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German Pages 278 [296] Year 1827
Lehrbuch der
mathematischen Geographie v o n
Friedrich Kries, Professor am Gymnasium zu Gotha, mehrerer gelehrten Gesellschaften Mitgliede.
Zweite, sorgfältig durch gesehene nndverbesserte Ausl a g e.
Mit sieben Kupfer tafeln.
Leipzig, bei (S5 c o r g Joachim Göschen 1827.
Hofrath und Ober-Bibliothekar Jakobs in Gotha
aus inniger Liebe und Hochachtung
gewidmet.
Als ich Ihnen, mein theurer Freund, dieses
Buch vor dreizehn Jahren zum erstenmal zu eignete, schwebten mir die frohen Tage, die ich vormals mit Ihnen und durch Sie verlebt hatte, vor Augen.
Damals lag jene Zeit
noch nicht so fern, daß sie sich, bei dem Rückblick auf die Vergangenheit, nicht leicht vergegenwärtigt hätte.
Viele von den Per
sonen, an welche sie uns erinnerte, zum Theil
dem engern Kreise unsers freundschaftlichen Bündnisses angehörig, waren noch in unserer
Mitte.
Wie vieles hat sich seitdem geän
dert! Wie manche jener Theuern sind nicht mehr da! Jetzt wird es passender, den Blick dahin zu wenden, wohin jene vorauSgegan-
gen sind.
Ich habe hierbei nur den Wunsch,
daß ich so glücklich seyn möchte, den Freund, der mir bei meinem ersten Eintritt in diese
Stadt, die mir schon lange als eine zweite Vaterstadt theuer geworden ist, so wohlwol
lend entgegen kam, und seine Liebe und Freundschaft bis diesen Augenblick unverän
dert bewahrt hat, auch auf dem letzten Theile meiner Laufbahn als einen treuen Führer und theilnehmenden Begleiter an meiner Seite zu
behalten. Gotha im März 1327.
Fr. Kries.
Vorrede zur
zweiten
Auflage.
Das gegenwärtige Lehrbuch hat bei seinem ersten
Erscheinen, im Jahr 1314, stch keiner ungün stigen Aufnahme zu erfreuen gehabt.
Man
hat sowohl den Plan, als die Ausführung desselben gebilligt.
Gleichwohl hat eS keinen
schnellen Absatz gefunden.
Hiervon hat viel
leicht ein Hauptgrund in einer Eigenschaft des selben gelegen, die der Verfasser ihm gern als
einen Vorzug anrechnen möchte, nämlich, in der genauern mathematischen Behandlungsart
der Gegenstände.
Dadurch war eS für dieje
nigen , deren mathematische Vorkenntnksse nicht über den pythagoräischen Lehrsatz hinausgehen,
zu schwer.
Denn wenn gleich der Verfasser
Vorrede,
VIII
sich des Gebrauchs der höhern Mathematik oder der Analysis des Unendlichen enthalten, und sich bemüht hak, die mathematischen Erör
terungen deutlich aus einander zu sehen, so hat er doch einige Kenntniß der Trigonometrie und
einige Uebung in trigonometrischen Rechnun gen, und selbst einige Bekanntschaft mit den Kegelschnitten voraussehen müssen. Es scheint aber,
daß, das Studium der
Mathematik in der neuesten Zeit, vornehmlich
durch die verbesserte Einrichtung der Schulen, unter uns mehr verbreitet und gehoben worden
ist, und daß daher
die Kenntnisse, welche
zum Studium der mathematischen Geographie erforderlich sind, jeht nicht mehr so selten an getroffen werden, als ehedem.
Ist dieses, so
darf es uns nicht gereuen, bei einem Lehrbuche
eines mathematischen Gegenstandes mehr dahin
gearbeitet zu haben, durch höhere Anforderun gen ein gründlicheres Studium zu befördern,
als
durch
Beschränkung
auf
die
untersten
Vorrede.
IX
Elementar - Kenntnisse der Bequemlichkeit und
Seichtigkeit einen Vorschub zu thun..
Der Verfasser ist daher auch bei dieser neuen Auflage seinem frühern Plane treu ge blieben.
Weder in der Anordnung, noch in
der Behandlung der Materien ist eine wesent liche Veränderung gemacht worden.
Dage
gen hat er flch bemüht, die ihm bekannt gewor
denen Mängel im Einzelnen zu verbessern und das Fehlende zu ergänzen.
In dieser Absicht
hat er die Bemerkungen anderer gewissenhaft
benutzt, und namentlich die Erinnerungen deS Rezensenten in den Götting. gel. Anz. (1314. 95. St.) beachtet, dem er sich besonders da
für verpflichtet fühlt.
Der achte und zehnte
Abschnitt haben die meisten Zusätze erhalten.
Der letztere enthielt in der vorigen Auflage nur eine Anleitung zur Auflösung mathema-
risch - geographischer Aufgaben vermittelst des Globus;
dießmal ist bei mehrcrn Aufgaben
auch die mathematische Auflösung durch Rech-
Vorrede.
X
nung hinzugekommen;
doch
gestatteten
die
Grenzen dieses Lehrbuches hierin keine große Ausführlichkeit.
Daher ist bei der Aufgabe
über die Dauer der Dämmerung — die durch
Hülfe des Globus leicht aufgelöst werden kann und deßhalb hier einen Platz gefunden hat, ob
sie gleich mehr in die physische, als in die mathematische Geographie gehört — die Frage
von der Zeit der kürzesten Dämmerung nicht berührt worden.
Eben so hat die Aufgabe
den Flächeninhalt eines Landes zu finden, hier nur kurz und im Allgemeinen aufgelöst wer
den können. Auch in den Kupfertafeln find einige Ver
änderungen gemacht, und einige neue Figuren eingeschaltet worden.
Mit Recht kann daher diese neue Auflage eine verbesserte genannt werden. Gotha im Marz 1327«
Fr. Kries.
Inhalts - Anzeige.
Einleitung ®. i Erster Abschnitt. Von der Gestalt des Erd körpers im Allgemeinen — 7 Zweiter Abschnitt. Von der mathematischen Eintheilung der Erdkugel und von ihrer Größe — 22 Dritter Abschnitt. Von der Umdrehung der Erdkugel um ihre Achse und den damit zusammenhangenden Erscheinungen — 33 Vierter Abschnitt. Von den Mitteln, die geographische Breite eines Ortes zu bestimmen, und eine Mitlagslinie zu ziehen — 75 Fünfter Abschnitt. Von der Bewegung der Erde um die Sonne — 36 Sechster Abschnitt. Von der Eintheilung der Himmels - und der Erdkugel in Beziehung auf die Bewegung der Erde um die Sonne; inglei chen von den Erscheinungen, die auf der Erde aus dieser Bewegung entstehen —- 99
XII
Inhalt.
Siebenter Abschnitt. Von der Zeitbestim mung und den Mitteln zur Bestimmung der geographischen Länge . Achter Abschnitt. Von der sphäroidischen Gestalt der Erde Neunter Abschnitt. Don der Verfertigung künstlicher Erdkugeln und der Landkarten Zehnter Abschnitt. Auflösung einiger mathe matisch-geographischer Aufgaben, vornehm lich vermittelst der künstlichen Erdkugel -
S. 136
— 156 — 193
— 241
Einleitung
i. Di- Betrachtung des ErdkörperS hat für den Menschen, der im Stande ist, sich mit seinem Geiste
über seine nächsten Umgebungen zu erheben, etwas sehr anziehendes und belehrendes.
Denn die Erde
bietet uns, im Ganzen wie im Einzelnen, einen
unerschöpflichen Stoff der Untersuchung dar, und da
sie der Schauplatz ist, auf welchen die Natur uns
gestellt hat, so muß die Kenntniß desselben ein desto
größeres Interesse für uns haben.
Auch die Theil
nahme an dem Schicksale des übrigen Menschenge schlechts fordert uns auf, uns mit seinen Wohnun
gen, seiner Lage und seinen Verhältnissen bekannt zu
machen — wodurch zugleich der Weg zu einer nähern
Verbindung mit demselben geöffnet wird.
Und wir
erheben uns über die übrigen Geschöpfe des Erdbo
dens und machen uns gleichsam zu Herren desselben, indem wir seine Beschaffenheit und Größe mit unsern
Gehanken umfassen.
Einleitung.
2
2.
Bei einem so vielseitigen Gegenstände der
Betrachtung aber lassen sich verschiedene Gesichts
punkte auffassen, und der allzu mannigfaltige und ungleichartige Stoff kann in mehrere Theile von
weniger verschiedenem Inhalt getheilt werden.
Man
kann entweder auf dasjenige sehen, was unsere Erde als Weltkörper betrachtet auszeichnet; oder die eigen
thümliche Beschaffenheit ihrer Oberfläche und ihrer Erzeugnisse untersuchen; oder die zufällige Einthei-
lung der Länder und die Verhältnisse ihrer Bewoh ner betrachten.
Diese verschiedenen Theile machen
den Gegenstand der mathematischen, der phy sischen und der politischen Geographie oder Erdbeschreibung aus.
Die mathematische und physische Geographie werden auch unter dem gemeinschaftlichen Namen der allge
meinen Geographie begriffen.
3.
Wenn man die Erde als Weltkörper betrach
ten will, so hat man nur auf diejenigen Erscheinun
gen bei ihr zu sehen, die unabhängig von ihrer
physischenBeschaffenheitsind und bei jedem andern Weltkörper an ihrer Stelle auf ähnliche Art
statt haben würden.
Von dieser Art ist die Gestalt
und Größe derselben, und was darauf Bezug hat; ihre Lage gegen die übrigen Weltkörper und vornamlich gegen die Sonne; die Art und dieGeschwin-
Einleitung.
3
digkeit ihrer Bewegung, und die Erscheinungen, Vie hieraus auf ihrer Oberfläche entspringen.
Solche
Gegenstände aber gehören ganz eigentlich in das Ge biet der Mathematik, und daher hat man dinienigen Theil der Geographie, welcher sich mit Betrachtung
derselben beschäftigt, die mathematische Geogra
phie genannt. 4. Lehrt die mathematische Geographie uns die Gestalt der Erde kennen, so können wir von ihr
auch füglich eine Anweisung erwarten, diese Gestalt, entweder im Ganzen oder nach einzelnen Theilen
ihres Umrisses, verkleinert darzustellen.
Daher han
delt sie auch von der Verfertigung und dem
Gebrauch künstlicher Erdkugeln und Land karten, und liefert dadurch ein überaus wichti
ges Hülfsmittel zum geographischen Studium über haupt.
5. Aber auch außer diesem ist der Einfluß der mathematischen Geographie auf die beiden andern
Theile dieser Wissenschaft, die physische und politi sche Geographie, unverkennbar, und daher einige
Kenntniß von jener bei dem Studium der lehtern unentbehrlich.
Denn die Beschaffenheit und die Er
zeugnisse des Bodens hängen zum Theil von der
Lage desselben gegen die Sonne und der täglichen Erleuchtung und Erwärmung durch dieselbe ab, wor
über uns eben die mathematische Geographie unter-
Einleitung.
4 richtet.
Und die Bestimmung der Lage sowohl ein
zelner Orte, als ganzer Länder erfordert Kenntniß
der mathematischen Eintheilung der Erdkugel. 6.
Auf der andern Seite steht die mathemati
sche Geographie in genauer Verbindung mit der Astronomie, oder vielmehr, sie macht einen Theil
derselben aus.
Denn die Erde gehört als Weltkör
per zu den Planeten, die einer der vornehmsten Gegenstände der Astronomie sind.
Es bedarf daher
zum Verständniß der mathematischen Geographie der Kenntniß mancher astronomischen Gegenstände, und viele mathematisch - geographische Operationen sind
entweder ganz das Geschäft des Astronomen, oder
erfordern die Hülfe desselben.
Man ist daher genö
thigt , beim Vortrage der mathematischen Geographie
in das Gebiet der Astronomie überzugehen, und eS möchte schwer seyn eine scharfe Grenzlinie zwischen
beiden Wissenschaften zu ziehen.
So bestätigt sich
auch hier der Satz, baß keine Wissenschaft isolirt da steht, sondern daß alle in einander greifen, und
durch ein gemeinschaftliches Band zusammengehal ten werden.
7.
Einen kurzen Abriß der mathematischen Geo
graphie findet man gewöhnlich bei den Lehrbüchern
der politischen.
Oft ist sie in Verbindung mit der
physischen, seltner allein abgehandelt worden.
Zu
den vorzüglichern Werken darüber gehören folgende:
Einleitung.
5
Bernh. Varenii geographia generalis —
Äucta et illustrata ab Is. Newton. Cantabrig. — ein. gewöhnlicher Nachdruck: Jenae 1693. 8. min.
Riccioli Geograpbia reformata. Venet. 1672.
Lulofs Einleitung zur mathemat. und phpfikal. Kenntniß der Erdkugel — Aus dem Holländ. übers,
Göttingen und Leipzig 1755* 4»
aron Käst n e r.
Funks Anfangsgründe der mathemat. Geogra
phie.
Leipzig 1771. 8-
Mailet allg. oder mathemat. Deschr. der Erd kugel.
AuS dem Schwedischen übers, von Röhl.
Greifsw. 1774» 8« B 0 de' s Anleitung zur allg. Kenntniß der Erd
kugel.
Berlin 1503. g.
Ausführliche mathematische Geographie — ein Lesebuch für die Zugend von Walch, gte Aust. Göt
tingen 1807. 8« Weitere Ausführung der mathemat. Geogr. von
Kästner.
Gött. 1795. 8-
Anleitung zur mathematischen, physischen und
Staatsgeographie, von G. W. Bartholdy, ister Theil, (welcher die mathemat. und phys. Geogra phie enthält.)
Berlin igoi. 4.
Introduction ii la Geographie mathematique et critique,
et ä la Geogr. pbysique par S. F. La-
croix Paris, ißn- 8-
6
Einleitung.
Z. G. Schmidt's Lehrb. der mathemat. Geo
graphie,
besonders für den öffentlichen Unterricht
aus Gelehrten - und Bürgerschulen.
Leipz. 13 io. g.
E. §. H ochstetter's allg. mathömät. u.' phy-
sikal. Lrdbeschr. 2 Thle.
Stuttg. 1319 u. 1320. 8«
A. Tellkampf's.Darstellung der mathemat.
Geogr. mit besonderer Rücksicht auf geograpH. Orts bestimmung.
Hannov. 1324. 4.
E r si e r Ab f ch n i t t.
Von der Gestalt des Erdkörpers im Allgemeinen. könnte auf den ersten Anblick befremdend
8.
scheinen, daß es so lange gedauert hat, ehe die Men schen die Gestalt deS ErdkörperS, den sie bewohnen, auch nur ungefähr kennen lernten, und daß noch
jetzt die meisten eine unrichtige Vorstellung davon haben.
2ffrtr die Ursache davon ist, daß die Mitiesi,
wodurch wir sonst die Gestalt der Körper erkennen, hier entweder gar nicht anwendbar, oder, unzulang^
lich sind, nämlich: Gefühl
des
oder
ganzen
Untersuchung durch
Betasten, Körpers,
und
oder
daS
Ueberblick Anschauung
seines Umrisses von allen Seiten.
Das
erstere Mittel können wir nicht gebrauchen, weil der Körper zu groß ist, und das letztere wird ünvoll
kommen, weil wir ihm zu nahe stehen. Es ist zu bemerken, daß wir überhaupt die Gestalt eines Körpers nicht unmittelbar durchs Gesicht wahrneh
men können, sondern durch dasselbe nur die Data erhal
ten , woraus wir auf die Gestalt des Körpers schließen. Mannigfache Erfahrungen lehren uns freilrch diesen Schluß in vielen Fällen sehr schnell zu machen, besonders'örent
8
I- Von d. Gestalt d. Erdkörpers,
die Mischung von Licht und Schatten unser Urtheil zu bestimmen. Von dem Erdkörper übersehen wir auf ein mal einen zu kleinen Theil, als daß wir daraus seine ganze Gestalt sogleich erkennen sollten. Denn selbst von einem Berge von loovo Fuß Höhe, dergleichen schon sehr selten von Menschen bestiegen werden, kann man nur ein Stück übersehen, dessen Durchmesser im Bogen noch nicht ganz 3j Grad betragt. Man müßte sich schon in einer Entfernung von 356 geographischen Meilen von der Oberfläche befinden, um ein Stück derselben zu überse tzen, dessen Durchmesser im Bogen sich auf 90° erstreckt; und in einer Entfernung von 4090 Meilen, um ein Stück von i6o° im Durchmesser überblicken zu können Indes sen würde uns der Körper, auch aus; diesen Entfernun gen gesehen, immer nur flach erscheinen, und es würde mancher Vergleichung bedürfen, um schließen zu können, daß er wirklich kugelförmig sei.
9. Wann und unter welchem Volke man zuerst gelehrt habe, daß die Erde kugelförmig sei, läßt sich aus Mangel an Nachrichten nicht entscheiden. Die meisten der ältern griechischen Dichter und Philoso phen blieben bei dem Scheine stehen, daß die Erde flach sei. Erst in den sokratischen Schulen wurde die Vorstellung von ihrer Kugelgestalt herrschend, und man fing selbst an die Größe der Erdkugel auszuforschen. Indessen waren die Gründe, womit man diese Meinung unterstützte, nicht sehr einleuch tend, und daher geschah es, daß auch späterhin viele zu der frühern Vorstellung zurückkehrten.
I. Von b. Gestalt b. Erdkirpers.
y
Dergl. Voß über die Gestalt der Erde nach den Be
griffen der Alten — im N. D. Museum 1790. g. St» ^chaubachs Geschichte der griech. Astronomie bis
auf Eratösthenes. Gott. 1302. 8» F. A. Ukert's Geograph, der Griechen u. Römer
»oit den frühesten Zeiten bis auf Ptolemäus.
1. Lh.
Weimar igr6. g. 10.
Gleichwohl giebt es einige sehr gemeine Er
scheinungen, aus welchen sich auf die Kugelgestalt
der Erde schließen läßt. kreiLfirmige
und
Dahin gehört zuerst die scharf abgeschnittene
Gestalt des Horizonts, die wir überall wahrnehme», wo die Aussicht frei und offen ist.
Denn
von einem jeden freien Standpunkt übersehen wir «inen gemissen Abschnitt der Erde; und nur die Kugel
hat di» Eigenschaft, daß jeder Abschnitt derselben durch einen Kreis begrenzt wird.
Freilich ist das
Stück, welches wir jedesmal übersehen, wie schon
vorhin bemerkt worden ist, nur klein;
daher führt
der Anblick uns nicht so leicht auf die Gestalt des ganzen Körpers; allein wenn wir diese Erscheinung
genauer untersuchen und erwägen,, daß sie an allen Orten der Erde auf ähnliche Art statt findet, so setzt
sie nothwendig einen Körper voraus, in welchem auch die kleinen Durchschnitte, die man sich nahe an der Oberfläche mit einer Ebene gemacht vorstellt,
lauter Kreise sind — und dieß ist kein anderer als die.Kugel.
I. Von d. Gestalt d. Erdkörptrs.
io
ii.
Ferner, wenn wir an einem Orte in die
Höhe steigen, so erweitert sich der Horizont
nach allen Seiten, je höher wir steigen, und
bleibt dabei immer kreisförmig.
Dieß kann gleich
falls nur auf einer Kugel statt finden.
Den» je
weiter wir uns von einer Kugel entfernen, ein desto
größeres Stück derselben können wir übersehen; und
Misses Stück ist wieder -ei» Abschnitt der Kugel, folglich durch einen Kreis begrenzt.
Wäre die Erde
stach, so würde man durch eine größere Erhöhung über dir Oberfläche nicht eine weitere Aussicht ge winnen , oder die Aussicht würde nur auf der Seite
wachsen, wo sie vorher durch erhabene Gegenstände
oder
eine zufällige Ungleichheit
des Dodens be
schränkt war, und man würde an jeden Ort, durch die Erhöhung des Standpunktes, eine andere Art von Erscheinung in Absicht auf die Größe
und Gestalt des Horizontes bekommen. 12. Eine andere Erscheinung, die von der Kugel
gestalt der Erde zeugt, ist di« verhältnißmäßig geringe
Entfernung,
in
welcher große
Gegenstände auf der Erde unserm Auge verschwinden.
Auf einer ebenen Fläche würden
uns die Gegenstände nur dann unkenntlich werden,
wenn sie uns unter einem allzukleinen Winkel erschie
nen, oder wenn die zwischen ihnen und unserm Auge
liegende Luftwaffe von den Lichtstrahlen nicht mchr
L Von b. Gest-ail.d. ErdkörPers.
ttttd)faattgen werden könnte.
Rechnet man-,
ii
daß
Gegenstände bei einem Sehwinkel, der kleiner alg
eine Minute ist, unkenntlich werden, so müßte z. Sh em Berg von 6000 Fuß Höhe auf einer Ebene
g6o Meilen, weit zu sehen seyn.
Denn man setze,
eS sei AB (x. Fig.) die Länge der Ebene,-DO die Höh« des Berges , und der Winkel bei A der Geh winkel zz 1', so ist 1
AB : B C “ i : tang A folglich
BC 6000 , „ AB — — — ------- tz 20626000 Fuß, tgA tg 1'
dieß giebt, die Meile zu 24000 Fuß gerechnet, bei nahe &6q Meilen.
Wir wissen aber, daß auch dex
höchste Berg auf der Erde lang« nicht so weit gese
hen werden kann.
Es tritt also etwas zwischen
das Auge und den Gegenstand, wodurch dieser ver
deckt und unsern Blicken entzogen wird, und die
Art, wie dieses geschieht, ist ein.offenbarer Beweis von der,Kugelgestalt der Erde. 13, Denn er verschwindet nicht dadurch, daß er
-nach und nach immer undeutlicher würde —r wie es geschehen müßte, wenn die Undurchsichtigfeit der Lust die Ursache des Verschwindens wäre — sondern weil et von dem Erdkörpcr selbst verdeckt wird-
Diese
Verdeckung fängt unten an und steigt immer höher, je mehr di« Entfernung zunimmt.
Dabei bleibt
12
I, Aon d. Gestalt b. Erdkörpers,
der unverdeckte Theil noch vollkommen sich t b a r.
Umgekehrt, kommen die Gegenstände mit
ihrem obersten Theile zuerst zum Vorschein, wenn man sich ihnen nähert, und der unterste, wenn gleich
größte und dickste, Theil erscheint zuletzt.
es sich aber auf einer Kugel verhalten. denke sich,
So muß
Denn man
es fei in a (2. Fig.) ein erhabener
Gegenstand, ad, und es gehe jemand von a nach
b, so ist in b der untere Theil von ad nicht mehr zu sehen, weil die gerade Linie von a nach b durch
die Kugel geht, und wir nur nach geraden Linien sehen können.
Die Kugel selbst verdeckt also den
untern Theil von ad.
Dagegen ist der über be
liegende Theil von ad in b noch zu sehen; und erst, wenn man sich noch weiter nach c hin entfernt, ver schwindet auch dieser.
Kommt man aber in umge
kehrter Richtung von c nach a, so muß zuerst die
Spitze und nach und näch ein immer größrer Theil
von ad zum Vorschein kommen. mit dem Verschwinden
Da es sich nun
und Wiebkrerschrinen
der
Gegenstände überall auf der Erde aus diese Weise
verhält, vorausgesetzt, daß keine Gebirge oder andere Hindernisse die Aussicht hemmen, so folgt, daß die Erde kugelförmig sei.
14.
Auch der Himmel bietet uns verschiedene
Beweise von der Kugelgestalt der Erde dar.
Wäre
sie eine Ebene, so würd« man an allen Orten nicht
I. Von d. Gestalt d. Erdkörpers.
13
Nur einerlei Gestirne, sondern diese auch zu gleicher Zeit auf» und untergehen sehen.
Die Erfahrung
aber lehrt, daß, wenn wir in der Richtung von
Norden nach Süden forlgehen, das Schauspiel des
Himmels sich beständig ändert:
gegen Süden kam»
men Gestirne zum Vorschein, die man vorher nicht
sehen konnte, und im Norden verschwinden andere, die vorher sichtbar waren.
Ferner sind die Dogen,
welch« die Gestirne über dem Horizont beschreiben,
theils in Ansehung ihrer Größe, theils in Ansehung
ihrer Neigung gegen den Horizont, an Orten, die in
verschiedener Entfernung vom Aequator liegen, ver» schieden.
Endlich gehen di« Gestirn« in einer Gegend
eher auflrnd unter, als in einer andern, bie jener gegen Westen liegt.
Alle diese Erscheinungen aber
lassen sich nur mit der Kugelgestalt der Erde ver einbaren. Daß dieselben Gestirne an verschiedenen Orten zu ver schiedener Zeit auf - und untergeben, kann heutzutage,
bei den bequemen tragbaren Uhren, sehr leicht ausge
macht werden.
Bei den Alten mußte dieß größere Schwie
rigkeit haben.
15. Eben so ist es ein Beweis dieser Kugelge
stalt, daß wir nur einen verhältnißmäßig kleinen Weg auf der Erde zu machen brauchen, um einen Stern gerade in unsern Scheitelpunkt zu bringen,
der vorher um einen oder mehrere Grade davon ent-
14
I. Von d. Gestalt b. Erdkörpers,
fevnt war.
Gesetzt eS befinde sich jemand in A
(z. Fig.) und habe drtt Stern a in seinem Schei
telpunkt, der Stern b aber sei um den Wmkel a Ab davon entfernt,
so bLdarf es nur des Weges von
A nach B> um den Stern b in seinem Scheitelpunkt zu sehen.
Wäre aber die Erde eben, so müßte er
von A biS C gehen, d. i. so weit als der Abstand der beiden Perpendikel a A und b C von einander
betragt.
Allein die Größe eines einzigen Grades
am Himmel macht ohne allen Vergleich mehr aus, als der Abstand, der entferntesten Punkte auf unsrer
Erde von einander.
Wäre der scheinbare Abstand der beiden Sterne von einander ein Grad, so würde der Bogen AB nur 15 geo graphische Meilen ausmachen, die Linie AC aber über 17000 Millionen Meilen lang seyn, wenn man auch den Abstand der Sterne von der Erde nur eine Billion Mei len rechnen wollte, welches noch viel zu wenig rst. 16.
Bei den Mondfinsternissen fällt der
Schatten der Erde auf den Mond, und da er bei den verschiedensten Lagen der Erde gegen die Sonne immer kreisförmig erscheint, oder wenigstens so weit,
als er auf der Mondfläche zu sehen ist, durch einen
Kreisbogen begrenzt wird, so folgt auch
daß die Erde eine Kugel sei. runden Scheibe,
hieraus,
Denn gliche sie einer
so könnte ihr Schatten nur in
I. Von v. Gestalt d. Erdkörpers.
gewissen
Lagen
gegen
die
Sonne
auf
15
dem
Monde kreisförmig erscheinen.
Der Schatten einer runden Scheibe kann auf einer ebenen Wand entweder rund, oder elliptisch, oder als
eine gerade Linie erscheinen, je nachdem sie gegen das Licht gehalten wird.;
der Schatten
einer Kugel aber
erscheint immer rund an der Wand, man mag sie gegen
das Licht halten wie man will.
Eigentlich ist der Schatten der Erde auf dem Monds der Durchschnitt eines geraden Kegels und einer Kugel, und ferne Grenze daher eine Linie von doppelter Krüm
mung; allein so wie die Halbkugel des Mondes als eine
Kreisfläche erscheint, so projicirt sich auch auf ihr der Schatten der Erde als ein Stück einer Kreisfläche.
17.
Da man indessen auf der Mondscheibe nur
einen kleinen Theil des Erdschattens auf einmal über sehen kann, so sind Mondfinsternisse nicht sehr ge
schickt uns auf die Vorstellung von der Kugelgestalt der Erde zu führen.
Hierzu kommt noch, daß wegen
des Halbschattens die Begrenzung nicht einmal scharf ist.
Wenn auch der ganze Durchmesser des Mondes die
Sehne des Bogens wird, welcher den Erdschatten be grenzt, so beträgt der Bogen in der mittlern Entfernung des Mondes von der Erde und der Erde von der Sonne
noch nicht 45 Grad (nur 44° 21'), also noch nicht den achten Theil der ganzen Peripherie.
16
I. Von d. Gestalt d. Erdkörpers. Um den Halbmesser des Erdschattens in der Entfer
nung des Mondes zu finden , denke man sich, es sei der
Kreis um S £Fig. 4.
die Sonne, der Kreis um E
die Erde, und bCg der Schattenkegel derselben.
Fer
ner sei der Halbmesser der Sonne Sa r R; der Halb messer der Erde E b zz r; der Abstand der Erde von der Sonne LE zz a; der Abstand der Erde von dem Monde Es zz b; alsdann stellt fd den Halbmesser des Erdschat
Nun ist
tens in der Entfernung des Mondes vor.
CS : Sa~ CE : Eb woraus sich leicht CEz----------
R— r
CE
findet.
Man setze
x, so ergiebt sich, aus derAehnlichkeit der Drei
ecke CEb und Cdf, fd zz r-------- , indem man ohne merklichen Fehler Cb zz CE setzen kann; und substi-
tuirt man für x den Werth desselben,
ar -j- b r — Rb L
so ist f d —
Es ist aber
Es : f d ZZ I : lang d E f
folglich tang dEf ZZ Hier drückt
b
b r — Rb ab
ar
b
*
a
R a*
die Tangente der sogenannten Horizontal-
parallaxe des Mondes; - die Tangente der Horizontal-
a
parallaxe der Sonne, und — die Tangente des scheinba ren Halbmessers der Sonne auS.
Nimmt man aber statt
der Tangenten die Winkel selbst — welches erlaubt ist, da man es hier nur mit kleinen Winkeln zu thun hat —
so erhalt man die bekannte Regel, »daß die schein-
I. Von b, Gestatt b. Erbkörpers.
17
*6are Größe des Halbmessers des Erdschat-
„tens
auf dem Me>nde ~
der Summe
der
„horizontalen Parallare des Mondes und
»der Sowtt.e weniger dem schernbaren Halb»messep der Sonne ist."
18. Einen der einleuchtendsten Beweise, daß die Erde kugelförmig fei, geben uns bk Reisen um
die Welt,
d. k.
um den Erdkörper selbst herum.
Zwar könnte man auch auf einer ebenen Erde um
dieselbe herumfahren, indem man immer am Rande oder in der Nahe desselben hinführe; alsdann aber müßte man, um auf denselben Platz zu rückzu kehren,
von welchem man ausgegangen wäre, in der Ebene
des Horizontes selbst herumfahren, und so nach und nach alle möglichen Richtungen in Absicht auf den Horizont nehmen.
Allein auf einer kugelförmigen
Erde kann man auf denselben Platz zurück gelangen, von welchem man ausgegangen ist, ohne seine Rich tung in Absicht auf den Horizont zu verändernin
dem man immer nach derselben Richtung
fortgeht,
ohne zur Rechten, noch zur Linkem zu weichen.
Und
auf die letztere Art sind die Reisen um die-Welt
gemacht worden.
Zwar h'ar man dabei wirklich viel
fache Ausbeugungen zur Rechten und zur Linken ge
macht — durch die Lage der Lander und Meere genö thigt —
aber im Ganzen doch einerlei Richtung
gehalten.
Auch die Grundsätze der Schiffahrt, die
iS
l. Won d. Gestalt d. Erdkörpers.
man dabei befolgt, stützen sich auf die Voraussekung, daß die Erde eine Kugel sei.
Man hat zwar die Erde nur in der Richtung von Osten nach Westen, und umgekehrt, umschifft, man darf aber darum nicht schließen, als ob sie auch nur nach die ser Richtung gekrümmt wäre, und folglich eme walzen förmige Gestalt hatte. Denn andere bei jenen Reifen beobachtete, weiter unten zu erkürende, Umstande bewei sen gleichwohl, daß sie eine Kugel sei. Die erste Reise um die Welt geschah in den Jahren 1519 — 22, unter Anführung des Portugiesen Hernando Magalhaens (Ferdinand Magell an) auf spa nischen Schiffen. In demselben Jahrhundert wurden ähnliche Reisen unternommen von dem Engländer Francis Drake 1577 — 80. von dem Engländer Thomas Cavendjsh oder Candish 1586 — 88. von den Holländern Jacob Mahu und Simon deCordes 1593. und zu derselben Zeit mit größerm Glück von dem Holländer Olivier de Noort 1598-^-1601. In das siebenzehnte Jahrhundert gehören die Meisen von Georg Spilberg, einem Deutschen in holländi schen Diensten 1614 — 17. den Holländern Jacob le Maire und Cornelius Scho Uten 1615 —17. den Hollandern Jacob l'Hermite und Hugo Schapenham 1623 — 26.
I. Von d. Gestalt d. Erdkörpers.
19
dem Engländer Cowley 1633 — 86.— ging von
Virginien um das Kap Horn durch das Südmeer nach England.
dem Engländer William Dampier, einem der größten
Abenteurer und Seefahrer,
1633 — 91* und
außerdem noch zweimal.
dem Italiener Gemelli Careri 1693 — 97» Im. achtzehnten Jahrhundert haben die Reise um
die Welt gemacht:
der Engländer Will. F-nnnel 1703 —1706. die Engländer Woods, Rogers und Courtney
gemeinschaftlich-, von Dampier begleitet, 1703 — 1711.
der Engländer Eduard Covcke 1703 —11. der Franzose te&entil de la Barbinaiö 1714 — 17*8»
die Engländer Elippe^rton u< Shelv 0 eke 1719 — 1722. der Holland. Admiral JacobRog gern in 1721 — 23.
der Engländer George Anson 1740-^44.
der Engländer John Byron 1764 — 66. der Engländer Samuel Wallis 1766 — 63. der Engländer PhilippCarteret, der mit Äallls zugleich auslief, aber in der Südsee von ihm getrennt wurde, 1766 — 69.
der Franzose de Bougainville 1766*— 69. der Engländer James Cook zu drei verschiedenen Malen: a) 1768 — 71. b) 1772—75. c) 1776. Auf die
ser Reise kam Cook aufO-why-he, einer der Sandwich-
Inseln ums Leben den 14. Febr. 1779. — uüd das Schiff
T. Von d. Gestalt d. Erdkörpers.
20
wurde, nachdem auch Clerke gestorben war, von Gore
i78o nach England zurückgebracht., der Engländer Fourneaux, der bei Cooks zweiter
Reise zugleich nut ihm auslref, 1772 — 74-
dre Engländer P 0 ttlvck und -D ix on 1785—88.
der Engländer Edwards 1790 — 92. der Franzose Etienne Wiarchand 1790-^92.
der Engländer I. Park-er, 'dessen Reise, London
1795- 8- erschienen ist. der Engländer Georg Dancouver 1790 — 95. In das Ende des achtzehnten und den Anfang des
neunzehnten Jahrhunderts fallt dre Reise
des Engländers I. Turn bull's 1300 — 1304*
Ferner
die erste Reise um dre Welt auf russischen Schif fen — von A. I. Pon Kx« senffevn 1303 -—^806.
erne zweite auf dem Ru rik unter Anführung-von O. v. Kotzebue i8i5 —ISIS*
eine dritte auf der russischen
Corvette Wostock,
Kaprtain Bellinghausen 1819-1322. In französischen Schiffen wurden Reffen um die
Welt gemacht von Camille de Roque feuil 1316 —1319.
von Step einet 1817 — 1820. von Dü^errey 1322 —1325.
von Bougainville,. dem. Sohne des .frühern Weltumseglers, 1324 —1326, Die erste Reise um die Welt auf einem preußr? sch en Schiffe
I. Von d. Gestalt d. Erdkörpers.
vom Kapitain Harmsen 1822-1324. auf einem amerikanischen Schiffe
vom Kapitain David Leslie aus Neuyork 1022 — 1825. Eine Sammlung von Reisebeschrerbungen, die Steifen um Me ißelt fcetreffeno z findet man in folgendem Werke:
Collectioh de tous les Vo^ages faits autour du inonde par les differentes nations de F Europe, par Berenger. Laus, et Paris. Nuuv. Edit. 1795.10 Vols. Z.
Zweiter Abschnitt. Von der mathematischen Eintheilung der Erdkugel und von ihrerGröße. 19. Ä?enn aus den im vorhergehenden Ab schnitte angeführten Gründen gefolgert werden muß, daß die Erde kugelförmig sei, so folgt doch nicht
nothwendig daraus, daß sie eine vollkommene Kugel ausmache. Vielmehr wird sich in der Folge zeigen, daß ihre Gestalt wirklich etwas davon abweicht.
Indessen ist es zu vielerlei Zwecken hinreichend und bequem, auf die Abweichungen keine Rücksicht zu neh men, und sie als eine vollkommene Kugel zu betrach ten. Alsdann lassen sich die mathematischen Lehr sätze von der Kugel auch auf sie anwenden.
Die
Ungleichheiten, welche Gebirge und Thaler auf ihrer
Oberfläche bilden, thun der Kugelgestalt im Ganzen
keinen Eintrag, da sie gegen die Größe des Erd körpers verschwinden. 20. Auf der Oberfläche einer Kugel hat kein Punkt seiner Lage nach eine Auszeichnung vor dem
andern; es findet keine natürliche Grenze auf ihr
statt, von welcher man ausgehen könnte, um die Lage
n. Math. Einth. u. Größe d. Erdkugel.
anderer Punkte darnach zu bestimmen.
2Z
Es müssen
also erst gewisse Punkte oder Linien auf irgend eine Weise festgesetzt werden, auf welche die Lage andrer
Punkte bezogen werden kann. 21.
Solche Punkte sind auf der Erdkugel die
Pole —
zwei
einander
entgegengesetzt
liegende
Punkte, oder die Endpunkte eines Durchmessers —
deren Lage durch die Umdrehung
um sich selbst bestimmt wird.
der Erde
Von dieser Erschein
nung handelt erst der folgende Abschnitt; hier ist es
genug, sich irgend einen Erddurchmesser zu denken,
dessen Endpunkte die Pole vorstcllen
sollen.
Der
eine von diesen Polen heiße der Nordpol, und
der andere der Südpol, der Durchmesser selbst aber die Achs e.
Die Benennung Pole kommt von dem Griechischen Koktiv, umdrehen, her. 22.
Durch die Pole wird die Lage des Aequa-
tors bestimmt, worunter man sich denjenigen größ
ten Kreis der Erdkugel zu denken hat,
Ebene die Erdachse senkrecht steht.
auf dessen
Wenn also die
Linie N S (Fig. 4. b) die Erdachse bedeutet, so ist
AQ der Durchmesser des Aequators.
Folglich sind
alle Punkte seines Umkreises von beiden Polen gleich weit entfernt; und die Erdkugel wird durch die Ebene desselben in zwei gleiche Theile, die nördliche und
n. Mathematisch e Eintheilnng
24
südliche Halbkugel, getheilt, die ihre Benennung
von dem in ihnen liegenden Pole haben. 2g.
Der Aequator gewahrt uns ein vorzügliches
Hülfsmittel zur Bestimmung der Lage eines Ortes auf der Erdkugel.
Grenzlinie,
Denn er giebt uns eine bestimmte
auf welche wir die Lage andrer Orte
beziehen können.
Wir brauchen
nämlich nur den
Abstand eines Ortes vom Aequator zu be zeichnen, und zugleich zu- bemerken, ob der Ort in der nördlichen oder südlichen Halbkugel liege, so ist
seine Lage bis auf einen mit dem Aequator parallel laufenden Kreis (einen Parallelkreis) bestimmt.
24.
Um den Abstand eines Ortes vom Aequator
zu bestimmen,
denke man sich einen größten Kreis
durch den Ort senkrecht auf den Aequator gezogen; der Bogen dieses Kreises, der zwischen den Ort und den Aequator fallt, giebt den gesuchten Abstand.
Ein
solcher Kreis aber muß zugleich durch die Pole gehen
(S. mein Lehrbuch der .reinen Mathem. 4te Aufl. H. 250.
der
Geom.).
Es
stelle
also A S Q N
(5. Fig.) die Erdkugel, N und S die Pole, AB Q den Aequator, und O einen beliebigen Ort vor, so ist der Bogen O B sein Abstand vom Aequator. Die Größe
dieses Bogens wird in Graden und deren Unterabtheilungerr aurgcdrückt.
Es ist aber leicht einzusehen,
daß, wenn man durch O einen Parallelkreis mit dem
und Größe der Erdkugel.
25
Aeguavor zieht, jeder Punkt desselben einen gleichen Abstand vom Aequator hat. Angabe des Abstandes
Folglich wird durch die
eines Ortes vom Aequator
seine Lage noch nicht vollkommen bestimmt. Die Pole haben den größten Abstand vom Aequator — 90*.
25»
Der Abstand eines Ortes vom Aequator
heißt seine geographische Breite,
und man
unterscheidet nördliche und südliche Breite, je
nachdem der Ort in der nördlichen oder südlichen
Halbkugel liegt. 36. Ein größter Kreis der Erdkugel, der durch beiden Pole und einen Ort 0 geht, wie NOS
(5. Fig.), heißt der Meridian oder Mittags-
kreiS des Ortes 0.
Durch jeden Ort auf der Erde
aber kann ein solcher Kreis gezogen werden.
Denn
so wie die Lage einer jeden Ebene durch eine gerade
Linie und einen Punkt außerhalb derselben bestimmt ist, (s. das angef. Lehrbuch §. 183- der Geom.) so
wird auch die Lage der Ebene eines Meridians durch
di.e Erdachse und den Punkt in der Oberfläche der Erdkugel bestimmt.
27.
Alle Meridiane durchschneiden einander in
den beiden Polen. N A S
Jede zwei derselben also, wie
und NOS (5. Fig.), bilden hier einen
sphärischen Winkel, ANOr ASO.
Das Maas
II. Mathematische ELntheilung
26
desselben ist der Dogen AB des Aequators, der zwi schen beide fällt,
(s. das angef. Lehrbuch §♦ 250,
2. Zus. der Geom.).
Wenn man aber die Größe
dieses Winkels bestimmt, und zugleich bemerkt, nach welcher Seite der eine Meridian gegen den andern
liegt, so ist die gegenseitige Lage beider
Meridiane dadurch bestimmt. 28.
Durch die Lage des Meridians eines OrteS
gegen den Meridian eines andern wird die geogra
phische Länge jenes Ortes bestimmt; oder mit andern Worten: unter der geographischen Länge eines
Ortes versteht man den sphärischen Winkel, unter welchem der Meridian dieses Ortes den Meridian eines andern, auf welchen die Länge bezogen wer den soll, durchschneidet;
und da der Dogen des
Aequators, der zwischen beiden Meridianen liegt,
das Maas des sphärischen Winkels ist, so dient er
auch zur Bestimmung der geographischen Länge.
So
bezeichnet also der Dogen A B (5. Fig.) die Länge
des Ortes O in Beziehung auf den Meridian NAS. Die Größe dieses Bogens wird, wie die geographi
sche Breite, in Graden und deren Unterabtheilungen ausgedrückt.
Und um zis bestimmen, nach
w e l ch e r S e i t e von A der Dogen AB zu nehmen
ist, unterscheidet man östliche und westliche Länge, so wie man nördliche und südliche Breite hat.
und Größe der Erdkugel.
27
Wenn die Länge von O gegen den Meridian N AS
östlich ist, so ist dagegen die Lange des Meridians N AS
gegen den des Ortes 0 westlich.
Der Grund dieser Be-
rrrnnungen wird in ddm nächsten Abschnitt erklärt. 29. Längenbestimmungen beziehen sich also nicht, so wie die Dreitenbestimmungen, auf eine gleichsam
von der Natur selbst festgesetzte Linie, sondern können auf d?n Meridian eines jeden Ortes bezogen werden.
Um indessen Zrrungen und Mißverständnisse zu ver
meiden, und noch mehr, um auf den Landkarten und künstlichen Erdkugeln eine gleichförmige und leicht
verständliche Eintheilung in Absicht der Längen zu erhalten,
pflegt man
den Meridian irgend eines
Ortes als denjenigen festzusetzen, nach welchem die Lage aller übrigen bestimmt wird; und dieser heißt der erste Meridian.
30.
In der Bestimmung des ersten Meridians
finden vielerlei Abweichungen statt,
indem sich ver
schiedene Nationen nach verschiedenen ihnen merk
würdigen Orten gerichtet haben.
Die Engländer
z. D. haben den Meridian von Greenwich, die Franzosen den von Paris zum ersten angenommen.
Ein altes Herkommen bestimmte dazu den Meridian
der Insel Ferro, riffa.
oder des Piks von Tene
Heutzutage ist es sehr gewöhnlich, den ersten
Meridian 20 Grade westlich von dem Pariser zu
II. M ar hlematische Eitttheilung
28
festen,
welches
ungefähr mit
dem Meridian von
Ferro zusammen trifft.
Wenn die Lange eines Ortes gegen den ersten Meri dian, ohne den Beisatz, ob sie östlich oder westlich sei, angegeben wird, so ist immer östliche Lange zu ver
stehen. 31.
Durch Lange und Breite eines Ortes
wird seine Lage auf der Erde, als Kugel betrachtet, völlig bestimmt.
Denn durch die Länge erhält man
den Meridian, welcher durch den Ort geht; durch die Breite wird
bestimmt,
in welchem
und
der Punkt des Meridians
der Ort liegt.
Man kann
also darnach mit leichter Mühe genau die Stelle auf einer Landkarte oder künstlichen Erdkugel angeben,
in welche der Ort zu sehen ist. wie
m an
die
Lange
Ist aber die "Frage,
und
Breite
eines
Ortes auf der Erde selbst bestimmen kön ne, so hat die Sache ganz andere Schwierigkeiten.
Sie erfordert Beobachtungen am Himmel, und wird dadurch das Geschäft des Astronomen.
Einiges dar
über wird weiter unten vorkommen.
Die Benennungen Lange und Breite sind wohl aus der alten Geographie in die neuere übergegangen. Derjenige Theil der Erde, welchen dre Alten kannten,
hatte eine größere Ausdehnung
in der Richtung von
Osten nach Westen, als in der Richtung von Süden nach Gosden. Jenes war ihnen daher die Länge, dieses fcfe
und Größe der Erd kug^l.
Breite der. Erde..
29,
Auch 6et der Emtheilung der Erd^
oberflache in Ionen, die man noch heutzutage beibehal-
ten hat, -läßt, sich die Richtung einer Zone von Osten
nach Westen, als die Lange, und die Richtung von Sude»
nach Norden, als die Breite derselben betrachten.
Nach
einer auch in andern Fällen nicht ungewöhnlichen Ver wechselung der Begriffe geschah es dann, daß man die Äestimmunaen der Lage eines Ortes in Beziehung auf die Lange und Brerte der Erde, oder der Erd-onen, selbst mit dem Namen der Lange
und Brerte be-eichnere. 32.
Die Kreise auf der Erdkugel werden, wie
in der Geometrie gewöhnlich,
in
360 Grade, der
Grad in 6q Minuten, und die Minute in do Sekun
den emgethellt.
Einen Grad des Aequators, und
also eines größten Kreises überhaupt, rechnet matt zu 15 deutschen oder geographischen Mei
len, deren jede ungefähr 22300 pariser oder 23600 rheinlnirdifche Fuß halt.
Hiernach betragt der Um
fang der Erdkugel 5400, und ihr Durchmesser 1718/
87 ♦ • •
oder in einer vollen Zahl 1719, folglich
der Halbmesser 8592-/
oder ui einer runden Zahl
g6o solcher Meilen. 1. Die von den Franzosen zur Zeit der Revolution m
Vorschlag gebrachte Eintheilung des Kreises rn 402 Grade,
des Grades in 100 Minuten, und der Minute tn 100 Sekunden, hat bei andern Nationen die Aufnahme nicht gefunden, die sie in vieler Hinsicht wohl verdient hatte,
II. Mathematische Eint Heilung
3Q
und wird jetzt selbst von ihren Urhebern kaum noch -e*
braucht.
2. Genauer wird die Größe der geographischen Meile
weiter unten im achten Abschnitte, wo von den Grad messungen die Rede ist, angegeben. 3.
So wie andere Längenmaaße, so sind auch die
Meilen bei verschiedenen Nationen von sehr verschiedener
Größe.
Um ihr Verhältniß gegen einander bestimmen
zu können, muß man wissen,
wie viele derselben auf
einen Grad des Aequators gehen; denn die Meilen selbst
stehen im umgekehrten Verhältniß dieser Mengen.
Ver
zeichnisse verschiedener Meilen mit AnLabe ihrer Größe finden sich in Bodens Anleitung
zur Kenntniß der
Erdkugel; in Herrmanns, in Gerhardts und in
Kruse ns allg. Comtoristen; in dem allg. kleinen (Erfurt 1791. 8.);
Comtoristen
täglichen Taschenbuch;
im Gothaischen
in Krünitz Encyklopädie Art.
Merle, wo man auch mehrere Schriften nachgewiesen findet. Eine kleine Tabelle der Art ist die nachstehende: gehen auf r Grad des Aequat.'
Namen der Meilen.
deutsche oder geograph. dänische englische
englische Seemeilen
.
60
französische (Neue)
.
25
französische Seemeilen .
russische oder Werste scywedische
20 60
italiänische
.
.
104I
und Größe der Erdkugel. ZZ.
3i
Die Parallelkreise — unter welchen
man solche Kreise auf der Erdkugel versteht, die mit dem Aequator parallel laufen — sind desto kleiner, je weiter sie vom Aequator abstehen.
Ein Blick auf
die 6te Figur kann uns davon überzeugen.
Wen»
AQ den Durchmesser des Aequators vvrstellt, so sind die Sehnen m n, o p, czr Durchmesser von Paral-
lelkreifen, und dir Sehnen eines Kreises sind desto
kleiner,
je weiter sie
vom Mittelpunkt abstehen.
Auch ist C m : ms — I : Cos X und ba C m “ CA, x
der Breite des Parallelkreises ist, und die
Peripherien zweier Kreise sich wie ihre Halbmesser verhalten, (s. mein Lehrb. d. Math. §. 159. 2. Zus.)
fe ergikbt sich hieraus leicht die Regel, daß sich
der Unrfnng des Aequators zum Umfang eine» Parallelkreises, wie 1 zumCvsinuS der Breite des letztem verhält.
Ist der Umfang des Aequators 5400 geograph. Mei len, so hat der Parallelkreis in der Breite von
22° 42 56 68 79 84 88 89
ii 12
3o" 20
15 15
3 4i 4i
19 4i 56 53
14
20
38
einen Umfang von 5000 — — — 4000 — 3000 — — — — — 2000 — — — 1000 — — 500 —
— —
— —
— —
ICO
IQ
geogr. — — — — — — —
Meil. — — — — — — —
32
II. M ath. Einth. u.Größe d. Erdkuge L
Hatte die Erde eine walzenförmige Gestalt, so wür den alle Parallelkrerse dem Aequator gleich seyn..
Die
Verschiedenheit ihrer Größe in verschiedenen Breiten also, dre man bei den Reisen um die Welt um so eher wahr nehmen mußte, je weiter man sich dabei vom Aequator
entfernte, zeigt, daß die Erde auch nach den Polen zu gekrümmt seyn muß,
34.
Die Oberfläche der Erdkugel, so wie ihr kör
perlicher Inhalt, wird aus ihrem Umfange nach den
bekannten geometrischen Lehrsätzen von der Kugel ge sunden.
Hiernach beträgt die Oberfläche 9,2319101
geogr. Qnadratmeilen, und der Inhalt 2659,072000 geogr. Cubikmeilen. Dre klemen Unterschiede, die sich bei verschiedenen Schriftstellern in diesen Angaben finden, rühren von der
größer« oder geringern Genauigkeit her, wU welcher der Durchmesser bestimmt wird.
Dritter Ab schnitt.
Von der Umdrehung der Erdkugel um ihre Achse und den damit zusammen hängenden Erscheinungen.
35. OBe.!in eine Kugel um sich selbst herumge
dreht wird, so beschreiben alle Punkte ihrer Ober fläche Kreise, die einander parallel laufen oder in einander fallen; nur zwei einander entgegengesetzte Punkte verändern ihre Stelle nicht. Denkt man sich eine gerade Linie durch diese hindurch, so erhält man einen Durchmesser der Kugel, der in Bezie hung auf diese Umdrehung und die dadurch entste henden Kreise die Achse der Kugel genennt wird, so wie jene Punkte selbst oder die Endpunkte der Ächse ihre Pole heißen. Wenn also die Erdkugel sich um sich selbst herumdreht, so Hardie Natur da durch, wie schon oben bemerkt worden ist, die Pole, die Achse und die davon abhängigen Kreise, den Aequator nebst den Parallelkreisen, selbst bestimmt. Es ist daher die Frage: wie läßt sich eine solche Umdrehung beweisen? 36. Won jeher hat diese Behauptung vielen Widerspruch erfahren, weil sie nicht durch unsere
III. Von der Umdrehung
34
Empfindung unmittelbar unterstützt wird, ja diese ihr sogar entgegen zu seyn scheint.
Wir sind näm
lich gewohnt bei allen Bewegungen auf der Erde,
an denen wir selbst Theil nehmen, gewisse Eindrücke zu erhalten, die wir eben deshalb als nothwendig mit ihnen verbunden ansehen; wir fühlen entweder
eine Erschütterung unsers Körpers, oder empfinden eine Anstrengung unserer eignen Kräfte, oder bemer-
ken eine sichtbare'Veränderung in der Lage dir uns
umgebenden Dinge.
Von assen diesem werden wir
bei der Bewegung der Erde nichts gewahr, und glau ben uns daher in gänzlicher Rahe zll befinden, so bald wir stille stehen.
37.
Es ist aber zu bedenken,
daß, wenn der
ganzeErdkörper sich bewegt, alle Gegenstände um uns
her mit uns zugleich fortbewegt werden, folglich keine Veränderung in ihrer ka'ge gegen ans entstehen kann;
ferner daß eine solche Dewegüng ohne die geringste
Mitwirkung von unserer Seite geschieht, und daß sie im freien Raume ohne Zusammenstößen einzelner
Theile, folglich ohne Erschütterung, statt findet.
Es
fallen also die Ursachen jener Eindrücke, die gewöhn
lich mit der Bewegung unsers Körpers verbunden sind, hier weg; und die Ruhe, in der w'ib uns zu
befinden glauben, wenn wir stille stehen, kann auch
nur scheinbar seyn.
der Erdkugel.
35
38. Bewegung ist eine E'cscheitumg, die nur "«y2
VIII. SphäroidischeGestalt d. Erde. 183 Dieses
Gesetz läßt sich aus
der obigen Mauper-
tuis'schcn Formel, für den Fall da x — o ist, her leiten.
Denn es war
. G — g d — ; r • ä 5 u sin z-6 folglich ist auch
a _
G'-g
3 G sm y2
und daher G — g _ G — g _ 3 G sin z2 3 G' sin y 2
folglich G — g: G — g — G sin z2 : G sin y2 oder, da G und G' nicht sehr verschieden sind,
G — g : G' — g beinahe ZZ sin z2
sin y2
Vermittelst dieses Gesetzes läßt sich sowohl die Größe
eines Meridiangrades, als die Lange des SecundenPendels für jeden Parallelkreis finden, wenn man
sie nur für einen Paralleikreis und für den Aeqna-
tor kennt.
175» Aus dem bisher gesagten erhellet, daß wir, aller Bemühungen ungeachtet, von der eigentlichen Gestalt der Erde noch keine ganz genaue Kenntniß haben.
Vielmehr giebt jeder neue Versuch darüber
ein etwas anderes Resultat.
Und selbst noch einige
andere astronomische Hülfsmittel, die mau außer den
angeführten zur Bestimmung der Gestalt der Erde
184 VIII. SphäroidischeGestalt d. Erde. anwenden kann, lassen eine gleiche Ungewißheit übrig.
Es ist daher die Frage entstanden,
ob man über
haupt die Erde für einen Körper ansehen könne,
dessen Gestalt sich durch Umdrehung einer regelmäßi gen ebenen Figur um eine Achse erklären lasse, ob
sie ein Solide
de revolution sei,
Franzosen sich ausdrücken. auf die Umdrehung
wie die
Denn wenn ihre Gestalt
irgend einer ebenen Figur um
ihre Achse zurückgeführt werden kann, so müssen alle auf die Achse senkrecht gehenden Durchschnitte Kreise
seyn.
Ist also die Figur des Aeguators und der
Parallelen kein vollkommener Kreis, so ist auch die Gestalt der Erde nicht durch Umdrehung einer Ebene um ihre Achse zu erklären.
Dieß hindert nicht, daß die Umdrehung der Erde um ihre Achse auf ihre Gestalt einen Einfluß gehabt, und, wie oben bemerkt worden ist, ihre Abplattung hervorge
bracht habe.
Das letztere ist eine p h y s i sch e Wirkung
der Centralkräfte.
Bei der Frage, ob die Erde ein Solide
de revolution sei, ist nur die Rede von einer geome trischen Erzeugungsart ihrer Gestalt.
176.
Es ist aber wohl denkbar, daß der Aequa-
tov und die ihm parallelen Durchschnitte des Erdkör pers elliptisch wären, und dann ist die Erde nicht mehr ein Solide de revolution zu nennen.
Es
würde daraus folgen, daß die Meridiane nicht alle
einander gleich waren; und solche Ungleichheiten, als
VIII, Sphäroidische Gestalt d. Erde. 185
sich aus
den bisherigen Gradmessungen unter ver
schiedenen Meridianen ergeben, würden, auch ohne
Voraussetzung von Messungsfehlern, begreiflich, ja
nothwendig seyn.
Alsdann würden auch die Erd
meridiane nicht mehr in derselben Ebene mit den ihnen zugehörigen Meridianen am Himmel liegen,
und überhaupt keine ebenen Figuren, sondern so genannte Linien von doppelter Krümmung
bilden.
Um dieses deutlicher einzusehen, nehme man
zuerst an, es sei der Kreis ABQE (54. Fig.) der
Erdäquator, und durch irgend einen Punkt B des selben gehe der verlängerte Halbmesser CZ, so wäre Z der Scheitelpunkt von B, und der Meridian am Himmel ginge durch Z und die Weltpole, welche
in der durch C auf die Ebene des Aequators senk
rechten Linie liegen, und CB fiele ganz in die Ebene dieses Meridians.
Alsdann aber sehe man, der
Aequator sei nicht kreisförmig, sondern elliptisch, wie Ab Q, so liegt der Scheitelpunkt von b nicht in Z, sondern in p in der verlängerten Normallinie
D b.
Der Meridian am Himmel, der durch den
Scheitelpunkt und die Weltpole gehen soll, könnte also nicht so liegen, daß Dp in seine Ebene fiele;
sondern man ziehe Cp' parallel Dp,
so wird die
Lage der Ebene des Meridians durch die Weltachse und den Punkt p' bestimmt, der wegen der unend lichen Entfernung des Himmels mit p zusammen-
186
VIII. SphäroidischeGestalt d. Erde,
fällt, und Cb' als die Durchschnittslinie der Ebenen
des Meridians und des Erdaquators, fallt in die
Linie Cp'; folglich liegt der Punkt b des Erdmeri dians außerhalb
der
Ebene des correspondirenden
Meridians am Himmel. Eben dieser Meridian am Himmel würde nun
auch allen denjenigen Orten auf der Erde zugehö ren, in welchen die Richtung der Schwere der Ebene dieses Meridians parallel geht.
Denkt man sich
diese Parallelen einander unendlich nahe, so bilden sie zusammen eine krumme Flache, deren Durchschnitt mit der Oberfläche des Erd - Spharoids den corre
spondirenden Erdmeridian ausmacht. Einer der größten Geometer unsrer Zeit, la Place,
hält es, wo nicht für ausgemacht, doch für sehr wahr scheinlich, daß die Erde kein Solide de revolution sei z
ja er zweifelt sogar, ob die nördliche und südliche Halb kugel einander gleich und ähnlich wären. Um über den «rstern Punkt zu entscheiden, würden sehr sorgfältige
Messungen von Graden der Länge erforderlich seyn.
Auf
alle Fälle hat man sich die Excentrizität der Ellipsen oder
ihre Abweichung von der Kreisgestalt nur sehr klein vor-
zustellen. Ist der Aequator und die ihm parallelen Durchschnitte
elliptisch,
so sind
auch die sogenannten Parallelkreise
Linien von doppelter Krümmung, und daher, genau ge
nommen , weder Kreise noch parallel. 177.
Die abgeplattete Gestalt des
Erdkürpecs
VIII. SphäroidischeGestalt d. Erde.
187
ist Ursache, daß die Richtung der Schwere, die senk recht auf die Oberfläche geht, nicht in den Mittel punkt desselben trifft, ausgenommen unter demAequator und in den Polen;
und dieses hat auf die
Bestimmung der geographischen Breite der Oerter
einen Einfluß.
Denn es stelle A M B (Tab. IV.
Fig. 46 b.) den elliptischen Quadranten eines Meri
dians vor, K L sei eine Tangente an denselben in
dem Punkt M, und Z M senkrecht darauf, so trifft dieses Perpendikel, verlängert, in N,
und macht
mit der Linie CM aus dem Mittelpunkt den Win
kel CMN.
Um eben diesen Winkel ist der Winkel
ANM größer, als der Winkel ACM.
Der letz
tere aber bezeichnet eigentlich den Abstand des Punk tes M vom Aequator oder die geographische Breite
desselben; die Beobachtung hingegen giebt den ersiern.
Denn man denke sich durch den Punkt M eine Linie
OP senkrecht auf CA oder parallel mit der Erd achse CB,
so trifft sie, verlängert, in den unend
lich entfernten Weltpol;
folglich drückt der Winkel
OML die Polhöhe in M aus.
OML
Es ist aber
PMN ™ i R; und eben so P MN
+ ANM — iR; folglich ist OML — ANM.
Man nennt daher den Winkel ANM oder OML die beobachtete
oder
astronomische
Breite
des Ortes M, hingegen ACM die wahre oder verbesserte Breite desselben.
188 VIII. Sphäroidische Gestalt d. Erde. 1. Auf dem spharoidischen Erdkörper sind also Pol höhe und geographische Breite eigentlich nicht ganz gleich;
man nimmt sie aber für gleichbedeutend,
weil nur die erstere durch Beobachtung gefunden wird,
die letztere hingegen durch Rechnung bestimmt werden
muß, und diese von der Größe der Abplattung abhängig ist; mit andern Worten : unter geographischer Breite eines Ortes versteht man die astronomische, nicht die wahre.
2. Nur unter dem Aequator und in den Polen giebt
es wahre Antipoden. 178- Um die wahre Breite eines Ortes aus der astronomischen desselben zu finden, setze man (Fig.
46 b.)
den Winkel A N IM zz o; ACM z= x;
CA ~ a; CB zz b.
Alsdann ist
CP : P M ZZ 1 : tang x
P N : P M TZ 1 : tang o
folglich CP ; P N — tang o : tangx Das Verhältniß CP: PN wird gefunden,
wenn
man die Tangente KL bis S verlängert, wodurch
man PN : P M zz PM : PS; PNI2 : PS erhalt.
folglich PNz
Es ist aber PM als Ordinate,
C P als die zugehörige Abscisse aus dem Mittel punkt, und PS als die Subtangente für den Punkt
M zu betrachten, und daher, nach der Theorie der Ellipse, wenn man CPzu seht, PM2 zz b2 — /bu\ a2 —— u2 5 kolgl'ch , ( a ) 2 = a2 — äfl u2 b *p s = -z
VIII. Sphäroidische Gestalt d. Erde.
PN =:
— —2- u; ferner
u
a2
189
CP:PN-u:4u=a2 : b2. a2
Hierdurch
«rgiebt sich aus der obigen Proportion
lang o. r.
Den Unterschied zwischen der astronomischen und
der wahren Breite, d. L. o —x, giebt der Ausdruck
lang ( o—x) ZZ tang o
2.
a2-b* a2 -f- b2 tang o2
Der Halbmesser C M ist zz —-—. CP. ' Cos x
Man
findet aber C P, wenn man aus C mit C A einen Kreis bogen A m beschreibt.
Alsdann i|l CPz Cm. Cos
ACm z a. Cos ACm; und um den Winkel ACm zu erhalten, setze man
C P : P m ZZ i : tang ACm P M : CP Z tang x : i folglich P M : P m ZZ tang x : tang ACm Es ist aber P M : Pm zz b : a (S. mein Lehrb. der
Math. S. 582 f.), und daher
tangA Cm
a
-- tangx b
ab2
b
- . — tang o ZZ - tang o. b a2 a
(Vergl. den obigen Ausdruck für u §♦ 168.)
3.
Für die Polhöhe von Gotha zz 50° 56' 55" und
die Abplattung zi
179.
ist die wahre Breite zz 500 45' 49"«»
Auf die neueste französische Gradmessung
gründet sich auch das neue in Frankreich eingeführte
19°
VIII. Neues fr. Maaß - System. Gewichts -System (Systeme
Maaß - und
metrique).
Es war die erste Veranlassung zu die
ser kostbaren und weitausgedehnten Messung ein neues Längenmaaß zu bestimmen, das unabhängig von Ort
und Zeit wäre, und wenn es auch verloren ginge,
werden
jederzeit
und
könnte.
Man wählte hierzu den zehn million
überall wieder
aufgefunden
sten Theil eines Meridian-Quadranten
oder desjenigen Bogens eines Meridians, der vom
Pol bis zum Aequator geht.
Es kam also darauf
an, die Größe dieses Bogens so genau als möglich
auszumitteln, und dazu sollte die gedachte Messung
Aus den Resultaten der Mes
vornehmlich dienen.
sung von Dünkirchen bis Darcellona wurde die Größe des gesuchten Bogens zu 5130740 Tvisen berechnet,
wornach
das
neue Maaß,
welches
den
Namen
Metre bekam, auf rzzzszzz Tvisen, d. i. auf 3 Fuß o Zoll
iItöös
Linien, oder 4435 Linien
des alten französischen Maaßes gesetzlich bestimmt
wurde.
Durch die nachher noch weiter fortgesetzte
Messung fand sich zwar, daß der Dogen des Meri dians auf 5131111 Tvisen zu setzen sei, und hier nach der Metre um
Linien mehr, als nach der
ersten Bestimmung, betrage, indessen, da dieser kleine
Unterschied auf Messungen im gemeinen Leben kei nen Einfluß hat,
so blieb es bei der einmal fest
gesetzten Größe desselben.
VIII. Neues fr. Maaß- System.
Igo.
191
Das neue Maaß-System sollte, zur Er
leichterung aller dahin gehörigen Rechnungen, so viel möglich, dem decadischen Zahlensystem angepaßt wer den,
und daher wurden alle Eintheilungen nach
10 gemacht. Ein Maaß von
—
—
10 Metres heißt Decametre
—
100
—
— Hectometre
—
IOOO
—
— Kilometre
— IOOOO
—
— Myriametre
Auf ähnliche Art sind die Unterabtheilungen eingerichtet
I 10 T IOO
IÖÖÖ
Metre heißt Decimetre —
—
Centimetre
—
—
Millimetre
Mil dem alten französischen Maaß verglichen, ist
1 Decametre
n
1 Hectornetre zz 1 Kilomctre
30 Fuß 307 —
zz 3073 —
1 Myriametre zz 30734 —
1 Decimetre
ZU
O —
9 Zoll 4,96
io — 1,6
Litt. —
5— 4 6— 4
— —
3 — 8,3296
—
1 Centimetre ZZ
O —
o — 4,43296 —
1 Millimetre zz
o —
o — 0,443296 —
Nach diesem neuen System der Langenmaaße wurden auch die übrigen Maaße und Gewichte eingerichtet.
Das Gewicht eines Cubik - Centimetres destillirten Wassers wurde zur Einheit der Gewichte gemacht und
192
VIII. Neues fr. Maaß-System.
Gramme genannt; und daraus ferner abgeleitet Decagramrne, Hectogramme rc. desgl. Decigramme, Cent!gramme IC« Für Hohlmaaße ist die Einheit Litre, welche ein Cubik - Decimetre ausmacht. Die Einheit für Feldmessung heißt Are, und betragt hundert Quadrat-Metres. Ein Cubik-Metre Brennholz wird Stere genannt.
Neunter Abschnitt.
Von der Verfertigung künstlicher Erd kugeln und der Landkarten. 181. Ei» wichtiges Hülfsmittel zum Studium
der Geographie sind die künstlichen Erdkugeln und Landkarten.
Durch sie können wir uns
gleichsam eine Uebersicht der ganzen Erdoberfläche
verschaffen, und eine anschauliche Vorstellung von der Gestalt der Länder, von ihrer Sage und Größe
gegen einander, fo wie von der Lage der verfchiedenen Oerter in denselben erlangen.
Es ist aber
die Frage, wie sie beschaffen seyn müssen, um un6 diesen Vortheil zu gewähren. 182.
Insofern der Ecdkörper kugelförmig ist,
stellt eine jede künstliche Kugel uns seine Gestalt im Kleinen dar.
Auf die Abplattung wird dabei
nicht Rücksicht genommen, theils weil diese so gering
ist, daß sie bei einer so kleinen Kugel, wie unsere
künstlichen Erdkugeln zu seyn pflegen, nicht in Be
trachtung kommt; theils weil es in Absicht einer
Menge von Erscheinungen gestattet ist, die Erde als eine vollkommene Kugel zu
betrachten.
Eben so
wenig nimmt man bei dieser Nachbildung der Erd-
194
IX. Von den künstlichen Erdkugeln
kugel auf die kleinen Ungleichheiten ihrer Oberfläche Rücksicht, die durch Gebirge und Thäler auf ihr hervorgebracht werden, weil diese gegen das Ganze
verschwinden. Bei einem Globus von anderthalb Fuß im Durch
messer, welches schon einer der größten ist, würde die
Abplattung zz 1^0 nur einen Unterschied von T7- Linien
in dem Durchmesser des Aequators und der Achse aus
machen.
Und wenn die Höhe des größten Berges auf
eine geographische Meile gesetzt werden kann, so würde
sie auf einem solchen Globus ungefähr ß Linie betragen.
183»
Richtet man ferner die Kugel so ein, daß
sie um einen ihrer Durchmesser herumgedreht wer den könne, so stellt dieser die Erdachse, und seine Alsdann wird ein größ
Endpunkte die Pole vor. ter Kreis,
der in
gleichem Abstand
von beiden
Polen um die Kugel geht, den Aequator, und Kreise, die mit diesem parallel laufen, und die man zu beiden Seiten desselben in Abständen von io zu
io Graden von
zu
einander
Parallelkreise vorstellen.
mit dem Aequator
ziehen
pflegt,
die
Auch werden parallel
die Wendekreise
und die
Polarkreise verzeichnet, jene in einem Abstand
von 2Z^o vom Aequator, diese in einem gleichen
Abstand von den Polen.
Endlich werden durch die
Pole größte Kreise gezogen— Meridiane— die
und Landkarten.
195
den Aequator in Punkten von 10 zu 10 Graden schneiden. 184. Zn eine auf diese Art eingetheilte Kugel lassen sich nun die verschiedenen Theile der Erdober fläche hineinzeichnen. Geschieht dieses so, daß die Grenzen derselben genau die Lage gegen den ange nommenen Aequator und die Meridiane bekommen, welche sie auf der Erdkugel wirklich haben, so erhält man einen Abriß der Länder und Meere, der die Lage derselben, ihre Gestalt und verhältnißmäßige Größe darstellt, und dadurch geschickt ist, uns eine Uebersicht der ganzen Erdoberfläche zu geben. Zn die verzeichneten Haupttheile lassen sich wiederum klei nere Theile und einzelne Punkte, die man bemerk lich machen will, einzeichnen. 185. Eine solche Kugel kann als ein Bild bet Erdkugel angesehen werden. Allein auf die beschrie bene Weise würde die Verfertigung derselben mit vieler Mühe verbunden seyn, und ein jedes Exemplar würde dieselben Schwierigkeiten und Umstände ver ursachen. Man bedient sich daher der Kugetnehe, auf welche die verschiedenen Theile der ab gebildeten Erdfläche, nebst den zur mathematischen Eintheilung derselben erforderlichen Linien, in Kupfer gestochen, abgedruckt, und welche dann auf eine Kugel geklebt werden. Dadurch wird die Verviel fältigung der Exemplare außerordentlich erleichtert.
196
TX.
Von den künstlichen Erdkugeln
Vorzüglich schöne Globen dieser Art von anderthalb Schuh im Durchmesser sind im Jahr 1303 bei dem Kunst
händler Franz jun. in Nürnberg erschienen. S. monatl.
Corresp. XVIIL Bd. S. 555. ff. Einige Jahre früher (1304) hat derselbe Kunsthändler
eine kleinere Art, von einem Schuh im Durchmesser, zu Stande gebracht, die ebenfalls sehr empfehlenswerth ist.
S. monatl. Corresp. XIIL Bd. S. 152 ff. wo man zu gleich
schätzbare Nachrichten,
die
Geschichte der
künstlichen Erdkugeln betreffend, findet.
In Nürnberg, das überhaupt in der Geschichte der Erdgloben und Landkarten ausgezeichnet ist,
find noch mehrere Globen von verschiedener Größe und Güte erschienen. Auch verdienen die in dem geographischen Institute
in Weimar erschienenen Globen von 12 englischen Zoll im Durchmesser gerühmt zu werden.
Vergl. Voigts
kosmograph. Entwickelung der vornehmsten Begriffe und Kenntnisse, welche zur Benutzung der künstl. Himmels und Erdkugel erforderlich find rc. Weimar 1310. — Sehr brauchbare zwölfzollige Globen, die fich zugleich durch
Wohlfeilheit empfehlen, hat der Prof. Haan in Dres den geliefert.
136.
Indessen hat die Verfertigung der Kugel
netze keine geringen Schwierigkeiten.
Denn bekannt
lich ist es eigentlich unmöglich Figuren in einer Ebene
zu verzeichnen, die sich so auf die Oberfläche einer Kugel legen lassen,
daß sie dieselbe genau decken.
Man muß sich dadurch helfen, daß man die Papier
streifen, auf welchen das Netz verzeichnet ist, beim
und Landkarten.
197
Aufkleben auf die Kugel anseuchtet, und dann an gewissen Stellen
etwas
ausdehnt.
Eine
andere
Schwierigkeit entsteht daraus, daß das Papier beim Abdruck der Kupferplatte angefeuchtet werden muß, und sich nachher wieder zusammenzieht, so daß der
Abdruck nicht mehr mit der Originalzeichnung oder
mit der Figur auf der Kupferplatte übereinstimmt;
und da in dieser Rücksicht nicht eine Papiersorte der andern gleich ist, so muß
das
Verhältniß in
Ansehung des Zusammentrocknens erst durch genaue Versuche ausgemittelt, und hiernach die Zeichnung
der Figur eingerichtet werden. Die Theorie der Kugelnetze, und was man bei Ver
zeichnung derselben zu beobachten habe, lehrt Mayer
im 4ten Theile seiner praktischen Geometrie, welche überhaupt als eine der vorzüglichsten Schriften über die Gegenstände, welche dieser Abschnitt behandelt,
zu empfehlen ist. Vergl. ferner Ka stner sAbhandlung: Fasciaruin , quibus globi obducuntur, ex conis sphae-
rae circumscriptis, constructio in den Gotting. Commentatt. auf das Jahr 1778. — welcher Mayer gefolgt
ist. — In dem selben Bande der Gotting. Commentatt. findet sich noch eine andere Abhandlung über denselben Gegenstand von Lowitz: De figura et divisione
segmentorum,
quibus niagni globi codestcs et ter-
restres obducuntur. I87. Bei dergleichen künstlichen Erdkugeln muß auch das Gestell, in welchem sie aufgestellt wer-
198
IX. Von den künstlichen Erdkugeln
den, eine zu gehörigem Gebrauch derselben schickliche Einrichtung erhalten.
Die Kugel muß darin frei
herumgedreht werden und in jeder Lage ruhen kön
nen.
Durch den breiten Rand desselben
soll die
Lage der Ebene des wahren Horizonts gegen die Erdkugel angegeben werden;
daher der Mittel
punkt desselben mit dem Mittelpunkt der Kugel selbst
zusammenfallen oder die Kugel so aufgestellt seyn muß, daß die eine Hälfte derselben über, und die andere unter den künstlichen Horizont fällt.
Ueberdieß ist die Kugel mit einem messingenen, in
Grade abgetheilten, Kreise,
der durch beide Pole
geht, und daher der Meridian oder Mittags
ring heißt, ingleichcn am Nordpol mit einem in 12 Stunden eingetheilten Kreise,
dem Stunden
kreise oder Stundenringe, versehen.
Endlich
wird der breite Rand des künstlichen Horizontes mit
einem immerwährenden Kalender, oder einer Darstellung des Standes der Sonne in der Ekliptik
für jeden Tag des Jahres bezeichnet; so wie auch
die vier Cardinalpunkte des Horizontes nebst den übrigen Weltgegenden auf ihm bemerkt werden.
Zum Behuf mancher Aufgaben ist es gut, i) wenn
bei dem
Globus
sich noch ein beweglicher
Höhenquadrant, d. i. ein messingener, in 90 Grade getheilter, Quadrant, der an einer beliebigen Stelle
des Mittagsringes
befestigt
werden kann.
199
und Landkarten.
befindet; 2) wenn auf die Kugel selbst die Ecliptik verzeichnet ist,
die freilich eigentlich auf eine
Erdkugel gehört.
Da die Verzeichnung der Kugelnetze mit
188.
vielen Schwierigkeiten verbunden ist, jede Halbkugel
versucht,
so hat man
auf einem gleichseitigen
Kegel vorzustellen, indem die Netze dieser Körper
sich leicht verfertigen lassen.
Man denke sich also
unter AEDFB (55. Fig.) eine künstliche Halb kugel der Erde, so daß AB
der Durchmesser des
Aequators, und D der Pol sei; und in dieser den
Kegel ADBC,
dessen Grundfläche die Ebene des und dessen Spitze im Pot
Aequators ausmache,
liege; so soll die Oberfläche der Kugel so auf die Oberfläche des Kegels verzeichnet werden, wie sie
einem Auge in C auf derselben würde.
zu liegen scheinen
Zieht man also von C aus
eine gerade
Linie nach irgend einem Punkt der Kugelfläche, z. D. nach E oder F, so bezeichnen die Punkte e und s,
in welchen
diese Linien die Oberfläche des Kegels
treffen, die Stellen, sind.
in welche diese Orte zu sehen
Nach diesem Grundsatz ist es nicht schwer,
das Netz des Kegels, und auf diesem die nöthigen Linien und Punkte zu verzeichnen.
Halbmesser
der Kugel
oder
Seht man den
der Grundfläche
des
Kegels AC — r, so ist AD oder der Halbmesser, mit welchem das Netz des Kegels beschrieben wer-
IX. Don den künstlichenErdkugeln
200
den muß, — r V2.
Es fei aber AD — p, und
der Dogen des Kreisausschnittes, welcher das Netz des Kegels bildet, halte p Grade, so ist bekanntlich /* 2 r it — 2 p 7t. ——3