschlagenen Termini der Terminus Szene am geeignetsten. Der entsprechende französische Terminus scene ist, wie gezeigt, von Tesniere verwendet worden. Auch Fillmore, in seinen frühen Arbeiten, gebraucht den entsprechenden englischen Terminus scene. Deutsch Szene, wie französisch scene und englisch scene, besitzt den Vorteil, nicht nur den Schauplatz, den Ort, an dem sich etwas befindet oder sich ereignet, sondern auch den Sachverhalt, das Ereignis selbst, zu bezeichnen. Ich werde daher, wie in der Überschrift dieses Kapitels vorweggenommen, im folgenden den Begriff »Gefiihl« als »Szene« beschreiben und die an der »Gefiihlsszene« beteiligten Entitäten und Relationen ermitteln. Selbstredend ist Szene dabei ein technischer Ausdruck, der der alltagssprachlichen Verwendung des Wortes Szene nicht vollauf entspricht: Wir verstehen unmittelbar, was eine »Restaurantszene« ausmacht, können uns auch unter einer »Gewitterszene« oder einer »Schachszene« etwas vorstellen. Aus Filmen kennen wir »Liebesszenen«, aber wir werden daraus nicht unmittelbar auf die Partizipanten einer »Gefiihlsszene« im allgemeinen und die Art ihrer Partizipation schließen können. Dazu bedarf es einer gründlichen Analyse, zu der ich im folgenden kommen möchte.

3.1.2 Partizipantenrollen: Empfmdungsträger und (Empfindungs-)Korrelat Ein Gefühl existiert nicht an und für sich, sondern ist an ein lebendiges Wesen als Träger des Gefühls gebunden. Der Kern der Gefiihlsszene besteht somit in einer Relation zwischen dem Gefühl und demjenigen, der das Gefühl empfindet. Es stellt sich die Frage, was genau unter der Relation »x hat ein Gefiihl« zu verstehen ist. Ohne diese näher zu bestimmen, habe ich in der bisherigen Argumentation bereits mit der semantischen Rolle EMPFINDUNGSTRÄGER operiert. In der linguistischen Literatur ist es dagegen weitverbreitet, eine Partizipantenrolle EXPERIENCER anzunehmen und damit die Person zu bezeichnen, die ein Gefühl hat. Aber ebenso erscheint ein »Thinker«, »Believer«, »Knower« oder »Presumer«, ein »Hearer«, »Smeller« oder »Taster« auf einer abstrakteren Ebene als ein EXPERIENCER (cf. Van Valin 2 0 0 1 : 3 1 ) . Was diese verbindet und damit den Kern der Rolle EXPERIENCER aus-

69 zumachen scheint, ist die Partizipanteneigenschaft »Bewusstsein«.25 Die Rolle EXPERIENCER geht auf eine revidierte Liste26 der Fillmoreschen Tiefenkasus (Fillmore [1969] 1971: 376) zurück und wird bei Chafe (1970: 144-147) ausführlicher diskutiert. In den lokalistischen Ansätzen, die auf Grubers Theorie der thematischen Rollen ([1965] 1976) basieren, findet sich diese Rolle nicht. In dieser Tradition fasst etwa Ruwet in einer frühen Arbeit (1972b: 188) die Person, die ein Gefühl hat, schlicht als LIEU auf, d. h. als der Ort, an dem sich das Gefühl befindet. Der lokalistische Ansatz scheint jedoch zur Beschreibung des zentralen Partizipanten der Gefühlsszene zu abstrakt. Ich werde deshalb im folgenden von der die Rolle EXPERIENCER charakterisierenden Eigenschaft »Bewusstsein« ausgehen, um die spezifische Form des Bewusstseins, das die Gefühlsempfmdung ausmacht, zu bestimmen. Gefühle, wie Gedanken, sind Grundlage dessen, was wir Bewusstsein nennen. Die Frage, inwieweit Bewusstsein und in Sonderheit Selbst-Bewusstsein nur in Bezug auf einen Bewusstseinsinhalt in Form eines Gedankens oder Gefühls möglich ist, ist eine zentrale Frage der Philosophie. Da es in der vorliegenden Arbeit nicht um den Bewusstseinsbegriff, sondern um den Gefühlsbegriff geht, stellt sich die Frage, inwieweit ein Gefühl impliziert, dass deijenige, der dieses Gefühl hat, sich dessen tatsächlich bewusst ist und femer, von welcher Art dieses Bewusstsein ist, ob es sich gegebenenfalls von anderen Formen des Bewusstseins, wie wir sie im Denken oder Wahrnehmen vorfinden, unterscheidet. Die philosophische Diskussion soll im folgenden allein unter diesen Gesichtspunkten betrachtet werden. Ernst Tugendhat zufolge ist Selbstbewusstsein nur möglich als die unmittelbare Kenntnis eines spezifischen Bewusstseinszustandes: , 3 s hat die Struktur »ich weiß, ich 0«, wobei »0« ein Prädikat ist, das einen Bewußtseinszustand bezeichnet" (1979: 50). Gegenstand des Selbst-Bewusstsein ist somit nicht das »Selbst« an und für sich (was sollte das auch sein?), sondern das unmittelbare Wissen, dass ich denke oder fühle. Wenn ich aber denke oder fühle, so tue ich das nicht im allgemeinen, sondern habe einen spezifischen Gedanken, bzw. ein spezifisches Gefühl. Es stellt sich aber die Frage, ob ein Gedanke oder ein Gefühl nicht auch unbewusst sein können. Vielleicht wäre es dann durchaus angemessen, wie Ruwet (1972b) es tut, den Träger des Gefühls statt mit der Bewusstsein implizierenden Bezeichnung EXPERIENCER als ORT zu bezeichnen, an dem ein bestimmter Gedanke oder ein Gefühl zu lokalisieren ist. Freud ([1933] 1982: 508) spricht in diesem Sinn von einem unbewussten „psychischen Vorgang, dessen Existenz wir annehmen müssen, etwa weil wir ihn aus seinen Wirkungen erschließen, von dem wir aber nichts wissen". Nun erscheint, wie Tugendhat (1979: 140144) ausführt, die Auffassung, bewusste wie unbewusste Gedanken und Gefühle befinden sich an einem Ort, zu statisch. Bewusste und unbewusste Absichten, Wünsche oder Ängste stehen nicht unverbunden nebeneinander, sondern die Annahme unbewusster psychischer

25

26

Etwas enger ist Dowtys PAE „Sentience (and/or perception)" (1991: 572) gefasst, unter die die traditionelle Rolle EXPERIENCER subsumiert wird (cf. ibd.: 580). Bereits Comrie (1981:55) hatte »sentience« als charakteristische Eigenschaft des EXPERIENCERS angesehen: „for an entity to be an experiencer presupposes that it must be sentient". In der ersten Liste der Tiefenkasus (Fillmore 1968: 24) war stattdessen noch von »Dativ« die Rede.

70 Vorgänge folgt daraus, dass das Verhalten einer Person auf solche Vorgänge schließen lässt. Dass eine .Absicht unbewußt ist, heißt nicht, wie es Freuds verdinglichende »topische« Redeweise nahe legt, daß es diese Absicht als eine Vorstellungsentität in einer Sphäre des »Unbewußten« gibt, sondern daß der Feststellung durch Beobachtung keine expressive Äußerung in der 1. Person entspricht" (Tugendhat 1979: 141). Man kann insofern von einer »Selbsttäuschung« sprechen, die im psychoanalytischen Sinne durch »Verdrängung« zustande kommt. Der Begriff der Verdrängung impliziert aber, dass die verdrängten und nunmehr unbewussten Gedanken und Gefühle einmal bewusst waren und mittels Psychoanalyse prinzipiell auch wieder bewusst werden könnten (cf. ibd.: 141-144). Für eine Theorie des Selbstbewusstseins mag damit noch keineswegs befriedigend geklärt sein, warum es „Zustände gibt, die wie ^-Zustände, aber unbewußt sind" (ibd.: 143). Zur Bestimmung der Gefühlsszene genügt es jedoch zu zeigen, dass unbewusste Gefühle nicht ohne Bezug auf bewusste Gefühle angenommen werden können, so dass der Begriff »Gefühl« auf eine Person verweist, die sich dieses Gefühls bewusst werden können muss und nicht einfach als ein Ort anzusehen ist, an dem sich das Gefühl befindet. Nissenbaum (1985: 88-100) widerspricht der Auffassung, dass Gefühle als notwendig bewusstseinsbegleitete Phänomene anzusehen seien. Man könne durchaus den »Gefühlshaushalt« einer Person χ zum Zeitpunkt t in folgender Weise beschreiben: χ liebt y und hasst z, schämt sich wegen eines bestimmten Verhaltens, ist stolz auf eine erbrachte Leistung, freut sich auf ein bestimmtes Ereignis und befurchtet das Eintreten eines Unglücks etc. Es sei absurd anzunehmen, dass χ sich all dieser Gefühle gleichzeitig bewusst sei, vielmehr handele es sich um nicht-bewusste („nonoccurrent") Dispositionen. Dies zeige sich auch darin, dass Gefühle wie ζ. B. Liebe oder Hass über lange Zeiträume anhielten, so dass ausgeschlossen werden muss, dass es sich um kontinuierlich bewusste Zustände handelt. Der Dispositionscharakter prototypischer Gefühle stehe auch nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass diese Gefühle in einzelnen Situationen durchaus bewusst werden könnten (cf. ibd.: 116). Nissenbaums Argumentation ist grundsätzlich zuzustimmen. Viele, auch prototypische Gefühle sind Dispositionen, die weder (in größerer Zahl) gleichzeitig, noch über einen längeren Zeitpunkt hinweg in einem emphatischen Sinne bewusst sein können. Die Tatsache jedoch, dass diese Dispositionen in bestimmten Situationen bewusst werden, ist m E. kein kontingentes Faktum, sondern eine conditio sine qua non. Wenn wir annehmen, jemand liebe oder hasse, freue sich auf ein Ereignis oder befürchte ein Unglück, dann nehmen wir auch an, dass diese Person die entsprechenden Gefühle aktualisieren, sich ihrer bewusst werden kann. Frage ich x, ob er y liebt oder ζ hasst, so gehe ich davon aus, dass sie oder er mir diese Frage in Bezug auf seine Empfindungen beantworten kann. Damit ist jedoch das tatsächliche Empfinden als ein zu aktualisierender Bewusstseinszustand essentieller Bestandteil der Zuschreibung von Gefühlen. Ich möchte nun näher betrachten, was es heißt, einen Gedanken oder ein Gefühl als einen Bewusstseinszustand anzusehen. Husserl ([1901] 1992a: 356) unterscheidet am Anfang der fünften Logischen Untersuchung zwischen ,3ewußtsein als der gesamte reelle phänomenologische Bestand des empirischen Ich, als Verwebung der psychischen Erlebnisse in der Einheit des Erlebnisstroms" und „Bewußtsein als [...] Bezeichnung für jederlei »psychische Akte« oder »intentionale Erlebnisse«". Erlebnisse oder, wie Husserl auch sagt, Bewusstseinszustände sind:

71 ... Wahrnehmungen, Phantasie- und Bildvorstellungen, die Akte des begrifflichen Denkens, die Vermutungen und Zweifel, die Freuden und Schmerzen, die Hoffnungen und Befürchtungen, die Wünsche und Wollungen u. dgl. so wie sie in unserem Bewußtsein vonstatten gehen [...] mit diesen Erlebnissen in ihrer Ganzheit und konkreten Fülle sind auch die sie komponierenden Teile und abstrakten Momente erlebt, sie sind reelle Bewußtseinsinhalte. (Husserl [1901] 1992a: 357). Die Gliederung des Erlebnisstroms, die erst zur Abgrenzung von Bewusstseinsinhalten als Wahrnehmungen, Gedanken oder Empfindungen fährt, setzt aber Bewusstsein in einem engeren Sinne, nämlich als intentionales Erlebnis voraus: Daß nicht alle Erlebnisse intentionale sind, zeigen die Empfindungen und die Empfindungskomplexionen. Irgendein Stück des empfundenen Gesichtsfeldes, wie immer es durch visuelle Inhalte gefüllt sein mag, ist ein Erlebnis, das vielerlei Teilinhalte in sich fassen mag, aber diese Inhalte sind nicht etwa von dem ganzen intendierte, in ihm intentionale Gegenstände. (Ibd.: 383). Den Begriff »Intentionalität« übernimmt Husserl von Brentano. Brentano ([1874] 19SS: 124s) geht vom scholastischen Begriff des »Intentionalen« aus und verallgemeinert diesen über die Dimension der Absicht hinaus auf jede Form einer psychischen Beziehung auf einen Inhalt" einer „Richtung auf ein Objekt" bzw. einer ,,immanente[n] Gegenständlichkeif'. Husserl präzisiert, was unter der „Gegenständlichkeit, auf die sich ein Akt voll und ganz genommen richtet" zu verstehen ist (cf. Husserl 1992a: 415). Er unterscheidet dabei zwischen einem Gegenstand, ζ. B. einem Tisch oder einem Messer, und dem Sachverhalt, der als eine Beziehung verschiedener Gegenstände erscheint und nur in einem übertragenen Sinne ebenfalls als Gegenstand bezeichnet werden kann. Intentionale Akte, wie Urteile, aber auch bloße Vorstellungen, Zweifel oder Wünsche beziehen sich auf Sachverhalte, nicht auf konkrete Gegenstände: Dem ganzen Urteil entspricht als voller und ganzer Gegenstand der geurteilte Sachverhalt, der als identisch derselbe in einer Vorstellung vorgestellt, in einem Wunsch gewünscht, in einer Frage gefragt, in einem Zweifel bezweifelt sein kann, usw. In letzterer Hinsicht betrifft der dem Urteil gleichstimmige Wunsch, das Messer solle auf dem Tisch liegen, zwar das Messer, aber in ihm wünsche ich nicht das Messer, sondern dies, daß das Messer auf dem Tisch liege. (Husserl [1901] 1992a: 416). In seinem sprachanalytischen Ansatz nimmt Tugendhat diesen Gedanken auf. Der Gegenstand intentionaler Erlebnisse hat die Struktur »dass p«, er ist kein raumzeitlicher Gegenstand, sondern eine Proposition (cf. Tugendhat 1979: 19). Der Sprachgebrauch scheint allerdings diese These nicht unbedingt zu stützen. Ich kann zwar nicht sagen (12)

*Ich {weiß + behaupte + wünsche) {den Stuhl + Peter}

wohl aber (13)

Ich {liebe + hasse + fürchte) Peter

(14)

Ich sehe {Peter + den Stuhl)

72

Intentionale Erlebnisse scheinen sich somit sowohl auf Sachverhalte als auch auf raumzeitliche Gegenstände beziehen zu können. Tugendhat (1976: 100; 1979: 20) versucht nun zu zeigen, dass es sich nur scheinbar um zwei verschiedene Klassen von intentionalen Erlebnissen handelt. Intentionale Erlebnisse wie »lieben« oder »fürchten« setzen voraus, dass man den Gegenstand, auf den man sich intentional bezieht, fur existent hält. Nun mag, einen bestimmten Gegenstand zu sehen und zu sehen, dass es einen bestimmten Gegenstand gibt, dass er existiert, grundsätzlich gleichzusetzen sein; bezüglich der intentionalen Gefühlserlebnisse stellt sich die Frage, ob es sich nicht um komplexe Akte handelt, bei denen eine mit einer Existenzannahme verbundene Vorstellung des Gegenstandes zu trennen ist von dem emotionalen Bezug auf diesen. Husserl ([1901] 1992a: 402410) hat dies anhand des Gefallens, des (physischen) Schmerzes und der Freude diskutiert. Mit Brentano unterscheidet er zwischen einem intentionalen Akt, der den „vorgestellten Gegenstand" liefert und dem Gefühl an sich. Husserl stellt sich dabei aber die weitergehende Frage, ob das Gefühl an sich, überhaupt ein intentionaler (auf etwas gerichteter) Akt ist. Scheidet man Vorstellung und Gefühl, so könne man ja auch behaupten, „das Gefühl, an sich betrachtet, enthalte nichts von Intention, es weise nicht über sich hinaus auf einen gefühlten Gegenstand" (ibd.: 403). Genau dies ist auch die Ansicht von JohnsonLaird/Oatley (1989). Johnson-Laird / Oatley begründen ihre These, »happiness«, »sadness«, »anger«, »fear« und »disgust« seien »basic emotions« auch und gerade damit, dass diese Gefühle nicht gegenstandsbezogen seien: „basic emotions [...] can be experienced without the individual experiencing them being aware of their cause or their object" (1989: 87). Ich möchte an dieser Stelle drei Fragen unterscheiden, die im folgenden ausführlicher erörtert werden sollen. Erstens stellt sich die Frage, ob Gefühle grundsätzlich auf einen Gegenstand bezogen sind, d. h. eine vom EMPFINDUNGSTRÄGER verschiedene Partizipantenrolle, ein KORRELAT, besitzen. Ist dies der Fall, dann stellt sich die weiterführende Frage, inwieweit dieser Bezug stets als Bezug auf einen Sachverhalt bzw. eine Proposition zu interpretieren ist. Wären auf diese Weise intentionale Akte insgesamt bestimmt, so stellt sich drittens die Frage, inwieweit die Gefühlsszene hinsichtlich ihrer Partizipantenrollen von anderen Formen intentionaler Erlebnisse abgegrenzt werden kann.

3.1.2.1 Notwendigkeit des Korrelats Kommen wir als erstes noch einmal auf die reinen Körperempfindungen wie »Hunger« oder »Schmerz« zurück, die ich als nicht-prototypische Gefühle ausgegrenzt hatte. Brentano ([1874] 1955: 117) unterscheidet zwischen »Schmerz« als einem in einem bestimmten Körperteil zu lokalisierenden ,,physische[n] Phänomen" und als einem ,,psychische[n] Phänomen des Gefühls, welches sein Erscheinen begleitet". Husserl ([1901] 1992a: 406-408) betont, dass die Wahrnehmung des physischen Phänomens in Begleitung mit dem Gefühl, das sie auslöst, Aktcharakter hat, nicht aber das Schmerzgefühl selbst: In eben dieser scheint der brennende, stechende, bohrende Schmerz, sowie er von vornherein mit gewissen Berührungsempfindungen verschmolzen auftritt, selbst als Empfindung gelten zu müssen: und jedenfalls scheint er in der Weise sonstiger Empfindungen zu fungieren, nämlich als Anhalt für eine empirische, gegenständliche Auffassung. (Ibd.: 406s).

73 Darin unterscheidet sich »Schmerz« von »Gefallen«, das, wie Husserl (ibd.: 404) zuvor argumentiert hat, „ohne Gefälliges nicht denkbar" ist, d. h. eine Beziehung auf ein Gefallendes" fordert. Husserl schließt daraus, „daß ein Teil der Gefühle den intentionalen, der andere den nicht-intentionalen Erlebnissen zuzurechnen sei" (ibd.: 407). Im Anschluss problematisiert er, warum eigentlich diese so deutlich voneinander zu trennenden Phänomene gleichermaßen als Gefiihle bezeichnet werden und fragt sich, ob „die vorwiegende Bedeutungstendenz des Wortes Gefühl auf jene Gefühlsempfindungen abzielt und ob dann nicht die mannigfaltigen Akte, die als Gefühle bezeichnet werden, diesen Namen den ihnen wesentlich eingewobenen Geftihlsempfindungen verdanken" (ibd.: 408), denn, ζ. B. ... Freude Uber ein glückliches Ereignis ist sicherlich ein Akt. Aber dieser Akt [...] befaßt in seiner Einheit nicht nur die Vorstellung des freudigen Ereignisses und den darauf bezogenen Aktcharakter des Gefallens; sondern an die Vorstellung knüpft sich eine Lustempfindung, die einerseits als Gefühlserregung des fühlenden psychophysischen Subjekts und andererseits als objektive Eigenschaft aufgefaßt und lokalisiert wird. (Ibd.).

Wir kommen somit zu einer klaren Unterscheidung zwischen den mit Existenzannahmen verbundenen Vorstellungen, den reinen, aber selbstredend auch bewussten Körperempfindungen und schließlich den Gefühlen als intentionale Erlebnisse. Aus Husserls Erklärung, dass Gefühl primär auf Körperempfindungen bezogen sei und dann auf die mit solchen Empfindungen verbundenen intentionalen Erlebnisse übertragen worden sei, muss aber keineswegs gefolgert werden, dass reine Körperempfindungen prototypische Gefühle sind, auch wenn wortgeschichtlich ein Zusammenhang zwischen „Fühlen, im Sinne von Tasten" (ibd.: 407) und Geföhl besteht. Das entsprechende Verhältnis besteht auch zwischen französisch sentir und sentiment und italienisch sentire und sentimento, aber sentiment und sentimento können, wie gezeigt, zur Bezeichnung reiner Körperempfindungen nicht verwendet werden. Wenden wir uns nunmehr der Frage zu, ob unter den Gefühlen, die nicht als reine Körperempfindungen anzusehen sind, nicht auch einige und sogar prototypische zu finden sind, die keinen Objektbezug erfordern und deshalb nicht als intentionale Erlebnisse anzusehen wären. Nach Nissenbaum (1985: 37; 87s) ist »depression« ein Beispiel für ein nicht-relationales Gefühl. Searle (1983: 1) zählt »nervousness« und »undirected anxiety« zu den Bewusstseinszuständen, die nicht intentional sind: My beliefs and desires must always be about something. But my nervousness and undirected anxiety need not in that way be about anything. Such states are characteristically accompanied by beliefs and desires, but undirected states are not identical with beliefs and desires. (Ibd.).

Johnson-Laid / Oatley schließlich betonen bezüglich »sadness«: „a basic emotion such as sadness can be felt for no known reason" (ibd.: 91). Das gleiche gelte auch für »fear«: der Beweis für diese These sei die Akzeptabilität von Aussagen wie: (15)

John feels fear, but he doesn't know why (Johnson-Laird / Oartley 1989: 92)

(16)

I feel sad, but I don't know why (ibd.: 93)

74 Hier ist allerdings zwischen einem nicht-gerichteten Gefühl und einem unbestimmt gerichteten Gefühl zu unterscheiden. Unter diesem Aspekt erscheint Searles Differenzierung zwischen gerichteter Begierde und nicht gerichteter Angst weitaus weniger klar. Husserl ([1901] 1992a: 409) hebt hervor, dass ,.nicht jedes Begehren eine bewußte Beziehung auf ein Begehrtes zu fordern scheine, da wir doch oft von einem dunklen Langen und Drängen bewegt und einem unvorgestellten Endziel zugetrieben werden". Husserl erwägt einerseits die Möglichkeit, dass es sich dabei um reine Körperempfindungen handeln könnte: „wir könnten nach Analogie von Begehrungsempfindungen sprechen" (ibd.), andererseits könnte es sich aber auch um „unbestimmt gerichtete Intentionen" (ibd.: 410) handeln: „So ist ja auch die Vorstellung, die wir vollziehen, wenn sich »etwas« regt [...] eine »unbestimmt« gerichtete; und die »Unbestimmtheit« gehört hierbei zum Wesen der Intention, deren Bestimmtheit es eben ist, ein unbestimmtes »Etwas« vorzustellen" (ibd.). Diese beiden Möglichkeiten sind in der Tat zu erwägen. Pathologisch manische oder depressive Zustände mögen rein physiologisch bedingt sein, ζ. B. könnte ich Drogen genommen haben. Sie können jedoch ebenfalls einen unbestimmten Bezug haben, der etwa als ein Verdrängtes in der Psychoanalyse bestimmt werden mag. Ob pathologische Angstzustände, die physiologisch bedingt sind, ungerichtet sein können oder ob sie nicht lediglich aus der Beobachterperspektive unbegründet erscheinen, soll hier nicht entschieden werden. Unbestimmte, »existenzielle« Angst im Sinne Heideggers jedenfalls ist in ihrer Struktur nicht gegenstandslos: Daß das Bedrohende nirgends ist, charakterisiert das Wovor der Angst. Diese »weiß nicht«, was es ist, davor sie sich ängstigt. »Nirgends« aber bedeutet nicht nichts, sondern darin liegt Gegend überhaupt, Erschlossenheit von Welt überhaupt für das wesenhaft räumlich In-Sein. [...] das Wovor der Angst ist die Welt als solche. (Heidegger [1927] 1986: 186s).

Johnson-Laird / Oatley führen allerdings noch ein weiteres Argument für die Unnötigkeit eines Objektbezugs an: »basic emotions« dienten zur Beschreibung von „moods and personalities" (cf. Johnson-Laird / Oatley 1989:97). Stimmungen, etwa positive Stimmungen von verschiedenem Intensitätsgrad wie »gute Laune«, »Hochstimmung«, »Euphorie«, können nun mit Husserl wie folgt beschrieben werden: Wenn die lusterregenden Tatsachen in den Hintergrund gerückt, wenn sie nicht mehr als gefuhlsgefärbt apperzipiert, ja vielleicht überhaupt nicht mehr intentionale Objekte sind, kann die Lusterregung noch längere Zeit fortdauern; sie wird nun eventuell selbst als wohlgefällig empfunden; statt als Repräsentant einer gefälligen Eigenschaft am Gegenstand zu dienen, wird sie jetzt bloß auf das fühlende Objekt bezogen. (Husserl [1901] 1992a: 409).

Damit ist aber gerade nicht gesagt, dass Stimmungen a priori nicht gegenstandsbezogen sind. Lediglich tritt der Gegenstandsbezug in den Hintergrund. Ebenso wenig sind Charaktereigenschaften in Form von Gefühlsdispositionen ohne Gegenstandsbezug. Ein melancholischer Charakter unterscheidet sich von einem pathologischen Fall von Depression gerade dadurch, dass er auf bestimmte Situationen melancholisch reagiert, Situationen, auf die andere Charaktere heiter und unbekümmert, cholerisch oder mit Gleichgültigkeit reagieren würden. Eine andere, nämlich semasiologische Frage ist es, ob einzelsprachliche Ge-

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fuhlsprädikate vom Objektbezug abstrahieren können, so dass dieser fakultativ oder notwendig unausgedrückt bleibt. So kann ich französisch paniquer intransitiv verwenden, und die umgangssprachlich markierte Entsprechung baliser bezeichnet überhaupt nur in der intransitiven Verwendung ein Gefühl: (17)

Je {panique + balise}

Dies heißt aber nicht, dass baliser notwendig eine objektlose, nicht einmal eine unbestimmte Angst bezeichnet. Es wird nur nicht gesagt, worauf sich die Angst bezieht. Die Verwechslung onomasiologischer und semasiologischer Fragestellungen mag neben einem (übertriebenen) Wunsch nach Systematisierung der Grund dafür sein, dass JohnsonLaird / Oatley (1989) auf der Objektlosigkeit ihrer »basic emotions« beharren. Wenn Searle (1983: ls) allerdings betont, dass ζ. B. Überzeugungen sich stets auf einen bestimmten Gegenstand beziehen, während dies bei Ängsten nicht der Fall ist, so macht er auf einen wichtigen Unterschied zwischen Gefühlen einerseits und Überzeugungen und Gedanken andererseits aufmerksam, der noch näher betrachtet werden muss. Sätze wie (18)

*Ich bin von etwas Uberzeugt, aber ich weiß nicht wovon

(19)

"Ich denke nach, aber ich weiß nicht worüber

sind deshalb inakzeptabel, weil Überzeugungen und Gedanken nicht mit Körperempfindungen verbunden sind. Bei Gefühlen wie »Angst« oder »Trauer«, die mit Körperempfindungen verbunden sind, können diese Körperempfindungen selbst thematisiert und mit dem Gefühl der »Angst« oder »Trauer« in Verbindung gesetzt werden. Das unbestimmte KORRELAT dieser Gefühle bleibt unausgedrückt, grenzt sie jedoch gegenüber reinen Körperempfindungen wie »ich zittere«, »ich habe eiskalte feuchte Hände«, »ich spüre einen Kloß im Hals« ab.

3.1.2.2 Das Korrelat als Sachverhalt Kommen wir nunmehr zur zweiten Frage, der Frage nach dem Sachverhaltscharakter des KORRELATS. Hierin scheinen sich intentionale Erlebnisse von anderen Relationen zu unterscheiden: im Gegensatz zu einem intentionalen Erlebnis, betrifft eine Relation wie »umwerfen« oder »töten« notwendig ein raumzeitliches Objekt und niemals einen Sachverhalt. Selbstredend können solche Relationen auch bewusst ausgeführt werden, sie müssen aber nicht notwendig bewusst ausgeführt werden.27 Wäre eine notwendig bewusste Relation zudem stets auf einen Sachverhalt bezogen, ließen sich intentionale Akte hinsichtlich beider Partizipanten gegenüber nicht-intentionalen Akten abgrenzen. Ist also der Gegenstandsbezug der Gefühle, der ihren Charakter als intentionale Ereignisse ausmacht, notwendig als Bezug auf einen Sachverhalt bzw. eine Proposition zu verstehen? Searle verneint dies: „We also need to distinguish between those states such as belief whose content must always be expressible as a whole proposition and those such as love and hate whose content need not 27

Vgl.: i. Die Windböe hat Hans umgeworfen·, ii. Claudia hat {Hans versehentlich umgerannt + die Vase versehentlich umgeworfen}', iii. *Claudia hat Hans versehentlich {geliebt + gefiirchtet}.

76 be a whole proposition" (Searle 1983: 6). Wir aber haben bereits gesehen, dass Tugendhat (1976: 100; 1979: 19s) auch bei den letztgenannten Bewusstseinszuständen ein propositionales Element ausmacht, nämlich eine Existenzannahme. Dies schien nun nicht falsch zu sein, jedoch an der eigentlichen Frage, ob ein Gefühl auf einen Sachverhalt und nicht einfach auf einen Gegenstand bezogen ist, vorbeizugehen. Eine Existenzannahme, die Annahme meiner eigenen Existenz nämlich, ist ja auch an das Schmerzerlebnis geknüpft, das für sich jedoch nicht als gegenstandsbezogen anzusehen ist. Jemanden zu lieben oder zu fürchten und ihn für existent zu halten, sind verschiedene Teilakte, wobei der erste den letzten voraussetzt. Was ich an einer Person liebe oder fürchte ist aber nicht unbedingt ihre Existenz, sondern sind gewisse Eigenschaften, die diese Person liebenswert oder furchteinflößend machen. Ich liebe oder fürchte somit eine Person nicht als raumzeitlichen Gegenstand, wie ich einen raumzeitlichen Gegenstand anstoßen oder aufessen kann. Ich liebe oder fürchte an einem Gegenstand gewisse Eigenschaften und kann andererseits nicht gewisse Eigenschaften an einem Gegenstand anstoßen oder aufessen. Die Person als raumzeitlicher Gegenstand steht somit für ihre Eigenschaften. Bouchard (1995b: 278s) formuliert diesen Gedanken im Anschluss an Coppieters (1982), indem er zwischen verschiedenen Möglichkeiten unterscheidet, eine Entität aufzufassen: ... an entity can be seen from either an external, neutral, point of view or from an internal point of view. If viewed externally, the entity is treated as a Concept; if viewed internally, it is a »Substantive«, that is an entity that can be a participant in an event. Furthermore, there is subclass of Substantives that can [...] be viewed as I-Subject, since they are capable of intentionality. (Bouchard 1995b: 278).

Bouchards Terminologie, die der anglo-amerikanischen Philosophy of mind28 entnommen ist, erscheint, insbesondere wenn man sie ins Deutsche übernimmt, recht verwirrend. Wir werden im Deutschen kaum von Substantiven sprechen wollen, aber der dahinterstehende Gedanke verdeutlicht, dass ein raumzeitlicher Gegenstand »intern«, d. h. in seiner Substanz, an einer Szene beteiligt sein kann. Intentionalität gehört dabei zu den substantiellen Eigenschaften der mit Bewusstsein ausgestatteten raumzeitlichen Gegenstände. Ein raumzeiüicher Gegenstand kann aber auch als »Konzept«, gleichsam als Träger ihm nicht inhärenter, sondern von außen zugeschriebener Eigenschaften aufgefasst werden. Genau dies geschieht, wenn ein raumzeitlicher Gegenstand als liebenswert oder furchteinflößend begriffen wird. Er ist dann, nach der Terminologie, die ich in der vorliegenden Arbeit verwende, zwar ebenfalls ein Partizipant, aber in einem abstrakteren Sinne. Damit ist nach der ersten auch die zweite Frage geklärt. An einer Gefühlsszene sind notwendig zwei Entitäten beteiligt, von denen eine das intentionale Subjekt ist, die andere ein Sachverhalt, auf den sich als ihr KORRELAT die Intentionalität des Subjekts bezieht. Ruwet hat in einer neueren Arbeit (cf. Ruwet 1994: 47) diese Terminologie für die Beschreibung von Partizipantenrollen genutzt und von einem „sujet intentionel" und einem „correlat de l'intentionnalite" gesprochen.29 Anhand einiger Beispiele, wie wir sie auch in 28 29

Cf. Wilson (1972), der in ähnlicher Weise zwischen substantive und concept unterscheidet. Ruwet (1994: 47) erklärt: „Je m'inspire de la ph6nom6nologie de Husserl et de Heidegger. Voir notamment Heidegger 1975: §9, section Β". In der zitierten Vorlesung Heideggers Die Grund-

77 der phänomenologischen Diskussion gefunden haben, stellt er fest: „toute sorte de verbes expriment des intentionnalit6s variees (verbes de dire, de perception, d'action, de volition, de sentiment, etc.)" und fügt hinzu: „On trouve le meme contraste entre sujet intentionnel et sujet non-intentionnel chez certains adjectifs: Max est fier de son pere vs Max est digne de son pere" (Ruwet ibd.). Es geht Ruwet in diesem Zusammenhang um die Abgrenzung zwischen Verben, die ebenfalls ein Sachverhalts-Argument besitzen, wie meriter oder discrediter, die aber keine Gefühlsverben sind. Er bevorzugt den Terminus sujet intentionnel gegenüber sujet de conscience: letzterer passe nur auf Verben „qui expriment une conscience claire de quelques choses, par exemple les verbes epitemiques comme penser" (ibd.). Nun vermeidet auch Heidegger den Terminus Bewusstsein, nicht zuletzt um die Daseinanalytik von der Psychologie abzugrenzen, doch handelt es sich dabei unter den hier interessierenden Gesichtspunkten um eine primär terminologische Frage. Prädikate wie meriter oder digne einerseits und souhaiter und fier andererseits unterscheiden sich darin, dass letztere ein unmittelbares Wissen in Form eines intentionalen Objektbezugs voraussetzen, während erstere lediglich eine Eigenschaft einer Person im Bezug auf einen Sachverhalt beschreiben, ohne dass diese Person davon ein unmittelbares Wissen haben muss. Ruwets Partizipantenrollen INTENTIONALES SUBJEKT und KORRELAT DER INTENTIONALITÄT sind deshalb zu abstrakt, um eine »Gefühlsszene« gegenüber ζ. B. einer »Szene des Denkens« abzugrenzen. Auch der Bewusstseinsbegriff, den Ruwet hier ins Spiel bringt, hilft nicht weiter. Es ist nicht ausgemacht, dass Denken einen höheren Bewusstseinsgrad beinhaltet als fühlen; ψ-Prädikate des Fühlens wie des Denkens dienen als Gegenstände unmittelbaren Wissens gleichermaßen zur Bestimmung von Bewusstsein und Selbstbewusstsein. Wenn wir die dritte der oben gestellten Fragen beantworten wollen, diejenige nach dem Unterschied zwischen der Gefühlsszene und anderen intentionalen Bewusstseinszuständen hinsichtlich ihrer Partizipantenrollen, müssen wir die am Bewusstsein, am Dasein, am Selbst orientierte philosophische Diskussion verlassen.

3.1.2.3 S p e z i f i t ä t der Partizipantenrollen Einen Aspekt, der Gefühle von Gedanken unterscheidet, haben wir bereits betrachtet: den Aspekt der Körperempfindungen, die mit Gefühlen, aber nicht mit Gedanken verbunden sind. Die Körperempfindungen selbst können in ihrem Zusammenhang mit KORRELATSbezogenen Gefühlen begriffen werden, wobei vom KORRELATS-Bezug des Gefühls abstrahiert wird. Bouchard (1995b: 265-269) streift diesen Aspekt, wenn er, allerdings in wenig klarer Form, erläutert, dass einerseits ein Gefühl wie „fright, fear, disgust, love or hate" ein „psychological object" 30 sein kann (ibd.: 265s), andererseits aber auch der Sachverhalt,31 auf den sich das Gefühl bezieht. Diese auf den ersten Blick verwirrende Beschreibung des

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Probleme der Phänomenologie findet sich allerdings, soweit ich sehe, nichts, was für die Bestimmung der Partizipantenrollen Uber Husserl hinausgeht. Heidegger verwendet auch im Gegensatz zu Husserl nicht den Terminus Korrelat. Bouchard (1995: 265) verwendet dafür den albernen Namen psy-chose. Bzw. das »Konzept« in dem bereits diskutierten Sinn. Siehe dazu auch den Abschnitt An Intentional Concept as a Psy-Chose (Bouchard 1995: 278-280).

78 »psychologischen Objekts« wird klarer, wenn wir in der Gefühlsszene einen Wahmehmungsakt der Körperempfindung (als eines Objekts) von einem intentionalen, auf einen Sachverhalt als KORRELAT gerichteten Akt unterscheiden. Es stellt sich nun die Frage, inwieweit der »Aktcharakter« selbst sich bei Gefühlen, Gedanken und Wahrnehmungen unterscheidet. Der Begriff »Akt«, wie ihn Husserl verwendet, muss an dieser Stelle thematisiert werden. Searle erscheint er zumindest für einen Teil der intentionalen Erlebnisse unangemessen: Some authors32 describe beliefs, fears, hopes, and desires as »mental acts«, but this is at best false and at worst hopelessly confused. Drinking beer and writing books can be described as acts or actions or even activities, and doing arithmetic in our head or forming a mental image of the Golden Gate Bridge are mental acts; but believing, hoping, fearing, and desiring are not acts nor mental acts at all. (Searle 1983: 3). Die von Searle gleichgesetzten Begriffe »Akt«, »Aktion« und »Aktivität« sind in der Tat recht unbestimmt und bedürfen genauerer Klärung. Husserl selbst erkennt die problematischen Konnotationen des Terms Akt und betont: Was [...] die Rede von Akten anbelangt, so darf man hier an den ursprünglichen Wortsinn von actus natürlich nicht mehr denken, der Gedanke der Betätigung muss schlechterdings ausgeschlossen bleiben [...] nicht als psychische Betätigungen, sondern als intentionale Erlebnisse definieren wir die »Akte«. (Husserl [1901] 1992a: 393). Husserl verwahrt sich somit gegen eine »naive« Interpretation des Aktes als Betätigung. Searles Hinweis, dass es gleichwohl »mentale Akte« gibt, die sich von „intentional states and events" (Searle 1983: 3) wie Glauben, Wünschen oder Fürchten unterscheiden, könnte allerdings dafür sprechen, dass verschiedene Grade geistiger »Aktivität« zu unterscheiden sind. Wir stoßen bei der Frage, was wir eine »Aktion« oder »Aktivität« nennen wollen, auf ein Grundproblem: die Verknüpfung, wie Franfois (1997: 119s) es formuliert, von partizipantenbezogenen und zeitkonstitutionellen Aspekten. Diese Verknüpfung zeigt sich sowohl

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Es findet sich hier kein expliziter Verweis auf Husserl. Searle erwähnt Brentano zu einem späteren Zeitpunkt zweimal, Husserl ein einziges Mal. Zum Umgang mit den philosophischen Quellen bemerkt Searle in der Einleitung: „Entire philosophical mouvements have been built around theories of Intentionality. What is one to do in the face of all this distinguished past? My own approach has been simply to ignore it, partly out of ignorance of most of the traditional writings on Intentionality and partly out of the conviction that my only hope of resolving the worries which led me into this study in the first place lay in the relentless pursuit of my own investigations. It is worth pointing out because several people who read the manuscript claimed to find interesting agreements with their favorite authors. Perhaps they are right [...] but [...] it has not been my aim to respond to that tradition" (Searle 1983: ixs). Trotz Searles interessanten Beiträgen im Zusammenhang mit seiner Sprechakttheorie basiert seine Abhandlung auf den dargestellten Grundgedanken von Brentano und Husserl. Was in der Einleitung als eine »Bescheidenheitsgeste« formuliert ist, birgt tatsächlich die Gefahr in sich, dass Grundgedanken der europäischen Philosophietradition gleichsam neu entdeckt erscheinen und von den Lesern dem Autor zugeschrieben werden.

79 bei den Aktionsartentests von Vendler (1967), als auch bei Ross, der in seinem Aufsatz Act (1972) im Rahmen der Generativen Semantik Aktionsverben mithilfe des Operators DO analysiert. Vendler (1967: 99) grenzt »Aktivitäten« primär als »prozessual« ab: „running, writing, and that like are processes going on in time, that is, roughly, that they consist of successive phases following one another in time". Das Konzept der »Agentivität« verstanden als "voluntariness" spiele fur seine Klassifikation keine Rolle.33 Gleichwohl berücksichtigt er dieses partizipantenbezogene Kriterium, um die Klasse »Zustände« abzugrenzen. Zustandsverben, so Vendler (ibd.: 106; 115), könnten niemals mit Adverbien wie carefully oder deliberately kombiniert werden. Nach Ross (1972: 70) kann jedes Aktionsverb durch Dekomposition in eine Struktur überfuhrt werden, die den Operator DO enthält. Er fragt sich dann, inwieweit Aktionsverben notwendig ein agentives, d. h. intentional handelndes, Subjekt implizieren und stellt fest, dass der Operator DO zwar in der Regel, aber nicht notwendigerweise mit einem intentional handelnden Subjekt auftrete (ibd.: 105s), da er, wie das folgende Beispiel zeigt, auch für die Analyse eines Verbs wie crush mit einem nicht-agentiven Subjekt angenommen werden müsse: (20)

What the rolling boulders did is crush my petunias to smithereens (Ross ibd.: 106, Beispiel 74a)

Es stellt sich somit die Frage, inwieweit intentionale Erlebnisse hinsichtlich ihres »Aktcharakters« einerseits nach dem zeitkonstitutionellen Kriterium der Prozessualität oder Dynamizität (cf. Francis 1989: 209), andererseits nach dem partizipantenbezogenen Kriterium der Agentivität zu unterscheiden sind. Betrachten wir zuerst den Aspekt der Dynamizität. Searles »Akte« wie Bier-Trinken und Bücher-Schreiben enthalten ein dynamisches Moment, sie können schnell oder langsam ausgeführt werden. Gleiches scheint nun auch für die »geistigen Akte«, die Searle anführt, zu gelten. Ich kann langsam oder schnell Kopfrechnen oder mir ein vollständiges Bild des architektonischen Aufbaus der Golden Gate Bridge ins Gedächtnis rufen. In diesem Sinne kann ich aber nicht schnell oder langsam glauben, hoffen, fürchten oder begehren. Solche Erlebnisse können zwar im Laufe ihres Andauerns in ihrer Intensität variieren: ich kann mit der Zeit stärker oder schwächer glauben, hoffen, fürchten oder begehren. Im Gegensatz zu den Akten des Denkens und Vorstellens (komplexer Sachverhalte) zerfallen Erlebnisse wie das Glauben, Hoffen oder Fürchten aber nicht in sukzessive Phasen, die in der Zeit schnell oder langsam aufeinander folgen können. Searles Kriterium für die Abgrenzung von Akten ist allerdings nicht der Aspekt der Dynamizität, sondern die Verknüpfung von Absicht (intention) und Handlung {action). Zunächst schließt er notwendig unabsichtliches Tun wie Schnarchen oder Niesen aus seinem Handlungsbegriff aus (cf. Searle 1983: 82). Unabsichtliches Handeln eröffne stets die Alternative absichtlichen Handelns: „where there is an unintentional action such as Oedipus's marrying his mother, that is only because there is an identical event which is an action he performed intentionally, namely, marrying Jocasta" (ibd.). Unter diesem Aspekt

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Vendler in einer persönlichen Mitteilung an Beck (1987: 71).

80 können auch Unterlassungen als Handlungen beschrieben werden, insofern als sie absichtliches oder unabsichtliches Nicht-Tun implizieren (cf. ibd.: 102s). Schließlich werden geistige Akte als (potentiell) absichtlich bestimmt und aus diesem Grund zu den Handlungen gezählt: „Mental acts are formally isomorphic to the cases of physical acts we have considered. The only difference is that in place of a bodily movement as a condition of satisfaction we have a purely mental event" (ibd.: 103). Die Absicht erfüllt sich beim Kopfrechnen oder beim Sich-Vorstellen eines Bauwerks nicht wie beim Bier-Trinken oder Bücher-Schreiben in einer Körperbewegung, sondern im bewussten Durchführen eines geistigen Prozesses oder im bewussten Hervorrufen eines Erinnerungsbildes. Da ich in diesem Sinne nicht absichtlich glauben, hoffen, furchten oder begehren kann, sind diese Erlebnisse für Searle keine Akte. In einem stärker linguistischen als sprachphilosophischen Kontext kommt Dowty zu ähnlichen Unterscheidungen. Dowty (1979:117), der Vendlers Aktionsartklassen mit einem dekompositionellen Ansatz in der Tradition der Generativen Semantik kombiniert, betont bei seiner Analyse des Operators DO: „DO does not necessarily connote action in the usual sense", denn Sätze wie (21) John is being quiet (22) John is ignoring Mary (ibd.) implizieren nicht Handlung, sondern absichtliches Unterlassen. Deshalb unterscheidet Dowty zwei Unterklassen von »Aktivitäten«, die beide mit dem DO-Operator analysiert werden: »einfache Aktivitäten« {John is walking) und »agentive Zustände« {He is housing his antique car collection in an old barn) (cf. ibd.: 124). Im weiteren Verlauf der Argumentation wird die Klasse der »Aktivitäten« dann weiter unterteilt, und zwar in kontrollierte Handlungen, die mit dem DO-Operator analysiert werden, nicht-kontrollierte Handlungen und nicht-kontrollierbare Bewegung (cf. ibd.: 163-173). Im Gegensatz zu Searle setzt Dowty Agentivität jedoch nicht mit Absichtlichkeit gleich, sondern mit Kontrolle: It is almost but not quite possible to equate the meaning of DO with the notion of intentionality or volition [...] Note that examples like John is being obnoxious, John is being a fool do not really entail that John is intending to be obnoxious or intending to be a fool, but they entail that some property under his control qualifies him as obnoxious or a fool, something or other that he could avoid doing as soon as he really chose to [...] Thus »state under the unmediated control of the agent« may be the best phrase for describing [... ] DO. (Ibd.: 118). Die Unterscheidung von Absicht und Kontrolle erweist sich im Rahmen der hier verfolgten Fragestellung als wichtig.34 Man kann seine Gefühle zwar nicht absichtlich hervorrufen,

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Bei seiner Bestimmung der PAE unterscheidet Dowty (1991: 572), wie gezeigt, zwischen den Eigenschaften Volitional involvement in the event or state und Sentience (and/or perception) und scheint somit den Begriff der Kontrolle aufzugeben. Andererseits betont er, dass es sich bei dem Katalog um eine offene Liste handelt, so dass ggf. Kontrolle als eine weitere PAE hinzugefügt werden könnte, die sich von den genannten PAE unterscheidet. Primus (1999a: 36) ersetzt dagegen

81 damit ist jedoch noch nicht gesagt, dass man sie nicht kontrollieren kann. Während Comrie (1981: 55) der Rolle EXPERIENCER grundsätzlich Kontrolle abspricht, 35 greift Bossong bei seiner Abgrenzung verschiedener Agentivitätsgrade bei EXPERIENCER-Verben auf das Kriterium der Kontrollierbarkeit durch den EXPERIENCER zurück: II y a une gradation qui va du moins agentif au plus agentif. Tout d'abord on a les verbes de sensations corporelles, c'est-ä-dire de sensation qui, tout en provenant du propre corps, sont pourtant ressenties par l'experient comme 6manant d'une source exterieure (avoir faim/soif/mal έ la tete); le propre corps est en dehors de la conscience, il est perfu comme ichappant au contröle du moi. Ensuite, il y a quelques verbes disignant des factions psychiques (se rijouir/etre desoli/plaire), reactions auxquelles le moi du locuteur a une pait dejä plus active. (Bossong 1998: 261). Als Verben mit einem stark agentiven EXPERIENCER führt Bossong (ibd.) schließlich die Perzeptions- und Kognitionsverben an. Ich konzentriere mich an dieser Stelle auf den Phänomenbereich »Gefühl« und lasse die Perzeptions- und Kognitionsverben außer Acht. Dass Körperempfindungen unkontrollierbar sind, mag sofort einleuchten. Es stellt sich aber die Frage, inwiefern sie sich dabei von Gefühlen wie Freude, Bedauern oder Wohlgefallen unterscheiden, und weiter, was genau unter einer »aktiveren« Beteiligung des EMPFINDUNGSTRÄGERS zu verstehen ist. Im Sinne der sprachanalytischen Philosophie ließe sich argumentieren, dass wir jemanden, der leicht in Wut gerät, auffordern könnten, er solle sich beherrschen, er solle seine Gefühle in den Griff bekommen, sie unter Kontrolle bringen. Andererseits würden wir niemanden auffordern, seine Gedanken zu beherrschen oder unter Kontrolle zu bringen, da Denken und Kontrolle in einem notwendigen Konnex zu stehen scheinen. Während Gedanken grundsätzlich als kontrolliert gelten, bedarf die Kontrolle von Gefühlen offenbar einer besonderen Anstrengung. Es stellt sich allerdings die Frage, ob tatsächlich Gefühle als solche beherrscht werden können oder ob nicht die Rede von einer Kontrolle des Gefühls lediglich eine Kontrolle des Verhaltens meint. Ein Vergleich mit den Körperempfindungen ist hier aufschlussreich. Man mag jemanden, der Hunger oder Schmerz empfindet, auffordern können, sich zu beherrschen, d. h. nicht ständig über seinen Hunger oder Schmerz zu klagen. Man wird ihn aber kaum auffordern, seinen Hunger oder Schmerz zu kontrollieren. Bei Gefühlen, wie Ärger, Trauer oder Zuneigung liegt die Sache anders. Einerseits sind diese Gefühle typischerweise mit be-

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die PAE Volitional involvement in the event or state durch Kontrolle, um Dispositionen, die nicht unter willentliches Handeln im engeren Sinne fallen, wie die Verantwortung für ein Ereignis oder die bloße Fähigkeit, ein Ereignis auszulösen oder zu stoppen, mit zu erfassen. Allerdings erwähnt sie dabei die skizzierten früheren Ausführungen Dowtys zum Verhältnis von »Volition« und »Control« nicht. Comrie (1981: 55) unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Typen von EXPERIENCER-Verben. Er stellt eingangs pauschal fest: „in general one does not have control over ones's sensory experiences". Wenige Zeilen später heißt es dann jedoch relativierend: „an experiencer has no (necessary) control over the reception of sensory impressions". Im weiteren Verlauf der Argumentation wird dem EXPERIENCER schließlich doch im Vergeleich zum PATIENS ein gewisses Maß an Kontrolle zugesprochen: „experiencers are indeed low in control, though they still differ from patients in that they must be sentient" (ibd.: 174).

82 stimmten Körperempfindungen verbunden, andererseits lassen sie sich nicht auf diese Körperempfindungen reduzieren. Wenn wir davon sprechen, dass jemand seinen Ärger, seine Trauer, seine (vielleicht unerwiderte) Verliebtheit in den Griff bekommen soll, so kann auch hier zwar primär gemeint sein, das Verhalten solle kontrolliert werden, er solle seinen Ärger, seine Trauer oder seine Zuneigung nicht zeigen. Es kann aber durchaus auch gemeint sein, er solle sich bemühen, durch Nachdenken oder durch das bewusste Suchen einer Ablenkung vielleicht nicht auf die Körperempfindung, sehr wohl aber auf das Gefühl selbst, das die Körperempfindung übersteigt, einzuwirken. Dies ist, wie bereits Descartes feststellt, prinzipiell möglich, wenn auch in Abhängigkeit zur Intensität des Gefühls: ... comme l'ame en se rendant fort attentive a quelque autre chose peut s'empescher d'oui'r un petit bruit, ou de sentir un petit douleur, mais ne peut s'empescher en mesme fafon d'oui'r le tonnerre, ou de sentir le feu qui brusle la main : Ainsi eile peut aysement surmonter les moindres passions, mais non pas les plus violentes & les plus fortes, sinon apres que 1 Emotion du sang & des esprits est appaisee. Le plus que la volonte puisse faire, pendant cette emotion est en sa viguer, c'est de ne pas consentir ä ses effects, & de retenir plusieurs des mouvemens ausquels eile dispose le corps. (Descartes [1644: Art. 46] 1991: 100s).

Ich kann meinen Ärger dadurch kontrollieren, ihn abschwächen oder gar zum Verschwinden bringen, dass ich mir die Geringfügigkeit des Anlasses verdeutliche, aus dem ich mich geärgert habe. Ebenso kann ich meine Trauer verringern, indem ich nach Trost suche, versuche, einen traurigen Anlass als unvermeidlich, als den natürlichen Verlauf der Dinge zu erkennen oder ihm, wenn möglich, auch eine positive Seite abzugewinnen. Unerwiderte Verliebtheit kann ich zu kontrollieren versuchen, indem ich mich bemühe, einen neutralen Standpunkt einzunehmen, um auch die höchst durchschnittlichen oder gar schlechten Charaktereigenschaften einer geliebten Person wahrzunehmen. Gefühle, und nicht etwa nur das Gefuhlsverhalten selbst, scheinen somit in einem zumindest begrenzten Maße kontrollierbar, auch und gerade wenn das Scheitern eines solchen Einwirkens, die überwältigende Kraft der Gefühle, die letztlich auch eine Kontrolle des Verhaltens vereiteln, zu den existenziellen Erfahrungen und damit zu den großen Themen der Literatur zählt. Es wird in zunehmendem Maße deutlich, dass die Gefühle eine Zwischenstellung zwischen Körperempfindungen einerseits und Überzeugungen, Hoffnungen und Wünschen andererseits einnehmen. Wierzbicka (1999: 2) hatte bei ihrer Diskussion der Bedeutung von englisch emotion festgestellt, dass diese in einem Ineinandergreifen von Körperempfindungen, Gedanken und Gefühlen bestehe. Eine prototypische Gefühlsszene ist, wie wir gesehen haben, durch das Wahrnehmen einer Körperempfindung und ihrer Verknüpfung mit einem intentionalen Bezug auf ein Gefuhls-KORRELAT verbunden. Es muss allerdings noch genauer geklärt werden, inwieweit diese zweite Komponente, der intentionale Bezug von Gefühlen, sich von demjenigen anderer intentionaler Erlebnisse unterscheidet. Was etwa bei Wierzbicka mit Gedanken und Gefühlen gemeint ist und wie sich diese voneinander abgrenzen, bleibt erst einmal offen. Wir hatten bereits gesehen, dass sie »feel« für ein universelles semantisches Primitivum hält (cf. Wierzbicka 1996:48s). In ihren Analysen einzelner Gefühle ist »feel« dabei notwendigerweise mit einer pauschalen Wertung verbunden: »feel something good« oder aber »feel something bad«. Diese Bewertung des eigenen Gefühls impliziert ein Urteil über das Gefiihls-KORRELAT. Dieses Urteil scheint die

83 Gedankenkomponente auszumachen.36 »Gefallen« wird von Wierzbicka wie folgt beschrieben: (23) a. χ felt something because χ thought something b. sometimes a person thinks: c. »something good happened d. I want this to happen« e. when a person thinks this this person feels something good (Wierzbicka 1999: 56) 37 Wenn wir die Wunschkomponente (d) einmal unberücksichtigt lassen, stellt sich die Frage des Verhältnisses der Urteils- und der Gefühlskomponente. Husserl beschreibt dieses Verhältnis folgendermaßen. Ein intentionaler Akt der »Freude« oder des »Gefallens« ... befaßt in seiner Einheit nicht nur die Vorstellung des freudigen Ereignisses und den darauf bezogenen Aktcharakter des Gefallens; sondern an die Vorstellung knüpft sich eine Lustempfindung, die einerseits als Gefühlserregung des fühlenden psychophysischen Subjekts und andererseits als objektive Eigenschaft aufgefaßt und lokalisiert wird: das Ereignis erscheint als wie von einem rosigen Schimmer umflossen. Das in dieser Weise lustgefärbte Ereignis als solches ist nun erst das Fundament für die freudige Zuwendung, für das Gefallen, Angemutetwerden, und wie man es sonst nennen mag. Ebenso ist ein trauriges Ereignis nicht bloß vorgestellt nach seinem dinglichen Gehalt und Zusammenhang, nach dem, was ihm an und für sich, als Ereignis zugehört; sondern es erscheint als mit der Färbung der Trauer umkleidet. (Husserl [1901] 1992: 409). Dem KORRELAT wird eine Eigenschaft zugesprochen, es wird im weitesten Sinne als »gut« oder »schlecht« bewertet und diese Bewertung korrespondiert mit der Bewertung der Empfindung des fühlenden Subjekts. Das Lokalisieren der gefühlsauslösenden Eigenschaft im KORRELAT (d. h. im Objekt) erscheint als ein subjektives Urteil, dem nicht im gleichen Maße Notwendigkeit zukommt, wie Urteilen objektiver Erkenntnis des »dinglichen Gehalts«. Verstandesurteile, Annahmen über das An-und-fiir-sich-Seins eines Sachverhalts, haben, wie Searle es ausdrückt, eine ,,»mind-to-world« direction of fit". Sie können sich anhand des objektiven Gehalts der Welt als wahr oder falsch erweisen (cf. Searle 1983: 8). Das gleiche gilt fur Sinneswahrnehmungen (cf. ibd.: 122). Wünsche haben eine ,,»world-tomind« direction of fit". Sie können erfüllt werden oder unerfüllt bleiben, je nach dem, ob die Welt sich dem im Wunsch imaginierten Zustand angleicht oder nicht (cf. ibd.: 8). Ge-

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Die Untersuchung der Urteilskomponente erscheint insofern von vornherein komplexer als dies in dem vielzitierten (Hinweise bei Wierzbicka 1999: 5) Ansatz des Philosophen Robert Solomon, demzufolge Gefühle Urteile sind, der Fall ist. Solomon ([1976] 1977: 185-191) betont zwar zurecht, dass Gefühle aus subjektiven Urteilen bestehen, arbeitet die einzelnen Komponenten, die ein Gefühl als intentionalen Akt ausmachen, jedoch nicht scharf heraus. Gemäß ihres semasiologischen Ansatzes spricht Wierzbicka an dieser Stellen nicht Uber einen übereinzelsprachlichen Denkinhalt »Gefallen«, sondern über die Bedeutung von englisch pleased. Ich meine jedoch, dass ihre Beschreibung übereinzelsprachliche Aspekte nicht nur des »Gefallens«, sondern der Gefühlsszene überhaupt erfasst.

84 fühle aber haben keinerlei Ausrichtung: „my sorrow or pleasure can't be true or false in the way that my beliefs can [...] my sorrow and pleasure don't in that way have any direction of fit" (ibd.: 8s). Dies soll nun keineswegs heißen, dass die Urteilskomponente von Gefühlen willkürlich ist. Vielmehr gehen wir davon aus, dass ein weitreichender Konsens erzielt werden kann, welche Ereignisse als freudig, welche als traurig zu bewerten sind. In diesem Sinne erscheint, wie Kant es formuliert, „die Notwendigkeit der allgemeinen Bestimmung, die in einem Geschmacksurteil gedacht wird, [...] eine subjektive Notwendigkeit, die unter der Voraussetzung eines Gemeinsinnes als objektiv vorgestellt wird" ([ 2 1793] 1974b: 158). Weicht das einem Gefühl zugrundeliegende Urteil einer Person von demjenigen ab, was gemeinhin als konsensfällig angesehen wird, so mag man die Gründe eines solchen Urteils in der speziellen Disposition des Urteilenden suchen. Seine Beurteilung des KORRELATS, die das Fundament seines subjektiven Gefühls bildet, erscheint dadurch jedoch mitnichten als falsch. Damit ist auch die dritte der oben gestellten Fragen hinreichend geklärt. Gefühle als intentionale Akte nehmen hinsichtlich der Kontrollierbarkeit eine Zwischenstellung zwischen unkontrollierbaren Körperempfindungen und kontrollierten Akten des Denkens ein. Sie erscheinen als Urteile über einen Sachverhalt, jedoch als subjektive Urteile, die auf Konsens, nicht auf objektive Erkenntnis zielen. Dadurch unterscheiden sie sich von Wahrnehmungsakten und Verstandesurteilen.

3.1.3 Kausalität Im vorigen Abschnitt ist gezeigt worden, dass EMPFINDUNGSTRÄGER und KORRELAT essentielle Partizipantenrollen der Gefühlsszene sind. In diesem und im folgenden Abschnitt soll nun das KORRELAT näher untersucht werden. Dabei wird sich herausstellen, dass neben dem KORRELAT weitere Partizipantenrollen anzunehmen sind, die bei oberflächlicher Betrachtung leicht mit dem KORRELAT verwechselt werden können, da sie häufig dem KORRELATSSachverhalt selbst oder einzelnen Entitäten, die an diesem Sachverhalt partizipieren, zugeschrieben werden. Ohne dies näher zu thematisieren, habe ich bisweilen davon gesprochen, dass das KORRELAT das Gefühl auslöst. Es soll nun näher betrachtet werden, was unter einem solchen Auslösen des Gefühls verstanden werden kann und inwieweit dies für die Bestimmung der Partizipanten der Gefuhlsszene relevant ist. Nicht wenige Autoren bezeichnen den zweiten Partizipanten der Gefühlsszene als STIMULUS (cf. Fillmore 1972: 12s3»; Dowty 1982: 112; 1991:579; Brown/Fish 1983:241s; Croft 1993:56; Primus 1999a: 70; Van Valin 2001:30s; Härtl 2001:12). Die Rolle STIMULUS steht dabei unabhängig von ihrem theoretischen Status39 für „someone or something giving rise to a certain experience"

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Fillmore (1972: 12s) führt diese Rolle im Zusammenhang mit symmetrischen Prädikaten ein, bei denen ein Argument als STIMULUS bei einem sprachlich nicht realisierten EXPERIENCER eine Vorstellung hervorruft. Ich abstrahiere an dieser Stelle davon, dass die Rollen STIMULUS und auch CAUSER in den einzelnen Ansätzen einen sehr unterschiedlichen theoretischen Status haben. Es geht mir allein um die

85 (Brown / Fish 1983: 242) und konnotiert damit im weitesten Sinne eine kausale Relation.40 Einige Autoren halten darüber hinaus einen Teil der KORRELATE in einem engeren Sinne für kausativ. Amritavalli (1980:328), Pesetsky (1987:134; 1995:55s) und Primus (1999a: 70) sprechen von einer Rolle CAUSER, Grimshaw (1990: 22-30) und Van Valin/LaPolla (1997:107) sehen eine kausale Relation zwischen dem KORRELAT als Sachverhalt und dem Sachverhalt: »X empfindet ein Gefühl«. Es stellt sich somit die Frage, ob das KORRELAT grundsätzlich41 oder zumindest ein bestimmter Teil der KORRELATE als URSACHE der Gefuhlsszene anzusehen ist. Dazu ist es erforderlich, das komplexe Problem der Kausalität zu erörtern. In linguistischen und sprachphilosophischen Arbeiten werden zwei Auffassungen von Kausalität vertreten. Die eine sieht Kausalität ausschließlich als Relation zwischen Sachverhalten an (Vendler 1967: 164s; Davidson 1967a: 94s, 1967b; Dowty 1979: 91-99; Van Valin / LaPolla 1997: 107; Engelberg 2000: 329-333), die andere (prioritär) als Relation zwischen Entitäten und Sachverhalten (McCawley [1968] 1976: 157-159; Searle 1983: 112-132; Wunderlich 1997: 34-38; Primus 1999a: 48s). Schließlich wird auch die Ansicht vertreten, dass beide Auffassungen kombinierbar sind (McCawley 1973: 332-334; Talmy 1976: 58; Jackendoff 1983: 176s, 2002: 364; Francis 1989: 255). Die einzelnen Ansätze verfolgen dabei sehr unterschiedliche Erkenntnisinteressen. Liegt das Interesse primär auf der Klassifikation des sprachlichen Materials, so verwundert es nicht, dass semasiologische Argumente einen besonderen Rang einnehmen. So halten etwa Van Valin / LaPolla (1997: 111) Prädikate wie »schreiben« oder »essen« nicht fur Kausativa, weil entsprechende Verben in Sprachen, die über kausative Morphologie verfügen, keine kausativen Affixe aufweisen. Da es mir in diesem Abschnitt um die Entwicklung der Gefühlsszene auf der Ebene des Denkens geht, muss jedoch zwischen Kausalität auf der Ebene der Konzeptualisierung und der sprachlichen Kodierung von Kausalität (»Kausativität«) unterschieden werden.42 Die Auffassung, Kausalität sei eine systematische Relation zwischen Sachverhalten, geht auf David Hume ([1748: Section 7, 2] 1999: 143-147) zurück. Kausalität in diesem Sinne kann etwa mit dem Aufeinandertreffen zweier Billardkugeln illustriert werden. Der verursachende Sachverhalt ist die Bewegung der ersten Kugel. Die erste Kugel trifft auf die zweite, überträgt eine Kraft und wird dadurch abgebremst. Der verursachte Sachverhalt besteht darin, dass die zweite Kugel, die sich im Ruhezustand befunden hat, nach dem Auftreffen in Bewegung gesetzt ist. Ein enger Kausalitätsbegriff setzt entsprechend eine Krafteinwirkung von χ auf y durch einen punktuellen Kontakt voraus, die zu einer Zustandsveränderung sowohl von χ als auch von y führt (cf. Härtl 2001: 123-126).

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mehr oder weniger expliziten semantischen Annahmen, die die Autoren dazu führen, von einem STIMULUS bzw. von einem CAUSER zu sprechen Rozwadowska (1988:159) und Dowty (1991:579) nehmen ein kausatives rollensemantisches Merkmal an. Bereits Descartes ([1644: Art. 51] 1991: 107) sah zwischen den Gefühlen und den Objekten, auf die sie sich beziehen, einen kausalen Bezug: „ces objets sont leurs causes plus ordinaires & principales". Für eine solche Unterscheidung, die in vielen Ansätzen nicht vorgenommen wird, plädiert auch Härtl (2001: 126).

86 Ein anderer, am menschlichen Handeln orientierter Kausalbegriff findet sich bei Kant. Kant ([1787: 560] 1974a: 488) folgt Hume bezüglich der Naturkausalität, unterscheidet aber zwischen der Naturkausalität als „Verknüpfung eines Zustandes mit einem vorigen in der Sinnenwelt, worauf jener nach einer Regel folgt", und Kausalität durch Freiheit als ein „Vermögen, einen Zustand von selbst anzufangen". Folgt man der Kantschen Auffassung von Freiheit, dann ist jede auf einer Willensentscheidung beruhende Handlung eines Menschen kausales Bewirken. Einen entsprechend weiten Kausalitätsbegriff vertritt Primus (1999a: 48s). Nach Primus sind kontrollierte intransitive Aktivitäten, wie »rennen« oder »arbeiten« Kausativa. Engelberg (2000: 202s) kritisiert, dass ein solch weiter Kausalitätsbegriff den freien Willen des Menschen überschätzt. Menschliches Tun erscheine in sehr unterschiedlichem Maße durch den Willen kontrollierbar. Reflexe und Körperfunktionen seien nicht, Husten, Lachen oder Gähnen bedingt, Laufen oder Tanzen prinzipiell willensfähig (cf. ibd.: 207). Prinzipiell willensfähige Ereignisse müssten jedoch nicht notwendig von einer bewussten Willensvorstellung begleitet werden, sondern wären, wie auch beschränkt willensfähige Ereignisse besser durch einen Impuls, einen „sich in subcorticalen Prozessen manifestierende[n] innere[n] Antrieb" (ibd.: 206) zu charakterisieren. Ihre Struktur ist dadurch gekennzeichnet, dass „es ein von χ ausgehendes Impulsereignis e' gibt, das die Handlung e auslöst" (ibd.: 208). Engelberg, dem es darum geht zu begründen, dass Kausalität grundsätzlich als Relation zwischen Ereignissen anzusehen ist, versucht mit dieser Argumentation, den Ereignischarakter der bewirkenden Instanz bei menschlichem Handeln plausibler zu machen. Handle ich impulsiv, so scheint es besser nachvollziehbar, die Handlung als Folge einer Einwirkung auf mich selbst zu begreifen: ich handle nicht einfach, »es« treibt mich vielmehr an, so dass ich handle. Aus Gründen der Beschreibungsökonomie mag es durchaus erstrebenswert sein, eine einheitliche Behandlung aller Kausalitätsrelationen zu erreichen (cf. Jackendoff 1983: 176). Es stellt sich allerdings die Frage, ob dies auch angemessen ist. Primus (1999a: 49) merkt dazu an, dass die Annahme eines bewirkenden Ereignisses im Falle kontrollierten menschlichen Handelns nur auf einem „very eleborate semantic level" nachvollziehbar sei. Searle zufolge ist eine solche Annahme kontraintuitiv: „when I raised my arm I directly experienced the causing: I did not observe two events, the experience of acting and the movement of the arm, rather part of the intentional content of the experience of acting was that that very experience was making my arm go up" (Searle 1983: 123). Auch Engelberg (2000:294) mag die Möglichkeit einer unmittelbaren Verursachung durch ein kontrollierendes AGENS nicht völlig ausschließen, wenn er resümierend festhält, dass „alle Ereignisse, vielleicht abgesehen von bestimmten menschlichen Handlungen, von anderen Ereignissen verursacht sind". Welche Handlungen dies sind, sagt Engelberg allerdings nicht. Wunderlich (1997: 35s) führt ein semasiologisches Argument gegen die Auffassung an, Kausalität sei eine Beziehung zwischen Sachverhalten: kausative Verben würden keine ereignis- oder sachverhaltsbezeichnenden Ausdrücke als Subjekte erlauben. Engelberg illustriert diesen Gedanken mit folgendem Beispiel: (24)

a. Sie leerte die Flasche b. *Ihr Trinken leerte die Flasche c. *Dass sie trank, leerte die Flasche (Engelberg 2000: 329, Beispiel 40)

87 Er weist Wunderlichs Argumentation aber zurück. Es gebe durchaus kausative Verben mit ereignis- oder sachverhaltsbezeichnenden Subjekten: (25) a. Johnny Walker wird ihn noch umbringen b. Das viele Saufen wird ihn noch umbringen c. ?Dass er soviel trinkt, wird ihn noch umbringen (Engelberg ibd., Beispiel 42) Entsprechende Konstruktionen von französisch tuer oder italienisch uccidere scheinen markiert, aber nicht ausgeschlossen.43 Damit ist Wunderlichs Einwand jedoch nicht entkräftet. Eine linguistische Theorie der Kausalität muss erklären können, warum Sachverhalte als Subjekte bei prototypisch kausativen Verben, d. h. bei Verben, die eine physische Einwirkung auf ein Objekt und eine Zustandsveränderung des Objekts bezeichnen, in der Regel gerade nicht erscheinen. Μ. E. kann dies problemlos erklärt werden, wenn man am Kantschen Begriff der Freiheit als Vermögen, einen Zustand von selbst anzufangen, festhält. Entscheidend ist dabei nicht, ob diese Freiheit in einem emphatischen Sinne tatsächlich existiert, sondern dass die Zuschreibimg von Verantwortung in sozialer Praxis impliziert, dass die Möglichkeit, eine Handlung auszuführen oder nicht, als vorrangige Bedingung menschlichen Handelns gilt. Wie Searle (1983: 126-132) argumentiert, ist die Wahrnehmung von Naturkausalität als Beziehung zwischen Sachverhalten ontogenetisch sekundär gegenüber der unmittelbaren Erfahrung intentionaler Kausalität. Ein Kind begreift etwa, dass es mit einem harten und schweren Gegenstand eine Vase zerbrechen kann. Durch Beobachtung erfahrt es dann, dass die gleiche Wirkung auch regelmäßig zustande kommt, wenn ζ. B. ein schwerer Gegenstand auf eine Vase hinabfällt.44 Bei der Versprachlichung solcher Sachverhalte ist die Kontrollierbarkeit ein entscheidender Faktor. Wenn wir im Deutschen (26) Das Kind hat die Vase zerbrochen als unmarkierte Versprachlichung, (27) a. ??Der Stein hat die Vase zerbrochen b. ??Dass der Stein auf die Vase gefallen ist, hat sie zerbrochen aber als stark markierte Versprachlichungen begreifen, so deshalb, weil im Deutschen, wie in vielen anderen Sprachen, ein Großteil kausativer Sachverhalte mit Verben versprachlicht

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Salkoff (2002) fuhrt eine Reihe englischer Verben an, die physische Einwirkungen bezeichnen und ein Subjekt erlauben, das auch einen Sachverhalt referiert: annihilate, asphyxiate, awake, bastardize, beautify, bloat, case-harden, chill, constipate, cripple etc. Bei den Verben, die ein sachverhaltsbezeichnendes Subjekt erlauben, dominieren jedoch eindeutig Gefühlsverben, bzw. »mentale« Verben im weitesten Sinne. Nun können gewiss auch Kausalzusammenhänge in der Natur festgestellt werden, die von den durch intentionales Handeln hervorrufbaren Wirkungen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ völlig verschieden sind. Phylogenetisch ließe sich jedoch argumentieren, dass das Zurückführen von Naturphänomenen auf göttlichen Willen ein entsprechendes Muster der Übertragung menschlichen intentionalen Bewirkens ist.

88 wird, die ein AGENS, verstanden als eine kontrollierende Instanz, fordern und keinen Sachverhalt, dem als solchen nicht die Kontrolle des Verbalgeschehens zugeschrieben werden kann. Halten wir also fest, dass zwei Formen von Kausalität angenommen werden müssen, die nicht aufeinander reduzierbar sind. Eine unmittelbar im willentlichen Handeln zu erfahrende Kausalität, die als eine Relation zwischen einem AGENS und der von ihm ausgelösten Handlung erscheint, und eine durch Beobachtung und Experiment erfassbare Kausalität, die als regelmäßige Beziehung von Sachverhalten in der Natur erscheint. Wenn wir das bisher Gesagte nun auf die Gefühlsszene übertragen wollen, so stehen wir vor einer Reihe von Problemen. Gefühls-KORRELATE sind, so habe ich zuvor argumentiert, grundsätzlich Sachverhalte. Von daher erscheint es fraglich, ob Gefühle durch intentionales Handeln eines anderen hervorgerufen werden können. Vergleichen wir die durch die folgenden Sätze ausgedrückten Sachverhalte: (28)

Peter hat Paul absichtlich umgerannt

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Peter hat Paul absichtlich geärgert

Der erste Satz beschreibt einen Sachverhalt, den Peter vollauf kontrolliert. Es stellt sich die Frage, ob bei dem Sachverhalt, den der zweite Satz beschreibt, die Dinge genauso liegen. Primus (2004: 3 9 4 ) geht davon aus, dass der STIMULUS in Sachverhalten, wie dem in Beispiel (28) bezeichneten, „Kontrolle über den psychischen Zustand" hat. Tatsächlich ist es so, dass Peter sein Handeln, mit dem er die Absicht verfolgt, Hans zu ärgern, kontrollieren kann. Ob er den psychischen Zustand, Pauls Ärger, jedoch tatsächlich hervorruft, entzieht sich letztlich seiner Kontrolle. Ist Paul ein äußerst selbstbeherrschter Mensch, mag Peter tun, was er will, es wird ihm nicht gelingen, ihn zu ärgern. Gefühle sind, wie bereits gezeigt, durch ein zumindest geringes Maß an Kontrolle durch den EMPFINDUNGSTRÄGER gekennzeichnet und deshalb in letzter Instanz durch intentionales Handeln eines anderen nicht hervorzurufen. Jedoch variiert der Wahrscheinlichkeitsgrad, durch ein bestimmtes Handeln bei einem anderen Menschen ein Gefühl auszulösen, j e nach Gefühl erheblich. Es erscheint weitaus leichter, jemanden durch ein bestimmtes Verhalten zu ärgern, als etwa zu erreichen, dass er sich verliebt. Auf solche Unterschiede wird bei der Analyse einzelner Gefühle näher einzugehen sein. Wenn wir an der Analyse des KORRELATS als eines Sachverhalts festhalten, so stellt sich die Frage, inwieweit die Relation zwischen dem KORRELAT und dem Gefühl als Eigenschaft des EMPFINDUNGSTRÄGERS mit einer prototypischen Kausalrelation zwischen Sachverhalten, wie wir sie am Beispiel der Billardkugeln betrachtet haben, vergleichbar ist. Härtl (2001: 161) betont, dass zwischen dem EMPFINDUNGSTRÄGER und dem KORRELAT (Härtl spricht von EXPERIENCER und STIMULUS) ein abstrakter Kontakt durch Sinneswahrnehmung besteht, der mithin dem physischen Kontakt der Kugeln analog wäre. Dagegen ist keinerlei Krafteinwirkung des STIMULUS auszumachen, und dieser erfahrt, anders als die Billardkugel, wenn sie auf die zweite trifft, auch keine Zustandsveränderung. Ferner sind Gefühlssachverhalte durch einen zeitlich ausgedehnten Kontakt zwischen STIMULUS und EXPERIENCER gekennzeichnet (cf. ibd.: 158s). Härtl (ibd.: 125) hatte einen punktuellen Kontakt, wie er im Aufprallen zweier Billardkugeln besteht, als ein notwendiges Kriterium für Kausalität im engeren Sinne angesehen. Dies erscheint nun äußerst fraglich, weil auch das dauerhafte Aufrechterhalten eines Zu-

89 standes als Kausalrelation gefasst werden kann 45 Auch hinsichtlich der Krafteinwirkung ist Härtls Argumentation nicht zwingend. Warum soll ein »abstrakter« Kontakt durch Sinneswahrnehmung, nicht auch als »abstrakte« Krafteinwirkung auf die Sinnesorgane angesehen werden? Tatsächlich fuhrt Searle (1983: 119)46 visuelle Sinneswahrnehmung neben intentionalem Handeln als einen zweiten Fall unmittelbarer Kausalitätserfahrung an. Sinneswahrnehmung erscheint im Vergleich zum Handeln als gewissermaßen spiegelbildliche Kausalitätserfahrung des intentionalen Subjekts. Nicht das Subjekt begreift sich als bewirkendes, es erfahrt sich vielmehr als kausal affiziert (cf. ibd.: 122). Der Parallelismus bei ungekehrter Orientierung, auf den Searle abstellt, erweist sich jedoch bei näherer Betrachtung als unhaltbar. Selbstverständlich gehört, wie Searle ausführt (ibd.: 119), die Existenz eines wahrgenommenen Objekts zu den Wahrheitsbedingungen der Wahrnehmung, doch ebenso erfordert Handeln die Existenz eines Objektes (und sei dies mein eigener Körper), das eine Zustandsveränderung erfährt. Entscheidend fur das Vorliegen einer Kausalrelation bei intentionalem Handeln ist die Erfahrung der Sachverhaltskontrolle. Dem entspricht jedoch keine Erfahrung des Kontrolliertseins durch wahrgenommene Objekte. Sinneswahrnehmung ist vielmehr, wie Bossong (1998: 261) zurecht betont, durch eine gewisse, wenn auch im Vergleich zum willentlichen Handeln geringere Kontrolle auf Seiten des Wahrnehmenden gekennzeichnet. Ich kann Sinneswahrnehmung bis zu einem gewissen Grade verhindern oder herbeifuhren, ich kann selektiv wahrnehmen. Sinneswahrnehmung ist im Kantschen Sinne eine Syntheseleistung des wahrnehmenden Subjekts und nicht abschließend durch das Wahrgenommene selbst determiniert.47 Searles Ansatz führt deshalb weder bei Wahrnehmungssachverhalten noch bei Gefühlssachverhalten weiter. Vergleichen wir Naturkausalität, die durch Beobachtung zugänglich ist, und Gefühlswahrnehmung, so zeigt sich ein grundsätzlicher Unterschied. Beobachtete Kausalrelationen sind als Hypothesen grundsätzlich irrtumsfähig. Ebenso sind, wie sich etwa am Beispiel Phantomschmerzen zeigen lässt, die physiologischen Ursachen von Schmerz irrtumsfähig (cf. Brentano ([1874] 1955: 119s). Hinsichtlich der Relation zwischen einem Gefühl und seinem K O R R E L A T kann dagegen kein Irrtum bestehen. Wenn ich mich über etwas ärgere, so ist es ebenso ausgeschlossen, dass ich mich eigentlich gar nicht ärgere, wie dass ich mich in Wirklichkeit über etwas anderes ärgere 48 Ich kann zwar Gefühle vortäuschen und

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Searle zufolge (1983:116) kann auch Gravitation als kausale Relation betrachtet werden. „My visual experience is typically caused by an encounter with some object in the world" (Searle 1983: 119). Pinker (1989:142) kommt zu dem Ergebnis, dass bei visueller Wahrnehmung in kognitiv plausibler Weise sowohl der Wahrnehmende als auch das wahrgenommene Objekt als Ursache der Wahrnehmung konzeptualisiert werden könnten. Dies heißt jedoch, dass es sich bei der visuellen Wahrnehmung Überhaupt nicht um eine Kausalrelation im engeren Sinne handelt. Zwei bei Nissenbaum (1985: 74s; 149s) ausführlich diskutierte Fälle von »IiTtum« erweisen sich bei näherer Betrachtung als irrelevant. Ich kann mich Uber meinen Nachbarn ärgern, weil ich glaube, er habe beim Einparken mein Auto beschädigt. Dass der Schaden tatsächlich von einem anderen Fahrer verursacht wurde, bedeutet nicht, dass ich hinsichtlich meines Ärgers im Irrtum bin. Gleiches gilt, wenn der dem KORRELAT zugrundeliegende Sachverhalt nur in der Einbildung des EMPFINDUNGSTRAGERS existiert. Selbst wenn mein Freund Selbstmord begangen hat, kann ich

90 auch fälschlich behaupten, etwas habe meinen Ärger ausgelöst, aber täuschen kann ich mich nicht. Härtl (2001: 161) ist insofern zuzustimmen, als Gefuhlssachverhalte nur in einem weiteren Sinne Kausalrelationen sind.49 Welcher Partizipant, der EMFINDUNGSTRÄGER oder das KORRELAT, vorrangig für den Gefühlssachverhalt ursächlich erscheint, ist eine Frage der Zuschreibung. In der psychologischen Forschung ist die Zuschreibung kausaler Verantwortung für einen Sachverhalt seit längerer Zeit unter dem Stichwort implicit verb causality untersucht worden.50 Als grundlegende Arbeiten können Brown/Fish (1983) und Au (1986) angesehen werden.sl Es handelt sich um einen semasiologischen Ansatz, in dem die Unterschiede der Kausalitätszuschreibung bei vier Verbklassen untersucht werden: AGENSPATIENS-Verben {cheat, slander), Reaktionsverben (answer, praise),52 SE-Verben (love, admire) und OE-Verben (surprise, disappoint). Bei den untersuchten Verben handelt es sich ausschließlich um Transitiva. Subjekt und Objekt referieren stets auf Personen (cf. Rudolph/Försterling 1997: 193). Globales Ergebnis der Studien ist, dass im Englischen, wie auch in verschiedenen anderen Sprachen, das als Subjekt realisierte Argument der AGENS-PATIENS-Verben und der OEVerben sowie das als Objekt realisierte Argument der Reaktionsverben und SE-Verben in signifikant höherem Maße als Verursacher des Sachverhaltes angesehen wird (cf. ibd.: 201s).« Dieses Ergebnis wird, so Rudolph / Försterling (ibd.: 204-207), gemeinhin mit der auf Kelley (1967; 1972) zurückgehenden Kovariationstheorie erklärt. Dieser Ansatz unterscheidet, ob die Verbalhandlung mit dem als Subjekt- oder Objekt realisierten Argument kovariiert, d. h. durch seine Partikularität bedingt ist. Hinsichtlich des als Subjekt realisierten Arguments wird gefragt, ob viele oder wenige Personen eine entsprechende Handlung vornähmen bzw. sich in einem entsprechenden Gefühlszustand befänden (Konsens). Hinsichtlich des als Objekt realisierten Arguments wird gefragt, ob viele oder wenige Personen

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jemanden als den vermeintlichen Mörder meines Freundes hassen, ohne hinsichtlich meines Hassgefiihls an sich im Irrtum zu sein. Allerdings bezeichnet Härtl (2001: 191) Verben des »Verblüffens« oder »Erschreckens« als „Kausative im herkömmlichen Sinne". Kriterium hierfür ist offenbar, dass diese einen punktuellen Zustandswechsel bezeichnen. Unabhängig davon, ob punktueller Kontakt überhaupt ein notwendiges Kriterium für eine Kausalrelation ist, es handelt sich jedenfalls nicht um ein hinreichendes Kriterium. Sachverhalte des »Verblüffens« oder »Erschreckens« unterscheiden sich vielleicht hinsichtlich der Punktualität des Kontaktes von anderen Gefühlssachverhalten, nicht jedoch, um Härtls eigene Kriterien zu nennen, hinsichtlich der Krafteinwirkung oder Zustandsveränderung des STIMULUS.

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Siehe den ausführlichen Forschungsüberblick und die Bewertung der bisherigen Forschungsergebnisse bei Rudolph / Försterling (1997). Spätere Studien beziehen sich in der Regel auf die bei Brown / Fish (1983) und Au (1986) untersuchten Verben und bestätigen bei Anwendung weiterer Tests auch weitgehend deren Untersuchungsergebnisse (cf. Rudolph / Försterling 1997: 214). Diese Klasse wurde von Au (1986) erstmals berücksichtigt. Es ist allerdings einzuwenden, dass die Kausativität der Verben nicht getestet, sondern vorausgesetzt wird. Den Testpersonen wird suggeriert, eines der beiden Argumente als ursächlich anzusehen.

91 von der entsprechenden Handlung betroffen seien oder sie evozieren könnten (Distinktion). Bei hohem Konsens und hoher Distinktion ist das Verbalgeschehen durch das Objektargument bedingt, bei geringem Konsens und geringer Distinktion durch das Subjektargument. Im Bezug auf die vier Verbklassen ergibt sich nun für die genannten AGENS-PATIENSVerben und die OE-Verben, dass wenige Personen potentiell viele andere betrügen, verleumden, überraschen oder enttäuschen (geringer Konsens, geringe Distinktion). Andererseits zeigt sich bei den genannten Reaktionsverben und SE-Verben, dass wenige Personen bewunderungswürdig, liebens- oder lobenswert sind (hohe Distinktion), wenn dies der Fall ist, jedoch potentiell von vielen Personen bewundert, geliebt oder gelobt werden (hoher Konsens).54 Rudolph / Försterling (1997: 207) betonen, dass die Kovariationstheorie in verschiedenen Studien durch empirische Tests bestätigt worden ist. Eine gewisse Skepsis hinsichtlich der Ergebnisse insbesondere bei den Handlungssachverhalten scheint mir allerdings angebracht. Dass negativ bewertete Handlungen wie »betrügen« oder »verleumden« potentiell nur von wenigen Personen ausgeführt werden sollen, mag von normativen moralischen Wertvorstellungen nicht unabhängig sein.55 Die Ergebnisse hinsichtlich der Gefühlssachverhalte bestätigen jedoch im Grunde nichts anderes als die Kantsche These der „subjektive[n] Notwendigkeit" von Gefühlen, „die unter der Voraussetzung eines Gemeinsinnes als objektiv vorgestellt wird" ([ 2 1793] 1974b: 158). Gefühle werden als allgemein menschliche Charakteristika angesehen, die »konsensfähig« sind, insofern als sie von einer unbestimmt großen Zahl von Menschen in spezifischen Situationen empfunden werden, ohne dass hierzu eine objektive Notwendigkeit besteht. Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Zuwendung lösen in der Regel Freude aus, der Verlust eines geliebten Menschen dagegen Trauer. Wenn jemand, dem Gutes widerfährt, Freude empfindet, so schreiben wir dies nicht einer besonderen Disposition zu. Dies würden wir aber ggf. bei einer unerwarteten Gefühlsreaktion tun.56 Herrscht hinsichtlich der im Rahmen des Implicit-verb-cansality-Ansatzes aufgezeigten Fakten weitgehend Einigkeit, so zeigen sich bei der Bewertung dieser Fakten erhebliche Unterschiede. Härtl (2001: 165) vertritt die Ansicht, dass der STIMULUS aufgrund der Ergebnisse als »ereignisintrinsischer« Verursacher angesehen werden muss, der jedem Gefühlssachverhalt inhärent ist. Nur in spezifischen Fällen, d. h. bei besonderen Dispositionen, kann der EXPERIENCER als «ereignisextrinsischer» Verursacher konzeptualisiert werden. Nach Primus (2004: 393) ist dagegen der EXPERIENCER ein „direkt beteiligter kausativer Faktor", der STIMULUS werde bei SE-Verben lediglich aufgrund seiner größeren Infor-

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»Antworten« scheint für die Kovariationstheorie ein wenig aussagekräftiger Fall. Es mag vielleicht soziale Gruppen geben, in denen das Betrügen gewisser nicht zu diesen Gruppen gehörender Personen allgemein üblich ist (hoher Konsens, hohe Distinktion). Dieser Aspekt ist unter dem Stichwort »Balanciertheit« systematisch untersucht worden. Eine Gefühlsszene erscheint »balanciert«, wenn ein zur Begründung angeführter positiver Sachverhalt einem positiven, bzw. ein negativer Sachverhalt einem negativen Gefühl entspricht. Kommt es hier zu einem Widerspruch, ist die Gefühlsszene »unbalanciert« und das Gefühl wird als besondere Disposition des EMPFINDUNGSTRAGERS angesehen. Ζ. B. wird bei i. Die Popstars faszinieren die Mädchen, weil sie geistlos sind, die Geistlosigkeit den Mädchen und nicht den Popstars zugeschrieben (cf. Härtl 2001: 165s).

92 mativität von den Testpersonen als Versucher genannt. Es bestehe eine Parallele zwischen den von SE-Verben und den von Reaktionsverben bezeichneten Sachverhalten: Bei Interaktionsverben (ζ. B. helfen,51 loben), bei denen ein Agens auf eine implizite Handlung eines anderen Partizipanten reagiert, gilt die statisch höhere Kausalzuschreibung dem Interaktionspartner (ζ. B. dem Gelobten) und nicht dem Agens (ζ. B. dem Lobenden). Dies ist ein überraschender, für psychische Verben zu wenig beachteter Befund, weil der Agens ein direkt beteiligter Verursacher ist: er erfüllt die spezifischen notwendigen Bedingungen für das vom Verb denotierte Geschehen, ζ. B. Wille, Kontrolle, Verantwortung, Fähigkeit und verbspezifische Aktivität (so kann ζ. B. nur die Aktivität des Agens, nicht jedoch die des Interaktionspartners als loben bezeichnet werden). Dass in den Experimenten dennoch nicht dem Agens, sondern dem Interaktionspartner die Verursachung oder Verantwortlichkeit häufiger zugesprochen wird, bestätigt Erklärungsmodelle, wonach bei Kausalzuschreibungen der außergewöhnliche, informativere kausale Faktor bevorzugt genannt wird. (Primus 2004: 392s). Als Ergebnis dieses Abschnittes möchte ich folgendes festhalten: Die Relation zwischen d e m EMPFINDUNGSTRÄGER u n d d e m KORRELAT ist a n u n d f ü r s i c h k e i n e K a u s a l r e l a t i o n .

Eine naturgesetzliche Sachverhaltsrelation, in der eine Kraftübertragung und damit eine Veränderung zweier Entitäten erfolgt, ist nicht gegeben. Ebenso wenig sind Gefühle grundsätzlich als kontrollierte Wirkungen intentionalen Handelns anzusehen. Vielmehr kommt dem EMPFINDUNGSTRÄGER eine gewisse, aber nicht für eine Kausalitätserfahrung hinreichend große Kontrolle zu. Ich kann meine eigenen Gefühle nicht willentlich hervorrufen. Ein anderer kann durch intentionales Handeln versuchen, gewisse Gefühle in mir auszulösen, jedoch bleiben die Erfolgsaussichten solchen Handelns prekär, so dass grundsätzlich nicht von einem kausalen Konnex gesprochen werden kann. Bei einzelnen Gefühlsszenen mag ein solches Handeln erfolgversprechender sein als bei anderen, so dass diese analog intentionalen Kausalrelationen konzeptualisiert werden können. Genauso ist bei geringer Kontrolle des EMPFINDUNGSTRÄGERS an eine naturkausalitätsanaloge Konzeptualisierung des KORRELATS zu denken. Das KORRELAT stellt dann einen Sachverhalt dar, der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, also gleichsam zwingend, ein bestimmtes Gefühl auslöst.

3.1.4 Ursachen, Bezugspunkte und »finale« Korrelate Die mit der Bestimmimg des KORRELATS als Gefühls-URSACHE verbundenen Probleme, haben einige Autoren zu einer im weitesten Sinne »finalistischen« Definition des KORRELATS geführt. Bei Pesetsky (1995: 55) und Van Valin / LaPolla (1997: 115) wird ein Teil der KORRELATE n i c h t a l s STIMULUS o d e r CAUSER, s o n d e r n a l s TARGET a n g e s e h e n . J o h n s o n -

Laird / Oatley (1989: 102) sprechen von „emotional goals", sehen diese jedoch auf diejenigen Gefühle beschränkt, die ein Begehren implizieren, ζ. B. »Neid«, »Sehnsucht« oder »Gier«. Der Partizipantenrolle TARGET entspricht dagegen eine abstraktere Vorstellung: Mit der Unterscheidung zwischen einem CAUSER und einem TARGET lassen sich nicht bestimmte Arten von Gefühlen abgrenzen, sondern unterschiedliche Möglichkeiten der Konzeptio57

Rudolph / Försterling (1997: 206) führen help als AGENS-PATIENS-Verb an, bei d e m mehrheitlich

Kausalzuschreibung zum Agens erfolgt.

93 nalisierung des KORRELATS ein und desselben Gefühls. Allerdings wird sich im Laufe der Argumentation zeigen, dass die Zahl der (möglichen) Partizipanten der Gefühlsszene höher ist als bisher angenommen. Es stellt sich nämlich nicht allein die Frage, ob das KORRELAT kausal oder final zu interpretieren ist. Vielmehr kann eine Entität oder ein Sachverhalt als ursächlich für die Gefühlsszene angesehen werden, ohne dass diese mit dem KORRELAT gleichzusetzen sind. Kenny (1963: 71), der in der linguistischen Literatur als Urheber der Unterscheidung zwischen CAUSER und TARGET genannt wird (cf. Pesetsky 1995: 56; Bouchard 1995b: 263), hatte sich auf eine Stelle bei Wittgenstein berufen, um zu verdeutlichen, dass ein KORRELAT nicht notwendigerweise als URSACHE eines Gefühls angesehen werden muss. Bei Wittgenstein heißt es: Es ist zu unterscheiden zwischen dem Gegenstand der Furcht und der Ursache der Furcht. So ist das Gesicht, das uns Furcht, oder Entzücken, einflößt (der Gegenstand der Furcht, des Entzückens) darum nicht ihre Ursache, sondern - man könnte sagen - ihre Richtung. (Wittgenstein [1952: PU I: 476] 1984:426s). In der englischen Fassung der Philosophischen Untersuchungen, die Kenny (1963: 71) zitiert, steht für „Richtung"58 target. Gleichwohl verwenden sowohl Wittgenstein als auch Kenny im weiteren den Ausdruck Gegenstand des Gefühls (object of emotion) in Abgrenzung zur Ursache des Gefühls. Der Terminus target wird nicht wieder aufgegriffen. Kenny (1963: 71) betont zurecht, dass Wittgenstein bei seiner Unterscheidung zwischen Gegenstand und Ursache darauf hinaus will, dass nicht der gegenwärtige Anblick eines Gesichts Furcht oder Entzücken verursacht, sondern zurückliegende Erfahrung.59 Damit wird bereits deutlich, dass die Rollen CAUSER und TARGET an zwei grundsätzlich verschiedene Entitäten bzw. Sachverhalte vergeben werden können. Verärgerung, so Kenny (ibd.: 74s), kann sich auf eine Nichtigkeit beziehen und eigentlich physiologische Gründe (Hunger oder Schmerzen) haben. Ebenso kann Erheiterung durch Trunkenheit verursacht sein. Der EMPFINDUNGSTRÄGER mag sich (im Gegensatz zu einem Beobachter) der Ursachen nicht bewusst sein, der KORRELATE hingegen ist er sich stets bewusst (ibd.: 75). Mehr noch: hinsichtlich der vermeintlichen Ursache ist Irrtum möglich. Ich kann es im Zustand der Trunkenheit allein meinem Alkoholkonsum zuschreiben, dass mich eine Anekdote erheitert, und finde sie dann nüchtern betrachtet noch genauso witzig. Nichtsdestoweniger sind physiologische Zustände wie Trunkenheit nicht auf naturgesetzliche Weise für bestimmte Gefühle ursächlich, sondern allein aufgrund von Zuschreibung. Ich mag sie bis zu einem gewissen Grad für ein Gefühl verantwortlich machen und dann in einer Analogie zu einer naturgesetzlichen Verursachung auf eine Einwirkung auf den EMPFINDUNGSTRÄGER abstellen. Bei einem naturgesetzlichen Konnex zwischen, sagen wir, einer Droge und einem bestimmten in keiner Weise mehr kontrollierbaren Verhalten, würden wir dieses Verhalten nicht mehr als Gefühlsausdruck ansehen. 58 59

Wie gezeigt, spricht bereits Brentano ([1874] 1955: 124s) von einer „Richtung auf ein Objekt". Nissenbaum (1985:65s) hebt in ihrer Analyse der entsprechenden Passagen hervor, dass der Gegenstand eines in die Zukunft gerichteten Gefühls, wie Angst oder Sorge nicht in einer Kausalkette dem Gefühl vorangehen kann.

94 Durch Kennys Argumentation zur Unterscheidung von Ursache und Objekt ist noch einmal deutlich geworden, dass eine im weitesten Sinne kausalistische Bestimmung des KORRELATS, wie sie die semantische Rolle STIMULUS suggeriert, inadäquat ist. Im vorherigen Abschnitt hatten wir gesehen, dass KORRELATE nicht als URSACHEN von Gefühlen angesehen werden können, sondern lediglich unter bestimmten Umständen dem KORRELAT als Sachverhalt oder einzelnen Entitäten, die diesen Sachverhalt konstituieren, Ursächlichkeit zugeschrieben werden kann. Umgekehrt sind aber nicht alle aus der Beobachterperspektive zugeschriebenen URSACHEN auch KORRELATE. Nicht-bewusste Ursachen stehen in keiner Intentionalitätsrelation zum EMPFINDUNGSTRÄGER und sind daher keine KORRELATE. Kenny betont allerdings, dass derselbe Sachverhalt als URSACHE und KORRRELAT eines Gefühls angesehen werden kann, und zwar insbesondere dann, wenn der EMPFINDUNGSTRÄGER sich der URSACHE seines Gefühls bewusst ist: It may happen on occasion that a single state of affairs is both object and cause of the same emotion; for while a man need not know the cause of his emotion, he may do so. Thus, when a man feels depressed because of his failing health, his debility is both the object and the cause of his feeling of depression. (Kenny 1963: 75). Pesetsky (1995: 57s) zeigt dagegen, dass die Frage, ob sich der EMPFINDUNGSTRÄGER der URSACHE bewusst ist, nicht als Kriterium dienen kann, die URSACHE auch als KORRELAT anzusehen. Es sei kein Widerspruch zu sagen: (30) Mary's poor health worried John, but John did not worry about Mary's poor health (Pesetsky 1995: 58, Beispiel 161b) John könnte, so Pesetsky (ibd.), eine Epidemie fürchten, selbst wenn die Gesundheit von Mary für ihn ohne Belang wäre. In diesem Sachverhalt wäre Mary 's poor health die URSACHE, die Epidemie, die im sprachlichen Ausdruck nicht erscheint, dagegen das KORRELAT des Gefühls. Bei Wittgenstein und Kenny bleibt recht dunkel, was genau unter der Ausrichtung eines Gefühls zu verstehen ist. In ihren Beispielen stellen sie lediglich auf Fälle ab, in denen eine (nicht bewusste) Ursache vom Gegenstand des Gefühls unterschieden werden kann. Die Art der Bezugnahme auf das KORRELAT wird nicht untersucht. Pesetskys Ausführungen führen hier weiter. Er unterscheidet zwischen TARGET und SUBJECT MATTER OF EMOTION, grenzt allerdings beide Arten des Gegenstandsbezugs jeweils nur gegen die Verursachungsrelation ab, so dass ihr spezifischer Unterschied indirekt aus seinen Ausführungen gewonnen werden muss. 60 Das ausschlaggebende Abgrenzungskriterium liegt dabei auf der Seite des 60

Arad (1996: 4) wendet sich grundsätzlich gegen eine feinere Abgrenzung von Partizipantenrollen zum Zwecke der Erklärung des Linking-Verhaltens: „One could invoke finer-grained semantic distinctions (as does Pesetsky 1995 when motivating the roles Target and Subject Matter), but it can never be proved that these are indeed the manifestations of a distinct role, rather than correlations between other (possibly pragmatic) factors". Arad weist zurecht auf die Gefahr hin, Rollen ad hoc einzuführen, auch wenn ihr Einwand Pesetsky in zweifacher Hinsicht nicht trifft. Erstens ist seine Unterscheidung zwischen TARGET und SUBJECT MATTER in seinem Ansatz nicht linking-relevant, sondern allein die Abgrenzung dieser Rollen gegenüber der Rolle CAUSER. Zweitens leistet

95 EMPFINDUNGSTRÄGERS. Die TARGET-Rolle setzt, so Pesetsky (1995: 56), im Gegensatz zur Verursachung eine emotionsspeziiische Evaluation voraus. Wenn ich mich über etwas ärgere, jemanden liebe oder in Wittgensteins Beispiel furchte, dann bewerte ich das KORRELAT als ärgerlich, liebenswert oder gefährlich. Die SUBJECT MATTER Rolle beschreibt dagegen eine andere Art von Bezug. Pesetskys Beispiele sind hier nicht sehr klar. In (31)

John worried about the television set (Pesetsky 1995:57, wieder aufgenommenes Beispiel 36a)

sei der Fernseher SUBJECT MATTER. John könnte etwa furchten, dass der Fernseher herunterfällt, oder in Brand gerät (cf. ibd.). In (32)

The television set worried John (Pesetsky ibd., wieder aufgenommenes Beispiel 36b)

stünde der Femseher dagegen lediglich am Anfang einer Kausalkette, die Beunruhigung über etwas ganz anderes auslösen könnte: „John could be a detective. Seeing the television set in a suspects's living room sets off a chain of worries: for example, »What would a completely blind man be doing with a fancy television set?«" (ibd.). Allerdings seien die Rollen, wie Pesetsky betont, nicht ohne logischen Bezug. Während, wie schon erwähnt, Pesetskys zufolge in seinem Beispiel 161b kein Widerspruch besteht, ist sein Beispiel 161a sehr wohl widersprüchlich: (33)

a. Mary's poor health worried John, but John did not worry about Mary's poor health (Pesetsky ibd. Beispiel 161b) b. John worried about Mary's poor health, but Mary's poor health did not worry John (ibd. Beispiel 161a)

Daraus scheint nun zu folgen, dass ein Argument mit der Rolle SUBJECT MATTER im weiteren Sinne auch als URSACHE des Gefühls gelten kann, denn ein Sachverhalt, dem die Rolle SUBJECT MATTER zukommt, muss offenbar auch als CAUSER angesehen werden. Pesetsky möchte der Rolle SUBJECT MATTER jedoch gerade jeden kausalen Charakter absprechen und vertieft deshalb diesen Gedanken nicht. Bei der Betrachtung weiterer Beispiele zeigt sich allerdings, dass die behauptete logische Implikation nicht besteht. Im folgenden Beispiel, in dem Pesetsky die Kinder im ersten Satz als SUBJECT MATTER im zweiten als CAUSER ansehen müsste, besteht kein logischer Widerspruch: (34)

Die Mutter fürchtet um ihre Kinder, aber die Kinder ängstigen die Mutter nicht

Von einer generellen logischen Implikation kann also nicht gesprochen werden. Kehren wir zur Abgrenzung von SUBJECT MATTER und TARGET zurück. Es lässt sich aus Pesetskys Ausführungen schließen, dass die Beunruhigung, ζ. B. über den Fernseher keine emotionale Bewertung des Femsehers als solchem impliziert. Im Beispiel:

Pesetsky durchaus zumindest Ansätze für eine semantisch motivierte Bestimmung der Rollen. Durch die Analyse kognitiver Szenen motivierte Partizipantenrollen sind, wie sich zeigen wird, keineswegs willkürlich, so dass Arads grundsätzliche Kritik an solchen Rollen zurückgewiesen werden kann.

96 (35) John worried about Mary's poor health (Pesetsky 1995: 57) scheint dies allerdings weit weniger eindeutig. Wenn John sich um Marys schlechte Gesundheit sorgt, so scheint die Gesundheit selbst bewertet, auch wenn John noch eine weitere Verschlechterung fürchtet. Als weiteres Beispiel führt Pesetsky folgenden Satz an: (36) John is bored with the problem of lexical entries (Pesetsky ibd., wieder aufgenommenes Beispiel 40a) Der Satz impliziere, dass John ein vorab bestehendes Interesse an dem Thema verloren habe (ibd.) und damit, so will Pesetsky wohl sagen, das Problem der lexikalischen Einträge nicht an und für sich als langweilig bewerte. Die Argumentation ist wenig überzeugend. Unabhängig davon, ob John vorab an dem Thema interessiert war, nunmehr bezieht die Langweile sich auf nichts anderes als auf das genannte Problem. Der Unterschied, auf den Pesetsky mit seiner Unterscheidung zwischen TARGET und SUBJECT MATTER abzielt, wird deutlicher, wenn wir die Sätze: (37) a. Die Mutter fürchtet ihre Kinder b. Die Mutter furchtet um ihre Kinder vergleichen. Während im ersten Satz die Mutter die Kinder fur gefährlich hält, sich die Furcht der Mutter also auf die Kinder selbst richtet, hält sie die Kinder im zweiten Satz für gefährdet. Die Kinder sind ein BEZUGSPUNKT, über den ermittelt werden kann, worauf sich die Furcht richtet. Das Worauf der Furcht erscheint dabei das emotionsspezifisch Bewertete. Während die Furcht notwendig auf ein vom EMPFINDUNGSTRÄGER unterschiedenes Worauf bezogen ist, das als gefährlich bewertet wird, liegt das Worum der Furcht in der Regel in der Person des EMPFINDUNGSTRÄGERS und bedarf keiner gesonderten Bewertung. Es zeigt sich, dass der BEZUGSPUNKT (SUBJECT MATTER) nicht eine bestimmte Art von KORRELAT ist, das dem KORRELAT als TARGET gleichgeordnet wäre. Auf der konzeptuellen

Ebene ist zwischen dem KORRELAT als Gegenstand einer gefühlsmäßigen Bewertung und dem BEZUGSPUNKT als möglicher weiterer Partizipantenrolle der Gefühlsszene zu unterscheiden. Wie schon am Beispiel »Furcht« deutlich geworden ist, können sich TARGET und SUBJECT MATTER auf unterschiedliche Entitäten beziehen. Sprachlich zeigt sich dies auch darin, dass sie, wie Pesetsky betont, als Konstituenten61 ein und desselben Verbs auftreten können: (3 8) What Mary hates about Sue is her stubbornness (Pesetsky 1995: 63, Beispiel 180d) Sue ist hier SUBJECT MATTER, ihre Halsstarrigkeit das bewertete KORRELAT, auf das sich das Gefühl bezieht. Das Beispiel verdeutlicht auch, dass der BEZUGSPUNKT des Gefühls anders als das KORRELAT keinen Sachverhaltscharakter haben muss, sondern als Partizipantenrolle einer Entität zugeordnet werden kann. Die Rolle BEZUGSPUNKT erscheint im übrigen auch 61

Über den Aktantenstatus von about Sue kann gestritten werden. Vermandere (2002: 48-59) zieht ihn in Zweifel. An dieser Stelle soll dies nicht vertieft werden, da die Abgrenzung von Partizipantenrollen unabhängig ist von Frage nach der maximalen Argumentenzahl eines Prädikats und der Abgrenzung von Aktanten und Zirkumstanten. Siehe aber dazu Kapitel 4.

97 bei anderen intentionalen Relationen und ist insofern nicht auf die Gefühlsszene beschränkt: (39) a. Mir fällt an Maria eine gewisse Unruhe auf b. Peter denkt Uber Paul, dass er ein Idiot sei c. Peter wünscht Paul, dass er die Prüfung besteht

Ich habe die Abgrenzung der Partizipantenrollen

URSACHE, KORRELAT

und

BEZUGSPUNKT

auf der Grundlage von Pesetskys Unterscheidung zwischen CAUSER, TARGET und SUBJECT

erörtert, da Pesetskys Arbeit und die von ihm geprägten Namen der Partizipantenrollen in der linguistischen Diskussion über Gefühlsverben vielfach zitiert worden sind. Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass sich im philosophischen Kontext eine ganz ähnliche Unterscheidung bereits bei Nissenbaum (1985) findet.62 Nissenbaums Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass die heterogenen Objekte, auf die sich Gefühle beziehen - Personen, Sachen, aber auch gegenwärtige, zukünftige oder vergangene Sachverhalte63 - sich nicht durch einen einheitlichen Begriff der Objektausrichtung erfassen lassen (cf. 1985: 3s). Mit Kenny und Wilson (1972) weist sie eine kausale Interpretation des Objektbezugs zurück, um schließlich einen Großteil der Objekte unter dem Schlagwort „focus of emotion" zu bestimmen. Die Fokus-Relation64 wird dabei als eine Relation unter mehreren angesehen, die eine Gefühlsszene Nissenbaum spricht von „emotional episode" - charakterisieren: MATTER OF EMOTION

An emotional episode may include a special type of relation between the one having the emotion and an item in the world: a person or group of persons, an inanimate item, or an event or a state of affairs - in other words, the concrete items of our common sense world [...] Emotion and item are related as a result of the item's being the emotion's focus. (Nissenbaum 1985: 72).

Gefühle, deren Relata nicht oder noch nicht existieren, seien dagegen nicht fokussiert. Dies gelte sowohl für die Fälle bloß vorgestellter Objekte und Sachverhalte, als auch für die bereits diskutierten Fällen der Objektverfehlung: Ich ärgere mich zum Beispiel fälschlich über jemanden, obwohl in Wirklichkeit eine ganz andere Person für den Anlass des Ärgers verantwortlich ist (cf. ibd.: 149s). Oder aber der Anlass meines Gefühls ist inexistent: mein Freund, dessen vermeintlichen Mörder ich hasse, hat tatsächlich Selbstmord begangen (cf. ibd.: 74s).

62

Pesetsky (1995: 56) erwähnt Nissenbaums Arbeit, nutzt sie jedoch trotz der offensichtlichen Parallelen in Nissenbaums Argumentation nicht zur Bestimmung seiner semantischen Rollen

63

Zur Illustration wählt Nissembaum (ibd.) SE-Verben, wie love, regret, dread, fear oder loathe sowie adjektivische Prädikate wie angry with oder proud of. Der Terminus focus erscheint aus sprachwissenschaftlicher Sicht unglücklich, da er bereits auf der Ebene der Informationsstruktur für den Informationsschwerpunkt verwendet wird. Wie bei dem Terminus Thema käme es somit leicht zur Verwechselung der rollensemantischen und der informationsstrukturellen Ebene. Ich ersetze deshalb focus durch den bereits eingeführten Terminus Bezugspunkt.

CAUSER, TARGET Und SUBJECT-MATTER OF EMOTION.

64

98 Meines Erachtens ist die tatsächliche Existenz der Relata irrelevant, was die Bestimmung der Partizipantenrollen der Gefühlsszene betrifft. Nicht nur das subjektive Gefühlsempfinden, sondern auch das interpersonelle Gefiihlsverhalten scheint von der Existenz der Relata vollkommen unabhängig. Meine Belustigung mag durchaus die gleiche sein, ob ich mir nun ζ. B. vorstelle, mein Nachbar würde einen Tirolerhut tragen, oder ob ich ihn tatsächlich gerade mit einem solchen Hut gesehen habe. Wenn ich jemandem heftig erregt die Meinung sage, so ist es für die Natur meines Ärgers irrelevant, ob ich den Falschen zur Rede stelle oder sogar der Anlass des Ärgers in Wirklichkeit gar nicht gegeben ist. Die Stärke von Nissenbaums Ansatz liegt m. E. darin, dass er dabei hilft, genauer zu verstehen, in welcher Weise Gefühle auf Konkreta (Personen, Sachen) bezogen sein können. Wir hatten bereits gesehen, dass der Sachverhaltscharakter des KORRELATS bei einigen Gefühlen problematisch erscheint. Mit Bouchard (1995b) hatte ich argumentiert, dass eine Person oder Sache als Objekt eines Gefühls für ihre Eigenschaften steht. Einerseits liebe oder verachte ich eine Person nicht als raumzeitlichen Gegenstand, wie ich einen raumzeitlichen Gegenstand anstoßen oder aufessen kann, andererseits heißt eine Person zu lieben oder zu verachten nicht, bestimmte Eigenschaften an und für sich zu lieben oder zu verachten. Ich liebe oder verachte die Person, insofern ich liebenswerte oder verachtenswürdige Eigenschaften an ihr erkenne. Die Person und ihre Eigenschaften bilden eine komplexe Einheit, die mit Nissenbaum dadurch zu erfassen ist, dass man bei gleichem Referenten zwischen der Fokus-Relation (d. h. dem BEZUGSPUNKT in meiner Terminologie) und der Eigenschaftsrelation (dem KORRELAT) unterscheidet: Consider the case of a snob who despises someone of a lower social class. The snob does not despise the property being of a lower social class. Yet the property features crucially as a factor in the attitude of the snob to the other individual [...] one wants to give roles of equal importance to the individual and the property. (Nissenbaum ibd.: 76).

Die behauptete Gleichgewichtung der Rollen ist m. Ε. jedoch nicht gegeben. Während Nissenbaum primär auf die Fokus-Relation abstellt, haben wir bereits gesehen, dass die KORRELATS-Beziehung definitorisch für die Gefühlsszene ist. Innerhalb der Gefühlsszene dient der BEZUGSPUNKT lediglich als vermittelnde Instanz. Das Gefühl konstituiert sich über das KORRELAT. Erst das Gefühlsverhalten mag den BEZUGSPUNKT affizieren. Es ist ein Unterschied, ob ich mich über jemanden ärgere, jemanden liebe oder fürchte oder aber jemanden anraunze, zärtlich küsse oder vor ihm fliehe. Im Hinblick auf die sprachliche Realisierung ist die Unterscheidung zwischen KORRELAT und BEZUGSPUNKT vor allem dann von Bedeutung, wenn die beiden Rollen unterschiedlichen Konstituenten zugewiesen werden. Zwei Fälle müssen hier unterschieden werden. Zum einen können BEZUGSPUNKT und KORRELAT referenzidentisch oder -teilidentisch sein und lediglich auf der sprachlichen Ebene durch verschiedene Konstituenten realisiert werden. Sowohl bei SE-Verben als auch bei OEVerben kann der BEZUGSPUNKT bei Referenz(teil)identität als eigenständige Konstituente neben dem KORRELAT erscheinen: (40)

a. Was ich an ihm hasse, ist seine Halsstarrigkeit b. Was mich an ihm stört, ist seine Halsstarrigkeit

99 Zum anderen können BEZUGSPUNKT und KORRELAT jedoch auch auf verschiedene Entitäten referieren. Bei förchten um ist, wie schon erörtert, lediglich der Gefährdete als BEZUGSPUNKT realisiert. Das KORRELAT, das implizit bleibt, referiert auf die Gefahr. »Neid« erscheint als ein prototypischer Fall, bei dem sowohl der BEZUGSPUNKT als auch das KORRELAT realisiert werden: „Envy defines three central roles, that of the envier, the envied, and a feature or possession of the one envied, over which he is envied" (Nissenbaum 1985: 108). Es stellt sich die Frage, ob BEZUGSPUNKT und KORRELAT hier referenzverschieden oder referenzteilidentisch sind. Ich kann jemanden um seinen Erfolg oder seinen Besitz beneiden, aber auch um seine Durchsetzungsfahigkeit oder vielleicht sogar um seine schönen blauen Augen. Die KORRELATE des Neids sind jedoch stets der Sphäre des BEZUGSPUNKTS zuzuschreiben, sie sind gleichsam veräußerliche oder unveräußerliche Eigenschaften65 des BEZUGSPUNKTS, niemals Eigenschaften eines Dritten. Nissenbaum zufolge kann eine Fokus-Relation auch bezüglich eines Sachverhaltes bestehen. Bei Referenzidentität ist die Annahme einer solchen Relation unergiebig. Das KORRELAT als konstituierende Rolle der Gefühlsszene hat, wie gezeigt, stets Sachverhaltscharakter. Dieser Sachverhalt muss nicht an sich selbst aufgefunden werden. Eine Partizipantenrolle BEZUGSPUNKT ist deshalb fur die Gefühlsszene grundsätzlich fakultativ und nur dann anzunehmen, wenn sie entweder auf raumzeitliche Gegenstände bezogen ist oder aber BEZUGSPUNKT und KORRELAT auf verschiedene Sachverhalte referieren. So besitzt »Trost« als KORRELAT einen trostspendenden Sachverhalt, als BEZUGSPUNKT aber einen Sachverhalt, der mit einem Gefühl der Trauer korreliert. Fassen wir das in diesem Abschnitt Gesagte noch einmal zusammen: Pesetskys Ansatz ist dahingehend zu präzisieren, dass Gefuhlsszenen nicht alternativ eine Partizipantenrolle TARGET oder eine Partizipantenrolle SUBJECT MATTER aufweisen, die lediglich gegenüber der Partizipantenrolle CAUSER (URSACHE) abzugrenzen wären. Gefühle implizieren vielmehr grundsätzlich die Evaluation eines KORRELATS (TARGET bei Pesetsky), das insofern einen »finalen« Charakter erhält, als das Gefühl auf das KORRELAT hin ausgerichtet ist. Finalität, als evaluierende Ausrichtung, ist dabei jedoch nicht gleichzusetzen mit einer wie abstrakt auch immer zu fassenden Bewegung auf das KORRELAT hin. Wittgensteins Beispiel der Furcht zeigt gerade den umgekehrten Fall, wobei bei einer feineren Analyse noch einmal zwischen dem Vermeiden der Gefahr (KORRELAT) und dem Fliehen vor dem für die Gefahr Verantwortlichen (referenzteilidentischer BEZUGSPUNKT) unterschieden werden müsste. Die Ausrichtung auf das KORRELAT ist insofern im Sinne der physikalischen Terminologie zu verstehen. Sie ist hinsichtlich der Orientierung nicht bestimmt und kann sowohl auf das KORRELAT hin oder von ihm weg orientiert sein. Von der Rolle des KORRELATS zu unterscheiden ist die Rolle BEZUGSPUNKT (SUBJECT MATTER bei Pesetsky, FOCUS bei Nissenbaum). Der BEZUGSPUNKT denotiert einen raumzeitlicher Gegenstand oder einen nicht-referenzidentischer Sachverhalt, über den das KORRELAT aufgefunden werden kann.

65

In der neueren linguistischen Literatur wird die Terminologie individual-level predicates (-unveräußerliche Eigenschaften) und stage-level predicates (-veräußerliche Eigenschaften) verwendet. Die Termini gehen auf Carlson ([1977] 1978: 152) zurück, werden jedoch häufig Kratzer (1989) zugeschrieben.

100 Es lassen sich mithin vier Partizipantenrollen abgrenzen. Eine Gefühlsszene wird durch den EMPFINDUNGSTRÄGER und das Empfmdungs-KORRELAT konstituiert. Das KORRELAT ist ein Sachverhalt, der als dasjenige, worauf das Gefühl ausgerichtet ist, erscheint. Dieser Sachverhalt wird dabei vom EMPFINDUNGSTRÄGER in einem subjektiven Urteil bewertet. Der KORRELATS-Sachverhalt kann an einen referenz(teil)identischen oder referenzverschiedenen BEZUGSPUNKT gebunden sein. Schließlich mag analog intentionaler Verursachung eine Person oder analog naturgesetzlicher Verursachung ein Sachverhalt als ursächlich fur das Gefühl angesehen werden. Der Verursacher kann dabei am bewerteten Sachverhalt partizipieren und somit Teil des KORRELATS sein, bzw. kann das KORRELAT zugleich den als ursächlich aufgefassten Sachverhalt darstellen. Dies ist jedoch nicht notwendig der Fall. Zwischen URSACHE und KORRELAT muss keine referenzielle Identität bestehen. Wie der BEZUGSPUNKT ist auch die URSACHE als eine fakultative Partizipantenrolle zu betrachten. Nur spezifische Gefühlsszenen können als Kausalrelationen konzipiert werden.

3.2 Gefühlspartizipanten und semantisch-syntaktische Linking-Prinzipien

Im folgenden Abschnitt soll untersucht werden, inwieweit die Bestimmung der Partizipantenrollen der Gefühlsszene Vorhersagen hinsichtlich der morphosyntaktischen Realisierung der Argumente von Gefühlsprädikaten erlaubt. Ein erstes Problem scheint dabei in der Zahl der Partizipantenrollen zu liegen. Allerdings impliziert die Tatsache, dass auf der konzeptuellen Ebene vier Partizipantenrollen der Gefühlsszene abgegrenzt werden können, nicht, dass alle vier Rollen, selbst wenn sie verschiedenen Referenten zugewiesen sind, gleichzeitig bei einem Prädikat realisiert werden: die Zahl der Partizipantenrollen kann die Zahl der syntaktisch in einem Satz von einem Verb abhängigen Aktanten überschreiten (cf. Klix 1992: 241). Die Bestimmung der Partizipantenrollen ist somit grundsätzlich unabhängig von der Frage ihrer syntaktischen Realisierung. Für die Sprachdidaktik (cf. Schneider 2004) oder den Sprachvergleich hat sie einen eigenständigen Wert. Sie ermöglicht, einzelsprachliches Material semantisch zu analysieren, ohne dass der Anspruch erhoben wird, die einzelsprachliche syntaktische Gestaltung zu erklären. Die verschiedenen Partizipantenrollen der Gefühlsszene haben darüber hinaus einen unterschiedlichen Abstraktionsgrad. Dies ist jedoch nicht unmotiviert. Die Rollen EMPFINDUNGSTRÄGER und KORRELAT sind spezifische Rollen, die die Gefühlsszene konstituieren. Andere intentionale Relationen haben ähnliche, aber nicht identische Rollen. Die Rolle BEZUGSPUNKT ist weniger spezifisch, insofern sie auch bei anderen intentionalen Relationen erscheint. Die Rolle URSACHE schließlich ist eine Rolle, die grundsätzlich bei jedem Sachverhalt erfasst werden kann: nihil est sine ratione. Spezifisch für die Gefuhlsszene ist es jedoch, dass es nicht evident ist, ob das KORRELAT oder ein vom KORRELAT unabhängiger weiterer Partizipant als URSACHE in Frage kommt. Deshalb wird lediglich bei bestimmten Gefühlen in Analogie zu prototypischen Verursachungsrelationen ein Partizipant als URSACHE konzipiert. Besteht das Ziel einer Theorie semantischer Rollen darin, verschiedene Sachverhalte zu vergleichen, ist es allerdings erstrebenswert, Rollen auf einem einheitlichen Abstraktionsniveau zu bestimmen. Vorschläge hierzu sind von Koch (1981) und Rauh

101 (1988) erarbeitet worden, die zwischen Arten der Sachverhaltsdarstellung und konstitutiven Sachverhaltsbedingungen (cf. Koch 1981: 207) bzw. formalen und substantiellen semantischen Merkmalen (Rauh 1988: 324) unterscheiden. Die GSR-Theorien, auf die bereits im Kapitel 2 eingegangen wurde, versuchen, formale semantische Merkmale, die entweder auf die innere Zeitkonstitution des Sachverhalts oder auf die Partizipanten als solche bezogen sind, unter dem Gesichtspunkt des Linkings zu gruppieren. Insofern werden nur solche Eigenschaften berücksichtigt, die für die morphosyntaktische Realisierung der Argumente relevant sind. Die Grundidee dieser Ansätze besteht in der Annahme, dass Aktivitätskontraste der Partizipanten ihre morphosyntaktische Kodierung determinieren. Besitzt ein Prädikat zwei Argumente, denen Partizipantenrollen mit einem hohen Aktivitätskontrast zugewiesen werden, so ist zu erwarten, dass sowohl das aktive, als auch das passive Argument stets in einer bestimmten syntaktischen Funktion bzw. in einem bestimmten Kasus realisiert werden.66 Eine universelle Kasushierarchie (Nominativ/Absolutiv > Akkusativ/Ergativ > Dativ > Obliquus) (cf. Primus 1999a: 18) ergibt sich daraus, dass die morphosyntaktische Komplexität in den meisten Sprachen der Welt vom Nominativ/Absolutiv zum Obliquus stetig zunimmt. Primus beschreibt dies folgendermaßen: Hie Allomorphism Principle: For any argument coding category A, Β ranked as A di-

66

67

Auffällig ist allerdings, dass in den Sprachen der Welt die Hierarchie der semantischen Rollen (aktive Rolle > passive Rolle) nicht einheitlich auf eine Hierarchie der Kasus bzw. der syntaktischen Funktionen abgebildet wird. Vielmehr besteht hier ein grundsätzlicher typologischer Unterschied zwischen Akkusativ- und Ergativsprachen, dem die Linking-Prinzipien Rechnung tragen müssen (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 427s; Primus 1999a: 61). Primus verwendet „ STIMULUS als unmarkiert gelten kann. Der Protorollenansatz von Blume, der sich sowohl auf Dowty als auch auf Primus stützt, sieht in der PAE »Bewusstheit«, die dem EXPERIENCER zukommt, lediglich eine „wenig potente PAE" (Blume 2000: 137). Ähnlich wie bei Primus, nimmt auch Blume nur eine kleine Gruppe von Gefuhlsverben an, deren STIMULUS potente PAE wie »Kontrolle« und/oder »Verursachung« aufweise und deshalb im Nominativ realisiert werden müsse (Blume 2000: 143; 150-152). Ihre Linking-Prinzipien machen dagegen für Gefühlsverben, die keinem ihrer Argumente potente Protorolleneigenschaften zuweisen, keine Vorhersagen (2000: 151; 227). Der EXPERIENCER kann nach Blume somit im Nominativ, Akkusativ oder Dativ erscheinen. Die schwach potenten PAE sind nur insofern relevant, als in ein und derselben Sprache der Dativ entweder dem nicht-potenten Agens oder dem Argument, das weder PAE noch PPE aufweist - Blume sprich hier von THEMA - vorbehalten ist. Das Deutsche besitze deshalb nur Dativ-EXPERIENCER-, aber angeblich77 keine Dativ-STIMULUSVerben, im Tonganischen sei es umgekehrt (2000: 228). Der GSR Ansatz der RRG (Foley / Van Valin 1984; Van Valin / LaPolla 1997) unterscheidet sich von den vorgestellten Protorollenansätzen insofern, als die Makrorollen Actor und Undergoer nicht explizit durch einen Katalog von semantischen Merkmalen bestimmt sind. Sie sind Pole eines Aktivitätskontinuums, das jedoch letztlich auf den gleichen Merkmalen beruht, die auch in den Protorollenansätzen behandelt werden.78 Actor

AGENT

Undergoer

EFFECTOR

LOCATION

THEME

EMOTER

TARGET

PATIENT

= increasing markedness of realization of argument as macrorole Fig. 1: Actor-Undergoer-Hierarchie (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 127; 146)

76 77 78

Siehe auch Primus 1999a: 66. Es gibt, wie unter 4.1.2.1 gezeigt werden wird, Ausnahmen von dieser Regel. Es geht mir an dieser Stelle nur um einen Vergleich der verschiedenen Ansätze im Hinblick auf die Partizipantenrollen der Gefiihlsszene. Einen ausführlicheren Vergleich habe ich an anderer Stelle vorgenommen (cf. Kailuweit 2004).

106 Der EMOTER79 steht in der Mitte des in Fig. 1 dargestellten Aktivitätskontinuums und kann damit grundsätzlich sowohl die Actor-Makrorolle als auch die Undergoer-Makrorolle erhalten (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 127; 177; Van Valin 2001: 31). Das TARGET-Argument Van Valin (2001:31) spricht von STIMULUS - wird im Vergleich zum EXPERIENCER als passiver klassifiziert (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 127) und steht nur für die Undergoer-Rolle zur Verfugung. Grund für den Aktivitätskontrast zwischen den beiden Argumenten ist eine gewisse, nicht genau spezifizierte Affinität (Bewusstsein, eine zumindest geringe Kontrolle?) des EXPERIENCERS zu einem intentional handelnden AGENS (cf. ibd.: 126). Darüber hinaus legt die Gleichordnung von Gefühls- und Besitzverben (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 127) auch eine lokalistische Interpretation nahe, derzufolge der EXPERIENCER wie ein BESITZER als abstrakter Ort (LOCATION) erscheint, an dem das TARGET-Argument wie eine

besessene Sache lokalisiert werden kann. Bei kausativen Gefühlsverben ist der EXPERIENCER Undergoer. Das zweite Argument, dessen semantische Rolle unklar bleibt, wird innerhalb eines verursachenden Sachverhalts lokalisiert (cf. ibd.: 107), der stets das Actor-Argument enthält, so dass es als PSA realisiert wird.80 In nicht-kausativen Konstruktionen erhält das TARGET-Argument stets die Undergoer-, der EXPERIENCER die Actor-Rolle. Nach einer Linking-Regel, bei der nicht sofort klar wird, inwieweit sie semantisch zu begründen ist, wird bei syntaktisch intransitiven Zustandsverben, der Undergoer als PSA realisiert, bei transitiven dagegen der Actor (cf. ibd.: 153-156; 355s). Dass bei Zustandsverben, wie den Gefühlsverben, im Gegensatz zu Vorgangsverben diese Altemanz besteht, ist allerdings durch den geringeren Aktivitätskontrast der Argumente dieser Verben begründet. Die vier hier vorgestellten GSR Ansätze kommen darin überein, den EXPERIENCER als eine in geringem Maße agentivische Rolle zu bestimmen. Dem EMPFINDUNGSTRÄGER als spezielle Ausprägung dieser Rolle kann, wie wir gesehen haben, eine gewisse, wenn auch geringe Kontrolle über den Sachverhalt zugeschrieben werden, so dass er in einem Aktivitätskontinuum einen mittleren Platz einnimmt. Dem Empfiadungs-KORRELAT kommt, als dem emotional bewerteten Sachverhalt, im Vergleich zum EMPFINDUNGSTRÄGER eine Position zu, die näher am passiven Pol liegt. Nach Dowty wäre allerdings jedes KORRELAT als URSACHE zu beschreiben, wobei Ursächlichkeit für das Linking-Verhalten von Gefühlsverben eine geringe Bedeutung hätte. Diese Auffassung ist, so zeigen auch die drei anderen vorgestellten Ansätze, nicht haltbar. Einerseits sind nicht alle KORRELATE gleichzeitig URSACHEN, andererseits stellen URSACHEN prototypische Agentes dar und sollten in Akkusativsprachen stets den Nominativ erhalten. Ein kausativ affizierter Partizipant wiederum ist ein Proto-Patiens und sollte im Akkusativ erscheinen. Bei nicht-kausativen Gefühlsverben erwarten wir somit unmarkiert den EMPFINDUNGSTRÄGER im Nominativ, bei kausativen im Akkusativ. Der relativ geringe Aktivitätskontrast zwischen EMPFINDUNGSTRÄGER und KORRELAT lizenziert aber auch, das zeigt vor allem die Arbeit von Blume (2000), die Realisierung rangniedriger Kasus, insbesondere die Realisierung des EMPFINDUNGSTRÄGERS im

79

Van Valin / LaPolla (1997: 115) unterscheiden zwischen den Rollen EMOTER und EXPERIENCER. Auf diese im einzelnen nicht überzeugende Abgrenzung wird in Kapitel 7 eingegangen werden. Bei Van Valin (2001: 31) erscheint die Rolle EMOTER nicht mehr.

80

Die Makrorollenzuweisungs- und Linking-Prinzipien für kausative Konstruktionen bleiben in Van Valin / LaPolla (1997) allerdings implizit. Siehe dazu Kailuweit (2003: 147s; 2004: 98-101).

107 Dativ. Näherer Untersuchung bedarf der Einfluss des zeitkonstitutionellen Faktors der Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS, der unabhängig vom Aspekt der Kausativität allein bei Dowty thematisiert wird. Die Rolle BEZUGSPUNKT wird in den GSR-Ansätzen nicht berücksichtigt. Pesetsky (1995: 59) geht von einer Rollenhierarchie CAUSER > EXPERIENCER > TARGET/SUBJECT MATTER aus. Es ist aber fraglich, ob KORRELAT lind BEZUGSPUNKT tatsächlich eine gleich niedrige Position in der Aktivitätshierarchie zukommt. Der BEZUGSPUNKT kann als ein abstrakter Ort angesehen werden. Orte sind hinsichtlich der Protorolleneigenschaften unmarkiert und nehmen somit eine neutrale mittlere Position in der Aktivitätshierarchie zwischen dem EMPFINDUNGSTRÄGER und dem KORRELAT ein. Dreiwertige Gefühlsverben mit KORRELAT und BEZUGSPUNKT sollten somit unmarkiert das KORRELAT als die passivste Rolle im Akkusativ, den BEZUGSPUNKT dagegen in einem rangniedrigeren Kasus realisieren. Anders liegt der Fall beim Vorhandensein einer URSACHE. In diesem Fall ist der EMPFINDUNGSTRÄGER kausal affiziert und sollte den Akkusativ erhalten. Ein drittes Argument mit der Rolle KORRELAT oder BEZUGSPUNKT müsste in einem rangniedrigeren Kasus realisiert werden.

3.3 Zusammenfassung

In diesem Kapitel habe ich versucht, die Gefühlsszene und ihre Partizipanten als Teil übereinzelsprachlichen praxisbezogenen Wissens zu bestimmen. Ziel war es, eine zirkuläre Argumentation bei der Ermittlung von Linking-Regelmäßigkeiten zu vermeiden. Die »Zirkularität« besteht dabei in Bezug auf den semiotischen Kreis, den ich am Anfang des zweiten Kapitels illustriert habe, nicht darin, die Kreisbewegung in einer Richtung zu Ende zu führen. Solch eine Zirkularität ist als hermeneutische Bewegung unvermeidlich. Es sollte jedoch vermieden werden, gleichsam im Laufe dieser Kreisbewegung »zu früh« umzukehren und zwischen der semasiologischen Orientierung und der onomasiologischen hin- und herzuwechseln. Nur eine gründliche Analyse der Gefühlsszene kann die Grundlage dafür sein, zu beurteilen, ob Unterschiede im syntaktischen Verhalten einzelner Lexeme auch Bedeutungsunterschieden entsprechen und welche Bedeutungsunterschiede dies sein könnten. Der Phänomenbereich Gefühl, die Gefuhlsszene und ihre Partizipanten, ließ sich gegenüber anderen Phänomenbereichen, etwa dem Bereich des Denkens und Urteilens oder dem Bereich der Sinneswahrnehmung durch seine spezifischen Partizipantenrollen, den EMPFINDUNGSTRÄGER und das KORRELAT, abgrenzen. Es wurde gezeigt, dass das KORRELAT nicht an und für sich als URSACHE der Gefühlsszene angesehen werden kann. Die Entitäten oder Sachverhalte, die in bestimmten Gefühlsszenen in Analogie zu den prototypischen Fällen intentionaler bzw. naturgesetzlicher Verursachung als URSACHE begriffen werden können, müssen weder ganz, noch zum Teil mit dem KORRELAT referenzgleich sein. In Abgrenzung zum KORRELAT wurde schließlich die Rolle BEZUGSPUNKT als weitere auch in anderen, verwandten Phänomenbereichen aufzufindende fakultative Rolle bestimmt. Auf der Grundlage der abgegrenzten Partizipantenrollen konnten mithilfe der GSRTheorien Vermutungen über das zu erwartende Linking-Verhalten französischer und italie-

108

nischer Gefühlsverben angestellt werden. Es ist grundsätzlich von einer Aktivitätshierarchie EMPFINDUNGSTRÄGER > KORRELAT auszugehen, so dass ein Nominativ-EMPFINDUNGSTRÄGER unmarkiert erscheint. Wird allerdings die Partizipantenrolle URSACHE realisiert, ist ein Akkusativ-EMPFINDUNGSTRÄGER zu erwarten. Aufgrund des geringen Aktivitätskontrastes zwischen dem EMPFINDUNGSTRÄGER und dem KORRELAT erscheint sowohl das Auftreten von Metataxen, als auch die Realisierung des EMPFINDUNGSTRAGERS als Dativ lizenziert. Die abstrakt lokative Rolle BEZUGSPUNKT sollte grundsätzlich gegenüber dem EMPFINDUNGSTRÄGER und dem KORRELAT in einem rangniedrigeren Kasus realisiert werden. Zur Bestimmung der Partizipantenrollen war es unumgänglich, auf einzelne prototypische Gefühle abzustellen, die als Beispiele illustrieren mögen, was der Gefühlsszene im allgemeinen eigen ist. Es war aber nicht mein Ziel, einzelne Gefühle voneinander abzugrenzen und ihre Charakteristika zu beschreiben. Eine detaillierte sprachübergreifende Analyse einer größeren Zahl prototypischer Gefühle wie ζ. B. Liebe, Hass, Ärger, Angst, Trauer oder Ekel müsste eine psychologische oder philosophische Arbeit leisten, nicht eine sprachwissenschaftliche. Andererseits setzt der Sprachvergleich eine Beschreibung der Sachen als tertium comparationis voraus. Es sollen deshalb im weiteren einige Gefühle exemplarisch beschrieben werden. Welche Gefühle dies sind, werde ich aber nicht primär nach onomasiologischen Kriterien bestimmen, sondern nach semasiologischen. Im vierten Kapitel wird zunächst ein Überblick über die verschiedenen syntaktischen Klassen von Gefühlsverben gegeben, die sich im Französischen und Italienischen finden. Im Anschluss werde ich im fünften Kapitel fragen, inwieweit das Auftreten dieser syntaktischen Konstruktionen durch die konzeptuelle Gestaltung bestimmter Gefühlszenen motiviert ist oder nicht. Welche Gefühlsszenen untersucht werden, ist dabei vom sprachlichen Material selbst abhängig. Ich werde mich auf Gefühlsszenen konzentrieren, denen Verben unterschiedlicher, einerseits vieler (»Ärger«, »Gefallen«), andererseits aber auch nur weniger (»Erstaunen«) syntaktischer Klassen entsprechen.

4 Syntaktische Klassen

Ziel dieses Kapitels ist es, die verschiedenen Klassen französischer und italienischer Gefühlsverben anhand ihrer morphosyntaktischen Unterschiede abzugrenzen. Kriterien hierfür sind die Zahl der Aktanten, ihre Kasus und syntaktischen Funktionen. Dabei sollen nicht nur die verschiedenen Klassen aufgrund ihrer Eigenschaften bestimmt werden, es soll auch ein approximativer Überblick über die Zahl der Verblexeme gegeben werden, die den einzelnen Klassen angehören. Bei der Beurteilung, welche Klassen als zentral angesehen werden können, spielt neben der Zahl der Verblexeme auch deren Textfrequenz eine Rolle. Die ältere, hauptsächlich am Englischen orientierte Forschung hatte lediglich zweiwertige Gefühlsverben berücksichtigt und zwischen SE- und OE-Verben unterschieden (cf. Chomsky 1965: 162s; Lakoff 1970: 126s; Postal 1971: 39-57).' Anhand englischer Daten wurden dabei SE-Verben mit direktem Objekt (like, fear) und, neben den als adjektivisch klassifizierten Partizipialkonstruktionen (amused with, amusing to), SE-Verben mit indirektem Objekt (benefit from, worry about) behandelt, bei den OE-Verben dagegen lediglich solche mit direktem Objekt (please, frighten). Die jüngere Diskussion beginnt mit Belletti / Rizzi (1988), die für das Italienische drei Klassen zweiwertiger Gefühlsverben unterscheiden: direkte SE-Verben (temere), direkte OE-Verben (preoccupare) und indirekte OE-Verben (piacere). Levin (1993: 188-193) unterscheidet vier Klassen für das Englische: transitive OE-Verben (amuse), transitive SE-Verben (admire), intransitive SE-Verben (marvel at) und intransitive OE-Verben (appeal to).2 Levin quantifiziert die Klassen und betont, dass die Verben vom Typ amuse die mit Abstand größte Gruppe bilden.3 Auch Whitley (1995) und Martin (1998) weisen in Bezug auf das Spanische darauf hin, dass vier Klassen zu unterscheiden sind: neben den Belletti-Rizzi-Klassen auch eine Klasse indirekter SE-Verben (gozar de). Pesetsky ([1988] 1995) erwähnt neben dem »dativischen« englischen appeal to auch das vereinzelte Auftreten von dreiwertigen Konstruktionen im Englischen und Französischen sowie die pseudoreflexiven Konstruktionen im Französischen (s 'etonner de). Ein umfassender Überblick über die verschiedenen Klassen, der insbesondere auch die quantitativen Verhältnisse berücksichtigt, ist, soweit ich sehe, bislang weder für das Französische noch für das Italienische4 gegeben worden.

1

2

3

4

Ruwet (1972) orientiert sich an diesen Ansätzen und diskutiert ebenfalls vor allem akkusativische SE- und OE-Verben. Französische Gefühlsverben, die andere syntaktische Konstellationen aufweisen, werden erwähnt, jedoch nicht systematisch klassifiziert, da es Ruwet vor allem um die Beschreibung der Gefühlsverben mithilfe lokalistischer semantischer Rollen geht (cf. ibd.: 194). Neben appeal to und matter to zählt Levin (1993: 193) auch niggle at, grate on und jar on zu dieser Klasse. Femer weist sie daraufhin, dass in anderen Sprachen dieser Klasse dativische OE-Verben entsprechen. Das hatte bereits Talmy (1985: 99s) festgestellt: Während im Englischen der OE-Typ dominiere, sei dies jedoch im Atsugewi nicht der Fall. Eine ausführliche Darstellung der syntaktischen Klassen, in denen italienische Gefühlsverben erscheinen, hat Vermandere (2002) vorgelegt. Wie im einzelnen noch zu zeigen sein wird, berücksichtigt Vennandere die meisten der Klassen, die auch in der vorliegenden Arbeit nachgewiesen

110 Für die Frage, ob ein Verb ein Gefuhlsverb ist oder nicht, ist es ausschlaggebend, ob das Verb eine Gefühlsszene, wie sie im Kapitel 3 abgegrenzt worden ist, bezeichnet. Das Verb muss über einen Aktanten mit der Partizipantenrolle EMPFINDUNGSTRÄGER verfugen. Die Rolle EMPFINDUNGSTRÄGER ist dadurch bestimmt, dass sie auf der konzeptuellen Ebene auf ein KORRELAT bezogen ist. Dem KORRELAT aber muss, wie wir sehen werden, nicht notwendig eine Aktantenstelle entsprechen. Wird das KORRELAT als Aktant realisiert, kann dies grundsätzlich als Komplementsatz geschehen. Insbesondere das Auftreten eines Komplementsatzes in Subjektfunktion ist bereits ein Indikator dafür, dass ein Gefuhlsverb vorliegt. Wie bereits in Kapitel 2 erwähnt, handelt es sich nach Gross (1975: 170) bei der großen Mehrheit der Verben der Tafel 4 der Lexikongrammatik - Verben mit einem Komplementsatz in Subjektfunktion und einem direkten Objekt mit der Eigenschaft [+hum] um Gefuhlsverben. Es finden sich jedoch zahlreiche Ausnahmen. 5 Im Einzelfall ist es nicht immer leicht zu entscheiden, ob ein Verb ein Gefuhlsverb ist. Gefuhlsverben sind zum einen von Verben abzugrenzen, die allein ein Verhalten aufgrund eines Gefühls bezeichnen, zum anderen von Verben, die sich auf das Urteil eines Beobachters über den psychischen Zustand oder die charakterlichen Eigenschaften einer Person beziehen. Wie Ruwet (1994: 46s; 1995b: 349s) betont, setzen solche Verben nicht voraus, dass die Person sich dieses Zustands bewusst ist. Nach diesem Kriterium sind für Ruwet deshalb ζ. B. folgende Verben, die in der Tafel 4 erscheinen, keine Gefuhlsverben: (1)

aigrir, aveugler, civiliser, corrompre, denaturer, durcir, mürir, purifier, salir, valoriser, vieillir

Auch Mathieu (2000: 23) schließt Verben, die ein .jugement exterieur" bezeichnen, aus. Kriterium hierfür sei die Möglichkeit, das Verb mit auxyeux de Nhum zu verbinden: (2)

a. Sa lächete deshonore Marie aux yeux de Max b. *Sa lächetd irrite Marie aux yeux de Max (Mathieu ibd., Beispiele la-b)

Dieses Kriterium ist jedoch von beschränktem Nutzen. Humilier etwa lässt sich mit aux yeux de Nbam kombinieren, ist aber Ruwet zufolge ein „verbe de sentiment en plein droit" (1995a: 36), da es ein Substantiv bilden kann, das unter die Klasse »sentiment« fällt: 6 (3)

Paul 6prouve un profond sentiment d'humiliation (Ruwet ibd.)

werden. Er macht jedoch keine quantitativen Angaben und illustriert seine Klassen nur mit wenigen Beispielen. 5 Siehe dazu auch Salkoff (2002). 6 Entgegen ihres Kriteriums berücksichtigt Mathieu (cf. 2000: 169) humilier. Bouchard (1995: 272) stellt auf das Beispiel: i. Sa patronne humilie constamment Jean et il ne s 'en rend mime pas compte (ibd., Beispiel 30) ab, um zu behaupten, das intentionale Subjekt müsse sich des Gefühls nicht bewusst sein. Diese generelle Feststellung, die auch nicht mit weiteren Beispielen erläutert wird, ist wenig sinnvoll. Wie gezeigt, bedeutet die Rede von einem »intentionalen Subjekt« gerade, dass dieses Subjekt nicht nur an und für sich über Bewusstsein verfügt, sondern sich eines bestimmten Sachverhalts (wenn auch nicht notwendig durchgehend) bewusst ist, der Gegenstand eines Gedankens, eines Gefühls oder einer Sinneswahrnehmung ist. Humilier erscheint als ein Sonderfall: das Verb besitzt neben der Gefühlsverbbedeutung auch eine andere Bedeutung, die auf die externe Beurteilung des Verhaltens des Subjektaktanten als unangemessen, da für einen Dritten in den Augen des Betrachters entehrend, bezogen ist.

Ill Dies ist, wie Ruwet (ibd.) selbst einräumt, zwar ein hinreichendes, aber kein notwendiges Kriterium. Ein anderer (vager) Versuch, die semantische Abgrenzung von Gefühlsverben zu verdeutlichen, besteht darin, ihr Partizip oder ein morphologisch verwandtes Adjektiv mit »sein« zu verbinden und sich zu fragen, ob es sich um einen Gefühlsausdruck handelt oder ob allein in der Kombination mit »fühlen« ein Gefuhlsausdruck entsteht. Johnson-Laird / Oatley (1989: 84) schließen mit diesem Test ignore aus der Klasse der Gefühlsverben aus: feeling ignored sei ein Gefuhlsausdruck, being ignored jedoch nicht. Letztlich handelt es sich um Beurteilungen semantischer Natur, die nicht durch einfache Tests, sondern nur mit Hilfe einer gründlichen semantischen Analyse der in Frage stehenden Verben verdeutlicht werden können. Da es in diesem Kapitel um syntaktische Unterschiede gehen soll, kann nicht in jedem Einzelfall begründet werden, weshalb ein bestimmtes Verb zur Klasse der Gefühlsverben gehört. Ich werde mich daher darauf beschränken, je nach syntaktischer Klasse einige generelle Hinweise zu geben und sie an einzelnen Beispielen zu illustrieren. Dass die Verben, die ich nicht im Einzelnen diskutieren werde, zu den Gefühlsverben gehören, mag in den meisten Fällen intuitiv einsichtig sein, aber es ist nicht auszuschließen, dass bei einzelnen Lexemen Zweifel bestehen. Die Quantifizierung, die ich in diesem Kapitel vornehme, ist daher lediglich als eine approximative Angabe7 dahingehend zu verstehen, ob zu einer Klasse einige wenige, einige duzend oder einige hundert Verben gehören. Solche Angaben sind aber unter Linking-Gesichtspunkten relevant: Linking-Regeln mögen von einzelnen Lexemen verletzt werden. Es muss aber nachgewiesen werden, dass es sich dabei tatsächlich um Ausnahmen handelt. Die Leistungen und Grenzen einer Linking-Theorie sind primär an den unter quantitativen Gesichtspunkten zentralen syntaktischen Klassen zu überprüfen.

4.1 Einwertige Verben

(4)

(5)

a. Rest6e seule, je panique un peu: cette directrice trop courtoise, cette chambre morose qu'il va falloir aminager et entretenir (GR, SARRAZIN) b. Gabin lanfa le slogan: »Des avions pour l'Espagne!« scand6 par tout le meeting. Sous l'estrade, Soupier Raymond bichait. II ne comprenaitrienä ce qui se disait au micro, mais il constatait que son copain Gabin tenait la foule de Luna-Park avec la meme poigne que le camion des Binelles ... (FRANTEXT: POIROT-DELPECH, B.) a. Rievocando gli anni della sua giovinezza, e intristito (Z) b. A volte, infuriava in malo modo (DE ROBERTO: V)

Einwertige Gefühlsverben weisen ihrem einzigen Argument die Rolle EMPFINDUNGSTRÄGER zu. Das KORRELAT ist konzeptuell vorhanden, wird aber sprachlich nicht realisiert.

7

Eine genaue Angabe, wie viele Verben zu einer bestimmten syntaktischen Klasse gehören, ist auch schon dadurch ausgeschlossen, dass lexikalische Wortklassen offene Klassen sind, die grundsätzlich, wenn auch in unterschiedlichem Maße, als produktiv gelten können.

112

Einwertige Gefühlsverben sind in der Literatur kaum beachtet worden. Ruwet (1993: 98; 1995b: 360), der sie als „verbes de sentiment intransitif'8 erwähnt, weist darauf hin, dass einige Verben dieser Gruppe, ζ. B. paniquer, auch transitive Konstruktionen erlauben. Mathieu (2000: 104) führt die einwertigen Gefühlsverben als eigene syntaktische Klasse an. In ihren Tabellen (ibd.: 181-184) verzeichnet sie jedoch ein- und zweiwertige SE-Verben gemeinsam, ohne die Aktantenzahl anzugeben. Folgende einwertige Gefühlsverben finden sich im Französischen: (6)

angoisser, baliser, bicher, bisquer, complexer, culpabiliser, (ne pas) decolerer, deprimer, desespdrer, flipper, paniquer, petocher, stresser

Bis auf (ne pas) decolirer sind all diese Verben innerhalb der Gemeinsprache markiert; einige als jugendsprachlich: baliser, complexer, flipper und stresser·, die übrigen gelten als umgangssprachlich: angoisser, bicher, bisquer, deprimer, paniquer und petocher. Culpabiliser stammt aus der Fachsprache der Psychoanalyse. Decolerer wird ausschließlich verneint verwendet und beschreibt das Fortdauern von Verärgerung. Wie bereits erwähnt, erscheinen einige dieser Verben auch in zweiwertigen Konstruktionen. Bei angoisser, complexer, culpabiliser, deprimer, desesperer, paniquer und stresser entspricht das Subjekt der einwertigen Konstruktion dem Objekt der zweiwertigen:9 (7)

a. II angoisse ä mort (GR) b. Cette situation m' angoisse (GR)

Die Verben delirer, enrager, exulter, jubiler und rager weisen neben einer einwertigen auch eine zweiwertige Konstruktion auf, bei der der EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt erscheint. (8)

a. J'enrageais, je l'aurais volontiere insultee (FRANTEXT: THOREZ, P.) b. J'enrage d'avoir έ(±οιιέ de si peu (GR)

Es stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um eine unmarkiert einwertige Konstruktion handelt oder um den markierten »absoluten« Gebrauch eines grundsätzlich zweiwertigen Verbs, wie er ζ. B. auch bei aimer möglich ist: (9)

8

9

Plus on juge, moins on aime (GR, BALZAC)

Ruwet (1995b: 360) verwendet einen weiten semantischen Transitivitätsbegriff, der nur einwertige Konstruktionen als intransitiv, zweiwertige Konstruktionen hingegen als (direkt oder indirekt) transitiv ansieht. In der neueren linguistischen Literatur wird jedoch in der Regel unter syntaktischer Transitivität nur direkte Transitivität verstanden. Geht es um semantische Transitivität, wird dies explizit, oft unter Bezugnahme auf Hopper / Thompson (1980), gesagt. In der vorliegenden Arbeit gehe ich von einem engen syntaktischen Transitivitätsbegriff, der allein direkte Konstruktionen umfasst (siehe bereits Kapitel 1). Es handelt sich dabei nicht um Metataxen, da die Zahl der Aktanten nicht gleich bleibt. Diese Konstruktionen scheinen vielmehr den Kausativaltemationen (i. The captain sank the ship ii. The ship sank) zu entsprechen, die seit Perlmutter (1983) unter dem Schlagwort unaccusativity diskutiert werden (cf. Ruwet 1993: 98s). Darauf wird im folgenden noch ausfuhrlicher einzugehen sein.

113 Für die Annahme einer unmarkiert einwertigen Konstruktion von enrager spricht die Tatsache, dass diese Konstruktion weitaus häufiger ist als die zweiwertige.10 Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Verben ein Gefühl oder lediglich ein bestimmtes Verhalten aufgrund eines Gefühls, ein Verhalten, das fur sich nicht KORRELATS-bezogen ist, bezeichnen. Ein Kriterium hierfür kann die Kombinierbarkeit mit einem entsprechenden gefühlsbezeichnenden Substantiv sein; eine Konstruktion, die bei zweiwertigen, explizit KORRELATSbezogenen Gefühlsverben grundsätzlich ausgeschlossen erscheint. Ich berücksichtige daher nur die zweiwertigen Konstruktionen als Gefuhlsverben: (10) a. Je {enrage + rage} de colere;je {d61ire + exulte +jubile} de joie b. *Je {panique + balise} de peur; *je biche de joie c. *Je l'apprfcie d'estime; *je l'aime de Sympathie Deutlicher noch wird der Unterschied zwischen der Bezeichnung des Gefühls und des Gefühlsverhaltens, wenn es sich um Lexikalisierungen von Metaphern und/oder Metonymien handelt. Verben wie boullir, boullionner, ecumer, exploser, fiimer, piaffer oder trepigner bezeichnen nicht ein Gefühl an und für sich, sondern (zum Teil metaphorisch) bestimmte physiologische Wirkungen eines Gefühls oder aber Verhaltensweisen aufgrund eines Gefühls, 11 die wiederum metonymisch für andere Formen des Gefühlsverhaltens stehen können: (11) bouillir de colore; bouillonner de fureur; ecumer de rage; {piaffer + trepigner} d'impatience Ich sehe diese Verben deshalb in ihren einwertigen Konstruktionen nicht als Gefühlsverben an. Auch im Italienischen finden sich einwertige Gefühlsverben. In den meisten Fällen handelt es sich allerdings um wenig gebräuchliche deadjektivische Ableitungen mit dem inchoativen Suffix -ire. (12) disperare, imbaldanzire, imbestialire, impaurire, inferocire, infuriare, intristire, ringalluzzire Wie im Französischen angoisser oder paniquer ermöglichen diesen Verben (außer infuriare und intristire) auch zweiwertige transitiven OE-Konstruktionen:12 (13) a. II successo lo ha imbaldanzito (Z) b. I discorsi di Chiara e del marchese relativi al conedo del nascituro gli fecero montare la mosca al naso, le notizie dei Giulente lo imbestialirono (DE ROBERTO: V) c. Quello sguardo lo impauriva cosi come quando, senza essercene awisti prima, ci si trova proprio ai piedi una fonte piena d'acqua (LIZ: TOZZI, F.) 10

11

12

Nur in etwa einem Sechstel der FRANTEXT-Belege (1951-2000) von enrager und rager erscheint eine zweiwertige Konstruktion. Bei exulier und jubiler ist die zweiwertige Konstruktion noch seltener. Ein Gefühlsverhalten und kein Gefühl an sich bezeichnet etwa auch räler. Räler wird im Grand Robert definiert als „manifester sa mauvaise humeur, son ddpit" (GR: s. v. räler). Bei italienisch disperare ist im Gegensatz zu französisch desesperer allerdings die transitive OEKonstruktion, die Vermandere (2002: 328) berücksichtigt, äußerst markiert. Sie wird durch die Konstruktion fare disperare ersetzt. Die zweiwertigen Konstruktionen (desesperer de / disperare di) mit der Bedeutung ,die Hoffnung verlieren', halte ich nicht für Gefühlsverben.

114 Die Verben des Ärgerlichwerdens bezeichnen den Beginn eines Gefuhlszustands und nicht allein eines bestimmten Verhaltens aufgrund eines Gefühls. Sie erscheinen auch mit einer präpositional eingeleiteten Konstituente, deren Status noch zu diskutieren sein wird. Im Gegensatz zum Französischen erlaubt eine Reihe italienischer Verben, die »Erstaunen« oder »Bestürzung« bezeichnen, einwertige Konstruktionen: (14) meravigliare, sbalordire, sbigottire, strabiliare, stordire, stupefare, stupire Die einwertige Konstruktion ist bei all diesen Verben im Vergleich zur zweiwertig transitiven OE-Konstruktion wenig gebräuchlich. Meravigliare, sbigottire, stupefare und stupire werden zudem pseudoreflexiv verwendet. Die pseudoreflexive Konstruktion ist häufiger als die einwertige Konstruktion. In der italienischen Jugendsprache findet sich flippare, das aber im Gegensatz zu französisch flipper nicht die Bedeutung „etre deprime" (cf. GR: s. v. flipper) hat, sondern dem deutschen ausflippen entspricht, insofern es ein grundsätzlich unbestimmtes, erst durch den Kontext oder das explizite Nennen eines Gefühls bestimmbares Gefiihlsverhalten bezeichnet: (15)

Quando Richard Seidel mi ha fatto ascoltare la versione che Milton Nascimento aveva fatto del brano »Nascente« di Flavio Venturini la mia mente ha flippato dalla gioia

Für esultare und giubilare gilt das Gleiche wie für exulter und jubiler. Die einwertigen Konstruktionen bezeichnen grundsätzlich ein Gefühlsverhalten. Wie französisch bouillir und tripigner bezeichnen auch italienisch bollire und scalpitare lediglich ein Gefühlsverhalten aber kein KORRELATS-bezogenes Gefühl: (16) bollire di rabbia; scalpitare d'impazienza Häufig entspricht im Italienischen ein Funktionsverbgefüge einem einwertigen französischen Verb, und zwar sowohl im Bereich der Bezeichnung von Gefühlen als auch von Gefiihlsverhalten: (17) a. paniquer: essere colto dal panico (B: s. v. paniquer) b. 6cumer : avere la spuma alla bocca Zu den einwertigen Gefühlsverben zählen auch die pseudoreflexiven Varianten der italienischen Verben des Ärgerlichwerdens (imbestialirsi, inferocirsi, infuriarsi). Diese Varianten sind dem Zingarelli nach nicht ganz so selten wie die einwertigen Konstruktionen. (18)

a. Se continui offendeimi, mi imbestialisco sul serio (DISC) b. Non glielo avessi mai detto al mio uomo! S'£ infuriato, mi ha picchiata; veda queste lividure - e mostrava le spalle maculate (BOITO: S)

Mathieu (2000: 74) hält auch se calmer und s 'apaiser für einwertige Gefühlsverben: (19)

13

Max se calme *des paroles de Luc (Mathieu ibd., Beispiel 137)13

Nach der Tabelle »rassurer«, in der calmer aufgeführt ist (Mathieu 2000: 179), erlaubt dieses Verb allerdings diese Konstruktion. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen Druckfehler.

115 Es handelt sich wie bei den meisten einwertigen italienischen Verben und ihren pseudoreflexiven Varianten um Inchoativa. Pseudoreflexive Inchoativa bezeichnen den Beginn eines fortdauernden Zustands, den der EMPFINDUNGSTRÄGER nicht an sich selbst bewirkt, und unterscheiden sich somit hinsichtlich ihrer inneren Zeitkonstitution klar von den meisten einwertigen Gefühlsverben im Französischen,14 die nicht inchoativ zu interpretieren sind: (20)

a. Max s'est calm6 [± => Max est calme] b. Paul a paniqu6 [!=> Paul a peur]

Einwertige Inchoativa des Sich-Beruhigens sind jedoch keine Gefühlsverben im Sinne dieser Arbeit, weil sie nicht auf ein konzeptuell notwendig vorhandenes, aber sprachlich nicht realisiertes KORRELAT bezogen sind. Verben wie s 'apaiser oder se calmer und entsprechend italienisch calmarsi bezeichnen das Abklingen eines emotionalen Erregungszustands. Der beginnende Zustand der Beruhigung ist an und für sich auf kein KORRELAT bezogen. Der EMPFINDUNGSTRÄGER ist sich dieses Zustands nur insofern notwendig bewusst, als er an die Stelle des vorausgehenden Erregungszustands tritt. Die einwertigen Inchoativa unterscheiden sich einerseits klar von den zweiwertigen, nicht notwendig inchoativ zu interpretierenden Konstruktionen der entsprechenden Verben, andererseits von den zweiwertigen KORRELATS-bezogenen Inchoativa wie italienisch innamorarsi di: (21)

Cet ordonnancement d'un monde oü tout r6ussissait ä son höros apaisait Alexandre (FRANTEXT: PENNAC, D.)

(22)

Si innamorö di me e lo capii dai suoi sguardi dolci (BR)

Das pseudoreflexive einwertige französische Verb se pämer bezeichnet ein Gefühlsverhalten und ist nicht KORRELATS-bezogen: (23)

se pämer {d'attendrissement + d'admiration}

Die Tatsache, dass die einwertigen Gefühlsverben als syntaktische Klasse kaum beachtet werden, ist wenig überraschend, da sie keinerlei Linking-Probleme aufweisen. Der EMPFIN15 DUNGSTRÄGER erhält stets den Nominativ.

4.2 Zweiwertige Verben

Bei den zweiwertigen Verben kann nach der syntaktischen Funktion des EMPFINDUNGSTRÄGER-Aktanten zwischen SE-Verben und OE-Verben unterschieden werden. Das KORRELAT 14

15

Französisch desesperer ist dagegen wie italienisch disesperare sowohl in der nicht-pseudoreflexiven, als auch in der pseudoreflexiven Variante se desesperer inchoativ. Bei einwertigen deutschen Verben, die Körperempfindungen bezeichnen, ist dies, wie gezeigt, nicht notwendig der Fall: i. Ich friere im mich friert. Im Deutschen finden sich allerdings kaum einwertigen Gefühlsverben vom Typ paniquer. Einschnappen könnte hier genannt werden. Jugendsprachliche Prägungen wie ausflippen oder ausrasten bezeichnen dagegen ein Gefiihlsverhalten, das erst im Kontext auf ein bestimmtes Gefühl (Euphorie, Wut, etc.) bezogen werden kann.

116 ist bei diesen Verben grundsätzlich als Komplementsatz realisierbar. Die Textfrequenz satzförmiger KORRELATE ist jedoch im Französischen und Italienischen deutlich niedriger als im Deutschen und variiert je nach Verb und Konstruktion erheblich.

4.2.1 Zweiwertige SE-Verben Zweiwertige SE-Verben können transitiv oder intransitiv sein, d. h. das KORRELAT wird entweder als direktes Objekt oder aber als Präpositionalobjekt realisiert. Mathieu (2000: 104s) erwähnt die intransitiven zweiwertigen SE-Verben nicht als eigene Klasse. In ihren Tabellen (2000: 181-184) listet sie transitive und intransitive SE-Verben gemeinsam auf. Auf die präpositionale Realisierung des KORRELATS wird nur bei lorgner sur und loucher sur hingewiesen (cf. ibd.: 184). Bei enrager, exulterjubiler oder rager wird keine Präposition genannt. Gross (1995: 70s) berücksichtigt nur transitive SE-Verben und verweist auf die Tafel 12 der Lexikon-Grammatik. Die Verben der Tafel 12 seien „semantiquement homogenes et declenchent en general une intuition de »jugement de valeur«" (Gross 1975: 201). Tafel 12 enthält jedoch auch Verben, die nicht als Gefühlsverben angesehen werden können.16

4.2.1.1 Transitive SE-Verben (24)

a. J'ai adori qu'elle m'adore (FRANTEXT: FORLANI, R.) b. II detestait que la police fourrät son nez dans ses affaires (FRANTEXT: QUENEAU, R.) c. J'aimais qu'il me desirät (FRANTEXT: SAGAN, F.) d. Je craignais qu'elle ne revienne plus (FRANTEXT: ΑVENTIN, C.)

(25)

a. Amerei che voi foste piü leali (BR) b. Odio che mi dipingano diverso da quello che sono (BR) c. Non aveva la forza di confessarsi, e temeva che il sacerdote non l'assolvesse dal peccato di amare e baciare un uomo che ella non intendeva sposare (DELEDDA: V)

Französische Verben, die zur Klasse der zweiwertigen transitiven SE-Verben - der temereKlasse von Belletti / Rizzi (1988) - gehören, finden sich bei Mathieu (2000: 181-184) und in den Tafeln 6 und 12 der Lexikongrammatik (Gross 1975). Aus diesen Zusammenstellungen habe ich diejenigen Verben ausgewählt, die semantisch als Gefühlsverben gelten können und syntaktisch transitiv sind. Die meisten transitiven SE-Verben listet Gross (1975) in der Tafel 12 auf. Die Verben aus Tafel 6 habe ich in der folgenden Liste markiert: (26)

abhorrer, abominer, admirer, adorer, affectionner, aimer, appröcier, appr6hender(6), ch6rir, craindre(6), dedaigner, d6plorer(6), ddsirer(6),17 dötester, envier, estimer, exöcrer, goüter, hair, honnir, jalouser, lorgner(6), mepriser, redouter(6), regretter(6), respecter, souffrir(6)

16 Gross (1975: 201) selbst nennt comprendre und die diasystematisch markierten Synonyme dieses Verbs. 17 Verben des »Begehrens« können als Gefuhlsverben gelten. Im Gegensatz zu Verben des Wünschens haben sie keine »world-to-mind« direction of fit im Sinne Searles (1983: 122). Ein Be-

117 Bei einem großen Teil der Verben, die Gross in Tafel 12 auffuhrt, handelt es sich dagegen nicht um Gefühlsverben: (27)

acclamer, aduler, applaudir, approuver, appuyer, benir, censurer, critiquer, debiner, d&rier, d6fendre, denigrer, disapprouver, desavouer, encenser, exalter, fldtrir, implorer, 16gitimer, moraliser, ovationner, rέpriπ1ander, reprouver, saluer, sanctionner, soutenir, vitupfrer, vomir

Diese Verben bezeichnen die Äußerung eines subjektiven Urteils. Ihr Subjekt ist kein EMPFINDUNGSTRÄGER im definierten Sinn, denn der Urteilende kontrolliert sein Handeln uneingeschränkt. Der Gefuhlszustand, der mit der Äußerung in Verbindung gebracht wird, muss deshalb auch nicht vorliegen. Ich kann etwas gutheißen, ohne es gut zu finden, aber ich kann nicht etwas verabscheuen, ohne es auch für verabscheuenswürdig zu halten.18 Eine solche Unterscheidung ist allerdings nicht immer leicht zu treffen, denn die Äußerung des Gefühls kann metonymisch für das Gefühl selbst stehen. Eine gewisse Orientierung bieten die Definitionen der Wörterbücher, in denen zwischen dem Vorhandensein eines Gefühls („avoir"; „eprouver") und seiner Äußerung („temoigner"; „manifester") unterschieden wird.19 Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich bei den Verben vom Typ glorifier: (28) glorifier, honorer, idolätrer, riv6rer, venerer Sie bezeichnen wie die zuvor genannten Verben an und für sich Handlungen, die aus einem Gefühl heraus ausgeführt werden. Im Gegensatz zu diesen Verben erlauben sie aber grundsätzlich nicht, ein KORRELAT in der Form eines Komplementsatzes zu realisieren.20 Für das Italienische hat Vermandere (2002: 57) eine semantisch wie syntaktisch heterogene Liste zweiwertiger SE-Verben zusammengestellt. Aus dieser Liste scheinen mir nur die folgenden Verben transitive zweiwertige SE-Verben zu sein: (29) abominare, aborrire, amare, ammirare, apprezzare, detestare, disdegnare, disprezzare,

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gehren geht nicht in Erfüllung. Dass »Begehren« ein Gefühl ist, bestätigt auch die Studie von Zammuner (1998: 268): »Desiderio« nimmt mit Platz 38 von 153 in der Prototypikalitätsskala einen vorderen Platz ein. Diese Ausführungen treffen auch auf einige Verben der Tafel 6 zu, etwa auf priser, das Gaatone (1998: 205) für ein Gefühlsverb hält, obwohl er souhaiter „au sens de »formuler un souhait«" (ibd.: 206) ausschließt und somit offenbar ein ähnliches Abgrenzungskriterium wie das hier vertretene anwendet. Unter estimer heißt es etwa im Grand Robert: „avoir bonne opinion de... ", unter aimer „6prouver de l'affection". Im Eintrag benir lesen wir „exalter (qqn. ou qqch.) pour manifester sa satisfaction et sa reconnaissance", unter applaudir ä qqch. „t6moigner une vive approbation". Unter apprecier heißt es allerdings, „porter un jugement favorable sur... ", obwohl dieses Verb wie estimer und aimer als Gefühlsverb anzusehen ist. Gross (1975: 203) unterscheidet die Verben der Tafel 12 von denen der Tafel 13 nach diesem Kriterium. Die Verben der Tafel 13 erlauben im Gegensatz zu den Verben der Tafel 12 nicht die Konstruktion NO V Qu P. Gross führt idolätrer, reverer und venerer in der Tafel 12 auf, allerdings erscheint die Möglichkeit eines Komplementsatzes bei diesen Verben sehr fraglich.

118 esecrare, godere, gradire, gustare, odiare, rispettare, sdegnare,21 soffrire, stimare, temere Einige weitere Verben, die von Vennandere nicht aufgeführt werden, sind zu ergänzen: (30)

adorare, anelare, deplorare, desiderare,22 invidiare, rimpiangere

Ausgeschlossen werden aus den gleichen Gründen, die ich bei den französischen Verben wie acclamer, aduler etc. angeführt habe: 23 (31)

approvare, biasimare, disapprovare, esaltare,24 favorire, lodare, riprendere, riprovare, patire, tollerare

Für: (32)

glorificare idolatrare, idoleggiare, onorare, riverire, venerare

gilt das für die Verben vom Typ glorifier Gesagte. Vennandere (2002: 57) berücksichtigt auch preferire und sospettare. Diese Verben drücken jedoch kein subjektives Gefühlsurteil, sondern ein Verstandesurteil aus, mag dieses auch gegebenenfalls durch ein Gefühl motiviert sein. 25 Kommentarbedürftig sind die Verben envier und invidiare. Gross (1975) führt envier in Tafel 12 auf und hält somit einen Komplementsatz für möglich. Tatsächlich scheint die satzförmige Realisierung des KORRELATS sowohl im Französischen als auch im Italienischen sehr markiert. Unmarkiert kann in einer zweiwertigen Konstruktion die beneidete Person, der BEZUGSPUNKT, realisiert werden: (33)

a. J'enviais ceux qui vivaient une telle experience, ä proprement parier ineffable (FRANTEXT: DEL CASTILLO, Μ.) b. Ιο invidio quelli che possono credere (LIZ: TOZZI, F.)

Im Gegensatz zu deutsch beneiden ist aber auch die Realisierung des KORRELATS in einer transitiven zweiwertigen 26 Konstruktion möglich. Dabei muss der BEZUGSPUNKT als Teil des KORRELATS ausgedrückt werden, was in den folgenden Beispielen durch ein Possessivadjektiv geschieht: (34)

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a. J'enviais votre s6renit6 (FRANTEXT: BOSQUET, Α.)

Sdegnare ermöglicht monolexematische Metataxe. Neben der transitiven SE-Konstruktion findet sich eine transitive OE-Konstruktion: i. La sua infamia ha sdegnato tutti (DISC). Diese Konstruktion ist jedoch äußerst selten (cf. Vennandere 2002: 328). Desiderare in der Bedeutung .begehren* wird aus dem gleichen Grund wie französisch desirer berücksichtigt. Eine Abgrenzungshilfe bieten hier ebenfalls die Wörterbuchdefinitionen, ζ. B.: esaltare: „esprimere grandi lodi su qlcu. ο qlco." (DISC: s. v. esaltare). Vermandere (2002: 327s) erwähnt esaltare als ein Verb, das monolexematische Metataxe erlaubt. Μ. E. ist esaltare jedoch nur in der transitiven OE-Konstruktion als GefUhlsverb anzusehen. (Siehe die in der vorherigen Fußnote zitierte Definition des DISC). In Zammuners (1998: 268; 271) Prototypikalitätsskala nimmt »sospettoso« Platz 130, »dubbio« Platz 128 unter 153 getesteten Konzepten ein; »preferenza« wird nicht berücksichtigt. Auf die dreiwertigen Konstruktionen von envier und invidiare werde ich unter 4.3.1 eingehen.

119 b. Lando mirö i penosi atteggiamenti sguajati, le comiche acconciature, le facce disfatte dalla stanchezza de' suoi amici, e invidiö il loro sonno e ne provö sdegno alio stesso tempo (LIZ: PIRANDELLO, L.) Eine eigene Gruppe transitiver SE-Verben bilden die italienischen Verben des Mitleids: (35) commi serare, compatire, compiangere Diese Verben realisieren als direktes Objekt in der Regel nicht das KORRELAT, sondern den BEZUGSPUNKT. Das KORRELAT kann, wie bei invidiare, nominal als akkusativischer Zweitaktant erscheinen, wobei der BEZUGSPUNKT notwendig ausgedrückt werden muss. Ein Objektsatz jedoch, der als KORRELAT zu interpretieren wäre, ist nicht möglich: (36) a. Tu mi compatisci, non έ vero? (DE MARCHI: A) b. Comprendeva e compativa le debolezze altrui (SVEVO: V) c. *Compativa che gli altri {hanno + abbiano} delle debolezze Im Gegensatz zu den Verben vom Typ glorifier bezeichnen die Verben vom Typ compatire jedoch kein Verhalten aufgrund eines Gefühls, sondern ein Gefühl selbst, dessen KORRELAT konzeptuell vorhanden, jedoch nicht als Komplementsatz realisiert ist.27 Im Französischen findet sich diese Gruppe nicht. »Mitleid« wird durch Funktionsverbgefüge ausgedrückt: avoir pitie de qqn.; prendre qqn. en pitie\ avoir de la compassion pour qqn. Die Gruppe der transitiven SE-Verben ist insofern nicht sehr groß, umfasst aber Verben, die prototypische Gefühle (»Liebe«, »Hass«, »Wertschätzung«, »Abscheu«, »Furcht«) bezeichnen und eine hohe Textfrequenz aufweisen.28

4.2.1.2 Intransitive SE-Verben (37) a. II tenait absolument ä ce que je profite au moins un peu de cette merveilleuse culture que des stöcles de pens6e nous ont 16gu6e (FRANTEXT: SIMON, C.) b. Et moi, malheureux, je ne puis jouir de ce que j 'aime (FRANTEXT: CAMUS, A.)

27 28

Auf die Frage, ob diese Verben dreiwertige Konstruktion bilden, komme ich unter 4.3.1 zurück. Im Frequenzwörterbuch von Juilland / Brodin / Davidovitch (1970) nimmt admirer Platz 1291 ein, adorer Platz 3810, aimer Platz 183, appricier Platz 1803, craindre Platz 780, dedaigner Platz 4476, deplorer Platz 3513, desirer Platz 746, detester Platz 2484, envier Platz 3247, estimer Platz 1106, goüter Platz 1807, hair Platz 2052, mepriser Platz 2095, redouter Platz 2849, regretter Platz 1033, respecter Platz 2070, souffrir Platz 503. Bei einigen Verben ist allerdings zu berücksichtigen, dass sie in verschiedenen Konstruktionen und ζ. T. auch mit anderen Bedeutungen vorkommen. Was craindre betrifft, so liegt der Anteil der intransitiven zweiwertigen Konstruktion in den FRANTEXT-Belegen (1951-2000) bei gut 2%. Im Frequenzwörterbuch von Juilland / Traversa (1973) nimmt adorare Platz 3080 ein, amare Platz 353, ammirare Platz 1261, apprezzare Platz 2789, desiderare Platz 785, disprezzare Platz 4567, odiare Platz 1755, rimpiangere Platz 4028, stimare Platz 4057. Die Angaben zu godere Platz 1149, soffrire Platz 755 und fernere Platz 816 bleiben fraglich, da diese Verben in verschiedenen Konstruktionen erscheinen.

120 c. Je ne souffle pas de ce qu'il ne m'aime pas, je souffle de ce qu'il me rejette (FRANTEXT: CAMUS, A.) (38)

Isabella tiene a che Oreste sia felice (Elia et al. 1984: 347)

Intransitive zweiwertige SE-Verben realisieren den EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt. Sie verfügen über ein zweites Argument, das oblique, d. h. im Französischen und Italienischen als nicht-dativisches Präpositionalobjekt - Objektoid in der Terminologie von Siller-Runggaldier (1996) - realisiert wird. Wenn dieses Argument das KORRELAT darstellt, kann es grundsätzlich als Objektoidsatz29 realisiert werden. Im Gegensatz zum Deutschen wirken Objektoidsätze bei vielen Verben dieser Gruppe wenig natürlich und weisen eine sehr geringe Textfrequenz auf. Im Italienischen kann ein Objektoidsatz mit der Präposition α direkt gebildet werden (cf. Siller-Runggaldier 1996: 136-138). Regiert das Verb eine andere Präposition, fallt diese vor dem Komplementsatz aus: (39)

Confidava che con tutta quella confusione nessuno facesse caso a lui (DI MONACO: CLR)

Im Französischen erscheint ce als Bezugselement vor der Präposition, oder aber die Präposition fällt aus und der Objektoidsatz wird direkt realisiert. Das Einfügen eines Interpretators im Sinne Lüdtkes (1984), wie ζ. Β .fait bzw.fatto als Bezugselement,30 erhöht in vielen Fällen die Akzeptabilität der Konstruktion: (40)

Max tiene al fatto che Marl resti in casa (Elia et al. 1984: 342)

Folgende französische Verben kommen als zweiwertige intransitive SE-Verben in Betracht: (41)

bander pour, craindre pour, ddlirer de/sur, enrager de, exulter de/sur, jouir de, jubiler de, lorgner sur, loucher sur, rager de/sur, repugner ä, soufflir de, sympathiser avec, tenir ä

Lorgner und souffrir erlauben, wie erwähnt, auch eine transitive SE-Konstruktion. Bei repugner kommt es zu monolexematischer Metataxe. Repugner erscheint auch in einer intransitiven OE-Konstruktion: (42)

Lindet repugnait au terrorisme (FRANTEXT: LEFEBVRE, G.) ny Devant Agathe, il lui repugnait de devoir döfendre Alby (FRANTEXT: MONESI, I.)

Bei enrager ist die transitive OE-Konstruktion veraltet und wird durch faire enrager ersetzt. Im Italienischen könnten folgende Verben als intransitive SE-Verben berücksichtigt werden: (43)

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30

confidare in/su, delirare per, diflidare di/da, esultare per, fidare in/su, gioire di, giubilare di/per, godere di/in/per, imbaldanzire per, imbestialire per, impaurire per, inferocire

Der Terminus Objektoidsatz stammt von Siller-Runggaldier, die diese wenig beachtete Form des Komplementsatzes detailliert behandelt (1996:106-161). Neben fait bzw. fatto kommen einen Reihe anderer Abstrakte in Frage. Eine Liste möglicher italienischer Interpretatoren findet sich bei Siller-Runggaldier (1996: 136). Siehe zu den französischen Interpretatoren Lüdtke (1984). Es handelt sich hier um Interpretatoren des EmpfindungsKORRELATS als Sachverhalt. Der Sachverhalt wird durch den Interpretator als »Tatsache«, aber ggf. auch als »Möglichkeit«, »Idee«, »Gedanke« etc. erfasst.

121 per/contro, infuriare per, patire di,risentiredi, simpatizzare con, sofihre di/per/su, temere per, tenere a Die Listen der französischen und italienischen intransitiven SE-Verben sind unter Vorbehalt zusammengestellt, denn es stellt sich grundsätzlich die Frage, inwiefern die prepositional eingeleitete Konstituente Aktantenstatus hat. Diese Frage soll im folgenden ausführlicher erörtert werden. Insbesondere erscheint klärungsbedürftig, ob die Verben der Begeisterung und des Jubeins (französisch exulter, jubiler; italienisch delirare, esultare, giubilare) bzw. des Ärgerns (französisch: enrager, rager), deren einwertige Konstruktionen grundsätzlich ein Gefühlsverhalten bezeichnen, beim Auftreten einer präpositionalen Konstituente als zweiwertige intransitive SE-Verben anzusehen sind. Zwei Aspekte sind hier zu trennen. Erstens stellt sich die Frage, ob diese Verben überhaupt Gefühlsverben sind, d. h. auf eine Gefühlsszene referieren. Ihrem Subjektaktanten kommt nur dann die Rolle EMPFINDUNGSTRÄGER zu, wenn er sich notwendig seines KORRELATS-bezogenen Gefühls bewusst ist. Dies ist bei Verben, die ein bloßes Gefühlsverhalten bezeichnen, nicht der Fall: Ich kann jubeln, etwas bejubeln, selbst wenn ich keine Freude empfinde, schreien und toben, auch wenn ich Verärgerung nur vortäusche. Allerdings kann ich nicht über etwas jubeln, mich nicht über etwas ärgern, ohne Freude bzw. Ärger zu empfinden. Unter diesem Aspekt scheinen die Konstruktionen der genannten Verben, wenn sie mit einer entsprechenden präpositional eingeleiteten Konstituente kombiniert werden, KORRELATS-bezogen. Sie sind deshalb als Gefühlsverben im Sinne der vorliegenden Arbeit anzusehen: (44) a. Lauzun jubilait d'ajouter ses »suggestions« au camet (FRANTEXT: KRISTEVA, J.) b. Centre son p&e, eile prend ma döfense et eile enrage de ce que mon retard lui complique singulierement latache (FRANTEXT: PILHES, R.-V.) (45) Tutti giubilarono di sapere che di Ii a un paio d'ore io sarei tomato al mulino per recare la risposta di Portogruaro (NIEVO: C) Während italienisch delirare per in der Bedeutung ,sich begeistern für' als Gefühlsverb gelten kann, ist französisch delirer mit einem de- oder sur-Komplement als Sprechaktverb anzusehen: (46) Le folle delirano per lui (DISC) (47) a. II se mettait ainsi ä dilirer d'amour pour son pays, les yeux chavirfs, et avec des termes tellement pr6cis qu'on aurait pu croire qu'il parlait d'une femme qu'il aurait vraiment aime (FRANTEXT: VINCENOT, H.) b. Je voulais pas delirer sur la proposition d'Eddie, je voulais pas me laisser embarquer dans des visions trop precises, je les chassais de mon cerveau (FRANTEXT: DIJAN, Ph.) Zweitens ist zu klären, inwieweit die präpositional eingeleiteten Konstituenten als verbgebundene Aktanten anzusehen sind. Diese Frage betrifft alle genannten intransitiven SEVerben, nicht allein die Verben des Jubeins und Ärgerns.31

31 Pesetsky ([1988] 1995) geht bei seinem Leitbeispiel worry about wie selbstverständlich davon aus. Ruwet (1993: 104) hält den Aktantenstatus der präpositionalen Komponente bei enrager de und anderen intransitiven SE-Verben für problematisch, entscheidet die Frage aber letztlich nicht.

122 Der Aktantenstatus präpositional eingeleiteter Konstituenten ist grundsätzlich prekär, da dieselben Präpositionen sowohl Präpositionalobjekte als auch nicht valenzgebundene adverbiale Bestimmungen einleiten. Während Tesniere (21965: 105-129) deshalb nicht-dativische präpositional eingeleitete Konstituenten aus semantischen Gründen für Zirkumstanten hielt, ist insbesondere in der deutschsprachigen Valenztheorie intensiv über die Abgrenzung von Aktanten und Zirkumstanten mithilfe syntaktischer Tests diskutiert worden.32 Die Diskussion hat sich jedoch insgesamt als recht unbefriedigend erwiesen. Einerseits konnte mithilfe distributioneller Tests - auf einige Tests wird noch einzugehen sein - keine eindeutige positive Bestimmung aller Aktanten geleistet werden. Andererseits war das Ziel der Diskussion eher eine Ausgrenzung als eine Abgrenzung. Eine genauere Untersuchung der Zirkumstanten fehlte (cf. Kotschi 2001: 356). Dies änderte sich erst mit der grundlegenden Arbeit von Melis (1983), in der zwei in unterschiedlichem Maße in die Satzstruktur integrierte Arten von Zirkumstanten abgegrenzt und nach semantischen Gesichtspunkt spezifiziert wurden.33 Melis unterscheidet einerseits periphere Zirkumstanten - Orts- und Zeitgaben sowie adverbiale Bestimmungen des Grundes oder Zwecks, andererseits in das Prädikat stärker integrierte attitudinale, instrumentale, aspektuelle oder verbmodifizierende Kernzirkumstanten. Unter semantischen Gesichtspunkten entsprechen die hier diskutierten Präpositionalphrasen, sofern sie als Empfindungs-KORRELATE anzusehen sind, keiner der Melisschen Zirkumstantenklassen. In Kapitel 3 haben wir gesehen, dass innerhalb der Gefuhlsszene zwischen der URSACHE und dem KORRELAT ZU unterscheiden ist. Wäre eine Präpositionalphrase lediglich als URSACHE eines Gefuhlsverhaltens und nicht als KORRELAT eines entsprechenden Gefühls zu verstehen, könnte sie allerdings als nicht-valenzgebundene adverbiale Bestimmung des Grundes angesehen werden. Von Interesse sind in diesem Zusammenhang die Wörterbucheinträge des DISC. Während es in den Einträgen für esultare und giubilare heißt: „spesso con spezificazione della causa", fehlt eine entsprechende Bemerkung im Zusammenhang mit den präpositionalen Komplementen von patire oder soffrire. Jedoch ist es fraglich, ob die präpositionalen Komplemente der italienischen Verben des Jubeins grundsätzlich als Zirkumstanten angesehen werden müssen. Unter esultare heißt es im DISC: „provare e manifestare una grandissima gioia"; das präpositionale Komplement kann somit wie das Komplement der entsprechenden französischen Verben auch als KORRELAT der Empfindung betrachtet werden. Anders liegt der Fall bei den italienischen Verben des Ärgerlichwerdens. Sie sind Gefühlsverben im Sinne dieser Arbeit, weil sie nicht ein Verhalten aufgrund eines Gefühls, sondern die Entstehung des Gefühls Ärger bezeichnen. Die präpositionale Konstituente bei diesen Verben ist weniger häufig als bei den Verben des Jubeins. Im DISC heißt es unter imbestialire: „usato anche con specificazione della causa", unter inferocire: "anche con specificazione del modo ο della causa", unter infuriare·. "anche con specificazione della

32

33

Am ausführlichsten werden die verschiedenen distributionellen Tests, die zur Abgrenzung von Aktanten und Zirkumstanten vorgeschlagen worden sind, bei Happ (1976) diskutiert. Zusammenfassend Kotschi (1981) und Heibig (1992: 78-87); zur Anwendung auf das Französische siehe Happ (1978). Ein kurzer Überblick über Melis' Klassifizierung sowie über einige Ergänzungen und Modifizierungen findet sich bei Kotschi (2001: 356-358).

123 causa ο del modo". Aus dem inchoativen Charakter dieser Verben folgt jedoch, dass in der präpositionalen Konstituente primär die URSACHE des Gefühls thematisiert wird.34 In den folgenden Absätzen werde ich etwas ausführlicher auf die Frage des Aktantenstatus der präpositionalen Konstituenten eingehen. Die Diskussion wird unter 4.3 angesichts der dreiwertigen Gefühlsverben noch einmal aufgegriffen und vertieft werden. Einigkeit besteht in der neueren Literatur dahingehend, dass syntaktisch nicht weglassbare Konstituenten Aktantenstatus besitzen (cf. Kotschi 2001: 355; Lazard 1998: 67-69). Versteht man die Weglassprobe als rein syntaktischen Test, hilft sie nur bei französisch sympathiser avec und tenir ä sowie italienisch (con)fidare inlsu, simpatizzare con und tenire ä weiter. Die französischen Verben bander pour, lorgner sur und loucher sur sowie italienisch impazzire per erlauben auch eine einwertige Konstruktion. In dieser Konstruktion haben sie jedoch eine konkrete Bedeutung. Sie werden erst durch die Realisierung des KORRELATS zu Gefühlsverben. Bei französisch jouir de und souffrir de sowie italienisch diffidare di/da, gioire di, godere di, imbaldanzire per, patire di/per, risentire di und soffrire dilsulper ist die Realisierung des KORRELATS fakultativ. Die einwertige Konstruktion erscheint als ein absoluter Gebrauch dieser Verben, wie er auch für transitive SE-Verben, z. B. aimer bzw. amare, möglich ist. Bereits an dieser Stelle zeigt es sich, dass Aktanten zu einem unterschiedlichen Grad valenzgebunden sind. Der Grad der Valenzbindung kann nur durch ein Ineinandergreifen syntaktischer und semantischer Kriterien bestimmt werden. Am besten scheint der Aktantenstatus fakultativer Komplemente durch Abspaltung mithilfe eines PRO-Verbs nachweisbar.35 (48)

a. J'ai mang6 une pomme ce matin b. J'ai mang6 c. J'ai mang6 une pomme et je Tai fait ce matin d. *J'ai mangd ce matin et je Tai fait une pomme

Grundsätzlich ist die Inakzeptabilität der Abspaltung bei Präpositionalobjekten weniger evident als bei direkten Objekten.36 Im Bereich der Gefühlsverben scheitert die Anwendung des Tests jedoch bereits daran, dass kein geeignetes Pro-Verb zur Verfugung steht. Aufgrund der geringen Kontrolle des EMPFINDUNGSTRAGERS in Subjektfunktion, können SEVerben nicht als Hyponyme von faire bzw. von fare angesehen werden. Andere ProVerben, wie ζ. B. se passer, stehen jedoch ebenso wenig zur Verfügung.37

34

Das gleiche gilt auch für die inchoativen Verben imbalzandire ,stolz werden', impaurire ,Angst bekommen' und disperare .verzweifeln*. Auch bei diesen Verben erscheint das per-Komplement

35

Die theoretischen Vorüberlegungen zu diesem Test sind ausführlich bei Happ (1976) beschrieben. Zur Anwendung auf das Französische siehe auch Kleineidam (1990: 130). Zu den Problemen, die dieser Test bei Sprecherbefragungen insbesondere im Bereich der Präpositionalobjekte bereitet, siehe Kailuweit (1993) und (1994). Wilmet (1997:489) meint den Aktantenstatus von α l'eau mithilfe des Pro-Verbs faire nachweisen zu können: i. Marie est tombee ä l'eau => ii. Marie est tombee et *elle l'a fait ä l'eau. Da tomber jedoch kein Hyponym von faire ist, müsste auf se passer zurückgegriffen werden: iii. Marie est tombee ά l'eau et cela s'est passe a cause de son imprudence: iv. Marie est tombee *et cela s'est passe ά l'eau (cf. Kailuweit 2001b: 110s).

als URSACHE.

36

37

124 Ein differenziertes Modell semantischer und syntaktischer Kriterien zur Bestimmung des Aktantenstatus hat Jacobs (1994) entwickelt. Jacobs unterscheidet fünf Valenzdimensionen: Notwendigkeit, Formspezifik, Inhaltsspezifik, Argumentenhaftigkeit und Beteiligtheit. Das erste Kriterium ist unumstritten. Es entspricht der Weglassprobe. Unter »Formspezifik« versteht Jacobs (1994: 22), dass das Auftreten eines Formmerkmals (ζ. B. Kasus einer NP) als spezifische Eigenschaft des Valenzträgers erscheint. Soweit in romanischen Sprachen obliquer Kasus präpositional markiert ist, wäre insofern zu untersuchen, ob das Auftreten einer bestimmten Präposition eine spezifische Eigenschaft des Verbs ist. 38 Adverbiale Bestimmungen, unabhängig davon, ob sie syntaktisch notwendig sind oder nicht, sind nicht formspezifisch, da die Wahl der Präpositionen entweder durch ihre lexikalische Bedeutung 39 motiviert ist oder aber durch die auf sie folgende Nominalphrase (cf. Kailuweit 2001b: 106): (49)

a. Luc est amv6 ä Paris b. Luc est arrive en Corse

Formspezifik scheint nun auf den ersten Blick bei einer Reihe der berücksichtigten französischen und italienischen Verben nicht gegeben. Verschiedene Präpositionen variieren: Bei exulter und rager etwa ist neben einem ί/e-Komplement auch ein sur-Komplement möglich: (50)

38

39

a. Nadia, en bonne communiste, exultait sur le pacte germano-sovietique (FRANTEXT: SCHREIBER, B.)

Auch für Lazard (1998: 68) ist dieses Kriterium neben der Weglassprobe zentral. Er spricht in diesem Zusammenhang von regierten Aktanten, im Gegensatz zu den adverbialen Ergänzungen von habiter oder se rendre, die allein aufgrund der Tatsache, dass sie nicht weglassbar sind, Aktantenstatus haben. Ich folge hier der weit verbreiteten Ansicht, die zwischen lexikalischen (prädikativen) Präpositionen und grammatischen Präpositionen (Kasusmarkem) unterscheidet, und wende mich damit gegen die strukturalistische Auffassung, der zufolge eine Systembedeutung der Präposition als Relationselement in allen ihren Verwendungskontexten aufgezeigt werden kann (eine solche Position vertritt etwa Lang (1991), dessen Arbeit nichtsdestoweniger für die Ermittlung der lexikalischen Bedeutung der französischen Präpositionen grundlegend ist). Unter einem diachronen Gesichtspunkt handelt es sich um Grammatikalisierungsprozesse (im Sinne von Lehmann 1995), die aus Präpositionen als Prädikate Kasusmarker entstehen lassen. Diese Prozesse sind bei synchroner Betrachtung je nach Konstruktion zu unterschiedlichem Grad vorangeschritten (siehe dazu ausführlich Kailuweit 2001a). So nimmt Morera Perez (1988: 69-78) für spanisch de bei Nominalkomplementen, en + Gerundium und a + Akkusativ vollständige Grammatikalisierung und damit Desemantisierung an. Bei Präpositionalobjekten sei dagegen von Fall zu Fall ein unterschiedlicher Desemantisierungsgrad gegeben. Diese Auffassung erscheint mir zutreffend, auch wenn Morera eine Methode schuldig bleibt, mit deren Hilfe der unterschiedliche Desemantisierungsgrad nachgewiesen werden kann. Einen mittleren Desemantisierungsgrad zeigt etwa die Präposition bei französisch penser a. Mayo (1996: 79-82) diskutiert die Möglichkeit einer abstrakten Bedeutung von ä, entscheidet sich aber letztlich aus beschreibungstechnischen Gründen dafür, die Präposition als reinen Kasusmarker anzusehen. Das Problem ist äußerst komplex und kann hier nicht vertieft werden. Ich gebe deshalb nur folgende Faustregel: Lexikalische Bedeutung hat eine Präposition dann, wenn sie als lokal oder temporal situierend begriffen werden kann und die Art der Situierung bei Kommutation der Präposition sich ändert. Ist dies nicht gegeben, nehme ich Formspezifik an.

125 b. L'enfant rage sur ses devoirs, passe sa colere sur les betes et les objets familiers qui s'animent et se vengent (FRANTEXT: DUMESNIL, R.) Allerdings scheint die Wahl der Präposition weder durch das nachfolgende Substantiv noch durch die Semantik der Präpositionalphrase als solche bestimmt. Insofern ist das Kriterium der Formspezifik auch erfüllt, wenn ein Verb verschiedene Präpositionen regiert, mit denen jedoch ein und derselbe Aktant realisiert wird. Mit der Präposition contre, die bei den französischen Verben des Ärgerns erscheint, wird allerdings nicht derselbe Aktant realisiert wie mit den Präpositionen de oder sur. Das confre-Komplement bezeichnet nicht das KORRELAT, sondern den BEZUGSPUNKT; diejenige Person, auf die sich der Ärger nicht nur richtet, sondern die auch fur den Ärger verantwortlich gemacht wird, über die somit der ärgerliche Sachverhalt erst aufgefunden werden kann: (51)

... ces livres racontent tellement de monstruosit6s qu'on enrage meme contre ceux qui les öcrivent (FRANTEXT: THERAME, V.)

Italienisch inferocire erscheint entsprechend mit einer coniro-Konstituente: (52)

Inferocivo contro me stesso (PIRANDELLO: Ν.)

Italienisch avercela con kann ebenfalls als zweiwertiges SE-Verb angesehen werden. 40 Bei dieser idiomatischen Wendung ist der mit con eingeleitete BEZUGSPUNKT obligatorisch. Das KORRELAT dagegen kann nicht innerhalb des Satzrahmens realisiert werden: (53) La madre adesso ce l'aveva soprattutto con la signora Hofer. Non pagava l'affitto, non si riusciva a trovarla, alle lettere non rispondeva (BR) Neben den syntaktischen Kriterien der Notwendigkeit und der Formspezifik führt Jacobs drei semantische Kriterien an: Inhaltsspezifik, Argumentenhaftigkeit und Beteiligtheit. Mit Inhaltsspezifik ist gemeint, dass ein Valenzträger einen Begleiter aus einer bestimmten Objektklasse wählt. So besitzt der EMFINDUNGSTRÄGER inhaltsspezifisch die Eigenschaft [+hum], Inhaltsspezifik ist dagegen im Bereich der hier diskutierten präpositional eingeleiteten Konstituenten grundsätzlich nicht gegeben. Lediglich die Verben sympathiser avec und simpatizzare con sind auf ein KORRELAT gerichtet, das die Eigenschaft +hum aufweisen muss.41 Eine satzförmige Realisierung des KORRELATS, auch mithilfe eines Interpretators, erscheint anders als bei deutsch sympathisieren mit nicht möglich. Das Kriterium der Argumenthaftigkeit bezieht sich auf die semantische Ergänzungsbedürftigkeit des Prädikats. Es stellt eine n-stellige Funktion dar, in der den Argumenten semantische Rollen zugewiesen werden (cf. Blume 2000: 24). Solche Rollen kommen allerdings grundsätzlich nicht einzelsprachlichen Prädikaten zu, sondern müssen, wie bereits erörtert, als Partizipantenrollen übereinzelsprachlich repräsentierter Szenen angesehen werden. Die Vorgehensweise, die Blume (ibd.) vorschlägt, zielt dementsprechend auf eine Analyse einer Szene: „Zur Ermittlung, wie viele und welche Argumente ein Verb hat, sollte man sich fragen, welche Größen in einer Situation, für die das Verb eine zutreffende 40 41

Französisch en vouloir a qqn. (de qqch.) halte ich dagegen für dreiwertig (siehe unten unter 4.3.1). Bei italienisch simpatizzare con kann es sich auch um ein Kollektiv handeln: eine Partei, eine Mannschaft (cf. DISC: s. v. simpatizzare).

126 Bezeichnung ist, eine bestimmte Rolle erfüllen". Die Partizipantenrollen einer Szene müssen jedoch, wie bereits gezeigt, nicht vollständig als Argumente einzelsprachlicher Prädikate erscheinen. Schon ihre Anzahl übersteigt grundsätzlich die Zahl der Argumente, die ein einzelsprachliches Prädikat realisieren kann. Nach Jacobs (1993 apud Blume 2000: 27) sind nur diejenigen Partizipanten als Argumente repräsentiert, die auch syntaktisch realisierbar sind. Zuschlagen etwa bezeichnet eine Szene, an der ein Geschlagener beteiligt ist. Diese Rolle kann jedoch syntaktisch nicht realisiert werden, ebenso wenig wie die gestohlene Sache bei bestehlen.42 Meines Erachtens handelt es sich hier nicht um ein syntaktisches, sondern um ein einzelsprachlich semantisches Phänomen. Fällen wie zuschlagen oder bestehlen, in denen Partizipantenrollen im Satzrahmen gar nicht realisiert werden können, stehen andere gegenüber, in denen Partizipantenrollen im Satzrahmen durch Konstituenten realisiert werden, die nach syntaktischen Kriterien eindeutig als Zirkumstanten angesehen werden können. Einige dieser syntaktischen Zirkumstanten sollen Blume (2000: 28s) zufolge als semantische Argumente des Verbs nach der Jacobsschen Valenzdimension der Beteiligtheit gelten, wenn ihre Präsenz in der vom Valenzträger „bezeichneten Situation impliziert oder implikatiert ist". Dies sei etwa in den folgenden Beispielen bei Instrumenten wie dem Strickzeug oder dem Fahrzeug der Fall: (54)

a. Sie strickt mit Rundnadeln b. Sie fährt mit der Bahn (Blume ibd.: 29, Beispiele 23 a-b)

»Beteiligtheit« des bezeichneten Partizipanten in der Situation soll offenbar eine engere semantische Bindung des entsprechenden Arguments an das Prädikat implizieren. Im Bereich der Abstrakta scheint es jedoch nicht leicht, mit dieser Dimension zu operieren. Nach Blume (ibd.: 29) ist die Lösung im folgenden Beispiel ein beteiligtes Argument, Peter dagegen nicht: (55)

a. Hanna {kennt + weiß} die Lösung b. Hans {ähnelt + mag} Peter (Blume ibd., Beispiele 24a und 2Sa)

Unter »Präsenz« scheint Blume im ersten Beispiel offenbar kognitive Präsenz zu verstehen. Nach diesem Kriterium kann Präsenz des Zweitaktanten zwar bei ähneln ausgeschlossen werden, nicht jedoch bei mögen, dessen KORRELAT, wenn auch nicht durchgehend, als Bewusstseinsgegenstand präsent ist.43 Unter den Gesichtspunkten der Argumentenhaftigkeit und Beteiligtheit können die Präpositionalphrasen, die KORRELATE realisieren, als valenzgebunden gelten, da diese Rolle konstitutiv für die Gefühlsszene ist. Dies gilt, wie in Kapitel 3 gezeigt, nicht in gleichem Maße für den BEZUGSPUNKT. Das de-Komplement von enrager erscheint deshalb in einem stärkerem Maße valenzgebunden als das co/i/re-Komplement. Die Verben craindre pour und temere per realisieren wie enrager contre den BEZUGSPUNKT. Das KORRELAT bleibt grundsätzlich unausgedrückt, kann anders als bei deutschförchten um in einer dreiwertigen Konstruktion jedoch auch direkt realisiert werden (siehe unten unter 4.3). Es stellt sich die

« Siehe oben Kapitel 2.4.2. 43 Wie in Kapitel 3 gezeigt, ist sich der EMPFINGUNGSTRÄGER bei nicht-episodischen Gefühlen des KORRELATS nicht durchgehend bewusst. Er muss das KORRELAT jedoch in seinem Bewusstsein aktualisieren können, damit Uberhaupt von einem Gefühl gesprochen werden kann.

127

Frage, in wieweit das präpositionale Komplement bei den Verben des Fürchtens Aktantentstatus hat. Im Grand Robert wird craindre pour als absolute Variante der transitiven Konstruktion angesehen. Weder Busse / Dubost noch Lewicka / Bugacki geben der intransitiven Konstruktion einen eigenen Eintrag. Anders ist die Beschreibungstradition im Italienischen: temere per wird in den Wörterbüchern deutlich von temere getrennt. Der unterschiedliche KORRELATS-Bezug spricht m.E. für einen doppelten Eintrag. Was ich für jemanden furchte, furchte ich nicht notwendig für mich. Das pour- und das per-Komplement erscheinen auch aufgrund des Kriteriums der Formspezifik stärker valenzgebunden als das BEZUGSPUNKT-Komplement der Verben des Ärgems. Fassen wir zusammen: Die präpositional eingeleitete Konstituente, mit der die in diesem Abschnitt diskutierten SE-Verben erscheinen, ist in unterschiedlich starkem Maße valenzgebunden. Hohe Valenzbindung zeigen die obligatorischen präpositionalen KORRELATE bei tenir ä bzw. tenere a. Tenir ä und tenere α können daher als prototypische intransitive zweiwertige SE-Verben gelten. Eine geringere Valenzbindung weist der mit contre eingeleitete BEZUGSPUNKT bei enrager auf. Bei den italienischen Verben des Ärgerlichwerdens realisiert die mit per eingeleitete Konstituente die URSACHE und ist als Zirkumstante anzusehen. Diese Verben sind syntaktisch einwertig. Das zweite Argument intransitiver SE-Verben wird im Französischen und Italienischen stets in einem obliquen Kasus realisiert. Konstruktionen mit einem EMPFINDUNGSTRÄGER im Nominativ und einem zweiten Argument im Dativ finden sich in diesen Sprachen nicht, wohl aber im Deutschen: (56) entgegenfiebern, entgegenbangen, grollen, misstrauen, trauen, vertrauen, zugetan sein, zürnen44 Die intransitiven SE-Verben bilden im Französischen und Italienischen eine etwa gleich große Gruppe. Ihre Textfrequenz ist aufgrund der vielfältigen Konstruktionen und verschiedenen Bedeutungen der meisten Verben mithilfe der Frequenzwörterbücher kaum zu bestimmen. Einige Verben, ζ. B. exulter / esultare oder rager kommen weitaus häufiger in einwertigen Konstruktionen vor und erscheinen in diesen Konstruktionen als Verben des Gefühlsverhaltens. Bei anderen sind eine »physische« und eine Gefuhlsverbbedeutung zu unterscheiden, etwa bei souffrir / sojfrire, die ein physisches Leiden als eine reine Körperempfindung, aber als Gefühlsverben ein psychisches Leiden bezeichnen. Craindre pour macht lediglich gut 2% der FRANTEXT-Belege (1951-2000) aus; für tenir ä finden sich im gleichen Zeitraum knapp 4000 Belege. Ein beachtlicher Wert, wenn man ihn den knapp

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Die Verben zürnen oder grollen, sind nach Blume (2000: 233) keine Gefuhlsverben, sondern Interaktionsverben, in denen der Stimulus in einer präsupponierten Teilsituation s1 aktiv ist. Ob dies auch für (vertrauen gilt, ist fraglich. Dativ-Stimulus-Verben wie zugetan sein oder entgegenfiebern /-bangen (cf. Primus 2004: 391) sind keine Interaktionsverben. Meines Erachtens sind zürnen und grollen Gefühlsverben mit einem nur indirekt bezeichneten KORRELAT. Das Dativkomplement ist kein KORRELAT, sondern, wie bei enrager contre, der BEZUGSPUNKT, über den das KORRELAT zu ermitteln ist. Da ein Dativkomplement nicht in Satzfonn realisiert werden kann, sind KORRELATE, die Sachverhalte bezeichnen, nur als Abstrakta möglich: i. Ich traue dieser Sache nicht.

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22000 Belegen für aimer gegenüberstellt.45 Vergleicht man diese Werte mit den Frequenzwerten von aimer und tenir bei Juilland et al. (1970), so würde tenir ä etwa Platz 930 einnehmen und ca. 10% der Belege von tenir (Platz 115) ausmachen.46

4.2.1.3 Pseudoreflexive Verben (57)

a. Je me contrariais qu'il soit cann6 de cette faijon (FRANTEXT: SIMONIN, A.) b. Gilberte et Yvonne s'amuserent de ce que Victoire ne savait toujours pas boire au goulot (FRANTEXT: POIROT-DELPECH, B.) c. II se rijouissait de ce que son fils fut trop jeune pour etre mobilise (FRANTEXT: L'HETE, J.) d. Elle s'inqui&e un peu de ce que je fais (FRANTEXT: BOUDARD, A.) e. Je me contente de ce que j'ai (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de)

(58) a. Mi vergogno che mio figlio sia sempre l'ultimo a scuola (BR) b. M'ero fidato che fosse una persona per bene (BR) c. II possidente non si meravigliava che l'ex-servo possedesse un »piccolo capitale« (DELEDDA: V) d. Promise di contenersi cautamente e si offese che Alfonso gli raccomandasse piü volte il segreto (SVEVO: V) Die Verben dieser Klasse unterscheiden sich von den intransitiven SE-Verben insofern, als sie mit einem obligatorischen Klitikum gebildet werden. Wie bei den intransitiven SE-Verben wird der EMPFINDUNGSTRÄGER als Subjekt realisiert. Der Zweitaktant entspricht in den zu Beginn dieses Abschnitts angeführten Beispielen dem KORRELAT. Er kann unter den gleichen Bedingungen wie bei den intransitiven SE-Verben grundsätzlich als Objektoidsatz realisiert werden. Belletti / Rizzi (1988: 295-297) betonen, dass das obligatorische Klitikum nicht reflexiv interpretiert werden kann und keinen Argumentstatus besitzt. Das Klitikum ist ausdrucksseitig mit dem Reflexivpronomen identisch, kann jedoch nicht mit einem nicht-reflexiven klitischen Pronomen kommutiert werden: (59)

a. Ma fille, c'est vrai, quand eile trainait les maladresses de ses cinq ou six ans, s'irritait de ce que Polka ne lui rendTt guere visite (FRANTEXT: TOURNIER, M.) b. *Ma fille l'irritait de ce que Polka ne lui rendit gufere visite

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Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Gruppe der transitiven SE-Verben unter den Aspekten der Textfrequenz, der Prototypikalität der bezeichneten Gefühle, aber auch der Lexemzahl im Französischen und Italienischen eine weitaus zentralere Klasse bildet, als die Gruppe der intransitiven SE-Verben. Arad (1996: 27) kann somit nicht gefolgt werden, wenn sie generalisierend feststellt: „»Subject Experiencer« verbs tend to mark their non-subject argument with a preposition (although there are some exceptions to this, such as like, love, adore, dislike, hate, detest)". Aufgrund theoretischer Annahmen, die in Kapitel 6 noch ausfuhrlich diskutiert werden sollen, lässt sich Arad dazu verleiteten, transitive SE-Verben kontrafaktisch als Ausnahmen anzusehen. Im Italienischen ist tenere α dagegen selten.

129 Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei diesen Konstruktionen um Pseudoreflexivität im Sinne Oesterreichers (1992: 245), bei der „kein wie auch immer gearteter »pronominaler Rückbezug« mehr vorliegt". Oesterreichers Terminus Pseudoreflexivität hat den Vorteil, als Übergriff für eine Vielzahl verschiedener Funktionen dienen zu können, die ein nicht-rückbezügliches Klitikum ohne Aktantenstatus ausüben kann. Oesterreicher unterscheidet zwischen lexikalischer und grammatischer Pseudoreflexivität. Zu der letzteren zählt er auch das Medium und das Reflexivpassiv (cf. ibd.: 245-249). In der GG wird die Gruppe der lexikalischen Pseudoreflexiv-Konstruktionen in »inhärent-reflexive« und »ergative« (»inakkusative«)47 Konstruktionen unterteilt (cf. Wehrli 1986: 282; Müller 2004: 251): (60)

a. Jean s'6vanouit [inhärent-reflexiv] (Wehrli ibd.: 265, Beispiel 3a) b. La branche s'est cass6e [ergativ] (Ibd.: 266, Beispiel Sa)48

Es ist in der Literatur umstritten, ob es sich bei den pseudoreilexiven Gefühlverben um lexikalische oder grammatische Pseudoreflexiva handelt. Belletti / Rizzi (1988: 297) halten sie für eine Spielart der ergativischen (inakkusativischen), Pesetsky (1995: 102-109) und Siller-Runggaldier (1996: 166-168) für inhärent-reflexive Konstruktionen. Dagegen vertreten andere Autoren, dass Pseudoreflexivität ein grammatisches Phänomen ist. Gross (21971: 111; 1975: 103; 2000: 29s) hält Pseudoreflexiva für Passivkonstruktionen, Cresti (1990: 62) und Massullo (1992) für Antipassivkonstruktionen. Auf das Für und Wieder dieser Klassifikationen wird in Kapitel 5 noch ausführlich einzugehen sein. All diesen Ansätzen jedenfalls ist gemeinsam, das Klitikum nicht für ein echtes Reflexivum zu halten. Härtl (2001: 200-206) hat dieser allgemeinen Ansicht widersprochen. Es könne sich durchaus um echte Reflexiva handeln, die die Objektaktantenstelle besetzen und koreferent mit dem Subjekt sind. Dies zeige sich zum einen darin, dass Koordinationsstrukturen wie die folgenden bei reflexiven Gefühlsverben im Gegensatz zu inhärent-reflexiven Verben nur markiert, aber nicht völlig ausgeschlossen seien: (61)

a. Karl badet erst sich und dann den Patienten (Härtl 2001: 201, Beispiel 217b) b. ?Der Spaßvogel amüsiert sich und meistens andere gleich mit c. *Peter erholt sich und meistens andere gleich mit (Härtl ibd., Beispiele 218a-b; Härtls Bewertungen)

Die Markiertheit der Koordination bei Gefühlsverben käme zustande, weil Gefühlsverben einen Perzeptionsakt implizieren, der nicht für andere mit geleistet werden könne (cf. ibd.). Die Akzeptabiltitätsunterschiede, auf die Härtl hier abstellt, erscheinen jedoch äußerst fraglich.

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Der Terminus ergativ ist unglücklich, da in einer Ergativsprache der Kasus Ergativ als der in der Kasushierarchie tiefer stehende Kasus der aktiveren GSR einer transitiven Konstruktion zugewiesen wird (cf. Primus 1999a: 84). »Ergativkonstruktionen« in der GG realisieren jedoch gerade die passivere GSR als Subjekt, der kein Akkusativ zugewiesen werden kann; die aktivere GSR erscheint nicht (i. La branche s 'est cassee). In der RG (cf. Perlmutter 1983) wird daher der Terminus inakkusativ für diese Konstruktionen verwendet. In der GG wird ζ. T. zwischen »ergativen« Verben, denen eine kausative Konstruktion gegenübersteht, ζ. B. englisch sink, und »inakkusativen« Verben wie ζ. B. arrive unterschieden (cf. Haegeman 1991: 31 ls). Siehe auch Müller (2004: 250), Beispiele 5b und 5d.

130 Als zweites Argument fuhrt Härtl an, dass reflexive Gefuhlsverben Resultativkonstruktionen erlauben, diese aber bei Medium-Konstruktionen ausgeschlossen seien: (62)

a. Wir amüsieren uns zu Tode (Härtl 2001: 201, Beispiel 224a) b. *Das Karussell dreht sich defekt (Härtl 2001: 203, Beispiel 226b)

Resultativkonstruktionen können jedoch auch von einwertigen und absolut gebrauchten zweiwertigen Verben gebildet werden, bei denen das Klitikum nicht die Stelle des Objektaktanten besetzt. Ebenso sind sie bei den inhärent-reflexiven Verben vom Typ sich erholen möglich: (63)

Wir {tanzen + arbeiten + fressen + erholen} uns zu Tode

Die Ansicht, dass positive Gefuhlsverben - Härtl diskutiert sich amüsieren, sich erfreuen, sich ergötzen und sich erheitern - grundsätzlich echte Reflexivkonstruktion bilden, ist nicht überzeugend. 49 Eine reflexive Lektüre kann, wie bereits Belletti / Rizzi (1988: 297) beobachtet haben, in bestimmten Kontexten erzwungen werden, erscheint aber bei den meisten Verben markiert.50 Im Italienischen sind hierzu betonte Reflexiva 51 erforderlich: (64)

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(?)Ultimamente, Gianni preoccupa perfino se stesso (Belletti / Rizzi ibd., Beispiel 14b)

Härtl hält dagegen sich schämen (cf. ibd.: 204) für inhärent-reflexiv und offenbar nicht für ein Gefühlsverb. Bei Zammuner (1998: 171) nimmt »vergogna« mit Platz 34 von 153 in der Prototypikalitätsskala jedoch einen vorderen Platz ein. Unklar bleibt bei Härtl auch die Behauptung, Reflexivkonstruktionen könnten nur von positiven Gefühlen gebildet werden (cf. ibd.: 203). Damit kann wohl nur gemeint sein, dass die entsprechenden Konstruktionen negativer Gefühle Pseudoreflexiva sind. Das sagt Härtl zwar nicht, doch wird ihm kaum die Existenz von Verben wie sich erschrecken, sich beunruhigen, sich ärgern etc. entgangen sein. Härtl erwähnt aber nur sich ängstigen, das zusammen mit sich fiirchten als Pseudoreflexivum klassifiziert wird (cf. ibd.: 206). Auch dass die Präposition eine entscheidende Rolle bei der Abgrenzung spielt - Härtl diskutiert an gegenüber vor (cf. ibd.: 203-206) - ist nicht überzeugend: sich amüsieren regiert nicht an, sondern wie sich ärgern die Präposition über. Zumal findet sich an auch bei pseudoreflexiven Verben, die negative Gefühle bezeichnen: sich stören an. Der Grund hierfür könnte in der Semantik liegen. Nach Bouchard setzt die reflexive Lesart eine agentive Interpretation des Subjekts voraus (Bouchard 1995: 292). Vielleicht ist dies der Grund, warum Härtl sich an positive Gefühle hält. Üblicherweise dürfte intentionales Einwirken auf die eigene Gefühlswelt auf das Hervorrufen positiver, nicht negativer Gefühle zielen. Da kontrolliertes Hervorrufen der eigenen Gefühle jedoch nicht möglich ist, bleiben die Konstruktionen mehr oder weniger markiert. Andererseits ist im Beispiel 14b von Belletti / Rizzi nun gerade nicht intentionales Hervorrufen thematisiert. Ein wesentlicher Akzeptabilitätsunterschied zwischen den reflexiven Konstruktionen scheint sich weder zwischen positiven und negativen Gefühlen noch zwischen agentiven und nicht-agentiven Konstruktionen zu ergeben (cf. bereits Ruwet 1972b: 220). Darauf wird noch einzugehen sein. Im Italienischen absorbiert das reflexive Klitikum das externe Argument (cf. Müller 2004: 255). Eine agentive Interpretation ist deshalb nur bei stesso möglich. Ob dies auch für das Französische gilt, ist umstritten. Bouchard (1995: 293) nimmt dies an, Müller (2004: 256) widerspricht dem unter anderem mit dem Argument, dass im Gegensatz zum Italienischen im Französischen das reflexive Klitikum in Kausativkonstruktionen eingebettet werden kann: i.: *Maria ha fatto accusarsi Piero; ii. Marie a fait s 'accuser Paul (Müller ibd., Beispiele 14b und 15a).

131 Die markiert reflexiven Konstruktionen können jedoch von den pseudoreflexiven klar abgegrenzt werden. Bei den reflexiven Konstruktionen kann das KORRELAT nicht als Aktant realisiert werden: (65)

a. (?)Der Spaßvogel amüsiert allein sich selbst mit seinen Witzen b. *Der Spaßvogel amüsiert allein sich selbst über seine Witze

Es gibt allerdings tatsächlich einige Gefiihlsverben, bei denen echte Reflexivität vorliegt: im Französischen etwa consoler und das metaphorische Gefuhlsverb distraire.52 Das KORRELAT dieser Verben wird in der reflexiven Konstruktion einem Instrument gleich als Adjunkt realisiert:53 (66)

a. Contrainte de suivre les conseils de sa mfre, Ben se console avec la pensee que si celle-ci la voyait dövorer avec la peau un melon tap£ ayant train6 dans la poussiire l'huile et les microbes et abondamment arrosi d'insecticides, eile s'ivanouirait d'horreur (FRANTEXT: ROCHEFORT, C.) b. Je me bouchais les oreilles pour ne plus entendre les refrains morbides avec lesquels mes compagnons se distrayaient de leur malheur (FRANTEXT: GRECE, M. de)

Ein rfe-Komplement, das auch als direkt angeschlossener Komplementsatz erscheinen kann, ist zwar möglich, realisiert aber die Rolle BEZUGSPUNKT. Der BEZUGSPUNKT erscheint als Sachverhalt, da er das KORRELAT eines belastenden Gedankens oder Gefühls ist. Bei consoler konkretisiert sich der BEZUGSPUNKT als ein Sachverhalt, der das KORRELAT eines Gefühls des Betrübtseins oder der Trauer darstellt: (67)

a. Brian se consola d'avoir quitti les Indes (FRANTEXT: ORMESSON, J. d') b. Les musulmans ont dü inventer 9a pour se consoler qu'on leur ait interdit 1'alcool (FRANTEXT: PAYSAN, C.)

Im Italienischen gilt Entsprechendes für distrarsi, confortarsi und consolarsi. Es handelt sich um echte Reflexivkonstruktionen transitiver OE-Verben. Der BEZUGSPUNKT wird bei distrarsi als rfa-Komplement realisiert, das KORRELAT als ein mit con eingeleitetes Adjunkt. Confortarsi und consolarsi realisieren den BEZUGSPUNKT als Λ-Komplement, das KORRELAT als Adjunkt mit a, con oder per. (68) a. Si conforteranno l'uno l'altro (a vicenda) della loro sventura (BR) b. Ho perduto mia madre, ma mi consolo al pensiero d'averla assistita meglio che ho potuto (BR). Die pseudoreflexiven Gefiihlsverben bilden im Französischen wie im Italienischen eine große Gruppe. Die meisten dieser Verben korrespondieren mit einem transitiven OE-Verb: 52

53

Gleiches gilt für dissiper, das Mathieu als Verb der Klasse »amusement« mit geringem Intensitätsgrad aufführt. Nach meinen Korpusbelegen und der Ansicht der von mir befragten Sprecher ist diese Klassifizierung jedoch fraglich. Dissiper scheint in aller Regel »Zerstreuung« im Sinne von »Unaufmerksamkeit«, nicht im Sinne von »Unterhaltung« zu bezeichnen und wird deshalb als Gefuhlsverb in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt. Über den Status des präpositional realisierten KORRELATS bei pseudoreflexiven Konstruktionen wird noch zu sprechen sein. Es kann jedenfalls nicht als instrumentale Angabe betrachtet werden.

132 (69) L'attitude de Luc etonne Lea Lea s'etonne de l'attitude de Luc (Gross 2000: 29) Mathieu (2000: 165-180) fuhrt über 150 transitive OE-Verben auf, denen ein pseudoreflexives SE-Verb entspricht. Diese Liste soll hier nicht im ganzen angeführt werden. Ich beschränke mich auf diejenigen Verben, die nach dem Frequenzwörterbuch von Juilland et al. (1970) zu den 5000 meist gebrauchten Lexemen gehören und ergänze dabei einige wenige Verben, die bei Mathieu fehlen. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht in jedem Fall die Gefuhlsverbbedeutung zu einer hohen Textfrequenz fuhrt: (70) s'affecter de, s'amuser de, s'attendrir de/sur, se blesser de/pour, se bouleverser de, se contenter de, se contrarier de, se döcourager de, se desespέΓer de, s'effrayer de, s'emouvoir de/sur, s'emporter de/pour, s'enchanter de, s'ennuyer de, s'etonner de, s'exciter de/sur, se fatiguer de, se flatter de, se frapper de, se gener de/pour, se heurter iL, s'inquidter de, s'inspirer de, s'intiresser ä, s'irriter de/contre, se mefier de, se passionner pour, se prioccuper de, se rassurer de/sur, se rejouir de, se rivolter de/contre, se soucier de, se tourmenter de/pour Bei einigen Verben, ζ. B. bei se gener (,sich schämen') und se frapper (,sich unnötig beunruhigen'), existiert eine transitive OE-Konstruktion, die jedoch nicht der Bedeutung der pseudoreflexiven Konstruktion entspricht: (71) a. Les syndicats patronaux, ils se genent pour faire de la politique (FRANTEXT: POIROTDELPECH, B.)! = Faire la politique gene les syndicats patronaux b. II avait decid6 de ne plus se frapper: les choses tournaient toujours moins mal qu'on ne pensait (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de)! = Que les choses toumassent toujours moins mal qu'on ne pensait ne le frappait plus Unter den französischen pseudoreflexiven Verben, die zu den 5000 meistgebrauchten Lexeme gehören, findet sich die folgende kleine Gruppe von Verben, denen kein transitives OE-Verb entspricht: (72) s'6prendre de, se fier ä, se mefier de, se repentir de/ä, se soucier de Se rassurer erlaubt im Gegensatz zu s 'apaiser und se calmer, die nicht notwendig KORRELATS-bezogen sind, die Realisierung des KORRELATS als rfe-Komplement. Es findet sich aber auch eine Konstruktion, in der der BEZUGSPUNKT, der beunruhigende Sachverhalt, als swr-Komplement realisiert wird: (73) a. II se rassure de nous entendre dire que cette epreuve, c'est un signe qu'il aime sa maman ... (FRANTEXT: DOLTO, F.) b. Je me rassurai neanmoins sur ce que l'abus venait seulement d'avoir trap divulguö des dispositions excellentes mais auxquelles Dieu η'attire que quelques ämes, et je crus pouvoir me rendre aisement maltresse de ces disordres et faire rentrer sans eclat mon troupeau dans le rang d'une ρϊέίέ plus commune (FRANTEXT: CHANDERNAGOR, F.) Die Realisierung des KORRELATS ist bei pseudoreflexiven SE-Verben grundsätzlich fakultativ. Bei einigen Verben kann das KORRELAT allerdings nicht unausgedrückt bleiben (cf. Mathieu 2000: 74; 165-180):

133 (74)

a. *Max se satisfait (Mathieu 2000: 74, Beispiel 135) b. •Paul {s'affecte + s'interesse54)

Im Italienischen finden sich unter den S000 meist gebrauchen Wörtern nach Juilland / Traversa (1973) folgende Pseudoreflexiva: (75) abbattarsi per, accontentarsi di, agitarsi per, allietarsi per, annoiarsi di/a, appassionarsi a, commuoversi a/in/per, compiacersi di, consumarsi per, contentarsi di, disperarsi di, dispiacersi di, divertirsi a, divorarsi da, eccitarsi per/su, esaltarsi per, fidarsi di, impressionarsi a, innamorarsi di, interessarsi a, irritarsi per/con/contro, ispirarsi a, meravigliarsi di/per, offendersi di/per, preoccuparsi per, rallegrarsi di, risentirsi di/per/con/contro, rivoltarsi contro, sconvolgersi per, scuotersi per, seccarsi per, soddisfarsi di, sollevarsi contro, soφrendersi di/per, spaventarsi di, stancarsi di, stupirsi di/per, tormentarsi per, vergognarsi di Bei affaticarsi und alleggerirsi, die ebenfalls zu den 5000 häufigsten Lexemen zählen, erscheint die Gefuhlsverbbedeutung nach Aussagen der von mir befragten Sprecher so marginal, dass diese Verben hier nicht aufgeführt werden. Folgenden pseudoreflexiven italienischen Gefiihlsverben entspricht keine transitive bedeutungsäquivalente OE-Konstruktion: (76) adirarsi per, adontarsi per, arrabbiarsi di/per/con, disperarsi di, dispiacersi di, dolersi di/per, fidarsi di, impennarsi per, inalberarsi per, pentirsi di, risentirsi di/per/con/contro, stancarsi di, vergognarsi di Bei adirarsi und adontarsi sind die transitiven OE-Konstruktionen veraltet. Mit disperarsi per, fidarsi di und risentirsi di (in der Bedeutung .leiden an') korrespondieren intransitive SE-Konstruktionen: disperare di,fidare di/su, risentire di. Dispiacersi und dolersi entsprechen in der Bedeutung .bedauern' dagegen intransitive OE-Konstruktionen: (77) a. Gli e dispiaciuto molto che non potessimo accettare il suo invito (BR) b. (78)

dispiaciuto molto dell'equivoco involontario (BR)

a. Le έ doluto di averlo abbandonato (BR) b. Ho sbagliato e me ne dolgo (Z)

Französisch se deplaire quelque part und se plaire ä/dans sind dagegen komplexe, nicht leicht zu interpretierende Konstruktionen. Man könnte argumentieren, dass hier echte Reflexivität vorliegt. Das präpositional eingeleitete Komplement bildet ein (reduziertes) KORRELAT, das mit dem EMPFINDUNGSTRÄGER referenzidentische Subjekt dagegen den BEZUGSPUNKT:

(79) a. II se ddplait dans ce petit village (BD) b. II se platt έ tourmenter ses collogues (BD) Französische wie italienische pseudoreflexive Verben des Ärgerns können anstelle des KORRELATS auch den BEZUGSPUNKT realisieren:

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Die von mir befragten Sprecher beurteilen die Akzeptabilität von s'interesser ohne explizites allerdings unterschiedlich.

KORRELAT

134 (80) a. Je m'irritai centre Pradelle: pourquoi repoussait-il la solution que j'avais propos6e? (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) b. A peine avions-nous compris que nous etions tomb6s ä notre tour dans cette classe detestee que nous nous revoltions contre eile ä coups de drogue et de baccara, avec des revolutionnaires arabes et des actrices italiennes (FRANTEXT: ORMESSON, J. d') (81) a. Cofferati non replica a Silvio e si irrita con D'Alema (II Mattino: 04.07.2002) b. Le tre sorelle erano a tal punto convinte della colpevolezza di Basilio, che per poco non sirivoltaronocontro il padre (DI MONACO: CLR) Die Präposition con bei italienisch irritarsi con anstelle der semantisch stärker motivierten Präposition contro spricht unter dem Gesichtspunkt der Fonnspezifik für eine stärkere Valenzbindung des BEZUGSPUNKTS. Die pseudoreflexiven Geflihlsverben stellen im Französischen und Italienischen eine unter quantitativen Gesichtspunkten bedeutende Gruppe dar, und zwar sowohl hinsichtlich der Lexemzahl als auch hinsichtlich der Textfrequenz eines Großteils der Lexeme. In den folgenden Kapiteln wird zu erörtern sein, ob es sich hier tatsächlich um eine lexikalische Klasse handelt oder ob die pseudoreflexiven Konstruktionen in einem diabetischen Bezug zu den transitiven OE-Konstruktionen stehen. Die Beantwortung dieser Frage betrifft auch den Status der präpositionalen Konstituente, auf deren Valenzbindung ich in diesem Abschnitt deshalb nicht näher eingegangen bin.

4.2.2 Zweiwertige OE-Verben Bei den zweiwertigen OE-Verben lassen sich im Französischen und Italienischen nach dem Kasus des EMPFINDUNGSTRÄGERS zwei Klassen unterscheiden: Akkusativ-EMPFINDUNGSTRÄGER-Verben (transitive OE-Verben) und Dativ-EMPFINDUNGSTRÄGER-Verben (intransitive OE-Verben). Die beiden Klassen entsprechen der preoccupare-Klasse und der piacereKlasse bei Belletti / Rizzi (1988).

4.2.2.1 Transitive OE-Verben (82) a. L'idee que je n'avais tenu que trois ou quatre fois la raquette de tennis ä la main ne la pröoccupait nullement (FRANTEXT: GARY, R.) b. Tout ce qui la for?ait ä se souvenir la bouleversait (FRANTEXT: ARAGON, L.) c. Tout ce qui nous rappelle cette jeunesse que nous allons incessamment perdre pour toujours nous attendrit (FRANTEXT: GROULT, B.) d. Ca ne devait pas vous enchanter qu'elle epouse Saint-Hiver? (FRANTEXT: PENNAC, e. Que j'aime les compositeurs romantiques te flattait: toi aussi, tu ötais ferue de Berlioz, de Schubert et, bien sür, de Beethoven (FRANTEXT: BOSQUET, Α.) f. Qu'il soit en retard me prioccupe (BD) g. Mais vers la fin de la journde, 9a me derangeait pas qu'on me parle pas, 9a me reposait (FRANTEXT: DJIAN, Ph.)

135 (83) a. Ci preoccupa perö che si possa arrivare a una adozione in modo disparate, ossia non armonizzato ... (BR) b. Dawero mi offendeva ch'egli credesse di essere l'uomo piu disgraziato del mondo (LIZ: SVEVO, I.) c. II fatto che il gap sia minore, e non si vada ampliando per quantoriguardala produttivitä delle imprese private non ci consola (BR) d. Vincere con l'inganno non mi diverte (BR) e. Che ciö sia accaduto non meraviglia nessuno (BR) f. Mi sorprenderebbe che tu non lo sappia (BR) g. Mi spaventa tuttavia il fatto che gli ospedali pubblici italiani abbiano difficoltä a competere (BR) OE-Verben, die den EMPFINDUNGSTRÄGER als direktes Objekt realisieren, bilden die größte Gruppe der Gefühlsverben. Die Tafel 4 der Lexikon-Grammatik (Gross 1975) enthält 616 Verben, von denen, Gross (ibd.: 170) zufolge, die meisten Gefühlsverben sind. Ruwet (1994, 1995b) und Mathieu (2000), haben, wie bereits erwähnt, einen nicht unerheblichen Teil dieser Verben aus der Gruppe der Gefühlsverben ausgeschlossen, da sie kein Gefühl, sondern das Urteil eines Beobachters über die Psyche oder den Charakter einer Person bezeichnen. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, die aus diesem Grunde ausgeschlossenen Verben noch einmal vollständig aufzulisten (Beispiele sind bereits oben gegeben worden).55 Wie bei den pseudoreflexiven Verben habe ich aus dem Korpus von Mathieu diejenigen transitiven OE-Verben ausgewählt, die nach Juilland et al. (1970) zu den 5000 meist gebrauchten französischen Lexemen gehören, und dabei wiederum einige wenige Verben ergänzt, die bei Mathieu fehlen. Unter den bei Mathieu berücksichtigten Verben ist rqfraichir auszuschließen: die Gefühlsverbbedeutung ist hier in ihrer Textfrequenz marginal und ist den von mir befragten Sprechern zufolge so entlegen, dass das Verb nicht als Gefühlsverb lexikalisiert erscheint. In geringerem Maße trifft dies auch auf paralyser und remuer zu, die ich ebenfalls deshalb nicht berücksichtigt habe. Dissiper hatte ich bereits ausgeschlossen: dieses Verb kann nicht zum Wortfeld der »amusement« bezeichnenden Verben gezählt werden. Es ergibt sich somit folgende Liste französischer transitiver OE-Verben: (84) abattre, accabler, adoucir, agiter, affecter, amuser, animer, apaiser, attendrir, attirer, blesser, bouleverser, calmer, combler, consoler, contenter, contrarier, ddchirer, dicourager, deranger, desespirer, ddvorer, distraire, effiayer, emouvoir, empoisonner, empörter, enchanter, encourager, enivrer, ennuyer, 6tonner, exciter, fatiguer, flatter, frapper, gener, heurter, impressionner, inquirer, inspirer, int6resser, irriter, obseder, passionner, pröoccuper, rassurer, ravir, rijouir, retourner, revolter, satisfaire, secouer, soulever, stimuler, surprendre, tenter, tourmenter, toucher In der lexikon-grammatischen Klassifizierung der italienischen Verben von Elia et al. entspricht der Tafel 4 die Klasse 41 (cf. Elia et al. 1981: 317-324). Elia et al. illustrieren diese Klasse mit 20 Verben, von denen jedoch einige keine Gefühlsverben sind, andere nicht zu den 5000 häufigsten italienischen Wörtern nach dem Frequenzwörterbuch von Juilland /

55

Eine solche Liste kann leicht erstellt werden, wenn man die Tafel 4 mit der Liste der knapp 400 transitiven OE-Verben bei Mathieu (2000: 139-143) vergleicht.

136 Traversa (1973) gehören. Das Frequenzwörterbuch bildet die Grundlage für die Auswahl der italienischen transitiven OE-Verben, deren Gesamtzahl ebenfalls auf mehrere Hundert geschätzt werden kann. Für affaticare und alleggerire gilt das bereits für die entsprechenden Pseudoreflexiva Festgestellte: diese Verben sind in ihrer Gefuhlsverbbedeutung marginal und werden deshalb hier nicht berücksichtigt. Bei pungere ist die Gefiihlsverbbedeutungen nach Ansicht der von mir befragten Sprecher so entlegen, dass dieses Verb sich kaum zur Überprüfung von Gefühlsverbeigenschaften eignet. Auch bei travolgere ist die Gefuhlsverbbedeutung äußerst selten und zudem stilistisch als gehoben markiert. Folgende italienische transitive OE-Verben habe ich nach diesen Vorüberlegungen berücksichtigt: (85) abbattere, accontentare, agitare, allietare, animare, annoiare, appassionare, attirare, attrarre, calmare, colpire, commuovere, compiacere, confortare, consolare, consumare, contentare, distrarre, disturbare, divertire, divorare, eccitare, esaltare, ferire, impressionare, incoraggiare, innamorare, interessare, intrattenere, irritare, ispirare, meravigliare, offendere, opprimere, preoccupare, rallegrare, rivoltare, sconvolgere, scuotere, seccare, soddisfare, sollevare, soφrendere, spaventare, stancare, stupire, tentare, toccare, tormentare, trascinare, trasportare, urtare Transitive OE-Verben erlauben, das KORRELAT als Subjektsatz zu realisieren. Diese Eigenschaft ist für die Verben der Tafel 4 der Lexikon-Grammatik von Gross sowie für die Klasse 41 bei Elia et al. konstitutiv: (86) Qu'il vienne ennuie Paul (Gross 1975: 170) (87) Che Max scherzi diverte Ena (Elia et al. 1981: 317) Tatsächlich hat die Konstruktion mit einem vorangestellten Subjektsatz eine äußerst geringe Textfrequenz, auch wenn ihre Grammatikalität Sprecherbefragungen zufolge nicht zu bezweifeln ist. Sie wird in den Valenzwörterbüchern von Busse / Dubost, Blumenthal / Rovere und Lewicka / Bogacki nicht in systematischer Weise aufgeführt. Ebenfalls von geringer Textfrequenz ist die Realisierung des KORRELATS als Infinitiv in Subjektfunktion, die mit der Realisierung als Komplementsatz gleichzusetzen ist und an dessen Stelle tritt, wenn das Subjekt des Komplementsatzes, der den KORRELATS-Sachverhalt ausdrückt, mit dem EMPFINDUNGSTRÄGER referenzidentisch ist: (88) De venir ennuie Paul (Gross 1975: 170) (89) Andare al cinema infiamma Pat (Elia et al. 1981: 317) Gross (ibd.) zufolge ist die im Französischen des 17. Jahrhunderts mögliche Extraposition heute kaum noch akzeptabel: (90) ?*I1 ennuie Paul qu'il vienne (Gross ibd.) Tatsächlich aber findet sich diese Konstruktion im FRANTEXT-Korpus auch bei einem zeitgenössischen Autor: (91) II m'ennuie que cette affaire soit jetee en päture au public (FRANTEXT: PILHES, R.) Grevisse / Goose ( I3 1993: 1147) führen weitere Belege für diese Konstruktion an, die sie als „conformement a l'usage classique" und „fort litteraire" bewerten. Üblicher sei dagegen

137 die Extraposition mit cela bzw. ςα. Diese Konstruktion findet sich im FRANTEXT-Korpus (1951-2000) etwas häufiger: (92)

a. Ca m'ennuie que tu sois triste (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) b. Cela me flattait que tu puisses avoir besoin de moi (FRANTEXT: GROULT, B. / GROULT, F.)

Elia et al. (1981: 317) beschreiben die Extraposition im Italienischen als „una forma molto comune di realizzare la struttura con complementiva soggetto": (93)

Colpisce Patrizia che Ugo rida (Elia et al. ibd.: 318)

Tatsächlich scheint nach den Belegen von Blumenthal / Rovere die Konstruktion mit nachgestelltem Subjektsatz häufiger als diejenige mit vorangestelltem Subjektsatz. Der Subjektsatz kann im Französischen wie im Italienischen auch mit einem Interpretator eingeleitet werden: (94)

a. L'idee que Jean püt lui faire l'amour me desesp6rait (FRANTEXT: JARDIN, A.) b. L'idee qu'il peut souffrir ä cause de moi me rtvolte (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de)

(95)

a. II fatto che Pita vada a Cagliari distrugge Max (Elia et al. ibd.: 323)

Im Regelfall wird das KORRELAT der transitiven OE-Verben jedoch nicht in Satzform an den Inteipretator gebunden. Stattdessen erscheint allein der Interpretator, der auf das KORRELAT referiert, als Subjekt des transitiven OE-Verbs. Das interpretierte KORRELAT ist nur im außersprachlichen Kontext präsent oder wird außerhalb des Satzrahmens im Ko-Text realisiert. Hier einige französische Beispiele aus dem FRANTEXT-Korpus: (96)

a. Une seule chose m'interessait alors, sortir du milieu paysan (FRANTEXT: DEBATISSE, M.)

b. Un autre probl£me me preoccupait bien davantage, celui de ma circoncision (FRANTEXT: B(E, A.) c. Je me suis redressi en vitesse, cette histoire m'amusait pas du tout (FRANTEXT: DJIAN, Ph.) d. Est-ce que cette id6e vous contrarie? (FRANTEXT: ORMESSON, J. d')

Konstruktionen dieser Art besitzen eine hohe Textfrequenz, die es, neben der Zahl der Lexeme selbst, rechtfertigt, unter quantitativen Gesichtspunkten die transitiven OE-Verben als die zentrale Klasse der Gefiihlsverben anzusehen. Ebenso erscheint diese Klasse unter qualitativen Gesichtspunkten zentral: eine Vielzahl der Lexeme bezeichnet prototypische Gefühle wie »Ärger«, »Trauer«, »Angst« oder »Freude«. Die Klasse der transitiven OE-Verben ist sowohl in der älteren (cf. Postal 1971) als auch in der neueren Forschung (cf. Belletti / Rizzi 1988) als gegenüber der Klasse der transitiven SE-Verben markiert beschrieben worden. Dies erscheint dadurch begründet, dass unter syntaktischen Gesichtspunkten transitive SE-Verben prototypischen transitiven Verben, wie etwa die Verben des »Schlagens«, »Essens«, »Bauens« oder »Zerstörens«, eher entsprechen als transitive OE-Verben. Auf diese Unterschiede im syntaktischen Verhalten wird noch näher einzugehen sein. Dabei wird sich zeigen, dass die Klasse der transitiven OE-Verben

138

keineswegs so homogen ist, wie dies auf den ersten Blick aufgrund der Realisierung des EMPFINDUNGSTRÄGERS im Akkusativ erscheint.

4.2.2.2 Intransitive OE-Verben (97)

a. Que les amis defilent ä Chausey, qu'elle ait parfois dix personnes ä table ne pese guere ä Caroline, au contraire (FRANTEXT: DORMANN, G.) b. Developper le mot pigeon d'un texte debile nous repugnait (FRANTEXT: SCHREIBER, B.) c. Voir carder la laine d'un matelas plaisait toujours aux enfants (FRANTEXT: SABATIER, R.) d. II m'importait peu que mon nom figurät sur ce monument (FRANTEXT: YOURCENAR, M.) e. II lui plaisait que sa vie prit la forme d'une caricature des mceurs echassieres, haute en couleur et tout 6claboussee de sang et de sperme (FRANTEXT: TOURNIER, M.) f. L'ami m'aimait... Et il aurait fallu que je sois en permanence ä sa disposition, que je ne bouge pas un pied, que je m'allonge toutes les fois que f a lui chantait (FRANTEXT: GIBEAU, Y.)

(98)

a. Al govemo italiano (...) interessava soprattutto che fosse cancellata, da parte dell'Irak, l'obiezione politica a riprendere i pagamenti alle nostre imprese attive in territorio iracheno (BR) b. A noi importa che l'affare si concluda vantaggiosamente (BR) c. Non gli piace che si parli di lui (BR) d. Oggi, alle donne piace lavorare (BR) e. Sono cosi oppresso di grave fatiche e dolori che sovente vivere mi pesa (BR)

Intransitive OE-Verben realisieren im Französischen und Italienischen den EMPFINDUNGSTRÄGER im Dativ; Verben, die dem EMPFINDUNGSTRÄGER einen obliquen Kasus zuweisen,

finden sich nicht. Die Klasse der intransitiven OE-Verben ist erstmals von Belletti / Rizzi (1988) ausgiebig diskutiert worden. Belletti / Rizzi beschränken ihre Ausführungen dabei fast ausschließlich auf das Verb piacere. Tatsächlich ist die Zahl der Verblexeme mit einem dativischen EMPFINDUNGSTRÄGER gering, wobei sich im Italienischen einige Lexeme mehr finden als im Französischen. Ruwet (1994: 52) zählt allein die folgenden französischen Verben zu dieser Klasse: (99)

botter, chanter, deplaire, plaire, peser, repugner

Als Zweifelsfalle erwähnt er agreer, importer und sourire. (100) Cette idöe ne me sourit pas (Ruwet ibd.)

Sourire im metaphorischen Sinne habe, so Ruwet (ibd.), eher die Bedeutung .convenir' als die Bedeutung ,plaire' und setzt somit kein Gefühl voraus, dessen sich der EMPFINDUNGSTRÄGER notwendig bewusst ist. Gleiches gilt wohl auch für das nicht-metaphorische agreer. Aus den selben Gründen erscheint es Ruwet (ibd.) fraglich, ob die als familiär markierten Verben botter und chanter zu den Gefühlsverben zu zählen sind. Letztlich sieht er

139 diese Verben aber als Synonyme von plaire und nicht von convenir an. Den Ausschluss von importer begründet Ruwet nicht. Dieses Verb ist m. E. zu berücksichtigen, da es eine bewusste subjektive Bewertung eines KORRELATS impliziert, auch wenn das korrespondierende Gefühl nicht durch ein Substantiv zu benennen ist. Legendre (1989: 753) berücksichtigt manquer, das jedoch grundsätzlich zur Klasse der Besitz-Verben zu zählen ist. Manquer denotiert stets die Abwesenheit einer Entität. Der aus der Abwesenheit resultierende Mangel muss nicht notwendig bewusst sein: (101) a. Tu tournes autour, mais tu souflres parce qu'une femme et un enfant te manquent, mais ils te font peur, tu entends, peur! (FRANTEXT: SABATIER, R) b. Tu crois qu'il lui manque beaucoup, son fils? (FRANTEXT: CHAR, R.) Auch das Fehlen eines Partners überhaupt ist ein objektiver Tatbestand, der für sich nicht bewusst sein muss. Manquer beschreibt deshalb im ersten Beispiel nicht das Gefühl selbst, sondern den Grund des Gefühls. Im zweiten Beispiel steht das Verb jedoch metonymisch für ein Gefühl der Trauer und Sehnsucht, das aus dem Verlust der Anwesenheit einer bestimmten Person resultiert. Während die intransitive SE-Konstruktion manquer de ausschließlich objektiven Mangel bezeichnet, erlaubt repugner, wie erwähnt, monolexematische Metataxe. Der intransitiven OE-Konstruktion steht eine intransitive SE-Konstruktion repugner ä qqch. gegenüber. Was das Italienische betrifft, so lässt sich folgende Liste intransitiver OE-Verben aufstellen: (102) aggradare, comodare, dispiacere, disturbare, dolere, garbare, gradire, gustare, importare, interessare, mancare, quadrare, piacere, piaciucchiare, pesare,ributtare,rincrescere,ripugnare, scomodare, sgradire, soddisfare, spiacere Aggradare, comodare, garbare, gradire, gustare, piaciucchiare, sgradire sind wie piacere und dispiacere Verben des Gefallens und Missfallens, die jedoch literarisch, umgangsprachlich oder regional markiert sind (cf. Kailuweit im Druck). Für mancare gilt das bei französisch manquer Festgestellte. Quadrare ist in der Bedeutung .essere adeguato' (cf. DISC, s. v.) kein Gefühlsverb, wird jedoch, wie Deutsch passen, auch als umgangsprachliches Verb des Gefallens verwendet: (103) Non mi quadra affatto che sia sempre io a doverci rimettere (BR) Gradire erlaubt monolexematische Metataxe. Neben der seltenen intransitiven OE-Konstruktion findet sich die etwas häufigere transitive SE-Konstruktion: (104) a. Non mi gradisce affatto che tu vada in giro a quest'ora (BR) b. Gradisce le letture romantiche (BR) Italienisch disturbare, interessare, scomodare und soddisfare erlauben transitive und intransitive OE-Konstruktionen, während die entsprechenden französischen Verben deranger, incommoder, interesser und satisfaire nur in der transitiven Konstruktion erscheinen. Außer bei interessare ist der Dativ-EMPFINDUNGSTRÄGER allerdings selten. Dispiacere und dolere besitzen, wie erwähnt, in der Bedeutung .bedauern' neben der dativischen eine pseudoreflexive Konstruktionen.

140 Die Realisierung des KORRELATS als vorangestellter Subjektsatz ist wie bei den transitiven OE-Verben äußerst selten, auch wenn an der Grammatikalität konstruierter Beispiele wie den folgenden kein Zweifel besteht: (105) a. Qu'il nous ecrit en ces termes m'a beaucoup plu (BD) b. Che Ena balli il can can piace a Max (Elia et. al.)

Von etwas höherer Textfrequenz sind die Konstruktionen mit extraponiertem Subjektsatz. Diese Konstruktion habe ich in den zu Beginn des Abschnitt angeführten Beispielen illustriert. Im Französischen muss sie durch il oder cela bzw. ςα eingleitet werden. Im Italienischen ist die Voranstellung des dativischen EMPFINDUNGSTRÄGERS und Nachstellung des KORRELATS-Subjektsatzes unmarkiert (cf. Acquaviva 1991: 666). Im Französischen hat die Klasse der intransitiven Verben unter quantitativen Gesichtspunkten allein durch die hohe Textfrequenz von plaire Bedeutung, das unter den 5000 häufigsten Lexemen bei Juilland et al. (1970) Platz 687 einnimmt.56 Die Klasse ist im Gegensatz zum Deutschen {mir stinkt / langt / reicht das) (vgl. Primus 1999a: 157) nicht produktiv, trotz der populär bzw. familiär markierten Synonyme von plaire - hotter und chanter. Ihr Gebrauch ist stark beschränkt. Im Bereich der Umgangs- und jugendsprachlichen Ausdrücke werden vor allem transitive SE-Verben (adorer, abhorrer) zum Ausdruck des Gefallens bzw. Missfallens verwendet (cf. Bossong 1998: 292). Im Italienischen ist die Gruppe der intransitiven OE-Verben etwas größer und produktiver und entspricht etwa der Gruppe der dativischen OE-Verben im Deutschen (cf. Wegener 1999: 206s). Piacere ist im Bezug auf die Textfrequenz ein zentrales Element des Wortschatzes. Es nimmt Platz 560 unter den 5000 häufigsten Lexemen bei Juilland / Traversa (1973) ein. Französisch, aber auch Italienisch und Deutsch unterscheiden sich hinsichtlich der intransitiven OE-Verben fundamental vom europäischen Spanisch, das eine klare Tendenz zur Realisierung des EMPFINDUNGSTRÄGERS im Dativ zeigt. Subirats (1987) stellt bei seiner Untersuchung spanischer OE-Verben fest: ... there is an important formal difference as to the properties of the object between class 4 57 verbs in Spanish and psychological verbs belonging to the equivalent class in French, Italian and Portuguese: while in Spanish the human object of psychological verbs is an indirect object, with psychological verbs in the aforementioned Romance languages this is a direct object. (Subirats ibd.: 47).

Subirats Behauptung trifft allerdings nicht auf das amerikanische Spanisch zu (vgl. Roldän 1975, Becerra 1999) und ist auch für das europäische Spanisch zu relativieren (vgl. Kailuweit 2002b). Sowohl im europäischen als auch im amerikanischen Spanisch besteht ein Valenzkontinuum. Prototypisch dativische Verben wie gustar oder importar erscheinen wie ihre französischen und italienischen Entsprechungen ausschließlich58 mit einem Dativ-

56

57 58

Manquer erscheint auf Platz 362, ist jedoch nur in einem Teil seiner Verwendungsweisen als Gefuhlsverb anzusehen. Gemeint ist die Tafel 4 der Lexikon-Grammatik (Gross 1975). Dies gilt allerdings nicht für die nordspanischen Dialekte. Dort ist das Phänomen des »Laismo« bzw. »Loismo« zu beobachten, d. h. das genusneutrale Dativpronomen le wird durch das weibliche

141 EMPFINDUNGSTRÄGER. Während in Lateinamerika (vor allem in Chile, Argentinien und Peru) der Großteil der OE-Verben unmarkiert den EMPFINDUNGSTRÄGER im Akkusativ realisiert, erscheint in Spanien bei den meisten OE-Verben der EMPFINDUNGSTRÄGER unmarkiert im Dativ (Fernandez-Ordonez 1999: 1325; Kailuweit 2002b).59 Im Italienischen zeigt nur der EMPFINDUNGSTRÄGER einiger weniger Verben, wie disturbare, interessare, scomodare und soddisfare die für die spanischen OE-Verben charakteristische Akkusativ-DativVarianz. Auf die Unterschiede der dativischen und akkusativischen Konstruktion der genannten italienischen Verben werde ich im folgenden Kapitel noch ausiiihrlich eingehen.

4.3. Dreiwertige Verben

Dreiwertige Gefühlsverben sind in der Literatur bisher kaum berücksichtigt worden. Pesetsky (1995: 63) erwähnt die Existenz dreiwertiger SE-Verben im Englischen, um die grundsätzliche Kombinierbarkeit der semantischen Rollen EXPERIENCER, TARGET und SUBJECT MATTER zu illustrieren. Dagegen sei, so Pesetsky (ibd.: 60-63; 172-225), die Rolle CAUSER aus syntaktischen Gründen weder mit der Rolle TARGET noch mit der Rolle SUBJECT 60 MATTER kombinierbar. Obwohl Pesetzky selbst bereits auf Ausnahmen verweist, ist diese sogenannte Target / Subject-Matter Restriction in der Literatur zum Teil unkritisch übernommen worden (cf. McGinnes 2000; Reinhart 2001b). Tatsächlich finden sich sowohl SEVerben als auch OE-Verben, die als Kandidaten fur dreiwertige Gefühlsverben gelten können. Diese sollen im folgenden diskutiert werden.

4.3.1 Dreiwertige SE-Verben Bei der Abgrenzung der semantischen Rollen TARGET und SUBJECT MATTER verweist Pesetsky auf die Möglichkeit, beide Rollen bei ein und demselben Prädikat zu realisieren. Er führt die englischen SE-Verben like und hate als Beispiele an: (106) a. Bill likes this about his new job: he doesn't have to get up very early b. What Mary hates about Sue is her stubbornness (Pesetsky 1995: 63, Beispiele 180c-d)

Ahnliche Konstruktionen sind auch bei den entsprechenden SE-Verben im Französischen und Italienischen möglich:

bzw. (seltener) durch das männliche Akkusativpronomen ersetzt. »Laismo« und »Loismo« sind standardsprachlich jedoch nicht akzeptiert. 59 Die Gründe, die zur Wahl des Dativs oder Akkusativs führen, können rein diskurspragmatischer Natur sein. Es spielen jedoch auch semantische Gründe eine Rolle (cf. Kailuweit 2002b). 60 Pesetsky (1995:214-221; 320-321) erwähnt neben englischen Verben des Inspirierens und Entmutigens auch interest und seine Entsprechungen in verschiedenen anderen Sprachen, u. a im Französischen; ferner Französisch degoüter und fatiguer.

142 (107) a. Pour la premiere fois, ä force d'offenses, le corps entier criant d'une seule douleur, je m'abandonnai ä lui et approuvai son ordre malfaisant, j'adorai en lui le principe mechant du monde (FRANTEXT: CAMUS, A.) b. On hait chez les autres ce que Ton porte en soi de dangereux pour l'image d'homme de bien (FRANTEXT: BIANCIOTTI, H.) c. Moi qui m'interToge toujours avec soupfon sur les sentiments que j'inspire, je ne me demandai jamais qui Lewis aimait en moi: j'etais süre que c'6tait moi (BEAUVOIR, S. de) d. J'avais aime dans ce visage l'incamation du Bien (FRANTEXT: SARTRE, J.-P.) (108) a. Per l'impazienza il contegno di Alfonso perdette la correttezza che Annetta fino ad allora aveva amato in lui (SVEVO: V) b. Spesso i genitori desiderano nei figli le loro aspirazioni (BR) c. Le donne adoravano in lui il cacciatore, l'uomo amante delle belve feroci, il misterioso viaggiatore di terreriarse(BR) d. Quali sono le qualitä da apprezzare in loro? (BR) Vermandere (2002: 56) bestreitet, dass es sich bei den Präpositionalphrasen in Pesetzkys Beispielen about his new job und about Sue um Argumente handelt: „rifiuto [...] l'argomento della combinabilita dei due ruoli allegata da Pesetsky: e chiaro dai suoi esempi che non si tratta di realizzazioni argomentali del ruolo in questione, ma solo di elementi nonargomentali". So evident wie Vermandere es darstellt, ist dies allerdings nicht. Zwar listen die Valenzwörterbücher des Französischen - Busse / Dubost und Lewicka / Bugacki - keine dreiwertigen Konstruktionen von SE-Verben auf, im italienischen Valenzwörterbuch von Blumenthal / Rovere finden sich solche Konstruktionen jedoch belegt, was die zitierten Beispiele bereits verdeutlicht haben. Es stellt sich somit die Frage, nach welchen Kriterien die mit about im englischen, bzw. im Französischen mit chez, dans oder en und im Italienischen mit in eingeleiteten Präpositionalphrasen als Aktanten oder aber als Zirkumstanten angesehen werden können. Die Problematik, verbgebundene Aktanten von nicht-verbgebundenen Zirkumstanten abzugrenzen, ist bereits bei den zweiwertigen intransitiven SE-Verben vom Typ enrager angesprochen worden. Die hier diskutierten präpositional eingeleiteten Konstituenten realisieren die Rolle BEZUGSPUNKT und können somit zu keiner der Melisschen Zirkumstantenklassen gerechnet werden. Es stellt sich die Frage, ob ihr Aktanten- oder Zirkumstantenstatus mithilfe syntaktischer Tests nachgewiesen werden kann. Die Weglassprobe hilft nicht weiter, denn alle hier diskutierten potentiell dreiwertigen SE-Verben erlauben auch entsprechende zweiwertige Konstruktionen ohne die in Frage stehende Konstituente. Der Aktanten- oder Zirkumstantenstatus der präpositionalen Konstituenten müsste deshalb mit anderen Tests nachgewiesen werden. Etwa mit dem Permutationstest, demzufolge, zumindest in einer Sprache mit rigider Satzgliedabfolge wie dem Französischen, Aktanten sich im Gegensatz zu Zirkumstanten als nicht permutierbar erweisen sollten (cf. Kotschi 2001: 355). Der Test liefert für die fraglichen Konstituenten allerdings kein eindeutiges Ergebnis: (109) a. Par-dessus tout, il aimait chez eile la ligne de son dos, du cou ä la croupe, la 16g£re rondeur des chairs autour de la colonne vertebrale... (FRANTEXT: HERMARY-VIEILLE, C.) b. Oui, il avait dejä aime cela chez Gabrielle (FRANTEXT: DUVIGNAUD, J.)

143 c. Mais ä present ils ddtestaient en moi ce qui me distinguait d'eux et k quoi j'attachais le plus de prix: je passai de la commiseration ä la colere (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) d. En Louis j'aimais le roi plus que l'homme (FRANTEXT: CHANDERNAGOR, F.) Die Stellung unmittelbar nach dem Verb erscheint grundsätzlich als unmarkiert. Die Abfolge in den Beispielsätzen a. und c. mag durch die relative Schwere der Konstituenten erklärbar sein, die Voranstellung in Beispiel d. scheint jedoch für eine dreiwertige Konstruktion ungewöhnlich und spricht somit eher für den Zirkumstantenstatus der präpositional eingeleiteten Konstituente: (110) a. J'ai transform6 en laboratoire une petite piece facile έ obscurcir (FRANTEXT: TOURNIER, M.) b. ??En laboratoire j'ai transforme une petite pi£ce facile ä obscurcir Formspezifik im Sinne Jacobs (1994) scheint zumindest in den französischen Beispielen nicht gegeben, da Variation mit semantischer Nuancierung zwischen chez einerseits sowie dans und en andererseits besteht. Die Wahl von chez ist darüber hinaus durch das semantische Merkmal [+hum] der nachfolgenden Nominalphrase bedingt. Das Kriterium der Inhaltsspezifik fuhrt ebenfalls nicht weiter. Die hier diskutierten präpositional eingeleiteten Konstituenten bezeichnen zwar mehrheitlich Personen, dies ist jedoch keineswegs notwendig der Fall. Verschiedene Objektklassen, sowohl Konkreta als auch Abstrakta lassen sich belegen: (111) a. Ce que j'aime dans les cartes, c'est qu'on se sent un peu des gangsters quand on joue (FRANTEXT: ORMESSON, J. d') b. Ah, le Diable devrait exister pour nous admirer dans ses (Euvres! (FRANTEXT: SOLLERS, Ph.) (112) Odiano in essa [= la torTe] il sogno demente di grandezza dei nostri patroni (BR) Hinsichtlich des Kriteriums Argumentenhaftigkeit sind die in diesem Abschnitt diskutierten SE-Verb-Begleiter potentiell Argumente, da sie die Partizipantenrolle BEZUGSPUNKT realisieren. Diese Rolle ist allerdings, wie in Kapitel 3 gezeigt, nicht auf die Gefühlsszene beschränkt, sondern findet sich auch bei anderen intentionalen Erlebnissen. Femer handelt es sich auch auf der übereinzelsprachlichen Ebene um einen fakultativen Partizipanten. Damit unterscheidet sich diese Rolle von den Rollen des Geschlagenen bei zuschlagen, der gestohlenen Sache bei bestehlen oder des Strickzeugs bei stricken. Es scheint also nach semantischen Gesichtspunkten nicht zwingend, BEZUGSPUNKTE grundsätzlich als Argumente anzusehen, auch wenn sie im Sinne von Jacobs als »beteiligt« gelten müssen, da sie, sobald das KORRELAT auf sie bezogen ist, dem EMPFINDUNGSTRÄGER auch kognitiv präsent sind. Meines Erachtens ist die Rolle BEZUGSPUNKT als Bestandteil der Szenen intentionaler Erlebnisse grundsätzlich als eine eigene in der Literatur bisher nicht berücksichtigte Zirkumstantenklasse anzusehen. Ihr Status weist gewisse Parallelen zur Partizipantenrolle INSTRUMENT auf; INSTRUMENTE haben unter syntaktischen Gesichtspunkten Aktantenstatus, wenn sie als Subjekte erscheinen: (113) a. Fred shattered the window with a rock b. A rock shattered the window (Van Valin / LaPolla 1997: 87, Beispiele 3.6b und f)

144 Die Möglichkeit einer solchen Konstruktion ist jedoch, wie Van Valin / LaPolla (ibd.: 8789) zeigen, nicht in jeder Sprache gegeben und kann somit als ein einzelsprachlich bedingtes semantisches Phänomen angesehen werden. Ebenso wie die Rolle INSTRUMENT kann die Rolle BEZUGSPUNKT bei bestimmten einzelsprachlichen Lexemen unter syntaktischen Gesichtspunkten Aktantenstatus haben. Die italienischen Verben des Bemitleidens realisieren, wie gezeigt, die Rolle BEZUGSPUNKT als akkusativischen Zweitaktanten. Das KORRELAT kann als präpositionale Konstituente hinzutreten. (114) Compatire un amico per le sue disgrazie (DISC) Eine entsprechende Konstruktion findet sich auch bei envier bzw. invidiare·. (115) a. Beaucoup d'hommes vous envient pour Madame ϋηηέ, Monsieur le Ministre, une Fran5aise belle et distinguee comme eile! (FRANTEXT: HERMARY-VIEILLE, C.) b. Les femmes enviaient nos mfcres d'avoir des grands gar9ons si bien 61eves (FRANTEXT: BLIER, B.) (116) Io la invidio per la sua fede (DI MONACO: CLR) Der Aktantenstatus des BEZUGSPUNKTES ist in diesen Konstruktionen schon aufgrund der syntaktischen Notwendigkeit gegeben. Das Akkusativobjekt kann nicht weggelassen werden. Andererseits ist damit noch nicht geklärt, ob es sich um eine dreiwertige Konstruktion handelt. In den bisher diskutierten Fällen war der Aktantenstatus des BEZUGSPUNKTS fraglich. Nunmehr ist zu überprüfen, ob das präpositional realisierte KORRELAT stets als Aktant angesehen werden kann. Folgende Überlegungen könnten dem widersprechen. Das präpositional realisierte KORRELAT ist syntaktisch stets fakultativ. Die Präpositionen pour und de im Französischen bzw. per im Italienischen scheinen nicht formspezifisch durch das Verb selektiert,61 sondern aufgrund ihrer spezifischen Bedeutung, die dem KORRELAT eine ursächliche Interpretation verleiht. Das KORRELAT scheint hier als Angabe eines Grundes eine prototypische Zirkumstantenfunktion zu erfüllen. Es kann, wie bei detester, durch einen kausalen adverbialen Nebensatz ersetzt werden: (117) a. Paul diteste Marie d'avoir fait cela b. = Paul deteste Marie parce qu'elle a fait cela (Gross 1975: 202) (118) Mon p£re repitait souvent qu'il faut avoir un id6al, et tout en les detestant, il enviait les Italiens parce que Mussolini leur en fournissait un: cependant il ne m'en proposait aucun (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) Die Möglichkeit einer infinitivischen Angabe des Grundes unterscheidet nach Gross die SE-Verben der Tafel 12 von denen der Tafel 6, die diese Konstruktion nicht erlauben (cf. ibd.: 201). Gross' Annahme, dass diese Konstruktion eine bedeutungsbewahrende Transformation der Basiskonstruktion NO V que Psubj ist, ist jedoch nicht überzeugend. Der Beispielsatz (119) Paul d6teste que Marie fasse cela (Gross ibd.: 202)

61

Dagegen liegt bei Deutsch beneiden um Fonnspezifik vor.

145 ist nicht bedeutungsgleich mit den Sätzen, in denen das KORRELAT als Angabe des Grundes erscheint. Wir stehen hier erneut vor dem in Kapitel 3 diskutierten Problem intentionaler Erlebnisse, deren KORRELAT ein raumzeitlicher Gegenstand, eine Person oder Sache, zu sein scheint. Eine adäquate Analyse besteht m. E. darin, den raumzeitlichen Gegenstand als solchen als BEZUGSPUNKT, ihn als Summe seiner Eigenschaften jedoch als mögliches KORRELAT anzusehen. Aus diesen Eigenschaften kann nun eine herausgegriffen und als URSACHE benannt werden. Der Gegenstand als BEZUGSPUNKT ist jedoch Träger weiterer Eigenschaften, die potentiell als gefühlsspezifisches KORRELAT in Frage kommen. Dies erklärt, weshalb detester qqn. de und detester que nicht bedeutungsgleich sind. Anhand der bisherigen Ausführungen ist deutlich geworden, dass grundsätzlich im Französischen und Italienischen keine dreiwertigen SE-Verben anzunehmen sind. Es finden sich jedoch einige wenige Ausnahmen: Sowohl für französisch craindre als auch italienisch temere lässt sich eine Konstruktion belegen, die ein KORRELAT und einen nicht referenzidentischen BEZUGSPUNKT kombiniert: (120) a. Son midecin Criton, qui craignait pour lui les chaleurs de la canicule, r6ussit enfin ä le dicider & se rembarquer pour Rome (FRANTEXT: YOUCENAR, M.) b. Partiale, eile me scrutait tendrement, imaginait ma vie passionnelle, craignait pour moi des coups de revolver de ces filles des Gentils, si belles et instruites, mais jalouses et hardies, et qui avaient la manie, emport6es par leur passion, de vous tuer un fils en quelques secondes, pour un oui ou pour un non (FRANTEXT: COHEN, A.) (121) Voleva aria, voleva ch'egli aprisse la finestra e, dopo compreso, avendo egli esitato temendo per essa del freddo, esasperata con un'occhiata di risentimento, ella mormorö: - L'aprirö io (SVEVO: V)

Das pour- bzw. per-Komplement ähnelt entfernt einem BENEFIZIENTEN. An seinem Aktantenstatus können jedoch keine Zweifel bestehen. Im Gegensatz zu einem pour- bzw. perBENEFIZIENTEN kann er nicht durch einen freien Dativ ersetzt werden: (122) a. II a trouve un appartement pour vous 11 vous a trouvö un appartement b. Son m6decin craignait pour lui la chaleur *Son medecin lui craignait la chaleur

Envier und invidiare erlauben Konstruktionen mit einem akkusativischen einem dativischen BEZUGSPUNKT:

KORRELAT

und

(123) a. Avec une amabiliti que bien des Fran^aises pourraient lui envier, eile tilephone έ toutes les boutiques chinoises de Paris (FRANTEXT: BURON, N. de) b. Le physique de mon fröre le fascinait: cette belle figure creuse sortie des archives de la Rdvolution d'Octobre ou de l'album des anarchistes höroiques, il la lui enviait (FRANTEXT: ETCHERELLI, C.) (124) Tutti gli invidiano il suo buon carattere (BR)

Der Aktantenstatus des KORRELATS folgt bereits aus seiner syntaktischen Notwendigkeit. Der dativisch realisierte BEZUGSPUNKT muss zwar bei envier und invidiare, anders als bei deutsch neiden, nicht obligatorisch realisiert werden, für seinen Aktantenstatus spricht aber, dass er nicht zur einer der Klassen der »freien« Dative (Dativus (in)commodi; ethischer Dativ; Pertinenzdativ) gehört. Der Dativ-BEZUGSPUNKT ist bei envier und invidiare formspezifisch. Andere SE-Verben erlauben es nicht, den BEZUGSPUNKT im Dativ zu realisieren:

146 (125) *Tutti gli amano il suo buon carattere

Die Verben envier und invidiare bieten ein Beispiel für das Auseinanderfallen semantischer und syntaktischer Valenz.62 Unter semantischen Gesichtspunkten ist nicht nur das KORRELAT, sondern auch der BEZUGSPUNKT bei diesen Verben als Argument anzusehen. Dies folgt aus der Analyse der Gefühlsszene »Neid«. Eine Reduktion der Argumentenzahl auf der Ebene der einzelsprachlichen Lexeme, wie etwa bei deutsch zuschlagen oder bestehlen, liegt nicht vor, da KORRELAT und BEZUGSPUNKT stets im Satzrahmen realisiert werden können. Die syntaktische Integration der entsprechenden Konstituenten ist jedoch je nach Konstruktion unterschiedlich. Aus syntaktischen Gründen ist zwar der dativisch realisierte BEZUGSPUNKT, nicht aber das präpositional realisierte KORRELAT als Aktant anzusehen. Den verschiedenen syntaktischen Konstruktionen sind nicht verschiedene Prädikate (envieru envier2, etc.) zuzuordnen, vielmehr ist die syntaktische Realisierung flexibel. Das KORRELAT erscheint je nach Konstruktion als syntaktisch notwendiger Aktant oder aber als fakultative Konstituente, der nur Zirkumstantenstatus zugesprochen werden kann.63 Schließlich halte ich die idiomatische Wendung en vouloir ä qqn. de für eine dreiwertige SE-Konstruktion, während ich avercela con als zweiwertig ansehe: (126) II n'arrivait meme pas ä lui en vouloir d'un mensonge avoue avec tant de naturel (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) (127) Naturalmente ce l'aveva con il govemo Dini, che aveva aumentato le tasse, e trascinato il Paese in una nuova spirale inflazionistica (DI MONACO: CO)

Sowohl französisch en vouloir als auch italienisch avercela realisieren den BEZUGSPUNKT als obligatorischen Aktanten: en vouloir als Dativobjekt, avercela mittels der Präposition con. Das KORRELAT kann in der entsprechenden Form nicht erscheinen. Schwarze (21995: 351) sieht das pronominale Element la in italienisch avercela als „nicht-referentielles Objekt" an. Die Funktion von ci diskutiert Schwarze nicht. Es ist jedoch ebenso wenig wie la referentiell und kann nicht durch ein Präpositionalobjekt mit α ersetzt werden, das etwa das KORRELAT repräsentieren würde. Das KORRELAT kann nicht innerhalb des Satzrahmens realisiert werden. Insofern liegt eine einzelsprachliche Reduktion der Argumentenzahl vor, die durch die Pronomen ci und la und markiert ist. Entsprechend könnte das pronominale Element en bei en vouloir als nicht-referentiell angesehen werden. Im Unterschied zu avercela kann aber bei en vouloir das KORRELAT durch ein ί/e-Komplement innerhalb des Satzrahmens erscheinen. Von daher liegt es nahe, die Konstruktion als einen Fall von Objekt-

62

63

Unterschiedliche syntaktische Valenz bei gleicher semantischer Valenz weisen nach Blume (2000: 35-43) etwa essen, glauben oder verzeihen auf, die jeweils ein Argument besitzen, dass nicht notwendig syntaktisch realisiert werden muss. Dagegen geht sie bei jdm. etwas öffnen und jdm. öffnen von einer unterschiedlichen semantischen Valenz aus. Inhaltsspezifisch ist das nicht ausgedrückte Argument von jdm. öffnen eine Tür oder ähnliches, bei dreiwertigem öffnen dagegen ein beliebiges Objekt (cf. ibd.: 42s). Die syntaktische Integration des potentiellen Drittaktanten bei den Verben des Beneidens ist im Französischen und Italienischen schwächer als im Deutschen: neiden hat einen obligatorischen dativischen Drittaktanten, die Präposition um bei jdn. beneiden um ist formspezifisch durch das Verb bestimmt. Mit derselben Präposition wird bei beneiden das KORRELAT, bei fiirchten jedoch d e r BEZUGSPUNKT realisiert.

147 konjugation anzusehen: das K O R R E L A T als fakultatives Präpositionalobjekt und das Klitikum en sind koreferentiell. Die Konstruktion ist somit stets dreiwertig. Erscheint das deKomplement nicht, steht en für ein unbestimmtes K O R R E L A T , so wie die Verbendung bei italienisch canta für ein unbestimmtes A G E N S steht.

4.3.2 Dreiwertige OE-Verben (128) a. Je suivais Robert, il m'intöressait ä ce qui l'intdressait, je me rappelais ses souvenirs (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) b. Le malheur m'a faite amere, il m'a r6voltee contre les hommes et les Dieux (FRANTEXT: GRACQ: J.) c. Le coup d'oeil oblique du patron de taverne qui me riserve le meilleur vin, et par consequent en prive quelqu'un d'autre, suffisait dejä, aux jours de ma jeunesse, ä me digoüter des amusements de Rome (FRANTEXT: YOUCENAR, M.) d. II encourageait la jeune fille ä se deshabiller, ä venir goüter l'eau (FRANTEXT: NOURISSIER, F.) e. En exploitant l'6v6nement pour exciter Tun contre l'autre le peuple anglais et le peuple franfais, l'ennemi est dans son role, dans son role de conqu6rant (FRANTEXT: GAULLE, Ch. de) (129) a. La legge sulle tasse personal! incoraggia la gente a rubare e non a guadagnare (BR) b. Cercherö ad interessare il magistrato al tuo caso (BR) c. Uno scritto coitese nella forma e villano nel fondo, uno scritto che lo deve irritare contro di me, lo sdegno di accusarla; le avevo scritto e poi ho stracciata la lettera (FOGAZZARO: M) d. Aizzava contro alio zio i suoi figliuoli (VERGA: MDG) e . . . . un'opportuno organizzazione delle forze armate, secondo moderni criteri pedagogici e colturali, ben poträ attraiTe i giovani alia vita militare (BR)

Nach Pesetsky (1995: 172-225) sind dreiwertige OE-Verben aus syntaktischen Gründen grundsätzlich ausgeschlossen. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, Pesetskys Erläuterung dieser syntaktischen Gründe im einzelnen zu diskutieren. Es wird sich nämlich zeigen, dass die Prämisse, auf der Pesetskys Argumentation aufbaut, falsch ist. Eine Target / SubjectMatter Restriction gibt es nicht: Es finden sich nicht nur wenige Ausnahmen von einer solchen Beschränkung, sondern eine Vielzahl syntaktisch und semantisch durchaus unterschiedlicher dreiwertiger OE-Verben. All diesen Verben ist gemeinsam, dass sie neben einer U R S A C H E als Subjekt und einem akkusativischen E M P F I N D U N G S T R Ä G E R einen dritten Aktanten - K O R R E L A T oder (mit dem K O R R E L A T nicht referenzidentischen) B E Z U G S P U N K T realisieren.64 Bereits 1993 hatte Ruwet auf der Grundlage von Pesetskys Manuskript auf ei-

64

Büring (1992: 89), der sich auf eine Manuskriptfassung von 1990 von Pesetsky (1995) bezieht, argumentiert, dass die Realisierung eines dritten Arguments mit der Rolle THEMA (KORRELAT in meiner Terminologie) deshalb unmöglich sei, weil das Argument in Subjektfünktion, neben der dominanten Rolle AGENS (URSACHE), auch die Rolle THEMA innehabe (Koinzidierungsanalyse). In

148

ne Vielzahl französischer dreiwertiger OE-Verben hingewiesen. Vermandere (2002: 345; 463s)65 greift Ruwets Kritik an Pesetsky auf und sieht die italienischen dreiwertigen OEVerben als eine eigene syntaktische Klasse an. Nach Reinhart (2001b: 15) können OE-Verben angeblich nur dreiwertig konstruiert werden, wenn das Subjekt die Rolle A G E N S besitzt: (130) a. Lucie interested Max in linguistics b. *?The article interested Max in linguistics (Reinhart ibd., Beipiele 25b-c)

Die zu Beginn dieses Abschnitts zitierten französischen und italienischen Beispiele widerlegen dies. Es handelt sich lediglich um eine axterangement« berücksichtigt Gross emmieller und emmouscailler nicht, ebenso wenig enquiquiner, das ich fiir ein Verb des Ärgerempfindens halte; deranger erscheint in Tafel 19,fatiguer und lasser in Tafel 13. Aus der Gruppe »offense« wird agresser von Gross nicht aufgeführt. Siehe bereits Gross (M971: 70). Voorst (1992: 83s) betont, dass auch frighten in i. Peterfrightened the grizzly bear to chase it out of his backyard (ibd.: 83, Beispiel 58) nicht als Geftihlsverb agentiv gebraucht werde: „although it is obvious that the subject in sentences like (58) can be active in the frightening of the bear, this activity is not part of the event offrightening.As soon as the bear isfrightenedthe event starts, and not earlier than that" (ibd.: 84). Bouchard (1995b: 376s) hält eine agentive Lesart nicht-figürlicher OE-Verben wie amuser, degoüter oder seduire dagegen für möglich. In der Begründung dafür unterscheiden sich die Ansätze von Voorst und Bouchard. Voorst verfolgt einen lokalistischen Ansatz, der auf »Kohäsion«, verstanden als räumlicher Kontakt, der von Nähe bis zu Durchdringung reicht, abstellt (cf. Voorst 1993: 89). Die Gefühlsverbbedeutung von heurter weise keinerlei Kohäsion, die physisch konkrete Bedeutung dagegen partielle Kohäsion auf (cf. Voorst 1995: 23). Für Bouchard (1995a: 12) ist dagegen, wie er am Beispiel von französisch frapper zeigt, entscheidend, ob der Subjektaktant als »Konzept« oder als intentional handelnde Person interpretiert wird. Bei Verben, die auch über eine physisch konkrete Bedeutung verfügen, schließen sich, so Bouchard, die beiden Interpretationen gegenseitig aus.

184 sein. Allerdings überprüfen weder Voorst noch Bouchard ihre These an einer größeren Zahl von Verben. Die Unterschiede in der Beurteilung einzelner Verben, die sich auch bei Gross und Mathieu finden, zeigen, dass hinsichtlich kategorischer Urteile Vorsicht geboten ist. Mathieu (2000: 46s) stützt ihre Beurteilung auf einen einzigen Test. Die Kombinierbarkeit des Gefuhlsverbs mit den adverbialen Ausdrücken par gentillesse bzw. par mechancete. Gross (1975) nennt dagegen überhaupt keine Tests, sondern sieht das Gegebensein von Agentivität als evident an.43 Da Gefühle, wie gezeigt, grundsätzlich keine prototypischen Kausalrelationen sind, ist es unter onomasiologischen Gesichtspunkten nicht auszuschließen, dass einige Verben des Störens und Kränkens als agentiv, andere dagegen als nicht-agentiv konzipiert werden. Es erscheint deshalb notwendig, die Kriterien offen zu legen, mit deren Hilfe herauszufinden ist, ob überhaupt und wenn ja bei welchen Verben der Unterschied zwischen agentivem und nicht-agentivem Kränken und Stören im Französischen und Italienischen lexikalisiert wird. Als Kriterien kommen die folgenden in der Literatur vorgeschlagenen Agentivitätstests44 in Betracht: a. Imperativ b. Kombination mit Adverbien vom Typ expres / apposta; deliberement / deliberatamente; intentionellement / intenzionalmente c. Kombination mit Verben vom Typ persuader / persuadere; forcer / forzare d. Kombination mit sefaire ... par /farsi...

da

e. Kombination mit einer instrumentalen Angabe

Ich werde im folgenden auf die einzelnen Tests näher eingehen. Ihre Operalisierbarkeit im Bereich der Gefiihlsverben soll dabei an Beispielen illustriert werden, deren Akzeptabilität mit Korpusbelegen gestützt werden, bzw. über deren Akzeptabilität die Fachliteratur und die von mir befragten Sprecher weitgehend übereinkommen 45 Problematische Fälle aus dem Bereich der Verben des Störens und Kränkens diskutiere ich dann im Anschluss.

5.1.4.1.2.1 Agentivitätstests Agentive Verben sollten unmarkiert den Imperativ erlauben (cf. Lakoff 1970: 121). Ich kann jemanden nur etwas befehlen zu tun oder zu unterlassen, was unter seine Kontrolle

43

44

45

Im allgemeinen Teil von Methode en syntaxe erklärt Gross lediglich, was er unter »actif« versteht: Zu i. Paul amuse Marie führt er aus: „la relation sujet-verbe peut etre interpretö soit comme »active« (oü »volontaire«) soit comme »non active« (ou »involontaire«)" (1975:51); ii. Paul indigne Marie habe dagegen lediglich die Interpretation „»non actif«" (ibd.). Die Tests a und b finden sich bei Lakoff (1970: 121). Die Tests b und c werden von Ruwet (1972: 198) auf französische Gefiihlsverben angewendet. Guenther et al. (1978: 12s) geben einen ausfuhrlichen Überblick über mögliche Agentivitätstests im Französischen. Viele der Konstruktionen weisen eine äußerst geringe Textfrequenz auf. Bei der Überprüfung der Agentivität mit Hilfe dieser Tests sind deshalb Sprecherbefragungen unverzichtbar.

185 fällt. Ruwet (1995a: 29) und Vermandere (2002: 338s) greifen auf diesen Test bei der Abgrenzung agentiver und nicht-agentiver Gefiihlsverben zurück. Die folgenden Kontraste bestätigen auch die von mir befragten Sprecher: (51)

a. Oh, surtout, ne le dirangez pas s'il est occupe, dit-elle encore (FRANTEXT: VAUTRIN, J) b. Ne m'offensez pas! (FRANTEXT: CAMUS, A.) c. Ne me vexe pas! (FRANTEXT: CLAVEL, B.) d. *M'intiresse! e. *Attire-le (Ruwet 1995a: 29, Beispiel 3'b)

(52)

a. Oh non mi seccare anche tu! - esclamö Biagio, esasperato (PIRANDELLO: Ν) b. Non scocciarmi! (DISC) c. Non contrariarlo! (DISC) d. *Interessami! e. *Attiralo! f. *Non colpirla per la tua felicitä (Vermandere 2002: 339, Beispiel 44a)

Femer sollten agentive Gefiihlsverben mit Abverbien vom Typ »absichtlich«, »willentlich« etc. kombinierbar sein (cf. Ruwet 1972b: 198; Di Desidero 1993: 19; Martin 2002: 236). Dieser Test gehört zu denjenigen, die Vendler (1967: 106; 115) und ihm folgend Dowty (1979: 55; 59) 40 zur Abgrenzung der Aktionsartklassen activities und accomplishments gegenüber den states und achievements vorschlagen. Wie F r a n c i s (1989: 217) betont, handelt es sich jedoch um einen Test, der Agentivität als partizipantenbezogene Eigenschaft testet, nicht als Zeitkonstitution. 47 (53)

a. Joueuse, insouciante, gin6reuse, cddant au vent qui passe, ä un caprice, ä un sourire, Margot faisait exprfes d'effaroucher ainsi son amie (FRANTEXT: GENEVOIX, M.) b. Et si c'est ma partenaire elle-meme, pensai-je subitement, qui a voulu m'heurter expres? (FRANTEXT: MAKINE, A.) c. Je ne me sentais pas inhumaine; je ne faisais pas expres de choquer; vivre comme tout le monde, ?aneme tentait pas du tout (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) d. *Jean a d01itar6ment ίπιρρέ Pierre (Ruwet 1972b: 199, Beispiel 69) e. *Claude faisait expres d'attirer Dominique48

(54)

a. Lo faceva apposta a disturbarmi b. Lo faceva apposta ad offendermi

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48

Bei seiner Diskussion des DO-Operators revidiert Dowty seine Position: Die Kombinierbarkeit mit Adverbien wie deliberately erscheint ihm nunmehr als ein hinreichendes, wenn auch nicht notwendiges Kriterium für Agentivität und dient nicht zur Abgrenzung von states und activities (cf. 1979: 118s). Auf das problematische Verhältnis der Partizipantenrolle AGENS und der Aktionsartklasse activity bin ich bereits in Kapitel 3 eingegangen. Martin bewertet attirer bei diesem Test geringfügig besser: i. *?// a deliberement attire Marie (Martin 2002: 236, Beispiel 126).

186 c. *Lo faceva apposta ad attirarmi Auch der von Mathieu (2000: 46s) verwendete Test, die Kombination mit par mechancete, linterstellt ein Motiv für absichtliches Handeln. Jemandem Handeln »aus Bösartigkeit« vorzuwerfen, suggeriert dabei gleichzeitig, dass sie oder er die Handlung hätte unterlassen können. Ein weiterer Test, auf den (Ruwet 1972b: 198), Di Desidero (1993: 18s), Martin (2002: 236) und Vermandere (2002: 339) zur Abgrenzung agentiver und nicht-agentiver Gefühlsverben zurückgreifen, ist die Einbettung unter einem Verb des Anstiftens:49 „an agent of the verb may be persuaded to carry out an action with intent to provoke a reaction of the experiencer" (Di Desidero 1993: 18). (55) a. Je Tai persuade d'offenser Marie (Martin 2002: 236, Beispiel 126) b. *Je l'ai persuade d'attirer Marie (Martin 2002: 236, Beispiel 127) (56) a. II direttore ha persuaso i professori a stancare gli allievi ribelli creando difficolta pratiche in continuazione (Vermandere 2002: 339, Beispiel 43c) b. *Qualcuno ha persuaso il giovane a colpire la sua morosa per la sua dolcezza (Vermandere 2002: 339, Beispiel 44b) Die Kombination mit se retenir de / hesiter ά, die Francis (1989: 241; 244) zum Nachweis von Agentivität vorschlägt, fokussiert statt der Anstiftung, die Möglichkeit, sich ihr zu widersetzen, die Ausführung der Handlung zu unterlassen. Ein weiterer Test, der auf die Entscheidungsfreiheit des Handelnden abstellt, ist die Kombination mit passer son temps ä (cf. Ruwet: 1995a: 29s). (57) a. Je passais mon temps ä importuner quiconque passait a ma portee (FRANTEXT: TOURNIER, Μ.) b. *Paul passe son temps έ frapper les populations par sa vanite (Ruwet ibd.: 30, Beispiel 7b) Ruwet (1995a: 29) weist darauf hin, dass auch die Konstruktion se faire... par als Agentivitätstest angesehen werden kann: (58) a. Jean s'est fait humilier par Paul (Ruwet 1995a: 29, Beispiel 6c) b. *Jean s'est fait choquer par Paul (Ruwet 1995a: 29, Beispiel 6b) Martin (2002) zeigt, dass die Konstruktion zweierlei Arten von par-Komplementen erlaubt. Zum einen das kontrollierende AGENS, zum anderen aber auch einen EFFECTOR im Sinne der RRG. Nach Van Valin / Wilkins (1996) ist ein EFFECTOR eine Entität, die sich bewegt oder verändert und dabei über eine gewisse Autonomie verfugt. Nimmt man im folgenden b-Beispiel ein par-Komplement mit der Rolle EFFECTOR an, so lässt sich, Martin zufolge (ibd.: 230s), der Kontrast zwischen den folgenden Beispielen erklären:

49

Guenthner et al. (1978: 12) erwähnen außer persuader, auch forcer, convaincre und inciter. Ruwet (1995a: 29) envoyer.

187 (59) a. *Je me suis fait blesser par un clou (Martin ibd.: 230, Beispiel 96) b. Ah je me souviens, quand Laurel et Hardy se font 6touffer par un tuyau d'arrosage (Martin ibd.: 231, Beispiel 98) Dieser Test bestätigt insofern die These von F r a n c i s (1997: 119s): das partizipantenbezogene Kriterium der Agentivität und das zeitkonstitutionelle Kriterium der Dynamizität greifen ineinander. Da bei Gefühlsverben das KORRELAT jedoch nicht als EFFECTOR, als eine sich mit einer gewissen Autonomie bewegende Entität, in Frage kommt, ist der Test nichtsdestoweniger grundsätzlich geeignet, agentive und nicht-agentive Gefühlsverben zu unterscheiden (cf. Martin 2002: 212; 235-239). Auch im Italienischen fuhrt er zu deutlichen Kontrasten: (60) a. Maria si fa offendere da Gianni b. *Maria si fa attirare da Gianni Vermandere (2002: 344s) schlägt einen weiteren Test vor, agentive und nicht-agentive Gefiihlsverben zu unterscheiden. Nur agentive Gefühlsverben, etwa interessare in einer dreiwertigen im Gegensatz zur zweiwertigen Konstruktion, lizenzieren eine instrumentale Angabe:50 (61)

a. Carlo la interessa all'archeologia con i suoi racconti spiritosi (Vermandere ibd.: 345, Beispiel 55a) b. 'Maria ci ha molto colpito {con la sua amabilitä + con quel suo racconto} (ibd.: 344, Beispiele 48a-b)

Nicht-agentive Gefühlsverben erlauben, so Vermandere, dagegen keine instrumentale Angabe, sondern lediglich eine kausale: (62) Maria ci ha molto colpito {per la sua amabilitä + ?per quel suo racconto) (ibd.: 344, Beispiele 51a-b) Der Test lässt sich entsprechend auf das Französische übertragen und scheint ζ. B. deranger als agentiv auszuweisen: (63) a. J'dcris l'Histoire et tu viens me döranger avec tes anecdotes (FRANTEXT: SARTRE, J P) b. *Paul frappe Marie avec ses anecdotes Härtl (2001: 196s) zeigt jedoch anhand deutscher Beispiele, dass die Aussagekraft dieses Tests beschränkt ist: (64) a. Der Wald ängstigte Peter mit seinem Rauschen (ibd.: 196, Beispiel 203a) b. ??Das Plakat faszinierte Heike mit seinen leuchtenden Farben (ibd.: 197, Beispiel 206a)

50

Der Gebrauch eines Instruments muss allerdings nicht notwendig intentional im Hinblick auf die eingetretene Wirkung erfolgen: i. Er hat sich beim Zwiebelschneiden mit dem scharfen Küchenmesser in den Finger geschnitten.

188

Schließlich kann auch die sogenannte toug/i-Konstruktion51 als Agentivitätstest verwendet werden.52 Ein unter facile ä / facile {a + da} eingebetteter Infinitiv setzt ein kontrollierendes AGENS voraus:

(65) a. Admettons qu'on donne le meme sujet pour les compositions, une, deux ou trois fois par an, parce que c'est plus facile ä corriger pour le professeur (FRANTEXT: DOLTO, F.) b. *Cet arbre est facile a ddraciner {pour + par} la tempete Gleiches gilt fur das Italienische: (66) Che idee larghe possa avere un awocato che ha si poco viaggiato - ne viaggiö pure sui libri - e facile a capire (DOSSI: N) b. *Questo albero e facile {a + da } sradicare {dalla + per} la tempesta Auch mit diesem Test lassen sich etwa zwischen deranger (disturbare) und attirer (attirare) deutliche Kontraste aufzeigen: (67) a. Claude est facile έ deranger b. 'Claude est facile ä attirer (68) a. Claudio έ facile {a + da} disturbare b. 'Claudio e facile {a + da} attirare Es geht mir an dieser Stelle nicht darum zu diskutieren, welche dieser Tests am geeignetsten sind, Agentivität nachzuweisen. Vielversprechender ist es, sie in ihrer Gesamtheit zu betrachten, wie auch Ruwet (1995a: 30) hinsichtlich der von ihm berücksichtigten Tests betont. Summiert man die Akzeptabilitätswerte, die verschiedene transitive OE-Verben bei den einzelnen Tests erreichen, zeigt sich die Heterogenität dieser Gruppe. Deutliche Kontraste ergeben sich, so Ruwet (ibd.) etwa zwischen humilier, importuner und terroriser einerseits und attirer, preoccuper und frapper andererseits. Erstere Verben können als agentiv, letztere als nicht-agentiv klassifiziert werden. Für das Italienische kommt Vermandere (2002: 339-342) zu ähnlichen Ergebnissen: disturbare, sedurre oder umiliare erscheinen agentiv, colpire, indignare oder preoccupare nicht-agentiv. Die von mir befragten Sprecher bestätigen dies. Bei vielen Gefühlsverben gehen die Meinung der Sprecher dagegen auseinander. Es erscheint nicht möglich, für jedes Verb und jeden Test eindeutige Ergebnisse zu erzielen. Eine Darstellung der Ergebnisse nach dem Muster der Tabellen in der Lexikon-Grammatik wäre insofern vermessen. Aufgrund der Agentivitätstests in ihrer Gesamtheit können die Verben des Störens und Kränkens, einschließlich deijenigen, die auch über eine physisch konkrete Bedeutung verfügen, jedoch bis auf wenige Zweifelsfälle als agentiv charakterisiert werden. Die These von Voorst (1995) und Bouchard (1995a), diese Verben könnten in

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Diese Konstruktion ist in der frühen generativistischen Literatur ausgiebig diskutiert wurden. Siehe zu dieser Diskussion in Bezug auf das Französische Kayne (1977: 316-319). Ich verdanke Beatrice Primus den Hinweis darauf, dass sich diese Konstruktion als Agentivitätstest eignet.

189 ihrer Gefühlsverbbedeutung grundsätzlich nicht agentiv gebraucht werden, bestätigt sich nicht. Zu den Zweifelsfallen gehört französisch choquer, das von Mathieu und Gross als nichtagentiv klassifiziert wird. Es besteht nach Aussagen der von mir befragten Sprecher jedoch eine Vielzahl der Tests. Lediglich die Konstruktion se faire... par scheint choquer nicht zu erlauben. Ruwet zeigt allerdings bei diesem Test den folgenden Kontrast auf: (69) a. *Jean s'est fait {choquer + preoccuper} par Paul (Ruwet 1995a: 29, Beispiel 6b) b. Jean tenait k se faire {choquer + *pr6occuper} (ibd., Beispiel 6c) Bei desobliger, indisposer und offusquer ergibt sich folgendes Bild: Offusquer ist nach Einschätzung der von mir befragten Sprecher zur agentiven Gruppe zu zählen, indisposer scheint vor allem den se faire ... par Test nicht zu bestehen, bei disobliger häufen sich bei mehreren Tests die Zweifel. Was das Leitbeispiel von Voorst (1995: 23) heurter betrifft, ist entgegen der Bewertung von Mathieu und Gross nach den Urteilen der von mir befragten Sprechern die Möglichkeit einer agentiven Verwendung nicht eindeutig nachweisbar. Grund dafür könnte, wie Voorst betont, der Kontrast zwischen der physisch konkreten Bedeutung und der Gefühlsverbbedeutung sein. Allerdings sind die Bewertungen nicht so einhellig wie bei frapper. Frapper und ebenso consumer, devorer oder saisir können in Konstruktionen, die eine agentive Interpretation nahe legen, nur in ihrer physisch konkreten Bedeutung verstanden werden. Wird die Gefuhlsverbbedeutung intendiert, sind die Agentivitätstests negativ: (70) *Paul est facile & {consumer + divorer + frapper + saisir} Daraus kann, wie auch Vennandere (2002: 338) hervorhebt, aber nicht geschlossen werden, dass bei Verben, die auch eine physisch konkrete Bedeutung besitzen, die agentive Lesart der Gefuhlsverbbedeutung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Vermandere (ibd.) zufolge können italienisch calmare, snervare und stancare auch als Gefühlsverben agentiv interpretiert werden, colpire,ferire und urtare dagegen nicht. Ruwet (1995b: 348) weist daraufhin, dass bei einigen Verben die physisch konkrete Bedeutung und die Gefuhlsverbbedeutung kombinierbar sind: (71) a. Cette longue marche forcie a fatiguö les recrues physiquement et moralement (ibd., Beispiel 3a) b. ?D'Artagnan a bless6 le chevalier physiquement et moralement (ibd., Beispiel 6a) Meines Erachtens ist dies jedoch nicht entscheidend. Vielmehr verdeutlicht die Möglichkeit einer agentiven Interpretation den Lexikalisierungsgrad der Gefuhlsverbbedeutung. Lamiroy (1987:45) hat die These vertreten, dass Verben in metaphorischem und metonymischem Gebrauch oftmals gegenüber dem physisch konkreten Gebrauch in ihren syntaktischen und semantischen Möglichkeiten beschränkt sind. Der figürliche Gebrauch entstehe strukturell gebunden: „la metaphore (verbale) passe [...] par un moule structural qui vehicule le passage du sens propre au sens figure" (ibd.). Diese These scheint vor allem hinsichtlich der Unterscheidung unterschiedlicher Lexikalisierungsgrade figürlicher Bedeutung interessant. Je weiter die Lexikalisierung fortschreitet, desto flexibler erscheint die syntaktische und semantische Variabilität einer figürlichen Bildung. Wenn etwa heurter bei einer

190 Reihe von Agentivitätstests Zweifel aufwirft, so zeigt sich, dass die Lexikalisierung der Gefühlsverbbedeutung dieses Verbs geringer ist als etwa bei blesser, das dieselben Tests zweifelsfrei besteht. Andererseits erscheint die Lexikalisierung bei heurter größer als bei saisir, das im Gegensatz etwa zu impressionner eindeutig nicht agentiv gebraucht werden kann: (72)

Paul est facile ä {blesser + ??heurter + impressionner + *saisir}

Was italienisch ferire und urtare betrifft, kann Vermandere (2002: 348) nicht zugestimmt werden. Ferire lässt sich wie französisch blesser agentiv gebrauchen. Bei urtare bleiben aufgrund der Agentivitätstests wie bei heurter gewisse Zweifel; das Verb erscheint jedoch auch nicht eindeutig nicht-agentiv. Fassen wir zusammen: Mathieus (2000: 169) Auffassung, der zufolge Verben des Störens und Kränkens agentiv gebraucht werden können, erscheint grundsätzlich richtig. Es bestehen zwar einige wenige Zweifelsfalle, keines der berücksichtigten französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens erweist sich jedoch aufgrund der Agentivitätstests als eindeutig nicht-agentiv. Bei agentivem Gebrauch erhält das Nicht-EMPFINDUNGSTRÄGER-Argument somit zwei semantische Rollen. Es ist KORRELAT und AGENS. Da das KORRELAT grundsätzlich als propositional anzusehen ist, kann es, wie bereits erörtert, an und für sich, nicht agentiv sein. Als AGENS kommt nur eine Person in Betracht, die wiederum als Träger bestimmter Eigenschaften, für den KORRELATS-Sachverhalt steht. Wenn die französischen und italienischen Verben des Kränkens und Störens agentiv gebraucht werden, schreiben sie einem Argument mit der Rolle AGENS die Fähigkeit zu, das Gefühl des EMPFINDUNGSTRÄGERS kontrolliert hervorzurufen. Dieses Argument trägt insofern die partizipantenbezogenen Merkmale agentiv und kausativ; es ist eine AGENSURSACHE im Sinne von Talmy (1976: 58; 1985: 79) und F r a n c i s (1989: 255). Diese doppelte Charakterisierung führt nun nicht dazu, dass das Argument drei semantische Rollen trägt. Die Rolle AGENS-URSACHE bildet eine Einheit, die von der Rolle KORRELAT klar zu unterscheiden ist. Agentive Verursachung kann als solche lexikalisch kodiert sein. Talmy (1985: 81s) und Van Valin / LaPolla (1997: 119s) weisen daraufhin, dass etwa englisch murder notwendig eine agentive Verursachung beschreibt, während kill agentiv oder nicht-agentiv gebraucht werden kann. Zur Unterscheidung von murder und kill ist insofern der agentive Aspekt der Doppelrolle relevant. Zweiwertige transitive OE-Verben erlauben dagegen, wie in Kapitel 4 gezeigt, grundsätzlich die Realisierung des KORRELATS als Subjektsatz und verfügen somit über einen nicht-agentiven Gebrauch.

5.1.4.1.2.2 Agentive und nicht-agentive Konstruktionen Welche Schlussfolgerungen ergeben sich nun aus dem agentiven Gebrauch für den nichtagentiven Gebrauch der Verben? Ist das KORRELATS-Argument, das nicht gleichzeitig AGENS ist, analog der Kausalrelation zwischen Sachverhalten als URSACHE konzipiert? Entsprechen diese Verben insofern kill, tuer oder ucciderel (73)

a. Lo uccise con una revolverata (BR) b. Una grossa pietra, cadendogli in testa, l'uccise (BR)

191 Oder muss bei Gefühlsverben, wie etwa bei kochen oder affondare, ein agentiv-kausativer Gebrauch von einem nicht-kausativen unterschieden werden? (74) a. Hans kocht Kartoffeln b. Die Kartoffeln kochen (75) a. II capitano affonda la nave b. La nave affonda Zu dieser Frage werden in der Literatur sehr unterschiedliche Meinungen vertreten. Ruwet (1993: 97) hält die Tatsache, dass Gefühlsverben agentiv gebraucht werden können, für ein Argument gegen die Analyse von Belletti / Rizzi (1988). Belletti / Rizzi (ibd.: 345) hatten eine kausative Interpretation des KORRELATS (THEMAS) explizit zurückweisen. Es sei aber kontraintuitiv, argumentiert Ruwet (ibd.), für die agentive und die nicht-agentive Lesart Rollenkonstellationen anzunehmen, die zu völlig verschiedenen tiefenstrukturellen Repräsentationen führten. Nach Belletti / Rizzi (1988:293) ist die Subjektposition der dativischen wie akkusativischen OE-Verben auf der Ebene der Tiefenstruktur (TS) leer. Die Oberflächenstruktur (OS) entsteht durch Bewegung des THEMAS in die leere Subjektposition. Ein AGENS-Argument müsste aber aufgrund Bakers UTAH bereits auf der TS-Ebene über dem EXPERIENCER stehen und die Subjektposition besetzen. Das Verhältnis zwischen der agentiven und der nicht-agentiven Konstruktion eines Verbs des Störens oder Kränkens wäre dann so zu analysieren, wie das Verhältnis zwischen der agentiv-kausativen und der inchoativ nicht-kausativen Konstruktion von affondare.53 Eine solche Annahme erscheint allerdings in keiner Weise plausibel. Während in der nicht-kausativen Konstruktion von affondare das Akkusativobjekt der kausativen Konstruktion als Subjekt realisiert wird, nimmt der EMPFINDUNGSTRÄGER der Verben des Kränkens und Störens in der nicht-agentiven Konstruktion nicht die Subjektposition ein. Er wird stets als Akkusativobjekt realisiert, und zwar unabhängig davon, ob diese Verben nun agentiv oder nicht-agentiv gebraucht werden. Die Subjektposition ist auch in den nicht-agentiven Konstruktionen vom KORRELAT besetzt, das insofern als Kandidat für die Rolle URSACHE erscheint. Während Pesetsky (1995: 59) nicht zwischen agentivem und nicht-agentivem Gebrauch unterscheidet und das Subjekt transitiver OE-Verben grundsätzlich als CAUSER ansieht, sind in jüngster Zeit differenzierte Lösungen vorgeschlagen worden. Dabei sind zwei Aspekte zu trennen. Einerseits stellt sich die Frage, ob sich agentive und nicht-agentive Konstruktionen in linking-relevanten Aspekten unterscheiden, andererseits, ob ein solcher Unterschied, wenn vorhanden, darauf zurückzuführen ist, dass die nicht-agentive Konstruktion als nicht-kausativ angesehen werden kann. Arad (1998: 17-21) hält, nicht zuletzt aufgrund

53

Die beiden Konstruktionen von Verben wie affondare werden in der GG als Ergativ-KausativPaar bezeichnet (cf. Haegeman 1991: 308-312). Wie schon in Kapitel 4 angesprochen, ist der Terminus ergativ fllr eine nicht-kausative Konstruktion mit einem Subjekt, das dem Objekt einer kausativen Konstruktion entspricht und eine passivere GSR realisiert, unglücklich. Es sollte besser von einer inakkusativen Konstruktion gesprochen werden. Dies tut auch Blumenthal (1996: 19), der die beiden Konstruktionen von affondare unter zeitkonstitutionellen und rollensemantischen Aspekten untersucht.

192 der morphologischen Fakten in Sprachen wie Japanisch, Hebräisch oder Finnisch, sowohl die agentive als auch die nicht-agentive Konstruktion für kausativ, unterscheidet aber zwischen einem AGENT-CAUSER und einem STIMULUS. Beide Rollen stehen in der Rollenhierarchie über dem EXPERIENCER (ibd.: 17). Pylkkänen (2000) sieht, vor allem aufgrund der finnischen Daten, ebenfalls beide Konstruktionen als kausativ an. Kausativität ist für Pylkkänen jedoch nicht linking-relevant. Das Linking der agentiven Konstruktionen erklärt sich aus der Rollenhierarchie AGENS > EXPERIENCER (cf. ibd.: 437s). Ihre Analyse nichtagentiver Konstruktion ähnelt dagegen derjenigen von Belletti / Rizzi (1988): Der EXPERIENCER ist das rollenhierarchisch höchste Argument (cf. ibd.: 440s). Reinhart (2001b) hält transitive OE-Verben für grundsätzlich kausativ. Dies erkläre ihr Linking-Verhalten (cf. ibd.: 10; 20). Lediglich in agentiven Konstruktionen werde jedoch das Rollenmerkmal CAUSE auch realisiert (ibd.: 18). Landau (2002: 113-117), der diese Arbeiten zitiert, enthält sich jeder Stellungnahme, ob er die nicht-agentiven Konstruktionen als kausativ ansehen möchte oder nicht. Während er bei den agentiven Konstruktionen den EXPERIENCER als PATIENT bezeichnet, betrachtet er ihn in den nicht-agentiven Konstruktionen als LOCATIVE, der mit einer leeren Präposition markiert ist. Eine solche Konstruktion kann allerdings kaum als kausativ angesehen werden. Die Arbeiten von Pylkkänen (2000) und Landau (2002) behaupten somit einen erheblichen, linking-relevanten Unterschied zwischen den agentiven und den nicht-agentiven Konstruktionen. Die Gründe, die nach Ansicht dieser Autoren für diese Unterscheidung sprechen, sollen im folgenden anhand der französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens diskutiert werden. Dabei wird sich zeigen, dass die verschiedenen transitiven OE-Verben des Französischen und Italienischen (die preoccupare-Klasse bei Belletti / Rizzi 1988) nicht nur in Bezug auf ein mögliches agentives KORRELAT, sondern auch hinsichtlich weiterer syntaktischer und semantischer Eigenschaften eine heterogene Klasse darstellen. In noch stärkerem Maße gilt dies, wenn man sie mit den entsprechenden Verben anderer Sprachen vergleicht. Es geht mir deshalb nicht darum, die namentlich von Pylkkänen (2000) und Landau (2002) vorgetragenen Argumente in Bezug auf das von diesen Autoren beschriebene Material zu diskutieren. Pylkkänens Analyse mag fur das Finnische adäquat sein. Es stellt sich aber die Frage, ob sie, wie die Autorin suggeriert, universellen Anspruch erheben kann. Ebenso werde ich bei Landau, der eine Vielzahl von Sprachen berücksichtigt, nur auf Thesen und Argumente eingehen, die er explizit (auch) auf das Französische und Italienische bezieht.

5.1.4.1.2.2.1 Aktionsart Pylkkänen (2000) und Landau (2002) stützen ihre Argumentation nicht zuletzt auf zeitkonstitutionelle Unterschiede zwischen der agentiven und der nicht-agentiven Konstruktion. Grimshaw54 (1990: 25-30) hatte agentive wie nicht-agentive Konstruktionen transitiver OE-Verben innerhalb der Vendler-Dowty-Aktionsartklassen als accomplishments klassifi54

Englisch please, das im Gegensatz zu französisch plaire und italienisch piacere ebenfalls ein transitives OE-Verb ist, hält Grimshaw (1990: 29) allerdings fur nicht-kausativ und auch nicht für ein accomplishment.

193 ziert. Ohne im einzelnen auf die von Vendler (1967) und Dowty (1979) vorgeschlagenen Tests einzugehen, begründet sie ihre These vor allem damit, dass diese Verben kausativ seien. Nach Dowty (1979: 91;124s) implizieren sich die Tatsache, dass ein Prädikat unter zeitkonstitutionellen Gesichtspunkten ein accomplishment ist, und die Tatsache, dass es als Ausdruck einer Kausalrelation angesehen werden kann, gegenseitig. Alle accomplisments sind nach Dowty (1979) Kausativa und alle Kausativa sind accomplishments. Bereits Francis (1989: 236) zeigt jedoch, dass Kausativität keineswegs Zustandsveränderung impliziert. Das partizipantenbezogene Merkmal »kausativ« fällt nicht mit dem zeitkonstitutionellen Merkmal »Zustandsveränderung« zusammen. Valin / LaPolla (1997: 97107) zeigen, dass sich für alle Vendler-Dowty Klassen sowohl kausative als auch nichtkausative Prädikate finden: (76) a. Bill's owning a gunfrightensMary (causative state) b. The girl bounced the ball around the room (causative activity) c. The cat popped the balloon (causative achievement) d. The ice melted (non-causative accomplishment) (Van Valin / LaPolla 1997: 97, Beispiele 3.16a', b*,c'und d) Van Valin / LaPolla (ibd.) zufolge sind transitive OE-Verben wie frighten nicht (causative) accomplishments, sondern causative states. Arad (1998: 6) und Pylkkänen (2000: 419s) unterscheiden in diesem Zusammenhang zwischen den agentiven und den nicht-agentiven Konstruktionen transitiver OE-Verben. Sie vertreten die Ansicht, erstere seien, wie Grimshaw (1990) annahm, (causative) accomplishments, letztere dagegen causative states,55 Auch Landau (2002: IIS) hält lediglich die agentiven Konstruktionen für accomplishments. Die nicht-agentiven Konstruktionen seien dagegen - Landau legt sich hier nicht fest - states oder achievements. Die These, dass transitive OE-Verben - agentiv oder nicht - als achievements zu klassifizieren seien, geht auf Voorst (1992) zurück. Sie ist von Canfado (1995) bei ihrer Analyse transitiver OEVerben im brasilianischen Portugiesisch aufgegriffen worden. Can9ado (1995: 294-296) betont gegenüber Grimshaw die Unabhängigkeit der partizipantenbezogenen Eigenschaften »agentiv« und »kausativ« von den zeitkonstitutionellen. Von daher könnten sowohl die agentiven, als auch die nicht-agentiven Konstruktionen als kausative achievements klassifiziert werden. Die in der Literatur vertretenen Positionen sind insofern äußert heterogen. Sie decken hinsichtlich der Aktionsartklassen von Vendler und Dowty und der partizipantenbezogenen Eigenschaften »agentiv« und »kausativ« annähernd die gesamte Bandbreite möglicher Klassifizierungen ab. Selbst die Ansicht, transitive OE-Verben seien activities, fehlt nicht: Sie ist von Härtl (2001) vertreten worden.56 Auch diese Ansicht erscheint, je nach den Kriterien, die man anlegt, nicht völlig abwegig. Wenn wir uns an die Verben des Störens und Kränkens halten, um deren Linking-Verhalten es in diesem Abschnitt vor-

55

56

Dass Kausativität und Statizität vereinbar sind, stellt Pylkkänen (2000: 420) als ein originäres Ergebnis ihrer Arbeit zu finnischen OE-Verben heraus. Den Ansatz Van Valin / LaPolla (1997) erwähnt sie nicht. Härtl hält die meisten transitiven OE-Verben für Aktivitäten. Es fänden sich lediglich einige wenige kausative achievements wie verblüffen und erschrecken (2001: 191s).

194

Arad (1998)

j

j

j/n

j

Can?ado (1995) Grimshaw (1990) Härtl (2002)

j j/n

Landau (2002)

η

Pylkkänen (2000)

η

j

Pylkkänen (2000)

j

j

X X X

X

j η

X

X

j

Voorst (1992; 1995)

X

η

Landau(2002)

Van Valin/LaPolla(1997)

activities

j

achievements

η

states

kausativ

Arad (1998)

accomplishments

agentiv

rangig geht, so ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, diese zumindest in ihrem agentiven Gebrauch als activities anzusehen. Bevor ich in Bezug auf die heterogenen Positionen in der Literatur Stellung beziehe, seien diese noch einmal in einem Schema zusammengestellt:

X

X X X X

Fig. 5: Klassifikationen transitiver OE-Verben nach den Vendler-Dowty-Klassen Greifen wir anhand dieses Schemas noch einmal kurz zurück: Härtl (2001) betont (zurecht), dass Gefuhlsverben grundsätzlich keine prototypischen Kausalrelationen sind. Er schließt daraus, dass Kausativität für ihr Linking-Verhalten grundsätzlich irrelevant sei. Vielmehr wäre, so Härtl (2001: 214), ihr Linking durch ihre Aktionsartklasse bedingt. SE-Verben seien grundsätzlich Zustände, transitive OE-Verben dagegen Aktivitäten. Kurioserweise sieht Härtl aber nicht nur transitive OE-Verben mit einem agentiven KORRELAT (STIMULUS) als Aktivitäten an, sondern auch, in einem weiteren Sinne, solche mit einem nicht-agentiven: Wenn mit S[timulus]-E[xperiencer]-Komplexen keine Aktivität - wie etwa bei unbelebtem STIMULUS - assoziiert werden kann, dann muss es eine Aktivität des EXPERIENCERs sein, die den Wahrheitskonditionen des Aktivitätsschemas gerecht wird. Genau hier unterscheiden sich S[timulus]-E[xperiencer]- von E[xperiencer]-S[timulus]-Verben: Während mit S-E-Verben stets eine durative und atelische Aktivität verknüpfbar ist, ist dies bei E-S-Verben nicht möglich. (Härtl 2001:214).

195 Die »Aktivität« des EMPFINDUNGSTRÄGERS, auf die Härtl anspielt, besteht darin, dass dieser das KORRELAT wahrnimmt (cf. ibd.: 197). Wahrnehmung kann, wie in Kapitel 3 erörtert, zwar in der Regel nicht mit Dynamizität, wohl aber mit einer gewissen Kontrolle verbunden werden. Käme es jedoch in den nicht-agentiven Konstruktionen auf diese »Aktivität« des EMPFINDUNGSTRÄGERS an, bliebe es völlig unklar, warum dieser als Objekt und nicht als Subjekt, wie bei anderen durativen atelischen Aktivitäten (Fernsehen gucken, Pizza essen) realisiert wird. Darüber hinaus ist es auch bei agentivem KORRELAT fraglich, ob transitive OE-Verben als activities klassifiziert werden können. Echte Dynamizitätstests, wie die Verknüpfung mit Adverbien vom Typ quickly, slowly etc. (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 94), ergeben äußerst markierte Ergebnisse: (77)

*?Jean {dirange + froisse} Paul {lentement + vite}

(78)

*?Gianni {disturba + offende} Paolo {lentamente + rapido}

Dass transitive OE-Verben Dynamizitätstests nicht bestehen, spricht auch dagegen, sie als (causative) accomplisments zu analysieren (cf. Van Valin / LaPolla ibd.). Tenny (1994: 6468), die Grimshaws These, transitive OE-Verben seien grundsätzlich accomplishments, aufgreift, versucht sie mithilfe der Vendler-Dowty-Tests zu belegen. Die Kombination mit slowly erscheint allerdings ausgesprochen markiert: (79)

The truth interested John only slowly, since he was not imaginative by nature and was slow to see its implications (ibd.: 66, Beispiel 126) 57

Tenny wählt hier mit interest ein Verb, dass in zweiwertiger Konstruktion grundsätzlich nicht agentiv gebraucht werden kann. Doch sind, wie gesehen, auch bei einer möglichen agentiven Interpretation, die Ergebnisse nicht besser. Andere zentrale Tests für accomplisments, die auf die Telezität abstellen (cf. Franfois 1989: 242), führen ebenfalls zu äußerst zweifelhaften Ergebnissen. Die Kombination mit Rahmenadverbialen wie in an hour / en Nduree (cf. Dowty 1979: 60; Francis 1989: 245; Van Valin / LaPolla 1997: 94) ist entgegen der Wertung von Tenny selbst in potentiell agentiven Kontexten kaum akzeptabel:S8 (80)

The truth frightened John in five minutes (Tenny 1994: 65, Beispiel 120)

(81)

*?Jean {d6range + froisse} Paul en cinq minutes

(82)

*?Gianni {disturba + offende} Paolo in cinque minuti

Noch deutlicher aber spricht das »Imperfektiv-Paradox« (cf. Dowty 1979: 57; 133) dagegen, transitive OE-Verben als accomplisments anzusehen:, Jf φ is an accomplisment verb, then* is (now) fing entails that χ has not yet fed" (Dowty ibd.: 57): (83)

57

58

The rains are distroying the crops, but perhaps they will stop before the crops are destroyed (ibd.: 134)

Bei diesem Beispiel räumt Tenny (1994: 66) selbst ein: „[it] may not be felicitous for some speakers". Zu dieser Einschätzung kommt auch Härtl (2001: 158): i. *Peter ängstigte Ines innerhalb von nur 5 Minuten-, ii. *Der Bildband begeisterte Petra in einer Stunde (ibd., Beispiele 137a-b).

196 Bei den Verben des Störens und Kränkens sind die Ergebnisse dieses Tests eindeutig. Auch der imperfektive Gebrauch impliziert bereits den Gefühlszustand. Sie verhalten sich nicht wie accomplisments: (84)

Jean {derangeait + froissait} Paul => Jean a {derangi + froiss6} Paul

(85)

Gianni {disturbava + offendeva) Paolo => Gianni ha {disturbato + offeso} Paolo

Während aus konzeptueller Sicht das erste Stadium des Ärgerszenarios dem zweiten vorausgehen kann, lexikalisieren die französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens unmittelbar die Gleichzeitigkeit der (Wahrnehmung der) Beeinträchtigung und der Ärgerempfindung. Darin unterscheiden sie sich klar von accomplishments wie bauen, lernen oder schmelzen. Die meisten transitiven OE-Verben zeigen bei den einschlägigen Tests die gleichen Ergebnisse.59 Lediglich einige wenige Verben lassen sich in ihrem agentiven Gebrauch als accomplishments klassifizieren: dazu gehören calmer / calmare und, worauf noch einzugehen sein wird, seduire / sedurre. Für die Mehrheit der (agentiven) transitiven OE-Verben bleiben somit zwei Optionen: sie könnten achievements oder states sein. Ihre Klassifikation als achievements erscheint, so Ruwet (1995a: 31), für die meisten Verben kontraintuitiv. Sie beruht zum einen auf einem auf den ersten Blick ungewöhnlichen Verständnis dieser Aktionsartklasse. Voorst diskutiert das Leitbeispiel frighten und merkt dazu an: „The transition from not being frightened to being frightened is the beginning of an event, not the end [...] This is very much like other achievements, such as see" (Voorst 1992: 84). Englisch see ist nun lediglich in der Bedeutung .erblicken' ein achievement, in der Bedeutung .sehen' aber ein Zustand (cf. Dowty 1979: 66; 68). Das Hauptkriterium, das achievements gegenüber den anderen Aktionsartklassen abgrenzt, ist Punktualität (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 93).60 Typische achievements sind arrive, die, notice, reach (Dowty 1979: 68) oder gagner (Ruwet 1995a: 31). Viele achievements implizieren einen Nachzustand, ohne diesen jedoch zu bezeichnen. Aufgrund ihrer Punktualität können sie nicht mit terminativen Verben wie stop61 kombiniert werden, ohne dass eine habituelle Lesart erzwungen wird (Dowty 1979: 59). Ebenso wenig sind sie mit Spannenadverbialen wie for an hour, pendant Ndurie kombinierbar (Dowty 1979: 58; Francis 1989: 246), bzw. können auch hier nur habituell interpretiert werden:62

59 60 61

62

Siehe zu den portugiesischen Verben Canpado (1995: 294). „Momentan6 ±" in der Terminologie von Francois (1989: 236). Bertinetto (1990: 58) hält die Möglichkeit einer Periphrase mit smettere oder cessare im Gegensatz zu einer Periphrase mit terminare auch für einen Indikator für Atelizität. Verben, die (in nicht habitueller Lesart) mit smettere oder cessare kombinierbar sind, unterscheiden sich somit doppelt von den achievements: sie sind weder telisch noch punktuell. Die Telezität von achievements erscheint allerdings, wie noch zu zeigen sein wird, grundsätzlich problematisch. Aisina (1999: 82) weist allerdings daraufhin, dass die Kombination mit Spannenadverbialen bei einigen achievements akzeptabel ist: i. Phil lost his watch for two hours, and then he found it; ii. Phil woke up for two hours before falling asleep again (ibd., Beispiele 7a-b). Meines Erachtens handelt es sich hier nicht, wie Aisina (ibd.: 83) annimmt, um den Normalfall, sondern um Metonymien, die je nach einzelsprachlicher Lexikalisierung einen sehr unterschiedlichen Akzep-

197 (86) a. Schumacher a cessi de gagner le Grand Prix de Monaco [habituell] b. Schumacher a gagne le Grand Prix de Monaco pendant des annees [habituell] Diese Sätze sind (nur) dann akzeptabel, wenn man sie so versteht, dass Schumacher den Großen Preis mehrmals hintereinander gewonnen hat. Eine Vielzahl transitiver OE-Verben lässt sich aufgrund dieser Tests eindeutig nicht zu den achievements zählen, unabhängig davon, ob die Verben agentiv gebraucht werden oder nicht. Sie sind in der Kombination mit terminativen Verben oder adverbialen Ausdrücken der Dauer nicht notwendig habituell zu interpretieren: (87) a. Meyerbeer [...] avait cess6 depuis longtemps d'attirer les musiciens (FRANTEXT: DUMESNIL, R.) b. Cette {historie + femme} a cesse de {m'angoisser + me fasciner + m'irriter + me preoccuper} (88) Cette {historie + femme} m'a {angoiss6 + fascine + irrite + prioccupi) pendant quelque temps (89) a. L'arte italiana non smettera mai di ammaliare ifrancesi(BR) b. Questa {storia + donna} ha smesso {di fascinarmi + d'impaurirmi + d'irritarmi + preoccuparmi} (90) Questa {storia + donna) mi ha {fascinato + impaurito + irritato + preoccupato} per qualche tempo Bei den nicht-agentiven Konstruktionen der Verben des Störens und Kränkens ist es weniger leicht, Kontexte zu finden, in denen sie mit cesser / smettere bzw. mit Spannenadverbialen kombiniert werden können: (91) a. ?Sa conception d'amour libre a cessi de me deranger b. ?Son attitude dvasive m'a derangd pendant quelque temps (92) a. ?Son geste de ginirositi a cesse de me froisser b. ?Son geste de gdnerositi m'a froisse pendant quelques temps (93) a. ?La sua visione d'amore libera ha smesso di disturbarmi b. ?La sua attitudine evasiva mi disturbava per qualche tempo (94) a. ?Non essere stato invitato alia festa ha smesso di scottarmi a' (?)Non essere stato invitato alia festa non mi scotta piu b. ?Non essere stato invitato alla festa mi scottava per qualche tempo Verben des Störens, vor allem aber des Kränkens scheinen sich in ihren nicht-agentiven Konstruktionen eher wie achievements zu verhalten als andere transitive OE-Verben. In agentiver Konstruktion sind Verben des Störens eindeutig keine achievements. Verben des Kränkens verhalten sich nicht einheitlich:

tabilitätsgrad haben: i'. Phil hatte {*?zwei Stunden lang + ??fiir zwei Stunden} seine Uhr verloren, dann fand er sie wieder, ii'. Phil wachte {*zwei Stunden lang +flirzwei Stunden} auf, dann schliefer wieder ein.

198 (95) a. Lo offese con parole mai sentite in bocca sua (BR) b. Per mezz'ora, lo {?offese + umilio} con parole mai sentite in bocca sua Ein weiterer Test, den Ruwet (1995a: 31) vorschlägt, zeigt aber, dass die Verben des Störens und Kränkens sich von den prototypischen achievements unterscheiden: sie erlauben, im Gegensatz zu den ach ievemen f-Verben die Kombinationen mit gradierenden und intensivierenden Adverbien: (96) a. *Senna a gagnö un peu le Grand Prix (Ruwet ibd., Beispiel 1 la) b. *Senna gagnait le Grand Prix de mieux en mieux (ibd., Beispiel 12a) (97) a. Son attitude evasive m'a (derangö + froisse} un peu b. Son attitude 6vasive me {?derangeait + ?froissait} de plus en plus (98) a. La sua attitudine evasiva mi ha un po' {disturbato + offeso} b. La sua attitudine evasiva mi {?disturbava + ?offendeva} sempre di piü Aus dem Gezeigten scheint zu folgen, dass transitive OE-Verben mehrheitlich als Zustände (states) zu interpretieren sind. Pylkkänen (2000:425-430) stellt in Bezug auf die nichtagentiven Konstruktionen fest, dass sie die Eigenschaften von stage-level-states besitzen, Zuständen, die veränderlich und potentiell von einer begrenzten zeitlichen Dauer sind. Transitive OE-Verben können wie andere stage-level-predicates, aber im Gegensatz zu individual-level-predicates, in der Verlaufsform erscheinen: (99) a. *John is knowing the answer (Dowty 1979: 55, Beispiel 21a) b. My socks are lying under the bed (Dowty 1979: 173, Beispiel 62a) (100) Questa storia sta {disturbando + ?offendendo} Maria State-level-states sind nichtsdestoweniger von activities zu unterscheiden, da sie nicht durch »Was geschieht hier?« »Was ist los?« erfragt werden können (cf. Levin / Rappaport 1995: 171): (101) What is happening? - *My socks are lying under the bed Nicht-agentive Konstruktionen transitiver OE-Verben verhalten sich bei diesem Test (eher) wie states, agentive allerdings wie activities: (102) a. Cosa succede? - ??Questa storia sta disturbando Maria b. Cosa succede? - Gianni sta disturbando la sua sorella Es zeigt sich, dass der Versuch transitive OE-Verben mit Hilfe der einschlägigen Tests eindeutig einer Vendler-Dowty-Klasse zuzuordnen, nicht zu vollauf befriedigenden Ergebnissen fuhrt. Dies erklärt ihre heterogene Einordnung in der Literatur. Nicht jede Position lässt sich, wie gezeigt, gleichermaßen gut begründen, doch ist auch keine der Positionen als völlig abwegig zurückzuweisen. Die Vendler-Dowty-Klassen sind relativ grobe Raster der Sachverhaltsklassifizierung. Sie wurden in der Literatur vielfach kritisiert und im Hinblick

199 auf verschiedene Problemfälle modifiziert und ergänzt.63 Es geht mir an dieser Stelle nicht darum, das Für und Wider der Vendler-Dowty-Klassen im einzelnen zu diskutieren. Trotz der vielfältigen und im Detail berechtigten Kritik haben sich die Vendler-Dowty-Klassen grundsätzlich als nützlich für die Abgrenzung der wichtigsten Sachverhaltsdarstellungstypen erwiesen. Komplexe Fälle, wie es die agentiven und nicht-agentiven transitiven OEVerben sind, können aber mit Hilfe der üblichen Tests allein nicht eindeutig klassifiziert werden. Die Komplexität rührt daher, dass OE-Verben nicht zwei strikt aufeinanderfolgende Teilsituationen (sl < s2), sondern zwei sich überlappenden Teilsituationen (sl ° S2)64 bezeichnen. Arad (1998: S) und Pylkkänen (2000: 432) verdeutlichen dies mit einem Schema für die nicht-agentiven Konstruktionen transitiver OE-Verben: perception of stimulus:

stop

mental state:

stop

Fig. 6: Ereignisstruktur nicht-agentive transitive OE-Verben nach Arad (1998: 5)

Was genau unter »perception« zu verstehen ist, bleibt allerdings bei Arad wie bei Pylkkänen oifen. Sinnliche Wahrnehmung kann damit nicht gemeint sein. Gefühle können über die Wahmehmungssituation hinaus eine unbestimmte Zeit hinaus anhalten: Nicht die Wahrnehmung, etwa das Hören eines Vorwurfs, sondern bestenfalls das Bewusstsein des KORRELATS-Sachverhalts und der Gefühlszustand haben dieselbe zeitliche Ausdehnung. Und selbst dies ist bei Gefühlen, die nicht aufgrund ihrer kurzen Dauer ein durchgängiges Bewusstsein voraussetzen, problematisch. Bei episodischen Gefühlen, wie sie die Verben des Störens und Kränkens beschreiben, setzt mit der punktuellen Wahrnehmung des KORRELATS-Sachverhalts der Gefuhlszustand ein. Das punktuelle Einsetzen des Gefühls scheint bei den Verben des Kränkens in stärkerem Maße lexikalisiert als bei anderen Gefühlsverben. Deshalb erscheinen sie bei den Tests, die sich auf zeitliche Ausdehnung beziehen, prototypischen achievements ähnlicher als andere Gefuhlsverben. Da sie jedoch gleichzeitig das Fortdauern des Gefühls in seinem KORRELATS-Bezug lexikalisieren, sind auch bei diesen Tests die Ergebnisse nicht eindeutig. Ferner erklärt sich dadurch die Möglichkeit fortgesetzter Intensivierung. Grundsätzlich kann ein Sachverhalt mich mehr und mehr stören oder kränken, je länger ich über ihn nachdenke. Dass Gradierungen wie un peu / unpo' möglich sind, verdeutlicht, dass im Gegensatz zu den prototypischen achievements nicht allein das Zustandekommen eines Gefiihlszustands, sondern dieser selbst bezeichnet wird.

« 64

Cf. Bertinetto 1986, 1991, 1997; Beck 1987; Francis 1989; Smith 1991; Verkyl 1993; Sokol 1999; Vennandere 2002; Blumenthal im Druck. Ich verwende hier die Notation von Pustajovsky (1995: 69): „< is strict partial order, ° is overlap".

200 Was die agentiven Konstruktionen transitiver OE-Verben betrifft, so können diese bis auf wenige Ausnahmen (seduire / sedurre, calmer / calmare) nicht als accomplishments charakterisiert werden. Sie zeigen kein »Imperfektiv-Paradox« und sind auch nicht mit Rahmenadverbialen wie in an hour kombinierbar. Arads (1998: 5) Graphik, mit der sie ihre Analyse der agentiven OE-Verbkonstruktionen als accomplishments verdeutlicht, ist deshalb für die meisten Verben, und somit auch für die Verben des Störens und Kränkens, inadäquat. stimulus

mental state ^

(indefinite)

Fig. 7: Ereignisstruktur agentiver transitiver OE-Verben nach Arad (1998: 5) Wie bei den nicht-agentiven Konstruktionen ist bei den agentiven in der Regel das unmittelbare Einsetzen des Gefühlszustands bei Wahrnehmung des intentionalen Handelns bezeichnet. Der Gefühlszustand dauert fur unbestimmte Zeit über die Dauer der intentionalen Einwirkung hinaus an. Solange er andauert, ist er wie bei den nicht-agentiven Konstruktionen KORRELATS-bezogen. Es ist daher verkürzt, wenn Arad hier einen Unterschied zwischen agentiven und nicht-agentiven Konstruktionen sieht: On the non-stative readings the agent/causer have »done their job« as soon as the change of state is achieved. The new state now holds independently of them. [...] On the Stative reading the stimulus induces a state in the experiencer, but this state disappears along with the stimulus. (Arad 1998: 5s). Lediglich als AGENS-URSACHE, hat der intentional Handelnde seine Funktion erfüllt. Sein Handeln bleibt jedoch auf unbestimmte Zeit KORRELAT des Gefuhlszustands: (103) a. Queirimproverihanno scottato Paolo [± => Paolo έ ancora scottato] b. Maria ha offeso Luigi con parole mai sentite in bocca sua [± => Luigi έ ancora offeso] Ich schlage deshalb die Graphiken in Fig. 8 und Fig. 9 für die Darstellung der Ereignisstruktur der transitiven OE-Verben vor: Wahrnehmung des KORRELATS Bewusstsein des KORRELATS (offen) Gefuhlszustand Fig. 8: Ereignisstruktur nicht-agentiver transitiver OE-Verb-Konstruktionen

201 Die Ereignisstruktur der nicht-agentiven OE-Verb-Konstruktionen unterscheidet sich, wie erörtert, vor allem durch die punktuelle Wahrnehmung des KORRELATS von derjenigen, die Arad (cf. Fig. 6) vorschlägt. Die Ereignisstruktur der agentiven OE-Verb-Konstruktionen weicht entgegen der Annahme von Arad (cf. Fig. 7) in keiner Weise von deijenigen der nicht-agentiven OE-Verb-Konstruktionen ab. Die Darstellung in der Fig. 9 ist insofern mit der Darstellung in Fig. 8 vollauf identisch: Wahrnehmung des KORRELATS Bewusstsein des KORRELATS (offen) Gefiihlszustand

Fig. 9: Ereignisstruktur agentiver transitiver OE-Verb-Konstruktionen Die zeitkostitutionellen Besonderheiten, die sowohl die agentiven als auch die nichtagentive Konstruktionen transitiver OE-Verben charakterisieren, ließen sich vielleicht mithilfe der von Sokol (1998) eingeführten Terminologie präziser beschreiben. Nach Sokol (1998: 44-53) könnte die innere Zeilkonstitution dieser Konstruktionen als »links begrenzt« und »rechts offen« bezeichnet werden. Sokol (ibd.) zeigt, dass nicht nur prototypische achievements (»R-Progressiva«) wie arriver oder sortir, diese Eigenschaften besitzen, sondern auch Zustandsverben wie rester oder garder. Letztere bezeichnet sie als »LStativa« (cf. ibd.: 47). Transitive OE-Verben unterscheiden sich allerdings nicht nur von den prototypischen achievements, sondern auch von den Verben vom Typ rester. Während erstere das punktuelle Entstehen und letztere das Fortdauern eines Zustands bezeichnen, vereinen die transitiven OE-Verben beide Aspekte in ihrer Ereignisstruktur. Als Verben der Zustandsveränderung werden in der Literatur sowohl achievements als auch accomplishments angesehen. Das Merkmal »telisch«, das achievements und accomplishments gegenüber states und activities abgrenzt, ist bei beiden Klassen jedoch in unterschiedlicher Weise zu verstehen. Accomplishments sind telisch, insofern sie ein Ereignis bezeichnen, das mit dem Erreichen eines Zustands endet (»in-an-hour«-Test; ImperfektivParadox). Achievements dagegen sind insofern telisch, als sie den Beginn eines Zustands bezeichnen, nicht das Ende des Ereignisses, das zur Entstehimg dieses Zustands führt. Die Telelizität von achievements ist nicht durch distributive Tests nachzuweisen. Dies gilt grundsätzlich für »Linksgrenzen«.65

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Auch Verben wie agrandir, die im Unterschied zu den achievements nicht punktuell sind, weisen nach Francois (1989: 236) zwar das Merkmal »+transitionnel«, nicht aber das als »Rechtsgrenze« verstandene Merkmal >H-telique« auf.

202 Vermandere (2002: 2 7 5 - 2 8 8 ) versucht innerhalb der Verben der Zustandsveränderung eine Gruppe abzugrenzen, die im engeren Sinne den Nachzustand selbst bezeichnet. Zu den „verbi conclusivi" zählt er die transitiven OE-Verben, sowie einige weitere Verben, die üblicherweise als achievements bzw. accomplishments klassifiziert werden: aprire, affondare, assassinare, nascondere. A l s Kriterium fuhrt er an: „usati al presente, i verbi conclusivi devono [ . . . ] permettere l'inferenza dello stato sottinteso, e perciö anche del participio passato usato come aggettivo" (ibd.: 283). Vermandere testet dies mit Hilfe des Kopulaverbs risultare:66 (104) Gianni apre la porte => la porta risulta apperta (ibd.) Allerdings erlauben zwar ein großer Teil, längst jedoch nicht alle transitiven OE-Verben im Italienischen eine adjektivische Interpretation ihres Partizips Perfekt: 67 (105) Gianni risulta {*disturbato68 + offeso + scottato} Vermanderes Grundgedanken kann, wie gezeigt, zugestimmt werden: transitive OE-Verben implizieren eine Zustandsveränderung, sind (in der Regel) aber weder achievements noch accomplishments. Sie lassen sich jedoch nicht in ihrer Gesamtheit als »Konklusiva« fassen, wenn unter »Konklusiva« eine mithilfe distributioneller Tests klar abgrenzbare Aktionsartklasse verstanden werden soll. 6 9 Kommen wir noch einmal auf das Verhältnis agentiver und nicht-agentiver Konstruktionen zurück. Fig. 8 und Fig. 9 verdeutlichen, dass zwischen dem agentiven und dem 66

Das Passiv mit essere ist entgegen der Ansicht von Dietrich (1996: 223) im Italienischen nicht eindeutig als resultatives Zustandspassiv zu interpretieren. Lediglich in den nicht zusammengesetzten Tempora gibt es eine Tendenz zur Verwendung von venire als Vorgangspassiv, so dass Konstruktionen mit essere ohne Urheber-Adjunkt als Zustandspassiv erscheinen (cf. Schwarze 2 1995: 181S).

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In Sprachen, die morphologisch eindeutig zwischen einem Zustandspassiv und einem Vorgangspassiv unterscheiden, wird der Kontrast besonders deutlich: i. Hans ist {beleidigt + erfreut + *geärgert + *gefreut + gekränkt +*gestört + verärgert). Nach Canfado (1997: 133) erlaubt ein beachtlicher Teil der von ihr untersuchten transitiven Gefuhlsverben des brasilianischen Portugiesisch kein Zustandspassiv (12% ihres Korpus; 16% sind SE-Verben, die restlichen 72% sind transitive OE-Verben die nur ein Zustandspassiv oder aber Vorgangs- und Zustandspassiv erlauben).

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Disturbato existiert zwar als Adjektiv, jedoch in der Bedeutung „che sofire di disturbi mentali" (DISC: s. v. disturbato). Einen ähnlichen Gedanken verfolgt auch Vanhoe (2002: 175) in seiner Arbeit zu den spanischen Gefiihlsverben. Er zeigt, dass transitive OE-Verben in keine der Vendler-Dowty-Klassen passen, um dann zu behaupten, sie ähnelten noch am stärksten den »Ingressiva« im Sinne von Miguel (1999: 3022-3030), d. h. Verben wie spanisch florecer, hervir oder marearse. Vanhoe testet nur einige transitive OE-Verben (aburrir, afectar, apasionar, enfadar, fascinar, interesar, molestar und preocupar). Diese zeigen ein syntaktisch heterogenes Verhalten, das sich im Detail von demjenigen der »Ingressiva« unterscheidet. Letztlich kann auch Vanhoe nur auf die Tatsache abstellen, dass unter semantischen Gesichtspunkten transitive OE-Verben eine punktuelle Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS und den daraus resultierenden Gefühlszustand bezeichnen.

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203 nicht-agentiven Gebrauch kein zeitkonstitutioneller Unterschied besteht. Das intentionale Handeln selbst kann als punktuelle Einwirkung konzipiert sein (froisser / offendere) oder als zeitlich ausgedehnt (deranger, humilier / disturbare, umiliare). Für das Fehlen einer Rechtsbegrenzung ist die Art und Dauer der Handlung irrelevant. Wenn die agentiven transitiven OE-Verben aber als zeitlich ausgedehnt konzipiert und mit Spannenadverbialen kombiniert werden, beschränkt sich der Skopus dieser Adverbien notwendig auf das intentionalen Handeln, obwohl der daraus resultierende Gefühlszustand über die bezeichnete Zeitspanne hinaus andauern kann: (106) Pierre a fait exprfes d'humilier Paul pendant toute l'apres-midi [± => Paul se sent encore humilii]

Es handelt sich jedoch nicht um »work-scope« im Sinne Aisinas (1999: 104), d. h. um eine Zeitspanne, die bei accomplishments aufgewendet wird, um dem zu erreichenden Erfolg näher zu kommen. Der Gefuhlszustand tritt (außer bei den wenigen accomplishments wie sdduire / sedurre) unmittelbar ein. Wie die meisten transitiven OE-Verben, sind die Verben des Störens und Kränkens auch in ihrer agentiven Lesart keine accomplishments. Dass pendant toute l'apres-midi sich auf die Teilsituation des intentionalen Handelns beschränkt, wäre bestenfalls ein Argument dafür, diese Verben als activities anzusehen. Dagegen spricht jedoch, wie gezeigt, dass gleichzeitig das Gefühl als Zustand bezeichnet ist. Gefiihlsverben sind, wie gezeigt, keine activities, die schnell oder langsam ausgeführt werden können. Fassen wir zusammen: Die These von Pylkkänen (2000) und Landau (2002), dass zwischen den agentiven und nicht-agentiven Konstruktionen transitiver OE-Verben grundsätzlich linking-relevante Unterschiede in der Zeitkonstitution bestehen, hat sich für die französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens nicht bestätigt. Trotz zeitkonstitutioneller Unterschiede im Detail bezeichnen diese Verben aufgrund ihrer komplexen Ereignisstruktur sowohl eine punktuelle Zustandsveränderung (Eintreten des Gefühlszustands) als auch das Fortdauern dieses Zustande. Dies gilt nicht für alle transitiven OE-Verben: calmer / calmare und seduire / sedurre sind in ihrem agentiven Gebrauch tatsächlich, wie Arad (1998), Pylkkänen (2000) und Landau (2002) behaupten, accomplishments. Die meisten transitiven OE-Verben können jedoch auch in ihren agentiven Konstruktionen nicht als accomplishments angesehen werden.

5.1.4.1.2.2.2 Kasus Dass in Bezug auf die Zeitkonstitution kein wesentlicher Unterschied zwischen den agentiven und nicht-agentiven Konstruktionen der französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens besteht, belegt noch nicht, dass auch das Linking der nicht-agentiven Konstruktionen dadurch bedingt ist, dass das KORRELAT dieser Konstruktionen als URSACHE konzipiert wird. Zeitkonstitution und Kausativität sind von einander unabhängig. Es stellt sich somit die Frage, ob es andere, nicht auf der Zeitkonstitution beruhende Gründe gibt, hinsichtlich des Linkings zwischen agentiven und nicht-agentiven Konstruktionen zu unterscheiden und letztere als (in linking-relevantem Sinne) nicht-kausative Konstruktionen zu betrachten.

204 Im Filmischen sind solche Gründe offensichtlich: der agentiv affizierte EMPFINDUNGSunterscheidet sich vom nicht-agentiv affizierten im Kasus. Erstere werden im Akkusativ realisiert, letztere im Partitiv (cf. Pylkkänen 2000:418s). Da finnische OE-Verben auch bei partitivem EMPFINDUNGSTRÄGER kausative Affixe aufweisen, kann das Linking im Gegensatz zu Pesetskys (1995) Annahme, zumindest im Finnischen, nicht allein aufgrund des kausativen Charakters der Verben erklärt werden. Nach Pylkkänen sind partitivische finnische OE-Verbkonstruktionen kausativ, ohne dass das KORRELATS-Argument rollensemantisch auch als URSACHE anzusehen ist. Es bleibt in der Rollenhierarchie unterhalb des EMPFINDUNGSTRÄGERS angesiedelt. Wenn wir mit Primus (1999a) und Blume (2000) im Rahmen der in Kapitel 3 skizzierten Protorollentheorie von Dowty (1991) davon ausgehen, dass causing an event or change of state in another participant eine stark zu gewichtende PAE und causally affected eine stark zu gewichtende PPE ist, sollten Unterschiede im Kasus zwischen dem EMPFINDUNGSTRÄGER in agentiven und nicht-agentiven Konstruktionen ein Indikator dafür sein, dass das KORRELAT der nicht-agentiven Konstruktionen nicht als URSACHE konzipiert wird. Bei einem deutlichen Kontrast in den Protorolleneigenschaften, wie er auch zwischen einer nicht-agentiven URSACHE und einem kausal affizierten Argument besteht, wäre ein Nominativ-Akkusativ-Kasusmuster zu erwarten. Ein solches Argument ist nicht zirkulär, da es unabhängig von der Kasuswahl als solche motivierbar ist. Zum einen ist agentive Verursachung der prototypische Fall sprachlich kodierter Kausativität. Zum anderen sind Gefühle keine prototypischen Kausalrelationen. Wenn also bei einem bestimmten Gefühl der Unterschied zwischen kausaler und nicht-kausaler Konzeption im Kasus kodiert wird, ist zu erwarten, dass die agentive Konstruktion das Linking-Verhalten von Kausalrelationen bezeichnender Verben, d. h. das Nominativ-Akkusativ-Muster, aufweist, die nicht-agentive dagegen nicht. Genau dies ist nicht nur im Finnischen, sondern auch im Spanischen der Fall. Im Spanischen besteht bei OE-Verben tendenziell ein Kodierungsunterschied zwischen der agentiven und der nicht-agentiven Konstruktion: Im europäischen Spanisch können agentiv affizierte EMPFINDUNGSTRÄGER im Akkusativ erscheinen, während nicht-agentiv affizierte immer dativisch realisiert werden. In bestimmten Varietäten des lateinamerikanischen Spanisch besteht bei einigen Gefuhlsverben die Möglichkeit, den nicht-agentiv affizierten EMFINDUNGSTRÄGER entweder im Akkusativ oder aber im Dativ zu realisieren. Der agentiv affizierte EMPFINDUNGSTRÄGER erscheint dagegen immer im Akkusativ (cf. Kailuweit 2002b). In deutlich geringerem Maße scheint dies nun auch für das Italienische zu gelten. Während die französischen Verben des Störens und Kränkens den EMPFINDUNGSTRÄGER stets im Akkusativ realisieren, erlauben italienisch disturbare und scomodare sowohl einen Akkusativ- als auch einen Dativ-EMPFINDUNGSTRÄGER, und ähneln insofern interessare und soddisfare. Es handelt sich jedoch nicht eindeutig um Linking-Unterschiede zwischen der agentiven und der nicht-agentiven Konstruktion. Die dativischen EMPFINDUNGSTRÄGER dieser Verben erscheinen zwar ausschließlich in nicht-agentiven Kontexten.70 Andererseits TRÄGER

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Für scomodare mit einem Dativ-EMPFINDUNGSTRÄGER führt das DISC die Beispiele i. Questa spesa mi scomoda und, wie zitiert, ii. Se a te non scomoda, dovresti restituirmi il libro an.

205 ist es jedoch, wie im lateinamerikanischen Spanisch, ebenso möglich, den nicht agentiv affizierten EMPFINDSUNGSTRÄGER im Akkusativ zu realisieren: (107) a. La presenza di Maller lo disturbava (SVEVO: V) b. Non lo disturbavano neppure i topi che facevano talvolta una gazzarra indiavolata sul terrazzo di sopra (PIRANDELLO: VG) Das Linking der dativischen Konstruktion kann mit der Linking-Regel, die Van Valin/LaPolla (1997: 153-156; 355s) für zweiwertige intransitive Verben, die nicht als activities zu interpretieren sind, geben, erklärt werden: die passivere Rolle wird als Subjekt realisiert. Bei einem transitiven akkusativischen Verb müsste dagegen die aktivere Rolle als Subjekt erscheinen. Das Linking der nicht-agentiven akkusativischen Konstruktion wirft ein Problem auf. Es stellt sich die Frage, ob dieser Akkusativ »derselbe« Akkusativ ist, wie deijenige der agentiven Konstruktionen. Es könnte sich bei den agentiven um den sogenannten strukturellen, bei den nicht-agentiven Konstruktionen dagegen um den inhärenten Akkusativ71 handeln, so dass die nicht-agentiven Konstruktionen nicht als transitiv, sondern als intransitiv zu klassifizieren sind. Die These, dass der Akkusativ der OE-Verben inhärent ist, geht auf Belletti / Rizzi (1988:332) zurück. Eine neue Version dieser These findet sich bei Landau (2002). Landau (ibd.: 5) zufolge wird der inhärente Kasus in der nicht-agentiven Konstruktion von einer Null-Präpositionen vergeben. In der agentiven Konstruktion wird diese Präposition getilgt (cf. ibd.: 116). Zur Begründung dieser These greift Landau (2002:4) auf die Argumentation von Arad (1998: 2) zurück, derzufolge die von Belletti/Rizzi (1988) beobachteten syntaktischen Auffälligkeiten (»psych properties«) der transitiven OE-Verben nur in nicht-agentiven Konstruktionen auftreten: „If an agentive reading is forced, all »psych properties« disappear" (Arad: ibd.). Wäre diese These fur das Französische und Italienische zutreffend, hätte Landaus Ansatz, die französischen und italienischen Akkusativ-EMPFINDUNGSTRÄGER den Finnischen Partitiv-EMPFlNDUNGSTRÄGERN analog zu behandeln, durchaus Plausibilität. Tatsächlich aber ist Arads These, was das Italienische und Französische betrifft, nicht überzeugend. Wie im folgenden gezeigt werden soll, ist sie bei einigen der diskutierten Eigenschaften unzutreffend, bei anderen wenig aussagekräftig.

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Vermandere (2002: 358) betont, dass der dativische EMPFINDUNGSTRÄGER üblicherweise in unpersönlichen Konstruktionen erscheint: iii. Le disurba sefumo (BR). Der Unterschied lässt sich etwa bei deutsch lehren aufzeigen. Lehren erscheint im Aktiv mit zwei Akkusativobjekten: i. Ich lehre ihn einen Tanz. Im Passiv wird aus dem strukturellen Akkusativ ein Nominativ, aus dem inhärenten ein Dativ: ii. Ihm wird ein Tanz gelehrt. Belletti / Rizzi (1988: 334) behaupten, dass italienische OE-Verben einen ähnlichen Kontrast zeigten. Sie würden bei Extraposition des EMPFINDUNGSTRAGERS diesen als Dativ realisieren: i. Α Giorgio, questi argument! non l'hanno convinto. Ihre Argumentation, dass diese Konstruktion bei OEVerben standardsprachlich, bei anderen transitiven Verben wie etwa conoscere aber dialektal sei, erscheint äußerstfraglich.In den italienischen Grammatiken findet sich kein Hinweis darauf, dass diese Konstruktion standardsprachlich wäre. Auch die von mir befragten Sprecher halten sie grundsätzlich für dialektal markiert.

206 Reflexivität Arad (1998: 7) behauptet etwa, die Eigenschaft, dass transitive OE-Verben keine reflexiven Anaphern binden können, wäre in agentiven Kontexten aufgehoben. Dies ist jedoch offensichtlich nicht der Fall. Sehen wir einmal davon ab, dass Konstruktionen, in denen transitive OE-Verben reflexiv gebraucht werden, grundsätzlich recht gezwungen erscheinen, so spielt Agentivität dabei keine Rolle. Belletti / Rizzi (1988: 297) erklären die annähernde Akzeptabilität ihres Beispiels: (108) (?)Ultimamente, Gianni preoccupa perfino se stesso (ibd., Beispiel 14b') mit der starken Betonung einer nicht-klitischen Anapher. Der Subjektaktant ist hier jedoch nicht agentiv zu interpretieren.72 Bei Gefühlsverben, die agentiv gebraucht werden können, erhöht eine erzwungene agentive Lesart nicht notwendig die Akzeptabilität dieser Konstruktionen: (109) a. *?Gianni disturba se stesso b. *?Gianni lo fa apposta a disturbare se stesso Bereits Ruwet (1972b: 220) zeigt, dass die Akzeptabilität von Konstruktionen wie (110) Paul se degoüte lui-meme (Ruwet ibd.: 218, Beispiel 146a) nicht dadurch erklärt werden kann, dass man dem Satz eine agentive Lesart zuschreibt: „Le Probleme est qu'une phrase comme (146a) est acceptable, qu'on interprete le sujet comme agent, ou seulement comme un theme" (ibd.: 220). Arad (1998: 7) fuhrt allerdings nicht eine reflexive, sondern eine reziproke Konstruktion73 an, um die Relevanz des Unterschieds zwischen der agentiven und der nicht-agentiven Lesart nachzuweisen: (111) Gli studenti si spaventanoprimadegli esami perindursi astudiaredi piü (ibd., Beispiel 9b) Reziproke Konstruktionen sind jedoch ebenfalls nicht an eine agentive Lesart gebunden. Weitaus akzeptabler als das Beispiel von Arad erscheint: (112) Senza averlo voluto, si sono feriti (l'un l'altro) con le loro parole Es zeigt sich, dass die physisch konkrete Bedeutung und die Gefühlsverbbedeutung von ferire sich hinsichtlich der Möglichkeit eines reziproken Gebrauchs nicht unterscheiden.

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Italienisch preoccupare und auch französisch preoccuper schließen, wie gezeigt, eine agentive Interpretation aus. Diese Konstruktion ist allerdings nach Ansicht der von mir befragten Sprecher kaum verständlich geschweige denn akzeptabel.

207 Kausativeinbettung Nach Landau (2002: 70) gehört die Unmöglichkeit einer Kausativeinbettung zu den zentralen Eigenschaften von OE-Verben: (113) *Questo lo ha fatto {preoccupare + commuovere + attrarre} ancora di piü a Mario (Belletti / Rizzi 1988: 303, Beispiel 31b)

Arad (1998: 8) zeigt, dass diese Eigenschaft in agentiven Kontexten nicht auftritt. (114) Gli ho fatto spaventare il candidate per farlo lavorare di piü (ibd., Beispiel 11)

Dies ist jedoch wenig aussagekräftig. Kausale Einbettung setzt grundsätzlich eine gewisse Kontrolle des Verbalgeschehens durch einen AGENS oder EFFECTOR 74 voraus und kann somit als weiterer Agentivitätstest dienen (cf. Bouchard 1995b: 368). Transitive OE-Verben verhalten sich bei diesem Test nicht anders als ein Handlungsverb wie uccidere. (115) Questo ha fatto uccidere il giudice {aMarco + *allamalaria}

Extraktion Des weiteren bezieht sich Arad (1998: 8s) auf die von Belletti / Rizzi beobachtete Besonderheit der Akkusativ-EMPFINDUNGSTRÄGER hinsichtlich der Extraktionseigenschaften ihrer Modifikatoren. Eine Konstituente, die ein direktes Objekt modifiziert, kann normalerweise in einem Frage- oder Relativsatz extrahiert werden (wh-extraction). Dies gilt, wie Belletti / Rizzi (1988: 325) zeigen, auch fur transitive SE-Verben. Transitive OE-Verben erlaubten diese Konstruktion dagegen nicht: (116) a. La compagnia di cui tutti ammirano il presidente b. *La compagnia di cui questo spaventa il presidente c. La ragazza di cui Gianni {teme + *preoccupa} il padre (ibd., Beispiele 83a-b; 84a-b)

Nach Arad (1998: 9) verhalten sich nun agentive Konstruktionen transitiver OE-Verben wie transitive SE-Verben: (117) La ragazza di cui Gianni ha {divertito + impressionato + spaventato} i genitori perchi gliela facessero sposare (ibd.; Beispiel 13)

Das Argument ist trotz des nach Aussagen der von mir befragten Sprecher kaum akzeptablen Beispiels nicht völlig von der Hand zu weisen, jedoch erheblich zu relativieren. Erstens ist der Kontrast, den Belletti / Rizzi aufzeigen, eher subtil. Auch bei den nicht-agentiven Konstruktionen erscheint die Extraktion den von mir befragten Sprechern nicht völlig inak-

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Ebenso ist eine Kausativeinbettung bei einem Instrument möglich: i. L 'arrolare ha fatto tagliare il pane meglio al coltello. Die Rolle INSTRUMENT ist eine Unterart der Rolle EFFECTOR (cf. Van Valin / Wilkins 1996; Van Valin / LaPolla 1997: 121).

208 zeptabel. Bouchard (1995b: 364s) überträgt die Beispiele von Belletti / Rizzi ins Französische und betont: „the examples equivalent to the Italian examples [...] exhibit at most weak contrasts": (118) a. ?La compagnie dont tous admirent le president b. ?La fille dont Jean preoccupe le pere (ibd., Beispiele 270b-271b)

Zweitens ist die Extraktion in den agentiven Konstruktionen der transitiven OE-Verben auch bei den Verben des Störens und Kränkens nicht wie bei den SE-Verben völlig unmarkiert (cf. Bouchard ibd.: 376) und wäre somit eher mit (?) zu bewerten:75 (119) La ragazza di cui Gianni offese il padre (ibd., Beispiel 309b)

Schließlich finden sich, so Bouchard, auch bei einem nicht-agentiven Verb wie französisch preoccuper Kontexte, in denen die Extraktion (annährend) akzeptabel erscheint: (120) a. Voici la fille dont Jean prtoccupe tant le pere b. La fille dont Jean preoccupe le plus le pere, c'est Marie c. La fille dont Jean a preoccupe le pfere pendant des ann6es... (ibd.: 365, Beispiele 276a-c)

Bouchard (1995b: 376-378) zufolge sind die Extraktionsbeschränkungen durch die semantische Besonderheit des EMPFINDUNGSTRÄGERS, d. h. seine Intentionalität, bedingt. In bestimmten, nicht nur agentiven Kontexten, tritt die Intentionalität zurück. Der EMPFINDUNGSTRÄGER wird eher als affiziert beschrieben. Es mag hier dahinstehen, inwieweit Bouchards Argumentation vollauf überzeugt. Jedenfalls erscheint der Kontrast zwischen agentiven und nicht-agentiven Konstruktionen hinsichtlich der Extraktionseigenschaften nicht deutlich genug, um daraus ein grundsätzlich verschiedenes Linking-Verhalten abzuleiten.

Verbales Passiv Eine weitere zentrale Eigenschaft transitiver OE-Verben besteht nach Belletti / Rizzi (1988: 308-312) darin, dass sie grundsätzlich kein verbales Passiv erlauben. Landau (2002:42-60) diskutiert diese These ausfuhrlich und kommt zu dem Ergebnis, dass sie für die nicht-agentiven Konstruktionen im Französischen und Italienischen zutrifft. Lediglich in agentiven Konstruktionen sei verbales Passiv möglich (cf. ibd.: 60). Im Französischen und Italienischen ist es nun nicht leicht nachzuweisen, ob eine Passivkonstruktion als adjektivisch oder als verbal anzusehen ist, da beide Konstruktionen mit dem gleichen Hilfsverb (etre / essere) gebildet werden. Für das Italienische stellen Belletti / Rizzi (1988: 311) deshalb auch auf die Passivkonstruktion mit venire ab. Entgegen den Annahmen von Belletti / Rizzi erlauben italienische Gefuhlsverben jedoch durchaus Passivkonstruktionen mit venire (cf. Pesetsky 1995: 27s). Diese Konstruktionen sind auch nicht notwendig agentiv zu interpretieren: 75

Dies bestätigen auch die von mir befragten italienischen Sprecher.

209 (121) a. Ιο vengo affascinato del fatto che Oreste parli di Poesia (Elia et al. 1984: 324) b. Gianni viene {disturbato + offeso} dalle parole di Luigi

Nach Bouchard (1995b: 309s) weist im Französischen die Kombination mit den Adverbien beaucoup oder tant eine Passivkonstruktion als verbal aus, die Kombination mit tres oder si als adjektivisch. Transitive OE-Verben würden beide Konstruktionen erlauben: (122) a. Jean a έτέ beaucoup {degoüte + impressionn6} par Paul b. Jean a 6te trfes {degoüte + impression^} par Paul (ibd.: 309, Beispiele 115a-b) (123) a. Jean a έΐέ tant {d6goüt6 + impressionne} par Paul qu'il a immidiatement {rejet6 + adopt6} sa theorie b. Jean a έΐέ si {d6goüt6 + impression^} par Paul qu'il a immediatement {rejet0 + adopte} sa theorie (ibd.: 310, Beispiele 117a-b)

Es könnte im Sinne Landaus argumentiert werden, dass Bouchards Beispiele, in denen beaucoup bzw. tant erscheinen, agentiv interpretiert werden müssen. Korpusbelege zeigen jedoch, dass beaucoup und tant auch in nicht-agentiv Kontexten gebraucht werden können: (124) a. Laeta a 6te beaucoup frappee par la mise au tombeau (FRANTEXT: LARBAUD, V.) b. Sa mere [...] a 6te beaucoup interess6e par le sang-froid d'un jeune gentilhomme franfais qui a tenu dix-huit jours dans une avant-scene sans rien prendre qu'un peu de bouillon (FRANTEXT: JACOB, M.) c. Parfois aussi, je m'en veux d'etre tant fascinie par vous (FRANTEXT: MATZNEFF, G.)76

Landau (2002: 53-55) fuhrt ein weiteres Kriterium dafür an, dass die Partizipien französischer und italienischer OE-Verben grundsätzlich als Adjektive zu interpretieren seien: Sie könnten im Gegensatz zu den Verben selbst nicht mit re- bzw. ri- verbunden werden. Dies hätten sie mit Adjektiven gemeinsam (*recontente, *resüre; *rifelice, *rifiirioso): (125) a. Ce film a rechoquö Pierre b. *Pierre a έΐέ rechoque par ce film (ibd.: 55, Beispiele 115a—b)

Unabhängig davon, was von diesem Kriterium zu halten ist: Auch in einem agentiven Kontext erhöht sich die Akzeptabilität dieser Konstruktion nicht: (126) *Pierre a έΐέ intentionnellement jrechoqui + rederangi + refroiss6} par Paul

Fassen wir zusammen: Es ging mir in diesem Abschnitt zum Kasus nicht darum nachzuweisen, dass »psych-properties« nicht existieren. Es sollte lediglich gezeigt werden, das französische und italienische transitive OE-Verben - insbesondere die Verben des Störens und Kränkens - in ihrem syntaktischen Verhalten keine »psych-properties« besitzen, die 76

Während interesser und frapper nicht-agentiv sind, ist es bei fasciner fraglich, ob dieses Verb agentiv gebraucht werden kann. Gross (1975: Table 4) hält es für agentiv, Mathieu (2000: 178) und Voorst (1995: 23) fur nicht-agentiv. Die Aussagen der von mir befragten Sprecher bestätigen eher die Ansicht von Mathieu und Voorst.

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speziell auf ihren nicht-agentiven gegenüber ihrem agentiven Gebrauch zurückzuführen sind. Die von Arad (1998) und Landau (2002) vorgebrachten Argumente dafür, dass bestimmte »psych-properties« ausschließlich bei nicht-agentiven Gebrauch aufträten, sind fur das Französische und Italienische nicht überzeugend. Daher ist es auch nicht überzeugend, den Akkusativ der nicht-agentiven Konstruktionen als inhärent, denjenigen der agentiven aber als strukturell anzusehen. Verben des Störens und Kränkens entsprechen in ihrem Verhältnis zwischen der agentiven und der nicht-agentiven Konstruktion eher uccidere als affondare. Auch das nicht-agentive KORRELAT dieser Verben kann als URSACHE angesehen werden. Sie erscheinen in ihrem agentiven wie in ihrem nicht-agentiven Gebrauch einer Kausalrelation analog konzipiert: (127) a. J'dtais le seul [...] qui ne i'eüt jamais offense deliberiment (FRANTEXT: SARTRE, J.-

P) b . . . . unejeune fille [...] qu'il avait offensie sans le vouloir (FRANTEXT: SIMON, C.) c. Mon ignorance les offensait (FRANTEXT: MAKINE, A.)

Die Möglichkeit eines agentiven Hervorbringens des Gefühls indiziert, dass diese Verben auch bei nicht-agentivem Subjekt kausativ konzipiert sind. Sie vergeben die linking-relevante semantische Rolle URSACHE, die die Rolle KORRELAT überlagert.

5.1.4.1.2.3 Pseudoreflexiva Die Analyse der französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens als kausativ wird auch durch die pseudoreflexiven Konstruktionen dieser Verben bestätigt. Auffällig ist, dass nur wenige Verben des Störens und Kränkens überhaupt bedeutungsäquivalente Pseudoreflexiva bilden.77 Einige Verben können zwar pseudoreflexiv gebraucht werden, die Bedeutung dieser Konstruktion entspricht aber nicht der Gefühlsverbbedeutung des transitiven OE-Verbs des Störens oder Kränkens: Französisch se deranger hat wie italienisch disturbarsi, incomodarsi und scomodarsi die Bedeutung ,sich Umstände machen', se gener wie italienisch mortificarsi die Bedeutung ,sich schämen'. Französisch s 'ennuyer bedeutet ,sich langweilen', se fatiguer hat wie italienisch stancarsi die Bedeutung ,das Interesse verlieren'. Italienisch awilirsi bedeutet ,den Mut verlieren' oder ,sich erniedrigen'. In dieser Bedeutung kann es wie umiliarsi und französisch s 'humilier als echt reflexiv gelten. Französische Verben des Störens bilden überhaupt keine bedeutungsäquivalenten Pseudoreflexiva, im Italienischen finden sich dagegen:78 (128) annoiarsi a/di, infastidirsi per, seccarsi per, scocciarsi per, scoglionarsi di

77 78

Auch im Deutschen sind diese Verben selten: sich stören an, sich stoßen an, sich kränken über. Vermandere (2002: 438s) behauptet zu den „verbi che non permettono in alcun modo la Variante pronominale" gehöre „in particolare il gruppo che deriva il suo uso psicologico per metaforizzazione dal loro significato fisico". Dies trifft aber, wie sich bei den Verben des Störens und Kränkens zeigt, nicht zu. Vermandere (ibd.) stützt seine These auch nur auf drei Verben: colpire, ferire und urtare. Urtare widerlege seine These nicht, da der pronominale Gebrauch sehr selten sei.

211 Unter den französischen Verben des Kränkens erlauben folgende Verben pseudoreflexive Konstruktionen: (129) se blesser de, se choquer de, se contrarier de, s'efFaroucher de, se formaliser de, se froisser de, se heurter k, se mortifier de, s'offenser de, s'offusquer de, se scandaliser de, se vexer de Unter den italienischen Verben des Kränkens:79 (130) corrucciarsi per, offenders! di/per, scandalizzarsi per, urtarsi per Dass unter den Verben des Ärgerns, die das erste Stadium bezeichnen, eine Vielzahl keine pseudoreflexive Konstruktionen erlaubt, ist unter konzeptuellen Gesichtspunkten keineswegs überraschend. Die pseudoreflexiven Konstruktionen thematisieren die Ärgerempfindung: Der EMPFINDUNGSTRÄGER wird nicht als kausativ afifiziert begriffen, die Realisierung des KORRELATS ist fakultativ. Die semantische Komponente einer konkreten Beeinträchtigung, die, wie gezeigt, als metonymischer Ursprung der Gefühlsverbbedeutung vieler dieser Verben erkennbar ist, steht damit im Widerspruch. Bei manchen Verben ergibt sich eine Reinterpretation: etwa bei se heurter ä / urtarsi per. Nicht ein anderer ist verantwortlich, der EMPFINDUNGSTRÄGER selbst »stößt sich« (unabsichtlich).80 Die pseudoreflexive Konstruktion des Gefühlsverbs scheint auf die echt reflexive Konstruktion des Verbs in physisch konkreter Bedeutung bezogen. Eine ähnliche Reinterpretation mag bei französisch se blesser de und se mortifier de anzunehmen sein. Ist eine Reinterpretation nicht möglich, verblasst die konkrete Bedeutungskomponente. Aus den Verben des Störens und Kränkens werden in pseudoreflexiver Konstruktion Verben des Ärgerempfindens, die, so scheint es zumindest für italienisch offendere, selbst zu Verben des Ärgerverhaltens weiter interpretiert werden können. Blumenthal / Rovere nehmen die Konstruktion offendersi con qlcu. per qlco. in den Eintrag offendere auf, ohne jedoch einen Korpusbeleg anzuführen. Meinen italienischen Informanten erscheint diese Konstruktion markiert, insbesondere bei Realisierung beider präpositionaler Komplemente. 81 Einige der von mir befragten französischen Sprecher akzeptieren s'effaroucher contre qqn., s'offusquer contre qqnP- oder se vexer contre qqn., Konstruktionen, die sich weder in den Wörterbüchern finden, noch mit dem FRANTEXT-Kotpus belegbar sind. Auffallig ist im Französischen der deutliche Kontrast zwischen den Verben des Störens und den Verben des Kränkens. Die französischen Verben des Störens konzipieren den 79

80 81

82

Nur noch als pseudoreflexives Verb gebräuchlich ist italienisch adontarsi. Diese ist Verb kommutiert auch mit Verben des vierten Stadiums, die ich weiter unter behandele. Entsprechend kann deutsch sich stoßen an reinterpretiert werden. Sie entspricht der ausschließlich pseudoreflexiven Konstruktion risentirsi di/per qlco. con/contro qlcu. Auch für diese Konstruktion führen Blumenthal / Rovere keine Korpusbelege für das gleichzeitige Auftreten beider präpositionaler Komplemente an. Nach Mathieu (2000: 167-169) erlaubt offusquer als »verbe d'offense« eine pseudoreflexive Konstruktion, nicht jedoch als »verbe d'enervement«. Die Tatsache, dass einige Sprecher s 'offusquer contre akzeptieren, spricht meines Erachtens aber dafür, dass dieses Verb in der pseudoreflexiven Konstruktion als Verb des Ärgerverhaltens (viertes Stadium des Szenarios) reinterpretiert wird. Dies ist, wie noch zu zeigen sein wird, eher bei Verben des zweiten Stadiums, des Ärgerempfindens, möglich.

212 EMPFINDUNGSTRÄGER grundsätzlich als kausal affiziert. Bei keinem Verb bestehen Zweifel hinsichtlich der Möglichkeit eines agentiven Gebrauchs. Es finden sich im Gegensatz zum Italienischen weder dativische noch pseudoreflexive Konstruktionen. Unter den Verben des Kränkens erlauben etwa die Hälfte pseudoreflexive Konstruktionen. Bei einigen Verben bestehen Zweifel bezüglich des agentiven Gebrauchs. Störungen erscheinen im Französischen grundsätzlich als etwas, was dem EMPFINDUNGSTRÄGER von außen, gleichsam objektiv, widerfährt. Was dagegen als Kränkung empfunden wird, scheint stärker in die Sphäre des EMPFINDUNGSTRÄGERS zu fallen.

Die Pseudoreflexiva unterscheiden sich in ihrer Konzeption der Ärger auslösenden Beeinträchtigung erheblich von ihren transitiven Entsprechungen. Der EMPFINDUNGSTRÄGER erscheint weitaus weniger durch das KORRELAT afßziert, eine agentive Interpretation des KORRELATS ist ausgeschlossen. Für Ruwet (1993: 99) ist die Existenz der Pseudoreflexiva ein klares Argument gegen die Analyse von Belletti / Rizzi (1988). Nicht die transitive OEVerb-Konstruktion weise Ähnlichkeiten mit einer inakkusativischen Konstruktion auf, sondern die pseudoreflexive: (131) a. II capitano affonda la nave b. La nave affonda (132) a. Non lo vedeva, lei, che lo seccava? (CHELLI: E) a'. La cosa che mi seccava di piu era il fatto che mi ero fatto notare, e per di piu nel modo peggiore. (MONGAI: G) b. L'awocato si seccava e rispondeva corto (FOGAZZARO: M)

Zwischen den beiden Konstruktionen von affondare wie von seccare findet offensichtlich eine »Umstellung« statt: das Subjekt der intransitiven Konstruktion entspricht dem Akkusativobjekt der transitiven. Die Ähnlichkeiten zwischen der pseudoreflexiven Konstruktion der OE-Verben und der inchoativ-inakkusativen sind allerdings ebenfalls beschränkt. Im Gegensatz zu den inakkusativen Varianten der Verben vom Typ affondare, kann bei den pseudoreflexiven Konstruktionen der OE-Verben das Subjekt der transitiven Konstruktion präpositional realisiert werden: (133) Ma quelli che sono ricchi e forti si seccano di vedere sempre la stessa faccia implorante (SVEVO: C)

Des weiteren sind die meisten pseudoreflexiven Konstruktionen entgegen der Ansicht von Belletti/Rizzi (1988: 297) und Croft (1993: 63) nicht inchoativ. Sie bezeichnen nicht ausschließlich das Einsetzen oder die Anfangsphase des Gefuhlszustands. Es finden sich unter den Verben des Ärgerns zwar einige Inchoativa - arrabbiarsi = „andare in collera" (DISC: s. v. arrabiare), adirarsi = „cedere all'ira, andare in collera" (DISC: s. v. adirare), die pseudoreflexiven Konstruktionen der Verben des Störens und Kränkens thematisieren jedoch den Zustand des EMPFINDUNGSTRÄGERS, solange er andauert, nicht allein seinen Beginn. Was die italienischen Verben des Störens betrifft, so werden pseudoreflexive Konstruktionen als Gefuhlszustände beschrieben: annoiarsi = „provare noia" (DISC: s. v. annoiare), infastidirsi — „provare noia, fastidio" (DISC: s. v. infastidire), seccarsi = „provare fastidio" (DISC: s. v. seccare), scocciarsi, scoglionarsi = „provare noia ο fastidio" (DISC: s. v. scocciare, scolgionare). Gleiches gilt fur die italienischen und französischen

213 Pseudoreflexiva des Kränkens: corrucciarsi, offendersi = „sentirsi offeso" (DISC: s. v. corrucciare, offendere)·, se formaliser = „etre cheque d'un manquement aux formes" (GR: s. v. formaliser)·, se froisser = „se trouver offense" (GR: s. \.froisser)\ se heurter = „etre gene, contrarie" (GR: s. v. heurter)·, se vexer = „etre vexe" (GR: s. v. vexer). Wie ist nun das Linking der Pseudoreflexiva zu erklären? Der EMPFINDUNGSTRÄGER erscheint aufgrund seiner Protorolleneigenschaften als das aktivere Argument. Die PAE sentience wird nicht durch eine PPE ausgeglichen. Er erscheint in der pseudoreflexiven Konstruktion weder kausativ affiziert, noch wird bei den nicht-inchoativen pseudoreflexiven Konstruktionen die Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS thematisiert. Das KORRELAT erscheint nicht als URSACHE und besitzt insofern weder eine PAE noch eine PPE. Unter zeitkonstitutionellen Gesichtspunkten sind die Pseudoreflexiva der Verben des Störens und Kränkens Zustände. Sie sind bis auf die Konstruktionen, die ein contre- bzw. con/confro-Komplement erlauben, nicht als Verben des Ärgerverhaltens, sondern der Ärgerempfindung zu interpretieren. Die Linking-Regel, die Van Valin / LaPolla (1997: 153— 156; 355s) für zweiwertige intransitive Verben, soweit sie nicht activities sind, geben, kann daher das Linking dieser Konstruktionen nicht erklären: nicht die passivere Rolle wird als Subjekt realisiert, sondern die aktivere. Eine Lösung könnte darin bestehen, die Pseudoreflexivität der OE-Verben nicht als lexikalisches, sondern als grammatisches Phänomen anzusehen. Die These, Pseudoreflexivität sei ein lexikalisches Phänomen, wird, wie in Kaptitel 4 erwähnt, von Belletti / Rizzi (1988: 297), Pesetsky (1995: 99) und Siller-Runggaldier (1996: 166-168) vertreten. Auch Ruwet (1993: 99) und Oesterreicher (1996: 331) scheinen dieser Ansicht zu sein. Belletti / Rizzi (1988: 297) beschäftigen sich nicht weiter mit den pseudoreflexiven Konstruktionen der OE-Verben. Sie suggerieren lediglich in einer Fußnote, dass es sich wohl um inchoative Ergativa (Inakkusativa) handele. Ruwet (1993: 98s) greift diese Argumentation auf und hält sie, wie bereits erwähnt, für ein Argument gegen Belletti / Rizzis These, die transitiven OE-Konstruktionen würden keinen strukturellen, sondern lediglich einen inhärenten Akkusativ zuweisen. Ruwets Argumentation geht darauf hinaus, dass es kaum überzeugen kann, zwei unterschiedliche inakkusative Konstruktionen anzunehmen. Belletti / Rizzi könnten dem entgegen halten, dass eben die Inchoativität den Unterschied zwischen diesen Konstruktionen ausmache. Aber dies ist, wie gezeigt, kein stichhaltiges Argument: die meisten pseudoreflexiven Konstruktionen sind nicht inchoativ. Siller-Rungaldier (1996: 164-168) betont die rollensemantischen Unterschiede zwischen den ergativisch (inakkusativisch) reflexiven Verben mit einem Patiens-Subjekt, ζ. B. rompersi, und den inhärent-reflexiven Verben mit einem Agens-Subjekt. Pseudoreflexiva von Gefiihlsverben wie dilettarsi oder meravigliarsi hält sie ebenso für inhärent-reflexiv wie appellarsi a, attenersi α oder dichiararsi contro. Differenzierter argumentiert Pesetsky (1995), der einerseits zwar s'etonner / etonner mit den in der GG so genannten ErgativKausativ-Paaren wie spegnersi / spengere vergleicht (cf. ibd.: 99s), die pseudoreflexiven Gefiihlsverben jedoch letztlich für inhärent-reflexiv hält (ibd.: 102-109). Ihre semantische Besonderheit sieht Pesetsky darin, dass das pseudoreflexive Pronomen eine Art emotionales „weather-it" darstelle, eine unspezifische interne, und deshalb durch den EMPFINDUNGSTRÄGER kontrollierte URSACHE für das Gefühl. Sie seien daher semantisch dreiwertig. In den kausativen transitiven OE-Konstruktionen, die syntaktisch aufgrund der Target /Subject-Matter Restriction nur zwei Argumente realisieren können, werde die innere durch eine

214 äußere, mit dem KORRELAT nicht notwendig identische URSACHE ersetzt (cf. ibd.: 109113)» Härtl (2001: 204) führt ein weiteres Argument dagegen an, die pseudoreflexiven Konstruktionen von Gefuhlsverben fur Ergativa im Sinne der GG zu halten. Während ζ. B. zerbrechen oder sich öffnen einen Dativ (in)commodi erlauben, ist dies bei den pseudoreflexiven Konstruktionen der Gefuhlsverben nicht der Fall: (134) a. Die Tür öffnet sich dem Mädchen b. *Die Kinder amüsieren sich dem Clown (Härtl ibd., Beispiel 231b)

Auch Oesterreicher (1996: 331s) sieht einen klaren Unterschied zwischen Verben wie rompersi, die er für grammatische Pseudoreflexiva hält, und den pseudoreflexiven Konstruktionen von Gefühlsverben wie se rejouir oder rallegrarsi. Letztere bezeichnet er als lexikalische Pseudoreflexiva. Das Kriterium ist dabei die Reduktion der Aktantenzahl. Die Behauptung aber, dass diese Verben als lexikalische Pseudoreflexiva „nichts mit satzsyntaktisch-diathetischen Bezügen zu tun haben" (Oesterreicher 1992: 246) und „syntaktisch »uninteressant«" (Oesterreicher 1996: 331) seien, trifft m. E. weder auf se rejouir und rallegrarsi noch auf die Pseudoreflexiva der Verben des Störens und Kränkens zu. Oesterreichers Leitbeispiele sind auch nicht Gefühlsverbkonstruktionen, sondern zum einen »intrinsische« Pseudoreflexiva ohne korrespondierende nicht-reflexive Konstruktion wie etwa spanisch quejarse oder französisch 5 'evanouir, zum anderen Verbvarianten ohne Einfluss auf die Aktantenrealisierung wie spanisch marchar / comer ~ marcharse / comerse, französisch imaginer / mourir ~ s 'imaginer / se mourir oder italienisch ricordare ~ ricordarsi. Bei diesen Verben kann in der Tat nicht von Diathese gesprochen werden. Pseudoreflexive Konstruktionen von Gefühlsverben haben dagegen, wie im folgenden gezeigt werden soll, eine Reihe von Eigenschaften, aufgrund derer sie als Diathesen klassifiziert werden können. Pseudoreflexive Gefühlsverbkonstruktionen sind, wie in Kapitel 4 erwähnt, von Gross (21971: 111; 1975: 103; 2000: 29s) als Passiva, von Cresti (1990: 62) und Masullo (1992) als Antipassiva beschrieben worden. Nach Primus (1999: 216) stellen die Passiv- und die Antipassivdiathese „devices for reorganizing the assignment of syntactic functions of arguments to particular thematic roles" dar. Ihre konkrete Gestaltung ist über die Sprachen hinweg sehr unterschiedlich. Primus (ibd.: 217; 237) definiert deshalb eine Reihe von Kriterien, mit deren Hilfe Passiv- und Antipassivkonstruktionen von ihren Basiskonstruktionen unterschieden werden können:

83



ein im Vergleich mit der Basiskonstruktion markiertes Kasusmuster



Topikalisierung eines Arguments, das in der Basiskonstruktion fokalisch ist.



Valenzreduktion: ein obligatorisches Argument der Basiskonstruktion wird fakultativ



die Verbform ist im Vergleich zur Basiskonstruktion morphologisch markiert



im Vergleich zur Basiskonstruktion geringere Textfrequenz

Auf diese Argumentation komme ich unter 5.3.2 noch einmal zurück.

215 •

ein Verb, das in der Passiv- oder Antipassivkonstruktion erscheint, erlaubt auch die Basiskonstruktion. Dagegen erlaubt nicht jedes Verb, das in der Basiskonstruktion erscheint auch eine Passiv- oder Antipassivkonstruktion

Die pseudoreflexiven Konstruktionen der Gefühlsverben erfüllen im Gegensatz zu den prototypischen Fällen, die Oesterreicher für die Gruppe der lexikalischen Pseudoreflexiva anführt, die meisten dieser Kriterien: Markiertes Kasusmuster: Sie realisieren das KORRELATS-Argument stets oblique und unterscheiden sich darin vom unmarkierten Nominativ-Akkusativ-Kasusmuster der transitiven OE-Konstruktion. Im Gegensatz dazu bleibt etwa bei spanisch comer ~ comerse das Nominativ-Akkusativ-Muster unverändert. Topikalisierung: Der EMPFINDUNGSTRÄGER wird topikalisiert. Bei den prototypischen Fällen lexikalischer Pseudoreflexiva bleibt die Topik-Fokus-Struktur dagegen gleich. Valenzreduktion: Das oblique KORRELAT ist in der Regel fakultativ: (135) a. Celui qui se ment ä soi-meme... est le premier I s'offenser (FRANTEXT: SARRAUTE, N.) b. Elle ajoute qu'il faut pas que je me vexe (FRANTEXT: BOUDARD, A.) c. Ted fit semblant de se formaliser (FRANTEXT: BENJAMIN, L.) d. Je suis oblig6 de boire ce liquide dcoeurant de peur qu'il ne s'offiisque (FRANTEXT: MONDIANO, P.) (136) a. Si offendeva tanto il commendator Morozzi, se donna Angeletta s'insaccava nelle spalle e. socchiudendo gli occhi, sospirava: - Ormai, caro, ormai... (LIZ: PIRANDELLO, L.) b. Guido Laurent! l'aveva aspettata sei mesi con un certo desiderio; al settimo si era seccato; all'ottavo non ci pensava giä piü (BARRILI: T) c. Dimmi che mi ami, era sempre questo il ritornello, e Alberto un po' s'era scocciato (DI MONACO: CLR)

Bei einigen wenigen pseudoreflexiven Konstruktionen ist das risch (cf. Mathieu 2000: 74):

KORRELAT

jedoch obligato-

(137) Max se satisfait *(des explications de Luc) (Mathieu 2000: 74, Beispiel 135)

Doch fordert auch eine Reihe von Passivkonstruktionen die Realisierung eines obliquen Zweitaktanten,84 ohne dass es sich dabei um Gefühlsverben handelt (cf. Gross 1975: 81; Gaatone 1998: 183): (138) a. Le chapitre est suivi *(par de nombreux exemples) b. Tous ces immeubles sont possödes *(par des nouveaux riches) c. La maison est entourie *(par un immense pare) (Beipiele bei Gaatone ibd.)

84

Unter syntaktischen Gesichtspunkten sind diese obligatorischen Zweitaktanten problematisch, worauf noch einzugehen sein wird.

216

Morphologische Markierung·. Die pseudoreflexiven Konstruktionen sind gegenüber den transitiven OE-Verben morphologisch markiert, aber dies gilt auch für die Leitbeispiele lexikalischer Pseudoreflexivität: imaginer / mourir ~ s 'imaginer / se mourir oder ricordare ~ ricordarsi. Geringe Frequenz: Was die Textfrequenz betrifft, verhalten sich die pseudoreflexiven Konstruktionen uneinheitlich. Bei den Verben des Störens und Kränkens sind sie in der Regel seltener als die transitiven OE-Konstruktionen. Dies gilt jedoch nicht für französisch formaliser. Das quantitative Verhältnis zwischen der pseudoreflexiven und der transitiven Konstruktionen ist, wie wir weiter unter noch anhand einiger Beispielen sehen werden, sehr unterschiedlich. Auch in diesem Kriterium unterscheiden sich allerdings nicht die grammatischen Pseudoreflexiva von den lexikalischen. Ebenso wenig hilft das letzte Kriterium, das Primus anführt, weiter: Pseudoreflexiva ohne Simplexverb, ζ. B. s 'evanouir, sind lexikalische Pseudoreflexiva. Man könnte sie allerdings als Deponentia ansehen. Unter den Verben des Störens und Kränkens finden sich zwar grundsätzlich keine Pseudoreflexiva ohne eine entsprechende transitive OE-Konstruktion, wohl aber, wie wir im weiteren noch sehen werden, unter den Verben, die auf das vierte Stadium des Ärgerszenarios bezogen sind. Eine nicht unerhebliche Zahl transitiver Gefühlsverben erlaubt dagegen keine pseudoreflexive Konstruktion. Damit scheint sich zwar zu bestätigen, dass die transitive OE-Konstruktion als Basiskonstruktion anzusehen ist, es mögen allerdings gewisse Zweifel bleiben, ob die Bildung der pseudoreflexiven Konstruktion tatsächlich als grammatisches Verfahren angesehen werden sollte, wenn dieses Verfahren bei einem großen Teil der vermeintlichen Basiskonstruktionen als blockiert gelten muss. Während somit die ersten Kriterien (Kasusmuster, Topikalisierung, Valenzreduktion) eindeutig dafür sprechen, die pseudoreflexiven Konstruktion der Gefühlsverben als Diathesen anzusehen, bestätigen die letzten Kriterien dies nicht uneingeschränkt. Es scheint sich im Vergleich zur Passivdiathese mit etre / essere + Partizip Perfekt um einen im Französischen und Italienischen markierten Typ von Diathese zu handeln. Kommen wir nun zu der Frage, ob die pseudoreflexive Konstruktion, wenn wir sie als Diathese ansehen, eher als eine Art Passiv oder aber als eine Art Antipassiv beschrieben werden kann. Ich betrachte zunächst die These von Gross, derzufolge es sich bei der pseudoreflexiven Konstruktion um eine Passivkonstruktion handelt. Im Französischen wie im Italienischen findet sich eine grammatische reflexive Konstruktion, die in der Literatur zum Teil als Reflexivpassiv (Schwarze 21995: 186; Oesterreicher 1996: 332) zum Teil aber auch als vox media bezeichnet wird (Ruwet 1972a: 94s; Gross 1975: 102; Wehrli 1986: 282; Müller 2004: 250): (139) a. Ces lunettes se nettoient facilement (Ruwet ibd.: 95, Beispiel 35a) b. Qu'il a fait cela se dit partout (Gross ibd.)

Unabhängig von den terminologischen Unterschieden besteht Einigkeit dahingehend, dass diese Konstruktion ein AGENS impliziert, das jedoch (in der Regel) nicht ausgedrückt werden kann. Dieses AGENS entspricht dem Subjektaktanten der korrespondierenden Aktivkonstruktion: (140) On dit partout qu'il a fait cela (Gross ibd.)

217

Als Medium bezeichnen Schwarze (21995: 186) und Oesterreicher (1996: 332) dagegen Konstruktionen, an denen kein AGENS beteiligt ist. Ruwet (1972a: 94s) spricht hier von einer „construction neutre":85 (141) Cette branche s'est cassöe hier ä huit heures et quait (Ruwet ibd.: 95, Beispiel 38) Ruwet (1972b: 202) zählt nun auch die pseudoreflexiven Konstruktionen transitiver OEVerben zu den »neutralen Konstruktionen«. Im Unterschied aber zum Reflexivpassiv (construction moyen) bzw. Medium {construction neutre) erlauben die pseudoreflexiven Konstruktionen in aller Regel86 die Realisierung des KORRELATS - des Subjekts der transitiven OE-Verb-Konstruktion - als Obliquus: (142) Marie se choque de ce qu'il soit parti (Gross ibd.: 103) Insofern ähnelt die pseudoreflexive Konstruktion eher der Passivkonstruktion mit einem fakultativen Passivagens.87 Gross (ibd.) spricht von einem „ s e - p a s s i f I n einer neueren Arbeit fuhrt er aus: Nous avons proposö [...] de lier des paires comme: L 'attitude de Luc etonne Lea = Lea s'etonne de I 'attitude de Luc par la relation »ie-Passif« qui presente une permutation de N0 et de N/ (direct), l'insertion de la prdposition agent de. Mais au lieu de l'auxiliaire etre, la relation introduit le pronom r6fl6chir [sie!] se. (Gross 2000: 29). Diese Analyse ist jedoch unter semantischen Gesichtspunkten fraglich. Hinsichtlich des Aktivitätskontrastes zwischen den Aktanten bestehen Unterschiede. Der EMPFINDUNGSTRÄGER erscheint in der pseudoreflexiven Konstruktion im Vergleich zur Passivkonstruktion aktiver:

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Diese Konstruktionen werden, wie gezeigt, in der generativen Grammatik als ergative (inakkusative) lexikalische Pseudoreflexiva behandelt. Mathieu (2000: 165-180) fuhrt in ihren Tabellen einige Ausnahmen auf. Als Beispiel nennt sie: se rager, se ronger, se buter, se delasser etc. Bei den Reflexivpassivkonstruktionen im Französischen und Italienischen scheint die Realisierung eines zweiten Arguments ausgeschlossen. OesteiTeicher (1992: 253; 1996: 333) sieht daher das romanische Reflexivpassiv als grundsätzlich »rezessiv« und »agensnegativ« an, verweist aber auf zahlreiche Ausnahmen im Spanischen und Rumänischen. Im Spanischen scheinen die Ausnahmen eher die Regel. Dass ausschließlich „nicht-prototypische Agensrollen" (Oesterreicher 1996: 333) ausgedrückt werden könnten, erscheint zweifelhaft: i. Se flrmo la paxpor los embajadores (RAE 1973: 379). Im klassischen Französisch war diese Konstruktion üblich (cf. Grevisse / Goose l31993: §312) und erscheint selbst im Gegenwartsfranzösischen nicht ausgeschlossen: ii. Cela ne se decide ä Paris que par moi-meme (Grevisse/Goose "1993: §312, MITTERAND, F.). Auch Oesterreicher (1992: 254) zitiert dieses Beispiel, das sich seit der Auflage von 1986 bei Grevisse / Goose (§312) findet. Die Beschränktheit der Konstruktion kann eher als eine Frage der Norm angesehen werden.

218

(143) a. Clemence etait scandalisee d'entendre son mari parier comme 9a (FRANTEXT: L'HETE, J.) b. Je me scandalisais de cette »perversion«, de ces »bas instincts« que je ddcouvrais en moi (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) (144) a. J'ai souvent et6 ofiusquee de voir Jarrett attacher aussi peu d'importance ä l'avenir de ses enfants (FRANTEXT: MONESI, I.) b. Jeune 6pouse, eile s'6tait ofiusquee de mes ecarts, mais a peu pres comme son oncle s'irritait de mes dettes (FRANTEXT: YOURCENAR, M.) Ist dieser Kontrast relativ subtil, wenn beide Konstruktionen das KORRELAT als rfe-Komplement realisieren, so wirkt er größer, wenn in der Passivkonstruktion ein par-Komplement erscheint. In der pseudoreflexiven Konstruktion kann das KORRELAT nicht mit par angeschlossen werden. Es sind jedoch andere Präpositionen möglich, die den Aktivitätskontrast zugunsten des EMPFINDUNGSTRÄGERS verstärken: (145) a. Blesser les autres, etre blesse par les autres, vous savez, dit-il, il arrive un moment oü Ton se fatigue de toujours dire ou faire la meme chose (FRANTEXT: LABRO, Ph.) b. II se blessait pour des phrases innocentes et il lui arrivait de preter de la chaleur ä des mots indifftrents (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) Die Passivkonstruktion der französischen Verben des Ärgerns ermöglicht ein par-AGENS. Der EMPFINDUNGSTRÄGER erscheint in einer solchen Konstruktion kausal affiziert. Er erhält eindeutig die passivere GSR. Pseudoreflexive Konstruktionen der Verben des Ärgerns des vierten und ζ. T. bereits des zweiten Stadiums können dagegen ein Gefühlsverhalten des EMPFINDUNGSTRÄGERS thematisieren, das sich gegen den Verantwortlichen der Ärger auslösenden Beeinträchtigung richtet. Der EMPFINDUNGSTRÄGER erhält somit eindeutig die aktivere GSR. Bei den Verben des Störens und Kränkens ist eine solche Konstruktion in der Regel nicht möglich. Eine Ausnahme stellt, wie gezeigt, italienisch offendersi con qlcu. dar, für französisch s'effaroucher contre qqn., s'offusquer contre qqn. oder se vexer contre qqn. finden sich keine FRANTEXT- oder Wörterbuchbelege. Die Konstruktion wird aber, wie erwähnt, von einigen der von mir befragten Sprecher akzeptiert. Gross (2000: 30) hält die entsprechenden Konstruktionen französischer Verben des Ärgerempfindens (zweites Stadium) ebenfalls für eine Spielart des Passivs: (146) Luc 6nerve Lea = Lea s'enerve contre Luc (Gross ibd.) Dies wird dem klaren semantischen Kontrast zwischen der Passivkonstruktion etre enerve par und der pseudoreflexiven Konstruktion s 'enerver contre offensichtlich nicht gerecht. Das folgende Schema verdeutlicht noch einmal den unterschiedlichen Aktivitätsgrad des EMPFINDUNGSTRÄGERS in den verschiedenen Konstruktionen:

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Passiver EMPFINDUNGSTRÄGER

Aktiver EMPFINDUNGSTRÄGER

Μ

W w se/si V contre / con pour / per

etre / essere VPP de/di (per)

de / di (per)

par/da

Fig. 10: Pseudoreflexive Konstruktionen und Passivkonstruktionen

Was die pseudoreflexiven Konstruktionen betrifft, kann insofern Siller-Runggaldier (1996: 168) zugestimmt werden, wenn sie bei diesen die semantische Rolle des Subjekts fur stärker agentiv hält. Topikalisiert erscheint nicht wie in den Passivkonstruktionen das passivere Argument, sondern das aktivere. Dies ist die Funktion von Antipassivkonstmktionen in Ergativsprachen. Es stellt sich somit die Frage, ob die pseudoreflexiven Konstruktionen der Gefühlsverben als eine Art Antipassiv in einer Akkusativsprache angesehen werden könnten. Nach Primus (1999a: 248) besitzen zwar Ergativsprachen sowohl Antipassiv- als auch Passivkonstruktionen, umgekehrt würden in Akkusativsprachen aber grundsätzliche keine Antipassivkonstmktionen auftreten. Der Grund dafür liegt im Verhältnis der Hierarchie der semantischen Rollen zur Kasushierarchie einerseits und zur Topik-Fokus-Hierarchie andererseits. In den Akkusativsprachen wird ein prototypisches Agens unmarkiert im Nominativ, dem ranghöchsten Kasus, und satzinitial als Topik realisiert. In Ergativsprachen erscheint ein prototypisches Agens zumeist ebenfalls unmarkiert als Topik, wird jedoch im Ergativ, und damit nicht im ranghöchsten Kasus realisiert. In Ergativsprachen ist deshalb sowohl hinsichtlich des Kasus und der an den Kasus gebundenen syntaktischen Funktionen mittels der Antipassivkonstruktion eine »Aufwertung« möglich („agent promotion"), als auch hinsichtlich der Topikfiinktion mittels einer Passivkonstruktion eine »Abwertung« („agent demotion"). In Akkusativsprachen besteht dagegen kein Grund zu einer Aufwertung des prototypischen Agens. Diese Argumentation ist jedoch nur für die Realisierung des prototypischen Agens überzeugend. Primus (ibd.: 69) selbst führt Gefühlsverben als ein Beispiel dafür an, dass in einer Akkusativsprache wie dem Deutschen ein nicht-prototypisches Agens entgegen der Linking-Grundregel als Akkusativ realisiert werden kann. Dies sei bei nicht-agentiven Gefühlsverben wie interessieren oder wundern der Fall, bei denen der EMPFINDUNGSTRÄGER als das geringfügig aktivere Argument erscheint. Das Linking agentiver Gefühlsverben wie ärgern, nerven oder beeindrucken entspricht dagegen den allgemeinen Regeln: der EMPFINDUNGSTRÄGER ist kausativ affiziert und deshalb das passivere Argument. Daher wird er im Akkusativ als dem rangniederen Kasus realisiert (cf. ibd.: 70). Die französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens sind, wie gezeigt, bis auf wenige Zweifelsfälle, agentiv zu interpretieren. Auf das Linking eindeutig nicht-agentiver Gefühlsverben wird noch einzugehen sein. An dieser Stelle sei deshalb nur darauf hingewiesen, dass Verben wie interessieren oder wundern nach Primus' eigener Beschreibung gute Kandi-

220 daten für eine Agens-Promotion wären. Weniger plausibel erscheint auf den ersten Blick die Notwendigkeit einer Agens-Promotion bei agentiv-kausativen Gefühlsverben wie den Verben des Stören und Kränkens. Die These, pseudoreflexive Konstruktionen transitiver OE-Verben seien Antipassiva, geht, wie erwähnt, auf Cresti (1990) und Masullo (1992) zurück. Weder Cresti noch Masullo vergleichen diese Konstruktion jedoch mit »echten« Antipassivkonstruktionen. Masullo (1992: 177), der Crestis Arbeit nicht zitiert, geht davon aus, dass die Antipassivkonstruktion ein Argument mit der semantischen Rolle THEMA inkorporiert. Die Realisierung dieses Arguments bleibt aber als fakultativer Obliquus möglich. Entsprechendes gilt für die pseudoreflexive Konstruktion im Spanischen und in anderen romanischen Sprachen. Sie ist nicht als Medium zu interpretieren, da ein Medium neben dem Subjekt nicht die Realisierung eines obliquen Komplements erlaube (ibd.: 183). Cresti (1990: 62) argumentiert, dass transitive OE-Verben des Italienischen eine Anfangsrepräsentation besitzen, in der der EMPFINDUNGSTRÄGER über dem KORRELAT stehe. Auf einer Zwischenrepräsentationsebene werde der EMPFINDUNGSTRÄGER abgewertet, auf der letzten Repräsentationsebene schließlich entweder in der transitiven Konstruktion das KORRELAT oder aber in der pseudoreflexiven erneut der EMPFINDUNGSTRÄGER aufgewertet. Die Ab- und Aufwertung des EMPFINDUNGSTRÄGERS führt dazu, dass die Konstruktion morphologisch markiert ist. Crestis Argumentation erfolgt auf der Grundlage der theoretischen Annahmen der RG, die hier im einzelnen nicht nachvollzogen werden sollen. Insbesondere geht es mir nicht darum zu diskutieren, inwieweit auf den verschiedenen Repräsentationsebenen der RG die Hierarchie der Argumente semantischer oder syntaktischer Natur ist.88 Rein semantisch interpretiert ließen sich Crestis Überlegungen mit der komplexen Ereignisstruktur der OE-Verben wie folgt in Einklang bringen: Essentieller Bestandteil eines Gefuhlsprädikats ist die Relation EMPFINDUNGSTRÄGER: KORRELAT, in der der EMPFINDUNGSTRÄGER das semantisch höherstehende Argument ist. Prädikate, die episodische Gefühlsszenen repräsentieren, denotieren ferner die Zustandsveränderung des EMFINDUNGTRÄGERS. Zustandsveränderung ist eine PPE. Durch die zusätzliche Prädikation der Zustandsveränderung wird der EMPFINDUNGSTRÄGER semantisch abgewertet. Schließlich kann das KORRELAT als URSACHE konzipiert werden. Dadurch erhält es eine PAE und wird semantisch aufgewertet. Diese Konstellation entspricht derjenigen der transitiven OE-Konstruktionen französischer und italienischer Verben des Störens und Kränkens. In der pseudoreflexiven Konstruktion wird das KORRELAT nicht als URSACHE konzipiert. Die Zustandsveränderung als PPE ist gleichsam suspendiert. Der EMPFINDUNGSTRÄGER erscheint als das aktivere Argument; der episodische Charakter des Gefühls bleibt aufgrund der morphologischen Markiertheit der Konstruktion jedoch erkennbar. Bei einem solchen Ansatz verlieren sich einige der Parallelen, die sich nach Primus' Beschreibung des Linking-Verhaltens nicht-agentiver Gefühlsverben wie interessieren zwischen der pseudoreflexiven Konstruktion und der Anti-Passiv-Konstruktion ergativer Sprachen zu ergeben schienen. Dass die Bezeichnung Antipassiv für die pseudoreflexive Konstruktion insofern weniger motiviert erscheint, wird jedoch durch eine Reihe deskriptiver Vorteile aufgewogen: Sind die kausative und die pseudoreflexive Konstruktion zwei Optio88

Siehe dazu Rosen (1984: 55); Roegiest (2001: 398).

221 nen einer mittleren semantischen Repräsentationsebene, wird deutlich, warum sowohl kausative OE-Verben, wie die Verben des Kränkens und Störens, als auch nicht-kausative wie interessieren pseudoreflexive Entsprechungen besitzen. Pseudoreflexive Konstruktionen sind somit keine Antipassiva im engeren Sinne. In der korrespondierenden transitiven OEKonstruktion erscheint der EMPFINDUNGSTRÄGER in der Regel nicht als das aktivere Argument. Sie sind aber auch nicht notwendig Antikausativa, wie Waltereit (1998: 141) suggeriert. Die korrespondierende OE-Konstruktion ist nicht notwendig kausativ zu interpretieren.89 Wenn die transitive OE-Konstruktion weiterhin als Basiskonstruktion anzusehen ist, so kann dies nicht in einem derivationellen Sinne verstanden werden, sondern allein in Bezug auf die diskutierten Kriterien von Primus (1999a). Pseudoreflexiva erscheinen als Diathesen, da sie im Vergleich zur entsprechenden morphologisch unmarkierten transitiven OE-Konstruktion sowohl eine Valenzreduktion als auch eine Topikalisierung bewirken. Es mag eingewendet werden, dass im Unterschied zur Passivdiathese die Semantik der Pseudoreflexiva nicht der Basiskonstruktion entspricht, sondern sich von dieser in erheblichem Maße unterscheidet. Dies ist richtig, trifft jedoch auch auf andere Diathesen zu. Allein das Vorgangspassiv entspricht semantisch der Basiskonstruktion. Das Zustandspassiv unterscheidet sich von dieser dagegen bereits zeitkonstitutionell und in ähnlicher Weise ergeben sich zeitkonstitutionelle und rollensemantische Unterschiede bei den pseudoreflexiven Konstruktionen der Gefuhlsverben. Das folgende Schema skizziert die semantische Abweichung von der Basiskonstruktion als ein Kontinuum:

aktiver EMPFINDUNGSTRÄGER

p a s s i v e r EMPFINDUNGSTRÄGER

w se / si V contre / con

pour / per

de / di (per)

(Inchoativa)

etre / essere

etre / essere (venire)

VPP

VPP

de / di (per)

par/da

Fig. 11: Rollensemantische und zeitkonstitutionelle Differenz zwischen den Diathesen

89

Waltereit (1998: 141) hält pseudoreflexive Gefuhlsverben fur Antikausativa im Sinne von Haspelmath (1990:33). Haspelmath grenzt Antikausativa gegenüber Passivkonstruktionen dadurch ab, dass sie nicht notwendig ein AGENS implizieren. Seine Beispiele sind Verben, die in generativistischen Arbeiten als Ergativ-Kausativ-Paare beschrieben werden, ζ. B. Griechisch pniyo ~ pniy-ome (.ertränken' ~ .ertrinken')· Überträgt man diese Beschreibung auf Gefuhlsverben - was Haspelmath allerdings nicht tut - wäre sie gleichsam die »grammatische« Entsprechung des lexikalischen Ansatzes von Belletti / Rizzi. Aus den gleichen syntaktischen wie semantischen Gründen, die gegen eine Analyse der Pseudoreflexiva von Gefuhlsverben als Ergativ- oder Medium-Konstruktionen sprechen, sind sie aber auch keine Antikausativa im Sinne Haspelmaths.

222 Ein Vorgangspassiv mit dem KORRELAT als fakultatives par- bzw. ώζ-Komplement entspricht bei einem Verb des Störens oder Kränkens semantisch der kausativen transitiven OE-Konstruktion. Ein Zustandspassiv denotiert nicht die kausale Affizierung, sondern lediglich das Resultat der Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS, den KORRELATS-

bezogenen Gefuhlszustand. Eine Mittelstellung nehmen die wenigen Inchoativa ein.90 In der pseudoreflexiven Konstruktion erscheint der EMPFINDUNGSTRÄGER aktiver. Die Urteilskomponente tritt stärker hervor. Die Pseudoreflexiva der Verben des Störens und Kränkens nähern sich den Verben des zweiten Stadiums des Ärgerszenarios, den Verben des Ärgerempfindens, an. Schließlich kann - bei den Verben des Störens und Kränkens nur in Ausnahmefallen - anstelle des KORRELATS der Adressat einer Rekompensationshandlung als BEZUGSPUNKT realisiert werden. Der EMPFINDUNGSTRÄGER gewinnt nochmals an Aktivität. Pseudoreflexiva wie offendersi con qlcu. erscheinen als Verben des Ärgerverhaltens. Mit den Antipassivkonstruktionen der Ergativsprachen haben die Pseudoreflexiva gemeinsam, dass sie als diathetische Konstruktionen ein topikalisiertes Argument besitzen, das aktiver erscheint als das zweite zu einem fakultativen Obliquus abgewertete Argument. Deshalb ist es gerechtfertigt, diese Konstruktionen als eine Art Antipassivkonstruktion in Akkusativsprachen zu bezeichnen, auch wenn das aufgewertete Argument in der entsprechenden Basiskonstruktion nicht die aktivere Rolle innehat und die Basiskonstruktion deshalb nicht als Ergativkonstruktion angesehen werden kann. Wenn allerdings der semantische Unterschied zwischen der transitiven und der pseudoreflexiven Konstruktion nicht allein die zeitkonstitutionellen und rollensemantischen Aspekte betrifft, sondern den semantischen Kern des Prädikats, liegt keine Diathese mehr vor. Französisch se deranger und italienische disturbarsi, incomodarsi und scomodarsi in der Bedeutung ,sich Umstände machen', franzöisch se gener in der Bedeutung ,sich genieren', ,sich schämen' bilden mit den entsprechenden transitiven OE-Verben keine Diathesen und können lediglich als Deponentia angesehen werden. Ebenso wenig ist essere disturbato in der Bedeutung .unpässlich sein' oder .geistesgestört sein' ein Zustandspassiv von disturbare. Hier handelt es sich um lexikalische Prozesse.

5.1.4.1.3 Zusammenfassung Verben des Störens und Kränkens bezeichnen primär das erste Stadium des episodischen Gefühls »Ärger«, die Beeinträchtigung des EMPFINDUNGSTRÄGERS. Wenn Gefuhlsverben als Kausalrelationen konzipiert werden, so ist es wahrscheinlich, dass gerade diese Verben darunter fallen und dem KORRELAT gleichzeitig die Partizipantenrolle URSACHE zuweisen. Das Linking-Verhalten der französischen und italienischen Verben des Störens und Kränkens bestätigt diese Annahme weitgehend. Alle Verben erlauben eine transitive Konstruktion, in der das KORRELAT im Nominativ, der EMPFINDUNGSTRÄGER im Akkusativ er-

scheint. Dass dieses Linking-Verhalten tatsächlich einem hohen, für Kausalrelationen typischen Aktivitätskontrast zwischen den Partizipanten entspricht, zeigt sich darin, dass diese 90

Inchoativa wie italienisch arrabbiarsi oder infuriarsi erscheinen unter semantischen Gesichtspunkten als eine Art Medium. Ich komme bei den Verben des vierten Stadiums des Ärgerszenarios auf diese Verben zurück.

223 Verben, bis auf wenige Zweifelsfälle, agentive Konstruktionen erlauben: eine Person, deren Handeln den KORRELATS-Sachverhalt bildet, erscheint als AGENS-URSACHE der Ärgerempfindung. Nicht-agentive Konstruktionen weisen dasselbe Kasusmuster auf. Die Annahme, dass der Akkusativ des EMPFINDUNGSTRÄGERS hier ein anderer ist als bei den agentiven Konstruktionen, kann weder mit syntaktischen Fakten hinreichend plausibel gemacht werden, noch erscheint sie unter semantischen Gesichtspunkten zwingend. Das nicht-agentive KORRELAT trägt ebenso wie das agentive die Rolle URSACHE. Das Linking-Verhalten dieser Konstruktionen ist unmarkiert. Das Linking der dativischen Konstruktionen entspricht den Voraussagen von Van Valin / LaPolla (1997: 153-156; 355s) für zweiwertige intransitive Verben, die nicht als activities zu interpretieren sind: die passivere Rolle, hier das KORRELAT, wird als Subjekt realisiert. Das Linking der Pseudoreflexiva ist unproblematisch, wenn diese als syntaktisch valenzreduzierende Konstruktionen angesehen werden. Der EMPFINDUNGSTRÄGER ist das einzig linking-relevante Argument. Das KORRELAT wird ähnlich wie beim Passiv der Passivagens außerhalb des Prädikationskerns fakultativ in der Peripherie realisiert.

5.1.4.2 Verben der Ärgerempfindens Verben des Ärgerempfindens bezeichnen direkt das zweite Stadium des Szenarios und indirekt das erste Stadium, die Ärger auslösende Beeinträchtigung. Indem sie Ärger als intentionales Erlebnis bezeichnen, verweisen sie auf die Beeinträchtigung (erstes Stadium) zurück, wie die Verben des Kränkens und Störens auf die Ärgerempfindung vorverweisen. 1. Stadium

2. Stadium

Beeinträchtigung (Kränkung / Störung)

physiologische Effekte / Ärgerempfindung

Verben des Kränkens und Störens


en rage). Grundlage dieser Bildung kann jedoch sowohl eine Handlung (mettre en rage) als auch ein Zustand (etre en rage) sein. Indispettire ist nicht leicht einzuordnen. Unter paradigmatischen Geschichtspunkten erscheint es eher als ein Verb des Ärgerempfindens als des Störens oder Kränkens. Ebenso bezeichnet dispetto zwar einerseits im Einklang mit dem Etymon lat. dispectum eine absichtlich herbeigeführte Ärger auslösende Beeinträchtigung, darüber hinaus jedoch auch das Ärgergefuhl selbst (cf. DISC: s. v. dispetto).

225 steht metonymisch für die Ärgerempfindung als intentionales Erlebnis. Das an die Stelle des Gefühls:

KORRELAT

tritt

(150) a. La fatigue crispent les visages des adultes (FRANTEXT: DOLTO, F.) b. D'ivoquer son man, f a la crispe, Gladys. (FRANTEXT: BOUDARD, A.)

Französisch enerver und italienisch ennervosire sind auf das »nervöse« Verhalten des SichÄrgernden bezogen. Die konkrete physiologische Wirkung steht für die Ärgerempfindung. In italienisch stufare, konkret: „cuocere un alimento a lungo" (DISC: s. v. stufare) klingt metaphorisch das Moment »Hitze« an: ansteigende Körpertemperatur als physiologische Wirkung. (151) Mi hai stufato con le tue continue domande (BR)

Französisch enquiquiner ist von dem Argotausdruck quiqui „gorge, cou" (GR: s. v. enquiquiner) abgeleitet und bezieht sich somit auf eine konkrete physiologische Wirkung des Ärgers.93 Exceder verweist durch seine konkrete Bedeutung „depasser en dimension [...] aller au-delä de certains limites" (GR: s. v. excider) allgemein auf den physiologischen »Ausnahmezustand« des Sich-Ärgernden. Herisser und horripiler sind auf das Zubergestehen der Haare aufgrund starker Emotionen wie »Ärger« oder »Schreck« bezogen. Diese konkrete physiologische Wirkung steht für die KORRELATS-bezogene Ärgerempfindung: (152) a. La colere herisse les poils des chats (GR) b. Leur bure, leurs espadrilles, leur barbe, leurs mendiantes insistences m'herissaient (FRANTEXT: NOURISSIER, F.)

Bei horripiler ist die physiologisch konkrete Bedeutung jedoch fachsprachlich. Das Verb wird gemeinsprachlich als Gefühlsverb angesehen (cf. Mathieu 2000: 167). Französoisch impatienter und italienisch spazientire beziehen sich auf das Gefühl der Unruhe, das den Ärger typischerweise begleitet. Französisch irriter und italienisch irritare bezeichnen konkret das Hervorrufen von Hautreizungen und Entzündungen. Die mit Reizungen und Entzündung verbundene Rötung verbindet diese mit den physiologischen Wirkungen des Ärgers. Französisch ulcerer und italienisch esulcerare bezeichnen konkret das Hervorrufen eines Hautgeschwürs und beziehen sich insofern hyperbolisch auf die physiologischen Wirkungen, die metonymisch für eine KORRELATS-bezogene Ärgerempfindung stehen: (153) a. Ces cancers s'ulcferent et s'infectent tres souvent (FRANTEXT: ENCYCLOPEDIE MEDICALE QUILLET) b. Les 6checs de l'armde l'ulciraient (FRANTEXT: LEFEBVRE, G.)

Im Französischen wie im Italienischen finden sich die Anglizismen stresser und stressare, die auf Stress als physiologische Reaktion auf negative Stimuli bezogen sind. Die physiologische Wirkung steht auch hier metonymisch für die Ärgerempfindung.

93

Vgl. die Wendung einen dicken Hals bekommen im Deutschen.

226 5.1.4.2.2 Linking-Verhalten Die französischen und italienischen Verben des zweiten Stadiums realisieren ausschließlich den E M P F I N D U N G S T R Ä G E R im Akkusativ und das K O R R E L A T im Nominativ. Ein solches Kasusmuster gibt zu der Vermutung Anlass, dass auch diese Verben als Kausalrelationen konzipiert sind. Soll Zirkularität vermieden werden, ist dies jedoch mit Hilfe von Argumenten, die von der Kasuswahl selbst unabhängig sind, zu überprüfen. Auffällig ist, dass aufgrund des Bezugs auf die physiologischen Wirkungen die metonymische Bildung der Verben des zweiten Stadiums komplexer ist, als die metaphorisch-metonymische Bildung der Verben des ersten Stadiums. Bei den Verben des Kränkens und Störens wird das Auslösen des Gefühlszustands analog einer kausalen Einwirkung konzipiert:

Konkrete Beeinträchtigung

—«Tcausal

Schaden / Schmerz

—^»kausal«

Ärgerempfindung [Sohadon / Schmerz]

Metapher / Metonymie: Störung / Kränkung [konkrete Beeinträchtigung]

Fig. 13: Verben des ersten Stadiums des Ärger: metaphorisch-metonymische Substitution

Bei den Verben des Ärgerempfindens kommt es dagegen zu einer metonymischen Verschiebung. Das K O R R E L A T tritt an die Stelle der Ärgerempfindung, diese an die Stelle der physiologischen Wirkungen. Die Rückinterpretation der Figur auf eine kausale Einwirkung hin ist dadurch weitaus weniger offensichtlich:

KORRELAT

=>»kausal«

Ärgerempfindung

U kausal physiologische Wirkung metonymische Verschiebung:

KORRELAT

[Argerempfmdung]

^ »kausal«?

Ärgerempfindung [physiologische Wirkung] Fig. 14: Verben des zweiten Stadiums des Ärgers: metonymische Verschiebung

94

Die Relation »konkrete Beeinträchtigung => Schaden / Schmerz« kann, wie gezeigt, sowohl als Metapher als auch als Metonymie für die Relation »Störung / Kränkung => Ärgerempfindung« stehen. Einige konkrete Beeinträchtigungen können als mögliche spezifische Störungen oder Kränkungen für unspezifische Störungen oder Kränkungen stehen. Dadurch gewinnt die Figur an Durchsichtigkeit.

227 Dass die Entstehung des Ärgers als Kausalrelation begriffen wird, erscheint somit bei den Verben des zweiten Stadiums weniger naheliegend als bei den Verben des Störens und Kränkens.

5.1.4.2.2.1 Agentive Verben Ein verlässliches Kriterium dafür, dass die Relation zwischen KORRELAT und Ärgerempfindung als Kausalrelation konzipiert werden kann, ist, wie gezeigt, die Möglichkeit einer agentiven Konstruktion. Mathieu (2000: 169) zufolge erlauben die meisten französischen »verbes d'enervement« eine agentive Lesart. Herisser, horripiler, impatienter und ulcerer könnten jedoch nicht agentiv konstruiert werden. Gross (1975: Table 4) hält courroucer, crisper, fächer, horripiler, impatienter und ulcerer für nicht-agentiv. Enquiquiner und stresser berücksichtigt er nicht. Martin (2002: 212; 236) sieht einen deutlichen Kontrast zwischen enquiquiner, das sie für agentiv hält, und agacer, das die einschlägigen Agentivitätstests weitaus schlechter bestehe. Nach Aussagen der von mir befragten Sprecher können nur wenige Verben als eindeutig agentiv gelten: außer dem Leitverb enerver, asticoter, enquiquiner und stresser. Eindeutig nicht-agentiv erscheinen horripiler und ulcerer.95 Impatienter, das sowohl Mathieu als auch Gross für nicht-agentiv halten, erscheint den von mir befragten Sprechern dagegen aufgrund der Agentivitätstests eher als agentiv. Bei den übrigen Verben, sind die Urteile nicht einheitlich. Agacer besteht in der Sprecherbefragung die meisten Agentivitätstests und scheint agentiv gebraucht werden zu können: (154) Ne m'agace pas! (FRANTEXT: ORMESSON, J. d')

Auch bei exasperer und irriter sprechen die Ergebnisse eher dafür, sie wie Mathieu und Gross als agentiv anzusehen, bei exceder sind die Ergebnisse weniger eindeutig. Was das Italienische betrifft, können nach den Aussagen der von mir befragten Sprecher esasperare, innervosire, irritare, spazientire, stizzire, stressare und stufare als agentiv angesehen werden. Bei esacerbare, esulcerare und indispettire sind die Bewertungen nicht eindeutig. Das Linking-Verhalten deijenigen Verben, die agentive Konstruktionen erlauben, kann auf die gleiche Weise erklärt werden, wie das Linking-Verhalten der Verben des Störens und Kränkens. Die Möglichkeit einer agentiven Konstruktion indiziert, dass auch die nichtagentiven Konstruktionen dieser Verben als kausativ begriffen werden können. Das KORRELAT ist gleichzeitig als URSACHE anzusehen. Da diese Rolle dominant ist, steht das KORRELAT in der Rollenhierarchie über dem EMPFINDUNGSTRÄGER. Das Nominativ-AkkusativKasusmuster entspricht insofern den Erwartungen.

95

Auch im Deutschen zeigen sich bei den Verben, die direkt die Ärgerempfindung bezeichnen, klare Kontraste: i. Nerv mich nicht!·, i'. *Wurm mich nicht!·, ii. Peter hat Maria absichtlich genervt-, ii'. *Peter hat Maria absichtlich gewurmt.

228 5.1.4.2.2.2 Nicht-agentive Verben Es lassen sich somit im Französischen zumindest zwei Verben finden, die eindeutig nichtagentiv sind: horripiler und ulcerer. Man könnte ähnlich wie bei heurter / urtare argumentieren, dass sie primär als konkret physisch empfunden werden und daher die Gefühlsverbbedeutung nicht hinreichend lexikalisiert ist, um eine agentive Lesart zweifelsfrei zu erlauben. Dies ist jedoch nicht der Fall. Erstens sind die Ergebnisse im Gegensatz zum Fall heurter / urtare eindeutig negativ. Zweitens kann die physisch konkrete Bedeutung bei diesen Verben synchron nicht als dominant angesehen werden. Insbesondere horripiler ist primär ein Gefiihlsverb. Das Linking dieser Verben ist problematisch. Transitive OE-Verben, die grundsätzlich keine agentiven Konstruktionen erlauben, sind in der Literatur nur selten beachtet worden. Primus (1999a: 70) hält sie fur nicht-kausativ, so dass ihr Linking-Verhalten unter Optimalitätsgesichtspunkten gegenüber den kausativen transitiven OE-Verben und den nicht-kausativen transitiven SE-Verben markiert erscheint. Der EMPFINDUNGSTRÄGER als die aktivere Rolle wird entgegen den Erwartungen im Akkusativ realisiert. Eine Erklärung fur dieses Linking-Verhalten gibt Primus nicht. Es handele sich um Ausnahmen, denn die Zahl der nicht-kausativen transitiven OE-Verben sei im Vergleich zu den kausativen äußerst gering. Reinhart (2001b: 20) hält die nicht-agentiven transitiven OE-Verben ebenfalls für Ausnahmen. Diese Verben seien in ihrem Ursprung kausativ: „this explains why the accusative case is still realized". Die Möglichkeit, das KORRELATS-Argument auch mit dem Merkmal »ursächlich« zu realisieren, sei synchron allerdings nicht mehr gegeben: „the realization option is fixed (frozen) in the lexicon". Reinhart begründet diese These nicht weiter. Sie erscheint jedoch, zumindest bei Verben, die einen figürlichen Ursprung haben, mehr als eine reine Stipulation. Horripiler und ulcerer bezeichnen in ihrem physisch konkreten Gebrauch Kausalrelationen. Dies könnte ihr Linking-Verhalten als Gefühlsverben erklären, sollte dieses an und für sich eine Verletzung der Linking-Regeln darstellen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das Linking-Verhalten nicht-agentiver transitiver OEVerben synchron tatsächlich nicht zu motivieren ist. Vermandere (2002: 380s), der die Kausativität der nicht-agentiven Konstruktionen agentiver Gefühlsverben an die Kausativität der agentiven Konstruktionen bindet,96 hält die nicht-agentiven Verben für kausativ in einem weiteren Sinne. Es handele sich um eine besondere, abgeleitete Form von Kausativität, die auf einem Perspektivumschwung beruhe: „l'interpretatzione causativa sarebbe derivata e questi predicati avrebbero la prospettiva causale »a rovescio«" (ibd.: 380). Vermandere entwickelt hier einen Gedanken, der sich bereits bei Bolinger (1977: 143150; 1984: 50-52) findet. Bolinger unterscheidet zwischen „emotions caused" und „emotions projected". Erstere referieren auf die (existierende) URSACHE eines Gefühls, letztere verweisen aus der Perspektive des EMPFINDUNGSTRÄGERS auf einen Grund. Bolinger il-

96

Dies wird erst allmählich deutlich: Auf Seite 352 heißt es: „La creazione attiva della CAUSA in base all'effetto constatato permette in molti casi, ma non in tutti, di inferire anche la relazione causale normale (causa => effetto) che accompagna Finterpretazione agentiva di molti predicati di sentimento", auf Seite 438: „vi sono due modelli causali possibili: quello normale (che permette un upgrade agentivo) e quello »a rovescio« che non lo permette".

229 lustriert diesen Unterschied ausschließlich an Adjektiven und adjektivischen Partizipien. Was Ausdrücke des Ärgerns betrifft, sieht er einen (leichten) Kontrast zwischen: (155) ?I was angry (outraged) to have to (Bolinger 1984: 51, Beispiel 70) und (156) I was annoyed (vexed) to have to (ibd., Beispiel 71)

Angry, outraged, wie auch disturbed und upset, entsprechen surprised, das Bolinger als Leitbeispiel dient. Der Kontrast ist jedoch nicht sehr aufschlussreich. Er zeigt lediglich, dass be annoyed und be vexed mit einem in der Zukunft liegenden KORRELATS-Sachverhalt kombiniert werden können, der insofern nicht im Sinne einer Kausalrelation zwischen Sachverhalten das Gefühl auslöst. Nichtsdestoweniger können annoyed und vexed wie angry und outraged, aber im Gegensatz zu anxious und eager, auch mit K O R R E L A T E N verbunden werden, die Sachverhalte in der Vergangenheit bezeichnen (cf. Bolinger ibd.: 55). Sie stehen somit in Bolingers Schema lediglich in der Mitte zwischen dem reaktiven und »projektiven« (nicht-kausativen, zielorientierten) Pol. Dementsprechend können auch horripiler und ulcerer sich auf vergangene wie zukünftige Ereignisse beziehen: (157) a. Ca l'horripilait ma grand-mfere, ces reproches (FRANTEXT: ERNAUX, A.) b. Qu'est-ce qu'il m'horripile: « Tu vas me blesser »(FRANTEXT: BAYON) (158) a. Les ichecs de Tarmde l'ulceraient (FRANTEXT: LEFEBVRE, G.) b. Le peintre Lucero, ulcdre de devoir faire le portrait d'un homme qu'il m6prise... (FRANTEXT: PEREC, G.)

Bolingers Kausalitätsbegriff erscheint, was den Bereich der Gefühlsverben betrifft, einerseits zu weit und andererseits zu eng. Wenn er feststellt: „some verbs have become totally projective. They express an attitude toward an event, not a reaction" (Bolinger 1984: 52), so lässt er außer Acht, dass Gefühle auch als »Reaktionen« auf ein Ereignis eine Wertungskomponente besitzen und deshalb keine prototypischen Kausalreaktionen sind. Die gegenwärtige Vorstellung zukünftiger Ereignisse kann jedoch auch in einer Art und Weise Gefühle hervorrufen, die einer Kausalrelation ähnlich erscheint. Die Unterscheidung zwischen Reaktion und Einstellung entspricht in etwa derjenigen zwischen episodischen und nichtepisodischen Gefühlen. Innerhalb des Bereichs der episodischen Gefühle hilft sie nicht weiter. Episodische Gefühle können, wie gezeigt, als Kausalrelationen konzipiert werden, sie müssen es aber nicht. Es kommt darauf an, ob die Entstehung des Gefühls der Sphäre des E M P F I N D U N G S T R Ä G E R S zugeschrieben oder ob das K O R R E L A T als äußere U R S A C H E des Gefühls konzipiert wird. Dies ist auch die Grundüberlegung von Vermandere. Er unterscheidet zwischen einer externen und einer internen U R S A C H E (cf. 2002: 445s).97 Die externe U R S A C H E entspricht 97

Vermanderes System ist tatsächlich noch komplizierter. Er unterscheidet einerseits eine interne und eine externe Perspektive der Kausalitätszuschreibung: extern (causa => effetto), intern {effetto => causa) und andererseits eine interne und externe URSACHE. Während die externe

230 der Partizipantenrolle URSACHE, die in Kapitel 3 abgegrenzt wurde. Es stellt sich aber die Frage, was genau unter einer internen URSACHE zu verstehen ist. Ist der EMPFINDUNGSTRÄGER selbst eine URSACHE für sein eigenes Gefiihl? Die Idee einer inneren URSACHE scheint erst einmal daraus zu entstehen, dass einerseits der EMPFINDUNGSTRÄGER aufgrund der gering ausgeprägten Urteilskomponente affiziert wirkt, obwohl andererseits das KORRELAT nicht als URSACHE angesehen werden kann. Meines Erachtens ist es aber weder hilfreich, deshalb den EMFINDUNGSTRÄGER selbst als URSACHE anzusehen, noch von einer umgekehrten Kausalrelation zu sprechen. Es zeigt sich hier einmal mehr das problematische Verhältnis von partizipantenbezogenen und zeitkonstitutionellen Merkmalen. Vennandere (2002: 380) leitet die angebliche (umgedrehte) Kausativität der nicht-agentiven Gefühlsverben offenbar daraus ab, dass diese zeitkonstitutionell eine Zustandsveränderung bezeichnen. Eine Zustandsveränderung impliziert jedoch, wie Van Valin / LaPolla (1997: 97) zeigen, keine Kausativität. Auch Dowty (1991: 572) unterscheidet zwischen zwei prinzipiell unabhängigen PPEs change of state und causally affected.9* Indem Vermandere eine umgekehrte Kausativität annehmen muss, kommt er in eine ähnliche Zwangslage wie Härtl, der, um alle transitiven OE-Verbkonstruktionen als activities ansehen zu können, dem EMPFINDUNGSTRÄGER in nicht-agentiven Konstruktionen Aktivität (Wahrnehmung) zuschreiben muss. Während Härtl das daraus entstehende Linking-Problem aber gar nicht zu sehen scheint, stipuliert Vermandere (2002: 352s): La relazione causativa ricostruita in base alio schema {effetto => causa} permette all'ESPERIENTE di ricostruire semanticamente una causa, ma ciö non implica che anche FESPERIENTE sia per questo motivo causativo. II contrasto fra il paradigma di preoccupare e quello in cui 1'ESPERIENTE e nominativo ο dativo illustra [...] che 1'ESPERIENTE non esprime la propria causativitä. (Vermandere 2002: 352s, Fn.70). Völlig klar wird diese Argumentation nicht, da Vermandere sowohl die SE-Konstruktionen als auch dativischen OE-Konstruktionen für nicht-kausativ hält. Vermandere will wohl darauf hinaus, dass ein akkusativischer EMPFINDUNGSTRÄGER nicht im linking-relevanten Sinne als URSACHE angesehen werden kann. Dies erscheint zwar völlig richtig, wirft aber die

98

Perspektive auch eine externe URSACHE impliziert, kann bei interner Perspektive zwischen externer und interner URSACHE unterschieden werden. Sedurre habe nur eine externe Perspektive, colpire eine interne mit externer URSACHE, preoccupare eine interne mit interner URSACHE. Annoiare erlaube alle drei möglichen Kombinationen, (cf. 2002: 444-450). Die Unterscheidung hat mit Vermanderes Überlegungen zu den pseudoreflexiven Konstruktionen zu tun: Lediglich Verben mit einer internen URSACHE würden pseudoreflexive Konstruktionen erlauben. Vermandere läuft hier jedoch Gefahr, zirkulär aus der Möglichkeit einer pseudoreflexiven Konstruktion auf die Art der URSACHE zu schließen. Die Klasse colpire ist diesbezüglich nur scheinbar homogen, wie Vermandere (ibd.: 438s) behauptet. Wie bereits gezeigt, erlaubt eine Reihe von Verben, die auch eine physisch-konkrete Bedeutung besitzen, dennoch als Gefuhlsverben eine pseudoreflexive Konstruktion. Ich komme auf Vermanderes Überlegungen in Kapitel 6 noch einmal zurück. Darin liegt gleichsam auch eine Revision der These in Dowty (1979), dass Kausativität und die Aktionsartklasse der accomplishments interdependent seien.

231 Frage auf, welchen Sinn die Annahme einer internen URSACHE hat, wenn diese URSACHE ihre Ursächlichkeit nicht realisiert." Eine Lösung des Linking-Problems, das nicht-agentive Gefühlsverben aufwerfen, hatte sich bereits bei der Diskussion der Pseudoreflexiva angedeutet. Mit Cresti (1990: 62) hatte ich angenommen, dass der EMPFINDUNGSTRÄGER als das grundsätzliche aktivere Argument bei episodischen Gefühlen aufgrund der zeitkonstitutionellen Aspekte der Prädikation in seinen Agenseigenschaften abgewertet erscheint. Die Linking-Relevanz der zeitkonstitutionellen Eigenschaften nicht-agentiver transitiver OE-Verben soll nun am Beispiel von horripiler und ulcerer ausführlicher betrachtet werden. Horripiler und ulcerer bezeichnen ein in seiner Entstehung episodisches Gefühl und damit sowohl eine Zustandsveränderung, die der EMPFINDUNGSTRÄGER bei der Wahrnehmung des KORRELATS erfährt, als auch das Fortdauern dieses Zustands über einen gewissen in der Regel nicht allzu langen Zeitraum hinweg. Sie bilden eine Passivkonstruktion, die als eine Art Zustandspassiv angesehen werden kann (cf. Mathieu 2000: 167). Daher können sie als Konklusiva im Sinne Vermanderes gelten: (159) Elle est ulcör6e qu'un hebdomadaire ftanfais n'ait pas publie sa lettre retablissant sa veriti sur Manolis G16zos, ce communiste grec recemment condamni ä cinq ans de prison (FRANTEXT: DEON, M.) Wenn wir nun versuchen, mit Hilfe der Dowtyschen Protorolleneigenschaften das Linking dieser Verben vorherzubestimmen, ergibt sich auf den ersten Blick ein Problem Dadurch dass der EMPFINDUNGSTRÄGER die PPE change of state aufweist, scheint der Aktivitätskontrast zwischen dem KORRELAT und dem EMPFINDUNGSTRÄGER neutralisiert. Während das KORRELAT keine Protorolleneigenschaften aufweist, besitzt der EMPFINDUNGSTRÄGER sowohl eine PAE (sentience) als auch eine PPE (change of state).™ Die beiden Protorolleneigenschaften lassen sich jedoch nicht gegeneinander aufrechnen. Sentience ist, wie Blume (2000: 143) zeigt, lediglich eine schwache Protorolleneigenschaft. Change of state kann dagegen als eine Protorolleneigenschaft angesehen werden, die zu einem stärkeren Aktivitätskontrast beiträgt, ohne dass dazu Kausativität angenommen werden muss. Deshalb lizenzieren Verben, die über ein change-of-state-Aigamsnt verfügen, grundsätzlich keine markierten Kasusmuster. In zweiwertigen Konstruktionen realisieren sie das NominativAkkusativ-Muster mit dem change-of-state-Aigament als Akkusativ. Eine Ausnahme von dieser Regel bilden jedoch die dativischen italienischen OE-Verben disturbare, scomodare und, wie noch zu zeigen sein wird, auch ributtare, ripugnare und soddisfare. Das LinkingVerhalten der nicht-agentiven akkusativischen OE-Verben lässt sich durch den Aspekt der

99

100

Das Vermandere hier an der Idee einer inneren URSACHE festhält, hat, wie bereits erwähnt, mit seiner Analyse der Pseudorefelxiva zu tun. Vermandere kommt Pesetskys Position recht nahe, der, wie bei der Diskussion der Pseudoreflexiva unter 5.1.4.1.2.3 erwähnt, in dem pronominalen Element selbst eine URSACHE, einen „ambient causer" sieht (cf. Pesetsky 1995: 111-113). Vermandere hält die Pseudoreflexiva durch die interne URSACHE lizenziert (2002: 446), ohne jedoch das pronominale Element explizit mit der internen URSACHE zu identifizieren. Dies entspricht der Repräsentation, die bereits Rozwadowska (1988: 159) ftlr den EXPERIENCER vorgeschlagen hat. Rozwadowska nimmt jedoch fllr sämtliche EXPERIENCER die Merkmale sentient und change an. Dies ist meines Erachtens nicht gerechtfertigt.

232 Zustandsveränderung erklären, die, bei einer gleichzeitig schwachen Urteilskomponente, zu einem stärkeren Aktivitätskontrast fuhrt als bei den dativischen OE-Verben. Betrachten wir zur Verdeutlichung dieses Kontrasts noch einmal italienisch scomodare in einer dativischen Konstruktion. Ein typischer Verwendungskontext dieser Konstruktion ist laut DISC ein „disagio economico": (160) Questa spesa gli scomoda Thematisiert wird hier die Bewertung einer Ausgabe als subjektiv ungelegen. Dies ist zu unterscheiden von einer Beeinträchtigimg, die, nach dem Konsensgedanken, grundsätzlich jeden stören würde. Die Komponente der subjektiven Beurteilung ist insofern in der dativischen Konstruktion stärker ausgeprägt. Gleichwohl, könnte man argumentieren, erfährt der EMPFINDUNGSTRÄGER eine Zustandsveränderung. Scomodare kann zwar nicht als konklusives Verb im Sinne Vermanderes angesehen werden, da es kein Zustandspassiv erlaubt. Dass es sich um eine Zustandsveränderangsverb handelt, könnte aber durch die Analyse des Wortbildungsverfahrens verdeutlicht werden. Es handelt sich im Sinne Lüdtkes (1996: 260s) um die Konversion eines Adjektivs zu einem Verb. Das zugrundeliegende Adjektiv scomodo bezeichnet - allerdings nur metaphorisch - den resultierenden Gefuhlszustand. Das Linking-Verhalten der nicht-agentiven Konklusiva wie horripiler und ulcerer kann sowohl vom Linking-Verhalten der Verben scomodare oder disturbare in dativischer Konstruktion (weder kausativ noch im engeren Sinne konklusiv, stärkere subjektive Urteilskomponente) als auch der Kausativa vom Typ everver / innervosire oder scomodare und disturbare in akkusativischer Konstruktion unterschieden und motiviert werden.

5.1.4.2.2.3 Pseudoreflexiva Die meisten französischen Verben des zweiten Stadiums erlauben pseudoreflexive Konstruktionen (cf. Mathieu 2000: 167), die als Antipassivdiathesen der transitiven OE-Konstruktionen angesehen werden können: (161) s'agacer de, se courroucer de, se crisper de, s'inerver de, s'exasperer de, s'exceder de, se fächer de, s'herisser de, s'impatienter de, s'irriter de Im Italienischen finden sich: (162) esacerbarsi per, esasperarsi per, esulcerarsi per, indispettirsi per, innervosirsi per, irritarsi per, spazientirsi per, stizzirsi per, stufarsi di Lediglich stressarsi scheint auf die konkrete Bedeutungskomponente, das Empfinden von Stress, beschränkt und ist insofern keine pseudoreflexive Variante von stressare als Verb des Ärgerempfindens. Wie bereits bei den Verben des Störens und Kränkens festgestellt erscheint der EMPFINDUNGSTRÄGER in den pseudoreflexiven Konstruktionen nicht kausativ affiziert. Das KORRELAT ist in der Regel, jedoch nicht bei allen Verben fakultativ: Bei s 'exceder de und s 'he-

233

risser de kann das KORRELAT nicht weggelassen werden.101 Diese Verben erscheinen in ihrer Gefühlsverbbedeutung weniger lexikalisiert als etwa enerver oder irriter. Auffällig ist, dass eine nicht unbedeutende Zahl der Pseudoreflexiva des zweiten Stadiums außer dem KORRELATS-Sachverhalt, der Beeinträchtigung, auch den Verantwortlichen fur diese Beeinträchtigung und Adressaten einer Rekompensationshandlung als präpositionales Komplement realisieren kann: (163) a. Je m'irritai contre Pradelle: pourquoi repoussait-il la solution que j'avais proposee? (FRANTEXT: BEAUVOIR, S. de) b. Je me suis fache contre eile parce qu'elle m'aimait trop (FRANTEXT: COHEN, A.) c. Tous les fils se fächent et s'impatientent contre leurs m£res (FRANTEXT: COHEN, A.) (164) Ed allora egli si irritö con lei, che gliele faceva ricordare e quasi rimpiangere (LIZ: TOZZI, F.)

Die prospektive pseudoreflexive Konstruktion mit einem co/i/re-Komplement erlauben nach Korpusbelegen und den Aussagen der von mir befragten Sprecher folgende französische Verben: (165) courroucer, crisper, 6nerver, exasperer, fächer, h6risser, impatienter, irriter

Im Italienischen besitzen den von mir befragten Sprechern zufolge folgende Verben eine pseudoreflexive Konstruktion mit einem con- oder confro-Komplement: (166) esasperare, innervosire, irritare, spazientire, stizzire

Nicht wenige Pseudoreflexiva des zweiten Stadiums können somit auch als Verben des vierten Stadiums gebraucht werden. Die Ärgerempfindung steht metonymisch fur das Ärgerverhalten. Die pseudoreflexiven Konstruktionen der Verben des Störens und Kränkens erlauben dies bis auf italienisch offendersi con qlcu. nicht. Zweifelsfälle sind, wie erwähnt, französisch s 'effaroucher contre qqn., s 'offusquer contre qqn. und se vexer contre qqn.

5.1.4.2.2.4 Dreiwertige Konstruktionen Die Affinität der Verben des zweiten zu denen des vierten Stadiums wird auch dadurch deutlich, dass einige von ihnen in dreiwertigen Konstruktionen erscheinen können, bei denen wie bei den pseudoreflexiven der Adressat einer Rekompensationshandlung als contrebzw. con- oder cow/ro-Komplement erscheint Der EMPFINDUNGSTRÄGER wird im Akkusativ realisiert. Die dreiwertigen Konstruktionen können, wie gezeigt, entweder als »Aufbringen« oder aber als »Aufhetzen« verstanden werden, je nach dem, ob als Subjekt das KORRELAT fungiert oder ein Dritter, der die Beeinträchtigung vermittelt:

101

Unter Linking-Gesichtspunkten ist dies problematisch. Ich werde weiter unten bei der Diskussion von se satisfaire de, das Mathieu (2000: 74) als Leitbeispiel für ein Pseudoreflexivum mit einem obligatorisches Actor => Subj., John = TARGET => 2. arg. of. pred'(x, y) => Undergoer => dir. Obj.)]

Eine entsprechende Repräsentation erhält auch ein intransitives OE-Verb wie Spanisch gustar (cf. ibd.: 356), das jedoch als GSR-intransitiv markiert wird. Transitive Verben vergeben eine aktive und eine passive GSR (Actor und Undergoer), intransitive Zustände dagegen nur eine passive (Undergoer). Bei den transitiven Verben wird der Actor als Subjekt realisiert, bei den intransitiven Verben, das Argument, das die GSR erhält: bei den intransitiven OE-Verben mithin das KORRELAT [—TARGET]:

(3)

Maria gusta a Juan 1 GSR [like' (Juan = EMOTER => 1. arg. of pred'(x, y), Maria = TARGET => 2. arg. of. pred'(x, y) => Undergoer => Subj.)]

Eine grundsätzlich andere semantische Repräsentation schlagen Van Valin / LaPolla für adjektivische Gefuhlsprädikate wie angry at oder afraid of vor. Diesen Prädikaten wird eine komplexe LS zugeschrieben, in der das einzelne gefuhlsbezeichnende Prädikat unter einem Matrix-Prädikat feel'(x, y) als dessen y-Argument eingebettet ist. Als x-Argument fungiert ein Argument mit der Rolle EXPERIENCER. Das eingebettete Prädikat erhält die Rolle SEN-

320 SATION. Das KORRELAT erscheint als Argument des eingebetteten Prädikats und steht deshalb für die GSR-Zuweisung nicht zur Verfügung (cf. ibd.: 115; 156): (4)

Pat is angry at Kelly [feel'(Pat = EXPERIENCER => 1. arg. of pred'(x, y) => Undergoer => Subj., [angry.at' (Kelly)] = SENSATION => 2. arg. of. pred'(x, y))]

Diese Struktur wird nun zur Grundlage für die kausativen transitiven OE-Verben genommen (cf. ibd.: 107; 402): (5)

The photo in the newspaper upsets James [be-in'(newspaper, photo)] CAUSE [feel'(James, [upset-about'(be-in'(newspaper, photo))])

Van Valin / LaPolla geben keine expliziten GSR-Zuweisungsregeln für kausative Konstruktionen (cf. Kailuweit 2003: 147s; 2004: 98-101). Implizit wird jedoch deutlich, dass in einer Struktur oCAUSE/3 die aktivere GSR stets an α vergeben wird. In den kausativen zweiwertigen OE-Konstruktionen ist das KORRELAT referenzidentisch mit der URSACHE und erhält daher die aktivere GSR, für die passivere GSR kommt allein der EMPFINDUNGSTRÄGER in Frage: (6)

[... y...] CAUSE [feel'(x, pred'(... y...))]

Das Linking der kausativ dreiwertigen Strukturen ließe sich ebenfalls beschreiben: Es wäre für diese Verben die folgende LS anzusetzen: (7)

Lucy interested Max in linguistics [do' (Lucy,...)] CAUSE [feel'(Max, [interested-in'(linguistics)])

Da linguistics für die GSR-Zuweisung nicht in Frage kommt, erhält Max die passivere GSR. Im Hinblick auf das Linking der anderen, von Van Valin / LaPolla nicht berücksichtigten Klassen erscheint die LS feel'(x, pred'(y)) allerdings problematisch. Intransitive SE-Verben wie enrager contre / inferocire contro oder tenir ä / teuere α könnten nur als feel'(x = EXPERIENCER, y = SENSATION) beschrieben werden, wenn man annehmen würde, das SENSATION-Prädikat wäre in das Verb inkorporiert. Während bei enrager contre / inferocire contro vielleicht eine LS wie feel'(x, furious-with'(y)) angesetzt werden mag - wobei allerdings die Verhaltenskomponente unberücksichtigt bliebe - stellt sich bei tenir ä / teuere α die Frage, welches Adjektiv überhaupt als SENSATION-Prädikat in Frage käme. Grundsätzlich problematisch ist aber aus semantischen Gründen die Annahme eines komplexen SENSATION-Arguments. Besteht die SENSATION in furious-with'(y), wäre enrager contre Pierre ein anderes Gefühl als enrager contre Paul. Ferner bleibt unklar, welche semantische Rolle das Argument des SENSATION-Prädikats erhält. Van Valin /LaPolla (ibd.: 115) unterscheiden die Rollen PATIENT für broken'(x) und ENTITY für exist'(x). Für ein Prädikat vom Typ furious-with'(y) kommt keine der beiden Rollen in Frage. Das Prädikat furious-with' erscheint im Gegensatz zu broken' oder exist' nicht als Eigenschaft seines Arguments. Es handelt sich bei näherer Betrachtung nicht um ein einwertiges Prädikat, sondern um ein zweiwertiges, dessen x-Argument das x-Argument von feel' ist.

321 Unabhängig von diesen nicht unerheblichen grundsätzlichen Problemen eignet sich die LS feel'(x, pred'(y)) nicht für die Darstellung der zweiwertigen nicht-kausativen OEVerben vom Typ frapper, indigner / colpire, indignare, die, wie gezeigt, eine relevante Untergruppe der transitiven OE-Verben bilden. Die Realisierung des y-Argumentes als Subjekt setzt notwendig die Zuweisung einer GSR voraus. Das Argument des SENSATIONPrädikats soll jedoch für die GSR-Zuweisung gar nicht zur Verfügung stehen. Schließlich kann der Aspekt der Zustandsveränderung in der RRG nur durch die Operatoren INGR für achievements und BECOME fur accomplishments dargestellt werden: (8)

Hie balloon popped INGR popped'(balloon)

(9)

The snow melted BECOME melted'(snow) (cf. ibd.: 105, Beispiele 3.21c-d)

Einerseits ergibt sich das Problem der Repräsentation von Zustandsveränderungsprädikaten wie den transitiven OE-Verben, die weder als achievements noch als accomplishments zu klassifizieren sind, andererseits sind die Operatoren an und für sich gar nicht linkingrelevant. Eine Darstellung der nicht-kausativen transitiven OE-Verben wie französisch frapper, indigner oder italienisch colpire, indignare sowie der intransitiven OE-Verben vom Typ französisch ripugner, italienisch ripugnare, die durch einen zustandsveränderten, aber nicht kausativ affizierten EMPFINDUNGSTRÄGER charakterisiert sind, erscheint mithilfe der Actor-Undergoer-Hierarchie nicht ohne größere Stipulation möglich. Der Klasse repugner / ripugnare kommt eine Zwischenstellung zwischen der Klasse indigner / indignare und der Klasse plaire / piacere zu. Die grundsätzlich verschiedenen GefuhlsverbRepräsentationen feel'(x, pred'(y)) und pred'(x, y) bieten jedoch keinen Anhaltspunkt, wie eine solche Zwischenstellung formalisiert werden könnte. Die LS der RRG und die ActorUndergoer-Hierarchie erscheinen zu unflexibel, um die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit formalisieren zu können.

7.3 Überlegungen zu einem merkmalsbezogenen GSR-Ansatz

Ich schlage deshalb vor, im Sinne des ursprünglichen Protorollen-Ansatzes von Dowty (1991) Agens- und Patienseigenschaften als Merkmale zu beschreiben, die bei einem bestimmten Argument vorliegen können oder nicht. Um die Flexibilität eines merkmalsbezogenen GSR-Ansatzes zu nutzen, soll im folgenden versucht werden, die semantischen Rollen der Verben verschiedener Gefühlsverbklassen soweit durch Merkmal-Wert-Paare zu charakterisieren, dass das Linking-Verhalten der Verben aus der Kombination der Merkmal-Wert-Paare abgeleitet werden kann. Merkmalsbezogene Ansätze zur Beschreibung semantischer Rollen auch und gerade von Gefühlsverben sind von Rozwadowska (1988) und in jüngster Zeit von Reinhart (2000; 2001a; 2001b) vorgelegt worden. Rozwadowska (1988: 1S9) charakterisiert semantische Rollen mithilfe dreier Merkmale mit den Werten + oder - : Sentient +/-, Cause +/- und Change +/-. Reinhart (2001a: 3; 2001b: 4) beschränkt sich auf zwei Merkmale mit den

322 Werten + oder Cause Change [c +/-] und Mental State [m +/-]. Allerdings erlaubt sie, dass eine semantische Rolle hinsichtlich eines Merkmals unterspezifiziert ist. Insofern verwendet sie im Gegensatz zu Rozwadowska nicht zwei, sondern drei Werte fur ihre zwei Merkmale: +, - und ±. Rechnerisch ergeben sich somit bei Rozwadowka 23 = 8 Kombinationsmöglichkeiten, bei Reinhart 3 2 = 9 Möglichkeiten. Reinhart schöpft acht der neun Möglichkeiten aus und unterscheidet acht verschiedene semantische Rollen. Rozwodowska beschränkt sich auf sieben Rollen und charakterisiert das Merkmal Sentient der Rolle INSTRUMENT zumal mit dem nicht eingeführten Wert „?". Die Kombinationen Sentient +,

Cause -, Change - und Sentient -, Cause +, Change + werden nicht berücksichtigt. Da Rozwadowska drei Merkmale und (grundsätzlich) zwei Werte gebraucht, Reinhart aber zwei Merkmale und drei Werte, entsprechen sich ihre Ergebnisse nicht. Die Fig. 2 zeigt die Parallelen und Unterschiede der Ansätze. Im Bereich der Gefühlsverben ermöglichen die beiden Ansätze folgende Aktivitätskontraste darzustellen: Nach Rozwadowska ist der EMPFINDUNGSTRÄGER durch das MerkmalWert-Raster Sentient +, Cause - und Change + gekennzeichnet, das KORRELAT könnte ent-

weder durch die Merkmal-Wert-Raster Sentient -, Cause +, Change - , wenn es gleichzeitig die Rolle URSACHE besitzt, oder aber durch die Merkmal-Wert-Raster Sentient -, Cause -, Change - dargestellt werden. Mit dem unterschiedlichen Raster für die KORRELATE ließe

sich das unterschiedliche Linking-Verhalten transitiver SE- und transitiver OE-Verben repräsentieren.2 Reinharts Ansatz ist für den Bereich der Gefühlsverben expliziter: Es lassen sich zwei Unterarten der Rolle EXPERIENCER (-EMPFINDUNGSTRÄGER) mit den MerkmalWert-Rastem [ - c +m] 3 und [+m] 4 von einem prototypischen AGENS [+c +m] unterscheiden. Eine URSACHE erhält das Merkmal [+c] und ist hinsichtlich des Merkmals [m] nicht spezifiziert. 5 Das KORRELAT6 wird durch das Merkmal [ - m ] charakterisiert und ist

2

3

4

5

6

Tatsächlich nutzt Rozwadowska, der es vor allem um die Beschreibung semantischer Rollen von Prädikatsnominalisierungen geht, diese Möglichkeit nicht. Hauptzweck ihres Merkmal-Wert-Rasters ist die Abgrenzung der Rollen EXPERIENCER und AGENT. Ich übernehme hier Reinharts Notation. Wenn bei einer Rolle ein Merkmal fehlt, heißt dies, dass diesem Merkmal der Wert ± zugewiesen werden müsste. Der Subjektaktant von love oder know kann als [±c +m] vom Subjektaktanten der Verben run oder think [+c +m] unterschieden werden. Rozwadowskas und Reinharts Beschränkung auf die PAE Sentient und Cause bzw. [m] und [c] impliziert, auch das AGENS der activities, zu denen Verben wie run oder think gezählt werden können, als Cause + bzw. [+c] zu repräsentieren. Es besteht hier eine gewisse Affinität zu den Überlegungen von Primus (1999a), Kontrolle als Agenseigenschaft mit agentiver Verursachung des Verbalgeschehens gleichzusetzen. Dieser Ansatz ist, wie gezeigt, zu radikal, wenn man ihn so interpretiert, dass alle agentiven Verben (auch intransitive) als kausativ angesehen werden müssen. Unter dem Gesichtspunkt einer ökonomischen Formalisierung erscheint es jedoch erwägenswert, Kontrolle und agentive Verursachung durch dasselbe MerkmalWert-Raster zu repräsentieren. Eine klare Charakterisierung nicht-agentiver URSACHEN findet sich im System von Rozwadowska nicht. Die nicht berücksichtigte Merkmalskombination Sentient -, Cause +, Change + könnte als prototypische URSACHE im Rahmen naturkausaler Verursachung interpretiert werden: eine URSACHE wie die auftreffende Billardkugel, die durch Kraftübertragung ebenfalls eine Zustandsveränderung erfährt. Reinhart (2001b: 2) übernimmt die Bezeichnung SUBJECT MATTER von Pesetsky (1995). In Reinhart (2000: 52-55) spricht sie dagegen von TARGET. Auf den Unterschied, den Pesetsky

323 hinsichtlich des Merkmals [c] nicht spezifiziert. Reinhart (2001b) nutzt diese Unterscheidungen zur Abgrenzung transitiver OE-Verben ([+c], [-c +m], ([-m]))7 (something worries somebody) und intransitiver SE-Verben ([-c +m], ([-m])) mit fakultativem KORRELAT (somebody worries (about something)). Ferner suggeriert sie eine Repräsentation ([+m], [-m]) für transitive SE-Verben (love), die über eine stärker ausgeprägte Urteilskomponente verfügen. Die Merkmalskombination ([+m]) entspräche in Rozwadowskas System in etwa der nicht berücksichtigten Kombination Sentient +, Cause -, Change -. Reinhart

Rozwadowska sent.

cau.

cha.

c

m

Affected Agent (John rolled down the hill)

+

+

+

+

+

Agent

Agent (destroy, beat, kill, hit, write, etc.)

+

+

-

Patient

-

-

+

-

-

Theme, Patient

Experience^ Recipient, Possessor

+

-

+

-

+

Experiencer

(?)

(+)

±

+

Subject of know, love

-

±

Goal, Benefactor

±

-

-

-

Neutral viewed as a mere object rather than a cause; (also object of enter)

-

Object-Cause of emotion

-

+

-

+

±

Cause

Instrument

7

+

-

+

-

Instrument

(?)

Η

(+)

(+) (±)

(±)

(?)

Subject matter, Locative Source

Fig. 2: Synopse der Ansätze von Rozwadowska (1988: 159) und Reinhart (2001a: 3; 2001b: 4)

Auch in Reinharts Ansatz lässt sich somit lediglich ein Teil der syntaktischen Klassen von Gefühlsverben, die für das Französische und Italienische unterschieden werden müssen, repräsentieren. Ich werde im folgenden zu zeigen versuchen, dass bei einer Kombination der Ansätze von Rozwadowska und Reinhart, sämtliche Gefühlsverbklassen, die ich für das

7

zwischen den beiden Rollen macht, geht sie nicht ein. Wie unter 3.1.4 gezeigt, entspricht die Rolle TARGET eher dem KORRELAT im Sinne der vorliegenden Arbeit. Die Rolle SUBJECT MATTER kann als BEZUGSPUNKT reinterpretiert werden. Diese Verben werden somit im Sinne von Pesetsky (1995) als potentiell dreiwertig angesehen, wobei Reinhart (2001b: 12-16) grundsätzlich an der vermeintlichen Target / Subject-Matter Restriction festhält und die gleichzeitige Realisierung von [+c] und [-m] ausschließt.

324

Französische und Italienische abgegrenzt habe, darstellen lassen. Eine solche Kombination erfordert jedoch die Verwendung von drei Merkmalen. Ich schlage als drittes Merkmal das Merkmal [r] (~ resultierender Zustand) vor, das an Rozwadowskas Merkmal change angelehnt ist, und lasse für jedes Merkmal die Werte +, - und ± zu. Damit erhöht sich die Zahl potentieller Kombination auf 3 3 = 27. Dies mag unter dem Gesichtspunktspunkt der Beschreibungsökonomie auf den ersten Blick unbefriedigend erscheinen. Tatsächlich ist jedoch eine Beschränkung auf 23 = 8, bzw. 3 2 = 9 Möglichkeiten zu gering, um die linkingrelevanten Aktivitätskontraste zu erfassen. Dowty (1991) operiert, wie gezeigt, mit fiinf PAE und fünf PPE, die die Werte + oder - annehmen können. Da nicht ausgeschlossen ist, dass ein Argument gleichzeitig verschiedene PAE und PPE aufweist, ergeben sich rechnerisch 210 = 1024 Möglichkeiten. Selbstredend sind die allermeisten dieser theoretischen Kombinationsmöglichkeiten unter semantischen Gesichtspunkten sinnlos. Ebenso mögen sich für manche der theoretisch 27 Möglichkeiten in meinem Ansatz keine Anwendungsdomänen finden. Für die Zwecke, die ich in dieser Arbeit verfolge, soll dies nicht im einzelnen diskutiert werden. Es geht mir darum erst einmal darzustellen, inwieweit mit Hilfe dieser Merkmale die Unterschiede im Aktivitätsgrad der beteiligten Partizipanten in den in Kapitel 6 abgegrenzten syntaktischen Klassen französischer und italienischer Gefuhlsverben formalisiert und darüber hinaus Linking-Algorithmen formuliert werden können, die einen Zusammenhang zwischen dem Aktivitätskontrast der Partizipanten und den syntaktischen Funktionen, in denen sie erscheinen, herstellen.

7.4 Formalisierung der Ergebnisse

Ich betrachte im folgenden die Klassen in der Reihenfolge, in der ich sie in Kapitel 6 behandelt habe, und begründe die Wahl der jeweiligen Merkmal-Wert-Raster. Die Reihenfolge der Argumente in den Rastern - [EMPFINDUNGSTRÄGER, KORRELAT] oder [KORRELAT, EMPFINDUNGSTRÄGER] - soll dabei keine Rolle spielen. Die Klasse der transitiven zweiwertigen OE-Verben zerfallt, wie gezeigt, in eine kausative und eine nicht-kausative Unterklasse, die ein Kontinuum bilden. Betrachtet man die Darstellung der prototypisch kausativen Klasse bei Reinhart (2001b: 10) - ([+c], [-c +m], ([-m])) - so ergibt sich bereits ein Problem. Reinharts an Pesetskys Überlegungen orientierter Ansatz, demzufolge kausative OE-Verben grundsätzlich dreiwertig sind und lediglich aufgrund der Target / Subject-Matter Restriction nur zwei Aktanten realisieren, ist unbefriedigend. Zum einen gibt es, wie gezeigt, eine relevante Gruppe syntaktisch dreiwertiger OE-Verben des Aufbringens und Aufhetzens, Verfuhrens, Begeistems, Interessierens, Tröstens, Ermutigens und Verleidens. Im Bereich »Erstaunen« sind dreiwertige Verben dagegen aus konzeptuellen Gründen ausgeschlossen. Zum anderen ist Reinharts These, die Rollen [+c] und [-m] würden alternativ realisiert, was sich am syntaktischen Verhalten der entsprechenden OE-Verb-Konstruktionen zeige, zumindest für das Französische und Italienische nicht überzeugend. »Psych-Effekte« lassen sich nicht eindeutig auf einen »nichtkausativen« gegenüber einem »kausativen« Gebrauch dieser Verben beschränken. Vielmehr erscheinen die zweiwertig kausativen OE-Verben dadurch gekennzeichnet, dass ih-

325 rem Subjektaktanten gleichzeitig die Rollen KORRELAT und URSACHE zugewiesen werden. Es käme das Merkmal-Wert-Raster [+c - m ] in Betracht, das jedoch in Reinharts System bereits die Rolle INSTRUMENT charakterisiert. Eine Unterscheidung zwischen der Rolle INSTRUMENT und der KORRELAT-URSACHE ermöglicht nun das Merkmal [r]. Während IN-

STRUMENTE in ihrem Gebrauch im weitesten Sinne eine Zustandsveränderung erfahren können und deshalb hinsichtlich [r] nicht spezifiziert sind, impliziert [-r], dass das KORRELAT keine Zustandsveränderung erfährt. Es ergibt sich somit für die zweiwertigen kausativen OE-Verben (amuser / divertire) ein Merkmal-Wert-Raster ([-c +m +r], [+c - m -r]). 8 Bei den nicht-kausativen transitiven OE-Verben (frapper / colpire) erhält das KORRELAT selbstredend nicht das Merkmal [+c]. Es stellt sich die Frage, ob das KORRELAT dieser Verben in Anlehnung an Reinhart als [±c] charakterisiert werden sollte. In Reinharts System ist es notwendig, das KORRELAT hinsichtlich des Merkmals [c] unterspezifiziert zu lassen, um es von der Rolle THEMA / PATIENS mit dem Raster [ - c ~m] abzugrenzen. In meinem Ansatz leistet dies das Merkmal [r]. Während die Rolle KORRELAT als [-r] gekennzeichnet ist, können die Rollen THEMA [±r] und PATIENS [+r] sowohl gegenüber dem KORRELAT als auch

untereinander abgegrenzt werden. Ich stelle daher das nicht-kausative KORRELAT als [-c - m - r ] dar. Es wird noch zu zeigen sein, dass dieses Merkmal-Wert-Raster auch eine klare Abgrenzung der Rollen BEZUGSPUNKT und KORRELAT ermöglicht.

Die transitiven SE-Verben (aimer / amare) werden in Reinharts System als ([±c +m], [±c -m]) repräsentiert. Ergänzen wir das Merkmal [r], so wäre sein Wert nicht nur für das KORRELAT, sondern auch für den EMPFINDUNGSTRÄGER negativ. Im Gegensatz zu Rozwadowskas Klassifizierung, derzufolge der EMPFINDUNGSTRÄGER grundsätzlich mit [+r] zu markieren wäre, erfährt der EMPFINDUNGSTRÄGER transitiver SE-Verben keine Zustandsveränderung. Ich nehme somit für transitive SE-Verben ein Merkmal-Wert-Raster ([±c +m -r], [-c - m -r]) an. Es stellt sich die Frage, inwieweit sie durch diese Repräsentation von den intransitiven SE-Verben einerseits und den intransitiven OE-Verben andererseits abgegrenzt sind. Wie gezeigt, müssen bei den intransitiven SE-Verben episodisch verhaltensorientierte (jubiler de / giubilare per) und nicht-episodische Verben (tenir a / teuere a) unterschieden werden. Reinharts Repräsentation für worry about ([-c +m], ([-m])) käme allein für die erste Gruppe in Betracht. Dieses Raster würde sich jedoch von der Repräsentation nicht-kausativer transitiver OE-Verben lediglich darin unterscheiden, dass das KORRELAT fakultativ ist.9 Für nicht-episodische Verben wie tenir ä / tenere α ist eine solche Repräsentation schon deshalb inadäquat, weil diese erst durch das obligatorische KORRELAT ihre Gefühlsverbbedeutung erhalten. Ich schlage vor, den EMPFINDUNGSTRÄGER der episodisch-verhaltensorientierten Gruppe durch die Merkmale [±c +m ±r] darzustellen. Das Merkmal-Wert-Paar [±r] verweist darauf, dass das Gefühlsverhalten des EMPFINDUNGSTRÄGERS Folge einer episodischen Zustandsveränderung ist, ohne dass das Verb selbst die Zustandsveränderung bezeichnet. Die Merkmal-Wert-Paare [±c +m] in Kombination mit dem Merkmal-Wert-Paar [±r] verweisen auf die Verhaltenskomponente. Sie gewinnen in dieser

8

Ich gebe hier und im folgenden die Argumente stets in der Reihenfolge: EMPFINDUNGSTRÄGER, an. Die Reihenfolge der Argumente in den Merkmal-Wert-Rastern ist aber im Gegensatz zur Reihenfolge der Argumente in den LS der RRG für die Zuweisung der GSR und damit für das Linking irrelevant. Dies wird bei Reinhart durch die Parenthese ausgedrückt.

KORRELAT, BEZUGSPUNKT

9

326 Konstellation eine andere Interpretation und stehen nicht, wie bei den transitiven SE-Verben für eine stark ausgeprägte Urteilskomponente, sondern fur den Verhaltensbezug. Aufgrund ihrer syntaktischen Intransitivität markiere ich die SE-Verben vom Typ jubiler delgiubilare di als GSR-intransitiv (1GSR) und folge damit den GSR-Zuweisungsregeln der RRG. Intransitive episodisch-verhaltensorientierte SE-Verben können als nicht-prototypische Aktivitäten angesehen werden. Daher gilt nach den Linking-Regeln von Van Valin / LaPolla (1997: 153-156; 355s) fiir diese Verben, dass sie das aktivste Argument den EMPFINDUNGSTRÄGER mit dem Merkmal-Wert-Raster [±c +m - r ] - als Subjekt realisieren. Dem Unterschied zwischen den intransitiven SE-Verb-Konstruktionen mit dem KORRELAT als Zweitaktanten (enrager de) und den Konstruktionen mit dem BEZUGSPUNKT als Zweitaktanten (enrager contre) kann dadurch Rechnung getragen werden, dass im Merkmal-Wert-Raster alternativ eine Rolle mit der Merkmal-Wert-Kombination [ - c ±m - r ] erscheint: (1GSR [±c +m ±r], [ - c - m -r]/[-c ±m -r]). Die Merkmal-Wert-Paare [ - c ±m] stehen für den BEZUGSPUNKT. Reinhart (2001a: 3; 2001b: 4) repräsentiert mit [ - c ±m] „internal roles like goal, benefactor, typically dative (or PP)". Auf einem ähnlichen Aktivitätsgrad wie diese Rollen bewegt sich, wie gezeigt, auch die Rolle BEZUGSPUNKT. Für die nicht-episodische Gruppe der transitiven SE-Verben (tenir ä / tenere a) und für die intransitiven OE-Verben (plaire / piacere) schlage ich dasselbe Merkmal-Wert-Raster wie für die transitiven SE-Verben vor: ([±c +m -r], [ - c - m -r]). Die Linking-Unterschiede folgen aus Prinzipien, die nicht im Merkmal-Wert-Raster selbst repräsentiert werden. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass aus semantisch-syntaktischer Sicht diese drei syntaktischen Klassen grundsätzlich EMPFINDUNGSTRÄGER von gleich hohem Aktivitätsgrad realisieren können. 10 Die leichten Aktivitätskontraste, die korrespondierende transitive und intransitive SE-Verben aufweisen,11 werden nicht formalisiert. Die syntaktisch intransitiven Verben sind als GSR-intransitiv (1GSR) zu markieren. Das Linking der intransitiven OEVerben folgt aus der Linking-Regel von Van Valin / LaPolla (1997: 153-156; 355s) für GSR-intransitive Zustandsverben. Das passivere Argument, hier also das KORRELAT, erhält die GSR und wird als Subjekt realisiert. Selbstredend sind auch die nicht-episodischen intransitiven SE-Verben GSR-intransitiv. Die Realisierung des EMPFINDUNGSTRÄGERS als Subjekt ist bei diesen Verben markiert und muss als eine Folge des Einflusses der Informationsstruktur angesehen werden. Ich schlage für diese Verben folgende Repräsentation vor: (1GSR ToPik[±c + m - r ] , [ - c - m - r ] ) .

Es stellt sich die Frage, ob diese Lösung angemessen ist. Ein Problemfall besteht im Kontrast zwischen importer / importare und tenir ä / tenere a. Warum es bei letzteren zu einer Inversion der Linking-Regel kommt, bei ersteren aber nicht, ist nicht evident: sowohl importer / importare und tenir ä / tenere α sind nicht-episodische Verben. Nichtsdestoweniger kann aus semantisch-syntaktischer Sicht der EMPFINDUNGSTRÄGER von tenir ä / tenere α als geringfügig aktiver angesehen werden. Wenn also der informationsstrukturelle Einfluss, der insbesondere im Französischen ein dativisches (ausschließlich) nicht-episodisches Gefühlsverb äußerst markiert erscheinen lässt, gerade bei importer / importare suspendiert ist (*I7E importe ä qqch. / *importaE a qlco.) und nicht etwa bei tenir ä! tenere a, so

10 Vergleiche die Fig. 16 im Abschnitt 5.4. 11 Vergleiche Abschnitt 6.2.

327 entspricht dies den geringfügigen Unterschieden im Aktivitätsgrad des EMPFINDUNGSTRÄdie im Merkmal-Wert-Raster selbst nicht repräsentiert werden.12 Unter den intransitiven OE-Verben erfordern diejenigen eine andere Repräsentation, die gleichzeitig eine stärker ausgeprägte Urteilskomponente und eine Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS bezeichnen (repugner / ripugnare). Im Italienischen bilden diese Verben, wie gezeigt, die zusammengesetzten Zeiten nicht wie die übrigen intransitiven OEVerben mit essere, sondern mit avere. Ich schlage für diese Gruppe die Repräsentation (1GSR [±c +m +r], [-c - m -r]) vor. Dreiwertige OE-Verben besitzen außer dem EMPFINDUNGSTRÄGER und dem KORRELAT oder BEZUGSPUNKT ein drittes Argument mit der Rolle URSACHE, das ich mit dem Merkmal-Wert-Raster [+c (+m) -r] darstelle. Der Aktivitätsgrad dieses Arguments variiert, je nach dem, ob die URSACHE (wie etwa bei den Verben des Aufhetzens) notwenig agentiv zu interpretieren ist oder aber nicht. Der Variation kann dadurch Rechnung getragen werden, dass das Merkmal-Wert-Paar (+m) in Parenthese erscheint. Linking-relevant ist dieser Unterschied nicht. Es ergibt sich folgende Repräsentation der Argumente in der ReihenfolGERS,

g e URSACHE, EMPFINDUNGSTRÄGER, KORRELAT/BEZUGSPUNKT: ([+C ( + m ) - τ ] , [ - C + m + r ] ,

[—c - m -r]/ /[-c ±m -r]). Eine eigene Untergruppe der dreiwertigen OE-Verben bilden die französischen Verben des Aufbringens, die nicht agentiv interpretiert werden können (indigner qqn. contre qqn.). Bei diesen Verben fallen KORRELAT und URSACHE zusammen, als drittes Argument wird der BEZUGSPUNKT realisiert. Diese Konstellation lässt sich folgendermaßen formalisieren: ([+c - m -r], [-c +m +r], [-c ±m -r]). Die lexikalischen Pseudoreflexiva betrachte ich, wie gezeigt, als semantisch zweiwertig, aber syntaktisch einwertig. Die Argumente KORRELAT oder BEZUGSPUNKT erscheinen im Merkmal-Wert-Raster durchgestrichen: [ - c - m -r] / [ - 0 ±m - r ] . Hinsichtlich des EMPFINDUNGSTRÄGERS können episodische Verben wie se rebeller / ribellarsi von nicht-episodischen wie se mefier / fidarsi unterschieden werden. Der EMPFINDUNGSTRÄGER der ersten Gruppe wird als [±c +m ±r)], der EMPFINDUNGSTRÄGER der zweiten als [±c +m -r] dargestellt. Die geringfügigen Unterschiede im Aktivitätsgrad des EMPFINDUNGSTRÄGERS der episodischen Pseudoreflexiva vom Typ se gener / vergognarsi einerseits und vom Typ se rebeller / ribellarsi andererseits werden nicht formalisiert.13 Für den EMPFINDUNGSTRÄGER der Inchoativa (arrabiarsi) schlage ich die MerkmalWert-Kombination c +m ±r] vor. Unter deskriptiven Gesichtspunkten mag die Repräsentation des EMPFINDUNGSTRÄGERS der Inchoativa als [-c +m ±r] nicht vollauf befriedigen. Inchoativität erscheint eher auf das Merkmal [r] als auf das Merkmal [c] bezogen. Das Merkmal [r] unterscheidet jedoch bereits den EMPFINDUNGSTRÄGER der transitiven OEVerben [+r], den EMPFINDUNGSTRÄGER der episodisch-verhaltensorientierten intransitiven SE-Verben [±r] und den EMPFINDUNGSTRÄGER der transitiven SE-Verben, der intransitiven OE-Verben (ausgenommen die Gruppe ripugnare) und der nicht-episodischen intransitiven SE-Verben [—r]. Die Zwischenstellung des EMPFINDUNGSTRÄGERS der Inchoativa zwischen dem EMPFINDUNGSTRÄGER der transitiven OE-Verben [+r] und dem EMPFINDUNGSTRÄGER

12

Es kommt hinzu, dass die Gefühlsverben importer / importare, und tenir ä / tenere α ihr LinkingVerhalten an den Linking-Regeln ihrer Varianten orientieren, die keine Gefühle bezeichnen.

13

Ich habe diese Unterschiede bei der Diskussion der entsprechenden grammatischen Pseudoreflexiva in Abschnitt 5.1.4.1.2.3 (Fig.l 1) dargestellt. Sie sind an und für sich nicht linking-relevant.

328 der episodisch-verhaltensorientierten SE-Verben [±r] kann somit durch einen Wert des Merkmals [r] nicht wiedergegeben werden. Dass hier auf das Merkmal [c] zurückgegriffen wird, mag dadurch zu rechtfertigen sein, dass bei den inchoativen Verben die Kontrolle des EMPFINDUNGSTRÄGERS schwächer ausgeprägt ist, als bei den übrigen Verben des Gefuhlsverhaltens. Wie dem auch sei, die Formalisierung ersetzt nicht die detaillierte Beschreibung der semantischen Gegebenheiten, die ich in Kapitel 5 vorgenommen habe. Einige Ergebnisse mögen nicht vollauf befriedigend formalisierbar sein. Dies kann jedoch insofern hingenommen werden, als das Ziel der Formalisierung primär darin besteht, die Formulierung von Linking-Algorithmen zu ermöglichen. Bei den einwertigen Gefuhlsverben sind, wie gezeigt, inchoative Verben von solchen Verben zu unterscheiden, die semantisch einer Zustandspassivkonstruktion ähneln. Der EMPFINDUNGSTRÄGER der ersten Gruppe erhält dieselbe Merkmal-Wert-Kombination, wie derjenige der pseudoreflexiven Inchoativa: [ - c +m ±r]. Der EMPFINDUNGSTRÄGER der zweiten Gruppe wird genauso wie der EMPFINDUNGSTRÄGER der transitiven OE-Verben dargestellt: [ - c +m +r]. Bei den wenigen dreiwertigen SE-Verben besteht ein Unterschied hinsichtlich des EMPFINDUNGSTRÄGERS zwischen den nicht-episodischen Verben craindre / temere und envier / invidiare einerseits sowie der episodisch-verhaltensorientierten französischen Wendung en vouloir ä qqn. de. Der EMPFINDUNGSTRÄGER der nichtepisodischen Verben kann als [±c +m - r ] formalisiert werden, der EMPFINDUNGSTRÄGER von en vouloir als [±c +m ±r]. Dieses Verb ist auch als GSR-intransitiv zu markieren. Es ergeben sich somit folgende Merkmal-Wert-Raster für die Argumente in der Reihenfolge EMPFINDUNGSTRÄGER, KORRELAT, BEZUGSPUNKT: ([±C + m —r], [~C ~ m —r], [~C ± m - r ] )

bzw. (1 GSR [±c +m ±r], [±c - m -r], [-c ±m -r]). Die Fig. 3 zeigt die Merkmal-Wert-Raster fur die einzelnen Klassen im Überblick. Um die Lesbarkeit der Raster zu erhöhen, markiere ich die semantischen Rollen der Argumente mithilfe der Indices Ε = EMPFINDUNGSTRÄGER, Κ = KORRELAT, U = URSACHE und Β = BEZUGSPUNKT:

Für den EMPFINDUNGSTRÄGER können fünf verschiedene Merkmal-Wert-Kombinationen abgegrenzt werden. Das definitorische Merkmal-Wert-Paar ist [+m]. Die Variationen im Aktivitätsgrad können durch die Merkmal-Wert-Paare [±c], [-c], [+r], [±r] und [~r] ausgedrückt werden. Der Aktivitätsgrad des EMPFINDUNGSTRÄGERS steigt von 1 bis 5, wobei die EMPFINDUNGSTRÄGER der intransitiven OE-Verben vom Typ repugner / ripugnare und der syntaktisch einwertigen Inchoativa (beides marginale Gruppen) bei einer unterschiedlichen Merkmalskombination den gleichen Aktivitätsgrad aufweist (Fig. 4).

329 1

Zweiwertige transitive OE-Verben (kausativ): amuser, deranger / divertire, offendere

([-c +m +r]E, [+c - m -r] K + u )

2

Zweiwertig transitive OE-Verben (nicht-kausativ): frapper, indigner / colpire, indignare

([-c +m +r]E, [—c - m -r] K )

3

Zweiwertige transitive SE-Verben: aimer / amare

([±c +m -r] E , [—c - m -r] K )

4

Zweiwertige intransitive SE-Verben (episodischverhaltensorientiert): enrager de, contre / giubilare di, inferocire contro

(1 GSR [±c +m ±r]E, [ - c - m -r]K/[-c±m-r]B)

5

Zweiwertige intransitive SE-Verben (nicht-episodisch): tenir ä, craindre pour / tenere a, fernere per

(1 GSR Topik[±c +m -r] E , [-c-m-r]K/[-c±m-r]B)

6

Intransitive OE-Verben: plaire / piacere

(1GSR [±c +m -r] E , [ - c - m -r] K )

Intransitive OE-Verben (Zustandsveränderung des EMPrepugner / ripugnare

(1GSR [±c +m+r] E , [ - c - m -r] K )

8

Dreiwertige OE-Verben (agentiv-kausativ): interesser qqn. ä qqch., soulever qqn. contre qqn. / interessare qlcu. a qlco.y sollevare qlcu. contro qlcu.

([+c ±m -r] u , [—c +m +r]E, [-c - m -r] K / [-c ±m -r] B )

9

Dreiwertige OE-Verben (nicht-agentiv): indigner qqn. contre qqn.

([+c - m -r] K + u ,[-c +m +r]E, [-c ±m -r] B )

7

FINDUNGSTRÄGERS):

10 Pseudoreflexiva (episodisch): se gener de, se rebeller contre / vergognarsi di, ribellarsi a

([±c +m ±r)]E, [-0 - m -r] K / [-0 ±m-r] B )

11 Pseudoreflexiva (nicht-episodisch): se mefier de /fidarsi ([±c +m -r)] E , f - e — F } K ) di 12 Pseudoreflexiva (inchoativ): arrabbiarsi di, con

([-c +m ±r)]E, [-ο - m -r] K / [-0 t m -r] B )

13 Einwertige Verben (inchoativ): paniquer / impaurire

([-c+m±r] E )

14 Einwertige Verben (nicht-inchoativ): deprimer / stupire

([-c +m +r]E)

15 Dreiwertige SE-Verben (nicht-episodisch): envier / invidiare

([±c +m -r] E , [-c - m -r] K , [ - c ±m -r] B )

16 Dreiwertige SE-Verben (episodischverhaltensorientiert): en vouloir ä qqn. de

(1 GSR [±c +m ±r]E, [ - c - m -r] K , [ - c ±m - r ] B )

Fig. 3: Klassen französischer und italienischer Gefühlsverben

330 1 [—c +m +r]

zustandsverändert, schwache Urteilskomponente (amuser, indigner / divertire, indignare)

2 [±c+m+r]

zustandsverändert, stärkere Urteilskomponente (repugner / ripugnare)

3 [-c +m ±r]

Zustandsveränderungsbezug (inchoativ), Verhaltenskomponente (paniquer / arrabiarsi)

4 [±c+m±r]

Verhaltenskomponente (enrager de, contre, se rebeller / giubilare di, inferocire contro, ribellarsi)

5 [±c+m-r]

stärkere Urteilskomponente (plaire, aimer, tenir ä / piacere, amare, tenere a)

Fig. 4: Aktivitätsskalades EMPFINDUNGSTRÄGERS

Für das KORRELAT sind zwei Merkmal-Wert-Paare defmitorisch [ - m -r]. Durch die Kombination mit den Merkmal-Wert-Paaren [~c] und [+c] ergeben sich zwei verschiedene Merkmal-Wert-Raster. Der Aktivitätsgrad des KORRELATS ist höher, wenn es als URSACHE konzipiert ist (Fig. 5).

1 [—c - m -r]

KORRELAT

2 [+c - m -r]

KORRELAT-URSACHE

Fig. 5 : Aktivitätsskala des

KORRELATS

Im Bezug auf die fünf Zonen, die ich in Abschnitt 5.4 für die unterschiedlichen Aktivitätsgrade des EMPFINDUNGSTRÄGERS in zweiwertigen Konstruktionen abgegrenzt habe, ergibt sich folgendes Bild:

1

2

3

(Agentinkausatives KOR-

Zustandveränderung des

Subjektive UrVerhaltenskomteilskomponente ponente beim im Vordergrund E M P F I N D U N G S -

RELAT

EMPFINDUNGSTRAGERS

[—c +m +r], [+c - m -r]

[-c +m +r], [-c - m -r]

4

TRÄGER

5 Nichtepisodisches Entstehen des subjektiven Urteils

[±c +m —r],

[±c +m ±r],

[±c +m -r],

[-c - m -r]

[—c - m -r]

[-c - m -r]

Fig. 6: Rollenkonstellation bei zweiwertigen französischen und italienischen Gefuhlsverben Die Aktivitätssteigerung zwischen den EMPFINDUNGSTRÄGERN der ersten und zweiten Zone wird nicht im Merkmal-Wert-Raster des EMPFINDUNGSTRÄGERS selbst, sondern indirekt durch das KORRELAT repräsentiert. Das KORRELAT ist in Zone 1 kausativ [+c] konzipiert, in Zone 2 dagegen nicht-kausativ [-c]. Dadurch ist der Aktivitätskontrast zwischen den Argumenten in der ersten Zone größer. Die Merkmal-Wert-Kombination [±c +m +r] erscheint

331 nicht. Sie entspricht dem EMPFINDUNGSTRÄGER der intransitiven OE-Verben vom Typ re-

pugner / ripugnare, der eine Zwischenstellung zwischen der zweiten und dritten Zone einnimmt. Die Aktivitätssteigerung zwischen den EMPFINDUNGSTRÄGERN der Zonen 3 und 5 wird

nicht dargestellt, da sie an und fur sich nicht linking-relevant ist. Im Französischen können transitive SE-Verben (aimer, adorer) auch in der dritten Zone gebraucht werden, im Italienischen intransitive OE-Verben (piacere) in der fünften. Im Französischen ist dies zwar nicht bei plaire, wohl aber bei importer und manquer möglich. Auf der Grundlage der Merkmal-Wert-Raster können nun GSR-Zuweisungsregeln formuliert werden. Es gilt: •

[c] ist ein starkes Agens-Merkmal



[m] ist ein schwaches Agens-Merkmal



[r] ist ein Patiens-Merkmal

Für ein Aktivitätskalkül weise ich den Werten +, - und ± dieser Merkmale folgende Zahlenwerte zu: +c

±c

-c

+m

±m

-m

-r

±

+r

4

2

0

2

1

0

0

-2

-4

Fig. 7: Zahlenwerte der Merkmal-Wert-Paare

Mithilfe der Zahlenwerte lässt sich errechnen, welches Argument welche GSR erhält. Dabei gelten folgende Regeln:14 I.

Bei einem GSR-transitiven Verb erhält das Argument mit dem höchsten Zahlenwert die aktivere GSR (GSRa), das Argument mit dem niedrigsten Zahlenwert die passivere GSR (GSRp). Weitere Argumente erhalten keine GSR.

II.

a. Das Argument mit dem höchsten Zahlenwert eines GSR-intransitiven Aktivitätsverbs erhält die GSRa. b. Das Argument mit dem niedrigsten Zahlenwert eines GSR-intransitiven Zustandsverbs erhält die GSRp.

III.

Informationsstruktur-Regel: Ein als »Topik« markiertes Argument erhält die GSRa.

Die Funktionsweise dieser Regeln lässt sich folgendermaßen illustrieren:

14



Der prototypische Vertreter der GSRa besitzt die Merkmal-Wert-Kombination [+c, +m, - r ] und somit den maximalen Aktivitätswert 6.



Der prototypische Vertreter der GSRp besitzt die Merkmal-Wert-Kombination [-c, - m , +r] und somit den minimalen Aktivitätswert - 4 .

Dieses Kalkül ist an die Makrorollen-Zuweisungsregeln der RRG (cf. Van Valin / LaPolla 1997: 153) angelehnt. Diese operieren jedoch mit der Actor-Undergoer-Hierarchie (cf. ibd.: 146), die sich für die Formalisierung der Ergebnisse dieser Arbeit als zu unflexibel erwiesen hat.

332 •

Bei einem dreiwertigen Verb wie geben mit dem Merkmal-Wert-Raster ([+c +m -r]AGENS, - m ± Γ]ΤΗΕΜΑ, [-c +m -r]REZIPIENT) ergeben sich FTIR die drei Rollen die Zahlenwerte (6, -2, 2). Das AGENS erhält die aktivere GSR, das THEMA die passivere. [—c

In der Fig. 8 ist illustriert, wie sich den semantischen Rollen der verschiedenen Klassen zwei- lind dreiwertiger französischer und italienischer Gefuhlsverben mit diesem Kalkül GSR zuordnen lassen. Was die GSR-intransitiven Verben betrifft, ist jedoch vorab zu spezifizieren, dass Gefuhlsverben mit einem Argument [±c +m ±r] Aktivitäten sind, Gefuhlsverben mit einem Argument [±c +m - r ] Zustände.

1

Zweiwertige transitive OE-Verben (kausativ): amuser, deranger / divertire, offendere

([-c +m +r]E = - 2 => GSRp, [+c - m -r] K+u = 4 => GSRa)

2

Zweiwertig transitive OE-Verben (nicht-kausativ): frapper, indigner / colpire, indignare)

([-c +m +r]E = - 2 => GSRp, [—c - m -r] K = 0 => GSRa)

3

Zweiwertige transitive SE-Verben: aimer / amare

([±c +m -r] E = 4 => GSRa, [-c - m -r] K = 0 => GSRp)

4

Zweiwertige intransitive SE-Verben (episodischverhaltensorientiert): enrager de, contre / giubilare di, inferocire contro

(1 GSR [±c +m ±r]E = 2 => GSRa,[-c - m -r] K = 0 / [-c ±m -r] B = 1)

5

Zweiwertige intransitive SE-Verben (nicht-episodisch): tenir ä, craindre pour / tenere a, temere per

(1 GSR Top>k[±c +m -r] E = 4 => GSRa, [-c - m -r] K = 0 / [ - c ± m - r ] B = 1)

6

Intransitive OE-Verben: plaire / piacere

(1GSR [±c +m -r] E = 4, [—c - m -r] K = 0 => GSRp)

Intransitive OE-Verben (Zustandsveränderung des EMPrepugner / ripugnare

(1GSR [±c +m +r]E = 0 => ?, [-c - m -r] K = 0 => ?)

8

Dreiwertige OE-Verben (agentiv-kausativ): interesser qqn. ä qqch., soulever qqn. contre qqn. / interessare qlcu. a qlco., sollevare qlcu. contro qlcu.

([+c ±m -r] u = 5 => GSRa, [—c +m +r]E = - 2 => GSRp, [-c - m -r] K = 0 / [-c ±m -r] B = 1)

9

Dreiwertige OE-Verben (nicht-agentiv): indigner qqn. contre qqn.

([+c - m -r] K+u = 4 => GSRa, [-c +m +r]E = - 2 => GSRp, [-c ±m -r] B = 1)

7

FINDUNGSTRÄGERS):

10 Dreiwertige SE-Verben (nicht-episodisch): envier / invidiare

([±c +m -r] E = 4 => GSRa, [-c - m -r] K = 0 => GSRp, [ - c ± m - r ] B = 1)

11 Dreiwertige SE-Verben (episodischverhaltensorientiert): en vouloir ά qqn. de

(1 GSR [±c +m ±r]E =2 = GSRa, [-c - m - r ] 1 ^ 0, [-c ±m - r ] B = 1)

Fig. 8: GSR-Zuweisung bei zwei- und dreiwertigen französischen und italienischen Gefuhlsverben

333

Die beiden Rollen der intransitiven OE-Verben, die eine Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS implizieren (repugner, ripugnare), erhalten jeweils den Aktivitätswert 0. Dieses »Patt« ist nicht überraschend. Der EMPFINDUNGSTRÄGER dieser Verben nimmt zwischen dem passiveren EMPFINDUNGSTRÄGER der transitiven OE-Verben und dem aktiveren der intransitiven OE-Verben vom Typ plaire / piacere eine Zwischenstellung ein. Das passive Moment der Zustandsveränderung ist durch eine stärker ausgeprägte Urteilskomponente kompensiert. Im Italienischen zeigt sich dies in einem »paradoxen« syntaktischen Verhalten: die Kasuszuweisung entspricht der piacere-Klasse, die Hilfsverbselektion dagegen der A'verft're-Klasse. Um die linking-relevante Zuweisung einer GSR zu ermöglichen, ist eine Zusatzregel erforderlich. IV.

Patt-Regel: Erhalten zwei Argumente denselben Aktivitätswert, sind die Aktivitätswerte ohne Berücksichtung des Merkmals [r] neu zu berechnen.

Nach dieser Regel ergibt sich für die ripugnare-Klasse: (1GSR [±c +m +f]E = 4, [—c - m -f] K = 0 => GSRp). Auf der Grundlage der GSR-Zuweisung können nun für das Französische und Italienische folgende semantisch-syntaktische Linking-Regeln formuliert werden: A.

Besitzt ein Verb zwei GSR, so erhält die GSRa die Funktion des Subjekts (den Nominativ), die GSRp die Funktion des direkten Objekts (den Akkusativ).

B.

Besitzt ein Verb eine GSR, so erhält diese die Funktion des Subjekts (den Nominativ).

C.

Nicht-GSR-Argumente werden in niederrangigeren Kasus (Dativ, Obliquus) realisiert. Ein Nicht-GSR-Argument mit dem Merkmal-Wert-Paar [+m] erhält den Dativ. 15

Allgemeine Regeln für die Realisierung des KORRELATS oder des BEZUGSPUNKTS, sofern diese Nicht-GSR-Argumente darstellen, können nicht gegeben werden. So wird der BEZUGSPUNKT im Französischen zwar bei den Verben des Ärgerns mit contre realisiert, bei anderen Gefühlsverben erscheinen jedoch auch die Präpositionen ä, avec, de und pour. Im Italienischen variieren a, con, contro, di, da und per. In den dreiwertigen Konstruktionen realisieren französisch envier und en vouloir sowie italienisch invidiare den BEZUGSPUNKT im Dativ. Das KORRELAT als Nicht-GSR-Argument erscheint im Französischen mit ä, de, pour und sur, im Italienischen mit a, di, da, in, per und su. Welche Präpositionen im einzelnen gewählt werden, muss in den lexikalischen Einträgen spezifiziert werden. Ich beschränke mich an dieser Stelle auf eine Formalisierung der semantischen Rollen mithilfe der skizzierten Merkmal-Wert-Raster, da ich weder dem Formalismus einer bestimmten Theorie folge, noch den Anspruch erhebe, eine eigene formalisierte Theorie zu entwerfen. Sollen die Ergebnisse linguistischer Forschung vermittelbar und ggf. für Anwendungszwecke nützlich sein, erscheint es wenig sinnvoll, in jeder Arbeit aufs Neue komplexe Formalismen zu entwickeln. Merkmal-Wert-Raster werden vor allem in den unifikationsgrammatischen Ansätzen wie LFG und HPSG verwendet, sind aber auch generativistischen Ansätzen nicht fremd.16 Der Formalismus zur Darstellung der semantischen 15

16

Ich formuliere diese Regel erst einmal weit. Sie ist ggf. bei Berücksichtigung von Verben anderer semantischer Felder einzuschränken. Einen Überblick geben Abeille (1993), Van Valin (2001: 172-225), Seelbach (2001) und speziell zur HPSG Klenk (2001).

334 Rollen könnte leicht in diese Theorien übernommen werden. Was die RRG betrifft, an deren Linking-Regeln ich mich hier weitgehend orientiert habe, so wäre allerdings eine grundsätzliche Revision der Darstellung des Aktivitätskontrastes zwischen den semantischen Rollen, d. h. der Actor-Undergoer-Hierarchie, erforderlich. Ich verzichte an dieser Stelle auf eine Formalisierung der grammatischen Pseudoreflexivität. Formalismen zur Beschreibung diathetischer Relationen sind hochrangig theoriespezifisch. Sie können, wie Abeille (1993) und Van Valin (2001: 172-225) zeigen, als Leitbeispiel dienen, will man die unterschiedlichen Formalismen der einzelnen Theorien vergleichen. Meine Überlegungen zu den grammatisch pseudoreflexiven Konstruktionen transitiver OE-Verben wären von daher je nach theoretischem Ansatz in unterschiedlicher Weise aufzugreifen.

8 Fazit und Perspektiven

Gefühlsverben haben aufgrund ihres heterogenen Linking-Verhaltens die internationale linguistische Diskussion in den letzten gut 15 Jahren beschäftigt, insofern sie die Annahme einer regelgeleiteten Entsprechung zwischen der syntaktischen und semantischen Ebene der Satzstruktur in Frage stellten. Die Lösungsansätze von Belletti / Rizzi (1988), Grimshaw (1990) und Pesetsky (1995), an denen sich die internationale Diskussion vor allem orientiert hat, haben sich, wie gezeigt, nicht nur unter theoretischen Gesichtspunkten als problematisch erwiesen. Es mangelt ihnen auch und vor allem an einer hinreichenden empirischen Fundienmg. In der vorliegenden Arbeit habe ich durch die Untersuchung von umfangreichem durch Text-Korpora belegtem und durch die Befragung muttersprachlicher Sprecher gesichertem Material nachgewiesen, dass das Argumenten-Linking französischer und italienischer Gefühlsverben grundsätzlich regelgeleitet ist. Hierzu bildete ein fiinktionalistischer Ansatz die Grundlage, demzufolge, wie in Kapitel 1 erörtert, syntaktische Phänomene als semantisch und pragmatisch motiviert erachtet werden: Das unterschiedliche Linking-Verhalten von Gefuhlsverben sollte durch ihre rollensemantischen, zeitkonstitutionellen und informationsstrukturellen Eigenschaften und nicht allein, wie dies etwa in der generativistischen Tradition geschieht, aufgrund ihrer syntaktischen Eigenschaften (»Inakkusativität«) erklärt werden. In Kapitel 2 ging es darum, die theoretischen und methodischen Grundlagen der Untersuchung zu umreißen: Linking-Phänomene werden zumeist onomasiologisch, ausgehend von den Sachverhalten und ihrer übereinzelsprachlichen Konzeptualisierung, betrachtet, seltener semasiologisch, ausgehend vom syntaktischen Verhalten einzelsprachlicher Lexeme. Die in der Literatur wenig berücksichtigte Ebene der einzelsprachlichen Bedeutung fungiert als eine vermittelnde Instanz zwischen der einzelsprachlichen Syntax und der übereinzelsprachlichen Konzeptualisierung. Im Bereich des Argumenten-Linkings kommt ihr in der Tat eine untergeordnete Stellung zu. Ich habe gezeigt, dass onomasiologisches und semasiologisches Vorgehen in der vorliegenden Arbeit ineinander greifen müssen. Der Phänomenbereich »Gefühl« ist onomasiologisch gegenüber anderen Phänomenbereichen abzugrenzen. Da dieser Bereich jedoch als ein zentraler und komplexer Bestandteil menschlicher Praxis den Gebrauch von Sprache impliziert, können die Möglichkeiten seiner Ausgestaltung allein durch die Untersuchimg einzelsprachlicher Lexeme erfasst werden. Dass diese Ausgestaltung primär durch Verben erfolgt, rechtfertigte semasiologisch die NichtBerücksichtigung gefühlsbezeichnender Adjektive und Substantive. Eine phänomenologischen Abgrenzung von »Gefühl« als einer Szene und der Bestimmung der an dieser Szene beteiligten Partizipanten, wie ich sie im Kapitel 3 der vorliegenden Arbeit vorgenommen habe, ist bislang in der linguistischen Forschung nicht geleistet worden. Eine ausführliche Diskussion auch der philosophischen und psychologischen Forschung erwies sich dabei als unumgänglich, da die semantischen Rollen, die in der linguistischen Fachliteratur gemeinhin Gefühlsverben zugeschrieben werden, in hohem Maße unbestimmt geblieben sind. Nur oberflächlich betrachtet besteht weitestgehend Konsens, dass der Person, die ein Gefühl hat, die Rolle EXPERIENCER zukommt. Was genau unter einem EXPERIENCER verstanden werden muss, ist bislang ungeklärt geblieben, zumal diese Rolle

336 nicht auf Gefühlsverben beschränkt ist. Zahl und Art weiterer Partizipantenrollen variieren in der Fachliteratur erheblich. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass an einer Gefühlsszene konstitutiv die Partizipanten EMPFINDUNGSTRÄGER und KORRELAT beteiligt sind. Der EMPFINDUNGSTRÄGER hat sich als ein EXPERIENCER von mittlerem Aktivitätsgrad erwiesen, der sich sowohl vom EXPERIENCER der Verben des Denkens oder Vorstellens als auch von demjenigen der Verben, die reine Körperempfmdungen bezeichnen, unterscheidet. Das KORRELAT wurde als der Sachverhalt, der von EMPFINDUNGSTRÄGER

subjektiv beurteilt wird, bestimmt. Als weitere fakultative Partizipanten habe ich die URSACHE des Gefühls und den BEZUGSPUNKT, über den das KORRELAT aufgefunden werden kann, abgegrenzt und gezeigt, dass diese Rollen mit dem KORRELAT referenz(teil)identisch sein können. Die bei Pesetsky (1995) lediglich angedeuteten Unterschiede zwischen den R o l l e n CAUSER (-URSACHE), TARGET (-KORRELAT) u n d SUBJECT-MATTER (-BEZUGSPUNKT)

konnten somit auf der Grundlage der philosophischen Diskussion präzisiert werden. Ferner ließ sich zeigen, dass je nach Rollenkonstellation die Partizipanten einen unterschiedlichen linking-relevanten Aktivitätsgrad besitzen, der mithilfe generalisierter semantischer Rollen (GSR) als einer Synthese der Protorollen in der Tradition Dowtys (1991) und der Makrorollen der Role-and-Reference-Grammar (Foley / Van Valin 1984; Van Valin / LaPolla 1997) gefasst werden kann. Die Rolle EMPFINDUNGSTRÄGER, mit einem an und für sich mittleren Aktivitätsgrad, erhält je nach Konstellation eine eher aktive oder eine eher passive Interpretation. In Kapitel 4 erfolgte die Inventarisierung des zu untersuchenden Verbkorpus nach syntaktischen Kriterien. Dabei konnte ich nachweisen, dass eine weitaus größere syntaktische Vielfalt besteht, als in der Literatur gemeinhin angenommen. Einwertige und dreiwertige Verben sowie intransitive SE-Verben und Pseudoreflexiva werden zwar in einzelnen Studien erwähnt, sind bisher aber weder systematisch erfasst, noch unter Linking-Gesichtspunkten untersucht worden. Mit den Arbeiten von Gross (1975) und Mathieu (2000) lagen lediglich für das Französische umfangreichere Sammlungen transitive OE-Verben vor. Was die anderen Klassen zweiwertiger Gefühlsverben betrifft, fehlte eine systematische Inventarisierung, nimmt man einmal für das Englische die Arbeit von Levin (1993) aus. In der vorliegenden Arbeit habe ich sämtliche syntaktische Klassen berücksichtigt und die ihnen zugehörigen französischen und italienischen Gefiihlsverben aufgeführt. Allein bei der umfangreichen Klasse der transitiven zweiwertigen OE-Verben habe ich mich in Kapitel 4 auf diejenigen beschränkt, die unter die 5000 häufigsten Lexeme der jeweiligen Sprache fallen. Eine Vielzahl weiterer Verben dieser Klasse findet sich aber im Kapitel 5 beschrieben. Unter theoretischen Gesichtspunkten ist der Nachweis einer Klasse dreiwertiger OE-Verben von besonderem Interesse, widerlegt er doch Pesetskys Target / Subject-Matter Restriction, die in der Literatur weitgehend akzeptiert worden ist. Bei den intransitiven zweiwertigen SE-Verben und den dreiwertigen Verben war ferner eine genauere Bestimmung des Aktantenstatus des präpositionalen Komplements, der in der Literatur umstritten ist, zu leisten. In Kapitel 5 habe ich mich einzelnen Gefühlsszenen zugewandt und mich gefragt, inwieweit ihre Konzeptualisierung die syntaktischen Unterschiede der sie bezeichnenden Verben erklärt. Die Unterscheidung von episodischen und nicht-episodischen Gefühlen, die ich im Anschluss an Nissenbaum (1985) entwickelt habe, erwies sich dabei für die Erklärung der Linking-Unterschiede als zentral. Der erste Teil des Kapitels 5 war der Untersuchung des negativen Gefühls »Ärger« gewidmet. Lakoffs / Kövecses' (1987a; 1987b) Beschreibung der Gefühlsszene »Ärger« als ein Szenario wurde präzisiert und ergänzt: «Ärger» ist ein in

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seiner Entstehung situationsgebunden-episodisches Gefühl, das jedoch über die Situation seiner Entstehung hinaus andauern kann. Die Versprachlichung des Szenarios durch Gefühlsverben, die bei Lakoff / Kövecses nicht systematisch untersucht worden ist, setzt an drei verschiedenen Stadien an: der Ärger auslösenden Beeinträchtigung (Störung oder Kränkung), der Ärgerempfindung selbst und dem Ärgerverhalten, das aus der Ärgerempfindung entsteht. Die transitiven OE-Verben des Störens und Kränkens bezeichnen primär die vom EMPFINDUNGSTRÄGER nicht verantwortete Beeinträchtigung und sekundär die Ärgerempfindung. Sie erlauben ein agentives KORRELAT. Es konnte gezeigt werden, dass die Entstehung des Ärgers analog einer Kausalrelation konzipiert ist, was die Linking-Eigenschaften dieser Verben erklärt. Das Linking-Verhalten der Verben des Störens und Kränkens bot Anlass dafür, einige grundsätzliche theoretische Fragen zu klären. Es erwies sich als nötig, sich differenziert mit dem sprachwissenschaftlichen Kausativitätsbegriff auseinander zu setzen, der in den Studien, die, dem Ansatz von Grimshaw (1990) folgend, pauschal transitive OEVerben als kausativ beschreiben, weitgehend ungeklärt geblieben ist. Ich habe im Anschluss an Primus (1999a; 1999b) argumentiert, dass die Möglichkeit eines agentiven Gebrauchs ein hinreichendes Kriterium für die Kausativität eines OE-Verbs ist. Entgegen der in jüngerer Zeit von Arad (1996), Pylkkänen (2000) und Landau (2002) vertretenen Auffassung ist es, zumindest für das Französische und Italienische, nicht erforderlich unter Linking-Gesichtspunkten zwischen dem agentiven und nicht-agentiven Gebrauch transitiver OE-Verben zu unterscheiden. Auch der nicht-agentive Gebrauch ist kausativ, Unterschiede in der Kasuszuweisung, etwa das Vorliegen eines inhärenten Akkusativs im Falle der nicht-agentiven Konstruktionen, sind nicht nachweisbar. Was die zeitkonstitutionellen Eigenschaften transitiver OE-Verben betrifft, habe ich in einer Linie mit Vermandere (2002) dafür argumentiert, den EMPFINDUNGSTRÄGER als zustandsverändert anzusehen. Dies lässt sich jedoch nicht mithilfe der einschlägigen Aktionsartentests nachweisen, sondern folgt aus einer semantischen Analyse des episodischen Charakters dieser Verben. Nicht alle Verben des Störens und Kränkens sind kausativ. Das Italienische verfügt über eine alternative Gestaltung. Es konnte gezeigt werden, dass die dativische Konstruktion einiger italienischer Verben des Störens eine nur subjektiv empfundene Störung bezeichnet. Die Urteilskomponente des EMPFINDUNGSTRÄGERS erscheint stärker ausgeprägt. Die zeitkonstitutionelle Analyse der Verben des Störens und Kränkens, die sowohl eine punktuelle Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS als auch den daraus resultierenden Gefühlszustand mit seinen physiologischen Effekten bezeichnen, ließ sich auf die Verben, die im Rahmen des Ärgerszenarios primär auf die Ärgerempfindung und sekundär auf die Beeinträchtigung des EMPFINDUNGSTRÄGERS verweisen, übertragen; ebenso auf die Verben der Empörung, als einer Untergruppe der Verben, die primär auf das Ärgerverhalten und sekundär auf die Beeinträchtigung und die Ärgerempfindung bezogen sind. Während erstere jedoch mehrheitlich ein agentives KORRELAT erlauben und daher ebenfalls analog einer Kausalrelation konzipiert erscheinen, ist dies bei letzteren nicht der Fall. Es konnte nachgewiesen werden, dass die auf das Ärgerverhalten bezogenen zweiwertigen transitiven OE-Verben nicht als Kausalrelationen konzipiert sind. Bislang ist in der theoretischen Literatur nur vereinzelt, etwa bei Primus (1999a; 1999b), die allerdings keine Verben des Ärgerns berücksichtigt, auf die Existenz einer Gruppe nicht-kausativer transitiver OEVerben hingewiesen worden. Das Linking-Verhalten dieser Verben erklärt sich allein aufgrund der Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS.

338 Die unterschiedlichen Linking-Eigenschaften der Verben des Ärgerverhaltens sind in der Forschung bislang nicht untersucht worden. Die zweiwertigen Verben des Empörens ausgenommen, führt der Bezug auf das Ärgerverhalten dazu, dass der EMPFINDUNGSTRÄGER aktiver konzipiert wird und als Subjekt erscheint. Wird das Ärgerverhalten, wie bei den dreiwertigen Verben des Aufbringens und Aufhetzens allerdings als verursacht dargestellt, erscheint er als Akkusativ-Objekt. Es konnte gezeigt werden, dass das Französische im Gegensatz zum Italienischen dreiwertige Verben des Aufbringens besitzt, die nicht gleichzeitig agentiv-kausativ als Verben des Aufhetzens verwendet werden können. Der Status der pseudoreflexiven Konstruktionen transitiver OE-Verben ist in der Literatur umstritten. Am Beispiel der Verben des Ärgerns habe ich gezeigt, dass Pseudoreflexiva als syntaktisch valenzreduzierende diabetische Konstruktionen begriffen werden können. Sie erscheinen, so habe ich die Arbeiten von Cresti (1990) und Masullo (1992) aufgreifend argumentiert, als eine Art Antipassivkonstruktion. Grammatische Pseudoreflexiva setzen eine transitive OE-Konstruktion voraus. Ob ein transitives OE-Verb aber eine pseudoreflexive Konstruktion erlaubt, ist nicht durch semantische Faktoren bedingt. Pseudoreflexiva ohne entsprechende transitive OE-Konstruktion sind als lexikalische Deponentia anzusehen. Die detaillierte semantische Beschreibung der Verben des Ärgerns, die auch partielle Unterschiede zwischen dem Französischen und Italienischen in der Konzeptualisierung des Phänomenbereiches zu Tage förderte, könnte in stärker anwendungsorientierten Arbeiten im Bereich der Übersetzungswissenschaft nutzbar gemacht werden. Im zweiten Teil des Kapitels 5 ging es um »Gefallen« als ein positives Gefühl. Ausgehend von Kochs (2001) Unterscheidimg zwischen partikularisierendem und generalisierendem Gefallen, die der grundsätzlichen Trennung episodischer und nicht-episodischer Gefühle gleichgeordnet werden kann, erschien es notwendig, einen Bereich des Gefallens am Angenehmen und Guten (Gefallen im weiteren Sinne) und einen Bereich des Gefallens am Schönen (Gefallen im engeren Sinne) abzugrenzen. Die Verben, die auf das Angenehme bezogen sind, unterscheiden sich in ihrem Linking-Verhalten nicht wesentlich von den Verben des Ärgerns. Das Gefallen am Guten ist dagegen ein nicht-episodisches Gefühl, das weder notwendig situationsgebunden entsteht, noch eine Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS impliziert. Die subjektive Beurteilung des KORRELATS durch den EMPFIN-

DUNGSTRÄGER erfolgt situationsübergreifend. Der EMPFINDUNGSTRÄGER erscheint aktiver, er ist unmarkiert als Topik zu realisieren. Syntaktisch wird dies durch SE-Konstruktionen ermöglicht. Es finden sich jedoch auch intransitive OE-Konstruktionen in einer Satzgliedstellung, bei der das KORRELAT als Fokus, der EMPFINDUNGSTRÄGER aber als Topik realisiert wird. Im Französischen ist eine solche Satzgliedstellung nur in markierten syntaktischen Konstruktionen möglich. Gefallen im engeren Sinne kann episodisch (spontane Geschmacksurteile) oder nichtepisodisch (allgemeine Vorlieben) sein. Der EMPFINDUNGSTRÄGER erfahrt auch bei spontanen Geschmacksurteilen keine Zustandsveränderung. Episodisches Gefallen wird in der Regel durch intransitive OE-Verben ausgedrückt. Das Fehlen einer Zustandsveränderung ist im Italienischen durch die Hilfsverbselektion markiert. Im Französischen werden auch transitive SE-Verben im Bereich des episodischen Gefallens verwendet, im Italienischen erscheinen auch intransitive OE-Verben aufgrund der freieren Satzgliedstellung im Bereich des nicht-episodischen Gefallens. Die Überlegungen Kochs (2001) hinsichtlich der Wichtigkeit informationsstruktureller Aspekte konnten über den von Koch untersuchten engeren

339 Bereich des Gefallens am Schönen hinaus, für eine allgemeine Linking-Theorie nutzbar gemacht werden. Im dritten Teil des Kapitels 5 wurde schließlich »Erstaunen« als ein neutrales Gefühl behandelt. Das Gefiihlsszene »Erstaunen«, die bislang weder in der philosophischen noch in der sprachwissenschaftlichen Literatur näher untersucht worden ist, kann als ein Szenario beschrieben werden, das sich jedoch in seiner Struktur vom Szenario des »Ärgers« unterscheidet. »Erstaunen« setzt einen subjektiven Erwartungshorizont voraus, in den das Unerwartete einbricht. Aufgrund der Subjektivität des Erwartungshorizontes erscheint eine agentiv-kausative Konzipierung des KORRELATS ungewöhnlich. Sie ist jedoch, wie gezeigt werden konnte, nicht auszuschließen. Da transitive OE-Verben des Erstaunens nicht nur das punktuelle Gewahrwerden des Unerwarteten und die damit verbundene Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS bezeichnen können, sondern auch den anhaltenden Gefühlszustand, die Phase, in der das Unerwartete verarbeitet wird, unterscheiden sie sich zeitkonstitutionell entgegen der Annahme von Härtl (2001) bis auf wenige Ausnahmen nicht von den übrigen transitiven OE-Verben. Die Phase der Verarbeitung kann auch durch SE-Konstruktionen bezeichnet werden. Da aber die Verarbeitung des Unerwarteten allein die Restitution des Erwartungshorizontes bezweckt und nicht wie Ärger, Interesse oder Begeisterung auf ein Äußeres (KORRELAT oder BEZUGSPUNKT) gerichtet ist, gibt es keine dreiwertigen Verben des Erstaunens. Dies widerlegt Pesetskys (1995) These, dass transitive OE-Verben grundsätzlich semantisch dreiwertig (CAUSER, SUBJECT-MATTER, TARGET) seien und nur syntaktische Gründe die Realisierung der drei Argumente beschränkten. Bei den Verben des Erstaunens sind, wenn diese kausativ konzipiert werden, die URSACHE und das KORRELAT referenzidentisch.

Die detaillierte Untersuchung der drei Gefühlsszenen führte über den Ansatz von Pesetsky (1995) hinaus zu einer Lösung des semantisch-syntaktischen Linking-Problems mithilfe einer »feinkörnigeren« Semantik. Diese besteht nicht nur in einer Differenzierung kausativer und nicht-kausativer KORRELATE, sondern in einer Abstufung des Aktivitätsgrads des EMPFINDUNGSTRÄGERS, je nach dem, ob das Verb eine Zustandsveränderung des EMPFINDUNGSTRÄGERS, eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Urteilskomponente oder den Bezug auf ein Gefühlsverhalten impliziert. In Kapitel 6 habe ich gezeigt, dass die Ergebnisse des Kapitels 5 unter dem Aspekt des syntaktisch-semantischen Linkings verallgemeinert werden können und zu einer Revision der in Kapitel 4 abgegrenzten syntaktischen Klassen führen. Unter quantitativen Gesichtspunkten (Lexemzahl, Textfrequenz) kann die Klasse der transitiven zweiwertigen OEVerben entgegen der in der Literatur weit verbreiteten Meinung nicht als markiert angesehen werden. Diese Klasse ist allerdings in zwei Unterklassen, eine kausative und eine nichtkausative zu unterteilen. Die übrigen Klassen wurden im Anschluss in der Reihenfolge ihrer relativen Wichtigkeit behandelt. Aus dem syntaktischen Verhalten der ihnen angehörigen Verben, d. h. primär der Zuweisung syntaktischer Funktionen (bzw. Kasus) und sekundär der Möglichkeit agentiver Konstruktionen und im Italienischen der Hilfsverbselektion, konnten die Aktivitätskontraste zwischen den Argumenten hergeleitet werden. In Kapitel 7 habe ich schließlich im Hinblick auf computerlinguistische Anwendungen einerseits und der Integration der Ergebnisse in gängige Syntaxtheorien andererseits, einen Formalisierungsansatz für die rollensemantischen Unterschiede der einzelnen Gefühlsverbklassen erarbeitet. Nachdem ich gezeigt habe, dass die bisherigen Proto- und MakrorollenTheorien für die Formalisierung meiner Ergebnisse nicht feinkörnig genug erscheinen, habe

340 ich in Form einer Synthese der merkmalsbezogenen Ansätze von Rozwadowska (1988) und Reinhart (2000) die rollensemantischen Unterschiede mithilfe der Merkmale [c] (~ Ursächlichkeit lind Kontrolle), [m] (~ Empfindung und Wahrnehmung) und [r] (~ Zustandsveränderung), die die Werte +, - und ± annehmen können, beschrieben. Auf dieser Grundlage habe ich GSR-Zuweisungsregeln und Linking-Regeln formuliert. Das Kalkül, das 27 verschiedene Merkmalskombinationen für verschiedene semantische Rollen vorsieht, bildet das Herzstück einer formalen Linkingtheorie, die sich über den Bereich der Gefuhlsverben hinaus auch für andere problematische Fälle des Argumenten-Linkings als nützlich erweisen könnte. In vorliegenden Arbeit konnten nicht alle Detailprobleme, die die verschiedenen Gefuhlsverbklassen aufwerten, gelöst werden. Kausative und nicht-kausative transitive OEVerben bilden ein Kontinuum, das näher zu untersuchen wäre. Gleiches gilt für die Realisierung des zweiten Arguments der pseudoreflexiven Konstruktionen in der syntaktischen Peripherie. Wie das Passivagens kann die Realisierung im Einzelfall obligatorisch sein. Ferner besteht hinsichtlich der Wahl der Präposition im Verhältnis zum Aktivitätsgrad des EMPFINDUNGSTRÄGERS weiterer Forschungsbedarf. Auch die Passivierungs- und Bindungseigenschaften transitiver OE-Verben werfen weiterhin Fragen auf. Ich glaube jedoch gezeigt zu haben, dass die noch offenen Fragen für das Argumenten-Linking der französischen und italienischen Gefuhlsverben nicht entscheidend sind. Das unterschiedliche Linking-Verhalten der einzelnen französischen und italienischen Gefuhlsverbklassen erscheint durch die aufgezeigten semantischen Unterschiede hinreichend motiviert.

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Verbverzeichnis

Französisch

abasourdir 280s, 283 abattre 135 abhorrer 116,140 abominer 116 accabler 135 acclamer 117s accuser 130 admirer 116, 119, 143, 270, 289 adorer 116, 119,128,140, 142, 270, 274s, 289,303, 305, 331 adoucir 135 aduler 117s affecter 132s, 135, 299 affectionner 116,270,271, 302 agacer 168s, 224, 227, 232 agiter 135,235 agrandir 201 agreer 138 agresser 168, 171, 174, 183 ahurir 280 aigrir 110 aimer 2ss, 20,45, 112s, 116s, 119s, 123, 128, 132,134, 138,142s, 173, 177, 233, 248, 269ss, 289, 304s, 325, 329ss amuser 128,132, 135, 137,183,259s, 289, 298, 325, 329s, 332 angoisser 112s, 197,310 animer 125,135,149 apaiser 114s, 132,135 applaudir 117 apprecier 113,116s, 119,270 apprehender 116 approuver 117 appuyer 117 arriver 6,124,176,201,285 asseoir 15,280 asticoter 149, 168,169,224, 227, 234 attacher 218, 270 attendrir 132, 134s, 298

attirer 132, 135, 148, 185s, 188, 197, 252,262, 263s, 298ss, 309 aveugler 110 baliser 75,112s, 310s bander 120,123, 264, 307 battre 34s, 45, 98 b6nir 117 bicher lllss, 310 bisquer 112,310s blesser 132,135, 168,171, 173s, 187, 190,211, 218, 229, 263,283, 298 botter 138,140,275,306 bouillir 113s, 223 bouillonner 113,223 bouleverser 132, 134s braquer 149,168,236s, 240, 244 buter 149,168,170, 217,236s, 240, 244 cabrer 149,168,235s, 238,240,244 calmer 114s, 132, 135,149, 196,200, 203, 298 causer 180 censurer 117 chanter 138,140,275, 306 cherir 116,270 chiffonner 171,176s, 179 choquer 168,170s, 173s, 176s, 185s, 189,211,217, 236,241,279 civiliser 110 combler 135, 257 complexer 112,310 comporter (se) 65,258, 296, 312 comprendre 116 confondre 280 conforter 148 consoler 131,135,148, 270,298, 309 constituer 296 consumer 189 contenter 128, 132, 135,257 contrarier 128,132,135,137,171,173, 179,211,298 convaincre 186 convenir 138 corrompre 110

358 courroucer 149,168, 224, 227,232ss craindre 116,119s, 126,145,304, 307, 313,328s, 332 crisper 168, 224s, 227, 232s critiquer 117 culpabiliser 112,310 debiner 117 dechirer 135,299 decider 217 decoiffer 171, 177 decolerer (ne pas) 112, 235, 310s decourager 132,135, 298 decouvrir 218 decrier 117 dedaigner 116, 119 defendre 117,120 defriser 171,177,179 degoüter 2,141,147s, 183,206, 293, 295, 306, 308s delasser 217 delirer 112s, 120s denaturer 110 denigrer 117 deplaire 133, 138,306 deplorer 116, 119 deprimer 112,310,329 deranger 52, 134s, 139,167s, 170s, 174, 177,183, 185, 187s, 195ss, 203, 210, 222,289, 298, 329, 332 desapprouver 117 desavouer 117 desesperer 33, 112s, 115,132,135,137, 310s deshonorer 110 desirer 116, 118s, 263, 289,305 desobliger 168, 171, 177, 183, 189 detester 4, 116, 119,143ss devorer 131,135,189, 265, 299 dire 181,185,216,218,272,280 discrediter 77 disparaitre 310 dissiper 131 distraire 131,135,148,259, 298 donner 32, 138, 142, 188, 274, 287 dresser 235, 236, 238 durcir 110 ebahir 6ss, 280, 286s ebaubir 280

ebouriffer 280 eclater 310 ecrire 45 ecumer 113s, 223 effaroucher 168,171,174, 185,211, 218, 233 effrayer 132,135,174,298 embeter 236 emerveiller 279 emmerder 167s, 171s, 176 emmieller 168,171,176, 183 emmouscailler 168,171, 176, 183 emouvoir 132,135 empoisonner 135, 149,168, 170, 173s, 236ss, 244s empörter 132, 135, 149, 168,236, 239s, 244, 299 encenser 117 enchanter 132,134s, 149,259, 261s encourager 135, 147s, 298 enerver 149, 168ss, 218, 224s, 227, 232ss, 267,289 enivrer 135 ennuyer 132, 135ss, 168, 171, 176, 210, 242,270,298, 302 enquiquiner 168,170,183, 224s, 227 enrager 4, 112s, 116, 120s, 125ss, 142, 168,224,235s, 238,243,289, 307, 320,326, 329, 330, 332 entendre 131s, 217 enthousiasmer 148, 255, 264s, 309 envier 116,118s, 144ss, 303, 313,328s, 332s envoyer 186 epater 280s, 283,286s epoustoufler 280s, 283 eprendre 132 eprouver 110,117 estimer 116s, 119,270 estomaquer 280 etonner 6ss, 57, 109, 132, 135, 213,217, 280ss, 286ss etourdir 280s, 283 evanouir 129 exalter 117 exasperer 52,168s, 224, 227, 232s exceder 168, 224s, 227, 232 exciter 132, 135, 147, 235, 298

359 execrer 116 exploser 113 exulter 112ss, 116,120s, 124,127, 260, 307 facher 21, 33,149, 168,224, 227,232ss, 240 fasciner 145,197, 209, 295 fatiguer 132, 135,141,148,168,171, 176,183,210, 218,225,270, 308s fier 77, 132 flatter 132, 134s, 137 fletrir 117 flipper 112, 114,310 formaliser 171,177,21 Is, 215s frapper 132, 135,149,183,186ss, 209, 280,282s, 286s, 289s, 295,299, 312, 321, 325,329, 332 froisser 10,15, 39, 167s, 170s, 176s, 195ss, 203,211,213,289 fulminer 149,234 fumer 113 gagner 196ss, 285 garder 201 gener 132,135,168,171,175, 210,222, 290,312, 327, 329 glorifier 117ss goüter 116, 119, 147,260 babiter 124 hair 116,119, 142,242,289 herisser 149,168,224s, 232ss, 240 heurter 132,135, 168,170s, 173, 183, 185,189s, 211,213,228,261, 263 horniir 116 honorer 117 horripiler 168, 224s, 227ss, 231s, 244, 267,289 humilier 110, 168, 171, 183, 186,188, 203,210, 259 idolatrer 117 ignorer 78, 111 imaginer 214, 216 impatienter 149, 168,224s, 227,232ss, 240s implorer 117 importer 138s, 267ss, 289, 295, 305s, 308,326s, 331 importuner 168, 170s, 178,186,188, 259

impressionner 135,190 inciter 186 incommoder 139,149, 168ss, 175, 236ss, 241, 244s indigner 149, 168, 170,235ss, 243ss, 266, 289,309,321,327,329s, 332 indisposer 149,168ss, 175,183,189, 236ss, 240s, 244s, 309 inquieter 128, 132,135 inspirer 132,135 interdire 280 interesser 132s, 135,137, 139,147s, 185,209,240,264ss, 289,296, 299, 309, 329, 332 interloquer 280 irriter 4, 56,110, 128, 132, 134s, 149, 168s, 197,218,224s, 227, 232ss, 281, 299 jalouser 116 jouir 119s, 123, 260s, 307 jubiler 112ss, 116,120s, 260, 289,307, 325s lasser 168, 171,176, 183 legitimer 117 lorgner 116,120, 123,263, 307 loucher 116,120, 123,263, 307 louer 3 manger 45 manifester 113,117 manquer 139, 305s, 308, 331 meduser 280, 282 mefier 132,312,327,329 mepriser 2,116, 119,229, 304 meriter 77 moraliser 117 mortifier 168, 171, 175,211 mourir 214,216,310 mürir 110 naitre 310 nettoyer 216 obseder 135,299s offenser 10,168,171, 174, 185s, 210s, 215 offusquer 168,170s, 173s, 183,189, 211,215,218,224,233 outrager 171 outrer 149,236,240s, 244 ovationner 117

360 pämer 115 paniquer 31, 75, 11 Iss, 310, 329s paralyser 135 parier 169,171,217,313 passionner 132,135,264s penser 77,124 peser 138 petocher 112,310s piaffer 113, 171, 174 plaire 2s, 45,48, 81,133, 138, 140, 192, 248, 251, 253, 271ss, 275, 289, 295, 305s, 321,326, 329ss posseder 296,300 prendre 121, 138 preoccuper 132,134s, 137,188s, 197, 206, 208, 293,295, 299 profiter 119 purifier 110 rafraichir 135 rager 31,33, 112s, 116,120s, 124s, 127, 158,162s, 217, 223s, 235s, 307 räler 113,234 rassurer 114,132,135,298 ravir 135,259,261 rebeller 168,236,239 rebiffer 168, 236,239,245,290 redouter 116, 119 regretter 3,36, 116, 119,305 rejeter 120 rejouir 81, 128, 132, 135,214, 259s, 262, 289, 299 remuer 135,299 renverser 280 repentir 132 reposer 134 repousser 133, 233 röprimander 117 reprouver 117 repugner 3, 120, 138s, 304,306s, 308, 314, 321,327ss respecter 116, 119,270 retenir 82,186,264 retourner 135 reverer 117 revolter 132,134s, 137, 149, 168, 170, 236,240s, 243s, 299, 309 ronger 217 saisir 189s, 280, 282s

salir HO saluer 117 sanctionner 117 satisfaire 133,135, 139, 215, 233,257s, 298 scandaliser 52, 149, 168, 170s, 177,211 218,236ss, 241, 244s scier 280s, 283 secouer 135 seduire 183,196, 200, 203, 252, 262s, 289 sentir 73, 82,176,185,203, 323 siderer 280 sombrer 310 sortir 201 soucier 132,312 souf&ir 116,119s, 123,127, 137, 304, 307 souhaiter 77, 117 soulever 135, 149, 168,170, 235s, 238, 240s, 243ss, 329, 332 sourire 138,185,283 soutenir 117 stimuler 135,298 stresser 112,168, 224s, 227, 310 stupefier 6s, 280 subir 3, 268,272 surgir 149,310 surprendre 6s, 57, 135, 280, 282ss sympathiser 120,123,125, 248, 253, 270,307s temoigner 117 tenir (έ) 119s, 123, 127,267, 269,289, 304, 307s, 320, 325ss, 329s, 332 tenter 135,262 terroriser 188,259 tomber 123,262 toucher 135 tourmenter 132s, 135 trepigner 113s tuer 87,145, 190 ulcerer 149,168s, 224s, 227ss, 23Iss, 240s, 244,267 valoriser 110 vendre 3 venerer 117 venger 125 venir 136

361 vexer 10,15,168,171,185, 211, 213, 215,218,233 vieillir 110 vituperer 117 voir 33 vomir 117 vouloir (en) 125,146,173, 209s, 235, 238ss, 242ss, 246, 313, 315, 328s, 332s

Italienisch

abbattare 136 abbattarsi 133 abominare 117 accontentare 136,257s accontentarsi 133 accusarsi 130 adirare 212 adirarsi 133,212,235,237s adontarsi 133,211,237 adorare 118s, 142, 270 affascinare 209,293,296,299 affascinare 50 aifaticare 136 aifaticarsi 133 affezionare 148, 265,270,309 affondare 191,202,210,212 aggradare 139, 275 aggredire 174 agitare 136, 149,235, 241 agitarsi 133 aizzare 149, 235,237s, 241 alleggerire 136 allietare 136, 259,289,299 allietarsi 133,260 amare 2,4, 116s, 119,123, 146, 269, 270, 274,289,302,325, 329s, 332 ammirare 117,119, 270,289 anelare 118 animare 136 annoiare 136, 171, 176, 212, 242,270, 298s, 302 annoiarsi 133,210,212 appassionare 50,136,148,264s, 309

appassionarsi 133, 264 appellarsi 213 apprezzare 117,119,142,270 approvare 118 aprire 202 arrabbiare 239, 243 arrabbiarsi 133,212, 222,235, 239, 242, 312,329 arrivare 6 assassinare 202 attenersi 213 attirare 136,148, 182,186ss, 252,262ss, 298ss, 309 attrarre 136,147,148, 182,207, 252, 262, 263,264, 298ss, 309 avercela 125, 146, 235,238s, 289, 307 awilire 171 battere 45,98 biasimare 118 bollire 114 brontolare 234 calmare 136,189, 196, 200,203, 298 calmarsi 115 cantare 147 causare 180 colpire 136,185s, 188s, 210, 230,280, 282s, 289,293,299s, 321, 325, 329, 332 commiserare 119,303 commuovere 136,207 commuoversi 133 comodare 139,275 compatire 119,303 compiacere 136,257s compiacersi 133,260,312 compiangere 119,303 comprendere 148 confidare 120,307,308 confortare 136, 148 confortarsi 131 conoscere 205 consolare 135s, 148,298 consolarsi 131 consumare 136,299 consumarsi 133 contentare 136,257 contentarsi 133 contrariare 171, 173, 185

362 corrucciare 171, 213 dare 175,224 delirare 120s, 307 deplorare 118 descrivere 49,294 desiderare 118s 142, 215, 263,289, 305 detestare 117 dichiararsi 175, 213 diffidare 120,123, 307s dilettarsi 213 dipingere 116 dire 33,77, 81,132,218,271, 285 disapprovare 118 disdegnare 117 disperare 113,123,133,310s dispiacere 2s, 7, 139, 179, 295, 305s dispiacersi 133,312 disprezzare 117,119 distrarre 136, 148, 259, 298 distrarsi 131 distruggere 137 disturbare 136, 139, 141, 171, 172, 175, 179,181, 185, 188,195,196,197, 198,202,203, 204,205,206,209, 222,231, 232, 246, 257, 266, 289s, 298, 306 divertire 135, 136, 259, 289, 298, 299, 325,329,330, 332,333 divertirsi 133 divorare 136,299 divorarsi 133 dolere 139,295,306 dolersi 133,312 eccitare 133, 136, 235,241,298 ennervosire 225 entusiasmare 50, 148, 264s, 309 entusiasmarsi 264 esacerbare 224, 227 esaltare 118, 136 esaltarsi 133 esasperare 224, 227,233, 117 esecrare 118 esulcerare 224s, 227 esultare 114, 120ss, 127, 260, 307 favorire 118 ferire 136, 171,174,189s, 206, 210, 263, 298, 300 fidare 120, 123, 133, 307s

fidarsi 133,312,327,329 flippare 114 forzare 184 fotografare 49 garbare 139,275 gioire 120,123, 307 giubilare 114, 120ss, 260, 289, 307, 325s, 329s, 332 glorificare 118 godere 118, 119s, 123,260s, 304, 307 godersela 260,307 gradire 118,139,275 gustare 118,139, 260, 275, 319 idolatrare 118 idoleggiare 118 imbaldanzire 113, 120,123, 307,310s imbestialire 113s, 120,122, 235s, 245, 307,310s imbestialirsi 114 impaurire 113, 120,123, 307, 310s, 329 impennarsi 133,235s importare 138s, 245, 265ss, 289, 299, 306,308, 326s importunare 171s, 178 impressionare 136 impressionarsi 133 inalberarsi 133, 235 incantare 261s incomodare 171s, 175, 241 incoraggiare 136,148,298 indignare 188,235ss, 241, 243ss, 289, 300, 321,329s, 332 indispettire 224,227 indisporre 171, 175, 241 infastidire 171,212 inferocire 113, 120, 122, 125, 235s, 238, 245,289, 307, 310s, 320, 329s, 332 inferocirsi 114 infiammare 136 infuriare 111, 113s, 121s, 173, 235, 242, 245s infuriarsi 114,222,242 innamorare 115,136,262s, 265 innamorarsi 115,133,262 innervosire 149,224, 227, 232s insultare 299 interessare 50, 136, 138s, 141, 147s, 187,204,257,265ss, 269, 289, 299,

363 306,309, 329,332 interessarsi 133, 174,264 intrattenere 136,298 intristire 113,310s invidiare 118s, 144ss, 303, 313,328s, 332s iiritare 4,136,147,149, 224s, 227, 233s, 241,289,298s irritarsi 133s, 232 ispirare 136 ispirarsi 133 lodare 118 mancare 139,306,308 mangiare 45,265 meravigliare 6s, 114,128,135s, 279s, 282, 285s, 293, 310s meravigliarsi 133,213 mettere 35 mettersi 35 molestare 171,175 mortificare 171, 175 nascondere 202 odiare 4, 118s, 242,289 offendere 114,128, 135s, 171, 174,185, 187,195s, 198,203,208, 211,213, 215,289, 298s, 329, 332 offendersi 133,211,213,218, 222,233, 238 onorare 118 opprimere 136 pagare 125,239 parlare 50,138, 209,293 pentirsi 133 persuadere 184,186 pesare 139 piacere 2s, 20,45,48,109,134, 138ss, 153,192, 248,257, 266, 271, 274, 289,291,296, 321, 326, 329ss piaciucchiare 139,275 preferire 118 preoccupare 2,49s, 109,130,135s, 188, 192,197, 206s, 230,291, 293s, 296, 299s preoccuparsi 133 pungere 136, 171,174 quadrare 139 rallegrare 136,259 ribellare 245

ribellarsi 239, 327, 329s ributtare 139,231,306 ricordare 214,216,233 ricordarsi 214, 216 ridere 137 riguardare 135 rimpiangere 118s, 233 rincrescere 139, 306 ringalluzzire 113,310s riprendere 118,138 riprovare 118 ripugnare 139, 231, 306, 321, 327ss risentire 121,123,307, 312 risentirsi 133,211,235,312 rispettare 118,270 rispondere 125, 212,239 risultare 202 riuscire 125,239 riverire 118 rivoltare 136,149,236,239,241, 243s, 299 rivoltarsi 133s rompersi 213s sapere 135 sbagliare 133 sbalordire 114, 280, 283,285s, 310s sbigottire 114,286,310s scalpitare 114 scandalizzare 171, 177,236s, 241 scherzare 136 scioccare 171, 176, 279 scocciare 171,175, 179,185, 212 scoglionare 171 scomodare 139, 141, 171,175,179,204, 231s, 241,246,257,266, 270,289s, 306 sconvolgere 136, 299 sconvolgersi 133 scottare 174,175, 197 scrivere 45 scuotere 136 scuotersi 133 sdegnare 118,236ss, 242,271 sdegnarsi 237 seccare 136,171,175,185, 212, 289 seccarsi 133,210,212 sedurre 148,188, 196, 200, 203, 252, 262s, 289, 299, 309

364 sentire 73 sgradire 139, 179 sgualcire 11,39 simpatizzare 121, 123,125,248, 253, 270, 307s snervare 189 sobillare 149,236, 238, 241,244 soddisfare 136, 139,141,204,231, 257s, 266, 276, 289s, 298,306 soffrire 118s, 121ss, 127, 239, 304, 307 sollevare 136, 149, 235s, 238,241, 244, 329,332 sollevarsi 133 sorprendere 6s, 57, 135s, 280, 282ss, 289 sorprendersi 133 sospettare 118 spaventare 135s, 206s, 298, 299 spaventarsi 133 spazientire 224s, 227,233 spegnersi 213 spengere 213 spiacere 2, 139, 179, 306 stancare 50, 136, 171,176,186,189 stancarsi 133,210 stimare 118s, 270 stizzire 149,224,227,233s stordire 114, 280,283,286,310s strabiliare 114,280,282,285s, 310s stressare 224s, 227, 232 stufare 50, 224s, 227 stupefare 6s, 114, 280,285s, 310s stupire 6s, 114,136,280, 285s, 310s, 329 stupirsi 133 stuzzicare 149,235,238,241 temere 2, 109, 116, 118s, 121, 126, 145, 207,291, 304, 307, 313, 328s, 332 tenere (a) 120s, 127s, 267, 269, 289, 307s, 320, 325ss, 329s, 332 tentare 136, 148, 262, 309 terminare 196 toccare 136 tollerare 118 tormentare 136 tormentarsi 133 trascinare 136,299 trasportare 136

uccidere 86,190,207,210 umiliare 171,188,198,203 urtare 136,171, 173, 189s, 210,228, 261,263, 300 venerare 118 vergognarsi 128, 133, 312, 327, 329 vincere 285

Deutsch

abreagieren 166 ähneln 126 amüsieren 129ss, 214 ängstigen 2, 74, 95, 130, 187, 195, 284 antworten 254 anziehen 182 arbeiten 130 ärgern 2ss, 88,130, 202, 219, 301 aufbringen 166 auffallen 97 ausflippen 114s ausrasten 115 baden 129 bauen 196 beben 165 beeindrucken 219 begeistern 2, 195, 284 behaupten 71 beherrschen 165 beleidigen 202 beneiden 118,144, 146 berauben 38 bestehlen 38,126, 143,146 beunruhigen 130 blühen 1 danken 254 denken 75,97 drehen 130 empören 165 entgegenbangen 127 entgegenfiebern 127 erblühen 1 erfreuen 130,202, ergötzen 130 erheitern 130

365 erholen 129s erleiden 272 erschrecken 130,193 erstaunen 6s, 282 erzählen 318 essen 45,146,195 fahren 126 faszinieren 91,187 folgen 254 fressen 130 freuen 202 frieren 59, 115,290 fühlen 61 fürchten 2,7, 71, 76, 99, 130, 146 geben 332 gefallen 2, 248,251,271,274 glauben 146 grollen 127,243 gucken 195 haben 301 hassen 2s, 71,98 helfen 92 heranziehen 182 herunterschlucken 165 interessieren 2,219s, 297 kennen 126 kochen 165,191 kränken 202,210 langen 140 laufen 195 leeren 86 lehren 205,292 lernen 196 lieben 2s, 75 loben 92 missfallen 2 misstrauen 127 mögen 2,126, 248,271, 301 neiden 145, 146 nerven 219, 227 offnen 146, 214 passen 139 rächen 166 rauben 38 reichen 140 schämen 130 schenken 292 schimpfen 234

schlagen 102 schmelzen 196 schneiden 187 schreiben 45 sehen 71 stehlen 38 stinken 140 stören 98,130,202,210 stoßen 210s stricken 126,143 sympathisieren 125,248 tanzen 130 toben 165 trauen 127 überlassen 41 überraschen 6s, 280, 282,284s umbringen 87, 182 umrennen 75, 88 umwerfen 75 unterdrücken 165 verärgern 202 verblüffen 6s, 193, 280,282, 284s verblühen 1 verlieren 197 verstehen 9 vertrauen 127 verursachen 180 verzeihen 146 wachen 197 wettern 234 widerfahren 272 wissen 71, 126 wollen 251 wundern 6, 219,282,284 wünschen 71, 97 wurmen 227 zeigen 41 zerbrechen 87,214 zürnen 4,127,243 zuschlagen 126,143,146

366 Englisch

admire 90, 109 adore 128,303 amuse 50,109,184,248,252 annihilate 87 answer 90 appeal 109,274,305 arrive 129,196,218 asphyxiate 87 awake 87 bastardize 87 beat 323 beautify 87 belong 274 benefit 109 bewilder 9 bloat 87 bore 93, 96 bounce 193 break 9, 16 case-harden 87 cause 180s cheat 90 chill 87 consider 303 constipate 87 cripple 87 detest 128,303 die 181, 196 disappoint 90 dislike 128,303 destroy 195,323 dread 97 eat 301 enter 323 fear 97,109, 180s, 301 feel 61,73, 83, 303 frighten 50,109, 180,183, 193, 195s, 294 grate 109 hate 96, 128,141,153, 303 have 303 hear 303 help 92 hit 323

house 80 ignore 80, 111 interest 141,148,195, 320 jar 109 kill 181, 190,323 know 198,303,322s lie 198 like 2s, 20, 33,45,109, 128,141, 153, 248,274,303, 305 loathe 97 loose 196 love 2,21, 90,97, 128,301, 303,319, 322s marvel 109 melt 193,321 murder 190 niggle 109 notice 196 please 33, 109, 192, 248,274 pop 193,321 praise 90 reach 196 regard 154 regret 97 roll 323 see 195s shatter 143 slander 90 sink 112, 129 strike 153 surprise 90 upset 320 wake 196 walk 80 want 303 worry 94ss, 109, 121,295, 303, 323, 325 write 323

Namensverzeichnis

Abeilte, A. 333s Abelson, R. 67 Acquaviva, P. 140 Aisina, A. 196,203 Amritavalli, R. 85 Antinucci, F. 274 Arad, M. 94s, 128,191,193s, 199s, 203, 205ss, 210, 297, 301, 303, 337 Aristoteles 19,46, 65,157s, 160s, 164 Arnauld,A. 33 Au, T. 90 Averiii, J.-R. 64 Baker, M. 44s, 191,272,291 Bartsch, R. 12 Becerra, S. 140 Beck, G. 1,46, 79, 199 Belletti, A. 2,49ss, 109,116, 128ss, 134,137s, 150s, 191s, 205ss, 212s, 221,29Iss, 274,296, 302, 305,335 Beneventi, L. 2 Bertinetto, P. 196,199 Bierwisch, M. 10, 99, 102 Blank, A. 24 Bloomfield, L. 5 Blum, L. 162,250 Blume, K. 47, 105s, 125ss, 146, 204, 231,243, 254,258, 298,317s Blumenthal, P. 53, 136s, 142,191,199, 211,268,274 Bogacki, K. 127, 142 Bolinger, D. 228s, 242, 263, 287 Boons, J-P. 51 Borer, H. 301ss Bossong, G. 13, 81, 89,140, 272ss Bouchard, D. 50s, 76s, 93, 98,110, 130, 183, 188, 207ss, 283,292ss Bowerman, M. 302 Brentano, F. 71s, 78, 89,93 Brodin, D. 119 Broschart, J. 35,38,42 Brown, R. 84,90 Büring, D. 147 Busse, W. 1,127,136,142

Butt, M. 44 Can9ado, M. 193, 196,202 Carlson, G. 99,162 Carter, R. 44 Catalani, L. 274 Chafe, W.-L. 14, 69, 249 Chomsky, N. 5s, 18,20, 22, 37,42,109 Chur, J. 13,62 Clore, G. 20 Collins, A. 20 Comrie, B. 69,81 Contreras, H. 47,250 Cook, W. 14 Coppieters, R. 76 Coseriu, E. 4s, 9, llss, 18, 20, 26,41, 62, 66,168 Cresti, D. 129,214,220,231,338 Croft, W. 6, 84,100,105,181,212,292 Dalgleish, T. 156 Davidovitch, C. 119 Davidson, D. 85, Davidson, R. 154 De Sousa, R. 30, 157 Denhiere, G. 46 Derrida, J. 15,26 Descartes, R. 82,105 Detges, U. 31s, 34s, 38 Di Desidero, L. 185s, 248,252 Dietrich, W. 202 Dik, S. 5, 14, 22, 24,31, 37,41ss Dorr, B. 105 Dowty, D. 14,44ss, 69, 80, 84s, 102ss, 185, 193ss, 198, 202, 204, 230s, 317s, 321, 324,336 Dubost, J.-P. 127,136, 142 Ekman, P. 19, 59s, 62, 65,154,156, 158s, 163s, 180, 247, 256,276 Elia, A. 51s, 120,135ss, 140, 209, 269, 293 Engelberg, S. 46, 57s, 85ss Fairon, C. 53, 56 Fauconnier, G. 67 Fernandez-Ordoflez, I. 141

368 Fillmore, C. 4, 14,44s, 65, 67ss, 84, 103 Fish, D. 84,90 Fodor, J. 9 Foley, W. 5,47s, 105s, 336 Försterling, F. 90ss Francois, J. 1, 14,42,44,46, 78s, 85, 185ss, 190, 193, 195s, 199,201 Freud, S. 69 Frijda, N. 278, 298 Gaatone, D. 117,150, 215,258,290, 296 Gauger, H.-M. 13,16, 24 Goddart, C. 159 Gonzalez de Sarralde, A. 44,249 Goose, A. 33,136,217 Grevisse, M. 33, 136, 217 Grimshaw, J. 44,46, 85,192ss, 248, 292, 294, 335, 337 Gross, M. 5, 7s, 23, 31, 51ss, 110, 116ss, 129,132,135s, 140, 144, 149s, 171, 183s 189, 209, 214ss, 227,234, 236,238, 240s, 245,259,261,265, 271, 281, 283, 293,297, 299, 336 Gruber, J. 14,41,45,69 Guenthner, F. 186 Guillet, A. 51, 150 Haegeman, L. 42, 129, 191 Hagstrom, P. 42 Halliday, M. 4s, 9, 14, 33s, 36,41, 249 Harris, Z. 5 Härtl, Η. 84s, 88ss, 129s, 181,187, 193ss, 214,230, 280, 284, 297, 339 Haspelmath, M. 221 Hayes, P. 66 Hegel, G. F. W. 254 Heidegger, M. 17, 65, 74, 76s Heider, E. 62 Helbig, G. 37s, 41, 103, 122 Herder, J. G. 157 Hilty, G. ll,24ss, 167, 179 Hockett, C. 36 Hoinkes, U. 17 Holloway King, T. 44 Hopper, P. 112, 250 Hübner, A. 154 Hume, D. 85s Hummel, M. 39,62 Husserl, E. 29s, 70ss, 76, 78, 83,165

Jackendoff, R. 12ss, 17, 24s, 44s, 85s, 102, 153s Jacobs, J. 124ss, 143 Jacob, D. 243 Johnson-Laird, P. 62ss, 72ss, 92, 111, 153s, 276 Johnstone, M. 181 Juilland, A. 119,128,132s, 135,140, 298,312 Kailuweit, R. 3, 13, 15, 18s, 21, 39s, 42, 47s, 102,105s, 123s, 139ss, 149,161, 179,181s, 204,248,269, 320 Kant, I. 16, 19,24s, 83, 86s, 89, 247, 252, 255 Katz, J. 9 Kayne, R. 188 Kelley, H. 90 Kenny, A. 46, 93s, 97 Kierkegard, S. 65 Kleiber, G. 62 Kleineidam, H. 123 Klenk, U. 333 Klix, F. 65s, 100 Koch, P. 1,3, 18, 21s, 24,34,41ss, 48, 54s, 62, 100, 242, 247, 249ss, 258, 266s, 269,271,274s, 338 Kotschi, T. 31, 35, 37s, 122s, 142 Kövecses, Ζ. 23, 156ss, 163ss, 168,172, 180, 336 Kratzer, A. 99, 162 Krefeld, T. 62 Lakoff, G. 5, 62, 67, 109, 156ss, 163ss, 172, 180, 184, 246,291s, 302, 336 Lambrecht, Κ. 41, 54,249 Lamiroy, Β. 189 Lancelot, C. 33 Landau, I. 192ss, 203,205, 207ss, 294, 296s, 337 Lang, J. 124 Langacker, R. 5 LaPolla, R. 1, 5s, 34, 37,46,48, 84,90, 98s, 101s, 105s, 143s, 180,182,190, 193ss, 205, 207, 213,223, 230, 243, 269,273, 288,292, 303, 307, 319s, 326,331,336 Lasnik, H. 5s, 18,20,22,37 Lazard, G. 37,123s Le Bidois, G. 34s

369 LeBidois, R. 34s Leclere, C. 51,150,296 Legendre, G. 139 Lehmann, C. 36ss, 40,124 Levin, B. 44s, 109,198, 303,305, 336 Lewicka, H. 127,136, 142 Lüdtke, J. 4,15s, 120,180,224,232,259 Luther, M. 65 Lyons, J. 34 Martin, F. 185ss,227 Martin, J. 109,304 Martinet, J. 5, 13,43 Mathieu, Y. 7, 23, 52s, 64,110, 112, 114,116,131s, 135,155,167ss, 182ss, 186,189s, 209,211,215, 217, 224s, 227,231ss, 236,240s, 245, 257ss, 261,264ss, 277,279ss, 283s, 286, 293,295, 297,299, 336 Mayo, B. 124 McCarthy, J. 66 McCawley, J. 85, 181 McGinnes, M. 141 Melis, L. 122,142 Minsky, M. 66 Morera Perez, M. 124 Mosel, U. 38 Müller, N. 129s, 216 Nietzsche, F. 65,157,163 Nissenbaum, Η. 70,73, 89,93, 97ss, 162ss, 251,336 Oatley, K. 62ss, 72ss, 92,111, 153s, 276 Oesterreicher, W. 7,18,21,47, 54,129, 213ss, 250, 261 Ortony, A. 20,62,156,158s, 247s, 250, 259,276, 279, 282 Pantaleoni, L. 2 Paumier, S. 56 Perlmutter, D. 5,44s, 112,129 Pesetsky, D. 1,45s, 85, 92ss, 99,107, 109, 121, 129, 141s, 147ss, 181,191, 204,208,213, 231,288,292s, 295, 299s, 304,308, 322ss, 335s, 339 Petruck, M. 67 Pfleiderer, B. 35 Pinker, S. 89,297 Pollard, C. 5 Postal, P. 44s, 109,137,291s, 302 Pottier, B. 17

Power, M. 156 Primus, B. 41,46ss, 65, 80, 84ss, 88, 91s, 101s, 104s, 127,129,140,159ss, 182,188, 204, 214,216,219s, 228, 243, 249,272,282,297,317s, 322, 337 Pustejovsky, J. 294 Pylkkänen, L. 162, 192ss, 198s, 203s, 337 Raible, W. 11, 13, 16,23ss Rappaport Hovav, M. 44s, 198 Rauh, G. 14,44ss, 100 Reinhart, T. 141,148,192,228,292, 294s, 303,307, 321ss, 340 Rizzi, L. 2,49ss, 109,116, 128ss, 134, 137s, 150s, 191s, 205ss, 212s, 221, 291ss, 274, 296, 302, 305, 335 Roegiest, E. 220 Roldan, M. 140 Rosch, E. 62 Ross, J. 79 Rothe, A. 64 Rousseau, J. J. 157 Rovere, G. 53, 136s, 142,211,268,274 Rozwadowska, B. 85,231, 321ss, 325, 340 Rudolph, U. 90ss Ruwet, N. 2,10, 52, 69, 76s, 109ss, 121, 130, 135, 138, 147, 149, 184ss, 188s, 191,196, 198,206,212s, 216s, 240s, 245, 259,275, 281, 293,295, 308ss Sag, I. 5,37,40 Salkoff, M. 10,87,110 Saltarelli, M. 274 Sartre, J.-P. 29,65 Saussure, F. 18,20,26 Schänk, R. 67 Schmidt-Riese, R. 300 Schneider, F. 66, 100 Schwarz, M. 13,19,20 62 Searle, J. 73ss, 78ss, 83, 85ss, 89,116, 182 Seelbach, D. 333 Seiler, H. 31,35 Seneca, L. 65,157ss, 180 Silberstein, Μ. 55s Siller-Runggaldier, H. 120, 129,213, 219,284

370 Smith, C. 199 Sokol, Μ. 1, 199, 201 Solomon, R. 83, 282 Somicola, R. 274 Subirats-Rüggeneberg, C. 52, 140 Talmy, L. 85,104,109,190,302 Tenny, C. 44s, 195 Tesniere, L. 1, 3,36s, 65,68,122 Thompson, S. 112,250 Trabant, J. 157 Traversa, V. 119, 133,136,140,298, 312 Tugendhat, E. 30 69, 71s, 76 Van Valin, R. 1, 5s, 34, 37,42,44,46ss, 68, 84s, 92,101s, 105s, 143s, 180, 182,186, 190, 193ss, 205, 207, 213, 223, 230,243, 266, 269, 273, 288, 292,303, 307, 319s, 326, 331, 333s, 336 Vanhoe, H. 202 Vendler, Z. 14,46, 79s, 85, 185, 192ss, 198,202 Vennemann, Τ. 12 Verkuyl, Η. 199 Vermandere, D. 43, 96, 109,113, 117s, 142,148s, 179, 185ss, 199, 202, 205, 210,228ss, 257, 265ss, 283s, 296, 298ss, 337 Vico, G. 157 Voorst, J. 44,183, 188s, 193s, 196, 209 Waltereit, R. 3,24, 39,221,242, 271, 293, 300 Wandruschka, U. 274 Wanner, A. 162 Wasow.T. 5,37,40 Wegener, H. 140,305 Wehrli, E. 129,216 Wettler, M. 66s Whitley, S. 109 Wierzbicka, A. 19, 59ss, 64, 82s, 156, 158s Wilkins, D. 99, 102,186,207 Wilmet, M. 123 Wilson, J. 76, 97, 162s Wittgenstein, L. 15, 26, 30, 60, 93s Wotjak, G. 65 Wunderlich, D. 85s, 101s

Zammuner, L. 61s, 65,117s, 130, 153, 277

Schlagwortverzeichnis

Actor 46, 105s, 319, 321, 331, 334 AGENS 38,45ss, 86, 88, 90ss, 106, 147s, 182,185s, 188,190ss, 200, 207, 216ss, 221,223,249,251,258,266, 303, 313,322, 332 AGENS-URSACHE 1 9 0 s , 2 2 3 , 2 6 6

38,48, 80,105,186, 192,200, 206,217,219,249,253, 319,322 Agentivität 46, 79s, 182ss, 206, 240, 242,248,261,297s Aktant 1, 3,20, 37ss, 44,66ss, 96,100, 102s, 109s, 112, 115,121ss, 131,142, 144,146ss, 217,249,254,258, 271ss, 308,310, 313, 324 Aktionsart 1, 13,41, 192 Antipassiv 214,216, 219s, 246,260, 287,290,311 Argument 8, 13, 37,39,43ss, 48ss, 54, 57, 59, 65, 68, 70, 74, 77, 80, 84, 86s, 89s, 93ss, lOlss, 111,120,125ss, 130, 146s, 150, 157,163,166,180ss, 190ss, 203ss, 207s, 212ss, 219ss, 226, 228,230s, 242, 249,257s, 263,269, 272,276, 280, 288, 290, 292ss, 298ss, 309ss, 313s, 317ss, 324, 326s, 330ss, 335,339, 340 Argumentstruktur 1,32, 37 Autonomie, syntaktische 7,47, 58, 103 BEZUGSPUNKT 96ss, 107s, 118s, 125ss, 131,133,142ss, 154,165,167,222, 238s, 244, 248,263s, 287s, 290, 303s, 309s, 312s, 323, 325ss, 333, 336, 339 CAUSER 84, 91s, 94s, 97, 99,102, 104, 106, 180,191, 200, 231, 336, 339 Diathesen 214,216,222 Dynamizität 34,46, 67,79,187,195 EFFECTOR 105,186s, 207, 319 AGENT

EMOTER 1 0 5 s , 3 1 9

2s, 6s, 20s, 45ss, 50, 52,68,72, 81, 84, 88,90ss, 100, 106ss, llOss, 115,117,120s, 123, 127s, 133ss, 138ss, 143,147, 150, 154s, 158, 162,165, 175, 179s, 190s,

EMPFINGUNGSTRÄGER

195,202,204s, 207s, 21 Iss, 215, 217ss, 224, 226ss, 237,242,245s, 249ss, 257ss, 266ss, 280, 282, 285ss, 292ss, 298ss, 302, 305ss, 310, 312ss, 317ss, 324ss, 332s, 336ss EXPERIENCER 38,46,68s, 81, 84, 88,91, 104ss, 141,186,191s, 200, 231, 249, 273,292,303,319s, 322, 335 Fokus 4Iss, 97ss, 215,249, 268,305, 338 Formalismus 4s Frame 65ss Funktion, kognitive 4 Funktion, kommunikative 4 Funktionale Satzperspektive 41 Funktionalismus 4 Funktionsverbgefuge 31s, 35, 114,119, 164,166,224 Gemeinsprache 19,21, 54, 112, 274 Generalisierte Semantische Rollen 46s, lOlss, 105ss, 129,191, 218, 317ss, 325s, 328s, 33 Iss, 336, 340 Generative Grammatik 4, 8, 19, 37,41s, 44, 50s, 54, 129,188, 191,213s, 221, 286,291s, 333, 335 Implicit Verb Causality 90 Informationsstruktur 4Iss, 47s, 97,105, 250, 326, 331 INSTRUMENT 4 6 s , 1 4 3 s , 2 0 7 , 3 2 2 , 3 2 5

Interpretatoren 120,137 Kasus 1,41s, 48ss, 59, 65, 101s, 105ss, 124, 127, 129, 134,138, 203ss, 209, 214ss, 219, 223, 226s, 231,242,249, 272, 289, 292, 296, 333, 339 Kausativität 46, 85, 90,107,181s, 192ss, 203s, 228, 230s, 263, 266, 280, 282,292,296s, 337 Konklusiva 202, 231s, 257, 259,261s, 267, 284s, 298, 310 Kopulakonstruktion 3Iss, 40 KORRELAT 68,72,75ss, 82ss, 88ss, 92ss, 96ss, 106ss, 110s, 115ss, 119s, 122, 125ss, 13 Iss, 136s, 143ss, 154, 166s,

372 179s, 187,190ss, 194s, 200,203s, 210,212ss, 218, 220,222s, 225ss, 229ss, 239,243ss, 248,250ss, 256ss, 266ss, 280, 284, 286ss, 292, 294s, 298ss, 302ss, 308ss, 312s, 317ss, 322,ss, 330, 333, 336ss Kovariationstheorie 90s Lexikon-Grammatik 2, 5, 7ss, 51ss, 116, 135s, 140, 149s, 171, 183, 188,236, 297 LIEU 69,173, 217,273,287 Linking 1,31, 33,43ss, 57ss, 65,94, lOOss, 105ss, 111, 115,153, 155,172, 179,181, 192ss, 203ss, 208,213, 219s, 222, 226ss, 230ss, 238, 241, 243s, 246, 254, 256ss, 261, 263, 267, 269,272s, 275s, 280,283,285,287ss, 296ss, 306, 308, 313s, 317s, 320ss, 324ss, 333ss LOCATION 1 0 5 s , 3 1 9

MakroroUen 46,105, 331, 336, 339 Metapher 30, 37, 39, 65,226 Metataxe 3,45,59, 102, 108, 112, 118, 120,139, 224, 242,270,273, 275, 302, 305s Metonymie 10,113,117,139,165,167, 169,172ss, 177s, 224s, 233, 237,239, 263, 309 Partizipation 31,35, 37s, 68 Passiv 35,49, 50s, 202,205, 208, 214ss, 220,223, 258, 293,295s, 300 PATENS 4 6 , 8 1 , 9 0 , 3 2 5 PATIENT 3 8 , 8 1 , 1 0 5 , 192, 3 1 9 s

Protoagens 47, 69, 80, 104s, 182, 204, 213,220,231, 298, 318, 322, 324 Protopatiens 47, 104s, 182,204,213, 220, 231,285, 298, 324 Protorollen 46, 317,318, 321, 336 Pseudoreflexiva 7, 57, 114, 129, 130, 133,136, 139, 155, 170, 210ss, 220ss, 230ss, 235, 237s, 242, 245s, 258, 260, 262ss, 270,276,285ss, 290,295, 299s, 302s, 311ss, 327,329,336, 338 Relational Grammar 5,44, 129, 220 Role and Reference Grammar 1, 5, 37, 42,44,48, 102,105, 181,186, 318s, 321,325s, 331,334 Semantische Relationen 46,103

Semantische Rollen 38,41,44,46,48, 101,103,141,219, 250, 272,292, 303s, 317, 319, 321, 328, 332s, 335 SENSATION 81,287,320s STIMULUS 84s, 88, 90ss, 94, 104ss, 192, 194,199s, 297 SUBJECT MATTER OF EMOTION 94ss, 97, 99, 107, 141, 322 Syntaktische Funktionen l,41,43ss, 101,109, 219, 301, 324 Szene 57, 65, 68, 76s, 37, 125, 157, 335 TARGET 92ss, 97, 99,105ss, 141,304, 319,322, 336,339 Target / Subject-Matter Restriction 141, 148s, 213, 300, 323s, 336 Telezität 46, 195s THEMA 4 6 , 1 0 5 , 1 4 7 , 2 2 0 , 292, 325, 332

Theta-Rollen 13,41,45 Tiefenkasus 13,45, 69 Topik 41ss, 47s, 215,219, 249,266, 268,276, 289, 305, 326, 329, 331s, 338 Topikalisierung 43,214ss, 221 Transitivität 112,250 Undergoer 46,105s, 319ss, 331, 334 URSACHE 85, 92ss, 97, 99s, 106ss, 122s, 127,145,147ss, 179ss, 190s, 203s, 210, 213s, 220, 222,227ss, 243, 259ss, 264,273,280, 288, 295, 299s, 307ss, 317, 320, 322, 325, 327s, 330, 336,339 Valenz 1, 36ss, 40s, 48,146 Valenzreduktion 214ss, 221 Varietätenlinguistik 19 Zeitkonstitution, innere 1,13,41s, 45, 101, 115,284 Zirkumstant 105,122,126, 142 Zustandsveränderung 45, 85, 87ss, 107, 193, 20Iss, 213, 220, 222,230ss, 242, 245s, 257, 259ss, 266, 273,275, 280, 285,288, 290, 296, 298s, 301, 306, 310, 313s, 321s, 325, 327, 329, 332s, 337ss