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German Pages 328 Year 2020
Jürgen Denker
Jürgen Denker war Pfarrer und Dozent für Neues Testament in Santiago de Chile und Buenos Aires, dann Pfarrer in Ohrenbach und Rothenburg o. d. T. und nach dem Eintritt in den Ruhestand 2007 – 2009 in Seoul. Verschiedene Publikationen zum NT und Umfeld auf Spanisch.
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Die Briefe des Neuen Testaments repräsentieren Kommunikationen über große Distanzen hinweg. Dabei kennt man stets nur eine Sichtweise: Die Fragen, Anregungen und Befindlichkeiten der anderen Seite müssen rekonstruiert werden - ähnliches gilt für die Evangelien. Bei der Spurensuche werden Sie durch kurze Auslegungen begleitet. Sie erfahren außerdem etwas über die Absichten und Lebenswirklichkeiten der einzelnen Verfasser, z. B. über den Verfasser des Titusbriefes, der eine neue Gemeindeordnung einführen möchte.
www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-40432-2
Jürgen Denker
Kurzauslegungen zum Neuen Testament Ein Lesebegleiter
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament Ein Lesebegleiter
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Inhalt Vorwort..................................................................................................................................................... 7 Evangelium nach Matthäus.................................................................................................................... 9 Evangelium nach Markus..................................................................................................................... 51 Evangelium nach Lukas........................................................................................................................ 78 Evangelium nach Johannes................................................................................................................ 119 Apostelgeschichte................................................................................................................................ 153 Römerbrief........................................................................................................................................... 180 Erster Korintherbrief........................................................................................................................... 198 Zweiter Korintherbrief........................................................................................................................ 217 Galaterbrief.......................................................................................................................................... 226 Epheserbrief......................................................................................................................................... 231 Philipperbrief....................................................................................................................................... 238 Kolosserbrief........................................................................................................................................ 243 Erster Thessalonicherbrief.................................................................................................................. 249 Zweiter Thessalonicherbrief............................................................................................................... 252 Erster Timotheusbrief......................................................................................................................... 254 Zweiter Timotheusbrief...................................................................................................................... 260 Titusbrief.............................................................................................................................................. 264 Philemonbrief...................................................................................................................................... 266 Erster Petrusbrief................................................................................................................................. 267 Zweiter Petrusbrief.............................................................................................................................. 272 Erster Johannesbrief............................................................................................................................ 274 5
Zweiter und Dritter Johannesbrief.................................................................................................... 280 Hebräerbrief......................................................................................................................................... 281 Jakobusbrief.......................................................................................................................................... 287 Judas 1–16............................................................................................................................................ 291 Offenbarung......................................................................................................................................... 292 Weiterführende Literatur................................................................................................................... 312 Gliederungen....................................................................................................................................... 313
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Vorwort Dieses Buch möchte den Leser bei seiner Lektüre des Neuen Testamentes begleiten. Dazu mussten die Texte kurz sein, damit die fortlaufende Lektüre des Neuen Testamentes nicht zu sehr unterbrochen wird. Die Kurzauslegungen und Gedanken zum Neuen Testament sind für die Reihe „Mit der Bibel durch die Woche“ des Rothenburger Sonntagsblattes entstanden, und zwar in den Jahren von 1999 bis 2012. Ich danke dem Sonntagblatt, dass es mir die Gelegenheit gegeben hat, zu diesem Zweck mich intensiv mit jedem einzelnen Text auseinandersetzen zu können. Die Reihe des Rothenburger Sonntagsblattes folgt der jeweiligen Bibellese eines Jahres. Die Auslegungen sind für eine schnelle Orientierung zum jeweiligen Abschnitt geeignet. Nur wenige Texte, etwa zum Mittelteil des Buches der Offenbarung, sind in diesen Jahren nicht auszulegen gewesen. Die Abschnitte, die es auszulegen galt, waren also vorgegeben. Manchmal hätte ich gerne eine andere Abgrenzung vorgenommen. Die Auslegungen und Gedanken mußten sich auf durchschnittlich 6–8 Zeilen pro Abschnitt beschränken. So mußte ich mich auf Wesentliches konzentrieren. Wenn die Auslegung an einer Stelle etwas länger wurde, mußte ich mich an anderer Stelle kürzer fassen, um die vorgegebene Gesamtlänge von einer knappen Zeitungsseite nicht zu überschreiten. Eine ins Einzelne gehende Auslegung war nicht möglich, auch keine Diskussion von Datierungs- und Verfasserfragen. Begründungen für bestimmte Entscheidungen konnten oft nur angedeutet werden. Im Blick auf die Leserschaft habe ich mich bemüht, Fachbegriffe zu vermeiden. Es war mir wichtig, Sinn und Bedeutung des jeweiligen Textabschnittes herauszustellen. Ich habe mich darum bemüht, die Einbettung eines Abschnittes in den Gesamtzusammenhang der jeweiligen biblischen Schrift sowie seinen eigenen Gedankengang aufzuzeigen. Von Sinn und Bedeutung ausgehend kann der Leser sich dann auch selber Gedanken über die mögliche Bedeutung für die heutige Zeit machen. Die Bedeutung in der je eigenen Situation kann ja individuell sehr unterschiedlich gesehen werden. Dennoch habe ich häufig, aber nicht immer, einen Gedanken zum Meditieren oder Weiterdenken angefügt. Manchmal ergibt sich ein Gedankenanstoß auch aus der Auslegung selber. Ich habe versucht, die Texte nicht als bloßes gedankliches Produkt ethischer oder dogmatischer Wahrheiten zu verstehen; ich habe vielmehr ebenso den Lebenszusammenhang gesucht, in dem diese Texte entstanden sind. Vor allem war mir die literarische und theologische Gestaltung durch den jeweiligen Autor wichtig. Ich möchte erreichen, daß deutlich wird, aus welchen damaligen Situationen und vor allem damaligen Diskussionen und Auseinandersetzungen die Texte des Neuen Testamentes entstanden sind und wie sie zugleich die Glaubensüberzeugungen der 7
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Autoren widerspiegeln. Natürlich kann man die Auslegungen nicht lesen, ohne gleichzeitig die Bibel daneben zu haben. Zu den Auslegungen der Reihe „Mit der Bibel durch die Woche“ war auch immer ein Lied vorzuschlagen. Ich habe diese – sicher subjektive und einseitige – Auswahl auch hier beigefügt; die Liedvorschläge sind dem Gesangbuch der Ev.-Luth. Kirche in Bayern entnommen, also auch ihrem Regionalteil. Die Liedvorschläge habe ich so ausgewählt, daß mit ihnen zum einen ein Gedanke des Textes aufgenommen oder verstärkt wird; bei anderen Gelegenheiten habe ich ein Lied ausgewählt, das einen Aspekt betont, der in der Auslegung zu kurz gekommen ist. Colmberg, im Mai 2020
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Evangelium nach Matthäus Matthäus 1,1–17 Trocken und langweilig fängt dies Evangelium an. Und doch schneidet es mit dieser Ahnenliste Fragen an, die jeden Menschen bewegen: „Woher komme ich? Wohin gehe ich?“ Matthäus führt die Ahnenreihe bewußt bis auf Abraham zurück, in dem ja alle Menschen gesegnet werden sollen (1.Mose 12,1–4): in Jesus wendet Gott sich allen Menschen zu. Jesus steht am Ende einer Reihe von dreimal 14 (= 2 mal 7) Vorfahren. Die Zahlen drei und sieben zeigen an: Alle Generationen finden in Jesus ihr Ziel. Die Zahl zwei bekräftigt diesen Anspruch. Die Ahnenreihe erinnert den kundigen Leser an die vielen Geschlechtsregister in den Büchern Mose. Sie bereitet den Leser darauf vor, in Jesus den neuen Mose zu sehen, der gekommen ist, „sein Volk zu retten von ihren Sünden“, modern gesagt „von ihrer Gottvergessenheit“. So macht Matthäus am Anfang seines Evangeliums deutlich: Jesus kommt aus dem Volk des alten Bundes mit seiner Gottesgeschichte, aus dem Volk, das immer seinem Gott widersprochen hat (v21). Das neue Volk Gottes aber wird er aus aller Welt zusammenführen (Kapitel 28). Lied 19: O komm, o komm, du Morgenstern
Matthäus 1,18–25 Anders als Lukas erzählt Matthäus nicht groß die Umstände der Geburt und der Begabung durch den Geist. Wichtiger ist ihm, die jüdische Polemik als haltlos zu erweisen, Jesus sei aus der illegalen Verbindung mit einem römischen Soldaten hervorgegangen. Darum betont er, daß Joseph Maria verlassen wollte, ohne großes Aufsehen zu machen; denn auch er hatte schon den Verdacht gehabt, Maria könne mit einem anderen Mann geschlafen haben. Doch Gott selber macht dem Joseph klar, daß diese Geburt zu seinem Heilsplan gehöre, wie Jesaja 7,14 vorausgesagt. Wenn der kundige Leser erfährt, daß Jesus sein Volk retten werde, dann wird er wieder an Mose erinnert, der sein Volk aus der Knechtschaft in Ägypten gerettet hat. Lied 23: Gelobet seist du Jesu Christ
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Matthäus 2,1–12 Bei der Geburt des Mose erstrahlte ein helles Licht, heißt es in den zeitgenössischen Nacherzählungen. So erkennt der kundige Leser wiederum in Jesus den neuen Mose. Die Magier, die Sterndeuter aus dem Osten – erst die christliche Legende hat sie zu Königen gemacht – folgen zunächst dem Stern. Man hat vielfach dabei an eine Konstellation von den Planeten Jupiter (für König) und Saturn (für Israel) im Sternbild der Fische (im Westen) gedacht. Doch die Magier werden in die Irre geführt, da sie nach Jerusalem gehen. Erst das biblische Wort führt sie auf den rechten Weg. Und da sie Jesus angebetet haben, benötigen sie keine Sterne mehr, um den rechten Weg zu finden. So werden aus den Menschen, die sich von den Sternen leiten lassen, Menschen, die sich von Gott führen lassen. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Matthäus 2,13–15 Wie Mose vor der Macht des Pharao so muß auch Jesus vor der Macht des Königs Herodes fliehen. Auch darin erfüllt sich, was Gott schon lange vorher angekündigt hat (Hosea 11,1). Wieder ist es das Wort Gottes, das die Menschen leitet und dem Geschehen seinen Sinn verleiht. Lied 193: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
Matthäus 2,16–18 Die Tötung der Knaben läßt den Leser wieder an die Mosezeit denken, da die männlichen Neugeborenen der Israeliten durch die Ägypter getötet wurden. Jesus ist also wirklich der neue Mose. Matthäus will mit dieser Behauptung seiner jüdischen Umwelt deutlich machen, daß nicht die thoragläubigen Pharisäer und ihre Nachfolger, sondern die Jesusanhänger das echte Volk Gottes darstellen. Lied 358: Es ist in keinem andern Heil
Matthäus 2,19–23 Wiederum ist es das Wort Gottes, das den Lebensweg Jesu und seiner Familie bestimmt. Hatte der Auftrag zur Flucht Jesus das Leben gerettet, so wird er nun in seinen Lebenskreis hineingestellt, so wie Mose nach seiner Flucht in die Wüste wieder zu seinem Volk kommt, um 10
Evangelium nach Matthäus
es auftragsgemäß aus der Knechtschaft zu befreien. Zwar kommt Jesus in der Darstellung des Matthäus als Fremder nach Nazareth, aber der Ort war eng mit David verbunden, da er im 2.Jahrhundert vor Christus von Nachfahren Davids wieder aufgebaut worden war. So ist der Name Nazoräer zum einen eine Herkunftsbezeichnung, eben „aus Nazareth“, zum andern aber schließt das Wort auch die Bedeutung „Sproß“ ein, so daß eine Anspielung auf die prophetische Weissagung eines Messias aus Davids Haus nach Jesaja 11,1 vorliegt: Jesus ist der neue Mose, der neue David. In ihm erfüllen sich alle Hoffnungen des Volkes des alten Bundes, eben die Hoffnung auf die unmittelbare Gemeinschaft mit Gott. Lied 30: Es ist ein Ros entsprungen
Matthäus 3,1–12 Matthäus stellt Johannes den Täufer und sein Wirken vor. Er führt ihn als Bußprediger sowie als Vorläufer und Wegbereiter Jesu mit einem Zitat aus Jesaja 40,3 ein (v1–6). Johannes geißelt die religiöse Selbstsicherheit der Pharisäer (v7–10), die in der Zeit des Matthäus die Meinungsführerschaft beanspruchten. In den Worten von der Bußtaufe (v11–12) wird der Unterschied zwischen Johannes und Jesus deutlich: Der Täufer stellt das Gericht in den Vordergrund seiner Taufe, Jesus die Liebe Gottes. Lied 200: Ich bin getauft auf deinen Namen
Matthäus 3,13–17 Die Taufe Jesu durch Johannes weist im Matthäusevangelium eine Besonderheit auf: Johannes ist erstaunt, daß Jesus sich taufen lassen will. Denn die Wassertaufe des Johannes ist eine Bußtaufe zur Bewahrung im Feuer des Gerichtes Gottes. Wenn Jesus aber der kommende Richter ist, dann bedarf nicht er der Taufe, sondern Johannes. Wenn Jesus die Gerechtigkeit erfüllen will, dann heißt dies zunächst einmal, daß er sich demütig unter den Willen Gottes stellt. Zum andern könnte dieses Wort meinen, daß Jesus das Gericht Gottes über die Sünde auf sich nehmen will. Er macht sich in der Taufe den sündigen Menschen gleich und nimmt dann im Kreuz den Zorn Gottes über die menschliche Gottesverachtung auf sich. Und da Jesus diesen Weg auf sich nimmt, wird er durch die Himmelsstimme zum Gottessohn erklärt. Hoheit und Niedrigkeit Gottes verbinden sich in Jesus. Lied 23: Gelobet seist du Jesu Christ
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Matthäus 4,1–11 In den Versuchungen erweist sich, daß der Geist, den Gott Jesus in der Taufe gegeben hat, wirksam ist, mächtiger als der Geist des Bösen. Der widergöttliche Geist verspricht, Jesus in den Stand zu versetzen, das wichtigste Problem der Menschen lösen zu können, nämlich den Hunger zu besiegen. Nach der Ablehnung Jesu verspricht er ihm die Erfüllung allen menschlichen Strebens, nämlich Ansehen und Einfluß, zum dritten schließlich Macht. Alles dieses ist an sich nicht böse. Aber es würde Jesus an der Erfüllung seiner Mission hindern. Darum sind es Versuchungen. Das Böse kommt immer im Gewande des Vernünftigen und des vermeintlich Guten. Lied 193: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
Matthäus 4,12–17 Jesus taucht in Kapernaum unter. Matthäus sieht in diesem Geschehen die Erfüllung von Jesaja 8,23–9,1. In dem Gebiet, in dem Juden und Heiden in bunter Mischung leben, tritt Jesus auf und verkündet den Anbruch der Herrschaft Gottes, in der ja Juden wie Heiden Gottes Volk bilden werden. So bildet Jesu Wirken die spätere Mission der Apostel ab, die in der weiten Welt Juden und Heiden zur Gemeinschaft der Kirche Gottes zusammenführen. Schon bei dem Propheten Jesaja hatte es eine solche Erwartung im Bild von der Völkerwallfahrt zum Zion (Jesaja 2,1–4) gegeben. Lied 255: O daß doch bald dein Feuer brennte
Matthäus 4,18–25 Auf die Ausrüstung Jesu mit dem Heiligen Geist in Taufe und Versuchung (3,13–4,11) sowie auf die charakterisierende Zusammenfassung der Botschaft Jesu folgt – beispielhaft – die Berufung von zwei Brüderpaaren zu Jüngern: Jakobus und Johannes, Andreas und Simon, der anders als in Markus 3,16 von Anfang an Petrus genannt wird. Auf das Wort Jesu folgen die Jünger ihm nach, verlassen Familie und Beruf. Matthäus berichtet nichts von irgendeiner eventuellen seelischen Vorbereitung, die diese plötzliche Änderung des Lebens verständlich machen könnte. In der Neuorientierung des Lebens dieser Fischer spiegelt sich die Erfahrung der Neubekehrten: Die alte Welt mit ihren Wahrheiten und Werten ist versunken, die neue Welt wird als neues Glück und als befreiende Wahrheit erfahren. Zum Zeichen der befreienden Macht des Evangeliums heilt Jesus mancherlei Gebrechen. Und nicht nur Menschen aus Judäa und Jerusalem suchen ihn auf, sondern auch Menschen aus der Dekapolis südöstlich des Sees Genezareth und 12
Evangelium nach Matthäus
aus Syrien, also aus vorwiegend heidnischen Gebieten (siehe v15–16). So befreit die Botschaft Jesu, das Evangelium, von den Fesseln der leiblichen Beschränktheit und der Beschränkung des Umgangs auf Menschen aus der eigenen sozialen Schicht und aus dem eigenen Kulturkreis. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
Matthäus 5,1–12 Die Seligpreisungen der Bergpredigt in Kapitel 5–7 leiten die erste der fünf Reden im Matthäusevangelium (10;13;18;23–25) ein. Man denkt unwillkürlich an die fünf Bücher Mose und somit an die Gottesoffenbarung auf dem Berg Sinai. Die Gebote, die auf dem Sinai gegeben werden, werden von der Erinnerung an die Erlösung aus der Knechtschaft in Ägypten eingeleitet, die Lebensregeln Jesu von der Verheißung der Gottesgemeinschaft. Dabei entsprechen die Verheißungen zumeist der Situation oder der Art der nicht-aggressiven Haltung der Nachfolger Jesu. So werden z. B. die, die reinen Herzens sind, Gott schauen. Die achte der zweimal vier Seligpreisungen wird mit der Verheißung des Himmelreiches abgeschlossen, so wie die erste Seligpreisung den Himmel den geistlich Armen verspricht. Die neunte Seligpreisung ist in der zweiten Person formuliert, weil Matthäus und seine Gemeinden selber Verfolgungen erleiden, so wie die Propheten, die durchweg – nach damaliger Anschauung – um ihrer Botschaft willen gelitten hatten. Lied 644: Selig seid ihr
Matthäus 5,13–16 Ein römischer Schriftsteller sagt, nichts sei so notwendig wie Salz und Sonne; für Israel ist das Gesetz wie Salz und Licht. Die Lebensregeln Jesu üben eine Haltung ein, die nicht spektakulär ist und dennoch Wirkung zeigt, wie eben ein wenig Salz in der Speise. Das Verhalten, das den Regeln Jesu folgt, wird nicht unbemerkt bleiben, wie eben die erleuchtete Stadt auf dem Berge. Ziel ist freilich nicht – wie heute häufig bei der Spendenwerbung herausgestellt – die öffentliche Aufmerksamkeit für den Spender oder Wohltäter, sondern das Lob Gottes. Denn nur im Hören und Vertrauen auf Gott werden die Lebensregeln Jesu zur bestimmenden Lebenshaltung. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
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Matthäus 5,17–20 Der Satz vom Weiterbestehen des Gesetzes bis zum letzten Jota ist von einer judenchristlichen Gemeinde überliefert worden. Matthäus sagt, wie dies zu verstehen ist. Denn das Ritualgesetz des Alten Testamentes haben die Christen ja nicht weitergeführt. Jesus hat das Gesetz erfüllt, indem er den Sinn der Gebote deutlich macht: aus Liebe zu Gott zu handeln. So stirbt Jesus am Kreuz für die Menschen aus Liebe zu Gott. Nicht daß es auf die Einhaltung bestimmter Regeln ankomme, sondern auf die Haltung der Liebe, aus der heraus der Nachfolger Jesu handelt. So ist die Gerechtigkeit der Christen besser als die der Pharisäer. Am Tage des Gerichtes wird dies deutlich werden. Lied 414: Laß mich, o Herr, in allen Dingen
Matthäus 5,21–26 Die fünf (oder sechs) Antithesen der Bergpredigt (21–48) zeigen, inwieweit die Gerechtigkeit, also die Erfüllung des Willens Gottes, in der Nachfolge Jesu besser ist als die der Pharisäer. Das Tötungsverbot der Zehn Gebote wird von Jesus verschärft. Nicht nur den Mord meine das fünfte Gebot, sondern schon den Affekt, die Wut etwa, die zum Totschlag führen kann. Wer in dem Hören auf Jesu Wort eine nicht-aggressive Haltung eingeübt hat, hat natürlich auch seine Gefühle besser im Griff. Der Abbruch der kultischen Handlung, des Opfers, zugunsten einer Versöhnung mit dem Nächsten entspricht nicht dem kultischen Denken des Judentums. Der Gottesdienst wird damit freilich nicht für überflüssig erklärt, wie Vers 24b zeigt. Lied 417: Laß die Wurzel unsres Handelns Liebe sein
Matthäus 5,27–32 Auch das sechste Gebot vom Ehebruch wird radikal verstanden. Es ist nicht schon mit der äußeren Befolgung des Gebotes getan; vielmehr wird ja schon in der Begehrlichkeit, die die Gedanken auf eine andere Frau lenkt, der Ehebruch vorbereitet. Im jüdischen Bereich hatte der Mann es ziemlich einfach, sich von seiner Frau zu trennen. Es mußte keine schwerwiegenden Gründe geben. In der Beschränkung der Möglichkeiten zur Scheidung auf fortgesetzte Untreue versucht Vers 32, die Frau vor willkürlichen Entlassungen zu schützen. Das Verbot der Wiederverheiratung für geschiedene Frauen läßt sich nur auf dem Hintergrund begreifen, daß die Gemeinde für solche Frauen sorgte. Lied 240: Du hast uns, Herr, in dir verbunden 14
Evangelium nach Matthäus
Matthäus 5,33–37 Es geht nicht um alle Arten von Eiden, sondern um das, was man Gott zu geben verspricht, eben „ihm den Eid halten“. Im zeitgenössischen Judentum wird diskutiert, welche von diesen Eiden bindend seien, welche weniger. Alle Eidesformeln aber beziehen sich auf Gott, ob nun direkt oder indirekt (v34). Im Angesicht Gottes kann man natürlich nicht feilschen. Hier gilt nur, ob der Mensch zu seinem Wort steht. Darum ist ein Eid oder Schwur ihm gegenüber überflüssig. Etwas anderes ist es, anderen Menschen gegenüber unter Anrufung Gottes die Ernsthaftigkeit zu bezeugen, mit der man eine Aufgabe erfüllen möchte. Lied 644: Selig seid ihr
Matthäus 5,38–42 Der Rechtsgrundsatz aus 2.Mose 21,24 zeigt, daß es um die Durchsetzung von Rechtsansprüchen geht. Jesus empfiehlt, lieber auf die Durchsetzung seines „guten Rechtes“ zu verzichten. Nach jüdischem Recht war der Mantel unpfändbar, da er des Nachts als Decke diente (2.Mose 22,25). Wer ihn trotzdem, gar noch zusätzlich, hergab, beschämte den, der sein Recht forderte. Die Soldaten der römischen Besatzungsmacht hatten das Recht, Anwohner der an ihrem Wege liegenden Dörfer und Städte zu Transportleistungen zu verpflichten. Wer mehr tut als gefordert, macht aus der Zwangsmaßnahme eine freiwillige Leistung. Den Fordernden macht er so zum Empfänger, dem seine Bitte gewährt wird. Lied 646: Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen
Matthäus 5,43–48 Die Nächstenliebe ist ein Gebot des Alten Testamentes. Feindeshaß und Feindesliebe (1. Samuel 24,20) kennt es auch, diese freilich nicht als Gebote. Die Gemeinschaft von Qumran am Toten Meer gebot den Haß auf die „Söhne der Finsternis“; damit meinte man wohl die Vertreter von anderen Weltanschauungen oder Ideologien. Heute wäre das wohl der Haß bestimmter Muslime gegen den christlichen Glauben. Die Jünger Jesu sollen dem Bild Gottes nachleben, der seine Zuwendung bösen wie guten Menschen erweist. Jesus selber verwirklicht diese Regel, wenn er am Kreuz sterbend bittet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“. Lied 416: O Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens
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Matthäus 6,1–4 Anhand der Antithesen war mithilfe der Besprechung bestimmter Gebote und Verbote des Alten Testamentes deutlich geworden, wie sich die „bessere Gerechtigkeit“ (5,20) der Jesusnachfolger gestaltet. In der Gottesverehrung Jesu geht es nicht um die Erfüllung einzelner Vorschriften, sondern darum, mit ganzem Herzen der grenzenlosen Liebe Gottes zu folgen. In Kapitel 6 werden zunächst die drei wichtigsten jüdischen (und moslemischen) Frömmigkeitsübungen besprochen, das Almosengeben oder Spenden, das Beten und Fasten. Spenden, Stiftungen oder Sponsoring haben heute vielfach zum Ziel, die Person des Spenders oder den Markennamen herauszustellen. Man kann sich dessen auch ruhig bedienen. Nur muß man sich im Klaren darüber sein, daß man dadurch kein „guter Mensch“ im Sinne Gottes wird. Gutes zu tun soll vielmehr zur Wesensnatur des Jesusnachfolgers in der Art werden, daß er es selber gar nicht einmal merkt (v3). Lied 413: Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Matthäus 6,5–8 Die Worte gehen nicht davon aus, daß Religion Privatsache sei und deshalb nur im stillen Kämmerlein vollzogen werden dürfe. Vielmehr soll der Mensch ganz auf Gott konzentriert sein, wenn er betet, nicht dabei auf Menschen schielen. Kurze klare Gebete sind oft besser, denn Gebete sollen ja nicht die Absicht haben, auf Gott einzureden, bis er schließlich einlenkt. Und da das Gebet ein Reden mit Gott ist, kann es auch nicht Sinn des Gebetes sein, Menschen durch viele und gut gewählte Worte ein religiöses Gefühl zu vermitteln. Lied 387: Mach dich, mein Geist, bereit
Matthäus 6,9–15 Das Vaterunser ist ein beispielhaftes Gebet. An erster Stelle steht die Konzentration auf Gott: Wir beten darum, daß Gott Menschen dazu führe, ihm, dem heiligen Gott, die Ehre zu geben, etwa durch die Mission. Wir beten darum, daß Gott Menschen dazu anleite, seinen Willen zu tun, zum andern darum, daß er Menschen dazu führe, seinen Willen geschehen zu lassen. Dieser Wille Gottes geschieht schon immer im Himmel; er soll jedoch auch bei den Menschen akzeptiert werden. An der zweiten Stelle stehen die Bedürfnisse des Menschen. In der Brotbitte beten wir um alles, was an Äußerlichem zum Leben notwendig ist und vom Schöpfer gegeben wird, in der Bitte um Vergebung erbitten wir seelische Gesundheit in einer vertrauensvollen 16
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Beziehung zu Gott, so wie Jesus sie lebte; in der Bitte um Erlösung von Versuchung und Bösem bitten wir um Bewahrung im Glauben in den Katastrophen des Lebens – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Mit einem Lobpreis wird das Gebet abgeschlossen. Lied 344: Vater unser im Himmelreich
Matthäus 6,16–18 Die Fastenregeln des zeitgenössischen Judentums haben Jesus und seine Jünger nicht eingehalten (9,14). Die junge Christenheit hat dennoch das Fasten nicht grundsätzlich abgelehnt. Zusammen mit dem Gebet soll es den Menschen ganz auf Gott ausrichten. Die öffentliche Zurschaustellung verträgt sich damit nicht. Fasten, Beten und Spenden werden in Kapitel 6 als verdienstliche Werke angesehen, denen göttlicher Lohn verheißen ist. Ob das freilich den Kern der Gottesverkündigung Jesu trifft, ist fraglich. Paulus hat Jesus jedenfalls nicht so verstanden, wenn er meint, der Jesusjünger werde aus Gnaden gerecht und nicht aufgrund seiner Werke und religiösen Leistungen. Vielleicht darf man den Lohn beim Vater im Verborgenen so verstehen, daß Fasten und Beten in der Konzentration auf Gott eine tiefere Gottesbeziehung zur Folge hat. Lied 619: Aus Gnaden soll ich selig werden.
Matthäus 6,19–24 Die Worte vom Beten und Fasten stellen die Konzentration auf Gott in den Vordergrund. In dieser Zuwendung zu Gott werden andere Dinge zweitrangig. Das macht das Wort vom Schätzesammeln deutlich. Es spricht die Erfahrung an, daß Besitz auch immer Sorgen und Ängste mit sich bringt. Darum führt eine enge Gottesbeziehung in die Freiheit, das heißt in die innere Unabhängigkeit gegenüber den Wichtigkeiten des Lebens. Der Mensch in seinem gesamten Leben wird von Gott geleitet, wenn eben sein Sinnen und Trachten ganz auf Gott ausgerichtet ist. Lied 369: Wer nur den lieben Gott läßt walten
Matthäus 6,25–34 Die Worte vom Sorgen machen die Lebenshaltung deutlich, die im Wort vom Schätzesammeln gemeint ist. Natürlich soll der Mensch Vorsorge treffen. Schließlich weiß der himmlische Vater, was der Mensch braucht, und läßt darum die Nahrung für ihn wachsen, die wiederum vom Menschen geerntet und bearbeitet wird. Die Worte fordern nicht dazu auf, wie die Vögel zu le17
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ben und keine Vorratshäuser anzulegen, sondern sich nicht vom Geist der Sorgen beherrschen zu lassen, eben in der Freiheit der Kinder Gottes (v34) das Leben anzupacken. Lied 370: Warum sollt ich mich denn grämen
Matthäus 7,1–6 Auf die Worte, die zur Ausrichtung des Lebens auf Gott rufen, folgen Worte die vom Leben mit den Mitmenschen reden. „Mit dem Maß, mit dem du gemessen hast“ ist eine übliche Vertragsklausel, die beim Handel die Verwendung derselben Waage feststellte. Wenn nun Gott in der gleichen Weise richten würde, wie wir Menschen urteilen, was hätte der Mensch dann zu erwarten? Das Wort hält also dazu an, selbstkritisch den eigenen Umgang mit anderen zu bedenken. Genauso ist es, wenn man rechthaberisch die Fehler der anderen herausstreicht, über die eigenen aber großzügig hinweggeht. Heuchelei macht wütend, so wie die Schweine wütend werden, wenn man ihnen Perlen vorwirft. Kritisch zu sein, ist in der neudeutschen Gesellschaft zu einem hohen Wert geworden; wichtiger aber wären Barmherzigkeit und Gnade. Und statt zu urteilen, sollte das Gespräch mit dem Bruder gesucht werden (18,15–20). Lied 646: Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen
Matthäus 7,7–12 Der Abschnitt spricht zunächst vom Bitten und Geben der Menschen untereinander. Es ist selbstverständlich, daß man in der Gemeinde die Bitte des Bruders erfüllt. In dieser Zuversicht darf man auch Gott bitten; doch ist die Bitte an Gott kein Zauber, mit dem man sich ein allmächtiges Wesen gefügig machen könnte (6,7). Daß Gott nicht alle Bitten erfüllt, wissen wir alle; die Eltern erfüllen auch nicht alle Bitten der Kinder. Jesus redet hier seelsorgerlich. Beter haben vielfach erfahren, wie Gott erst nach langer Zeit auf die Bitten eingeht, aber dann eben, wenn die Zeit dafür reif war. Und wenn Bitten nicht erfüllt wurden, dann haben die Beter oft erkannt, daß es gut war, daß es anders gekommen ist als sie erbeten hatten. Denn Beten übt in den Willen Gottes ein. Beispielhaft zeigt Matthäus, wie Gottesliebe und Menschenliebe ineinander verzahnt sind und nicht voneinander losgelöst werden dürfen. Mit Vers 12 schließt Matthäus den Hauptteil der Bergpredigt ab, den er mit 5,17–20 eingeleitet hatte. Lied 649: Herr, gib du uns Augen
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Matthäus 7,13–23 Im Nachwort zur Bergpredigt schärft Matthäus seiner Gemeinde ein, angesichts des Gerichtes Gottes die Regeln der „besseren Gerechtigkeit“ ernst zu nehmen. Er warnt vor Falschlehrern (v15.21) und falschen Propheten. Wundertaten und besondere religiöse Gaben (v22) können blenden. Am Tun der Regeln der „besseren Gerechtigkeit“ soll man die echten Lehrer und Propheten erkennen. Ein Prophet, der einen bequemen Weg zum Wohlgefallen Gottes anbietet, ist ein falscher Prophet, wie auch ein Prophet, der nicht tut, was er sagt. Das Wort von der Erkenntnis am Tun ist also nicht eine Regel, nach der man allgemein Christen beurteilen kann, gar noch nach den Maßstäben, die man ihnen unterstellt. Es geht vielmehr darum, ob die Lehre und das Tun eines Christusverkündigers miteinander im Einklang stehen. Heutzutage begeistern sich viele Menschen für die Idole der Bildschirme und Musikhallen. Doch nach deren Lebenswandel fragt man nicht. Lied 412: So jemand spricht: Ich liebe Gott
Matthäus 7,24–29 Das Abschlußgleichnis der Bergpredigt vom Haus auf dem Felsen am Hang und dem auf dem Sand im Talgrund streicht noch einmal das Tun der besseren Gerechtigkeit (5,20) heraus. Die Befolgung der Worte Jesu, nicht das bloße Wissen gibt dem Leben einen festen und gewissen Stand. Freilich sind auch die allerbesten Werke nichts wert, wenn sie sich nicht in Christus gründen, wie Vers 22 zeigt. So ist Jesus nicht nur Lehrer und Vorbild für den Christen, eben nicht nur ein besonderer Mensch, sondern Grund und Fundament des Lebens. In seinen Worten ist Gott selbst gegenwärtig. Die Verse 29–30 schließen die Bergpredigt mit dem Hinweis auf die von Gott gegebene Vollmacht ab. Die Schlußformel „da Jesus diese Reden vollendet hatte“ findet sich auch am Ende der anderen Reden: 11,1;13,53;19,1;26,1 Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Matthäus 8,1–4 Hatte Matthäus in der Bergpredigt Jesus als den Messias des Wortes dargestellt, so zeigt er ihn nun in Kapitel 8–9 als den Messias der Tat. Das „Hinzutreten und Niederfallen“ erinnert an die Art der Anbetung im Alten Testament. Im Unterschied zur Fassung in Markus (1,40–45) redet der Aussätzige Jesus mit „Herr“ an. Da im Matthäusevangelium nur Glaubende Jesus mit „Herr“ anreden, wird auch hier deutlich, daß die Anbetung Jesu mit seiner göttlichen Macht in den 19
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Vordergrund tritt. Während bei Markus die Not der Menschen und die menschlichen Züge Jesu betont sind, betont Matthäus die Anbetung des Gesandten Gottes, der sich seinerseits ganz an das Gebot Gottes (v4) hält: Er ist eben ganz der Messias Gottes, in Wort und Tat. Lied 399: O Lebensbrünnlein tief und groß
Matthäus 8,5–13 Die üblichen Elemente einer Wundererzählung finden sich in dieser Erzählung von dem Hauptmann, wohl eines syrischen Heiden in römischen Diensten: Begegnung und Bitte (v5–6), Heilung durch das Wort und Feststellung der Heilung (v13). In diesen Ablauf ist das Gespräch über den Glauben eingebaut; auf den Glauben kommt es dem Evangelisten an. Der Glaube des Hauptmanns ist zunächst das praktische Zutrauen zu Jesus in einem Notfall. Seine Antwort auf die Zusage Jesu, zu ihm kommen zu wollen, zeigt freilich einen tieferen Glauben, das unbedingte Vertrauen in Jesus. Er, der Heide, erkennt Jesu Vollmacht an, ganz im Unterschied zu Jesu pharisäischen Kritikern. Die Zugehörigkeit zum Gottesreich entscheidet sich für Jesus nicht an der Bindung an das pharisäisch verstandene Gesetz, sondern in der Bindung an Jesus mit seiner besseren Gerechtigkeit. Lied 346: Such, wer da will, ein ander Ziel
Matthäus 8,14–17 Weil eben Jesus die bessere Gerechtigkeit bringt, darum stellt ihn Matthäus nun in der Heilung der Schwiegermutter des Petrus und in den Dämonenaustreibungen als den von Jesaja (53,4) verheißenen Gottesknecht dar; Jesus bringt die Schrift zu ihrem Vollsinn (Matthäus 5,17). Lied 75: Ehre sei dir, Christe
Matthäus 8,18–22 Vers 18 ist die Einleitung zu der Geschichte von der Sturmstillung (8,23–27). Die Nachfolgesprüche stellen darum die Geschichte von der Sturmstillung unter das Thema der Nachfolge. Das macht Matthäus u. a. auch daran deutlich, daß er das Wort „folgen“ von Vers 22 in Vers 23 wiederholt. Die beiden Nachfolgeworte Jesu sind sehr schroff. Jesus schmeichelt nicht der Entscheidung derer, die ihm nachfolgen wollen, sondern er stellt ihnen den Ernst (v20) und die Unbedingtheit (v22) der Nachfolge vor Augen. Das Wanderleben mit Jesus garantiert nicht die 20
Evangelium nach Matthäus
bürgerlichen Sicherheiten des Lebens; auch die Werte werden sich ändern. Natürlich will auch Jesus, daß Vater und Mutter geehrt werden; aber die Forderungen Gottes sind dringlicher. So kann es durchaus Folge des Glaubens sein, daß ein Mensch um des Evangeliums willen den Verband seiner Familie hinter sich läßt. Denn nicht der Mensch, sondern Gott steht im Mittelpunkt des Denkens Jesu und seiner Nachfolger. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
Matthäus 8,23–27 Angesichts der schroffen Worte Jesu von der Ungesichertheit des Lebens in der Nachfolge erzählt die Geschichte von der Sturmstillung nun von der Bewahrung in der Nachfolge. Die Geschichte ist also nicht – wie leider heute vielfach gepredigt – psychologisch zu verstehen, als eine Aufforderung, sich nicht zu fürchten. Das Schiff ist das Symbol für die Jüngerschar, für die Kirche in der Nachfolge Jesu. Ihr gilt die Verheißung, daß die „Pforten der Hölle“ (16,18) sie nicht überwältigen werden – und dies trotz ihres Kleinglaubens. Auch diese Wundergeschichte wird von Matthäus so gestaltet, daß sie von der gegenwärtigen Notlage auf Aussagen des Glaubens verweist: Bei aller Unwägbarkeit und allem Kleinglauben in der Nachfolge will Gott doch die Gemeinschaft seiner Nachfolger bewahren. Lied 589: Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt
Matthäus 8,28–34 Gegenüber Markus 5 ist die Geschichte stark gekürzt worden. Die Darstellung der Besessenheit entfällt, dafür sind es nun zwei Besessene. Auch die Dialoge fehlen. So betont Matthäus die Vernichtung der Dämonen und die sieghafte Kraft Jesu. Die Dämonen meinen, sich in den Schweinen in Sicherheit bringen zu können, doch sie ertrinken mit den Schweinen. Die sieghafte Kraft Jesu im Kampf mit den Dämonen haben Menschen immer wieder erlebt, etwa bei Blumhardts Kampf in Möttlingen im 19.Jahrhundert. Von der Mission – wie bei Markus – ist hier bei Matthäus nicht mehr die Rede. Jesus ist zum Volk Israel gesandt – jedenfalls zunächst (10,5–6),– nicht zu den Heiden. Darum endet die Geschichte hier mit der Bitte, die Gegend zu verlassen. Der Wundertäter ist den Menschen unheimlich. Lied 396: Jesu, meine Freude
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 9,1–8 Markus (2,1–12) erzählt vom Aufdecken des Daches, in dem Jesus sich aufhält, um so den Glauben der Leute herauszustreichen. Das fehlt bei Matthäus. Er rückt damit stärker die Vollmacht Jesu, Sünden zu vergeben, in den Mittelpunkt. Nur Gott kann die zerbrochene Gemeinschaft (=Sünde) mit ihm wiederherstellen. Wenn Jesus dies in eigener Vollmacht tut, so beansprucht er, der vollgültige Gesandte Gottes zu sein. Darum erklären ihn seine Gegner zum Gotteslästerer (siehe auch 26,65). Jesus ist nicht nur ein guter Mensch, wie viele anzuerkennen bereit sind, sondern derjenige, der im Namen und an der Stelle Gottes handelt. An dieser Frage scheiden sich die Geister, auch heute. Lied 66: Jesus ist kommen
Matthäus 9,9–13 Die Geschichte von der Berufung des Matthäus – bei Markus ist es Levi – zeigt, wie Jesus praktisch die Sündenvergebung handhabt. Der Sünder soll nicht ausgegrenzt werden, sondern in die heilende Gemeinschaft der Jesusnachfolger eingegliedert werden. Nicht durch ein äußerliches Opfer wird der Sünder neu, sondern in der Warmherzigkeit der Zuwendung. Das Blaue Kreuz etwa versucht, auf diese Weise Alkoholikern zu helfen. Dazu bedarf es freilich auch des Willens des Alkoholikers, sein Leben verändern zu wollen. Lied 384: Lasset uns mit Jesus ziehen
Matthäus 9,14–17 Wie in 6,16–18 wird das „alte“ Fasten jüdischer Gruppen abgelehnt, diesmal freilich grundsätzlicher. Wenn Fasten als ein Trauern um die Ferne des Menschen zu Gott geübt wird, dann kann man in der Gegenwart Jesu nicht fasten, da der Gesandte Gottes ja mitten unter seinem Volk ist. Später freilich, nach Jesu Tod, wird es auch unter den Jesusnachfolgern ein Fasten geben, aus Trauer über den Tod Jesu, nicht mit dem Motiv, sich wie im übrigen Judentum die Zuwendung Gottes zu verdienen (6,16). Darum setzte man sich bewußt von den jüdischen Fasttagen ab. Der Fasttag der Christen, der Freitag, war kein jüdischer Fasttag. Heute wird Fasten der Figur oder der Gesundheit wegen empfohlen. Beim christlichen Fasten steht jedoch nicht die eigene Person im Vordergrund, sondern die Trauer um Jesu Tod. Lied 405: Halt im Gedächtnis Jesus Christ
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Evangelium nach Matthäus
Matthäus 9,18–26 Um ein Drittel kürzt Matthäus gegenüber Markus (5,21–43). Bei beiden Hilfesuchenden betont Matthäus deren Glauben. Diese Menschen erfahren, wie ihr Glaube und ihr Vertrauen auf Jesus Auswirkungen bis in ihre körperliche Befindlichkeit zur Folge haben. Statistische Untersuchungen – vor allem in den USA – zeigen, daß Menschen mit intensivem Glaubensbezug im Durchschnitt geistig und körperlich gesünder sind. Lied 631: All eure Sorgen
Matthäus 9,27–34 War Jesus bisher als in göttlicher Vollmacht handelnder Herr dargestellt worden, so jetzt ausdrücklich als Messias (=Sohn Davids). Während das Volk die Einzigartigkeit Jesu bestaunt, ohne freilich aus der Neugier heraus zu einer Entscheidung für Jesus zu finden, lehnen die Pharisäer Jesus entschieden ab. Letztlich machen sie ihm zum Vorwurf, er sei vom Teufel. Die Heilungen des Blinden und Taubstummen zeigen, wie sich die Geister an Jesus scheiden. Damit klingt das Thema der nachfolgenden Darstellung an: die Mission, die zur Entscheidung für Jesus ruft (9,35–10,42) Lied 252: Jesu, der du bist alleine
Matthäus 9,35–10,4 9,35–38 leitet die zweite Rede in diesem Evangelium ein: die Missionsrede. So wie Jesus sollen auch die Jünger wirken: das Evangelium verkünden, unsaubere Geister vertreiben, Krankheiten und Gebrechen heilen (9,35 und 10,1). Die Vollmacht Jesu wird auch der Gemeinde gegeben. Die Klage über die schlechten Hirten für das Volk wird bereits im Alten Testament laut, etwa Hesekiel 34,5. Darum erwartet man für die Wende der Zeiten David als den König und Hirten (Hesekiel 37,24). Jesus will als der Davidssohn sein Volk sammeln, im Bild der Ernte ausgedrückt (siehe Jesaja 27,13). Dabei kann es gar nicht zu viele Mitarbeiter geben. So viele ehrenamtliche Mitarbeiter wie heute gab es wohl noch nie in der Kirchengeschichte. Dennoch soll auch heute das Gebet um Pfarrer und Mitarbeiter nicht aufhören. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 10,5–15 Die Missionare Jesu erhalten den Auftrag zur Evangelisation im Volk Israel. Die Welt kommt erst mit dem Missionsbefehl nach der Auferstehung in den Blick. Die Ausrüstung der wandernden Missionare ist spärlich. Sie brauchen kein Geld mitzunehmen, denn sie dürfen auf ein Essen in dem Dorf hoffen, in das sie kommen werden, denn einen Mann Gottes aufzunehmen, war üblich. Er war des Lohnes wert. Ebenso sollen die Missionare sich nicht um Kleidung sorgen. Sie brauchen keine Sandalen, weil der Weg zum nächsten Dorf nicht lang ist. Sie brauchen auch keinen Stab, weil sie unterwegs keine wilden Tiere fürchten müssen. In dem Haus, in dem sie einkehren, sollen sie während der Evangelisation bleiben und nicht etwa ein besseres Quartier suchen. So spiegelt die Lebensweise der Missionare ihre Anspruchslosigkeit wieder, ihr volles Vertrauen auf Gott, der ihnen Speise gibt zur rechten Zeit. Sie bringen Frieden denen, die auf sie hören, in der Geschichte der Mission tausendfach erlebt. Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil gegenüber der christlichen Mission hat diese den Menschen mehr Segen und Glück gebracht als die Waren der westlichen Konsumgesellschaft. Lied 243: Lob Gott getrost mit Singen
Matthäus 10,16–25 Die Missionare Jesu legen ihr Leben ganz in Gottes Hand. So sind sie äußerlich wenig geschützt. Sie werden darum Gewaltmaßnahmen ausgesetzt sein, so wie Jesus. Wie er werden sie diffamiert werden, als Gefolgsleute des Teufels; sie werden vor Gerichte gezogen werden und unschuldig Strafen und sogar Tod erleiden. Doch sie sollen das Martyrium nicht suchen. Flucht ist nicht verpönt. In ihrem Schicksal werden sie Jesus, ihrem Herrn, gleich. Und sie werden mit der notwendigen Kraft ausgerüstet, dem Heiligen Geist, wenn sie Zeugnis für ihren Glauben vor der Öffentlichkeit ablegen. Man denke etwa an Dietrich Bonhoeffer im Gefängnis zu Berlin. Lied 259: Kommt her, des Königs Aufgebot
Matthäus 10,26–33 Furchtlosigkeit prägt die Missionare Jesu. Was im kleinen Kreis mit ihm besprochen wird, das verkünden sie in aller Öffentlichkeit. Denn im Gericht Gottes wird alles offenbar und klar. Das wird den Missionaren Jesu Anfeindungen einbringen. Aber den Menschen ist die Botschaft von der Nähe Gottes ohne Furcht auszurichten. Vor dem Abfall von Jesus hingegen haben sich die Jünger zu hüten; sie würden dem Teufel anheimfallen. Wer sich hingegen treu zu Jesus bekennt, 24
Evangelium nach Matthäus
den wird auch Jesus erhalten und für ihn vor dem Vater eintreten. Heute ist bei uns Treue zu Jesus nicht in der Situation der Verfolgung nötig, sondern angesichts der Gottvergessenheit unserer Mitwelt. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
Matthäus 10,34–39 Für die wandernden Missionare Jesu wird es wohl schwierig gewesen sein, ein normales Familienleben zu führen. Man denke an Paulus. Ehe und Familie werden aber dennoch von Jesus nicht gering geschätzt (15,4;5,27–28). Gegenüber Gott und seinem Willen jedoch haben sie zurückzustehen. Dann kann die Christusnachfolge auch in Familien zu Spannungen führen. Man sollte dann – mit Klugheit – darauf bestehen, daß man Raum und Zeit für sein Glaubensleben hat und nicht um des lieben Friedens willen einfach nur nachgibt. Im Laufe der Zeit werden auch die anderen Familienglieder den Wert des Glaubens erkennen, zumindest den Glauben des anderen respektieren. Lied 385: Mir nach, spricht Christus unser Held
Matthäus 10,40–11,1 Die Missionare Jesu leben in totaler Abhängigkeit von Gott. Sie arbeiten nicht für ihren Lebensunterhalt, sie sollen vielmehr darauf vertrauen, daß sie erhalten werden, was sie zum Leben nötig haben. Gerade darum können die anderen sie als Sprecher Gottes auf- und annehmen. Im Laufe der Zeit gaben sich auch Schnorrer als solche Missionare aus. Die Christen haben dann einfache Regeln entwickeln müssen, um solche Schnorrer zu erkennen. Eine Regel etwa war, daß ein wandernder Missionar nicht länger als drei Tage bleibt. Die Situation der heutigen Pfarrer, die Familie haben und längere Zeit in einer Gemeinde bleiben, ist mit dem Stil der damaligen Mission schwer vergleichbar. Es bleibt aber, daß auch sie ihr Vertrauen auf Gottes Fürsorge deutlich werden lassen sollen. Zugleich dürfen sie erwarten, daß ihr Wort nicht leichthin übergangen, sondern ernsthaft bedacht wird. Lied 577: Von des Himmels Thron
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 11,2–19 Auf die Missionsrede folgt – logischerweise – die Frage der Menschen, eben im Munde des Johannes, ob denn Jesus überhaupt der Gesandte Gottes sei, auf den die jüdischen Zeitgenossen warten. Jesus verweist auf die Zeichen der heilenden Gottesgegenwart in seiner Person. Diese Wunder erwartete man für den Anbruch der Heilszeit. Aber Wunder sind nicht eindeutig. Darum sind sie ein Zeichen nur für den, der sich nicht an Jesus „reibt“ (v6). Der Frage des Glaubens geht Matthäus auch in den Versen 7–19 nach. Vor dem Messias soll nach jüdischem Denken Elia, der letzte Prophet, kommen. Jesus erklärt Johannes den Täufer zu diesem wiederkommenden Elia. Daraus ergibt sich, daß Jesus selbst sich als der angekündigte Messias versteht. Doch freilich: den einen paßt dieses an Jesus nicht, den andern jenes nicht. So sucht sich jeder seine Entschuldigung, mit der er sich dem Anspruch Jesu entziehen kann. Lied 392: Gott rufet noch
Matthäus 11,20–24 Auf Worte über die Verweigerung des Glaubens folgt die Warnung vor Unglauben. Das gleiche Schicksal gilt denen, die die Verkündigung Jesu ablehnen (10,14–15), wie denen, die auf die Taten Jesu gleichgültig reagieren. Dabei denkt Matthäus an die Ablehnung aus dem jüdischen Raum, wie die Städtenamen zeigen. Dem heidnischen Raum (Sidon und Tyrus) traut er eher eine Offenheit für Jesus zu (siehe 15,21–28). Das Drohwort (v23) gegen Kapernaum, “Jesu Stadt“ (9,1), nimmt Jesaja 14,13–15 auf. Es ist dort auf Nebukadnezar bezogen. Auch eine besondere räumliche oder zeitliche Nähe zu Jesus hilft nichts, wenn sie nicht zum Glauben führt. Wie oft habe ich es erlebt, daß man sich mit der Bekanntschaft oder Verwandtschaft zu einer religiösen Persönlichkeit zu empfehlen suchte! Jesus jedoch sucht den Glauben. Lied 281: Erhebet er sich, unser Gott
Matthäus 11,25–30 Auf die Warnung vor dem Unglauben folgen Worte zur Gegenwart des Heiles in Jesu Person. Gott ist Gott und kann nicht durch den menschlichen Verstand ergründet werden (v25). Nur durch die Offenbarung des Sohnes ist er den Menschen zugänglich (v27). Alle Bilder, die sich die Menschen von Gott und Jesus machen, sind darum nur eine vorläufige Annäherung. Wichtig ist, daß der Mensch sein Leben als Geschenk Gottes begreift und darum frei wird für Gott – und 26
Evangelium nach Matthäus
auch den Nächsten. Nicht dem „Joch“ des Gesetzes (Sirach 51,23–27) gilt es zu folgen, sondern sich der Leitung Jesu anzuvertrauen. Diesem Vertrauen ist die Ruhe, der Friede Gottes verheißen. Lied 363: Kommt her zu mir
Matthäus 12,1–14 Auf die Forderung des Glaubens durch Jesus folgt die Auseinandersetzung mit den Gegnern, die seinen Anspruch ablehnen. Zunächst geht es um die Forderung der Sabbatruhe. Diese wird von Jesus nicht abgelehnt, aber doch relativiert. Die Sabbatruhe ist als ein Geschenk Gottes zu verstehen, nicht als rigorose Forderung (v3–5). Jesus – als Gesandter Gottes – ist Herr über den Sabbat (v6.8). Er legt darum für seine Gemeinde das Gebot der Sabbatruhe eigenständig aus. Dabei ist der Gesichtspunkt der Barmherzigkeit wichtiger als die buchstabengetreue Befolgung der Sabbatruhe (7.11–12). So zeigt Jesus, daß die Wahrnehmung der Verantwortung für Menschen wichtiger als die genaue Erfüllung eines Gebotes ist. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Matthäus 12,15–21 Während seine Gegner über die Beseitigung Jesu nachdenken, flieht Jesus, wie seinerzeit als Kind nach Ägypten, vor den Nachstellungen des Herodes (2,13). Gegenüber dem, was seine Gegner für Recht halten, nämlich ihn zu töten, zielt das Recht Gottes und seines Knechtes nicht auf den Tod des Menschen (v20), wie aus dem Zitat von Jesaja 42,1–4 deutlich wird. Wie in der Sabbatfrage gezeigt, will Gott dem Menschen durch Recht und Gebot Möglichkeiten zum Leben geben. Dieser Wille Gottes soll – nach Jesu Auferstehung – aller Welt (v21) verkündet werden, wie Jesus seinen Jüngern auf dem Berg in Galiläa aufträgt (28,16–20). Lied 257: Der du in Todesnächten
Matthäus 12,22–32 Jesu Wirken ist in seinem Wesen ein Kampf gegen den Satan, also gegen die Macht, die wider Gott streitet. Darum ist der Vorwurf, Jesus sei ein Zauberer, er sei mit dem Teufel im Bunde, sehr schlimm – der schlimmste Vorwurf, der Jesus von seinen jüdischen Gegnern gemacht wird. Er leugnet, daß Jesus im Geist Gottes handelt. Mag man es auch ablehnen, in 27
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Jesus den kommenden Weltenrichter (=Menschensohn) zu sehen, so rüttelt die Leugnung der Geistbegabung Jesu an den Grundfesten seiner Sendung. Darum ist diese Sünde unvergebbar. Lied 396: Jesu meine Freude
Matthäus 12,33–37 Wie man sich zu Jesus und seinem Anspruch (v31–32) stellt, das hängt von der grundsätzlichen Glaubensentscheidung ab. Der Vergleich mit dem guten und dem faulen Baum sowie den jeweiligen Früchten zielt hier auf das Reden der Menschen, nicht auf das Tun. Weil die Gegner Jesus grundsätzlich ablehnen, darum kann auch nichts Gutes über ihn aus ihrem Munde kommen. Im Gericht Gottes werden die Menschen dann über ihre Stellung zu Jesus Rechenschaft ablegen müssen. Wer in Jesus lediglich einen guten Menschen sieht, der hat das Wesen Jesu nicht erfaßt. Lied 176: Öffne meine Augen
Matthäus 12,38–42 Die Gegner Jesu wollen in typisch jüdischer Weise (1.Korinther 1,22) Zeichen, also Beweise. Nun hat ja Jesus schon viele Zeichen getan. Doch sie genügen seinen Gegnern nicht. Denn es müßten Zeichen sein, die Jesus nicht von sich aus tut, sondern solche Zeichen, die von den Gegnern vorgegeben werden. Solche Zeichen würden freilich den Glauben überflüssig machen, denn Beweise kann man nicht glauben; man kann sie nur anerkennen. Darum lehnt Jesus das Ansinnen der Gegner ab. Jedoch verweist er auf ein weiteres Zeichen, das des Jona, das seinen Gegnern gegeben wird: die Auferstehung. Doch da seine Gegner auf seine Worte nicht hören, anders als die Leute von Ninive, werden sie auch die Auferstehung nicht anerkennen und so im Gericht Gottes nicht bestehen können. Zugleich gibt Matthäus zu erkennen, daß zwar die jüdischen Gegner nicht auf Jesus hören, daß Jesus aber in der Heidenwelt Zuspruch finden wird. Wenn heute Zweifel an der Auferstehung Jesu mit der Bemerkung geäußert werden, es sei noch niemand von den Toten zurückgekommen, wundere ich mich immer, weil Jesus ja sehr wohl auferstanden ist, ihm aber mit diesen Worten nicht geglaubt wird. Wem wollen dann die Zweifler glauben? Lied 271: Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen
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Evangelium nach Matthäus
Matthäus 12,43–45 Es ist eine seelsorgerliche Erfahrung: Wer das alte Verhalten aufgeben will, braucht eine Neuorientierung. Es reicht nicht, nur das alte Wesen zu zerstören. Diese Erfahrung aus der individuellen Seelsorge wendet Jesus auf die Generation seiner Zeitgenossen an. Da sie Jesus keinen Glauben schenken, ihn nicht in ihr Herz aufnehmen, staunen sie zwar über seine Zeichen, doch ist ihr Interesse für Jesus nicht von Dauer. Da sie ohne feste innere Orientierung sind, werden sie sich alsbald anderen Sensationen zuwenden. Die alte Lebensart wird sie weiterhin beherrschen. Ob Matthäus bei dem Wort vom „schlimmen Ende“ an die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 denkt? Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
Matthäus 12,46–50 Die Gegner und die Menge stehen Jesus nicht wirklich nahe. Die Gegner versuchen zwar, mit Jesus über die Wahrheit seiner Sendung zu diskutieren, aber sie entziehen sich dem Anspruch Jesu auf Glauben. Die Menge staunt zwar über die Zeichen Jesu, aber die Menschen entscheiden sich nicht für ihn. Diejenigen sind Jesus nahe, die seine Worte hören und seinen Willen tun (siehe auch 7,24–27). Lied 295: Wohl denen, die da wandeln
Matthäus 13,1–9.18–23 Mit 13,1 beginnt die dritte Rede im Matthäusevangelium, die Gleichnisrede. Angesichts des Widerstandes der Gegner und der Oberflächlichkeit der Menge könnte man meinen, der Verkündigung Jesu vom kommenden Reich Gottes werde kein Erfolg beschieden sein. Doch mit dem Gleichnis vom Sämann bekundet Jesus seinen unerschütterlichen Glauben daran, daß Gott seinem Willen Bahn brechen wird. So wie die Ernte unerwartet reichlich ausfällt – trotz der vielen Verluste –, so wird auch Gottes Reich bei vielen zur bestimmenden Macht in ihrem Leben werden. Die Verse 18–23 deuten das Gleichnis anschließend psychologisch. Das verschiedenartige Land wird zum Bild für verschiedenartige Menschen, die je nach ihrer Verfassung dem Wort Jesu Glauben schenken oder nicht. Lied 166: Tut mir auf die schöne Pforte
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 13,10–17 Gleichnisse waren in der Situation, in der sie von Jesus gesprochen wurden, sicher unmittelbar einsichtig. Später aber, wenn sie in einer anderen Situation nacherzählt wurden, waren sie rätselhaft. Deshalb die Frage nach dem Grund, warum Jesus Gleichnisse benutzt. Von Gottes Handeln kann man nicht anders als in Bildern reden. Während die Christen die Bedeutung dieser Bilder für ihr Leben erkennen, bleiben sie für die „anderen“ Unsinn. So offenbaren sie die Blindheit der Menschen, die im Unterschied zur Jüngergemeinde hören und nicht verstehen. In diesen Worten spiegeln sich die Erfahrungen, die die Christen in ihrer Mission, besonders unter den jüdischen Mitbürgern, machen. Die Christen begreifen es als ein Wunder, wenn ihnen Erkenntnis Gottes zuteil wird. Lied 172: Sende dein Licht
Matthäus 13,24–30.36–43 Ziel des Umkehrrufes Jesu ist es nicht, neue Abgrenzungen zu schaffen. So taten es die Zeloten gegenüber den Juden, die sich mit der römischen Besatzungsmacht abfanden, oder die Pharisäer, die das unwissende Volk verachteten, das nicht die Regeln des Gesetzes genau einhalten konnte oder wollte. Jesus meint, Gott wisse selber wohl am besten, was ihm gefällt. Darum wehrt der Hausvater den Knechten, die das schlechte Kraut beseitigen möchten. Zwar ist es Aufgabe der Gemeinden, ihr Leben so zu gestalten, wie es dem Willen Gottes entspricht, aber es kann nicht ihre Aufgabe und Ziel sein, rigoros eine von Irrungen und Verfehlungen reine Gemeinde durchzusetzen. Das war in der Kirchengeschichte schon immer die Versuchung solcher, die nur ein entschiedenes Christentum gelten lassen wollten, wie etwa der Novatianer im 2.und 3.Jahrhundert oder der Wiedertäufer von Münster in der Reformationszeit. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seelen
Matthäus 13,31–35 Vielleicht hat man Jesus vorgehalten, seine Umkehrbewegung sei so unscheinbar und klein, daß man von ihr nichts Weltbewegendes erwarten könne. Die paar Heilungen in einem Winkel der Welt seien nicht geeignet, Zeichen für das Kommen des Reiches Gottes zu sein, das doch die ganze Welt umfassen soll. Jesus zeigt im Senfkorngleichnis, wie aus kleinen Anfängen etwas Großes werden kann. Im Sauerteiggleichnis macht er deutlich, wie eine geringe Menge große Wirkungen haben kann. Lied 256: Einer ist’s, an dem wir hangen 30
Evangelium nach Matthäus
Matthäus 13,44–46 Gerade weil Gott seinem Willen auf der ganzen Erde Geltung verschaffen möchte, ist es wichtig, daß jeder einzelne sich Gott ganz hingibt, mit seiner ganzen Existenz. Die beiden Gleichnisse vom Schatz und von der Perle betonen die Freude, die Menschen ergreift, wenn sie sich der Nähe Gottes gewiß sind. Lied 394: Nun aufwärts froh den Blick gewandt
Matthäus 13,47–52 Wie im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen so macht Jesus auch in dieser Geschichte deutlich, daß eine Kirche in dem Beieinander von Guten und Schlechten lebt. Nur Gott steht die endgültige Scheidung zu. Die Aufgabe der Jünger Jesu ist darauf konzentriert, zu Gottes Reich einzuladen. An der Stellung zu der Einladung durch die Jünger entscheidet sich freilich dann das endgültige Ergebnis eines Lebens. Die Abschlußverse (v51–52) könnten einen polemischen Beiklang haben. Wer Jesu Gleichnisse und Verkündigung begreift, der ist ein wahrhafter Schriftgelehrter, anders als die Mehrzahl der pharisäischen Schriftgelehrten, die sich Jesus verweigern. Lied 199: Gott hat das erste Wort
Matthäus 13,53–58 In die Auseinandersetzung mit dem Widerstand und der Ablehnung durch Jesu Gegner hat Matthäus die Gleichnisse Jesu gestellt. In der Nazarethszene zeigt er, wie Jesus nicht nur von den religiösen und politischen Führern des Landes abgelehnt wird, sondern auch von den Bewohnern seines Heimatdorfes. Auch sie verweigern ihm den Glauben. So wird deutlich, wie sehr sich an der Verkündigung und dem Wirken Jesu die Geister scheiden. Die Ablehnung des Propheten wird zu seinem Tode führen. Der nachfolgende Abschnitt vom Tod des Täufers, der als Prophet verstanden wird, weist darauf hin. Lied 83: Ein Lämmlein geht
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 14,1–12 Im Schicksal des Täufers zeichnet sich das Schicksal Jesu ab (siehe auch 17,12–13). Den Tod des Johannes stellt Matthäus als Mord an einem Propheten dar (v5). Jesus klagt Israel wegen seiner Tötungen von Propheten (23,31.37) an. Er stellt auch seinen Tod in die Reihe dieser Prophetenmorde. Lied 79: Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Matthäus 14,13–21 Matthäus folgt dem Erzählfaden von Markus. Doch mag es sein, daß Matthäus eine besondere Verbindung zwischen den Geschichten vom Tod des Täufers und der Speisung der 5000 sieht. Mit der Speisung bewahrt Jesus die Menschen vor dem Hunger. Sein Tod, auf den ja der Tod des Täufers verweist, wird für die Menschen Leben schaffen. Auf dem Weg zum Tod feiert Jesus mit den Seinen das Abendmahl: Brot des Lebens gibt er ihnen. Lied 229: Kommt mit Gaben und Lobgesang
Matthäus 14,22–36 Die Geschichte vom Seewandel erinnert an die Geschichte vom Sturm auf dem Meer (8,23–27). Wie die Jünger in jener Geschichte, so wird hier Petrus „Kleingläubiger“ genannt. Während die Menschen in der Geschichte von der Sturmstillung nur verwundert fragen „Was für ein Mann ist der?“, beten die Jünger im Schiff (für Matthäus die Kirche?) Jesus als Gottessohn an, nachdem sie schon vorher (v26) meinten, sie sähen ein überirdisches Wesen. Nach Hiob 9,8 ist es ja Gottes Werk, auf den Wassern zu gehen. Und so kann Petrus dem Herrn auch nur dann entgegengehen, wenn er sich ganz auf Jesus konzentriert. Da er auf den Wind sieht und Furcht bekommt, beginnt er zu sinken. So soll der Glaube der Gemeinde alles von Jesus erwarten. Er wird das Schiff des Lebens durch alle Klippen leiten. Lied 252: Jesu, der du bist alleine
Matthäus 15,1–20 Sah die jüdische Tempelgemeinde den Schwerpunkt ihrer Religion in der Erfüllung der rituellen Gebote des Alten Testamentes, so verschiebt ihn Jesus auf das soziale Verhalten. Darum 32
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sei das Gebot, die Eltern zu achten, ein höheres Rechtsgut als das Gelübde, ein Opfer zu geben. Von einer Beziehung zu Gott schließe ferner nicht das aus, was als dinglich unrein angesehen wird, sondern ein unsoziales Verhalten. Denn dieses geht aus einem unreinen Herzen hervor. Man soll jedoch nicht meinen, es gehe Jesus bloß um das zwischenmenschliche Verhalten. So verkündet es der heutige gottvergessene Humanismus. Es geht für Jesus und seine Zeitgenossen vielmehr um die rechte Gottesverehrung: Wird Gott eher im Vollzug der rituellen Gebote oder doch der sozialen Vorschriften des Alten Testamentes geehrt? Lied 412: So jemand spricht: Ich liebe Gott
Matthäus 15,21–28 Anders als bei Markus (7,24–30) verläßt Jesus das Gebiet Israels nicht. Er bleibt seiner Sendung für Israel treu (10,5). Im Unterschied zu Markus ist die Frau darum auch nicht eine syrophönizische Frau, sondern eine Kanaanäerin. Eine Heidin ist sie freilich allemal. Die anfängliche Weigerung Jesu betont die Treue, die Gott seinem Volk hält. Doch diese Treue stößt den Glauben einer Heidin nicht zurück. Die Annahme einer – für Juden unreinen – Heidin ist die natürliche Folge der Verkündigung Jesu, der nicht das rituelle Gesetz, sondern die Gebote zum sozialen Verhalten in den Mittelpunkt seines Wirkens stellt. Nicht „rein“ und „unrein“ entscheiden über das Verhältnis zu Gott, sondern das Vertrauen, eben der Glaube der Frau. Lied 658: In Christus gilt nicht Ost noch West
Matthäus 15,29–39 So wie Jesus die Tochter der Heidin heilt, so die vielen Kranken, die zu ihm gebracht werden. Diese geben Gott die Ehre. Hoffentlich haben sie ihr Gotteslob nicht nach ein paar Jahren vergessen, wie es heute so oft geschieht. Matthäus denkt bei seiner Schilderung an Jesaja 35,5–6: In der Gegenwart Gottes werden die Kranken geheilt. Und ebenso werden die Hungrigen satt gemacht. So ist dieser Abschnitt ein Bild für die Hoffnung, die der Glaube hegt: In Gottes Gegenwart wird alles Leid und aller Schmerz nicht mehr sein. Lied 331: Großer Gott, wir loben dich
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Matthäus 16,1–12 Matthäus warnt vor den Lehren des offiziellen Judentums. Die Pharisäer und ihre Bundesgenossen vertreten eine selbstsichere Frömmigkeit. Für ein überraschendes Handeln Gottes, das nicht den gewohnten Vorstellungen folgt, sind sie nicht offen. Sie fordern Zeichen, aber die Deutung dieser Zeichen behalten sie sich vor. Die Folge ist, daß sich Jesus ihrem Urteil unterwerfen müßte. Aber selbst das Zeichen des Jona, die Auferstehung, wird vor ihrem Urteil nicht bestehen. So verweigern sie sich der Gemeinschaft mit Gott. Mit der Ablehnung Jesu und dem Hinweis auf seine Auferstehung bereitet Matthäus den folgenden Abschnitt, den Weg zur Passion, vor. Lied 341,10: Was ich getan hab und gelehrt
Matthäus 16,13–20 Bei Markus (8,29) bekennt Petrus seinen Meister lediglich als den Christus. Bei Matthäus nennt er ihn hingegen Gottessohn. Die Verheißung, mit der Jesus antwortet, stellt die Sonderstellung des Petrus heraus. Möglicherweise spiegelt sich in der Antwort die Auseinandersetzung der jungen Christenheit mit dem pharisäisch gelenkten Judentum um die Frage der wahren Autorität. Petrus war der Hauptzeuge der Auferstehung. Zunächst leitete er die Jerusalemer Urgemeinde. Dort mußte er freilich alsbald dem Jakobus weichen. In Antiochien geriet er mit Paulus aneinander. Unbestritten war seine Führung nicht. So ist es nicht verwunderlich, daß das, was zu Petrus in Vers 19 gesagt wird, in 18,18 allen Jüngern gilt. Man kann darum aus dieser Stelle nicht ableiten, daß mit Petrus alle Nachfolger auf dem Bischofsstuhl des Petrus gemeint seien, wie es die katholische Kirche tut. Zu Recht freilich hält der Abschnitt fest, daß das Wirken des Petrus grundlegend für die christliche Kirche ist. Lied 243: Lob Gott getrost mit Singen
Matthäus 16,21–28 Gerade noch Stein, auf den Jesus seine Kirche gründen will, wird Petrus zum Stein des Anstoßes (v23) – Versuchung übersetzt Luther. Zwar ist Petrus erwählt, aber er lebt doch in der Anfechtung. Wie Petrus so wird auch die Gemeinde noch den Weg der Nachfolge im Schatten des Kreuzes lernen müssen. Wie Jesus das Leben durch seine Hingabe gewonnen hat, so wird es auch der Gemeinde ergehen: Volles, erfülltes Leben ist Leben in Hingabe. Am Tage der Sichtung durch den Menschensohn wird dies deutlich werden, wenn der Sinn allen Geschehens offen und klar werden wird. Lied 391: Jesu, geh voran 34
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Matthäus 17,1–13 Mit der Vorausschau auf den Leidensweg Jesu und seiner Jünger kontrastiert die Herrlichkeit Jesu und seiner Nachfolger. Jesus erscheint seinen Jüngern so, wie es nach jüdischer Auffassung bei den Auferstandenen sein wird: Das Angesicht der Gerechten leuchtet wie die Sonne. Das Niederfallen und Aufstehen der Jünger (v6–7) verweist auf das Aufstehen der Nachfolger Jesu vom Tod. Die Gottesstimme wiederholt die Worte bei der Taufe. So wird bekräftigt, daß Jesus der Gottessohn ist. Er hat Macht über den Tod. Die Schriftgelehrten mögen zwar Jesu Gottessohnschaft mit dem Argument bestreiten, der Vorläufer des Messias, Elia, sei noch nicht gekommen. Doch sie täuschen sich: Der Täufer war der Vorläufer. Lied 112: Auf, auf, mein Herz
Matthäus 17,14–21 Vom Unglauben der Schriftgelehrten unterscheidet sich das Verhältnis der Jünger zu Jesus. Zwar ist ihr Glaube oft genug angefochten, klein wie ein Senfkorn, aber es ist doch Glaube. Nicht Glaubensgröße als eine Leistung ist in der Nachfolge Jesu gefordert, sondern das Vertrauen auf und Festhalten an Jesus. Vers 21 ist von späteren Abschreibern aufgrund der kirchlichen Praxis angefügt worden. Lied 358: Es kennt der Herr die Seinen
Matthäus 17,22–27 Die zweite Leidensweissagung und die Geschichte von der Tempelsteuer sind darin miteinander verbunden, daß beide Abschnitte Jesus als den zeigen, der sich dem Gesetz bis hin zum Tod unterwirft, aber dennoch zugleich der Herr ist. Er ist der Menschensohn, der kommende Weltenrichter; er sorgt auf wunderbare Weise für die Zahlung der Tempelsteuer. Die Geschichte betont die Freiheit der Gemeinde gegenüber den Anforderungen der jüdischen Mitwelt. Zugleich aber macht sie deutlich, daß man in Fragen, die nicht zentrale Glaubensdinge betreffen, großzügig sein kann. Lied 394: Nun aufwärts froh den Blick gewandt
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 18,1–14 Kapitel 18 enthält die vierte der großen Reden im Evangelium, die Gemeinderede. Schon der Abschnitt über die Tempelsteuer hatte ja zu einem Problem der Gemeindeordnung Stellung genommen. Die Frage der Jünger nach dem Rang im Himmelreich berührt Fragen der Gemeindeverfassung, wem nämlich in der Gemeinde besonderes Ansehen zukomme. Matthäus beantwortet diese Frage nicht direkt. Er meint, es komme im gemeindlichen Leben besonders darauf an, zutraulich und offen wie ein Kind zu leben. Nicht das Streben nach Anerkennung sei wichtig, sondern die Bescheidenheit im Umgang mit den Gemeindegliedern. Dazu gehört auch die diakonische Hilfe (v5). Die folgenden Abschnitte schärfen ein, den Glauben der Brüder nicht zu gefährden (v6–9) und den Angefochtenen und Gefährdeten liebevoll nachzugehen (v10–14). Lied 265: Nun singe Lob, du Christenheit
Matthäus 18,15–20 Die Gemeinde Jesu ist nicht frei davon, daß ihre Glieder immer wieder den Willen Gottes mißachten. Für Matthäus ist wichtig, daß der irrende Bruder auf den rechten Weg gebracht wird. Deshalb empfiehlt er Geduld im Dialog mit dem Bruder, deshalb sollen erst alle Möglichkeiten zum Gespräch ausgelotet werden. Erst wenn alles nichts fruchtet, den Bruder wieder zurückzugewinnen, soll die Verbindung mit ihm abgebrochen werden. Die umfangreichen Gesprächsbeziehungen zeigen, daß es Matthäus um den rechten Weg für den irrenden Bruder geht, nicht um die Reinhaltung der Gemeinde, wie für manche Gruppen unter uns, die davon enttäuscht sind, daß der Glaube von vielen Gliedern nicht so ernst genommen wird. Die Gemeinde soll auf den Dialog bauen, denn im Gebet und Gespräch will Jesus mit seiner heilenden Kraft gegenwärtig sein. Lied 234: So wahr ich lebe, spricht dein Gott
Matthäus 18,21–35 Das Urteil über einen irrenden Bruder kann leicht zur Überheblichkeit führen. Deshalb warnt Matthäus mit der Geschichte vom Schalksknecht davor, zu vergessen, daß jeder aus der Gnade Gottes lebt. Gottes Gerechtigkeit will den Menschen wiederherstellen, nicht vernichten, wie der Erlaß der Schuld zeigt. Wenn Menschen die Gnade Gottes freilich nicht ernst nehmen, indem sie selber nicht zur Güte bereit sind, dann überläßt Gott sie der Unbarmherzigkeit. Mit diesem 36
Evangelium nach Matthäus
Gleichnis schließt Matthäus das Kapitel ab, das vom Umgang mit den Sündern und Irrenden in der Gemeinde spricht. Lied 289: Nun lob, mein Seel, den Herren
Matthäus 19,1–12 Im Judentum war es nur der Mann, der sich scheiden lassen konnte. Welche Gründe dafür zureichend sein konnten, war umstritten. Die grundsätzliche Ablehnung der Ehescheidung durch Jesus ist für jüdische Ohren neu. Jesus begründet seine Haltung mit dem Schöpferwillen, der ungeteilte Einheit und Hingabe für das Verhältnis von Mann und Frau vorgesehen hat: „Die beiden werden ein Leib sein“. Dennoch ist nun Jesus nicht rigoros. Bei Ehebruch ist eine Scheidung möglich, eben wegen der „Herzenshärte“ (siehe auch 5,32). Mußte nach allgemeiner jüdischer Überzeugung ein Mensch verheiratet sein, so weiß Jesus auch ein Leben ohne Ehepartner zu schätzen. Er selbst war ja unbeweibt. Dabei ist die Enthaltsamkeit kein Gebot, wie es etwa für die katholischen Priester gilt, sondern eine Gabe. Dies ist auch das Verständnis des Paulus (1.Korinther 7,7) Lied 238: Herr, vor dein Antlitz treten zwei
Matthäus 19,13–15 Ehelos zu leben bedeutet nicht, kein Herz für Kinder zu haben. Die Segnung der Kinder ist zwar keine Taufe, aber das griechische Wort für „verwehren“ ist das gleiche, das man für die Ablehnung der Taufe verwendet. So mag der Leser des Evangeliums daran gedacht haben, daß nicht erst Erwachsene der Taufe würdig sind. Lied 203: Ach lieber Herre Jesu Christ
Matthäus 19,16–30 In die Aufzählung der zehn Gebote wird das Gebot der Nächstenliebe eingefügt. Jesus zeigt dem jungen Mann mit seiner Aufforderung, allen Besitz zu verkaufen und den Armen zu geben, wie unvollkommen seine Art ist, die Gebote zu erfüllen. Weil Reichtum satt und selbstgefällig machen kann, ist er oft ein Hindernis für echte Hingabe an Gott. Seinen Nachfolgern verheißt Jesus, daß all ihr Leiden und Kämpfen, Hoffen und Verzagen nicht vergessen sein wird. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt 37
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Matthäus 20,1–16 Vom Lohn spricht im Anschluß an Kapitel 19 auch dieses Gleichnis. Die meisten Menschen verstehen unter gerechter Entlohnung stets den Lohn nach Leistung. Andere sagen, der gerechte Lohn müsse sich nach den Lebensumständen richten, etwa der Zahl der Kinder. Gottes Lohn ist überraschend anders. Er ist das Geschenk seiner Liebe, und diese ist unteilbar. Deshalb erhält jeder Arbeiter den gleichen Lohn. In Gottes Gegenwart kann man nicht noch vermeintliche Rechte einklagen. So ist dieses Gleichnis ein gewisses Gegengewicht gegen die – vielleicht durch 19,27–30 genährte – Erwartung besonderer Belohnung bei Gott. Lied 399,5–6: All unser Leid
Matthäus 20,17–28 Noch einmal wird das Thema „Lohn und Nachfolge“ aufgenommen (siehe 19,27). Die dritte Leidensankündigung macht deutlich, daß Nachfolge bis zum Martyrium führen kann. Doch kann man sich damit weder einen besonderen Lohn bei Gott verdienen, wie die moslemischen Selbstmordattentäter meinen, noch kann man nach überstandener Haft und Folter auf eine besondere Autorität in der Gemeinde pochen. Leitungsfunktionen in einer Gemeinde sind Funktionen des Dienstes, wie das abschließende Wort von der Sendung Jesu deutlich macht. So soll es übrigens auch in der Gesellschaft sein: Das lateinische Wort Minister heißt Diener. Mit diesem Abschnitt beendet Matthäus seine Darstellung des gemeindlichen Lebens (18,1–20,28). Lied 210: Du hast mich, Herr, zu dir gerufen
Matthäus 20,29–34 Mit der Geschichte von der Heilung der zwei (!) Blinden – der Name Bartimäus wird nicht genannt – schließt Matthäus das Wirken Jesu vor seiner Passion ab. Mit dem zweimaligen Ruf „Herr, erbarme dich“ erinnert Matthäus an den Gottesdienst der Gemeinde. In ihm verehrt die Gemeinde den Messias, der sein Leben für seine Gemeinde gegeben hat. So wie die Umstehenden den beiden Blinden den Zugang zu Jesus verwehren wollen, so wird man auch versuchen, die Jesusnachfolger an ihrer Messiasverehrung zu hindern. Jesus aber wird als der erbarmende Herr mitten unter ihnen sein. Lied 178,6: Advents-Kyrie 38
Evangelium nach Matthäus
Matthäus 21,1–11 Mit dem Einzug in Jerusalem beginnt die Passionsgeschichte im weiteren Sinne. Als König der Juden wird Jesus nach der Kreuzesinschrift hingerichtet, als König zieht er ein, freilich nicht auf einem herrschaftlichen Tier, sondern auf einem Esel, der für einen streitbaren König denkbar ungeeignet wäre. Mit dem Erfüllungszitat aus Sacharja 9,9 unterstreicht Matthäus die Andersartigkeit der Herrschaft Jesu als des Königs der Sanftmut, zugleich aber auch dessen Anspruch, der von Israel erwartete messianische König zu sein. Lied 1: Macht hoch die Tür
Matthäus 21,12–17 Die Vertreibung der Händler und Käufer aus dem Tempel ist für Matthäus Zeichen des Gerichtes Gottes über den Opferkult im Tempel. An diese Zeichenhandlung fügt Matthäus die Heilungen und das Lob der Kinder an. Blinde und Lahme durften nach zeitgenössischer Auslegung von 2.Samuel 5,8 nicht in den Tempel. Das Lob der Kinder galt nicht als vollgültige Gottesverehrung. Die neue Gottesgemeinde umschließt vielmehr alle, alle, die der Einladung Jesu Folge leisten. Mit dem Verlassen des Tempels durch Jesus deutet Matthäus an, daß von nun an der Opferkult im Tempel überflüssig ist. Matthäus denkt wohl auch daran, daß der Tempel im Jahr 70 zerstört wurde, so daß von da an der Opferkult unterblieb. Lied 272: Ich lobe meinen Gott
Matthäus 21,18–22 Die neue Gottesgemeinde ist eine Gemeinschaft nicht des Opferkultes, sondern des Glaubens und des Gebetes. Das Verdorren des Feigenbaumes ist für Matthäus kein Zeichen des Gerichtes und der Verwerfung Israels wie im Markusevangelium, sondern Hinweis auf die Kraft des Gebetes und des Glaubens. Lied 169: Der Gottesdienst soll fröhlich sein
Matthäus 21,23–27 Wie die Worte Jesu nach seiner Autorität fragen lassen, so nun auch sein Vorgehen im Tempel. Die Auseinandersetzungen über die Autorität Jesu hatten nicht zur Überprüfung der Maßstäbe durch die 39
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Pharisäer geführt: 12,22–45; 16,1–12. So würde auch eine weitere Diskussion, nun mit den Ältesten und Hohenpriestern, unfruchtbar bleiben. Darum lehnt Jesus eine erneute Rechtfertigung ab. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Matthäus 21,28–32 In diesem Abschnitt setzt sich die Auseinandersetzung Jesu mit den Ältesten und Hohenpriestern fort. Sie sagen zwar „Ja“ zum Willen Gottes, der im Gesetz festgelegt ist, tun aber diesen Willen Gottes nicht. Man mag dabei an die Kritik des Matthäus denken, daß Gott Barmherzigkeit wolle und nicht Opfer (9,13). Für die Ältesten und Hohenpriester wird es schwieriger sein, in das Himmelreich zu kommen als für Zöllner und Huren. Matthäus will nicht sagen, Zöllner und Huren würden unbewußt den Willen Gottes tun. Er verweist vielmehr darauf, daß diese auf die Worte des Täufers hin Buße getan hätten, die Ältesten und Hohenpriester aber nicht. Lied 234: So wahr ich lebe, spricht dein Gott
Matthäus 21,33–46 Mit diesem Gleichnis treibt Jesus die Konfrontation auf einen Höhepunkt – nun mit den Hohenpriestern und Pharisäern, den politischen und geistlichen Führern. So wie sie, das Volk mit eingeschlossen, die Propheten, die Knechte Gottes, getötet haben, so werden sie es auch mit dem Sohn tun. Darum wird das pharisäisch geprägte lsrael verworfen werden, und Gott wird sich ein neues Volk schaffen, das die entsprechenden Früchte bringt. Auch das Volk Israel ist in diese Verwerfung eingeschlossen. Es erkennt in Jesus zwar einen Propheten, aber es erkennt ihn nicht als Gottes Sohn an. Sonst würden sie später nicht die Kreuzigung verlangen. Für das neue Volk Gottes ist dieses Gleichnis eine Warnung. Auch das neue Volk steht vor der Frage, ob es Früchte bringt. Lied 96: Du schöner Lebensbaum
Matthäus 22,1–14 Noch einmal wird die Ablehnung Jesu zum Thema. Unter den Knechten sind wohl die Propheten und Apostel zu verstehen, deren Worte freilich nicht auf Gehör stoßen. So ist das Gericht unausweichlich. Matthäus denkt dabei an die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 (v7). Die Einladung Gottes ergeht nun an andere, eben das neue Volk Gottes, von dem schon 21,33–46 40
Evangelium nach Matthäus
sprach. Das Gleichnis vom Gast ohne Festgewand, das Matthäus anfügt, soll davor warnen, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. Ohne ein entsprechendes Verhalten wird man nicht in der Gegenwart Gottes bleiben. Man kann im Festsaal sitzen, ohne wirklich dabei zu sein. Ich erlebe das bei vielen Konfirmanden, die zwar im Gottesdienst sitzen, ihn aber nicht mitfeiern. Lied 392: Gott rufet noch
Matthäus 22,15–22 Im Anschluß an die Auseinandersetzung um die Sendung Jesu zeigt Matthäus nun die Unterschiede zu den Sadduzäern, vor allem aber den Pharisäern auf. Zur Zeit des Matthäus waren ja die Pharisäer die tonangebenden Führer im Judentum. Die Antwort Jesu erklärt die Zahlung von Steuern an den Staat für rechtmäßig; zugleich aber betont Jesus, daß der Staat kein eigenes, von Gott unabhängiges Recht haben kann, denn alles kommt ja von Gott, so daß ihm auch alles zusteht. Die Christen zahlen Steuern, wie etwa auch die Tempelsteuer (17,24–27), in erster Linie sind sie aber an Gott gebunden. Lied 123: Jesus Christus herrscht als König
Matthäus 22,23–33 Die Sadduzäer legen Jesus den Fall der Schwagerehe vor (5.Mose 25,5–10): Anstelle des kinderlos verstorbenen Mannes soll der Bruder mit der Witwe Nachkommen zeugen, die die Linie des Verstorbenen fortsetzen. Mit ihrer Frage wollen die Sadduzäer zeigen, daß der Gedanke der Auferstehung unsinnig ist. Jesus weist die Frage zum einen als unangemessen zurück, weil im Reich Gottes ebenso wie im Paradies die Sexualität keine Rolle mehr spielt. Zum andern begründet er die Auferstehungshoffnung mit einem Schriftbeweis. Wenn es heißt „Ich bin der Gott Abrahams“ und nicht „Ich war der Gott Abrahams“, dann zeige dies, daß Gott ein Gott der Lebenden ist, daß also Abraham und die Väter in Gottes Gegenwart leben. Lied 113: O Tod, wo ist dein Stachel nun
Matthäus 22,34–40 Wie in der Sadduzäerfrage so geht es auch in der Frage der Pharisäer um die Schriftauslegung. Der schriftgelehrte Pharisäer möchte von Jesus erfahren, welche Rangfolge er den Geboten gebe. Jesus aber antwortet ihm, daß es wichtiger ist, auf den Sinn zu achten, in dem die Gebote erfüllt 41
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
werden, nämlich in Gottes- und Menschenliebe. Folgerichtig spielt dann das Ritualgesetz keine Rolle mehr (siehe 15,15–20). Lied 400: Ich will dich lieben, meine Stärke
Matthäus 22,41–46 Nach den polemischen Diskussionen mit Jesus geht dieser nun zum Gegenangriff über. Die Pharisäer hatten immer wieder von Jesu verlangt, er solle sich ihren Maßstäben gemäß als der Gesandte Gottes ausweisen. Nun müssen sie verstummen, da sie auf die Frage nach dem Verhältnis von Davidssohnschaft und Herrenwürde keine Antwort geben können, obwohl sie doch in der Messiasfrage alles so genau zu wissen vorgeben. Mit diesem Abschnitt leitet Matthäus zur Weherede gegen die Pharisäer über. Lied 13: Tochter Zion, freue dich
Matthäus 23,1–12 Mit 23,1 beginnt die fünfte Rede Jesu, die Endzeitrede. Wieder wirft Jesus den Pharisäern vor, daß sie das Gesetz, das sie so oft im Munde führen, nicht tun. Darum werden sie Heuchler genannt. Die Christen hingegen sollen die Worte des Gesetzes ernst nehmen, auch wenn sie von Pharisäern ausgelegt werden. Die Bruderschaft der Christen ist eine Gemeinschaft des Dienstes. Im Unterschied zu den Pharisäern drängt sie nicht zur Zurschaustellung ihres Glaubenseifers. Leider ist es heutzutage vielfach so, daß Spenden nur mit großem Werbeaufwand nach Art der Pharisäer gegeben werden. Lied 253: Ich glaube, daß die Heiligen
Matthäus 23,13–28 Die Weherufe gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer geißeln den Ausschließlichkeitsanspruch auf die gültige Schriftauslegung (v13), den Fanatismus neuer Anhänger des Pharisäismus, wie er sich häufig bei Neubekehrten zeigt (v15), eine Gesetzesauslegung, die überall Hintertüren offen läßt (v16–22), das Außerachtlassen der Barmherzigkeit in Gelddingen (v23–24), die unsinnige Bevorzugung der Ritualgesetze (v25–26) und die Heuchelei (v27–28). Für die Gemeinde des Matthäus zeigen diese Weherufe deutlich, daß die Gerechtigkeit der Jesusnachfolger besser ist als die der Pharisäer. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her 42
Evangelium nach Matthäus
Matthäus 23,29–39 Der letzte Weheruf handelt von der Ablehnung und Tötung der Propheten. Nach zeitgenössischer Überzeugung sind alle Propheten gewaltsam ums Leben gekommen. So wird es auch mit Jesus und ebenso mit seinen Nachfolgern sein (21,33–41). Die Konsequenz der Ablehnung der Boten Gottes wird die Zerstörung Jerusalems und des Tempels sein (siehe 22,7). So faßt dieser Abschnitt die Auseinandersetzungen der Kapitel 21–23 zusammen; zugleich leitet er die Worte vom kommenden Ende ein. Lied 257: Der du in Todesnächten
Matthäus 24,1–14 Jesus hatte die Zerstörung des Tempels angekündigt, eingetreten im Jahr 70. Viele hatten darin den Anfang des Weltendes gesehen. Die Jünger unterscheiden deutlich zwischen der Tempelzerstörung (v3a) und dem Weltende (v3b). In der Zeit nach der Zerstörung des Tempels leben die Christen in den „Wehen“, die zwar auf das Ende hinführen, aber nicht das Ende sind. Sie werden bedrängt von den Irrlehrern, die unter Hinweis auf Katastrophen das Weltende ansagen, wie seinerzeit für 1914 die Zeugen Jehovas. Zugleich erleben die Christen, wie das Evangelium sich in der ganzen Welt ausbreitet, wenn auch unter vielen Anfeindungen. Lied 378: Es mag sein, daß alles fällt
Matthäus 24,15–28 Wie schon der vorige Abschnitt so verwahrt sich auch dieser gegen die Berechnung des Endes. Die Wiederkunft Jesu wird vielmehr so plötzlich sein wie der Blitz, und sie wird die ganze Welt, nicht nur das jüdische Land betreffen. Alles gegenwärtige Leiden steht unter Gott, der das Leiden der Seinen abkürzen kann. Das Ziel aller Geschichte ist die Vernichtung des Bösen (Aasgeier), die Anerkennung der Herrlichkeit Gottes und die Heimholung der Menschen in Gottes Herrlichkeit. Lied 286: Singt, singt dem Herren neue Lieder
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 24,29–31 Die Schilderung des Erscheinens des Menschensohnes nimmt Bilder aus Jesaja 13,10, Daniel 7,13–14 und Sacharja 12,10 auf. Welches das Zeichen des Menschensohnes ist, ist nicht sicher geklärt. Die alte Kirche hat darin das Kreuz gesehen. Die Durchbohrung des einzigen Kindes aus Sacharja 12,10 ist in Johannes 19,37 auf die Kreuzigung bezogen. In unserem Abschnitt ist der Vers als ein Hinweis auf das Erscheinen des Menschensohnes gedeutet, auf das Gericht. In diesem Geschehen erkennen die Menschen ihre Mißachtung Gottes. Die Erwählten wird Gott zu sich holen, ausgedrückt in den Bildern von der Heimholung der Diaspora, wie etwa in Sacharja 2,10–12. Lied 149: Es ist gewißlich an der Zeit
Matthäus 24,32–44 Den Tag und die Stunde des Kommens Gottes weiß niemand. Aber damit rechnen sollen die Christen, und zwar jederzeit, für ihre Generation. In dieser Erwartungszeit gilt es den Willen Gottes zu tun, stets bereit zu sein für den plötzlichen Einbruch Gottes in das Leben, so wie der Dieb in der Nacht urplötzlich kommt. Die Zeichen der Zeit sollen diese Gewißheit der Nähe Gottes in unserem Leben vermitteln, ohne daß man aus ihnen irgendeinen Termin ablesen könnte, wie ja auch der treibende Feigenbaum den nahenden Sommer ankündigt, ohne einen Termin für den Sommeranfang anzugeben. Lied 530: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende
Matthäus 24,45–51 In der Erwartung des wiederkommenden Herrn leben die Christen. Darum sollen sie jederzeit bereit sein, Rechenschaft ablegen zu können. Während manche meinen, Jesu Kommen und die Rechenschaftslegung seien wenn nicht heute so doch morgen fällig, meinen andere, es sei noch lange hin. Die Folge ist eine Vernachlässigung ihrer sozialen Pflichten. Das Ich steht ungehemmt im Vordergrund. Die Erwartung der Wiederkunft Jesu zusammen mit dem Gedanken der Rechenschaftslegung hat den Sinn, das Verantwortungsbewußtsein der Menschen zu stärken. Lied 387: Mache dich, mein Geist bereit
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Evangelium nach Matthäus
Matthäus 25,1–13 Töricht sind die fünf Jungfrauen deshalb, weil sie sich nicht auf eine längere Wartezeit vorbereitet haben. Dies ist der Vergleichspunkt, den die Geschichte erläutern will. Man darf nicht fragen, ob der Ausschluß etwa zu hart ist, ob die Jungfrauen etwa mit dem Verzug des Bräutigams hätten rechnen können. Das Reich Gottes kommt nicht so bald, wie von vielen geglaubt. Dann erlahmt schnell die Bereitschaft, für das Kommen des Herrn gerüstet zu sein. Lied 147: Wachet auf, ruft uns die Stimme
Matthäus 25,14–30 Nach dem Ruf zur Bereitschaft wird die Zeit der Erwartung als Zeit der Verantwortung charakterisiert. Jeder Mensch hat Gaben erhalten, ob mehr oder weniger. Er soll sie entwickeln und nutzen. Wo die Gaben Gottes fruchtbar werden, da erfahren Menschen auch das Wachsen in ihrem Glauben; wo diese Gaben nicht entwickelt werden, gehen sie verloren, wie bei dem Mann, der einen Zentner (oder ein Talent) empfangen hatte. Lied 419: Hilf, Herr meines Lebens
Matthäus 25,31–46 Nach der Mahnung zum verantwortlichen Handeln spricht unser Abschnitt nun von der Rechenschaftslegung. Er betont die sozialen Verpflichtungen des Menschen. Die Grundbedürfnisse des Menschen müssen befriedigt werden: Nahrung, Bewegung, Schutz und Sicherheit, Gesundheit und Freiheit. Anders als beim modernen Sponsoring sollen die Christen nicht aus Berechnung helfen. Die Mitmenschlichkeit der Christen entspricht vielmehr der Liebe zu Jesus. Sie ist durch Jesu Wort zur inneren Haltung geworden. Lied 412: So jemand spricht: Ich liebe Gott
Matthäus 26,1–16 Die Zeit der Lehre mit ihren Reden (24–25) ist vorbei. Jesus setzt seine Passion selbst in Gang. Das zeigt das Wörtchen „da“ (v3), als ob die Hohepriester erst auf den Entschluß Jesu hin tätig werden. Auch die Salbung durch die Frau und der Verrat des Judas sind Reaktionen darauf. In der engeren Umgebung Jesu gibt es Einstimmung in den Willen Jesu mit der „Salbung zum 45
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Tode“ und Widerspruch gegen Jesus mit dem „Verrat zum Tode“. Den Preis für den Verrat, 30 Silberlinge, las die Gemeinde aus Sacharja 11,12 heraus. Er ist lächerlich gering: Es ist der Preis für einen von einem Ochsen getöteten Sklaven (2.Mose 21,32), zur Zeit Jesu nur noch ein Zehntel wert. Das Salbungsöl ist hingegen sehr teuer. Die Wertangabe bei Markus gibt als Preis den Jahreslohn eines Tagelöhners an. Lied 93: Nun gehören unsre Herzen
Matthäus 26,17–30 Nur aus den Versen 17–20 ergibt sich, daß Jesu letztes Mahl das Passahmahl ist. Zu der Zeit, da das Passahlamm gegessen wird, bezeichnet sich Jesus als das Opferlamm, das den Menschen Leben schenken wird (2.Mose 12). Wer an dem Blut des Lammes teil hat (v28), dem wird Gott gnädig sein, wie seinerzeit in Ägypten denen, die das Blut des Lammes an den Türpfosten gestrichen hatten. Wie seinerzeit das Essen des Lammes den Aufbruch in die Freiheit einläutete, so nun das Mahl Jesu den Anbruch des Gottesreiches in der Überwindung des Todes (v29). Mit dieser Selbsthingabe Jesu für die vielen kontrastiert die Übergabe Jesu an die Hohepriester durch den Verrat des Judas. Lied 223: Das Wort geht von dem Vater aus
Matthäus 26,31–35 Während Jesus ankündigt, daß er selbst sein Leben für seine Freunde lassen wird, kündigt er seinen Jüngern mit einem Schriftwort (Sacharja 13,7) an, daß sie ihn, Jesus, verlassen und verleugnen werden – ein Versagen, dem sich Christen zu allen Zeiten haben stellen müssen. Der, der zum Grundfelsen der Gemeinde werden soll (16,18), der so heftig seine Treue beschwört, wird Jesus dreimal verleugnen. Treu bis in den Tod ist nur Gott. Nur er kann solche Treue schenken. Lied 88: Jesu, deine Passion
Matthäus 26,36–46 Das erste Mal versagen die Jünger bei der Passion Jesu, da Jesus seinen Gebetskampf um das Einstimmen in den Willen Gottes ausficht: Dein Wille geschehe – diese Bitte des Vaterunsers wird wörtlich zitiert (v42). Jesu Gebet in Gethsemane ist das Urbild des Betens für Christen – darum auch das Niederfallen. Gebet ist mehr als das Aufsagen von Versen oder das Aufzählen von Bit46
Evangelium nach Matthäus
ten. Es ist das Ringen um den richtigen Weg und die Annahme des Willens Gottes. Am Ende des Abschnittes formuliert Matthäus sehr gekonnt: Judas ist nahe, der ihn ausliefert. Parallel dazu formuliert Matthäus, daß die Stunde der Bewährung nahe ist, in der der Menschensohn, der Mann Gottes, an die Sünder ausgeliefert wird, an die Menschen, die dem Willen Gottes widerstreben. Das äußere Geschehen läßt so einen Blick auf seine Bedeutung zu. Lied 95: Seht her, er ist allein im Garten
Matthäus 26,47–56 Matthäus hat die Gefangennahme Jesu zu einer Stellungnahme zur Gewalt umgestaltet. Gewalt, so macht Vers 52 deutlich, provoziert Gegengewalt. Jesus hält sich an seine Lehre von der Gewaltlosigkeit (5,39), obwohl er doch – anders als die Jünger – die Gewalt des Himmels an seiner Seite haben könnte. Der häufigen Forderung der Menschen, Gott möge das Böse mit himmlischer Gewalt ausrotten, verweigert sich Jesus. Die Jünger Jesu sollen lieber Unrecht leiden und auf Gewalt verzichten. Krieg und staatliche Gewalt sind hier nicht im Blick. Auf die Frage, warum Jesus das Unrecht erleiden muß, antwortet unser Abschnitt mit dem Hinweis auf die Schrift, die geschehen muß, also auf Gottes Plan. Das Geschehen ist sinnvoll, auch wenn es dem Menschen als rätselhaft erscheinen muß. Lied 96: Du schöner Lebensbaum
Matthäus 26,57–68 Der religiöse Anspruch Jesu ist für den Hohen Rat der Grund dafür, Jesus für schuldig zu erklären. Matthäus bezeichnet das Wort über den Tempel dadurch als wahr, daß die Aussage zweier Zeugen übereinstimmt. Matthäus bekräftigt die geheime Hoheit des gefangenen Jesus mit dessen Macht, den Tempel zerstören und wieder aufbauen zu können. Auch das Bekenntnis, der Gottessohn zu sein, und die Behauptung, als Weltenrichter zur Rechten Gottes zu sitzen und zum Gericht zu kommen, unterstreichen die Hoheit Jesu. So wird für den Leser der Kontrast deutlich: Auf der einen Seite die Menschen, die durch ihr Urteil Jesus zu vernichten meinen, auf der anderen Seite Jesus, der in Wirklichkeit der Richter dieser Welt ist. Für den Kenner des Alten Testament ist deutlich, daß sich in der Verspottungsszene (v67–68) Jesaja 50,6 erfüllt. Gerade mit ihrem Einschreiten gegen einen vermeintlichen Gotteslästerer tut der Hohe Rat das, was Gott durch seinen Propheten angekündigt hat. Der Sinn, den der Hohe Rat dem Geschehen gibt, ist ein ganz anderer als der, den Gott dem Vorgehen des Rates gibt. Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm 47
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 26,69–75 Mit dem Bekenntnis Jesu, das das Todesurteil zur Folge hat, kontrastiert die Verleugnung des Petrus, der glaubt, kein Risiko eingehen zu dürfen. Freilich verrät ihn sein Dialekt. Dennoch hat Jesus den reuigen Jünger nicht fallen lassen. Nach der Auferstehung stellt er die Gemeinschaft mit ihm wieder her und macht ihn zum Führer der Jesusgemeinschaft. Lied 87: Du großer Schmerzensmann
Matthäus 27,1–14 Mit der Reue des Petrus kontrastiert die Reue des Judas. Für uns ist es schwer begreiflich, wieso die Reue des Judas in das Verderben führt, die des Petrus aber zum Leben. Vielleicht will der Erzähler zeigen, daß es nicht darauf ankommt, selber alles wieder gut machen zu wollen, sondern darauf, sich Vergebung durch das Wort Jesu schenken zu lassen. Jesus geht für den Sünder in den Tod. Leben gibt es darum nur durch sein vergebendes Wort. Insofern ist die Reue des Judas ein nochmaliger Verrat. Die theologische Anklage der Hohepriester, Jesus beanspruche, Gottes Sohn zu sein, setzt Pilatus in die politische um: Bist du der Juden König? Daß Jesus darauf schweigt, erinnert den kundigen Leser an Jesaja 53,7. Lied 230: Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze
Matthäus 27,15–30 Den Terroristen Barrabas gibt Pilatus frei, den Friedensfürsten Jesu verurteilt er zum Tode. Anstelle des Sünders stirbt der Gerechte. So blind ist die menschliche Gerichtsbarkeit. Mit dem Händewaschen wird Pilatus seine Verantwortung trotz allem nicht los. Unbegreiflich ist den ersten Christen – und auch späteren – das Rätsel, daß das Gottesvolk den Gesandten Gottes ablehnt, ja Verantwortung für seinen Tod übernimmt, auch wenn es durch die Führer aufgestachelt wird. Die Jünger haben dann das Zusammenwirken von Römern und jüdischer Synagoge im Vorgehen gegen die Christen immer wieder erlebt, etwa in Thessalonich (Apostelgeschichte 17,5–9). Die Verspottung durch die römischen Soldaten ist als Huldigung für den König gestaltet worden. Daß Jesus wirklich der König ist, weiß der gläubige Leser. Lied 86: Jesu, meines Lebens Leben
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Evangelium nach Matthäus
Matthäus 27,31–44 Der Verurteilte mußte das Querholz zur Hinrichtungsstätte tragen. Daß Simon das Kreuz trägt, ist für die Gemeinde ein Bild für die Nachfolge (Matthäus 10,38). Die Verweigerung des Betäubungstrankes zeigt, daß Jesus seinen Tod bewußt auf sich nimmt. Die Verlosung der Kleider entspricht Psalm 22,19: Es geschieht das, was Gott vorgesehen hat. Mit der bewußten Übernahme des Todes entspricht Jesus diesem Willen Gottes. Den höhnischen Aufforderungen der Schaulustigen gibt Jesus nicht nach. Er steigt nicht vom Kreuz. Er gibt Gott die Ehre und erfüllt das erste Gebot. “Gott über alle Dinge fürchten und lieben“ – das geschieht am Kreuz. Lied 83: Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld
Matthäus 27,45–56 Wie bei Markus leidet Jesus unter der Gottesferne des Sterbens. Die Worte des 22. Psalmes lassen dies deutlich werden. Aber Matthäus zeigt auch den Sieg dieses Sterbens: Die Gräber öffnen sich. Der Vorhang des Tempels zerreißt. Der Zugang zu Gott liegt offen. Gott will sich mit den Seinen vereinen. Der römische Hauptmann, ein Heide, bekennt Jesus als Gottessohn, was der Hohepriester als Gotteslästerung bezeichnet hatte. Der engste Freundeskreis Jesu war geflohen. “Unter dem Kreuz“ bleiben die Frauen. Im Blick auf das Kreuz bleiben sie Nachfolgerinnen. Lied 92: Christe, du Schöpfer aller Welt
Matthäus 27,57–66 Jesus wird nicht wie die Verbrecher in ein Massengrab geworfen, sondern erhält ein Privatgrab. So wie die unbekannte Frau Jesus zum Tode gesalbt hatte, so tut auch hier einer den letzten Liebesdienst, der nicht zum engeren Kreis um Jesus zählte. Das Begräbnis unterstreicht die Tatsächlichkeit des Todes, wie von dem ältesten Glaubensbekenntnis festgehalten: „Christus, gestorben für unsere Sünde nach der Schrift und begraben“ (1.Korinther 15,3–4). Die Tatsache, daß keiner der engsten Jünger Jesus begräbt, macht eine Betrugsabsicht der Jünger eher unwahrscheinlich. Die Geschichte von den Wächtern am Grab will zeigen, wie es dazu gekommen ist, daß unter den Juden erzählt wird, daß die Jünger den Leichnam Jesu gestohlen hätten (28,15). Lied 98: Korn, das in die Erde
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Matthäus 28,1–10 Die Schriften des Neuen Testamentes schildern den Vorgang der Auferstehung nicht. Es ist ein Geschehen, das sich der Beschreibung entzieht, weil es sich an der Grenze zwischen irdischer und göttlicher Welt vollzieht. Entscheidend ist die Botschaft des Engels: Er ist auferweckt. Das leere Grab ist das Zeichen, nicht der Beweis, wie das Gerücht vom Diebstahl der Jünger zeigt. Markus berichtet, die Frauen seien vom Grab geflohen und hätten voller Furcht nichts gesagt. Matthäus erzählt, Jesus sei den Frauen auf dem Weg vom Grab erschienen und darum seien diese nicht stumm geblieben. Die Begegnung hat einen ziemlich unspektakulären Inhalt. Nicht die Auferstehung und ihre Bedeutung ist das Thema, sondern der Auftrag, nach Galiläa zu gehen. Lied 103: Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Matthäus 28,11–20 Während die jüdischen Führer versuchen, die Auferstehung Jesu zu vertuschen, erleben die Jünger die Wirklichkeit des Auferstandenen: Er ist nicht nur der König der Juden, sondern der Weltenherrscher. Wer den Tod überwindet, hat das Grundgesetz dieser Welt durchbrochen. Auf die Selbstvorstellung Jesu (v18) folgt der Auftrag zur Evangeliumsverkündigung und Taufe auf den dreieinigen Gott in der ganzen Welt, nicht mehr nur im jüdischen Bereich wie zu Lebzeiten Jesu (10,5). Dabei legt Matthäus Gewicht auf das Tun des Gebotenen. Man vergleiche den Schluß der Bergpredigt (7,24–27). Zur Ausführung eines Auftrags braucht man Arbeitsmittel. Die Jünger können dazu auf die Gegenwart Jesu vertrauen. “Und sie werden sein Volk sein“ – diese alttestamentliche Verheißung wird sich bei der Mission der Jünger in der Welt erfüllen. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seelen
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Evangelium nach Markus Markus 1,1–8 Vers 1 ist die Überschrift zum Evangelium. Wahrscheinlich ursprünglich ist die Hinzufügung „dem Sohn Gottes“ zu „Jesus Christus“, die sich in vielen Handschriften findet. Das Evangelium will zeigen, inwiefern Jesus „Sohn Gottes“ ist. Die Vorgeschichte des Evangeliums (v2–8) ist die Erwartung des Kommens Gottes. Sie ist mit dem Auftreten des Täufers in ihre letzte Phase getreten. Die Taufe des Johannes mit Wasser „versiegelt“ die Getauften, damit sie im Feuer des Gerichtes bewahrt bleiben. Die Taufe mit dem Geist Gottes macht die Menschen zu Kindern Gottes. Lied 6: Ihr lieben Christen, freut euch nun
Markus 1,9–13 Die Evangeliumsgeschichte beginnt mit dem Auftritt des Hauptdarstellers. Er wird mit dem Geist Gottes ausgerüstet. Dieser Geist ist dem bösen Geist überlegen. Der Kampf gegen ihn in der Wüste zeigt, daß Jesus für die Auseinandersetzung mit den Dämonen gewappnet ist. Die Gabe des Geistes macht Jesus zum Kind Gottes, im Unterschied zu den Gotteskindern jedoch wird er Gottes Sohn. Das ist freilich nur Jesus deutlich, nicht einmal dem Täufer, der, anders als bei Matthäus, in das Geschehen zwischen Gott und Jesus nicht einbezogen wird. Lied 202: Christ, unser Herr, zum Jordan kam
Markus 1,14–15 Der Auftrag Jesu ist die Verkündigung vom Kommen Gottes und der Nähe des Gottesreiches. Da, wo Gottes Wille getan wird, da herrscht Gott, da ist Gottes Reich. Die unmittelbare Nähe Gottes muß nicht in Angst und Schrecken versetzen, sie schenkt vielmehr Freude über die beglückende Zuwendung und Liebe Gottes und verändert so das Leben, in dem alles Gottwidrige abgetan wird. Lied 344: Vater unser im Himmelreich 51
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 1,16–20 Jeder Hauptdarsteller hat Helfershelfer. Die ersten vier Genossen Jesu sind Fischer. Simon und Andreas haben anscheinend nur Wurfnetze, kein Schiff. Sie gehören so zu den Armen unter den Fischern. In der Nachfolge verlassen sie ihre Familien, wie Jesus. Jakobus und Johannes geben wohl auch Besitz auf, ihr Schiff. Doch sind Besitzverzicht und Verlassen der Familie nicht Bedingung der Nachfolge, sondern Folge. Es ist Jesus, der ruft; auffälligerweise folgen die Angesprochenen ohne großes Bedenken, denn Jesu Wort ist so mächtig wie Gottes Wort bei der Schöpfung: Er spricht, und es geschieht. So werden die Nachfolger Jesu zu einer neuen Kreatur, zu Kindern Gottes. Lied 391: Jesu, geh voran
Markus 1,21–28 Auf den Abschluß der Einleitung folgt das erste „Abenteuer“. Nach der Geistbegabung (v9–12) kann das erste öffentliche Auftreten Jesu nur der Kampf gegen einen Dämon sein. Der böse Geist versucht zwar, einen Abwehrzauber durch Nennung des Namens Jesu (Jesus von Nazareth, Heiliger Gottes) anzubringen, doch Jesus geht souverän darüber hinweg. Markus charakterisiert Jesu Tun als „Lehre“; in der Dämonenaustreibung zeigt sich die Nähe Gottes, beim Kommen von Gottes Reich werden Menschen von allem Gottwidrigen befreit. Lied 66: Jesus ist kommen
Markus 1,29–31 Jesus hat als Geistträger Gottes nicht nur Macht über die Dämonen (v21–26), sondern auch über die Krankheiten (29–45). Während bei anderen Wundern das Staunen der Menge ohne weitere Folgen am Ende steht, gibt es hier eine Konsequenz: Die Schwiegermutter dient Jesus. Die spezifische Form der Nachfolge der Frau ist das Dienen, also nicht das Mitziehen mit Jesus. Die Frauen kümmern sich vielmehr um die Versorgung an den Stützpunkten, die das unstete Wanderleben erst möglich machen. Anders als die Rabbinen mißbilligt es Jesus nicht, daß es Frauen sind, die bei Tisch aufwarten. Lied 386: Eins ist not! Ach Herr, dies eine
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Evangelium nach Markus
Markus 1,32–39 Alle Krankenheilungen sind in diesen Versen zusammengefaßt. Das Verbot an die Dämonen ist nicht nur Gegenmaßnahme gegen den Abwehrzauber. Zugleich will Markus sagen, daß die Person Jesu aufgrund der Wundertaten und Lehre nicht zureichend erfaßt werden kann. So preisen die Leute Jesus im Anschluß an seine Wunder als großen Lehrer oder Propheten, aber nie als Sohn Gottes. Als Sohn Gottes bekennt ihn erst der Hauptmann unter dem Kreuz, der Jesus sterben sieht. Markus will so deutlich machen, daß Jesu Person erst im Anblick seines Leidens und Sterbens in der rechten Weise erkannt werden kann. Der Rückzug Jesu von den Leuten in die Gebetseinsamkeit soll andeuten, daß Jesus nur in direkter Gemeinschaft mit Gott, aus Gottes unmittelbarer Nähe heraus handelt. Lied 248: Treuer Wächter Israel
Markus 1,40–45 Wer Aussatz hat, ist unrein und damit aus der Gemeinschaft mit den Menschen und mit Gott ausgeschlossen. In der Gegenwart Gottes, die in Jesus zu den Menschen kommt, kann es nichts geben, was von Gott trennt. Die Präsentation des Aussätzigen bei den Priestern führt in die Gemeinschaft mit Gott und den Menschen zurück. Das seltsame Verbot an den Aussätzigen, etwas über das Wunder und über Jesus zu sagen, entspricht dem Gedanken des Messiasgeheimnisses des Markus: Erst bei Jesu Sterben und Tod kann man wirklich erkennen, wer Jesus ist. Lied 397: Herzlich lieb hab ich dich, o Herr
Markus 2,1–12 Nicht nur über Dämonen und Krankheiten (1,21–45) ist Jesus der Herr, sondern auch über die Sünde und das Gesetz (2, 1–3,6). Das Gesetz macht ja die Sünde bewußt. In den Versen 1–12 steht der Anspruch Jesu im Vordergrund, daß er tatsächlich die Sünde vergeben kann. In ihm ist Gott ja nahe. Das Wunder der Heilung soll diesen Anspruch beglaubigen. Da man zur Zeit Jesu glaubte, daß Krankheit die Folge von Sünde sei, zeigt die Heilung die Vergebung an. Jesus läßt sich hier auf die gängige Meinung ein, auch wenn er sie persönlich nicht teilt Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 2,13–17 Hatte die Geschichte von der Heilung des Gelähmten und der Vergebung seiner Sünden von der Aufnahme des Kranken in die Gemeinschaft mit Gott erzählt, so wird nun dem Zöllner – nach dem Urteil der Menschen darum ein Sünder – durch den Ruf in die Nachfolge die Gemeinschaft mit den Menschen angeboten. Wie in der Berufung der ersten vier Jünger folgt auch Levi ohne Zögern. Vers 17 zeigt jedoch, daß nicht das Verhalten des Levi und die Nachfolge im Mittelpunkt des Abschnittes stehen, sondern die Vergebung der Sünde in der Gemeinschaft mit Jesus, in dem Gott gegenwärtig ist. Lied 235: O Herr, nimm unsre Schuld
Markus 2,18–22 Die Freude über die Gegenwart Gottes, verglichen mit der Freude der Hochzeitsleute, macht Vorschriften im Grunde überflüssig. In Gottes Nähe wird sein Wille vom Herzen her getan. Vorschriften hingegen zeigen an, daß es einen Bruch, eine Distanz zwischen den Personen gibt. Die Forderung, religiöse Leistungen zu erbringen, wie etwa das Fasten, erwächst aus dem Gedanken der Gottesferne. Das Gesetz zeigt so die Distanz zu Gott an, macht die Gottesferne bewußt, ist darum aber für die Gegenwart Gottes völlig unbrauchbar. Nach dem Tod Jesu hat die Gemeinde einen Fasttag gehabt, den Freitag, den Tag des Todes Jesu, an dem ihr die Gottferne und die Verfallenheit des Menschen an die Sünde vor Augen stand (v20). Die Verse 21–22 warnen davor, in der Freude über die Nähe Gottes dennoch an der alten Gesetzlichkeit festzuhalten. Lied 36: Fröhlich soll mein Herze springen
Markus 2,23–28 Der Abschnitt hebt die Freiheit vom Gesetz in der Gegenwart Jesu hervor. Der Schriftbeweis ist ziemlich spitzfindig. Anders als David und seine Männer befinden sich die Jünger nicht in höchster Not. Es hat seine Bedeutung, wenn damit gesagt sein soll, daß die Gebote des Alten Testamentes nicht eine schwere Pflicht, sondern eine Lebenshilfe sein sollen. In den Versen 27–28 leuchtet die Souveränität Jesu auf. Das Nachdenken über die Sabbatheiligung soll sich nicht auf Regeln und Ausnahmen konzentrieren, sondern auf die Freude über die Entlastung und Freiheit, die Gott dem Menschen mit dem Feiertag schenkt. Gerade, weil Gott in Christus gegenwärtig ist, ist er der Herr des Feiertages, der ja der Feier der Gemeinschaft mit Gott gewidmet ist. Lied 162: Gott Lob, der Sonntag kommt herbei 54
Evangelium nach Markus
Markus 3,1–6 Die Heilung am Sabbat beglaubigt den Anspruch Jesu, Herr über den Sabbat zu sein. Gerade diesen Anspruch aber lehnen die religiösen und politischen Führer des Volkes ab. Sie sagen sich von Jesus los und beschließen seinen Tod. Während auf die Wunder Jesu normalerweise ein Satz über das Staunen der Menge folgt, fehlt eine solche Bemerkung hier. Stattdessen erzählt Markus von dem Todesbeschluß (v6). Am Ende des Abschnittes, der von Jesu Vollmacht über Dämonen, Krankheiten, Sünde und Gesetz handelte, steht nicht die Zustimmung, sondern die Ablehnung, die im Tod am Kreuz ihren Höhepunkt finden wird. Lied 78: Jesu Kreuz, Leiden und Pein
Markus 3,7–12 Während die Führer des Volkes darüber beraten, wie sie Jesus beseitigen können (3,6), erlebt Jesus einen riesigen Zulauf aus aller Welt rund um den See Genezareth, selbst aus dem Heidenland von Sidon und Tyrus. Jesus ist freilich nicht daran gelegen, einen solchen Ansturm anzufachen. Er versucht, sich den Massen zu entziehen. Markus will wohl sagen, daß Jesus die Wunder als Zeichen der Nähe Gottes tut, die Menschen aber die Wunder um der Wunder willen suchen. Die Dämonen wehren sich gegen die Zeichen der göttlichen Macht. Mit der Namensnennung „Du bist Gottes Sohn“ versuchen sie, sich mit einem Gegenzauber zu retten. Doch Jesus setzt sich souverän gegen alle Widerstände durch. Lied 286: Singt, singt dem Herren neue Lieder
Markus 3,13–19 Daß die Menge Gottes Ruf, seine Nähe im Handeln Jesu erkenne, dazu braucht Jesus Mitarbeiter. Darum sammelt Jesus zwölf Mitarbeiter, um sie zu schulen und später zur Verkündigung auszusenden. Die Zwölfzahl zeigt an, daß Jesus keine Sondergruppe bilden will, sondern ganz Israel im Blick hat, denn die zwölf sollen natürlich die zwölf Stämme repräsentieren. Unter den Mitarbeitern finden sich Eiferer, Zeloten, Widerstandskämpfer gegen die römische Besatzung und Zöllner, Kollaborateure der Römer. Dies zeigt wiederum die Absicht Jesu, ganz Israel über alle Schranken hinweg zu sammeln, anders als die Pharisäer, die das reine Israel Gottes bilden wollen, unter Ausschluß vieler Israeliten. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 3,20–30 Wie soll man sich einem Wundertäter, einem Menschen mit außerordentlichen Fähigkeiten gegenüber verhalten? Man bewundert ihn, wie selbstverständlich wird er in die Rolle eines Vorbildes eingereiht. Andere hingegen meinen, daß sein Verhalten oder seine Ideen nicht vorbildlich sind. Die Schriftgelehrten kritisieren Jesu Verhalten gegenüber den Sündern und dem Gesetz des Alten Testamentes. Darum sprechen sie Jesus – ebenso wie es seine Familie tut – den Geist Gottes ab. Jesus habe einen unsauberen Geist. Er sei ein Volksverführer. Für uns heute kann das Verhältnis zu Jesus als Maßstab dienen, Idole von wahrhaften Vorbildern zu unterscheiden. Lied 385: Mir nach, spricht Christus unser Held
Markus 3,31–35 Ohne Haus und Familie zieht Jesus durch die Lande. So kann er sich ganz auf Gott konzentrieren, nicht von den Sorgen um Familie und Haus bedrängt. Seine Familie erkennt dieses Anliegen nicht an. Für Anmaßung hält sie den Anspruch Jesu, Bote Gottes, mit Gottes Geist begabt zu sein; darum ist die Trennung unausweichlich. Erst nach der Auferstehung wird es zu einem neuen Verhältnis kommen. Zur Gemeinschaft mit Jesus gehört, wer das Wort Gottes hört und seinen Willen tut. Wer auf Gottes Wort und Willen hört, hat einen Maßstab zur Unterscheidung wahrer und falscher Vorbilder. Lied 402: Meinen Jesus laß ich nicht
Markus 4,1–9 Die Widerstände, die Jesus erlebt, lassen nach Sinn und Erfolgsaussichten des Auftretens Jesu und seiner Predigt vom Reich Gottes fragen. Darauf antwortet das Gleichnis vom vierfachen Acker. Trotz vieler vergeblicher Liebesmüh wird die Ernte überwältigend sein, mehr als normalerweise geerntet wird. Widerstand und dennoch Ausbreitung des Glaubens haben die Christen immer wieder erlebt, in diesem Jahrhundert etwa die Koreaner. Wurde der christliche Glaube von der japanischen Besatzungsmacht bis 1945 unterdrückt, so schicken heute die koreanischen Gemeinden Missionare in alle Welt. Sie bemühen sich besonders, schon heute das Wort Gottes in das streng abgeschottete Nordkorea zu tragen, trotz aller Widerstände. Lied 249: Verzage nicht, du Häuflein klein
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Evangelium nach Markus
Markus 4,10–12 Die Gleichnisse als Botschaft der Zuversicht und Freude zu begreifen, ist ein Geschenk Gottes für den, der Gott alles zutraut. Wer nur die menschlichen Möglichkeiten sieht, muß das Wirken Jesu als aussichtslos beurteilen. Sehenden Auges sieht der Kritiker nichts. Das Gleichniswort wird zum Rätselwort. So wird deutlich, daß Gotteserkenntnis aus dem Wunder der Gnade rührt. Lied 134: Komm, o komm, du Geist der Lebens
Markus 4,13–20 Unsere Verse legen das Gleichnis vom vierfachen Acker allegorisch aus. Nicht das Reich Gottes steht im Mittelpunkt, sondern die psychologische Verfaßtheit des Menschen, der das Gleichnis hört. So wie die Botschaft von der Nähe des Reiches Gottes Widerstand hervorgerufen hat, so hat die Glaubensverkündigung der Gemeinde mit der schwachen Widerstandskraft der menschlichen Seele zu rechnen. Trotz des vielen vergeblichen Bemühens dürfen Christen darauf vertrauen, daß Gott dennoch ihren Einsatz segnen wird. Nicht die Mittel garantieren den Erfolg, sondern Gottes Gnade schenkt ihn. Lied 198: Herr, für dein Wort
Markus 4,21–25 Wer in den Gleichnissen etwas von der Zuversicht und Freude über die Nähe Gottes gespürt hat, der kann nicht anders, als davon zu erzählen. Was jetzt in aller Stille – in einem Winkel der Welt – geschieht, das wird der ganzen Welt verkündet werden. So wird Gott in der weiten Welt offenbar werden. Und je mehr sich der Christ in der Weitergabe des Wortes Gottes in das Wort Gottes vertieft, um so mehr Erkenntnis und Liebe zu Gott wird ihm zufließen, um so mehr wird er gesegnet werden. Vers 24 meint also kein zwischenmenschliches Geschehen, sondern das Bemühen um Verstehen und die Gnade vertiefter Erkenntnis. Lied 161: Liebster Jesus, wir sind hier
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 4,26–29 Die Sorglosigkeit des Landmannes sticht ins Auge. Alle Sorge um die Aufbereitung des Bodens, die heranwachsende Saat, um Regen und Sonne sind ausgeblendet. Das Gleichnis will sagen, daß Gottes Gericht und Gottes Reich ohne all unser Tun kommen wird. Gott kommt uns nicht näher durch unsere Aktivitäten. Nahe sind wir ihm in unserem Zutrauen zu ihm. Lied 352: Alles ist an Gottes Segen
Markus 4,30–34 Mag das Wirken Jesu in der Provinz auch unscheinbar sein, so wird es doch zu einem herrlichen Ende führen. In dieser Zuversicht darf die Gemeinde ihre Mission auf die ganze Welt ausdehnen, in dieser Zuversicht darf sie auf das Kommen Gottes warten. Jesus verheißt nicht, daß in zweitausend Jahren Kirchengeschichte die Welt besser werden müsse. Das ist auch durch 200 Jahre Aufklärung nicht erreicht. Jesus rechnet damit, daß Gott eine neue Welt anderer Qualität schaffen wird. Lied 153: Der Himmel, der ist
Markus 4,35–41 Die Kräfte der Natur bedrohen den Menschen immer, auch wenn er sich davor zu schützen versucht. In der neuen Welt Gottes werden Menschen und Natur in Harmonie leben. Von diesem Frieden, den Gott schafft, erzählt die Geschichte von der Sturmstillung. Zum anderen erweist sie die Vollmacht Jesu. Seine Gleichnisse vom Reich Gottes sind keine Träumereien, sondern Ansage von Gottes Wollen und Plan. Die Frage der Jünger am Ende erwartet eine Reaktion des Lesers. Lied 244: Wach auf, wach auf
Markus 5,1–20 Die Besessenheit wird mit kräftigen Farben geschildert. Deutlich ist die Freude des Erzählers daran, wie die Dämonen nicht nur vertrieben, sondern sogar überlistet werden: Die Säue, vermeintlich sicherer Wohnplatz, ertrinken im See. Zielpunkt der Geschichte könnte jedoch ein anderer sein, nämlich von den Anfängen der Mission in dem Gebiet der Zehn Städte zu erzählen. 58
Evangelium nach Markus
Dieses Gebiet wurde mehrheitlich von Heiden bewohnt, nach jüdischem Verständnis also von den Unreinen. Die Gräber, Säue und unreinen Geister stellen die rituelle Unreinheit der Region dar, in der die Mission des christlichen Glaubens die Unreinheit, das Heidentum, zu dem einen Gott führt. Lied 286: Singt, singt dem Herren neue Lieder
Markus 5,21–34 Mission (siehe 5,1–20) zielt auf Glauben. So geht es bei den beiden folgenden, ineinander verschachtelten Geschichten darum, beim Leser Glauben zu wecken. In abergläubischer Weise erhofft sich die Frau Heilung, die sie bei den Ärzten nicht gefunden hatte. Doch dann kommt es auf Initiative Jesu zu einer Aussprache zwischen Jesus und ihr; die Frau erzählt von ihren Ängsten und Nöten und bekennt sich zur Größe Jesu. Aus dem abergläubischen Verlangen, ein bißchen von der Macht Jesu auf sich zu leiten, wird in der Begegnung mit Jesus der Glaube. Er heilt sie jetzt nicht nur von ihrem Leiden, sondern schenkt auch Frieden. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
Markus 5,35–43 Auf den Glauben zielt auch die Geschichte von der Auferweckung der Tochter des Jairus, die nicht etwa scheintot ist, wie die Bemerkung vom Schlafen nahe legen könnte. Mit dem Glauben ist freilich nicht gemeint, ob die Menschen die Geschichte für wahr halten, sondern ob sie mit Gott rechnen. Darum fordert Jesus angesichts der Resignation der Hausbewohner zum Glauben auf. Mit der Auferweckung des Mädchens löst Jesus die Not einer Familie, jedoch nicht die Todesnot der Menschheit. Dies geschieht erst mit seinem eigenen Tod. Darum weist diese Geschichte über sich hinaus auf Jesu Geschick. Nicht im Wunderglauben, sondern im Vertrauen auf den auferstandenen Herrn wird der Tod überwunden. Lied 115: Jesus lebt, mit ihm auch ich
Markus 6,1–6 Im Kontrast zu den Wundern und dem Glauben in Kapitel 5 steht die Ablehnung durch die Nachbarn in Nazareth, unmittelbar auf eine Totenerweckung folgend. Waren es zuerst die religiösen Autoritäten gewesen (3,21), so sind es nun die Mitbürger, die Jesus ablehnen. Der Ring 59
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
der Einsamkeit legt sich immer enger um Jesus. Die Mitbürger glauben zu wissen, wer Jesus ist. Sie haben sich ihr Urteil schon gebildet. So sind sie für Fragen und Einsichten, für das Wirken des Geistes Gottes nicht mehr offen. Lied 347: Ach bleib mit deiner Gnade
Markus 6,7–13 Hatten die Gleichnisse vom Reich Gottes und im Sinne des Markus von der Verkündigung der Botschaft in der ganzen Welt gesprochen, so folgen nun konkrete Anweisungen für die Missionssituation. Ohne Ausrüstung für eine Reise sollen die Jünger ausziehen, damit man an ihrer Lebensweise erkenne, daß sie sich ganz auf Gott und seine Fürsorge verlassen. In dieser „Sorglosigkeit“ (vergleiche 4,26–29) wird etwas vom Reich Gottes deutlich, ebenso wie in der Dämonenaustreibung, der Krankenheilung und der Hinwendung der Menschen zu Gott. Lied 408: Meinem Gott gehört die Welt
Markus 6,14–29 Zwischen Aussendung und Rückkehr der Jünger schiebt Markus die Geschichte vom Tod des Täufers ein. In seinem Geschick zeichnet sich das zukünftige Schicksal Jesu ab. Der Jünger Jesu soll wissen, daß sein Glauben und Bekennen neben allem Erfolg auch Widerstand hervorrufen wird. Gerade weil all sein Tun von Gottes Gnade abhängt, werden auch die Erfahrungen der Ohnmacht nicht ausbleiben. Auch Petrus wird noch lernen müssen, das zu begreifen (siehe 8,32–33). Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
Markus 6,30–44 Die Geschichte von der Speisung läßt an die Geschichten vom Manna in der Wüste oder an die Speisungen von Elia und Elisa denken. Nach der Rückkehr der Jünger von ihrer Mission in Galiläa sammelt Jesus sein Volk zum gemeinsamen Mahl als einem Zeichen der kommenden Gemeinschaft mit Gott. Der Hirte, der sein Volk mit seinem Wort leitet, führt es zum grünen Gras und gibt ihm zu essen. In Gottes Gegenwart wird die Not aufgehoben sein. Die Anspielung auf das Abendmahl bei der Segnung der Brote und Fische soll dem christlichen Leser in Erinnerung rufen, daß das Abendmahl das Mahl der Gemeinschaft mit Gott ist. Lied 217: Herr, Jesu Christe 60
Evangelium nach Markus
Markus 6,45–52 In der Speisungsgeschichte erwies sich Jesus als Spender und Erhalter des Lebens. Bei dem Wandel über den See zeigt er sich als Herr über Vernichtung und Tod. Wie die Auferweckung ausschließlich Gottes Werk ist, so auch der Meerwandel (Hiob 9,8). Die Bemerkung, der Wind habe sich beim Einsteigen Jesu ins Boot gelegt, soll wohl andeuten, daß die Jünger sich in der Gegenwart Jesu beruhigen. Doch zur wirklichen Erkenntnis Jesu, seiner Göttlichkeit, gelangen sie nicht. Das seelische Gleichgewicht des Menschen mag zwar eine Wirkung der Glaubensverkündigung sein, Ziel aber ist die Erkenntnis Gottes und die Liebe zu ihm. Lied 397: Herzlich lieb hab ich dich
Markus 6,53–56 Nun werden der große Zulauf und der magische Wunderglaube der Menschen in ihren Nöten dargestellt. Jesus wehrt dem nicht, aber er sagt auch kein Wort der Zustimmung. Es ist, als beuge er sich unter die Erwartungen der Menschen, die doch den Sinn seines Auftretens verkennen, nämlich Mensch und Gott zusammenzubringen. Was wird nicht alles von einem Pfarrer erwartet, und seine Hauptaufgabe ist es doch, Zeuge Gottes zu sein. Lied 172: Sende dein Licht und deine Wahrheit
Markus 7,1–15 Die Jünger und die Menge erkennen nicht das Ziel des Handelns Jesu, die Pharisäer und Schriftgelehrten lehnen Jesu Lehre ab. Es ist typisch für Jesus, daß er das Schwergewicht des religiösen Lebens nicht im rituellen Vollzug, sondern im sozialen Verhalten sieht, in dem, was aus dem Menschen herauskommt (Vers 15). Die pharisäische Gesetzespraxis wird im Namen des gesunden Menschenverstandes kritisiert und mit Hilfe des griechischen Textes von Jesaja 29,13 als Scheinheiligkeit bezeichnet. Das Abrücken vom äußeren Tun und die Herausstellung des „Inneren“ zeigen jedoch an, daß die Kritik Jesu weg von der äußeren Werkgerechtigkeit zur Glaubensgerechtigkeit führen will. Heute würde Jesus wahrscheinlich den Stolz auf das soziale Verhalten kritisieren, bei dem Gott in Vergessenheit gerät. Lied 415: Liebe, du ans Kreuz für uns erhöhte
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 7,17–23 Die Verse geben eine Auslegung des Jesuswortes von Vers 15. Im Vergleich zu allen anderen großen Religionen kennt das Christentum keine besonderen Vorschriften zur Art und zum Gebrauch von Speise und Trank. Stattdessen legt Jesus Gewicht auf die Regeln des sozialen Verhaltens. Vers 18a deutet an, daß alles gottgefällige Handeln und alle Gotteserkenntnis des Menschen Gnadengeschenke Gottes sind und nicht der Selbstmächtigkeit des Menschen entspringen. Lied 463: Alle guten Gaben
Markus 7,24–30 Wenn Jesus „rein und unrein“ für weniger wichtig erklärt, dann ist auch die Unterscheidung von „reinen“ Juden und „unreinen“ Heiden hinfällig. So ist die Heilung der Tochter einer Heidin nur die konsequente Folge der Lehre Jesu. Nicht die rituelle Reinheit, das äußere Tun, macht den Menschen Gott wohlgefällig, sondern das Vertrauen, der Glaube. Die ersten Christen haben erst langsam die Konsequenzen der Lehre Jesu erfaßt. Darum läßt die Erzählung Jesus nur zögerlich auf die Bitte der Heidin eingehen, die mit ihrem Vertrauen zeigt, daß der Glaube des Menschen, gleich welcher Identität, in die Gemeinschaft mit Gott führt. Lied 566: Am hellen Tag kam Jesu Geist
Markus 7,31–37 Der rühmende Schluß der Menschen „Er hat alles wohl gemacht“ bezieht sich auf die Wertung der Werke in der Schöpfungsgeschichte „Und Gott sah, daß es gut war“. Im Zusammenhang mit den Worten von „rein und unrein“ zeigt die Geschichte, daß Gottes Schöpfung nicht in „rein“ und „unrein“, in „gut“ und „schlecht“ aufgeteilt werden kann. Darum wirkt hier Jesus sein Wunder nicht allein durch das Wort – wie in anderen Heilungen –, sondern auch mit Hilfe des Speichels. Krankheiten und ähnliches Unheil sind Folgen der Tatsache, daß diese Welt von Gott abgewandt lebt und leben will. Durch die Zuwendung Gottes aber wird diese Gottesferne überwunden Lied 510: Freuet euch der schönen Erde
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Evangelium nach Markus
Markus 8,1–10 Die Ablehnung der Unterscheidung von „rein und unrein“ durch Jesus erschüttert die Grundlage der religiösen Überzeugungen, die Identität seiner Zeitgenossen. Darum wird die Frage wichtig, mit welcher Berechtigung, mit welcher Autorität Jesus auftritt. Mit der Speisung der 4000 will Markus zeigen, daß Jesus im Einklang mit Gott handelt. Anders als bei der ersten Speisungsgeschichte liegt nun alle Initiative bei Jesus. Aber auch hier finden wir wieder die Anspielung auf das Manna in der Wüste (v4) und auf das Abendmahl (v6). So zeigt Jesus, wie er in der Verbindung mit Gott lebt und diese für sein Volk herstellt. Das ist seine Autorität. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Markus 8,11–13 Jesu Gegner wollen seine Autorität nicht anerkennen. Das von Gott frei geschenkte Zeichen der Speisung ist für sie bedeutungslos. Sie fordern daher, er möge sich nach den Bedingungen ausweisen, die sie vorgeben. Vertrauen, Glaube wird jedoch eher zerstört, wenn Beweise gefordert werden, wie jeder aus einer partnerschaftlichen Beziehung weiß. So muß Jesus die Forderung seiner Gegner ablehnen, wenn Glaube Glaube bleiben soll. Der Glaube ist darum nicht unvernünftig. Es ist vielmehr vernünftig zu glauben. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Markus 8,14–21 Wenn die Jünger Angst darum haben, daß sie nicht genügend zu essen haben, dann haben sie aus der Speisung der Menschen nichts gelernt, Sie sind noch genauso unverständig wie vorher. Wollen die Pharisäer die Autorität Jesu nicht anerkennen, so gelangen die Jünger nicht zu einer dauerhaften Erkenntnis. Sie ziehen aus dem Erlebten nicht die Konsequenzen. So geht das bis auf den heutigen Tag. Was Menschen mit Gott erleben, auch nach ihrem eigenen Bekunden, das haben sie alsbald wieder vergessen. Lied 609: Wie groß ist des Allmächt’gen Güte
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 8,22–26 Die Geschichte von der Blindenheilung soll das Petrusbekenntnis einleiten. So wie der Blinde zum Sehen geführt wird, so kommt Petrus nicht aus eigener Erkenntnis zu seinem Bekenntnis. Die Verse 14–21 hatten ja deutlich das Unverständnis der Jünger herausgestellt. Und so wie der Blinde erst allmählich die volle Sehkraft erlangt, so wird auch der Glaubende erst allmählich in die Fülle des Glaubens hineinwachsen. Auch Petrus bedarf nach seinem Bekenntnis noch eines langen Weges der Mißverständnisse und des vertieften Begreifens. Lied 161: Liebster Jesu, wir sind hier
Markus 8,27–33 Als Prophet war Jesus schon immer vom Volk verstanden – und mißverstanden worden. Jesus aber ist mehr als nur Bote Gottes, wie es die Propheten und Engel sind. Petrus nennt Jesus den Christus, den Beauftragten Gottes, der an Gottes Stelle handelt. Im Sinne des Markus ist der Christusname noch nicht zureichend. Erst mit der Erkenntnis Jesu als Sohn Gottes, daß also Gott in ihm gegenwärtig ist, wird die volle Erkenntnis erreicht sein. Um die Vorläufigkeit der Erkenntnis des Petrus aufzuzeigen, schließt Markus gleich das Unverständnis des Petrus an, der sich einen leidenden Christus nicht vorstellen kann. Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
Markus 8,34–9,1 Mit dem Petrusbekenntnis geht Markus zur Jüngerbelehrung über. Nur noch zwei Wundergeschichten werden danach erzählt. Bis zum Ende von Kapitel 10 geht es um Jüngerschaft und Nachfolge. So wie Jesus in der Hingabe seines Lebens das wahre Leben gewinnt, so sollen seine Nachfolger in der Hingabe an Gott das eigentliche Leben finden. Der Weg der Nachfolge Jesu wird nicht einfach sein, dafür aber sinnvoll. Möglich ist es, daß Markus bei der Niederschrift bereits Martyrien von Jesusnachfolgern im Auge hat. Lied 385: Mir nach, spricht Christus unser Held
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Evangelium nach Markus
Markus 9,2–10 Das Kommen des Menschensohnes (9,1) weist auf Jesu zukünftige Stellung als Weltenrichter hin. Mit dem Bild des Jesus, der sein Kreuz trägt, kontrastiert das Bild der zukünftigen Herrlichkeit Jesu. Doch die Gegenwart ist die Zeit der Niedrigkeit. Darum sehen die Jünger nach dem Gotteswort nur Jesus allein in all seiner Menschlichkeit, die so gar nicht in göttlichem Glanz strahlt. Und darum tun sich die Jünger schwer, das Wort von der Auferstehung zu verstehen. Markus will damit zu verstehen geben, daß Jesu Person und Werk erst im Angesicht des Kreuzestodes richtig verstanden werden können. Erst der Tod Jesu führt zum wahren Bekenntnis der Gottessohnschaft Jesu. Lied 158: O Christe, Morgensterne
Markus 9,11–13 Dem Kommen des Weltenrichters (9,1) geht nach jüdischer Vorstellung das Kommen des endzeitlichen Propheten wie Mose und das Kommen des Elia voraus. Darum gehörten Elia und Mose auch zur Begleitung Jesu auf dem Verklärungsberg. Markus hat das Auftreten des Täufers mit dem Wiederkommen des Elia gleichgesetzt. Entgegen der landläufigen Erwartung vom ordnenden und friedenschaffenden Wirken des Elia hat der Täufer Verfolgung und Ermordung erlitten, so wie dem Elia in1.Könige 19,2.10 angedroht. So ist er zum Bild für das Schicksal Jesu geworden. Lied 94: Das Kreuz ist aufgerichtet
Markus 9,14–29 Nicht das Wunder steht im Mittelpunkt, sondern die Nachfolge, das Thema, das mit 8,34 begonnen wurde. Jesu Jünger werden in der Nachfolge große Dinge tun, aber sie werden auch immer wieder ihr Scheitern erleben. Darum das Unvermögen der Jünger am Anfang (v18) und die Frage der Jünger am Ende (v28). Nicht aus eigener Kraft kann der Mensch Taten der Nachfolge tun. Er ist vielmehr ganz auf Gott angewiesen, wie der Hinweis auf das Gebet zeigt. Der Hinweis auf das Fasten fehlt in vielen Handschriften. Lied 382: Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 9,30–37 Die vielleicht älteste Form der Leidenweissagungen Jesu „Des Menschen Sohn wird überantwortet werden in der Menschen Hände“ ist ein Wortspiel, in dem der verständige Leser das Geheimnis des Menschensohnes und kommenden Weltenrichters erkennt. Diesem Geheimnis des Ineinanders von Hoheit und Niedrigkeit sollen die Jünger folgen, wenn der erste der letzte sein soll oder Christen andere durchreisende oder bedürftige Christen aufnehmen und beherbergen. In solcher Art der Nachfolge bilden die Jünger das Wirken Jesu nach. Lied 384: Lasset uns mit Jesus ziehen
Markus 9,38–40 In dem Abschnitt macht Markus deutlich, daß Nachfolge nicht einfach Zugehörigkeit zu einer Gemeinde ist, sondern daß sie inhaltlich gefüllt werden muß. Es geht nicht um allerlei große und humanitäre Taten als solche, sondern stets um Taten im Namen Jesu. Dabei muß man damit rechnen, daß sich verschiedene Gruppen bilden. Auch Vers 40 macht deutlich, daß das Bekenntnis zu Jesu die verschiedenen Gruppen verbindet; erst die Ablehnung Jesu markiert die Scheidelinie. Diese Verse sind ein erster Versuch, das Problem verschiedener christlicher Gruppen zu lösen. Lied 253: Ich glaube, daß die Heiligen
Markus 9,41–50 Verschiedene Sprüche zur Nachfolge hat Markus hier gesammelt: Gastfreundschaft für durchreisende Missionare (v41), besondere Rücksicht auf solche, die schwach sind im Glauben (v42), radikale Trennung von dem, was die Gemeinschaft mit Gott stört (v42–48), Bereitschaft zum opfernden Leiden im Widerstand gegen die Welt – heute würden wir wohl Zeitgeist sagen – und im Frieden untereinander (v49–50). Die letzten beiden Verse lassen sich auf diese Weise verstehen, wenn das Salz gemeint ist, das beim Opfer verwendet wird. Man hat das Salz auch als Bild für den Frieden, die Botschaft der Jünger, den gesunden Menschenverstand und die Nächstenliebe verstanden. Der Hinweis auf das opfernde Leiden würde gut zur einleitenden Leidensweissagung (9,31) dieser Rede über die Nachfolge passen. Lied 385: Mir nach, spricht Christus unser Held
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Evangelium nach Markus
Markus 10,1–12 Jesus ist keine Ehe eingegangen, hat keine Familie gegründet, ist ohne Besitz geblieben. Darum gibt sein Leben in diesen Bereichen kein Vorbild für das Leben in der Nachfolge her. Aus diesem Grunde folgen nun Regelungen für den Umgang mit Ehe, Kindern und Besitz in der Nachfolge Jesu. Die Gegner fragen nach dem, was erlaubt ist, Jesus weist auf das hin, was von Gott gewollt ist. Darum heißt es auch „...soll der Mensch nicht scheiden“ und nicht etwa „...darf der Mensch nicht scheiden“. Ein göttliches Gesetz macht Jesus aus dem Willen Gottes nicht. Er hebt vielmehr die Gnade Gottes hervor, den Menschen auf Partnerschaft hin geschaffen zu haben. Es kann sein, daß die Verse 1–12 eine Ehescheidung als möglich erachten, eine erneute Verheiratung aber ablehnen. Lied 238: Herr, vor dein Antlitz treten zwei
Markus 10,13–16 Kinder sollen nicht von der Gemeinschaft mit Jesus ferngehalten, sondern zu ihm geführt werden. Die Untätigkeit von Eltern – verbrämt durch den Satz, die Kinder sollten selbst entscheiden – wird durch Jesus nicht gedeckt. Das griechische Wort für „wehren“ wird vielfach in Verbindung mit der Versagung der Taufe gebraucht. Darum könnte dieses Wort darauf anspielen, daß auch Kinder getauft werden sollen, und zwar nicht erst dann, wenn sie selbst entscheiden können. Kinder sind Empfangende, so wie Menschen im Verhältnis zu Gott. Dieser Gedanke verbindet diese Verse theologisch mit den vorangehenden. Lied 203: Ach lieber Herre Jesu Christ
Markus 10,17–27 Der materielle Wohlstand ist nicht alles. Das gesicherte Leben ist dem jungen Mann gegeben. Sinn und Ziel des Lebens liegen jenseits der Todesgrenze, im ewigen Leben. Der reiche Jüngling ist nicht hochmütig, wenn er meint, alle Gebote gehalten zu haben. Er hat vielmehr erkannt, daß dies nicht alles ist. So gewinnt Jesus ihn lieb. Die Moral, die Gebote sind nur der Vorhof zum ewigen Leben. Sich Jesus zu öffnen, ihm nachzufolgen führt zum Sinn des Lebens. Den Besitz herzugeben, daraus macht Jesus kein Gesetz. In anderen Situationen verlangt er anderes. Aber Besitz und Reichtum können sehr wohl die Augen vor der Tatsache verschließen, daß wir Menschen Gott gegenüber Empfangende sind. Und dann wird die Nachfolge Jesu verfehlt, der sich ja alles schenken ließ und keine Sicherungen für sein Leben suchte. Lied 414: Laß mich, o Herr, in allen Dingen 67
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Markus 10,28–31 Die Jünger haben – anders als der reiche Jüngling – alles aufgegeben. Verständlich, daß sie nach ihrem Lohn fragen. Wo immer Menschen ihr Leben als Gottes Geschenk begreifen und sich so den anderen Menschen zuwenden, da finden sie eine sinnvolle Gemeinschaft. Doch das geschieht mitten unter Anfechtungen und Verfolgungen. Das ewige Leben wird dann die Gemeinschaft der Glaubenden mit Gott bringen, in der das Leid keinen Platz mehr haben wird. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
Markus 10,32–45 Es ist sinnvoll, daß Markus mit der dritten Leidensankündigung noch einmal auf die Niedrigkeit und den Leidensweg Jesu hinweist. Auch für die Jünger in der Nachfolge wird es keinen anderen Weg geben. Durch das Leiden kann es keinen Anspruch auf besondere Anerkennung oder Autorität in der Gemeinde geben. Der Weg der Nachfolge ist vielmehr der Dienst, so wie Jesus seinen Dienst tut, bis zur Lebenshingabe. Lied 414: Laß mich, o Herr, in allen Dingen
Markus 10,46–52 Mit der Blindenheilung zeigt Markus noch einmal, was Nachfolge ist: beharrliches Bitten, auch gegen Widerstände, sich trösten und sich die Augen öffnen lassen. Gerade angesichts der nun beginnenden Passion sind die von Gott geöffneten Augen wichtig, damit in dem Weg der Niedrigkeit und des Leidens doch deutlich werde, daß Gott in Jesus gegenwärtig, daß Jesus Gottes Sohn ist, wie es der Hauptmann unter dem Kreuz dann bekennt. Wie die Blindenheilung in 8,22–26 den neuen Abschnitt über die Nachfolge Jesu in der Ungeschütztheit des Lebens ankündigt, so nun die Blindenheilung zu Beginn des Abschnitts, der vom Leid und Tod des Messias handelt. Lied 133: Zieh ein zu deinen Toren
Markus 11,1–11 Am Anfang der Passion Jesu steht die trügerische Begeisterung des Volkes, am Ende die rettende Solidarität Gottes im Geschehen der Auferweckung. Zwischen diesem Anfang und Ende geht Jesus den Weg in das Dunkel der Verlassenheit. Das Volk schreit nach seiner Kreuzigung, die 68
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Freunde fliehen, Gott scheint ihn im Tod verlassen zu haben. Das Volk jubelt hier Jesus zwar als dem Gesandten Gottes zu, dem Gott alle Macht gegeben hat. Aber das Volk versteht nicht. Denn Jesus wird die Verhältnisse nicht durch Macht ändern, sondern durch die Hingabe an die Ohnmacht. Darum bleibt sein Einzug auch so seltsam „folgenlos“, anders als im Matthäusevangelium. Laut Matthäus folgt sogleich die Tempelreinigung, laut Markus sieht sich Jesus nur den Tempel an. Erst am Tag danach habe Jesus die Händler vertrieben. Lied 314: Jesus zieht in Jerusalem ein
Markus 11,12–19 Die Geschichte vom Feigenbaum ist das einzige Fluchwunder Jesu. Sie widerspricht dem Geist Jesu. Von einer Bestrafung der Samaritaner, die ihm die Gastfreundschaft verweigern, will er nichts wissen (Lukas 9, 51.57). Es ist unsinnig, Früchte an einem Baum zu suchen, wenn die Erntezeit noch gar nicht da ist. Es kommt bei dieser Geschichte nicht darauf an zu fragen, was geschehen ist, sondern danach, was sie bedeutet. In der Zeichenhandlung der Reinigung zeigt Jesus: Israel hat nicht die Frucht gebracht, „Licht“ für die Völker zu werden (Jesaja 49,6). Nun ist die Zeit des Tempels vorbei. Statt zu einem Ort der demütigen Hingabe an Gott im Gebet für alle Völker, auch die Heiden, ist er ein Ort zur rituellen Selbstbestätigung des offiziellen Judentums geworden. Lied 449: Die güldne Sonne
Markus 11,20–26 Das Verdorren des Feigenbaumes aufgrund des Fluches und das Wort vom Gebetshaus bei der Tempelreinigung geben den Anlaß, Worte über das Gebet und den Glauben anzufügen. Heutige medizinisch-psychologische Überlegungen bestätigen die Kraft des Glaubens und des Gebetes. Jesus geht in den Tod. In dem Festhalten an Gott auch am Kreuz bewährt sich sein Glaube. Freilich darf die Verheißung, die das Gebet hat, nicht dazu verführen, Rache und Strafe zu erbitten. So wäre auch die Verfluchung des Feigenbaumes mißverstanden. An seinem Kreuz bittet Jesus weder um Strafe für seine Feinde, noch flucht er seinen Spöttern. Lied 94: Das Kreuz ist aufgerichtet
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Markus 11,27–33 Natürlich fordert das Handeln Jesu im Tempel die Frage nach seinen Motiven und nach seiner Autorität heraus. Mit seiner Gegenfrage bringt Jesus seine Gegner in Verlegenheit. Würde er eine Antwort geben, so würde er den Hohenpriestern und ihren Gefolgsleuten die Möglichkeit verschaffen, über seinen Autoritätsanspruch zu urteilen. Jesus aber leitet seine Autorität von Gott her, die gerade darum, weil sie von Gott gegebene Vollmacht ist, nicht beurteilt werden kann. Im Glauben wird die Autorität Jesu erfahren und in seinem Tod und seiner Auferstehung erwiesen. Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
Markus 12,1–12 Die Tage in Jerusalem werden als Tage des Konfliktes dargestellt. Nach der „Tempelreinigung“ und dem Angriff auf die Führer des Volkes folgen die Einzelauseinandersetzungen mit den jüdischen Gruppen. So wird verständlich, warum alle die Kreuzigung Jesu verlangen. Die Geschichte knüpft an Jesaja 5, 1–7 an. Sie erzählt von der Langmut Gottes, die sich in der Sendung der Propheten erweist. Dann aber erscheint als letzter der Sohn. An der Stellung zu ihm entscheiden sich Heil oder Unheil (Vers 10), nicht an der Zugehörigkeit, etwa zum Volk. So werden zu den anderen, denen der Weinberg gegeben wird, Heiden gehören, wie etwa der Hauptmann unter dem Kreuz. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
Markus 12,13–17 Die Auseinandersetzungen mit den Pharisäern und Herodianern dreht sich um die Kopfsteuer, die 6 nach Chr. eingeführt und von den Zeloten abgelehnt wurde. Palästina sei Gottes Land: darum habe der Kaiser mit seiner Steuer dort nichts zu suchen. Die Antwort Jesu scheidet nicht zwischen einem staatlichen und religiösen Bereich. Denn was gäbe es, was Gott nicht zustünde? Auch der Kaiser, der Staat, steht unter dem Anspruch Gottes. Der Jesusnachfolger wird also immer wieder zu entscheiden haben, was der Wille Gottes ist, wo die Loyalität zum Staat ihre Grenzen hat. In Jesu Tod spricht der Statthalter wohl das Urteil, er kann es aber nicht tun, ohne daß Gott es ihm zugesteht. Lied 303: Lobe den Herren, o meine Seele
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Markus 12,18–27 Die Frage der Sadduzäer, der Priesterpartei, die unter Berufung auf Mose den neumodischen Auferstehungsglauben ablehnt, soll anhand des Beispiels der Leviratsehe den Glauben an die Auferstehung als absurd erweisen. Doch Jesus wehrt sich gegen die Übertragung irdischer Verhältnisse in die himmlische Welt. Zudem ergibt sich schon aus 2.Mose 2,3.6, daß da, wo Gott sich dem Menschen verbündet, der Tod nicht das letzte Wort haben kann. So geht Jesus in der Hoffnung auf die Auferstehung in den Tod. Lied 526: Jesus, meine Zuversicht
Markus 12,28–34 Typischerweise richtet sich die Frage des Schriftgelehrten auf die Grundsätze der Schriftauslegung. Gegen die Betonung der rituellen Vorschriften über Opfer und Reinheit stellt Jesus in der Nachfolge der Propheten das soziale Verhalten des Menschen, die Liebe zu Gott und den Menschen, in den Vordergrund. Die Zustimmung des Schriftgelehrten ist einzigartig in den Evangelien. Im Vollzug des Lebens wird es Situationen geben, in denen die Liebe zu Gott und die Liebe zum Menschen in Widerstreit geraten. Lied 413: Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Markus 12,35–37a Nachdem der Schriftgelehrte den Worten Jesu überraschend zugestimmt hatte, folgen nun Worte, die den Unterschied zwischen Jesus und den Schriftgelehrten herausstellen. Zwar ist Jesus Davids Sohn, aber er ist doch wegen der Auferstehung mehr, nämlich Herr und Sohn, der zur Rechten Gottes sitzt. Lied 123: Jesus Christus herrscht als König
Markus 12,37b–44 Jesus wendet sich gegen die Hochschätzung frommer menschlicher Leistungen. Soziale Verpflichtungen werden dabei leicht übergangen (v40). Noch einmal wird die unterschiedliche Bewertung von rituellen und sozialen Vorschriften deutlich. Die Warnung markiert die Trennung
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
der Gemeinde Jesu von den jüdischen Schriftgelehrten. Diese Trennung wird dann in der Kreuzigung Jesu deutlich, die auf Veranlassung der jüdischen Führer erfolgt. Lied 412: So jemand spricht: Ich liebe Gott
Markus 13,1–8 Gleichsam als Testament gibt Jesus vor seinem Tod Anweisungen für die Zeit danach, wie ein Visionär auf dem Sterbebett. Mit der Ansage der Zerstörung des Tempels bekräftigt er seine Botschaft, daß nicht das Rituelle für das Gottesverhältnis im Mittelpunkt stehe, sondern die sozialen Beziehungen (siehe 7,15). Die Zerstörung des Tempels und ebenso das Auftreten von Falschlehrern, die Kriege und Naturkatastrophen sind nicht die Endzeit, in der Gott sein Gericht vollzieht, sondern nur ein Zeichen für diese Zeit. Die Wehen sind das Chaos, aus dem Gott die neue Welt schaffen wird. So werden die Jünger zur Nüchternheit im Umgang mit allen endzeitlichen Schwärmereien ermahnt. Lied 357: Ich weiß, woran ich glaube
Markus 13,9–13 Gerade angesichts der Lügenpropaganda, der Naturkatastrophen und der Friedlosigkeit unter Menschen und Völkern ist es Aufgabe der Gemeinde Jesu, Jesu Heilsbotschaft von der Nähe Gottes, das Evangelium, furchtlos in aller Welt zu bezeugen, zunächst im jüdischen Umkreis, dann in der ganzen Welt. Und bis heute ist die Christenheit mit dieser Aufgabe noch nicht zum Ende gekommen. Dabei werden sich starke Widerstände gegen die Botschaft Jesu erheben, heutzutage durch gottlose Heiden in Westeuropa, durch kommunistische Systeme in Asien und islamische Kulturen in Afrika und Asien. Aber auch bis in die eigenen Familien hinein wird der Widerstand reichen. Lied 154: Herr, mach uns stark im Mut, der dich bekennt
Markus 13,14–23 Dieser Abschnitt hat palästinische Verhältnisse im Blick: die Besatzung durch die Römer, der Versuch des römischen Kaisers, seine Bilder im Tempel aufzustellen – das ist mit Greuel der Verwüstung gemeint –, die Volksverführer, die ein Wunder Gottes wie am Schilfmeer versprechen, mit dem die Römer aus dem Land getrieben werden sollen. Es wird schwer sein, diese 72
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Zeiten auszuhalten, so dass auch viele Jesusanhänger ihren Glauben verlieren können. Doch sie brauchen nicht zu glauben, Gott habe sein Volk aufgegeben. Nein, Jesus hat diese Leidenszeit bereits vorausgesehen. Lied 152: Wir warten dein, o Gottessohn
Markus 13,24–37 Das Kommen des Menschensohnes, des Weltenrichters, wird von kosmischen Erschütterungen begleitet. Wo die Ordnung des Kosmos zusammenbricht, da auch die soziale Ordnung der Menschen. Für die Menschen bleibt nun keine Möglichkeit mehr, sich zu ändern, da Gott und die himmlischen Kräfte und nicht mehr die Menschen handeln. Die Menschengeschichte ist zu ihrem Ende gekommen. Gott sammelt sein Volk in einer neuen Welt; alles Alte aber versinkt. Den Zeitpunkt dieses Geschehens kann niemand wissen. So schärft diese Ungewißheit die Bereitschaft ein, zu jeder Stunde auf Gottes Willen zu achten. Das will auch der Vergleich mit dem Hausherrn deutlich machen, der plötzlich wiederkehren kann. Gott ist uns jederzeit nahe und kann jederzeit in unser Leben eingreifen. Lied 151: Ermuntert euch, ihr Frommen
Markus 14,1–9 Mit dem Todesbeschluß des Hohen Rates beginnt die Passionsgeschichte. In aller Stille soll Jesus beseitigt werden. Doch die Salbungsgeschichte macht deutlich: In aller Welt wird sein Tod verkündet werden. Und genau am Fest wird Jesus gekreuzigt werden. Mit der Feindschaft der Hohenpriester kontrastiert die „verstehende Liebe der Frau aus dem Volk“, mit dem Willen der Behörde, einen Menschen zu opfern, die Bereitschaft Jesu, sein Leben selber zu geben. Der Vorwurf der Geldverschwendung ist kleinlich gegenüber der prophetischen Sicht der Frau und der hingebenden Liebe Jesu. Lied 98: Korn, das in die Erde
Markus 14,10–16 Zum Verrat des Judas kontrastiert wiederum die Geschichte von der Vorbereitung des Gemaches für das letzte Mahl, das als Passahmahl gekennzeichnet wird. Während Jesus für das Liebesmahl sorgt, für das Mahl der Hingabe und innigen Liebe, setzt Judas die Absetzbewegung der 73
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Jünger in Gang, die mit der Verleugnung des Petrus einen Höhepunkt setzt. Jesus kennt seinen Weg; bewußt geht er in den Tod. In der Passion vollzieht er den Willen Gottes. Lied 83: Ein Lämmlein geht
Markus 14,17–25 Auf die Bezeichnung des Verräters folgt die Selbsthingabe Jesu. Während Jesus die Hand reicht, hat Judas schon das gemeinsame Band zerschnitten. Wie wenig persönliche Schuld und Schuldverstrickung getrennt werden können, zeigt Judas. Zwar geht Jesus mit Gottes Willen in den Tod, doch ist der Verrat des Judas persönliche Schuld. In seinem Tod überwindet Jesus die Absage an ihn und seinen Vater durch völlige Hingabe. Mit seiner Lebenshingabe wird Jesus die neue, weltweite Bundesgemeinde sammeln, die die bleibende Gemeinde mit Gott zum Ziel hat (v25). Lied 223: Das Wort geht von dem Vater aus
Markus 14,26–31 Der Kontrast könnte nicht schärfer sein: Auf das Mahl tiefster Freundschaft und Hingabe folgt die Ansage des Verrates durch die Freunde. Die Jünger haben sich in der Intimität der Gemeinschaft wohl gefühlt. Darum meint Petrus, sogar zum Martyrium fähig zu sein. Doch Jesus sieht tiefer. Das beseligte Gefühl der Jünger wird nicht tragen. Zur Nachfolge werden sie nur fähig sein, wenn Jesus sie wieder sammelt und sich ihnen mit Gnade zuwendet. Die, die Jesus in der Stunde der Not verlassen, werden von ihm wieder zusammengeführt werden. Lied 396: Jesu, geh voran
Markus 14,32–42 Während die Jünger den einfachen Auftrag Jesu nicht erfüllen können, beugt sich Jesus unter den schweren Willen Gottes. Hatten die Jünger gerade noch geschworen, Jesus nicht zu verlassen, so lassen sie ihn nun in seinem seelischen Kampf allein. Gerade in seinem Leiden erweist sich Jesu unmittelbare Zugehörigkeit zu Gott. Er ist Gottes Sohn, gerade weil er Gott Gott sein läßt. Lied 95,1: Seht hin, er ist allein im Garten 74
Evangelium nach Markus
Markus 14,43–52 Der Kuß des Judas täuscht tiefste leibliche Gemeinschaft vor. Tatsächlich lassen die Jünger mit ihrer Flucht Jesus nun auch leiblich allein. Hatten sich die jüdischen Führer schon länger von ihm losgesagt, dann auch seine Familie und Nachbarn, so jetzt seine Freunde. Der unbeholfene Hieb mit dem Schwert bleibt ohne Folge für das ganze Geschehen. In dem unglaublichen Vorgang, daß Menschen an den von Gott Gesandten Hand anlegen, vollzieht sich der Heilswille Gottes. Und die Menschen wissen nicht, was sie wirklich tun. Der geheimnisvolle Jüngling mag ein Zuschauer sein, der sich später der Gemeinde anschloß. Lied 95,2: Seht her, sie haben ihn gefunden
Markus 14,53–65 Der oberste Repräsentant des Judentums, der Hohepriester, widersetzt sich dem Anspruch Jesu, der Sohn Gottes zu sein. Der heidnische Hauptmann wird sich danach angesichts des Todes Jesu zur Gottessohnschaft des Gekreuzigten bekennen. Während die Zeugen das achte Gebot mißachten, bleibt Jesus seinem Vater und dem ersten Gebot treu. Gott tut sich den Menschen kund – und diese werden die Offenbarung nur annehmen können, wenn sie sich selber infrage stellen lassen. Lied 95,3: Seht her, wie sie ihn hart verklagen
Markus 14,66–72 Jesus hatte sich in der Gerichtsverhandlung zu Gottes Willen bekannt. Er verleugnete seine Sendung nicht. Petrus aber verleugnet seinen Herrn, wo das Bekenntnis zu ihm erwartet wird. So lädt er Schuld auf sich. Doch im Gegensatz zu so vielen, die alle Fehler von sich weisen oder auf andere abschieben, erkennt er weinend sein Versagen – und erweist sich gerade darin als Jünger Jesu. Lied 84: O Welt, sieh hier dein Leben
Markus 15,1–15 Das Urteil der Masse wird von den Einflüsterern – heute die Massenmedien und Influenzer – gesteuert. Ob Schuld nachgewiesen wird oder nicht, kümmert niemanden. Die Menge zieht den 75
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Mörder dem Schuldlosen vor. Der Schuldige wird begnadigt, der Unschuldige wird anstelle des Schuldigen verurteilt. Christus stirbt für den Schuldigen. Hatte die Masse Jesus als König aus Davids Stamm bejubelt, so wird Jesus durch das „Kreuzige“ zu dem König, der wie David sein Volk vor Gott vertritt. Lied 88: Jesu, deine Passion
Markus 15,16–23 Wie ein König wird Jesus gekleidet und gekrönt. Hatten die jüdischen Vollzugsbeamten Jesus als Propheten verspottet, so verspotteten ihn die römischen als König. Und doch sind ihre Worte Wahrheit. Sie werden zu verborgenen Zeugen für die Königswürde Jesu, so wie zuvor Pilatus. Gegen die Meinung der Beteiligten erfüllt sich in der äußeren Erniedrigung der Wille Gottes. Wie nach dem Psalter der Gerechte unter dem Ungerechten leidet, so auch Jesus. Außerhalb der Stadt, außerhalb der menschlichen Gemeinschaft, wird der gekreuzigt, der die Menschen im Glauben einen wird. Lied 95,4: Seht, wie sie ihn mit Dornen
Markus 15,24–41 Im Lichte von Psalm 22 (v24, 29 und 34) und Psalm 69,36 mit Jesaja 53,28 ist die Passionsgeschichte als Erfüllung des göttlichen Willens erzählt worden. Nur aus der Ferne begleitet von den Frauen, aber verlassen von den Freunden stirbt Jesus am Kreuz. Der Spott läßt diese Verlassenheit noch tiefer erfahren. Zutiefst aber erfährt Jesus am Kreuz das Gericht der Gottesferne. Die Finsternis verdeutlicht dies. In dieser Stunde der tiefsten Verlassenheit beginnt die neue Gemeinschaft. Das Zerreißen des Tempelvorhanges markiert den neuen, ungehinderten Zugang zu Gott im Glauben für alle Welt. Der Hauptmann, der Heide, ist es, der als erster davon Gebrauch macht. Er ist der erste im Markusevangelium, der sich zu Jesus als dem Sohn Gottes bekennt – und dies angesichts des Kreuzes. Lied 86: Jesu meines Lebens Leben
Markus 15,42–47 Das Begräbnis stellt die Tatsächlichkeit des Todes fest, wie es das urchristliche Bekenntnis tut: Christus gestorben für unsere Sünden nach der Schrift und begraben (1. Korinther 15,3–4). Scheintod war Jesus nicht, wie der Hauptmann bestätigt. Entgegen Jesaja 53,9 wird der Leich76
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nam nicht in die Grube der Verbrecher geworfen, sondern in das Felsengrab eines heimlichen Sympathisanten gelegt. Die betonte Erwähnung der Frauen bei Kreuzigung, Grablegung und späterem Gang zum Grab, um Jesus zu salben, zeigt die neue Stellung der Frau in der Gemeinde Jesu an. Lied 520: Nun legen wir den Leib ins Grab
Markus 16,1–8 Das Zentrum des Abschnitts ist die Verkündigung des Engels: „Er ist auferstanden, er ist nicht hier“. Die Frauen wollen Jesus einen letzten Liebesdienst tun, doch Gott hat schon für ihn gesorgt. In die Hände der Sünder war der Menschensohn gegeben worden, nun ist er in Gottes Hand. Grabstätten sind für Menschen als Erinnerungsorte wichtig. Wichtiger aber ist die Gewißheit, daß unsere Verstorbenen bei Gott sind. Daß die Frauen voller Schrecken und Angst fliehen, ist verständlich. Wo Menschen Gottes Majestät begegnen, da gerät ihre Selbstsicherheit ins Wanken. So ging es schon Petrus (Lukas 5,8). Lied 107: Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Markus 16,9–20 Die besten handschriftlichen Überlieferungen des Markusevangeliums enden mit Kapitel 16, Vers 8. Die Verse 9–20 sind ein Anhang, der verschiedene Erscheinungen des Auferstandenen zusammenfaßt: Vor den Frauen, bei den Jüngern nach Emmaus, in der Tischgemeinschaft mit den Jüngern. Der Abschnitt zielt auf die Mission, zu der die Jünger auch am Ende des Matthäusevangeliums berufen werden. Diejenigen, die zweifeln und nicht glauben, gerade diese werden zu Botschaftern des Auferstandenen gemacht. Noch einmal kontrastiert das Handeln Gottes mit dem Verhalten der Menschen. Trotz allen Unglaubens der Menschen kommt Gott zu seinem Ziel. Lied 116: Er ist erstanden, Halleluja
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Evangelium nach Lukas Lukas 1,1–4 In diesem Vorwort gibt Lukas Rechenschaft über sein Vorgehen bei der Niederschrift seines Evangeliums. Er schreibt nichts vom Wirken des Heiligen Geistes, sondern von der Sorgfalt bei seinen Nachforschungen und der Ordnung, mit der er die Geschichten aneinandergereiht hat, die ihm erzählt wurden. Dabei hat er die Erzählungen gesichtet, die von den Schülern der Apostel überliefert wurden. Die Vorgeschichte (v1–2) hat er diesen Quellen wohl vorangestellt (v4), Die Widmung will Theophilus dazu ermuntern, das Buch in seiner Schreibstube zu vervielfältigen und auf den Büchermarkt zu bringen. Lied 198: Herr, dein Wort, die edle Gabe
Lukas 1,5–25 Parallel erzählt Lukas von Ankündigung und Geburt des Johannes und des Jesuskindes. Zugleich zeigt er dabei die Überlegenheit Jesu über Johannes auf. Während Johannes groß vor dem Herrn sein wird (v15), wird Jesus König und Gottes Sohn sein (v33). Johannes wird wie ein Nasiräer – Samson gehört zu ihnen – leben (v15), während Jesus als Messias bezeichnet wird (v32). Lukas betrachtet Johannes als einen Vorläufer Jesu, der das Volk auf das Kommen Jesu vorbereiten soll (v17). Die Frage des Zacharias nach einem Zeichen ist legitim. Zacharias möchte Gewißheit darüber, daß er nicht nur geträumt, sich etwas eingebildet habe. Es ist also keine Strafe, daß er stumm wird, wie vielfach angenommen. In dem Wort des Engels „...weil du meinen Worten nicht geglaubt hast“, liegt die Betonung nicht auf dem Unglauben des Zacharias, sondern „meinen Worten“. Auf das körperliche Zeichen hin glaubt ja Zacharias. Ich habe viele Menschen erlebt, die von einer Erscheinung oder Erfahrung des Geistes berichtet haben, bei Worten aber stellen sich auch stets Zweifel ein. So macht gerade die Unmöglichkeit zu reden deutlich, daß Zacharias eine Erscheinung hatte. Lied 165: Gott ist gegenwärtig
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Evangelium nach Lukas
Lukas 1,26–38 War Elisabeth unfruchtbar, so ist Maria Jungfrau. Hatten Elisabeth und ihr Mann um ein Kind gebetet, so weiß Maria noch nicht einmal von einem Mann. Wird Johannes vom Geist Gottes erfüllt werden, so ist es bei Jesus der Geist selber, der das neue Leben im Bauch der Maria schafft. Und der Heilige Geist wird auch die Auferstehung Jesu zu neuem Leben bewirken. Mit Jesus sollen sich die Hoffnungen Israels auf den Mann Gottes erfüllen. Sein Reich wird kein Ende haben: Noch 2000 Jahre danach wird sein Wort Orientierung und Richtschnur für das Leben von Millionen Menschen sein. Und Maria ist das Bild derjenigen, die sein Wort hören: „Mir geschehe, wie du gesagt hast“. Lied 372: Was Gott tut, das ist wohlgetan
Lukas 1,39–45 Der Besuch der Maria bei Elisabeth verknüpft die Geschichten von Johannes und Jesus miteinander. Da Johannes im Bauch seiner Mutter vor Freude hüpft, erweist er dem Jesuskind seine Ehrerbietung. Die zeitgenössische jüdische Vorstellung dachte sich die Kinder im Bauch der Mütter als Personen, die auch die Außenwelt wahrnehmen können. Abtreibung kam deshalb nicht infrage; es wäre Tötung von Menschenleben gewesen. Nach heutiger Vorstellung hätten übrigens viele der Maria zur Abtreibung geraten – eine ledige Mutter mit schlechter Sozialprognose. Aber Maria vertraut dem Wollen Gottes mehr als den menschlichen Voraussagen. Lied 368: In allen meinen Taten
Lukas 1,46–56 Der Lobpreis der Maria handelt zunächst von der Erfahrung der Maria, dann von der Andersartigkeit des Handelns Gottes, das sich nicht an die menschlichen Wertvorstellungen hält. Eine Frau, die behauptet, ihr Kind ohne Zutun eines Mannes zu bekommen, wird ob ihrer blühenden Phantasie ausgelacht. Die jüdische Gegenpropaganda hat schon bald behauptet, Jesus sei das Ergebnis einer illegitimen Verbindung der Maria mit einem römischen Besatzungssoldaten. In den Worten von der Niedrigkeit der Magd Gottes spiegelt sich also das Gerede der Leute, das sie zu erwarten hat. Gott aber kennt die Wahrheit – und darum ist er Trost und Heil für Maria, so wie für viele andere, über die das ungerechte Gerede der Menschen herzieht. Maria erfährt an ihrer Person, wie Gott alle Werte umdreht. Am Schicksal der Mächtigen und Reichen haben 79
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die Menschen das immer wieder erleben können. 1989 Jahren feierte die DDR ihr 40-jähriges Bestehen. Ein Jahr später existierte sie nicht mehr. Lied 309: Hoch hebt den Herrn mein Herz
Lukas 1,57–66 Bei beiden Geburten heißt es: „Und es kam die Zeit, da sie gebären sollte, und sie gebar einen (ihren ersten) Sohn“. Die Geburt des Johannes wird freilich nur den Nachbarn, der Verwandtschaft und schließlich in der engeren Heimat bekannt, die Leute staunen und haben große Freude; bei der Geburt Jesu singen die Engel vom Frieden für alle Welt und wildfremde Menschen, die Hirten, eilen voller Freude zur Geburtsstätte. Der Name Johannes bedeutet „Gott ist gnädig“. Elisabeth und Zacharias haben die Gnade Gottes handgreiflich erlebt. Sie haben einen Sohn bekommen. Zum andern ist der Name ein Vorgriff auf das Wirken des Täufers, denn mit der Ankündigung des Kommens des Gottessohnes läutet er die Gnadenzeit ein (v77). Lied 288: Nun jauchzt dem Herren alle Welt
Lukas 1,67–80 Der Lobgesang des Zacharias besteht aus zwei Teilen. Zuerst wird das Eingreifen Gottes zugunsten des bedrängten Israel besungen, dann das neugeborene Kind, Johannes, als Vorläufer des Messias. Mit dem Wort „Aufgang“ wird hier das Wort wiedergegeben, das in Sacharja mit „Sproß“ übersetzt wird. Von der Taufe als Aufgabe des Johannes wird hier nicht gesprochen, sondern von der Sündenvergebung und der dadurch verdeutlichten Größe des liebenden und rettenden Handeln Gottes. Der Horizont dieses Psalmes geht nicht über die Grenzen des jüdischen Volkes hinaus. Der Tod des Johannes und das Kreuz Christi sind nicht im Blick. Das Lied ist aber ein schönes Beispiel für die glühende Liebe zu Gott, für die Hoffnung, die wir auf Gott setzen können. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Lukas 2,1–20 Die Weihnachtsgeschichte hat ihren Mittelpunkt in dem Auftreten der Engel, die sagen, wer Jesus ist und was seine Bedeutung. In der Welt des Lukas wurde der Kaiser Augustus als Heiland und Friedensbringer für die Welt gepriesen. Lukas hingegen stellt Jesus als den wahren 80
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Friedensbringer dar. Das wird an den Hirten deutlich, denen man in der jüdischen Gesellschaft mit Mißtrauen begegnete, ähnlich den heutigen Urteilen über Zigeuner. Während Augustus den Frieden mit seiner Macht erzwungen hatte, schafft Jesus Menschen, die aus ihrem Inneren heraus Frieden finden, zufrieden sind. Die Hirten beten in freier Hingabe an, während die römischen Kaiser zur Zeit des Lukas von den Christen die Anbetung ihrer Göttlichkeit erzwingen wollen. So hält Lukas den römischen Behörden zugleich einen Spiegel vor. Mit der Verpflichtung zur Verehrung des Shinto-Schreines haben Koreaner in der Zeit der japanischen Besatzung ähnliches erlebt. Lied 24: Vom Himmel hoch, da komm ich her
Lukas 2,21–24 Mit der Beschneidung ist die Namensgebung verbunden wie bei uns bei der Taufe. Jesus wird in die jüdische Religion hinein geboren, doch er sprengt ihre Grenzen, wie der Lobgesang des Simeon zeigt. Nach der Geburt eines Knaben sollte die Frau nach etwa 40 Tagen ein Opfer bringen, normalerweise ein Schaf, bei armen Leute reichte dazu ein Paar Turteltauben. Gott für die Geburt eines Kindes zu danken, steht auch uns Heutigen gut an. Lied 42: Dies ist der Tag, den Gott gemacht
Lukas 2,25–35 Der Lobgesang des Simeon führt anders als die Lobgesänge des ersten Kapitels den Blick über die Grenzen Israels hinaus. Er bezieht sich dabei auf Jesaja 49,6. Das Heil Gottes gilt allen Völkern. In dem Erscheinen Jesu wird alles Hoffen, alle ungeduldige Erwartung der Propheten gestillt. Die Verherrlichung Israels liegt darin, daß der Messias in diesem Volk geboren wurde. Die Worte des Simeon atmen die Ruhe, die Christus schenken will. Lied 222: In Frieden dein, o Herre mein
Lukas 2,36–40 Witwen hatten es in Palästina schwer. Als Frauen waren sie nicht rechtsfähig. Zumeist waren sie wirtschaftlich von den Kindern oder einem Gönner abhängig. Hanna hat dieses Schicksal rund 60 Jahre getragen. Aber mit ihrer Frömmigkeit hat sie sich die Achtung der Leute erworben. Ziemlich ungewöhnlich ist es, daß sie als Prophetin bezeichnet wird. Daß Frauen zu Prophe81
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tinnen werden, das ist nach Joel 3,1–5 (Apostelgeschichte 2,17–21) erst für die Zeit des Messias vorgesehen. So zeigt das Auftreten der Hanna dem kundigen Leser den Anbruch der neuen Gotteszeit an, die mit Jesus anhebt. Lied 51: Also liebt Gott die arge Welt
Lukas 2,41–52 Der Erzählung von der öffentlichen Wirksamkeit Jesu schaltet Lukas ganz bewußt das Auftreten des zwölfjährigen Jesus im Tempel vor: Jesus nimmt zeichenhaft Besitz von dem Haus Gottes. Nach der Himmelfahrt Jesu am Ende des Evangeliums (24,53) sind es die Jünger, die in den Tempel gehen und Gott anbeten. So stellt Lukas dar, daß die Geschichte Gottes mit den Menschen nun im Volk der Christen weitergeführt wird. Von Johannes, dem Vertreter des Judentums bis zur Zeit Jesu, wird gesagt, daß er stark im Geist wurde (1,80), von Jesus als dem Anfänger des Glaubens hingegen, daß das Kind zunahm an Weisheit und bei Gott Gnade fand. Auch hier zeigt Lukas, wie der christliche Glaube das alte Judentum überbietet. Es bleibt auch uns heute die Frage, ob denn die Form des rabbinischen Judentums, wie es sich im ersten und zweiten Jahrhundert entwickelt hat, die legitime, wahre Fortsetzung der Geschichte des alten Bundes ist. Lied 72: O Jesu Christe, wahres Licht
Lukas 3,1–6 In 1,1–4 gibt Lukas Rechenschaft von seinen Grundsätzen bei der Abfassung seines Werkes. Lukas gestaltet es nach den Gepflogenheiten der antiken Geschichtsschreiber. Darum beginnt er mit der Zeitangabe, damals üblicherweise unter Angabe des Herrschaftsjahres verschiedener regierender Häuser. In den Jahren 27–29 liegt das 15. Regierungsjahr des Tiberius. Ausführlich werden die Herrscher im palästinensischen Raum benannt, in dem sich die Geschichte Jesu abspielt. Lukas betont in der Apostelgeschichte, daß die Geschichte mit Jesus nicht im Winkel geschehen sei (26,26). Kurz nach dem jüdischen Krieg und der Eroberung Jerusalems (70) dürfte es ein waches Interesse an dieser Region des römischen Reiches gegeben haben. Lukas betont mit seiner Zeitangabe, daß sich die Geschichte Jesu zwar in einer Provinz abgespielt hat, aber doch von Bedeutung für die ganze Welt ist. Wie bei den anderen Evangelisten setzt die Geschichte mit dem Auftreten des Täufers ein. Seine Bußpredigt wird hervorgehoben, seine Kleidung wird nicht erwähnt. Die Bußtaufe wird nicht als eine Versiegelung für die Rettung vor dem kommenden Gerichtes verstanden. Vielmehr ist sie die rechte Vorbereitung auf das Kommen Jesu. Das Zitat aus Jesaja 40,3–5 spricht bezeichnenderweise nicht von der Offenbarung 82
Evangelium nach Lukas
der Herrlichkeit Gottes wie im alttestamentlichen Text, sondern vom Sehen des Heilandes oder Heiles Gottes. Wie im ganzen Evangelium betont Lukas die Retterliebe Gottes. Lied 279: Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren
Lukas 3,7–14 Die Leute, die zu Johannes an den Jordan pilgern, sind wohl Bewohner Jerusalems. Es kann gut sein, daß Lukas unter dem kommenden Zorn einen Hinweis auf das Gericht des Unterganges der Stadt im Jahr 70 verstanden hat. Die Selbstgefälligkeit, Gott werde sein Volk nicht im Stich lassen, ist eine falsche Sicherheit, die schon im Alten Testament gegeißelt wird (z. B. Jesaja 58,2–3). Die Gotteskindschaft soll sich in guten Taten bewähren. Lukas warnt damit die Christen seiner Zeit vor einer falschen Selbstsicherheit, die sich darauf beruft, getauft worden zu sein. Gute Werke führt Lukas in den Versen 10–14 beispielhaft auf. Jeder soll seinen Egoismus bekämpfen und zum Teilen bereit sein. Die Zöllner und Wirtschaftsbosse sollen nicht immer mehr Leistungen verlangen. Die Soldaten und Machthaber sollen gerecht sein, der Ungerechtigkeit wehren und ihre Position nicht zur persönlichen Bereicherung mißbrauchen. Lied 312: Kam einst zum Ufer
Lukas 3,15–20 Anders als die beiden anderen Evangelisten leitet Lukas diesen Abschnitt mit der Diskussion um die Frage nach dem Messias ein. Nicht die Gerichtspredigt steht für Lukas im Vordergrund, sondern die Ankündigung des kommenden Herrn der Welt. Darum kennzeichnet Lukas die Predigten des Täufers als Verkündigung des Heiles (v18), also als Ansage des Kommens Jesu. Die Ankündigung des Heiles Gottes ist zugleich stets Mahnung, sich danach zu richten. Von den Mächtigen wird diese Kritik oft als lästig empfunden. Darum läßt der Landesherr den Täufer gefangenlegen. Insofern werden Christen stets auch unbequeme Mahner sein. Lied 71: O König aller Ehren
Lukas 3,21–38 Daß Jesus sich hat taufen lassen, war für die Christen ein Problem. Denn wenn Jesus ohne Sünde war, wozu unterzog er sich dann der Bußtaufe? Lukas sagt, daß Jesus einer Gepflogenheit folgte (v21). Da Johannes nach v20 im Gefängnis war, konnte die Taufe Jesu auch nicht von 83
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dem Täufer vollzogen werden: Jesus folgte, nach Lukas, eben einem allgemeinen Brauch. Sicher in Anlehnung an die christliche Taufgewohnheit betont Lukas das Beten Jesu. Die Betonung der leiblichen Gestalt des Geistes, der auf Jesus kommt, hängt wohl damit zusammen, daß Lukas dem Geist Wirkungen bis in die körperliche Verfassung eines Menschen zuschreibt (z. B. Apostelgeschichte 8,39). Die Himmelsstimme erklärt Jesus zum Sohn Gottes, der anschließende Stammbaum führt die Ahnenreihe Jesu auf Gott zurück. Weil jedoch die Gottessohnschaft Jesu etwas anderes als die Abkommenschaft aus der menschlichen Zeugung ist, darum sagt Lukas nicht, daß Adam Sohn Gottes war. Während Matthäus (1,1) den Stammbaum Jesu bei Abraham beginnen läßt, damit die Bedeutung Jesu für das jüdische Denken hervorhebt, betont Lukas die Universalität der Sendung Jesu. Lied 68: O lieber Herre Jesu Christ
Lukas 4,1–13 Seine Gottessohnschaft bewährt Jesus in der Versuchung durch den Teufel. Dieser bietet ihm an, das Problem des weltweiten Hungers mit ihm zu lösen, dann bietet er ihm die Weltmacht an und schließlich – mit Hilfe des Tempelsprunges – die Macht über das Denken der Menschen. Obwohl viele Menschen unter dem Hunger, einer ungerechten Machtausübung und falschen Idolen leiden, lehnt Jesus ab. Als Gottes Sohn bleibt er dem Vater gehorsam, mit ihm verbunden, setzt sich nicht an seine Stelle, wie in den griechischen Göttermythen damals, wie Menschen heute. Lukas betont, daß der Teufel von diesem Zeitpunkt an Jesus nicht mehr behelligt habe. Erst mit Beginn der Passion (22,3) wird der Teufel wieder als Gegenspieler Jesu auf den Plan treten. Lied 362: Ein feste Burg ist unser Gott
Lukas 4,14–30 Nach dem Abtreten des Teufels kann Jesus voll und ganz in der Kraft des Geistes Gottes wirken. Das Ziel seiner Sendung gibt er in seiner Grundsatzrede in Nazareth an, anders als bei den anderen Evangelisten. Jesus erklärt sich als der verheißene Heilsbringer (v21) nach Jesaja 61,1–2, der den geplagten Menschen die Liebe Gottes bringt. Dabei denkt Lukas sicher auch an die Befreiung aus drückenden materiellen oder gesundheitlichen Notlagen. Der Zorn der Leute erklärt sich wohl daraus, daß Jesus nur das Gnadenwort liest, also an der Jesajastelle nicht fortfährt, die eben auch vom Tag der Vergeltung spricht. Die Gnade Gottes gilt allen Menschen, nicht nur den Abrahamskindern. Das erzürnt die Zuhörer, denn damit wird ihnen ihre Identität als erwähltes 84
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Volk genommen. Noch freilich kann der Volkszorn Jesus nichts anhaben, erst mit der Passion, wenn der Teufel wieder auf den Plan tritt. Lied 260: Gleichwie mich mein Vater gesandt hat
Lukas 4,31–44 Nach der grundsätzlichen Beschreibung der Sendung Christi in der Antrittspredigt zu Nazareth erzählt Lukas beispielhaft vom Wirken Jesu. Im Unterschied zur Ablehnung in seiner Heimatstadt findet Jesus Zulauf am See Genezareth. In der Kraft des Geistes Gottes treibt er die unsauberen Geister aus und heilt viele Kranke, wie in Nazareth angekündigt. Bei der Darstellung denkt Lukas an die spätere Mission der Christen in der ganzen Welt. Das zeigt sich beispielhaft in dem Hinweis auf die Verkündigung in anderen Städten (v43) und an der Betonung der Auflegung der Hände (v40), im Unterschied zu Markus (1,34). Anders als unsere heutige Gesellschaft, die nur nach Ergebnis und Nutzen fragt, betont Lukas die Grundlagen des Tuns Jesu: das Gebet an einsamer Stätte (v42) und die zum Glauben rufende Verkündigung (v44). Lied 252: Jesu, der du bist alleine
Lukas 5,1–11 Weltweit soll die Botschaft von der Zuwendung Gottes zu seiner Schöpfung verkündet werden. Dazu braucht Jesus Helfer. Beispielhaft erzählt Lukas von der Berufung des Petrus zum Missionar. Petrus erkennt sich als Sünder und bittet Jesus, sich zu entfernen, der aber wendet sich ihm in Liebe zu. Die Geschichte läßt an die Begegnung des Auferstandenen mit den Jüngern am See Genezareth nach Johannes 21 denken. Der Auftrag zur weltweiten Mission wird bei den Evangelisten stets in der Begegnung mit dem Auferstandenen erteilt. Jesu Anspruch auf die Welt gründet in der Auferstehung (Philipper 2,9–11); diesen Anspruch geben die Christen in der Mission bekannt. Der Inhalt ist die Botschaft vom Reich Gottes, also der liebenden Zuwendung Gottes zu seiner Welt. Lied 353: Jesus nimmt die Sünder an
Lukas 5,12–16 Aussatz galt als Strafe für Sünde. So zeigt sich hier der Zusammenhang zwischen den Heilungen und der Verkündigung des Gottesreiches: In der Heilung vergibt Jesus zugleich die Sünde und nimmt den Menschen in die Gemeinschaft mit Gott hinein. Nach alttestamentlichen Vorschrif85
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ten muß die Heilung vom Aussatz durch einen Priester festgestellt werden; der Priester entscheidet so über die Wiederaufnahme in die Gottesgemeinde. In unserer Geschichte vollzieht er nur, was Jesus angeordnet hat. Lied 356: Es ist in keinem andern Heil
Lukas 5,17–26 Auch die Geschichte vom Gichtbrüchigen nimmt noch einmal das Thema der Sündenvergebung und der Aufnahme in die Gottesgemeinschaft auf. Darin erfüllt sich, was Jesus in 4,18–19 angekündigt hatte. Der Schwerpunkt liegt nun auf der Diskussion um die Vollmacht zur Sündenvergebung. Die Pharisäer und Schriftgelehrten bestreiten diesen Anspruch Jesu zu Unrecht. Lied 350: Christi Blut und Gerechtigkeit
Lukas 5,27–32 Die Geschichte von der Berufung des Levi schließt die Reihe (5,1–32) zum Thema der Sündenvergebung und der Gottesgemeinschaft ab. Sie hatte mit der Berufung des Petrus begonnen und endet entsprechend mit der Berufung eines weiteren Jüngers. Die Gemeinschaft wird mit einem Mahl gefeiert, so wie die Christen als begnadete Sünder ihre Gemeinschaft mit Jesus im Abendmahl feiern. Lied 213: Kommt her, ihr seid geladen
Lukas 5,33–39 In Fortführung der Diskussion mit seinen Gegnern (5,17–32) leitet der Abschnitt über das Fasten eine Reihe von Diskussionen Jesu mit seinen jüdischen Gegnern über die Auslegung und Bedeutung des alttestamentlichen Gesetzes ein. Das Gastmahl des Levi bietet den Anlaß für die Diskussion des Fastens. Jesu und Gottes Gegenwart ist die Zeit der Gemeinschaft. Diese wird im gemeinsamen Essen gefeiert und erlebt. Darum ist Fasten dabei nicht angebracht. Wenn jedoch Jesus von den Jüngern gegangen ist, werden die Christen auch ihre Fasttage als Ausdruck der Buße und Reinigung haben (v35), freilich anders als in der jüdischen Religion, die nach altem Herkommen das Fasten zweimal in der Woche begeht. Weil die Christen ihren Glauben an Christus ausrichten, darum ist die Passionszeit für sie die selbstverständliche Fastenzeit. Lied 230: Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze 86
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Lukas 6,1–11 Die Diskussion Jesu mit seinen Gegnern wird mit der Auseinandersetzung um das Gebot, den Feiertag zu halten, fortgesetzt. Dies war eines der wichtigsten Gebote für die jüdische Identität. Man erkannte in der Antike den Juden z. B. daran, daß er einen Tag in der Woche nicht arbeitete. Darum trifft die Diskussion um den Sabbat den Nerv jüdischen Selbstverständnisses. Auch die Christen halten den Feiertag, sie nehmen freilich für sich in Anspruch, den Feiertag so zu halten, wie es dem Willen Gottes und seinem Gesandten entspricht. Es geht den Christen dabei in erster Linie weder um eine kulturelle Errungenschaft noch um Menschlichkeit und Humanität, wie man aus den Beispielen Davids und des Mannes mit der verdorrten Hand erschließen könnte, sondern darum, Gott und seinen Gesandten mit der Feier des Tages zu ehren (v5). Aus diesem Grund ist für die Christen der Auferstehungstag zum Ruhetag geworden. Zum Preis Gottes kann durchaus die Heilung eines Menschen gehören (v9–10). Lied 162: Gott Lob, der Sonntag kommt herbei
Lukas 6,12–16 Auf die Auseinandersetzungen mit den Gegnern Jesu folgt nun die Wahl weiterer Mitarbeiter Jesu. Das Gebet in der Nacht dient der Vorbereitung, so wie später die Christen nach entsprechender Vorbereitung ihre Missionare unter Gebet aussenden. Die Auswahl von genau zwölf Jüngern verdankt sich dem jüdischen Glauben von der Wiederherstellung der zwölf Stämme, wenn Gott am Ende der Zeiten mitten unter seinem Volk sein wird. Mit der Auswahl der Zwölf zeigt Jesus also an, daß mit ihm Gott bei den Menschen ist. Jesus teilte bestimmt nicht die Überzeugungen der jüdischen Widerstandskämpfer, der Zeloten. Dennoch stammt einer der Jünger aus dieser Bewegung. Daß unter den ausgewählten Aposteln auch der spätere Verräter ist, zeigt nicht, daß Jesus sich irrt, sondern vielmehr die Grenzenlosigkeit der Zuwendung Jesu. Lied 259: Kommt her, des Königs Aufgebot
Lukas 6,17–26 Was die Jünger Jesu inhaltlich sagen und leben sollen, das macht Jesus in der programmatischen Grundsatzrede auf dem Feld deutlich, der Bergpredigt vergleichbar. Die Verse 17–19 dienen der Einleitung; sie geben den Ort und die Zuhörerschaft an und zeigen wieder das für Jesus so charakteristische Nebeneinander von Wort und Tat. Der erste Abschnitt enthält vier Seligpreisungen und vier Weherufe. Jesus verheißt den in ihrer Lebensfülle beeinträchtigten Menschen die 87
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besondere Zuwendung Gottes, denen, die arm und hungrig sind, die weinen und unter dem Haß anderer Menschen leiden. In genauem Gegensatz dazu sind die Weherufe formuliert. Sie richten sich also gegen Menschen, die auf Kosten der Armen leben, nicht grundsätzlich gegen Reiche. Lied 644: Selig seid ihr
Lukas 6,27–35 Der Abschnitt besteht aus zwei Teilen. Das Gebot der Feindesliebe (v27–31) gibt Anweisungen zu einem nichtaggressiven Leben. Es entspricht den vorangegangenen Seligpreisungen der Armen. Ganz konkret darf man an die Wanderprediger denken, die Jesus ohne irgendwelche Ausrüstung aussendet. Liebe mit der Erwartung von Gegenliebe ist unter Menschen üblich. Feindesliebe macht Gegenliebe weder zur Voraussetzung noch zum erstrebten Ziel. Der zweite Teil (v32–35) hebt den Unterschied zwischen der Liebe der Christen und der Heiden hervor. Gegenseitigkeit und Zweckmäßigkeit bestimmen das Handeln der Menschen. Nicht so Gottes Liebe, an der sich die Christen als seine Söhne orientieren sollen: Gottes Liebe gilt auch den Undankbaren und Bösen, wie Jesu Wirken zeigt. Lied 656: O Herr, mache mich zum Werkzeug
Lukas 6,36–42 Vom Verzicht auf das verdammende Urteilen sprechen die Verse 36–37 und 41–42. Solches Urteilen steht im Widerspruch zu der Vergebung und der Liebe, die auch dem Gegner gilt. Zu einem solchen Verzicht gehört die Erfahrung, selber Vergebung erfahren zu haben. Von der Quelle der Ausübung solcher christlichen Liebe reden die Verse 38–40. Gott schenkt seine Vergebung reichlich. An seiner Vergebung lernt der Jünger, selber Vergebung zu üben. Er wird darum sich zunächst selber kritisch prüfen, gerade gegenüber seinen eigenen Meinungen, bevor er zu einem Urteil gelangt (v42b). An solcher kritischen Haltung sich selbst gegenüber fehlt es allenthalben in unserer Gesellschaft. Lied 236: Ohren gabst du mir
Lukas 6,43–49 Von der Gefahr der Heuchelei hatte v 42 gesprochen. Sie wird gebannt in der Einheit von äußerem und innerem Sein (v43–45). Wer nicht heuchelt, der handelt aus dem Zentrum seiner 88
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Person, aus ganzem Herzen. So ist er in seiner Person nicht gespalten. In ungeteilter Zuwendung sollen auch die Jünger Jesus nachfolgen. Das abschließende Gleichnis der Feldrede schärft ein, auf Jesus zu schauen, denn an ihm können sich die Jünger orientieren, um die Liebe Jesu ungeteilt leben zu können. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Lukas 7,1–10 Auf die Grundsatzrede Jesu folgen Geschichten, die seine Autorität zeigen. Der Hauptmann verhält sich so, wie der Mann des vorangehenden Gleichnisses: Er vertraut dem Wort Jesu und seiner Macht. Darum bedarf es auch nicht des persönlichen Kommens Jesu. Im Wort ist er gegenwärtig. Das anerkennende Wort Jesu (v9) spiegelt die spätere Entwicklung wieder, die Lukas in der Apostelgeschichte zeigt: Von Israel wird Jesus abgelehnt, unter den Heiden schenkt man ihm Glauben. Lied 198: Herr, dein Wort, die edle Gabe
Lukas 7,11–17 Anders als die vorausgehende findet sich diese Geschichte in keinem anderen Evangelium. War der Knecht zuvor todkrank, so ist der junge Mann dieser Geschichte nun tot. Er war für die verwitwete Mutter als einziger Sohn viel wichtiger als der Sklave für seinen Herrn: Der Sohn war ihr Versorger und Rechtsvertreter gewesen. So strahlt die Barmherzigkeit Jesu noch heller als in Kapernaum. Nicht ohne Grund hält das Volk Jesus für einen Propheten. Ebenso hatte ja Elia den Sohn der Witwe von Zarpath (1.Könige 17,17–24) lebendig gemacht. Lied 526: Jesus, meine Zuversicht
Lukas 7,18–23 Das Urteil der Leute, Jesu sei ein Prophet, ist für Lukas der Anlaß, hier die – zweifelnde oder erstaunte – Frage des Täufers einzufügen, ob Jesus der verheißene Prophet der Endzeit sei. Jesus verweist auf das, was er tut. Von der Heilung Taubstummer hatte Lukas freilich noch nichts erzählt, von Heilungen Blinder berichtet er zusammenfassend in v21. Diese Heilungen gelten als Zeichen (z. B. Jesaja 35; 56) für die Zeit, da Gott sein Volk besucht. Die Predigt des Evangeliums für die Armen nimmt Jesaja 61,1 und Lukas 4,18–19 wieder auf. Jesus bejaht also die 89
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Frage der Johannesjünger. Es mag sein, daß dies vielen nicht genügt, daß sie mehr Eindeutigkeit wünschen. Im Allgemeinen meinen sie, Gott müsse sich ihnen so beweisen, wie es ihren Vorstellungen entspricht. Jesus preist darum die selig, die ihm den Glauben nicht verweigern. Lied 651: Ubi caritas et amor
Lukas 7,24–35 Da für die Juden das Bilderverbot galt, ließ Herodes Antipas auf den Münzen seines Reiches ein Schilfrohr abbilden. So dürfte das Wort vom Rohr (v24) eine Anspielung auf den Fürsten sein. Fürsten und vornehme Leute sucht man nicht in der Wüste. Ganz richtig hat das Volk darum in Johannes nicht einen königlichen, sondern einen prophetischen Heilsbringer gesucht. In der Sicht der Christen ist Johannes freilich nicht der prophetische Messias, sondern sein Vorläufer (v27). Vers 28b ist dann wohl so zu verstehen, daß Jesus, der als der kleinere gilt, im Reich Gottes der größere ist. Typisch für die Darstellung des Lukas ist es, daß er den Gegensatz zwischen dem Glauben an Jesus durch das Volk sowie durch die Verachteten (Zöllner) einerseits und andererseits der Ablehnung durch die geistlichen Führer des Volkes hervorhebt. Freilich ist das Volk wetterwendisch, sensationsgierig, von kurzem Gedächtnis, ohne klare Linie (v31–35): Heute jubeln sie, morgen schreien sie „Kreuzige!“. Die Beurteilung der Weisheit, d. h. Jesu, durch Außenstehende ist darum selten zutreffend. Allein die Kinder der Weisheit geben ihr recht, d. h. unter denen, die vom Weibe geboren sind, sind es die, die von neuem geboren sind. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Lukas 7,36–8,3 Mit diesem Abschnitt kehrt Lukas zum Thema der prophetischen Autorität Jesu zurück (7,1– 23). Zugleich führt Lukas das Thema „Freund der Sünder“ aus 7,34 fort. Als messianischer Prophet erkennt Jesus die Gedanken des Pharisäers. Als solcher hat er die Autorität, Sünden zu vergeben, auch gegen den Protest der Pharisäer. Wer die Frau ist und welche Sünden ihr vergeben werden, wird nicht gesagt. In der Vergebung durch Jesus gelangt sie zum Frieden Gottes. Die Schlußformel „gehe hin in Frieden“ läßt den Leser an die die Sündenvergebung denken, die in der Kirche erteilt wird. Mit 8,1 setzt ein neuer Abschnitt ein, der von der Mission und Verkündigung des Gottesreiches erzählt. Für die Mission bedarf es der Mitarbeiter. Die Frauen dürften die wandernden Missionare Jesu mit der Bereitstellung von Unterkunft und Verpflegung vor Ort unterstützt haben. Lied 222: Im Frieden dein, o Herre mein 90
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Lukas 8,4–15 Das Gleichnis vom Sämann spricht von dem Wunder, daß aus der unscheinbaren Botschaft vom Reich Gottes eine Mission wird, die die ganze Welt umspannt. Die Deutung des Gleichnisses (v11–15) spricht hingegen in allegorischer Auslegung von den psychologischen Hindernissen, den Glauben zu bewahren. Der Sinn der Gleichnisse Jesu war sicherlich den Zuhörern unmittelbar einsichtig. Spätere Generationen freilich, die die Lebenssituation der Rede Jesu nicht kannten, mußten nach dem Vergleichspunkt fragen. Dieser ist nicht von vorneherein klar. Darauf beziehen sich die Verse 9–10. Lied 196: Herr, für dein Wort sei hoch gepreist
Lukas 8,16–21 Was den Nachfolgern Jesu durch die Gleichnisse an Erkenntnis gegeben wird, das sollen sie weitergeben, so wie ein Licht den Menschen Orientierung gibt. Möglicherweise sollen die Verse 17–18 davor warnen, die Erkenntnis der Wahrheit, die einem geschenkt wurde, bei sich zu behalten. Auch wenn der Mensch sich sperrt, Gott wird seine Wahrheit doch kund werden lassen. So mag das Tun der Worte Jesu (v21) hier wohl die Weitergabe des Glaubens im Blick haben. Dies geschieht in erster Linie in der Familie. Die Familie Jesu hat sich wohl zu seinen Lebzeiten von ihm distanziert (Markus 3,21), erst nach der Auferstehung wird sie zu Zeugen Jesu, etwa Maria und Jakobus. Lied 257: Der du in Todesnächten
Lukas 8,22–25 Mit den Wundergeschichten von 8,22–56 folgt Lukas dem Erzählfaden von Markus 4,35–5,43. Mit ihnen will Lukas zeigen, mit welcher Autorität Jesus zu seinen Jüngern spricht: Jesus ist allen anderen Mächten überlegen. Die Frage Jesu nach dem Glauben der Jünger ist nicht vorwurfsvoll gemeint. Sie will vielmehr betonen, daß der Glaube in allen Situationen bewährt werden soll. Bei Naturkatastrophen spricht ja der Augenschein dagegen, daß Gott ein gnädiger und guter Gott sei. Freilich gibt es auch viele Geschichten der Rettung und Bewahrung. Sie leiten dazu an, trotz aller furchtbaren Erfahrungen an Gottes Liebe festzuhalten. Die Auferstehung Jesu aus dem Tod gibt solchem Glauben wider den Augenschein seinen Grund. Lied 366: Wenn wir in höchsten Nöten sein
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Lukas 8,26–39 Nicht nur über die Naturgewalten ist Jesus Herr, sondern auch über die bösen Geister, die die Menschen quälen. Anders als in den üblichen Exorzismen versucht der Dämon gar nicht erst, Jesus zu drohen. Er erkennt ihn vielmehr unmittelbar als Herrn an; seinen Worten gibt er darum die Form einer Bitte (v28). Breiten Raum nimmt die Darstellung der Reaktion der Leute ein (v34–39). Die einen sind durch die Gegenwart einer übernatürlichen Macht beunruhigt. Mit der Bitte, ihr Gebiet zu verlassen, versuchen sie, all das zu verdrängen, was sie in ihrer Selbstgewißheit stören könnte. Die anderen können nicht anders, als von ihrer Erfahrung mit Jesus zu erzählen. Lied 66,3: Jesus ist kommen, der starke Erlöser
Lukas 8,40–56 Nicht nur über die dämonischen Mächte der Natur und der bösen Geister ist Jesus der Herr, sondern auch über Krankheit und Tod. Beide Male scheint die Wirklichkeit unüberwindbar: die Krankheit konnte kein Arzt heilen (v43), das Mädchen hat den Kampf gegen die Krankheit endgültig verloren, es ist tot (v49). Gegen die übermächtige Wirklichkeit setzen die Frau und der Synagogenvorsteher jedoch auf Jesus, der mächtiger ist als alles, was den Menschen zu vernichten droht. Die Macht Jesu weist darauf hin, daß die menschliche Wirklichkeit nicht die letztgültige Wahrheit ist. Lied 526: Jesus meine Zuversicht
Lukas 9,1–9 Es ist die Wirklichkeit des Menschen, daß er Krankheiten sowie bösem Denken und Tun ausgesetzt ist. In der Gegenwart Gottes freilich verlieren diese Mächte ihre Kraft. Davon sollen die Jünger mit ihrem Reden und Tun Zeugnis geben. Die Tatsache, daß sie dazu keinerlei Ausrüstung mit auf den Weg nehmen, soll zeigen, daß in ihrem Wirken einzig und allein Gott handelt. Eine Volksbewegung könnte für Herodes gefährlich werden. So ist sein Wunsch, etwas über die Jesusbewegung zu erfahren, verständlich. Lukas will wohl mit dieser Bemerkung die Heiden – und vielleicht auch die römischen Behörden – dazu ermuntern, sich über Jesus erst zu informieren, bevor sie über die Bewegung der Christen Urteile abgeben. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
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Lukas 9,10–17 Anders als Markus erzählt Lukas nicht vom Erbarmen Jesu mit dem Volk. Er möchte vielmehr deutlich machen, daß Jesus seine Nachfolger dazu anleitet, sich der Menschen in ihrer Not anzunehmen. Hunger ist eine elementare Not. Mit den Werken der Diakonie, besonders den Aktionen „Brot für die Welt“ und „Hilfe für Brüder“, versuchen die Christen, den Menschen in solchen Nöten beizustehen. Lied 420: Brich mit dem Hungrigen dein Brot
Lukas 9,18–27 Auf die Brotvermehrung, die ja in Anlehnung an das alttestamentliche Mannawunder als messianisches Zeichen gilt, folgt ganz natürlich die direkte Frage, wer Jesus sei. Das Volk vergleicht mit den Gestalten, die es aus seiner Anschauung kennt, die Jünger aber erkennen in ihm den von Gott gesandten König. Ein solcher Anspruch freilich wird Widerstand hervorrufen und zu Verfolgungen durch die Machthaber führen. So ist die Leidensansage Jesu gut verständlich; erst nach der Auferstehung haben die Nachfolger Jesu – wie die Geschichte der Jünger von Emmaus zeigt – begriffen, daß sich so der im Alten Testament geoffenbarte Wille Gottes erfüllt. Die Jünger werden in diese Geschichte Jesu miteinbezogen. Sie sollen sich seiner nicht schämen und mögliche Verfolgungen nicht fürchten. Der heutige Humanismus ohne Gott meint, schon um seines bloßen Leidens willen verdiene ein Mensch besonderes Gehör. Jesus freilich verspricht den Seinen die Teilhabe an Gottes ewiger Gegenwart nicht aufgrund ihres bloßen Leidens, sondern um ihres Festhaltens an Christus willen (v26). Vielleicht denkt Lukas in Vers 27 an die Visionen der Märtyrer vor ihrer Hinrichtung, etwa des Stephanus. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
Lukas 9,28–36 Die Verklärung Jesu, des Mose und Elia zeigen den Jüngern, daß Jesu Verheißungen keine leeren Versprechungen sind. Im Unterschied zum Bericht des Markus (9,4) erzählt Lukas in dem Gespräch mit Mose und Elia (v31) von der Notwendigkeit des Leidens in Jerusalem. So macht er deutlich, daß die Wanderung nach Jerusalem in den Tod zugleich der Weg zur himmlischen Herrlichkeit ist. Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
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Lukas 9,37–45 Die Nachfolger Jesu, die in dem Erlebnis auf dem Berg die Herrlichkeit Christi gesehen hatten, sollen wissen, daß Jesus auch dann der Herr der Lage bleibt, wenn die Jünger ohnmächtig verzagen und nichts von seiner Macht spüren. Diesen Gedanken drückt auch die zweite Leidensweissagung aus: Auch wenn Jesus in die Hände der Menschen gerät, bleibt er der Menschensohn, also der kommende Richter der Welt. Diese Gewißheit haben die Nachfolger Jesu immer wieder vor den Machthabern ihrer Zeit bezeugt, etwa Paul Schneider, der Prediger von Buchenwald. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
Lukas 9,46–50 Während Jesus von seinem Tod spricht, denken die Jünger an ihr Ansehen. Lukas hat hier die Rangstreitigkeiten in den Gemeinden im Auge. In Zeiten der Verfolgung können die, die gelitten haben, mit besonderem Ansehen rechnen. Jesus wischt alle diese natürlich-menschlichen Überlegungen vom Tisch. Freilich ist es bis heute so, daß es auch in der Kirche Diskussionen und Auseinandersetzungen um das Ansehen gibt. Menschen können offensichtlich nicht ohne die gegenseitige Zuweisung von Ansehen und Einfluß leben. Das Wort Jesu ist darum eine beständige Mahnung: Nicht um kirchliche Macht sollen die Jünger sich bemühen, sondern um die Ausrichtung ihres Lebens auf Christus. Dementsprechend sollen sie auch andere nicht an ihrer Christusverkündigung hindern. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Lukas 9,51–56 Im „Reisebericht“ von der Wanderung und den Gesprächen Jesu auf dem Weg nach Jerusalem in 9,51–19,27 folgt Lukas nicht mehr der Abfolge der Erzählung nach Markus. Der Weg nach Jerusalem ist der Weg in den Tod, und so zeigt Lukas in seinem „Reisebericht“ Jesus als den Lehrer im Angesicht des Todes. Weil Jesus nicht die Werte der Samaritaner teilt, wird er dort abgewiesen, weil er die Überzeugungen der Jerusalemer infrage stellt, wird er getötet. Wie die Verklärung und die Dämonenaustreibung gezeigt hatten, hätte Jesus die Macht gehabt, in dem Dorf seinen Willen durchzusetzen. Er aber verzichtet auf eine Machtdemonstration, ebenso wie bei seinem Tod. So weist die erste Geschichte des „Reiseberichtes“ auf das hin, was Jesus bevorsteht. Lied 92: Christe, du Schöpfer aller Welt
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Lukas 9,57–62 Während die einen Jesus die Aufnahme bei sich rundum verweigern, sind andere dazu bereit, Jesus zu folgen; jedoch sollen sie sich darüber im klaren sein, was sie erwartet: Verzicht auf Haus und Besitz (v58) sowie Familie (v60.62). Die Hingabe an Jesus soll ungeteilt sein. Dies gilt für die Jünger, die Jesus begleiten. Lukas meint nicht, daß alle Christen so leben müßten. Aber es hat in der Geschichte der Kirche immer wieder Menschen gegeben, die um Jesu willen auf Familie und Besitz verzichtet haben, z. B. Einsiedler, Mönche und Missionare. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
Lukas 10,1–16 Hatte 9,57–62 von der Unbedingtheit der Nachfolge gesprochen, so nun unser Abschnitt vom Auftrag der Jünger, zur Nachfolge einzuladen. 70 Jünger, jeweils zu zweit, sendet Jesus in die Orte, in die er kommen will. Lukas denkt hier an die urchristliche Mission unter allen Völkern; darum sind es 70 Jünger, weil im Blick auf 1.Mose 10 mit ihnen die gesamte Völkerwelt ins Auge gefaßt wird. Die Mission steht unter der Leitung Gottes; man denke an den Ruf, nach dem Paulus seinen Plan ändern und nach Europa übersetzen soll (Apostelgeschichte 16,6–10). Die Ausrüstung der Jünger (keine Sandalen!) läßt nur kurze Wege zu. Für die Mission nach Jesu Tod wird es eine andere Ausrüstung geben, weil die Wege länger werden (22,35–36). Von der Beschränkung auf die jüdischen Städte wie Matthäus 10,5 spricht Lukas freilich nicht. Er hat vielmehr bereits die Ablehnung durch die Juden und die Annahme Jesu durch die Heiden im Auge, wie 10,13–16 zeigt. Bei ihrer Mission sollen die Jünger eine nicht-aggressive Haltung bewahren, entsprechend 9,51–57 und 6,27. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Lukas 10,17–24 Die Jünger machen die Erfahrung, wie Menschen in der Bindung an Jesus frei von anderen Bindungen werden. Wo Jesus ist, da wird der Satan wesenlos. Wo Gottes Wille geschieht, da ist Gottes Reich. Dies ist ein Grund zur Freude für die Jünger und für Jesus. Nicht aus eigenem Vermögen, sondern durch Gottes Willen machen sie die Erfahrung seiner Nähe, und zwar in einer Weise, zu der andere, etwa die Lehrer Israels, keinen Zugang haben. Heutzutage sollten Christen, wie ich meine, darauf bestehen, daß alle tiefe Erkenntnis nicht auf der autonomen Vernunft, sondern auf der an Jesus gebundenen Vernunft und Liebe beruht. Lied 66,3: Jesus ist kommen, der starke Erlöser 95
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Lukas 10,25–37 Wie die Jünger den durch Jesus geoffenbarten Willen Gottes erfüllen sollen, sagt das Gleichnis vom Tun der Nächstenliebe, die schon in 3.Mose 19,18 gefordert wird. Die Frage des Schriftgelehrten dreht Jesus dabei um: Nicht die distanzierende Frage „Wer ist mein Nächster?“, sondern die verpflichtende Frage „Wem bin ich Nächster?“ soll das Handeln der Nächstenliebe leiten. Lied 643: So prüfet euch doch selbst
Lukas 10,38–42 Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, der für den Verwundeten sorgt, verführt dazu, im Tun der Liebe das Wesen des christlichen Glaubens zu sehen. Davor warnt die Geschichte von Maria und Martha. Alles Sorgen bedarf des Hörens, der Zubereitung des Inneren des Menschen durch Gottes Wort. Anders als der heutige glaubenslose Humanismus setzen sich Christen um ihrer Gottesliebe willen für andere Menschen ein. Für Christen hat das Unglück anderer Menschen nicht nur eine materielle, sondern auch eine geistliche Seite. Bei der Berichterstattung des Fernsehens wird das nur zu oft übersehen. Lied 386: Eins ist not!
Lukas 11,1–4 In ihrem Wirken für das Reich Gottes, im Tun der Nächstenliebe und dem Hören auf das Wort Gottes machen die Jünger immer wieder die Erfahrung, wie sie von sich aus nicht alle Situationen meistern können. Sie brauchen darum das Gebet. Jesus lehrt sie beten. Anders als bei Matthäus (6,9–13) umfaßt das Vaterunser bei Lukas nur fünf Bitten. Es fehlen die Bitten um den Vollzug des Willens Gottes und um die Erlösung vom Bösen. Möglicherweise waren verschiedene Formen dieses Gebetes im Umlauf. Die Anrede „Vater“ – es ist die kindliche Anredeform – spiegelt die Erfahrung der Unmittelbarkeit und Nähe Gottes durch Jesus. Nicht die Bedürfnisse des Menschen stehen am Anfang des Gebetes, sondern die Anerkennung Gottes in der ganzen Welt. Dann erst kommen in der dritten bis fünften Bitte die materiellen und geistlichen Nöte des Menschen an die Reihe, Hunger, Schuld und Angst vor Verlust der Gemeinschaft mit Gott. Lied 188: Vaterunser
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Lukas 11,5–13 Das Gleichnis verspricht die Erhörung der Bitten, die nachfolgende Aufforderung zum Gebet gründet sich in der Gewißheit der Erhörung. Das Wort vom Suchen und Anklopfen hat wohl den Eingang in das Reich Gottes im Blick. Es geht also nicht um alle möglichen Bitten, bestimmte Dinge zu erhalten, sondern in erster Linie um die Gemeinschaft mit Gott. Darum ist als Gabe Gottes der Heilige Geist genannt, nicht ein materielles Gut. Der Hinweis auf Vater und Sohn stellt darum nicht die Gewährung einer bestimmten Gabe, sondern das gemeinschaftsgemäße Handeln in den Mittelpunkt. Lied 361: Befiehl du deine Wege
Lukas 11,14–28 Jesus wirkt im Heiligen Geist (11,13), in der Gemeinschaft mit Gott. In seiner Gegenwart müssen darum die bösen Geister verschwinden: Gottes Herrschaft kommt zu den Menschen (v20). So erfüllt sich die 2. Bitte des Vaterunsers. Jesus ist der Stärkere, der die Beute, d. h. die Menschen, der Macht des Satans entreißt. Darum ist es so unsinnig, wenn Jesu Gegner ihn einen Zauberer und Verführer nennen. Freilich fallen immer wieder Menschen auf diese Propaganda der jüdischen Führer herein (v24–26). Wer sich jedoch auf die Gottesherrschaft, die in Jesu Wort und Tat gegenwärtig ist, einläßt (v28), der kann sich glücklich nennen. Lied 66,3: Jesus ist kommen, der starke Erlöser
Lukas 11,29–36 Während die einen Jesus bekämpfen, gieren die andern nur nach Wundern. Jesus soll sich ihnen beweisen. Jesus versagt sich diesem Ansinnen, denn es würde sein Wirken der Beurteilung durch andere unterwerfen. Gottes Handeln aber ist souverän, nicht der Beurteilung durch Menschen unterworfen. Die Leute von Ninive und die Königin des Südens sind Beispiele für Menschen, die sich dem Anspruch Gottes gestellt haben. Wer sich dem Anspruch Jesu stellt, das Licht Gottes zu sein, der wird selber Klarheit für sein Leben gewinnen und zugleich auch anderen zur Hinwendung zu Jesus verhelfen, eben durch den gelebten Glauben. Lied 72: O Jesu Christe, wahres Licht
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Lukas 11,37–54 Auf den Unglauben, der ihm entgegenschlägt, antwortet Jesus mit einem Angriff auf den Lebenswandel der Pharisäer und auf die Theologie der Schriftgelehrten. Lukas vermeidet dabei, anders als Matthäus 23, den Vorwurf der Heuchelei. Der Anlaß zu diesem Angriff ist die Reinheitsforderung der Pharisäer. Jesus charakterisiert die „pharisäische Reinheit als verhüllte Unreinheit“, da nur äußerlich, und „die rabbinische Wissenschaft als Verbot von Erkenntnis“. Jesus verschiebt den Schwerpunkt der Religion von der Befolgung von Riten, die den Gehorsam Gott gegenüber darstellen sollen, hin zum sozialen Verhalten im Hören auf Gott. Aus diesem Grund kennt das Christentum keine Speisevorschriften anders als alle anderen Religionen. Lied 389: Ein reines Herz, Herr, schaff in mir
Lukas 12,1–12 In Kapitel 12 beschreibt Lukas das Leben der Gemeinde in der Welt. Auf die Weherufe über Pharisäer und Schriftgelehrte am Ende von Kapitel 11 läßt Lukas die Warnung vor den Pharisäern folgen, deren Leben nicht ihren Worten entspricht (v1). Doch wird ihre Heuchelei nicht verborgen bleiben (v2). Nicht verborgen bleiben wird auch das Wirken der Jünger; ihre Verkündigung wird in der ganzen Welt laut werden, trotz der bescheidenen Anfänge (v3). Diese Verkündigung wird Widerstand hervorrufen; Lukas denkt hier sicher auch an die jüdische Synagoge, die zu seiner Zeit von den Pharisäern beherrscht wird. Jesus ermahnt zu furchtlosem Bekennen in solchen Situationen. Gott wird den Christen beistehen und ihnen das rechte Wort zur rechten Zeit geben. Lied 351: Ist Gott für mich, so trete
Lukas 12,13–21 Wer zu einem furchtlosen Bekennen angehalten wird, muß bereit sein, gegebenenfalls auf Besitz zu verzichten. Darum folgt die Warnung vor der Bindung an den Besitz. Wahrscheinlich soll Jesus einen Fall entscheiden, der in ländlichen Verhältnissen häufig war: Der ältere Bruder, der Haupterbe, will dem jüngeren nicht seinen Anteil auszahlen. Jesus versteht sich freilich nicht als Jurist, als Rabbi. Er nimmt den Vorfall als Anlaß, vor der Habsucht zu warnen (v15). Ohne die Habsucht wäre es gar nicht erst zum Streit zwischen den Brüdern gekommen. Das Gleichnis vom reichen Kornbauern veranschaulicht Jesu Warnung. Der Mensch kann sich selbst das Leben nicht sichern. Mit jedem Atemzug erhält er sein Leben aus Gottes Hand. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt 98
Evangelium nach Lukas
Lukas 12,22–34 Sorgen sind das tägliche Brot der Menschen. Nicht zur Taten- und Sorglosigkeit ruft Jesus auf, sondern zur Überwindung der Sorgen (v22–32), und zwar dadurch, daß der Mensch sein ganzes Tun und Denken auf Gottes Reich ausrichtet (v31). Gerade in der Situation, in der furchtloses Bekennen vonnöten ist, sollen die Jesusanhänger wissen, daß Gott sie in sein Reich holen wird. Wenn er sich selbst um die Raben, unreine Tiere, kümmert und ihnen Nahrung zum Leben gibt, so wird er den Seinen erst recht Leben geben. Die Verse 33–34 sprechen vom Bekenntnis durch die Tat. Wer Barmherzigkeit übt und gibt, soll sich nicht sorgen, ob er selber genug zum Leben haben wird, denn „einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“. Lied 352: Alles ist an Gottes Segen
Lukas 12,35–48 Während die Pläne des Kornbauern überraschend durchkreuzt werden, weil er nicht mit Gott rechnet, sollen die Jünger jederzeit mit Gott rechnen (v35–40). Nicht auf möglichen Besitz, sondern auf Gott sollen sie ihr ganzes Denken und Tun richten, selbst wenn Gott zu schweigen scheint (v38). Solche Ausrichtung des Menschen auf Gott wird in die Gemeinschaft mit Gott führen, die Gleichgültigkeit hingegen in die Gottesferne, wie das Beispiel von den törichten und klugen Hausverwaltern zeigt (v41–48). Lied 497: Ich weiß, mein Gott, daß all mein Tun
Lukas 12,49–53 Das Wort vom Feuer ist schwer zu deuten. Ist das Feuer des Gerichtes, der Heilige Geist oder das Feuer des Leidens gemeint? Jedenfalls wird die Sendung Jesu zu Trennungen führen. Das kann gar nicht anders sein, wenn der ganze Mensch auf Gott ausgerichtet ist, wenn es zu Situationen kommt, in denen man mit dem Bekenntnis eine deutliche Grenze setzen muß, wie etwa Luther seinerzeit auf dem Reichstag zu Worms. Mit dem Tauchbad spielt Jesus auf sein bevorstehendes Martyrium an. An Tod (und Auferstehung) Jesu werden sich die Geister scheiden. Lied 356: Es ist in keinem andern Heil
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Lukas 12,54–59 Auf die Worte an die Jünger über ihr Verhältnis zu weltlichen Werten folgt die Aufforderung zur Umkehr an das Volk. Die materiellen Klimahinweise verstehen sie zu lesen, das Wirken Gottes aber erkennen sie nicht. Dabei hat jeder Mensch eine Ahnung davon, daß er einmal Rechenschaft ablegen muß. Darum gilt es, sich jetzt auf diese letzte Sichtung vorzubereiten. Ich wundere mich immer wieder, wie die Menschen vor einer möglichen Klimaveränderung warnen und entsprechende Konsequenzen fordern, vor dem zukünftigen Gericht Gottes aber die Augen verschließen, in der Meinung, es sei nie zu spät. Lied 149: Es ist gewißlich an der Zeit
Lukas 13,1–5 Lukas setzt das Thema der Umkehr fort. Bei Unglücken und Katastrophen wird bei allen Menschen zu allen Zeiten die Frage laut: „Wer ist schuld?“ Typisch für die antike Gesellschaft ist es, daß nicht nach der Schuld bei Pilatus oder dem Architekten des Turmes gesucht wird, sondern bei den Opfern, die sich irgendeiner Sünde schuldig gemacht haben müssen. Über die Schuldfrage läßt sich trefflich diskutieren. Es sind sowieso Gott oder die andern, denen man die Schuld zuweist. Jesus beantwortet diese Frage nicht. Ihn regt es auf, daß man mit der Diskussion der Schuldfrage versucht, der Frage nach der eigenen Betroffenheit aus dem Wege zu gehen. Die wirkliche Frage müßte doch lauten: Was bedeuten die Unglücke und Katastrophen für mein eigenes Leben? Etwa: Wenn die Natur schon größer ist als der Mensch, um wie viel größer als der Mensch ist dann ihr Schöpfer? Welche Folgen hat diese Erkenntnis für mein Leben? Lied 290: Nun danket Gott, erhebt und preiset
Lukas 13,6–9 Auf die Ansage des kommenden Gerichtshandelns Gottes in den Versen zuvor folgt nun ein Gleichnis, das dem Leben eine zuversichtliche Perspektive geben soll. Unsere Lebenszeit ist gestundete Zeit, in der wir zur Ehre Gottes leben, Früchte für Gott bringen sollen. Unser Leben ist nicht sinnlos, wenn es diese Aufgabe erfüllt, wenn jedoch nicht, ist es tatsächlich sinnlos und lohnt die Mühe nicht. Gott müht sich in Liebe um sein Geschöpf; doch wenn diese Liebe unerwidert bleibt, ist ein Schnitt vonnöten. Lied 408: Meinem Gott gehört die Welt 100
Evangelium nach Lukas
Lukas 13,10–17 Daß Gott sich um seine Geschöpfe müht, will die Geschichte von der Heilung der verkrümmten Frau beispielhaft zeigen. Im Kontrast zu dieser nachgehenden Liebe steht die harte Haltung der jüdischen Synagoge. Barmherzige Liebe zu üben ist auch für den Synagogenvorsteher wichtig, wichtiger aber sind ihm die Vorschriften. Das Recht Gottes auf den Sabbat steht ihm höher als das Recht des Menschen auf Barmherzigkeit. Man sollte darum das Verhalten des Synagogenvorstehers nicht von vorne herein als minderwertig abtun. Auch unsere Gesellschaft hält das Recht für wichtiger als die Barmherzigkeit. Gott aber ist so groß und souverän, daß er auf sein Recht verzichten kann. Lied 298: Wenn der Herr einst die Gefangnen
Lukas 13,18–21 Die Heilung ist ein Zeichen für die Nähe Gottes in dem Handeln und Wirken Jesu. Darum schließt Lukas hier die Gleichnisse vom Senfkorn und Sauerteig an. Jesu Wirken bringt „Frucht“ – im Gegensatz zum Feigenbaum. So hält Jesus der jüdischen Synagoge den Spiegel vor, die keine Frucht bringt, da sie das Sabbatgebot über die Hilfe für kranke Menschen stellt. Aus dem kleinen Senfkorn, einem der kleinsten Samen, wird ein Baum, der den Vögeln eine Heimat bietet. So wird aus den kleinen Anfängen des Wirkens Jesu eine große weltweite Bewegung, die den Menschen Heimat gibt, die das Denken und Handeln von Menschen auf der ganzen Welt durchdringt, so wie der Sauerteig den Brotteig. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seelen
Lukas 13,22–30 Das Thema des Abschnitts ist nicht das Eingehen durch die enge Pforte, sondern, in welchem Umfang Menschen in das Gottesreich kommen. Im vorhergehenden Gleichnis hatte Jesus von einer großen Bewegung gesprochen. Die Zuhörer haben da wohl ihre Zweifel. Angesichts der Tatsache, daß Jesu Worte so viel Ablehnung erfahren, fragen sie, ob denn überhaupt eine beträchtliche Anzahl von Menschen in das Gottesreich kommen werde. Jesus bestätigt, daß es tatsächlich ein „Zu spät“ gibt. Unsere Zeit ist ja gestundete Zeit. Jetzt ist die Zeit der Bewährung; es gibt keine zweite Chance danach. Aber wenn auch viele seiner Zeitgenossen Jesus ablehnen, so werden doch viele Menschen aus aller Welt den Worten Jesu folgen, so wie es heutzutage geschieht. Ob Jesus an die jüdische Diaspora denkt, die am Ende der Zeiten nach allgemeiner 101
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jüdischer Überzeugung aus allen Himmelsrichtungen zusammenströmt, oder an alle Menschen auf der Welt, sei einmal dahingestellt. Lied 255: O daß doch bald dein Feuer brennte
Lukas 13,31–35 Das Wirken der Propheten, die zur Umkehr riefen, die den religiösen Leerlauf kritisierten, hatte immer wieder Widerstand hervorgerufen, Jesu Wirken ebenso. Darum ist es nicht verwunderlich, daß Herodes Antipas, Fürst von Galiläa und Nachfolger von Herodes, dem Großen, Jesus nachstellt. Jesus weigert sich zu fliehen. Seine Stunde ist noch nicht gekommen, und das unstete Leben macht es den Häschern von Herodes schwer, ihn zu finden. Nach allgemeiner jüdischer Anschauung in der damaligen Zeit war das Leiden eines Propheten Bestätigung seines Anspruches, Prophet zu sein. So meinte man, alle wahren Propheten hätten das Martyrium erlitten. So muß auch Jesus mit seinem Tod in Jerusalem rechnen. Seine Absicht war es, die Menschen zu sammeln im Leben mit Gott. Doch die Jerusalemer werden sich ihm verweigern und ihn kreuzigen. So sieht Jesus die Zerstörung Jerusalems (66–72) und die Zerstreuung der Bewohner der Stadt in alle Winde voraus. Lied 79: Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Lukas 14,1–6 An die Voraussage des gewaltsamen Todes Jesu schließt Lukas einen Sabbatkonflikt an. Solche Auseinandersetzungen waren – unter anderem – ursächlich für die Verurteilung Jesu. Bei der Wassersucht wird man wohl an die Ansammlung von Wasser im Körper als Folge eines Herzoder Nierenschadens denken. Im Vordergrund der Erzählung steht jedoch nicht das Wunder, sondern die Deutung des Sabbatgebotes. Statt des üblichen Staunens über das Wunder erzählt Lukas von der Diskussion Jesu mit den Pharisäern: Die Hilfe in der Not ist wichtiger als die Erfüllung des Ritus. Freilich darf man daraus nicht schließen, der Ritus sei für Jesus unwichtig. Tempel und Gesetz sind für ihn Grundlagen des religiösen Lebens. Lied 620: Christ ist der Weg, das Licht, die Pfort
Lukas 14,7–14 Das Judentum hatte Tischregeln aufgestellt, wie man sich, etwa bei dem König, verhalten soll. So sollen die Christen sich auch vor Gott verhalten, anders als die Pharisäer, die 102
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als ehrgeizig und ehrsüchtig galten (Matthäus 6,5.16). Ehrgeiz und Ehrsucht sollen hinter Bescheidenheit und Demut vor Gott zurücktreten. Das Bild für solches Verhalten der Christen ist die Erniedrigung Jesus am Kreuz und dann seine Erhöhung in der Auferstehung. Die Einladung für die Armen ist jüdische Gepflogenheit. Wie Gott sich der Armen annimmt, so auch die Christen. Jesu Fürsorge für die Behinderten entspringt nicht etwa einem humanistischen Denken. Für die Pharisäer gehörten diese nicht zur Gottes- und Tempelgemeinde, für Jesus schon, gemäß seiner Vorstellung von der Gottesgemeinde (siehe Jesaja 56,3–8). Lied 420: Brich mit dem Hungrigen dein Brot
Lukas 14,15–24 Der Zuruf des Mitgeladenen (v15) könnte kritisch gemeint sein: Nur die Gerechten werden in die Gemeinschaft mit Gott eintreten, also nicht diejenigen, die außerhalb der Gottesgemeinde stehen wie etwa die Behinderten. Jesus antwortet mit einem Gleichnis. Diejenigen, die sich zur Gottesgemeinde rechnen, haben immer wieder Gottes Einladung nicht angenommen. Darum wendet sich die Sendung Jesu denjenigen zu, die von dieser Einladung ausgeschlossen wurden, den Armen und Behinderten auf den Gassen und Straßen der Stadt und schließlich auch den Heiden. Im Gleichnis sind das die Menschen an den Wegen und Zäunen. In der Apostelgeschichte zeigt Lukas, wie die Apostel sich zunächst denen zuwenden, die von der Tempelgemeinde ausgeschlossen sind, etwa dem Bettler an der schönen Pforte oder den Samaritanern, und wie sich die Apostel dann den Heiden zuwenden. Lied 341: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Lukas 14,25–35 Auf die Abgrenzungen zu den Pharisäern folgen die Anweisungen an die Jünger. Der radikalen Zuwendung Jesu zu den Menschen entspricht eine entschlossene Jüngerschaft, die zum Verzicht auf Familie (v25–27) und Besitz (v33–35) bereit ist. In dieser Radikalität sind wohl zunächst diejenigen angesprochen, die Jesu missionarisches Wanderleben für sich zum Vorbild nehmen. Solche Jesusnachfolge will wohl überlegt sein (v28–32). Doch auch für diejenigen, die ihren Glaubensweg nicht so radikal gehen, gilt es, sich die Entscheidung für Jesus gut zu überlegen und dann auch entschlossen zu verfolgen. Jeder Christ kann in Situationen geraten, wo ein Bekenntnis unter Einsatz von Leben, Besitz und Beziehungen gefordert ist. Lied 384: Lasset uns mit Jesus ziehen 103
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Lukas 15,1–10 Das Kapitel 15 ist das Kapitel vom Verlorenen. Lukas erzählt, wie Jesus zu den Vorwürfen vonseiten der Pharisäer und Schriftgelehrten Stellung nimmt. In den beiden ersten Gleichnissen gehen Mann und Frau Tätigkeiten nach, die für sie jeweils typisch sind. Im Unterschied zu den Rabbinen, die die Freude Gottes über die Gerechten hervorheben, betonen die Gleichnisse die Freude Gottes über die Umkehr der Sünder. Jesu Zuwendung zu den Menschen am Rande der Gesellschaft gründet sich also nicht in einem humanistischen Erbarmen, sondern in dem Willen Gottes, die Menschen in seine Gemeinschaft aufzunehmen. Lied 353: Jesus nimmt die Sünder an
Lukas 15,11–32 Das Gleichnis vom verlorenen Sohn hat zwei Höhepunkte, zum einen die Freude über den Sünder, der heimgekehrt ist, zum andern die Sorge um den Sohn, der zuhause geblieben ist und sich nicht mit dem Vater zusammen freuen kann. Er steht in der Gefahr, die Gemeinschaft mit dem Vater zu verlieren. Jesus meint mit dem älteren Sohn wohl das „offizielle“ Judentum. Er nimmt damit auf das Murren der Pharisäer in 15,2 Bezug. Der jüngere Sohn erkennt sein Fehlverhalten. Die Aufnahme in die Gottesgemeinschaft läßt auch die Schuld deutlich werden, die der Mensch auf sich geladen hat. Lied 315: Ich will zu meinem Vater gehn
Lukas 16,1–9 Wie der jüngere Sohn sein Erbteil, so bringt der Verwalter das Gut seines Herrn durch. Das Verhalten des Verwalters wird moralisch nicht gerechtfertigt. Wenn Jesus vom Lob des Herrn für seinen ungerechten Verwalter erzählt, dann wegen „der Klugheit“ des Verwalters. Jesus will damit deutlich machen, daß jeder sich vor Gott verantworten muß und sich darum darauf vorbereiten soll. Wenn schon die Weltkinder sich mit Geld Freunde zu schaffen suchen, dann sollen die Christen erst recht mit ihrem Geld Menschen beistehen, denn Gott selbst wird sie dann in seine Gemeinschaft aufnehmen. Lied 412: So jemand spricht: Ich liebe Gott
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Lukas 16,10–15 An die Geschichte vom untreuen Verwalter sind Sprüche angeschlossen, die das Verhältnis zum Geld und zu Gott im Blick haben. Irdisches Gut und ewiges Heil sind beide Gaben Gottes. Mit beiden Gütern soll der Mensch treuhänderisch umgehen. In der Treue zu Gottes Willen werden beide bewahrt. Die Gier nach Geld würde Gott aus der Mitte des Denkens an den Rand drängen (v13), also das erste Gebot „Ich bin der Herr, dein Gott“ außer Kraft setzen. Die Sprüche in den Versen 14–15 werfen solches Verhalten den Pharisäern vor. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt
Lukas 16,16–18 Die Polemik gegen die Pharisäer veranlaßt eine Stellungnahme zum Gesetz. Der Alte Bund („Gesetz und Propheten“) hat seine Zeit gehabt. Mit Jesus bricht eine neue Zeit an: die Verkündigung des Evangeliums von der Nähe Gottes. Menschen in der Nähe Gottes tun ganz selbstverständlich den Willen Gottes. In diesem Sinne von „Wille Gottes“ gilt das Gesetz natürlich weiterhin. Auf den Grundsatz in Vers 17 läßt Lukas die Anwendung in Vers 18 folgen. Bei den Nachfolgern Jesu soll die Ehe heilig gehalten werden. In Vers 18 ist eine Scheidung gemeint, die zum Ziel hat, einen anderen Partner heiraten zu können. In der Praxis der Pharisäer war eine solche Scheidung leicht zu erreichen. Diese Praxis entspricht nicht dem Willen Gottes. Darum kann Jesus von einer neuen Zeit sprechen und sagen, daß in der Zeit der Evangeliumsverkündigung das Gesetz als Wille Gottes gültig ist. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Lukas 16,19–31 Die Beispielerzählung macht noch einmal den Umgang mit dem Besitz zum Thema. Der Reiche kümmert sich nicht zu seinen Lebzeiten um den Armen vor seiner Tür. Nach dem Grundsatz der ausgleichenden Gerechtigkeit kümmert sich Gott darum nicht um ihn im Jenseits: Die Gottesferne ist als höllisches Feuer nicht auszuhalten. Die Geschichte könnte mit Vers 25 ein Ende haben. So wird sie in der jüdischen und ägyptischen Umwelt Jesu erzählt. Die Fortsetzung in 26– 31 gibt ihr eine andere Zielsetzung. In der Vorstellung, daß alle Benachteiligungen und Kränkungen einmal ausgeglichen werden, sind sich die Menschen einig. Doch daß sie dann auch so leben müssen, daß sie einmal Rechenschaft geben werden – davon wollen sie nichts wissen. „Es ist noch keiner von den Toten zurückgekehrt“, höre ich. Wenn ich dann auf Jesus verweise, heißt 105
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es: „Ach so, der!“. Dann geht man zur Tagesordnung über. Wer dem Wort nicht glaubt, glaubt auch nicht dem Wunderbaren. Lied 558: Ich hör die Botschaft: Jesus lebt
Lukas 17,1–10 Drei Spruchgruppen sind in diesem Abschnitt zusammengestellt worden, von der Versuchung, den Glauben aufzugeben (v1–3), von der Vergebung (v3–4) und vom Glauben (v5–10). Wer der Sünde Raum gegeben hat oder einen anderen dazu verführt hat, der soll bei Reue wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden, auch bei Rückfällen. In der Hoffnung, daß der Glaube gefestigt werde, kann die Gemeinschaft einen solchen Schritt tun. Für einen festen Glauben bedarf es einer Veränderung der Einstellung: Gott gegenüber hat der Mensch keine Ansprüche (v7–10). Nicht die Demut des Schuldbewußtseins, sondern die Demut der Hingabe verlangt Jesus. Lied 588: Herr, gib uns Mut zum Hören
Lukas 17,11–19 Die Geschichte von den Aussätzigen zeigt, daß Glaube dankbares Empfangen ist. Die neun nehmen ihre Heilung wie selbstverständlich hin. Trotz der Heilung verändert sich ihre Einstellung zu Gott nicht. So erlebt man es auch heute häufig. Menschen glauben, ein Anrecht auf Gesundheit zu haben. So verweigern sie sich einem dankbaren Glauben, der allein die angemessene Haltung Gott gegenüber ist. Lied 321: Nun danket alle Gott
Lukas 17,20–37 Die Heilung der Aussätzigen löst die Frage nach dem Termin des Kommens des Reiches Gottes aus. Weder kann man einen Ort angeben, noch einen bestimmten Termin. „Mitten unter euch“ (v21) kann bedeuten, daß Jesus meint, daß das Reich Gottes im Wirken Jesu gegenwärtig sei, die Wendung kann freilich auch bedeuten, daß das Reich plötzlich da sein werde. Von Vers 22 an spricht Lukas in verschiedenen Bildern von der Plötzlichkeit des Kommens des Menschensohnes, des Weltenrichters. Sein Kommen ist unübersehbar (v23–24). Zuvor muß er freilich leiden (v25). Der Menschensohn kommt unvermutet für die in ihren Geschäften versunkene Generation. Das Gericht Gottes mit Feuer und Wasser überraschte die Generationen des Lot 106
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und des Noah (v26–30). Darum gilt es, jederzeit für das Kommen Gottes bereit zu sein und das Heil nicht zu verspielen (v31–35). Für die Deutung des Sprichwortes in Vers 37 kenne ich keine überzeugende Lösung. Lied 538: Sieh, dein König kommt zu dir
Lukas 18,1–8 Gerade weil der Menschensohn unvermutet kommt, gilt es, stets dafür gerüstet zu sein. Das Gebet sorgt dafür, daß Menschen stets für das plötzliche Einbrechen Gottes in ihr Leben offen sind. Sie verlieren sich nicht an ihre alltäglichen Beschäftigungen. Darum fügt Lukas nun das Gleichnis von der Witwe an, die dem Richter beständig in den Ohren liegt. Die Nachfolger Jesu müssen mit Notlagen und Benachteiligungen rechnen. Im beständigen Gebet aber werden sie dessen gewiß, daß Gott sie nicht vergißt. Lied 347: Ach bleib mit deiner Gnade
Lukas 18,9–17 Die Frage, ob der Menschensohn denn bei seinem Kommen Glauben finden werde (v8), leitet eine Reihe von Abschnitten ein, die sich um die Frage drehen, wer denn in das Gottesreich gelangen werde, wer also in die Gemeinschaft mit Gott aufgenommen werde. Nicht in die Gemeinschaft mit Gott werden diejenigen gelangen, die meinen, einen Anspruch darauf zu haben. Der Zöllner und die Kinder sind Beispiele für Menschen, die Gottes Zuwendung zu ihnen als Geschenk annehmen. Lied 619: Aus Gnaden soll ich selig werden
Lukas 18,18–30 Der Abschnitt setzt die Frage fort, wer denn zu denen gehören werde, die in Gottes Gemeinschaft gelangen. Ein Hindernis für die Zugehörigkeit zum Gottesreich kann die Bindung an irdische Güter sein. Irdische Güter können das Denken des Menschen ganz und gar in Beschlag nehmen. Dann bleibt kein Raum mehr für Gott. Gott aber soll an erster Stelle in unserem Denken und Tun stehen. Den Jüngern, die um Gottes willen auf irdischen Besitz und familiäre Bindungen verzichtet haben, wird darum die Teilhabe am Gottesreich versprochen. Lied 324: Ich singe dir mit Herz und Mund 107
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Lukas 18,31–43 Mit der letzten Leidensankündigung neigt sich die Wanderung nach Jerusalem dem Ende zu. In der Hauptstadt vollendet sich das von den Propheten angesagte Geschick Jesu, wie Lukas abweichend von Markus (10,33) betont. Dabei meint das Wort „Vollendung“ nicht nur den Tod Jesu, sondern zugleich „zum Ziel kommen“: Jesus tritt in die ewige Gemeinschaft mit Gott ein. Lukas läßt die Beteiligung der jüdischen Führer am Tod Jesu hier aus. Wenn er von der Schmähung durch die Heidenvölker redet, dann hat er dabei wohl die Verfolgung der Christen im römischen Reich vor Augen. Die Verwerfung Jesu durch die Völker hat ihre Entsprechung in dem Verhalten der Menge, die den Blinden daran hindern möchte, zu Jesus zu kommen. Der Glaube des bedürftigen Blinden kontrastiert mit dem Unglauben der Menge. Auch heute gibt es viele Kräfte, die Menschen daran hindern möchten, im Vertrauen auf Jesus zu leben, z. B. „Du kannst zum Gottesdienst gehen, aber um 11.30 Uhr steht das Mittagessen auf dem Tisch!“ Lied 615: Ich lobe meinen Gott
Lukas 19,1–10 Den Außenstehenden schenkt Jesus seine Zuwendung, dem Behinderten ebenso wie dem, der gesellschaftlich gemieden wird. Wie Bartimäus so hat auch Zachäus Schwierigkeiten, mit Jesus in Kontakt kommen zu können. Menschen, die zwar reich, aber ohne Ansehen waren, hat es anscheinend öfter in den christlichen Gemeinden gegeben, etwa Erastus in Korinth oder Lydia in Philippi. Der vorherrschende Neid in unserer Gesellschaft überzieht die Vermögenden mit einer Reihe von Vorurteilen und negativen Einschätzungen. Jesus hingegen begegnet dem Zöllner mit Liebe, die der Zöllner mit Dank beantwortet. Lied 646: Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen
Lukas 19,11–27 An den Schluß der Wanderung nach Jerusalem stellt Lukas das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden. Die Einleitung „Sie meinten, das Reich Gottes werde sogleich offenbar werden“ zeigt, daß Lukas Erwartungen zurückweist, es werde nun zum Ende der Welt kommen, da Jesus in Jerusalem einzieht. So kann man den Jubel der Menge beim Einzug Jesu in Jerusalem verstehen. Es wird jedoch noch eine Zeit vergehen, in der Jesus von seinem Vater sein Königreich erhält – denkt Lukas dabei an die Mission in der ganzen Welt? –, bevor er zum Gericht kommt. 108
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Mit der Auferstehung Jesu wird also nicht die allgemeine Totenauferstehung eingeläutet, wie man allgemein in der jüdischen Umwelt annimmt. Für Christen ist es wichtig, in der Zeit bis zum Gericht Gottes auch im Geringsten treu zu sein. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
Lukas 19,28–40 Lukas gestaltet den Einzug Jesu in Jerusalem mit Motiven aus der Königsproklamation Salomos (1.Könige 1,33) und Jehus (2.Könige 9,13). Darum erzählt Lukas auch nichts von den grünen Zweigen, die nach Markus (11,8) auf dem Weg ausgebreitet werden. Die Nachfolger Jesu jubeln ihm wie bei der Huldigung eines Königs zu. Ihre Worte erinnern an die Botschaft der Engel der Weihnachtsgeschichte (2,14). Wie im Himmel Gottes Friede herrscht, so soll sich die Gottesherrschaft vom Zion aus durch Jesus ausbreiten. Auf die Warnungen der Pharisäer, die in Jesus nicht den König, sondern den Lehrer sehen, antwortet Jesus mit dem Sprichwort von den schreienden Steinen; Lukas denkt hier wohl – wie der folgende Abschnitt zeigt – an die Zerstörung Jerusalems als Folge der Verwerfung Jesu. Lied 9: Nun jauchzet, all ihr Frommen
Lukas 19,41–48 Der Einzug Jesu führt direkt in den Tempel: Jesus muß in dem sein, was seines Vaters ist (2,49). Der König des Friedens sucht sein Haus auf (v44). So weist Lukas den Anspruch der Christen auf, das Volk Gottes zu sein. Dieses Volk ist ein betendes Volk, das sich aus Menschen verschiedener Völker zusammensetzt (Jesaja 56,7). Da Jerusalem aber den König des Friedens nicht annimmt, wird es im Krieg zerstört werden. Die Verse 43–44 spielen in ihren Einzelheiten sehr deutlich auf die Vorgehensweise der Römer bei der Belagerung und Eroberung der Stadt an. Lied 300: Lobt Gott, den Herrn der Herrlichkeit
Lukas 20,1–8 Abweichend von Markus (11,27) betont Lukas, daß Jesus das Volk im Tempel lehrt, den Tempel also zum Ort der Verkündigung des Evangeliums macht. Natürlich fragen daraufhin die Priester und Schriftgelehrten Jesus nach seiner Berechtigung seiner Heilsverkündigung, nicht etwa der Tempelreinigung. Sie wollen Jesus nach ihren Kriterien beurteilen. Der Gesandte Gottes aber 109
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verweigert sich solcher Prüfung. Heutzutage sind es die Kriterien eines innerweltlichen Humanismus, des menschlichen Gutseins, vor denen die Botschaft Gottes sich rechtfertigen soll. Lied 621: Ich bin durch die Welt gegangen
Lukas 20,9–19 Mit dem Gleichnis, das Markus (12,1), nicht aber Lukas, in Anlehnung an Jesaja 5,1–7 formuliert, greift Jesus den Ungehorsam der Führer des Volkes an. Nach der Erzählung des Lukas wird das Vorgehen der Pächter gegen die Gesandten des Weinbergbesitzers immer schärfer: schlagen, schlagen und verhöhnen, blutig schlagen. Am Ende wird der Sohn aus dem Weinberg geworfen und getötet, ein Hinweis auf das Geschick Jesu und seiner Nachfolger, die aus den Synagogen geworfen und getötet werden (Johannes 16,2). Die Gerichtsankündigung, die Jesus mit diesem Gleichnis verbindet, lehnen die Gesprächspartner empört ab (v16). Doch gerade wegen der Ablehnung Jesu wird in Jerusalem kein Stein auf dem andern bleiben. Lied 92: Christe, du Schöpfer aller Welt
Lukas 20,20–26 Mit dem Versuch, einen Vorwand für eine Denunziation vor der römischen Behörde zu finden, will Lukas zeigen: So wie die Juden Jesus vor den römischen Behörden denunzieren möchten, so sucht das altgläubige Judentum die römischen Behörden mit falschen Angaben zu bewegen, die Jünger bei ihrer weltweiten Mission zu verfolgen. Wichtig ist Lukas dabei, daß die Römer die Unschuld der Christen erkennen. Diese sind keine Aufwiegler, sondern kaisertreu, wie die Antwort Jesu zeigt. Freilich hat der Gehorsam der Christen gegenüber dem Staat auch seine Grenze: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen und ihm geben, was sein ist. Lied 637: Von guten Mächten treu und still umgeben
Lukas 20,27–40 Auch mit den Sadduzäern gerät Jesus in Konflikt. Diese konstruieren einen Fall auf der Grundlage der Leviratsehe, die den Zweck hatte, dem verstorbenen kinderlosen Mann Nachkommen zu sichern. Doch die Frage der Sadduzäer setzt voraus, daß das ewige Leben nur eine Fortsetzung des irdischen sei. Auferstehung ist jedoch Neuschöpfung, in der der Tod und dementsprechend Fortpflanzung keinen Raum mehr haben (v35–36). Ewiges Leben hat auch nicht zum 110
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Ziel, die geliebten Menschen des irdischen Lebens wiederzusehen, sondern in Gemeinschaft mit Gott zu leben (v38). Nicht die Hoffnung auf ein Wiedersehen, sondern die Sehnsucht nach Gott ist das Ziel christlicher Auferstehungshoffnung. Lied 516: Christus, der ist mein Leben
Lukas 20,41–47 Die Auseinandersetzung mit den Führern des Volkes wird mit einer Gegenfrage Jesu fortgeführt. Die Schriftgelehrten hatten kein umfassendes und geordnetes, an der Schrift orientiertes Bild vom Messias. Sie hatten nur ein praktisches Interesse an ihm, daß er nämlich das Volk aus der politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeit befreien sollte. Weil sie eben kein Bild vom Messias haben, stehen sie Jesus und seinem Anspruch hilflos gegenüber. Sie lehnen ihn ab, ohne wirklich etwas gegen ihn vorbringen zu können. Das zeigt ihnen Jesus mit der Frage nach dem Verständnis von Psalm 110,1. Damit trennt sich Jesus vor den Ohren der Menge mit seinen Jüngern von der Autorität der Schriftgelehrten. Für die Leser in der Zeit des Lukas bedeutet dies, daß das Verständnis der Schrift von Seiten der jüdischen Synagoge für die Christen keine Gültigkeit hat, anders als Matthäus 23,3. Heutzutage müßte man ein Verständnis der Bibel zurückweisen, das die Botschaft der Bibel auf reine Menschlichkeit beschränkt. Lied 193: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
Lukas 21,1–4 Daß der Tempel häufig äußerlicher Frömmigkeit Vorschub leistet, zeigt Lukas mit diesem Abschnitt. Wenn das Opfer nicht mit Dankbarkeit und Hingabe an Gott gegeben wird, hat es nicht viel Wert. Die Witwe legt mit ihrer Einlage in den Opferstock ihr ganzes Vertrauen auf Gott. In Vers 5 folgt das Wort von der Zerstörung des Tempels. Mit der Geschichte vom Opfer der Witwe zeigt Lukas, daß die Frömmigkeit, die Jesus lehrt, besser als die Tempelfrömmigkeit ist. Lied 318: O gläubig Herz, gebenedei
Lukas 21,5–19 In der ersten apokalyptischen Rede (17,20–37) hatte Lukas das Gewicht auf die Plötzlichkeit des Weltendes gelegt. In diesem Abschnitt warnt er davor, die Zerstörung des Tempels als Zeichen der Endzeit anzusehen. Diese Zerstörung hatte sicherlich die endzeitliche Phantasie 111
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vieler Menschen angeregt (v8). Zwar gibt es Kriege und Katastrophen, die der Endzeit vorausgehen. Doch damit ist nicht das sofortige Eintreten des Endes gegeben. Zudem bedarf es zuvor noch der Mission bis an die Enden der Erde. Auch die Verfolgungen, die damit verbunden sind, sind nicht die Vorboten des Weltgerichtes, sie werden vielmehr zu einem Zeugnis für das Evangelium. Lied 243: Lobt Gott getrost mit Singen
Lukas 21,20–28 Die Zeit vor der Endzeit, der Zeit Gottes, ist nach jüdischer Überzeugung zur Zeit Jesu die Zeit der Völker. Die Zerstörung Jerusalems ist nach der Darstellung des Lukas kein Zeichen für die anbrechende Endzeit; jetzt ist vielmehr die Zeit der Herrschaft der Völker. Die Christen in der Stadt und im Land ringsum sind darum zur Flucht aufgefordert worden. Die Gemeinde ist nach Pella östlich des Jordan geflohen. Die Bewohner Jerusalems wurden getötet oder in die Sklaverei verkauft, Tempel und Stadt entweiht, „zertreten“. Erst in Vers 25 kommt Lukas auf die Ereignisse der Endzeit zu sprechen, ohne daß er irgendeine Zeitangabe macht. Dabei stellt er die Wirkung der kosmischen Ereignisse auf den Menschen und seine Furcht heraus, wie es ähnlich moderne Katastrophenfilme tun. Um so eindrücklicher ist die Zuversicht, die die Christen auszeichnet (v28). Lied 21: Seht auf und erhebt eure Häupter
Lukas 21,29–38 Wenn keinerlei Zeitangabe zum Kommen Jesu gemacht wird, dann kann man im Laufe der Zeit an der Erwartung des Kommens Jesu irrewerden. Das Gleichnis vom Feigenbaum – die Verfluchung hatte Lukas ausgelassen – will das Kommen Jesu gewiß machen; so gewiß und so plötzlich wie in Palästina der Sommer kommt, so auch Jesus. Noch in der Zeit des Geschlechtes jener Zeit wird das Reich Gottes errichtet (v32). Jetzt aber gilt es nüchtern zu bleiben, d. h. keine überspannten Erwartungen zu hegen, dennoch die Lebensführung so zu gestalten, daß man jederzeit Rechenschaft vor dem Herrn geben kann (v34–36). Dabei soll das Wort Jesu die Richtschnur sein, denn dies – und nicht das Gesetz – wird der Maßstab im Gericht sein. Lied 151: Ermuntert euch, ihr Frommen
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Evangelium nach Lukas
Lukas 22,1–6 Mit 22,1 beginnt die Passionsgeschichte. Die Führer des Volkes, Hohepriester und Schriftgelehrte, trachten Jesus nach dem Leben. Judas hilft ihnen, seiner ohne Aufsehen habhaft zu werden. Die Pharisäer werden nicht als Gegner genannt. Sie werden erst nach dem jüdischen Krieg zur tonangebenden Richtung im Judentum und damit zu den Hauptgegnern der Christen. Lukas deutet die Passion Jesu als das Leiden des unschuldigen Gerechten. Jesu Sterben ist das Vorbild für den Todesgang der Märtyrer. Darum erzählt Lukas davon, daß nun wieder der Satan Macht bekommt, so wie bei den Leiden der Nachfolger Jesu. Nach der Versuchung Jesu hatte der Satan ja weichen müssen (4,13). In dieser Heilszeit hatte Jesus ohne die Gegenwehr des Satans wirken können. Lied 79: Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Lukas 22,7–23 Die Führer des Volkes wissen nicht, wann und wie sie ihren Vorsatz, Jesus zu beseitigen, durchführen können. Im Gegensatz dazu kennt Jesus die Zukunft, weiß, wo er das Mahl feiern wird. So erweist er sich als der Gesandte Gottes. Lukas gestaltet das letzte Mahl Jesu als Abschiedsmahl, bei dem Jesus seinen letzten Willen kund tut. Jesus selber nimmt keine Speise und keinen Trank in der Erwartung des Reiches Gottes zu sich (v15–18), so wie die Judenchristen später in der Erwartung des Reiches am Passahfest fürbittend für Israel fasten, bevor sie das Fasten mit der Feier des Abendmahles beenden. Solange das Reich Gottes nicht kommt, kommt Jesus in Brot und Wein zu seinen Jüngern. Mit der Hingabe Jesu für die Seinen kontrastiert der Verrat aus dem engsten Freundeskreis. Lied 223: Das Wort geht von dem Vater aus
Lukas 22,24–30 In seinen Abschiedsworten bestimmt Jesus: Leitungsfunktionen in der christlichen Gemeinde sind Dienstfunktionen. Auch wenn man in der Frage nach der Leitung des Abendmahles nicht ohne die Macht zu Entscheidungen auskommt, so hat doch der Charakter des Dienstes im Vordergrund zu stehen. Wenn die Christen wie Jesus in seiner Passion die Versuchungen bestehen – Lukas denkt hier vielleicht an die Verfolgungen seiner Zeit –, wird die Gemeinschaft mit Gott auf Erden, wie sie im Abendmahl gegeben ist, in der ewigen Gegenwart Gottes ihre Krönung erfahren. Lied 227: Dank sei dir, Vater, für das ewge Leben 113
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Lukas 22,31–38 Jesus deutet die Versuchungen als Proben zur Bewährung des Glaubens. Lukas denkt dabei sicher wieder an die Verfolgungen seiner Zeit. Sie werden durch den Widersacher Gottes hervorgerufen. Darum kann man sie nicht ohne das Gebet („und führe uns nicht in Versuchung“) sowie nicht ohne den Beistand Gottes bestehen. Petrus freilich meint, selber über die notwendige Festigkeit zu verfügen. Darum sagt ihm Jesus sein Versagen voraus. Wer seinen Glauben bewährt hat, der ist auch in der Lage, den andern in ihren Glaubensnöten beizustehen. Nicht als den Felsen der Kirche (Mt. 16,18) zeichnet Lukas den Apostel Petrus, sondern wie Johannes 21 als den seelsorgerlichen Bruder. Die Verse 35–38 zeigen, daß Lukas bei seinem Petruswort die Mission der Jünger in der weiten Welt im Blick hat. Darum gibt es neue Anweisungen für die Mission, etwa einen Beutel mit Vorrat für die weiten Wege mit sich zu nehmen. Das Schwert wird für die Verteidigung gegen wilde Tiere und räuberische Überfälle benötigt. Die Jünger denken freilich an den messianischen Endkampf. Sie verstehen Jesus nicht. Darum bricht Jesus das Gespräch ab. Lied 248: Treuer Wächter Israel
Lukas 22,39–46 Wie schwer der Kampf gegen die Versuchungen des Abfalls ist, zeigt sich im Gebetskampf Jesu am Ölberg. Das Gebet um die Bewahrung in der Versuchung ist die Bitte, in den Willen Gottes einstimmen zu können: „Dein Wille geschehe“. Den angefochtenen Christen ist Stärkung durch Gott verheißen (43–44). In vielen Märtyrerberichten der alten Kirche wird von einer Vision berichtet, die den Angefochtenen dazu fähig macht, das Martyrium zu bestehen. So ist der betende Jesus am Ölberg das Urbild für die Märtyrer. Lied 95,1: Seht hin, er ist allein im Garten
Lukas 22,47–53 Lukas zeichnet Jesus als das Urbild der Märtyrer auch bei seiner Verhaftung. Das Martyrium ist Werk des Teufels (22,3), die Stunde der Finsternis (v53). Den Christen macht Lukas deutlich: Jesus gestattet seinen Nachfolgern nicht, sich zu wehren. Sie sollen vielmehr wie er segnen, die sie verfolgen. Den römischen Behörden will Lukas deutlich machen: Jesus ist zusammen mit seinen Nachfolgern kein politischer Aufrührer (Mörder=Zelot). Ohne Heimlichkeit hat Jesus in der Öffentlichkeit gewirkt. Eindrücklich stellt Lukas den Akt des Verrates dar: Daß der Verrat 114
Evangelium nach Lukas
unter der Geste der Freundschaft verborgen ist, ist die Erfahrung vieler Menschen in der DDR gewesen. Lied 95,2: Seht hin, sie haben ihn gefunden
Lukas 22,54–62 Es ist die Erfahrung vieler Christen, daß sie dem äußeren Druck nicht zu widerstehen vermögen und sich anpassen. Lukas hat sicher auch Beispiele aus den Verfolgungen seiner Zeit im Auge. Auch Petrus, der großspurige Jünger, paßt sich an, so daß sich die Prophezeiung Jesu erfüllt. Wie so häufig bei den Nachfolgern Jesu wird Petrus traurig über sein Versagen: „Er weinte bitterlich“. Heutzutage verstecken viele Christen ihren Glauben, wo ein deutliches Wort angebracht wäre. Lied 246: Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ
Lukas 22,63–71 In der Voraussage der Verleugnung des Petrus hatte Jesus sich als Prophet erwiesen. Die Reaktion der Söldner ist typisch menschlich: Sie machen Jesus lächerlich, um sich seinem Anspruch zu entziehen. Auch der Hohe Rat entzieht sich Jesu Anspruch: Sie werten ihn als Gotteslästerung. So flüchten sich die Menschen immer wieder in ihre Abwehrstellungen: „nicht von Bedeutung“ oder „zu gefährlich“. Lied 95,3: Seht hin, wie sie ihn hart verklagen
Lukas 23,1–12 Im Lichte der Reaktion des Pilatus kann die Antwort Jesu nur so gedeutet werden: „Das behauptest du, nicht ich!“. Für die römischen Leser und Behörden betont Lukas die Schuldlosigkeit Jesu. Die Anklagen gegen die Christen, sie seien gefährlich für den Staat, gehen nach Lukas auf die jüdischen Führer zurück. Durch die Überstellung an Herodes versucht Pilatus, den Fall los zu werden. Aber auch Herodes – enttäuscht, daß er kein Wunder zu sehen bekommt – spricht kein Urteil: Jesus ist eben unschuldig. Das weiße Königsgewand, mit dem Herodes Jesus bekleiden läßt, unterstreicht die politische Harmlosigkeit Jesu. Lied 77: Christus, der uns selig macht.
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Lukas 23,13–25 Pilatus, von der Unschuld Jesu überzeugt, versucht alles, Jesus nicht verurteilen zu müssen. Anstatt sich mit einer Auspeitschung zufrieden zu geben, verlangt der Pöbel in wilder Wut den Tod des Unschuldigen und die Begnadigung für einen Mörder und Aufrührer. Die gleiche Wut haben später die Märtyrer aushalten müssen. Lukas will den römischen Lesern klar machen, wie widersinnig und ungerecht die Verfolgung der Christen ist. Sie sind ja eben keine Aufrührer und Mörder. Der römische Staat schadet sich selbst, wenn er die guten Bürger verfolgt und Verbrecher begnadigt. Pilatus gibt schließlich dem Wüten des Pöbels nach. Ein ausdrückliches Urteil fällt er nach Lukas nicht. Er überläßt Jesus der Wut des Pöbels: Der Unschuldige stirbt für die Sünder. Lied 81: Herzliebster Jesu
Lukas 23,26–31 Lukas läßt die Verspottung durch die römischen Soldaten (Markus 14,16–19) aus. Die jüdischen Führer tragen eben nach Lukas die Verantwortung für die Kreuzigung Jesu. Weil der Märtyrer in seinem Leiden Gott nahe ist, hat er Einsicht in Zukünftiges. So wird er zum Propheten. Die Prophetie Jesu sagt das Leid an, das über Jerusalem kommen wird. Nicht auf sein eigenes Leiden blickt Jesus: „Mit der Klage über Jerusalems Schicksal betrat Jesus die Stadt, mit derselben Klage verläßt er sie“. Die Prophetie mündet in den Ruf zur Buße: Wenn das Gerichtsfeuer Gottes entgegen der Regel das frische Holz verzehrt, wie wird es dann erst am dürren Holz wüten? Lied 290: Nun danket Gott, erhebt und preiset
Lukas 23,32–49 Jesus vergibt denen, die ihn verspotten: Bittet für die, so euch beleidigen (6,28). Während der erste der beiden Übeltäter in den Spott der anderen einstimmt und Jesus wie die anderen zur Selbsthilfe auffordert, ist der zweite das Muster für die Reue in der letzten Stunde. Die Sonnenfinsternis und das Zerreißen des Tempelvorhanges zeigen die Bedeutung des Todes Jesu an. Jesus stirbt im Vertrauen auf Gott. Er legt das von Gott empfangene Leben in die Hände seines Vaters zurück. So sollen auch die Märtyrer sterben, z. B. Stephanus (Apostelgeschichte 7,58). Unter dem Eindruck des Sterbens Jesu bekundet der Hauptmann die Unschuld Jesu: Der Märtyrer hat mit seinem Tod seinen Henker überwunden. Das Volk der Neugierigen ist betroffen. 116
Evangelium nach Lukas
In der Apostelgeschichte (2,42) wird Lukas davon erzählen, wie die Menge sich im Namen Jesu taufen läßt. Die Bekannten Jesu nehmen das Geschehen wie zu Stein erstarrt wahr. Lied 85: O Haupt voll Blut und Wunden
Lukas 23,50–56 Joseph von Arimathia ist wirklich gut und gerecht. Durch die Berührung eines Toten wird er unrein, er muß deshalb auf die Teilnahme am Passah verzichten. Das Grab ist neu, in einen Felsen gehauen. So wird Jesus nicht als Verbrecher, sondern als König bestattet. Die Christen haben später – sofern sie nicht daran gehindert wurden – ihre Märtyrer würdig bestattet. Die Frauen nehmen den Ort der Trauer in Augenschein. Wir Menschen brauchen einen festen Ort für unsere Trauer und unser Gedenken. Lied 98: Korn, das in die Erde
Lukas 24,1–12 Alle Geschichten des Kapitels 24, einschließlich der Himmelfahrt, finden an einem einzigen Tag statt, am Ostertag. Lukas setzt also die Feier des Osterfestes als Auferstehungstag voraus. Angesichts des leeren Grabes sind die Frauen ratlos. So ergeht es vielen, bis sie sich eine „vernünftige“ Erklärung zurecht gelegt haben. Von der Trauer um einen Toten sollen die Frauen zur Freude über den Lebendigen gelangen. Darum erinnern die Engel an die Leidensprophetie Jesu. Da das Zeugnis von Frauen in der jüdischen Umwelt wenig galt, schenken die Jünger ihnen keinen Glauben. Selbst der Besuch des Petrus am leeren Grab führt nur zur Verwunderung. Nicht das leere Grab als Beweis, sondern die Begegnungen mit dem Wort der Engel und dann des Christus führen zum Glauben. Lied 116: Er ist erstanden, Halleluja
Lukas 24,13–35 Die Jünger lernen, ihre Trauer zu verarbeiten. Zunächst verharren sie bei ihren enttäuschten Erwartungen und ihrem Bild von Jesus. Langsam schwindet das Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit, da der Unerkannte ihnen anhand des Alten Testamentes den Tod Jesu deutet. Erst im Bedenken der Schrift hat sich den Nachfolgern Jesu der Sinn seines Todes erschlossen. Im Abendmahl erkennen sie den Herrn. Und in dem Moment, da die Gemeinschaft hergestellt ist, 117
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
verschwindet Jesus aus der Gegenwart der Emmausjünger. Die Jünger haben ein neues Verhältnis zu Jesus, zu ihrem Toten, gewonnen. Sie können nun voller Freude nach Jerusalem zurückkehren, bereit, die kommenden Aufgaben anzupacken. Von der Trauer zu neuem Lebensmut – so soll auch heute der Prozeß der Trauer bei den Hinterbliebenen ablaufen. Lied 483: Herr, bleibe bei uns
Lukas 24,36–49 Lukas betont die Leiblichkeit der Auferstehung. Denn die Erscheinungen des Herrn sind keine Erscheinungen von abgeschiedenen Geistern, wie etwa die des Samuel bei der Totenbeschwörerin von Endor (1.Samuel 28). Jesus ist kein Geist der Totenwelt, sondern der Herr, der an der Seite Gottes die Geschicke seiner Nachfolger leitet. Er lehrt die Jünger, den Sinn des Todes Jesu anhand der Prophezeiungen der Schrift zu begreifen. Die Jünger erhalten den Auftrag zur Mission in der Völkerwelt, sollen jedoch solange in Jerusalem verbleiben, bis sie den Geist erhalten. Alle Erscheinungen, von denen Lukas erzählt, tragen sich in Jerusalem und Umgebung zu. Lukas liegt daran, daß die Mission von Jerusalem ausgeht. Er will damit aufweisen, daß das Volk der Christen das wahre Gottesvolk ist, das die Nachfolge derer antritt, die Jesus zurückgewiesen haben. Lied 112: Auf, auf, mein Herz mit Freuden
Lukas 24,50–53 Am Ende des Buches gibt Jesus den Jüngern seinen Segen. So sind sie mit ihm verbunden, auch wenn er in diesem Moment von ihnen scheidet; es wiederholt sich das Erlebnis der Jünger von Emmaus. Die Jünger wissen Jesus bei Gott; darum können sie mit Freude nach Jerusalem zurückkehren, in den Tempel. So endet die Geschichte dort, wo sie begonnen hatte, im Tempel (1,9). Das neue Volk Gottes, das Jesus sammelt, versammelt sich in dem Haus, „das meines Vaters ist“, wie Jesus gesagt hatte (2,49). Lied 121: Wir danken dir, Herr Jesu Christ, daß du gen Himmel
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Evangelium nach Johannes Johannes 1,1–5 Das Evangelium beginnt nicht mit einer Geburtsgeschichte, sondern mit dem Preis des vorgeburtlichen Daseins des Wortes. Gott schafft die Welt durch sein Wort, durch sein Wort schenkt er den Menschen neues Leben. Mit seinem Wort wendet sich Gott der Welt zu. Jesus ist die der Welt zugewandte Seite Gottes; darum ist er das Wort Gottes. In der Schöpfung wie in der Erlösung handelt Gott in der gleichen Weise. Aus Liebe schenkt er der Schöpfung das Leben, aus Liebe schenkt er seinen Geschöpfen das neue Leben. Freilich erkennen die Menschen vielfach diese Liebe Gottes nicht. Lied 27: Lobt Gott ihr Christen
Johannes 1,6–8 Für viele Menschen zur Zeit Jesu war Johannes selbst der versprochene Erlöser. Johannes korrigiert diese Erwartung. Er ist nicht der kommende Erlöser, sondern der Prophet, der jenen ankündigt und von ihm zeugt. Immer wieder jubeln Menschen Idolen als ihren Heilsbringern zu, die es schon richten werden. In der Nachfolge Jesu kann man nüchtern bleiben und so seine unerschütterliche Hoffnung auf Jesus, das Wort Gottes, bezeugen. Lied 33: Brich an, du schöner Morgenstern
Johannes 1,9–13 Vers 10 nimmt den Gedanken von Vers 5 wieder auf. Obwohl Gott diese Welt aus Liebe geschaffen hat, erkennen viele Menschen den Liebeswillen Gottes nicht. Die Naturkatastrophen sind ihnen vielmehr Zeichen eines schrecklichen Gottes. Und so kommt der Erlöser in die von ihm geschaffene Welt, sein Eigentum, doch diese nimmt ihn nicht an. Speziell dürfte wohl an das Volk Jesu, das Eigentumsvolk Gottes, gedacht sein. Lediglich einige, denen Gott den Glauben schenkt, werden seine Anhänger. So sind sie nun nicht mehr Schöpfung, sondern Kinder Gottes. Zwar ist die ganze Welt Gottes Schöpfung, doch zu seinen Kindern werden nur die, die 119
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
dem Erlöser glauben. So haben zwar alle den gleichen Ursprung als Geschöpfe Gottes, nicht aber dasselbe Ziel. Lied 23: Gelobet seist du, Jesus Christ
Johannes 1,14–18 Von Christus als dem Wort, dem Schöpfer und Erlöser und von der Möglichkeit des Glaubens hatten die ersten 13 Verse des Liedes in 1, 1–18 gesprochen. Ab v14 geht es um die Bedeutung des Wortes für die Glaubenden. Der Sohn ist die den Menschen zugewandte Seite Gottes. Nur in ihm, dem Einziggeborenen, tut Gott sich in seiner Barmherzigkeit den Menschen kund. Zwar haben alle Menschen den einen Gott zum Schöpfer – gleichgültig, wie sie zu ihm stehen – zum Erlöser aber haben sie ihn nur im Glauben an den Sohn. Johannes unterscheidet sehr fein: Das Gesetz des Mose wurde gegeben, die Gnade ist durch Christus geworden. Der jüdische Glaube ist zwar wichtig, aber nur in Christus ist die Liebe Gottes erfahrbar geworden. Lied 403: Schönster Herr Jesu
Johannes 1,19–28 Auf die Frage, wer Johannes der Täufer im Verhältnis zu Jesu ist, folgt nun die Frage, wer Jesus ist (v29–51). Die verschiedenen Titel, die Jesus beigelegt werden, wollen ausdrücken, welche Bedeutung Jesus hat. Die Verbindung mit dem Zeugnis verschiedener Personengruppen macht deutlich, daß den Menschen unterschiedliche Seiten an Jesus wichtig sind. Johannes stellt die Verbindung mit dem Zeugnis des Alten Testamentes her, wenn er Jesus mit dem Opfertier vergleicht, das für die Sünden des Volkes stirbt. Wenn Johannes am Ende mit der Erzählung von der Taufe die Gottessohnschaft Jesu betont, dann streicht er damit die Überlegenheit Jesu über die alttestamentliche Offenbarung heraus. Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
Johannes 1,29–34 Das junge Christentum stand in Konkurrenz zur Täuferbewegung, die in Johannes dem Täufer den Gesandten Gottes sah. Wieder weist der Täufer darauf hin, daß er nur Vorläufer und Zeuge für den Christus ist. Johannes bestimmt das Verhältnis zu anderen Religionen so, daß diese zwar 120
Evangelium nach Johannes
wichtige Erkenntnisse über Gott vermitteln können, nicht aber die rettende Wahrheit. Andere Religionen weisen zwar auf Gott hin, aber allein in Christus ist Gott gegenwärtig. Lied 141: Wir wollen singn ein’ Lobgesang
Johannes 1,35–42 Auf das Zeugnis des Johannes werden zwei seiner Jünger zu Nachfolgern Jesu. Sie sehen in ihm den Rabbi, den Lehrer. Vielleicht ist mit der Herberge das Haus gemeint, in dem ein Rabbi seine Lehrvorträge hält. Die Jünger werden sofort selber zu Missionaren. Andreas führt seinen Bruder Simon zu Jesus; er bekennt dabei Jesus als den Messias, also als den, der dem Volk Gottes die Erlösung aus aller Not bringen soll. Ohne daß Jesus den Petrus vorher kennen gelernt hat, kennt er ihn; wie selbstverständlich gibt er ihm einen neuen Namen. Damit wird deutlich, daß Jesus mehr als ein Lehrer ist, mehr als der endzeitliche Befreier. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Johannes 1,43–51 Philippus erkennt in Jesus den Heilsbringer, den die Schriften des Alten Testamentes verheißen, sei dieser nun als Prophet oder König gedacht. Diese Behauptung ist in Israel auf Widerstand gestoßen. Die Skepsis der Juden äußert sich im Johannesevangelium in der Bemerkung, man wisse, wer Jesus sei, der Sohn Josephs aus Nazareth. Nathanael teilt anfänglich diese Skepsis, sieht sich aber durch die Allwissenheit Jesu überwunden. In seinem Bekenntnis – Lehrer, Gottes Sohn, König von Israel – werden noch einmal die verschiedenen Möglichkeiten, Jesus zu begreifen, aufgeführt. Alle diese Sichtweisen konzentriert Vers 51 auf die eine: In Jesus begegnet Gott. Jakob sah nur im Traum die Himmelsleiter, auf der die Engel hinauf- und hinabstiegen, die Jünger werden hingegen in der Wirklichkeit erleben, daß Jesus in ununterbrochener Gemeinschaft mit Gott steht. So nimmt der letzte Vers des Kapitels den ersten wieder auf: Das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Lied 23: Gelobet seist du, Jesus Christ
Johannes 2,1–12 Jesus hatte den Jüngern versprochen, daß sie noch Größeres sehen werden. Jesu göttliche Herrlichkeit sehen die Jünger in dem Wunder, daß rund 600 Liter Wasser zu Wein werden. 121
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Die Jünger reagieren mit ihrem Glauben. Ob Johannes in diese Geschichte einen tieferen Sinn gelegt hat, ist möglich, jedoch nicht sehr deutlich. Johannes steht dem einfachen Wunderglauben kritisch gegenüber. Die Bemerkungen vom dritten Tag und von der Stunde, die noch nicht gekommen ist, könnten auf Tod und Auferstehung Jesu hinweisen, in denen sich seine göttliche Herrlichkeit gültig erweist. Man kann das Weinwunder auch als Zeichen der messianischen Heilszeit verstehen, denn Hochzeit, Freude und Wein sind Bilder für die Nähe Gottes, An die Stelle der alttestamentlichen Kultordnung tritt nun die unmittelbare Ordnung Gottes, über die wir uns heutzutage im Abendmahl freuen, da wir am Tisch des Herrn feiern. Lied 229: Kommt mit Gaben und Lobgesang
Johannes 2,13–25 Anders als die anderen Evangelisten setzt Johannes die Tempelreinigung an den Anfang des Wirkens Jesu. Sie leitet die Serie der Auseinandersetzungen und Diskussionen mit dem Judentum ein. Jesus hat die Vollmacht, einen neuen Kultus zu begründen. Das zeigen auch Kapitel drei und vier mit den Themen Taufe und Mission. Der Tempel ist für das Judentum der Ort der Gegenwart Gottes. Da in Jesus Gott gegenwärtig ist, ist er der neue Tempel. Die Verse 23 bis 25 kritisieren einen reinen Wunderglauben. Nicht das Zeichen soll im Zentrum des Glaubens stehen, sondern die Gegenwart Gottes in Christus, der die Tiefe und Wahrhaftigkeit des Glaubens eines jeden kennt. Lied 165: Gott ist gegenwärtig
Johannes 3,1–13 Nikodemus gehört zu denen, die aufgrund der Zeichen Jesu glauben. Es sind also seine eigenen Voraussetzungen, von denen aus Nikodemus entscheiden möchte, ob Jesus zu glauben sei oder nicht. Darum verweist Jesus auf den Geist Gottes, der den Glauben schenkt, der in die Gemeinschaft mit Gott führt, in sein Reich. Mit Wiedergeburt meint das Neue Testament nicht eine Reinkarnation wie im Hinduismus, sondern die Taufe, in der der Geist Gottes dem Menschen gegeben wird. Der Geist ist freilich kein Besitz (er bläst, wo er will), sondern er ist es, der den Menschen ergreift und dem sich der Mensch öffnet oder verschließt. Die Verse 11 bis 12 stellen diese Verschlossenheit für das Judentum fest, wohl aufgrund der Erfahrungen, welche die Gemeinde des Johannes in der Diskussion mit der Synagoge machte. Lied 206: Liebster Jesu, wir sind hier 122
Evangelium nach Johannes
Johannes 3,14–21 Der Abschnitt fragt nach der Folge, die sich aus der Verschlossenheit des Menschen Gott gegenüber ergibt. 4.Mose 21,4–9 ist als eine Vorausdarstellung des Geschehens um Jesus verstanden. Wer auf die erhöhte Schlange des Mose schaute, wurde geheilt, wer es nicht tat, starb. So ist auch die Sendung des Sohnes zu verstehen. Wer an ihn glaubt, wird leben, wer nicht, trennt sich von Gott, der Quelle des Lebens; er wird dem ewigen Tod anheim fallen. Das Gericht ist also nicht das verdammende Handeln Gottes, sondern Befund dessen, was ist, also Feststellung der Gottabgewandtheit des ungläubigen Menschen. Der ewige Tod ist die Konsequenz des eigenen Wollens des ungläubigen Menschen. Lied 51: Also liebt Gott die arge Welt
Johannes 3,22–30 Nach der Diskussion mit dem Pharisäer stellt Johannes das Verhältnis zu den Täuferjüngern dar, die die Jesusbewegung als Konkurrenz begreifen. Johannes verweist auf die Worte des Täufers, der sich Jesus unterordnet. Das Bild vom Bräutigam zeichnet Jesus als den Messias und damit die christliche Gemeinde als die Braut des Messias, der die Zukunft gehört, nicht der Täuferbewegung. Man kann diese Aussagen auf die heutige Zeit übertragen: Solange der Islam Jesus nur als Propheten anerkennt, nicht aber als Gottes Heiland, geht er an der entscheidenden Wirklichkeit vorbei. Lied 410: Christus, das Licht der Welt
Johannes 3,31–36 Während Nikodemus und der Täufer nur eine begrenzte Erkenntnis Gottes haben, bringt Jesus eine umfassende und vollständige Gotteserkenntnis. Denn Gott hat Jesus den Geist nicht nach einem Maß gegeben, sondern unbeschränkt. Darum hat nur der ewiges Leben, der sich zu dem Sohn hält. Wer meint, es gäbe auch andere Möglichkeiten der Gotteserkenntnis und des Zuganges zu Gott, der täuscht sich. Johannes erkennt eine vorläufige Gotteserkenntnis der Religionen an, doch wahre Gemeinschaft mit Gott gibt es nur in der Nachfolge Jesu. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 4,1–14 Mit der Taufe (Kapitel 3) ist die Mission verbunden. Sie bildet den Hintergrund des 4. Kapitels. Wo die christliche Mission erfolgreich wirkt, erwachsen ihr Widerstände. Jesus muß darum Judäa verlassen. Er ist ein Grenzgänger. Darum überschreitet seine Mission die Grenzen seines Volkes. So kann er die – für Juden unreine – Samariterin bitten, aus ihrem Wassereimer einen erquickenden Schluck Wasser zu bekommen, Wasser als Zeichen des Lebens. Die Mission bringt den Menschen Hoffnung auf das Leben in Fülle bei Gott – über den Tod hinaus. Das Grundstück Jakobs ist das Familienbegräbnis. Es ist das Symbol für den Tod, die Quelle lebendigen Wassers hingegen Symbol für das Leben. Die Mißverständnisse der Samariterin machen die Weiterentwicklung des Gespräches möglich, das in einem ersten Ergebnis gipfelt: Der Durst des Lebens endet schließlich doch im Tod, in der Erkenntnis Jesu aber wird der Tod wahrhaft zum neuen Leben überwunden. Lied 66: Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude
Johannes 4,15–26 Die Gesprächsgänge führen tiefer in die Erkenntnis Jesu ein. Die Frau mißversteht Jesus zunächst als Propheten. Jesus aber ist der Messias Gottes, in dem die Zeit des Heiles, der unmittelbaren Gegenwart Gottes angebrochen ist. Wenn aber Gott unmittelbar gegenwärtig ist, dann werden alle besonderen Stätten des Gottesdienstes überflüssig, dann kann dieser im Geist stattfinden, ohne blutige Opfer, in der Wahrheit und Klarheit Gottes. Die Samariterin überhört das Sätzchen „Die Zeit ist schon jetzt da“. Ihre Antwort geht darum an dem Zielpunkt der Aussage Jesu vorbei. So sagt Jesus dann frei heraus: „Ich bin’s, der mit dir redet“. Weil Gott in Jesus gegenwärtig ist, darum bedarf die Mission der Christen nicht mehr zentraler Kultorte. Sie kann weltweit wirksam werden. Lied 356: Es ist in keinem andern Heil
Johannes 4,27–38 Jesus überschreitet Grenzen. So wagt niemand, ihn zu kritisieren, daß er auch Frauen in die Mission einbindet – wie etwa die Samariterin, die erste Missionarin in Samaria. Mission heißt, Menschen in Kontakt mit Jesus zu bringen. Das Wort, das Gott durch die Propheten bis hin zu Johannes dem Täufer hat verkünden lassen, wird nun durch Jesu Wirken zur Vollendung gebracht. Jesus sammelt in seiner Mission die Menschen zum ewigen Leben. Das Zusammen124
Evangelium nach Johannes
wirken des Vaters und des Sohnes in der Mission erfahren in gleicher Weise die Missionare untereinander (v38), die auf der Arbeit der anderen aufbauen, etwa Petrus und Apollo auf der Arbeit des Paulus. Lied 72: O Jesu Christe, wahres Licht
Johannes 4,39–42 Jesus schenkt den Seinen Gemeinschaft. Diese Gabe wird zugleich zur Aufgabe. Menschen, die mit Jesus leben, wollen auch andere Menschen in Kontakt mit Jesus bringen. So tut es die Samariterin. Doch dann muß jeder seine eigenen Erfahrungen mit Jesus machen. Und in einer solchen Gemeinschaft wachsen Glaube und Erkenntnis. So gelangen die Samaritaner schließlich zu einem eigenständigen Glauben und einer vertieften Erkenntnis: In dem Grenzgänger Jesus erkennen sie Gottes Angebot des Heiles für die ganze Welt. Wie im himmlischen Gottesdienst die Schranken von Nationen und Kulturen aufgehoben sind, so auch im Wirken Jesu und seiner Mission. Lied 558: Ich hör die Botschaft, Jesus lebt
Johannes 4,43–54 Daß Jesus der Erlöser der Welt ist, wird nun sogleich deutlich an der Heilung des Sohnes eines Mannes, der in Diensten des Herodes Antipas steht. Möglicherweise ist er ein Heide. Und dieser darf in die Gemeinschaft mit Jesus. Wieder überschreitet Jesus Grenzen, so wie seine Mission nach ihm. Nicht mehr das Judesein ist Voraussetzung dafür, zu Gottes Volk gehören zu dürfen, sondern der Glaube, der allen Menschen offensteht. Er verbindet Juden, Samaritaner und Heiden weltweit. Lied 358: Es kennt der Herr die Seinen
Johannes 5, 1–9a Wenn in Jesus Gott gegenwärtig wird, dann muß alles Widergöttliche, auch die Krankheit weichen – so die Erfahrung der Mission. 38 Jahre ist der Mann schon krank – hoffnungslos möchte man meinen. Wenn er Hilfe erfährt, dann müssen auch andere Menschen, die als hoffnungslos gelten, nicht in Resignation verharren. Krankheit ist die Vorstufe zum Tod. Daß der Kranke aufstehen und sein Bett nehmen darf, ist daher ein Vor-Bild für die Auferstehung, die Heilung zum ewigen Leben. Lied 287: Singet dem Herrn ein neues Lied 125
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 5,9b–18 Jesus überschreitet Grenzen. Dieses Verhalten ruft Widerstand hervor und läßt die Frage nach seiner Autorität laut werden. Die Heilung des Kranken am Sabbat ist der Anlaß, auf die Diskussion um Jesu Autorität einzugehen. Daß die Heilung am Sabbat geschah, wird nachgetragen. Erst mit dieser Bemerkung wird die Heilung zum Konfliktfall. Mit der Frage der Sabbatheilung verbindet sich die Frage nach Jesu Autorität (v17–18). Jesu Anspruch und Verhalten gegenüber dem Gesetz machen ihn untragbar für die führenden Leute. Sündenvergebung ist Sache Gottes und der von ihm im Gesetz gegebenen Sühneriten; Jesus hat aus Sicht der gegnerischen Juden keine Vollmacht zu solchem Handeln. Lied 345: Auf meinen lieben Gott
Johannes 5,19–30 Um seine Autorität zu legitimieren, beruft sich Jesus, wie es das Gesetz vorschreibt, auf zwei Zeugen: den Vater und die Schrift. Der Vater legt sein Zeugnis für Jesus durch die Auferstehung ab. Sie ist das ureigenste Werk des Schöpfers. Die Auferweckung der Toten ist ja nichts anderes als Leben schaffen. Da in Jesus Gott gegenwärtig ist, hat auch er Anteil an diesem Werk. Wer das Wort Jesu aufnimmt, ist zum Leben vorgedrungen, wer sich ihm verweigert, hat sich selbst schon das Gericht gesprochen, da er sich dem Leben verweigert. Lied 113: O Tod, wo ist dein Stachel nun
Johannes 5,31–40 Normalerweise würde man als Zeugen bestimmte Menschen benennen, etwa Johannes. Anders Jesus; sein Zeuge ist ein größerer, der Vater. Jesus setzt Werk gegen Werk, das Werk der Sabbatruhe gegen das der Auferstehung. Während sich die gegnerischen Juden um die Erfüllung des Gesetzes bemühen, um Gott zufrieden zu stellen, tut Jesus das Werk des Vaters. So läßt er den Unterschied zwischen dem Verständnis der Schrift im Judentum und im Christentum deutlich werden. Das Gesetz sagt für das jüdische Verständnis, was der Mensch tun muß, nach christlichem Verständnis jedoch, was Gott an und durch Jesus tut. Weil die gegnerischen Juden die Schrift nicht als Zeugnis für Jesus anerkennen, können sie auch nicht zum ewigen Leben finden. Lied 193: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
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Evangelium nach Johannes
Johannes 5,41–47 Das jüdische Verständnis der Schrift ist gesetzlich: Mose sagt, was der Mensch tun muß. Christliches Verständnis ist prophetisch: Mose sagt, was Gott tut. Das Verbot etwa, dem Passahlamm die Beine zu brechen, müsse als Hinweis auf das Passahlamm Jesus (19,36) verstanden werden. Jesu Schriftauslegung ist offen für Gott. So kommt er in des Vaters Namen. Die Schriftauslegung der gegnerischen Juden jedoch dreht sich im Kreise. Der Grundsatz, die Schrift als ein Buch zu lesen, in dem es um das Verhalten des Menschen geht, drängt Gottes Handeln beiseite. So bestätigen sie sich mit ihren Meinungen nur noch gegenseitig. Sie meinen so, das ewige Leben zu erwerben, täuschen sich aber, weil die Schrift als Hinweis auf Jesus zu lesen ist. Gerade durch ihre Art, die fünf Bücher Mose zu verstehen, versperren sie sich den Weg zu Jesus. Lied 356: Es ist in keinem andern Heil
Johannes 6,1–15 Wer Brot gibt, dem sind die Herzen der Massen sicher. Jesu Aufgabe aber ist es nicht, wie ein Staatenlenker zu wirken. Nicht um den Hunger des Menschen nach Leben zu befriedigen, ist er gekommen; er bringt vielmehr Gottes Nähe. In Gottes Gegenwart wird aller Hunger still. Den Erwartungen, die die Menschen mit ihm verbinden, entzieht er sich. Jesus als Propheten oder König zu verstehen, wie es die Menge will, ist nicht zureichend. Jesus war nicht nur ein guter, ein herausragender Mensch. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
Johannes 6,16–21 Weil Jesus mehr als ein König oder Prophet ist, tut Jesus nun ein Wunder, wie es – nach dem Alten Testament – nur Gott tut. Er geht auf dem Wasser (Hiob 9,8). Wie schon in Kapitel 4 gezeigt, so auch hier: In Jesus ist Gott gegenwärtig. Und so gibt sich Jesus den Jüngern dann mit der göttlichen Offenbarungsformel wie in 4,26 zu erkennen: „Ich bin’s“. Lied 410: Christus, das Licht der Welt
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 6,22–40 Auf das Brotwunder und seine Bestätigung durch den Seewandel folgt nun die Brotrede. Die Volksmenge sucht Jesus, damit er ihnen den materiellen Hunger stillt, so wie Gott seinerzeit mit dem Manna der Wüste dem Volk das Leben erhalten hat. Jesus aber geht es um das ewige Leben, das es durch ihn als dem Brot des Lebens gibt. Geprägt von ihrem jüdischen Vorverständnis fragen die Leute, was sie dafür tun müßten; doch ewiges Leben kann man sich nicht erarbeiten, sondern man empfängt es im „Werk“ des Glaubens an Jesus als den Gesandten Gottes. Ganz im Denken des jüdischen Glaubens fordern die Leute nun ein Zeichen, wie es der kommende Messias tun sollte, etwa das Mannawunder der Wüste zu wiederholen. Jesus lehnt ab. Wenn er sich selbst ausweisen soll, dann würde sich das Vertrauen des Glaubens nicht auf seine Person gründen, sondern auf dieses Zeichen. Da Gott durch Jesus wirkt, fordern die Juden im Grunde, Gott müsse sich selbst gegenüber einer höheren Instanz ausweisen, nämlich gegenüber den Kriterien, die die Menschen aufstellen. Somit bleibt die Zeichenforderung dem materiellen Denken verhaftet, ist also der Gabe des ewigen Lebens nicht angemessen. In unserer heutigen Gesellschaft ist es nicht anders, da das Denken von der Lebenserhaltung durch Essen und Arbeiten beherrscht und das ewige Leben als höchst ungewiß betrachtet wird. Lied 526: Jesus, meine Zuversicht
Johannes 6,41–51 Die Juden bezweifeln, daß Jesu der kommende Gottesgesandte sei, da seine Herkunft bekannt sei. Der Messias aber komme vom Himmel, so die einen; die andern meinten, seine Herkunft sei unbekannt. Da wieder Kriterien für den Anspruch Jesu aufgestellt werden, erklärt Jesus, daß diejenigen das ewige Leben haben werden, die von Gott gelehrt und zu ihm gezogen werden, freilich nicht zur Betrachtung des Gesetzes, sondern zum Glauben an Jesus, dem Brot des ewigen Lebens. Der Hinweis auf das Sterben der Wüstengeneration trotz des Genusses des Manna will deutlich machen, daß das Alte Testament von keinem Leben weiß, das dem Tod überlegen ist. Lied 358: Es kennt der Herr die Seinen
Johannes 6,52–59 Vers 51 gibt zu einem weiteren Mißverständnis der Juden Anlaß. Natürlich ist das Essen nicht als Kannibalismus zu verstehen. Vielmehr zeigt das Abendmahl die innige Verbindung zwi128
Evangelium nach Johannes
schen dem Gläubigen und Christus an; in dieser Gemeinschaft erhält der Glaubende Anteil am Leben Jesu in der Ewigkeit. Lied 227: Dank sei dir, Vater, für das ewige Leben
Johannes 6,60–66 Auf die Brotrede hin kündigen viele Jesus ihre Gefolgschaft auf. Die Worte Jesu entsprechen nicht jüdischen Vorstellungen, für die der Gedanke, Blut zu trinken, unvorstellbar ist. Ebenso unannehmbar ist der Gedanke, der Tod am Kreuz sei als Rückkehr zum Vater zu verstehen. Der Tod am Kreuz ist vielmehr nach 5.Mose 21,23 der Tod eines von Gott Verfluchten. Zwar erkennen die Juden den gleichen Gott an, doch die Verkündigung vom Kreuz und das Abendmahl sind für sie nicht annehmbar. Hier trennen sich Judentum und Christentum. Lied 223: Das Wort geht von dem Vater aus
Johannes 6,67–71 Die verbleibenden Jünger antworten durch den Mund des Petrus mit dem Bekenntnis zur Person Jesu und seiner Gabe, dem ewigen Leben. Die „Ich bin“ – Worte Jesu nehmen die Jünger mit dem Bekenntnis „Du bist der Heilige Gottes“ auf. Dieses Bekenntnis bedarf der immer wieder neuen Vergewisserung und Wiederholung, wie das Beispiel des Judas zeigt. Wie die Jünger so bekennen auch wir im Gottesdienst auf das Wort Gottes in der Evangeliumslesung hin unseren Glauben. Lied 184: Wir glauben Gott im höchsten Thron
Johannes 7,1–13 Nachdem Jesus eine große Anhängerschar verloren hat, meinen nun seine Brüder, Jesus zum Durchbruch beim Volk verhelfen zu müssen. Nach dem Tod Jesu hat dann die Familie Jesu, vor allem der Herrenbruder Jakobus, die Leitung der Gemeinde in Jerusalem und Galiläa innegehabt und dabei versucht, sich der herrschenden altgläubigen Synagoge anzupassen. Dieser Weg hat freilich keinen großen Erfolg gehabt. Die Brüder verkennen, daß das Gelingen in Gottes Hand liegt. Mit einer großen Propagandakampagne würde Jesus nur als einer der vielen Wundertäter wahrgenommen werden. Seine Aufgabe aber ist es, durch seinen Tod den Seinen ewiges Leben zu verschaffen. Die Meinungen der Juden über Jesus 129
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
sind gespalten. Die einen halten ihn für eine positive Erscheinung, die anderen für einen Volksverführer. Lied 96: Du schöner Lebensbaum des Paradieses
Johannes 7,14–24 In Vers 15–18 verteidigt sich Jesus. Man spricht ihm die Befähigung ab, das Gesetz des Mose in gültiger Weise auslegen zu können, da er kein ausgebildeter Rabbi bzw. kein ordinierter Schriftgelehrter sei. Das ist wohl richtig. Aber Jesus beruft sich auf die Kenntnis des Willens Gottes, seines Vaters. Man tut den Willen Gottes, wenn man glaubt; im Vollzug des Glaubens wird man auch der Wahrheit der Verkündigung Jesu inne. Von Vers 19 an geht Jesus zum Angriff über. Da das Gesetz des Mose von Jesus spricht, die Juden ihn aber töten wollen, stellen sie sich faktisch gegen das Gesetz des Mose. Die Volksmenge, unterschieden von der jüdischen Führung, ist ahnungslos; sie erklärt darum Jesu für verrückt. Jesus verweist auf die Verfolgung seiner Person nach der Sabbatheilung (5,16). Er rechtfertigt sein Handeln damit, daß die Beschneidung am Sabbat erlaubt sei, die doch nur einen Teil des Menschen betreffe, während er doch den ganzen Menschen gesund gemacht habe. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Johannes 7,25–30 Von der Absicht der jüdischen Führung, Jesus wegen der Mißachtung des Sabbats zu töten, war schon in 5,18; 7,19–20 die Rede. So ist das Erstaunen der Menge über den Mut Jesu, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen, nicht verwunderlich. Da die jüdische Führung nicht eingreift, wird die ironische Frage laut, ob diese denn den Anspruch Jesu anerkenne, der erwartete Gesandte Gottes zu sein (v26). Gegen Jesu Behauptung spreche, daß seine Herkunft bekannt sei, die des Messias aber werde unbekannt sein; so glaubte es ein Teil des Judentums. Dagegen setzt Jesus, daß sein Ursprung bei Gott liege, die irdische Herkunft also nicht entscheidend sei, sondern die Sendung durch Gott. Damit ist der Unterschied zum Judentum und auch zum Islam deutlich ausgesprochen: Beide erkennen die Gottessohnschaft Jesu nicht an. Lied 346: Such, wer da will, ein ander Ziel
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Evangelium nach Johannes
Johannes 7,31–39 Es war die Erwartung der Juden, daß der Gesandte Gottes Wunder tun würde. Doch gerade wegen seiner Wunder soll Jesus nun verhaftet werden. Wie man es auch dreht und wendet: Genügt Jesus den Maßstäben der Messiaserwartung nicht, kann sein Anspruch natürlich nicht zu recht bestehen, genügt er aber diesen Maßstäben, dann will man ihn beiseite schaffen. Immer wieder finden die Menschen Ausreden, dem Anspruch Jesu auszuweichen, immer wieder finden sie neue Bedingungen, bevor sie sich auf ihn einzulassen bereit sind. Auf den Versuch, ihn zu verhaften, antwortet Jesu mit einer Leidensweissagung. Doch in ihrer Gottesblindheit begreifen die Hörer den Sinn der Worte Jesu nicht. Wer freilich sich zu Jesus hält, der wird den Geist des Lebens erhalten, Gott zu erkennen. Lied 125: Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
Johannes 7,40–52 Die Leidensweissagung Jesu (v33) haben einige als Prophezeiung verstanden. Darum erkennen sie in Jesus den Propheten, den Gott als Messias am Ende der Zeiten schicken werde. Wieder entsteht die Diskussion, ob Jesus den Maßstäben genüge, denn nicht aus Galiläa komme der Messias, sondern aus Bethlehem, wie die meisten Juden glaubten. Von der Geburt in Bethlehem erzählt Johannes nichts, wohl deswegen, weil man dem Anspruch Jesu auf Glauben nicht gerecht würde, wollte man mit der Geburt in Bethlehem Jesu Gottessohnschaft beweisen wollen. Mit bitterer Ironie schildert Johannes, wie sich die jüdische Führung zwar stets auf das Gesetz beruft, Jesus aber die vom Gesetz geforderte Anhörung verweigert. Sie brandmarkt ihn als Verführer. Lied 356: Es ist in keinem andern Heil
Johannes 7,53–8,11 Die Geschichte von der Ehebrecherin unterbricht den Zusammenhang der Diskussionen um Jesu Messianität. Die Fangfrage ist gut gewählt. Entweder stellt sich Jesus gegen die Forderung des Gesetzes und gibt so Anlaß zu einer Anklage, oder er entspricht ihr; dann würde er seine Verkündigung Lügen strafen. Die Ankläger meinen, das hohe Gut der Ehe durch Strafen schützen zu müssen. Doch durch den Tod der Frau würde diese Ehe zerstört. Durch die Gegenfrage Jesu erkennen die Ankläger, daß von jedem Menschen Gefährdungen der Ehe ausgehen. Darum ist es wichtiger, Ehen zu heilen und sie stabil zu machen. Lied 238: Herr, vor dein Antlitz treten zwei 131
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 8,12–20 Zum Laubhüttenfest wurden im Tempel große Schalen aufgestellt, in denen große Feuer loderten, die ganz Jerusalem überstrahlten. Dagegen heißt es polemisch: Die ganze Welt erhält Licht von Jesus. Wieder entspinnt sich die Diskussion um die Beweisbarkeit des Anspruches Jesu. Jesus lehnt es ab, einen zweiten Zeugen aufzubieten, wie nach dem Gesetz gefordert. Da er der Bote Gottes sei, müsse für ihn das jüdische Botenrecht gelten, wonach eine einfache Beauftragung zureichend sei. Nur für den Fall, daß Jesus – in Ausnahmefällen – ein Urteil spreche, bietet er den geforderten zweiten Zeugen auf, seinen Vater. Wieder endet die Diskussion im Konflikt, der ja dann letztendlich zum Tod Jesu führt. Lied 450: Morgenglanz der Ewigkeit
Johannes 8,21–30 Sünde meint im Johannesevangelium nicht bestimmte Verhaltensweisen, sondern: nicht an Jesus glauben. Auch wenn die Juden Jesus suchen, werden sie im Unglauben verharren, da sie ihre Maßstäbe nicht über Bord werfen. Die Entgegnung der Juden ist polemisch: Wenn Jesus selbst Hand an sich legt, begeht er selbst eine Sünde. Diese Polemik zeigt, daß die Juden nicht in der Lage sind, Jesu Anspruch zu verstehen, der Beauftragte Gottes zu sein, wie auch der Gesprächsgang von Vers 25 an zeigt. Selbst wenn sie bei der Kreuzigung erkennen, daß Jesus nicht der von Gott Verfluchte ist (5.Mose 21,23), so werden sie ihn doch nicht anerkennen. Lied 96: Du schöner Lebensbaum des Paradieses
Johannes 8,31–36 Die Diskussion dreht sich um die Ausschließlichkeit des Anspruches Jesu. Nicht die Forderungen des Gesetzes des Mose für die Abrahamskinder führen in die Freiheit der Kinder Gottes, sondern einzig Jesus und sein Wort. Das Gesetz verbietet, es deckt nur auf, was Sünde ist. In der Verbindung mit Jesus aber fragt man nicht nach dem, was verboten ist, was Sünde ist, sondern man entdeckt die Liebe zu Gott, aus der heraus man tut, was dieser Liebe entspricht. Johannes denkt zu seiner Zeit möglicherweise an Christen, die das Gesetz des Mose als Gesetz der Freiheit (Jakobus 1,25) verstanden und es als verpflichtend für die Christen ansahen, so etwa wie die Adventisten heutzutage. Lied 198: Herr, dein Wort, die edle Gabe
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Evangelium nach Johannes
Johannes 8,37–45 Nach der fleischlichen Herkunft stammen die Juden von Abraham ab. Aber sie ehren den Gott Abrahams nicht, wenn sie Jesus töten wollen. Darum sind sie nicht Abrahams geistliche Kinder, geschweige denn Gottes Kinder. Im Umfeld des Neuen Testamentes ist mit Unzucht häufig der Abfall von Gott gemeint. So weisen die Juden die Unterstellung Jesu zurück, sie seien Götzendiener. Wenn Jesus sie nun als Teufelsdiener bezeichnet, dann deshalb, weil sie wie der Satan Menschen verderben wollen. Der Vorwurf ist sehr hart, man sollte aber nicht vergessen, daß die Pharisäer die Wunder Jesus als Teufelswunder brandmarkten. Lied 72: O Jesu Christe, wahres Licht
Johannes 8,46–59 Gerade weil Jesus die Wahrheit sagt, glauben die Juden ihm nicht; sie sind eben mit dem Vater der Lüge verbunden. Der Vorwurf, Jesus sei ein Samaritaner und ein Besessener, macht die Tiefe der Trennung zwischen Judentum und Christentum deutlich. Das Nichtverstehen der Worte Jesu vom ewigen Leben durch die Juden setzt sich fort, wenn sie meinen, Jesus beanspruche die Macht, Leben verlängern zu können. Wahr hingegen ist, daß Jesus beansprucht, mehr zu sein als Abraham und die Propheten. Abraham selbst bezeuge, daß Jesus das Zentrum der Geschichte des Gottesvolkes sei. Der Bruch mit der altgläubigen Synagoge ist deutlich. Das neue Gottesvolk gründet sich nicht in der Abstammung von Abraham, sondern in der Teilhabe an Jesu ewigem Leben. Lied 403: Schönster Herr Jesu
Johannes 9,1–12 Die Frage der Jünger beruht auf der Überzeugung, daß Krankheit die Folge von Sünde sei. Jesus lehnt diese automatische Zuschreibung ab. Der Sinn der Blindheit jenes Mannes ist es, zum Werkzeug Gottes zu werden. Wie oft haben nicht Menschen, die schwer krank sind, mit ihrer Glaubenszuversicht andere Menschen getröstet! Die Heilung bezeugt, daß Jesus das Licht der Welt ist. Daß Wunderheilungen angezweifelt werden, ist nicht nur in unserer Zeit, sondern auch zu Zeiten des Johannes nicht ungewöhnlich. Lied 402: Meinen Jesus laß ich nicht
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 9,13–23 Während der Geheilte bei seinem Verhör (v13–17) ein Zeugnis für Jesus ablegt, halten sich seine Eltern bedeckt (v18–23). Sie haben Furcht vor den jüdischen Behörden, wie auch anderswo im Johannesevangelium geschildert. Zur Zeit des Johannes schloß die Synagoge Christusgläubige aus. Dieser Bann brachte wohl schwere Nachteile mit sich, bis hin zum Tod. Um so bedeutsamer ist es, daß der Geheilte sich zu Jesus bekennt. Lied 362: Ein feste Burg ist unser Gott
Johannes 9,24–34 Der geheilte Blinde gibt Gott in einem ganz anderen Sinn die Ehre als es die jüdischen Befrager erwarten: Er legt kein eigenes Sündenbekenntnis ab; er gibt vielmehr Gott die Ehre, da er Jesus als einen Gerechten preist, der ihm, der blind geboren, das Augenlicht wiedergegeben hat. Nur in der Verbundenheit mit Gott gebe es solche Vollmacht. So kommt der Geheilte gerade beim Verhör zur Klarheit des Glaubens, sein Ausschluß aus der Synagoge ist die Folge. Hatte ihm Jesus ein neues Leben geschenkt, nimmt er es in Kauf, nun seine alten Bekannten zu verlieren. Lied 400: Ich will dich lieben, meine Stärke
Johannes 9,35–41 Nach dem förmlichen Ausschluß aus der Synagoge wird der Geheilte nun mit seinem Bekenntnis in die Gemeinschaft der Jesusnachfolger aufgenommen, so wie es in der Taufe geschieht. Die Pharisäer bekennen sich nicht zu Jesus. Sie sehen zwar, was er tut, aber sie versagen ihm die Anerkennung. Sehenden Auges sind sie blind. Dies ist das Gericht: Menschen bleiben den Konsequenzen ihres eigenen Tuns überlassen. Lied 703: Ich glaube, Gott ist Herr der Welt
Johannes 10,1–10 Der erwartete Messias galt als der wirkliche Hirte des Gottesvolkes. Jesus ist der Zugang zum Volk Gottes und zugleich der Zugang zum Heil für das Volk Gottes. In der Taufe bekennen wir uns zu Jesus und werden so Glieder des Gottesvolkes, der Kirche; und zugleich erhalten wir Anteil am ewigen Leben, symbolisiert im Untertauchen in das Wasser und im Wiederhervor134
Evangelium nach Johannes
kommen aus dem Wasser. Ob Johannes mit dem Wort von den Dieben und Räubern konkrete Personen meint, die sich als Messias ausgeben, ist nicht deutlich. Menschen, die sich als Heilsbringer empfehlen, gibt es auch heute zuhauf. Lied 274: Der Herr ist mein getreuer Hirt
Johannes 10,11–21 Noch einmal wird deutlich, was der Hirte an den Schafen tut. Das ist das Bild dafür, wie Jesus Christus an uns Menschen handelt. Dieses Handeln dürfen wir in den Gemeinden weitergeben. Nicht umsonst werden Pfarrer im Norden „Pastor“ – lateinisch: „Hirte“ – genannt. Die Treue zu den jeweils anvertrauten Gemeindegliedern muß ein hervorstechendes Merkmal eines solchen Hirten sein – wobei es wohl immer Unterschiede gibt, wie diese Treue wahrgenommen wird. Lied 593: Weil ich Jesu Schäflein bin
Johannes 10, 22–30 Das Johannesevangelium macht hier deutlich, was in den anderen Evangelien z. B. durch die Geschichte von der Heilung der syrophönizischen Frau ausgesagt wird: Zwar beginnt der Auftrag Jesu im jüdischen Volk. Jesus ist als Jude geboren und hat als Jude gelebt. Seine Jünger waren ebenfalls Juden. Doch schon in den Tagen seines irdischen Wirkens weist Jesus über Israel hinaus. Der Bund wird in Christus auf die gesamte Menschheit erweitert. Lied 245: Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren
Johannes 10,31–42 Der Streit mit den Frommen seiner Zeit spitzt sich zu. Die Behauptung „Gott und ich sind eins“ würde noch heute in strenggläubigen Stadtvierteln Jerusalems akute Lebensgefahr bedeuten. Doch wir brauchen nicht so weit zu gehen. Wie viele Zeitgenossen in unserem Land sehen in Jesus vielleicht noch ein ethisches Vorbild, einen interessanten Menschen, einen bewundernswerten Träumer – aber wie weit weg ist er wirklich für sie? Daß Christus lebt, daß er auferstanden ist und heute mein ganzes Leben hält und führen will, das ist auch heute schwer zu vermitteln, wenn auch dieses Zeugnis eher von Spott als von Steinen bedroht ist. An Jesus zu glauben, heißt nicht nur zu bejahen, daß er gelebt hat, sondern es heißt, daß er noch heute mein Leben leiten will, auf allen Wegen, die ich zu gehen habe! Lied 407: Stern, auf den ich schaue 135
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 11,1–16 Auf den Hilferuf der beiden Schwestern eilt Jesus unverständlicherweise nicht sogleich herbei. Er hat nicht etwa Angst vor den Juden wie die Jünger (v8). Vielmehr erklärt er den Jüngern, seine Zeit sei zwar begrenzt (v9a), aber seine Stunde sei noch nicht gekommen. Erst wenn er Lazarus von den Toten auferwecken kann, ist seine Stunde gekommen. Dann aber bricht er zu den Schwestern auf. Die Auferweckung des Lazarus veranlaßt die Juden, Jesu Tod zu beschließen (11,47–53), so daß er schließlich ans Kreuz geheftet wird, am Kreuz erhöht wird, wie Johannes deutet. So wird der Tod des Lazarus zur Verherrlichung Jesu führen. Wenn die Jünger mit ihm ziehen, dann bleiben sie im Licht, wenn nicht, schlagen sie sich auf die Seite der Finsternis, derer, die Jesus nach dem Leben trachten und ihn bezeichnenderweise in der Nacht festnehmen lassen. Das Mißverständnis der Jünger dient dazu, deutlich zu machen, daß Lazarus wirklich gestorben ist, nicht nur scheintot gewesen sei. Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
Johannes 11,17–27 3 Tage, so die allgemeine Meinung, bleibe die Seele in der Nähe des Leichnams. Danach habe sie sich gelöst, so daß keine Hoffnung mehr besteht, das Leben könnte noch einmal zurückkehren. Die Nachbarschaft und Bekanntschaft ist gekommen, zu klagen, zu trauern und zu trösten. Martha sucht die Trostworte nicht der Menschen, sondern Jesu. Jesus spricht sie auf ihr Wissen um die Auferstehung an. Doch ihr Wissen läßt sie kalt. Resigniert klingt ihre Antwort. Da gelingt es Jesus, mit dem Wort „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ in ihr die Glut des Glaubens und Hoffens zu entfachen: „Ich glaube, daß bist der Christus, der Sohn Gottes“. So ist jede Beerdigung ein Kampf um den Glauben. Lied 516: Christus, der ist mein Leben
Johannes 11,28–37 Die Trauergesellschaft bricht zum Grab – wie sie meinen – auf. Doch sie werden zu Jesus geführt. Während in Martha angesichts der Gegenwart Jesu im Tode der Glaube erwacht, verharrt die Trauergesellschaft in ihrer Trauer. Sie erinnern sich zwar der Heilung des Blinden durch Jesus, aber nun bleiben sie resigniert. Und Jesus ergrimmt, weil sie mit ihrem Klagen den Tod Herr über sich sein lassen. Auch das Weinen Jesu ist wohl so zu verstehen, daß er Mitleid mit den Menschen empfindet, die unter der Herrschaft des Todes leiden. Von dieser lähmenden To136
Evangelium nach Johannes
desmacht frei zu kommen, das ist Aufgabe eines jeden Menschen bei Todesfällen, und die kirchliche Beerdigung will dabei helfen – gerade durch das gemeinsame Singen gegen alles Weinen. Lied 520: Nun bringen wir den Leib zur Ruh
Johannes 11,38–44 Lazarus stinkt schon: Die Größe der Lebensmacht Jesu tritt um so deutlicher hervor. Angesichts des stinkenden Lazarus gerät Marthas Glaube noch einmal ins Wanken, doch Jesu Wort macht sie wieder fest. Und auch die Volksmenge soll angesichts des Wunders der Auferstehung davon überzeugt sein, daß Jesus der Gesandte Gottes ist. Damit kontrastiert freilich der Entschluß des Hohen Rates, Jesus zu beseitigen, und zwar gerade wegen der Auferweckung des Lazarus (11,47–53). Auf das Gebet hin, das die Einheit zwischen Vater und Sohn demonstrieren soll, vollzieht Jesus das Wunder mit dem Akt der Wiederherstellung (v42) und der Feststellung der Tatsächlichkeit (v44). Jesus hat dem Tod die Macht über die Menschen genommen. Vom Tod ist das ganze menschliche Leben beherrscht, denn mit all seinen Bemühungen um Essen und Gesundheit, Sicherheit und fröhliche Stunden versucht der Mensch nichts anderes als den Tod hinauszuschieben. Lied: 106: Erschienen ist der herrlich Tag
Johannes 11,45 – 57 In der Geschichte von der Auferweckung des Lazarus hatte Johannes Jesus als den Geber des Lebens dargestellt. Nun zeigt er den Hohen Rat als den Vernichter des Lebens. Mit seiner Sorge hat der Hohe Rat sicher nicht Unrecht, wie sich in den Jahren 5–30 gezeigt hatte. Immer wieder waren jüdische Männer aufgetreten, die mit der Ankündigung von Wundertaten zum Widerstand gegen die Römer aufgerufen hatten. Natürlich hatten die Römer eingegriffen. Kaiphas wird zum unfreiwilligen Propheten. Tatsächlich wird Jesus für sein Volk sterben, freilich für ein Volk, das sich der Gesandte Gottes aus allen Völkern berufen wird. Ein Jude würde hingegen an die sehnlichst erwartete Rückkehr der jüdischen Diaspora denken. Es ist die Ironie Gottes, daß Kaiphas, der oberste jüdische Opferpriester, mit der Opferung Jesu das Ende aller Opfer einläutet. Es ist möglich, daß Johannes mit dem Rückzug Jesu nach Ephraim die Erwartung mancher Juden erfüllt sieht, der Gesandte Gottes werde vor seinem letzten öffentlichen Auftreten verborgen sein. Der Todesbeschluß des Hohen Rates geht mit der Aufforderung zur Denunziation einher. Lied 77: Christus, der uns selig macht 137
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 12,1–11 Der Geber des Lebens wird für den Tod gesalbt. Die Verwendung eines kostbaren Öles macht deutlich, wie tief die Verehrung und die Dankbarkeit Jesus gegenüber ist. Auch viele Juden reihen sich in die Schar der Verehrer Jesu ein. Der, der in den Tod geht, wird als Herr des Lebens gefeiert. Die Jesusverehrung facht die Wut der jüdischen Behörde an. Später werden die Jünger der Verfolgung durch die jüdischen Behörden ausgesetzt sein (Johannes 16,2). Mit seinen Worten an Judas macht Jesus deutlich, daß Gottesverehrung und sozialer Einsatz nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, sondern zusammengehören, im Unterschied zum gottlosen Humanismus unserer Zeit Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
Johannes 12,12–19 Den Einzug Jesu in Jerusalem stellt Johannes wie den Einzug eines Herrschers dar, der den Feind besiegt hat. Nicht Pilger sind es, die Jesus begrüßen, sondern die Bewohner der Stadt Jerusalem. Die Begleiter Jesu verkünden wie Herolde die Großtat Jesu: Er hat den Lazarus auferweckt. Darum bejubeln die Bewohner Jerusalems Jesus als den Friedefürsten und Sieger über den Tod. Es geht also Johannes nicht um das persönliche Kommen Jesu zu uns. Mit der Gestaltung der Erzählung vom Einzug Jesu in Jerusalem macht Johannes deutlich, daß Jesus das Leben nach dem Tode möglich macht. Der gottlose Humanismus unserer Zeit tut sich mit Sterben und Tod deshalb so schwer, weil er keine Hoffnung über den Tod hinaus hat. Lied 102: Jesus Christus, unser Heiland
Johannes 12,20–26 Tod und Auferstehung Jesu sind nicht allein für das Judentum von Bedeutung, wie die Geschichte vom Einzug nahe legen könnte. Die gesamte Welt ist betroffen, wie die Frage der Griechen nach Jesus zeigt. Die Griechen wenden sich nicht direkt an Jesus, sondern an die Jünger. Darin hat Johannes seine Zeit vor Augen: Die Botschaft von Jesus hat im Herzen des Judentums ihren Ursprung, und die Apostel sind die Vermittler. Das Sterben Jesu ist geradezu die notwendige Voraussetzung für das ewige Leben. Ewiges Leben wird nur der haben, der sich an Jesus bindet. Weil Jesus der Herr über den Tod ist, braucht sein Nachfolger auch dann nicht den Tod zu fürchten, wenn er ihm ins Auge sieht. Ein erfülltes Leben wünschen sich alle Menschen. Weil die heutige Zeit meint, dieses nur im Diesseits finden zu können, findet sie kein wahrhaftes Verhältnis zum Tod. Lied 98: Korn, das in die Erde 138
Evangelium nach Johannes
Johannes 12,27–33 Sterben ist keine leichte Sache, auch für Jesus nicht. Wie alle Menschen muß er darum kämpfen, seinen Tod zu akzeptieren. Innere Gewißheit erlangt er durch Gottes Wort und Zusage. So wird es allen gehen, die sich zu ihm halten. Er wird sie zu sich ziehen. Wer sich nicht zu Jesus hält, wird von ihm nicht gezwungen, nach dem Tode in seiner Gegenwart zu leben. Das ist das Gericht, von der Quelle des Lebens abgeschnitten zu sein. Die Menschen, die nur ein großes Donnern hören, sind diejenigen, die den Ursprung allen Geschehens in Gott nicht wahrhaben wollen. Selbst das Aufrichten des Kreuzes ist ein Hinweis auf Gottes Wollen: Jesus wird erhöht über alle Welt. Lied 122: Auf Christi Himmelfahrt allein
Johannes 12,34–36 Mit seiner Antwort weicht Jesus von gängigen jüdischen Vorstellungen ab. Die Gesprächspartner Jesu schneiden darum das Thema gültiger Gotteserkenntnis an. Die Norm der Juden ist das Gesetz. Jesus widerspricht: Nur durch ihn, das Licht der Welt, gibt es wahrhaftige Gotteserkenntnis. Lied 620 Christ ist der Weg, das Licht, die Pfort
Johannes 12,37–43 Johannes schließt die Erzählung von der öffentlichen Wirksamkeit Jesu mit einer rückblickenden Zusammenfassung ab. Dabei fließen die Erfahrungen der ersten Christen mit ihrer Missionstätigkeit unter den Juden ein. So wie es auch schon Jesus bei der Aussendung seiner Jünger gewünscht hatte, hatten die Christusgläubigen auf eine Hinwendung von ganz Israel zu Gott gehofft. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Diesen Mißerfolg konnten sich die Christen nur so erklären, daß die Herzen der Juden verstockt waren. Die Worte der Propheten machten sie dieser Deutung gewiß. Unter den Juden hatte die Glaubensrichtung der Pharisäer die Oberhand erlangt. Die Christen sahen sich darum Anfeindungen ausgesetzt, bis hin zum Ausschluß aus der Synagoge (16,2). Dennoch haben die Christen eine Reihe von heimlichen Sympathisanten, auch unter den Intellektuellen. Unter der kommunistischen Herrschaft war das ebenso. Lied 249: Verzage nicht, du Häuflein klein
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 12,44–50 Ganz unvermittelt folgt nun eine Rede Jesu. Johannes sagt nicht, an welchem Ort Jesus diese Worte spricht, noch wer seine Zuhörer sind. Man wird diese Worte darum als eine Zusammenfassung verstehen müssen. Immer wieder hatten die Juden Jesu Anspruch, im Namen Gottes zu reden, zurückgewiesen. Jesus bekräftigt noch einmal, der bevollmächtigte Gesandte Gottes zu sein und aus der Einheit mit dem Vater zu wirken. Nur im Hören auf ihn, das Licht der Welt, gibt es Erleuchtung und wahre Gotteserkenntnis (8,12; 12,35), weder durch Buddha noch durch Mohammed ist das möglich. Wer nicht auf Jesu Worte hört, schließt sich selbst vom Licht, von der Quelle des Lebens aus; er spricht sich selbst das Gericht. Lied 550: Licht, das in die Welt gekommen
Johannes 13,1–11 Nachdem Johannes die Darstellung der öffentlichen Wirksamkeit Jesu abgeschlossen hat, wendet er sich in den Kapiteln 13–17 dem Verhältnis Jesu zu den Seinen, also den Christen, zu; denn Jesu Stunde ist gekommen (v1). Johannes spricht von einem Mahl (v2), erzählt aber seltsamerweise nichts vom Abendmahl, obwohl er die Geschichte von der Ansage und Bezeichnung des Verräters aus dem Abendmahlsgeschehen kennt (v26). Von den beiden Sakramenten, Taufe und Abendmahl, hatte Johannes bereits in Kapitel 3 und 6 gesprochen. In der Geschichte von der Fußwaschung stellt er die Bedeutung der Sakramente dar. Nicht der Mensch, sondern Jesus handelt in den Sakramenten (v6–8). Er schenkt sich den Menschen nicht nur im Wort, sondern auch in den faßbaren Zeichen seiner Liebe (v1), so wie Liebende nicht nur des Wortes der Liebe, sondern auch der fühlbaren Zärtlichkeit bedürfen. Im Sakrament wird die Sünde vergeben, wie die Reinigung mit Wasser zeigt. Petrus will mehr (v9), doch sollen die beiden Sakramente den Menschen genügen. In ihnen gibt sich Jesus voll und ganz (v10). Er schenkt in den Sakramenten sein ganzes Heil; es liegt jedoch am Menschen, dieses auch anzunehmen (v10–11). Johannes betont, daß die Taufe einmalig ist (v10: Wer gebadet ist, bedarf keiner weiteren Waschung), das Abendmahl jedoch öfter stattfindet (v10: außer die Füße). Lied 190.2: Christe, du Lamm Gottes
Johannes 13,12–20 Auch wenn es Jesus ist, der in den Sakramenten handelt, so sollen diese doch nur von denen vollzogen werden, die Jesus beruft (v18). Ausdrücklich gibt Jesus den Auftrag, die Sakramente 140
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zu spenden (v14–15). Jedoch bleibt Jesus der Herr des Geschehens (v13), denn sein Diener ist nicht höher als er (v16). Ob freilich derjenige, der die Sakramente vollzieht, würdig ist, haben die Menschen nicht zu beurteilen, wie der Hinweis auf den Verrat des Judas andeutet (v18–19). Denn nur Jesus weiß, wer seiner Berufung treu bleibt. Lied 578: Zum Tisch des Herren laßt uns gehen
Johannes 13,21–30 Die Anfeindungen der Christen durch ihre Umwelt, besonders durch die pharisäisch gesonnenen Autoritäten, führten vielfach dazu, daß sich Menschen wieder vom christlichen Glauben abwandten. Das war für die Christen ganz besonders dann ein Problem, wenn einer ihrer Leiter seinen Glauben verriet. In dem Beispiel von Jesus und Judas hatten sie dies vor Augen. Abfall vom Glauben ist für die Christen ein Werk des Teufels, wie überhaupt in den Verfolgungen sich Gott und Satan gegenüberstehen. Jesus weiß von vorneherein, wer ihm treu bleiben wird, aber er läßt auch den nicht fallen, der ihn verlassen wird. Anders als der Jünger, den Jesus lieb hat, zerreißt Judas die Verbindung mit Jesus. Er verläßt das Licht, und Finsternis umgibt ihn. Lied 93: Nun gehören unsere Herzen
Johannes 13,31–35 Mit Vers 31 beginnen die Reden, mit denen sich Jesus von seinen Jüngern verabschiedet. Sein Tod ist die Rückkehr zum Vater, daher Verherrlichung. Darum können ihm die Jünger jetzt nicht mehr folgen. Wie etwa der scheidende Bräutigam seiner Verlobten ein Bild hinterläßt, so Jesus das Unterpfand seiner Verbindung mit den Seinen: Mit der Liebe Christi begabt zeichnet sich die Gemeinschaft der Christen dadurch aus, daß sie eine Liebesgemeinschaft ist. Die Liebe zu Gott kennzeichnet den Gottesdienst der Christen und die tätige Hilfe untereinander ihr Gemeinschaftsleben. Nicht die Unterwerfung unter ihren Herren wie im Islam, sondern die Anrufung ihres Vaters ist für die Christen charakteristisch. Lied 636: Ihr seid das Volk, das der Herr sich ausersehn
Johannes 13,36–38 Petrus will zwar Jesus nicht wie Judas verraten, aber sein Eifer entspricht ebenso wenig dem Willen Jesu. Petrus möchte unter keinen Umständen die Gemeinschaft mit Jesus aufgeben: „Ich 141
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will mein Leben für dich lassen“. In der Zeit des Johannes haben Christen gemeint, sie könnten sich dadurch das Zusammensein mit Jesus sichern, daß sie sich nach dem Martyrium drängten. Die Antwort Jesu an Petrus hat sicher viele Christen getröstet, die in der Stunde der Bewährung in der Verfolgung versagt und ihren Glauben verleugnet hatten. In Kapitel 21 zeigt Johannes, wie Jesus den Petrus wieder in seine Dienste nimmt. Zu allen Zeiten hat die Kirche das Drängen nach dem Martyrium nicht gut geheißen, im Unterschied zu den muslimischen Gruppen, die junge Menschen für das Martyrium rekrutieren, damit diese durch ihr Sterben auch andere mit in den Tod reißen. Aus christlicher Sicht ist für solche Menschen die Bezeichnung Märtyrer unangebracht. Lied 384: Lasset uns mit Jesus ziehen
Johannes 14,1–7 In den Abschiedsreden spricht Jesus von seinem Tod als einem Gehen zu seinem Vater. Sein Abschied hat die Gemeinschaft der Seinen mit Gott zum Ziel. Sein Geist wird in seiner Abwesenheit die Jünger leiten. Der Weg zu Gottes Gegenwart ist der Glaube. Thomas möchte über das Glauben hinausgehen, er möchte Jesu Herrlichkeit sehen, d. h. eine Vision Gottes haben. Er fragt darum nach dem Weg, also nach dem, was er tun müsse, um eine solche Vision zu erhalten. Jesus weist dieses Ansinnen zurück, denn es ist der Glaube an Jesus, der zu Gott führt, nicht das menschliche Bemühen. Nur durch Jesus und in ihm wird Gott gegenwärtig. Lied 195: Allein auf Gottes Wort will ich
Johannes 14,8–14 Philippus begreift, daß eine Vision Gottes ein Geschenk ist und nicht durch menschliches Bemühen herbeigeführt werden kann. Er fragt nach einer unmittelbaren Schau Gottes und übersieht dabei, daß Gott in Christus gegenwärtig ist. Philippus will Gottes inne werden ohne die Zweideutigkeiten aller menschlichen Erfahrung, ohne allen Zweifel. Doch Gott offenbart sich nicht unter Umgehung von Jesus. Der Glaube, das Vertrauen, nicht die Schau ist für die Christen der Weg der Begegnung mit Gott. Solchem Glauben verheißt Jesus die Erhörung der Gebete (v13–14) und den Beistand seiner Kraft im Handeln (v12). Lied 620: Christ ist der Weg, das Licht, die Pfort
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Johannes 14,15–21 Wenn also Gott und Jesus nicht in einer Vision gegenwärtig werden, in welcher Weise wird dann Jesus dem Glaubenden gegenwärtig sein? Wie eine Verlobte von ihrem Geliebten ein Bild erhält, wenn dieser verreist, so erhalten die Jünger Jesu seinen Geist, der sie über die Sehnsucht nach dem, den sie lieben, hinwegtröstet. Und wie die Verlobte das Bild des Geliebten betrachtet und sich fragt, was er wohl tun und raten würde, so werden die Gebote Jesu und sein Geist die Jünger leiten. Die Aufgabe des Geistes ist es, auf Jesus zu weisen, an seine Worte und Werke zu erinnern. Und wie der Verlobte zu seiner Geliebten zurückkehrt, so wird auch Jesus kommen und die Seinen aus den Zweideutigkeiten des Lebens herausnehmen; sie werden der Einheit von Vater und Sohn gewiß. Lied 131: O heiliger Geist, o heiliger Gott
Johannes 14,22–26 Nur in der Liebesbeziehung zu Jesus entfalten seine Worte ihre Kraft und Tiefe, so wie die Worte des Verlobten eine unvergleichliche Bedeutung für seine Braut haben. Die Welt, die nicht in der Liebesbeziehung zu Jesus steht, wird die Worte und Gebote Jesu ihren eigenen Normen und Kriterien unterwerfen. Darum wird sie die Worte und Gebote Jesu – wenn es hochkommt – als eine bewundernswerte humanistische Lehre bewerten, nicht aber Gottes Anspruch in ihnen sehen. Der heilige Geist wird die Christen in der Liebe zu Jesus erhalten, wenn Jesus zum Vater gegangen ist. Johannes betont, daß das Wirken des heiligen Geistes streng auf Jesus bezogen ist. Er entfaltet also nicht eine eigene Wirksamkeit, unter Absehung von Jesus. Lied 400: Ich will dich lieben, meine Stärke
Johannes 14,27–31 Zum Abschied wünscht man sich Frieden. Bei Jesus ist das freilich nicht nur Wunsch, sondern Wirklichkeit. Und tatsächlich sorgt er bei seiner Verhaftung dafür, daß die Jünger nicht festgenommen werden. Diese Bewahrung ist möglich, weil Jesus den Sieg über den Fürsten dieser Welt mit seinem Tod, also dem Heimgang zu seinem Vater, besiegelt. Denn in der unbedingten Treue zum Vater auch im Tod erfüllt Jesus das erste Gebot: „kein anderer Gott“. Mit der Sendung seines Geistes wird er seinen Nachfolgern Furchtlosigkeit schenken. Lied 171: Bewahre uns Gott
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 15,1–8 Mit der Tötung Jesu verfehlen die jüdischen Führer das Ziel der Erwählung Israels. Schon die Propheten hatten mit dem Bild vom schlechten Weinstock darauf hingewiesen, daß Israel nicht treu zu seinem Gott steht (z. B. Jeremia 2,21). Jesus geht in Treue zu Gott in den Tod. Er ist darum der wahre Weinstock. Und die Gemeinde, die sich um ihn und sein Wort schart, kann die Werke ihrer Berufung tun. Wer sich freilich nicht beständig dem Wort Jesu „aussetzt“, der wird es schwer haben, weil andere „Worte“ die Oberhand gewinnen, etwa des praktischen Atheismus vieler Fernsehmacher. Bestimmung des Menschen ist es, mit seinem Leben Gott die Ehre zu geben (v8). Lied 326: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Johannes 15,9–17 Die Liebe, die sich in der Tat ausdrückt, nimmt den Gedanken des „Frucht-Bringens“ auf. Liebe ist das bestimmende Stichwort des Abschnittes, in jeweils charakteristischer Anwendung. Die Christen werden aufgefordert, Liebe zu üben oder in der Liebe zu bleiben. Ist vom Vater und Sohn die Rede, gibt es keine Aufforderung, vielmehr wird das Liebesverhältnis beschrieben: Christus lebt in der Liebe zum Vater, er hält sein Gebot. Das Liebesgebot ist keine Vorschrift von der Art, wie sie zwischen Chef und Angestelltem üblich ist: Die Christen sind nicht Befehlsempfänger ihres Herrn, sondern tun, was dem Freund Freude macht. Wenn vom Sohn und den Christen die Rede ist, dann wird die Selbsthingabe Jesu, sein Freundschaftsdienst, hervorgehoben. Damit ist deutlich: Alle Liebesfähigkeit der Christen beruht darin, daß sie im Bereich der Liebe Jesu, seiner Selbsthingabe im Tod, bleiben. Die Mahnungen, Liebe zu üben, nützen nichts, wenn die Fähigkeit zu lieben tot ist. Lied 397: Herzlich lieb hab ich dich, o Herr
Johannes 15,18–25 Das Verhältnis Jesu zu den Seinen steht im Gegensatz zum Verhältnis der nicht-gläubigen Welt gegenüber den Jüngern. So wie Jesus nicht als der Gesandte Gottes anerkannt wird, so auch nicht die Botschaft der Jünger. Sie werden in der Schicksalsgemeinschaft mit Jesus ebenso verfolgt wie er. Denn die nicht-gläubige Welt fordert Gleichförmigkeit im Denken und Tun, heutzutage etwa in der Überzeugung, Religion sei reine Privatsache. Da Jesus der Gesandte Gottes ist, ist der Widerstand gegen ihn und sein Werk Sünde, nämlich Abkehr von Gott. Jesu Person und Wir144
Evangelium nach Johannes
ken decken diese Abkehr auf und machen sie unentschuldbar. Trotz der ablehnenden Haltung vieler werden die Jünger Zeugen für den Anspruch und die Wahrheit Jesu sein; viele Menschen werden ihrer Botschaft Glauben schenken. Lied 396: Jesu, meine Freude:
Johannes 15,26–16,4a Der Geist, den Jesus senden wird, wird die Jünger zu ihrem Zeugnis für die Wahrheit des Anspruches Jesu befähigen. Die Predigt von Jesus wird dazu führen, daß die Jünger aus der Gemeinschaft der jüdischen Synagoge ausgeschlossen werden (v2), ja mit dem gewaltsamen Tod rechnen müssen (v2). Nicht anders war es im vergangenen Jahrhundert, in dem mehr Christen verfolgt worden sind denn je zuvor. Die Voraussage der Verfolgungen gibt seinen Nachfolgern die Gewißheit, daß sie in all diesem mit Gottes Beistand rechnen dürfen. Lied 93: Nun gehören unsre Herzen
Johannes 16,4b–11 Jesus lenkt wieder auf die Situation des Abschieds zurück. Wegen der Ansage des Hasses der Welt muß den Jüngern das Herz schwer werden. Sie werden Jesus lieber bei sich behalten wollen. Darum kündigt er ihnen das Kommen des Trösters an, des Geistes, der Jesus vertritt. Dieser wird den Jüngern die Worte geben, die nötig sind. Zu ihrer Botschaft wird die Aufdeckung des Unglaubens (Sünde) gehören und der Sieg über das Böse durch Jesu Tod (Gericht); der Heimgang zum Vater ist Gerechtigkeit, weil Jesus dem Auftrag des Vaters treu gewesen ist. Lied 120: Christ fuhr gen Himmel
Johannes 16,12–15 Das Wirken des Geistes ist streng auf Jesus bezogen. Nicht Wundertaten sind sein Werk, sondern die Erinnerung an Jesus; er macht ihn gegenwärtig. In den Anforderungen anderer Zeiten an die Christen wird er neue Einsichten schenken, die dem Willen Jesu entsprechen. Alle religiöse Deutung des Lebens muß an Jesus gebunden sein. Lied 129: Freut euch, ihr Christen alle
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 16,16–24 Noch begreifen die Jünger den Sinn des Todes Jesu nicht, und darum auch nicht den Sinn des Rätselwortes (v16), der von Jesu Tod und Auferstehung spricht. Das Bild von der schwangeren Frau in den Wehen ist sehr sinnvoll. Trauer und Freude gehören zusammen, werden auch bei den Jüngern dicht beieinander liegen, wenn sie dem auferstandenen Jesus in seiner neuen Leiblichkeit begegnen. Dann werden sie verstehen. Bis dahin freilich wird das Gebet ihre Beziehung zu Jesus und seinem Vater prägen. Es ist unzureichend, Jesus als einen Lehrer des Willens und der Erkenntnis Gottes zu begreifen. Er ist viel mehr: der Erlöser – durch seinen Heimgang zum Vater in Tod und Auferstehung. Lied 96: Du schöner Lebensbaum des Paradieses
Johannes 16,25–33 Wenn Jesus auferstanden ist, werden die Jünger seinen Geist erhalten. Der Geist wird die Rätsel des Verstehens lösen, ihnen Erkenntnis geben, und sie werden in der Kraft des Geistes beten, der Erhörung gewiß. Dies ist möglich, weil Jesus durch sein Kommen und Gehen seine Gemeinde sammelt und vor den Vater bringt. In der Bindung an Jesus erfahren die Jünger Jesu die Freude und Gewißheit des Glaubens, der die Sorgen und Unzufriedenheit des welthaften Daseins überstrahlt. – Am Ende der Abschiedsreden glauben die Jünger, Jesus verstanden zu haben. Doch alle Rede von Gott, alle Gotteserkenntnis kann unter den Bedingungen unserer Welt nur bildhaft sein. Sie ist kein Schauen. Das ist das Mißverständnis der Jünger. Darum wird alle Gewißheit auch immer von Zweifel bedroht sein. Deshalb fragt Jesus mit skeptisch-ironischem Beiklang: „Jetzt glaubt ihr?“. Und er fügt die Voraussage des Abfalls der Jünger und ihrer Flucht an. Dennoch wird Jesus nicht allein sein – und auch nicht seine Jünger. Denn in Jesu Wort werden sie Frieden finden. Lied 198: Herr, dein Wort, die edle Gabe
Johannes 17,1–5 Mit dem „hohepriesterlichen Gebet“, seinem Abschiedsgebet, richtet sich Jesus nicht mehr an die Jünger, sondern an seinen Vater. Jesus bittet um die Aufnahme in Gottes Gegenwart, um die Verleihung der Macht, damit er so den Seinen ewiges Leben verschaffe. Ewiges Leben beginnt mit der Anerkennung Gottes und seines Gesandten. Im alttestamentlichen Sinn gehört zum Erkennen nicht nur der Verstand, sondern auch die Beziehung der Liebe. Die Erkenntnis Gottes 146
Evangelium nach Johannes
und seines Sohnes ist der Eintritt in den Bereich der göttlichen Liebe und Seligkeit. Diese Liebe kann auch der Tod nicht scheiden. So wie Jesus in der Zeit seines Wirkens mit dem Vater in Gehorsam und Liebe verbunden war, so soll diese Liebe ihn durch den Tod zum Vater tragen. Lied 406: Bei dir, Jesu, will ich bleiben
Johannes 17,6–13 Zum Wirken Jesu in der Welt gehört vornehmlich die Sammlung der Seinen, die Gott erwählt hat. Jesus hat ihnen das Wesen Gottes erschlossen und Glauben an ihn als den bevollmächtigten Gesandten Gottes bewirkt. Kirche und Gemeinde verdanken also ihre Existenz nicht dem freien Entschluß von Menschen, die sich zu einem Verein zusammenschließen. Vielmehr ist es der dreieinige Gott, der die Menschen „beruft, sammelt, erleuchtet und heiligt“. Jesus bittet nicht für alle Menschen, sondern ausdrücklich für seine Jünger um Bewahrung und Einheit. Denn sie stehen in der Gefahr, dem Unglauben zu verfallen, weil sie unter den Bedingungen dieser gottfernen Welt leben. Das Verhalten des Judas zeigt das; aber ansonsten hat Jesus die Geschlossenheit seiner Jünger erhalten. Wie Jesus und der Vater eins sind, so sollen es auch die Jünger sein. In der Freude der Gemeinschaft mit ihm werden die Jünger bewahrt bleiben. Lied 256: Einer ist’s, an dem wir hangen
Johannes 17,14–19 Wer auf Jesus hört, wird auch den Widerstand gegen ihn zu spüren bekommen. Das letzte Jahrhundert, in dem der christliche Glaube sich über die ganze Welt ausbreitete, ist zugleich das Jahrhundert, in dem so viele Christen wie nie zuvor verfolgt worden sind. Christus bittet für die Seinen nicht um Befreiung, sondern um die Bewahrung des Glaubens im Hören auf Gottes Wort und um Bewahrung vor der Anpassung an die Normen dieser Welt. Wie Christus das Wort Gottes gesagt hat, so seine Nachfolger, die Gottes Wort den Menschen in der weiten Welt sagen. Durch den Tod Christi sind sie geheiligt, d. h. für den Dienst am Werk Gottes geweiht. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
Johannes 17,20–26 Durch die Boten Gottes werden auch andere zum Glauben kommen. Wo viele Menschen zusammen sind, da gibt es unterschiedliche Meinungen. Darum bittet Jesus um Einheit. Die Ein147
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
heit der Glaubenden gleicht der Einheit zwischen Vater und Sohn. Die Christen sind eins in der Zugehörigkeit zum Vater und zum Sohn, auch wenn sie sich in vielen anderen Dingen unterscheiden. Nicht in der Organisation gründet sich die Einheit, sondern in dem gemeinsamen Gott, dem Vater und dem Sohn. Das Ziel aller Verkündigung, aller Mission, ist die Hinführung zur Gemeinschaft mit Gott, die in seinem Reich zur endgültigen Erfüllung kommt. Das Ziel des Glaubens ist das Schauen der ewigen Gegenwart Gottes. Was jetzt in erkennender Liebe an Gemeinschaft entstanden ist, das soll auch vollendet werden. Lied 264: Die Kirche steht gegründet
Johannes 18,1–11 Johannes deutet den Tod Jesu als Heimgang zum Vater. Nicht diejenigen, die Macht haben in dieser Welt, sind die Herren des Geschehens, sondern Jesus. Das wird in der Geschichte der Verhaftung Jesu deutlich. Jesus ergreift die Initiative; Jesus ist es, der die Soldaten und Judas fragt, was sie wollen. Da Jesus mit der göttlichen Selbstvorstellungsformel „Ich bin es“ antwortet, legen sie nicht etwa Hand an ihn, sondern fallen zu Boden, wie es notwendigerweise sein muß, wenn ein Gott den Menschen entgegen tritt. Trotz seiner Wehrlosigkeit kann Jesus seine Jünger beschützen. Die Soldaten müssen die Jünger laufen lassen, selbst den Petrus, der einen der Soldaten verletzt. So erfüllt sich das Wort Jesu aus den Abschiedsreden von der Bewahrung der Jünger. Erst als Jesus deutlich macht, daß er den „Kelch des Vaters“ trinken will, können ihn die Soldaten verhaften (v12). Lied 95: Seht hin, er ist allein im Garten
Johannes 18,12–27 Während Jesus sich zu seinem Tun und seinen Worten bekennt, verleugnet Petrus seinen Herrn. Wiederum zeichnet Johannes Erlebnisse und Erfahrungen der Christen aus den Verfolgungen in die Geschichte Jesu ein. Während die Verfolger auf ihre Autorität pochen, bestehen Jesus und seine Nachfolger auf der sachlichen Rechtmäßigkeit ihres Redens und Handelns (23). Im Grunde genommen geht der Hohepriester von einem Vorurteil aus, so wie in den Massenmedien Vorverurteilungen gang und gäbe sind. Christen hüten sich davor. Sie konzentrieren sich auf den sachlichen Gehalt des Geschehens. Lied 136: O komm, du Geist der Wahrheit
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Evangelium nach Johannes
Johannes 18,28–40 Johannes zeichnet auch in diesem Abschnitt Jesus als den Herrn des Geschehens. Auf Gotteslästerung stand nach jüdischem Recht die Steinigung. Die Juden aber wollen die Strafe der Kreuzigung. Mit dieser Absicht klagen sie Jesus vor Pilatus an. So erfüllen sie – ob sie es wollen oder nicht – die Vorhersage Jesu, er werde „erhöht“ werden. Im Verhör stellt zwar Pilatus die Fragen, aber Jesus lenkt das Gespräch. Er führt Pilatus von dessen Interesse an einer politischen Deutung Jesu hin zur Frage nach dem Glauben und der Wahrheit Gottes. Doch Pilatus verweigert sich diesem Anspruch. Jeden Menschen stellt der Tod Jesu vor die Entscheidung zwischen Glaube und Unglaube. Für seine Zeit macht Johannes deutlich, daß Jesus keinen politischen Aufruhr predigte, und darum auch nicht die Christen im römischen Reich, die von den Behörden solcher Aktivitäten verdächtigt wurden. Es ist eine feine Ironie, wenn die Juden sich dazu hinreißen lassen, nur den Kaiser in Rom als König anzuerkennen, da doch Gott der König Israels ist. So führt die Ablehnung Jesu zur Verweigerung gegenüber Gott. Es ist ebenso eine feine Ironie, wenn nach der Feststellung der Unschuld Jesu die Juden nun für Barrabas, einen politischen Aufrührer, die Freilassung fordern. Lied 78: Jesu Kreuz, Leiden und Pein
Johannes 19,1–16a Johannes macht die Unwahrhaftigkeit des Pilatus und der jüdischen Führer deutlich. Trotz erwiesener Unschuld wird Jesus von Pilatus verurteilt. Die Führer der Juden verbergen hinter ihrer Forderung, Jesus zu kreuzigen, ihren wirklichen Grund, den Ärger über den Anspruch Jesu, Gottes bevollmächtigter Gesandter zu sein. Wie Pilatus verweigern sie sich dem Glauben an Jesus. Die Menge hingegen reagiert so wie zu allen Zeiten. Sie rast vor Empörung ohne vernünftiges Abwägen, und die Folterknechte geben dem einen derben Ausdruck, wozu die Elite sie anstachelt. Lied 86: Jesu, meines Lebens Leben
Johannes 19,16b–30 Pilatus wird zum unfreiwilligen Zeugen für Jesus. Jesus erhebt nicht nur den Anspruch, König der Juden zu sein, sondern er ist es auch. Dies wird durch die Erfüllung verschiedener alttestamentlicher Voraussagen bekräftigt: die Kreuzigung zwischen Übeltätern (Jesaja 53,12), die Verlosung der Kleider (Psalm 22,19) und der Trank (Psalm 69,22). Wie bei der Verhaftung, 149
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
so behält Jesus auch hier das Heft in der Hand: Er sorgt für die Seinen (25–27); er sorgt auch dafür, daß die Voraussagen des Alten Testaments bis ins Letzte erfüllt werden. Auf sein Wort hin „Mich dürstet“ springen die Kriegsknechte wie Marionetten mit einem Trank herbei. Auch seinen Todeszeitpunkt bestimmt Jesus durch das Neigen seines Hauptes. Johannes malt uns den Tod Jesu als einen Akt der Einheit mit und des Gehorsams gegenüber Gott. In seinem Tod ist Jesus der Sieger über den Tod. Lied 90: Ich grüße dich am Kreuzesstamm
Johannes 19,31–42 Der Abschnitt 31–37 stellt zum einen die Tatsächlichkeit des Todes Jesu fest; er ist nicht scheintot, wie es in der Neuzeit behauptet wurde. Ferner deutet dieser Abschnitt den Tod Jesu als von Gott gewollt und vorhergesagt: 2.Mose 12,46 (Jesus als Passahlamm, dem die Beine nicht zerbrochen werden) und Sacharja 12,10 (Lanzenstich), dazu 5.Mose 21,22–23; letztere Stelle gebietet, den Leichnam eines Gekreuzigten vor Anbruch der Nacht abzunehmen. Diese beiden Verse dienten der jüdischen Polemik gegen die Christen als Beweis dafür, daß Jesus von Gott verflucht sei. Blut und Wasser treten aus der Lanzenwunde aus; es ist möglich, aber wenig wahrscheinlich, daß Johannes damit sagen möchte, daß die Sakramente im Tod Jesu begründet sind. Der Abschnitt 38–42 erzählt von der Grablegung. Jesus findet eine würdige Grabstätte; er wird nicht wie ein Verbrecher verscharrt, ist kein von Gott Verfluchter, wie die jüdische Polemik behauptet. Lied 98: Korn, das in die Erde
Johannes 20,1–10 Anders als die ersten drei Evangelien erzählt Johannes nichts von einer Engelsbotschaft an die Frauen. Im Vordergrund der Darstellung des Johannes steht die Zurückweisung der jüdischen Polemik, Jesus sei von den Jüngern aus dem Grab entfernt worden, wie bis in neueste Zeit behauptet: Die Jünger sind selber vom Verschwinden des Leichnames überrascht. Das sorgfältig zusammengefaltete Schweißtuch sowie die Leichenbinden machen deutlich, daß das Verschwinden des Leichnams auch nicht auf den Gärtner (v15) zurückzuführen ist, der um seine Salatpflanzen fürchtete, wenn viele kommen sollten, das Grab zu sehen. Johannes weiß, daß das leere Grab als solches gar nichts über die Auferstehung beweist. Johannes erzählt sehr zugespitzt: Der andere Jünger geht in das Grab, sieht nichts – und glaubt. „Selig ist, wer nicht sieht und doch glaubt“, sagt Jesus am Ende des Kapitels zu dem ungläubigen Thomas. Glaube ist eben eine feste Gewißheit, die nicht der Beweise bedarf. Lied 622: Ich möchte Glauben haben 150
Evangelium nach Johannes
Johannes 20,11–18 Nun erst, da deutlich ist, daß Glauben nicht des Sehens bedarf, erzählt Johannes von der Begegnung mit Jesus. Es ist Jesus, der Maria die Augen öffnet, denn Glaube ist Geschenk. Jesus macht ihr seinen Tod als Heimgang zum Vater verständlich. Die Zeit des irdischen Umgangs ist vorbei. Die Leiblichkeit Jesu ist nun anderer Art; dies soll wohl das Verbot, Jesus zu berühren, ausdrücken. Auf die in Christus Entschlafenen wartet eine neue andere Leiblichkeit. Lied 623: Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut
Johannes 20,19–23 Aus Furcht vor den Juden in einem verschlossenen Raum zusammen, freuen sich die Jünger wie in den Abschiedsreden verheißen (16,22; 17,13), als sie Jesus wieder begegnen. Der Auferstandene schenkt ihnen seinen Frieden, wie in 14,27; 16, 33 angekündigt. Nun werden sie den Raum, in dem sie sich eingeschlossen hatten, mit Zuversicht verlassen können und mutig die Sendung Jesu weiterführen. Dazu werden sie mit der Gabe des Geistes Gottes ausgerüstet. Wie in den Abschiedsreden ausgeführt, wird der Geist ihnen Jesu Wirken und Reden gegenwärtig machen. In der Gemeindeleitung sollen sie Menschen die Vergebung Gottes zusprechen. Freilich wäre diese Gnade zu selbstverständlich, wenn sie nicht auch verweigert werden könnte. Lied 425: Gib uns Frieden jeden Tag
Johannes 20,24–31 Johannes hat in seinem Evangelium Thomas als den Jünger gezeichnet, dem glauben nicht genug ist, der sehen möchte, eine Vision haben. Jesus gewährt sie ihm; der Auferstandene zeigt sich ihm mit den Kennzeichen seines Todes. So wird der Sieg über den Tod sinnenfällig. Und ganz folgerichtig spricht Thomas dann das Bekenntnis, das einzigartig im Neuen Testament ist: „Mein Herr und mein Gott“. Johannes denkt sicher an seine Zeit, in der viele nach einer Vision strebten, wenn er den selig preist, der glaubt, ohne zuvor eine außerordentlich Erfahrung gemacht zu haben. Der Glaube, die feste Gewißheit, ist genug, bedarf nicht des Beweises durch die Anschauung. Mit den Versen 30–31 beendet Johannes sein Evangelium. Er sagt, er habe nur eine Auswahl aus der Überlieferung über Jesus dargeboten. Sein Ziel sei es gewesen, den Glauben an Christus als Sohn Gottes zu bestärken, sicherlich in der Abgrenzung zu jüdischen Angriffen gegen die Christen. Lied 559: O Licht der wunderbaren Nacht 151
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Johannes 21,1–14 Kapitel 21 ist ein Nachtrag. Die Geschichte vom wunderbaren Fischzug, die an den des Petrus nach Lukas 5 erinnert, will zeigen, daß die Mission der Christen die ganze damals bekannte Welt erfassen wird, denn die Zahl von 153 Fischen ist symbolisch. Man war der Meinung, daß es 153 Arten von Menschen gebe. Bei dieser umfassenden Mission soll die Einheit der Kirche nicht zerbrechen, ebenso wenig wie das Netz. Das Mahl, das Jesus bereitet hat, ist ein Hinweis auf das Abendmahl, zu dem sich alle Christen versammeln, eingeladen von Jesus. In diesem Mahl ist Jesus zu allen Zeiten gegenwärtig. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seelen
Johannes 21,15–19 Die weltweite Mission benötigt Personen, die in der Lage sind, die Gemeinden zu leiten. Diese Führungsaufgabe soll denen anvertraut werden, die eine unerschütterliche und unwandelbare Liebe zu Jesus haben (v15–17) und zum Martyrium bereit sind (v18–19), denn in Verfolgungen werden zunächst die Leitungspersonen ergriffen. Sicherlich denkt Johannes bei der Beauftragung des Petrus an dessen dreimalige Verleugnung. Sie wird von Jesus vergeben; auch Menschen in Leitungsämtern sind Sünder und bedürfen der im Abendmahl geschenkten Vergebung wie alle Menschen. Leider werden von den Gemeindegliedern oft genug strengere Maßstäbe an die Pfarrer angelegt. Man erwartet von ihnen eine besondere „Heiligkeit“. Lied 249: Verzage nicht, du Häuflein klein
Johannes 21,20–25 Leitungsämter in der Christenheit müssen nicht grundsätzlich im Martyrium enden, obwohl sehr viele der Apostel einen gewaltsamen Tod erlitten. Der Jünger, den Jesus besonders lieb hatte, wird jedenfalls den Märtyrertod sterben. Er hat freilich nicht weniger Autorität als Petrus. Das Leiden eines Christen um seines Glaubens willen verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung, begründet aber keinen Vorzug. Heiligsprechungen, wie in der katholischen Kirche, halte ich darum für problematisch. Der zweite Schluß des Evangeliums (v24–25) schaut auf die Geschichte des Christentumes bis auf die Zeiten, da dieses Kapitel geschrieben wurde: Unzählbar viele Geschichten haben die Christen mit Jesus erlebt; welche Geschichten können wir erzählen? Dann werden wir das Evangelium fortsetzen. Lied 613: Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich 152
Apostelgeschichte Apostelgeschichte 1,1–14 Das Buch will eine Fortsetzung des Evangeliums sein. In die Widmung an Theophilus, der nach antikem Verständnis für die Vervielfältigung dieses Buches sorgen soll, schließt Lukas die Angabe von Anfang und Ende seines ersten Buches ein (v1–2). Da es viele Christen gab, die sich auf eine Erscheinung Jesu beriefen, etwa Paulus (1.Korinther 15,8), versucht Lukas, die Reihe der österlichen Erscheinungen Jesu zu begrenzen: Nach 40 Tagen verabschiedet sich Jesus, um seinen Platz beim Vater einzunehmen. Es ist nur natürlich, daß die Jünger erwarten, daß nun das Ende der Welt gekommen sei. Aber sie täuschen sich. Zunächst ist die Zeit der Mission (v8) angesagt, in Jerusalem (Kapitel 1–7), in Samaria und Judäa (8–12) und bis nach Rom (13–28). Mit der Hervorhebung Jerusalems als Ausgangspunkt der Mission will Lukas deutlich machen, daß das neue Volk der Christen das Volk ist, in dem sich die Geschichte Gottes mit den Menschen fortsetzt. In der Zeit der Mission freilich gilt es daran festzuhalten, daß Jesus als der Weltenherrscher mit den Wolken wiederkehren wird (v11); vor ihm müssen die Menschen Rechenschaft ablegen. Die Verse 12–14 darf man als Beschreibung der Bildung der ersten Gemeinde verstehen. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seelen
Apostelgeschichte 1,15–26 Die Nachrichten vom Ende des Judas sind verschieden; nach Matthäus (27,5) hat sich Judas erhängt, nach Papias von Hierapolis ist sein Leib angeschwollen und zerplatzt, nach Lukas ist er gestürzt. Allen diesen Geschichten ist gemeinsam, daß sie den Tod des Judas als vom Alten Testament vorausgesagt verstehen. Auf diese Weise versucht die Gemeinde, das Unbegreifliche des Verrates zu „verstehen“. Die Gruppe der zwölf Apostel ist nach Lukas der Garant für die echte Überlieferung von Jesus. Darum muß der Ersatz für den ausgeschiedenen Judas von der Taufe des Johannes an mit Jesus zusammen gewesen sein und ihn auch als den Auferstandenen gesehen haben (v22). Lukas macht den Christen mit dieser Geschichte deutlich, daß diejenige Überlieferung den Anspruch auf Gültigkeit erheben kann, die von der Gesamtheit der Apostel herkommt. Lied 245: Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren 153
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Apostelgeschichte 2,1–13 Pfingsten, das einstige Fest der Getreideernte, wurde im zeitgenössischen Judentum als Fest der Gesetzesübergabe am Sinai verstanden. An die Stelle des Gesetzes tritt nun für Lukas der Geist Gottes. Wie für die Juden das Gesetz das Zentrum ihrer Identität darstellt, so für die Christen der Geist. Eine weitere alte Überlieferung sagt, Gottes Wort habe sich am Sinai in 70 Zungen geteilt, entsprechend den 70 Völkern der Welt. Lukas nimmt diesen Gedanken auf, wenn er davon spricht, daß Juden aus aller Welt die Apostel in ihren Sprachen sprechen hören. Das Gesetz war seinerzeit nur von den Juden angenommen worden, obwohl es in den Zehn Geboten Gültigkeit für alle Menschen beansprucht. Nun aber gibt Gott seinen Geist in alle Menschen und schafft sich so ein weltweites Volk. Er überwindet die Sprachverwirrung von Babylon. Lied 566: Am hellen Tag kam Jesu Geist
Apostelgeschichte 2,14–21 Die Geistausgießung deutet Petrus anhand von Joel 3,1–5 als Zeichen der Endzeit, der neuen Zeit, in der das ganze Volk Gottes, nicht nur besondere Propheten, den Geist Gottes erhalten. Schon Hesekiel (11,19) hatte gesehen, daß es des Geistes bedarf, um Gottes Willen zu tun. Anstatt des Gesetzes ist es nun der Geist, der zum Tun des Willens Gottes anleitet. Das gesamte Volk Gottes hat den prophetischen Geist. Man könnte darum von einer Demokratisierung des Geistbesitzes reden. Darum kann Paulus (1.Korinther 14,29) davon reden, daß die Gemeinde – eben als vom Geist begabte Gemeinde – die Predigt im Gottesdienst beurteilen soll. Die christliche Kirche ist darum eben nicht hierarchisch aufgebaut, wie es die römisch-katholische Gemeinschaft meint. Lied 564: Komm, Heilger Geist
Apostelgeschichte 2,22–28 Der zweite Teil der pfingstlichen Petruspredigt erklärt, wer der Herr ist, durch den die Menschen gerettet werden können (v21): Jesus von Nazareth. Gott hat ihn durch Wunder beglaubigt. Sein Kreuzestod spricht nicht gegen seine Sendung durch Gott, wie Gott mit der Auferweckung Jesu erweist. Diese wiederum ist durch David angekündigt worden. Wie vom Gesetz gefordert, führt Petrus also zwei Zeugen an: die Auferstehung und die Schrift. Lied 124: Nun bitten wir den Heiligen Geist
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Apostelgeschichte
Apostelgeschichte 2,29–36 Von den Folgen der Auferstehung spricht Petrus im dritten Teil seiner Ansprache: Der auferstandene Christus ist von Gott zum Weltenherrscher eingesetzt, wie 2.Samuel 7,2 und Psalm 110,1 angesagt haben. Als solcher leitet er sein Volk durch die Gabe des Geistes, am Pfingsttag sichtbar an dem Sprachenwunder. Die Gaben des Geistes sind ganz unterschiedlicher Art. Paulus zählt einige davon in 1.Korinther 12 auf. Sie stehen im Dienst am Aufbau der Gemeinde, zu dem jeder seinen Teil beitragen kann. Lied 252: Jesu, der du bist alleine
Apostelgeschichte 2,37–41 Die Erschütterung der Menschen durch die Predigt des Petrus macht sie zur Änderung ihres Lebens bereit. Nicht anders erfahren wir das auch heute, sei es in Evangelisationen, sei es durch eine Ansprache in der Gemeinde. Petrus fordert die Umkehrwilligen auf, sich auf den Namen Jesu taufen zu lassen, also ihn als den Herrn anzuerkennen. In der Taufe werden sie seine Gabe, den Geist, erhalten, mit dem er seine Gemeinde leitet. Es ist falsch, Geist und Taufe voneinander zu trennen, wie es viele Pfingstler tun. Wie die Kinder im Geist ihrer Eltern groß werden, so wachsen die Christen in den Geist Gottes hinein, aus dem heraus sie nach dem Willen Gottes leben und handeln. Lied 621: Ich bin durch die Welt gegangen
Apostelgeschichte 2,42–47 Lukas beschreibt in idealer Form das Leben der Gemeinde in Jerusalem. Vers 42 gib vier Kennzeichen der Gemeinde/Kirche an: Unterricht und Predigt (Apostellehre), Diakonie (Gemeinschaft), Sakramente (Brotbrechen) und persönliche Frömmigkeitsübung (Gebet). Weil die Sakramente eine der Grundlagen der Gemeinde sind, sollte die Abendmahlsfeier mindestens monatlich gefeiert werden. Weithin fehlt es an persönlicher Praxis der Frömmigkeit, an persönlicher Bibellese und Gebet. Lied 245: Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Apostelgeschichte 3,1–10 Lukas stellt die Apostel als gute Juden dar: Sie gehen zum Gebet in den Tempel. Wundergeschichten von der Art, wie sie Lukas hier erzählt, werden aus der Alten Welt von vielen Wundertätern berichtet. Lukas betont darum, daß Petrus und Paulus im Namen Jesu heilen. Mit dem Namen meinen sie nicht, daß sie im Auftrag Jesu handeln. Vielmehr sind in dem Namen die Macht und Autorität der betreffenden Person gegenwärtig und mächtig. Mit der Bemerkung vom „Springen“ des Geheilten bezieht sich Lukas auf Jesaja 35,6: „Die Lahmen werden springen“, natürlich in der Heilszeit des Messias. Lukas betont das Lob Gottes durch den Gelähmten. So soll es bei allen Christen sein. Nicht auf das Lob von Menschen, sondern auf Gottes Ehre zielen Handeln und Reden der Christen. Lied 290: Nun danket Gott, erhebt und preiset
Apostelgeschichte 3,11–16 Die Heilung des Gelähmten und sein Gotteslob sind für Petrus der Anlaß, zu erläutern, wer dieser Jesus ist. Nicht nur die uns bekannte Geschichte erzählt Petrus, er deutet sie zugleich mit den Namen, die er Jesus gibt. Jesus ist, wie Pilatus erkannt hat, der unschuldig leidende Gerechte und Gottesknecht, wie in Jesaja 53 angesagt. Dem Mörder, den die Juden frei baten, stellt Petrus den Fürsten des Lebens gegenüber. So konzentriert sich die Verkündigung des Petrus auf den Kern des christlichen Glaubens: „gekreuzigt und auferstanden“ (1.Korinther 15,3–5). Lied 98: Korn, das in die Erde
Apostelgeschichte 3,17–26 Mit dem Neuansatz „liebe Brüder“ schließt Petrus die Darstellung der Konsequenzen an, die sich aus dem Fehlverhalten der Juden Jesus gegenüber ergeben. Er mahnt zur Buße, zur Hinwendung zu Jesus, und unterstreicht die Dringlichkeit der Umkehr mit dem Hinweis auf das kommende Gericht, in dem alles Gottfeindliche untergeht. Petrus beschreibt dies als Wiederherstellung, nämlich der schöpfungsmäßigen Ordnung (v21). Wer von den Juden sich dem von Gott angekündigten und gesandten Propheten nicht anschließt, seinen Worten kein Ohr leiht, der schließt sich damit aus dem Volk Gottes, aus der Abrahamskindschaft aus. Wieder betont Lukas: Das Volk Gottes ist die weltweite Christenheit, denn sie ist die Gemeinde des Messias Jesus. Lied 145: Wach auf, wach auf, du deutsches Land 156
Apostelgeschichte
Apostelgeschichte 4,1–12 Die Predigt des Petrus muß natürlich zu einem Konflikt mit den Intellektuellen des Volkes führen, denn sie setzt an die Stelle der Beachtung des Gesetzes den Glauben an Jesus als den Messias (v12). Die Lehre von der Auferstehung mögen die Sadduzäer zwar abgelehnt haben, aber sie ist kein Grund für eine Verfolgung, denn auch die Pharisäer hingen dieser Lehre an. In dem Verhör wird dann auch deutlich, daß es in Wahrheit um den Namen Jesu geht. Lukas denkt hier an seine Zeit, in der die Christen vom römischen Staat und von der Synagoge um ihres Glaubens verfolgt werden. Petrus und Johannes sind das Vorbild, die mutig und fest den Glauben bekennen und mit der Schrift (Psalm 118,22 in Vers 11) Rechenschaft von ihrem Glauben geben. Das Lesen der Bibel ist grundlegend für einen gefestigten Glauben. Lied 356: Es ist in keinem andern Heil
Apostelgeschichte 4,13–22 Die Behörde ist hilflos. Man kann keine legalen Schritte einleiten. So ist das Redeverbot lächerlich. Wer Christ ist, kann nicht davon lassen, von seinem Glauben zu erzählen. In der gesamten Kirchengeschichte hat der Grundsatz, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen, Christen immer wieder dazu angeleitet, sich der Gehorsamsforderung vonseiten staatlicher Stellen oder Vorgesetzter zu widersetzen, ob es nun Thomas Morus war oder Martin Luther oder Dietrich Bonhoeffer. Alles staatliche Recht findet – für Christen – an Gottes Willen seine Grenze. Lied 137: Geist des Glaubens, Geist der Stärke
Apostelgeschichte 4,23–31 Das Gebet ist deutlich gegliedert: Auf die Anrufung folgt der Bezug auf Psalm 2,1–2 (v25–26), die Erfüllung dieses Psalmwortes in der Passion Jesu und schließlich die Bitte (v29–30) um Mut, Gottes Wahrheit deutlich zu verbreiten, sowie um die Beglaubigung dieser Predigt durch Zeichen. Lukas denkt natürlich an die Christen seiner Zeit, die vor den Behörden Rechenschaft für ihren Glauben geben müssen. Die Jünger beten nicht um Verschonung, sondern um Standhaftigkeit und Geistesgegenwärtigkeit, das rechte deutliche Wort zu finden. Lied 630: Fürchte dich nicht
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Apostelgeschichte 4,32–37 Mit diesem Abschnitt leitet Lukas die nachfolgende Geschichte von Hananias und Saphira ein. Wie die Spannungen in der Gemeinde (Kapitel 5–6) zeigen, zeichnet Lukas bewußt ein Idealbild, wie es sich die Griechen für eine Gemeinschaft vorstellen. Die Gütergemeinschaft ist nicht verordnet, keine auferlegte Pflicht. Lukas betont, daß die Gemeindeglieder eines Herzens und einer Seele seien. Man teilt (v32), und je nach Bedarf steuern die einzelnen Glieder der Gemeinde zum Lebensunterhalt bei. In der Erwartung des baldigen Weltendes war Besitz nicht mehr wichtig. Die Gemeinde ist darüber im Laufe der Zeit verarmt, wie die Kollekte des Paulus für die Armen in Jerusalem zeigt (Galater 2,10). Lied 644: Selig seid ihr
Apostelgeschichte 5,1–11 Vers 4 zeigt, daß in der urchristlichen Gütergemeinschaft keine Pflicht zur Übereignung des Besitzes an die Gemeinde bestand. Die Eheleute sterben, weil sie sich gegen Gottes Geist versündigen; gleiches geschieht Achan und seiner Familie (Josua 7). Während die Jünger den Geboten des Hohen Rates, der Menschen also, ungehorsam sind, soll das Ehepaar Gottes Willen ehren. Das erzählt Lukas wieder im Blick auf die Verfolgungen seiner Zeit. Sehr selten berichtet das Neue Testament von Strafwundern (nur noch Apostelgeschichte 13,11). Es stellt die Zuwendung Gottes zu den Menschen in den Vordergrund. Die Liebe Gottes ist freilich nicht einfach die Gutmütigkeit eines alles verzeihenden Wesens, das die Menschen einfach gewähren ließe. Dann hätte Gott kein wahres Interesse an den Menschen. Die Tiefe und Größe der Liebe Gottes werden gerade an seinem Gericht deutlich. Lied 230: Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze
Apostelgeschichte 5,12–16 Bei den Jüngern setzt sich das fort, was sie bereits in der Gegenwart Jesu erlebt hatten (Lukas 9,1–2): In der Gegenwart des Geistes Gottes müssen Krankheiten und Dämonen weichen. Daß durch den Schatten des Petrus Kranke geheilt werden sollen, ist volkstümliche Erwartung an Wunderheiler. Daß das Leben der Missionare Jesu eher durch Anfeindungen und Entbehrungen gekennzeichnet war, sagt Paulus sehr deutlich (2.Korinther 6,3–10); das zeigt auch die nachfolgende Geschichte von der Verhaftung der Apostel. Lied 384: Lasset uns mit Jesus ziehen 158
Apostelgeschichte
Apostelgeschichte 5,17–33 Nachdem Lukas von der Glaubensfestigkeit der Jünger und den Zeichen der Gottesgegenwart erzählt hat, berichtet er nun von der Verschärfung des Konfliktes mit den Behörden. In dieser Art hat das zweite Jahrhundert die Konflikte der Märtyrer mit den römischen Behörden dargestellt. Deutlicher als in 4,20 formuliert Petrus den christlichen Vorbehalt gegen alle Autoritäten: Man muß Gott mehr gehorchen. Der christliche Glaube akzeptiert die Autorität des Staates als einer Ordnungsmacht (Römer 13,4), schreibt den Staaten jedoch keine Autorität in weltanschaulichen oder religiösen Fragen zu. Es ist darum nicht Aufgabe eines Staates, den Werteoder Religionsunterricht an den Schulen zu gestalten. Lied 377: Zieh an die Macht, du Arm des Herrn
Apostelgeschichte 5,34–42 Der Rat des Gamaliel, damals der angesehenste Gesetzeslehrer seiner Zeit, rettet die Apostel. Vielleicht will Lukas damit den jüdischen Synagogen seiner Zeit deutlich machen: Vor einer Christenverfolgung hat dieser bedeutende Lehrer gewarnt. Im Laufe der Geschichte könnte sich ja das Recht der Christen erweisen. Lukas mag dabei an das Ende seines Buches denken: Paulus predigt das Evangelium in der Hauptstadt des Reiches, wie in 1,8 angesagt. Der Verlauf der Geschichte erweist nun nicht unbedingt die Wahrheit einer Bewegung. Für den christlichen Glauben aber ist Gott der Lenker der Geschichte. Und darum ist den Christen die Ausbreitung ihres Glaubens über das ganze damalige Imperium ein Zeichen dafür, daß Gott mit den Christusanhängern ist. Lied 255: O daß doch bald dein Feuer brennte
Apostelgeschichte 6,1–7 Wunsch vieler – griechisch sprechender – Juden in der Diaspora war es, in Jerusalem zu sterben. Darum ließen sie sich im Alter gerne in der Stadt nieder. Da die Frau nicht rechtsfähig war, hatte der verstorbene Mann vielfach sein Vermögen einer Synagoge vermacht, die im Gegenzug die Witwe zu versorgen hatte. Dabei mag es in der rasch wachsenden Gemeinde zu Versäumnissen gekommen sein, so daß die Leitung der Gemeinde erweitert werden mußte. Die Kandidaten sollen einen guten Ruf haben, dazu praktische Lebenserfahrung. Die Namen in diesem Siebenerkreis sind alle griechisch. Die „Diakone“ haben ebenso den Auftrag zur Verkündigung und
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Mission, wie man an Stephanus (Kapitel 7) und Philippus (8,5–13.26–40) sieht. Die Witwenversorgung ist stets Aufgabe der christlichen Gemeinde gewesen (1.Timotheus 5,3–16). Lied 302,7: Er ist der Fremden Hütte
Apostelgeschichte 6,8–15 Zwischen Stephanus und den griechisch sprechenden Juden, die sich nicht als Christusgläubige verstehen, kommt es zu Diskussionen und dann zum offenen Konflikt. Grund ist die Einstellung des Stephanus zu Gesetz und Tempel, also Mose und Gott. Die Gegner wiederholen die gleichen Vorwürfe wie gegen Jesus (Markus 14,58). Wie im Judentum fromme und heilige Männer oft engelgleich geschildert wurden, so ist in den Märtyrerakten des zweiten Jahrhunderts oft davon die Rede, daß die Märtyrer Engeln gleich werden. Lukas charakterisiert damit die folgende Rede als dem Willen Gottes entsprechend. Lied 375: Daß Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht
Apostelgeschichte 7,1–16 Unter ständiger Bezugnahme auf die griechische Übersetzung des Alten Testamentes erzählt Stephanus in diesem Teil der Rede die Geschichte der Erzväter nach. Die Abweichungen von der uns geläufigen Überlieferung sind geringfügig, etwa in 7,2: Der Auftrag, das Vaterhaus zu verlassen, erging in Haran, nicht in Mesopotamien. Stephanus zeigt am Anfang seiner Rede auf, daß die griechisch sprechenden Christusanhänger keineswegs in Bausch und Bogen „Lästerworte“ gegen Mose und das Gesetz reden. Die Geschichte Israels ist ja auch die Geschichte der Jesusanhänger. Lied 290: Nun danket Gott, erhebt und preiset
Apostelgeschichte 7,17–43 Im zweiten Teil seiner Rede widmet sich Stephanus der Mosegeschichte. Hier werden kritische Töne laut. Das Gesetz ist von einem Engel gegeben worden, nicht direkt von Gott (v38). So sagt es auch Paulus (Galater 3,19) in Übereinstimmung mit anderen jüdischen Autoren. Ferner sind es hier die Israeliten, die Mose zurückweisen, so daß er fliehen muß (v29). Dennoch wird der, den sie verleugnen, zum Erlöser (v35); ebenso sei es mit Christus geschehen, der der in 5.Mose 18,15 versprochene Messias sei. Der Opferdienst des Volkes habe immer Götzendienst im Ge160
Apostelgeschichte
folge gehabt. So sieht Stephanus in der Mosezeit die Anfänge des ständigen Ungehorsams Israels gegenüber seinem Gott. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Apostelgeschichte 7,44–53 Im dritten Teil der Rede kritisiert Stephanus den Tempeldienst. Viele Stimmen in Israel hatten dies schon getan. Die Propheten bemängelten, daß die Gerechtigkeit unter dem Tempeldienst litte, die Leute von Qumran meinten, der Tempeldienst sei durch unwürdige Priester befleckt. Stephanus stellt einfach unter Berufung auf Jesaja 66,1 fest, daß ein Tempel nicht angemessen sei für die Vorstellung von einem allgegenwärtigen Gott und Schöpfer. So zeigt Stephanus in den drei Teilen seiner Rede zunächst die Übereinstimmung der Christusgläubigen mit den altgläubigen Juden auf, dann den Unterschied im Verständnis des Mose und des Gesetzes und schließlich die Kritik am Tempel. In den Versen 51–53 geht Stephanus zum Angriff über. So wie die altgläubigen Juden die Propheten immer wieder verfolgt hätten, so seien sie Gott immer wieder ungehorsam gewesen. Die unausgesprochene Folgerung ist, daß dies auch bei Jesus so sei. Lied 568: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind
Apostelgeschichte 7,54–8,3 Das Martyrium des Stephanus beschreibt Lukas als einen Akt von Lynchjustiz nach der Art des Todes Jesu, der der „Urmärtyrer“ ist. Wie Jesus so bittet auch Stephanus um Vergebung für seine Henker, wie Jesus bittet er um die Aufnahme seines Geistes. Die Folge dieses Geschehens ist nun freilich nicht das erhoffte Verstummen der „Hellenisten“, sondern ihre Flucht und damit die Ausbreitung in ganz Judäa und Samaria, wie 1,8 angekündigt. Auch die Verfolgung durch Saulus kann daran nichts ändern. So benutzt Gott das gegen ihn gerichtete Handeln, um zum Ziele zu kommen. Lied 137: Geist des Glaubens, Geist der Stärke
Apostelgeschichte 8,4–25 Kapitel 8 handelt im wesentlichen von der Missionstätigkeit des Philippus. Der Zauberei des Simon ist er überlegen: Die Leute glauben seiner Predigt vom Reich Gottes, die von den beglei161
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tenden Zeichen bekräftigt wird. Simon ist für Lukas und die Alte Kirche der erste Irrlehrer, der das Evangelium aus Eigennutz verkündet. Während Petrus und Johannes den Leuten die Hände auflegen, verweigern sie diese Autorität dem Simon. Lukas will damit zeigen, daß es wahres Christentum nur in der Verbindung mit den Aposteln gibt. Weil nach Lukas Jesus bei seiner Taufe den Geist erhält, kann man aus der Darstellung der Taufe in Samaria nicht folgern, daß man die Taufe mit Wasser und die Geisttaufe voneinander unterscheiden muß. Die Unterscheidung, die Lukas in Kapitel 8 macht, dient lediglich dem Ziel, deutlich zu machen, daß wahres Christentum nur apostolisches Christentum sein kann. Lied 137: Geist des Glaubens, Geist der Stärke
Apostelgeschichte 8,26–40 Nachdem Lukas von der Mission des Philippus im Norden von Jerusalem erzählt hat, berichtet er nun von der Mission im Süden. Mit der Bekehrung des Hofbeamten der Kandake, eines Verehrers des jüdischen Gottes, wird sich die christliche Religion bis nach Afrika (Sudan), über die Grenzen des Römischen Reiches hinaus, ausbreiten. Philippus legt ihm Jesaja 53 aus; diesen Abschnitt verstehen die Christen im Unterschied zur jüdischen Auslegung als Weissagung über Jesu Leiden, Sterben und Auferstehen. Die Verkündigung des Philippus zielt auf die Taufe; der Hofbeamte ist – nach dem griechischen Text – ein Eunuch, nicht Kämmerer. Eunuchen konnten nach 5.Mose 23,2 nicht am Gottesdienst der Synagoge teilnehmen. Erst in der neuen Zeit Gottes – so verstanden es die Christen – sollten sie nach Jesaja 56,4–5 ihren Platz in der Gottesgemeinde erhalten; so wird der Anhänger des jüdischen Gottes zum vollwertigen Glied im neuen Gottesvolk. Lied 658: In Christus gilt nicht Ost noch West
Apostelgeschichte 9,1–9 Nicht nur die von den Juden als Abtrünnige angesehenen Samaritaner, nicht nur die gottesfürchtigen Heiden bekehren sich zu Jesus, auch der schlimmste Ketzerjäger, Saulus, findet zum Glauben. Er wird durch Christus selbst überwunden. Mit der Blindheit und der nachfolgenden Heilung (v18) betont Lukas, daß die Bekehrung ein Akt der Gnade Gottes ist, so wie es auch Paulus versteht (Galater 1,15). Paulus fastet, weil ihm die Bedeutung des Geschehens wohl noch nicht klar ist. Vielleicht denkt Lukas aber auch daran, daß das Fasten in der Alten Kirche die Vorbereitung auf die Taufe war. Lied 384: Lasset uns mit Jesus ziehen 162
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Apostelgeschichte 9,10–19a Wieder betont Lukas die zuvorkommende Gnade Gottes. Einer derer, die von Paulus verhaftet werden sollten, geht zu ihm, um ihn zu heilen. So setzen die Christen das Gebot der Liebe um. Nicht auf Bitten des Paulus, sondern im Gehorsam gegen Gottes Auftrag macht sich Ananias auf den Weg. Wenn es dem Paulus „wie Schuppen von den Augen fällt“, dann mag Lukas nicht nur an seine Heilung gedacht haben, sondern ebenso daran, daß Paulus nun den Sinn des ganzen Geschehens begreift. Er soll zum Apostel der Völker werden (Galater 1,16); dazu muß er imstande sein, Leiden auszuhalten; Paulus zählt sie in 2.Korinther 11,23–28 auf. Lied 646: Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen
Apostelgeschichte 9,19b–31 Für Paulus hatte sich eine völlig neue Welt aufgetan: Christus war nicht der Verfluchte, wie man aufgrund von 5.Mose 21,23 meinen könnte: „Ein Aufgehängter ist verflucht bei Gott“. Wenn dem Paulus Christus vom Himmel her erschienen war, dann mußte das geläufige Verständnis dieser Stelle, ja überhaupt das bisherige Verständnis des Alten Testamentes falsch sein. So sucht Paulus die Diskussion (v22.29). Einen Abtrünnigen haßt man ganz besonders. Darum ist es kein Wunder, daß Paulus überall fliehen muß: Die Serie seiner Leiden (v16) beginnt. Doch die, die er verfolgt hatte, beschützen ihn. Lied 398: In dir ist Freude
Apostelgeschichte 9,32–43 Der Apostel der Heiden ist berufen. Nun könnte Lukas von der Heidenmission erzählen; zunächst aber rundet er in den Versen 32–43 die Darstellung der Mission in Palästina ab. Im Namen Jesu tut Petrus die gleichen Wunder wie Jesus. Bei der Auferweckung der Witwe lassen die Worte an die Taten von Elia und Elisa (1.Könige 17,19; 2.Könige 4.10.21.32–37) denken. Sowohl Äneas wie Tabitha stehen zu einem neuen Leben auf, von der Lähmung sowie vom Tod. Wo der Apostel im Namen Jesu hinkommt, da bringt er das neue Leben in Jesu Namen mit. So werden es auch die Heiden erleben; davon erzählt Lukas ab Kapitel 10. Lied 383: Herr, du hast mich angerührt
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Apostelgeschichte 10,1–20 Mit Kapitel 10 leitet Lukas den Übergang zur Heidenmission ein. Bis dahin hatte er die Gemeinde der Messiasgläubigen als einen jüdischen Verband dargestellt, einschließlich der Juden aus der Diaspora, der Samaritaner und der Eunuchen (Jesaja 58). Zwar ist Paulus schon zum Heidenmissionar berufen worden, doch die Mission unter den Nichtjuden wird offiziell von Petrus eingeleitet. Der römische Hauptmann Kornelius war als Heide ein Sympathisant der Synagoge; dies bedeutet das Wort „gottesfürchtig“. Er tut die Werke der jüdischen Frömmigkeit: Er hält die Gebetszeiten ein und gibt Almosen (v2). Wie bei Paulus so ergreift auch hier Gott die Initiative. Durch die Visionen des Kornelius (v3–6) und des Petrus (v10–16) führt er die beiden Männer zusammen. In der Vision des Petrus spiegeln sich die Vorbehalte der jüdischen Christen: Mit einem Heiden, der ja unrein ist, darf man nicht unter einem Dach sein, nicht mit ihm essen, auch nicht das Abendmahl teilen. Gott selbst weist nun durch die Vision von dem Tischtuch mit den unreinen Tieren den Petrus an, diesen Vorbehalt fallen zu lassen. Auch Heiden dürfen zum Gottesvolk gehören, alle Menschen, Juden wie Heiden, dürfen Gottes Mahl zusammen feiern. Lied 658: In Christus gilt nicht Ost noch West
Apostelgeschichte 10,21–33 Die Vision hat den Petrus bereit gemacht, die Boten des Kornelius ins Haus zu lassen und ihnen dann zu folgen (v28). Wie später die Leute von Lystra vor Paulus (14,11), so geht Kornelius vor Petrus wie vor einem himmlischen Wesen auf die Knie. Unwillkürlich denkt man an die Verheißung Jesu:„Wer euch hört, der hört mich“. Beide Männer erkennen, daß Gott sie zusammengebracht hat. So ist Kornelius mit den Seinen bereit, die Botschaft zu empfangen, die Petrus ihm übermitteln soll. Lied 168: Du hast uns, Herr, gerufen
Apostelgeschichte 10,34–48 Die Rede des Petrus knüpft an die Situation an: Bei Gott gilt kein Ansehen der Person. Das macht auch das Geschehen um Jesus deutlich. Von den Juden wurde er ans Holz gehängt und getötet. Mit dieser Anspielung auf 5.Mose 21,23 macht Petrus deutlich, daß Jesus als ein von Gott Verfluchter galt. Doch Gott hat ihn auferweckt, ihn angenommen. Wer sich diesem Jesus anschließt, der darf darauf vertrauen, von Gott angenommen zu werden, die Vergebung der Sünden erhoffen. Die Gabe des Geistes, die sich im Zungenreden manifestiert, bestätigt für die 164
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Anwesenden die Worte des Petrus. Die Taufe ist die Besiegelung der Gabe des Geistes. Zum Volk Gottes dürfen alle Menschen gehören, Juden wie Heiden, zusammen dürfen sie das Abendmahl feiern. Lied 564: Komm, Heilger Geist
Apostelgeschichte 11,1–18 Die Taufe des ersten Heiden ist nicht ein Einzelfall, sondern ein grundsätzlicher Wendepunkt. Erst dadurch wird die Grundlage dafür geschaffen, daß der Christusglaube zu einer Weltreligion wird. Diese Taufe ist so wichtig, daß Lukas sie ein zweites Mal, nun als Rechenschaftsbericht des Petrus vor der Gemeinde in Jerusalem, erzählt. Lukas wiederholt dabei nicht schematisch das, was er bereits in Kapitel 10 gesagt hatte. Der Geist ergreift die Anwesenden nach dem Bericht des Petrus bereits zu Beginn der Predigt. Lukas macht dadurch deutlich, daß die Heidenmission eine Entscheidung Gottes ist, der die Gemeinde in Jerusalem nicht widerstehen darf. So wird es immer wieder Aufgabe der Christen sein, auf der Grundlage ihres Glaubens dem nachzuspüren, wo der Geist Gottes weht, seinerzeit etwa bei der Befreiung der Völker Osteuropas. Lied 577: Von des Himmels Thron
Apostelgeschichte 11,19–30 Nach der grundsätzlichen Freigabe der Heidenmission durch Gott erzählt Lukas nun von der Mission des Stephanuskreises. Die wichtigste Gemeinde für die Heidenmission wird zunächst Antiochien. Zu ihr stößt auch Paulus, der zum wichtigsten Heidenmissionar werden soll. Hier werden die Anhänger des Christus auch zum ersten Mal Christen genannt. Die griechische Namensform „Christianer“ weist darauf hin, daß die Römer diesen Namen geprägt haben, wohl um diese jüdische Sekte von der altgläubigen Synagoge zu unterscheiden. Die Antiochener sind bestrebt, die Verbindung zu der Jerusalemer Gemeinde nicht abreißen zu lassen: Sie veranstalten eine Kollekte für die Gemeinde dort. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seelen
Apostelgeschichte 12,1–25 Das Kapitel umfaßt im wesentlichen vier Abschnitte, die vom Märtyrertod des Jakobus (v1–2), der Verhaftung des Petrus (v3–11), seinem Wiedersehen mit der Gemeinde (v12–17) und dem 165
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Tod des Herodes und seiner Helfershelfer (v18–23) erzählen. Lukas zeigt den Gemeinden, wie die Mission der Christen auf Widerspruch stößt. Man muß mit Verfolgungen bis zum Tod rechnen, auch und gerade durch die Juden. Doch die alten Mächte, die nichts als Tod bringen können, sind selber dem Tod geweiht (v23), ja sie vernichten sich selber (v19). Auch wenn Jakobus den Tod erleidet, so gehört er doch zu der Gemeinschaft, der die Zukunft gehört, wie die Befreiung des Petrus zeigt, denn Gott ist mit seinem Volk. Lied 630: Fürchte dich nicht
Apostelgeschichte 13,1–12 Nun endlich kann sich Lukas der ersten Missionsreise zuwenden. Neben dem Zwölferkreis der Apostel und dem Siebenerkreis der Diakone hat sich nun in Antiochien ein Fünferkreis von Propheten und Lehrern gebildet. Dieser betraut Paulus und Barnabas mit der Heidenmission. Neben die innere Berufung des Paulus tritt nun auch die äußerlich sichtbare, so wie es auch heute sein soll, daß Gemeindeleiter und Missionare nicht nur eine innerliche, sondern auch eine äußere – freilich auch durch den Geist gewirkte – Berufung durch ihre Gemeinde oder Kirche haben sollen. Sergius Paulus ist der erste Heide, von dessen Bekehrung durch Paulus Lukas erzählt. Er ist eine römische Autoritätsperson, so wie auch der von Petrus bekehrte Hauptmann. Zwischen Petrus und Paulus gibt es nach Lukas keinen Unterschied. Widerstand erfährt die christliche Predigt von den Juden, die sich oft mit den römischen Autoritäten verbünden. Daß der jüdische Hofastrologe um seinen Einfluß fürchtet, ist verständlich. Genauso verhält es sich bei der jüdischen Synagoge. Im Grunde ist es der Teufel, der die christliche Verkündigung bekämpft. Mit dem Strafwunder wehrt sich Paulus als Träger des göttlichen Geistes gegen die Machenschaften des Teufels. Die Evangelisten erzählen nicht von Strafwundern Jesu. Das Strafwunder auf Zypern bildet eine Ausnahme. Es ist sicher nicht typisch für die christliche Verkündigung. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Apostelgeschichte 13,13–25 Schon in 13,5 hatte Lukas erzählt, daß Paulus normalerweise die Synagogen aufsuchte, um die christliche Botschaft auszurichten. Hier traf er auf Juden und zudem auf Heiden, die mit der Synagoge sympathisierten, ohne sich beschneiden zu lassen, so genannte Gottesfürchtige. Wie sich das Auftreten des Paulus in den Synagogen immer wieder vollzog, das erzählt Lukas im Bericht vom Wirken des Apostels in Antiochien. Als wandernder Rabbiner 166
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wird Paulus aufgefordert, die Schrift auszulegen. Er macht zunächst deutlich, daß seine Verkündigung im Einklang mit der jüdischen Geschichte steht. Freilich erwähnt er die Gabe des Gesetzes am Sinai nicht, denn nicht im Gesetz hat die Schrift ihren Höhepunkt; sie zielt vielmehr auf den Heiland. So stellt Paulus die Übereinstimmung der christlichen Botschaft mit der jüdischen Geschichte und Schrift her und kennzeichnet zugleich den Weg der Gesetzeslehrer als Irrweg. Dies gilt bis heute für das christliche Verhältnis zur jüdischen Synagoge. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Apostelgeschichte 13,26–41 Im zweiten Teil seiner Predigt führt Paulus den Schriftbeweis, daß Jesus der verheißene Messias ist, und zwar gerade durch Tod und Auferstehung. Freilich haben die jüdischen Führer seinerzeit in Unwissenheit gehandelt. Nun aber gilt es, das Unrecht nicht fortzusetzen. Vergebung der Sünden gibt es nicht, indem man den Gesetzeslehrern oder heute auch Esoterikern folgt, die bestimmte Übungen und Riten empfehlen, sondern indem man sich an Jesus hält. In der Liebesbeziehung mit ihm werden Fehlhaltungen korrigiert. Lied 619: Aus Gnaden soll ich selig werden
Apostelgeschichte 13,42–52 Die Reaktion auf die Predigt des Paulus ist gespalten. Zwar schließen sich Paulus eine Reihe von Juden und vor allem Gottesfürchtigen an, aber insgesamt folgt die Synagoge seiner Botschaft nicht. Mit dieser Glaubensverweigerung sowie dem Schriftwort aus Jesaja 49,6 begründet Paulus die verstärkte Hinwendung zu den Heiden: den Juden zuerst und dann den Heiden; so stellt es Lukas immer wieder dar, so sagt es Paulus Römer 1,16. Für die nichtjüdischen Sympathisanten der Synagoge eröffnete die Botschaft des Paulus die Möglichkeit, zum Volk Gottes voll und ganz zu gehören, ohne sich dem Gesetz mit seiner Beschneidung und seinen Ritualgesetzen unterwerfen zu müssen. Die altgläubige Synagoge mußte um ihren Einfluß fürchten, wenn sich ein beträchtlicher Teil der Gottesfürchtigen, meist vermögende und einflußreiche Leute in der Stadt, der Botschaft des Paulus zuwandten. Darum unternahmen die Altgläubigen alle Anstrengungen, Paulus aus der Stadt zu vertreiben. In vielen arabisch-islamischen Ländern versucht man heute, sich der christlichen Mitbewohner zu entledigen. Lied 248: Treuer Wächter Israels 167
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Apostelgeschichte 14,1–20a Ging es im Bericht über Antiochien in Pisidien um die Wirkung auf die jüdische Synagoge und die Schriftdeutung, so in den Berichten über Ikonium, heute Konya, und Lystra um die Wirkung auf die heidnische Welt. Die Wundertäter (v3.8–13) werden wie Götter verehrt; heute sind es die Idole des Sports, der Film- und Musikwelt sowie der Königshäuser, die so gefeiert werden. Doch die Gunst der Menge ist schwankend. Das erfahren die heutigen Idole ebenso wie Paulus und Barnabas, die auf Anstiften der Juden fliehen müssen. Lied 293: Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all
Apostelgeschichte 14,20b–28 Auf der Rückreise nach Antiochien in Syrien, dem Ausgangspunkt, organisiert Paulus die Gemeindeleitung, indem er Älteste einsetzt. Dabei weist er auf die Trübsale hin, die ihn getroffen haben und die die Gemeinde erleidet; ganz besonders sind es ja die Gemeindeleiter, die als erste Verfolgungen ausgesetzt sind. In Antiochien in Syrien geben Paulus und Barnabas dann einen Bericht von ihrer Missionsreise, so wie in unseren Gemeinden immer wieder Missionare von ihrem Wirkungskreis erzählen. Lied 577: Von des Himmels Thron
Apostelgeschichte 15,1–12 In den vorangegangenen Kapiteln hatte Lukas vom grundsätzlichen Recht der Mission unter Heiden und von ihrem Erfolg erzählt. Nun gilt es, das Zusammenleben von Christusanhängern aus dem Heidentum und solchen aus dem Judentum zu regeln. Soll auch für die Heidenchristen das ganze Gesetz des Mose gelten? Sollen sie sich darum beschneiden müssen, wie vor allem gesetzestreue Judenchristen meinen? Die Jerusalemer Gemeinde als Zentrum der Apostel beruft eine Versammlung ein. Auf ihr berichtet Petrus davon, wie Gott die Heiden berufen hat, ohne sie auf das alttestamentliche Gesetz, das Joch, zu verpflichten. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
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Apostelgeschichte 15,13–35 In der Diskussion um das Problem der Heidenchristen findet Jakobus eine Lösung. Im Schriftwort von Amos 9,11–12 sieht er die Rechtfertigung für die Heidenmission. Das Zusammenleben soll so gestaltet werden, daß sich die Christen aus dem Heidentum der Unzucht, des Götzendienstes, des Erstickten und des Blutes enthalten. Das sind nach 3.Mose 17–18 Regeln, die der Fremde, der in Israel wohnt, beachten muß. Die Lösung des Jakobus ist freilich problematisch. Sie sieht die Jesusbewegung nur als Teil von Israel, als jüdische Sekte. Jesus ist darum nicht der Erlöser, sondern nur der Erneuerer des Gesetzes. Die Regelung von Jerusalem hat nicht lange Bestand gehabt. Paulus z. B. erlaubt den Genuß von Fleisch, das den Götzen geopfert worden war, freilich unter der Vorgabe, daß das Tischgebet gesprochen wird (1.Korinther 10,25–26). Lied 657: Damit aus Fremden Freunde werden
Apostelgeschichte 15,36–16,5 Auch bei einer erfolgreichen Arbeit gibt es Trennungen. Paulus löst sich aus dem Schatten des Barnabas, der ihn ja nach Antiochien geholt hatte. Paulus begründet nun sein eigenes Missionswerk; dazu gewinnt er zwei wichtige Mitarbeiter. Silvanus hat ihn auf seiner Reise nach Korinth begleitet. Danach hören wir nichts mehr von ihm. Timotheus ist ein getreuer Mitarbeiter des Paulus geblieben. Mit seinen Mitarbeitern und seinen Briefen gelingt es Paulus, eine Mission aufzubauen, die die ganze Christenheit geprägt hat. Lied 255: Komm, sag es allen weiter
Apostelgeschichte 16,6–15 Immer wieder zeigt Lukas, wie die Geschichte der Christen vom Geist Gottes geleitet wird, nicht nur bei der Bekehrung des ersten Heiden, des Kornelius, sondern auch bei dem folgenschweren Schritt, die Mission nach Europa zu tragen. Es ist nur natürlich, daß Paulus nach Ephesus in der Provinz Asien reisen will. Das ist der übliche Weg nach Rom. Immerhin gelangt Paulus nach Philippi, damals eine von römischen Kriegsveteranen besiedelte Stadt. So kommt Paulus mit einer römisch geprägten Gesellschaft in Kontakt, eine gute Vorbereitung auf sein späteres Wirken in Rom. In der Stadt trifft er auf Lydia, eine Sympathisantin der Synagoge, wohl auch – als Purpurhändlerin – vermögend. Als Ortsfremde ist sie möglicherweise nicht in die Gesellschaft integriert, eine Außenseiterin ohne Anerkennung. Die Botschaft des Paulus von der Zuwendung 169
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Gottes eröffnet ihr eine neue Welt, so wie es in der Zuwendung Jesu zu den Verachteten der jüdischen Gesellschaft geschehen war. Lied 406: Bei dir, Jesu, will ich bleiben
Apostelgeschichte 16,16–24 Der Geist, der Paulus nach Philippi geführt hatte, erweist sich auch anderen Geistern gegenüber als mächtig. Obwohl doch der Wahrsagegeist die Wahrheit sagt, bringt Paulus ihn zum Schweigen, denn Wahrsagerei ist nicht nach Gottes Willen (5.Mose 18,10). Gerade die römische Welt hielt viel von den Techniken der Zukunftsschau. Gegenüber dem römischen Orakelwesen zeigt Lukas die Überlegenheit des christlichen Glaubens, der sich anschickt, die Hauptstadt zu erobern. Die christliche Botschaft hat auch Folgen für das Wirtschaftsleben, wie diese Geschichte zeigt. Bezüglich des Wirtschaftslebens bestehen Christen heutzutage darauf, daß der Sonntag verkaufsfrei ist. Lied 231: Dies sind die heilgen zehn Gebot
Apostelgeschichte 16,25–40 Die Verhaftung und Mißhandlung des Paulus sind nicht sinnlos. Der Kerkermeister findet zum Glauben. Was in Philippi geschieht, hat seine Entsprechung später in Rom: Paulus gelangt dorthin als Gefangener, dennoch kann er dort missionarisch wirken (28,30–31). Den römischen Behörden hält Lukas den Spiegel vor. Zu Unrecht hindern sie die Christen an ihrer Mission; diese setzt sich doch durch. Statt Christen zu verfolgen, sollten sie diese rücksichtsvoll behandeln. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
Apostelgeschichte 17,1–15 Wie immer sucht Paulus mit seiner Botschaft vom Leiden und Auferstehen des Messias zunächst die Synagoge auf: „die Juden zuerst, und auch die Griechen“ (Römer 1,16). Die Synagogen reagieren unterschiedlich. Die Juden in Beröa studieren die Schrift, um die Wahrheit zu ergründen, die Juden in Saloniki wiegeln die Stadtverwaltung und das Volk gegen die christlichen Missionare auf. Die altgläubige Synagoge organisiert ihren Widerstand – mit dem gleichen Argument wie seinerzeit der Hohe Rat bei seiner Anklage vor Pilatus. Die Gottesfürchtigen, die Sympathisanten der Synagoge aus den Heiden, begeistern sich für die Botschaft des Paulus, denn 170
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dadurch wird ihnen die vollgültige Mitgliedschaft im Volk Gottes möglich, ohne daß sie sich beschneiden und die Ritualgesetze auf sich nehmen müßten. Lied 181.6: Laudate omnes gentes – Lobsingt ihr Völker
Apostelgeschichte 17,16–34 In Athen – einer Hochburg der Philosophie – wendet sich Paulus an die Heiden. Wie Sokrates spricht er auf dem Marktplatz von anscheinend fremden Göttern. Die Verkündigung an die Heiden ist anders als die Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Messias, die sich an die Juden richtet. Paulus spricht zunächst von der rechten Gottesverehrung. Dabei bedient er sich der jüdischen Polemik gegen die Götzen und deren Tempel und Statuen (v24.25.29). In dem Nachdenken über Schöpfung (v24) und Geschichte (v26) komme es immer wieder zum Suchen und Fragen nach Gott. Darum haben die Menschen eine Ahnung von Gott (v28). Sie sind eben religiös veranlagt. Die Botschaft des Paulus will von der Ahnung zur Gewißheit führen. Die Zeit der entschuldbaren Unwissenheit sei nun vorbei; bald werde Gott den Erdkreis richten. Der Erfolg des Paulus ist bescheiden. Die gebildete Welt stößt sich an der Botschaft von der Auferstehung. Sie ist den Griechen eine Torheit. So zeigt Lukas: Die Übereinstimmung der christlichen Botschaft mit der Philosophie hat ihre Grenze, nämlich in der Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Christus. Lied 379: Gott wohnt in einem Lichte
Apostelgeschichte 18,1–22 In Korinth kann Paulus länger bleiben, eineinhalb Jahre. So wird die Stadt zu einem ersten Zentrum für die Mission des Paulus. Diese wäre ohne die Wegbereiter und Mitarbeiter kaum möglich gewesen. Ganz besonders sind Priska (oder Priscilla) und ihr Mann Aquila hervorzuheben. Sie sind seine Anlaufstelle in Korinth und Ephesus. Bei ihnen findet er Arbeit und Unterstützung. In Korinth gründet Paulus eine neue Synagoge, gleich neben der altgläubigen, im Haus des Titius Justus, eines Gottesfürchtigen, die Synagoge der Christusgläubigen. Auch Krispus, als Synagogenvorsteher ein Sponsor der Synagoge, schließt sich den Christusgläubigen an, dazu auf sein Beispiel hin viele andere Korinther. Man kann sich gut vorstellen, wie dies zu Spannungen geführt hat, die sich dann in der Anklage vor dem Statthalter im Jahr 51 oder 52 entluden. Lukas stellt hier den Statthalter als vorbildlich für die römischen Behörden dar: Er mischt sich nicht ein. Über den Grund des Gelübdes und die Reise des Paulus nach
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Jerusalem sagt Lukas leider nichts. Auf jeden Fall zeichnet er Paulus – im Kontrast zu den jüdischen Anklägern – als einen zutiefst religiösen Juden, dem Jerusalem nicht gleichgültig ist Lied 225: Komm, sag es allen weiter
Apostelgeschichte 18,23–19,7 In Ephesus kommt Paulus die Ehre der Anfangsverkündigung zu, wenn auch zunächst andere im Sinne Jesu dort wirken. Priscilla und Aquila gelingt es, einen jüdischen Missionar, Apollos, von der Wahrheit der Jesusgläubigen zu überzeugen. Möglicherweise stand auch Apollos dem Täufer Johannes nahe, so wie die Johannesjünger, die Paulus bei seinem Eintreffen in Ephesus tauft. Lukas will so zeigen, wie der Boden für die Mission des Paulus in Ephesus vorbereitet wird, wo dieser ja drei Jahre wirken wird. Es stoßen Menschen zur Mission, die einerseits für die Verkündigung des Paulus empfänglich sind, andererseits auch als Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Auch ein Pfarrer braucht heute Mitarbeiter und die Bereitschaft, sich auf das Evangelium einzulassen. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Apostelgeschichte 19,8–22 Lukas gibt nun ein Bild vom Wirken des Paulus. Nach der Trennung von der Synagoge eröffnet Paulus ein Lehrhaus in der Schule des Tyrannus, wie es auch die Rabbiner taten. Man sieht daran, daß die Christengemeinde eine Studiengemeinschaft ist. Neben das Wort tritt die Tat. Lukas legt Gewicht auf die Vertreibung der Geister, die sich dem Namen Jesu nicht widersetzen können. In der gleichen Weise hatte ja auch Jesus gewirkt. Da, wo Menschen ihr Vertrauen auf Jesus setzen, verschwinden einfach die bösen Geister einschließlich der Wahrsagerei. Lied 193: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
Apostelgeschichte 19,23–40 Das Heidentum befindet sich nach der Darstellung des Lukas in Ephesus in der Defensive. Dabei ist die Stadt ein Anziehungspunkt für Kaufleute, Touristen und Pilger, für diese vor allem wegen des Tempels der Diana. So fürchten viele um ihre Verdienstmöglichkeiten. Wiederum sind es die Behörden, die vorbildhaft die Christen beschützen. Der Leser soll daraus schließen, daß das Christentum nicht staatsfeindlich ist. Aber es hat natürlich Auswirkungen auf das Wirtschafts172
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leben. Rund 50 Jahre später schreibt ein römischer Statthalter, daß im westlichen Kleinasien kaum noch Opfertiere benötigt würden, da sich so viele Menschen zum christlichen Glauben hielten. Religion ist immer in das Wirtschaftsleben verflochten. Die Frage ist, wie sie dieses gestalten kann. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt
Apostelgeschichte 20,1–16 Von Kapitel 20 an ist die Erzählung auf die Fahrt nach Jerusalem, die Gefangennahme und die Reise nach Rom ausgerichtet. Darum benennt Lukas lediglich die Stationen, die Paulus berührt; hingegen werden ausführlich die Begleiter auf der Reise genannt. Paulus versammelt sie in Korinth, weil er wohl dort ein direktes Schiff nach Jerusalem besteigen will. Die Begleiter sollen – auch wenn Lukas davon nichts erzählt – die Kollekte überbringen, die die Gemeinden für die Armen in Jerusalem (Galater 2,10) gesammelt hatten. Mit der Siebenzahl der Begleiter will Lukas ausdrücken, daß sich alle Gemeinden der paulinischen Mission beteiligen. Da Paulus von einem Attentatsplan der jüdischen Pilger auf dem Schiff Wind bekommt, muß er ein anderes Schiff suchen, das ihn nach Palästina bringt. Er findet es in Troas. Das verhalten erzählte Wunder will noch einmal die Größe des Apostels herausstellen, bevor er dann in Jerusalem in Gefangenschaft gerät. Lied 326: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Apostelgeschichte 20,17–38 Der Abschied in Milet ist das Vermächtnis des Paulus. Immer wieder hat er Prophezeiungen gehört, die ihn vor der Reise nach Jerusalem warnten. Paulus verteidigt seine Botschaft gegen die Angriffe von judenchristlicher und jüdischer Seite, er habe nicht die volle Wahrheit gelehrt (v20): Der Glaube an Jesus als den Herrn ist genug. Darüber hinaus bedarf es nicht noch anderer Dinge, wie etwa der Beschneidung oder Gesetzeserfüllung. Heutzutage fordert die katholische Kirche zusätzlich die Anerkennung des kirchlichen Amtes, wie es in der katholischen Gemeinschaft gewachsen ist. Paulus schlägt den Gemeinden vor, Bischöfe einzusetzen, um so die Irrlehrer bekämpfen zu können, die unweigerlich auftreten werden. Als Vorbild für die Amtsund Lebensführung der Bischöfe soll die Art dienen, in der Paulus seinen Dienst gestaltet hat (v31–35). Die kirchliche Leitungsfunktion dient also der Wahrung der Einheit und Wahrheit der christlichen Gemeinde; für den Frieden mit Gott ist aber nur der Glaube an Jesus notwendig. Lied 584: Herr Jesu, der du selbst von Gott 173
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Apostelgeschichte 21,1–14 Hatten wir in der Abschiedsrede von Milet nur so nebenbei von den Prophezeiungen über die bevorstehende Verhaftung gehört, so gestaltet Lukas dieses Geschehen nun dramatisch aus, besonders in der Prophezeiung des Agabus. Wie bei Jesus die alttestamentlichen Propheten, so sagen bei Paulus die neutestamentlichen Propheten das Verhängnis an. Beide Male ist Jerusalem die Stadt der Verfolger, der Juden, die den Gefangenen in die Hände der Heiden überliefern werden. So wie Jesus auf dem Weg seine Leiden ankündigt, so der Heilige Geist auf dem Weg des Paulus. Wie Jesus stellt auch der Apostel alles dem Willen Gottes anheim. Der Apostel tritt in die Fußtapfen seines Meisters, die Schicksalsgemeinschaft mit Jesus ist so eng wie nie. Und wie nach Lukas 23,27 die Frauen und das Volk, so nehmen die Gemeinden herzbewegenden Anteil am Weg des zukünftigen Märtyrers. Lied 400: Ich will dich lieben, meine Stärke
Apostelgeschichte 21,15–26 Die Gemeindeleiter in Jerusalem zeigen sich mit der Mission des Paulus einverstanden, jedoch sind die Vorurteile groß. Paulus hat nicht gelehrt, daß die Juden das Gesetz aufgeben sollen, sondern daß Nichtjuden auch ohne Beschneidung vollwertige Glieder des Volkes Gottes seien, eben wegen des gemeinsamen Glaubens an Jesus Christus. Um die Vorurteile zu widerlegen, soll Paulus ein bei Juden als besonders fromm geltendes Werk tun: die Opfer für vier arme Christen bezahlen, die das Gelübde abgelegt hatten, sich des Alkohohls zu enthalten, nichts Totes zu berühren und sich nicht die Haare zu schneiden. Paulus kann darauf eingehen, weil durch Christus das Gesetz als Heilsweg zu seinem Ende gekommen ist. Nicht als Heilsweg, sondern als Normen für die Lebensführung sind die Gebote des Alten Testamentes für uns Christen heute wichtig. Lied 231: Dies sind die heilgen zehn Gebot
Apostelgeschichte 21,27–40 Auch das fromme Verhalten des Paulus kann das Mißtrauen nicht zerstreuen. Hatten die Juden Jesus das Wort vom Abreißen des Tempels übel genommen, so verdächtigen sie Paulus, einen Heiden in den Tempel gebracht zu haben. Wie Jesus so wird auch Paulus vor dem Vertreter der römischen Staatsmacht angeklagt, doch die Aussagen ergeben kein klares Bild. Anders als bei Jesus freilich schützt die Staatsmacht den zu unrecht angeklagten Paulus. So sollte sich der Staat immer verhalten, wenn Christen angeklagt werden. Lied 273: Ach Gott vom Himmel 174
Apostelgeschichte
Apostelgeschichte 22,1–21 Wie es Jesus vorhergesagt hatte, so geschieht es: Um seinetwillen werden Missionare vor Fürsten und Könige geführt, Zeugnis zu geben (Lukas 21,12–13). Vor der Menge und dem römischen Hauptmann gibt Paulus wie die späteren Märtyrer öffentlich sein Zeugnis für den Glauben. Die Geschichte seiner Berufung zeigt Paulus als frommen Juden. Im Tempel hat Paulus eine Gottesschau nach Art der alttestamentlichen Propheten. Dort erhält er seinen Auftrag zur Mission der Heiden. Genau an diesem Punkt erhebt sich der Widerspruch, so wie ihn Paulus bei seinen Missionsreisen erlebt hatte. Lied 293: Lobt Gott, den Herrn
Apostelgeschichte 22,22–30 „Sie werden nicht aufnehmen dein Zeugnis von mir“ (v18) – diese Prophezeiung bei der Berufung wird nun Wahrheit (v22–23). Wie Jesus verworfen wurde, so Paulus. Und wieder schützt ihn der Römer, der sich sehr korrekt verhält. Dramatisch stellt Lukas die Tatsache heraus, daß Paulus römischer Bürger ist. Das Christentum ist also – so gibt er den römischen Lesern zu verstehen – keine der vielen windigen östlichen Sekten, sondern eine von Römern vertretene Religion. Der christliche Glaube ist seriös, auch heute. Lied 331: Großer Gott, wir loben dich
Apostelgeschichte 23,1–11 Wie Jesus wird auch Paulus vom Hohen Rat verhört. Wie Jesus erhält auch er eine Ohrfeige. Die Heidenmission spielt plötzlich keine Rolle mehr. Geschickt spaltet Paulus den Hohen Rat mit dem Thema des Auferstehungsglaubens. Lukas zeigt damit, daß es im Grunde zwischen jüdischem Pharisäismus und christlichem Glauben Gemeinschaft geben kann. Freilich gehört für Lukas die Anerkennung Jesu als Messias zu einer solchen Gemeinsamkeit. Den römischen Behörden signalisiert Lukas, daß das Christentum die legitime Fortsetzung des Judentumes ist und daß ihm darum die jüdischen Privilegien nicht entzogen werden dürfen. Lied 646: Herr, gib mir Mut zu, Brückenbauen
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Apostelgeschichte 23,12–35 Mit dem Hungerstreik zeigt Lukas den Ernst der Lage an. Zum dritten Mal rettet der römische Beamte Paulus vor dem Tod. „Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen“ – solche Erfahrungen hatte Paulus schon öfter gemacht (2. Korinther 4,9). In seinem Begleitbrief entlastet der römische Beamte den Paulus: Es geht um religiöse Streitigkeiten. Die Aktivitäten des Paulus sind nicht staatsfeindlich. Auch der Statthalter Felix behandelt Paulus sachlich und korrekt. Er zieht den Fall an sich, verweist ihn nicht etwa nach Cilicien. Lied 280: Es wolle Gott uns gnädig sein
Apostelgeschichte 24,1–27 Paulus wird der Entweihung des Tempels und des Schürens von Aufruhr bezichtigt. Schon Jesus wurde ja mit solchen Anklagen vor Pilatus überzogen. Im unruhigen Palästina fürchteten die Römer schon den geringsten Anlaß, der geeignet war, Unruhen entstehen zu lassen. Paulus verweist darauf, daß er in Jerusalem nicht als Redner aufgetreten sei. Die Gegner können den Gegenbeweis durch Zeugen nicht antreten. Kirchenfeindliche Regierungen haben immer wieder versucht, Christen mit der Anklage der Gefährlichkeit für den Staat zu verunglimpfen oder zu verfolgen, Glaubensfragen spielten dabei angeblich keine Rolle. Tatsächlich aber steht der christliche Glaube immer wieder den Ideologien der Regierenden im Wege. Wieder stellt Lukas den Streit als eine Auseinandersetzung um theologische Fragen, als Streit um die Auferstehung dar. Felix vertagt die Verhandlung. Paulus bleibt in erleichterter Haft. Man kann diese Entscheidung als einen Sieg für Paulus verstehen. Beinahe wäre ihm auch die Bekehrung des Felix gelungen, doch die Ansprüche des Glaubens an die persönliche Lebensführung schrecken ab. Von da ab zeichnet Lukas den Statthalter nur noch als bestechlich und geldversessen. Er hätte Paulus frei lassen müssen, tut es aber nicht, weil er sich das Wohlwollen der Juden erkaufen will. Wir können dankbar sein, wenn unsere Justiz nicht von Bestechlichkeit bestimmt ist. Lied 637: Von guten Mächten treu und still umgeben
Apostelgeschichte 25,1–12 Der neue Statthalter scheint entschlossen zu sein, den Prozeß des Paulus wieder in Gang zu setzen und zu Ende zu bringen. Wieder können die altgläubigen Juden keinen Beweis erbringen. Da der Vorwurf der Anstiftung zum Aufruhr nicht bewiesen werden kann, müßte Festus entscheiden und Paulus freisprechen. Doch um den jüdischen Vertretern einen Gefallen zu tun, 176
Apostelgeschichte
erwägt er die Möglichkeit, Paulus nach Jerusalem zu überstellen, damit dort ein Religionsverfahren vor dem Hohen Rat durchgeführt werden kann. Angesichts dieser Gefahr beruft sich Paulus auf den Kaiser. Lied 351: Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich
Apostelgeschichte 25,13–27 Festus wird wieder als der korrekte römische Beamte dargestellt, der von den Grundsätzen des römischen Rechtsstaates durchdrungen ist. So erscheint der römische Staat in hellem Licht – im Gegensatz zu den jüdischen Behörden. Daß der Herr, der Kaiser, der berüchtigte Nero war, daß Berenike und Agrippa im Inzest lebten, das erwähnt Lukas nicht. Für ihn ist wichtig: Wieder stellt ein römischer Beamter fest, daß das Christentum nicht staatsfeindlich ist. Den Auferstehungsglauben versteht der Heide nicht, wie seinerzeit schon die Philosophen in Athen. Er bittet den letzten jüdischen König um ein Gutachten, damit er ein entsprechendes Schreiben an den Kaiser richten kann. Lied 558: Ich hör die Botschaft: Jesus lebt
Apostelgeschichte 26,1–23 Vor dem König gibt Paulus sein Zeugnis. Das Christentum ist öffentlich, keine Winkelangelegenheit, sondern Teil der Weltgeschichte, selbst die obersten Staatenlenker werden sich entscheiden müssen. Auf den König macht Paulus einen tiefen Eindruck, beinahe gelingt ihm die Bekehrung des Agrippa (v28). Inhaltlich vertritt Paulus eine zutiefst jüdische Meinung. Er sieht sich in Übereinstimmung mit der jüdischen Zukunftshoffnung. Insofern ist der christliche Glaube die echte Fortsetzung des Glaubens Israels. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
Apostelgeschichte 26,24–32 Das Urteil des Festus, Paulus befinde sich in Raserei, ist das indirekte Zeugnis des Heiden dafür, daß der Apostel wie ein Prophet redet. Raserei (1.Korinther 14,23) ist das Urteil von Ungläubigen über das prophetische Reden. König Agrippa hingegen, als kundiger Jude vorgestellt, wäre beinahe durch das prophetische Wort bekehrt worden. Freimütig hat Paulus voll des Geistes vor den Inhabern der Macht gesprochen – so wie von Jesus vorausgesagt (Lukas 12, 11–12). Lukas 177
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
zeigt, wie die Machthaber die Unschuld des Paulus – und damit der Christen überhaupt – bezeugen. Lukas macht dem Leser deutlich: Das Christentum ist keine Winkelsekte, keine geheime Verschwörung, sondern eine vernünftige und verantwortungsvolle Religion. Lied 134: Komm, o komm, du Geist des Lebens
Apostelgeschichte 27,1–12 Gott tut nichts, ohne daß er es vorher durch seine Propheten ankündigt – nach diesem Grundsatz aus Amos 3,7 erzählt Lukas von der Ankündigung des Schiffbruches durch Paulus. Wie im Abschnitt zuvor wird Paulus als Prophet dargestellt, dem Agrippa keinen Glauben geschenkt hatte und nun auch der Hauptmann nicht. Da man auf das Wort Gottes aus dem Prophetenmund nicht hört, muß es zur Katastrophe kommen. Lied 123: Jesus Christus herrscht als König
Apostelgeschichte 27,13–26 Was die Schiffer auch zur Rettung des Schiffes und ihres Lebens tun, es ist vergeblich. Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Da tritt Paulus wiederum als Prophet auf und spricht Besatzung und Reisenden Mut zu. Damit das Zeugnis des christlichen Glaubens vor dem Kaiser laut werden kann, wird das Leben der Menschen auf dem Schiff verschont werden. Gott macht Paulus zur Hauptperson, um dessentwillen alle gerettet werden. Lied 648: Wo ein Mensch Vertrauen gibt
Apostelgeschichte 27,27–44 Dem Zorn der Menge in Jerusalem war Paulus durch das Eingreifen der Römer entkommen. Nun bewahrt er die Römer und Mitreisenden vor dem Untergang im Zorn der Natur. Die Römer duldeten die fremden Religionen im Reich, weil sie so den Schutz aller Götter für ihr Reich erhofften. Lukas macht dem römischen Leser deutlich, daß der Gott der Christen Macht hat, ins Unglück zu stürzen, aber auf das Gebet der Christen hin auch bereit ist, gnädig zu sein. Bis heute ist es sinnvoll, daß Christen für die Gemeinschaft, in der sie leben, beten, nicht um das Unrecht zu decken, sondern um Gottes Gnade zu erbitten – trotz allen Ungehorsams in ihrem Land. Lied 366: Wenn wir in höchsten Nöten sein 178
Apostelgeschichte
Apostelgeschichte 28,1–10 Lukas zeigt Paulus auf der Insel Malta als den Herrn der Lage. Der Biß der Giftschlange zeigt, daß Gott auf seiner Seite steht. Ein vornehmer Römer lädt Paulus in sein Haus. Die Heilungen tragen ihm die Dankbarkeit der Insulaner ein. Lukas läßt den Leser fast vergessen, daß Paulus ein Gefangener ist. Lukas sagt: Der Glaube des Paulus ist kein menschenfeindlicher Aberglaube; Aberglaube ist es vielmehr, wenn die Menschen meinen, Paulus müsse ein Mörder sein, weil so viele Todesgefahren auf ihn einstürmen. Vielmehr trägt Paulus zur segensreichen Gestaltung des Zusammenlebens der Menschen bei. Lied 365: Von Gott will ich nicht lassen
Apostelgeschichte 28,11–16 Von Malta geht es über Sizilien und Puteoli nach Rom. Überall gibt es schon Christen, die Paulus empfangen und sicher mit den nötigsten Dingen versorgen. So hat es die römische Gemeinde auch mit den Märtyrern gemacht, die zur Tierhetze in die Arena nach Rom geschickt wurden. Paulus wird nicht ins Gefängnis geworfen, sondern bekommt Hausarrest, so daß er als Prediger und Missionar wirken kann, vielleicht so wie in Ephesus, wo er in der Schule des Tyrannus seinen Unterricht abhielt. Lied 452: Er weckt mich alle Morgen
Apostelgeschichte 28,17–31 Lukas berichtet nichts vom Ausgang des Prozesses des Paulus, obwohl er ihn kennt. Für den kundigen Leser der Zeit des Lukas machte der Bericht deutlich, daß die römischen Behörden von der Unschuld des Paulus überzeugt waren, die Hinrichtung unter Nero also nur das Werk eines menschenverachtenden Tyrannen sein konnte. Mit dem Bericht von der freien Verkündigung des Paulus ist Lukas zu seinem Ziel gekommen: das Evangelium wird in der Hauptstadt in der Kraft des Geistes verkündigt. Das Heil Gottes wird den Heiden verkündet, und sie hören es. In dieser Mission stehen die Christen bis heute. Lied 375: Daß Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht
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Römerbrief Römer 1,1–7 In der üblichen Form des Briefeinganges mit Absender, Empfänger (v7), und Gruß (v7) fällt die ausführliche Selbstvorstellung des Paulus auf: sein Amt als Apostel des von den Propheten angekündigten Evangeliums (v1–2), der Inhalt des Evangeliums (v3–4), seine Aufgabe als Missionar unter den Heiden (v5–6). Paulus spricht ausführlich von sich und seiner Verkündigung, weil er sich den Römern vorstellen möchte. Rom soll der Ausgangspunkt seiner Spanienmission werden. Die römische Gemeinde kennt in ihrer Mehrheit Paulus nicht persönlich, hat aber sicher bereits vieles über ihn gehört, nicht immer zutreffend, des öfteren verzerrend. Darum zitiert Paulus eine Glaubensformel (v3–4), um den Inhalt seines Evangeliums zu beschreiben, nämlich Jesus Christus, eine Formel, die auch die römische Gemeinde bekennt. Ob Jesus der verheißene Messias, Heilsbringer sei, diese Frage hatte heftigen Streit in der jüdischen Synagoge zu Rom ausgelöst. Der römische Geschichtsschreiber Sueton berichtet davon. Die Glaubensformel, die Paulus zitiert, beschreibt die Messianität Jesu in zwei Stufen, im irdischen Leben als Davids Sohn und seit der Auferstehung als Sohn Gottes. Es ist der Versuch, das Geheimnis der Person Jesu in seiner Zugehörigkeit zur irdischen und himmlischen Welt zu umschreiben; es geht nicht darum, über die Natur Jesu zu spekulieren; man möchte vielmehr Jesus als den Erlöser von den Mächten bekennen, die den Menschen bedrängen, einschließlich des Todes. Lied 23: Gelobet seist du, Jesu Christ
Römer 1,8–15 In der Danksagung, die sich normalerweise an den Briefeingang anschließt, spricht Paulus von seinem Wunsch, die römische Gemeinde zu besuchen. Er lobt wie üblich die Gemeinde. Man merkt ihm aber seine Unsicherheit der Gemeinde gegenüber an, wenn er seine Worte, er wolle die geistliche Erkenntnis der Gemeinde vertiefen, sofort wieder zurücknimmt, indem er von dem gegenseitigen Trost spricht. Man merkt ihm an, daß er Mißtrauen in Rom befürchtet, nicht zu Unrecht, wie Apostelgeschichte 28,21 deutlich werden läßt. Seinem Anspruch, Apostel zu sein, ist ja immer wieder die Anerkennung versagt worden. Darum betont er in einem zweiten Gedankengang nachdrücklich seine Aufgabe, im Lande der Heiden das Evangelium zu predi180
Römerbrief
gen. Wäre Paulus nicht zutiefst von diesem Auftrag durchdrungen gewesen, wer weiß, wie die Weltgeschichte verlaufen wäre! Lied 293: Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all
Römer 1,16–17 Am Anfang seiner Ausführungen sagt Paulus, was der Kern seines Evangeliums ist. Paulus beschreibt sein Evangelium in V 16 von der Wirkung, in V17 von seinem Inhalt her. Gott offenbart sein Evangelium, nicht weil er etwas über sich mitteilen will, sondern weil er die Menschen von ihren verkehrten Wegen retten will. Inhaltlich sagt das Evangelium, wer vor Gott bestehen kann; gerecht ist nämlich der, der sein Vertrauen ganz auf Gott setzt und von ihm Annahme erwartet (glaubt), denn Leben in ewiger Gemeinschaft mit Gott hat nur der, der aus dem Glauben, aus dem Vertrauen lebt. Die Gerechtigkeit Gottes ist also nicht die Zuteilung von Strafe und Belohnung, sondern die Aufnahme in Gottes Gemeinschaft. Und Glaube ist nicht etwa ein „Nicht-Wissen“, sondern ein „Fest-Wissen“, weil Vertrauen. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Römer 1,18–32 Während Paulus mit Gerechtigkeit das rettende Handeln Gottes beschreibt, nennt er das strafende Handeln Zorn. Die Menschen haben eine religiöse Anlage, darum eine Ahnung von Gott. Dennoch machen sie sich ihre eigenen Götter; sie suchen ihre Götter immer unter den Erscheinungen, die geschaffen sind, erkennen nicht den Schöpfer an. Das Gericht Gottes, also sein Zorn, besteht einfach darin, daß Gott die Menschheit ihren Göttern überläßt und damit den Verirrungen der Sexualität oder ihres Strebens nach Reichtum, Ansehen und Macht. Das Gericht am Ende unserer Tage wie auch im jetzigen Leben besteht nicht aus der Verhängung von Strafen; vielmehr überläßt Gott, die Quelle des Lebens, den Menschen seinem eigenen Willen, seiner Krankheit zum Tode. Lied 271: Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen
Römer 2,1–16 Während das Judentum mit Verachtung auf die Heiden und ihre Religionen blickt, meint es, selber in der rechten Weise Gott zu verehren. Und doch genügt auch es nicht dem Willen Gottes, denn wenn es bei Gott keine Ansehen der Person gibt, dann entspricht der jüdische 181
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Dünkel nicht der Liebe Gottes, seinem Willen zur Rettung des Menschen (Gerechtigkeit). Es mag sein, daß Paulus hierbei an seine Erfahrungen aus der Missionsarbeit denkt, da die heidnischen Sympathisanten von der altgläubigen Synagoge zwar gerne gesehen wurden, aber nicht als Glieder des Gottesvolkes dazu gehörten. Alle Menschen, beide Gruppen der Menschheit, Juden wie heidnische Griechen, sind dem Zorn Gottes verfallen und bedürfen darum der Erlösung. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Römer 2,17–29 Paulus wendet sich direkt an die Glieder der jüdischen Synagoge. In gut prophetischer Tradition kritisiert Paulus den Stolz des Juden auf sein Gesetz (v17–24), das dieser doch nicht befolge, dazu die Selbstsicherheit (v25–29), mit der der Jude sich auf seine Beschneidung beruft; doch ist diese nur äußerlich. Die ganze Person soll von der Hingabe an Gott geprägt sein. In der gleichen Weise gelten diese Worte für Christen, die sich auf ihrer Taufe „ausruhen“. Lied 295: Wohl denen, die da wandeln
Römer 3,1–8 Auf zwei Einwände geht Paulus ein. Wenn die Juden auch Sünder wie die Heiden seien, was soll dann die Erwählung (Vorzug) bedeuten? In seiner Antwort verweist Paulus nur auf einen Punkt, die Schrift. Er könnte noch mehr nennen, wie er es Römer 9,4 tut. Für Paulus ist freilich nicht das Selbstverständnis des Juden das Problem, sondern die Frage, ob Gott nicht zu seinem Wort steht. Menschliche Abkehr von Gott kann Gott nicht dazu veranlassen, nun seinerseits die Zuwendung zu seinen Geschöpfen (Treue) aufzugeben. Gott ist souverän. Der zweite Einwand betrifft die Verkündigung des Paulus, der sagt, daß das Tun der Gebote den Menschen vor Gott nicht angenehm machen kann. Überspitzt hieße das, so die Kritik, man müsse ein Sünder werden, weil Gott ja die Sünder erlösen will. Solche Vorwürfe bedenken nicht, daß für Paulus der Mensch nicht ein Sünder werden kann, denn er ist seit eh und je ein Sünder, also ein Mensch, der sich stets neben und gegen Gott behaupten will. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
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Römerbrief
Römer 3,9–20 Die Verse fassen zusammen: Der Mensch, wer auch immer, ob Jude ob Heide, ist ein Sünder; Sünder ist der Mensch, weil er unabhängig von Gott leben will, in seinem Handeln nicht nach Gott fragt, wie Paulus sagt. Die Schrift selber besagt dies, wie Paulus mit seiner Kombination von Zitaten aufzeigt (v10–18). Auch das Gesetz, auf das der Jude so stolz ist – heute auch die Muslime –, kann da nicht helfen. Denn es führt nur zur Erkenntnis der Sünde, also zur Erkenntnis, daß der Mensch Gott nicht genügen kann. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Römer 3,21–26 Das triumphierende „Nun aber“ markiert den Gegensatz zu 1,18 (Offenbarung des Zornes Gottes) und die Wende in der Erkenntnis Gottes. Rechtfertigung heißt: Nicht in der Selbstbehauptung gegenüber Gott durch das, was man tut, sondern in der Annahme (Glaube) der Liebe Gottes kommt man mit Gott ins Reine (Gerechtigkeit). Zur Bekräftigung dieser Überzeugung beruft sich Paulus auf die Schrift (Gesetz und Propheten: v21) sowie auf die urchristliche Glaubensüberzeugung, die Paulus in den Versen 25–26 zitiert. Die Hinrichtung des unschuldigen Jesus zeigt, wie der Mensch das Gesetz gegen Gott verwendet. Die Lebenshingabe Jesu ist zugleich das Gericht über die Sünde als menschlicher Selbstbehauptung gegen Gott sowie der Erweis der liebenden Zuwendung Gottes zu den Menschen. Lied 355: Mir ist Erbarmung widerfahren
Römer 3,27–31 Im Wechsel von Frage und Antwort entwickelt Paulus seine Folgerungen aus dem erlösenden Handeln Gottes, der Hingabe seines Sohnes. Wenn Gott das Verhältnis zu den Menschen selbst in Ordnung bringt, dann hat aller Selbstruhm vor Gott nichts zu suchen. Man denke an das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner (Lukas 18,9–14). Wenn nicht der Gehorsam dem Gesetz gegenüber den Menschen Gemeinschaft mit Gott schenkt, sondern der Glaube, dann steht die Gottesbeziehung allen Menschen offen, die auf den Vater Jesu Christi vertrauen. Für das jüdische Denken löst Paulus die Autorität des Gesetzes auf. Paulus jedoch meint, daß damit die Zielrichtung des Gesetzes erst wirklich deutlich wird. Das zeigt er im folgenden Kapitel. Lied 619: Aus Gnaden soll ich selig werden
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Römer 4,1–12 Paulus bestreitet nicht die Autorität der Schrift. Er legt sie nicht gesetzlich aus, wie das altgläubige Judentum, sondern prophetisch. Die Schrift spricht für ihn von den Verheißungen Gottes. An Abraham – das Psalmzitat ist eine Bekräftigung – wird dies deutlich: Als Unbeschnittenen, allein aufgrund seines Glaubens, macht Gott ihn gerecht, d. h. ihm angenehm. Die Schrift selbst sagt also, daß alle Menschen im Glauben Zugang zu Gott haben. Der Universalität des Schöpferhandelns Gottes entspricht die Universalität der Erlösung. Lied 245: Preis Lob und Dank sei Gott dem Herren
Römer 4,13–25 Glaube ist Vertrauen darauf, daß Gott Leben für seine Geschöpfe will. Glaube ist also das Gegenteil zum Vertrauen auf das eigene Vermögen, so wie es unsere heutige Gesellschaft der Macher meint. Abraham vertraute Gott auch gegen den Augenschein. Darum soll ihm und denen, die seinem Bild folgen, das „Erbe“ zuteil werden. Man denkt zunächst an das verheißene Land, in dem das Gottesvolk Ruhe finden soll; doch die Christen haben diese Verheißung im übertragenen Sinne verstanden, als Überwindung des Todes und als Ruhe des ewigen Lebens. Paulus unterstreicht diese Verheißung des Lebens für die Glaubenden aus Juden und Heiden. Er zitiert nämlich das tägliche jüdische Gebet mit seiner Hoffnung auf die Überwindung des Todes durch Gott („der lebendig macht die Toten“ v17) und dazu die christliche Umformung („der unseren Herrn Jesus von den Toten auferweckt hat“ v24). Kein Mensch kann den Tod überwinden, nur Gott. Darum ist der Glaube, also das Vertrauen, das alles von Gott erwartet, die angemessene Haltung Gott gegenüber. Lied 365: Von Gott will ich nicht lassen
Römer 5,1–5 Der Mensch lebt in ständiger Auflehnung gegen Gott, weil er selbstmächtig sein Leben gestalten will. Wenn der Mensch aber durch das Wort sich als Kind Gottes erkennt und dies im Glauben annimmt (gerecht geworden), dann ist er im Frieden mit Gott, weil von Gottes Liebe erfüllt (v5). In dieser Versöhnung mit Gott kann der Mensch auch die Nöte des Lebens durchstehen, ja die Drangsale machen ihn seiner Zugehörigkeit zu Gott um so gewisser; so blieb auch Jesus, in aller Not, im Alter von 30 Jahren sterbend am Kreuz, Gottes Kind: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Lied 398: In dir ist Freude 184
Römerbrief
Römer 5,6–11 Woran die Liebe Gottes (v5) deutlich wird, sagt Paulus mit dem ihm und den Römern überlieferten Glaubensbekenntnis: „Christus ist für uns Sünder gestorben“ (v6.8). Während man sich die Lebenshingabe eines Menschen für eine gute Sache noch vorstellen kann, ist das Sterben Jesu für Menschen, die von Gott nichts wissen wollen, unvergleichlich. Wenn Menschen durch diesen Tod Christi mit Gott ihren Frieden gefunden haben, dann brauchen sie auch nicht den Zorn Gottes, sein Gericht, zu fürchten. Der Jüngste Tag wird zum lieben jüngsten Tag, an dem unsere Zugehörigkeit zu Gott manifest wird. Lied 86: Jesu, meines Lebens Leben
Römer 5,12–21 Hatte Paulus in 5,6–11 die Wendung „gestorben für“ in der Glaubensformel „Christus ist für uns Sünder gestorben“ bedacht, so nun den Ausdruck „für uns Sünder“. Nach der Urgeschichte wurde Adam sterblich, weil er gesündigt hatte, also sich von der Quelle des Lebens abgewandt hatte. Da nun – folgert Paulus – alle Menschen sterben müssen, sind alle Sünder. Es ist nicht so, daß wegen der Sünde Adams alle Menschen dem Tod verfallen sind. Auch wenn sie „nicht mit gleicher Übertretung gesündigt haben wie Adam“ (v14), sind sie Sünder. Die Sünde Adams ist vielmehr die jedem Menschen innewohnende Selbstbehauptung gegenüber Gott. Adam ist das Gegenbild des Christus, der sich nicht gegen Gott behaupten will und darum den Tod erduldet. So durchbricht er die Macht der Sünde und des Todes als der Mensch, der er nach Gottes Willen sein soll, er gibt allen denen Anteil an diesem neuen Sein, die sich ihm anvertrauen. Lied 79: Wir danken dir, Her Jesu Christ
Römer 6,1–11 Man hat Paulus den Vorwurf gemacht, er öffne der Sünde Tor und Tür, wenn er dem Gesetz des Alten Testamentes keine Gültigkeit mehr zubillige. Weit gefehlt, meint Paulus. An der Taufe werde dies deutlich. Wenn der Täufling seinen Glauben an Christus bekennt und in das Wasser untergetaucht wird, dann „stirbt“ er mit Christus, und zu einem neuen Leben steht er mit dem Auftauchen aus dem Wasser auf, sowohl in seinem Handeln wie in der Hoffnung auf die Auferstehung. Er wechselt von der Macht der Sünde unter die Macht Christi. In der durch die Taufe begründeten Zugehörigkeit zu Christus möchte der Mensch sich gar nicht der Sünde öffnen. 185
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Warum sollte er etwas tun, was dem Geliebten, dem Vater, nicht gefällt? Sich nicht an Gottes Willen zu halten, ist also Abkehr von der Taufe. Lied 67,5: Ertöt uns durch dein Güte
Römer 6,12–23 Paulus versteht das Leben der Menschen als von Mächten beherrscht. Durch die Taufe wechselt der Mensch vom Machtbereich der Sünde in den der Gerechtigkeit, von der Gottabgewandtheit hin zu Gott, dem Geber des Lebens. Nicht mehr dem Tod als der Sünde Sold verfallen sind darum die, die ihr Vertrauen auf Gott setzen; sie erhalten vielmehr das volle Leben in der ewigen Gemeinschaft mit Gott. Man spürt den Zeilen des Paulus die Freude über den Wechsel ab, die Freude über die Freiheit von den dunklen Seiten des menschlichen Ichs zur Freude darüber, Sinn und Ziel des Lebens gefunden zu haben. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
Römer 7,1–6 Paulus wendet sich hier wohl besonderen Gruppen in der römischen Gemeinde zu, Leuten, die das Gesetz des Alten Testamentes kennen und für die es Gültigkeit beansprucht. Paulus billigt der Macht des Gesetzes nur eine begrenzte Zeit zu. Es wurde erst spät gegeben und hatte den Zweck, die Sünde aufdecken, benennen zu können. Ein Heilsweg war es nie. Aber im Spiegel des Gesetzes kann der Mensch seine Gottabgewandtheit erkennen. Wenn nun Menschen in das neue Leben mit Gott eintreten, dann gelten diese Vorschriften nicht mehr, so wie bei einer Frau, die nach dem Tode ihres Mannes frei ist, sich wiederzuverheiraten. Wer in der Gemeinschaft mit Gott lebt, der benötigt nicht ein Gesetz, das den Anspruch erhebt, erst durch seine Befolgung sei eine Gemeinschaft mit Gott möglich. Heute würden wir sagen: Durch mehr und mehr Gesetze schaffen wir dennoch keine Gerechtigkeit. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Römer 7,7–13 Das Verbotene reizt zur Übertretung. Das Gesetz des Alten Testamentes „Du sollst nicht begehren!“ macht darum neugierig, wie es wohl wäre, wenn man es täte. Aber auch wenn das Gesetz zur Sünde reizt, so ist es doch nicht Sünde. Das Gesetz soll Leben möglich machen. 186
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Doch es wird von der Sünde mißbraucht, die Paulus als Macht denkt, die das Leben bestimmt. Sie verleitet den Menschen dazu, sich selbst gegenüber Gott behaupten zu wollen, gerade dadurch, daß er meint, mit dem Tun des vom Gesetz Gebotenen könne er Ansprüche gegenüber Gott erheben: „ Gott kann gar nichts an mir aussetzen. Ich bin ein guter Mensch“. Damit wird Gottes Gottheit nicht anerkannt, und dies bedeutet Trennung von der Quelle des Lebens und damit Tod. Wir alle kennen Menschen, die immer Recht haben müssen und unerbittlich darauf beharren; so werden sie unleidlich und geraten immer mehr in die Isolation, unfähig zur Gemeinschaft. Lied 231: Dies sind die heilgen zehn Gebot
Römer 7,14–25 Nach dem antiken Grundsatz „Gleiches wird durch Gleiches erkannt“ kann der Mensch den Willen Gottes im Gesetz gar nicht in der richtigen Weise tun, da er Fleisch und nicht Geist ist. Erst wenn er den Geist Christi erhält, kann er den Sinn des Gebotenen erkennen. Schon das Judentum hatte ja erkannt, daß man das Gesetz zur eigenen Selbstbehauptung mißbrauchen kann und daß man darum der Gabe des Geistes bedarf: Hesekiel 11,19–20. So kann der Mensch gar nicht anders als ein Sünder zu sein, wenn er nicht von Christus durch die Gabe seines Geistes erlöst wird. Der christliche Glaube ist darum eine Erlösungsreligion, nicht eine Gesetzesreligion wie Islam und Judentum. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
Römer 8,1–11 Das Gesetz war für Paulus als Jude der Mittelpunkt seines Denkens gewesen. In der Begegnung mit Christus gewinnt er eine neue Identität, gekennzeichnet durch den Geist. Davon spricht Paulus in Kapitel 8. Christus hat den Fluch des Gesetzes (Galater 3,13; 5.Mose 21,23) auf sich genommen und so seine Kraft aufgezehrt. Damit ist er zum Sühnemittel für die Vergebung der Sünde geworden, so daß die, die ihm nachfolgen, es nicht mehr nötig haben, sich mit Hilfe der Sühneleistungen des Gesetzes einen Anspruch gegen Gott erwerben zu wollen. Sie leben vielmehr in dem Frieden der Gewißheit, Gottes Kind zu sein: Sie haben seinen Geist erhalten. Lied 129: Freut euch, ihr Christen alle
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Römer 8,12–17 Mit dem Geist Gottes begabt dürfen die Nachfolger Jesu Gott, wie es Kinder tun, „Abba“, Vater nennen. Ein Vater sorgt für seine Kinder – so auch Gott. Er möchte seine Kinder immer bei sich haben, und darum trägt er sie durch den Tod hindurch ins Leben. Wer hingegen meint, er könne sich durch sein Tun einen Anspruch auf Leben erwerben, der irrt, denn er läßt Gott nicht Gott sein. Dies ist die Sünde, von der der Mensch in seinem Selbstbehauptungswillen gelenkt wird. Alle einzelnen Vergehen sind nur Ausdruck dieser Ursünde. Lied 134: Komm, o komm, du Geist des Lebens
Römer 8,18–25 Die Gabe des Geistes hat nicht zur Folge, daß nun das Leben einfacher und sorgenlos wird. Aber die Nachfolger Jesu haben eine feste und gewisse Hoffnung, die über den Tod hinausgeht, während den Menschen ohne Gott die Gewißheit der Hoffnung fehlt: Mit dem Tod, sagen sie, sei alles aus. Dabei leiden sie genauso an der Vergänglichkeit wie die gesamte Schöpfung, die auf die Erlösung wartet. Die gesamte Schöpfung bedarf der Erlösung. Paulus denkt vielleicht an den Fluch über den Acker (1.Mose 3,17). Wie sehr die Schöpfung unter der Sünde, d. h. unter dem Selbstbehauptungswillen des Menschen, leidet, dafür haben wir in den letzten Jahrzehnten ein neues Gespür bekommen. Eine neue Welt kann nur eine neue Schöpfung Gottes sein. Lied 271: Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen
Römer 8,26–30 Gott gegenüber vermag der Mensch nichts, es sei denn, es werde ihm geschenkt. Auch das Beten ist eine Gabe des Geistes, der uns gibt, was wir beten sollen. Das Wort möchte uns Mut machen, in einer Versammlung von Christen auch selber zu beten, es nicht den andern allein zu überlassen. Das Gebet darf Erhörung erwarten, weil Gott ja die, die an ihn glauben, in seine Gemeinschaft führen will. Mit der Gewißheit der endgültigen Zugehörigkeit zu Gott beschließt Paulus diesen Abschnitt. Lied 328: Dir, dir, o Höchster, will ich singen
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Römer 8,31–39 Paulus schließt seine Ausführungen über die Freiheit von der Sünde und damit von Gesetz und Tod ab, wie Vers 31a zeigt. Frage und Antwort sowie Lobpreis sind ineinander verwoben. Die Verse 31b–32 stehen unter dem Thema “Gott für uns”, 33–34 sprechen von Gottes und Christi Beistand im Gericht, 35–39 von der tragenden Zuwendung Christi in allen Anfechtungen. Ich bewundere immer wieder die Siegesgewißheit dieser Zeilen: Paulus hätte doch allen Grund gehabt, seine rastlose Missionstätigkeit aufzugeben, da er Trübsal und Angst um seine Gemeinden haben mußte, als andere Missionare Paulus beschuldigten, ein verkürztes Evangelium gebracht zu haben, da er in den Synagogen ausgepeitscht wurde (Verfolgung), auf seinen Wanderungen oft nicht wußte, wo er bleiben sollte (Hunger, Blöße), wilde Tiere (Gefahr) und auch die Unberechenbarkeit (Schwert) der römischen Behörden fürchten mußte. Lied 398: In dir ist Freude
Römer 9,1–5 Wenn Gott den Menschen durch den Glauben, also durch das Vertrauen auf Christus rechtfertigt, d. h. ihn in die Gemeinschaft mit ihm aufnimmt, welche Bedeutung haben dann die Zusagen Gottes für sein Volk Israel? Ist Gott sich untreu, wenn nun das Gesetz kein Heilsweg sein kann? So werden viele Einwände gegen Paulus und seine Lehre gelautet haben. Als Verräter seines Volkes, der leichtfertig all das aufgebe, was das Selbstbewußtsein eines Juden ausmache, so werden viele Paulus gesehen haben. Doch Paulus liebt sein Volk. Er würde alles geben, um ihm die Gemeinschaft mit Gott durch Christus möglich zu machen. All das, was das Selbstbewußtsein eines Juden ausmacht, etwa das Gesetz oder der auch von den Heiden geschätzte Gottesdienst, all das will er nicht aufgeben; es ist nur die Frage, welchen Stellenwert alle diese Gaben an Israel innerhalb des Glaubens an Jesus haben. Lied 409: Gott liebt diese Welt
Römer 9,6–13 Gott ist treu. Er hebt seine Verheißungen nicht auf. Die Frage ist nur, wem die Verheißungen gelten. Die Sündengeschichte der Israeliten zeigt, daß nicht einfach die gemeint sein können, die leiblich von Abraham herstammen. Vielmehr beruft Gott seine Kinder in Freiheit, so wie er in Freiheit Abraham und Sara die Geburt des Isaak zusagt. Nicht weil es die fleischliche Lust so will, sondern weil Gott dieses Kind dem alten Ehepaar verspricht, kommt es 189
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zur Geburt. So ist Isaak der Sohn der Verheißung. Und auch die Geschichte von Esau und Jakob zeigt, daß Gott sich seine Kinder der Verheißung in Freiheit erwählt. Gott beruft seine Kinder in seinem Wort. Wer seinem Wort Glauben schenkt wie Abraham, dem gewährt er die Kindschaft. Lied 302: Du meine Seele, singe
Römer 9,14–29 Wenn Gott in Freiheit beruft, er sich also anscheinend nicht an Normen bindet, handelt Gott dann nicht willkürlich, eben wie es ihm gefällt? Nein, sagt Paulus. Denn Gott bindet sich an sein Erbarmen, wie der Tod Jesu für die Sünder und auch Gottes Langmut mit der Sünde zeigen. Wenn es Gottes Wille ist, sich des Menschen zu erbarmen, dann wird der Mensch dies nicht erkennen, wenn es nicht auch die Verwerfung gibt. Auch die Verhärtung des Pharao hat also das Erbarmen Gottes zum Ziel. Darum ist Gott nicht willkürlich, wenn er erbarmend oder verstockend handelt. Dennoch bleibt der Mensch verantwortlich. Denn wie das Gefäß des Töpfers seine Bestimmung erfüllt, welche auch immer (v21), so soll auch der Mensch seine Aufgaben wahrnehmen. Jegliches Rechten (v20) mit Gott würde ja wiederum ein Eigenrecht des Menschen behaupten. Das aber widerspricht der Gottheit Gottes. Die Darlegungen des Paulus haben freilich nicht zum Ziel, eine Lehre über die ewige Bestimmung des Menschen aufzustellen, sondern sie wollen dem Geheimnis des Handelns Gottes nachspüren, der die Heiden zur Gemeinschaft mit ihm beruft, während das Gottesvolk sich ihm verweigert. Die Berufung der Heiden ist Ausdruck und vorläufiges Ziel des erbarmenden Willens Gottes. Doch bedeutet dies eben nicht eine völlige Verwerfung Israels (v24.29). Lied 372: Was Gott tut, das ist wohlgetan
Römer 9,30–10,4 In den Versen 30–31 beschreibt Paulus, was er erlebt: Heiden finden in die Gemeinschaft mit Gott, weil sie sich von Gott alles erwarten, Juden verfehlen sie, weil sie auf ihrem eigenen Recht gegenüber Gott beharren. Der Weg seiner jüdischen Zeitgenossen ist ein Irrweg: Den von Gott versprochenen und gegebenen Messias haben sie wie einen Stein des Anstoßes verworfen, ja unter Berufung auf das Gesetz gekreuzigt. Sie haben Gott nicht vertraut, sondern auf ihr eigenes Tun und ihre eigenen Maßstäbe und Normen, die sie aus dem Gesetz Gottes abgeleitet haben. Sie wollen Gott ehrlich dienen, und tun es doch nicht, weil sie nicht von sich loskommen. Christus bringt diesen Weg, Ansprüche aus dem Tun des Gesetzes herleiten zu wollen, zu seinem 190
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Ende. Nur, wer aus Christus lebt, wird leben. Letztenendes ist der Weg des Judentums der Weg aller Menschen, die sich nicht Christus anvertrauen, z. B. auch der Muslime. Lied 658: In Christus gilt nicht Ost noch West
Römer 10,5–13 Daß Christus das Ende für das Gesetz bedeutet (v4), das zeigt Paulus in diesem Abschnitt mit dem Schriftbeweis. Das Gesetz des Mose fordert das Tun für die Gemeinschaft mit Gott; doch kann nach Galater 3,10–12 niemand diese erreichen, selbst nicht mit übermenschlicher Anstrengung – das will das Holen des Messias aus dem Himmel oder der Unterwelt besagen. Gottesgemeinschaft gibt es nur im Hören auf das Wort, weil dann der Mensch nicht auf seine Selbstbehauptung Gott gegenüber pocht. Die Antwort auf dieses Wort ist das Bekenntnis zu Jesus als dem Messias und das Vertrauen auf die Überwindung des Todes als gottfeindlicher Macht durch Jesus. Alle, die ihm glauben, sollen – wie die Schrift sagt – das Leben mit Gott erhalten. Lied 195: Allein auf Gottes Wort will ich
Römer 10,14–21 Wie den Heiden so wird auch der altgläubigen Synagoge das Leben aus der Gnade Gottes in der Predigt der von Gott beauftragten Missionare angeboten. Gerade diese öffentliche Verkündigung macht die Schuld des aktuellen Israel offenbar, denn dort stößt die Botschaft von der Gerechtigkeit aus Glauben auf Ablehnung, anders als in der Heidenwelt. Die Schrift selbst, im Gesetz wie in den Propheten, hat sowohl die Aufnahme in der Heidenwelt als auch die Ablehnung in der jüdischen Welt vorausgesagt, so wie es Paulus täglich erlebt. Lied 386: Eins ist not! Ach Herr, dies Eine
Römer 11,1–10 Die Ablehnung der Botschaft von der Rechtfertigung aus Glauben und nicht aus Werken des Gesetzes durch die altgläubige Synagoge bedeutet nun nicht, daß Gott sein Volk verstoßen habe. Paulus ist das beste Beispiel dafür, daß auch Juden sich dieser Botschaft zuwenden. Das Spätjudentum hatte die Vorstellung entwickelt, daß trotz des Ungehorsams Israels dem Gesetz gegenüber ein Rest gerettet werde. Diese Gedanken greift Paulus mit seinem Schriftbeweis aus 1.Könige 19,18 auf. Aus Gnade 191
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freilich, nicht aus Gesetzeswerken, gewährt Gott solchen Juden seine Gemeinschaft. Die übrigen sind jedoch verstockt, wie die Schrift ebenfalls sagt. Doch meint Paulus nicht, daß das Judentum auf immer sich der Gerechtigkeit aus Glauben verweigern wird, wie er in 11,25–26 ausführt. Lied 358: Es kennt der Herr die Seinen
Römer 11,11–16 Die Verweigerung des Glaubens durch Israel hat einen tieferen Sinn: Den Nichtjuden wird die Gottesgemeinschaft angeboten, Versöhnung mit Gott für die Welt (v15). So sieht Paulus das Judentum selbst in seiner Verweigerung als Segensträger; das soll es ja seit Abraham sein, wie der Vergleich mit Teig und Baum (v16) feststellen soll. Durch das weltweite Bekenntnis zu Jesus wird Israel - so hofft Paulus – angestachelt, es den Heiden gleichzutun (v11.14), so daß auch sie von Gott angenommen werden, ihre Zahl voll wird (v12). Auch die Beauftragung des Apostels zur Mission in der Heidenwelt (v13) dient dem verborgenen Ziel der Rettung von ganz Israel (v14–15). Ein kühner Gedanke! Aber ist es nicht oft so, daß Gott über Wege zum Ziele führt, die uns zunächst als Umwege erscheinen? Lied 427: Solang es Menschen gibt auf Erden
Römer 11,17–24 Mit dem Bild vom Ölbaum und seinen aufgepfropften Ästen knüpft Paulus an das Bild vom Baum (v16) an. Mit dem Vergleich will er deutlich machen, daß es den Christen aus der Heidenwelt genauso ergeht wie dem Volk Israel, wenn sie den Glauben verweigern. So wie Paulus das Rühmen des Judentums ob seiner Gaben im Unterschied zur Heidenwelt kritisiert, so kann er ebenso wenig Überheblichkeit aus der Heidenwelt leiden. Ob Paulus hier die Lage in der Gemeinde in Rom im Auge hat, ist nicht sicher, aber möglich. Alle Gaben Gottes sind keine Auszeichnungen, sondern Verpflichtungen zum Dienst, und somit Gaben für ein sinnerfülltes Leben. Lied 643: So prüfet euch doch selbst
Römer 11,25–32 Paulus ist dankbar dafür, daß er einige aus seinem Volk zum Glauben an den Messias Jesus bringen kann (11,5). Doch sein Denken ist nicht auf die Bekehrung einzelner beschränkt. Seine Hoffnung ist größer und kühner: Ganz Israel wird sich wieder zu Gott hinwenden. Mit seinen 192
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Zeitgenossen erwartet er für die Endzeit die Wiederherstellung Israels. Die Hinwendung der Heiden zu Jesus wird – so denkt er – einen neuen Eifer im Judentum entfachen, die Gemeinschaft mit Gott zu suchen, so wie es die Schrift sagt. Paulus denkt dabei an Jesaja 59,20; 27,9. Zwar mag die altgläubige Synagoge die Jesusanhänger verfolgen, doch will Gott auch sie zu sich heimholen. So wird Gott seinen Verheißungen treu bleiben. Ob Götzendienst der Heiden, ob Unglaube des Judentums – Gott führt die Menschheit zu seinem Ziel, der Wiederbringung der Menschen in die Gemeinschaft mit ihm selbst. Damit ist Paulus zum Ausgangspunkt seiner Darlegungen, die mit 9,1 begannen, zurückgekehrt. Lied 426: Es wird sein in den letzten Tagen
Römer 11,33–36 Mit einem Lobpreis Gottes schließt Paulus sein Nachdenken über Gottes Treue und Israels Weg ab. Paulus staunt über die Weisheit Gottes, der selbst die Verweigerung ihm gegenüber nicht zum Anlaß endgültiger Verwerfung nimmt, sondern immer noch seine Geschöpfe zu ihm heimholen möchte. Denn von ihm sind sie geschaffen, durch ihn geworden, und bei ihm zu sein ist ihre Bestimmung. Lied 326: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Römer 12,1–2 Mit Kapitel 12 beginnen die Ermahnungen, die Paulus normalerweise an das Ende seiner Briefe stellt. Vers 1–2 ist das Leitmotiv. Der Gottesdienst in der Heidenwelt ist von den Tieropfern geprägt, ebenso im Judentum. Paulus verlegt das Schwergewicht des Gottesdienstes auf das (mitmenschliche) Handeln des Menschen, so wie es Jesus deutlich gemacht hatte: Nicht auf die rituellen Gebote kommt es in der Beziehung zu Gott an, sondern auf das Verhalten des Menschen zum Mitmenschen (Markus 7,15). In der Antike sollen die Opfer Gott wohlgefällig sein, für Paulus und Jesus hingegen das Tun des Menschen. Da Christus ein- für allemal das wohlgefällige Opfer gebracht hat, nahmen die Christen nicht an Opfern teil; dieser Widerspruch gegen das, was als normal galt, ist ihren Zeitgenossen ständig aufgefallen. So widersprechen auch heute Christen, wo geboten, dem Zeitgeist. Lied 449,3: Lasset uns singen
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Römer 12,3–8 Die Ermahnungen dieses Abschnitts gelten denjenigen, die eine Funktion in der Gemeinde ausüben. Sie sollen ihre Aufgaben in der gebotenen Sachlichkeit und Hingabe wahrnehmen und nicht auf Ehre und Ansehen schielen. Umgekehrt sollen die anderen Gemeindeglieder ihnen die notwendige Freiheit lassen und sich nicht ständig in die Aufgaben der andern einmischen. Lied 577: Von des Himmels Thron
Römer 12,9–21 Dieser Abschnitt handelt von dem Verhalten, das allen Christen geboten ist. In den Versen 9–13 geht es vornehmlich um das Verhalten innerhalb der Gemeinde, in 14–21 um das Verhalten gegenüber Nichtchristen und Gegnern. Die Verse 17–21 kreisen dabei um das Thema „Vergeltung“. Alle Christen sind mit dem Geist Gottes begabt, der ein Geist des Friedens ist. Der nicht-aggressive Charakter ist darum für das Verhaltensmuster der Christen typisch. Lied 412: So jemand spricht: Ich liebe Gott
Römer 13,1–7 Paulus äußert sich nirgendwo so ausführlich zu dem Verhältnis der Christen zum Staat wie hier. Er tut dies wohl deshalb, weil er eben an die Gemeinde in der Hauptstadt schreibt. Er begreift den Staat nicht als Wohlfahrtsstaat. Der Staat ist für ihn auf die Aufgabe beschränkt, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Erfüllt er diese Aufgabe, so hat er auch einen Anspruch auf den Gehorsam der Bürger. Als Paulus diese Worte im Winter 55/56 schrieb, hatte er nicht einen tyrannischen Staat vor Augen. Nero war erst seit ungefähr einem Jahr an der Macht. Vor Augen hat Paulus vielmehr die staatlichen Behörden, mit denen der normale Bürger zu tun hat. Wenn Paulus meint, die staatliche Obrigkeit sei von Gott verordnet, so heißt dies nur, daß Gott will, daß Menschen in Sicherheit und Ordnung leben können, nicht aber, daß eine Obrigkeit automatisch den Willen Gottes vollziehe. Man kann also aus diesen Versen nicht einen Anspruch des Staates auf blinden Gehorsam durch den Bürger herleiten. Lied 303: Lobe den Herren, o meine Seele
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Römer 13,8–14 Paulus spricht von den Grundlagen des christlichen Verhaltens. Zum einen tut der Liebende das, was der Geliebte von ihm erwartet. Darum ist die Liebe des Gesetzes Erfüllung, also des Willens Gottes. Zum andern bereitet sich der Christ auf das kommende Leben in der ewigen Gemeinschaft mit Gott vor, so wie eine Braut sich für ihren Gemahl schmückt. Darum sollen die Christen den Herrn Jesus Christus „anziehen“. Dann sind sie für den Jüngsten Tag, für die Begegnung mit Gott bereit. Lied 16: Die Nacht ist vorgedrungen
Römer 14,1–12 Jesus hatte das Schwergewicht menschlichen Verhaltens, das Gott gefällt, auf die sozialen und mitmenschlichen Beziehungen gelegt (Markus 7,15). Darum ist auch für Paulus die Beachtung von Speisegeboten (v2) und Festtagen (v5) zweitrangig. Jedoch gibt es in der Gemeinde Leute, die auch weiterhin auf diese Dinge großen Wert legen. Sie richten über die anderen Brüder, die sich an solche Gebote nicht halten. Diese wiederum sehen geringschätzig auf die Brüder herab, die sich aus solchen Dingen ein Gewissen machen. Wichtig ist, daß alle den Herrn anerkennen und ihm danken (v6). Das Leben des Christen soll ein Zeugnis für seinen Herrn sein. Wie dann der Einzelne seinen Glauben lebt und gelebt hat, das ist Sache des Herrn und des Einzelnen, unterliegt nicht der Beurteilung der anderen. Einig in der Konzentration auf das Christuszeugnis und weit in punkto Traditionen und Gebräuchen, das ist schon immer Kennzeichen der Kirche der Reformation. Lied 341,10: Was ich getan hab und gelehrt
Römer 14,13–23 Hatten die Verse 10–13 die „schwachen“ Brüder zum Verzicht auf das Richten ermahnt, so die Verse 14–23 die „starken“ zur Achtung der Verletzbarkeit der andern. Im Zweifelsfall soll der „starke“ Bruder verzichten. Denn die Liebe zum andern ist oberstes Gebot. Sie sorgt dafür, daß das Gewissen des andern nicht unnötig belastet wird. Schließlich ist Essen und Trinken nicht das Wesentliche an Gottes Herrschaft, sondern Friede und Freundlichkeit. Paulus faßt in diesem Kapitel die Erfahrungen aus Korinth (1.Korinther 8,10) zusammen. Möglicherweise hat es auch in Rom diese Diskussionen gegeben. Lied 417: Laß die Wurzel unsers Handelns Liebe sein 195
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Römer 15,1–6 Paulus schließt die Ermahnungen an die „starken“ Brüder mit dem Hinweis auf das Vorbild Christi ab. In Vers 3 deutet Paulus Psalm 69,10 auf Christus. So wie Christus Schmähungen ertrug, so sollen auch die „starken“ Brüder, die anscheinend in der Mehrheit sind, in Geduld das Richten und Urteilen ihrer „schwachen“ Brüder in der Nachfolge Jesu tragen. Denn die Einheit der Gemeinde und das Handeln in Liebe sind wichtiger als der Streit um Speisevorschriften und Festtage. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
Römer 15,7–13 An die Stelle der „schwachen“ und „starken“ Brüder treten nun Juden- und Heidenchristen. Das legt die Vermutung nahe, daß die Judenchristen weiterhin ihren jüdischen Traditionen über Speisen und Festtage folgten, die Heidenchristen dies aber nicht taten. Beide Gruppen sollen sich gegenseitig akzeptieren, denn das Wirken Christi erfüllt die Verheißungen an die jüdischen Vorväter, schließt aber gleichzeitig die Heiden ein, wie die Abrahamsverheißung deutlich macht und alle drei Teile der jüdischen Bibel, Thora, Propheten und Schriften, belegen. Paulus greift hier auf seine Darlegungen in Römer 9–11 zurück. Mit einem Gebetswunsch schließt Paulus seine Ermahnungen. Lied 694: Laudate omnes gentes
Römer 15,14–21 Paulus greift auf den Eingang des Briefes zurück und begründet nun ausführlicher, warum er der Gemeinde zu Rom schreibt. Paulus erkennt die geistlichen Fähigkeiten der Gemeinde an (v14), betont zugleich aber doch seine eigene Autorität, da er zum Apostel der Heiden berufen sei, die er am Ende der Zeiten zu Gott führen soll. Ganz bewußt will er dabei Gegenden aufsuchen, in denen noch nie die Christusverkündigung erschollen ist, wie nach Jesaja 52,15 vorgesehen. Die Gemeinde in Rom wird also nur eine Durchgangsstation sein, deren Paulus freilich für die Mission weiter im Westen als Stützpunkt bedarf. Darum stellt er sich mit seinem Brief der Gemeinde vor. Lied 255: O daß doch bald dein Feuer brennte
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Römer 15,22–33 Weil Paulus hofft, sein Volk werde zu Gott finden, wenn die Fülle der Heidenwelt sich Gott zugewandt habe, darum will er mit seiner Mission bis an die Enden der Welt, in der damaligen Zeit Spanien. Rom soll ihm dabei als Ausgangsstation dienen. Zuvor will er als Abschluß seiner Mission die Gaben der Gemeinden rund um die Ägäis, die nun selbständig die Mission weitertreiben können, nach Jerusalem bringen. Paulus bittet um die Gebete der Gemeinde, weil er nicht zu Unrecht Ungemach in Jerusalem fürchtet. Nach Spanien wird Paulus nicht mehr gelangen, wohl aber nach Rom, freilich nur als Gefangener, aber dennoch so, daß er auch in Rom von Christus erzählen kann. Lied 376: So nimm denn meine Hände
Römer 16,1–16 Die Verse sind ein Empfehlungsschreiben für Phöbe, wohl eine Geschäftsfrau (2). Sie ist zudem eine – wie wir heute sagen würden – Diakonin der Gemeinde in der Hafenstadt Kenchreä, etwa 5km von Korinth entfernt an der südlichen Küste des Isthmus von Korinth. Sie hat auch Paulus bei seinen Reisen Beistand geleistet. Mit Aquila und Priska ist Paulus besonders eng verbunden. Sie waren die Wegbereiter seiner Mission in Korinth und Ephesus und haben wohl auch für ihn gebürgt („für mein Leben ihren Hals“), als er im Gefängnis war. Von den vielen anderen Personen wissen wir kaum Näheres. Lied 420: Brich mit den Hungrigen dein Brot
Römer 16,17–27 Der Abschnitt zerfällt in drei Teile: Mahnungen (v17–20), Grüße (v21–24) und Lobpreis (v25– 27). Die Warnungen vor den Irrlehrern unterbrechen die Grüße. Ihren Ort hätten sie bei den Ermahnungen in 12–14. Warum Paulus sie hier anfügt, warum er überhaupt davon spricht, da doch der Brief nichts von einer Auseinandersetzung mit Irrlehrern spüren läßt, ist ein Rätsel. Gajus war der Gastgeber des Paulus bei seinem Aufenthalt in Korinth (wahrscheinlich 55/56), wohl ein betuchter Mann, da er die ganze Gemeinde, mindestens 40 Leute, bei sich zum Gottesdienst aufnehmen kann. Auch der Stadtkämmerer muß ein wohlhabender Mann gewesen sein, der von seinem Sklaven Quartus begleitet wird. So wie in seinen anderen Briefen schließt Paulus auch hier mit dem Gnadenwunsch. Der Lobpreis, ähnlich Judas 20, wird in anderen Handschriften an das Ende von Kapitel 14 oder 15 gestellt. Lied 326: Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut 197
Erster Korintherbrief 1.Korinther 1,1–9 Der Eingang (v1–3) enthält, wie bei Paulus üblich, die Absenderangabe, den Adressaten und den Gruß. Paulus legt auf die Heiligung der Korinther Wert, weil er in diesem Brief auf eine Reihe von Verhaltensregeln eingeht, z. B. in Kapitel 7. Das Gemeindeleben wurde von einer Vielzahl von Gemeindegliedern gestaltet. Kapitel 12 und 14 sprechen von den Gaben, die in der Gemeinde vorhanden sind. Auch wenn eine solche Fülle von Mitarbeitern Probleme in der Zusammenarbeit und der Wertschätzung der einzelnen Dienste mit sich bringt, so dankt doch Paulus zunächst für einen solchen Reichtum. Und auch heute ist jeder Pfarrer dankbar, wenn viele Menschen sich mit ihren Gaben in der Gemeinde einsetzen. Lied 288: Nun jauchzt dem Herren alle Welt
1.Korinther 1,10–17 Nach dem Weggang des Paulus in Korinth gab es niemanden, der genügend Autorität hatte, die Gemeinde zu leiten. So entstanden Streitigkeiten. Davon haben dem Paulus die Leute der Chloe, wohl einfache Leute, berichtet. Sie haben unter dem Streit gelitten. Für seinen Anspruch auf Autorität berief sich jeder auf die Person, von der er getauft worden war: auf Petrus (Kephas), Apollo oder Paulus. Die angebliche Berufung auf Christus ist wohl eine ironische Bemerkung des Paulus, mit der er den Unsinn solcher Machtkämpfe hervorhebt; zudem leitet er damit die folgenden Ausführungen ein. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
1.Korinther 1,18–25 Paulus betont, daß in der Gemeinde Jesu alle Erkenntnis und Weisheit der Christusverkündigung dienen soll. Darum verfehlen die Machtkämpfe in der Gemeinde, in denen man sich auf die von dem jeweiligen Täufer vermittelte Erkenntnis beruft, den Auftrag der Gemeinde. Schon Jesus hatte ja gesagt, daß er zum Dienst gekommen sei und sein Leben für die Menschen gebe. 198
Erster Korintherbrief
Für die Juden ist die Verkündigung von der Heilsbedeutung des Todes Jesu ein Ärgernis, weil Jesus nach den Normen des Gesetzes als Verfluchter gestorben ist (5.Mose 21,22.23). Für die Griechen ist diese Verkündigung eine Torheit, weil das Leiden des Gottessohnes die Gottheit selber leugnet: Ein Gott kann nicht leiden. Für Paulus gibt es keine freie, nur sich selbst verpflichtete Vernunft. Sie kann dann ihre Bestimmung erfüllen, wenn sie an Gott gebunden ist. Das heißt nicht, daß man auf alle Vernünftigkeit verzichten und so allen möglichen Unsinn verzapfen könnte. Vielmehr erkennt und bestaunt die in Gott gebundene Vernunft das Handeln Gottes im Kreuz Jesu. Lied 271: Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen
1.Korinther 1,26–31 Gottes Handeln ist anders als es die menschliche Vernunft erwartet. Gott erwählt sich den, der am Kreuz einen schimpflichen Tod gestorben ist. Dieser Andersartigkeit des Handelns und der Berufung Gottes entspricht die soziale Zusammensetzung der Gemeinde. Es gibt nicht viele Reiche, Weise und Einflußreiche. Wir kennen freilich einige von ihnen mit Namen: Stephanas, Gajus, Krispus. Sie alle stehen einer Hausgemeinschaft vor. Möglicherweise sind gerade sie es, die in den Streitigkeiten das Wort führen. In der Mehrzahl freilich besteht die Gemeinde, die wohl mindestens 40 Glieder hatte, aus Menschen eines geringen sozialen Standes. Lied 253: Ich glaube, daß die Heiligen
1.Korinther 2,1–5 Auch das Wirken des Paulus entspricht der Andersartigkeit des göttlichen Handelns. Nicht auf den Prediger kommt es an, sondern darauf, ob die Verkündigung zu dem gekreuzigten Jesus hinführt. Rednerkunst und Denken sind diesem Ziel untergeordnet. Dies gilt für Paulus wie für diejenigen, die mit ihren sprachlichen und intellektuellen Fähigkeiten die Diskussionen in der Gemeinde beherrschen. Weil es nicht um Selbstdarstellung geht, sondern um Gottes Handeln im Kreuz Jesu, darum ist die Wirksamkeit der Verkündigung vom Heiligen Geist abhängig (v5). Lied 199: Gott hat das erste Wort
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1.Korinther 2,6–16 Paulus stellt göttliche und menschliche Weisheit gegenüber. Die Korinther folgen der menschlichen Weisheit, wenn sie sich in ihrem Streben nach Geltung und Selbstverwirklichung der Gepflogenheiten und Regeln der Gesellschaft bedienen, der sich doch auch die bedient hatten, die Jesus gekreuzigt haben. Die Korinther erkennen nicht den tieferen Sinn der Machtlosigkeit Gottes, nämlich gerade so den Menschen und der Welt Heil zu geben. Zum Bekenntnis zu Gott gehört es, der Hingabe des gekreuzigten Jesus nachzufolgen. Darum ist die Weisheit der Christen ganz anders als die menschliche Weisheit, darum bedarf es einer Erkenntnis, die durch den Geist gegeben wird. Lied 482: Der Mond ist aufgegangen (Strophen 3–6)
1.Korinther 3,1–4 Als Paulus in Korinth war, war er der unumstrittene Leiter der Gemeinde. Mit seinem Weggang war plötzlich keine Leitung mehr da. So versuchte sich jeder mit seinen Ideen hervorzutun, wobei er sich auf den berief, von dem er getauft worden war: „Ich bin apollisch“. Das entspricht den Intrigen und Machtkämpfen in der menschlichen Gesellschaft. Solcher Zank ist Ausfluß irdisch-menschlicher Weisheit (Jakobus 3,15). Als Pfarrer wünsche ich mir, so wie Paulus, es könne anders in der Kirche zugehen. Dazu bedarf es freilich eines gemeinsamen Weges und Zieles. Lied 246: Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ
1.Korinther 3,5–8 Paulus hebt die gemeinsame Arbeit der verschiedenen Missionare hervor, um damit den Korinthern zu zeigen, daß es die gemeinsame Missionsarbeit ist, in der die Verschiedenheiten überwunden werden. Die Mission ist Gottes Mission, an der die Missionare Anteil haben. Es mag sein, daß Apollo, aus der Universitätsstadt Alexandrien kommend (Apostelgeschichte 18,24), besonderes Gewicht auf Weisheit gelegt hat. Seine Weisheit und die des Paulus führen jedoch nicht zum Zank, weil sie sich der Mission Gottes einordnen. Diese Weisheit ist darum eine solche, die von oben herab kommt (Jakobus 3,15). Lied 245: Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren
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Erster Korintherbrief
1.Korinther 3,9–17 Auf dem Bekenntnis zu Christus gründet sich alle Verkündigung. Die Art der Verkündigung kann dann verschieden sein (v12). Einige Korinther werden Paulus später den Vorwurf machen, er sei ein schlechter Prediger (2.Korinther 10,10). Für Paulus sind die Grundlegung in Christus und der dauerhafte Bestand der Gemeinden entscheidend. Paulus ist stets in Sorge um seine Gemeinden (z. B. 1.Thessalonicher 3,5). Gemeinden zu gründen ist seine Aufgabe; dafür wird er einmal vor Gottes Thron Rechenschaft ablegen müssen (v14), genauso wie die anderen Missionare. In dem Vergleich mit einem Tempel, der ja stets als Wohnung Gottes gedacht wird, versichert Paulus den Korinthern, daß Gott unter ihnen ist. Diese Gegenwart Gottes sollen sie durch ihren Zank nicht aufs Spiel setzen. Tempel sind besonders dauerhafte Gebäude. Sie stehen unter dem Schutz der jeweiligen Gottheit. Sie zu zerstören, ist ein besonders schlimmes Vergehen. Zank gefährdet den Bestand der Gemeinde, also des Tempels Gottes. Man sieht, wie intensiv Paulus die Streitigkeiten in der Gemeinde bekämpft. Lied 252: Jesu, der du bist alleine
1.Korinther 3,18–23 Paulus faßt zusammen: Die Streitigkeiten sind Ausfluß menschlicher Weisheit. Weil es auf die Weisheit ankommt, die von oben kommt, gilt es, sich in den Entscheidungen, die das Leben der Gemeinde und ihrer Glieder betreffen, auf das Bild Christi zu gründen (siehe 3,11), und damit auf die Weisheit Gottes (siehe 1,18–25). Paulus tut dies z. B. im Streit um den Genuß von Fleisch, das den anderen Göttern geopfert wurde (8,11). Die Berufung auf Lehrautoritäten wie Petrus oder Apollo ist dementsprechend nichtig (siehe 3,4). Lied 423: Herr, höre, Herr erhöre
1.Korinther 4,1–13 Die Berufung auf die Person, von der jemand getauft wurde, hat wohl zur Kritik an anderen Missionaren geführt. Paulus verwahrt sich gegen solche Urteile (v1–5). Da er seinen Auftrag von Gott hat, ist er Rechenschaft allein ihm schuldig, nicht den Korinthern. Ihr Richtgeist führt sie zu Selbstüberhebung und Gruppeneitelkeit. Paulus holt sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Alles, was sie vermögen und erkennen, kommt doch nicht aus ihnen, sondern ist Gabe Gottes. Sarkastisch stellt Paulus den Stolz der Korinther auf ihre Erkenntnis und Geistesgaben der Kargheit und Entbehrung der missionarischen Existenz gegenüber. Unausgesprochen stellt er 201
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damit die Frage, welche Art, den Glauben zu leben, wohl eher dem Bild Christi entspricht. Der 2. Korintherbrief (Kapitel 10–13) zeigt, daß diese Auseinandersetzung zwischen Paulus und den verschiedenen Gruppen in Korinth noch an Heftigkeit zunehmen wird. Nicht weniger spannungsreich ist heute vielfach das Verhältnis von Gemeindegliedern und ihrem Pfarrer. Lied 391: Jesu, geh voran
1.Korinther 4,14–21 Trotz seiner sarkastischen Worte findet Paulus am Ende seiner Bemerkungen über die Streitigkeiten in Korinth wieder zu herzlichen Worten zurück. Wie sehr sich Paulus um die Gemeinde sorgt, wie sehr er sie liebt, zeigt er mit der Wahl des Wortes „Vater“ an. Die Innigkeit seines Verhältnisses zu den Korinthern belegt auch der Gegensatz zu den Zuchtmeistern, also Lehrern, die meist Sklaven waren. Daß Paulus um ein gutes Verhältnis zu den Korinthern bemüht ist, soll der Besuch des Timotheus zeigen wie auch die Ankündigung eines Besuches des Apostels selbst. So sind die Worte des Apostels von Festigkeit in der Sache und menschlicher Zuwendung zu den Korinthern geprägt. Lied 650: Liebe ist nicht nur ein Wort
1.Korinther 5,1–8 In Kapitel 5–7 spricht Paulus über Probleme der Sexualität und des Zusammenlebens von Frau und Mann. Er greift zunächst den Fall eines Gemeindegliedes auf, der sexuelle Beziehungen zu seiner Mutter oder Stiefmutter unterhielt. Die Beziehung zur Mutter wird in allen Kulturen geächtet, den Verkehr mit der Stiefmutter haben jüdische Lehrer für Heiden als zulässig angesehen. Paulus hält der Gemeinde vor, daß sie die betreffende Person nicht ausgeschlossen hat. Er hätte dies schon längst getan. Der Bann oder Fluch würde den Mann bis in seine leibliche Existenz treffen, so die Vorstellung der damaligen Zeit; auch in manchen heutigen Gesellschaften ist dieser Glaube lebendig. Das Ziel eines solchen Fluches ist die Beseitigung des Fleisches, des Mittels also, mit dem der Mann sündigt, auf daß er durch Christus gerettet werden könne. Die Reinheit der Gemeinde ist also kein Selbstzweck, sondern hat die Rettung ihrer Glieder im Gericht Gottes zum Ziel. Die Gemeinde soll sich mit dem Ausschluß reinigen; darum fügt Paulus den Vergleich mit dem Ausfegen des Sauerteiges vor dem Passahfest an. Heutzutage ist es in den Gemeinden in Deutschland praktisch nicht möglich, Gemeindeglieder aus schwerwiegenden Gründen auszuschließen, auch wenn die Kirchenordnungen dies vorsehen. Lied 246: Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ 202
Erster Korintherbrief
1.Korinther 5,9–13 Es geht Paulus um die Geltung bestimmter Verhaltens- und Denkweisen innerhalb der Gemeinde. Die heidnische Welt ist zu groß, um direkt auf sie Einfluß nehmen zu können. Die weltweite Kirche wird später freilich versuchen, auch die Gestaltung des gesamten gesellschaftlichen Zusammenlebens mitbestimmen zu können. Dazu bedarf es freilich eines deutlichen Zeugnisses der Gemeinde. Paulus verlangt von den Korinthern, eine Trennung von dem Blutschänder in den eigenen Reihen zu vollziehen. Er möchte, daß die Gemeinde disziplinarisch vorgeht. Möglicherweise gab es Stimmen in der Gemeinde, die ihr ein solches Recht absprachen oder von einem solchen Vorgehen abrieten. Lied 259: Kommt her, des Königs Aufgebot
1.Korinther 6,1–11 Auch in anderen Dingen hätten die Korinther eine eigene Instanz nötig, die Streitigkeiten schlichtet. Die Korinther sollten nicht zu den Heiden laufen, die in der Gemeinde nichts gelten (v4). Entsprechend fähige Leute sind doch in der Gemeinde vorhanden. Das Recht zu solcher interner Schiedsgerichtsbarkeit leitet Paulus aus der Erwartung ab, daß die Glieder der Gemeinde Gottes zu Richtern im Endgericht berufen werden (siehe Matthäus 19,28). Paulus nimmt damit jüdische Vorstellungen vom Richten der Gerechten im Endgericht auf. Zugleich nimmt er für die christusgläubige Gemeinde die gleiche Schiedsgerichtsbarkeit in Anspruch, wie sie auch von der jüdischen Synagoge geübt wird. Die Gemeinde solle vor einer solchen eigenen Instanz keine Scheu haben. Noch besser wäre es freilich, es gäbe überhaupt keinen Anlaß für rechtliche Streitigkeiten bzw. für die Notwendigkeit gemeindlicher Schiedsinstanzen. Darum warnt Paulus noch einmal sehr deutlich vor Verhaltensweisen, die mit der Hinwendung zum Glauben an Christus Vergangenheit sind. Schiedsgerichtsbarkeiten stehen in Konkurrenz zu weltlichem Recht. Hier einen Ausgleich und Lösungen zu finden, ist nicht einfach. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
1.Korinther 6,12–20 Paulus nimmt das Thema der Sexualität wieder auf. Jesus hatte die Reinheitsgebote über die Speisen für unwichtig erklärt (Markus 7,15). Nicht was in den Menschen hineingeht, macht ihn unrein; das, was aus dem Menschen kommt, sein soziales Verhalten ist entscheidend. Darum ist es z. B. erlaubt, alles zu essen. Der Umgang mit der Prostituierten betrifft nicht nur das Äußere, 203
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
das Fleisch, sondern den ganzen Menschen (Leib). Darum ist der Umgang mit der Dirne nicht ebenso zu behandeln wie die Frage nach den erlaubten Speisen. In Fragen der Sexualität kann man den Menschen nicht in einen fleischlichen Teil und einen geistigen aufspalten, als ob die Sexualität nur das fleischliche Dasein des Menschen betreffe. Das ist das Mißverständnis so mancher Zeitgenossen. Der Leib des Christen – Paulus spricht nicht vom Fleisch – gehört Christus. Das Wort Leib könnte man heute vielleicht mit Identität umschreiben. Der Leib wird auferstehen und verwandelt werden, d. h. die Identität des Menschen wird sich in der Auferstehung durchhalten. Darum entspricht der Umgang mit der Prostituierten nicht der Zugehörigkeit zum Herrn. Lied 295: Wohl denen, die da wandeln
1.Korinther 7,1–7 Anders als der Luthertext sollte man Vers 1 so verstehen: „In bezug auf das, was ihr geschrieben habt, daß es nämlich gut sei, keine Frau zu berühren:“. Vers 1 wiederholt also die Auffassung der Korinther. Erst mit Vers 2 setzt die Antwort des Paulus ein. Die Ehe ist für Paulus kein Zugeständnis an die Macht der Sexualität; vielmehr ist die Ehe der normale Ort der Sexualität. Paulus schreibt hier der Sexualität in der Ehe nicht die Aufgabe der Kinderzeugung zu; er gesteht ihr vielmehr einen eigenständigen Wert zu. Dabei versteht er das Verhältnis der Eheleute partnerschaftlich. Auch wenn er 1.Mose 2,24 (ein Fleisch) nicht zitiert, so bezieht er sich doch darauf (siehe auch 1. Korinther 6,16). Anders als es uns die heutige Sexualisierung des Lebens vorgaukelt, ist Sexualität für Paulus freilich kein absoluter Wert. Der Gebetsvorbehalt, der ja die Hingabe an Gott im Reden mit ihm meint, macht dies deutlich. Daß Paulus unverheiratet ist, soll nicht als christliche Regel verstanden werden, sondern als besondere Gabe, mit der Gott den Paulus ausgestattet hat. Lied 240: Du hast uns, Herr, in dir verbunden
1.Korinther 7,8–16 Witwen und Ledigen empfiehlt Paulus, ihre Situation nicht zu verändern. Da er nicht mit einem längeren Fortbestehen dieser Welt rechnet (v29), ist es nicht notwendig, den Zivilstand zu ändern. Wer längere Zeit als Witwe oder Lediger gelebt hat, weiß sicher auch, mit dem Alleinsein umzugehen. Bei den Jüngeren und bei den denen, die erst seit kurzem allein sind, mag das anders sein. Deshalb stellt Paulus hier eine Heirat frei. Anders als in der griechisch-römischen und der jüdischen Welt ist Scheidung im Grundsatz nicht möglich. Freilich rechnet Paulus mit ihr (v11); doch sollen keine Schritte unternommen werden, die eine spätere Versöhnung unmöglich 204
Erster Korintherbrief
machen. Ferner soll auf Verlangen des ungläubigen Ehepartners eine Scheidung möglich sein. Auch hier stehen für Paulus die Möglichkeiten zu Frieden und Versöhnung im Vordergrund. Lied 363: Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn
1.Korinther 7,17–24 In den vorangegangenen Abschnitten hatte Paulus im Grunde immer wieder empfohlen, den Zivilstand beizubehalten, in dem jeder zum Glauben berufen wurde. Die Verheirateten sollten verheiratet bleiben, die Ehelosen ehelos. Freilich hatte Paulus auch Ausnahmen zugestanden. In unserem Abschnitt empfiehlt er generell die Beibehaltung des Standes, in dem jemand berufen wurde. Gegenüber der Einhaltung der Gebote hatte die rituelle Befindlichkeit (beschnitten/unbeschnitten) für die Christen keine Rolle mehr gespielt (siehe Markus 7,15). Die verschiedenen Übersetzungen zeigen, daß Vers 21 verschieden verstanden werden kann: Entweder meint der Satz, daß der Sklave auf eine Freilassung lieber verzichten soll, oder er ermuntert, die Möglichkeit zur Freilassung wahrzunehmen. Auf jeden Fall wird die äußerliche soziale Stellung überlagert von der beglückenden Gewißheit, zu Christus zu gehören. In diesem Bewußtsein werden die anderen Dinge zweitrangig. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
1.Korinther 7,25–40 Ein weiterer Grund für die Ratschläge des Paulus, den Zivilstand möglichst nicht zu ändern, liegt in der Erwartung des baldigen Endes der Welt: Die Zeit ist kurz. In der kommenden Not und Bedrängnis wäre es besser, nicht stets um seine Familie besorgt sein zu müssen. Aber Heirat ist den Ehelosen – diese sind mit Jungfrauen gemeint – nicht verwehrt. Auch Verlobte (v36) und Witwen (v39) sollen durchaus heiraten können. Lied 375: Daß Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht
1.Korinther 8,1–6 Paulus schlägt ein neues Thema an: betreffs Götzenopferfleisch. Darf man Fleisch essen, das in den Tempeln für die heidnischen Götter geschlachtet worden war? Man konnte es dort bei Opferfesten, bei privaten Einladungen in das Tempelrestaurant oder bei städtischen Feiern essen, man konnte es auf dem Markt kaufen. Die Tempel waren praktisch die allgemeinen Schlachthäuser. Zur Beurteilung der Frage erinnert Paulus an zwei Grundsätze. Zum einen: Liebe und 205
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Wissen bedürfen einander. Für das hebräische Denken ist das selbstverständlich: Erkennen kann ja auch den sexuellen Verkehr mit der Frau bezeichnen. Zum andern: Natürlich existieren die anderen Götter in Wirklichkeit nicht. Aber in den Köpfen der Menschen geistern sie herum. Darum besteht grundsätzliche Freiheit, das Fleisch von Götzenopfern zu essen, denn alles kommt von Gott und durch den Sohn. Lied 417: Laß die Wurzel unsers Handelns Liebe sein
1.Korinther 8,7–13 Auch wenn die Korinther die Freiheit haben, das den Götzen geopferte Fleisch zu essen, so ist gegebenenfalls um der Liebe willen auf diese Freiheit zu verzichten, dann etwa, wenn ein Mitchrist immer noch das in den Tempeln geschlachtete Fleisch als den Göttern geopfertes Fleisch ansieht. Ganz besonders anstößig mag es solchen Gemeindegliedern gewesen sein, wenn sie Mitchristen im Restaurant des Tempels speisen sahen (v10). Freiheit kann nicht grenzenlos sein, dann wäre sie Willkür. Freiheit ist durch die Liebe gebunden. Lied 650: Liebe ist nicht nur ein Wort
1.Korinther 9,1–12 Freiheit ist nicht etwa die Möglichkeit, alles tun zu können, was einem in den Sinn kommt. Freiheit zeigt sich speziell im Verzicht. So wie die Korinther auf die Freiheit, alles essen zu dürfen, um des angefochtenen Bruders willen verzichten sollen, so hat Paulus auf seinen Unterhalt durch die Gemeinde verzichtet, obwohl ihm dieser zusteht. Es mag sein, daß man daran gezweifelt hat, daß er Apostel sei, weil er auf seinen Unterhalt verzichtet. Jedenfalls, so Paulus, stehe ihm dieser Unterhalt zu, da die Gründung der Gemeinde seine Leistung gewesen sei (v1). Von seiner Arbeit lebt doch der Mensch (v7)! Auch nach der Schrift hat Paulus das Recht auf Lebensunterhalt (v8–11). Er hat freilich um seiner Mission willen darauf verzichtet, damit man ihn nicht mit den umherziehenden Wanderpredigern und Schnorrern verwechselt. Lied 584: Herr Jesu, der du selbst von Gott
1.Korinther 9,13–18 Nach Matthäus 10,10 ist der Arbeiter seines Lohnes wert. Das haben die anderen Jesusmissionare als Verpflichtung verstanden, arm zu leben, ganz im Vertrauen auf Gott, der ihnen ihre 206
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Speise zur rechten Zeit geben wird. „Unser täglich Brot gib uns heute“ – diese Bitte spiegelt die Situation der Apostel Jesu. Dem Paulus kann man vorwerfen, er lebe nicht in diesem unbedingten Vertrauen und in dieser unmittelbaren Abhängigkeit von Gott, wenn er für seinen Lebensunterhalt durch Arbeit sorge. So verteidigt sich Paulus, wenn er sagt, Matthäus 10,10 sei nicht als Vorschrift, sondern als Einräumung eines Vorrechtes zu verstehen. So wie die Priester das Privileg hätten, von dem Opfertier ihren Anteil zu erhalten (v13), so sei auch Matthäus 10,10 als Privileg zu verstehen. So habe es der Herr angeordnet. Paulus aber hat von diesem Privileg keinen Gebrauch gemacht. Dieser Verzicht kennzeichnet die Weise seiner Missionsarbeit. Darum möchte er auch nicht von begüterten Korinthern seinen Unterhalt bezahlt erhalten. Gerade sein Verzicht, so Paulus, macht ihn frei, ganz Christus und seiner Mission zur Verfügung zu stehen. Lied 414: Laß mich, o Herr, in allen Dingen
1.Korinther 9,19–23 Weil Freiheit nicht ohne Bindung sein kann, will sie nicht zur Willkür verkommen, darum kann Paulus von seiner Freiheit und Knechtschaft gegenüber jedermann in einem Atemzug reden. Beides, Knechtschaft wie Freiheit sind einem Ziel untergeordnet: der Mission, der Gewinnung von Menschen für ein Leben mit Christus. Paulus ist darum kein wankelmütiger Mensch: heute so und morgen anders. Auch er folgt einer klaren Richtschnur, dem Gesetz Christi. Sein wesentlicher Inhalt ist wohl die Liebe (siehe Galater 6,2), die Paulus gerade in seiner Solidarität mit Schwachen, Juden und Heiden deutlich werden läßt. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seele
1.Korinther 9,24–29 Daß Freiheit Verzicht bedeutet, macht Paulus abschließend noch einmal am Beispiel aus dem Sport deutlich. Die Begeisterung für sportliche Wettbewerbe war groß, wie die Isthmischen Spiele zeigen, die alle zwei Jahre in der Nähe von Korinth ausgetragen wurden. Der Siegespreis war ein Fichtenkranz. So wie der Wettkämpfer enthaltsam leben muß, seinen Körper trainieren und somit auf eine ganze Reihe von Dingen verzichten muß, so auch Paulus in seinem Kampf für Christus. Die Korinther sollen es ihm gleich tun und auf den Genuß von Götzenopferfleisch verzichten, wenn dadurch ein Bruder in Gefahr gerät, vom Glauben abzufallen. Lied 419: Hilf, Herr meines Lebens 207
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
1.Korinther 10,1–13 Paulus lenkt zur unmittelbaren Frage nach dem Genuß von Götzenopferfleisch zurück. Zwar steht es den Korinther frei, das Fleisch der Götzenopfer zu essen. Doch nur allzu leicht könnte damit der deutliche Unterschied zwischen Christus und den Göttern verwischt werden. Auf den Teilnehmer am Opfermahl geht nach landläufiger Vorstellung die Kraft der Gottheit über. So könnte man meinen, durch die Teilnahme am Abendmahl sei dem Gläubigen das Leben Christi sicher. Davor warnt Paulus mit dem Verweis auf alttestamentliche Beispiele, die als Typ dessen, was mit Christus kommen soll, gedeutet werden. Die Beispiele in den Versen 1–4 sind mit Blick auf die beiden Sakramente ausgewählt, die Beispiele für die Strafe Gottes (v7–10) warnen vor dem Abfall zum Götzendienst. Die Vermengung von Gedanken aus verschiedenen religiösen Überzeugungen ist vor allem heute im Zeichen der religiösen Globalisierung weit verbreitet. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
1.Korinther 10,14–22 Die Warnung vor dem Götzendienst wird durch den Hinweis auf das Abendmahl und seinen Charakter als Gemeinschaftsmahl untermauert. Das gemeinsame Essen und Trinken im Abendmahl vermittelt die Gemeinschaft mit Christus durch die Teilhabe an Leib und Blut Jesu. Diese Gemeinschaft würde durch die Teilnahme an Opfermahlzeiten gestört. Auch wenn es keine anderen Götter gibt, so ist dennoch in den Opfern die Macht der Dämonen gegenwärtig. Diesen Gedanken übernimmt Paulus aus der jüdischen Propaganda gegen die Heiden. Wegen der Abendmahlsgemeinschaft sind also Opfermahlzeiten zu meiden. Im Gegensatz zu 8,10, wo Paulus von der Möglichkeit der Teilnahme am Opferessen spricht, zeigt er hier die Bedenklichkeit einer solchen Teilnahme auf. Man sollte daher 8,10 wohl eher als ein Gedankenspiel des Paulus verstehen. Von solchen Opfermahlzeiten ist der private Verzehr von Götzenopferfleisch im eigenen Haus oder bei Einladungen zu unterscheiden. Lied 229: Kommt mit Gaben und Lobgesang
1.Korinther 10,23–11,1 Abschließend gibt Paulus Regeln für das Verhalten bezüglich des privaten Genusses von Opferfleisch an. Der Grundsatz lautet: Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient dem Aufbau der Gemeinde. Grundsätzlich darf man alles Fleisch vom Markt unbesehen essen (v25). Durch das Tischgebet (v26) wird es den Götzen (und Dämonen) entzogen und als Gottesgabe gepriesen. 208
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Bei Einladungen soll man ebenfalls essen, was vorgesetzt wird, es sei denn, jemand möchte um das Essen des den Göttern geopferten Fleisches eine Diskussion anzetteln. Paulus versucht, einen Weg aufzuweisen, in dem Freiheit und Rücksichtnahme ihren Platz finden. Daß Freiheit Rücksicht nehmen muß, damit sie Freiheit bleiben kann, wird heutzutage vielfach übersehen. Lied 648: Wo ein Mensch Vertrauen gibt
1.Korinther 11,2–16 Bei den Bestimmungen über das Essen von Fleisch aus den Opfern der Tempelgottesdienste hat der Hörer sicher den christlichen Gottesdienst im Hinterkopf. Auf Fragen der gottesdienstlichen Praxis geht Paulus in den Kapiteln 11–14 ein. Zunächst geht er auf ein Problem ein, das uns Heutigen fremd erscheint. Es scheint wohl um die Haartracht zu gehen, um zu langes Haar bei den Männern und offen getragenes Haar bei den Frauen. Langes Haar konnte Männer leicht als Homosexuelle erscheinen lassen. Offenes Haar bei der Frau konnte als sexuell aufreizend angesehen werden, ebenso wie übrigens kurz geschnittenes Haar. Es konnte leicht geschehen, daß sich beim Beten und Zungenreden (v5) in Ekstase das Haar löste. Daher schreibt Paulus wohl das Bedecken des Haares vor. Es ist möglich, daß Paulus sich vorstellt, daß dabei die Engel sexuell erregt werden könnten, wie 1.Mose 6,2. In Sorge um mögliche sittliche Mißstände und wohl auch um heidnische Verleumdungen rät Paulus zur Beibehaltung der allgemeinen Sitte. Seine schöpfungstheologischen Begründungen (v7–12.14–15) wirken gequält. So entscheidet er mit dem Hinweis auf seine apostolische Autorität und die allgemeine Sitte in den Gemeinden. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
1.Korinther 11,17–22 Paulus setzt das Thema des Gottesdienstes fort, das in der Frage des Genusses von Götzenopferfleisch angeklungen und mit der Diskussion über die Haartracht im Gottesdienst eingeleitet worden war. Von den Uneinigkeiten beim Abendmahl war dem Paulus mündlich berichtet worden. Diplomatisch sagt der Apostel, zum Teil glaube er es. Umstritten waren Anfang und Umfang des Mahles. Der arbeitende Teil der Gemeinde konnte sicher erst später am Tag kommen. Bis dahin hatten die anderen sicher schon gegessen und getrunken, und wahrscheinlich nicht nur Brot und Wein, die ja beim Abendmahl gesegnet werden, sondern auch Beispeisen wie Eier, Gemüse, Fisch und vielleicht auch Fleisch. Solches Verhalten wird von denen, die arbeiten müssen, natürlich als schmerzlich empfunden. Wenn sie kommen, sind die andern schon satt. Das 209
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belastet die Gemeinschaft, die das Abendmahl stiftet. Deswegen verlangt Paulus, das Abendmahl vom Sättigungsmahl zu trennen. Dafür habe man doch sein eigenes Haus. Lied 579: Kommt, wir teilen das Brot am Tisch des Herrn
1.Korinther 11,23–27 Paulus zitiert die Abendmahlsüberlieferung, die ja auch die Korinther gelernt haben. Sie ist die gemeinsame Grundlage. Im Vergleich zu den Wiedergaben in den Evangelien gestaltet Paulus die Überlieferung nicht liturgisch, wie Matthäus (gab’s den Jüngern; trinket alle). Er legt vielmehr das Gewicht auf den Gemeinschaftscharakter: mein Leib für euch gegeben; tut es zu meinem Gedächtnis. Mit dem Gedächtnis ist nach antikem Denken nicht nur die Erinnerung gemeint, sondern auch die Gegenwart Jesu in der Gemeinschaft des Mahles. Die Wendung „nach dem Mahl“ bereitet die anschließende Anweisung des Paulus vor, nämlich Sättigungsmahl und Herrenmahl voneinander zu trennen. Unwürdig nimmt derjenige am Abendmahl teil, der dessen Gemeinschaftscharakter verkennt. An Unwürdigkeit aufgrund von Sünde ist nicht gedacht. Paulus formuliert seine Abendmahlstradition also im Blick auf die sozialen Spannungen und Unterschiede, die beim gemeinsamen Essen deutlich werden. Lied 221: Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
1.Korinther 11,28–34 Mit der Unterscheidung des Leibes des Herrn meint Paulus die Unterscheidung der gemeinsamen Abendmahlsfeier vom sonstigen Essen. Das Abendmahl muß ein Gemeinschaftsmahl bleiben, in dem die sozialen Unterschiede aufgehoben sind. Da es an dieser Gemeinschaft fehlt, hat die Gemeinde Krankheiten und Todesfälle in ihren Reihen zu beklagen. Paulus deutet das als Strafe Gottes für die Gemeinde, nicht für bestimmte Einzelpersonen. Die Gemeinde ist krank. Sie soll so wieder auf den rechten Weg gebracht werden. Am Ende gibt Paulus praktische Anweisungen. Man soll aufeinander warten und dann gemeinsam beginnen. Den Hunger soll man zu Hause stillen. Lied 580: Daß du mich einstimmen läßt
1.Korinther 12,1–11 Der Gottesdienst der Gemeinde in Korinth war bunt: Predigt, Zungenreden, Berichte von Heilungen, verschiedenste Formen von Liedern und Gebeten – all das machte den Gottesdienst 210
Erster Korintherbrief
abwechslungsreich. Und viele trugen zum Gelingen des Gottesdienstes bei. Wo es verschiedenartige Manifestationen gibt, gibt es auch Reibereien. Darum betont Paulus die Gleichwertigkeit all dieser Gaben als Manifestation des einen Geistes Gottes. Es wäre schön, wenn auch die Gottesdienste heute so bunt sein könnten. Besonders sind es die Erlebnisse mit dem Glauben, die die Teilnehmer faszinieren. Lied 568: Wo zwei oder drei
1.Korinther 12,12–26 Paulus schärft den Korinthern die Notwendigkeit der Einheit und des Zusammenwirkens aller Gemeindeglieder im Gottesdienst mit dem Rückgriff auf den Vergleich mit dem Leib und seinen Gliedern ein. Dieser Vergleich gehörte zum allgemeinen Bildungsgut der römischen Antike. Überträgt man dieses Bild auf unsere Arbeitswelt, dann bedeutet dies, daß jede Arbeit für das Gelingen des Gesamtunternehmens wichtig ist. Luther hat darum die Arbeit einer Magd ebenso hoch geschätzt wie die eines Ministers. Lied 145: In Gottes Namen fang ich
1.Korinther 12,27–31a Jeder Christ bekommt von Gott seine Gaben mit auf den Lebensweg, mit denen er Gott dienen kann. Natürlich bekommt keiner alle Gaben. Jeder soll darum die Gabe des anderen respektieren und sich daran freuen. Paulus betrachtet wohl die Liebe – verstanden als freundliche Hinwendung, Rücksichtnahme, Ermutigung – als die höchste Gabe, weil von ihr die Ausübung der jeweiligen Gabe geprägt sein soll. Lied 564: Komm, heilger Geist
1.Korinther 12,31b–13,7 Im Hohelied der Liebe spricht Paulus nicht von der sexuellen oder erotischen Liebe, sondern von der hingebenden Liebe. Von ihr sollen alle Manifestation der Gaben des Geistes Gottes durchzogen sein (v1–3). In den Versen 4–7 beschreibt Paulus diese Liebe als eine dem anderen aufmerksam zugewandte, nicht-aggressive Haltung. Lied 413: Ein wahrer Glaube Gott’s Zorn stillt
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
1.Korinther 13,8–13 Die Liebe ist die Gabe, die auch in Gottes Reich und Gegenwart das gegenseitige Verhalten prägt. Darum überdauert sie alle Gaben und ist größer als diese. Erkennen und Lieben gehören für Paulus gemäß seiner jüdischen Tradition zusammen. Nur liebend kann man erkennen. Darum ist die Liebe zu Gott unverzichtbar, denn nur liebend kann man Gott erkennen. Lied 407: Stern, auf den ich schaue
1.Korinther 14,1–12 Die Korinther schätzten die Gabe des Zungenredens am meisten. Dieses Reden in unverständlichen Lauten wird auch heute in vielen Kirchen auf der Welt praktiziert. In Anlehnung an die Orakelerteilung im nahe gelegenen Delphi glaubte man sich in der himmlischen Welt, wenn man in die Ekstase des Zungeredens geriet. Dies diene nur der eigenen religiösen Erbauung, der persönlichen spirituellen Erfahrung, kritisiert Paulus. In Anlehnung an die alttestamentlichen Propheten bevorzugt er darum für die Gemeindeversammlungen die Weissagung, also die verständliche Rede, die Gottes Wort übermittelt. Mit ihr werden Menschen ermahnt und getröstet. Dies geschieht heutzutage in der Predigt. Für Paulus muß sich die persönliche religiöse Erfahrung dem Ziel des Aufbaus der Gemeinde unterordnen. Lied 180.1: Ehre sei Gott in der Höhe
1.Korinther 14,13–25 Aus dem Ziel des Aufbaus der Gemeinde zieht Paulus seine Schlußfolgerung: Nur bei Übersetzung oder Auslegung ist die Zungenrede auch im Gemeindegottesdienst erlaubt, denn dann wird das Geschehen auch dem verständlich, der nicht von der Ekstase der Zungenrede erfaßt wird. Am Heiligtum zu Delphi war es ähnlich: Die am Heiligtum angestellten „Propheten“ übersetzten in verständliche Sprache, was die Pythia in ihrer Ekstase an Lauten hervorstieß. Über das korinthische Streben nach der Ekstase und ihrem Zungenreden stellt Paulus jedoch die verständliche Rede nach der Art der Propheten, seiner jüdischen Tradition gemäß. Ein Schriftbeweis (Jesaja 28,11) sowie eine praktische Überlegung runden die Überlegungen des Paulus ab: Zufällig anwesende Ungläubige würden die Zungenrede als Raserei verstehen, während die Gläubigen meinen, Gott sei in ihnen. Würde aber verständlich geredet und dabei die jeweilige Situation deutlich gemacht, dann würden die Ungläubigen erkennen, daß Gott wirklich „in euch“, d. h. inmitten der Gemeinde ist (v25). Lied 568: Wo zwei oder drei 212
Erster Korintherbrief
1.Korinther 14,26–40 Nach den grundsätzlichen Ausführungen gibt Paulus einige praktische Hinweise für den Gottesdienst. Es gibt eine Fülle von Beiträgen der einzelnen Gemeindeglieder. Die Gemeinde soll diesen Begabungen Raum geben, jedoch einer nach dem andern. Zungenrede bedarf der Auslegung, prophetische Rede der Beurteilung durch die anderen. Meist geschieht dies durch zustimmende Rufe wie „Amen“, “Halleluja“, “Ehre sei Gott“. Eigentümlich ist der Gedanke, daß die Geister der Propheten den Propheten untertan sind. Den Geist versteht Paulus dabei nicht als zwingende Naturgewalt. Der Prophet kann vielmehr um eines anderen Propheten willen schweigen, denn es ist ja ein Zeichen des Geistes Gottes, daß er zum Frieden führt. Die Verse 34–36 haben mit dem Thema „Zungenreden und prophetisches Reden“ nichts zu tun. Sie sind darum als eine spätere Einfügung zu verstehen, die den Frauen verbietet, im Gottesdienst das Wort zu ergreifen. Dies widerspricht dem Beten und prophetischen Reden der Frau nach 11,5. Mit den Versen 37–40 schließt der Text die Diskussion um Zungenreden und prophetisches Reden ab. Lied 607: Herr Gott, wir danken dir
1.Korinther 15,1–11 Gegen Ende seines Briefes geht Paulus auf Mißverständnisse im Auferstehungsglauben ein. In den Versen 3–5 zitiert er die gemeinsame Grundlage, in der alle übereinstimmen, die Glaubensformel von Tod und Auferstehung Jesu. Diese ist kunstreich formuliert: Die Glaubensaussagen „gestorben nach der Schrift“ und „auferstanden nach der Schrift“ werden jeweils von einer Feststellung der Tatsächlichkeit begleitet: „begraben“ und „gesehen worden“. Zwei Zeugenreihen schließen sich an: Petrus, die Zwölf und 500 Brüder zum einen, zum andern Jakobus, die Apostel und Paulus. Von den Erscheinungen vor Petrus, den 500 Brüdern und Jakobus sind uns keine Geschichten überliefert. Wer das Gnadengeschenk einer Erscheinung erlebt hat, kann nicht anders als Zeuge für Jesus zu werden. Dennoch ist die heutige Redeweise, keiner habe jemanden von Toten zurückkehren sehen, angesichts der Zeugenliste Quatsch. Lied 558: Ich hör die Botschaft: Jesus lebt
1.Korinther 15,12–19 Die Überzeugung, daß Christus gestorben und auferstanden ist, ist nicht strittig. Unterschiedlicher Meinung ist man in Hinsicht auf die Auferstehung derjenigen, die gestorben sind. Paulus begreift die Auferstehung Jesu als den Anfang des allgemeinen Gerichtshandelns Gottes an der Welt, in dem ja 213
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
die Toten auferstehen. Ohne eine allgemeine Auferstehung ist für ihn darum auch Jesu Auferstehung nicht denkbar. Vielleicht darf man dagegen die Meinung der Korinther so verstehen, daß sie Jesus nach der Art der Heroen verstehen, die ihre Anhänger mit Segen überschütten, für die Korinther sichtbar in den vielfältigen Gnadengaben, die sich im Gottesdienst durch den Geist Jesu entfalten. Lied 108: Mit Freuden zart zu dieser Fahrt
1.Korinther 15,20–28 Die Überzeugung, daß mit Christus die allgemeine Auferweckung der Toten eingeläutet sei, macht Paulus an dem Vergleich mit Adam deutlich: Wie durch Adam alle Menschen dem Tod unterworfen sind, so werden durch Christus alle lebendig gemacht, wenn auch nicht alle in das ewige Leben gelangen. Die Vernichtung des Bösen belegt Paulus mit dem Zitat aus Psalm 110,1. Das Ziel dieses Geschehens ist der Preis Gottes durch das ganze Universum (v28). Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
1.Korinther 15,29–34 Die Vorstellung, daß die Toten auferstehen, ist nicht so undenkbar, wie vielleicht die Korinther meinen. Paulus führt zwei Beispiele an. Zum einen lassen sich einige für die Verstorbenen taufen. Wie auch immer man darüber denken mag, solch ein Brauch – so Paulus – setze doch die Überzeugung voraus, daß die Verstorbenen auferstehen werden. Zum andern verweist Paulus auf sein eigenes Leben. Ohne die Hoffnung, Jesus gleichgestaltet zu werden und zur Auferstehung zu gelangen, wären doch seine eigenen Kämpfe und Mühen umsonst. An seinem eigenen Leibe erfährt er, wie Gott die Müden und für tot Geglaubten zum Leben ruft. Sollte dieser Gott nicht auch Tote zum Leben auferwecken können und wollen? Lied 115: Jesus lebt, mit ihm auch ich
1.Korinther 15,35–49 Es mag sein, daß die Korinther sich eine leiblich-materielle Auferstehung nicht vorstellen können. Gott ist schließlich Geist; da hat die Materie keine Bedeutung mehr. Die von Gott geschaffene Welt so unterschiedlicher Körper und Formen zeige aber, so Paulus, daß er dem Menschen in der Auferstehung einen neuen Leib geben könne, der sich von dem alten Körper unterscheide und dennoch dem Menschen die Identität bewahre (v35–44). Die Möglichkeit irdischer und 214
Erster Korintherbrief
geistlicher Körper begründet Paulus mit der Entsprechung und Gegenüberstellung von Adam und Christus, dem letzten Adam. Die Christen, deren Leben von der Materie bestimmt ist, haben durch Christus die Hoffnung auf einen geistlichen Leib; Jesus ist ja den Jüngern in einem anderen Leib erschienen, wurde aber dennoch von den Jüngern als ihr Herr erkannt. Lied 669: Nun bringen wir den Leib zur Ruh
1.Korinther 15,50–58 Eine Ausnahme zur allgemeinen Totenauferstehung bilden natürlich die Lebenden. Sie werden bei der Erscheinung Christi nicht sterben, sondern verwandelt und entrückt werden. Der mit den Merkmalen der Sterblichkeit behaftete Körper wird zu einem unverweslichen – wie auch immer gearteten – Leib. Mit dem Kommen Christi werden Tod und Sünde ein Ende haben. Denn in seiner Gegenwart duldet Gott nichts, was von ihm trennen könnte. Lied.113: O Tod, wo ist dein Stachel nun
1.Korinther 16,1–12 Von der Kollekte (v1–4) und von seinen Reiseplänen (5–12) spricht Paulus. Bei dem Treffen in Jerusalem im Jahr 48 hatte Paulus zugesagt, eine Kollekte für die Gemeinde in Jerusalem (Galater 2,10: der Armen gedenken) bei den neuen Gemeinden zu sammeln. Diese Sammlung sollte nicht nur die Einheit der christusgläubigen Gemeinden untereinander fördern, sie war auch Ausdruck der Hoffnung des Paulus. Denn am Ende der Zeiten sollten ja nach der Verheißung des Propheten (Jesaja 60,3–7) die Völker ihre Gaben nach Jerusalem bringen. Paulus ist besorgt, die Kollekte könnte zu gering ausfallen. Da Paulus vielfach als Zerstörer des jüdischen Glaubens verschrieen war, war es wichtig, daß es eine ansehnliche Kollekte war. Sie war zudem auch für Paulus persönlich wichtig. Darum wollte er nicht nur wichtige und bewährte Leute in der Delegation haben, sondern nach Möglichkeit selber mitreisen. Das ist ihm zum Verhängnis geworden. In Jerusalem wurde er verhaftet. Lied 420: Brich mit den Hungrigen dein Brot
1. Korinther 16,13–24 Mit Empfehlungen und Grüßen schließt der Brief. Timotheus soll den Besuch des Paulus vorbereiten. Stephanas hat offensichtlich den Brief mit den Fragen der Korinther überbracht und 215
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
wird wohl auch die Antwort mitgenommen haben. Er kann dann auch noch mündliche Erläuterungen zur Antwort des Paulus geben. Der Schluß ist in Anlehnung an die Abendmahlsliturgie gestaltet. Zu dieser gehört der Friedenskuß (v20). Der eigenhändige Gruß drückt aus, wie gerne Paulus selber mitfeiern würde. Auf die Ausschlußformel für alle Nichtgetauften folgt die Bitte um das Kommen des Herrn: Maranatha. Schließlich gehört auch der Gnadenwunsch zur Abendmahlsliturgie. Man vergleiche dazu Offenbarung 22,17–21. Die Anspielung auf das Abendmahl zeigt, daß der Brief üblicherweise im Gottesdienst verlesen wurde. Lied 579: Kommt, wir teilen das Brot am Tisch des Herrn
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Zweiter Korintherbrief 2.Korinther 1,1–7 Auf die übliche Absender- und Adressatenangabe (v1–2) folgt normalerweise eine Danksagung, hier jedoch ein Lob Gottes als des Trösters. Paulus ist durch sein Leiden nicht niedergedrückt; vielmehr bereichern ihn seine Leiden, weil er so Gottes Trost erfährt und zum anderen durch seine Erfahrungen anderen besser in ihrer Not beistehen kann. Seine Leiden sind Teilhabe am Leiden Christi und machen ihn so des Lebens mit Gott gewiß. Lied 398: In dir ist Freude
2.Korinther 1,8–11 In der Landschaft Asien, also in der römischen Provinz Asia mit der Hauptstadt Ephesus, mußte Paulus um sein Leben fürchten. Wahrscheinlich war er im Gefängnis. Aquila und Priska könnten für ihn gebürgt haben (Römer 16,4). In seiner Todesangst erfährt Paulus an sich selber die Not, die Christus durchlitten hat. So empfindet er seine Befreiung wie die Auferweckung von den Toten durch Gott. Im gegenseitigen Fürbittengebet ist er mit den Korinthern verbunden. Lied 402: Meinen Jesus laß ich nicht
2.Korinther 1,12–24 Paulus kommt auf seine geplatzten Pläne zu sprechen, die Gemeinde in Korinth zu besuchen. Man wirft ihm Wankelmütigkeit vor: Ein Ja soll ein Ja sein. Paulus hält dagegen, daß er das Ja Gottes zu den Menschen unverrückt verkündet; die Änderung der Reispläne ändert nichts an der Zuverlässigkeit seiner Verkündigung. Wahrscheinlich hatte Paulus einen Besuch versprochen, diesen dann aber nicht gemacht, nachdem es zu Differenzen zwischen Paulus und einigen Gemeindegliedern gekommen war. Paulus hält es für besser, nicht persönlich nach Korinth zu kommen, „die Gemeinde zu schonen“, sondern vielmehr einen Mitarbeiter zu schicken. Eine Vermittlung in Streitfragen zu suchen, ist immer eine gute Maßnahme. Lied 415: Liebe, die ans Kreuz für uns erhöhte 217
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
2.Korinther 2,1–11 Jemand aus der Gemeinde hat Paulus betrübt, vielleicht beleidigt. Die Gemeinde hat ihn jedoch nicht zur Rede gestellt. So reist Paulus voller Traurigkeit ab. Statt wiederzukommen schickt er einen Brief, den er unter Tränen geschrieben hat und in dem er seine apostolische Autorität deutlich zu machen versucht. Er schickt Titus, der die Gemeinde dazu bewegen kann, den zurecht zu weisen, der Paulus betrübt hatte. Nun steht die Vergebung an, und damit der gegenseitige Trost. Auch in Streitigkeiten soll das Ende von Vergebung und Trost geprägt sein. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
2.Korinther 2,12–17 In Mazedonien trifft Paulus auf Titus, den er nach Korinth zur Vermittlung gesandt hatte; dieser bringt gute Nachrichten mit. Man spürt den Worten des Paulus ab, wie ihm ein Stein vom Herzen gefallen ist. Seine apostolische Autorität ist gefestigt. Der Triumphzug des Evangeliums durch die Welt kann nicht aufgehalten werden. Und Paulus ist dazu berufen, als Missionar des Evangeliums zu wirken. Er ist dazu „tüchtig“, befähigt. Lied 245: Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren
2.Korinther 3,1–11 Mit der Frage, wer dazu befähigt sei, das Apostelamt auszuüben, hatte Paulus das zweite Kapitel geschlossen. Dieser Frage geht er nun nach. Während sich die Widersacher des Paulus auf Empfehlungsschreiben stützen, die ihnen von anderen Gemeinden oder Aposteln ausgestellt wurden, vielleicht von den Jerusalemern, präsentiert Paulus die von ihm gegründete Gemeinde als seine Empfehlung. Er beruft sich nicht auf seine Amtsautorität, sondern auf seine Leistung, daß nämlich Heiden durch den Geist in die Gemeinschaft mit Gott finden. In der Zeit der Ausbreitung des Evangeliums erfüllt sich die Verheißung des Jeremia (31,31–34): Gottes Wille wirkt unmittelbar in den Herzen der Menschen; der Gesetze des Alten Bundes bedarf es darum nicht mehr. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
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Zweiter Korintherbrief
2.Korinther 3,12–18 Vielfach wird heute behauptet, Mission unter Juden verbiete sich. Das ist nicht biblisch. Vielleicht sollten nicht gerade Deutsche Missionare unter Juden sein. Paulus aber erwartet, daß sich die Juden, die sich ihm zu seinen Zeiten als verstockt erweisen, einmal zu Christus bekehren werden. Dann werden sie das Alte Testament auch richtig als Hinweis auf Christus verstehen. Lied 150: Jerusalem, du hochgebaute Stadt
2.Korinther 4,1–6 Wie kann man echte religiöse Verkündigung von eigennütziger unterscheiden? Im Grunde bedarf es dazu der Erleuchtung durch Gott. Man kann sicherlich den Lebenswandel eines Missionars betrachten. Es gab zur Zeit des Paulus genügend Schmarotzer, die heimlich sich danach erkundigten, was der Ratsuchende hören wollte, die die Menschen über ihre wahren Motive im Unklaren ließen, die Gottes Wort verfälschten, wie viele, die sich auch heute als Propheten Gottes ausgeben. Die Betrachtung des Lebenswandels, des Umgangs mit dem Geld und die Frage nach der Übereinstimmung mit der überlieferten Lehre können hilfreich sein, wahre und falsche Verkündigung zu unterscheiden. Lied 357: Ich weiß, woran ich glaube
2.Korinther 4,7–12 Schon vor Paulus war es allgemeine Überzeugung, daß man den Mann Gottes daran erkennen kann, daß er für seine Botschaft leidet. Das Buch Jona macht das deutlich. Paulus leidet für seine Botschaft. Er wird so dem Christus ähnlich, der für die Menschen in den Tod geht. Aber so wie sich Gott an Christus mächtig erwiesen hat, so geschieht es auch mit Paulus. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
2.Korinther 4,13–18 Paulus zieht die Konsequenz. Gottes Macht ist in dem Schwachen mächtig. So wird er verherrlicht und der Verkündiger erweist sich als geeigneter Botschafter für das Wort Gottes. Lied 275: In dich hab ich gehoffet, Herr 219
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
2.Korinther 5,1–10 Es ist die Hoffnung, nein, die Gewißheit der Auferstehung und damit der Gemeinschaft mit Gott, die Paulus beflügelt, auch wenn er in diesem Leben den Leiden ausgesetzt ist. Die sterbliche Hülle wird ersetzt werden durch eine neue Daseinsform in Gottes Gegenwart. Dem zukünftigen Leben mit Gott soll das jetzige Leben entsprechen. Darum gilt es, jetzt nach dem Willen Gottes zu leben, das zukünftige Leben gleichsam einzuüben. Lied 384: Lasset uns mit Jesus ziehen
2.Korinther 5,11–15 Die von Gott gesetzte Aufgabe des Paulus ist es, Menschen für Gott zu gewinnen, die Mission. Wenn sich nun alle von der Liebe Christi ergreifen lassen, der ja für die Versöhnung mit Gott gestorben ist, dann sollten sich auch die Meinungsverschiedenheiten beilegen lassen, weil ja alle von der hingebenden Liebe Christi beseelt sind. Lied 394: Nun aufwärts froh den Blick gewandt
2.Korinther 5,16–21 Hatte Paulus zunächst von den Merkmalen seiner missionarischen Tätigkeit gesprochen, so stellt er nun seinen Auftrag in den Vordergrund. Diesen beschreibt er hier als Amt der Versöhnung. Er möchte ja, daß die Differenzen mit den Korinthern ausgeräumt werden. Versöhnung ist nun freilich nicht das Ergebnis menschlichen Bemühens. Vielmehr bindet Gott die Menschen in sein Versöhnungshandeln ein, so daß diese sich auch untereinander vergeben können. Ganz im Sinne seiner Lehre von der Rechtfertigung des Sünders durch Gott sagt Paulus nicht, der Mensch müsse Gott durch sein Tun versöhnen. Vielmehr versöhnt Gott den gegen ihn rebellierenden Menschen mit sich. Das ist vollkommen anders als in allen anderen Religionen. Lied 355: Mir ist Erbarmung widerfahren
2.Korinther 6,1–10 Wenn Gott die Versöhnung wirkt, dann können die Korinther nicht unversöhnlich bleiben, wenn sie denn nicht die Gemeinschaft mit Gott verlieren wollen. Es wäre ein Widerspruch, Gott 220
Zweiter Korintherbrief
für sich in Anspruch zu nehmen, dem Paulus aber die Versöhnung zu verweigern. Der nachfolgende Katalog der Leiden des Paulus erweist ihn als Gottesmann. Trotz aller Unbill rebelliert Paulus nicht gegen Gott. Vielmehr freut er sich immer wieder an der Kraft Gottes, die ihm das Überleben und somit die Möglichkeit zur Bezeugung des Evangeliums schenkt. So stellt Paulus nicht seine Person in den Mittelpunkt, sondern ganz die Ehre Gottes. Lied 362: Ein feste Burg ist unser Gott
2.Korinther 6,11–7,1 Mit tiefer innerer Bewegung ruft Paulus die Korinther auf, sich mit ihm zu verständigen. Doch dann geht er unvermittelt zu einer Warnung vor allem, was Gott nicht gefällt, über. Meint er, daß die Korinther Einflüsterungen von dritter Seite nachkommen, die dem Paulus seinen apostolischen Auftrag absprechen? Dann würde er in diesen Worten die Korinther dazu bewegen wollen, sich von solchen Menschen loszusagen. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
2.Korinther 7,2–16 Die Sorge um die Korinther trieb Paulus nach Mazedonien, dem Titus entgegen. Und dieser brachte gute Nachrichten mit. Die Korinther sind zur Versöhnung bereit. Man spürt den Zeilen ab, wie dem Paulus ein Stein vom Herzen fällt. Die Überwindung der Krise läßt das Verhältnis zu den Korinthern ganz innig werden. Es wäre schön, wenn auch wir heute solche Erfahrungen in einer Gemeinde machen könnten. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
2.Korinther 8,1–15 Da die Versöhnung mit den Korinthern gelungen ist, kann Paulus wieder das Projekt der Kollekte für die Heiligen in Jerusalem angehen, von dem er schon in 1.Korinther 16,1–4 gesprochen hatte. Er ist begeistert von der der Bereitwilligkeit der Mazedonier, wohl der Gemeinde in Philippi, für die verarmte Gemeinde in Jerusalem zu sammeln. So wie Christus Mensch wurde und die Armut auf sich nahm, um die Menschen zu segnen, so sollen auch die Korinther für die Jerusalemer zum Segen werden. Freilich verlangt Paulus nicht, daß die Korinther nun wie Christus arm werden müßten; aber er möchte, daß die Korinther von ihrem Vermögen etwas 221
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
abgeben und so ein gewisser Ausgleich zwischen den Gemeinden geschaffen werde. Man wird nicht durch Spenden arm, wie manche jammern. Lied 157: Laß mich dein sein und bleiben
2.Korinther 8,16–24 Diese Zeilen sind ein Empfehlungsschreiben für Titus, der auserwählt wurde, die Kollekte im einzelnen zu organisieren. Da gibt es leicht böse Zungen. Paulus verbürgt sich für die Lauterkeit des Titus und dessen unbekannten Begleiter. Der Umgang mit dem Geld muß auch heute in der Kirche sorgfältig sein. Auch heute ist es wichtig, daß in der Kirche bei Gelddingen das „Vier-Augen-Prinzip“ gilt. Überall auf der Welt haben die Kirchen Partner. So können Vertrauen und Kontrolle Hand in Hand gehen. Darum muß man keine Sorge haben, daß die Spenden für Mission und Diaspora in anonymen Töpfen und Taschen verschwinden. Lied 495: O Gott, du frommer Gott
2.Korinther 9,1–5 Paulus ist offensichtlich besorgt, daß die Kollekte in Korinth nur einen geringen Ertrag bringt. Er hatte die Korinther den andern als Vorbild dargestellt. Man erkennt, wie wichtig darum dem Paulus die Versöhnung mit den Korinthern ist. Wenn Uneinigkeit herrscht, dann leiden alle Aktivitäten der Gemeinde darunter. Lied 494: In Gottes Namen fang ich an
2.Korinther 9,6–15 Christen spenden für die Diakonie, die Mission und die Diaspora, weil sie ein Zeichen der Verbundenheit mit ihren Brüdern im Glauben setzen wollen. Die Beschenkten wiederum loben Gott mit ihren Dankgebeten. So ist das Ziel aller Gaben Gottes Ehre. Gaben, die man aus Berechnung gibt, etwa um sich bekannt zu machen, können zwar einen guten Zweck erfüllen, aber die Menschen erkennen, daß solche Gaben eigennützig gegeben werden. Jeder soll so geben, wie er kann. Er soll es aber freiwillig, mit fröhlichem Herzen tun, ohne Berechnung. Lied 418: Brich dem Hungrigen dein Brot 222
Zweiter Korintherbrief
2.Korinther 10,1–11 War der Ton des Briefes bis jetzt auf Versöhnung gestimmt, so wird Paulus nun in Kapitel 10–13 ironisch; er droht und findet scharfe Worte gegen seine Gegner. Man hat dies so zu erklären versucht, daß diese Kapitel aus einem früheren Brief des Paulus stammen, aus dem Tränenbrief (2,4). Die Gegner erkennen zwar an, daß die Briefe des Paulus bedeutsam sind, aber das persönliche Auftreten des Paulus sei kläglich. Mit ihrer Begabung und ihren feurigen Ansprachen können die Gegner die Menschen anscheinend in emotionale Begeisterung versetzen. Paulus meint, daß er das auch könne, daß ihm aber das Beispiel Christi wichtiger sei, der in Sanftmut, Demut und Güte den Menschen begegnet sei. Nicht lautstarke Propaganda zeichnet die Mission der Christen aus, sondern ihre Hingabe an den Menschen. Lied 252: Jesu, der bist alleine
2.Korinther 10,12–18 Die Gegner brüsten sich ihrer Begabungen. Paulus lehnt diese Art der Empfehlung ab. Er verweist auf die von ihm geleistete Arbeit, daß nämlich überall an seinen Wirkungsorten Gemeinden entstanden seien. Das sei nun nicht sein Verdienst, daß Menschenherzen bewegt worden seien, sondern Gottes Werk. Auf diese Weise „empfiehlt“ Gott seinen Apostel. Lied 256: Einer ist´s, an dem wir hangen
2.Korinther 11,1–6 Paulus wird sehr ironisch. Er nennt seine Gegner „Überapostel“. Die Gemeinde schaut leider auf die Äußerlichkeiten: Die Gegner seien bessere Redner. Dabei komme es doch darauf an, sein Denken und Trachten auf Christus auszurichten und nicht auf Starprediger. Heute sind es die Idole von Bühne und Gesang, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch Christen haben ein besseres „Idol“: Christus, mit dem sie „verlobt“ sind. Lied 403: Schönster Herr Jesu
2.Korinther 11,7–15 Die Gegner werfen Paulus vor, für seinen Lebensunterhalt gearbeitet zu haben. Er könne darum kein wahrer Apostel sein. Denn er habe so gezeigt, daß er nicht auf Gott vertraue, der seinen 223
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Dienern den nötigen Lebensunterhalt geben werde. Apostel aber lebten von der göttlichen Fürsorge, nicht von eigener Daseinsvorsorge. Der Gemeinde habe er darum die Möglichkeit genommen, Gutes zu tun und so Gott zu ehren. Die Korinther werden darum auch mit Bitterkeit wahrgenommen haben, daß Paulus aus Mazedonien (Philippi) Geld angenommen habe. Paulus ist über eine solche Verdrehung seiner Motive äußerst betrübt. Er hatte ja niemandem zur Last fallen wollen, damit er nicht mit den vielen Schmarotzern verwechselt werde, die damals als Wanderprediger durch Städte und Dörfer zogen. Erbittert nennt Paulus seine Gegner darum falsche Apostel, betrügerische Arbeiter und Heuchler: Trotz der Missionserfolge verweigern sie Paulus die Anerkennung als Apostel, sie sind nur darauf aus, ihren Lebensunterhalt zu sichern, sie geben vor, Anhänger Christi zu sein, folgen aber in Wirklichkeit nicht seinem sanftmütigen Verhalten. Bis heute haben wir das Problem, wie der Pfarrer oder Missionar seinen Lebensunterhalt in einer Weise gestalten kann, die dem Evangelium entspricht. Lied 589: Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt
2.Korinther 11,16–33 Sich brüsten mit seinen Gaben – Paulus will das nicht, und muß es doch angesichts der gegnerischen Propaganda tun. Er beginnt damit, seine Vorzüge aufzuzählen, seine Herkunft, – und verfällt doch sogleich in die Aufzählung seiner Leiden. Denn in seinen Leiden erfährt er die Gemeinschaft mit Christus, der ebenso um der Menschen willen gelitten hat. Wer seine Schwachheit erkennt, der erkennt zugleich Gottes Größe und gibt Gott die Ehre. So ist das „Rühmen“ der Gegner dem Evangelium unangemessen. Und wie sieht es in der Gemeinschaft der Christen aus? Lied 165: Gott ist gegenwärtig
2.Korinther 12,1–10 Die Gegner haben sich ihrer Visionen gerühmt. Paulus kann da mithalten. Auch er war in Verzückung, im dritten Himmel. Doch er erkennt, wie überwältigend groß Gott ist, wie wenig er selber darstellt. Auch wenn man von Gott besonderer Gnade gewürdigt wird, so hat man sich doch wie jeder andere in seinem Leiden zu bewähren, wie Paulus, der möglicherweise an Epilepsie litt (v7). Das Durchstehen der Leidenssituationen ist eine größere Gnade als himmlischer Vision gewürdigt zu werden. Lied 298: In dir ist Freude
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Zweiter Korintherbrief
2.Korinther 12,11–18 Paulus faßt seine Gedanken zusammen. Sich selbst herauszustellen widerspricht dem Geist des Evangeliums (v11). Die Gemeinde hat alles bekommen, was sie von einem Missionar Jesu erwarten kann. Jedoch hat Paulus sich selber seinen Lebensunterhalt verdient, somit war er nicht auf milde Gaben angewiesen wie die „Überapostel“, die Paulus daraus einen Vorwurf machen. Lied 584: Herr Jesu, der du selbst von Gott
2.Korinther 12,19–21 Paulus würde gerne einen weiteren Besuch in Korinth machen, doch die gegenwärtigen Umstände lassen nicht erwarten, daß dieser Besuch harmonisch verlaufen wird. Alles hat seine Zeit. Durch Boten, die er schickt, gelingt es ihm, sich mit den Korinthern wieder zu versöhnen. So ist es gut, wenn in Streitfällen Vermittler eingeschaltet werden. Lied 253: Ich glaube, daß die Heiligen
2.Korinther 13,1–4 Paulus kündigt einen erneuten Besuch an. Dann will er deutlich reden, um die zur Rede zu stellen, die Unrecht getan haben. So wird es auch Christus tun, wenn er kommt in Kraft. Lied 152: Wir warten dein, o Gottes Sohn
2.Korinther 13,5–13 Die abschließenden Ermahnungen stellen die Korinther vor die Frage, ob ihre Kriterien, mit denen sie die Missionare Jesu beurteilen, dem Evangelium entsprechen. Jedenfalls kann nicht religiöses Kraftmeiertum das Kriterium sein. Denn Christus ist verachtet am Kreuz gestorben, – und gerade dadurch ist er bedeutend geworden. Gott liebt das, was verachtet und gering geschätzt wird (1.Korinther 1,28). Mit dem heiligen Kuß spielt der Apostel auf den Gruß im Abendmahl an. So drückt er am Ende des Briefes aus, daß er sich nach der Gemeinschaft mit den Korinthern sehnt. Lied 221: Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
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Galaterbrief Galater 1,1–5 Paulus hat den gewöhnlichen Eingangsgruß mit Absender, Empfänger und Friedenswunsch umfänglich erweitert. Er zitiert zwei ihm überkommene grundlegende Glaubenssätze: „Gott, der Christus von den Toten auferweckt hat (v1)“ sowie „Christus, der sich selbst für unsere Sünden gegeben hat (v2)“. Tod und Auferstehung Jesu sind der Kern des Glaubensbekenntnisses der Christen. Paulus betont damit, daß er fest auf dem Boden des christlichen Glaubens steht. Er tut dies im Blick auf seine Gegner; sie versuchen, die Galater zu überreden, sich beschneiden zu lassen, um in die volle Gemeinschaft mit Gott zu gelangen. Christus hat mit seinem Tod die Vergebung der Sünden für die Menschen geschaffen, damit hat er alles, was von Gott trennt, weggenommen. So ist volle Gemeinschaft mit Gott möglich, wie seine Auferstehung zeigt. Es bedarf darum keiner weiteren zusätzlichen Leistungen des Menschen, wie es die Gegner mit der Beschneidung fordern. Lied 112: Auf, auf, mein Herz, mit Freuden
Galater 1,6–10 Normalerweise beginnt Paulus seine Briefe mit einem Lob über den Zustand der Gemeinde. Hier tut er es nicht, zeigt sich vielmehr über die Hinwendung zu einem „anderen Evangelium“ verwundert. Freilich kann man die Lehre der Gegner von der Heilsnotwendigkeit der Beschneidung im Grunde genommen nicht Evangelium nennen, denn sie stellt an die erste Stelle Forderungen, die der Mensch für seine Gemeinschaft mit Gott erfüllen müsse; die gute Nachricht aber feiert die Lebenshingabe und den Sieg Christi. Seine Verteidigung stellt Paulus nun in den Rahmen von Fluch (1,8) und Segen (6,16). Damit stellt Paulus klar, daß es hier um Tod und Leben geht; es wäre darum verfehlt, wenn die Galater meinen, sie könnten nun kühl das „Für und Wider“ abwägen. Gott selber ist der Richter. In unserer heutigen Gesellschaft mit ihrem Humanismus ohne Gott gibt es viele Menschen nach der Art der Galater. Sie erkennen nicht, daß es im Glauben um mehr als ein bißchen feierliche Verbrämung des Alltags geht. Lied 134: Komm, o komm, du Geist des Lebens 226
Galaterbrief
Galater 1,11–24 Paulus beginnt seine Verteidigungsrede mit der Darstellung seiner Geschichte, soweit sie für die Auseinandersetzung wichtig ist. Er betont, daß er nicht Beauftragter der Apostel ist, die die Gemeinde in Jerusalem leiten, sondern unmittelbar von Christus in einer Vision zum Apostel speziell der Heiden berufen wurde. Natürlich war es notwendig, Paulus in den Glauben der Christusgläubigen einzuführen. Da er Theologie studiert hat und mit den Hoffnungen Israels gut vertraut war, wird er leicht und schnell gelernt haben, wohl in Arabien, dem Land südöstlich von Damaskus. Es ist auffällig, daß Paulus wenig Kenntnis von den Geschichten über Jesus verrät, wie sie in den Evangelien überliefert werden. Für Paulus sind Tod und Auferstehen Jesu Kern des Glaubens, genug für das Heil der Menschen. Lied 133: Zieh ein zu deinen Toren
Galater 2,1–10 Die Anerkennung der Mission unter Nichtjuden hat die Weichen dafür gestellt, daß das Christentum zur Weltreligion wurde. Das „ Gedächtnis“ der Armen meint die Kollekte der Gemeinden der paulinischen Mission für die Gemeinde in Jerusalem. So wird die Einheit des neuen Volkes Gottes aus Juden und Heiden dokumentiert. Wir danken Gott für jene weitreichende Entscheidung, die es möglich gemacht hat, daß auch wir zu Gottes Volk gehören dürfen. Lied 293: Lobt Gott, den Herrn
Galater 2,11–21 Teile der Jerusalemer Gemeinde meinten, daß trotz der Anerkennung noch keine Tischgemeinschaft, etwa im Abendmahl, möglich sei. Es kommt zum Streit zwischen Petrus und Paulus. Bedeutung und Gültigkeit des Alten Testamentes stehen auf dem Spiel. Für die Jerusalemer sind die fünf Bücher Mose ein Gesetzbuch, dessen Vorschriften zu erfüllen sind. Es sei von Christus neu in Geltung gesetzt. Für Paulus ist es ein Buch, das prophetisch auf das Kommen des Messias hinweist. Christus ist für Paulus nicht Erneuerer des Gesetzes, sondern Erlöser vom Fluch der Sünde. Lied 241: Nun freut euch
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Galater 3,1–14 Paulus führt in Kapitel 3 und 4 verschiedene Beweise dafür an, daß Gott seine Erwählung nicht an die Befolgung des Gesetzes, sondern an die Nachfolge Jesu knüpft. Zum einen haben die Galater die Gabe des Geistes Gottes nicht durch das Tun des Gesetzes, sondern durch die Predigt des Glaubens an den gekreuzigten Christus erhalten. Zum anderen zeigt das Alte Testament in der Gestalt des Abraham, daß im Glauben Abrahams alle Völker der Welt gesegnet werden sollen. Der Fluch über einen Gekreuzigten im Alten Testament ist darum ein prophetischer Hinweis auf Christus. Lied 97: Holz auf Jesu Schulter
Galater 3,15–18 Paulus führt seine Beweisführung fort. Das Gesetz ist erst viele Jahre nach Abraham gegeben worden. Der Segen, der in der Abrahamsverheißung ausgesprochen ist, wird durch das Gesetz des Sinai nicht hinfällig. Wie zu einem gültigen Testament nichts hinzugefügt werden darf, so ändert Gott seinen Heilswillen für die Völkerwelt auch nicht durch das Gesetz des Sinai. Gott steht zu seinem Versprechen. Durch den Nachkommen Abrahams, Christus, wird die Welt im Glauben gesegnet. Lied 596: Harre meine Seele
Galater 3,19–29 Welchen Sinn hat dann das Gesetz des Alten Testamentes? Es soll zu Christus führen, und zwar dadurch, daß wir erkennen, daß wir dem Willen Gottes nie genügen können. Dies gilt für alle Menschen, Heiden und Juden, Mann und Frau. Darum bekennen wir unser Ungenügen zu Anfang eines Gottesdienstes, wenn wir vor Gott treten. Lied 342: Es ist das Heil uns kommen her
Galater 4,1–7 Ziel Gottes ist es nicht, daß wir uns seinem Willen unterordnen, weil wir seine Strafe fürchten. In der Taufe erhalten wir den Geist Gottes, so daß wir nun in seinem Geist das tun können, was sein Wille ist. Das Gesetz der fünf Bücher Mose ist wie ein vorläufiger Vormund oder Pfleger. 228
Galaterbrief
Wenn aber die Zeit gekommen ist, bedarf es ihrer nicht mehr. In der Nachfolge Jesu sind wir frei für die unmittelbare Gemeinschaft mit Gott. Abba, das heißt lieber Vater, so können wir uns betend an ihn wenden. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Galater 4,8–20 Paulus erinnert an die erste Begegnung, an seine Krankheit und die Begeisterung, mit der die Galater seine Botschaft von der Freiheit der Kinder Gottes aufgenommen haben. Wie einen Boten Gottes haben sie ihn behandelt! Um sie und die Heiden zu gewinnen, hatte Paulus seine jüdische Lebensweise aufgegeben. Nun wollen die Galater die jüdische Lebensweise nach dem Gesetz aufnehmen, etwa das Fasten an bestimmten Tagen oder die Sitten bei den Festen, um Gott zu gefallen! Als ob Christus nicht reichte! Der Schmerz des Paulus ist nur allzu verständlich. Lied 346: Such, wer da will
Galater 4,21–31 Um der Familie Nachkommen zu sichern, hatte die unfruchtbare Sara ihre Sklavin Hagar dem Abraham gegeben, damit diese an ihrer Stelle einen Sohn gebäre. Das Ehepaar vertraute Gottes Verheißung nicht, wollte selber das Gesetz des Handelns an sich reißen – so wie das Gesetz des Sinai immer wieder dazu mißbraucht wird, sich selbst als gut und gerecht vor Gott hinstellen zu können. Wer aber meint, er könne Gott durch sein Tun verpflichten, der täuscht sich und wird nicht Gemeinschaft mit Gott haben können. Lied 361: Befiehl du deine Wege
Galater 5,1–15 Nach den Beweisen dafür, daß nur der Glaube, nicht aber das Gesetz zum Heil, zur Gemeinschaft mit Gott führe, ruft Paulus die Galater zur Freiheit der Kinder Gottes zurück. Nicht die Beschneidung führt in die Gemeinschaft mit Gott, sondern die Taufe mit ihrer Gabe des Geistes. Keine Freiheit ist ohne Grenzen. Die Grenzen aber werden nicht durch die Vorschriften des Gesetzes abgesteckt, sondern durch die Liebe. Was den Menschen dazu verführen könnte, sich von Christus abzuwenden, muß man aus Liebe unterlassen. Darum muß die Beschneidung, die 229
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
auf das Tun des Gesetzes verpflichtet und darum von Christus als dem Zentrum ablenkt, unterbleiben. Lied 622: Ich möchte Glauben haben
Galater 5,16–26 Die Christen erkennen das Gesetz der fünf Bücher Mose nicht als für die Gemeinschaft mit Gott verpflichtend an. Das bedeutet aber nicht, daß sie nicht den Willen Gottes tun wollen. Im Gegenteil: Gerade, weil ihnen der Geist Gottes geschenkt wurde, können sie tun, was Gott wohlgefällt. Gottes Geist selber ist es, der gute Früchte hervorbringt. So ist das Gute, das wir tun, nicht unser Verdienst, sondern gewirkt aus Gottes Gnade. Lied 343: Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ
Galater 6,1–18 Christus oder das Gesetz – vor diese Alternative stellt Paulus die Galater in seinem leidenschaftlichen Schlußwort. Er kämpft um „seine“ Gemeinde und ihren Glauben. Mit Christus, seinem Tod und seiner Auferstehung wird nicht das Alte erneuert, sondern ein Neues entsteht: das Volk Gottes aus Juden und Heiden, das durch den Glauben an seinen Erlöser verbunden ist. Lied 350: Christi Blut und Gerechtigkeit
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Epheserbrief Epheser 1,1–14 Auf den Gruß (v1–2) folgt in den Briefen des Paulus die Danksagung oder der Lobpreis. Die Verse 3–6 kreisen um Gott und die Erwählung seiner Kinder von Anbeginn der Welt an, die Verse 7–10 um das Erlösungswerk Christi, das das ganze Universum umfaßt, die Verse 11–12 um das Ziel der Erwählung der Briefempfänger und aller Christen und schließlich die Verse 13–14 um die Übereignung der Erwählung durch Gott in der Taufe; das meint die „Versiegelung durch den Heiligen Geist“. Dreimal bestimmt der Verfasser den Sinn des Lebens als „Lob seiner Herrlichkeit“ (v6.12.14). Wie das Universum Gott die Ehre gibt, so tut es auch die christliche Gemeinde, wenn sie in das allumfassende Lob Gottes einstimmt. Lied 288: Nun jauchzt dem Herren, alle Welt
Epheser 1,15–23 Die Verse 15–18 sind durchzogen von der Dreiheit „Glaube, Liebe, Hoffnung“, so wie in anderen paulinischen Briefen auch. Der Glaube gibt die Grundlage christlichen Lebens an, nämlich das Christusgeschehen, die Liebe meint die diakonische Zuwendung zu den Mitchristen, den Heiligen, und die Hoffnung richtet sich auf das Ziel des christlichen Lebens. Dabei betont der Verfasser, daß sich diese Erwartung der Zukunft bereits jetzt spürbar bemerkbar macht, wenn Menschen mit der Kraft der Überwindung ausgestattet werden. Diese Kraft der Überwindung geht von Christus aus, der die Macht des Todes überwunden hat, das Gesetz also, das unerbittlich den ganzen Erdkreis beherrscht. Der Verfasser besingt diesen Sieg Christi mit Worten, die uns an das apostolische Glaubensbekenntnis erinnern. Mögen auch noch so viele Zeitgenossen behaupten, sie kümmerten sich nicht um das Sterben und vor dem Tod hätten sie keine Angst – sie tun doch alles, um dem Tod keine Macht zu lassen; sie arbeiten und ziehen Kinder groß, um heute und morgen und auch im Alter zu überleben. Lied 115: Jesus lebt, mit ihm auch ich
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Epheser 2,1–10 In ihrem Egoismus der Selbsterhaltung geraten die Menschen immer wieder in Sünde und Übertretung. Sie sind eben den Mächten der Welt unterworfen. Am deutlichsten wird dies an der Todesverfallenheit des Menschen, aber ebenso daran, den eigenen Wünschen den Vorrang einzuräumen. Die Bibel hat dafür das Bild des Teufels. Unser Verfasser denkt ihn sich in den Lüften, also zwischen Himmel und Erde. So sind die Menschen von der Gegenwart Gottes getrennt; in dieser freilich ist die Herrschaft der Mächte dieser Welt vergangen. Darum ist es allein Gott, der den Menschen aus der Verfallenheit an die Mächte befreien kann. Er erlöst den Menschen durch die Sendung des Sohnes. Der christliche Glaube ist darum eine radikale Erlösungsreligion; allein die Gnade Gottes ist es, die rettet, nicht die Anstrengung und Leistung des Menschen wie in allen anderen Religionen, besonders des Judentums und des Islam. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
Epheser 2,11–22 Der Verfasser bedenkt Jesaja 57,19: „Friede denen in der Ferne und Frieden in der Nähe“. Durch Christi Heilswerk beseitigt Gott den Unterschied und Gegensatz zwischen Juden und Heiden. In einer Zeit, in der die rabbinische Richtung das Judentum von der Heidenwelt abzugrenzen versucht, erinnert der Verfasser daran, daß das Gottesvolk Licht für die Völker sein soll (Jesaja 49,6). Nicht Abgrenzung ist der Weg des Gottesvolkes aus einstigen Juden und Heiden, seine Aufgabe ist es vielmehr, die gottfernen Menschen einzuladen, sich Christus zuzuwenden und so Gott nahe zu kommen. So haben es ja die Empfänger des Briefes selber erlebt. Sie waren zwar nicht ohne Götter, aber sie waren dem lebendigen Gott nicht nahe. Die rabbinische Richtung baut mit dem Gesetz eine Mauer zwischen Juden und Heiden auf und beansprucht damit Gott exklusiv für sich. Der Messias Jesus hingegen bindet die Menschen in die Gemeinschaft der Kirche ein, da er alle, die an ihn glauben, von der Verfallenheit an den Tod erlöst. So kann die Kirche eine weltweite Gemeinschaft sein, offen für viele Kulturen und Sitten, aber doch nicht ohne ein festes Profil und eine deutliche Grundlage, nämlich die Bindung an die Erlösung durch Christi Tod. Lied 253: Ich glaube, daß die Heiligen
Epheser 3,1–13 Jesus ist für alle Menschen, weil Sünder, gestorben. Die Gemeinde Gottes ist darum nicht auf das jüdische Volk beschränkt. Paulus ist dazu berufen, diesen Heilswillen Gottes zu ver232
Epheserbrief
mitteln. Der Apostel ist sich bewußt, damit ein neues Verständnis des Handelns Gottes zu verkünden. Er weiß, daß er die jüdische Identität infrage stellt. Darum betont unser Brief, daß Gottes Wille von Urzeiten an auf die Gemeinschaft mit allen Menschen zielt, daß Gott selbst durch seinen Geist die Verkündung der christlichen Propheten und Apostel bewirkt. Bei dieser Infragestellung jüdischen Selbstverständnisses ist es nicht verwunderlich, daß die Christen heftig angefeindet werden. Es ergeht den Christen heute nicht anders, wenn sie die Selbstverständlichkeiten unserer Zeit infrage stellen, etwa bei der Ablehnung der Abtreibung. Lied 658: In Christus gilt nicht Ost noch West
Epheser 3,14–21 Mit einem Gebet um ein besseres und tieferes Eindringen der Gemeinde in die christliche Wahrheit und Lebenshaltung beschließt unser Brief seine lehrhaften Ausführungen. Es ist heutzutage ein weit verbreiteter Irrtum, wenn man meint, im Konfirmationsunterricht habe man genügend Einblick in den christlichen Glauben erworben und brauche darum keine weiteren kirchlichen Veranstaltungen wie Gottesdienste oder Bibelgesprächsrunden zu besuchen. Die christlichen Gemeinden zu Zeiten des Paulus waren Gemeinschaften, in denen man sich intensiv um Erkenntnis anhand der Schrift bemühte. Lied 136: O komm, du Geist der Wahrheit
Epheser 4,1–6 Die Ermahnungen haben nicht die moralische Haltung der Einzelperson im Blick, sondern zielen auf das Verhalten in der Gemeinde. Das nicht-aggressive Verhalten (v2) der Gemeindeglieder untereinander macht es möglich, den Frieden in der Gemeinde zu bewahren und somit ihre Einheit (v3). Die Überzeugung von der Einheit von Körper und Geist (v4), das vom Judentum übernommene Bekenntnis zu dem einen Gott (v6) und die Verpflichtung des Glaubenden auf den einzigen Erlöser Christus (v5) in der Taufe, sind die Bilder, denen die Glaubenden in ihrem Streben nach Einheit nacheifern sollen. Die Einheit der Gemeinde, nicht Einheitlichkeit, ist ein hohes Gut. Lied 589: Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Epheser 4,7–13 So wie Mose auf den Berg Sinai stieg, um das Gesetz zu empfangen und dann dem Volk zu geben, so fuhr Christus zum Himmel, um die Glaubenden mit Begabungen auszurüsten, die für den Aufbau und das Leben der Gemeinde, dem Leib Christi, wichtig sind. Unser Brief denkt daran, daß Gott jedem eine Begabung mitgibt. Als Beispiel werden die Prediger genant, dazu die Lehrer und die Charismatiker (Propheten), die als Person ein Zeugnis für den Glauben geben. Unsere Gemeinden brauchen immer wieder Menschen, die in der Lage sind, eine Gemeinde zu leiten, ihre Einheit zu wahren und Spaltungen zu verhindern. Lied 288: Nun jauchzt dem Herren, alle Welt
Epheser 4,14–16 Der menschliche Körper bietet ein Beispiel dafür, wie notwendig die Einheit eines Gemeinwesens ist. Jeder Teil des Leibes muß seine Aufgabe erfüllen; sonst leiden darunter alle Glieder. Wie der Kopf den Körper dirigiert, so leitet Christus seine Gemeinde. In der Bindung der Gemeindeglieder an ihn wird die Einheit bewahrt. In den Bekenntnissen unserer Kirche beschreiben wir diese gemeinsame Bindung. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
Epheser 4,17–24 Wie das Leben in der christlichen Gemeinschaft das Handeln der Gläubigen verändert, das haben die Empfänger des Briefes erlebt. Mit dem Bild vom neuen Menschen erinnert unser Brief an die Taufe. Nach dem Untertauchen erhielten die Täuflinge weiße Kleider zum Zeichen des gewandelten Lebens. Nicht mehr Unzucht und Habgier sollen fortan ihr Leben bestimmen. Die römische Gesellschaft war von Schamlosigkeit und Gier genauso geprägt wie unsere heutige. Lied 246: Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ
Epheser 4,25–32 Die Regeln unseres Briefes, die allgemein menschliche Regeln sind, werden hier als Umgangsregeln in der christlichen Gemeinde gewertet. Die Erneuerung, die der Mensch in seiner Hinwendung zu Christus erfährt, soll im Zusammenleben mit den anderen, die gleiches erfahren 234
Epheserbrief
haben, Wirklichkeit werden. Die Ermahnungen orientieren sich am 8. und 7. Gebot. Sie sind so aktuell wie damals. Auch heute gibt es viele, die es vorziehen, von staatlicher Stütze zu leben, anstatt dafür zu sorgen, anderen geben zu können.. Lied 494: In Gottes Namen fang ich an
Epheser 5,1–14 Kinder ahmen im Spiel ihre Eltern nach. Sie tun das nicht, weil es ihnen geboten wird, sondern aus Lust daran. So soll es auch bei den Christen sein. In Liebe und Dank tun sie, was Gott gefällt. Sie achten darum auch nicht auf eine buchstabengetreue Befolgung der geschriebenen Regeln, sondern auf die Erfüllung ihres Sinnes. Die konkreten Mahnungen drehen sich hier um Habgier und Sexualität, die auch heute das Leben vieler Menschen beherrschen, trotz des humanistischen Anstriches, den sie sich geben. Lied 205: Gott Vater, höre unsre Bitt
Epheser 5,15–20 Neben der Jagd nach dem Geld und dem Sex sucht der Mensch nach Momenten, in denen er sich selbst vergessen kann. Das geschieht im Rausch, sei es des Alkohols oder der Geschwindigkeit. Im religiösen Rahmen ist es die Ekstase, in der der Mensch aus sich heraustritt. Darum stellt unser Brief dem Rausch die Geistbesessenheit gegenüber. Beim Singen und Beten konzentrieren wir uns ganz auf Gott und lassen alles, was uns bedrängt, zurück. Freilich muß man es von ganzem Herzen tun. Sonst wird der Gottesdienst mit seiner Liturgie zu einem geistlosen Ritual. Lied 125: Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
Epheser 5,21–33 Die Haustafel von den Pflichten der einzelnen Mitglieder der Familien (5,22–6,9) hat Vers 21 zur Überschrift. Diese Gegenseitigkeit der Unterordnung ist gegenüber der patriarchalisch geprägten griechischen und jüdischen Antike neu. Der Vergleich mit Christus zeigt, daß die Männer bis hin zur Lebenshingabe für ihre Familien einstehen sollen. Männer und Frauen erfüllen bestimmte Rollen in ihrer Ehe. Dies ist auch für das Gelingen von Ehen heutzutage notwendig, wenn auch nicht unbedingt in der gleichen Rollenverteilung wie in antiker Zeit. Lied 581: Ich und mein Haus, wir sind bereit 235
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Epheser 6,1–4 Wer es als Kind gelernt hat, seine Eltern zu ehren, wird es auch im Alter tun, wenn die Eltern auf die Hilfe der Kinder angewiesen sind. Und die Kinder dürfen erwarten, daß ihnen von ihren eigenen Kindern im Alter geholfen wird. Um solches Verhalten in die Seelen der Kinder einzusenken, ist es notwendig, daß Eltern ihre Kinder zum Glauben führen. Dazu müssen sie ihnen ein Vorbild sein, denn die Kinder orientieren sich vor allem an den Vorbildern. Weil viele Eltern das heute nicht wollen oder können, reden sie sich damit heraus, daß die Kinder selbst entscheiden sollen. Aber Kinder, die den Wert des Glaubens nicht kennen gelernt haben, können sich auch nicht entscheiden. Der Religions- und Konfirmandenunterricht kann immer nur eine unterstützende Rolle ausfüllen. Lied 43: Ihr Kinderlein, kommet
Epheser 6,5–9 Haustafeln gab es auch in heidnischen Kreisen. Sie dienten dazu, die Pflichten in einer Hausgemeinschaft zu beschreiben, damit diese den Überlebenskampf bestehen konnte. Denn die Häuser waren Wirtschaftsgemeinschaften, in denen nach Möglichkeit alles selber hergestellt wurde, von der Nahrung bis zur Kleidung. Insofern war es auch im Interesse der Sklaven, daß das Hauswesen blühte. Unser Brief legt ihnen ans Herz, nicht aus Furcht vor Strafe, sondern von Herzen ihre Aufgaben zu erfüllen, so, wie sie Gott von Herzen dienen sollen und nicht in Angst. Für die Herren entfällt dann die Notwendigkeit, mit Drohen und Strafen Gehorsam einzufordern. Auch sie sollen daran denken, daß sie einst von Gott zur Rechenschaft gezogen werden. Lied 495: O Gott, du frommer Gott
Epheser 6,10–17 Der Vergleich mit der Waffenrüstung nimmt Bilder aus dem Alten Testament auf, etwa Jesaja 52,7 (Fußbekleidung) und Jesaja 11,4–5; 59,17 (Gurt und Panzer). Unser Brief stellt das Leben der Christen als Kampf gegen die Mächte dar, die die Welt beherrschen. Christen überlassen die Welt nicht sich selber, sondern sie kämpfen darum, daß die Schöpfung ihren Herrn und Schöpfer anerkennt. Neben der Evangelisation ist darum auch die Gestaltung der Kultur einer Gesellschaft wichtig. Als Beispiel diene etwa unser christlicher Festkreis mit Weihnachten, Ostern und Pfingsten; er ist streng auf den dreieinigen Gott bezogen ist. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt 236
Epheserbrief
Epheser 6,18–24 Aus dem Gebet für sich selbst und die übrigen Gemeindeglieder schöpfen die Christen ihre Kraft für ihre persönliche Lebensführung, für ihr Zeugnis und für ihr Mitwirken an der Gestaltung dieser Gesellschaft. Mit Empfehlungen für Tychikus, dazu dem üblichen Friedens- und Gnadengruß schließt der Brief. Lied 259: Kommt her, des Königs Aufgebot
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Philipperbrief Philipper 1,1–11 Im Briefkopf (v1–2) fällt auf, daß Paulus hier gegen seine Gewohnheit eine Gruppe in der Gemeinde besonders erwähnt: die Bischöfe und Diakone. Diese hatten mit der Verwaltung der Gelder und den Dienstleistungen zu tun. Da Paulus in diesem Brief für die Übersendung des Epaphroditus und einer Summe Geldes dankt, mag dies der Grund für die besondere Erwähnung von Bischöfen und Diakonen sein. In der Danksagung (v 3–11) stellt Paulus sein und der Philipper Leben in den Horizont des weltumspannenden Handeln Gottes bis hin zum Tag des Erscheinens Christi. Der Sinn des Lebens ist es, in all den Widrigkeiten (v7), die uns umgeben, Gott zu erkennen und zu loben. Lied 293: Lobt Gott den Herrn
Philipper 1,12–18a Paulus befindet sich als Gefangener im Prätorium, dem Zentrum der kaiserlichen Verwaltung, wohl in Ephesus. Wie immer heißt es: „Irgend etwas wird er schon getan haben“. Daß er wegen des Evangeliums im Gefängnis sei, wird von einer Reihe von Christen bestritten. So versucht man, Paulus in einem schiefen Licht erscheinen zu lassen, wohl weil man mit seiner Verkündigung nicht einverstanden ist. Paulus aber sieht, daß seine Gefangenschaft die allgemeine Aufmerksamkeit auf den Christusglauben lenkt und so zu Fragen nach dem Glauben Anlaß gibt. Viele Glaubensgeschwister werden so durch seine Gefangenschaft zum Bekenntnis ermuntert werden. So sieht er in all den Widersprüchlichkeiten und Widrigkeiten seines Lebens doch das Handeln Gottes, das die gesamte Schöpfung zu Gottes Lob führen will. Lied 269: Christus ist König, jubelt laut
Philipper 1,18b – 26 Hatte Paulus zuvor von seiner äußeren Lage gesprochen, so denkt er jetzt über seine innere Situation nach. So mies diese auch sein mag, er ist von einer unwandelbaren Freude erfüllt. Denn 238
Philipperbrief
was immer geschieht, die Gemeinschaft mit Christus trägt ihn. Im Tod würde er das gleiche Schicksal erleiden wie sein Meister, und im Leben verbleibend, wird er an der Sendung Jesu zu den Menschen teilhaben. So sind Tod und Leben für Paulus nicht mehr reine Gegensätze, sondern vorläufige Dinge, die in der Gemeinschaft mit Jesus ihr Ziel haben. Lied 398: In dir ist Freude
Philipper 1,27 – 2,4 Paulus wendet sich nun der Situation der Philipper zu. Ob auch sie sich in der gleichen Lage befinden wie Paulus – also Verfolgungen fürchten müssen –, geht aus dem Wortlaut nicht deutlich hervor. Auf jeden Fall stellen Anfeindungen von außen den Zusammenhalt der Christen infrage. Darum mahnt Paulus zur Einigkeit gegenüber der Umwelt und in der Gemeinde. Die Korinther können sich so verhalten, weil Christus ihnen Wegweisung (Ermahnung), Trost, Gemeinschaft und Liebe schenkt. Mit dieser Einigkeit werden sie dem Paulus in seiner Gefangenschaft eine Freude bereiten. Lied 265: Nun singe Lob, du Christenheit
Philipper 2,5–11 Paulus zitiert hier ein altes Christuslied, in das er einen Zusatz einschiebt, nämlich „ja zum Tode am Kreuz“. Die Strophen besingen die Person Jesu, seine Erniedrigung und Erhöhung. Die Einleitung (v5) stellt Jesus nicht als moralisches Vorbild dar, wie landläufig verstanden: Sie spricht vielmehr von der Grundlage des Glaubensgehorsams der Christen, die durch Christi Gehorsam bis zum Tod am Kreuz gegeben ist. Vers 5 ist also zu übersetzen: „Ein jeder denke, wie im Bereich Jesu Christi zu denken ist.“ So wie die himmlische Welt bereits Gott und seinen Sohn anbetet und damit gehorsam ist, so soll es auch in der Menschenwelt werden. Die Philipper nehmen so mit ihrem Gottesdienst an der universalen Anbetung Gottes teil: Jesus ist der Herr zur Ehre Gottes. Lied 27: Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
Philipper 2,12–18 Der Aufruf, dafür zu sorgen, selig zu werden, meint nicht, daß die Menschen ihre Verbindung mit Gott selber bewerkstelligen können. Furcht und Zittern sind die regelmäßige Reaktion, wenn Gott sich offenbart. Denn in Gottes Gegenwart kann kein Mensch bestehen, wenn nicht Gott selbst ihm die Gemeinschaft gewährt. Vers 12b spricht also von der Antwort des gehorsa239
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
men Glaubens auf die Gemeinschaft, die Gott gewährt. So kann Paulus dann auch sagen, daß Wollen und Vollbringen das Werk Gottes sind. Das jüdische Murren (wie in der Wüste) und der griechische Zweifel werden dann keinen Einfluß haben. Lied 619: Aus Gnaden soll ich selig werden
Philipper 2,19–30 Nach dem Nachdenken über die äußere und innere Lage der Gemeinde leitet Paulus zu seinen Beziehungen mit der Gemeinde in Philippi über. Er hofft, bald den Timotheus als seinen engen Vertrauten nach Philippi schicken zu können. Die Philipper hatten ja bereits Epaphroditus zu Paulus gesandt. Dieser ist vielleicht Diakon gewesen, jedenfalls hat er dem Paulus im Gefängnis beigestanden, etwa für Essen und Kleidung gesorgt. Er ist dabei krank geworden, und die Philipper haben sich große Sorgen um ihn gemacht. Darum will Paulus ihn schnellstens wieder nach Philippi schicken. Der Abschnitt ist ein schönes Beispiel für die christliche Brüderlichkeit. Lied 221: Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
Philipper 3,1–11 Plötzlich wandelt sich der Ton. Nicht mehr die Innigkeit der Beziehung bestimmt die Wortwahl, vielmehr ist der Ton sehr aggressiv. Paulus wendet sich gegen Irrlehrer, die offensichtlich die Beschneidung von denen verlangen, die Glieder des Volkes Gottes sein wollen. Sich auf das Fleisch zu verlassen, meint dann das Vertrauen darauf, beschnitten zu sein. Die Gegner sind Judenchristen, die sich ihrer jüdischen Herkunft rühmen. Das kann freilich auch Paulus. Nach Meinung des Paulus schmälern sie die Heilsbedeutung Jesu, wenn sie die Beschneidung und die Beachtung von Speisegeboten des Gesetzes anstelle des Vertrauens auf Christus als notwendig erachten. Lied 350: Christi Blut und Gerechtigkeit
Philipper 3,12–16 Es ist möglich, daß die Gegner des Paulus sagen, er habe den Philippern nur die halbe Wahrheit gesagt, wenn er nicht auf der Erfüllung der Speise- und Beschneidungsgebote bestanden habe. Paulus aber weiß: Die vollkommene Erfüllung des Willens Gottes ist nicht Ergebnis menschlichen Strebens, sondern Gabe Gottes, der das unvollkommene Werk des Menschen als voll240
Philipperbrief
kommen ansieht. Nicht auf das eigene Werk, sondern auf die Gnade Gottes soll das Denken des Menschen ausgerichtet sein. Lied 347: Ach bleib mit deiner Gnade
Philipper 3,17–21 Die Verse sind voll beißender Schärfe. Mit der Schande (v19) ist das männliche Glied gemeint. Paulus spielt ironisch auf die Beschneidung an. Mit der Bemerkung, daß ihr Gott ihr Bauch sei, bezieht sich Paulus in der gleichen Weise auf die Speisegebote. Wenn man auf der Einhaltung dieser Gebote besteht, wird es vielen Menschen aus der Heidenwelt unmöglich gemacht, sich Christus anzuschließen. Das Volk der christlichen Kirchen ist „über-national“. Ich bin dankbar, daß ich dies erleben durfte, als meine Frau, eine gebürtige Koreanerin, mit mir auf ein fränkisches Dorf kam und sofort angenommen wurde – aufgrund des gemeinsamen Glaubens. Lied 566: Am hellen Tag kam Jesu Geist
Philipper 4,1–9 Der Stil kehrt zu der vertrauten, intimen Art der Kapitel 1 und 2 zurück. Die Freude bestimmt den Ton. Natürlich kann man sich nicht auf Befehl freuen. Darum ist Vers 4 so zu verstehen: “Gebt der Freude im Herrn Raum!“ Diese Freude leitet sich von der Nähe des Herrn her. Paulus erfährt sie z. B. in der Gemeinsamkeit des Leidens. Aus dieser Freude über den nahen Herrn kann das Problem der beiden Schwestern, Euodia und Syntyche, gelöst werden, können die Christen allen Menschen mit Freundlichkeit begegnen. Die Probleme, mit denen sie dabei konfrontiert werden, übersteigen die menschlichen Lösungsmöglichkeiten. Darum bedarf es des Gebetes und des Geschenkes des göttlichen Friedens, damit Freude und Freundlichkeit das Verhalten des Christen durchziehen können. Lied 394: Nun aufwärts froh den Blick gewandt
Philipper 4, 10–23 Paulus dankt für eine Geldspende, die Epaphroditus gebracht hat. In Vers 18 benutzt Paulus diejenigen Worte, die sich in einem antiken Empfangsbeleg finden. Paulus hat für seinen Unterhalt gearbeitet, sich nichts von der Gemeinde geben lassen, in der er gerade tätig war. Die Gemeinde in Philippi hat ihm mehrfach Spenden nach Ephesus geschickt, die er dankbar angenommen 241
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
hat. Er betont jedoch, daß er auch ohne sie auskommen könnte. Seine Gegner werfen ihm vor, er vertraue nicht voll und ganz auf Gott, wenn er für seinen Unterhalt arbeite. Wegen dieses Vorwurfes betont Paulus seine Genügsamkeit und seine Abhängigkeit von Christus. Mit den üblichen Grüßen schließt der Brief. Auffällig ist jedoch der Gruß der Leute, die aus des Kaisers Haus sind. Sollte Paulus Anhänger an dem Ort gefunden haben, an dem er in Untersuchungshaft sitzt? Lied 370: Warum sollt ich mich denn grämen
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Kolosserbrief Kolosser 1,1–8 Der Brief beginnt mit der üblichen Absender- und Adressatenangabe. Darauf folgt in Vers 3–8 ein einziger Satz, beherrscht vom Dank. Wie in vielen Briefen lobt Paulus die Gemeinde wegen ihres Glaubens, ihrer Diakonie und ihrer Hoffnung. Paulus erinnert die Gemeinde an ihre Gründung durch die Predigt des Evangeliums. Der erste Missionar war vielleicht Epaphras. Der Väter des Glaubens zu gedenken, steht einer Gemeinde gut an, etwa auch am 31.10., der Reformationstag ist und nicht Halloween. Lied 264: Die Kirche steht gegründet
Kolosser 1,9–14 Auf den Dank folgt die Fürbitte, in der Erkenntnis und Tun des Willens Gottes erbeten werden. Gott ist es, der Erkenntnis gibt. Mit Geduld und Langmut soll dann der Wille Gottes verwirklicht werden. Die Zehn Gebote mit der Erklärung durch Martin Luther sind eine Anleitung für unser Verhalten; wie aber im konkreten Fall zu handeln ist, dazu bedarf es des Gebetes, in dem die Erkenntnis reift. Mit Vers 12 setzt der Hauptteil des Briefes zum Thema „Christus der Herr der Welt“ ein. Christus ist dadurch zum Herrn der Welt geworden, daß er die Gewalt des Todes und der Sünde, also der Entfremdung von Gott, gebrochen hat. Lied 497: Ich weiß, mein Gott, daß all mein Tun
Kolosser 1,15–20 Der Briefschreiber zitiert ein urchristliches Lied. In Strophe 1 (v15–18a) besingt das Lied Christus als das Haupt der Schöpfung, nicht geschaffen, sondern geboren. Mit dem Wort „geboren“ will das Lied anzeigen, daß Christus nicht ein Teil der Schöpfung ist, die doch aus ihm hervorgeht, sondern daß er das Wesen des Vaters in sich trägt. Strophe 2 besingt Christus als den Anfänger der neuen Schöpfung, in der der Tod durch die Auferstehung besiegt ist. Allen Widerspruch gegen Gott, alle Sünde und Schuld, hat er durch seinen Tod beseitigt, so daß es in seinem 243
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Reich einen allumfassenden Frieden gibt. Daß es eine versöhnte und friedliche Welt geben wird, diese Hoffnung hat Menschen aller Zeiten bewegt, Frieden und Versöhnung nun ihrerseits zu stiften, etwa in der Aktion Sühnezeichen. Lied 96: Du schöner Lebensbaum des Paradieses
Kolosser 1,21–23 So wie Christus nach dem Lied der vorangehenden Verse Versöhnung zwischen Gott und dem Kosmos, dem All, schafft, so logischerweise auch in der Menschenwelt und damit in Kolossä. Paulus erinnert an den früheren Lebenswandel der Gemeindeglieder und die jetzige, durch Christus eröffnete Lebensperspektive in der Hingabe an Gott, die er mit Bildern aus dem Opferkult (makellos, untadelig) beschreibt: Leben mit Gott und nicht mehr ausgesetzt den dunklen Gedanken und Bildern, die einen beherrschen wollen. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden
Kolosser 1,24–29 Freude möchte sich mitteilen. Darum drängt es Christen dazu, von ihrer neuen Lebensperspektive zu erzählen, wenn sie ihren Frieden in Gott gefunden haben. Das Leben wird mit dem Tod nicht zuende sein, sondern in Gottes Gegenwart zu seiner Vollendung kommen. Das ist der herrliche Reichtum der Geheimnisse Gottes. Mission gehört damit zum Wesen des christlichen Glaubens. Paulus hat sich dieser Mission – aufgrund seiner Begegnung mit Christus – mit Haut und Haar verschrieben, selbst wenn ihm das Anfeindungen und Leiden einbringt. Aber er weiß, daß seine Leiden die Menschen nur um so gewisser machen, daß Gott ihnen nahe ist (v24). So darf Paulus darauf vertrauen, daß die Gemeinde seine anschließenden Ausführungen mit Aufmerksamkeit zur Kenntnis nimmt. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Kolosser 2,1–7 Die Verse leiten eine Polemik des Paulus gegen Irrlehrer ein, die mit ihren Lehren in der Gemeinde an Einfluß gewonnen haben. Die Gemeindeglieder kennen die Irrlehrer persönlich; so können sie sich ein Bild machen. Paulus hingegen ist ihnen persönlich nicht bekannt, nur vom Hörensagen. Darum betont Paulus seine Verbundenheit im Geist und seine Bemü244
Kolosserbrief
hungen um die Gemeinde mittels seines Zeugnisses im Leiden. Offensichtlich rühmen sich die Irrlehrer besonderer Weisheit und Erkenntnis. Demgegenüber rühmt Paulus den festen Glauben der Gemeinde sowie die Gewissheit der Hoffnung, von der die Gemeinde geprägt ist. Lied 246: Ach, bleib bei uns, Herr Jesu Christ
Kolosser 2,8–15 Die Irrlehrer meinen, mit Christus allein sei es nicht getan. Er habe zwar die Vergebung der Sünde erwirkt, also die Trennung von Gott aufgehoben, aber man müsse sich auch noch beschneiden lassen und natürlich müsse man auch den himmlischen Mächten, den Engeln, den Boten Gottes, seine Ehrerbietung erweisen. Dagegen setzt Paulus, daß die Taufe das vollgültige Zeichen der Zugehörigkeit zu Gott ist, es also keiner Beschneidung bedarf. Ferner ist in der Gegenwart Christi Gott in seiner Gänze präsent, so daß sich eine Verehrung weiterer heiliger Himmelsmächte verbietet. „Christus allein“ – dafür kämpft unser Abschnitt. Lied 403: Schönster Herr Jesu
Kolosser 2,16–19 Die Irrlehrer fordern weiterhin, die Speisegebote des Alten Testamentes zu beachten sowie die Feiertage zu halten. Damit ehre man die himmlischen Mächte, die die Einhaltung dieser Gebote überwachen würden. Paulus sagt, diese Gebote hätten nur eine vorläufige Bedeutung, nämlich bis zum Kommen Christi. In der Hinwendung zu und der Hingabe an Christus habe man alle diese Gebote erfüllt, da Christus eben der Herr aller himmlischen Mächte ist. Wenn wir als Christen Feiertage begehen, dann sollen sie an Christus ausgerichtet sein. Und dies ist aufs beste im deutschen Feiertagskalender geregelt: 3 Festtage, einschließlich Epiphanias, zu Christi Geburt, 3 Festtage zu Tod und Auferstehung Jesu, 3 Festtage, einschließlich Himmelfahrt, zur Sendung des Geistes, jeweils 3 Festtage als Hinweis auf den dreieinigen Gott. Lied 406: Bei dir, Jesu, will ich bleiben
Kolosser 2,20–23 Paulus faßt zusammen: Da Christus der Herr des Himmels und der Erde ist, genügt es, ihn alleine anzubeten. Alles Übrige ist nicht unbedingt notwendig, kann sogar vom Zentrum des 245
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Glaubens ablenken. Diese Worte haben die Kultur in Europa entscheidend geprägt. Es gibt keine Speisevorschriften, anders als in den restlichen Weltreligionen. Lied 408: Meinem Gott gehört die Welt
Kolosser 3,1–4 Mit diesem Kapitel setzen die Ermahnungen zum Abschluß des Briefes ein. Die Zugehörigkeit zum auferstandenen Christus, sitzend zur Rechten Gottes, befreit von allen Mächten und Zwängen dieser Welt – das haben die vorausgehenden Kapitel eingeschärft. Nun geht es darum, diese Herrschaft Christi im eigenen Leben Wirklichkeit werden zu lassen. Wie dies geschieht, in der Absage (dem Sterben) an moralisches Fehlverhalten und in der Hinwendung zum Frieden und zur Liebe Gottes, das macht Paulus in den nachfolgenden Katalogen (3,5–4,1) deutlich. Alles Handeln und Tun kann falsch verstanden werden. Die Zeitungen und Kommentare sind voll davon. Leidvoll erfahren wir dies im eigenen Leben. In Gottes Herrlichkeit aber wird alle Zweideutigkeit aufgehoben sein. Dann wird deutlich werden, wovon das Herz eines jeden geprägt worden ist. Lied 494: In Gottes Namen fang ich an
Kolosser 3,5–11 Paulus benutzt hier zwei Listen, in denen moralisches Fehlverhalten aufgezählt wird; die erste Liste kreist hauptsächlich um das 6. und 7.Gebot (Sexualität und Besitzgier), die zweite um das 8. Gebot (Zungensünden und die dazugehörige Einstellung des Herzens). All dies soll wie ein Gewand abgelegt werden. Paulus erinnert hier an die Taufe, in der der Täufling seine Kleider auszieht und nach dem Übergießen mit Wasser ein neues Gewand erhält. So soll der Christ das Bild der Freundlichkeit und Güte Gottes als Ebenbild Gottes widerspiegeln. Lied 200: Ich bin getauft auf deinen Namen
Kolosser 3,12–17 Nach den Katalogen dessen, was man als Christ vermeiden soll, zählt Paulus nun auf, was man tun soll: ein nichtaggressives Verhalten einüben (v12), einander vergeben (v13) und Gott in der Gemeinschaft verehren und loben (v16). Friede und Liebe (v14.15) – wie es in einer Familie 246
Kolosserbrief
sein soll – sollen so das Leben der Christen bestimmen, sowohl gegenüber den Mitmenschen wie gegenüber Gott. Lied 495: O Gott, du frommer Gott
Kolosser 3,18–4,1 Die Haustafeln waren in der Antike Ratgeber für die Führung eines Haushaltes, der damals ja möglichst weitgehend Selbstversorger war. Dazu mußten alle an einem Strick ziehen, darum die Ermahnungen an Frauen, Männer, Kinder, Sklaven in einem Hausstand. Während die heidnischen Haustafeln von der Ermahnung zur Unterordnung unter den Hausvater geprägt sind, so diese Haustafel von der Verantwortung vor dem Herrn. Vers 17 ist die Überschrift zu den Ermahnungen: „Tut alles im Namen des Herrn“. Nicht Unterordnung und Gehorsam stehen im Vordergrund dieser Haustafel, sondern das Bedenken des eigenen Tuns im Angesicht Gottes. Lied 581: Ich und mein Haus, wir sind bereit
Kolosser 4,2–6 Das letzte Kapitel hat die Mission zum heimlichen Mittelpunkt; die Mission setzt den Anspruch Jesu auf Herrschaft in die Tat um. Dazu bedarf es des Gebetes. In ihm findet der Christ Gewißheit. Denn als Ausrüstung hat der Missionar nichts anderes zur Verfügung als das Wort. Freundlich soll das Wort des Christen sein und doch zugleich einen deutlichen und unverwechselbaren Eindruck hinterlassen, also kein Einstimmen in das, was alle sowieso sagen. Heutzutage muß christliche Rede deutlich die Unterschiede zur gegenwärtigen Gesellschaft und ihrem Denken aufzeigen, etwa zu der Irrlehre, daß alles relativ sei. Lied 550: Licht, das in die Welt gekommen
Kolosser 4,7–18 Am Ende eines Briefes stehen die Grüße, wichtiger als bei uns heute, da es keine regelmäßige Post und kein Telefon gab. Tychikus und Onesimus werden den Brief überbringen. Paulus hebt die missionarischen Bemühungen des Epaphras um die Nachbargemeinden Laodizäa und Hierapolis hervor. Mit dem Austausch von Briefen will Paulus den Kontakt der Gemeinden untereinander fördern. So soll ein intensives Netzwerk von Beziehungen im gemeinsamen Bemühen 247
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
um die Mission entstehen. Gegenseitiger Austausch und Besuch ist für christliche Gemeinden wichtig, ob auf regionaler Ebene oder in partnerschaftlichen Beziehungen zu Gemeinden im Ausland oder anderen Landeskirchen. Lied 587: Dein Wort, o Herr, bringt uns zusammen
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Erster Thessalonicherbrief 1.Thessalonicher 1,1–10 Auf den üblichen Eingang mit Absender, Empfängerangabe und Gruß läßt Paulus die übliche Danksagung folgen. Häufig beschreibt er den Stand der Gemeinde mit der Dreiheit „Glaube, Liebe, Hoffnung“, also mit der Grundlegung, der Lebensäußerung und der Zukunftsaussicht christlichen Daseins. Der Rückblick auf die Verkündigung des Paulus bei der Gründung der Gemeinde bestimmt die Verse 4–10. Obwohl der Apostel in Philippi ins Gefängnis kam, dann die Stadt verlassen mußte, resignierte er nicht, sondern in der Kraft des Geistes Gottes setzte er seine Missionsarbeit in Thessalonich fort. Die wesentlichen Inhalte seiner Verkündigung sind die Predigt von dem einzigen und unsichtbaren Gott und seinem kommenden Gericht, aus dem man nur durch Christus gerettet werden kann. Lied 152: Wir warten dein, o Gottessohn
1.Thessalonicher 2,1–12 Paulus setzt seinen Rückblick fort. Er hat für seinen Lebensunterhalt gearbeitet, sein „Leben mitgeteilt“. Er unterschied sich damit von den vielen anderen Wanderpredigern, die oft auf milde Gaben und Spenden aus waren, um sich so auf leichte Weise durchs Leben zu schlagen – gegebenenfalls mit Betrug, List oder Schmeicheleien. Die Vorgehensweise des Paulus, die uns als sehr “sauber“ erscheint, ist nicht immer mit Zustimmung aufgenommen worden. Die Korinther etwa werfen Paulus vor, durch seine Arbeit als Zeltmacher stehe er der Gemeinde und Mission nicht voll zur Verfügung. Bis heute ist die Finanzierung des Lebensunterhaltes des Religionsdieners ein Problem. Lied 452: Er weckt mich alle Morgen
1.Thessalonicher 2,13–16 Anscheinend haben die Gemeindeglieder nach dem Weggang des Paulus daran gezweifelt, ob er ihnen wirklich das Wort Gottes verkündigt hat, und nicht etwa nur etwas, was er sich aus249
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
gedacht hat. Normalerweise erwarten Menschen ein größeres Glück, wenn sie sich einer neuen Religion zuwenden. Die Gemeindeglieder aber waren von ihren Landsleuten diskriminiert und benachteiligt worden. So konnten sie auf den Gedanken kommen, die Verkündigung des Paulus sei nur Menschenwort. Dieser erinnert sie daran, daß die Christen in Judäa in der Nachfolge Jesu ebenso verfolgt werden. Die Schicksalsgemeinschaft mit Jesus soll die Gemeindeglieder in der unverrückbaren Gewißheit bestärken, das ewige Leben zu erwerben. Lied 391: Jesu, geh voran
1.Thessalonicher 2,17–20 Paulus hat die Gemeinde um ihrer Treue willen gelobt. Nach seinem Weggang aus Saloniki war er jedoch in großer Unruhe um ihren Fortbestand. Seine Aufgabe war es ja, die Botschaft von der Erlösung durch Christus zu bringen und Gemeinden von Christusanhängern zu gründen. Er hatte keine besondere persönliche Ausstrahlung, er hatte nicht, wie die anderen Apostel, Jesus zu Lebzeiten gesehen. So war für ihn der Erfolg seiner Mission Beweis für seinen göttlichen Auftrag. Darum sagt er, die Gemeinde sei seine Hoffnung, Freude und sein Ruhmeskranz. Im Jüngsten Gericht würde die Existenz der Gemeinde aufzeigen, daß er dem Auftrag zur Verkündigung gehorsam gewesen ist. Lied 276: Ich will, so lang ich lebe
1.Thessalonicher 3,1–13 In seiner Sorge um die Gemeinde hatte Paulus Timotheus nach Saloniki geschickt. Dieser war nun mit guten Nachrichten zu Paulus zurückgekehrt. Man hört förmlich, wie dem Apostel ein Stein vom Herzen fällt: „Nun aber ist Timotheus gekommen und hat gute Botschaft von euch gebracht.“ Trost und Freude durchziehen ihn, so daß seine Worte in ein Gebet münden (v11–13). Welcher Pfarrer wäre heute nicht dankbar, wenn er gute Nachrichten von der Gemeinde erhält, für die er viel Arbeit und Mühe aufgewendet hat? Lied 272: Ich lobe meinen Gott
1.Thessalonicher 4,1–12 Timotheus hat wohl auch von einigen Fragen und Problemen berichtet. Darauf geht Paulus in Kapitel 4–5 ein. Für das tägliche Leben weist er die Gemeinde auf das Heiligkeitsgesetz (3.Mose, 17– 19) hin. Zunächst geht er auf das Problem des sexuellen Lebens ein: Der Gang zur Hure entspricht 250
Erster Thessalonicherbrief
nicht dem Willen Gottes. Die Ehefrau ist kein Lustobjekt, sondern soll als Person geachtet werden. Der Ehebruch mit der Frau eines Gemeindegliedes stellt einen tiefgreifenden Vertrauensbruch dar. Lied 389: Ein reines Herz
1.Thessalonicher 4,13–18 Timotheus hatte auch von Anfragen und Sorgen in der Gemeine berichtet. Die Trauer um die Toten, die darauf gehofft hatten, im Gericht Gottes von Christus gerettet zu werden, war groß. Paulus will darum trösten. In der Schicksalsgemeinschaft mit Christus nehmen die Christen nicht nur an den Anfeindungen und Leiden wie ihr Herr teil, sondern auch an seiner Auferweckung. Obwohl der Tod das Ergebnis der Verfallenheit des Menschen an die Sünde ist, werden die Toten in Christus bei der Auferstehung nicht anders gestellt sein als die Lebenden. Lied 526: Jesus meine Zuversicht
1.Thessalonicher 5,1–11 Sicher war in Saloniki die Ungeduld groß, mit der man das Kommen Christi erwartete. Daß man gerne den Termin wissen wollte, ist verständlich, gerade angesichts der Todesfälle. Paulus verweist darauf, wie die Welt plötzlich und unvermutet mit Gott konfrontiert wird. Wie die damalige römische Welt, so meint auch die heutige im tiefsten Frieden zu leben, bis plötzlich etwas Unvorstellbares passiert. Dann bricht eine allgemeine Hysterie aus, weil man plötzlich an allen Ecken und Enden das Leben bedroht sieht. Christen können nüchterner leben. Denn sie wissen zum einen, daß das Leben stets bedroht ist. Zum anderen sind Christen zuversichtlich, daß alle Dinge denen, die Gott lieben – wie auch immer –, zum Besten dienen. Lied 154: Herr, mach uns stark im Mut
1.Thessalonicher 5, 12–28 Paulus schließt den Brief mit Grüßen und Ermahnungen für das Gemeindeleben ab. Der Gottesdienst ist offensichtlich lebendig: es gibt geistgewirkte Äußerungen, Zungenreden und Prophezeiungen. Die Gemeindeglieder sind dazu berufen, diese Äußerungen nach dem Wert für die Gemeinde und ihre Mission zu beurteilen. Die Gemeindeleitung liegt in den Händen mehrerer Personen, sie ist nicht auf eine konzentriert Lied 395: Vertraut den neuen Wegen 251
Zweiter Thessalonicherbrief 2.Thessalonicher 1,1 –12 Nach dem üblichen Briefeingang schreibt der Autor über das Gericht Gottes. Den verfolgten Christen verheißt er die Ruhe, das heißt, das ewige Leben in Gottes Reich. Als Vorbild für die „Ruhe“ dienen das Ruhen Gottes am 7. Tag und die Verheißung, daß Gott seinem Volk Ruhe geben will vor allen seinen Feinden (5.Mose 12,10). Um Ruhe haben zu können, müssen die gottfeindlichen Kräfte ausgeschaltet werden. Darum spricht der Verfasser von der Strafe und dem Verderben der Kräfte, die gegen das Evangelium gerichtet sind. Dies geschieht nicht durch Menschenhand, sondern durch Gottes Gericht. Man spürt den Worten ab, daß die Christen sich einer Verfolgungssituation ausgesetzt sehen, die kaum auszuhalten ist. Darum betet der Autor um Standhaftigkeit und Bekenntnistreue der Gemeinde. Lied 149: Es ist gewißlich an der Zeit
2.Thessalonicher 2,1–17 In Verfolgungssituationen erhofft man sich besonders intensiv das Kommen Jesu, der allem Unrecht ein Ende setzen wird. Daß man nur zu gerne einen Termin kennen möchte, ist verständlich. Dann könnte man die Verfolgungszeit besser durchstehen, weil ein Ende absehbar wäre. Unser Brief warnt vor solchen Berechnungen, auch wenn sie aufgrund von Briefen des Paulus angestellt werden. Der Autor meint, vor dem Kommen Jesu müsse noch der Antichrist auftreten. Dieser sei jedoch noch nicht erschienen, weil er noch daran gehindert werde. Was oder wer dieses Hindernis sei, erklärt er nicht. Manche meinen, es sei die Langmut Gottes, der noch Gelegenheit geben wolle, daß sich die Menschen ihm zuwenden. Der Verfasser warnt davor, in bestimmten politischen Personen oder Vorgängen das Auftreten des Antichristus und damit den Anbruch der letzten Zeit zu sehen. Lied 152: Wir warten dein, o Gottessohn
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Zweiter Thessalonicherbrief
2.Thessalonicher 3,1–18 Wer sich in der Endzeit glaubt, für den verlieren Arbeit und Lebensvorsorge vielfach ihren Sinn. Bei den Zeugen Jehovas und anderen Sekten ist dies geschehen. In Saloniki scheinen sich einige dafür fälschlicherweise auf Paulus berufen zu haben, der ja für seinen Lebensunterhalt gearbeitet hatte. Die Anweisung, die der Autor gibt, lautet nicht: „Wer nicht arbeitet, soll nicht essen“, sondern:“ Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen“. Nach christlichem Denken soll jeder sich darum bemühen, mit eigener Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und nicht nur dies, sondern daß er so auch Mittel habe, andere bedürftige Menschen zu unterstützen. Lied 494: In Gottes Namen fang ich an
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Erster Timotheusbrief 1.Timotheus 1,1–11 Der Brief beginnt mit der üblichen Nennung von Absender, Adressat und Segenswunsch (v1–2). Er ist an eine Einzelperson gerichtet, nicht an eine Gemeinde. Sein Ziel ist die Bekämpfung der Irrlehren, wie die Verse 3–11 deutlich machen. Die Irrlehrer legen das Alte Testament so aus, daß sie in der Schöpfungsgeschichte und den Geschlechtsregistern (v4) Hinweise auf himmlische Wesen sehen. Wahrscheinlich begründen sie darin asketische Speise- und Reinheitsvorschriften (siehe 4,3). Dem stellt der Autor eine lebenspraktische Auslegung des Gesetzes gegenüber. In einem Leben im Geiste des Evangeliums, voller Liebe und Glauben verbunden mit einem guten Gewissen, sind die Vorschriften des Alten Testamentes freilich nicht nötig, weil sie selbstverständlich sind. Die Verbote des Alten Testamentes (v9–10) sollen vielmehr Gesetz und Ordnung schützen. Lied 358: Es kennt der Herr die Seinen
1.Timotheus 1,12–20 In der Form eines Dankes erinnert der Autor an das grundlegende Ziel der Sendung Jesu: die Rettung des Sünders, des von Gott getrennten Menschen. Paulus ist dafür ein Beispiel. Es kommt also in der Hauptsache nicht auf Überlegungen um die Bedeutung des Alten Testamentes an, sondern auf die Bekehrung von Menschen, die fern von Gott leben. Timotheus garantiert mit seiner Person diese Ausrichtung der christlichen Gemeinde, während Alexander und Hymenäus offensichtlich den Irrlehrern zugehören. Für die Bekämpfung der Irrlehren ist also die Beschaffenheit der Gemeindeleitung von überragender Bedeutung. Darum werden Pfarrer, nicht aber Gemeindeglieder auf das Bekenntnis ordiniert. Lied 353: Jesus nimmt die Sünder an
1.Timotheus 2,1–7 Nicht nur von Irrlehrern konnte die Verbreitung der Botschaft der Christen behindert werden, sondern auch von den staatlichen Behörden. Nach christlicher Auffassung ist es Aufgabe der 254
Erster Timotheusbrief
Behörden, dem Bösen zu wehren und für Ruhe und Ordnung zu sorgen; so sind die Voraussetzungen für eine Weitergabe des Evangeliums geschaffen (v4). Darum beten die Christen für den heidnischen Kaiser. Die Römer haben dies freilich im 2. und 3. Jahrhundert nicht anerkannt. Der Inhalt des Evangeliums ist die Erlösung durch Christus; der Schreiber zitiert hier das Wort aus Markus 10,45, und zwar in hellenistischer Umgestaltung, z. B. statt Menschensohn „der Mensch Christus“, statt für viele „für alle. Lied 266: Der Tag ist nun, mein Gott, vergangen
1.Timotheus 2,8–15 Das Gebet für die Menschen und den Kaiser wird vor allem im Gottesdienst vollzogen. Darum gibt der Verfasser hier einige Anweisungen für den Gottesdienst. Die erhobenen Hände entsprechen der üblichen Gebetshaltung in der Antike. Der Zweifel gilt als Hindernis für die Gebetserfüllung. Mit den Worten gegen die Putzsucht der Frauen nimmt der Verfasser einen zeitgenössischen Trend auf: Man pries frühere Zeiten für ihre Einfachheit und Sittenstrenge, so etwa Tacitus. Man vermutet immer wieder, daß Frauen in den Kreisen der Irrlehrer eine bedeutende Rolle spielten. Deshalb verbiete der Verfasser hier den Frauen das Wort im Gottesdienst. Paulus nimmt nach 1.Korinther 11,5 keinen Anstoß an der Mitwirkung der Frau im Gottesdienst. Daß gläubige Frauen durch Kinderkriegen selig werden, entspricht ebenso wenig dem Denken des Paulus. Nach jüdischem Verständnis dient die Sexualität dem Kinderkriegen. Nur mit dieser Absicht ist der Sexualverkehr zulässig. Paulus denkt da anders, wie 1. Korinther 7,3–6 zeigt. Die Ausführungen des Briefschreibers zielen darauf, das Verhalten der Christen im Umgang mit den Frauen den Gepflogenheiten der Umgebung anzupassen, um so keine Verleumdungen aufkommen zu lassen. Lied 295: Wohl denen, die da wandeln
1.Timotheus 3,1–13 Der Gottesdienst wird von Bischöfen und Diakonen geleitet. Das Amt des Bischofs im 1. Timotheusbrief kann man nicht mit dem heutigen Bischofsamt vergleichen. So kann der Bischof verheiratet sein. Er hat Kinder. Er soll gastfrei sein; er hat wohl für die Aufnahme durchreisender Christen zu sorgen. Dabei ist es gut, nicht geldgierig zu sein und bei den Gesprächen mit den Gästen nicht zu sehr dem Wein ergeben zu sein. Der Bischof wird wohl aus dem Kreis der Kirchenvorsteher und Diakone gewählt. Darum sind die Anforderungen an einen Diakon denen ähnlich, die für den Bischof gelten: ehrbar, nüchtern, nicht dem Wein ergeben, in Geldgeschäf255
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
ten ehrlich, mit einem geordneten Hausstand. Nur für den Bischof gilt jedoch, daß er geschickt zur Lehre sein soll. Er ist also wohl derjenige, der die Ansprache im Gottesdienst hält. Alle diese Bestimmungen haben zum Ziel, die Gemeindeleitung so zu gestalten, daß Skandale vermieden werden. Lied 584: Herr Jesu, der du selbst
1.Timotheus 3,14–16 Die Verse schließen die Anweisungen über die Anforderungen an leitende Persönlichkeiten in der Gemeinde ab. Wie ein Hauswesen Gottes sei die Gemeinde zu führen. Dieser Vergleich mit dem Haus erinnert an die alte Organisationsform der Gemeinde in verschiedenen Hauskirchen. Die Einheit der Gemeinde wird durch das gemeinsame Bekenntnis zu Christus garantiert. Dazu zitiert der Verfasser in Vers 16 ein altes Lied. In den beiden ersten Zeilen besingt es die Heilstaten Gottes in Geburt und Auferstehung Christi, in den beiden folgenden die himmlische und die irdische Proklamation Christi und in den letzten beiden die irdische und himmlische Annahme. Lied 9: Nun jauchzet all, ihr Frommen
1.Timotheus 4,1–11 Die Auseinandersetzung mit den Irrlehrern (1,3–11 und 4,1–11) umklammert die Ausführungen zu den Gemeindeleitern. Die Irrlehrer verlangen, auf bestimmte Speisen und auf die Ehe zu verzichten. Da die Ehe auf das Zeugen von Kindern angelegt ist, ist sie Zeichen für die Todesverfallenheit der Welt, denn nur wo es Tod gibt, sind Geburten notwendig. Darum wird im Christentum die Forderung nach dem Verzicht auf die Ehe laut. Die Verse 3–5 machen deutlich, daß die Welt grundsätzlich gut von Gott geschaffen wurde. Darum darf der Christ – wenn er Gott dem Schöpfer dankt – mit gutem Gewissen sich der Dinge bedienen, die Gott ihm zur Verfügung stellt. So sieht es auch 1.Korinther 10,25–26.30. Dem Gemeindeleiter kommt in diesem Kampf gegen die Irrlehrer eine herausragende Rolle zu (v6–11). Das Festhalten an der Überlieferung qualifiziert ihn, nicht etwa eine herausragende religiöse Leistung wie die Askese. Lied 508: Wir pflügen und wir streuen
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Erster Timotheusbrief
1.Timotheus 4,12–5,2 An die Anweisungen für den Gemeindeleiter zur Bekämpfung der Irrlehre schließt der Briefschreiber weitere für die Gemeindeleitung an. Das persönliche geistliche Leben soll zum Vorbild für andere werden können. Dabei steht die Schriftlesung obenan. Gerade das Lesen und Bedenken der Schrift kann für jüngere Gemeindeleiter, denen es an Lebenserfahrung fehlt, hilfreich sein. Im Umgang mit den verschiedenen Altersgruppen in der Gemeinde gilt es, Fingerspitzengefühl zu zeigen. Der Zusatz „in aller Keuschheit“ zeigt, wie delikat sich der Umgang des Gemeindeleiters mit den verschiedenen Geschlechtern gestaltete. Die heidnische Umgebung war ja nur zu begierig darauf, den Gemeindeleitern eins auszuwischen, ihnen einen Skandal anzuhängen. Heute ist die Presse nicht anders. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
1.Timotheus 5,3–16 Die frühen Christengemeinden hatten eine umfangreiche Witwenversorgung aufgebaut. Wer in den Genuß dieser Fürsorge kommen sollte, wird in diesen Versen festgelegt. In die Liste der unterstützungsbedürftigen Witwen wurden nur Frauen über 60 aufgenommen, die keine Kinder hatten oder von ihnen nicht ernährt wurden, nur einmal verheiratet gewesen waren und guten Leumund hatten. Aufgabe dieser Witwen war es, Besuche in der Gemeinde zu machen (v13) und zu beten (v5). Man merkt, wie der Schreiber bemüht ist, den Kreis der Witwen einzuschränken. Die Versorgung durch die Hausgenossen hat den Vorrang (v8), junge Frauen sollen noch einmal heiraten, obwohl sie dann doch später, beim Tode des zweiten Mannes, nicht mehr nur eines Mannes Frau sein würden (v11–14). Wer – etwa aufgrund von Verpflichtungen aus einer Erbschaft – für Witwen zu sorgen hat, der solle nicht die Gemeinde damit belasten (v16). Die Hilfe soll sich auf Notlagen beschränken, nicht zu einem allgemeinen Wohlfahrtssystem werden. Lied 302: Du meine Seele, singe
1.Timotheus 5,17–25 Das Kollegium der Ältesten (Kirchenvorsteher, Pfarrer) ist eine schon länger bestehende Einrichtung der Gemeindeleitung. Dazu gibt der Verfasser hier einige ergänzende Regeln. Die Verse 17–18 sprechen von Zuwendungen für die Ältesten, etwa bei den gemeinsamen Mahlzeiten. Es ist möglich, daß sie das doppelte („zweifacher Ehre“) von dem bekommen, was die „Gemeindewitwen“ erhalten. Die Verse 19–21 handeln vom Disziplinarverfahren gegen Älteste, die Verse 257
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
22–25 von der Ordination der Ältesten; Vers 23 ist ein persönlich gehaltener Einschub, Ermahnungen, die möglicherweise gegen die Speisevorschriften der Irrlehrer gerichtet sind. Vorsicht gegenüber Vorwürfen gegen Pfarrer ist auch heute angebracht: nur allzu leicht handelt es sich um Gerüchte, Unterstellungen oder persönlich gefärbte Wahrnehmungen. Lied 230: Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze
1.Timotheus 6,1–10 Die Ermahnungen an die Sklaven (v1–2) richten sich in Vers 1 an Sklaven mit ungläubigen Herren, in Vers 2 an Sklaven mit gläubigen Herren. Beide Male werden die Sklaven ermahnt, sich in ihrer vorgegebenen Ordnung zu bewähren. Die sonst häufigen Ermahnungen an die Herren fehlen. Nicht um eine Änderung der Gesellschaftsordnung, sondern um eine Umgestaltung des Verhältnisses von Herr und Sklave geht es den Christen. Ob zwischen den Warnungen vor Irrlehre (v3–5) und Habgier (v6–11) ein Zusammenhang besteht, ist nicht ganz deutlich. Vielleicht wird den Irrlehrern zum Vorwurf gemacht, daß sie sich bezahlen lassen und sich so bereichern wollen. Die Mahnungen zur Genügsamkeit werden mit philosophischen Überlegungen (aus der Stoa) begründet, nicht wie bei Paulus (Philipper 4,11–13) mit der von Christus geschenkten Kraft und auch nicht wie bei den Irrlehrern mit asketischen Idealen. Der Verfasser ruft vielmehr die allgemeine Erfahrung ins Gedächtnis: Geldgier verstricke den Menschen nur allzu leicht in krumme Geschäfte. Lied 644: Selig seid ihr
1.Timotheus 6,11–16 Zum Schluß spricht der Schreiber des Briefes noch einmal die Lebensführung des Gemeindeleiters in seinem Amt an. Auf eine Liste von Tugenden (v11) folgt die Ermahnung zu einem aktiven Zeugnis für den Glauben (v12). Eine feierliche Beschwörung des Gemeindeleiters vor Gott und Christus zur Bewahrung und Bezeugung des Glaubens schließt sich an. Mit einem Lobpreis Gottes endet der Abschnitt. Lied 379: Gott wohnt in einem Lichte
1.Timotheus 6,17–21 Die Ausführungen über die Reichen wirken wie angehängt. Sie hätten ihren Platz nach 6,10 gehabt. Die Reichen werden nicht zum Besitzverzicht wie im Jakobusbrief aufgerufen, sondern 258
Erster Timotheusbrief
zur Wohltätigkeit. Mit einer kräftigen Ermahnung, sich von aller Irrlehre fernzuhalten, schließt der Brief. Diese Schlußmahnung zeigt, daß es dem Verfasser des Briefes um die Bekämpfung der Irrlehre zu tun ist. Man hat natürlich versucht, die Irrlehre genauer zu bestimmen, – es seien etwa die Antithesen Markions gemeint –, eine sichere Bestimmung ist aber bisher nicht gelungen. Der Gnadenwunsch am Ende richtet sich auffälligerweise nicht an Timotheus wie zu erwarten wäre, sondern an eine Gruppe von Menschen. Dies zeigt an, daß der Brief nicht so sehr an eine Einzelperson gerichtet ist, sondern vielmehr an die christlichen, rechtgläubigen Gemeinden, die auf die Weise verfahren sollen, wie sie der Autor empfiehlt. Lied 649: Herr, gib du uns Augen, die den Nachbarn sehn
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Zweiter Timotheusbrief 2.Timotheus 1,1–14 Auf den üblichen Eingang mit Absender- und Empfängerangabe sowie dem Friedensgruß folgt die Danksagung (v3–5). Sie enthält eine Reihe von Anklängen an Römer 1,9–11.Der Paulus des Briefes steht ebenso wie der Empfänger in einer langen ungebrochenen Glaubenstradition. Anders steht es in Philipper 3,4–10, wo Paulus seine Hinwendung zu Christus als Umwertung aller Werte versteht. In Vers 6–14 ruft der Schreiber zu einem mutigen Bekennen nach dem Vorbild des Paulus auf. Zwei Gesichtspunkte sind besonders betont: die Leidensbereitschaft für das Evangelium (v6–11) und die unverfälschte Weitergabe des Evangeliums (v12–14). Es ist nicht deutlich, ob den Irrlehrern, die auch in diesem Brief bekämpft werden, damit der Vorwurf gemacht wird, sie würden mit ihrer Lehre Zugeständnisse an den Zeitgeist machen und so den Leiden oder der Diffamierung aus dem Wege gehen wollen. Lied 246: Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ
2.Timotheus 1,15–18 In der Form eines Testamentes verfaßt, ermahnt das Schreiben zur Bewahrung des Erbes des Paulus. Lutherische Christen wissen sich ganz besonders dem Erbe des Paulus verpflichtet. Freilich gibt es Leute, die sich anderen christlichen Richtungen angeschlossen haben. Über Phygelos und Hermogenes wissen wir nichts Sicheres. Das Gegenbeispiel zu diesen beiden ist Onesiphoros, der sich des Paulus angenommen hat, besonders im Gefängnis in Rom. Aus dem Segenswunsch für das Haus und nicht etwa für die Person des Onesiphoros schließen viele Ausleger, Onesiphoros sei bereits verstorben. Aus dem Gebetswunsch (v18) für ihn sei dann zu erschließen, daß die frühen Christen für ihre Verstorbenen gebetet haben. Lied 175: Ausgang und Eingang
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Zweiter Timotheusbrief
2.Timotheus 2,1–13 Vor dem Hintergrund einer um sich greifenden Irrlehre betont der Briefschreiber die Nachfolge des Amtsträgers in der Tradition des Paulus. Diese schließt natürlich das Leiden mit ein, wie bei Paulus. In Verfolgungszeiten sind Amtsträger als erste bedroht. Die Vergleiche mit dem Soldaten, Ringkämpfer und Bauern (v4–7) unterstreichen die Ermahnung zum ganzen Einsatz für die rechte Lehre, bis hin zur Lebenshingabe. Der Märtyrer darf darauf vertrauen, daß er wie Christus auferstehen wird (v8). Gerade Leiden und Tod führen dazu, daß sich Menschen von der Wahrheit der christlichen Verkündigung überzeugen lassen (v9–10). Mit einem „Bekennerlied“ schließt der Schreiber des Briefes seine Ermahnung zur Leidensbereitschaft ab. Das Lied stellt Treue (v11b–12a) und Untreue (v12b–13) gegenüber. Vielleicht soll die letzte Zeile denjenigen, der in der Verfolgungssituation schwach wird, damit trösten, daß Gott auch dem, der untreu wird, verzeihen kann. Lied 193: Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
2.Timotheus 2,14–26 Der Verfasser wendet sich nun dem Kampf gegen die Irrlehrer direkt zu. In den Versen 14–18 charakterisiert er ihre Lehre, in 19–21 sucht er eine Antwort auf die Frage, warum denn überhaupt Irrlehrer auftreten, und in 22–26 gibt er Anweisungen zum Verhalten gegenüber den Irrlehrern. Während der Verfasser dieses Schreibens vor allen Diskussionen über den Glauben warnt, ist Paulus den Diskussionen um das Verständnis des Glaubens nicht ausgewichen. Der Verfasser sieht in den Diskussionen freilich ein Werk des Teufels. Es ist möglich, daß die Irrlehrer meinen, in der Zuwendung zu Christus und der Erkenntnis der himmlischen Welt sei die Auferstehung bereits Wirklichkeit, da man eben bereits mit Christus vereint sei. Wie sich in einem Haus Wertvolles und Minderwertiges findet, so auch in der Kirche Anhänger der wahren Lehre und Irrlehrer. Trotz der Bedrohung wird sich aber das Fundament des Glaubens durchsetzen. Irrlehrer, die von ihrer verkehrten Lehre ablassen, können wieder in die volle Gemeinschaft aufgenommen werden. Lied 346: Such, wer da will, ein ander Ziel
2.Timotheus 3,1–9 Die Bekämpfung der Irrlehrer – sie gelten als Zeichen für die Endzeit – setzt der Verfasser mit heftigen moralischen Vorwürfen fort. Doch der Katalog ihres Fehlverhaltens geht nicht auf spe261
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
zielle Verhaltensweisen der Irrlehrer ein, auf ihre Lehren zur Enthaltsamkeit von bestimmten Speisen und vom Sexualverkehr. Es gelingt den Irrlehrern, vor allem Frauen in ihren Bann zu ziehen. Vielleicht empfiehlt der Verfasser deshalb in seinem ersten Brief, die Frau solle in der Gemeinde schweigen (2,12). In der jüdischen Auslegung zu 2.Mose 7,8–13 meint man, die Namen der Zauberer zu kennen, die Mose am Hof des Pharao entgegen treten: Jannes und Jambres. Gegen solche Widersacher darf sich der Gemeindeleiter als Mann Gottes wissen, der auf der Seite der Wahrheit steht. Lied 362: Ein feste Burg
2. Timotheus 3,10–17 Der Verfasser stellt dem negativen Bild der Irrlehrer das positive Beispiel des Timotheus gegenüber. In Antiochien in Pisidien, Ikonium und Lystra war Timotheus noch nicht Begleiter des Paulus. Die Nachfolge bezieht sich hier nicht, wie bei Paulus, auf die Leidensnachfolge Christi, sondern auf die Nachahmung der Lebensführung des Paulus. Neben der Nachahmung der paulinischen Verhaltensweise dient das Studium der Schrift, d. h. des Alten Testamentes, zur Festigung im Kampf gegen die Irrlehrer. Die Charakterisierung der Schrift als von Gottes Geist durchweht, meint nicht eine Lehre, nach der die Schrift wörtlich von Gott eingegeben worden sei. Vielmehr meint sie, daß die Schrift vom Geist Gottes gebraucht werde, um Erkenntnis zu bewirken. Lied 196: Herr, für dein Wort sei hoch gepreist
2. Timotheus 4,1–8 Wenn ein Gottesmann im Angesicht des Todes (v6–8) letzte Weisungen und Ausblicke in die Zukunft gibt, dann gilt diesen besondere Aufmerksamkeit. Die Dringlichkeit der Ermahnungen wird auch durch das einleitende Verb betont: „Ich beschwöre dich“. Luther hat nur die blassere Übersetzung. „Ich ermahne dich inständig“. Hauptaufgabe des Gemeindeleiters ist die Verkündigung des Evangeliums. Dafür soll der Gemeindeleiter bis hin zur Lebenshingabe (5) eintreten, besonders gegen die Irrlehrer, die anscheinend die Bereitschaft zum Leiden nicht für notwendig halten. Daß die Botschaft von Christus manchen Menschen heute nicht mehr genügt, daß sie sich ihre eigene Religion zusammenbasteln, das erleben wir heute zur Genüge. Gott ist aber nicht so, wie man ihn sich zurecht macht. Die Leidensbereitschaft zeigt, daß Gott der Herr ist und nicht als Garant für Wohlbefinden verstanden werden kann. Lied 398: In dir ist Freude 262
Zweiter Timotheusbrief
2.Timotheus 4,9–22 Der Brief schließt mit persönlichen Nachrichten und Aufträgen, mit den üblichen Grüßen und dem Segenwunsch. Es ist heftig umstritten, ob tatsächliche Lebensumstände des Paulus angesprochen werden oder nicht vielmehr beispielhafte Situationen gemeint sind. Es macht ja stutzig, daß der Apostel einerseits von allen im Stich gelassen worden sei, aber andererseits Grüße von vielen (römischen) Christen (v21) ausrichtet. Man fragt sich auch, warum denn Paulus so dringend den Mantel erbittet: Als ob die Gemeinde von Rom ihm nicht einen Mantel hätte stellen können! Wahrscheinlich soll die Bitte um den Mantel ausdrücken, daß der Apostel sehr genügsam leben kann, wenn er so lange auf einen Mantel hat verzichten können. Die Bitte um die Bücher und Pergamente zeigt die vorbildhafte Wertschätzung der Schrift durch den Apostel; die Einsamkeit des Apostels ergibt sich einerseits aus dem schuldhaften Verhalten früherer Vertrauter (Demas und Alexander), andererseits aus der Notwendigkeit der Verkündigung. So wird es auch den späteren Gemeindeleitern ergehen. Auch heute kann ein Pfarrer – gerade wegen seines Dienstes – an seinem Ort einsam sein. Darum ist die Gemeinschaft der Pfarrer heute wichtig. Lied 246: Ach bleib uns, Herr Jesu Christ
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Titusbrief Titus 1,1–16 Auf die übliche Briefeinleitung mit Absender- (v1–3) und Empfängerangabe (v4) sowie dem Gnadenwunsch (v4) folgen Abschnitte über die Anforderungen, die an die Ältesten zu stellen sind (v5–9), sowie über die Irrlehre. Aus dem Kreis der Ältesten, die übrigens verheiratet sind und Kinder haben, wird der „Bischof “ gewählt. Ihm obliegt es vor allem, sich um durchreisende Christen zu kümmern; darum soll er gastfrei sein, nicht dem Wein ergeben und auch nicht gewinnsüchtig sein. Vor allem aber soll er wortgewaltig sein, um die Irrlehrer zurechtzuweisen. Diese wiederum verstehen es, eine ganze Hausgemeinschaft für sich zu gewinnen, so wie heute etwa die Zeugen Jehovas. Die Gegner lehren wohl, daß man bestimmte Speisen meiden müsse, vielleicht sich auch der Sexualität enthalten solle. Sie bemühen dazu eine bestimmte Art, das Altes Testament auszulegen (v14). Der Bischof aber soll darauf beharren, daß Christus gelehrt habe, daß nicht das den Menschen unrein macht, was in ihn hineingeht, sondern was aus ihm herauskommt (v15): Dem Reinen ist alles rein. Lied 341: Nun freut euch, lieben Christen g’mein
Titus 2,1–10 Da die Irrlehrer ganze Hauskreise für sich gewinnen, empfiehlt der Schreiber eine andere Gemeindestruktur. Nicht in Hauskreisen soll sich die Gemeinde organisieren, sondern in Gruppen nach Alter und Geschlecht: Seniorenkreise für Männer und für Frauen, Jugendkreise für Männer und für Frauen. Für die Sklaven gelten besondere Bedingungen für die Möglichkeit, sich zu versammeln. Für jede Gruppe gibt es typische Inhalte für die Unterweisung. Junge Männer, etwa, brauchen vor allem tätige Vorbilder. Die jungen Frauen sollen nicht von einem Mann unterrichtet werden, sondern von älteren Frauen. So kann es keinen Anlaß für böswillige Unterstellungen geben. Lied 252: Jesu, der du bist alleine
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Titusbrief
Titus 2,11–15 Bei der Einrichtung von besonderen Kreisen besteht natürlich auch eine gewisse Gefahr, daß diese Gruppen ein von der Gemeinde abgesondertes Eigenleben entwickeln. Deshalb betont der Schreiber die Einheit der Gemeinde, die mit dem gemeinsamen Bekenntnis und der gemeinsamen Lebensweise gegeben ist. Die Liebe, die Gott mit dem Tod Christi für den Sünder gezeigt hat, führt zu einem neuen Leben, das am Tage der Erscheinung Jesu seine Erfüllung finden wird. Die heidnische Umwelt nimmt dieses Verhalten als fremdartig wahr, es ist aber eben das Zeichen der Zugehörigkeit zum Volk Gottes (v14). Lied 405: Halt im Gedächtnis Jesus Christ
Titus 3,1–15 Die Andersartigkeit der Christen führt sehr schnell zu Verleumdungen. Darum soll den staatlichen Autoritäten kein Anlaß zu einem Vorgehen gegen die Christen gegeben werden (v1–2). Das gemeinsame Bekenntnis wird noch einmal als das verbindende Band der Gemeindeglieder betont. Im Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung, also der Taufe, sind die Gemeindeglieder zu Kindern Gottes geworden. Mit den Irrlehrern brauchen sie sich darum nicht abzugeben. Mit den üblichen persönlichen Anweisungen, Grüßen und dem Gnadenwunsch schließt der Brief. Lied 378: Es mag sein, daß alles fällt
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Philemonbrief Philemon 1–26 Der Sklave Onesimus ist seinem Herrn Philemon entlaufen (v15–16); möglicherweise hat er dabei Geld mitgehen lassen (v18). Paulus, im Gefängnis, hat ihn getauft (v10) und schickt ihn nun zu seinem Herrn zurück (v12). Der Brief hat den Zweck, Philemon um Nachsicht zu bitten und den Sklaven nicht zu bestrafen (v16–17). Es ist bemerkenswert, daß Paulus dem Onesimus nicht zur Fortsetzung seiner Flucht verhilft, sondern ihn zurückschickt. Er fordert auch nicht seine Freilassung durch Philemon. Aber er versucht, die zwischenmenschlichen Beziehungen so zu verändern, daß das Verhältnis Sklave-Herr unterlaufen wird. Es wäre in der damaligen Zeit utopisch gewesen, die Abschaffung der Sklaverei zu fordern. Kaiser Konstantin hat dann in die Gesetzgebung soziale Regeln für die Behandlung von Sklaven einfließen lassen, so daß die Sklavenhaltung zu teuer wurde. Während der Islam bis heute Sklaverei für zulässig erklärt, ist für Christen heute das Verbot der Sklaverei selbstverständlich. Lied 495: O Gott, du frommer Gott
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Erster Petrusbrief 1.Petrus 1,1–12 Die Christen empfinden sich als Fremde in ihrer Umgebung, in den römischen Provinzen des Nordens der heutigen Türkei. Ihre Heimat ist ja bei Gott. Von der Umwelt argwöhnisch beobachtet, nehmen sie nicht an den Tempelfesten teil, haben keine Götterbilder, arbeiten einen Tag in der Woche nicht. Die Andersartigkeit der Christen kann leicht zu Diffamierungen und Benachteiligungen führen. Gottes Berufung in der Taufe (v3), das auferweckende Handeln an Jesus, und die Bewahrung im Glauben inmitten der Anfechtungen und Leiden (v5–7), machen die Christen der Hoffnung auf das ewige Leben gewiß, ebenso wie die Voraussagen der Propheten (v10–12). Lied 398: In dir ist Freude
1.Petrus 1,13–16 Das Leben, das der Hoffnung auf das ewige Leben entspricht, wird von Vers 13 an beschrieben. Wer von Gott berufen ist, gehört zu Gott und darum soll er auch dieser Berufung entsprechend leben. Das bedeutet das Wort „heilig“: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“. Die Art ihres Gottesverhältnisses ist es, die die Christen von den anderen unterscheidet. Sie leben in der Hoffnung auf die volle Gemeinschaft mit Gott als Kinder Gottes. Das Heiligkeitsgesetz (3.Mose 19,1ff), das 1.Petrus 1,16 zitiert, streicht ebenso die Andersartigkeit des Gottesverhältnisses des Gottesvolkes heraus: Es beginnt mit einer Zusammenfassung der ersten vier Gebote. Auch heutzutage soll die Andersartigkeit der Christen durchscheinen, wenn Gott für sie nicht eine Randverzierung, sondern selbstverständliche Voraussetzung ihres Lebens ist. Lied 636: Ihr seid das Volk
1.Petrus 1,17–21 Das Leben der Christen soll nicht nur ihrer Zugehörigkeit zu Gott entsprechen; es soll ebenso in Anlehnung an die Hingabe Jesu (v18–19) gestaltet werden, sowie in der Hoffnung auf das Leben in Gottes ewiger Gegenwart, das durch Jesu Auferweckung möglich geworden ist. In Furcht vor 267
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Gott als dem Richter und in Glaube und Hoffnung zu Gott als dem Erlöser sollen die Christen ihr Leben gestalten. Nicht die Wunder Jesu oder seine Verkündigung des Reiches Gottes werden zu den Grundlagen des Lebens im Glauben gerechnet, sondern sein Tod, seine Auferstehung und Himmelfahrt, so wie im Glaubensbekenntnis. Lied 414: Laß mich, o Herr, in allen Dingen
1.Petrus 1,22–2,3 In der Taufe, hier als Wiedergeburt beschrieben, tritt der Christ in die Schicksalsgemeinschaft mit Jesu Sterben und Auferstehen ein. Im Akt des Untertauchens nehmen die Menschen am Sterben Jesu teil, im Akt des Herausholens aus dem Wasser durch den Täufer an der Auferstehung. So haben sie am Schicksal Jesu teil und dürfen darum auf Unvergänglichkeit hoffen. Durch das Wasser und das deutende Wort „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ zu Gottes Kindern geworden, werden die Menschen damit untereinander zu Schwestern und Brüder – darum die Mahnung zur Bruderliebe. Mit den Brüdern und Schwerstern wird man das ewige Leben teilen, und darum verbieten sich Neid, Heuchelei und Betrug (2,1). Lied 200: Ich bin getauft auf deinen Namen
1.Petrus 2,4–10 Die Fremdheit der Christen in ihrer jeweiligen Gesellschaft entspricht dem Schicksal Jesu, der von seinem Volk verworfen wurde. Dennoch darf die Gemeinde ihren Glauben nicht verstecken. Sie ist ein priesterliches Volk, das seinen Glauben öffentlich bezeugt. An ihr sollen die Ungläubigen die Gegenwart Gottes erkennen. Wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, da ist Gott. Darum kann die Gemeinschaft der Christen ein geistliches Haus genannt werden. Wenn sie im Gottesdienst Gott ehrt, dann sind alle Bosheiten, aller Neid und alle üble Nachrede bedeutungslos geworden. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
1.Petrus 2,11–17 Die Lebensführung der Christen soll die üble Nachrede zum Verstummen bringen, eventuell auch den andern zum Glauben bewegen. Ebenso soll auf diese Weise der Gefahr von Pogromen und Verfolgungen vorgebeugt werden. Darum ist es wichtig, sich der staatlichen Verwaltung 268
Erster Petrusbrief
unterzuordnen. Sie hat die Aufgabe, dem Bösen zu wehren, das Gute zu befördern. Daran ist sie auch zu messen. Vers 17 faßt das Verhalten fein abgestuft zusammen: Gegenüber Gott und den Brüdern Furcht und Liebe, gegenüber den Heiden und der staatlichen Verwaltung die notwenige Reserve. Lied 123: Jesus Christus herrscht als König
1.Petrus 2,18–25 In diesem Abschnitt geht es um das Verhalten der christlichen Sklaven und Sklavinnen, besonders gegenüber „wunderlichen Herren“. Gerade im Erdulden ungerechter Strafen folgen sie dem Vorbild Jesu. Diese Mahnung ist um so dringender, als gerade Anfeindungen durch die heidnische Gesellschaft christliche Sklaven in ihrer ungeschützten rechtlichen Stellung besonders treffen müssen. Mit ihrem Leiden teilen die Sklaven die Leiden Christi und werden so in der Schicksalsgemeinschaft mit Jesus ihres ewigen Lebens gewiß. Lied 644: Selig seid ihr
1.Petrus 3,1–7 Anders als in der Haustafel des Kolosserbriefes (3,18ff) hat der Schreiber des Briefes vor allem Haushalte im Auge, in denen der Hausvater kein Christ ist. Das wurde an der Voranstellung der Sklaven in dieser Haustafel schon deutlich. Aus diesem Grund ist in unserem Abschnitt auch nicht von der gegenseitigen Unterordnung wie sonst in den christlichen Haustafeln die Rede. Die Worte haben ein seelsorgerliches Ziel, im Blick auf die biblischen Vorbilder Mut zu machen, Einschüchterungsversuchen geduldig zu widerstehen. Entsprechend kurz sind die Ermahnungen an die christlichen Männer in Vers 7. Lied 362: Ein feste Burg
1.Petrus 3,8–12 An die Haustafel schließt der Verfasser Mahnungen an, die für alle gelten. Auch hier sticht hervor, nicht Böses mit Bösem zu vergelten (Römer 12,17). In der Nachfolge Jesu, wie z. B. bei der Segnung der Verfolger (Matthäus 5,44), werden die Christen den Segen und ewiges Leben erhalten. Das Zitat aus Psalm 34 soll das belegen, wobei die „guten Tage“ als ewiges Leben gedeutet werden. Lied 421: Verleih uns Frieden gnädiglich 269
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
1.Petrus 3,13–17 Man sollte erwarten, daß diejenigen, die Gutes tun, gelobt werden und von übler Nachrede verschont bleiben. Die Erfahrung lehrt freilich etwas anderes. Heute unterstellt man gerne Geltungssucht oder heimliche Vorteilsnahme. Angesichts der Verleumdungen möchte der Verfasser des Briefes Mut machen, den Glauben im Leben zu bewähren. Das Verhalten der Christen soll dazu führen, daß die Heiden erstaunt nach dem Grund der Andersartigkeit der Christen fragen. Lied 597: Dennoch bleib ich stets an dir
1.Petrus 3,18–22 Die Mahnung des vorangegangenen Abschnitts wird im Vorbild Jesu begründet. Jesus hat unschuldig gelitten und ist dann in die äußerste Gottesferne, den Hades, gegangen. Der Generation, die als die gottloseste, ungläubigste und unbußfertigste aller Zeiten galt, der Noahgeneration, hat er das Heil gepredigt. So sollen auch die Christen mit ihrem unschuldigen Leiden und möglichem Tod den Ungläubigen ihrer Zeit Zeugnis von ihrem Glauben geben. Und so wie Noah durch das Wasser hindurch gerettet wurde, so werden die verfolgten Christen und alle, die ihrem Zeugnis folgen, durch die Taufe gerettet werden und dem auferstandenen Christus in das ewige Leben nachfolgen. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
1.Petrus 4,1–11 Die Andersartigkeit der Christen hat vielfach Spott, Diffamierung oder Leiden zur Folge. Das Leiden der Christen hat dabei u. a. den Sinn, den Kampf gegen die Sünde bewußter zu gestalten und zu bestehen. Denn Andersartigkeit bedarf immer wieder der bewußten Entscheidung zur Distanz gegenüber dem, was üblich ist. In solchen Situationen ist es hilfreich, sich von einer Gruppe getragen zu wissen. Gegenseitige Liebe und Gastfreundschaft sind Zeichen solcher Zusammengehörigkeit. Daß ein christliches Leben in Distanz zur allgemeinen Lebensweise sinnvoll ist, vor allem zum Götzendienst und heute zur Gottvergessenheit, ist immer wieder erfahrbar im täglichen Leben und wird im Gericht vor Gott endgültig erwiesen werden. Jedem Menschen in Raum und Zeit wird das Evangelium und damit die Möglichkeit zum Leben angeboten. Das meint das Wort von der Verkündigung des Evangeliums für die Toten. Lied 387 Mache dich, mein Geist, bereit 270
Erster Petrusbrief
1.Petrus 4,12–19 Von Vers 12 an spricht der Verfasser nicht von der Möglichkeit von Leiden und Anfechtungen, sondern von aktuellen Leidenserfahrungen. Sie werden als Glaubensproben und als Bestätigung der Erwählung durch Gott verstanden, so wie Christi Leiden zur Herrlichkeit Gottes führte. Die Freude im Leiden ist also nicht masochistisch, sondern Vorfreude auf Gott. Der Weg zu Gott aber führt durch das Gericht, in dem alles Gottwidrige beseitigt wird. Das Leiden der Christen ist der Weg der Läuterung. Insofern ist das Leiden bereits Gericht. Lied 294: Nun saget Dank und lobt den Herren
1.Petrus 5,1–7 Verfolgungssituationen erfordern besondere Umsicht in der Gemeindeleitung. Die Gefahr von böswilligen Verleumdungen ist besonders groß. Darum ist in Gelddingen äußerste Sorgfalt nötig (v2). Daneben ist der inneren Einheit besondere Aufmerksamkeit zu schenken (v3). In Verfolgungssituationen werden die Gemeindeleiter vielfach als erste verhaftet. Sie sollen dann bereit sein, ein Vorbild zu sein. Wenn der Verfasser sich als Zeuge der Leiden Christi bezeichnet, dann will er damit auf seine Teilhabe an den Leiden Christi hinweisen. In diesem Sinne ist er Zeuge und Vorbild für alle, die Verfolgung erdulden. Lied 577: Von des Himmels Thron
1.Petrus 5,8–14 Das Martyrium ist im Grunde ein geistlicher Kampf, der weltweite Kampf zwischen Gott und dem Teufel. Die Beugung unter den Willen Gottes wird im Glauben zum Widerstand gegen den Teufel fähig machen und so zum ewigen Leben führen. Mit den Grüßen aus Babylon – wohl ein Deckname für Rom – schließt der Brief. Der Gruß mit dem Kuß der Liebe spielt auf das Abendmahl an, in dem sich Christus mit dem Glaubenden vereint und so zur „Überwindung der Welt“ fähig macht. Lied 362: Ein feste Burg
271
Zweiter Petrusbrief 2.Petrus 1,1–11 Der Brief beginnt mit der üblichen Absender- und Empfängerangabe. Freilich werden keine konkreten Empfänger genannt, sondern alle, die denselben dogmatischen Lehren wie Petrus folgen. Schon diese Bemerkung zeigt, daß der Verfasser sich in einem Abwehrkampf gegen andere christliche Richtungen sieht. Erkenntnis, wie sie von diesen Gruppen hoch geschätzt wird, ist auch dem Verfasser wichtig, doch in der Bindung an die kirchliche Lehre. Für unsere heutigen Ohren ist die Hoffnung auf Vergöttlichung des Menschen bei der Wiederkunft Christi freilich ungewohnt. Wir würden heute eher von der Hoffnung auf die Gemeinschaft mit Gott sprechen und damit die fortdauernde Geschöpflichkeit des Menschen betonen. Um eine göttliche Natur zu erhalten, bedarf es eines gottgemäßen Lebens. Lied 529: Ich bin ein Gast auf Erden
2.Petrus 1,12–21 Der Abschnitt hat zum Ziel, die Autorität des Verfassers deutlich zu machen. Er ist alt, wird bald sterben, ist Augenzeuge der Verherrlichung Jesu, kann also darauf pochen, daß seine Worte gehört und befolgt werden. Er untermauert seine Autorität fernerhin dadurch, daß er für sich die Übereinstimmung mit der wahren überlieferten Lehre (v20) in Anspruch nimmt. Heute gibt es viele Stimmen, die beanspruchen, die Schrift so auszulegen, wie sie gemeint sei. Meistens legen sie darauf Gewicht, was der Mensch zu tun habe, um Gott zu gefallen. Daß Gott aber den Menschen aus Gnade in seine Gemeinschaft aufnimmt, kommt dabei zu kurz. Lied 198: Herr, dein Wort, die edle Gabe
2.Petrus 2,1–11 Irrlehrer sind aufgetreten und haben Spaltungen in den Gemeinden erzeugt. Der Verfasser wirft den Falschlehrern moralisches Fehlverhalten vor, Habsucht, dazu fehlende Ehrfurcht vor den himmlischen Mächten (v11). Doch Gottes Strafgericht ist gewiß, wie die drei Beispiele aus der 272
Zweiter Petrusbrief
alttestamentlichen Geschichte zeigen. Für uns heutige ist es wichtig, sich im Leben darauf einzustellen, daß wir einmal vor Gott Rechenschaft über unser Leben ablegen müssen. Dazu gehört nicht nur die Rechenschaft über unser moralisches Verhalten, sondern vor allem die Frage, ob wir Gottes Wahrheit deutlich bezeugt haben. Lied 154: Herr, mach uns stark im Mut, der dich bekennt
2.Petrus 2,12–22 Die moralischen Vorhaltungen des Verfassers werden heftiger: Freßgelage und sexuelle Ausschweifungen wirft er den Gegnern vor. Die Falschlehrer würden sich so verhalten wie Bileam. Nach zeitgenössischer Deutung war es Bileam, der das Volk Gottes in Schittim zum Götzendienst verführt habe (4.Mose 25,1–3). So seien auch die Falschlehrer Verführer zum Abfall von der rechten Lehre. Heutzutage sehen wir, wie Wohlleben und ein ungezügelter Sexualismus zur Gottvergessenheit führen. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt
2.Petrus 3,1–9 Die Gegner meinen, die Hoffnung auf ein baldiges Kommen Jesu habe getäuscht. Darum müsse man den Glauben neu formulieren. Der Verfasser hält dagegen: Man muß damit rechnen, daß Gott kommen und die Welt richten werde; das zeige die Geschichte von der Sintflut. Daß Gott noch nicht zum Gericht gekommen sei, liege daran, daß er noch Geduld mit den Menschen üben wolle, so daß sie noch Zeit zur Umkehr haben. Zudem sei Gottes Zeitrechnung anders als die menschliche, wie Psalm 90,4 zeige. Lied 149: Es ist gewißlich an der Zeit
2.Petrus 3,10–18 Die Gegner berufen sich wohl auf eine bestimmte Deutung der Briefe des Paulus, zu Unrecht. Gegen die Irrlehrer bekräftigt der Verfasser noch einmal die Erwartung einer neuen Schöpfung durch Gott. Das ist vernünftig. Auch die heutigen Wissenschaftler sagen ja, daß unsere Welt nicht ewig besteht. In welcher Weise es zu einem Ende dieser unserer Welt kommt, ob durch Wärme- oder Kältetod, ist umstritten. Für uns Heutige ist es wichtig, daß Gott noch nicht am Ende ist, wenn unsere Welt am Ende ist. Unser Leben mit Gott hängt nicht vom ewigen Bestand dieser Welt ab. Lied 148: Herzlich tut mich erfreuen 273
Erster Johannesbrief 1.Johannes 1,1–4 Der Brief beginnt nicht, wie es üblich wäre, mit der Angabe von Absender, Empfänger und Gruß, sondern mit einem Vorwort. Dieses lehnt sich an das Vorwort des Johannesevangeliums (1,1–18) an. Das Grundgerüst der Verse ist: „Was das Wort des Lebens (Jesus) betrifft, was wir gehört und gesehen haben, das tun wir euch kund“. Bezieht sich der Anfang im Evangelium („Im Anfang war das Wort“) auf die Schöpfung, so im Brief auf das Auftreten Jesu, der das Wort des Lebens ist. In dem „Wir“ gibt sich der Schreiber als Glied einer Gemeinschaft zu erkennen, die die Überlieferung des Johannes weitergibt. Sein Ziel ist es, daß die Gemeinschaft der Jesusanhänger erhalten bleibt. Im Hören und Bedenken der Überlieferung, die durch Johannes übermittelt wurde, bleiben die Jesusanhänger in der Gemeinschaft mit Gott und Christus und so auch in der gegenseitigen Bruderschaft. Wer meint, er könne auch ohne Kirche Christ sein, verkennt, daß ihm der Zugang zu Jesus nur über die Überlieferung möglich ist, die von der kirchlichen Gemeinschaft gepflegt und weitergegeben wird. Lied 253: Ich glaube, daß die Heiligen
1.Johannes 1,5–10 Im Vorwort des Evangeliums (1,5) heißt es: „Das Licht scheint in der Finsternis“. Das nimmt der Briefschreiber in der Beschreibung des Inhaltes der Überlieferung auf; freilich ist im Evangelium Jesus immer das Licht (Johannes 8,12), nicht Gott. Daß Gott Licht sei, ist keine Wesensbeschreibung Gottes, sondern ein Bild für seine Reinheit und Heiligkeit. Licht und Finsternis zeigen den Unterschied zwischen der Welt an, die Gott nahe ist, und der, die ihm fern ist. Da Sünde Gottesferne ist, kann nur der in Gottes Nähe sein, der von der Sünde frei geworden ist. Ohne Sünde zu leben, also in der Nähe Gottes zu sein, liegt nun nicht im Vermögen des Menschen. Nähe zu Gott ist ein Geschenk Gottes. Der Tod Jesu zeigt dies eindringlich. Wer hingegen meint, Gott müsse mit ihm zufrieden sein, weil er rechtschaffen sei, der erklärt Jesu Tod für unnötig, macht Christus so zum Lügner. Lied 354: Ich habe nun den Grund gefunden 274
Erster Johannesbrief
1.Johannes 2,1–6 1,10 hatte herausgestellt, daß der Mensch nicht leben kann, ohne sündig zu werden und zu sein. Doch läßt sich aus dieser Erkenntnis nicht die Folgerung ableiten, der Kampf gegen die Sünde sei sowieso aussichtslos. Gerade die Erfahrung des Gefühls, fern von Gott zu sein, läßt ja den Wunsch um so stärker werden, in Gottes Nähe zu gelangen. Menschen etwa, die mit einer Krankheit ringen, fragen verstärkt nach Gottes Eingreifen und Gegenwart. So ist es verständlich, daß der Briefautor nun den Kampf gegen alles Verhalten betont, das den Menschen von Gott trennt. Gerade weil Jesus zur Beseitigung der Schuld am Kreuz sein höchstes Gut, das Leben, gegeben hat, ist es für seinen Nachfolger wichtig, in diesen Kampf miteinzutreten. Dabei stellt der Briefautor das Gebot der Liebe gegenüber Gott (und den Brüdern) als das Grundgebot aller Gebote heraus. Er knüpft damit an Johannes 13, 34–35 an. Dabei betont er, daß es Nächstenliebe nicht ohne Gottesliebe geben kann. An der Abtrennung des Gebotes der Nächstenliebe von dem Gebot der Gottesliebe krankt die humanistische Religion, die in unserem Staat herrscht. Lied 409: Gott liebt diese Welt
1.Johannes 2,7–11 Das Johannesevangelium hatte das Liebesgebot als ein neues Gebot bezeichnet (13,34–35). Für die Gemeinschaft des Johannes ist es inzwischen ein altes Gebot (v7). Neu ist das Liebesgebot freilich dennoch, weil immer mehr Menschen durch den Eintritt in die Gemeinschaft mit Gott zu solcher Nächstenliebe befähigt werden. Geschichtlich gesehen ist das Gebot der Nächstenliebe alt (siehe 3.Mose 19,18). Neu ist es durch den, der die Verwirklichung der Liebe möglich macht, indem er die Finsternis vertreibt und als Licht das Leben hell macht. In den Versen 9–11 geht der Briefschreiber wohl auf eine Spaltung in der Gemeinschaft ein. Wer sich von der Gemeinschaft lossagt, liebt sie nicht („hassen“). Er steht damit außerhalb der Gemeinschaft mit Gott, weil er mit der Trennung die Liebe zu den Brüdern aufsagt. Bruderliebe und Gottesliebe können in Gottes Augen nicht losgelöst voneinander existieren. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
1.Johannes 2,12–17 Gottesliebe schließt neben der Bruderliebe stets auch eine Distanz zu dem ein, was in der Gesellschaft toleriert wird. So läßt sich heute die Wendung „die Welt nicht lieben“ verstehen. Mit der Lust des Fleisches und der Augen meint der Briefschreiber z. B. die Sexualisierung des Lebens, 275
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
mit dem hoffärtigen Leben die Gier nach Macht und Geld. Jünglinge und Väter werden als Repräsentanten der Gemeinschaft angesprochen, die Jünglinge auf ihre Standhaftigkeit gegenüber den Verlockungen des Lebens hin, die Väter auf die Weitergabe des Glaubens hin, da sie den “kennen, der von Anfang ist“. Die Gemeinde zeichnet sich so durch Bekenntnis und Standhaftigkeit gegenüber dem Zeitgeist aus. Mit seinen Wiederholungen betont der Briefschreiber, daß er dankbar für die Festigkeit der Gemeinschaft ist. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
1.Johannes 2,18–29 Der Briefschreiber hat Bekenntnis, Standhaftigkeit und Teilnahme an der Gemeinschaft deshalb so stark betont, weil einige aus dieser Gruppe sich abgesondert (v19) haben. Wer Jesus ist, darüber ist wohl eine Meinungsverschiedenheit entstanden. Ist Jesus so etwas wie ein Engel gewesen und hat deshalb nur dem Anschein nach eine menschliche Gestalt gehabt? Oder hat sich der Sohn Gottes nur eine Zeit lang mit dem Menschen Jesus verbunden – etwa in Gestalt der Taube bei der Taufe? Diese Frage berührte den Nerv der christlichen Hoffnung. Denn wenn es nur den Anschein gehabt hätte, daß der Gottessohn den Tod erlitten hat, wenn er also nicht wirklich – wie die Menschen – gestorben wäre, dann wäre die Hoffnung der sterblichen Menschen ungewiß, durch den Tod hindurch zum Leben aufzuerstehen (v25). Denn Christus wäre dann nicht der Erstling, der von den Toten auferstanden ist. Den Sohn und damit den Vater leugnen heißt, Göttliches und Menschliches in Jesus auseinander zu reißen. Daß Christus wahrer Mensch und wahrer Gott sei, diese spätere Glaubensgewißheit muß sich erst noch durchsetzen. In dieser Auseinandersetzung kann der Briefschreiber die Meinung der Irrlehrer nur als gegen Christus gerichtet verstehen, als Ausfluß des verführerischen Antichristus. Die Empfänger bedürfen darum der Standhaftigkeit, um im Bekenntnis zu dem zu bleiben, was von Anfang an war. Dieses Bekenntnis ist für sie seit der Taufe gültig, als sie den Geist Jesu – die Salbung – empfingen. Lied 115: Jesus lebt, mit ihm auch ich
1.Johannes 3,1–10 Durch die Taufe sind die Menschen nicht mehr nur Gottes Geschöpfe, sondern Gottes Kinder. Mit der Betonung „Wir sind es auch“ wendet sich der Briefschreiber gegen die Resignation angesichts vielfältiger Erfahrungen des Versagens. Und wie die „Welt“ Gott nicht in Christus erkannt hat, so erkennt sie auch nicht die Gotteskindschaft der Christen. Das wird heute z. B. 276
Erster Johannesbrief
in der Meinung deutlich, Christen müßten „erlöster aussehen“ oder ganz besonders „heilig“ sein. Der grundsätzliche Unterschied der Gotteskinder zu den „Kindern der Welt“ besteht darin, daß nur in der Bindung an Jesus überhaupt ein Leben ohne Sünde möglich ist. Sünde meint, ohne Gott leben zu wollen. Die „Welt“ ist vom Teufel beherrscht. Darum ist es für „Weltkinder“ grundsätzlich unmöglich, ohne Sünde zu leben, also ohne Widerstand gegen Gottes Willen. Die Zugehörigkeit zu Gott oder die Gottesferne entscheiden darüber, ob ein Leben in Gerechtigkeit oder in Sünde gelebt wird. Nicht entscheidend ist, ob man ein – nach menschlicher Meinung – guter Mensch ist. Denn Gottes Urteil kann ja nicht von menschlichen Meinungen bestimmt sein. Lied 358: Es kennt der Herr die Seinen
1.Johannes 3,11–18 Aus der Gemeinschaft mit und der Liebe zu Gott ergeben sich Folgerungen für das Verhalten zu den Brüdern. So wie Jesus sein Leben in Liebe zu den Seinen dahingegeben hat, so soll auch der Christ seine Liebe seinem Bruder widmen und ihm in Notlagen beistehen. Innerhalb des Wirkungsbereiches Gottes ist Liebe möglich, außerhalb nicht, weil hier Lüge und Verstoß gegen das Gottesrecht herrschen, wie das Beispiel Kains zeigt. Kain erkennt die Gotteskindschaft seines Bruders Abel nicht. Auch Christen und Außenstehende könnten Brüder sein, real besteht aber der dauernde Widerspruch gegen Gott und damit auch gegen die Christen. Wir erleben das in den weltweiten Diskriminierungen der Christen, in Deutschland im ständigen Widerspruch gegen das Kreuz. Lied 413: Ein wahrer Glaube Gott´s Zorn stillt
1.Johannes 3,19–24 Christen dürfen sich ihrer Gemeinschaft mit Gott gewiß sein, auch wenn sie Gewissensbisse haben. Schwachheit und Versagen trennen nicht von Gott. Denn Gott darf man um Verzeihung bitten (19–22). Die Verse 23–24 schließen den ganzen Abschnitt 3,1–22 ab. Christlicher Glaube ist nicht die Allerweltsüberzeugung, daß es einen Gott gebe, sondern Liebe zu Jesus. Im Leben aus dem Geist Gottes und in der Liebe zu den Brüdern bleibt der Christ bei Gott und der Gemeinschaft, auch wenn er versagt. Lied 643: So prüfet euch doch selbst
277
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
1.Johannes 4,1–6 Das Tun der Gerechtigkeit beruht bei Christen nicht auf ihrer humanistischen Bindung an die Menschenliebe, sondern auf der Bindung an Jesus. In ihm hat Gott die Bedingungen des menschlichen Lebens auf sich genommen, bis zum Tod am Kreuz. Darum gehört das Bekenntnis zu dem im Fleisch gekommenen Gottessohn zu den grundlegenden Voraussetzungen des christlichen Handelns. Und so kann der Briefschreiber nicht anders, als die Lehre der Gegner als widergöttlich anzusehen. Nach deren Lehre habe man sich das Auftreten Christi nach Art der griechischen Götter oder der Engel vorzustellen. Ich wünsche mir, Christen hätten klare Vorstellungen von christlichen Glaubensüberzeugungen, damit kein getaufter Christ allen Ernstes behauptet, Christen hätten drei Götter. Lied 27: Lobt Gott, ihr Christen, alle gleich
1.Johannes 4,7–16a Den Satz „Gott ist die Liebe“ darf man nicht umdrehen „Die Liebe ist der Gott“. Vor aller Liebe steht zuerst das Liebeshandeln Gottes in der Hingabe Jesu am Kreuz. Nicht das innere humanistische Gefühl der Selbstlosigkeit und Mitmenschlichkeit, sondern die Erfahrung des Angenommenseins durch Gott sorgt dafür, daß Menschen in der Liebe Gottes bleiben, nämlich bei dem Liebeshandeln Gottes in seinem Sohn. Die Liebe zum Nächsten ist dann eine notwendige Folge dieses Bleibens in der Liebe Gottes. Solche Nächstenliebe kann das Bekenntnis zur rettenden Liebe Gottes nicht schuldig bleiben. Lied 401: Liebe, die du mich zum Bilde
1.Johannes 4,16b–21 Da der kommende Christus der Gekreuzigte ist, ist die Liebe des Gekreuzigten auch die Liebe des Kommenden. Darum dürfen die Christen, die in der Liebe Gottes bleiben, Zuversicht haben, auch bei der endgültigen Sichtung des Lebens im Gericht die Liebe Gottes zu erfahren. Wer hingegen sich auf seine bloße Menschlichkeit verläßt, darauf baut, ein guter Mensch zu sein, der muß darum fürchten, ob sein Tun wohl als genügend bewertet wird. Darum ist die Bruderliebe zutiefst eine Frage der Gottesliebe und nicht der Menschenliebe. Lied 148: Herzlich tut mich erfreuen
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Erster Johannesbrief
1.Johannes 5,1–5 Zu Gott gehören, aus ihm geboren zu sein, das beruht nicht auf Nächstenliebe, sondern auf dem Glauben an den von Gott gesandten Christus, der in Jesus Fleisch geworden ist und am Kreuz die Mächte der Welt überwunden hat. Da alle, die solchem Glauben anhängen, von Gott geboren sind und somit seine Kinder, erweisen sie einander gegenseitige Liebe. Sie erfüllen das Liebesgebot der Gottes- und Nächstenliebe. Der Briefschreiber beschränkt seine Aufforderung zur Nächstenliebe auf die Bruderliebe; die Feindesliebe spielt bei ihm keine Rolle. Die Welt der Nichtglaubenden ist für ihn vom Satan beherrscht. Lied 251: Herz und Herz vereint zusammen
1.Johannes 5,6–12 Wasser und Blut sind zugleich grundlegend für die Sakramente, Taufe und Abendmahl. In ihnen tritt der Glaubende in die Gemeinschaft mit Christus und Gott ein, deren Vollendung das ewige Leben ist. Gott hat sich zu Jesus bekannt, in der Taufe durch die Gabe des Geistes und im Tod durch die Auferweckung. So sind Wasser und Geist Zeugen für die Gottessohnschaft Jesu. Wer meint, nicht Jesu, sondern ein anderer sei am Kreuz gestorben, entzieht dem Glauben an die Auferweckung Jesu den Boden und damit dem Zeugnis Gottes. Lied 200: Ich bin getauft auf deinen Namen
1.Johannes 5,13–21 Mit dem Thema der „Sünde zum Tod“ geht der Schreiber über den bisherigen Inhalt hinaus, ebenso mit der Warnung vor Götzendienst. Beide Themenkreise könnten auf eine unmittelbare Verfolgungssituation hinweisen, in der der Staat fordert, Christus abzuschwören und vor dem Kaiserstandbild zu opfern. Wir tun uns heute mit der Unterscheidung von vergebbaren Sünden und Todsünden schwer. Jesus erklärt die Sünde wider den Heiligen Geist für unvergebbar (Markus 3, 29), also die Leugnung dessen, daß Jesus im Geist Gottes handelt. Lied 230: Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze
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Zweiter und Dritter Johannesbrief 2.Johannes 1–13 Auf die Absender- und Empfängerangabe sowie den Eingangsgruß folgt das Lob für die, die in der Wahrheit und Liebe wandeln, also an der überlieferten Lehre und der Bruderliebe festhalten. Im Zentrum des Briefes steht die Warnung vor den Irrlehrern, die leugnen, Jesus sei wirklich Mensch geworden. Die Gastfreundschaft ist ihnen zu verweigern. Während in religiösen Dingen heute vielfach Toleranz gefordert wird, empfiehlt der Brief einen deutlichen Schnitt gegenüber den Irrlehrern, denn sie reißen Jesu Gottheit und Menschheit auseinander, wie heute etwa die Vertreter des Korans oder die Zeugen Jehovas.
3.Johannes 1–15 Der Brief ist ein Beispiel für die Empfehlungsbriefe, mit denen reisende Christen ausgestattet wurden. Von Gajus wurden Sendboten des Ältesten mit Freuden aufgenommen. So soll es auch in Zukunft sein. Der Gemeindeleiter Diotrephes verbietet jedoch die Aufnahme der Sendboten des Ältesten. Ein Grund für diese Maßnahme wird nicht genannt. So können wir nur vermuten, daß Diotrephes den Ältesten und seine Sendboten nicht als rechtgläubig betrachtet. Bis heute ist das Verhältnis zwischen den Ortsgeistlichen und durchreisenden Missionaren von Mißtrauen und Spannungen bedroht.
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Hebräerbrief Hebräer 1,1–14 Es fällt auf, daß der übliche Briefanfang mit Absender, Empfänger, Gruß und Danksagung fehlt. Man kann sich fragen, ob der Brief nicht eher eine Predigt ist, die anschließend durch die Anfügung eines Briefschlusses die Form eines Briefes erhalten hat. Zu Eingang hebt der Verfasser die gemeinsame Glaubensgrundlage hervor: die Vorgeschichte in den Propheten, die Christus bezeugt haben. dann Christus als Schöpfungsmittler (Zitat eines Liedes in 3a), als Erlöser und Weltenrichter. Anschließend wird das erste Thema eingeführt: Christi Überlegenheit über die Engel, aufgezeigt mit Hilfe von Aussagen alttestamentlicher Stellen, die entweder den Engeln oder Christus zugewiesen werden. Lied 142: Gott, aller Schöpfung heilger Herr
Hebräer 1,15 – 2,18 Warum hält es der Verfasser für notwendig, die Überlegenheit des Sohnes über die Engel nachzuweisen? Er möchte zeigen, daß die Offenbarung des Sohnes die definitive Offenbarung Gottes ist. Auch die Engel bringen ja Botschaften Gottes, entscheidend aber ist die des Sohnes. Das Gesetz des Sinai, das die Bestimmungen über den Kult, den Tempel und den Hohenpriester enthält, war nach spätjüdischer Anschauung von Engeln vermittelt worden. Diese Meinung wird von Paulus geteilt (Galater 3,19). So ist die Sinaioffenbarung gegenüber dem Wort, das Christus bringt, nur eine vorläufige Offenbarung. Lied 410: Christus, das Licht der Welt
Hebräer 3,1–19 Der Autor vergleicht Jesus und Mose. Beide sind Gott treu, Mose als Knecht, Jesus jedoch als Sohn. Während Mose ein Glied der Gottesgemeinde ist, ist Jesus der Herr der christlichen Gemeinde; diese ist jedoch nur solange sein Haus, als sie ihr Bekenntnis bewahrt. Die Gemeinde steht so in der gleichen Situation wie die Wüstengeneration des Mose. Diese konnte wegen ihres Ungehorsams nicht in das verheißene Land gelangen. Wieviel gefährlicher wird es darum für die 281
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
christliche Gemeinde sein, wenn sie nicht auf Christus hört, der doch viel mehr ist als Mose. In die „Ruhe“, in Gottes Reich, wird sie dann ebenso wenig gelangen. Lied 394: Nun aufwärts froh den Blick gewandt
Hebräer 4,1–13 Aus der Schrift selbst läßt sich erkennen, daß die Verheißung Gottes mit der Landnahme zur Zeit Josuas noch nicht zum Ziel gekommen ist. Gott hat seinen Segensvorrat noch nicht erschöpft. Es ist noch Ruhe vorhanden dem Volk Gottes; auf die Christen wartet das Leben in Gottes ewiger Gegenwart. Das Vorgehen des Verfassers ist typisch für die christliche Art, die Bibel zu lesen: Gottes Verheißungen sind umfassender als die geschichtlichen Verwirklichungen. Die Verheißungen setzen so, schon bei den Propheten des Alten Testamentes, immer wieder neue Hoffnung aus sich heraus. Grob gesprochen unterscheidet diese prophetische Art der Bibellektüre die Christen von der gesetzlichen Deutung durch das rabbinisch geprägte Judentum. Lied 526: Jesus, meine Zuversicht
Hebräer 4,14–5,14 Einmal im Jahr tritt der Hohepriester unmittelbar vor das Angesicht Gottes, am Versöhnungstag, wenn er in das Allerheiligste eintritt (3.Mose 16). Wie der Hohepriester seinem Volk den Weg zu Gott eröffnet, so auch Jesus, der die Seinen vor Gott vertritt. So wie der Hohepriester von Menschen in seine Funktion eingesetzt wird, so Jesus von Gott. Und wie der Hohepriester als Seelsorger die Lasten des Lebens trägt, so auch Jesus, da er, eine kurze Zeit unter die Engel erniedrigt, sich mit seinen Brüdern solidarisiert, mit und für sie leidet und versucht wird. Wie der Hohepriester sein Volk durch das jährliche Sühneopfer vor dem Verderben bewahrt, so eröffnet Jesus den Seinen den Weg zu Gott aus dem Verhängnis des Todes. Er ist der wahre, der ewige Hohepriester. Lied 87: Du großer Schmerzensmann
Hebräer 6,1–20 Der Hohepriester muß das Opfer für die Sünden seines Volkes jährlich wiederholen. Christus hat mit seinem Tod die Versöhnung für sein Volk ein für allemal bewirkt. Dem entspricht, daß die Bekehrung zu ihm nur einmal erfolgen kann, sie ist end-gültig. Wer vom Glauben abfällt, hat 282
Hebräerbrief
Christus endgültig den Rücken gekehrt. Der Verfasser warnt wohl so eindrücklich vor dem Abfall, weil die Gemeinde eben dieser Gefahr zu erliegen droht; Glaube und Hoffnung bedeuten ihr immer weniger, und die Faszination eines rein innerweltlichen Daseins wird immer verführerischer. Lied 234: So wahr ich lebe, spricht dein Gott
Hebräer 7,1—28 Das Priesteramt Christi ist dem levitischen überlegen. Jesus ist der ewige Hohepriester nach der Art Melchisedeks (Psalm 110,4; siehe 1.Mose 14). Weil Jesu Priestertum im Vergleich zum levitischen unvergänglich ist, kann er auch vollenden, zum Ziel bringen, was Gott mit dem Priestertum des Alten Bundes begonnen hat, zur ewigen Seligkeit, zum unendlichen Leben, zur Ruhe führen. Das Bild des Hohenpriesters Jesu gibt dem menschlichen Leben Ziel und Richtung. Als Christen bereiten wir uns auf ein erfülltes Leben in der ewigen Gegenwart Gottes vor. Lied 385: Mir nach, spricht Christus, unser Held
Hebräer 8,1–13 Christi Priesteramt ist jeglichem irdischen Priesteramt überlegen, weil Christus im wahrhaftigen, im himmlischen Heiligtum, als Mittler zwischen Gott und Mensch wirkt. Das Bild vom Sitzen zur Rechten Gottes deutet also für den Verfasser zunächst nicht ein herrscherliches Walten an, sondern das priesterliche, fürbittende Eintreten für die Menschen – ein beflügelndes Bild für das Wirken der Christen. Die überlegene Qualität des Priestertums Christi schafft ein neues Verhältnis zu Gott und den Menschen. Nicht in äußerlichem Gehorsam, sondern aus der Erneuerung und Hingabe des Herzens heraus, von innen heraus erwächst wahrhafter Gehorsam. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Hebräer 9,1–10 Nur einmal im Jahr trat der Hohepriester unmittelbar vor das Angesicht Gottes, dann, wenn er das Allerheiligste betrat. Sonst aber blieb der Kult auf den Vorraum beschränkt. Um die Heiligkeit Gottes ja nicht zu verletzen, wagt sich der Mensch nicht allzu sehr in seine Nähe. Christus jedoch stellt die Seinen unmittelbar vor Gottes Angesicht: „Vater unser“ sagen sie. Sie bleiben nicht mehr im Vorhof der Religion, nämlich den äußeren Riten und Verhaltensweisen, sondern dringen zur wahren Anbetung Gottes vor. Viele Zeitgenossen irren, wenn sie meinen, die Aufga283
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
be der Kirche sei es, sich um die Moral zu kümmern. Die Moral ist nur der Vorhof der Religion, das Zentrum des christlichen Glaubens ist der neue Mensch. Lied 389: Ein reines Herz, Herr, schaff in mir
Hebräer 9,11–28 Der Hohepriester des Alten Bundes bringt immer wieder fremdes Blut als Opfer dar. Christus vergießt sein eigenes Blut; als der Hohepriester ist er zugleich das Opfer. Während der Hohepriester die Opfer immer wiederholen muß, ist Christi Opfertod einmalig und end-gültig. Darum darf der Christ nicht erneut der Sünde verfallen, für diesen Rückfall gäbe es nicht die Möglichkeit einer erneuten Vergebung, denn Schuld wird ja nur vergeben, wenn dafür Blut geflossen ist. Wenn Christus das endgültige Opfer ist, dann steht es den Christen nicht an, Opfer von anderen zu fordern. Von Christus zu Priestern gemacht (Offenbarung 5,9f; 1.Petrus 2,5) bringen sie sich selbst zum Opfer dar. Lied 449,3: Lasset uns singen
Hebräer 10,1–18 Die blutigen Opfer sind nur eine vorläufige Anordnung. Der Verfasser stützt seine Meinung auf die Opfer- und Kultkritik der Propheten, die auch in Psalm 40 laut wird. Nicht auf den äußerlichen Vollzug von Regeln und Riten kommt es an, sondern auf das Einstimmen in das Wollen Gottes, auf die Harmonie mit seinem Willen (Jeremia 31,33f). Weil die Christen durch das Opfer Christi in den neuen Bund der Harmonie mit Gott eingegliedert worden sind, sündigen sie hinfort nicht mehr. Christus hat sie für immer vollendet. Wo aber die Sünden vergeben sind, dazu keine neuen Sünden begangen werden, da bedarf es natürlich auch keiner neuen Opfer mehr. Christi Opfer ist darum einmalig, end-gültig und nicht mehr überbietbar. Ob wir wohl so radikal unsere Verpflichtung ernst nehmen, nicht mehr gegen den Willen Gottes zu leben? Lied 295: Wohl denen, die da wandeln
Hebräer 10,19–39 Weil Christi Opfer unüberbietbar ist, darum führt ein Abfall vom Glauben für Abtrünnige zum end-gültigen Ausschluß aus Gottes Reich, denn jenseits des Opfertodes Jesu gibt es keine Möglichkeit zur Vergebung, auch wenn der Abtrünnige seinen Abfall bereuen sollte. Der Verfasser erinnert 284
Hebräerbrief
die Gemeinde an die Begeisterung, die Opferbereitschaft und Zuversicht des Anfangs. Diese Erinnerung soll der müden Gemeinde, in der der Besuch des Gottesdienstes nachgelassen hat, wieder Mut machen, ihre Hoffnung auf das Leben in Gottes ewiger Gegenwart nicht aufzugeben. Lied 250: Ich lobe dich von ganzer Seelen
Hebräer 11,1–16 Die Hoffnung auf die Zukunft wird im Glauben festgehalten. Anders als bei Paulus ist der Inhalt des Glaubens nicht Jesus Christus, sein Tod und seine Auferstehung (Römer 10,9), sondern die Verheißung des „besseren Vaterlandes“. Ähnlich wie dem Volk Israel bei seinem Zug durch die Wüste ergeht es dem christlichen Volk: Das Heil ist für sie unsichtbar und zukünftig, die sie bedrängende gesellschaftliche Situation aber gegenwärtig und sichtbar. Darum gilt es, an dem verheißenen Ziel festzuhalten, eben zu glauben. Lied 622: Ich möchte Glauben haben
Hebräer 11,17–31 Nicht Buße tun, umkehren (siehe Markus 1,15) kennzeichnet den Glauben, von dem der Hebräerbrief spricht. Glaube ist vielmehr eine Grundhaltung, in der das Wesentliche und Eigentliche, Gottes Handeln und seine Zukunft für uns, im täglichen Geschehen erfaßt und festgehalten wird. Dies wird an den alttestamentlichen Gestalten gezeigt, auch wenn das Alte Testament gar nicht davon redet, die Genannten hätten in jenen Situationen Glauben bewiesen. Lied 352: Ist Gott für mich
Hebräer 11,32 – 12,11 Von der Zeit der Landnahme an wird die Reihe der Glaubenszeugen über die Propheten bis zu den Märtyrern der Makkabäerzeit bzw. der Christenverfolgungen weitergeführt. Die Märtyrer haben sich durch ihre Leiden nicht irre machen lassen; sie haben nur um so fester das Ziel im Auge behalten, zur ewigen „Ruhe“, in Gottes ewige Gegenwart zu gelangen. So sollen auch die Christen mit den Widrigkeiten des Lebens fertig werden; in ihrem Kampf sollen sie nicht etwa müde werden und sich vom Glauben lossagen, sondern ihrem Anführer Jesus folgen und in den Schicksalsschlägen die Zeichen der Liebe Gottes entdecken. Lied 391: Jesu, geh voran 285
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Hebräer 12,12–29 So wie Esau den Segen ein für allemal verspielte, da er das Erstgeburtsrecht verkaufte, so werden die, die sich vom Glauben lossagen, keine Möglichkeit zu erneuter Umkehr haben. Am Glauben festzuhalten wird um so leichter sein, als es nun nicht dem vorläufigen Ziel entgegengeht, wie etwa in der Wüste auf dem Weg zum Sinai, sondern dem end-gültigen Ziel der Verheißungen Gottes. Lied 157: Laß mich dein sein und bleiben
Hebräer 13,1–25 Im allgemeinen wird ein Brief mit verschiedenen Ermahnungen abgeschlossen, so auch hier, mit Anweisungen zum sittlichen Verhalten in den Versen 1–6 und zur religiösen Haltung in 7–17. Die Leser werden dabei an die Vorgänge am Versöhnungstag erinnert, die als beispielhafte und darum auch vorläufige Bilder für die Wirklichkeit des christlichen Glaubens und Lebens dienen. Friedenswunsch, persönliche Nachrichten und Grüße schließen das Schreiben, das möglicherweise in Rom (Italien) verfaßt wurde, in der üblichen Weise ab. Lied 258: Zieht in Frieden
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Jakobusbrief Jakobus 1,1–11 Der vollkommene Mensch ist für Jakobus nicht der moralisch einwandfreie Mensch, sondern der mit sich versöhnte, der nicht in sich gespaltene. Anfechtung und Prüfung sollen den Glauben in die Klarheit der Gewissheit führen. Sie enthüllen, was an letzter Klarheit fehlt, so daß der Zweifel überwunden ist. Situationen der Anfechtung können Ratlosigkeit, Armut und auch Reichtum sein. Lied 637: Von guten Mächten treu und still umgeben
Jakobus 1,12–18 Jakobus gibt den Anfechtungen zwar einen positiven Sinn. Er führt sie aber nicht auf Gott zurück. Gott hat einen vollkommenen, in sich nicht zerrissenen Menschen geschaffen. Es ist der innere Trieb des Menschen, der zur Sünde und im Ergebnis zum Tod führt. Jakobus fragt nicht, woher das Böse komme. Er ist nicht an metaphysischen Aussagen, sondern an der praktischen Gestaltung des Lebens interessiert. Allen Entschuldigungen wird so ein Riegel vorgeschoben und der Mensch auf seine Aufgabe hingewiesen, mit seinen Gaben, auch mit den Trieben, verantwortungsvoll als Kind Gottes umzugehen. Lied 497: Ich weiß, mein Gott, daß all mein Tun
Jakobus 1,19–27 Alles verantwortliche Tun kommt aus dem Hören und Bedenken, nicht aus dem Bauch. Darum ist das Hören auf Gottes Wort notwendig. Doch das Hören und Tun sollen nicht auseinanderklaffen. Auch im Denken und Tun soll der Mensch nicht in sich gespalten sein. Im Tun dessen, was Gottes Wille gebietet, wird der Mensch Freude und Glück und damit seine eigene Freiheit erfahren. Nicht in Zweifel und Orientierungslosigkeit bleibt der Mensch gefangen, sondern er wird durch das Gesetz zu sinnvollem Tun angeleitet. Lied 494: In Gottes Namen fang ich an 287
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Jakobus 2,1–13 Auf das Stichwort „Waisen und Witwen“ (1,27) hin fährt der Verfasser mit dem Thema „Gott kennt kein Ansehen der Person“ fort. Daß die Verkündigung des Evangeliums die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen durch wohlhabende Bürger stören kann, bezeugt die Apostelgeschichte, etwa Kapitel 16,16–24. Die Bevorzugung Reicher wäre eine Verletzung des Liebesgebotes und damit ein Vergehen gegen den königlichen Willen Gottes. Hinter der einzelnen Übertretung steht immer die Auflehnung gegen Gott. In der Gehorsamsbindung an Gott findet der Mensch Freiheit (1,25), etwa von der liebedienerischen Behandlung eines reichen oder einflußreichen Menschen. Wenn der Mensch statt dessen die Barmherzigkeit des Liebesgebotes tut – etwa so wie der heilige Martin –, dann darf er auf die Barmherzigkeit Gottes in der abschließenden Sichtung des Lebens hoffen. Lied 412: So jemand spricht
Jakobus 2,14–26 Um das Zusammengehen von Wort und Tat geht es immer wieder im Jakobusbrief. So wie der glückliche Mensch nicht in sich gespalten ist, so sollen auch Tun und Reden nicht gespalten sein. Genauso wenig dürfen im Glauben Wort und Tat auseinander gerissen werden. Während Jakobus Glauben hier als ein Fürwahrhalten kennzeichnet, das auch widergöttlichen Mächten eigen ist, ist für Paulus der Glaube ein Vertrauen. Und Vertrauen hat natürlich ein entsprechendes Handeln zur Folge. Anders als Paulus (Römer 4) versteht Jakobus Abraham als Gerechten, dessen Gerechtigkeit durch Gott festgestellt wird. Paulus hingegen sieht Abraham als den Sünder, den Gott gerecht macht, so daß er Werke des Vertrauens vollbringen kann. Während bei Paulus der Glaube Werke nach sich zieht, ist er bei Jakobus ein Diener der Werke, die zur Annahme durch Gott führen. Freilich verstehen Paulus und Jakobus unter „Glaube“ nicht dasselbe. Lied 420: Brich mit dem Hungrigen dein Brot
Jakobus 3,1–12 Nicht nur Reden und Tun sollen nicht gespalten sein, auch das Reden selber nicht. Auch das gehört zu einem vollkommenen Menschen, also nicht des moralisch einwandfreien, sondern des mit sich versöhnten, nicht in sich gespaltenen Menschen. Neben der Nichtbeachtung des dritten Gebotes ist es vor allem das achte Gebot, das am häufigsten mißachtet wird. Wir kennen alle das Gerede über andere. Wir sollen es uns als versöhnte Menschen zur Regel machen, das, was wir über andere 288
Jakobusbrief
hören und sehen, zu ihren Gunsten auszulegen. Martin Luther sagt zum achten Gebot: „Wir sollen unseren Nächsten entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren“. Lied 231: Dies sind die heilgen zehn Gebot
Jakobus 3,13–18 Die Zunge kann viel Unheil anrichten, insbesondere kann sie Spaltungen und Zwistigkeiten herbeireden. Deshalb stellt Jakobus die göttliche Weisheit der irdischen, menschlichen gegenüber, den Frieden dem Streit. Spaltungen sind Produkt irdischer Weisheit, Friede Frucht göttlicher Weisheit. Auch hier ist wieder der versöhnte Mensch das Ziel des Abschnittes, der Mensch, der in Frieden und Harmonie mit sich, der Welt und Gott lebt und der den Frieden erben wird, der den Friedfertigen verheißen ist. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Jakobus 4,1–12 Die Zwiespältigkeit im Menschen hat ihre Ursache nicht in fremden Mächten, sondern im inneren Streit des unversöhnten, eben in sich gespaltenen Menschen. So ist der unversöhnte Mensch hin- und hergerissen zwischen Gott und den materiellen Gütern. Darum nennt ihn Jakobus einen Wankelmütigen, Abtrünnigen. Im radikalen Gehorsam gegen Gott wird der Mensch seinen Wankelmut ablegen können und das Heil Gottes erlangen. Lied 386: Eins ist not! Ach, Herr, dies Eine
Jakobus 4,13–5,6 Die Worte über die Kaufleute, die wie selbstverständlich ihre Pläne schmieden, die sich in Sicherheit wiegen, konfrontieren den Menschen mit der Vergänglichkeit seines Lebens und dessen, was er zusammenrafft. Man kann aus dieser Tatsache die persönliche Folgerung ziehen, das Leben genießen zu wollen, solange man lebt, wie es viele heute tun. Doch täuscht sich solche Haltung über die Wirklichkeit hinweg, daß nämlich das Leben abschließend gesichtet werden wird. Das Wort „Schlachttag“ mag den Festtag des Reichen bezeichnen, zugleich aber ist es in der Sprache der Propheten der Gerichtstag Gottes. Das Wort macht damit den Widersinn des Genußlebens der Reichen deutlich, die von dem drohenden Gericht nichts ahnen. Lied 149: Es ist gewißlich an der Zeit 289
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Jakobus 5,7–12 Die Verse 7 sowie 8 und 10 und 11 reden vom geduldigen Warten auf die Wiederkunft Jesu, wohlgemerkt von der Geduld in der Erwartung, nicht von der Geduld im Ertragen ungerechter Verhältnisse. Aus dem Rahmen fallen die Verse 9 und 12, die von der inneren Klage gegen Mitbrüder und -schwestern sowie vom Schwören reden. Letzteres ist nicht notwendig, da jedes Wort eines Christen ein deutliches und klares, nicht ein gespaltenes Wort sein soll. Ob es einen inneren Zusammenhang dieser beiden Verse zu den übrigen vier gibt, ist nicht deutlich. Lied 152: Wir warten dein, o Gottessohn
Jakobus 5,13–20 Mit dem Warten auf das Kommen Gottes ist das Gebet verbunden. In der Heilung von Krankheit wird das Kommen des Gottesreiches vorweggenommen (Lukas 11,20). Daß zur Genesung der Beitrag der Seele gehört, ist heute unbestritten. Die Ölung ist keine letzte Ölung, also Vorbereitung auf das Sterben, sie soll vielmehr gesund machen. Die Wirkung beruht entweder auf der heilenden Wirkung des Öles oder auf der exorzistischen Kraft. Daß Krankheit auch Folge von Fehlverhalten sein kann, ist deutlich ausgesprochen, ohne daß immer ein Zusammenhang von Sünde und Krankheit vorliegen muß. Regeln über den Umgang mit Irrlehrern stehen oft am Ende von Briefen (Römer 16,17–20; 2.Thessalonicher 3,14–16), denn das Auftreten von Irrlehrern gilt als Hinweis auf den bald wiederkommenden Herrn. Lied 302: Du meine Seele singe
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Judas 1–25 Judas 1–19 Der Brief hat seinen Platz im Neuen Testament als Beispiel für die Bekämpfung von Irrlehrern. Um die sachlichen Streitpunkte zu erkennen, muß man von den polemischen Einkleidungen absehen. Die Irrlehrer berufen sich auf die geistige Kraft ihrer Verkündigung, auf Visionen und besondere Offenbarungen – Judas nennt sie deshalb Träumer. Wahrscheinlich handelt es sich um Leute, die Jesus eher als geistlichen Lehrer denn als Erlöser verstehen, die die innere Selbst-erkenntnis höher schätzen als die Vergebung der Schuld durch Jesus. Ihnen droht das endgültige Gericht wie den gefallenen Engeln.
Judas 20–25 Das Auftreten der Irrlehrer gilt als Charakteristik der zuende gehenden Welt. Judas empfiehlt einen unterschiedlichen Umgang mit Menschen, die der Falschlehre zuneigen. Mit denen, die im Zweifel sind, soll man reden, anderer hingegen soll man sich erbarmen und sie zurückzugewinnen suchen, schließlich gibt es andere, für die man beten kann; man soll freilich keine Gemeinschaft mit ihnen haben. Mt.18,15–17 empfiehlt einen ähnlichen Dreischritt. Statt mit Grüßen endet der Brief mit einem Lobpreis Gottes, ähnlich Römer 16,27. Lied 295: Wohl denen, die da wandeln
291
Offenbarung Offenbarung 1,1–8 Man kann die Verse 1 bis 3 als Buchdeckel betrachten. Auf ihm finden wir den Titel „Offenbarung von Jesus Christus“ und den Autor, Johannes. Er ist ein Prophet wie der Beiname Knecht (siehe Amos 3,7) zeigt. Vers 3 ist die Einladung zum Lesen. Die Verse 4 bis 5a sind als einmalige Briefeinleitung für die Briefe in Kapitel 2 bis 3 gedacht. Wir finden darin den Absender, den Empfänger und den Friedensgruß, von Vater, Geist und Sohn. Die Verse 5b bis 6 sind ein Lobpreis, wie er sich oft am Briefende findet. Mit dem Bekenntnis zu Christus als dem kommenden Richter über die Welt und zur ewigen Herrschaft Gottes schließt der erste Teil der Einleitung ab. Lied 199: Gott hat das erste Wort
Offenbarung 1,9–20 Im zweiten Teil der Einleitung erzählt der Autor von seinem Auftrag, Sendschreiben (Kapitel 2–3) an sieben Gemeinden in Kleinasien zu schreiben. Daß es gerade sieben sind, soll wohl deutlich machen, daß die Briefe für alle Christengemeinden Gültigkeit beanspruchen. Es können verschiedene Gründe sein, die den Autor nach Patmos geführt haben. Nehmen wir an, er sei wegen der Verfolgungen durch die Römer (Trübsal) dorthin ausgewichen. Vom Geist ergriffen sieht er den himmlischen Christus, der mit Bildern aus Daniel 7 beschrieben wird. Die Verse 9 bis 20 haben insgesamt die Aufgabe, die Autorität des Propheten herauszustellen. Lied 281: Erhebet er sich, unser Gott
Offenbarung 2,1–7 Bevor das Werk mit der Eingangsszene von Kapitel 4 bis 5 beginnt, sollen die Briefe den Gemeinden einen Spiegel ihrer Vorzüge und Leistungen, ihrer Versäumnisse und Fehler vorhalten. Die Briefe sind gleichmäßig aufgebaut: Schreibauftrag (hier v1a), Selbstvorstellung Christi (hier 292
Offenbarung
v1b), Lob (hier v2–3 und 6) und Tadel (hier v4), Ermahnung (hier v5), Weckruf (hier v7a) und Überwinderspruch (hier v7b). Johannes lobt die Gemeinde, weil sie den Irrlehrern, den falschen Aposteln des Nikolaus, kein Gehör geschenkt hat. Er tadelt sie, weil die gottesdienstliche Begeisterung, die erste Liebe, nachgelassen hat. So steht die Gemeinde zwar in der rechten Lehre, aber es fehlt ihr das Feuer. Lied 255: O daß doch bald dein Feuer brennte
Offenbarung 2,8–11 Die Gemeinde erhält viel Lob. Sie muß Verfolgungen ertragen, die offensichtlich durch die altgläubige jüdische Synagoge verursacht sind. Es ist möglich, daß beide Gruppen den Anspruch erhoben, den wahren jüdischen Glauben zu vertreten. Die altgläubige Synagoge könnte die Christusanhänger bei den römischen Behörden denunziert haben, so daß diesen das Privileg entzogen wurde, vom Opfer für den Kaiser befreit zu sein. So kam es dann zu Verhaftungen. Daß konkurrierende religiöse Gruppen den Staat zu Hilfe riefen, um sich des Gegners zu entledigen, geschah oft in der Religionsgeschichte. Lied 171: Bewahre uns Gott
Offenbarung 2,12–17 In der Stadt des prächtigen Kaiserkult-Tempels, dem Thron Satans, ist Antipas im Zuge der Verfolgungen zum Märtyrer geworden. Insofern ist die Gemeinde standhaft geblieben. Sie folgte jedoch der Ansicht, daß man auch Fleisch essen dürfe, das in den Tempeln geopfert wurde. Auch Paulus hatte das für möglich gehalten (1. Korinther 8,10). Der Seher lehnt es ab. Gerade in Fragen des christlichen Verhaltens wird es immer verschiedene Auffassungen geben. Man muß deshalb vorsichtig sein, wenn man einem Menschen seine Christlichkeit aufgrund des Verhaltens absprechen will. Lied 172: Sende dein Licht
Offenbarung 2,18–29 Der Seher lobt zwar den Fortschritt der Gemeinde im Glauben, in der Liebe und der Geduld, aber er kritisiert ihren Genuß von Opferfleisch. Das ist für ihn Götzendienst. Die Gemeinde scheint in dieser Frage gespalten. Ein kleiner Teil lehnt den Genuß solchen 293
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Fleisches ab. Was mit den „Tiefen des Satans“ gemeint ist, ist nicht klar. Möglich, daß die andere Gruppe meint, sie durchschaue den Satan; darum könne sie das geopferte Fleisch ohne Bedenken essen. Angesichts der Macht Jesu sei Satan ein Nichts. Der Seher will ein Bekenntnis zu Gott dokumentieren, die anderen wollen ihre christliche Freiheit demonstrieren. Lied 650: Liebe ist nicht nur ein Wort
Offenbarung 3,1–6 Die Gemeinde zu Sardes wird mit Tadel belegt. Ihr geistliches Leben ist tot. Sie hat offensichtlich der Staatsmacht oder den Irrlehrern nachgegeben – ausgenommen ein kleiner Teil. Mit dem Bild der weißen Kleider spielt der Seher auf die Bewahrung der Taufe an. Nur die Getauften, die standhaft bleiben, werden in Gottes Ewigkeit gelangen Lied 620: Christ ist der Weg
Offenbarung 3,7–13 Die Gemeinde von Philadelphia ist gespalten. Es geht darum, wer das wahre Judentum vertritt. Der größere Teil meint, man müsse sich deutlicher an jüdischen Verhaltensweisen und Normen ausrichten, schon wegen des staatlichen Mißtrauens, man könnte das jüdische Privileg mißbrauchen; der kleinere Teil meint, man müsse stärker die Bedeutung Jesu für Glaube und Leben (einschließlich der Bereitschaft zur Lebenshingabe) der Christen herausstellen. Lied 253: Ich glaube, daß die Heiligen
Offenbarung 3,14–22 Die Gemeinde ist lau. Sie täuscht sich über ihren wahren Zustand. Sie mag zwar eine beeindruckende Menge von Aktivitäten aufweisen, aber das geistliche Fundament ist dürftig. Der regelmäßige Gang zum Abendmahl gehört zu allen Zeiten zum geistlichen Leben. Zwar ist in den vergangenen vier Jahrzehnten der Abendmahlsbesuch in unseren Kirchen gestiegen, es ist aber fraglich, ob die Zahl der Teilnehmer sich entsprechend erhöht hat. Es könnte auch so sein, daß man häufiger geht. Lied 241: Wach auf, du Geist der ersten Zeugen 294
Offenbarung
Offenbarung 4,1–11 Nach den Einleitungen beginnt nun der Hauptteil mit dem Eingangsgemälde. Der Seher wird in den göttlichen Thronsaal versetzt. Dieser wird mit Bildern aus der Thronvision von Hesekiel 1 beschrieben. Die 24 Ältesten können die Vollzahl der zweimal zwölf Zeugen (etwa 2mal 12 Apostel oder zwölf Patriarchen und zwölf Apostel) darstellen. Sie repräsentieren jedenfalls die Gottesgemeinde. Der antike Leser erkennt sofort die Ähnlichkeit mit dem römischen Senat, der herrschenden politischen Macht. Die vier himmlischen Gestalten stellen die vier Elemente dar: Löwe gleich Feuer, Stier gleich Erde, Skorpion gleich Wasser, Adler gleich Luft. Zugleich sind sie Repräsentanten der Schicksalsmächte im astrologischen Denken. Die Deutung auf die vier Evangelisten kommt erst gegen Ende des zweiten Jahrhunderts auf. Alle Wesen beten Gott an. Die Vision will somit sagen, daß alle Mächte in der Welt Gott unterworfen sind. Lied 165: Gott ist gegenwärtig
Offenbarung 5,1–5 Die Mächte der Welt beten Gott an. Der Seher leidet jedoch daran, daß auf der Erde noch Leid und Verfolgung herrschen. Wann wird es ein Ende geben, wann alle Menschen in den himmlischen Gottesdienst einstimmen? Das versiegelte Buch enthält die Darstellung dessen, was geschehen soll. Wenn es nicht geöffnet wird, kommt die Zukunft Gottes nicht. Denn Gottes Wille muß erst verkündet werden, bevor er vollzogen wird. Darum weint der Seher, als niemand da ist, der die Siegel bricht. Lied 596: Harre meine Seele
Offenbarung 5,6–14 Nur Christus, das Lamm, kann in seiner Macht (Horn) die Siegel öffnen und so das Kommen des Reiches Gottes in Gang setzen, so daß alles Leid zu seinem Ende kommen wird. Und dann wird Gott nicht nur von der Kreatur, sondern auch von der Menschenwelt angebetet werden. In aller Trübsal, so sollen die Leser wissen, behält Gott die Zügel des Geschehens in der Hand. Mit dieser Perspektive sollen sie auch das Weitere lesen. Die Offenbarung will nicht Angst machen, sondern für die Christen ein Trostbuch in der Trübsal sein. Lied 590: Jesus Christus, König und Herr
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Offenbarung 6,1–8 Das Übel, unter dem die Menschen am meisten leiden, ist der Krieg. Die ersten vier Siegel stellen die Folgen eines verlorenen Krieges dar. Das weiße Pferd steht für die feindliche Siegermacht, das rote für den nachfolgenden Bürgerkrieg, in dem viel Blut vergossen wird, das schwarze für Teuerung und Hungersnot, das fahle Pferd für Tod durch Pest und Epidemien nach der Niederlage. Diese Erfahrungen kennen wir aus dem Deutschland nach 1945 in ähnlicher Weise. Lied 421: Verleih uns Frieden ewiglich
Offenbarung 6,9–17 Mit den Seelen am Altar, dem Ort des Lebens, sind wohl die Propheten und alttestamentlichen Gerechten gemeint, von Abel bis Zacharias. Sie haben nach damaliger Anschauung durchweg gelitten. Sie haben in ihrer Art Christus bezeugt und erhalten das weiße Kleid der Taufe. Sie bitten Gott um ein Ende der Gewalt, so wie wir es in unseren Gottesdiensten tun. Nicht nur durch menschliche Gewalt finden Menschen den Tod, auch durch die Natur, wenn sie alle Ordnung verläßt. Dann nutzt auch den Königen und Großen ihre Macht und ihr Reichtum nichts. Dann ist alle vermeintliche Sicherheit dahin und man fragt sich: „Was hat überhaupt Bestand?“ Lied 576: Kind, du bist uns anvertraut
Offenbarung 7,1–8 Nach dem 6. Siegel müßte nun mit dem 7. Siegel die Schilderung von Auferstehung und Gericht folgen. Doch die Ereignisse werden angehalten. Erst soll noch die Frage geklärt werden, wer denn nun in all der Vernichtung das Leben sehen wird. Ein erster Teil sind die Versiegelten Israels. 144000 ist die Vollzahl von zwölf mal zwölf Stämmen (mal 1000). Ob mit dem Siegel die Taufe gemeint ist oder das Siegel des Hohenpriesters (Heilig dem Herrn), geht aus dem Abschnitt nicht hervor. Jedenfalls ist es für den Seher selbstverständlich, daß nicht nur Christen, sondern auch Juden zum Volk Gottes gehören. Lied 150: Jerusalem, du hochgebaute Stadt
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Offenbarung
Offenbarung 7,9–17 Zu denen, die das Leben sehen werden, gehört natürlich auch eine unabsehbare Schar von Menschen aus der Heidenwelt. Gemeint sind hier wohl nicht nur Märtyrer, sondern die Getauften. Es handelt sich ja um eine ungeheure Menge. Ihre Kleider sind ja auch nicht rot oder blutverschmiert, sondern hell, so wie man in der Taufe ein weißes Kleid erhält. Getauft wurden sie zur Vergebung der Sünden, die durch das Blut Jesu hinweg genommen werden. Der Seher sieht, wie sie an dem himmlischen Gottesdienst teilnehmen, den er in Kapitel 4 und 5 geschildert hatte. Aus dem Gericht der Sichtung durch Gott sind sie als Überwinder hervorgegangen. In den letzten Versen dieses Abschnitts läßt der Seher das Ende seines Buches mit den Begriffen „Thron, Hunger, Durst, Wasser und Tränen“ anklingen. So schlägt er in unserem Abschnitt einen großen Bogen von der Eingangsvision des himmlischen Gottesdienstes hin zum Leben in Gottes ewiger Gegenwart. Lied 148: Herzlich tut mich erfreuen
Offenbarung 8,1–5 Mit dem 7. Siegel müßte es nun zur Erscheinung Gottes kommen. Darauf weist auch die Stille hin, die das Nahen Gottes nach 1.Könige 19,12–13 einleitet. Aber wieder unterbricht der Seher seine Schilderung. Er schiebt die Vision der 7 Posaunen ein, in denen von den Naturkatastrophen beim Kommen Gottes erzählt wird. Die Christen bitten dabei um Bewahrung und Abkürzung der Notzeit, die die Menschen trifft. Mit dem Ausgießen des Räuchergefässes leitet der Engel das Kommen Gottes im Feuer ein. Donner, Blitze, Stimmen und Erdbeben sind die Begleitumstände für das Kommen Gottes, wie von der Erscheinung am Sinai bekannt. Bei allen Naturkatastrophen sollen Menschen wissen, daß in all dem furchtbaren Geschehen Gott nicht abwesend ist. Lied 152: Wir warten dein, o Gottes Sohn
Offenbarung 8,6–13 Die ersten vier Plagen treffen das feste Land, das Salzwasser, das Süßwasser und die Himmelskörper. Jeweils ein Drittel der betroffenen Schöpfung verdirbt, wohlgemerkt der Schöpfung, die von Gott als sehr gut angesehen wurde (1.Mose 1,31). Die Darstellung will bewußt an die ägyptischen Plagen und an den Untergang von Sodom und Gomorra erinnern und damit sagen: Mit seinem Widerstand gegen Gott und seinen Willen reißt der Mensch auch die Schöpfung mit 297
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
ins Verderben – eine Vision, die heute durch die Forschung vielfach belegt wird. Zur Einleitung der nächsten drei Posaunenvisionen tritt nun der Geier auf. Adler und Geier werden in vielen Kulturen nicht unterschieden (siehe Lukas 17, 37). Der Geier ruft sein Wehe, denn nun wird es die Menschenwelt treffen. Lied 653: Die Erde, die du schufst, war gut
Offenbarung 9,1–12 Nun werden die Menschen gequält, die Natur wird ausdrücklich ausgenommen. Die Darstellung lehnt sich an die Heuschreckenvisionen des Joel (1 und 2) an. In Joel 2 ist der Heuschreckensturm zugleich ein Bild für das Kommen Gottes zum Gericht. Das Volk wird daraufhin zur Umkehr und zu einem Bußfasten aufgerufen. In der Vision des Sehers jedoch ändern die Menschen ihren Sinn nicht. Das ist vielfache Erfahrung. Auch angesichts oder nach Katastrophen leben die Menschen so weiter wie bisher. Lied 234: So wahr ich lebe, spricht dein Gott
Offenbarung 9,13–21 Nun ist es das Feuer zusammen mit Rauch und Schwefel, das ein Drittel der Menschen vernichtet. Mit dem Feuer des göttlichen Zornes fallen dämonische Reiterheere über die Menschen her. Mit der Angst vor außerirdischen Mächten, die über die Erde herfallen, beschäftigen sich viele Fantasiefilme. Der Seher will mit seiner Vision deutlich machen: Auch Katastrophen und Notzeiten kommen nicht über die Menschen, ohne daß Gott dies anordnet oder zuläßt. Den Schwerpunkt seiner Vision sieht der Seher aber in der Unbußfertigkeit der Menschen. Trotz aller Erfahrungen der Ohnmacht laufen sie immer noch hinter den selbstgemachten Idolen her, die ihnen Stärke und Kraft versprechen, anstatt dem Herrn zu folgen, der ihre Ohnmacht mit ihnen teilt. Lied 281: Erhebet er sich, unser Gott
Offenbarung 10,1–11 Damit die Menschen die Katastrophen und Notsituationen als Ruf zur Umkehr zu Gott erkennen, bedarf es der Propheten. Der endzeitliche Prophet freilich predigt nicht nur die Buße der Umkehr, sondern setzt auch mit seinen Worten die endzeitlichen Ereignisse in Gang, denn nichts kann geschehen, wenn es denn nicht vorher durch Propheten angekündigt wurde (Amos 3,7). Darum sind 298
Offenbarung
die Kapitel 10 und 11 den beiden endzeitlichen Propheten gewidmet. Eigentlich müßte der Seher auf das Brüllen mit Löwenstimme nach Amos 3,8 anfangen zu prophezeien. Doch es wird ihm untersagt. Es ist ein Geheimnis (v7). Paulus spricht davon: Bei der letzten Posaune, der siebten also, werden die Lebenden in einem Augenblick verwandelt (1.Korinther 15,51–52). Dies ist eine gute Nachricht für die Christusgläubigen, die unter den Anfeindungen der Umwelt leiden. Für die, die nicht zu den Christusanhängern gehören, bleibt hingegen lediglich der Hinweis auf das bevorstehende Gerichtshandeln Gottes. Denn ohne Buße und Umkehr gibt es keine Gemeinschaft mit Gott. Lied 230: Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze
Offenbarung 11,1–2 Der Zusammenhang des Abschnitts mit dem vorausgehenden Kapitel und den nachfolgenden Versen läßt sich kaum erkennen. Die prophetische Handlung, in der das Innere des Jerusalemer Tempels ausgemessen wird, soll auf die Belagerung und Eroberung Jerusalems und seines Tempels hinweisen. Doch werde der innerste Teil und die dort versammelte Gemeinde bewahrt bleiben. Im Jahr 70 ist es anders gekommen: Der Tempel wurde gänzlich zerstört. Die Verteidiger verbrannten, wurden getötet oder versklavt. Lied 585: Kommt her, ihr Christen, voller Freud
Offenbarung 11,3–14 Wie in Kapitel 10 geht es im Anschluß an 9,21 um die letzte Möglichkeit zur Buße. Die beiden Zeugen sind vom Geist Gottes inspirierte Männer, wie die Anspielung auf Sacharja 4,2–3 in Vers 4 zeigt. Vielleicht ist an Mose und Elia gedacht (v6), vielleicht auch an Petrus und Paulus (v7–8). Es ist möglich, daß in diesen Bildern die Kennzeichen verschiedener Gotteszeugen zusammengefaßt sind. Die beiden Zeugen sind Bußprediger (Trauerkleider v3) und Zeugen im Gericht Gottes (Auferstehung am jüngsten Tag v11–13). Wegen ihrer Zeugentätigkeit müssen es zwei sein, wie das Gesetz es vorschreibt. Ob die Stadt Jerusalem (=Sodom Jeremia 23,14) oder Rom sein soll, darüber mag man streiten. Jerusalem ist die Stadt, in der Jesus gekreuzigt wurde und in der nach damaliger Anschauung alle Propheten umgebracht wurden (Matthäus 23,33). Sodom und Ägypten stehen für Götzendienst (diesen beschreibt die Offenbarung stets mit Unzucht) und Zauberei (siehe 9,21). Auch im Bild der Stadt dürften wohl die Kennzeichen aller gottvergessenen Städte zusammengefaßt sein (siehe auch Kapitel 17–18). In unserer Zeit erleben wir, wie große Städte Horte der Gottlosigkeit geworden sind. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt 299
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Offenbarung 11,15–19 Die siebte Posaune müßte nun wieder (siehe 8,1) Auferstehung und Gericht zum Inhalt haben. Die Auferstehung hat ja mit der Himmelfahrt der beiden Zeugen bereits begonnen. Auch die Auferstehung der Lade (v19) gehört an den Anfang der allgemeinen Auferstehung der Toten. Der Lobpreis Gottes und seines Christus als Herren der Welt in Ewigkeit spielen auf das Gericht an, in dem die gottwidrigen Mächte vernichtet werden. Doch werden diese Geschehnisse nicht dargestellt, sondern „nur“ im himmlischen Lobpreis besungen. Freilich, was im Himmel festgestellt wird, das kann auf Erden nicht ausbleiben. So ist auch die Bitte des Vaterunsers gemeint: Dein Wille geschehe auf Erden, so wie er im Himmel geschieht. Zwar öffnet sich der Tempel für das Erscheinen Gottes (v19), doch zunächst richtet der Seher wieder den Blick auf die Geschichte. In Kapitel 12 erzählt er von der Verfolgung der urchristlichen Gemeinde in Jerusalem, die in die Wüste geflohen ist, und in Kapitel 13 von der Verfolgung der Christen durch den römischen Staat. Lied 179: Allein Gott in der Höh sei Ehr
Offenbarung 12,1–6 Die Bilder spielen am Himmel, sie stellen ein zeitloses Geschehen dar. Doch was im Himmel geschieht, das hat Auswirkung auf die irdische Geschichte. Man könnte meinen, die Frau am Himmel sei Maria. Wahrscheinlich aber ist die Gottesgemeinde gemeint, aus der der Messias hervorgeht. Am Nachthimmel steht der Mond zu Füßen des Sternbildes der Jungfrau, wenn die Sonne in dieses Zeichen eintritt. Der Satan verfolgt die Gottesgemeinde und ihren Erlöser, der freilich bei Gott für seine Aufgabe bewahrt wird, die Völker mit eisernem Stabe zu weiden, wie Psalm 2,9 sagt. Die Gottesgemeinde wird den Nachstellungen des Satans entzogen und auf die Erde versetzt, wo sie wie Elia (1.Könige 17,1–7) von Gott am Leben erhalten wird. Die Jerusalemer Urgemeinde hat in den Wirren und Bedrückungen der Zeit des jüdischen Aufstandes die Stadt verlassen und ist nach Pella im Ostjordanland geflohen. Lied 396: Jesu, meine Freude
Offenbarung 12,7–12 Die Gemeinde versucht zu verstehen, wieso sie so sehr unter Verfolgungen zu leiden hat. Alles, was sich dem Willen Gottes widersetzt, hat in seiner Gegenwart, im Himmel, nichts zu suchen. Auf der Erde freilich, so die Beobachtung, ist der Widerspruch gegen Gott sehr groß; auch wenn die Christen unter der Macht des Satans, des Drachen, der Schlange leiden, so ist doch der Sturz 300
Offenbarung
des Satans aus dem Himmel Grund zur Freude, denn damit ist das Ende für alle Kräfte, die sich Gott widersetzen, eingeleitet. So kann die Gemeinde in den himmlischen Lobpreis über den Sieg Gottes einstimmen. Der Tod der Blutzeugen wird so zum Zeichen für den endgültigen Sieg Gottes über allen Widerspruch gegen ihn. Lied 372; Ein feste Burg
Offenbarung 12,13–18 Der Seher setzt die Erzählung und Deutung der Geschichte der Gemeinde Gottes fort, wie er sie in Vers 6 begonnen hatte. Angesichts der Verfolgung in Jerusalem (Tod des Stephanus und des Jakobus), verstanden als Werk des Satans, entschließt sich die Gemeinde zur Flucht nach Pella im Ostjordanland. Sie beschreibt ihre Flucht mit Bildern aus der Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten, da das Wasser des Schilfmeeres vor ihnen wich, so daß sie trockenen Fußes in das Land ihrer Rettung gelangten. Der Satan freilich läßt von seiner Wut nicht ab und richtet sich nun gegen alle im weiten römischen Reich, die sich zu Jesus halten. Wie dies geschieht, erzählt das folgende Kapitel. Lied 302: Du meine Seele, singe
Offenbarung 13,1–10 Das Tier ist nicht die römische Weltmacht, aber repräsentiert sie. Sie hat vom Satan ihre Macht erhalten. In der Beschreibung nimmt der Seher die Bilder von Daniel 7 auf. Die zehn Kronen meinen zehn römische Kaiser. Der Seher sieht in ihrer Verehrung als Gott eine Gotteslästerung. Die Weltmachtstellung ist trotz des gewaltsamen Endes mehrerer Kaiser – der Seher denkt hier wohl an Domitian – nicht gefährdet. Während die Einwohner des Reiches dem Kaiser in den Opferzeremonien ihre Treue versichern, halten die Christen sich von Opfern fern. Deshalb werden sie verfolgt. Vers 10 meint wohl, daß auch die Verfolger ihrem Schicksal nicht werden entrinnen können. Die Christen können darauf mit Geduld warten. Das Problem, vor das uns dieses Kapitel stellt, ist deutlich: Wie weit geht die Treue zum Staat, wo ist das christliche Bekenntnis berührt? Meines Erachtens hätte der Eid auf den Führer seinerzeit für Christen keine verpflichtende Gültigkeit gehabt. Lied 372: Jesus hilf siegen
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Offenbarung 13,11–18 Wie Gott seine Propheten hat (Kapitel 10), so haben der Satan und die römische Weltmacht ihre Propagandisten. Das zweite Tier ahmt den Christus nach, tut Wunder und Zeichen wie etwa der Prophet Elia, der Feuer vom Himmel fallen läßt (1.Könige 18,38). Die römischen Behörden verlangten die Anbetung des Kaisers durch ein Opfer vor dem Kaiserbild. Darüber wurde eine Bescheinigung ausgestellt. Am öffentlichen Leben konnte man nur mit dieser Bescheinigung teilnehmen. Wie man in der Taufe mit der Bekreuzigung das Mal des Christseins erhält, so erhielten diejenigen, die geopfert hatten, ihr Zeichen an Hand oder Stirn. Christen, die das Opfer verweigerten, wurden mit dem Tod bedroht, so wie Daniel (3,4–27). Der Name des Tieres soll durch Gematrie ermittelt werden, wie die Einleitung: „Hier ist Weisheit“ andeutet. In der Gematrie werden die Buchstaben des Namens bestimmten Zahlen zugeordnet, diese dann zusammengezählt. 666 kann man mit fast allen Namen der römischen Kaiser auflösen, je nachdem, welche Form des Namens oder welche Sprache Gültigkeit haben soll. Lied 406: Bei dir, Jesu, will ich bleiben
Offenbarung 14,1–5 Den Menschen, die das Zeichen des Tieres tragen, werden die Menschen entgegengestellt, die das Zeichen Gottes tragen, gemeint ist die Bezeichnung mit dem Kreuz bei der Taufe. Das Lamm, der Messias, steht auf dem Zion inmitten des Gottesvolkes zum Endkampf bereit. Die Erlösten singen das Lob Gottes. Nur sie können es tun, weil sie den Geist Gottes haben (Joel 2,27–3,5). Zu ihren Kennzeichen gehören die Nachfolge Christi, die Gewißheit der Erlösung, die Beachtung der Gebote, etwa des Verbotes der Unzucht und der Lüge. Lied 80.2: Gott in der Höh
Offenbarung 14,6–13 Das ewige Evangelium ist die Auferstehungsbotschaft für alle Völker. Mit der Auferstehung setzt das Gericht Gottes ein. Es steht darum allen Menschen gut an, Gott zu fürchten, ihn zu ehren, also seine Souveränität zu bekennen, und ihn anzubeten. Die Herrschaft des widergöttlichen Babylon (=Rom) mit seiner Abgötterei (Unzucht) gilt als überwunden. Wer dennoch das Bild des Kaisers anbetet, wird den Zorn Gottes zu spüren bekommen, so wie die Städte Sodom und Gomorra, über die Gott Schwefel und Feuer regnen ließ. Das Ziel des 302
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Lebens ist das Eingehen in die ewige Ruhe Gottes (Hebräer 4,9–10). Diejenigen, die dieses Ziel verfehlen, gehen darum in die ewige Ruhelosigkeit. In ihrer erwartungsvollen Geduld haben die Christen keine Angst vor dem Gericht, denn sie können sich auf ihre Ruhe in Gottes Gegenwart freuen. Lied 113: O Tod, wo ist dein Stachel nun
Offenbarung 14,14–20 In diesem Bild wird das Gericht mit dem Bild der Ernte (siehe Joel 4,13) von Weizen und Wein beschrieben. Wein und Weizen sind Grundnahrungsmittel, eine Anspielung auf das Abendmahl ist wohl nicht beabsichtigt. Die Kelter dient häufig als Bild für das Gericht (z. B. Jesaja 63,3). Das Blut wird vor der Stadt Gottes mit dem Zionsberg vergossen. Auch wenn das Blutvergießen noch so furchtbar ist, so soll doch zugleich deutlich werden, daß die Glieder des Gottesvolkes ihrer Erlösung gewiß sein können. Lied 152: Wir warten dein, o Gottessohn
Offenbarung 15,1–4 In den Sieben-Schalen-Visionen bedenkt der Seher noch einmal das Strafhandeln Gottes, in dem sich das Gericht Gottes vollendet. Die Einleitung dazu ist das Lied der Huldigung Gottes durch die Märtyrer und Bekenner, die standhaft geblieben sind. Die Sänger stehen auf dem Himmelsozean, den sie gerade durchzogen haben, so wie seinerzeit Moses das Schilfmeer. Dadurch haben sie nach christlichem Verständnis den Tod überwunden und zur Freiheit gefunden. Sie preisen den Schöpfer und Richter. Denn im Gericht fordert Gott nichts anderes als sein Recht an der Schöpfung ein. Lied 107: Wir danken dir
Offenbarung 15,5–8 Nun erscheinen die Strafengel mit den Plagen. Mit der Übergabe der Schalen fordert eines der vier Wesen um den Thron Gottes (4,6–7) die Engel zu ihrer Strafaktion auf. Durch den Rauch im Tempel wird Gott unnahbar. Bis zur Vollendung des Gerichts gibt es für die Menschen keine Möglichkeit mehr, ihn umzustimmen. Lied 392: Gott rufet noch 303
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Offenbarung 16,1–7 Die erste Plage lehnt sich an die 6.ägyptische Plage der Blattern an (2.Mose 9,8–11). Die böse Drüse ist die Reaktion der Haut auf das Zeichen des Tieres an Stirn oder Hand (13,16). Die zweite Plage nimmt die erste ägyptische Plage auf (2.Mose 7,17–21), jedoch ist hier das Meer betroffen. In der dritten Plage wird die Verunreinigung des Meeres auf das Süßwasser ausgedehnt (Psalm 78,44). Blut zu trinken war den Juden ein Greuel. Nun können die, die das Blut der Christen vergossen hatten, nicht anders als selber Blut trinken. Der Seher empfindet das Vorgehen Gottes deshalb als gerecht, weil die Plage dem Vorgehen der Bedrücker entspricht, so wie es das alte jüdische Recht vorsieht. Lied 289: Nun lob, mein Seel’, den Herren
Offenbarung 16,8–16 Die 4.Schale mit der Feuerqual verbindet der Seher mit der Verstocktheit der Menschen. Er will damit nicht sagen, daß jetzt noch Zeit zur Buße sei, vielmehr, daß den Menschen die Bereitschaft zur Buße überhaupt fehle. Sie sind zur Buße schlichtweg unfähig. Die Sonnenfinsternis orientiert sich an der 9. ägyptischen Plage (2.Mose 1,21). Die Menschen sollten mit ihrem Mund Gott ehren, aber lieber zerbeißen sie sich die Zunge. Wie die Christen nicht dem Herrn in Rom mit dem Thron des Tieres die Ehre geben, so nicht die Untertanen des Tieres dem Herrn der Welt. Das Austrocknen des Flusses für die Könige des Ostens bereitet den Kampf gegen Rom vor. Nach alter Volksüberlieferung sollten die Könige des Ostens kommen, um das römische Reich zu vernichten. Danach, so die Tradition, versammeln sie sich zum Endkampf gegen Gott und sein Volk am Ort Harmagedon. Zusammengerufen werden sie von den Geistern der unheiligen Dreiheit von Drache, Tier und Lügenprophet. Die Geister werden in Anlehnung an die 2. ägyptische Plage als Frösche dargestellt, die mit Zeichen und Worten Lügenpropaganda verbreiten. Der eingefügte Vers 15 soll die Christen in ihrer Wachsamkeit gegen diese Verführungen bestärken. Auch die heutige Gesellschaft nennt so mancherlei Dinge recht, die den Geboten widersprechen. Lied 387: Mache dich, mein Geist, bereit
Offenbarung 16,17–21 Der Abschnitt beginnt mit den Vorgängen, die beim Erscheinen Gottes oder bei der Auferstehung auftreten: Blitz, Donner, Erdbeben, wie am Sinai. Als Folge stürzen die Städte zusammen; Jerusalem zerreißt in drei Teile. Zur Auferstehung Jesu gehört das Erdbeben (Matthäus 28,2). Die siebte Schale führt also wieder bis zur Auferstehung. Besonders Babylon, Rom, bekommt 304
Offenbarung
den Zorn Gottes zu spüren. Die ins Unermeßliche gesteigerte Hagelplage (siehe 2.Mose 9,23) soll nur herausstellen, wie groß die Unbußfertigkeit der Menschen ist. Lied 378: Es mag sein, daß alles fällt
Offenbarung 17,1–6 Statt der Auferstehung stellt der Seher nun das Gericht über das widergöttliche Babylon (=Rom) dar. Die Stadt in der Wüste mit den vielen Wassern ist Babylon, die sieben Häupter und zehn Hörner deuten freilich auf Rom. Ganz bewußt ist der Name Babylon als Deckname für Rom gewählt worden. Mit Unzucht ist zunächst einmal immer Götzendienst gemeint, zu dem das Weib verführt; gemeint ist die Dea Romana, die Göttin Rom. Scharlach ist die Farbe der Sünde (Jesaja 1,18), aber auch der Dirnen. Das Reiten auf dem Tier entspricht vorderasiatischen Gottesdarstellungen, etwa des Baal. Der Purpur soll wohl auf die Farbe der Toga des römischen Kaisers hinweisen. Der Name auf der Stirn könnte „Herr und Gott“ sein, so wie sich Kaiser Domitian nennen ließ. Der Greuel der Erde ist nach Daniel 12,11 der Götzendienst. Wie Jerusalem seine Propheten verfolgt, so das römische Reich die Heiligen und Jesuszeugen. Lied 5: Gottes Sohn ist kommen
Offenbarung 17,7–8 Das Tier ist der Antichrist, der in Kapitel 13 auftrat, verschwunden ist und am Ende der Zeiten wiederkehren wird. Möglich, dass hier an die Erwartung der Wiederkehr des Tyrannen (Nero) gedacht ist. Das Tier ist das Gegenstück zum Messias Jesus, der da ist und war und der da kommt (1,8), aber nicht aus dem Abgrund, sondern von oben. Das Wort setzt den Drachensturz (12,7– 9) aus dem Himmel voraus: Das Tier war im Himmel, ist nicht im Himmel und wird aus dem Abgrund auffahren. So repräsentiert das Tier den Widersacher Gottes, der in geschichtlichen Personen und Ereignissen Gestalt gewinnt, für den Seher der Offenbarung natürlich im römischen Reich und seinem Kaiser. Lied 372: Ein feste Burg
Offenbarung 17,9–18 Die große Stadt ist natürlich Rom mit seinen sieben Hügeln und den vielen Völkern und Sprachen in ihr. Das Rätsel um den Kaiser läßt sich mit Kaiser Nerva, der Domitian nachfolg305
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
te, auflösen. Er hat in seiner zweijährigen Regierungszeit die Christen nicht verfolgt. Darum ist das Tier jetzt nicht. Nerva ist der sechste König, jedoch ist der Nachfolger Trajan bereits bekannt. Doch die Erwartung des Sehers gibt dem Nachfolger nur eine kurze Zeit, da der Seher mit dem baldigen Ansturm der Könige des Ostens rechnet, die nach apokalyptischer Auffassung bis nach Rom, der Stadt an den Wassern vordringen und das römische Reich zerstören werden. Sie sind Werkzeuge der Endzeitgerichte Gottes, auch wenn sie selber dem Satan dienen. Sie werden sich freilich auch gegen das Volk Gottes wenden und darum wird der Messias, das Lamm, eingreifen und seinem Volk den Sieg bescheren, den Berufenen, Erwählten und Treuen. Lied 375: Daß Jesus siegt
Offenbarung 18,1–8 Wie von einem Engel die Vernichtung Roms durch die Könige des Ostens angekündigt wurde, so verkündet nun ein anderer Engel aus Gottes unmittelbarer Umgebung den Fall Babylons, der Stadt des Reichtums, der Selbstüberhebung und der Gottesverachtung mit Bildern aus 1. und 2.Mose (Sodom, Ägypten); die Christen sollen sich von der Art des Lebens in solchen Gesellschaften distanzieren. Vielleicht ist auch an die Jerusalemer Urgemeinde und ihren Auszug aus Jerusalem gedacht. Der Kelch ist sowohl Symbol für üppiges Leben wie für das Gericht Gottes, das wohl von den Strafengeln Gottes vollzogen werden soll. Gott weist immer wieder menschliche Selbstüberheblichkeit in die Schranken. Lied 390: Erneure mich, o ewigs Licht
Offenbarung 18,9–20 Mit Babylon sind hier die großen Städte der Welt gemeint, die sich heute in Zeiten der Globalisierung alle gleichen. Die Könige sind die Käufer, die Händler verkaufen Waren aus der ganzen Welt; heute sind es immer die gleichen Filialen der weltweiten Ketten; am Ende der Reihe werden die Spediteure genannt, nämlich Kapitän, Maat, Matrose und Galeerenruderer. Auch wenn sie alle nicht direkt von der Strafe Babylons betroffen sind, so klagen sie doch mit ihrem Wehe, denn sie werden die Quelle ihres Luxuslebens, ihres Reichtums und ihrer Arbeitsmöglichkeiten verlieren. Christen brauchen den unmäßigen Lebensstil unserer Zeit nicht zu teilen und seine Propaganda, die Magazine, nicht zu lesen. Lied 428: Komm in unsre stolze Welt
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Offenbarung
Offenbarung 18,21–24 Die Kritik am Gebaren Babylons, des Bildes der Weltstädte, mündet in der Ansage ihres plötzlichen Unterganges. Dieser Untergang ist radikal. Es bleiben nur die Ruinen zurück, in denen es kein Zeichen menschlichen Lebens mehr geben wird, nicht mehr die Straßenmusikanten, das Werkeln der Handwerker oder das Klappern der morgendlichen Handmühlen der Frauen. Der Grund für den Untergang ist zum einen der Götzendienst, dessen Kennzeichen für jüdisches Denken Giftmischerei und Zauberei ist. Zum anderen ist Babylon dem Untergang geweiht, weil die heidnische Gesellschaft gerade wegen ihres Götzendienstes die Christen verfolgt und getötet hat, in Anlehnung an Jeremia 51,48–49 formuliert. Das ganze Kapitel will anhand alttestamentlicher Bilder zeigen, daß Babylon, also letztlich Rom, ganz gewiß dem Untergang geweiht ist, und das zu Recht, da es in seinem weltstädtischen Luxusleben auf Kosten anderer, in seinem Götzendienst und der Verfolgung der Christen jegliches Maß verloren hat. Lied 149: Es ist gewißlich an der Zeit
Offenbarung 19,1–10 Noch einmal, sozusagen in einem dritten Anlauf nach den beiden vorherigen Visionen in Kapitel 17 und 18, stellt der Seher den Fall Babylons im Spiegel des himmlischen Dankgottesdienstes dar. Der Himmel preist Gott wegen des Heils für sein Volk, für seinen Ruhm unter den Völkern und für seine Macht im Gericht. Wie in Kapitel 4–5 loben zunächst die vier Wesen und die 24 Ältesten Gott, dann das ganze himmlische Volk. Nun kann seine Gemeinde, die Braut des Messias, unbedrängt die Hochzeit mit dem Lamm, das Abendmahl, feiern. Lied 151: Ermuntert euch, ihr Frommen
Offenbarung 19,11–16 Nun erscheint der Messias als Sieger auf einem weißen Pferd, begleitet von den himmlischen Heerscharen, ebenfalls auf weißen Pferden, nicht mit einer Wolke. Verschiedene Namen werden dem Messias gegeben; sie beschreiben sein Handeln. Das Wort Gottes etwa ist der Richtspruch oder in Vers 15 das scharfe Schwert, mit dem das Tun und Trachten des Menschen gerichtet wird (Hebräer 4,12). In Anlehnung an Jesaja 63,1–6 dargestellt, kommt der Messias aus der blutigen Schlacht, in der er das Gericht vollzogen hat. Kelter (Joel 4,12–13) und eiserner Stab (Psalm 2,9) sind Bilder dafür. Lied 123: Jesus Christus herrscht als König 307
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Offenbarung 19,17–21 Nachdem Babylon, Rom, vernichtet ist, treten nun die Könige der Welt in Harmagedon zum Endkampf an, wie in 16,12 angekündigt. Das Tier führt sie an. Doch eigentlich stellt der Seher keinen Kampf zwischen zwei Heeren dar, sondern nur den Vollzug des Strafgerichtes. So wie das schaffende Wort Gottes einfach geschieht (1.Mose 1), so ist Gottes Wort so wirkungsmächtig, daß keine Gegenwehr möglich ist. Der Feuerpfuhl ist nicht Vernichtung, sondern ewig dauernde Strafe. Die Helfershelfer finden den Tod, die Vögel fressen das Aas; so nimmt der Seher das Wort aus Hesekiel 39,17–20 auf. Das Volk Gottes ist davon nicht betroffen. Der Abschnitt erzählt vom Strafgericht Gottes an seinen Feinden, nicht wie in den Visionen der Filmindustrie von Horrorereignissen, die über die ganze Menschheit hereinbrechen. Lied 281: Erhebet er sich, unser Gott
Offenbarung 20,1–6 Stets erzählt der Seher auf zwei Ebenen, der irdischen und der überirdischen. Von 19,11 an hatte er den Sieg über die gottwidrigen irdischen Mächte dargestellt; in Kapitel 20 ist der Sieg über die überirdischen Mächte das Thema, abgebildet im Drachensturz. Wenn der Satan keine irdische Macht hat, dann herrschen natürlich Friede und Gottesfurcht, wie im Paradies. Die Märtyrer und Bekenner werden besonders ausgezeichnet: Sie kommen nicht in das Gericht, das bei der allgemeinen Totenauferstehung stattfinden wird. Die Zahl von tausend Jahren kann man nach Psalm 90,4 als einen Tag verstehen. Es ist der Ruhetag Gottes – darum die Herrschaft des Christus und der Märtyrer. Nach dieser Stille (siehe 8,1), gleichsam am achten Schöpfungstag, macht sich Gott an die allgemeine Totenauferstehung und die Neuschöpfung der Welt. Lied 375: Daß Jesus siegt
Offenbarung 20,7–10 Doch zuvor muß ein letzter verzweifelter Ansturm widergöttlicher Mächte überwunden werden. Die Darstellung des Sehers in 20–21 richtet sich an Hesekiel 37–40 aus: Auferstehung/ messianisches Reich (37), Gog und Magog (38.39), himmlisches Jerusalem (40). Magog ist Ländername zu Gog. Gog ist Personenname (1.Chronik 5,4), aber es ist nicht deutlich, welche konkrete Bedeutung er hat. In dem Bild spiegelt sich die Furcht vor einem Ansturm höllischer Mächte, heutzutage dargestellt in den Phantasiefilmen über einen Angriff aus dem Weltenraum. Der Abschnitt zeigt im Rahmen der Offenbarung die Größe des Wirkens Gottes, der seine neue 308
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Schöpfung (Kapitel 21–22) gegen furchtbare Mächte entstehen läßt. So groß ist seine Fürsorge für die, die ihm die Ehre geben. Lied 362: Ein feste Burg
Offenbarung 20,11–15 Nun folgt das allgemeine Totengericht, beschrieben mit Bildern aus Daniel 7,9–10. Bis in die äußerste Gottesferne (Meer und Hades) reicht Gottes Wirken. Das Gericht erfolgt nach den Werken, die in den Büchern verzeichnet sind. Das andere Buch, das des Lebens, ist das Verzeichnis der durch Gott Begnadigten. Am Ende eines Lebens läuft der Lebensfilm vor dem geistigen Auge ab. Die Menschen erkennen, wie sie auf die Gnade Gottes angewiesen sind. Lied 530: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende
Offenbarung 21,1–8 Nach der Schilderung der Schrecknisse und Leiden in dieser vom Satan beherrschten Welt malt der Seher nun das Bild der Gotteswelt. Er nimmt damit das Eingangsgemälde von Kapitel 4–5 wieder auf. Der Leser soll wissen: All die unbegreiflichen Katastrophen des Lebens, alle Anfeindungen und Bedrängnisse können nichts daran ändern, daß Gott für die Seinen ewiges Leben bereit hat. Hatte für das irdische Jerusalem gegolten, daß Gott im Tempel seinen Thronsitz hat, so ist in der neuen Welt Gottes kein Tempel mehr nötig, da Gott personhaft präsent sein wird: Die Hütte Gottes bei den Menschen. Die neue Schöpfung ist denen verheißen, die überwinden, das heißt, die im Gottesdienst andere Maßstäbe in sich aufnehmen als die, die in der heidnischen Umgebung gelten Lied 153: Der Himmel, der ist
Offenbarung 21,9–14 Der Seher sieht die zukünftige Stadt Gottes als Braut Christi; sie ist also das Gegenstück zu den irdischen Städten, im Bild der Hure Babylon dargestellt. Nach Hesekiel 40,2 nimmt die Stadt Gottes auf einem hohen Berg ihren Platz ein. Die Mauer dient nicht zur Abgrenzung oder Verteidigung, sie ist vielmehr das Kennzeichen einer Stadt. Sie ist mit ihren Toren für den Einzug der zerstreuten Gottesgemeinde bereit, so wie wir es aus der jüdischen Erwartung der Rückkehr der zwölf Stämme aus der Diaspora kennen. Weil für den Seher die Christen das wahre Israel sind, ist dieses Bild von der Rückkehr der Diaspora angemessen. Wir können in dieses Bild heute die Sammlung der 309
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
zerstreuten Christen in aller Welt einschließen. In der Arbeit der Diasporavereine, Martin-Luther-Verein und Gustav-Adolf-Verein, lassen wir etwas von dieser Hoffnung deutlich werden. Lied 150: Jerusalem, du hochgebaute Stadt
Offenbarung 21,15–27 Die Stadt Gottes hat einen quadratischen Grundriß. Ihr Gegenbild ist Babylon, das ebenfalls einen quadratischen Grundriß hatte. Die Gottesstadt ist von gewaltiger Größe und Vollkommenheit. Gold und Edelsteine zeigen ihre Reinheit an. Die Pracht der Stadt der himmlischen Gemeinde erfüllt die Herzen der Menschen mit Freude. Natürlich benötigt sie keinen Tempel, weil ja Gott selbst personhaft gegenwärtig ist. Alle gottwidrigen Wesen, wie etwa die Nacht, Sonne und Mond, die von den Götzendienern angebetet werden, können sich in Gottes Gegenwart nicht halten. Die Tore werden nicht verschlossen sein, da der Gottesfriede das Leben bestimmt. Lied 147: Wachet auf, ruft uns die Stimme
Offenbarung 22,1–5 Dieser Abschnitt nimmt auf die Schilderung des Paradieses Bezug, und zwar mit den Bildern vom Baum des Lebens und vom lebendigen Wasser. Vielleicht ist beim Baum des Lebens zugleich an das Kreuz gedacht, denn durch dieses finden die Völker ja Heil. Vielfach trug man in der Antike eine Tätowierung auf der Stirn, die anzeigte, welchem Gott man diente. So auch die Gottesgemeinde, die den Namen Gottes auf der Stirn zeigt. In der Bekreuzigung, etwa bei der Taufe, hat sich diese Gewohnheit erhalten. Lied 441,7: Zuletzt hilf uns
Offenbarung 22,6–15 Mit Vers 6 beginnt der Buchschluß. Die Verse 6 bis 7 und 10 nehmen den Gedanken von Kapitel 1 und 5 auf: Nichts geschieht, wenn es nicht durch Gottes Propheten angekündigt wird. Der Schluß schärft noch einmal ein: Gott – und ihn allein – anzubeten. Die Heiligen, – das sind diejenigen, die sich haben taufen lassen und dementsprechend leben –, gehen in die Gottesstadt ein, die anderen bleiben außen vor. Der Abschnitt ist typisch für einen Schluß: Am Ende werden noch einmal die wichtigsten Punkte eingeschärft. Lied 587: Dein Wort, o Herr 310
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Offenbarung 22,16–21 Die Worte folgen der Liturgie des Abendmahles der antiken Kirche: Einladung und Gruß (v17), Ausschluß der Nichtgetauften, Bitte um das Kommen Jesu (v20), Gnadenwunsch (v21). Der Ausschluß der Nichtgetauften ist hier durch die Warnung ersetzt, etwas von dem Buch wegzulassen oder ihm zuzufügen. Häufig wurden in der Antike Bücher bearbeitet, um sie neuen Erkenntnissen oder Situationen anzupassen. Das Judentum hat besondere Techniken entwickelt, die korrekte Abschrift eines Buches sicherzustellen. Mit einer Anspielung auf den Gottesdienst schließt das Buch, weil der Gottesdienst Teilnahme am himmlischen Gottesdienst ist und in ihm der Sieg Gottes über alle Todesmächte gefeiert und so die Welt mit ihren eigenen gottwidrigen Regeln und Normen überwunden wird. Wir haben das Buch der Offenbarung nicht als einen Fahrplan für die Ereignisse der Endzeit gelesen, sondern als Trostbuch für die angefochtene und bedrängte Gemeinde. In der Auslegung der alttestamentlichen Prophezeiungen schildert der Seher die Bestimmtheit der Überwindung der Todesmächte durch Gott. An dieser Überwindung hat die Gemeinde teil, wenn sie im Gottesdienst in den himmlischen Gottesdienst einstimmt und so zu einem andersartigen Leben in der Gesellschaft gestärkt wird. Lied 162: Gott Lob, der Sonntag kommt herbei
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Weiterführende Literatur Für weiterführende Informationen, Einzelfragen und andere Deutungen schlage ich Ihnen einige Kommentarreihen vor. Sie enthalten möglichst wenige griechische Wörter. Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament, Herder, Freiburg, Basel, Wien Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament, Benziger Verlag. Einsiedeln, später Patmos, Ostfildern, Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn Stuttgarter Kleiner Kommentar Neues Testament, Katholisches Bibelwerk, Stuttgart Das Neue Testament Deutsch, Neues Göttinger Bibelwerk, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen Ökumenischer Taschenbuchkommentar zum Neuen Testament, Gütersloher Verlagshaus Theologischer Kommentar zum Neuen Testament, Verlag W.Kohlhammer Historisch-Theologische Auslegung des Neuen Testaments, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal und Brunnen Verlag, Gießen
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Gliederungen Matthäus 1–4 Die Anfänge 1–2 Stammbaum und Kindheit: Der neue Mose aus Israel 3–4 Vorbereitung: Vorgeschichte, der Held und seine Ausrüstung, seine Helfershelfer, seine ersten Erfolge 5–9,34 Die Lehre in Wort und Tat 5–7 Die erste der 5 Reden, die Bergpredigt 8–9,34 Der Messias der Tat 9,35–10 Die zweite der 5 Reden, die Missionsrede 11–12 Jesus und seine Gegner 13,1–53 Die dritte der 5 Reden, die Gleichnisrede 13,54–16,12 Mißverständnisse und Ablehnungen – Glaube an Jesus 16,13–17,13 Bekenntnis des Petrus – 1. Leidensankündigung – Verklärung 17,14–20,28 Gemeindeprobleme, darin die vierte der 5 Reden 18,1–35 20,29–22,46 Konfrontationen: Heilung der Blinden, Einzug in Jerusalem, Tempelreinigung, Diskussionen 23–25 Die fünfte der 5 Reden: Gegen Pharisäer und Schriftgelehrte, vom Kommen Jesu, das rechte Verhalten im Angesicht der Wiederkehr Jesu 26–27 Die Leidensgeschichte Jesu 28 Auferstehungsgeschichten
Markus 1,1–20 Einleitung: Überschrift, Vorgeschichte, die Ausrüstung des Helden mit dem Geist, sein Auftrag und seine Helfershelfer 1,21–3,6 Die Autorität Jesu und die Ablehnung durch Pharisäer und Herodianern 1,21–45 Die Autorität Jesu über Dämonen und Krankheiten 2,1–3,6a Die Autorität Jesu über Sünde und Gesetz – Ablehnung durch die Intellektuellen 3,7–6,6a Das Wirken Jesu in Gleichnissen und Wundern und die Ablehnung in seinem Heimatort 3,6b–19 Zulauf und Berufung der 12 Jünger
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
3,20–21.31–35 Ablehnung durch die Familie 3,22–30 Bestreitung der Begabung durch den Heiligen Geist vonseiten der Schriftgelehrten 4,1–34 Die Gleichnisse vom Kommen und Aufwachsen der Gottesherrschaft 4,35–5,43 Jesu Macht über die Kräfte der Natur: Sturm, Dämonen, Krankheit, Tod 6,1–6 Ablehnung im Heimatort 6,7–56 Die Ausweitung der Mission und die Vorzeichen der Passionsgeschichte Jesu 6,7–13.53–56 Die Aussendung der 12 Jünger und der Zulauf der Menschen 6,14–29 Der Tod des Täufers als Vorzeichen des Todes Jesu 6,30–44 Die Speisung der 5000: Die Mahlgemeinschaft Jesu 6,45–52 Der Seewandel: Die geheime Offenbarung Jesu als Gottessohn 7,1–37 Nicht dingliche Unreinheit macht unrein, sondern das soziale Verhalten 7,1–13 Jesu Rede gegen die dinglichen Reinheitsvorschriften 7,14–23 Statt der Beachtung dinglicher Reinheitsvorschriften sind die sozialen Verhaltensweisen wichtiger 7,24–37 Zwei Beispiele Die Heilung der Tochter einer Heidin, einer Unreinen Die Heilung eines Taubstummen mit unreinem Speichel, denn Gottes Schöpfung ist gut 8,1–21 Jesus gibt dem Volk Speise wie Gott den Israeliten in der Wüste–die Ignoranz von Pharisäern und Jüngern 8,1–9 Die Speisung der 4000 8,10–13 Dennoch fordern die Pharisäer ein Zeichen zur Beglaubigung von Jesu Anspruch 8,14–21 Auch die Jünger erkennen nicht die Bedeutung der Speisung der 4000 8,22–9,13 Jesu Messianität 8,22–26 Die Blindenheilung: Die Erkenntnis der Messianität Jesu ist eine Gabe Gottes 8,27–30 Das Petrusbekenntnis 8,31–33 Der Messias als leidender Messias, anders als in der Erwartung des Petrus 8,34–9,1 Die Nachfolge der Jünger als Leidensnachfolge 9,2–13 Die Messianität Jesu im Leiden verborgen 9,14–10,45 Jüngerbelehrung 9,14–29 Der epileptische Knabe: Das Verhalten der Jünger angesichts der Erfahrung ihres Unvermögens 9,30-32 Zweite Leidensankündigung 9,33–41 Der Umgang mit Rivalitäten im Jüngerkreis und bei Konkurrenz mit anderen Wunderheilern 9,42–50 Andere Mitchristen und sich selbst nicht im Glauben gefährden 10,1–12 Ehe und Ehescheidung 10,13–16 Die Kindersegnung 10,17–27 Der Reichtum als Hemmnis für die Nachfolge
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Gliederungen
10,28–31 Der Lohn der Nachfolge 10,32–34 Dritte Leidensankündigung 10,35–45 Nicht Herrschaft, sondern Dienen ist Aufgabe des Jesusnachfolgers 10,46–13,37 Der Einzug in die Hauptstadt und letzte Auseinandersetzungen 10,46–52 Der blinde Bartimäus begrüßt Jesus als Davidssohn 11,1–11 Beim Einzug in Jerusalem begrüßt die Menge Jesus als Davids Sohn 11,12–14 Wie der Feigenbaum hat der Tempel nicht die Frucht gebracht, Licht für die Völker zu werden 11,15–19 Die Tempelreinigung: Der Tempel in seiner Bestimmung als Bethaus für die Völker 11,20–26 Freilich, das Gebet um Bestrafung hat keine Verheißung 11,27–33 Die Frage nach Jesu Vollmacht durch Hohepriester, Schriftgelehrte und Älteste 12,1–12 Die bösen Weingärtner: Der Ungehorsam gegen die Gesandten Gottes durch das Gottesvolk 12,13–17 Diskussion mit Herodianern und Pharisäern: Das Verhalten gegenüber der staatlichen Gewalt 12,18–27 Diskussion mit den Sadduzäern über die Auferstehung 12,28–34 Diskussion mit dem Schriftgelehrten über das höchste Gebot 12,35–40 Gegenangriff Jesu 12,41–44 Die Gabe der Witwe als Zeichen wahrer Gottesverehrung 13,1–37 Die Endzeitrede Jesu als Warnung vor falschen Propheten und Mahnung zur Wachsamkeit 14,1–15,47 Die Leidensgeschichte: Im Leiden wird Jesus als Gottessohn erkannt 14,1–9 Der Todesbeschluß des Hohen Rates und die vorweg genommene Totensalbung 14,10–26 Verrat des Judas und Mahlgemeinschaft 14,27–52 Die Voraussage der Verleugnung des Petrus, Jesu Todskampf, Gefangennahme und Flucht der Jünger 14,53–72 Verhandlung vor dem Hohen Rat und Todesurteil, Verleugnung des Petrus 15,1–19 Verhandlung vor Pilatus und Todesurteil 15,20–41 Kreuzigung und Tod, Erkenntnis der Gottessohnschaft Jesu durch den heidnischen Hauptmann 15,42–47 Grablegung 16,1–8 Das leere Grab: Die Botschaft von der Auferstehung 16,9–20 Ein angefügter Schluß mit Hinweisen auf Auferstehungsgeschichten
Lukas 1,1–4 Vorrede: Lukas als Geschichtsschreiber 1,5–2,52 Kindheitsgeschichten: Vergleich zwischen Jesus und Johannes 3,1–4,14 Vor dem öffentlichen Auftreten: Vorgeschichte, Taufe, Genealogie, Versuchung
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
4,15–9,50 Wirken in Galiläa: Lukas folgt der Erzählung von Markus, ausgenommen 5,1–11 (Berufung des Petrus) und 6,20–8,3, darin die Feldrede (6,20–49) 9,51–19,27 Auf dem Weg nach Jerusalem Einleitung 9,51–56 Die Mission 9,57–10,24 Jesus als Lehrer 10,25–11,28 Die Ankündigung des Gerichtes 11,29–13,35 Die Gemeinde der Demütigen 14,1–17,19 Das Kommen des Reiches und die persönliche Vorbereitung 17,20–18,30 Vorbereitung für die Ankunft in Jerusalem 18,31–19,27 19,28–21,38 Jesu Wirken in Jerusalem: Lukas folgt der Erzählung von Markus, lässt lediglich die Episode mit dem Feigenbaum und die Frage nach dem höchsten Gebot aus 22–23 Die Leidensgeschichte 24 Auferstehungsgeschichten
Johannes 1 Prolog, Johannes der Täufer, die ersten Jünger, Christustitel 2 Hochzeit zu Kana; Tempelreinigung 3 Gespräch mit Nikodemus (Taufe), Jesus und der Täufer 4 Jesus und die samaritanische Frau, Fernheilung eines Heiden (Mission) 5 Heilung eines Gelähmten am Sabbat und die Autorität Jesu 6 Speisung der 5000, Brotrede – viele Nachfolger verlassen Jesus, aber Bekenntnis des Petrus 7 Jesus beim Laubhüttenfest: Wer ist Jesus? 7,53–8,11 Die ehebrecherische Frau 8,12–59 Jesus – das Licht der Welt und der Konflikt über die Abrahamskindschaft 9 Heilung eines Blinden – Wer ist ein Sünder? 10 Der gute Hirte – das Bekenntnis vom „Sterben Jesu für die Sünder“ 11 Die Auferweckung des Lazarus – die Lehre von der Auferstehung 12 Salbung Jesu zum Tod, Einzug in Jerusalem, Ende der öffentlichen Wirksamkeit 13–17 Abschiedsreden mit Fußwaschung (13) und hohepriesterlichem Gebet (17) 18–19 Die Leidensgeschichte 20 Auferstehungsgeschichten 21 Anhang: Erscheinung in Galiläa, Beauftragung des Petrus mit der Mission
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Gliederungen
Apostelgeschichte 1 Anknüpfung an das Evangelium, Himmelfahrt, Apostelnachwahl 2,1–8,3 Die Gemeinde und ihre Mission in Jerusalem 2 Die Ausgießung des Heiligen Geistes, Zusammenfassung: Gemeindeleben 3,1–4,22 Heilung, Predigt und Rettung im Namen Jesu 4,23–5,42 Die Gemeinsamkeit der Gemeinde und ihre Mission 6,1–8,3 Die Probleme der griechisch sprechenden Christen, Stephanus 8,4–11,18 Die Mission in Samarien und angrenzenden Gebieten 8,4–25 Die Mission in Samarien 8,26–40 Philippus bekehrt einen Äthiopier 9,1–31 Die Bekehrung des Paulus, Zusammenfassung 9,32–11,18 Das Wirken des Petrus (Taufe des Kornelius) – Beginn der Heidenmission 11,19–15,35 Antiochien und seine Mission, Rivalität zwischen Antiochien und Jerusalem 11,19–12,25 Die Gemeinden in Antiochien und Jerusalem 13,1–14,28 Die erste Missionsreise des Paulus 15,1–35 Das Aposteltreffen in Jerusalem 15,36–21,16 Die Mission in Asien und Griechenland 15,36–18,22 Die Zweite Missionsreise des Paulus 18,23–19,40 Paulus in Ephesus 20,1–21,16 Paulus auf der Reise nach Jerusalem 21,17–28,31 Von Jerusalem nach Rom
Der Römerbrief (Aufriß nach E. Käsemann) 1,1–17 Briefeinleitung: Praeskript, Prooemium (Danksagung), Thema 1,18–3,20 Die Notwendigkeit für die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes 1,18–32 Die Offenbarung des Zornes Gottes über die Heiden 2,1–3,8 Das Gericht über die Juden 3,9–20 Die Schuld der gesamten Menschheit vor Gott 3,21–4,25 Die Gerechtigkeit als Gerechtigkeit aus Glauben 3,21–26 These: Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus 3,27–31 Polemik: Gott ist einer und so auch sein Heilswerk eines 4,1–25 Der Beweis aus der Schrift: die Geschichte Abrahams
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
5,1–8,39 Rechtfertigung aus Glauben als Wirklichkeit im Angesicht Gottes 5,1–21 Freiheit von der Todesmacht 6,1–23 Freiheit von der Sündenmacht 7,1–8.39 Das Ende des Gesetzes in der Macht des Geistes 9,1–11,36 Die Gerechtigkeit Gottes und das Problem Israels 9,1–5 Die Klage des Apostels 9,6–29 Das vorläufige Ziel der göttlichen Erwählung 9,30–10,21 Israels Schuld 11,1–36 Das Geheimnis der Heilsgeschichte 12,1-15,13 Die Gerechtigkeit im täglichen Leben der Christen 12,1–13,14 Allgemeine Regeln im Leben der Christen 14,1–15,13 Spezielle Ermahnungen zum Zusammenleben der „Starken und Schwachen“ 15,14–33 Briefschluß 16,1–27 Ein Anhang: Empfehlungsschreiben für Phöbe
1.Korintherbrief 1,1–9 Praeskript und Prooemium (Danksagung) 1,10–4,21 Parteiungen in Korinth 1,10–17 Die Situation 1,18–2,16 Die „Torheit“ der Kreuzespredigt und die „Weisheitspredigt“ des Paulus 3,1–23 Die Torheit der Parteienbildung 4,1–21 Die Autorität des Paulus 5,1–6,20 Probleme des christlichen Verhaltens in einer heidnischen Umwelt 5,1–13 Der Fall eines „Blutschänders“ 6,1-11 Prozesse vor heidnischen Gerichten 6,12–20 Freiheit und sexuelles Leben 7,1–40 Ehe, Ehelosigkeit, Scheidung, „Jungfrauen“, Witwen 8,1–11,1 Probleme wegen des Fleisches, das den Götzen geopfert wurde 8,1–13 Stellungnahme mithilfe des Kriteriums der Liebe 9,1–27 Einschub: Paulus als Beispiel für den Verzicht auf Rechte 10,1–11,1 Stellungnahme mithilfe theologischer Kriterien – praktische Ratschläge 11,2–14,40 Der Gottesdienst 11,2–16 Die Frau in der Gemeindeversammlung
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Gliederungen
11,17–34 Das Abendmahl 12,1–14,40 Die charismatischen Gaben in der Gemeinde, darin das hohe Lied der Liebe als Kriterium für alle Geistesgaben 15,1–58 Die Auferstehung 16,1–24 Persönliche Mitteilungen, Schlußgrüße
2.Korintherbrief 1,1–11 Praeskript und Prooemium (Danksagung) 1,12-7,16 Die Verteidigung des Apostolates des Paulus 1,12–2,13 Geschichte der Beziehungen zwischen den Korinthern und Paulus 2,14–4,6 Die Herrlichkeit des Apostolates 4,7–7,16 Tod und Auferstehung kennzeichnen den Apostolat des Paulus 8–9 Zwei Kollektenbriefe 10,1–13,10 Der Kampf des Paulus um seine Gemeinde (Tränenbrief) 10 Das Problem der Empfehlungsbriefe 11,1–15 Der Verzicht des Paulus auf Lebensunterhalt 11,16–33 Die Leiden des Paulus 12,1–13 Visionäre Erfahrungen und wirklicher Ruhm 12,14–13,10 Reisepläne 13,11–13 Schlußgrüße und Schlusssegen
Der Brief an die Galater 1,1–5 Praeskript 1,6–11 Verwunderung des Paulus über das Eindringen von Falschlehrern 1,1–2,14 Erzählung der Geschehnisse 2,15–21 These, die bewiesen werden soll 3,1–4,31 Beweis in sechs Beweisgängen 5,1–6,10 Ermahnungen 6,11–17 Zusammenfassung 6,18 Schlußsegen
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Der Epheserbrief 1,1–14 Praeskript und Lobpreis für den Heilsplan Gottes 1,15–23 Gebet um die Anerkennung der Herrschaft Gottes 2,1–22 Die Teilhabe am neuen Leben für Juden und Heiden 3,1–13 Paulus als beauftragter Diener Gottes 3,14–21 Gebet des Apostels 4,1–16 Ermahnungen und Ratschläge zur Bewahrung der Einheit 4,17–5,20 Alter und neuer Mensch, Vermeidung von Zungensünden 5,21–6.9 Haustafel 6,10–17 Die christliche Waffenrüstung 6,18–24 Ermahnung zum Gebet, Grüße und Schlußsegen
Der Brief an die Philipper 1,1–1,11 Praeskript und Prooemium (Danksagung) 1,12–26 Die persönliche Lage und der Fortschritt des Evangeliums 1,27–2,18 Die Einheit der Gemeinde 2,19–2,30 Empfehlungsschreiben für Timotheus und Ankündigung der Rückkehr des Epaphroditus 3,1–4,1 Polemik gegen Irrlehrer, die die Beschneidung fordern 4,2–9 Ratschläge für die Gemeinde 4,10–20 Dank für die Geldspende 4,21–23 Schlußgrüße
Kolosserbrief 1,9–14 Briefthema: Christus der allumfassende Herr 1,15–20 Der urchristliche Hymnus als Beweis 1,21–23 Vergebung und Versöhnung in der Gemeinde 1,24–2,5 Die apostolische Verkündigung als Grundlage der Glaubensüberzeugungen 2,6–15 Die Heilsbedeutung Christi für die Gemeinde 2,16–23 Die Konsequenzen angesichts von Falschlehrern 3,1–17 Altes und neues Leben 3,18–4,1 Haustafel
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Gliederungen
4,2–6 Ermahnung zum Gebet für die Missionare 4,7–18 Schlußgrüße und Schlußsegen
1.Thessalonicherbrief 1,1–1,10 Praeskript und Prooemium (Danksagung) 2,1–16 Die Verteidigung des Paulus 2,17–3,13 Die Beziehungen des Paulus zur Gemeinde, Sendung des Timotheus 4,1–5,24 Mahnungen: ein Leben in Heiligkeit nach dem Heiligkeitsgesetz, Trost in der Anfechtung über den Tod Verstorbener, Termin der Wiederkunft, Gemeindeleben 5,25–27 Schlußgrüße und Schlusssegen
2.Thessalonicherbrief 1,1–12 Praeskript und Prooemium (Danksagung) 2,1–12 Vor der Wiederkunft müssen noch andere Ereignisse eingetreten sein. 2,13–17 Die Gewißheit der Rettung 3,1-15 Ermahnungen: Aufforderung zum Gebet für den Apostel und seine Mission, Warnung vor Brüdern, die nicht arbeiten wollen 3,16–18 Friedensgruß, Schlussgruß, Schlußsegen
Der Philemonbrief 1–3 Praescript 4–7 Dank 8–20 Anliegen, Bitte 21–25 Schluß, Grüße, Segen
1.Timotheusbrief 1,1–2 Praeskript 1,3–11 Bekämpfung der falschen Gesetzeslehrer 1,12–17 Die Bekehrung des Paulus vom Christenverfolger zum Apostel als Beispiel
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
2,1–8 Gebet für die Obrigkeit und die Männer 2,9–15 Das Verhalten der Frauen 3,1–7 Pflichten und Qualitäten eines Gemeindeleiters 3,8–13 Pflichten und Qualitäten der Diakone 3,14–4,5 Das gemeinsame christologische Bekenntnis im Kampf gegen falsche Lehren 4,6–16 Ermahnungen für Timotheus: seine Lehre, sein Beispiel 5,1–3 Das Verhalten des Timotheus in der Gemeinde 5,4–16 Der Dienst der „Gemeindewitwen“ 5,17–20 Der Dienst der Ältesten 5,21–25 Schlußermahnungen 6,1–21 Pflichten der Sklaven, rechte Lehre und rechtes Handeln, Reichtum
2.Timotheusbrief 1,1–5 Praeskript und Prooemium (Danksagung) 1,6–18 Erfahrungen des Leidens und der Trübsal im Dienst, dabei aber Treue im Predigen 2,1–13 Ermutigung, dem Beispiel des Paulus zu folgen, auch im Leiden 2,14–26 Der Umgang mit den Gegnern 3,1–17 Die heilige Schrift und die Lehre im Kampf mit den Faschlehrern der letzten Zeit 4,1–18 Timotheus soll das Testament des Paulus erfüllen; persönliche Anweisungen 4,19–22 Schlußgrüße und Schlusssegen
Titusbrief 1,1–4 Praeskript 1,5–9 Die Einsetzung von Ältesten und Bischöfen im Kampf gegen Falschlehrer 1,10–16 Gegen falsche Lehrmeinungen und ihre Vertreter 2,1–10 Die Einrichtung von Gemeindekreisen: Die älteren Männer, Frauen, die jüngeren Frauen, Männer, die Sklaven 2,11–14 Das gemeinsame zentrale Bekenntnis zu Christus, Zusammenfassung 3,1–7 Die Christen unter der Obrigkeit und in der heidnischen Umwelt 3,8–11 Keine unnützen Diskussionen mit den Falschlehrern 3,12–15 Persönliche Ermahnungen, Schlußgrüße und Schlußsegen
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Gliederungen
1.Petrus 1,1–12 Praeskript und Prooemium (Danksagung) 1,13–2,10 Die Hoffnung als Wesenszug der christlichen Existenz 2,11–3,12 Die Hoffnung bestimmt das Verhalten der Christen in den verschiedenen Lebensbereichen der Gesellschaft 3,13–4,11 Die Hoffnung macht dazu fähig, um des Glaubens willen Nachteile auf sich zu nehmen 4,12–5,11 Die Bewahrung der Hoffnung in der aktuellen Leidenssituation 5,12–14 Schlußgrüße und Schlußsegen
2.Petrus 1,1–2 Praeskript 1,3–11 Ziel des Lebens ist es, Teilhabe am ewigen Reich Christi und so an der göttlichen Natur zu gewinnen. 1,12–21 Autorität des Petrus als Augenzeuge der Offenbarung in Christus 2 Falsche Propheten 3,1–16 Gegenrede gegen solche, die an der Wiederkunft Christi zweifeln 3,17–18 Ermahnung zur Wachsamkeit gegen falsche Propheten und Schlußdoxologie: Gotteslob
1.Johannesbief 1,1-4 Einleitung 1,5–2,2 Gemeinschaft mit Gott – Leben mit Gott 2,3–11 Gott kennen – die Gebote beachten 2,12–17 Die Weltüberlegenheit der Christen – Gabe und Aufgabe 2,18–27 Warnung vor falschen Lehren über Christus 2,28–3,3 Die Hoffnung der Christen auf das Heil 3,4–24 Was den Christen geboten ist: die Sünde fliehen, die Brüder lieben 4,1–6 Trennung von falschen Brüdern 4,7–5,4 Die Liebe als Kennzeichen der Kinder Gottes 5,5–13 Der Glaube an Gottes Sohn 5,14–21 Schluß: Ermahnung zum Gebet und zur Gemeinschaft mit Gott
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Kurzauslegungen zum Neuen Testament
2.Johannesbrief 1-3 Praeskript 4-6 Das Liebesgebot als Grundlage 7-11 Warnung vor Irrlehrern 12-13 Briefschluß
3.Johannesbrief 1–8 Gruß und Prooemium (Danksagung) 9–10 Das ablehnende Verhalten des Diotrephes 11–12 Empfehlung für Demetrius 13–15 Schlußgrüße
Hebräerbrief 1,1–2,18 Das von Christus vermittelte Wort ist wertvoller als das von Engeln vermittelte Gesetz 3,1–4,13 Christi Verheißungen verdienen mehr Gehör als die in der Wüte gegebenen 4,14–6,20 Durch seine Erniedrigung wurde Jesus der Hohepriester des Handelns Gottes 7,1–10,18 Jesus als der endgültige Hohepriester (Lehre) 10,19–13,19 Folgerungen für die Lebensgestaltung, darin Zeugnisse des Glaubens aus der Schrift als Beispiel für die Standhaftigkeit (11) 13,18–25 Briefschluß
Jakobusbrief 1,1 Praeskript 1,2–18 Vom Verhalten der Christen in Prüfungen des Lebens 1,19–27 Vom Hören, Reden und Handeln 2,1–13 Gegen die Bevorzugung der Reichen 2,14–26 Vom Glauben und seinen Werken 3,1–12 Vom Gebrauch der Zunge 3,13–18 Von wahrer und falscher Weisheit
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Gliederungen
4,1–12 Von Spaltungen und Zwistigkeiten 4,13–17 Vom Selbstvertrauen 5,1–6 Anklage gegen die Reichen 5,7–20 Vom Tun und Leben der Christen in der Hoffnung auf die Wiederkunft
Die Offenbarung des Johannes 1 Einleitung: Buchdeckel, allgemeiner Briefeingang für die 7 Briefe, Autorisierung 2–3 Die sieben Briefe 4–5 Das Vorspiel im Himmel 6–8,1 Die 7-Siegelvision 8,2–11,19 Die 7-Posaunenvision 12 Das Weib und der Drache 13 Die beiden Tiere 14 Das Lamm und die Geretteten, Ankündigung des Gerichtes 15–16 Die 7-Schalenvision 17,1–19,10 Der Fall der Hure, des großen Babylon 19,11–22,5 Der Messias und die Herrschaft Gottes 22,6–21 Buchschluß
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Jürgen Denker
Jürgen Denker war Pfarrer und Dozent für Neues Testament in Santiago de Chile und Buenos Aires, dann Pfarrer in Ohrenbach und Rothenburg o. d. T. und nach dem Eintritt in den Ruhestand 2007 – 2009 in Seoul. Verschiedene Publikationen zum NT und Umfeld auf Spanisch.
Kurzauslegungen zum Neuen Testament
Die Briefe des Neuen Testaments repräsentieren Kommunikationen über große Distanzen hinweg. Dabei kennt man stets nur eine Sichtweise: Die Fragen, Anregungen und Befindlichkeiten der anderen Seite müssen rekonstruiert werden - ähnliches gilt für die Evangelien. Bei der Spurensuche werden Sie durch kurze Auslegungen begleitet. Sie erfahren außerdem etwas über die Absichten und Lebenswirklichkeiten der einzelnen Verfasser, z. B. über den Verfasser des Titusbriefes, der eine neue Gemeindeordnung einführen möchte.
www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-40432-2
Jürgen Denker
Kurzauslegungen zum Neuen Testament Ein Lesebegleiter