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German Pages 2383 [2384] Year 2015
Rödder/Herlinghaus/Neumann . Körperschaftsteuergesetz . Kommentar
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Rödder/Herlinghaus/Neumann
Körperschaftsteuergesetz Kommentar herausgegeben von
Prof. Dr. Thomas Rödder Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Bonn Honorarprofessor an der Universität zu Köln
Prof. Dr. Andreas Herlinghaus Richter am Bundesfinanzhof in München Honorarprofessor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Ralf Neumann Regierungsdirektor Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen in Köln
2015
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Bearbeiter Dr. Holger Berninghaus Richter am Hessischen Finanzgericht in Kassel
Dr. Christian Kirchhain, LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Bonn
Dr. Ralf Dremel Rechtsanwalt und Steuerberater in Bonn
Dipl.-Finw. Andreas Kümpel Steueroberamtsrat Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Köln
Dr. Arne von Freeden, LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Hamburg Dr. Christian Graw Richter am Finanzgericht Düsseldorf Dr. Markus Greinert Steuerberater in München Dr. Jens Hageböke Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Bonn Dr. Peter Heinemann Regierungsdirektor Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf Prof. Dr. Michael Hendricks Rechtsanwalt und Steuerberater in Bonn Honorarprofessor an der Universität Passau Prof. Dr. Andreas Herlinghaus Richter am Bundesfinanzhof in München Honorarprofessor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Dipl.-Finw. Thomas Hoffmann Steuerberater in Köln Dipl.-Finw. Jens Intemann Richter am Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover Dr. Christian Joisten Steuerberater in Bonn
Dr. Carsten Lange Steuerberater in Bonn Dr. Christian Levedag, LL.M. Richter am Bundesfinanzhof in München Dr. Bernhard Liekenbrock Steuerberater in Bonn Ralf Neumann Regierungsdirektor Oberfinanzdirektion NordrheinWestfalen in Köln Dr. Ralf Paetsch Richter am Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht in Kiel Prof. Dr. Thomas Rödder Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Bonn Honorarprofessor an der Universität zu Köln Dr. Wendelin Staats, LL.M. Regierungsdirektor Bundesministerium der Finanzen in Berlin Prof. Dr. Ingo Stangl Steuerberater in München Honorarprofessor an der Universität Regensburg Dipl.-Finw. Thomas Stimpel Steueroberamtsrat Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Bonn
Zitierempfehlung: Bearbeiter in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § … Rz. …
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-23096-8 ©2015 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Es dürfte unbestritten sein, dass es sich beim Körperschaftsteuerrecht um die für die Besteuerung von Unternehmen wichtigste Materie des deutschen Steuerrechts handelt: Die herausragende Bedeutung des KStG für die Unternehmensbesteuerung ergibt sich dabei schon aus der Tatsache, dass der weit überwiegende Teil der in Deutschland ansässigen Konzerne Kapitalgesellschaften sind und sich organschaftlicher Strukturen bedienen. Aber auch die GmbH als wichtigste Rechtsform des Mittelstands spielt eine überragende Rolle in der Unternehmenswirklichkeit. Hinzu tritt die Tatsache, dass sich die internationale Wirtschaftswelt besonders der Körperschaften bedient. Nicht zuletzt spielt das Körperschaftsteuerrecht bei der Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften und der gewerblichen Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rechtsträger eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ist damit bereits rein empirisch die Wichtigkeit des Körperschaftsteuerrechts belegt, so treten seine materielle Bedeutung bei der Beantwortung nationaler und internationaler steuerrechtlicher Fragen sowie seine Querwirkungen auf die Gewerbesteuer als weitere wichtige Faktoren hinzu. Dass das vorgenannte, besonders weit gesteckte Feld erhebliche Anforderungen an die mit dem Körperschaftsteuerrecht befassten Berater, Richter und Finanzbeamten stellt, ergibt sich fast von selbst. Die Materie ist unübersichtlich und permanenten Veränderungen unterworfen, sodass selbst der „Spezialist“ gelegentlich Schwierigkeiten hat, den Überblick zu bewahren. Diese Ausgangslage, die tägliche Befassung mit dem Körperschaftsteuerrecht und die Freude an dieser Materie haben Herausgeber und Autoren zusammengeführt. Ihr Ziel ist ein neuer Kommentar, der das KStG wissenschaftlich fundiert, umfassend und praxisnah erläutert und systematisch aufbereitet. Dabei soll nicht nur die Perspektive der Großunternehmen verfolgt, sondern es sollen gerade auch die typischen Mittelstandsprobleme vertieft aufbereitet und einer Lösung zugeführt werden. Dass der Kommentar zudem über höchste Aktualität verfügt, ergibt sich daraus, dass der Rechtsstand bis zum Zollkodex-Anpassungsgesetz berücksichtigt ist. Schon die Zusammensetzung des Autorenteams signalisiert, dass mit dem vorliegenden Werk kein einseitiger „Berater“-, „Verwaltungs“- oder „Richterkommentar“, sondern eine ausgewogene Mischung angestrebt wird, die ein aus verschiedenen Perspektiven gespeistes Meinungsspektrum wiedergibt und dabei prägnant und tiefgründig auf die wesentlichen Praxisfragen eingeht. Dazu haben die Kommentatoren aus der Finanzgerichtsbarkeit, der Finanzverwaltung und der Beraterschaft, die Juristen, Wirtschaftswissenschaftler und Finanzwirte sind, ihre jeweilige Sicht beigesteuert. Nach gut dreijähriger Arbeit legen Herausgeber und Autoren nun ein Werk vor, das hoffentlich den vorgenannten Zielen entspricht, auch wenn eine Erstauflage sicher vielfältiges Verbesserungspotenzial aufweist. Die Herausgeber hoffen, dass das vorgelegte Werk durch seine Ausgewogenheit und Darstellungstiefe dem Praktiker ebenso wie dem Wissenschaftler hilfreich sein kann. Ob das gelungen ist, mögen nun die Leser entscheiden. Herausgeber und Autoren freuen sich sehr auf die Rückmeldungen aus dem hoffentlich geneigten Leserkreis, auf Anregungen und Kritik. Besonders gedankt sei den Mitautoren Dr. Holger Berninghaus, Dr. Ralf Dremel, Dr. Arne von Freeden, LL.M., Dr. Christian Graw, Dr. Markus Greinert, Dr. Jens Hageböke, Dr. Peter Heinemann, Prof. Dr. Michael Hendricks, Thomas Hoffmann, Jens Intemann, Dr. Christian Joisten, Dr. Christian Kirchhain, LL.M., Andreas Kümpel, Dr. Carsten Lange, Dr. Christian Levedag, LL.M., Dr. Bernhard Liekenbrock, Dr. Ralf Paetsch, Dr. Wendelin Staats, LL.M., Prof. Dr. Ingo Stangl und Thomas Stimpel sowie den Verantwortlichen des Otto-SchmidtVerlags, insbesondere Herrn RA Dr. Wolfgang Lingemann und Herrn RA Georg Hecl, ferner Frau Petra Neumann für die sorgfältige Erstellung des für die Handhabung unerlässlichen Stichwortverzeichnisses. Nicht vergessen wollen wir aber auch unsere Familien, die viele Stunden auf die mit den Untiefen des KStG ringenden Herausgeber und Autoren verzichten mussten. Bonn/München/Köln, im Juni 2015
Die Herausgeber
VII
Bearbeiterverzeichnis Dr. Holger Berninghaus Richter am Hessischen Finanzgericht, Kassel § 8 Abs. 2 Dr. Ralf Dremel Rechtsanwalt und Steuerberater, Bonn §§ 22, 23, 24, 25 Dr. Arne von Freeden, LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater, Hamburg § 12 Dr. Christian Graw Richter am Finanzgericht, Düsseldorf §§ 33, 34, 35 Dr. Markus Greinert Steuerberater, München § 8 Abs. 3 (Anhang Verrechnungspreise) Dr. Jens Hageböke Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Bonn § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Dr. Peter Heinemann Regierungsdirektor, Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf § 8 Abs. 4 a.F., § 32a Prof. Dr. Michael Hendricks Rechtsanwalt und Steuerberater, Bonn, Honorarprofessor an der Universität Passau §§ 30, 31, 32 Prof. Dr. Andreas Herlinghaus Richter am Bundesfinanzhof, München, Honorarprofessor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn §§ 7, 8b Dipl.-Finw. Thomas Hoffmann Steuerberater, Köln §§ 20, 21, 21a, 21b Dipl.-Finw. Jens Intemann Richter am Niedersächsischen Finanzgericht, Hannover § 8 Abs. 1 Dr. Christian Joisten Steuerberater, Bonn §§ 14, 16, 17, 19 Dr. Christian Kirchhain, LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater, Bonn § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3, § 13 Dipl.-Finw. Andreas Kümpel Steueroberamtsrat, Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Köln §§ 5, 6, 8 Abs. 5, 6 und 10 Dr. Carsten Lange Steuerberater, Bonn §§ 36, 37, 38, 39 Dr. Christian Levedag, LL.M. Richter am Bundesfinanzhof, München §§ 1, 2, 3
IX
Bearbeiterverzeichnis Dr. Bernhard Liekenbrock Steuerberater, Bonn §§ 14, 15 Ralf Neumann Regierungsdirektor, Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, Köln §§ 8 Abs. 3, 8c Dr. Ralf Paetsch Richter am Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht, Kiel § 4, § 8 Abs. 7, 8, 9, § 10 Prof. Dr. Thomas Rödder Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Bonn, Honorarprofessor an der Universität zu Köln §§ 14, 15, 16, 17, 19 Dr. Wendelin Staats, LL.M. Regierungsdirektor, Bundesministerium der Finanzen, Berlin § 26 Prof. Dr. Ingo Stangl Steuerberater, München, Honorarprofessor an der Universität Regensburg § 8a Dipl.-Finw. Thomas Stimpel Steueroberamtsrat, Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Bonn § 8 Abs. 3, §§ 27, 28, 29
X
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bearbeiterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII IX XV XIX
Körperschaftsteuergesetz (KStG) Erster Teil Steuerpflicht § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6
Unbeschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung der Steuerpflicht bei nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen sowie bei Realgemeinden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts . Befreiungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschränkung der Befreiung von Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 47
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111 121 163
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295
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303 325
Zweiter Teil Einkommen Erstes Kapitel Allgemeine Vorschriften § 7 Grundlagen der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 8 Ermittlung des Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 8a Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen bei Körperschaften (Zinsschranke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 8b Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen . . . § 8c Verlustabzug bei Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 9 Abziehbare Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 10 Nichtabziehbare Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 11 Auflösung und Abwicklung (Liquidation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 12 Verlust oder Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 13 Beginn und Erlöschen einer Steuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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839 925 1115 1221 1337 1359
. . . . . 1413 . . . . . 1463
Zweites Kapitel Sondervorschriften für die Organschaft § 14 § 15 § 16 § 17 § 18 § 19
Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien als Organgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung des Einkommens bei Organschaft . . . . . . . . . . . . Ausgleichszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Kapitalgesellschaften als Organgesellschaft . . . . . . . . (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerabzug bei dem Organträger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1489 1717 1755 1771 1787 1789
XI
Inhaltsverzeichnis Drittes Kapitel Sondervorschriften für Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds und Bausparkassen Seite
§ 20 § 21 § 21a § 21b
Schwankungsrückstellungen, Schadenrückstellungen Beitragsrückerstattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deckungsrückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuteilungsrücklage bei Bausparkassen. . . . . . . . . . .
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1801 1815 1839 1843
Viertes Kapitel Sondervorschriften für Genossenschaften § 22
Genossenschaftliche Rückvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1845
Dritter Teil Tarif; Besteuerung bei ausländischen Einkunftsteilen § 23 § 24 § 25 § 26
Steuersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freibetrag für bestimmte Körperschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freibetrag für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Land- und Forstwirtschaft betreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerermäßigung bei ausländischen Einkünften . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 1859 . . . . 1867 . . . . 1871 . . . . 1875
Vierter Teil Nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen und Entstehung und Veranlagung § 27 § 28
Nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital und Herabsetzung des Nennkapitals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 29 Kapitalveränderungen bei Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 30 Entstehung der Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 31 Steuererklärungspflicht, Veranlagung und Erhebung der Körperschaftsteuer § 32 Sondervorschriften für den Steuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 32a Erlass, Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden bei verdeckter Gewinnausschüttung oder verdeckter Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 1915 . . . . .
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1997 2031 2055 2061 2077
. . 2091
Fünfter Teil Ermächtigungs- und Schlussvorschriften § 33 § 34 § 35
XII
Ermächtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2109 Schlussvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2115 Sondervorschriften für Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2181
Inhaltsverzeichnis Sechster Teil Sondervorschriften für den Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren Seite
§ 36 § 37 § 38 § 39
Endbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Körperschaftsteuerguthaben und Körperschaftsteuerminderung Körperschaftsteuererhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einlagen der Anteilseigner und Sonderausweis . . . . . . . . . . . .
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2185 2207 2231 2253
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2257
XIII
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur A/D/S A/F/R Andersen
Baumbach/Hopt36 Baumbach/Hueck20 Beck Bil. Komm.9 BeckHdB AG2 Beck Vers. Komm. Beermann/Gosch Blümich
Buchna/Seeger/Brox10
D/P/M
D/P/P/M7
Erle/Sauter3 Erman14 Ernst & Young
Frotscher Frotscher/Geurts Frotscher/Maas F/W/B/S F/W/K G/K/G Glanegger/Güroff8 GmbH-Handbuch Gosch2 GroßKomm AktG4
Haritz/Menner4 Hdb KGaA Henssler/Strohn2
Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, Teilband 4, 6. Aufl. 1997 Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung (Loseblatt) Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 36. Aufl. 2014 Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, Kommentar, 20. Aufl. 2013 Beck’scher Bilanz-Kommentar, 9. Aufl. 2014 Müller/Rödder, Beck’sches Handbuch der AG, 2. Aufl. 2009 Beck’scher Versicherungsbilanz-Kommentar, 1998 Beermann/Gosch, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar (Loseblatt) Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetze, Kommentar (Loseblatt) Buchna/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 10. Aufl. 2010 Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, Kommentar zum KStG, UmwStG und zu den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften der Anteilseignerbesteuerung (Loseblatt) Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 7. Aufl. 2012 Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2010 Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 14. Aufl. 2014 Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Frotscher, Einkommensteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Frotscher/Geurts, Einkommensteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz und Umwandlungssteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, Kommentar (Loseblatt) Flick/Wassermeyer/Kempermann, DBA Deutschland–Schweiz Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Kommentar (Loseblatt) Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2014 Centrale für GmbH, GmbH-Handbuch (Loseblatt) Gosch, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2009 Hopt/Wiedemann, Großkommentar zum AktG, §§ 278–290, 4. Aufl. 2001 Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2015 Schütz/Bürgers/Riotte, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, 2004 Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2014
XV
Literaturverzeichnis H/H/R H/H/Sp Hüffer11 Hüttemann3
Kirchhof14 Klein12 Koenig3 KölnKomm AktG3 Korn K/S/M
Lademann
L/B/P Lenski/Steinberg Leopold/Madle/Rader Lutter/Hommelhoff18 Mössner/Seeger2 MüHdb GesR4
MüHdb GesR AG3 MüKo AktG3 Pahlke/Koenig2 Palandt73 Patzner/Döser/Kempf2 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs4 Prinz Rau/Dürrwächter R/H/vL2
Schauhoff3 Schaumburg3 Schmidt34 Schmitt/Hörtnagl/Stratz6 Schnitger/Fehrenbacher
XVI
Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar (Loseblatt) Hüffer, Aktiengesetz, Kommentar, 11. Aufl. 2014 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015 Kirchhof, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2015 Klein, Abgabenordnung, Kommentar, 12. Aufl. 2014 Koenig, Abgabenordnung, Kommentar, 3. Aufl. 2014 Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Band 5, Teil 2, 3. Aufl. 2015 Korn, Einkommensteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Lademann, Einkommensteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Lademann, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar (Loseblatt) Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Leopold/Madle/Rader, Abgabenordnung, Kommentar (Loseblatt) Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Kommentar, 18. Aufl. 2012 Mössner/Seeger, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2015 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 6: Internationales Gesellschaftsrecht, Grenzüberschreitende Umwandlungen, 4. Aufl. 2013 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4: Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 2007 Münchener Kommentar zum AktG, Band 5, 3. Aufl. 2010 Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, Kommentar, 2. Aufl. 2009 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 73. Aufl. 2014 Patzner/Döser/Kempf, Investmentrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2014 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2012 Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013 Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, Kommentar (Loseblatt) Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2013 Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010 Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2011 Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 34. Aufl. 2015 Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2013 Schnitger/Fehrenbacher, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2012
Literaturverzeichnis Scholz11 Schönfeld/Ditz Schwarz S/K/K Staudinger12 Streck8 Süß/Wachter2
Scholz, GmbHG, Kommentar, 3 Bände, 11. Aufl. 2012/2013/2015 Schönfeld/Ditz, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 2013 Schwarz, Abgabenordnung, Kommentar (Loseblatt) Strunk/Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz/Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar (Loseblatt) Staudinger, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 12. Aufl. 1984 Streck, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2014 Süß/Wachter, Handbuch des internationalen GmbH-Rechts, 2. Aufl. 2011
Tipke/Lang22 T/K
Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015 Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar (Loseblatt)
V/L6
Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, 6. Aufl. 2015
W/A/D Wallenhorst/Halaczinsky
Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstättenhandbuch, 2006 Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl. 2009 Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar (Loseblatt) Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Kommentar zum Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz (Loseblatt) Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015
Wassermeyer W/M W/R/S
XVII
Abkürzungsverzeichnis aA aaO ABl. EG ABl. EU Abs. Abschn. abzgl. AcP AdV aE AEAO AEAStG AEUV aF AfA AFG AG AIF AIFM-StAnpG
AnfG Anh. Anm. AO AOA AöR AO-StB arg.e Art. AStG AuA Aufl. ausländ. AuslInvG AV AWD Az.
andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (bis Januar 2003) Amtsblatt der Europäischen Union (ab Februar 2003) Absatz Abschnitt abzüglich Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Aussetzung der Vollziehung am Ende Anwendungserlass zur Abgabenordnung Anwendungserlass zum Außensteuergesetz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Absetzung für Abnutzung Arbeitsförderungsgesetz Aktiengesellschaft; auch „Die Aktiengesellschaft“ (Zeitschrift) Alternative Investmentfonds Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318 Anschaffungskosten Aktiengesetz Alternative anderer Meinung amtlich Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809 Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Abgabenordnung Authorized OECD Approach Anstalt des öffentlichen Rechts AO-Steuerberater (Zeitschrift) Argument/Schlussfolgerung aus Artikel Außensteuergesetz Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) Auflage ausländisch Auslandsinvestmentgesetz Anlagevermögen Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters (Zeitschrift) Aktenzeichen
BA BaFin BAG BAGE BAO BauSparkG BayLfSt BB BBEV BBK Bd.
Betriebsausgaben Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Entscheidungssammlung des BAG Bundesabgabenordnung (Österreich) Gesetz über Bausparkassen Bayerisches Landesamt für Steuern Betriebs-Berater (Zeitschrift) Beraterbrief Erben und Vermögen (Zeitschrift) Buchführung, Bilanzierung, Kostenrechnung (Zeitschrift) Band
AK AktG Alt. aM amtl. AmtshilfeRLUmsG
XIX
Abkrzungsverzeichnis Bdb. BDI Begr. BeitrRLUmsG
BV BVerfG BVerwG BW bzgl. BZSt bzw.
Brandenburg Bundesverband der Deutschen Industrie Begründung Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592 Bekanntmachung Base Erosion and Profit Shifting Gesetz zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau Beschluss beschränkt Beratersicht zur Steuerrechtsprechung (Zeitschrift) betreffend Betriebliche Altersversorgung, Mitteilungsblatt der ABA Arbeitsgemeinschaft der betrieblichen Altersversorgung e.V., Heidelberg Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, seit 1.1.2005 Betriebsrentengesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Entscheidungssammlung des BFH BFH/NV (Zeitschrift) Entscheidungen des BFH für die Praxis der Steuerberatung (Zeitschrift) BFHReport (Zeitschrift) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Betrieb gewerblicher Art Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I oder II Bundesgerichtshof Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) v. 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102 Bilanzrichtliniengesetz Bundesministerium der Finanzen Beobachtungszeitraum Bundespflegesatzverordnung Bundesrat Bundesrepublik Deutschland Drucksachen des Bundesrates Beitragsrückerstattung Bundessozialgericht Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung Beispiel beispielsweise Bundessteuerblatt Teil I, II oder III Bundestag Drucksachen des Bundestages Buchstabe Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) v. 16.7.2009, BGBl. I 2009, 1959 Betriebsvermögen Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Baden-Württemberg bezüglich Bundeszentralamt für Steuern beziehungsweise
Coop Corp cp.
Coöperatie Corporation ceteris paribus
Bek. BEPS BergbauRatG Beschl. beschr. BeSt betr. BetrAV BetrAVG BewG BFH BFHE BFH/NV BFH-PR BFHReport BfuP BgA BGB BGBl. BGH BilMoG BiRiLiG BMF BOZ BPflV BR BRD BR-Drucks. BRE BSG BsGaV Bsp. bspw. BStBl. BT BT-Drucks. Buchst. BürgerEntlG KV
XX
Abkrzungsverzeichnis DB DBA ders. DE-VG dh. dies. DK DStJG DStR DStRE DStZ DSWR DZWIR ¤ -E EAEG EAS EAV EC Tax Review ECLI EFG EFTA eG EG EGAmtshAnpG
EhrAmtStG EK EMRK EngStärkG entspr. EnWG ErbStB ErbStG Erl. ESt EStÄR EStB EStDV EStG EStR ET et al. EU EU JTPF EuG EuGH EuGHDivUmsG EuGHE EuGH-URep
Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen derselbe Deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen das heißt dieselbe(n) Der Konzern (Zeitschrift) Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. (Tagungsbände) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift) Datenverarbeitung in Steuer, Wirtschaft und Recht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Euro (Gesetzes-)Entwurf Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz Express-Antwort-Service des BMF (Österreich) Ergebnisabführungsvertrag European Communities Tax Review (Zeitschrift) European Case Law Identifier Entscheidungssammlung der Finanzgerichte (Zeitschrift) Europäische Freihandelsassoziation eingetragene Genossenschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrages von Amsterdam Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über die Amtshilfe im Bereich der Europäischen Union sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (EGAmtshilfe-Anpassungsgesetz) vom 2.12.2004, BGBl. I 2014, 3112 Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz) v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556 Eigenkapital Europäische Menschenrechtskonvention Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements entsprechend Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung Der Erbschaft-Steuer-Berater (Zeitschrift) Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz Erlass Einkommensteuer Einkommensteueränderungsrichtlinien Einkommensteuerberater (Zeitschrift) Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien European Taxation (Zeitschrift) et alii Europäische Union EU Joint Transfer Pricing Forum Gericht der Europäischen Union Europäischer Gerichtshof Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 561 Entscheidungssammlung des EuGH EuGH-Umsatzsteuerreport
XXI
Abkrzungsverzeichnis EURLUmsG
EuZW EWiR EWR EWS EZ f. FA, FÄ ff. FG FGO FinMin FinVerw. FK FLV FMS FMStErgG FMStFG FMStG Fn. FR FS FusionsRL FVerlV G GA GAAP GATS GAufzV GAV GbR GdE gem. GemHVO GenG GewSt GewStG gewstl. GewStR GG ggf. GHB GhfBetrG GHV Gj. GKKB glA GmbH GmbHG GmbHR GmbH-StB GmbH-Stpr. GoB
XXII
Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz) v. 9.12.2004, BGBl. I 2004, 3310 Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) Erhebungszeitraum folgende (eine Seite) Finanzamt, Finanzämter fortfolgende (mehrere Seiten) Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzministerium Finanzverwaltung Fremdkapital fondsgebundene Lebensversicherung Finanzmarktstabilisierungsfonds Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, 1982 Finanzmarktstabilisierungsgesetz Fußnote Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Festschrift Fusions-Richtlinie Funktionsverlagerungsverordnung Gesetz Generalanwalt Generally Accepted Accounting Principles Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (general agreement on trade in services) Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung Gewinnabführungsvertrag Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß Gemeindehaushaltsverordnung Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Gewerbesteuer Gewerbesteuergesetz gewerbesteuerlich Gewerbesteuer-Richtlinien Grundgesetz gegebenenfalls Gesamthandsbilanz Gesetz über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter Gesamthandsvermögen Geschäftsjahr Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage gleiche Ansicht Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GmbH-Steuerberater (Zeitschrift) GmbH-Steuerpraxis (Zeitschrift) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
Abkrzungsverzeichnis GP grds. GrEStG GrS GS GStB GuV GVBl. GWR
General Partnership grundsätzlich Grunderwerbsteuergesetz Großer Senat Gedächtnisschrift Gestaltende Steuerberatung (Zeitschrift) Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz- und Verordnungsblatt Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
Halbs. HB HB II HBeglG Hess. HFA HFR HGB hM HmbGVBl. Hrsg.
Halbsatz Handelsbilanz Handelsbilanz 2 Haushaltsbegleitgesetz Hessen Hauptfachausschuss Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Herausgeber
IAS IBFD idF idR idS IDW IDW-FN iErg. ieS IFA IFRS IFSt iHd. iHv. Inc. INF
International Accounting Standard International Bureau of Fiscal Documentation in der Fassung in der Regel in dem/diesem Sinne Institut der Wirtschaftsprüfer IDW Fachnachrichten (Zeitschrift) im Ergebnis im engeren Sinne International Fiscal Association International Financial Reporting Standard Institut Finanzen und Steuern e.V. in Höhe des/der in Höhe von Incorporated Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (Zeitschrift) inländisch Insolvenzordnung International Tax Review (Zeitschrift) Investitionsfondsrichtlinie (Österreich) Investmentgesetz Investmentsteuergesetz Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 Investitionszulagengesetz Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) im Rahmen des/der Internal Revenue Service im Sinne des/der Internationale Steuerrundschau (Zeitschrift) Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) im Sinne von International Transfer Pricing Journal (Zeitschrift) in Verbindung mit Internationale Wirtschafts-Briefe im Zusammenhang mit
inländ. InsO Intertax InvFR InvG InvStG InvZulÄndG InvZulG IPrax iRd. IRS iSd. ISR IStR iSv. ITPJ iVm. IWB iZm.
XXIII
Abkrzungsverzeichnis JbFStR JStG jur. jurisPR-SteuerR JV JZ
Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Jahressteuergesetz juristisch juris Praxisreport Steuerrecht Joint Venture JuristenZeitung
KAGB KAGG Kap. KapErhStG
KrW-/AbfG KrWG KSt KStG kstpfl. KStR KStRefG KVU KWG
Kapitalanlagegesetzbuch Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitel Gesetz über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln Kapitalertragsteuer Kapitalgesellschaft Kommentierte Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) Kommanditgesellschaft Kommanditgeselschaft auf Aktien Krankenhausentgeltgesetz Kalenderjahr Kommentar Verordnung über befreiende Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte von Mutterunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat Körperschaft des öffentlichen Rechts Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Kreislaufwirtschaftsgesetz Körperschaftsteuer Körperschaftsteuergesetz körperschaftsteuerpflichtig Körperschaftsteuer-Richtlinien Körperschaftsteuerreformgesetz v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597 Krankenversicherungsunternehmen Gesetz über das Kreditwesen
LAG LBO Lfg. LG lit. LLC LLLP LLP LP LSF Sachsen lt. Ltd. LuF LV LVU
Landesarbeitsgericht Leveraged Buy-Out Lieferung Landgericht Litera Limited Liability Company Limited Liability Limited Partnership Limited Liability Partnership Limited Partnership Landesamt für Steuern und Finanzen Sachsen laut Private Company Limited by Shares, Limited Land- und Forstwirtschaft Lebensversicherung Lebensversicherungsunternehmen
m. Anm. MA maW MBl. mE Mio. MoMiG
mit Anmerkung(en) Musterabkommen mit anderen Worten Ministerialblatt meines Erachtens Million(en) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen
KapESt KapGes. KFR KG KGaA KHEntgG Kj. Komm. KonBefrV KöR KÖSDI Kroatien-AnpG
XXIV
Abkrzungsverzeichnis MoRaKG MTR MüKo MV mwN MwStSystRL mWv. MZVO
Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1672 Mutter-Tochter-Richtlinie Münchner Kommentar Mecklenburg-Vorpommern mit weiteren Nachweisen Mehrwertsteuersystemrichtlinie mit Wirkung vom Mindestzuführungsverordnung v. 4.4.2008, BGBl. I 2008, 690
Nds. nF NL npoR Nr. NRW nv. NWVBl. NZB NZG NZI NZWiSt
Niedersachsen neue Fassung Niederlande Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Nummer Nordrhein-Westfalen nicht veröffentlicht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Nichtzulassungsbeschwerde Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht
oa. oÄ OECD OECD-MA
oben angegeben oder Ähnliches Organization for Economic Cooperation and Development OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen OECD-Musterkommentar Oberfinanzdirektion oben genannt Organgesellschaft offene Gewinnausschüttung Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Organträger
OECD-MK OFD og. OG oGA OGAW OHG OLG OT pa. PartGG PFVaG phG PIStB PKV plc PrEStG PreußOVG ProtErklG
PSM PTLP PV PVU RabelZ RAP RdF RdW
per annum Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Pensionsfondsverein auf Gegenseitigkeit persönlich haftender Gesellschafter Praxis Internationale Steuerberatung (Zeitschrift) Private Krankenversicherung Public Limited Company Preußisches Einkommensteuergesetz Preußisches Oberverwaltungsgericht Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2840 Profit-Split-Method Publicly Traded Limited Partnership Privatvermögen Personenversicherungsunternehmen Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Zeitschrift) Rechnungsabgrenzungsposten Recht der Finanzinstrumente Österreichisches Recht der Wirtschaft (Zeitschrift)
XXV
Abkrzungsverzeichnis RechVersV REIT REITG RfB RFH Rh.-Pf. RIW rkr. RL Rs. RSiedlG Rspr. RStBl. RVOrgG Rz. S. Sa.-Anh. Saarl. Sachs. SAG SAM SBV SCE Schl.-Holst. Schr. SE SEStEG
Slg. s.o. SoFFin sog. SolZ SolZG Sp. SpuRt StÄndG StandOG
StB StBAGuaÄndG
StBereinG Stbg StbJb StBp StBürokrAbbG
StBW StE
XXVI
Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen Real Estate Investment Trust Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen Rückstellung für Beitragsrückerstattung Reichsfinanzhof Rheinland-Pfalz Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) rechtskräftig Richtlinie Rechtssache Reichssiedlungsgesetz Rechtsprechung Reichssteuerblatt Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung Randzahl Seite, auch siehe Sachsen-Anhalt Saarland Sachsen Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen steueranwaltsmagazin (Zeitschrift) Sonderbetriebsvermögen Europäische Genossenschaft Schleswig-Holstein Schreiben Societas Europea Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782 Amtliche Sammlung der EuGH-Entscheidungen siehe oben Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung so genannt Solidaritätszuschlag Solidaritätszuschlagsgesetz Spalte Zeitschrift für Sport und Recht Steueränderungsgesetz Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz) v. 13.9.1993, BGBl. I 1998, 1569 Der Steuerberater (Zeitschrift), auch Steuerbilanz Fünftes Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen v. 23.7.2002, BGBl. I 2002, 2715 Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999) v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601 Die Steuerberatung (Zeitschrift) Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche Betriebsprüfung (Zeitschrift) Gesetz zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz) v. 20.12.2008, BGBl. I 2008, 2850 Steuerberater-Woche (Zeitschrift) Steuer-Eildienst (Zeitschrift)
Abkrzungsverzeichnis StEK StEntlG StEuglG
stpfl. Stpfl. StRefG StSenkG StuB StuW stv. StVereinfG StVergAbG SWI SWK
Felix, Carlé, Steuererlasse in Karteiform, Loseblatt und CD-ROM Steuerentlastungsgesetz Gesetz zur Umrechnung und Glättung steuerrechtlicher Euro-Beiträge (Steuer-Euroglättungsgesetz) v. 19.12.2000, BGBl. I 2000, 1790 Steuerrecht kurzgefaßt (Zeitschrift) Steuer und Studium (Zeitschrift) Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz) Verordnung zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung) Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen Steuerjournal (Zeitschrift) Steuerkongress-Report steuerlich Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts steuerpflichtig Steuerpflicht, auch Steuerpflichtige(r) Steuerreformgesetz Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433 Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) stellvertretend Steuervereinfachungsgesetz Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660 Steuer & Wirtschaft International (Zeitschrift) Steuer- und WirtschaftsKartei (Zeitschrift)
Thür. ThürLFD TierNebG TMTP TNI TNMM TPIR TVG TW Tz.
Thüringen Thüringer Landesfinanzdirektion Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz Tax Management Transfer Pricing (Zeitschrift) Tax Notes International (Zeitschrift) Transactional Net Margin Method Tax Planning International Review (Zeitschrift) Tarifvertragsgesetz Teilwert Textziffer
ua. uÄ Ubg UBR uE UG UmwG UmwStE UmwStG UntStFG
unter anderem und Ähnliches Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift) Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr unseres Erachtens Unternehmergesellschaft Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuererlass Umwandlungssteuergesetz Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 Unternehmensteuerreformgesetz v. 14.8.2007, BStBl. I 2007, 1912 Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285 unzutreffend Umsatzsteuer-Rundschau (Zeitschrift) Urteil
SteuK SteuStud StEUVUmsG StHBekG StHBekV StiftFöG StJ StKongrRep. stl. StMBG
UntStRefG UntStRFoG UntSt/RKVereinfG
unzutr. UR Urt.
XXVII
Abkrzungsverzeichnis USt UStAE UStG uU UVR
Umsatzsteuer Umsatzsteuer-Anwendungserlass Umsatzsteuergesetz unter Umständen Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht (Zeitschrift)
v. VA VAG VAGuaÄndG
vom, von Verwaltungsakt Versicherungsaufsichtsgesetz Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und anderer Gesetze Variante Value added Tax verdeckte Einlage verwendbares Eigenkapial Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (Zeitschrift) Gesetz zur Verbesserung und Vereinfachung der Vereinsbesteuerung Verfügung Verwaltungsgericht verdeckte Gewinnausschüttung Verwaltungsgerichtshof vergleiche vom Hundert Versicherungsnehmer Verordnung Vermögensteuergesetz Versicherungsunternehmen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Versicherungswirtschaft (Zeitschrift) Verwaltungsgrundsätze Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung Der Wirtschaftstreuhänder (Zeitschrift) Veranlagungszeitraum
Var. VAT vE vEK VerBAV VereinsFG Vfg. VG vGA VGH vgl. vH VN VO VStG VU VVaG VW VWG VWG-FVerl vwt VZ WaBeschG
WHG WiGBl. Wj. WK WKBG WM WPg
Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) v. 22.12.2009, BGBl. I 2001, 3950 Wirtschaftsgut Wohnungsbaugemeinnützigkeitsgesetz Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Wasserhaushaltsgesetz Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wirtschaftsjahr Werbungskosten Gesetz zur Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
YEA
Year-End-Adjustments
ZAG zB ZErb ZEV ZfBR
Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten zum Beispiel Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer
WG WGG WGGDV
ZGR ZHR Ziff.
XXVIII
Abkrzungsverzeichnis ZInsO ZKF ZLR Zollkodex-AnpG
ZRG ZSt ZSteu ZStV zT zust. zutr. zzgl.
Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Kommunalfinanzen Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417 Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Zeitschrift zum Stiftungswesen Zeitschrift für Steuern und Recht Zeitschrift für Stiftungs- und Vereinswesen zum Teil zustimmend zutreffend zuzüglich
XXIX
Körperschaftsteuergesetz (KStG) idF der Bek. v. 15.10.2002 (BGBl. I 2002, 4144), zuletzt geändert durch G v. 1.4.2015 (BGBl. I 2015, 434)
Erster Teil Steuerpflicht §1 Unbeschränkte Steuerpflicht (1) Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben: 1. Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung); 2. Genossenschaften einschließlich der Europäischen Genossenschaften; 3. Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit; 4. sonstige juristische Personen des privaten Rechts; 5. nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts; 6. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. (2) Die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte. (3) Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. am Festlandsockel, soweit dort Naturschätze des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes erforscht oder ausgebeutet werden, und 2. an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort Energieerzeugungsanlagen errichtet oder betrieben werden, die erneuerbare Energien nutzen. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung des § 1 KStG . . . . . . . . . . 2. Telos des § 1 KStG . . . . . . . . . . . . . . III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . 1. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu anderen Vorschriften des KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften außerhalb des KStG . . . . . . . . . . . . . a) Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . b) Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . c) Doppelbesteuerungsabkommen d) Unionsrecht/EWR-Abkommen . . e) Steuergesetze außerhalb des KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) AStG/§ 50i EStG . . . . . . . . . . . . bb) EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gewerbesteuer. . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
1 1 3 3 5
. .
7 7
.
9
. . . . .
13 13 19 20 24
. . . . .
25 25 28 35 40
ee) FMStG/REITG/InvStG . . . . . . . . ff) UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . B. Kreis der unbeschränkt steuerpflichtigen KSt-Subjekte (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Folgende Körperschaften/Personenvereinigungen/Vermögensmassen . . . . II. Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 KStG 1. Abgrenzung nach der Rechtsform und -fähigkeit innerhalb des Katalogs . . . . 2. Kapitalgesellschaften (Abs. 1 Nr. 1). . . a) Aufzählung mit Regelbeispielen . . b) Kapitalgesellschaften mit inländischer Rechtsform . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen der unbeschränkten KSt-Pflicht. . . . . . . . . bb) Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . cc) Kommanditgesellschaften auf Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gesellschaften mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Europäische Gesellschaften . . . . .
Levedag
41 42 44 45 45 49 49 53 53 54 54 57 60 63 66
1
§1
Unbeschrnkte Steuerpflicht
3. 4. 5.
6.
7.
c) Andere Kapitalgesellschaften mit inländischem Sitz oder Ort der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Abs. 1 Nr. 2). . . . . . . . . . . . . Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit (Abs. 1 Nr. 3). Sonstige juristischen Personen des Privatrechts (Abs. 1 Nr. 4). . . . . . . . . . a) Begriffsbestimmung. . . . . . . . . . . . b) Eingetragene Vereine . . . . . . . . . . . c) Rechtsfähige Stiftungen und Anstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Besteuerung rechtsfähiger Vereine und Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht rechtsfähige Gebilde des Privatrechts (Abs. 1 Nr. 5). . . . . . . . . . a) Auffangtatbestand . . . . . . . . . . . . b) Nicht rechtsfähige Vereine des Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nicht rechtsfähige Stiftungen und andere Zweckvermögen des Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nicht rechtsfähige Stiftungen . . . bb) Andere private Zweckvermögen . . cc) Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1 Nr. 6). . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 74 78 80 80 81 82 85 86 86 87
88 88 91 92
III. Inländischer Ort der Geschäftsleitung oder inländischer Sitz . . . . . . . . . . . . . 98 1. Ort der Geschäftsleitung. . . . . . . . . . . 98 2. Statutarischer Sitz der Gesellschaft . . 104 a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . 104 b) Sitzverlegung und Löschung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 C. Sachlicher und zeitlicher Umfang der unbeschränkten Steuerpflicht (Abs. 2) . . . I. Rechtsfolge der unbeschränkten KSt-Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beginn der KSt-Pflicht . . . . . . . . . . . . 1. Juristische Personen des Privatrechts (Abs. 1 Nr. 1 bis 4) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und juristische Personen des Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . b) Europäische Gesellschaften und zuziehende Auslandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nicht rechtsfähige KSt-Subjekte (Abs. 1 Nr. 5) und Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1 Nr. 6) . . . . . . . . . . . . III. Ende der Körperschaftsteuerpflicht . .
109 109 110 110
110
115
118 119
D. Inlandsbegriff (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 122
93
Literatur: Piltz, Unbeschränkte Steuerpflicht ausländischer Kapitalgesellschaften aufgrund inländischer Geschäftsleitung, FR 1985, 34; Dötsch, Körperschaftsteuerliche Behandlung der Verlegung des Sitzes bzw. der Geschäftsleitung einer Kapitalgesellschaft über die Grenze, DB 1989, 2296; Piltz, Unbeschränkte Steuerpflicht ausländischer Kapitalgesellschaften, FR 1990, 608; Debatin, Die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Kapitalgesellschaften, GmbHR 1991, 164; Kessler/Gastl/Fritz, Ertragsteuerliche Behandlung wirtschaftlicher Betätigungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, BB 2001, 961; Kessler/ Gastl/Fritz, Auswirkungen des Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetzes auf die ertragsteuerliche Behandlung von Betrieben gewerblicher Art, BB 2002, 1512; Hüttemann/Herzog, Steuerfragen bei gemeinnützigen nichtrechtsfähigen Stiftungen, DB 2004, 1011; Kessler/Gastl/Fritz, Ertragsbesteuerung der öffentlichen Hand – Auswirkungen der aktuellen Gesetzesänderungen, BB 2004, 2325; Birnbaum/Pöllath, Die Verselbständigung von Nachlassvermögen: Stiftung, Trust und andere Gestaltungen im Vergleich, FR 2007, 479; Stewen, Europäisches Anerkennungsprinzip und deutscher Typenvergleich, FR 2007, 1047; Gebert/Fingerhuth, Die Verlegung des Ortes der Geschäftsleitung ins Ausland – Steuerliche Fallstricke im Lichte aktueller gesellschaftsrechtlicher Entwicklungen, IStR 2009, 445; Hüttemann, Die Vorstiftung – ein zivil- und steuerrechtliches Phänomen, in Wachter (Hrsg.), Vertragsgestaltung im Zivil- und Steuerrecht, FS für Spiegelberger, Bonn 2009, 1292; Tyarks, Körperschaftsteuerrechtliche Zweckvermögen des privaten Rechts und ihre Behandlung im Umsatzsteuerrecht, 1. Aufl., Baden-Baden 2010; Elser/Dürrschmidt, Die deutsche Immobilien-GmbH mit Geschäftsleitung im Ausland – Gesellschaftsrechtliche Grundlagen und ausgewählte steuerrechtliche Fragen, IStR 2010, 79; Philipp, Steuersubjektqualifikation einer Delaware Limited Partnership nach dem Rechtstypenvergleich im Sinne des BMF-Schreibens vom 19.3.2004, IStR 2010, 204; Dißars, Kriterien zur Bestimmung des Orts der Geschäftsleitung einer Gesellschaft nach § 10 AO, DStZ 2011, 21; Martini, Das Verhältnis der Körperschaftsteuerpflicht der Vorgesellschaften zur späteren Eintragung, DStR 2011, 337; Demuth/Helms, Gesellschafterforderungen und Nutzungsüberlassung in der InsO – steuerliche Fernwirkung zivilrechtlicher Bestimmungen, KÖSDI 2012, 18066; Martini, Das Verhältnis des persönlichen Körperschaftsteuertatbestandes zur Mitunternehmerschaft – Die steuerliche Zuordnung von Personenvereinigungen als Herausforderungen für die Kongruenz von Einkommen- und Körperschaftsteuer, DStR 2012, 388; Martini, Der Typenvergleich bei beschränkter Steuerpflicht, IStR 2012, 441; Streck, Freundliche Schwarze Kassen, AG 2012, 34; Riedel, VGA und Schenkungsteuer: eine Standortbestimmung, GmbH-StB 2013, 216 (Teil I), 246 (Teil II); Schnitger, Fragestellungen zur steuerlichen Behandlung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften, IStR 2013, 82; Schmidtmann, Belastungskonsequenzen von Vermögensverschiebungen in das Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft, StuW 2013, 3; Götz/Pach-Hanssenheimb, Handbuch der Stiftung, Herne, 2014; Graw, Anschaffungskosten iSd. § 17 EStG nach dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), Ubg 2014, 251; Jansen/Lübbehüsen, Neues Investmentsteuergesetz doch noch im Jahr 2013 – auch der Steuergesetzgeber bescherte uns zu Weihnachten, RdF 2014, 28; Moritz, Kapitalanlagen im Schnittpunkt zwischen §§ 17 und 20 EStG, DStR 2014, 1636 und 1703; Schönfeld, Steuerliche Ansässigkeit von Kapitalgesellschaften, IStR 2014, 693; Stadler/Elser, Einschneidende Änderungen der Investmentbesteuerung nach dem nunmehr in Kraft getretenen AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz, DStR 2014, 233; Levedag, Finanzierung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer, GmbHR 2015, 57; P. Kirchhof, Die verfassungsrechtlichen Grenzen rückwirkender Steuergesetze, DStR 2015, 717; Schulze zur
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 1–5 § 1
Wiesche, Schenkungsteuerpflichtige Tatbestände im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, GmbHR 2015, 234. Verwaltungsanweisungen: R 2, 3 und 32 KStR 2004; BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002, BStBl. I 2014, 111; BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258; BMF v. 9.1.2015 – IV C 2 - S 2706 - a/13/10001, BStBl. I 2015, 111.
A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand Regelung der subjektiven unbeschränkten KSt-Pflicht. Aus dem Zusammenspiel des § 1 KStG mit §§ 2 und 3 KStG ergibt sich, dass der deutsche Gesetzgeber hinsichtlich der Arten der Körperschaftsteuerpflicht wie in § 1 EStG bei den natürlichen Personen zwischen der beschränkten und der unbeschränkten Stpfl. unterscheidet. Die unbeschränkte Stpfl. von KSt-Subjekten ist in § 1 KStG geregelt und für die in Abs. 1 Nr. 1 bis 6 genannten Rechtsgebilde konkretisiert. Diese Rechtsgebilde sind unbeschränkt stpfl., wenn sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben. Unter die unbeschränkte KSt-Pflicht können dem Grunde nach Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen fallen.
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Umfang der objektiven unbeschränkten KSt-Pflicht. Gem. § 1 Abs. 2 KStG umfasst der 2 nationale Besteuerungsanspruch sämtliche Einkünfte des unbeschränkt kstpfl. Gebildes, mithin das Welteinkommen. Gleiches gilt für unbeschränkt stpfl. natürliche Personen gem. § 2 Abs. 1 EStG. § 1 Abs. 3 KStG definiert den Inlandsbegriff als territoriale Anknüpfung für den Ort der Geschäftsleitung oder den Sitz des KSt-Subjekts.
II. Bedeutung und Telos 1. Bedeutung des § 1 KStG Abschließende Regelung hinsichtlich der erfassten KSt-Subjekte. Nach allgemeiner Meinung ist die Regelung des Kreises der unbeschränkt stpfl. KSt-Subjekte in § 1 Abs. 1 KStG abschließend.1 Sind nicht rechtsfähige Gebilde unbeschränkt kstpfl., sind sie jedenfalls steuerrechtlich Träger eigenständiger Rechte und Pflichten.2 Für nicht rechtsfähige Personenvereinigungen kann § 3 Abs. 1 subsidiär eine unbeschränkte Stpfl. begründen (s. § 3 KStG Rz. 4–6, 10, 12, 17 f., 21). Abgesehen von Besonderheiten bei inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die nebeneinander sowohl gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 iVm. § 4 KStG unbeschränkt und daneben gem. § 2 Nr. 2 KStG beschränkt stpfl. sein können (s. Rz. 4 und § 2 KStG Rz. 121), gibt es jedenfalls keinen Überschneidungsbereich zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Stpfl. gem. § 2 Nr. 1. Dies wird dadurch gewährleistet, dass in § 2 Nr. 1 die dort erfassten Gebilde weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben dürfen.3 Wenn weder § 1 Abs. 1 KStG, § 3 Nr. 1 KStG noch § 2 Nr. 2 KStG durch ein inländisches Rechtsgebilde erfüllt werden, besteht keine Körperschaftsteuerpflicht und sind die dem Gebilde zuzurechnenden Einkünfte körperschaftsteuerlich nicht zu erfassen.
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Keine Vollbesteuerung der inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Aus § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG und § 2 Nr. 2 KStG folgt zudem die Grundentscheidung des Gesetzgebers, die inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht vollumfänglich iRd. unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht zu besteuern. Diese unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art (nicht aber mit ihrem Hoheitsbereich) der Besteuerung (s. näher Rz. 93). Außerhalb dieses Bereichs besteht bei inländischen juristischen Personen daneben iRd. § 2 Nr. 2 KStG ein Anknüpfungspunkt iRd. beschränkten Stpfl. für Einkünfte, die dem Steuerabzug ganz oder teilweise unterlegen haben, und für die in der Regelung genannten Wertpapierleihen, Wertpapierpensions- und gleichgestellten Rechtsgeschäfte (s. näher § 2 KStG Rz. 3, 6, 121 ff.).
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2. Telos des § 1 KStG Ergänzungsfunktion. Die eigenständige Besteuerung von Körperschaften und der hinter ihnen stehenden Gesellschafter wird maßgeblich mit der notwendigen Ergänzungsfunktion
1 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 3; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 1, 14; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 10 und 60. 2 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 15. 3 Allgemeine Meinung, s. Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 2.
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§ 1 Rz. 5–8
Unbeschrnkte Steuerpflicht
begründet, um steuerfreie Räume für thesaurierte Gewinne zu vermeiden und Wettbewerbsneutralität zu gewährleisten.1 Allerdings schafft die Besteuerung von thesaurierten Gewinnen auf Ebene der Körperschaft mit niedrigeren pauschalen Steuersätzen als beim Mitunternehmer der Personengesellschaft, der nach dem Transparenzprinzip (§§ 2 Abs. 1, 15 Abs. 1 EStG) auch mit nicht entnommenen Gewinnanteilen der progressiven Einkommensbesteuerung (Ausnahme: § 34a EStG) unterliegt, einen Wettbewerb zwischen den Rechtsformen. 6
Rechtfertigung der Körperschaftsbesteuerung. Die Besteuerung des Einkommens der juristischen Personen mit einer eigenen Ertragsteuer wird anknüpfend an das Zivilrecht mit deren Rechtsfähigkeit gerechtfertigt, was auch durch die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG erfolgte Aufzählung der dort genannten Rechtsgebilde zum Ausdruck kommt. Daneben unterliegen aber auch nicht rechtsfähige Gebilde gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG der unbeschränkten Stpfl. Diese eigene Besteuerung der Körperschaft ist geboten. Körperschaften verfügen mit dem ihnen zuzurechnenden Einkommen über eine eigene objektive Leistungsfähigkeit, die sich von der Leistungsfähigkeit ihres Anteilseigners abhebt, da die Körperschaft selbst im Wettbewerb steht.2
III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Geltungsbereich 7
Sachlicher Geltungsbereich. Der sachliche (persönliche und räumliche) Geltungsbereich der unbeschränkten KSt-Pflicht wird durch den abschließend geregelten Kreis der inländischen stpfl. Rechtsgebilde in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 iVm. Abs. 3 KStG festgelegt. Der nationale Besteuerungsanspruch umfasst im Grundsatz „sämtliche Einkünfte“ und damit das Welteinkommen. Ob die Bundesrepublik Deutschland diesen umfassenden Besteuerungsanspruch auch für die ausländischen Einkünfte unbeschränkt stpfl. KSt-Gebilde durchsetzen kann, hängt bei Vorhandensein eines DBA davon ab, inwieweit dieses den nationalen Besteuerungsanspruch beschränkt (s. vertiefend § 2 KStG Rz. 12 ff., 70 ff.).
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Zeitlicher Geltungsbereich.3 § 1 Abs. 1 KStG gilt in der kommentierten Fassung seit den Änderungen durch das SEStEG vom 7.12.20064. In dieser Änderung wurde klargestellt, dass „zugezogene“ ausländische EU-/EWR-Gesellschaften mit ausländischem Sitz und inländischem Verwaltungssitz, die in Deutschland als rechtsfähige Gebilde anzuerkennen sind, der unbeschränkten KSt-Pflicht unterfallen. § 1 Abs. 2 KStG gilt in der vorliegenden Form seit dem Inkrafttreten des KStG 1977. § 1 Abs. 3 KStG in der kommentierten Fassung entspricht der Fassung des Kroatien-AnpG5 und gilt mit Wirkung vom 31.7.2014 an. Der Gesetzgeber beabsichtigt im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften6, den Inlandsbegriff des § 1 Abs. 3 KStG zu erweitern (vgl. Rz. 124).
1 Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 31 ff.; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 12; BFH v. 24.2.1999 – X R 171/96, BStBl. II 1999, 450 unter VII. = FR 1999, 586 m. Anm. Wendt = GmbHR 1999, 621. 2 S. nur BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1306 unter C.III.1.: „Für eine Beurteilung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist dabei entscheidend, ob es einen hinreichenden sachlichen Grund gibt, unternehmerische Tätigkeiten steuerlich unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie in Gestalt von Personen- oder Kapitalgesellschaften ausgeübt werden. Einen solchen Grund liefert die Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern. Diese Abschirmung bewirkt, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit entsteht, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden darf. Das Steuerrecht nimmt damit bei der Bestimmung verschiedener Zurechnungssubjekte steuerlicher Leistungsfähigkeit verfassungsrechtlich bedenkenfrei die zivilrechtliche Grundentscheidung auf, nach der bei Personengesellschaften das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zugerechnet wird (vgl. § 718 BGB iVm. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), während das Vermögen der Kapitalgesellschaften gegenüber dem Vermögen ihrer Gesellschafter grundsätzlich selbständig ist.“ Vgl. ausführlich Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 31, 33; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 2. 3 S. ausführlicher Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 2; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 4 f. 4 BGBl. I 2006, 2782, ber. BGBl. I 2007, 68. 5 G v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266. 6 BR-Drucks. 121/15, 6, dort Art. 2 Nr. 2.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 9–13 § 1
2. Verhältnis zu anderen Vorschriften des KStG Verhältnis zu §§ 2 und 3 KStG. Nur in den Fällen der BgA kann eine Körperschaft des öffent- 9 lichen Rechts sowohl der unbeschränkten Stpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG als auch der beschränkten Stpfl. gem. § 2 Nr. 2 KStG unterliegen (s. § 2 KStG Rz. 6). Ansonsten schließen sich die unbeschränkte und beschränkte Stpfl. tatbestandlich aus, denn § 2 KStG erfasst nur Rechtsgebilde, die „weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland“ aufweisen. § 3 Abs. 1 KStG hat Ergänzungsfunktion zu § 1 KStG (s. § 3 KStG Rz. 5 f.), § 3 Abs. 2 KStG beschränkt – vergleichbar einer Steuerbefreiungsregelung – die Stpfl. der dort genannten Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und anderer Realgemeinden auf den Sachverhalt, dass diese einen Gewerbebetrieb unterhalten müssen, der über einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb hinausgeht (s. § 3 KStG Rz. 8, 29). Verhältnis zu § 5 KStG. Steuerbefreiungen iSd. § 5 Abs. 1 KStG gelten nach § 5 Abs. 2 10 Nr. 2 KStG nicht für beschränkt stpfl. Körperschaften, sie setzen demnach die unbeschränkte Stpfl. voraus (s. näher § 2 KStG Rz. 7 und § 5 KStG Rz. 1, 644 f.). Verhältnis zu § 8 KStG. § 8 Abs. 2 KStG bestimmt, dass nur bei unbeschränkt stpfl. KSt- 11 Subjekten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten (eingehend § 8 KStG Rz. 24, 80, 93 ff., 102 ff., 122 ff.). Die weiteren inländ. Rechtsgebilde gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG (Körperschaften/Personenvereinigungen/Vermögensmassen) und beschränkt stpfl. KSt-Subjekte können sämtliche anderen Einkünfte iSd. § 2 Abs. 1 EStG beziehen (s. näher § 2 KStG Rz. 65 ff. und § 8 KStG Rz. 23, 25–27, 92, 98 ff.). Verhältnis zu § 27 KStG. Die Vorschrift über das stl. Einlagekonto war zunächst nur für unbeschränkt stpfl. KapGes. anzuwenden. Mit dem SEStEG wurde § 27 KStG um einen Abs. 8 erweitert, der den Anwendungsbereich des Einlagekontos auf in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässige Körperschaften und Personenvereinigungen erstreckte und das hierfür erforderliche Verfahren regelt.1
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3. Verhältnis zu anderen Vorschriften außerhalb des KStG a) Verfassungsrecht Grundrechtsfähigkeit. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Zu ausländischen Körperschaften s. § 2 KStG Rz. 8. Art. 3 Abs. 1 GG. Inländische juristische Personen können sich iRd. vom BVerfG entwickelten Grundsätze sowohl auf das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit als auch auf das Folgerichtigkeitsprinzip berufen. Allerdings sieht das BVerfG im Bereich des Ertragsteuerrechts für die Besteuerung gewerblicher Einkünfte KapGes. und Personengesellschaften grds. als ungleich, alle KapGes., gleichviel ob personenbezogen oder anonym ausgestaltet, hingegen untereinander als vergleichbar an.2 Der BFH hat im Hinblick auf das zumindest aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip abzuleitende und in der KSt gem. § 2 Abs. 2 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG verankerte objektive Nettoprinzip im Grundsatz keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der gewerbe- und körperschaftsteuerlichen Mindestbesteuerung, soweit dieser das Konzept einer zeitlichen Streckung des Verlustabzugs zugrunde liegt, stellt aber deren Definitivcharakter infrage (s. hierzu § 8 KStG Rz. 67)3 Der Untergang von Verlustvorträgen gem. § 8c KStG wird im Schrifttum als Verstoß gegen die Vorgaben des objektiven Nettoprinzips angesehen.4 Das FG Hamburg hat mit Vorlagebeschluss vom 4.4.20115 dem BVerfG etwa die Frage vorgelegt, ob § 8c Satz 1 KStG idF des
1 Vgl. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 14: Der gesonderte Ausweis des stl. Einlagekontos dient in erster Linie der Erfassung von Einlagenrückgewährungen an einen Anteilseigner, da diese nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören. 2 BVerfG v. 24.1.1962 – 1 BvR 845/58, NJW 1962, 435; BFH v. 24.2.1999 – X R 171/96, BStBl. II 1999, 450 unter VII. = FR 1999, 586 m. Anm. Wendt = GmbHR 1999, 621; zur Geltung des Gebots der Folgerichtigkeit im Unternehmensteuerrecht s. auch Hey, DStR 2009, 2561. 3 BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = GmbHR 2013, 52 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach (BVerfG 2 BvR 2998/12); s. aber den Vorlagebeschluss des BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 (BVerfG 2 BvL 19/14) und zur gewstl. Mindestbesteuerung BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498; v. 20.9.2012 – IV R 29/10, BStBl. II 2013, 505; v. 20.9.2012 – IV R 43/10, BFH/NV 2013, 408; v. 20.9.2012 – IV R 60/11, BFH/NV 2013, 410. 4 Vgl. Hey, Beihefter zu DStR 34/2009, 109 (113). 5 2 K 33/10, GmbHR 2011, 711 m. Anm. Roser = EFG 2011, 1460 (BVerfG 2 BvL 6/11).
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§ 1 Rz. 13–14
Unbeschrnkte Steuerpflicht
UntStRefG 20081 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist (s. § 8c KStG Rz. 45).2 Das BVerfG hat es als mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar angesehen, dass die Übergangsregelungen vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren bei einzelnen Unternehmen zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial führen, der bei einer anderen Ausgestaltung des Übergangs ohne Abstriche an den gesetzgeberischen Zielen vermieden werden könnte.3 Zur Verfassungsmäßigkeit des § 8b KStG s. § 8b KStG Rz. 92 ff. 14
Kein Verfassungsgebot zur Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbelastung bei ausgeschütteten Gewinnen. Unter Geltung des bis Ende 2000 geltenden Anrechnungsverfahrens hat das BVerfG eine Vergleichbarkeit der Steuerbelastung von KapGes. und ihren Anteilseignern mit der Besteuerung entnommener und nicht entnommener Gewinne der Mitunternehmer von Personengesellschaften verneint.4 Art. 3 Abs. 1 GG enthalte – so das BVerfG – kein allgemeines Verfassungsgebot der Rechtsformneutralität in dem Sinn, dass ausgeschüttete Gewinne von KapGes. beim Anteilseigner einkommensteuerlich ebenso zu behandeln seien wie entnommene Gewinne von Personengesellschaften. Mit anderen Worten: Die wirtschaftliche Doppelbelastung und Besteuerung auf zwei Ebenen muss aus verfassungsrechtlicher Sicht in der Endbelastung nicht der progressiven Besteuerung des Mitunternehmers entsprechen. Übertragen auf das derzeitige halbklassische System der Körperschaftsbesteuerung5 ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, eine Belastungsgleichheit auf Ebene der Anteilseigner von KapGes. mit Mitunternehmern in der Weise herzustellen, dass unter Beachtung der körperschaftsteuerlichen Vorbelastung ausgeschüttete Gewinne des Anteilseigners nicht höher belastet werden als entnommene Gewinne eines Personengesellschafters. Es wäre nach den unterschiedlichen Besteuerungsfolgen auf Ebene der Anteilseigner auch kaum möglich, eine Gleichheit im Belastungsenderfolg herbeizuführen:6 –
Die Endbelastung des „durch die Kapitalgesellschaft“ erwirtschafteten Gewinns auf Ebene des Anteilseigners hängt bei natürlichen Personen davon ab, ob die Abgeltungsteuer (25 % + SolZ gem. § 32d Abs. 1 EStG) oder das Teileinkünfteverfahren (bei betrieblichen Beteiligungserträgen, § 3 Nr. 40 EStG iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8 EStG, oder aufgrund eines Antrags nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG) zur Anwendung kommt.
–
Ausschüttungen inländischer Körperschaften an andere inländische Körperschaften sind steuerbefreit (§ 8b Abs. 1 KStG), allerdings werden 5 % des Beteiligungsertrags in nicht abzugsfähige BA umqualifiziert, sodass faktisch 95 % des Ausschüttungsbetrags steuerfrei gestellt werden (zu Ausschüttungen an beschränkt stpfl. Körperschaften s. § 2 KStG Rz. 79 ff. und zur Durchbrechung dieses Grundprinzips bei Streubesitzdividenden s. § 8b KStG Rz. 6 f.).7 Durch die Steuerfreistellung in § 8b KStG soll – dem Sinn und Zweck des Halbeinkünfteverfahrens entsprechend – sichergestellt werden, dass eine Definitivbelastung mit KSt iErg. nur auf der Ebene der operativen Körperschaften erfolgt und eine Besteuerung von Ausschüttungen nur bei nicht korporierten Gesellschaftern bewirkt wird (s. § 8b KStG Rz. 4, 7).
–
Werden thesaurierte Rücklagen bei einer Anteilsübertragung gem. § 17 EStG oder bei einer im BV verstrickten Kapitalbeteiligung „mitverkauft“, gilt auf Ebene des Anteilseigners (natürliche Person) für wesentliche Beteiligungen das Teileinkünfteverfahren. Bei Körperschaften unterfällt die Veräußerung § 8b KStG, sodass die Veräußerungsgewinne iErg. einer 95-prozentigen Steuerbefreiung unterliegen. Für die Veräußerung nicht wesentlicher Beteiligungen durch natürliche Personen gilt die Abgeltungsteuer (§ 20 Abs. 2 und 4 iVm. § 32d Abs. 1 EStG).
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G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. S. hierzu auch FG Sachs. v. 16.3.2011 – 2 K 1869/10, EFG 2011, 1457. BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, FR 2010, 472 = GmbHR 2010, 368 m. Anm. Prinz = DStR 2010, 434. BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1316; Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 155. Zur Systembeschreibung Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 21, 70, 93 ff. Eingehend mit Belastungsvergleichen zu den verschiedenen Anteilseignergruppen Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 93 ff. 7 Zu den Fallgruppen bei Körperschaften als Anteilseignern s. Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 95.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 14–21 § 1
Die derzeitige Rechtslage, nach der die Vorbelastung auf Ebene der Körperschaft auf Ebene des Anteilseigners nach verschiedenen Methoden und mit unterschiedlichen Folgen im Belastungsenderfolg abgemildert wird, ist daher uE verfassungsgemäß.1 Kein Gleichbehandlungsgebot thesaurierter Gewinne bei Körperschaften und Personenunternehmen. Ebenso existiert kein Verfassungsgebot, die Belastung thesaurierter Gewinne auf Ebene der Körperschaft mit der Belastung nicht entnommener Gewinne bei Personenunternehmen abzustimmen.2
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Art. 14 GG. Körperschaften iSd. Art. 19 Abs. 3 GG können sich auf die jüngere Rspr. des BVerfG berufen, nach der die Verpflichtung zur Steuerzahlung dem Grunde nach einen Eingriff in das Grundrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG darstellt.3
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Formelle Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen/Rückwirkungsverbot. Zudem hat vor al- 17 lem der für das Körperschaftsteuerrecht zuständige I. Senat des BFH immer wieder auch das formell verfassungsmäßige Zustandekommen von Gesetzen geprüft4 und in der Vergangenheit bereits das BVerfG im Wege der Normenkontrolle gem. Art. 100 Abs. 1 GG angerufen.5 Regelmäßig verabschiedet der Gesetzgeber im Körperschaftsteuerrecht rückwirkende Regelungen, die Fragen nach der Verfassungsmäßigkeit aufwerfen.6 Im Hinblick auf die nicht in § 43 Abs. 18 KAGG enthaltene Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG hat das BVerfG eine vom Gesetzgeber als Klarstellung behandelte rückwirkende Gesetzesänderung als unzulässige verfassungswidrige echte Rückwirkung für nichtig erklärt.7 Art. 106/Art. 108 GG. Die KSt ist eine Gemeinschaftssteuer, deren Aufkommen zwischen Bund und Ländern geteilt wird. Sie wird als direkte Steuer von den Länderfinanzbehörden verwaltet.
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b) Völkerrecht Inlandsbegriff. Weder das EStG noch das KStG definieren den Inlandsbegriff positiv; § 1 Abs. 3 KStG enthält lediglich die Aussage, dass zum Inland unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 KStG „auch“ der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil am Festlandsockel und gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 KStG an der ausschließlichen Wirtschaftszone gehören. Der Begriff des Bundesgebiets – als des Gebiets, auf dem das Grundgesetz Geltung hat – steht dem des Inlands gleich.8 Der Begriff des Staatsgebiets wiederum – als des Gebiets, auf dem ein Staat seine Gebietshoheit entfaltet (vgl. Art. 23 GG) – ist für die BRD mit dem des Bundesgebiets gleichzusetzen. In der zitierten Entscheidung hat der BFH zur Auslegung des Inlandsbegriffs in § 1 KStG auf völkerrechtliche Grundsätze zurückgegriffen, um zu begründen, dass unter dem Begriff des Inlands das Herrschaftsgebiet im staatsrechtlichen Sinne zu verstehen ist.
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c) Doppelbesteuerungsabkommen DBA als Bestandteil des nationalen Steuerrechts. Siehe dazu § 2 KStG Rz. 12.
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Ansässige Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die in der Bundesrepublik Deutschland Sitz oder Geschäftsleitung hat und unbeschränkt stpfl. ist, ist iS. eines DBA, das eine Art. 4 Abs. 1 OECD-MA vergleichbare Regelung enthält, in Deutschland ansässig. Sie kann sich damit auf die Gewährleistungen des jeweiligen DBA berufen, die der andere Vertragsstaat den in Deutschland ansässigen Gesellschaften zu gewähren hat. Siehe für beschränkt stpfl. Körperschaften vertiefend § 2 KStG Rz. 13 ff.
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1 Jochum, DStZ 2010, 309; s. auch Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 6, 34, 156, nach dem weder ein Gebot noch ein Verbot der wirtschaftlichen Doppelbelastung von Erträgen auf Ebene der Körperschaft und des Anteilseigners existiert. 2 Zum Meinungsstand Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 155. 3 Vgl. BVerfG v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 = FR 2006, 635 m. Anm. Kanzler; BFH v. 16.1.2014 – I R 21/12, DStR 2014, 941. 4 BFH v. 7.4.2010 – I R 42/09, BFH/NV 2010, 1656. 5 S. BFH v. 27.8.2008 – I R 33/05, BStBl. II 2010, 63 = GmbHR 2009, 156 m. Anm. Haritz/Pellens = FR 2009, 477 (BVerfG 2 BvL 1/09); s. auch BVerfG v. 15.1.2008 – 2 BvL 12/01, DStR 2008, 556. 6 S. zB BFH v. 25.9.2012 – I B 189/11, BFH/NV 2013, 92 (zu § 12 Abs. 2 UmwStG); v. 6.3.2013 – I R 10/11, FR 2014, 24 = ISR 2013, 284 m. Anm. Quilitzsch = GmbHR 2013, 879 m. Anm. Patzner/Nagler = BFH/NV 2013, 1335 sowie zB die anhängigen Verfahren I R 88/13, I R 87/12, I R 76/12, I R 57/11. 7 BVerfG v. 17.12.2013 – 2 BvL 5/09, BGBl. I 2014, 255; BFH v. 30.7.2014 – I R 74/12, BFH/NV 2015, 55 ff. Zur Neuausrichtung der Rückwirkungsrechtsprechung s. P. Kirchhof, DStR 2015, 717. 8 BFH v. 13.2.1974 – I R 218/71, DStR 1974, 386.
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§ 1 Rz. 22 22
Unbeschrnkte Steuerpflicht
Doppelt ansässige Gesellschaften. Auf Grundlage der Rechtsentwicklungen im inländischen Zivilrecht und zu den europäischen Grundfreiheiten steigt die praktische Bedeutung doppelt ansässiger KapGes (s. auch § 8 KStG Rz. 84).1 –
Ist eine Gesellschaft sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in einem anderen Staat, mit dem ein DBA besteht, unbeschränkt stpfl., ist nach der „Tie-Breaker-Rule“ des DBA (entsprechend Art. 4 Abs. 3 OECD-MA) zu entscheiden, in welchem Vertragsstaat die Gesellschaft für Zwecke des Abkommens als ansässig anzusehen ist. Dies ist vorrangig der Staat, in dem sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet. Einen Anwendungsfall für doppelt ansässige Gesellschaften stellen europäische Kapitalgesellschaften dar, die über einen ausländischen (Register-)Sitz verfügen und deren Ort der Geschäftsleitung im Inland liegt (s. dazu näher Rz. 67 ff.). Aber auch deutsche KapGes. können inzwischen gem. § 4a GmbHG ihren Ort der Geschäftsleitung rechtswahrend in das Ausland verlegen. Ist für Zwecke des DBA von einer Ansässigkeit der Gesellschaft im anderen Vertragsstaat auszugehen, ist die Gesellschaft dennoch aus Sicht des nationalen Steuerrechts weiterhin als unbeschränkt stpfl. Gesellschaft anzusehen.2 Besteht kein DBA, bleibt es bei der Doppelbesteuerung des Einkommens, weil zwei Staaten diese als unbeschränkt stpfl. ansehen, soweit die Doppelbesteuerung nicht im Einzelfall durch die Anrechnungsmethode vermieden werden kann (dh. Anrechnung der ausl. Steuer, die auf die ausländ. – also nicht auf die inländ. – Einkünfte entfällt).3 Allerdings enthält Rz. 8.2 des OECD-MK zu Art. 4 OECD-MA nunmehr eine Einschränkung, dass auf Ebene des Abkommens in Drittstaatssachverhalten die doppelte Ansässigkeit nicht anzuerkennen sein soll.4
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Zudem hatte der BFH im Jahr 2004 entschieden, dass eine nach dem Recht des Staates Delaware gegründete US-Kapitalgesellschaft mit statutarischem Sitz in den USA, die ihre tatsächliche Geschäftsleitung in die Bundesrepublik verlegt hatte, aufgrund des DBADiskriminierungsverbots Organträgerin einer inländischen KapGes. iSd. § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG sein könne.5 Nach den jüngsten Gesetzesänderungen in §§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, 17 Satz 1 KStG nF (s. § 14 KStG Rz. 75) wird nunmehr die Organträgereigenschaft allen bisher tauglichen Steuersubjekten zugebilligt, unabhängig von ihrem Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz und Ort der Geschäftsleitung oder einem anderen Ansässigkeitsmerkmal. Allerdings wird das deutsche Besteuerungsrecht an dem dem Organträger zugerechneten Einkommen durch das zugleich geschaffene Erfordernis einer inländischen Betriebsstätte gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sätze 4 und 7, § 17 Satz 1 KStG nF, der die Beteiligung an der Organgesellschaft zugeordnet sein muss, und die Vorgabe des Bestehens des deutschen Besteuerungsrechts an diesem Einkommen festgeschrieben.6 Organgesellschaft kann nach den Änderungen des Organschaftsrechts gem. §§ 14 Abs. 1, 17 KStG somit nunmehr auch eine Körperschaft sein, wenn ihr Ort der Geschäftsleitung im Inland liegt und sich der Ort des Sitzes in einem EU-/EWR-Staat befindet (s. § 14 KStG Rz. 85 ff.). Der frühere doppelte Inlandsbezug ist entfallen.7 Der Gesetzgeber will zudem in § 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG nF die doppelte Verlustnutzung nicht nur, aber auch durch den Einsatz doppelt ansässiger Gesellschaften ausschließen.
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Weitere Vorteile des Einsatzes doppelt ansässiger Gesellschaften können aus der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung gem. § 8b KStG resultieren (s. § 8b KStG Rz. 11), da § 50d Abs. 3 EStG für Ausschüttungen an Gesellschaften mit ausländischem Sitz und inländischem Ort der Geschäftsleitung nicht anwendbar sein soll.8
1 S. vertiefend Schnitger, IStR 2013, 82 ff. 2 BFH v. 16.3.1994 – I B 155/93, BFH/NV 1994, 852; Klein in H/H/R, § 2 KStG Anm. 16. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 KStG Rz. 72 (Stand: November 2010); Schnitger, IStR 2013, 83 (86) mit Beispiel zu passiven ausländischen Zinseinkünften sowie zur doppelten unbeschränkten Stpfl. (S. 88). 4 Kritisch Schnitger, IStR 2013, 82 (88). 5 BFH v. 29.1.2003 – I R 6/99, BStBl. II 2004, 1043 = FR 2003, 912 = GmbHR 2003, 722; Schnitger, IStR 2013, 82 (83) auch zur Variante der wegziehenden inländischen Gesellschaft mit beibehaltener inländischer Betriebsstätte. 6 Jesse, FR 2013, 629 (633): Paradigmenwechsel weg vom Ansässigkeitskriterium hin zu einem Belegenheitskriterium in Gestalt einer „Organträgerbetriebsstätte“; Rödder, JbFStR 2013/2014, 94 (104 ff.); s. auch BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106; BMF v. 27.12.2011 – IV C 2 - S 2770/11/10002 – DOK 2011/0965132, BStBl. I 2012, 119 und die Arbeitshilfe „Kleine Organschaftsreform“ der OFD Karlsruhe v. 16.1.2014 – S 2770/52/2 - St 221, FR 2014, 434. 7 Zur Neuregelung Jesse, FR 2013, 629 (630); s. auch Schnitger, IStR 2013, 82 (85) mit Beispielen. 8 Schnitger, IStR 2013, 82 (89).
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 23–25 § 1
Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts. Aus Sicht des deutschen Fiskus, der nach nationalem Steuerrecht das Besteuerungsrecht für das Welteinkommen des unbeschränkt stpfl. Rechtsgebildes für sich reklamiert, sind die Beschränkungen zu beachten, die sich aufgrund der DBA ergeben, wenn danach dem Quellenstaat ein (anteiliges oder vollständiges) Besteuerungsrecht zusteht.1 Ergänzend wird auf die Ausführungen in § 2 KStG Rz. 18, 70 ff. Bezug genommen.
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d) Unionsrecht/EWR-Abkommen Grundfreiheiten. Inländische Körperschaften können sich auf die Grundfreiheiten des AEUV berufen. Für Investitionen im EU-/EWR-Ausland sind vor allem die Niederlassungsund die Kapitalverkehrsfreiheit maßgeblich. Die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV umfasst die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen zu den gleichen Bedingungen wie den im Recht des Niederlassungsmitgliedstaats für dessen eigene Angehörigen festgelegten. Nach Art. 54 AEUV ist für die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der EU haben, hiermit das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben.2 Zur Abgrenzung von der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) ist für den EuGH maßgeblich, ob nationale Rechtsvorschriften als Regelungsgegenstand auf Beteiligungsquoten abstellen, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen (sog. bestimmende Regelungen); ist dies der Fall, unterliegen solche Regelungen nur dem Anwendungsbereich und Maßstab der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV.3 Hingegen unterfallen nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich dem Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit.4 Zu den umstrittensten Fragen für unbeschränkt stpfl. Körperschaften gehört derzeit die Behandlung der finalen ausländ. Verluste (s. dazu § 8 KStG Rz. 52 ff.)5 und der sog. Streubesitzdividenden (s. § 8 KStG Rz. 43, § 8b KStG Rz. 88 ff., 437 ff.).
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e) Steuergesetze außerhalb des KStG aa) AStG/§ 50i EStG Wegzugsbesteuerung. Die Wegzugsbesteuerung gem. § 6 AStG erfasst alle Beteiligungen 25 iSd. § 17 EStG und damit sowohl wesentliche Beteiligungen an inländ. als auch an ausländ. KapGes. In der Gestaltungspraxis wurde die Wegzugsbesteuerung gem. § 6 AStG bei inländ. Beteiligungen gem. § 17 EStG dennoch oft vermieden: In einem ersten Schritt wurde die Beteiligung gem. § 17 EStG steuerneutral (zB gegen ausschließliche Erhöhung der gesamthänderisch gebundenen Rücklage) in das Gesamthandsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft eingelegt oder gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragen.6 Danach zog
1 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 16. 2 EuGH v. 21.9.1999 – Rs. C-307/97 – Saint-Gobain ZN, Slg. 1999, I-6161 Rz. 3; v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837 Rz. 30; v. 1.4.2014 – Rs. C-80/12, DStR 2014, 784. 3 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 = BStBl. II 2009, 692; v. 25.10.2012 – Rs. C-387/11 – Kommission ./. Belgien, IStR 2012, 971 Rz. 34; v. 13.11.2012 – Rs. C-357/11 – Test Claimants in the FII Group Litigation, IStR 2012, 924 Rz. 91 und die dort angeführte Rspr.; sowie v. 28.2.2013 – Rs. C-168/11 – Beker und Beker, DStR 2013, 518 Rz. 25; v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A, DStR 2013, 392; v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, DStR 2013, 2441; zum Ganzen Schön, JbFStR 2013/2014, 79 (82). 4 Vgl. EuGH v. 25.10.2012 – Rs. C-387/11 – Kommission ./. Belgien, IStR 2012, 971 Rz. 34; v. 12.12.2006 – Rs. C-446/04 – Test Claimants in the FII Group Litigation, IStR 2012, 924 Rz. 92 und die dort angeführte Rspr.; sowie v. 28.2.2013 – Rs. C-168/11 – Beker und Beker, DStR 2013, 518 Rz. 26; zu einem Überblick zur Vereinbarkeit der derzeitigen Regelungen des KStG mit dem Unionsrecht s. Desens in H/H/R, Einführung KSt Anm. 161; Kessler/Spengel, DB Beilage 1/2014, 1 (21 ff.). 5 EuGH v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13, DStR 2015, 337; aus der Rspr. der FG s. EuGH-Vorlage des FG Köln v. 19.2.2014 – 13 K 3906/09, EFG 2014, 1909 (EuGH C-388/14); FG Köln v. 19.2.2014 – 13 K 3955/09, EFG 2014, 2158 (rkr.); FG Nürnberg v. 27.11.2014 – 6 K 866/12, EFG 2015, 537 (Rev. I R 2/15); FG Düsseldorf v. 28.10.2014 – 6 K 50/10 K, EFG 2015, 313 (Rev. I B 132/14); FG Hamburg v. 23.9.2014 – 6 K 224/13, EFG 2015, 156 (rkr.); v. 6.8.2014 – 2 K 355/12, EFG 2014, 2084 (Rev. I B 95/14); FG BW v. 8.7.2014 – 4 K 1134/12, juris (Rev. I B 83/14). 6 Vgl. Prinz, DB 2013, 1378 (1379); Mitschke, FR 2013, 694 (697); Gosch in Kirchhof15, § 50i EStG Rz. 6.
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§ 1 Rz. 25–26
Unbeschrnkte Steuerpflicht
der Mitunternehmer in das Ausland um. Die eingelegten Anteile blieben nach der Auffassung der FinVerw. auch nach dem Wegzug weiterhin im Inland steuerverstrickt, sodass im Fall der späteren Veräußerung der Anteile oder der Mitunternehmeranteile durch den nunmehr im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen der Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung nach Art. 7 OECD-MA in einer deutschen Betriebsstätte steuerverstrickt war.1 Der BFH2 hat gegen die Auffassung der Verwaltung entschieden, dass die Betriebsvermögensmehrungen gewerblich geprägter inländischer Personengesellschaften aus Dividenden/vGA und Gewinnen aus der Veräußerung der Beteiligung nicht allein wegen der gewerblichen Prägung Unternehmensgewinne iSd. Art. 7 OECD-MA seien. Für Dividenden, die nach Einlage der Beteiligung von der Tochterkapitalgesellschaft in das Gesamthandsvermögen der gewerblich geprägten (vermögensverwaltenden) Holding-Personengesellschaft ausgeschüttet werden, hat abkommensrechtlich regelmäßig der ausländische Wohnsitzstaat des Mitunternehmers das Besteuerungsrecht (Art. 10 OECD-MA); Gleiches gilt für die Veräußerungsgewinne (Art. 13 Abs. 2, 5 OECD-MA). Der danach im Kroatien-AnpG3 eingefügte § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG knüpft an das nach nationalem Steuerrecht bestehende deutsche Besteuerungsrecht für die Veräußerung der Beteiligung als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG an. Der deutsche Fiskus beansprucht im Wege eines Treaty override4 für Betriebsvermögensmehrungen aus Veräußerung oder der späteren Entnahme der Beteiligung aus dem Betriebsvermögen (Sonderbetriebs- und Gesamthandsvermögen) der gewerblich geprägten Gesellschaft „ungeachtet entgegenstehender DBA-Regelungen“ das Besteuerungsrecht, wenn im Zeitpunkt der Überführung/Übertragung der Beteiligung iSd. § 17 EStG in das Sonderbetriebsvermögen oder in das Gesamthandsvermögen die stillen Reserven nicht aufgedeckt wurden, der Überführungszeitpunkt vor dem 29.6.2013 und die Veräußerung oder Entnahme nach dem 29.6.2013 liegt.5 Gleiches (Aufrechterhaltung des deutschen Besteuerungsrechts gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG iVm. § 20 Abs. 8 EStG für betriebliche Dividendeneinkünfte) ist in § 50i Satz 2 EStG für die laufenden Einkünfte geregelt, die dem verzogenen Mitunternehmer als Teil seines Gewinnanteils gem. § 15 EStG zugewiesen werden. Zudem erfasst die Regelung Betriebsaufspaltungen (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG). Anteile iSd. § 17 EStG, die nach dem 28.6.2013 steuerneutral in das Sonder- oder Gesamthandsvermögen einer gewerblich geprägten Gesellschaft überführt oder übertragen werden, unterfallen nunmehr der Entstrickungs- oder Wegzugsbesteuerung gem. §§ 4 Abs. 1 Satz 3, 6 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 EStG, 6 AStG).6 Ergänzend hat der Gesetzgeber in § 50i Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG weitere Regelungen geschaffen, um bei Umwandlung/unentgeltlicher Übertragung von Anteilen (an) der gewerblich geprägten Personengesellschaft/dem inländischen BV die stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen aufzudecken.7 26
Hinzurechnungsbesteuerung. Für unbeschränkt stpfl. KapGes. mit Tochtergesellschaften (Zwischengesellschaften) in Niedrigsteuerländern ist die Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG relevant.8 Zur Behandlung des Hinzurechnungsbetrags (§ 10 AStG) iRd. Einkommensermittlung s. § 8 KStG Rz. 49 f. Ausländ. (Zwischen-)Gesellschaften iSd. §§ 7 ff. AStG sind gem. § 7 Abs. 1 AStG Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen iSd. KStG. Das AStG greift damit für dieses Merkmal auf die Begriffsbestimmung
1 Vgl. BMF v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003, BStBl. I 2010, 354 Rz. 2.2.1; nunmehr BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 2.3.3. 2 BFH v. 24.8.2011 – I R 46/10, FR 2012, 39; v. 9.12.2010 – I R 49/09, BStBl. II 2011, 482; v. 28.4.2010 – I R 81/09, DStR 2010, 1220; vgl. Gosch in Kirchhof15, § 50i EStG Rz. 5; Oenings/Seitz in W/R/S, Rz. 12.12, 12.47, 12.53; zur Vertiefung Blöchle, IStR 2009, 645. 3 G v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266 = BStBl. I 2014, 1126. 4 Zur Verfassungsmäßigkeit des Treaty override s. den Vorlagebeschl. des BFH v. 10.1.2012 – I R 66/09, DStR 2012, 949 und für § 50i EStG Prinz, DB 2013, 1378 (1380) sowie Loschelder in Schmidt34, § 50i EStG Rz. 3. 5 S. BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 unter Rz. 2.3.3 mit Unterpunkten; Loschelder in Schmidt34, § 50i EStG Rz. 6 f.; Gosch in Kirchhof15, § 50i EStG Rz. 4 ff. 6 S. BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 unter Rz. 2.3.3; Loschelder in Schmidt34, § 50i EStG Rz. 8; Gosch in Kirchhof15, § 50i EStG Rz. 5. 7 Eingehend Rödder, JbFStR 2015/2016 (Arbeitsbuch), 66. 8 Hierzu ist aktuell streitig, ob die Regelungen gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen, wenn die inländ. Muttergesellschaft mehrheitlich an der Zwischengesellschaft beteiligt ist, weil die Tatbestände des AStG keinen bestimmenden Einfluss der Muttergesellschaft voraussetzen; bejahend Schön, JbFStR 2013/2014, 79 (84).
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 26–29 § 1
gem. § 1 Abs. 1 KStG zurück.1 § 8 Abs. 2 AStG ermöglicht nunmehr2 jedoch zumindest für EU-/EWR-Gesellschaften mit passiven Einkünften iSd. § 8 Abs. 1 AStG, die aus einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit stammen (sog. Motivtest)3, diese Gesellschaften nicht als Zwischengesellschaften zu behandeln. Einkünftekorrektur/Funktionsverlagerung. Die Regelungen in § 1 AStG zur Einkünftekorrektur (s. § 8 KStG Rz. 37, 165; s. zur Umsetzung des AOA § 2 KStG Rz. 115) und zur Funktionsverlagerung (§ 1 Abs. 3 Satz 8 ff. AStG) sind für unbeschränkt stpfl. Gesellschaften zu beachten.
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bb) EStG Tatbestandliche Bezugnahmen auf das EStG. Das KStG verweist für die Einkommensermittlung (s. § 8 KStG Rz. 28), Veranlagung sowie den Steuerabzug in zahlreichen Regelungen unmittelbar auf Normen des EStG. Diese Verweisungen werden in den jeweiligen Kommentierungen einzeln angesprochen.
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§ 3 Nr. 40 EStG – Ausschüttungen an natürliche Personen mit Beteiligungen im BV und § 3c Abs. 2 EStG – Teilabzugsverbot für betriebliche Beteiligungsaufwendungen/Veräußerungskosten/AK auf Beteiligungen. Ausschüttungen an natürliche Personen (offene und verdeckte Gewinnausschüttungen und Liquidationsraten gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 iVm. Abs. 8 EStG), die die Beteiligung an der Körperschaft in einem (Sonder-)BV halten (zB Fälle der Betriebsaufspaltung, GmbH & atypisch Still, GmbH & Co. KG oder des § 50i EStG) und die als betriebliche Beteiligungseinkünfte einzuordnen sind (§ 3 Nr. 40 Satz 2 EStG), sind gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, b, d, e und nach den Ersatztatbeständen gem. Buchst. f bis h EStG iRd. Teileinkünfteverfahrens zu 40 % steuerbefreit (s. auch § 8b KStG Rz. 60, 97 ff.; zu § 20 Abs. 1 Nr. 2 KStG s. § 8b KStG Rz. 109 ff.).
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Entsprechend lässt § 3c Abs. 2 EStG Beteiligungsaufwand, der iZm. solchen Beteiligungseinkünften steht, nur zu 60 % zum Abzug zu.4 Der BFH5 leitet die Verfassungsmäßigkeit des Teilabzugsverbots für die mit den teilweise steuerbefreiten Beteiligungserträgen korrespondierenden Beteiligungsaufwendungen und für die AK/Veräußerungskosten bei Veräußerungsund Auflösungs- sowie gleichgestellten anderen Vorgängen aus deren Zweck ab, inkongruente Begünstigungen auszuschließen: Da die Bezüge gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 EStG teilweise steuerbefreit sind, soll kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den vollständigen Abzug der mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden. Mit Urteil vom 25.6.20096 hatte der BFH auf dieser Grundlage entschieden, dass der Abzug von Erwerbsaufwendungen (BA, AK und Veräußerungskosten) in voller Höhe – und nicht nur nach den Beschränkungen des Teilabzugsverfahrens – möglich sei, wenn der Stpfl. keine teilweise steuerbefreiten Einnahmen aus der Beteiligung erzielt habe. Denn in diesem Fall könne durch den Vollabzug der Aufwendungen keine Doppelbegünstigung eintreten. Das BMF lehnte die Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus zu-
1 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 16 mit Hinweis auf Wassermeyer in F/W/B, § 7 AStG Rz. 10–10.2; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 7. 2 Zur Rechtslage vor dem JStG 2008 s. BFH v. 21.10.2009 – I R 114/08, BStBl. II 2010, 774 = FR 2010, 393 m. Anm. Buciek = GmbHR 2010, 215; vorgehend FG Münster v. 5.7.2005 – 15 K 1114/99 F, EW, EFG 2005, 1512; EuGH v. 6.12.2007 – Rs. C-298/05 – Columbus Container Services, Slg. 2007, I-10451; FG Münster v. 11.11.2008 – 15 K 1114/99 F, EW, EFG 2009, 309. 3 Siehe die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 16/6290, 133; zur strengen Auslegung dieses Merkmals durch die FinVerw. im Sinne einer „wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit“ und den Substanzanforderungen im Ausland s. BMF v. 8.1.2007 – IV B 4 - S 1351 - 1/07, BStBl. I 2007, 99; kritisch zur Vereinbarkeit dieser Anforderungen mit der „Cadbury-Schweppes“-Entscheidung des EuGH (EuGH v. 12.9.2006 – Rs. C-196/04, DStR 2006, 1686) s. Vogt in Blümich, Vor §§ 7–14 AStG Rz. 112 f., § 8 AStG Rz. 161 ff.; zu den Anforderungen an Finanzierungsgesellschaften und Holdings s. Kroppen, JbFStR 2015/2016 (Arbeitsbuch), 715 (720 ff., 726 mwN). 4 Zur Anwendung des § 3c in der steuerlichen Gewinnermittlung s. BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2013/0935028, BStBl. I 2013, 1269. 5 BFH v. 19.6.2007 – VIII R 69/05, BStBl. II 2008, 551; v. 16.10.2007 – VIII R 51/06, juris; v. 5.2.2009 – VIII B 59/08, DStRE 2009, 641. 6 BFH v. 25.6.2009 – IX R 42/08, BFHE 225, 445 = GmbHR 2009, 1110 m. Anm. Hoffmann = FR 2009, 1151 m. Anm. Bode; v. 14.7.2009 – IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399; v. 18.3.2010 – IX B 227/09, BFHE 229, 177 = BStBl. II 2010, 627 = GmbHR 2010, 543 m. Anm. Hoffmann = FR 2010, 715; v. 6.4.2011 – IX R 61/10, BStBl. II 2012, 8; s. auch zu § 23 EStG BFH v. 27.10.2005 – IX R 15/05, BStBl. II 2006, 171.
Levedag
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§ 1 Rz. 29–30
Unbeschrnkte Steuerpflicht
nächst ab,1 hob diese Entscheidung aber sodann wieder auf.2 Ein vollständiger Abzug des Beteiligungsaufwands kommt somit bis einschließlich des VZ 2010 bei sog. „einnahmelosen Beteiligungen“ in Betracht, aus denen keine steuerfreien Bezüge gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 EStG zugeflossen sind. Der Gesetzgeber hat als Reaktion in § 3c Abs. 2 EStG einen Satz 2 EStG eingefügt, um die Rechtslage entgegen der BFH-Rspr. neu zu regeln. Gem. § 52 Abs. 5 Satz 2 EStG ist § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG idF des JStG 2010 erstmals ab dem VZ 2011 anzuwenden. Nach der Neufassung führt bereits die Absicht, Einkünfte aus Dividenden oder Veräußerungsgewinnen zu erzielen, zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens. Die Regelung ist nach dem BFH ebenfalls verfassungsgemäß.3 Nunmehr hat der Gesetzgeber im Zollkodex-AnpG v. 22.12.20144 in § 3c Abs. 2 Satz 2 bis 5 EStG auch Betriebsvermögensminderungen aus Substanzverlusten betrieblicher Gesellschafterdarlehen und vergleichbarer Forderungen, wenn diese von einem qualifiziert beteiligten Gesellschafter in nicht fremdüblicher Weise ausgereicht oder stehengelassen werden, dem Teilabzugsverbot unterworfen (zur vergleichbaren Regelung in § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG s. auch § 8b KStG Rz. 311 ff.). Hierdurch wird die entgegenstehende Rspr. des BFH obsolet und der früheren Verwaltungsauffassung wieder Geltung verschafft.5 § 3c Abs. 2 Satz 6 EStG führt zur Anwendung des Teilabzugsverbots für nutzungsbezogene betriebliche Aufwendungen, wenn ein qualifiziert beteiligter Gesellschafter ein WG verbilligt oder unentgeltlich an eine KapGes. zur Nutzung überlässt (zB als Besitzunternehmer im Rahmen einer Betriebsaufspaltung). Auch diese Gesetzesänderung dient der „Wiederherstellung“ einiger Aussagen des BMF-Schreibens v. 8.11.20106, denen der BFH7 nicht gefolgt war. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, b und i EStG erfasst Veräußerungs-, Entnahme-, Auflösungsund Aufstockungserträge sowie Teile der Veräußerungs- und Aufgabeerlöse gem. § 16 Abs. 2 EStG, die auf die Übertragung einer Kapitalbeteiligung entfallen, und stellt diese Beträge zu 40 % steuerfrei. Korrespondierend greift das Teilabzugsverbot gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG für die fortgeführten AK und Veräußerungskosten ein. Dies ist aus dem Normzweck des § 3c Abs. 2 EStG heraus gerechtfertigt, da dem Teil-/Halbeinkünfteverfahren die gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liegt, den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft wie eine Gewinnausschüttung zu besteuern, weil der Gesetzgeber die Veräußerung einer Beteiligung mit Rücklagen (nicht ausgeschütteten Gewinnen) einer Totalausschüttung wirtschaftlich gleich erachtet.8 30
Veräußerung und Auflösung einer Kapitalgesellschaft bei wesentlich beteiligten Anteilseignern (§ 17 EStG). Teileinkünfteverfahren und Teilabzugsverbot. Gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG unterliegen auch Veräußerungsgewinne und -verluste sowie Auflösungsgewinne und -verluste aus einer wesentlichen Beteiligung gem. § 17 Abs. 2, 4 EStG sowohl dem Teileinkünfteverfahren als auch dem Teilabzugsverbot gem. § 3c Abs. 2 EStG.9 Nachträgliche Anschaffungskosten iRd. § 17 EStG. Der BFH geht in ständiger Rspr. von einem normspezifischen Anschaffungskostenbegriff bei § 17 EStG und der Existenz „funktionalen Eigenkapitals“ aus.10 Dies führt dazu, dass sich die AK auf die Beteiligung nachträglich unter bestimmten Voraussetzungen erhöhen, wenn ein Gesellschafter, der die Beteiligung im Privatvermögen hält, seiner KapGes. zB ein Darlehen gewährt oder aus einer zugunsten der Gesellschaft gewährten Kreditsicherheit in Anspruch genommen wird und 1 2 3 4 5
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BMF v. 15.2.2010 – IV C 6 - S 2244/09/10002 – DOK 2009/0722841, BStBl. I 2010, 181. BMF v. 28.6.2010 – IV C 6 - S 2244/09/10002, BStBl. I 2010, 599. BFH v. 2.9.2014 – IX R 43/13, BStBl. II 2015, 257. BGBl. I 2014, 2417 = BStBl. I 2015, 58; zu den Neuregelungen s. Ott, StuB 2015, 205; Levedag in H/H/R-Jahresbandkommentierung 2015, § 3c EStG Anm. J 14-1 ff. BFH v. 18.4.2012 – X R 5/10, BStBl. II 2013, 785 und v. 18.4.2012 – X R 7/10, BStBl. II 2013, 791; zur früheren Verwaltungsmeinung s. BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2010, 1292; nachgehend BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2013/0935028, BStBl. I 2013, 1269. BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2010, 1292, dort in Nr. 1. BFH v. 28.2.2013 – IV R 49/11, BStBl. II 2013, 802; v. 17.7.2013 – X R 17/11, DStR 2013, 1934. S. unter Bezugnahme auf die Rspr. BFH v. 18.4.2012 – X R 5/10, BStBl. II 2013, 785 Rz. 31 und die in Rz. 31 zitierte Rspr. zur Anwendung des § 3c EStG auf laufende Beteiligungsaufwendungen. S. aus der Rspr. zur Anwendung des Abzugsverbots gem. § 3c Abs. 2 EStG auf Veräußerungs- und Auflösungsvorgänge BFH v. 25.6.2009 – IX R 42/08, BStBl. II 2010, 220; v. 14.7.2009 – IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399; v. 18.3.2010 – IX B 227/09, BStBl. II 2010, 627; zu Einzelfragen s. BFH v. 6.4.2011 – IX R 40/10, BStBl. II 2011, 785; v. 19.2.2013 – IX R 24/12, BStBl. II 2013, 484; v. 6.5.2014 – IX R 19/13, BStBl. II 2014, 682; zur Veräußerung einer Beteiligung gegen wiederkehrende Bezüge BFH v. 18.11.2014 – IX R 4/14, DStR 2015, 818. Vgl. BFH v. 27.10.1992 – VIII R 87/89, BStBl. II 1993, 340 = GmbHR 1993, 605; v. 6.7.1999 – VIII R 9/98, BStBl. II 1999, 817 = FR 1999, 1371 = GmbHR 1999, 1302 m. Anm. Hoffmann.
Levedag
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 30–31 § 1
mit seiner Darlehensforderung oder seinem Rückgriffsanspruch als Sicherheitengeber (Bürgenregress) gegen die KapGes. einen Substanzverlust erleidet. Auf der Grundlage dieser Rspr. wird und wurde im Hinblick auf die Höhe der nachträglichen AK (Nennwert/Teilwert) zwischen Krisendarlehen, krisenbestimmten Darlehen, stehengelassenen Darlehen und Finanzplandarlehen unterschieden.1 Der BFH hat für die „Rechtslage vor MoMiG“ die Entstehung nachträglicher AK von den Bindungen an das zivilrechtliche Eigenkapitalersatzrecht abhängig gemacht.2 Für eigenkapitalersetzende Bürgschaftsverpflichtungen zugunsten der Gesellschaft, aus denen der Gesellschafter oder ein Angehöriger in Anspruch genommen wird, kann der wertlose Bürgenregressanspruch die nachträglichen AK erhöhen.3 Im Fall der Liquidation der KapGes. führen die nachträglich erhöhten AK ggf. zu einem Liquidationsverlust, der nach dem Teileinkünfteverfahren mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden kann. Die Unterscheidung zwischen „kapitalersetzenden“ und „normalen“ Gesellschafterdarlehen gibt es seit dem Inkrafttreten des MoMiG4 am 1.11.2008 jedoch nicht mehr. Der Gesetzgeber hat die §§ 32a, 32b GmbHG und die sog. Novellenregeln abgeschafft und durch § 6 AnfG und §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135, 143 Abs. 3 InsO ersetzt.5 Es werden verschiedene Meinungen zu der Frage vertreten, unter welchen Voraussetzungen Substanzverluste (Darlehens-, Bürgschafts-, Sicherheitenhingaben ab dem 1.11.2008) unter der neuen Rechtslage zu nachträglichen AK auf die Beteiligung führen können.6 Die FinVerw. knüpft mit dem BMF-Schreiben v. 21.10.2010 an die bisherige Fallgruppenbildung auch nach geänderter Zivilrechtslage an.7 Eine weitere Meinung schlägt vor, die Bindung an das Zivilrecht aufzugeben und auf der Grundlage eines eigenständigen Veranlassungsbegriffs zu prüfen, ob die Finanzierungshilfe durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst hingegeben wird und funktionales Eigenkapital bildet.8 Schließlich wird vertreten, die Folgen des Darlehensausfalls des Gesellschafters seien für ab dem 1.1.2009 ausgereichte Darlehen nicht mehr iRd. § 17 EStG, sondern nur noch nach den Regelungen für die Einkünfte aus Kapitalvermögen zu beurteilen (§ 20 Abs. 2 Satz 2 iVm. Abs. 1 Nr. 7 EStG).9 Der zweitgenannten Auffassung ist zuzustimmen, denn aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG sind ausgefallene Kapitalforderungen eines wesentlich beteiligten Gesellschafters weiterhin vorrangig den nachträglichen AK auf die Beteiligung zuzuordnen, wobei sich die Zuordnung daran auszurichten hat, ob die Hingabe oder das Stehenlassen der Forderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war.10 Behandlung einer Beteiligung an einer KapGes. als Einzelwirtschaftsgut oder Sachge- 31 samtheit (§ 6 Abs. 5/§ 16 Abs. 2 EStG). Wird die zu einem (Sonder-)BV gehörende 100 %-Beteiligung an einer KapGes. im Zuge einer Betriebsaufgabe/Veräußerung des Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils mitübertragen, stellt diese einen fiktiven Teilbetrieb iSd. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG dar; der Gewinn aus der Veräußerung/Aufgabe des Mitunternehmeranteils unterliegt insoweit dem Teileinkünfteverfahren (s. auch § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Eine solche Beteiligung stellt uE bei Einbringung in eine Personengesellschaft eine eigene Sachgesamtheit iSd. § 24 UmwStG (Teilbetrieb iSd. § 15 UmwStG) und kein Einzelwirtschaftsgut gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG dar.11
1 Vgl. BMF v. 8.6.1999 – IV C 2 - S 2244 - 12/99, BStBl. I 1999, 545; zur Nichtberücksichtigung nachträglicher AK bei Zwerganteilen mangels Bindung durch das Eigenkapitalersatzrecht s. BFH v. 20.8.2013 – IX R 43/12, GmbHR 2013, 1165 = BFH/NV 2013, 1783. 2 BFH v. 2.4.2008 – IX R 76/06, BStBl. II 2008, 706 = GmbHR 2008, 881 m. Anm. Hoffmann = FR 2008, 1117 m. Anm. Bode. 3 S. aus der Rspr. BFH v. 20.11.2012 – IX R 34/12, FR 2013, 710 m. Anm. Bode = GmbHR 2013, 484 (auch zur Abzinsung bei einer Stundungsvereinbarung); v. 20.8.2013 – IX R 1/13, GmbHR 2014, 263. 4 G v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 5 K. Schmidt, GmbHR 2007, 1072. 6 Zum Ganzen Heuermann, DStR 2008, 2089; Heuermann, DB 2009, 2175; Moritz, DStR 2014, 1636 und 1703; Graw, Ubg 2014, 251. 7 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832; Heuermann, DB 2011, 551; Fuhrmann/Strahl, GmbHR 2011, 520; Levedag, GmbHR 2010, 1230. 8 Waclawik, ZIP 2007, 1838; Groh, FR 2008, 264; Demuth/Helms, KÖSDI 2011, 18066 (18071); Gosch in Kirchhof14, § 17 EStG Rz. 95; Graw, Ubg 2014, 251 (255 ff.). 9 Vgl. Schüppen/Graf, JbFStR 2009/2010, 160 (167 ff.); Fuhrmann, NWB 2011, 356 (357); Schwenke/Fischer, FR 2010, 643 (644). 10 FG Köln v. 20.3.2014 – 3 K 2518/11, EFG 2014, 2136 (rkr.). 11 Für Zwecke des § 24 UmwStG gilt nach Rz. 24.02 des UmwStE 2011 auch eine zu einem BV gehörende, das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer KapGes. als Teilbetrieb und damit als eigener tauglicher Einbringungsgegenstand; aA BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 = FR 2008, 1149 = GmbHR 2009, 48 m. Anm. Meilicke, der diese als ein Einzelwirtschaftsgut ansieht.
Levedag
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§ 1 Rz. 32–33 32
Unbeschrnkte Steuerpflicht
Zuwendungen an und von Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG und von unbeschränkt stpfl. nicht steuerbefreiten Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG: –
Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung sind gem. § 10b Abs. 1a EStG als Sonderausgaben abzugsfähig. Dies gilt sowohl für rechtlich selbstständige Stiftungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG) als auch für rechtlich unselbstständige Stiftungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG).1 Daneben können regelmäßig auf der Ebene des Stifters aufgrund der unentgeltlichen Übertragung Veräußerungstatbestände gem. §§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG vermieden werden und liegen begünstigte Übertragungen zum Buchwert iSd. § 6 Abs. 3 EStG oder Entnahmen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 und 5 EStG vor.2
–
Bezüge von Destinatären,3 die seitens einer unbeschränkt stpfl. nicht steuerbefreiten Stiftung (aber auch sonstigen Körperschaft/Vermögensmasse) aufgrund der Stiftungssatzung gewährt werden, können als wiederkehrende Bezüge aus einer „freiwillig begründeten Rechtspflicht“ beim Empfänger für Streitjahre bis Ende 2001 ausschließlich gem. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG4 stpfl. sein, wenn ein Stpfl. sie aufgrund eines Vermächtnisses von einer gemeinnützigen, vom Erblasser mit Vermögen ausgestatteten Stiftung erhält.5 Für Streitjahre ab 2002 gilt vorrangig § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG für alle ausschüttungsähnlichen (wiederkehrenden oder einmaligen) Nutzungserträge.6 Für die „Ausschüttungsähnlichkeit“ der gewährten Leistungen (regelmäßig an den Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge) ist es erforderlich, dass die Leistungsempfänger einer unbeschränkt stpfl. und nicht körperschaftsteuerbefreiten (Familien-)Stiftung (aber auch Körperschaft oder Vermögensmasse) unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können. Handelt es sich um Leistungen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG,7 unterliegen diese der Abgeltungsteuer (Rz. 30)8 und dem Kapitalertragsteuerabzug (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Das Teileinkünfteverfahren (Rz. 29) findet gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d und i EStG für ausschüttungsähnliche Nutzungserträge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG in ein BV Anwendung. Zur Anwendung des § 8b KStG bei kstpfl. Empfängern s. § 8b KStG Rz. 115.
–
Der Gewinn aus der Übertragung oder Aufgabe einer nach dem 31.12.2008 erworbenen Stellung als Mitglied oder Gesellschafter einer Körperschaft iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG unterliegt gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 EStG der Einkommensteuer.9
–
Unselbstständige Stiftungen können gem. § 44a Abs. 6 EStG vom Kapitalertragsteuereinbehalt befreit werden.10
33 Zuwendungen eines BgA iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG) von BgA der juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der steuerbefreiten Körperschaften. Hervorzuheben ist an dieser Stelle nur das Zusammenspiel der unmittelbaren Besteuerung des BgA gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG und der nachgelagerten Besteuerung von Leistungen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 (Buchst. a und b) EStG. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a und b EStG unterscheiden zwischen von der KSt befreiten BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG)11 und ohne eigene Rechtspersönlichkeit (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b
1 Vgl. allgemein Hofmeister in Blümich, § 10b EStG Rz. 82 und zum Ausschluss der Spende an eine Vorstiftung BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BFH/NV 2015, 738 sowie Rz. 83. 2 S. eingehend Götz/Pach-Hanssenheimb, Handbuch der Stiftung, 2014, Rz. 472 ff.; v. Oertzen in FS Spiegelberger, 1370 (1371). 3 Destinatäre sind die nach der Stiftungsurkunde berechtigten Personen. 4 BFH v. 14.7.2010 – X R 62/08, BStBl. II 2014, 320 = FR 2011, 487 und v. 21.1.2015 – X R 31/13, BFH/NV 2015, 574. 5 BFH v. 15.7.2014 – X R 41/12, DStR 2014, 2115. 6 Götz/Pach-Hanssenheimb, Handbuch der Stiftung, 2014, Rz. 850 ff.; zur Doppelbesteuerung mit ESt/ ErbSt bei Zuwendungen ausländischer Stiftungen gem. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG s. BFH v. 21.7.2014 – II B 40/14, BFH/NV 2014, 1454. 7 BFH v. 3.11.2010 – I R 98/09, BStBl. II 2011, 417; Weber-Grellet in Schmidt34, § 20 EStG Rz. 11, § 22 EStG Rz. 68; Feyerabend in Erle/Sauter3, § 20 EStG Rz. 99; zur Abgrenzung von § 22 Nr. 1 EStG s. BFH v. 14.7.2010 – X R 62/08, BStBl. II 2014, 320 = FR 2011, 487. 8 Dies hat zur Folge, dass der Destinatär als natürliche Person nur noch den Sparer-Pauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG) abziehen kann. 9 Weber-Grellet in Schmidt33, § 20 EStG Rz. 147. 10 S. Götz/Pach-Hanssenheimb, Handbuch der Stiftung, 2014, 109 Rz. 353. 11 S. von Beckerath in Kirchhof15, § 20 EStG Rz. 63; Weber-Grellet in Schmidt34, § 20 EStG Rz. 116; BMF v. 9.1.2015 – IV C 2 - S 2706 - a/13/10001, BStBl. I 2015, 111 Rz. 7 f.; zum Ausschüttungsbegriff s. vertiefend Kessler/Gastl/Fritz, BB 2002, 1512 (1512).
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Levedag
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 33–34 § 1
EStG)1. Siehe zu den Einzelheiten und zum Kapitalertragsteuereinbehalt § 4 KStG Rz. 8, 27, 81 ff. und § 2 KStG Rz. 47, 123. Zur Behandlung der Ausschüttungen auf Ebene der Trägerkörperschaft s. § 8b KStG Rz. 116, 484. 34
§ 32d EStG – Abgeltungsteuer bei Ausschüttungen an natürliche Personen im PV:2 –
Offene Gewinnausschüttungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG) an natürliche Personen (auch beschränkt Stpfl., s. § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG), die beim Empfänger keine betrieblichen Einkünfte sind (§ 20 Abs. 8 EStG; § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG), unterfallen unabhängig von einer Beteiligungsschwelle der Abgeltungsteuer. Damit verbunden ist, dass ab 2009 abfließender Beteiligungsaufwand nur innerhalb der Grenzen des § 20 Abs. 9 EStG – dh. in Form des Sparerpauschbetrags, aber nicht iHd. tatsächlich entstandenen WK – abzugsfähig ist.3 Gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG kann jedoch für Beteiligungserträge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG aus „unternehmerischen Beteiligungen“ unter den weiteren Voraussetzungen der Vorschrift aus der Abgeltungsteuer herausoptiert werden. Die Beteiligungseinnahmen unterliegen im Fall der Option gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG dem Teileinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 EStG und der Beteiligungsaufwand dem Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG (s. Rz. 29).4
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Fließen vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) als private Beteiligungseinkünfte zu, unterfallen sie ebenfalls im Grundsatz der Abgeltungsteuer gem. § 32d Abs. 1 EStG. Allerdings gilt seit dem VZ 2011 in § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG die gleiche Regelung wie in § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG, wonach der Gesetzgeber eine materielle Korrespondenz zwischen der Behandlung der vGA auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft und der Gewährung des gesonderten Steuertarifs gem. § 32d EStG für Einkünfte aus Kapitalvermögen eingeführt hat: Die teilweise Steuerfreistellung von vGA gem. § 3 Nr. 40 EStG wird nicht gewährt, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben (§ 8 Abs. 3 KStG; vgl. auch § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG und § 8b KStG Rz. 133 ff.), der gesonderte Steuertarif gem. § 32d Abs. 1 EStG ist also nur dann anzuwenden, wenn die vGA nicht gewinnmindernd bei der Körperschaft berücksichtigt wurde.5 Eine Rückausnahme sieht § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 EStG vor. Danach gilt der Abgeltungsteuersatz uneingeschränkt, soweit die vGA das Einkommen einer dem Stpfl. nahestehenden Person erhöht hat und § 32a KStG auf die Veranlagung dieser nahestehenden Person keine Anwendung findet. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen die vGA bereits bei einer nahestehenden Person der vollen Besteuerung unterlegen hat und die Veranlagung der nahestehenden Person trotz § 32a KStG nicht geändert werden kann, zB, weil die nahestehende Person im Ausland ansässig ist. Die volle Besteuerung der nahestehenden Person ersetzt somit als Rechtfertigungsgrund für die Gewährung des Abgeltungsteuersatzes die vorbelastende Besteuerung der vGA auf Ebene der Körperschaft.6
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Veräußerungsgewinne aus Kapitalbeteiligungen natürlicher Personen in der Abgeltungsteuer. Wird die Beteiligungsschwelle des § 17 EStG von 1 % nicht erreicht (zur Besteuerung bei wesentlicher Beteiligung s. Rz. 31), unterliegt ein Veräußerungs-/Liquidationsgewinn oder -verlust gem. § 20 Abs. 2 EStG einer umfassenden Wertzuwachssteuer für nach dem 31.12.2008 erworbene Beteiligungen (s. § 52 EStG Abs. 28 Satz 11 bis 13 EStG). Die Besteuerung der Veräußerung/Auflösung erfolgt unabhängig von der Haltedauer.
1 S. von Beckerath in Kirchhof15, § 20 EStG Rz. 64; Weber-Grellet in Schmidt34, § 20 EStG Rz. 117; BMF v. 9.1.2015 – IV C 2 - S 2706 - a/13/10001, BStBl. I 2015, 111 Rz. 16 und 24 ff.; zur Entwicklung der Umsatzgrenzen bei Gewinnermittlung des BgA nach der Einnahmenüberschussrechnung s. ausführlich Kessler/ Gastl/Fritz, BB 2004, 2325 (2326). 2 Zu Ausschüttungen an Körperschaften s. die Kommentierung zu § 8b KStG. 3 S. hierzu BFH v. 1.7.2014 – VIII R 53/12, BStBl. II 2014, 975; v. 27.8.2014 – VIII R 60/13, BStBl. II 2015, 255; v. 2.12.2014 – VIII R 34/13, DStR 2015, 634; v. 28.1.2015 – VIII R 13/13, DStR 2015, 565. 4 Zur Begrenzung der Optionsmöglichkeit bei Ausübung nach Realisation eines Aufgabeverlusts gem. § 17 Abs. 4 EStG s. BFH v. 21.10.2014 – VIII R 48/12, BStBl. II 2015, 270. 5 Storg in Frotscher, § 32d EStG Rz. 44b. Die Einschränkung der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens und bei der Abgeltungsteuer ist sachgerecht, weil die anteilige Steuerfreiheit/Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz beim Anteilseigner durch die Vorbelastung der Gewinnausschüttung mit KSt gerechtfertigt ist. Ist die Gewinnausschüttung nicht mit KSt vorbelastet, entfällt nach der Wertung des Gesetzgebers die Rechtfertigung für die anteilige Steuerfreistellung der Gewinnausschüttung beim Anteilseigner. Erfolgt entgegen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Minderung des Einkommens durch die vGA, sind die Einnahmen beim Anteilseigner in voller Höhe zu versteuern, s. BFH v. 14.5.2014 – VIII R 31/11, BStBl. II 2014, 995. 6 Storg in Frotscher, § 32d EStG Rz. 44d; s. auch Levedag, GmbHR 2015, 57 (62).
Levedag
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§ 1 Rz. 35–39
Unbeschrnkte Steuerpflicht
cc) ErbStG 35 Errichtung einer Stiftung und Zustiftung: In erbschaft- und schenkungsteuerrechtlicher Hinsicht muss bei der Errichtung einer rechtsfähigen inländischen Stiftung beachtet werden, dass mehrere steuerbare Vorgänge verwirklicht werden können. Der Steuer unterliegen der Vermögensübergang auf die Stiftung von Todes wegen oder aufgrund des Stiftungsgeschäfts (§ 3 Abs. 2 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG iVm. § 20 Abs. 1 ErbStG),1 sonstige unentgeltliche Zuwendungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) sowie der Vermögensübergang bei Aufhebung der Stiftung (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG)2. Die Errichtung einer unselbstständigen inländischen Stiftung fällt als Zweckzuwendung unter § 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Familienstiftungen können unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 ErbStG ein Steuerklassenprivileg in Anspruch nehmen. 36
Erbersatzsteuer. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt das Vermögen einer inländischen Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder von bestimmten Familien errichtet ist, und eines Vereins, dessen Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder von bestimmten Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist (sog. Familienstiftungen und Familienvereine)3, in Zeitabständen von je 30 Jahren – seit dem in § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bestimmten Zeitpunkten – der Erbschaftsteuer. Die Verschonungsregeln für BV (§§ 13a, 13b ErbStG) sind gem. § 13a Abs. 9 ErbStG auch auf Familienstiftungen anwendbar. Nach dem Urteil des BVerfG v. 17.12.20144 sind die bisherigen Regelungen aufgrund der Weitergeltungsanordnung des BVerfG längstens bis zum 30.6.2016 weiterhin anwendbar.
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Zuwendungen der Stiftung an die Destinatäre. Satzungsmäßige Zuwendungen an Destinatäre (Stiftungslasten) führen nach § 10 Abs. 7 ErbStG weder zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die Erbersatzsteuer bei der Stiftung noch zu einer steuerbaren Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG beim Empfänger.5
38
Verschonungsregelungen für unentgeltlich erworbene Anteile an KapGes. Anteile an KapGes. mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in der EU bzw. im EWR sind gem. §§ 13a, 13b ErbStG nur bei unmittelbarer Beteiligung des Erblassers/Schenkers6 von mehr als 25 % oder bei Gesellschafterpoolverträgen mit einer Gesamtbeteiligung von mehr als 25 % begünstigt, ansonsten handelt es sich nach der gegenwärtigen Rechtslage (Rz. 37) um schädliches Verwaltungsvermögen. Gehören Beteiligungen beim Erblasser/Schenker zu einem BV (zB zu einem Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung oder zum SBV II) und beträgt die Beteiligungsquote weniger als 25 %, liegt schädliches Verwaltungsvermögen vor (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG). Die FinVerw.7 geht davon aus, dass der Anteil auch dann dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen ist, wenn die Summe aller zum SBV der Mitunternehmer gehörenden Anteile über 25 % liege. Gehören Anteile teilweise zum Gesamthandsvermögen und teilweise zum SBV, seien die Beteiligungsgrenzen sowohl für das Gesamthandsvermögen als auch für jedes SBV getrennt zu prüfen.
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Behandlung der vGA und disquotaler Einbringungen (§§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 8, 15 Abs. 4 ErbStG). Mit Urteil vom 30.1.2013 hat der BFH8 entschieden, dass eine vGA im Ver1 S. ausführlich Götz/Pach-Hanssenheimb, Handbuch der Stiftung, 2014, Rz. 570 ff.; von Löwe in FS Spiegelberger, 1370 (1373 f.). 2 BFH v. 9.12.2009 – II R 22/08, BStBl. II 2010, 363 = FR 2010, 675; v. 13.4.2011 – II R 45/09, BStBl. II 2011, 732 = FR 2011, 870. 3 Zur Begriffsbestimmung s. R E 1.2 ErbStR 2011: Eine Familienstiftung muss „wesentlich“ im Interesse einer Familie errichtet sein. „Wesentlich“ im Interesse einer Familie errichtet ist eine Stiftung dann, wenn die Intention der Stiftung nach der Satzung und ggf. dem Stiftungsgeschäft darin besteht, es der Familie zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen und die Stiftungserträge aus dem gebundenen Vermögen an sich zu ziehen. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich „Ausschüttungen“ an Familienangehörige erfolgen (Halaczinsky, ErbStB 2012, 44 [49]). Nach R E 1.2 Abs. 6 ErbStR 2011 gelten die zur Familienstiftung ergangenen R E 1.2 Abs. 2 bis 4 ErbStR 2011 für Familienvereine entsprechend. 4 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, 50. 5 Götz/Pach-Hanssenheimb, Handbuch der Stiftung, 2014, Rz. 858 f., mit dem Hinweis, dass Zuwendungen an Destinatäre ohne satzungsmäßige Verpflichtung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder aufgrund einer Auflage des Stifters gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG steuerbar sind; von Löwe in FS Spiegelberger, 1370 (1386). 6 BFH v. 11.6.2013 – II R 4/12, BStBl. II 2013, 742. 7 Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des G zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts v. 25.6.2009, BStBl. I 2009, 713 Abschn. 30 Abs. 2. 8 BFH v. 30.1.2013 – II R 6/12, FR 2013, 557 m. Anm. Keß = GmbHR 2013, 486 = DStR 2013, 649; zur Nichtanwendung durch die FinVerw. s. gleichlautende Ländererlasse v. 5.5.2013, BStBl. I 2013, 1465; Riedel, GmbH-StB 2013, 216 und 246.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 39–41 § 1
hältnis der KapGes. zum Gesellschafter oder durch die Gesellschaft an eine dem Gesellschafter nahestehende Person nicht zu einer freigebigen Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 iVm. § 15 Abs. 4 ErbStG führen könne. Für disquotale Einlagen in KapGes. fingiert § 7 Abs. 8 ErbStG nunmehr, dass die Werterhöhung von Anteilen an einer KapGes., die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt, als Schenkung gilt. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist in erster Linie ein „rechtsprechungsbrechendes Nichtanwendungsgesetz“ in Bezug auf das BFH-Urteil vom 9.12.20091 und soll die Auffassung der FinVerw. zur Steuerpflicht disquotaler (offener oder verdeckter) Einlagen gesetzlich festschreiben.2 Nach § 37 Abs. 7 Satz 1 ErbStG werden fiktive Schenkungen (Erwerbe) nach dem 13.12.2011 erfasst. Siehe zum Ganzen ausführlicher § 8 KStG Rz. 181 ff. (vGA) und Rz. 190, auch zu § 7 Abs. 8 ErbStG. dd) Gewerbesteuer Steuerpflicht. Bei der GewSt unterhalten unbeschränkt stpfl. KapGes. unabhängig von ihrer Betätigung regelmäßig einen Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 2 KStG). Der Gewerbeertrag wird aus dem Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) – modifiziert durch die Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8, 9 GewStG – ermittelt (s. § 8 KStG Rz. 25). Die KapGes. kann weder den Freibetrag noch den Staffeltarif nach § 11 GewStG nutzen. Gem. § 11 Abs. 2 GewStG beträgt ihre Gewerbesteuermesszahl 3,5 %.
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Zur gewstl. Hinzurechnung und Kürzung nach den Regelungen in §§ 8 Nr. 5, 9 Nr. 2a und 7 GewStG bei Ausschüttungen und Veräußerungsgewinnen aus Anteilen an in- und ausländischen KapGes. siehe eingehend § 8b KStG Rz. 66 f., 81, 124, 448 ff., 500 zu den fiktiv nicht abziehbaren Beteiligungsaufwendungen nach § 8b Abs. 5 KStG siehe § 8b KStG Rz. 481 ff., im Rahmen des § 8b Abs. 10 siehe § 8b KStG Rz. 616 sowie zur gewstl. Behandlung von Ausschüttungen und Veräußerungsgewinnen bei zwischengeschalteten Gesellschaften siehe § 8b KStG Rz. 500. ee) FMStG/REITG/InvStG Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS).3 Dieser nicht rechtsfähige Fonds ist gem. § 14 Abs. 1 FMStG von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Zweckgesellschaften in der Rechtsform der KapGes. mit inländischem Verwaltungssitz (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 FMStG), auf die strukturierte Wertpapiere übertragen werden, sind unbeschränkt kstpfl. Die teilrechtsfähige Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) des Bundes ist gem. § 14b Abs. 2 FMStG kein BgA iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, sodass im Ergebnis ebenfalls keine KSt-Pflicht besteht. Öffentlich-rechtliche Abwicklungsanstalten der Länder sind nach § 14 Abs. 3 FMStG BgA iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG und selbst Steuerschuldner. Real-Estate Investment Trusts (REITs). Inländ. REIT-Gesellschaften, die börsennotierte AG mit bestimmten Vorgaben zum Mindeststammkapital, Geschäftsgegenstand und zur Gesellschafterstruktur sind,4 sind unbeschränkt stpfl. Körperschaften, die unter den Voraussetzungen des § 16 REITG von der KSt befreit sind.5 Investmentsteuergesetz (InvStG). Das InvStG idF des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes6 unterscheidet zwischen EU-richtlinienkonformen Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und Alternativen Investmentfonds (AIF), die die Voraussetzungen des InvStG erfüllen (§ 1 Abs. 1b InvStG), und Rechtsgebilden, bei denen dies nicht der Fall ist (Kapital- oder Personen-Investitionsgesellschaften gem. § 1 Abs. 1c InvStG). Für die hier interessierende Frage, ob das jeweilige Investmentvermögen der unbeschränkten KStPflicht unterliegt, hat diese Unterscheidung ebenfalls Bedeutung. Investmentfonds iSd. § 1 Abs. 1b InvStG unterliegen gem. §§ 2, 3 InvStG dem Fondsbesteuerungsregime nach dem InvStG aF, dh. der Gewährung der investmentsteuerlichen Teiltransparenz mit Befreiung von der KSt/GewSt gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG und einer Rückausnahme in § 11 Abs. 4
1 BFH v. 9.12.2009 – II R 28/08, BStBl. II 2010, 566 = DStR 2010, 925. 2 Zur Regelung s. Korezkij, DStR 2012, 163; Schmidtmann, StuW 2013, 3; Schulze zur Wiesche, GmbHR 2015, 234; zu Auslegungsfragen s. gleichlautende Ländererlasse v. 14.3.2012, BStBl. I 2012, 331. 3 S. Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 67c und 67d. 4 S. REITG v. 28.5.2007, BGBl. I 2007, 914. 5 S. Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 67a. 6 G v. 23.12.2013, BGBl. I 2013, 4318.
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§ 1 Rz. 41–45
Unbeschrnkte Steuerpflicht
InvStG nF. Gleiches gilt für sog. „Alt-Fonds“ mit Übergangsfristen.1 Inländische Kapital-Investitionsgesellschaften werden hingegen gem. § 19 InvStG als Zweckvermögen iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG eingeordnet und selbst besteuert. ff) UmwStG 42 Anwendungsbereich des UmwStG. Unbeschränkt stpfl. KapGes. sind als übertragende und übernehmende Rechtsträger in § 1 Abs. 2 und 4 UmwStG in den persönlichen Anwendungsbereich des UmwStG für sämtliche Umwandlungsformen (Formwechsel in die und aus der Personengesellschaft/Verschmelzungen/Spaltungen/Einbringungen gem. § 20 UmwStG und der Anteilstausch gem. § 21 UmwStG) einbezogen, welches in der Fassung des UmwStG 2006 auch vergleichbare ausländ. Vorgänge oder die Beteiligung ausländ. Rechtsträger aus EU-/EWR-Staaten ermöglicht (s. § 2 KStG Rz. 51 ff.). Rückwirkende Begründung von KSt-Subjekten bei Umwandlungen. S. Rz. 113. 43
Beteiligungen an KapGes. als fiktive Teilbetriebe. Die 100 %-Beteiligung an einer KapGes. stellt einen fiktiven Teilbetrieb gem. § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG dar. Sie soll diese Eigenschaft nach Tz. 15.06 des UmwStE 20112 allerdings nach bestrittener Auffassung der FinVerw. nicht besitzen, wenn sie vorrangig als funktional wesentliche Betriebsgrundlage einer anderen Sachgesamtheit zuzuordnen ist. Die Auffassung der Verwaltung in Tz. 15.06 des UmwStE 2011, eine 100-prozentige Beteiligung verliere ihre (fiktive) Teilbetriebsqualität, wenn sie eine wesentliche Betriebsgrundlage einer anderen Sachgesamtheit ist, ist uE abzulehnen.3 Zur Abgrenzung zwischen dem Teilbetrieb iSd. §§ 20, 24 UmwStG und des § 6 Abs. 5 EStG s. Rz. 33.
IV. Rechtsentwicklung4 44 Eine unbeschränkte KSt-Pflicht inländ. Rechtsgebilde beinhaltet das KStG seit dem KStG 1920. Seit dem Inkrafttreten des KStG 1977 wurde der Katalog des § 1 KStG modifiziert, als die Kolonialgesellschaften (durch das StÄndG 1992)5 und die bergrechtlichen Gewerkschaften (durch das StBereinG 1999)6 gestrichen und die Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit (durch das EURLUmsG)7 aufgenommen wurden. Im SEStEG8 wurde klargestellt, dass „zugezogene“ ausländische EU-/EWR-Gesellschaften mit ausländ. Sitz und inländ. Verwaltungssitz, die in Deutschland als rechtsfähige Gebilde anzuerkennen sind, der unbeschränkten KSt-Pflicht unterfallen. Zuvor wurde für diese Gesellschaften eine Stpfl. gem. § 3 Abs. 1 KStG diskutiert (s. § 3 KStG Rz. 6). Durch das JStG 20089 wurde der Inlandsbegriff des KStG 1977 auf den Bereich des der BRD zustehenden Festlandsockels erweitert. Im KroatienAnpG10 wurde der Inlandsbegriff mit Wirkung vom 31.7.2014 in § 1 Abs. 3 KStG erweitert.
B. Kreis der unbeschränkt steuerpflichtigen KSt-Subjekte (Abs. 1) I. Folgende Körperschaften/Personenvereinigungen/Vermögensmassen 45 Oberbegriffe und Katalog des § 1 Abs. 1 KStG. § 1 KStG enthält zur Bestimmung der subjektiven unbeschränkten KSt-Pflicht einerseits die Oberbegriffe der „Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen“, andererseits die Eingrenzung, nur die „folgenden“ im Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 KStG genannten Rechtsgebilde seien (bei Sitz oder Geschäftsleitung im Inland) kstpfl. Die genannten Oberbegriffe werden demnach
1 Stadler/Elser, DStR 2014, 233 (238); Jansen/Lübbehüsen, RdF 2014, 28 (28 f.); Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 30 Stichwort „Investmentvermögen/Investmentfonds/Investmentgesellschaften/Investitionsgesellschaften“. 2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314. 3 S. UmwStE 2011, BStBl. I 2011, 1314 Tz. 15.06; glA wie hier Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz6, § 15 UmwStG Rz. 103 mwN; Graw, DB 2013, 1011. 4 S. ausführlicher Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 2; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 4 f.; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 6–8. 5 G v. 25.2.1992, BGBl. I 1992, 297. 6 G v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601. 7 G v. 9.12.1994, BGBl. I 2004, 3310. 8 G v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782, ber. BGBl. I 2007, 68. 9 G v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. 10 G v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266.
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 45–48 § 1
durch den – nach allgemeiner Ansicht abschließenden1 – Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 KStG ausgefüllt. Innerhalb des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG hat der Gesetzgeber durch Beifügung des Merkmals „insbesondere“ allerdings klargestellt, dass zu den stpfl. KapGes. (als Unterfall der Körperschaften) auch andere als die in der Klammer genannten Gesellschaftsformen (Regelbeispiele) zählen können und hierdurch den ursprünglichen Tatbestand erweitert.2 Begriff der Körperschaft. Die Körperschaft ist definiert3 als eine auf Dauer angelegte Per- 46 sonenvereinigung, die überindividuelle Zwecke verfolgt und in ihrem Bestand vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist, nach außen als Einheit auftritt und einen eigenen Namen trägt. Die innere Einheit regelt ein dem Einzelwillen der Mitglieder entzogenes normatives Organisationsstatut (Satzung). Die Willensbildung vollzieht sich in der Mitgliederversammlung nach dem Mehrheitsprinzip. Ausführendes Organ ist der als gesetzlicher Vertreter von der Mitgliederversammlung gewählte Vorstand. Nach der Gliederung des BGB (§§ 21 bis 89) zählen zu den den Körperschaften gleichzusetzenden juristischen Personen4 neben den rechtsfähigen Körperschaften des Privatrechts (in den Unterausprägungen des Vereins, der Stiftung)5 auch die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts. AGs, KGaAs und GmbHs sind aufgrund gesetzlicher Anordnungen (§§ 1, 278 AktG, 13 Abs. 1 GmbHG) juristische Personen. Der Katalog des § 1 Abs. 1 KStG erfasst aus dem Bereich der Körperschaften die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG genannten Gebilde und Rechtsformen sowie in § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG die juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Begriff der Personenvereinigung. Der Oberbegriff der Personenvereinigung spiegelt sich im Katalog des § 1 Abs. 1 KStG in der Nr. 5 (den nicht rechtsfähigen Vereinen) wieder. Der nicht rechtsfähige Verein gem. § 54 BGB wird als eine vom Mitgliederwechsel unabhängige, dauernde Personenvereinigung mit körperschaftsteuerlicher Verfassung, aber ohne eigene Rechtsfähigkeit eingeordnet.6 Für das Steuerrecht ist somit auch die zivilrechtlich nach wie vor nicht endgültig geklärte Abgrenzung zwischen Gesellschaft (Gesamthand) und nicht rechtsfähigem Verein relevant,7 da Gesellschaften, die Mitunternehmerschaften sind, nicht der KSt-Pflicht unterliegen (s. § 3 KStG Rz. 3 bis 5). Zudem verwendet der Gesetzgeber den Begriff der (nicht rechtsfähigen) Personenvereinigung in §§ 34, 267 AO8 und bestätigt deren Fähigkeit, für Zwecke des Steuerrechts Trägerin von Rechten und Pflichten und Empfängerin von Verwaltungsakten sein zu können. Um unter § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG fallen zu können, muss die Personenvereinigung – wie beim nicht rechtsfähigen Verein gegeben – die für Körperschaften typische verbandsmäßige Struktur besitzen.9 Eine „körperschaftliche Organisationsstruktur“ liegt hiernach vor, wenn eine große Mitgliederzahl, eine vereinsmäßige Satzung, Fremdorganschaft (Vorstandsbestellung durch Wahl), Mehrheitsentscheidung in der Mitgliederversammlung, freier Ein- und Austritt und ein Vereinsname vorhanden sind.10
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Begriff des Zweckvermögens. Der Begriff des Zweckvermögens umschreibt nach einer Definition des BFH11 eine selbstständige, einem bestimmten Zweck gewidmete Vermögens-
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1 Vgl. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; R 2 Abs. 1 KStR 2004; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 19, 29; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 1, 60; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 9 und 21; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 14, 46; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 21. 2 Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 70; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 14; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 26. 3 Definition nach Reiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl. 2010, § 3 Rz. 2; s. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 22 Ziff. I./2. (S. 656), der die Körperschaft als verbandsrechtlichen Strukturtypus behandelt. 4 Zur Gleichsetzung der Begriffe „Körperschaft“ und „juristische Person“ s. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 22 Ziff. II. (S. 656). 5 Reiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl. 2010, § 3 Rz. 8. 6 Vgl. H.P. Westermann in Erman14, § 54 BGB Rz. 3; s. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 25 Ziff. I./1. (S. 732); s. auch Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 84. 7 S. hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 25 Ziff. I./1. (S. 733 ff.); Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 57. 8 Vgl. § 267 AO: Bei nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen, die als solche stpfl. sind, genügt für die Vollstreckung in deren Vermögen ein vollstreckbarer Verwaltungsakt gegen die Personenvereinigung. Dies gilt entsprechend für Zweckvermögen und sonstige einer juristischen Person ähnliche stpfl. Gebilde. 9 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 84. 10 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 25 Ziff. I./1. (S. 735). 11 BFH v. 5.11.1992 – I R 39/92, BStBl. II 1993, 388 = FR 1993, 275 zur Einordnung eines angelsächsischen Trusts; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 107; s. auch R 2 Abs. 5 KStR 2004.
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§ 1 Rz. 48–50
Unbeschrnkte Steuerpflicht
masse, die aus dem Vermögen des Widmenden ausgeschieden ist1 und eigene Einkünfte bezieht. Diese Voraussetzung ist – so der BFH – erfüllt, wenn jemand Vermögensteile von dritter Seite mit der Auflage erhält, das Vermögen und seine Erträgnisse für einen bestimmten Zweck zu verwalten und zu verwenden, mithin eine Zweckbestimmung vorliegt. Mithin sind neben (1) dem Widmenden, der seine rechtliche und wirtschaftliche Einflussmöglichkeit auf die Vermögensmasse dauerhaft oder endgültig aufgeben und das Vermögen aus dem Eigenvermögen ausgliedern muss, ein (2) Widmungszweck und (3) ein Widmungsempfänger, der eine zumindest rudimentäre Verwaltungs- und Verteilungsmacht besitzt, notwendig, um ein Zweckvermögen zu begründen.2 Die Stellung des Widmungsempfängers (natürliche oder juristische Person) als Träger des Zweckvermögens darf über die eines Treuhänders, der der Zweckbestimmung dauerhaft verpflichtet ist, nicht hinausgehen.3 Im Katalog des § 1 KStG sind Zweckvermögen bei den unselbstständigen Stiftungen, nicht rechtsfähigen Anstalten und den „anderen Zweckvermögen“ gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG angesprochen. Erfasst werden als selbstständige KSt-Subjekte nur Zweckvermögen des privaten Rechts, nicht hingegen die ebenfalls in der Rechtswirklichkeit vorhandenen Zweckvermögen des öffentlichen Rechts.4
II. Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 KStG 1. Abgrenzung nach der Rechtsform und -fähigkeit innerhalb des Katalogs 49 Bedeutung des Katalogs. Nach dem Beschluss des GrS des BFH v. 25.6.19845 ist der Begriff der KapGes. nach der Rechtsform (Ordnungsstruktur des Zivilrechts) zu bestimmen, abschließend und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Hieraus wird nach allgemeiner Auffassung abgeleitet, der gesamte Katalog des § 1 Abs. 1 KStG sei abschließend, es komme für die Einordnung stets nur auf die Rechtsform nach Zivil- oder öffentlichem Recht und nicht auf den wirtschaftlichen Gehalt des Gebildes (etwa bei Mischformen [GmbH & Co. KG], personalistischen/Einmann-KapGes., Organgesellschaften, sachlich und personell verflochtenen Rechtsträgern in der Betriebsaufspaltung, Schwestergesellschaften oder Publikums-Personengesellschaften) an.6 Zum Typenvergleich bei ausländischen Mischformen s. allerdings § 2 KStG Rz. 60 ff. 50
Gruppe der Stpfl. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG. Innerhalb des Katalogs des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG erfassen Nr. 1 bis 3 die Gesellschaften (KapGes., Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, s. auch § 8 KStG Rz. 31 f., 92 ff.) und Nr. 4 die sonstigen juristische Personen des privaten Rechts (im Wesentlichen die rechtsfähigen Vereine gem. § 21 ff. BGB und die rechtsfähigen Stiftungen gem. §§ 80 ff. BGB). Dieser Gruppe von juristischen Personen (Körperschaften) ist gemein, dass sie rechtsfähig sind. Bei Beurteilung der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person wird zwischen der allgemeinen Rechtsfähigkeit (der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten sein zu können) und besonderen Rechtsfähigkeiten unterschieden. Nach herrschender zivilrechtlicher Betrachtung ist die allgemeine Rechtsfähigkeit unteilbar und unbeschränkbar, dh., juristische Personen sind nicht nur im Hinblick auf ihren Unternehmensgegenstand, sondern uneingeschränkt in der Lage, Träger von Rechten und Pflichten sein zu können.7 Für die Prüfung, ob ein Rechtsgebilde in bestimmten Teilbereichen (zB Scheck- und Wechsel- oder der Grundbuchfähigkeit) rechtsfähig ist, ist umstritten, ob für diese (bei ausländischen Rechtsträgern) einheitlich an das Gesellschaftsstatut oder das Wirkungsstatut für das jeweilige Rechtsverhältnis anzuknüp1 S. BFH v. 19.12.1952 – III 216/51 S, BStBl. III 1953, 54, nach dem das wesentliche Merkmal eines Zweckvermögens die dauernde Bindung einer bestimmten Vermögensmasse an einen dem rechtlichen Eigentümer fremden Zweck sei und die Zweckerfüllung unabhängig vom Willen des Widmenden realisiert werden können muss; zu den Voraussetzungen der Widmung eines Stiftungsvermögens s. BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BFH/NV 2015, 738. 2 Tyarks, Körperschaftsteuerrechtliche Zweckvermögen des privaten Rechts und ihre Behandlung im Umsatzsteuerrecht, 2010, 78 f. 3 Tyarks, Körperschaftsteuerrechtliche Zweckvermögen des privaten Rechts und ihre Behandlung im Umsatzsteuerrecht, 2010, 86 f. 4 Zu diesen s. Tyarks, Körperschaftsteuerrechtliche Zweckvermögen des privaten Rechts und ihre Behandlung im Umsatzsteuerrecht, 2010, 124. 5 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 unter Ziff. C./II./a; v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764. 6 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 14, 46; Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 32; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 1, 60; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 18; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 74; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 30, 33; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 22. 7 Lehmann in MüHdb GesR4, § 5 Rz. 56–57.
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 50–53 § 1
fen ist.1 Für die KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG ist die Rechtsfähigkeit eines Rechtsgebildes hingegen kein gesetzliches Anknüpfungsmerkmal. Rechtsfähig im Sinne der allgemeinen und besonderen Rechtsfähigkeit sind nämlich auch Personengesellschaften (vgl. etwa § 124 HGB und zur GbR die Rspr. des BGH2). Es kommt allein auf die Zuordnung zu den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG genannten Rechtsformen oder die Einordnung als sonstige juristische Person des Privatrechts iSd. BGB oder anderer Gesetze an. Gleichwohl formuliert die BFH-Rspr., dass „jedenfalls § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft voraussetze“, und formuliert damit ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal (s. näher Rz. 54).3 Abgrenzung der Stpfl. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG von der GbR. Die (fehlende) Rechtsfähigkeit ist (s. Rz. 50) ausdrückliches gesetzliches Anknüpfungsmerkmal in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Wie bereits in Rz. 47 angeführt, ist innerhalb der Personenvereinigungen die Abgrenzung zwischen dem nicht rechtsfähigen Verein mit einer körperschaftlichen Struktur und einer Gesamthand (GbR) im Einzelfall schwierig. Liegt eine GbR vor, fällt diese kraft ihrer Rechtsform nicht unter die abschließende Aufzählung des Abs. 1 Nr. 5. Denn sie erfüllt insbesondere nicht die Anforderungen an ein Zweckvermögen (s. Rz. 48), weil die Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen für eigene wirtschaftliche Interessen einsetzen. Zudem ist sie rechtsfähig.
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Rechtsfähigkeit bei den BgA der juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Innerhalb der BgA der juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist zwischen solchen mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 4 Abs. 2 KStG) und ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu unterscheiden (s. Rz. 4 und 33, § 4 KStG Rz. 1–3, 8, 38 ff., 91). Beide fallen jedoch unter § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG.
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2. Kapitalgesellschaften (Abs. 1 Nr. 1) a) Aufzählung mit Regelbeispielen Kein abschließender Charakter innerhalb des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG nennt als Unterfall der Körperschaften (juristischen Personen) ua. die „KapGes.“. Wie bereits in Rz. 45 angedeutet, entspricht es heute allgemeiner Ansicht, dass entgegen der Entscheidung des BFH v. 25.6.19844 seit der Ergänzung von Abs. 1 Nr. 1 durch das SEStEG5 der Kreis der stpfl. KapGes. in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG nicht mehr abschließend durch den Klammerzusatz geregelt wird, sodass nunmehr auch dort nicht genannte, weder nach deutschem noch europäischem Recht gegründete, nach einem Typenvergleich aber deutschen KapGes. vergleichbare Gesellschaften erfasst sind.6 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG sind unter den weiteren Voraussetzungen eines inländischen Sitzes oder eines inländischen Orts der Geschäftsleitung unbeschränkt kstpfl. –
die nach inländischem Zivilrecht gegründeten KapGes. (mit den Rechtsformen AG, KGaA, GmbH), deren Aufzählung abschließend ist und für die die Rspr. verlangt, dass sie rechtsfähig sind, um KSt-Subjekt sein zu können (s. etwa zur Vorgesellschaft Rz. 55 und 64),7
–
Europäische Gesellschaften, die nach europäischem Recht gegründet worden sind,
–
ausländische (nach dem Recht eines anderen Staats gegründete) Gesellschaften. Für diese ergibt sich eine KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, wenn sie nach dem notwendigen Typenvergleich als KapGes. und im Inland als rechtsfähig anzusehen sind. Handelt es sich um eine ausländische KapGes., die nicht rechtsfähig ist, kann sich eine Stpfl. aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG ergeben (s. Rz. 71 f.).
1 Zum Streitstand Lehmann in MüHdb GesR4, § 5 Rz. 59. 2 Grundlegend BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, DStR 2001, 310. 3 BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184; v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 27. 4 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355. 5 G v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782. 6 S. ua. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 35 mwN; Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 70; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 81; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 1, 60; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 9; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 4, 46; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 26. 7 BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184; v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 27.
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§ 1 Rz. 54–55
Unbeschrnkte Steuerpflicht
b) Kapitalgesellschaften mit inländischer Rechtsform aa) Voraussetzungen der unbeschränkten KSt-Pflicht 54 Maßgeblichkeit der Rechtsform und Rechtsfähigkeit. Die Rspr. des BFH sieht die Körperschaftsteuersubjektfähigkeit einer KapGes. inländischer Rechtsform stets ab deren zivilrechtlich wirksamer Gründung mit Eintritt der Zivilrechtsfähigkeit als gegeben an. Dies wurde ausdrücklich für die inländische GmbH entschieden.1 Zudem entschied der IV. Senat des BFH, eine GmbH-Vorgesellschaft, die später nicht als GmbH eingetragen werde, sei nicht kstpfl.,2 da (1) die Vorgesellschaft „als Rechtsform“ in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG nicht genannt sei, (2) mangels erfolgter Eintragung diese die Rechtsfähigkeit nicht erlange und nicht „wie eine“ KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG behandelt werden könne und (3) nach Aufgabe der Eintragungsabsicht die Einordnung einer Vorgründungsgesellschaft als nicht rechtsfähiges KSt-Subjekt unter § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG daran scheitere, dass die Einkünfte vorrangig gem. § 3 Abs. 1 KStG iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei den Mitunternehmern zu besteuern seien. Schließlich entschied der BFH für eine ausländische KapGes. mit inländischem Ort der Geschäftsleitung, dass für die Beurteilung eines Rechtsgebildes als unbeschränkt stpfl. KapGes. oder sonstige juristische Person des Privatrechts neben deren Rechtsform die Rechtsfähigkeit eine weitere Voraussetzung sei.3 Damit sind bei inländischen Gesellschaften kumulativ (1) die formelle Zuordnung zu einer Rechtsform, die in der abschließenden Aufzählung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG erwähnt ist, und (2) deren Rechtsfähigkeit (als Folge der Entstehung) notwendige Voraussetzungen für die unbeschränkte Stpfl.4 Der Zusatz „insbesondere“ in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG durch das SEStEG hat für inländische Gesellschaften hieran keine Änderungen bewirkt, die nur beispielhafte Aufzählung von Rechtsformen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG erfasst abschließend alle Formen von KapGes. deutschen Rechts, die unbeschränkt stpfl. sein können.5 55
KSt-Pflicht der Vorgesellschaft.6 Ob und unter welchen Voraussetzungen die Vorgesellschaft als KapGes. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unbeschränkt kstpfl. sein kann, ist nicht nur eine Frage, die den Beginn der KSt-Pflicht betrifft (s. dazu Rz. 64, 111). Wird als tragende Voraussetzung für die inländische Stpfl. einer KapGes. neben deren formeller Zuordnung zu einer der im abschließenden Katalog erwähnten Rechtsformen auch deren Rechtsfähigkeit verlangt, kommt eine KSt-Pflicht der Vorgesellschaft als KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG eigentlich nicht in Betracht. Diese ist eine rechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft sui generis, die mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags entsteht und auf die die Regelungen für eingetragene Gesellschaften teilweise Anwendung finden.7 Die ganz hM in Rspr.8 und im Schrifttum9 sieht die später eingetragene Vorgesellschaft jedoch von Beginn an (dem Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags) als KapGes. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG an, wenn es später zur Eintragung in das Handelsregister kommt, da zivil- und steuerrechtlich von der Identität der Vorgesellschaft mit der späteren GmbH auszugehen ist.10 Es wird die Vorgesellschaft aufgrund des Identitätsprinzips auch ohne eine erweiternde Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unmittelbar unter eines der Regelbeispiele (der AG, KGaA oder
1 BFH v. 13.12.1989 – I R 98, 99/86, BStBl. II 1990, 468 = GmbHR 1990, 314. 2 BFH v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764; v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352 = GmbHR 1993, 171; v. 21.10.2014 – VIII R 22/11, DStR 2015, 738. 3 BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184. 4 S. auch Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 30; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 103; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 101. 5 Martini, DStR 2011, 337 (337) mwN. 6 Der BGH hat den Begriff der Vorgesellschaft für die Vor-GmbH in der Entscheidung v. 9.3.1981 (II ZR 54/80, BGHZ 80, 129 = GmbHR 1981, 114) entwickelt. 7 Zum Beispiel der Vor-GmbH s. Schäfer in Henssler/Strohn2, § 11 GmbHG Rz. 13. 8 BFH v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764 mwN. 9 Martini, DStR 2011, 337 ff.; s. auch Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 68 f.; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 109; Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 35; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 123 ff.; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 181; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 238 (aber KStPflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4); Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 109 f. 10 Schäfer in Henssler/Strohn2, § 11 GmbHG Rz. 36: Das frühere Konzept des BGH, eine Gesamtrechtsnachfolge zwischen Vorgesellschaft und GmbH anzunehmen, ist mittlerweile durch die Beurteilung ersetzt worden, die Vorgesellschaft werde zwar – ähnlich einem identitätswahrenden Formwechsel – mit der Eintragung als solche beendet, bestehe jedoch als GmbH fort.
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 55–59 § 1
GmbH) subsumiert.1 Die (zunächst noch) nicht vorhandene Rechtsfähigkeit steht dem nicht entgegen, stellt aber uE auch nicht infrage, dass generell die Rechtsfähigkeit als eigene tragende Voraussetzung der KSt-Pflicht inländischer KapGes. vorhanden sein muss.2 Zur Vorgesellschaft bei Einmann-GmbH-Gründungen s. Rz. 64. Unechte Vorgesellschaft/Vorgründungsgesellschaft. Kommt es nicht zur Eintragung der KapGes., liegt nach zutr. hM für die Vorgesellschaft von Beginn an weder eine KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 4 KStG vor, da allein die (eventuelle/beabsichtigte) zivilrechtliche Einordnung als KapGes. hierfür nicht ausreicht.3 Bei Subsumtion unter die kumulativ erforderlichen Voraussetzungen (1) der formellen Zuordnung zu einer Rechtsform nach dem Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und (2) der Rechtsfähigkeit sind beide nicht erfüllt. Das vorhandene Rechtsgebilde wird als „unechte“ Vorgesellschaft bezeichnet,4 wenn von Beginn an die Eintragungsabsicht fehlt oder nach deren Wegfall die werbende Tätigkeit fortgesetzt wird, und ist von Beginn an als Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft oder bei einem nicht in Gang gesetzten Geschäftsbetrieb vermögensverwaltende Personengesellschaft) anzusehen, deren Einkünfte bei den Gesellschaftern zu besteuern sind; im Ausnahmefall kann ein nicht rechtsfähiger Verein vorliegen.5 Diese Personengesellschaft weist keine Identität mit der späteren eingetragenen Gesellschaft auf.6 Zum Beginn der KSt-Pflicht bei Vorgesellschaften s. Rz. 111 f.
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bb) Aktiengesellschaften Rechtsgrundlage und Erscheinungsformen der AG. Rechtsgrundlage der AG ist das AktG7. Die AG wird mit Eintragung rechtsfähig (arg.e § 41 Abs. 1 Satz 1 AktG). Zu den AGs gehören auch die REIT-Aktiengesellschaften (§ 1 REITG)8, die ihren Sitz und die Geschäftsleitung im Inland haben müssen und ebenfalls zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 9 REITG).
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Vor-AG. Die Vor-AG entsteht mit Feststellung der Satzung und Übernahme sämtlicher Aktien durch die Gründer, ist Gesamthandsgemeinschaft sui generis und als solche Trägerin von Rechten und Pflichten, endet mit Eintragung liquidationslos, wobei es zu einem Übergang der Rechte und Pflichten auf die AG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (keine Identität) kommt.9 Im Fall der Einmann-AG entsteht ebenfalls eine Vor-AG, die schon Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann.10 Der Vor-REIT ist in § 2 REITG als inländische AG, die beim BZSt als Vor-REIT registriert ist, legaldefiniert. Die Rspr. hat im Übrigen noch nicht geklärt, ob die zivilrechtlich für die Vor-GmbH entwickelten Grundsätze auch für alle Vor-AGs gelten.11
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Steuerrechtlich ist nach den in Rz. 55 dargelegten Grundsätzen schon die Vor-AG das KSt-Subjekt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, wenn die Vor-AG nach außen tätig wird und es spä-
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1 Anders Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 35, der die KSt-Pflicht der später eingetragenen Vorgesellschaft bejaht, aber ausführt, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 seien vor Eintragung in das Handelsregister noch nicht erfüllt. 2 Vgl. anders Martini, DStR 2011, 337 (341), der von einer Akzessorietät des Steuerrechts mit dem Zivilrecht ausgeht, da die Vorgesellschaft zivilrechtlich KapGes. sui generis ist: „Vielmehr prägen sie [die Vorgesellschaften] genauso wie die in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaften den steuerrechtlichen Begriff der Kapitalgesellschaft und schwächen somit ihrerseits den Bezug des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG zur Rechtsfähigkeit.“ 3 BFH v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764 mwN zur unechten Vorgesellschaft; v. 21.10.2014 – VIII R 22/11, DStR 2015, 738. 4 BFH v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764 mwN; s. differenzierend Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 110, der eine KSt-Pflicht für möglich hält, wenn die Eintragung ernsthaft beabsichtigt war, aber aufgrund einer Insolvenz und anschließenden Liquidation scheitert; diese Unterscheidung ablehnend Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 35. 5 BFH v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764 mwN; v. 21.10.2014 – VIII R 22/11, DStR 2015, 738; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 69; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 239–241; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 122, 125; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 107. 6 BFH v. 18.3.2010 – IV R 88/06, BStBl. II 2010, 991 = FR 2010, 946 = GmbHR 2010, 764. 7 G v. 6.9.1965, BGBl. I 1965, 1089, zuletzt geändert durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 23.7.2013, BGBl. I 2013, 2586. 8 G über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen v. 28.5.2007, BGBl. I 2007, 914. 9 Wardenbach in Henssler/Strohn2, § 41 AktG Rz. 3. 10 Wardenbach in Henssler/Strohn2, § 41 AktG Rz. 12 f. 11 Wardenbach in Henssler/Strohn2, § 41 AktG Rz. 1.
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§ 1 Rz. 59–62
Unbeschrnkte Steuerpflicht
ter zur Eintragung in das Register kommt.1 Für Einpersonen-AGs gelten keine Ausnahmen.2 Der Vor-REIT und die eingetragene REIT-AG sind nach denselben Grundsätzen unbeschränkt kstpfl. (allerdings gibt es keinen Einmann-REIT, s. § 11 REITG), jedoch unter den Voraussetzungen des § 16 REITG von der KSt und GewSt befreit. Zwischen einer Vorgründungsgesellschaft und der Vor-AG/späteren AG besteht nach der Rspr. des BFH hingegen eine Identität, sodass die auf die Errichtung einer AG gerichtete Vorgründungsgesellschaft regelmäßig eine Mitunternehmerschaft iSd. § 15 Abs. 1 EStG ist.3 cc) Kommanditgesellschaften auf Aktien 60 Grundform. Die KGaA (§§ 278 ff. AktG) ist eine vom Gesetzgeber geschaffene hybride Gesellschaftsform, bei der die Geldgeber und die Unternehmensführer unterschiedlichen zivilrechtlichen Regelungen unterworfen sein sollen (duale Rechtsstruktur).4 Sie erlangt mit Eintragung in das Handelsregister ihre Rechtsfähigkeit (§ 282 AktG) und beinhaltet zwei Gruppen von Gesellschaftern: die persönlich haftenden Komplementäre mit Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, die weitgehend den Vorschriften wie bei der KG unterliegen, und die am – in Aktien zerlegten – Grundkapital beteiligten Kommanditaktionäre ohne persönliche Haftung und Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. Möglich ist aber auch eine Einmanngesellschaft, bei der der einzige Komplementär schon bei der Gründung alle Kommanditaktien übernimmt.5 61
Kapital- oder Personengesellschaft & Co. KGaA. Der BGH hat in einem Beschluss vom 24.2.19976 die Zulässigkeit einer KGaA ohne natürliche Person als Komplementär (also einer KapGes. oder einer GmbH & Co. KG) anerkannt und damit einen langjährigen Literaturstreit sowie die durch frühere Gerichtsentscheidungen ausgelöste Rechtsunsicherheit beendet. Die Entscheidung hat gleichsam zur Renaissance der KGaA geführt, die nunmehr von vielen Vertretern in der Literatur als ideale Rechtsform für familiengeführte mittelständische Unternehmen mit Ambitionen für einen Börsengang angesehen wird.7 Der Gesetzgeber hat dies in § 279 Abs. 2 AktG nachvollzogen.
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Besteuerung. Die hybride Struktur der KGaA wird auch durch das Steuerrecht anerkannt und umgesetzt. Es sind die Regeln des KStG neben Regeln aus dem steuerlichen Regime der Mitunternehmerschaft anzuwenden (s. eingehend § 9 KStG Rz. 10 ff., 63, 93 ff., 114 ff., 166 ff.):8 –
Als Steuersubjekte zu unterscheiden sind die KGaA selbst, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG der Körperschaftsteuer unterliegt, und der Gesellschafterkreis der Komplementäre und der Kommanditaktionäre.
–
Auf der Ebene der KGaA werden bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens für Körperschaftsteuerzwecke gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG die nicht auf das Grundkapital entfallenden Gewinnanteile sowie die Geschäftsführungsvergütung des Komplementärs als BA abgezogen. Mit der gesetzlichen Formulierung, dass nur Gewinnanteile gemeint sind, die „nicht auf das Grundkapital entfallende Gewinnanteile“ sind, wird klargestellt, dass Dividendeneinkünfte des Komplementärs aus Kommanditaktien für Zwecke des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG außer Betracht bleiben. Entgelte, die für die Hingabe von Darlehen und für die Überlassung von WG von der KGaA gezahlt werden, mindern den körperschaftsteuerlichen Gewinn der KGaA als „normale“ BA.9
–
Der Komplementär versteuert nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG die ihm zugewiesenen Gewinnanteile aus der KGaA als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dazu gehören die von der KGaA gezahlten Gewinnanteile und Vergütungen. Der persönlich haftende Gesellschafter einer
1 S. zutreffend Binnewies, AG 2005, 32. Dies gilt, obwohl zivilrechtlich eine Identität zwischen Vor-AG und AG abgelehnt wird, s. Wardenbach in Henssler/Strohn2, § 41 AktG Rz. 3. 2 Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 60. 3 BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230 = GmbHR 1990, 235; Binnewies, AG 2005, 32. 4 Vgl. Arnold in Henssler/Strohn2, § 278 AktG Rz. 1: Mischform zwischen AG und KG; Schaumburg, DStZ 1998, 525 (525); Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77 ff. 5 Arnold in Henssler/Strohn2, § 278 AktG Rz. 1 und § 280 AktG Rz. 1. 6 BGH v. 24.2.1997 – II ZB 11/96, BGHZ 134, 392 ff. = GmbHR 1997, 595. 7 Vgl. Niedner/Kusterer, DB 1997, 2010; Schaumburg, DStZ 1998, 525; Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77. 8 Zum Reformbedarf s. Bielinis, DStR 2014, 769; Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, DB 2014, 147. 9 Vgl. Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77 (88).
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Levedag
B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 62–63 § 1
KGaA hat eine ertragsabhängige Geschäftsführungsvergütung in dem Jahr als Ertrag zu erfassen, für das er die Vergütung bezieht.1 Zwischen der Besteuerung des Komplementärs und der Besteuerung der KGaA besteht ertrag- und gewerbesteuerlich eine Korrespondenz, indem die nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG beim Komplementär zu erfassenden Betriebseinnahmen auf der Ebene der KGaA als normale BA (Entgelte für Darlehen und für die Überlassung von WG) oder gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG (Gewinnanteile und Geschäftsführervergütungen) abgezogen werden können. Im Fall der Überlassung von WG oder Darlehen durch die Komplementärin an die KG sind diese im SBV der Komplementärin bei der KGaA zu bilanzieren.2 Kommanditaktien des Komplementärs an der KGaA gehören regelmäßig nicht zu dessen SBV II, da zusätzliche Kommanditaktien eine Verstärkung der Komplementärstellung in der Gesellschaft nicht mehr bewirken können. In der Literatur wird vertreten, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer einer KomplementärGmbH in der GmbH & Co. KGaA, der daneben auch Kommanditaktionär ist, die Anteile an der Komplementär-GmbH primär deshalb hält, um seine Position in der KGaA zu stärken: Aus dieser Sicht heraus sollen die Anteile an der Komplementär-GmbH als SBV II anzusehen sein.3 Zu beachten ist, dass die Veräußerung eines Komplementäranteils durch eine KapGes. nach § 7 Satz 2 Nr. 3 GewStG der GewSt unterliegt. –
Die Kommanditaktionäre versteuern nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG die auf die Kommanditaktien ausgeschütteten Dividenden als Einkünfte aus Kapitalvermögen.
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Für Zwecke der GewSt sind bei einer KGaA sowohl die Komplementäre (nur im Fall der GmbH oder GmbH & Co. KG) als persönlich haftende Gesellschafter als auch die KGaA kraft ihrer Rechtsform selbst gewerbesteuerpflichtig.4 Die KGaA unterliegt gem. § 2 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Satz 1 GewStG als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform der GewSt. Ausgangsgröße für die Bemessung der GewSt der KGaA ist gem. § 7 GewStG der nach den Vorschriften des KStG ermittelte Gewinn. Es werden die in § 8 Nr. 4 GewStG genannten Gewinnbestandteile (als BA von der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei der KGaA abgezogene Gewinnanteile und Vergütungen für die Geschäftsführung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG) dem Gewerbeertrag der KGaA wieder hinzugerechnet, obwohl diese auch über § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG und § 7 GewStG im einkommensteuerlichen Gewinn und Gewerbeertrag zB der Komplementär-GmbH & Co. KG erfasst werden. Diese Regelungstechnik stellt sicher, dass die in beiden Vorschriften erfassten Gewinnanteile des persönlich haftenden Gesellschafters zumindest einmal bei der KGaA der GewSt unterworfen werden.5 Die Doppelbesteuerung dieser Beträge wird über § 9 Nr. 2b GewStG vermieden, was jedoch nur für die Gewinnanteile und Geschäftsführervergütungen gilt. Vergütungen für die Hingabe von Darlehen werden dem Gewinn der KGaA unter den Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG aber nicht gem. § 8 Nr. 4 GewStG hinzugerechnet.6 Bei Miet- und Pachtvergütungen, die zB an eine Komplementär-GmbH & Co. KG gezahlt werden, besteht auf der Ebene der KGaA eine Hinzurechnungspflicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG. Die Komplementär-Gesellschaft kann in diesem Fall gem. § 9 Nr. 4 GewStG ihren Gewerbeertrag nicht mehr durch eine korrespondierende Kürzung verringern. Es entsteht im Ergebnis eine doppelte Belastung mit GewSt.
dd) Gesellschaften mit beschränkter Haftung Rechtsgrundlage und Erscheinungsformen. Rechtsgrundlage ist das GmbHG7. Nach § 11 Abs. 1 GmbHG entsteht die GmbH als Einmann- oder Mehrpersonengesellschaft (§ 1 GmbHG) mit der Eintragung. Zu diesem Zeitpunkt erlangt die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit und erfüllt die Voraussetzungen der unbeschränkten KSt-Pflicht in jedem Fall (Ka1 BFH v. 4.12.2012 – I R 42/11, GmbHR 2013, 384 = BFH/NV 2013, 589; zur grenzüberschreitenden Behandlung von Ruhegeldern des Komplementärs s. BFH v. 7.12.2011 – I R 5/12, BFH/NV 2012, 556; zur Anwendung des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs an eine Mutter-KGaA mit einer Komplementär-Personengesellschaft s. BFH v. 19.5.2010 – I R 62/09, FR 2010, 809 m. Anm. Wassermeyer = GmbHR 2010, 1004 = DStR 2010, 1712. 2 Vgl. Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77 (88); relativierend Wehrheim, DB 2001, 947 (948). 3 Vgl. Wehrheim, DB 2001, 947 (948). 4 Eine natürliche Person als Komplementär ist nur einkommensteuer-, nicht aber gewerbesteuerpflichtig, vgl. Schmidt/Levedag, INF 1997, 749 (751); aA Wehrheim, DB 2001, 947 (948) für eine Sonderkonstellation. 5 Vgl. BFH v. 28.11.2007 – X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 = GmbHR 2008, 275 = FR 2008, 575 m. Anm. Wendt. 6 Vgl. BFH v. 28.11.2007 – X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 = GmbHR 2008, 275 = FR 2008, 575 m. Anm. Wendt. 7 G v. 20.4.1892, RGBl. 1892, 477, zuletzt geändert durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 23.7.2013, BGBl. I 2013, 2586.
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§ 1 Rz. 63–65
Unbeschrnkte Steuerpflicht
talogrechtsform und Rechtsfähigkeit, s. Rz. 54). Nur eine Unterform der GmbH ist die in § 5a GmbHG geregelte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die damit juristische Person, KapGes. und Formkaufmann ist.1 Die UG ist nur eine (transitorische) RechtsformVariante der GmbH, da die nach § 5a Abs. 3 GmbHG zu bildende Zwangsrücklage den Anreiz schaffen soll, die Kapitalvoraussetzungen der „normalen“ GmbH zu erfüllen.2 Es erfolgt bei hinreichender Rücklage aber kein automatischer Wechsel in die GmbH (§ 5a Abs. 5 GmbHG).3 Zudem besteht trotz des vom Gesetzgeber beabsichtigten Durchgangsstadiums der UG auf dem Weg in die GmbH keine Ähnlichkeit mit der Vor-GmbH als notwendiger Vorstufe bei jeder Gründung, da auch die UG erst mit Eintragung in das Handelsregister entsteht. Die inländische UG (haftungsbeschränkt) ist als Sonderform der GmbH ebenfalls unbeschränkt kstpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG.4 64
Vor-GmbH/unechte Vor-GmbH. Die Vor-GmbH entsteht mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags in notarieller Form gem. § 2 GmbHG. Auch bei Gründung im vereinfachten Verfahren gem. § 2 Abs. 1a GmbHG (unter Verwendung des Musterprotokolls) gilt nichts anderes, da auch hier die notarielle Beurkundung notwendig ist.5 Zur KSt-Pflicht der Vor-GmbH von Beginn an bei später erfolgender Eintragung und zur Behandlung der unechten Vor-GmbH und Vorgründungsgesellschaften s. Rz. 55. Zweifel an der unbeschränkten KSt-Pflicht könnte man bei Einpersonen-Vor-GmbHs haben, die im Zuge von Einmann-Gründungen einer GmbH oder UG entstehen. Anerkannt ist, dass ab Beurkundung des notariellen Vertrags ein Sondervermögen entsteht, das vom Vermögen des Gründers zu trennen ist. Streitig ist dessen Rechtsfähigkeit, da eine Gesamthandsgemeinschaft sui generis nicht entstehen kann.6 Es besteht aber uE kein Anlass, die KSt-Pflicht einer Einpersonen-Vor-GmbH anders zu beurteilen als bei einer Mehrpersonen-Vor-GmbH, denn das tragende Argument der Identität von Vorgesellschaft und später eingetragener GmbH gilt auch hier uneingeschränkt. Die Rechtsfähigkeit der Einpersonen-Vor-GmbH, die im Unterschied zur Mehrpersonen-VorGmbH fehlen könnte, ist nach den Ausführungen in Rz. 55 unbeachtlich für deren Einordnung als unbeschränkt stpfl. KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Wäre man anderer Auffassung, käme eine unbeschränkte Stpfl. als „anderes Zweckvermögen“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG in Betracht, würde uE aber daran scheitern, dass die Einwirkungsmöglichkeiten des Gründers als Widmenden auf das Sondervermögen (das wenigstens aus den geleisteten Einlagen und den Ansprüchen auf Leistung der Einlage bestünde) nicht in dem erforderlichen Umfang ausgeschlossen wären (s. hierzu Rz. 83).
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Mischformen. Die GmbH & Co. KG bewirkt zwar für die an ihr beteiligten Kommanditisten nach Leistung der Einlage eine Haftungsbeschränkung für Schulden der Gesellschaft. Dennoch ist die GmbH & Co. KG als zivilrechtliche Personengesellschaft aufgrund der strikten Anknüpfung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG an die Rechtsform weder in der personalistischen Ausgestaltung noch als Publikumspersonengesellschaft ein KSt-Subjekt.7 Gleiches gilt für die Partnerschaftsgesellschaft und die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung.8 Bei der GmbH & atypisch Still, die Mitunternehmerschaft ist, ist nur die GmbH KSt-Subjekt.9 In der Betriebsaufspaltung sind Besitz- und Betriebsgesellschaft trotz des einheitlichen Betätigungswillens (und der persönlichen und sachlichen Verflechtung) getrennte Rechtsträger, deren KSt-Pflicht separat zu beurteilen ist.10
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Schäfer in Henssler/Strohn2, § 5a GmbHG Rz. 4. Schäfer in Henssler/Strohn2, § 5a GmbHG Rz. 6. Schäfer in Henssler/Strohn2, § 5a GmbHG Rz. 6. Allgemeine Ansicht, vgl. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 36; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 33; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 123 ff.; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 181; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 94.1 ff.; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 34. Zur Beurkundungspflicht in den Gründungsvarianten gem. § 2 Abs. 1 und 1a GmbHG s. Schäfer in Henssler/Strohn2, § 2 GmbHG Rz. 12, 63. S. Schäfer in Henssler/Strohn2, § 11 GmbHG Rz. 41. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 30. S. dazu OFD NRW v. 12.12.2013, BB 2014, 485. BFH v. 18.3.1966 – IV 218/65, BStBl. III 1966, 197; s. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 KStG Rz. 30. BFH v. 8.11.1972 – GrS 2/71, BStBl. II 1972, 72.
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 66–67 § 1
ee) Europäische Gesellschaften EWIV. Europäische Rechtsgrundlage für die EWIV (= Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung) ist die EWIV-VO1. Flankierend besteht ein nationales Ausführungsgesetz (EWIV-AG)2. Gem. § 1 EWIV-AG sind die für eine OHG geltenden Vorschriften anzuwenden; die Vereinigung gilt als Handelsgesellschaft iSd. HGB. Zu dieser Grundeinordnung war Deutschland nach Art. 1 Abs. 3 EWIV-VO berechtigt. Die EWIV ist in Deutschland – anders als in anderen Mitgliedstaaten – somit zwar keine juristische Person, besitzt im Rechtsverkehr aber Geschäfts- und Handlungsfähigkeit.3 Das Ergebnis der EWIV ist nach Art. 40 EWIV-VO nur bei den Mitgliedern zu besteuern. Sie ist damit nach einhelliger Meinung kein KSt-Subjekt, sondern eine Mitunternehmerschaft.4
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Societas Europea (SE). Rechtsgrundlage ist die SE-Verordnung (SE-VO)5 und das nationale Ausführungsgesetz (SE-AG)6. Die SE kann nicht als alleinstehende Gesellschaft neu gegründet werden (ex nihilo), sondern geht immer aus bereits bestehenden Strukturen hervor, sodass nur bestimmte Gründungswege eröffnet sind.7 Für eine SE, die ihren Sitz in Deutschland haben soll, gelangt über die Verweisung des Art. 15 Abs. 1 SE-VO das nationale Aktienrecht zur Anwendung, sodass es je nach Gründungsweg auch eine Vor-SE als rechtsfähigen Rechtsträger sui generis gibt.8 Sowohl die inländische Vor-SE als auch die inländische SE sind juristische Personen und unbeschränkt stpfl. KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, und zwar bereits vor der Änderung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG durch das SEStEG.9 Europäische Privatgesellschaft – SPE und SMC. Auf europäischer Ebene gab es Bestrebungen, eine europäische Privatgesellschaft als Äquivalent zur GmbH als weitere Rechtsform zu installieren, allerdings verfolgt die Kommission die Ausarbeitung einer SPE-Verordnung derzeit nicht weiter.10 Derzeit betreibt die Kommission ein Konsultationsverfahren zur geschlossenen KapGes. im Alleinbesitz (single member company – SMC).11 c) Andere Kapitalgesellschaften mit inländischem Sitz oder Ort der Geschäftsleitung Erweiterung des Katalogs in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Der Gesetzgeber hat durch das SEStEG in den Klammerzusatz des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG das Merkmal „insbesondere“ aufgenommen. Hieraus folgt nach allgemeiner Auffassung (s. Rz. 45, 53), dass nunmehr auch dort nicht genannte, weder nach deutschem noch europäischem Recht gegründete, nach einem Typenvergleich aber deutschen KapGes. vergleichbare Gesellschaften erfasst sein können.12 Praktischer Anwendungsfall sind unter weiteren Voraussetzungen nach ausländischem Recht gegründete KapGes., die ihren Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in das Inland verlegen.
1 VO (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl. EG 1985 Nr. L 199, 1. 2 G zur Ausführung der EWG-Verordnung über die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung v. 14.4.1988, BGBl. I 1988, 514. 3 Teichmann in MüHdb GesR4, § 48 GmbHG Rz. 6. 4 Teichmann in MüHdb GesR4, § 48 GmbHG Rz. 75; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 30a; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 65; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 77; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 129; zur Besteuerung der Vergütungen des Geschäftsführers s. FG München v. 30.4.2013 – 13 K 1953/10, EFG 2013, 1554; nachgehend BFH v. 22.5.2014 – III B 73/13, BFH/NV 2014, 1495. 5 VO (EG) Nr. 2157/2001 v. 8.10.2001, ABl. EG 2001 Nr. L 294, 1, die am 8.10.2004 in Kraft getreten ist. 6 G zur Ausführung der VO (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, 3675. 7 Teichmann in MüHdb GesR4, § 49 GmbHG Rz. 6 ff. Dies sind die Verschmelzung von zwei AGs, die Gründung einer Holding-SE, Gründung einer Tochter-SE und die Umwandlung einer AG in eine SE. Eine bestehende SE kann ihrerseits eine Tochter-SE gründen. 8 Teichmann in MüHdb GesR4, § 49 GmbHG Rz. 15. 9 Allgemeine Meinung: Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 70a; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 36; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 93; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 66; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 89.3; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 65, 142; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 29. 10 S. Hommelhoff/Teichmann, GmbHR 2014, 177 ff. zum Verhandlungsstand und Ausblick; zur bislang geplanten Ausgestaltung eingehend Teichmann in MüHdb GesR4, § 50 GmbHG Rz. 75; Wicke in Süß/ Wachter2, 2011, § 8. 11 S. Hommelhoff/Teichmann, GmbHR 2014, 177 (177) mwN. 12 S. ua. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 21, 26, 28 und 35 mwN; Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 70; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 81; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 1, 60; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 9; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 4, 46.
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§ 1 Rz. 68–69
Unbeschrnkte Steuerpflicht
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Bestimmung des maßgeblichen Gesellschaftsstatuts bei inländischer Geschäftstätigkeit. Für die zivilrechtliche Anerkennung1 ausländischer KapGes. als rechtsfähige KapGes., die im Inland ihre Geschäftsfähigkeit entfalten, ohne ihren effektiven Verwaltungssitz (keine Zuzugsfälle) hier zu begründen, ist aus deutscher Sicht maßgeblich, ob diese nach dem anzuwendenden Sachrecht (dem Gesellschaftsstatut) wirksam als rechtsfähige Einheit errichtet wurden.2 Die Kollisionsregelung des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB verweist nach der Sitztheorie auf das Recht am Ort des Verwaltungssitzes als maßgebliches Sachrecht (der statutarische Sitz ist insoweit belanglos), es sei denn, nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ist eine Weiterverweisung auf das Recht eines dritten Staates oder eine Rückverweisung auf das deutsche Recht zur Ermittlung des maßgeblichen Sachrechts zu beachten.3 Wird aufgrund der Verweisung des Art. 4 Abs. 1 EGBGB an das ausländische Sachrecht (Gesellschaftsrecht) angeknüpft, ist für die Anerkennung einer ausländischen KapGes. in Deutschland erforderlich, dass diese nach dem Recht des Staates, in dem sich der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung befindet, wirksam errichtet worden ist.4 Eine ausländ. Gesellschaft, die ihre Geschäftstätigkeit im Inland entfaltet, ist demnach ohne Weiteres als rechtsfähig anzuerkennen, wenn sich der tatsächliche Verwaltungssitz in dem Staat befindet, in dem die Gesellschaft gegründet wurde.5 Allerdings kann auf Grundlage des Art. 3 Nr. 2 EGBGB iVm. einem bilateralen Abkommen kollisionsrechtlich die Anwendung der Gründungstheorie für die Anerkennung festgeschrieben sein.6 Folgt ein Staat der Gründungstheorie, entscheidet der Ort der Gründung über das anwendbare Recht, sodass die Voraussetzungen des Sachrechts (Gesellschaftsrechts) dieses Staats eingehalten werden müssen, um von einer wirksam errichteten Gesellschaft ausgehen zu können.7 Eine ausländ. Gesellschaft, die auch nach der Gründung weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland hat,8 ist allenfalls beschränkt stpfl. gem. § 2 Nr. 1 KStG, falls sie inländ. Einkünfte iSd. § 49 EStG erzielt.9
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Wechsel des ausländ. zum inländ. Gesellschaftsstatut. Für die an dieser Stelle allein interessierende unbeschränkte Stpfl. einer im Ausland errichteten Gesellschaft, die nach der Gründung ihren statutarischen Sitz oder effektiven Verwaltungssitz in das Inland verlegt (Zuzugsfälle), sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden: –
Die Verlegung des statutarischen Sitzes einer ausländischen KapGes. in das Inland (unter Beibehaltung des effektiven Verwaltungssitzes im Ausland) ist nur möglich, wenn das ausländische Gesellschaftsrecht dies zulässt (also hieran keine zwingende Auflösung der Gesellschaft knüpft) und Deutschland als Zuzugsstaat es nach seinem Gesellschaftsrecht dieser Gesellschaft ermöglicht, sich im Inland als solche in das Register eintragen zu lassen.10 Letzteres ist im deutschen Gesellschaftsrecht aber nicht vorgesehen. Eine Gesellschaft, die nach dem Recht des Gründungsstaates durch die Verlegung des Satzungssitzes aufgelöst wird und in Deutschland eine neue Tätigkeit aufnimmt, ist nach inländischem Gesellschaftsrecht eine hier (konkludent) neu gegründete Gesellschaft, die, um KapGes. sein zu können, in das inländische Register einzutragen ist (sog. identitätsändernder Zuzug).11 Lässt schon das Gesellschaftsrecht des Herkunftsstaats der Gesellschaft die Verlegung des Satzungssitzes nicht zu, bleiben innerhalb der EU und des EWR
1 Zum Anerkennungsprinzip allgemein s. Reimer, FR 2007, 1047. 2 Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 2; s. auch Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 68 ff. zu den zivilrechtlichen Grundlagen und der Entwicklung der EuGH-Rspr. 3 Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 25, 28, 32 mit Nachweisen zur Rspr. des BGH. Der Satzungssitz ist als Teil des Sachrechts erst relevant, wenn es um die einzelnen Voraussetzungen der wirksamen Gründung geht, vgl. Teichmann in Süß/Wachter2, § 4 Rz. 9. 4 Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 6; Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 14 f.; Kienle in MüHdb GesR4, § 19 Rz. 2. 5 Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 7; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 141. 6 S. BFH v. 29.1.2003 – I R 6/99, BStBl. II 2004, 1043 = FR 2003, 912 = GmbHR 2003, 722; Art. XXV Abs. 5 des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags v. 29.10.1954 mit den USA (BGBl. I 1956, 487 ff.) gibt vor, dass eine in einem Staat der USA errichtete Gesellschaft auf Basis der Gründungstheorie unter Zugrundelegung des Rechts dieses Staats anzuerkennen ist; vgl. Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 7 ff. (auch mit Bsp. zu anderen Abkommen). Aus den Regelungen der EMRK, GATS und EFTA folgt die Anwendung der Gründungstheorie hingegen nicht, vgl. Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 21. 7 Vgl. Teichmann in Süß/Wachter2, § 4 Rz. 11. 8 Zur Registerpflicht einer inländischen Zweigniederlassung gem. § 13e Abs. 2 Satz 1 HGB s. Wachter in Süß/Wachter2, § 2 Rz. 34 ff.; Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 9–11. 9 Ebenso Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 142. 10 Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 42; zusammenfassend Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.163 ff.; Kieninger in MüHdb GesR4, § 52 Rz. 2–11. 11 Ebenso Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (679).
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 69 § 1
der grenzüberschreitende Formwechsel in eine Zielrechtsform des Aufnahmestaats1 oder die grenzüberschreitende Verschmelzung als Gestaltungsmöglichkeiten (s. Rz. 106).2 –
Bei der Verlegung nur des effektiven Verwaltungssitzes (also Beibehaltung des statutarischen Sitzes im Ausland) nach Deutschland sind die Anknüpfungen des Herkunftsstaats und Deutschlands als Zuzugsstaat in den Blick zu nehmen. Bleibt die Verlegung des effektiven Verwaltungssitzes der Gesellschaft in das Ausland nach dem Gesellschaftsrecht des Herkunftsstaats ohne Folgen (keine Zwangsauflösung), bleibt die wegziehende rechtsfähige Gesellschaft als solche erhalten. Da Deutschland als Aufnahmestaat im Grundsatz der Sitztheorie folgt, ist aus deutscher Sicht nunmehr allein inländisches Gesellschaftsrecht für die Anerkennung der Gesellschaft maßgeblich. Die zugezogene Gesellschaft erfüllt die Anforderungen an eine wirksam errichtete inländische rechtsfähige Körperschaft nicht und kann hier allenfalls als Personengesellschaft (GbR/OHG) behandelt werden.3 Diese Betrachtung gilt in der Rechtspraxis insbesondere für die Sitzverlegung ausländischer Gesellschaften aus Drittstaaten (zB Schweiz/Kanalinseln/Singapur) nach Deutschland, es sei denn, ein bilaterales Abkommen gebietet die Anerkennung der zuziehenden Gesellschaft.4 EU-/EWR-Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz in das Inland verlegen, sind hier als rechtsfähige KapGes. anzuerkennen (s. nachstehend).
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Die jüngere Entwicklung der EuGH-Rspr.5 hat bewirkt, dass die Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) bei Verlegung des effektiven Verwaltungssitzes einer EU-/EWR-KapGes. in das Inland Deutschland als Aufnahmestaat dazu zwingt, das Gesellschaftsrecht des Herkunftsstaates (und nicht nach der Sitztheorie das inländische Gesellschaftsrecht) für die Anerkennungsprüfung von EU-/EWR-Gesellschaften anzuwenden.6 Die unionsrechtlich gebotene Anerkennung der Rechtsfähigkeit wird im deutschen internationalen Gesellschaftsrecht dadurch erreicht, dass geprüft wird, ob nach dem Gesellschaftsrecht des Herkunftsstaats der Wegzug zur Auflösung der Gesellschaft führt oder diese fortbesteht.7 Lässt der Herkunftsstaat nach der Gründungstheorie – wie innerhalb der EU/des EWR im Regelfall – nach seinem Gesellschaftsrecht die Verlegung des effektiven Verwaltungssitzes einer wirksam errichteten KapGes. ohne deren Auflösung (also ohne Verlust der Rechtsfähigkeit) zu, hat die deutsche Rechtsordnung die zugezogene Gesellschaft als rechtsfähige ausländische KapGes. anzuerkennen.8 Dieser Vorrang der Gründungstheorie in den EU-/EWR-Fällen gilt nach bestrittener Auffassung auch für Gesellschaften aus assoziierten Staaten oder Überseegebieten.9 Umstritten sind weiterhin Einzelfragen, etwa ob der zugezogenen Gesellschaft im Rechtsverkehr neben der allgemeinen Rechtsfähigkeit auch alle besonderen Rechtsfähigkeiten (zB die Grundbuch-, Scheck- und Wechselfähigkeit) im Inland zuzubilligen sind, und welche Teile des ausländischen Gesellschaftsrechts (Gründungsrechts) nach dem Zuzug im Inland weiterhin vorrangig anzuwenden sind.10
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Nach hM gilt der Vorrang der Gründungstheorie auch für solche (Briefkasten-)Gesellschaften, die schon im Zeitpunkt der Gründung ihren effektiven Verwaltungssitz in einem
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Teichmann in Süß/Wachter2, § 4 Rz. 48 und 52 ff. Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (679). Teichmann in Süß/Wachter2, § 4 Rz. 28 ff.; Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 16. BGH v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, GmbHR 2009, 138 m. Anm. Wachter = NJW 2009, 289; Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 17; Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 25; Thölke in MüHdb GesR4, § 1 Rz. 93–103 (zur Schweiz); Gesell in Prinz, Rz. 2.34–2.41; Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.112 ff.; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 79; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 21 f.; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 204–212; Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (677 f.). EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 – Centros, FR 1999, 449 m. Anm. Dautzenberg = GmbHR 1999, 474; v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 – Überseering, GmbHR 2002, 1137; BGH v. 13.3.2003 – VII ZR 370/98, NJW 2003, 718; EuGH v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01 – Inspire Art, GmbHR 2003, 1260; v. 16.12.2008 – Rs. C-210/06 – Cartesio, NJW 2009, 569; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 79; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 21 f.; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 53 ff. Kienle in MüHdb GesR4, § 19 Rz. 7; Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 40–45; Teichmann in Süß/Wachter2, § 4 Rz. 39; Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 18; Gesell in Prinz, Rz. 2.33. Thölke in MüHdb GesR4, § 1 Rz. 94 mit Nachweisen zur BGH-Rspr.; Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (675 ff.). Weiter gehend Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 78, der unabhängig vom Gesellschaftsrecht des Herkunftsstaats die zugezogene Auslandsgesellschaft als rechtsfähig anerkennen will. Zustimmend Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 19; ablehnend Süß in Süß/Wachter2, § 1 Rz. 22. Zum Streitstand s. Servatius in Henssler/Strohn2, Rz. 35–33; Kienle in MüHdb GesR4, § 19 Rz. 14 ff.; zur Anwendung englischen Gesellschaftsrechts auf eine zugezogene englische Ltd. s. Ebert/Levedag, GmbHR 2003, 1337.
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§ 1 Rz. 69–70
Unbeschrnkte Steuerpflicht
anderen EU-/EWR-Staat als dem statutarischen Sitzstaat haben und nur in dem Staat, in dem sich der effektive Verwaltungssitz befindet, überhaupt wirtschaftliche Aktivitäten entfalten.1 –
Sieht der Herkunftsstaat nach seinem Gesellschaftsrecht im Fall der Verlegung des effektiven Verwaltungssitzes in das Ausland die Gesellschaft nicht länger als Teil seiner Rechtsordnung und ordnet deren Auflösung an, da er selbst der Sitztheorie folgt, kann dies nach der Rspr. des EuGH mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sein2 und steht dann auch der Anwendung der Sitztheorie in Deutschland als Aufnahmestaat nicht im Wege, dh., Deutschland kann der zuziehenden Gesellschaft gleichfalls die Anerkennung als KapGes. absprechen.3
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Die Auflösung und Löschung einer Gesellschaft im Register des Gründungsstaats,4 die vor der Löschung ihren effektiven Verwaltungssitz in das Inland identitätswahrend verlegt hatte und hier als rechtsfähig anzusehen war, führt auch im Inland zum Wegfall der Rechtsfähigkeit und zur Löschung einer Zweigniederlassung. Besteht Inlandsvermögen, wird zivilrechtlich eine Restgesellschaft angenommen, die noch juristische Person ist.5 Fehlt Inlandsvermögen, kann die Gesellschaft als Personengesellschaft fortbestehen, wenn sie ihre Geschäftstätigkeit fortsetzt.
70 Steuerpflicht zugezogener Auslandsgesellschaften für die Rechtslage bis zur Änderung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG durch das SEStEG (vor dem 13.12.2006). Es konnten nach der BFHRspr. zugezogene Auslandsgesellschaften mit effektivem Verwaltungssitz im Inland der unbeschränkten KSt-Pflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 3 Abs. 1 KStG unterliegen, da es sich auf Grundlage der früher in Deutschland herrschenden Sitztheorie zwar um nicht rechtsfähige Gebilde gehandelt habe, der Gesetzgeber bei Bestehen eines ausländ. Satzungssitzes und eines inländ. Orts der Geschäftsleitung aber von einer inländ. KSt-Pflicht ausgegangen sei.6 Der BFH hielt sich insoweit aus dem damaligen gesellschaftsrechtlichen Streit um die Geltung der Sitz- oder Gründungstheorie bewusst heraus.7 Für Zeiträume vor der Änderung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG durch das SEStEG soll sich nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht für zugezogene rechtsfähige Auslandsgesellschaften aufgrund der geschilderten gesellschaftsrechtlichen Entwicklungen (Rz. 69) die KSt-Pflicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ableiten lassen.8 Dem ist zu folgen. Der BFH betonte in der Entscheidung v. 23.6.19929, die Rechtsfähigkeit sei materielle Voraussetzung der unbeschränkten KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG (dazu Rz. 54). Die Anerkennung einer zuziehenden Auslandsgesellschaft als rechtsfähige KapGes. in den unter Rz. 69 erläuterten Fällen stand zwar mit dem früheren Katalog des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG in Konflikt, der für „KapGes.“ abschließend war und nur inländische Rechtsformen im Klammerzusatz erwähnte. UE gebietet es jedoch die Niederlassungsfreiheit, für solche als rechtsfähige KapGes. zuziehenden Auslandsgesellschaften die KSt-Pflicht auf Grundlage einer unionsrechtskonformen Auslegung aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG abzuleiten. Im BFH-Urt. v. 8.9.201010 wird unter Zitierung der früheren Rspr. zur un-
1 Zur Anerkennung solcher Briefkastengesellschaften im Zuzugsstaat s. Servatius in Henssler/Strohn2, Rz. 18, 25–28; Gesell in Prinz, Rz. 2.32 f.; kritisch Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (674). 2 S. EuGH v. 16.12.2008 – Rs. C-210/06 – Cartesio, NJW 2009, 569. 3 Teichmann in Süß/Wachter2, § 4 Rz. 26, 30 und 45 ff.; Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 18; Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.140; Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (675). 4 Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 219; BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932, BStBl. I 2014, 111 Rz. 4. 5 Thölke in MüHdb GesR4, § 1 Rz. 132; BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932, BStBl. I 2014, 111 Rz. 4. 6 BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184; zur Besprechung der Entscheidung und Darstellung des früheren Meinungsstands s. Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.126 mit Hinweis auf die Divergenz zur BGH-Rspr.; BFH v. 29.1.2003 – I R 6/99, BStBl. II 2004, 1043. Der BFH hat im Urt. v. 16.12.1998 (I R 138/97, BStBl. II 1999, 437 = FR 1999, 756 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 788) in Ziff. II./3. die Einordnung einer zugezogenen Drittlandsgesellschaft unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 KStG ausdrücklich dahinstehen lassen; s. auch Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 87; Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 KStG Rz. 66. 7 Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 40. 8 Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 142, auch zur Frage der steuerlichen Auswirkung; wohl in diesem Sinne auch Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 40. 9 BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184. 10 BFH v. 8.9.2010 – I R 6/09, BStBl. II 2013, 186 = FR 2011, 127 m. Anm. Prinz = GmbHR 2011, 46; s. vertiefend Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 142.
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 70–72 § 1
beschränkten KSt-Pflicht nicht rechtsfähiger Gebilde gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 3 Abs. 1 KStG (Rz. 70) für Streitjahre vor 2006 ebenfalls eine Stpfl. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG bejaht. Steuerpflicht zugezogener Auslandsgesellschaften für die Rechtslage ab Geltung des SEStEG (ab VZ 2006).1 Der Gesetzgeber hat durch das SEStEG in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG das Merkmal „insbesondere“ eingefügt (s. Rz. 53). Für zugezogene Auslandsgesellschaften mit inländ. Verwaltungssitz ist uE weiterhin zwischen solchen Rechtsgebilden, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und solchen, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG unbeschränkt stpfl. sind, zu unterscheiden: –
Die unbeschränkte Stpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG oder gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 5 KStG kann nur eingreifen, wenn die zugezogene ausländische Gesellschaft mit inländischem Sitz oder inländischem Ort der Geschäftsleitung auf Basis eines Typenvergleichs einer KapGes. inländischen Rechts entspricht. Der Umstand, dass auf der Grundlage der Niederlassungsfreiheit ein ausländisches Rechtsgebilde als solches im Inland zivilrechtlich anzuerkennen ist, macht gedanklich die Prüfung, ob dieses Gebilde aus inländischer Sicht einer KapGes. (Nr. 1), einer sonstigen juristischen Person (Nr. 4) oder einem Gebilde nach der Nr. 5 entspricht, nicht überflüssig.2 Für nach einem identitätswahrenden Zuzug rechtsfähige Auslandskapitalgesellschaften führt der Typenvergleich aber ohne Weiteres zu dem Ergebnis, dass eine „KapGes.“ vorliegt und der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG eröffnet ist.3 Eine identitätswahrend zuziehende ausländische Gesellschaft mit ausländischem Sitz und inländischem Ort der Geschäftsleitung ist daher als „KapGes.“ wie die KapGes. inländischer Rechtsform unbeschränkt kstpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, da sie im Inland sowohl als rechtsfähig anzusehen als auch auf Grundlage eines Typenvergleichs einer KapGes. inländischer Rechtsform vergleichbar ist.4 Dies gilt im Regelfall für zuziehende EU-/EWR-Gesellschaften und auch für Drittstaatengesellschaften, falls ein bilaterales Abkommen die Anerkennung im Inland vorgibt.
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Zugezogene Auslandsgesellschaften, die im Herkunftsstaat aufgrund des Wegzugs als aufgelöst gelten, aber im Inland weiterhin aktiv sind, sind aus inländischer Sicht Neugründungen (Rz. 69). Für diese Gesellschaften kommt eine unbeschränkte KSt-Pflicht allenfalls nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 5 KStG in Betracht (zB für Drittlandsgesellschaften, Rz. 69),5 vorrangig dürften aber bei wirtschaftlicher Betätigung im Inland die Behandlung als transparente Mitunternehmerschaft und die Besteuerung der Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG einschlägig sein.6
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Bedeutung der Rechtsfähigkeit zugezogener Auslandsgesellschaften für die KSt-Pflicht 72 nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Nach ganz hM ergibt sich eine KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG schon dann, wenn eine zugezogene ausländische Gesellschaft durch den Wegzug im Herkunftsstaat nicht aufgelöst wird (anders als in Rz. 71) und nach dem Typenvergleich einer KapGes. iSd. Nr. 1 entspricht, aber im Inland nicht rechtsfähig ist, da es auf die Rechtsfähigkeit der zuziehenden Gesellschaft iRd. Typenvergleichs nicht entscheidend ankommen soll.7 UE ist es aus systematischen Gründen geboten, dass alle KapGes., die unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG subsumiert werden sollen, im Inland als juristische Person (KapGes.) kumulativ (1) rechtsfähig sein und (2) nach dem Typenvergleich einer inländischen KapGes. entsprechen müssen. Für eine nicht aufgelöste, nach dem Zuzug nicht rechtsfähige, aber als Körperschaft strukturierte Gesellschaft kommt allenfalls eine KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 5
1 Zu Fallgruppen des Zuzugs ausländischer KapGes. je nach Herkunftsstaat s. Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.110–10.116, 10.123, 10.140–10.146. 2 Zutreffend Stewen, FR 2007, 1047 (1050 ff.); Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (681); Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 87, 87b; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 54, 56.1; Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 109. 3 S. BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932, BStBl. I 2014, 111 Rz. 8 zur englischen Limited. 4 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 26, 35; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 200; BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932, BStBl. I 2014, 111 Rz. 8 zur englischen Ltd. 5 Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.127–10.129, 10.140, auch zur bislang ungelösten Frage des Zuzugs einer ausländischen KapGes., deren Gründungsrecht an die Verlegung des Verwaltungssitzes die Rechtsfolge der Auflösung knüpft. 6 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 202; Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (681). 7 Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 87, 87b; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 54, 56.1; Lambrecht in Gosch2, § 1 KStG Rz. 108; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 142; Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 KStG Rz. 66, 69; wohl auch Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 26, 35; Kahle/Cortez, FR 2014, 673 (681); zur Unbeachtlichkeit der Rechtsfähigkeit ausführlicher Oellerich in Mössner/Seeger, § 1 KStG Rz. 95 mit Hinweis auf BFH v. 17.7.1968 – I 121/64, BStBl. II 1968, 695; Hauswirth in Lademann, § 1 KStG Rz. 29 f.
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§ 1 Rz. 72–77
Unbeschrnkte Steuerpflicht
iVm. § 3 Abs. 1 KStG in Betracht (s. Rz. 86 ff. und § 3 KStG Rz. 6).1 Der Streit hat allerdings im heutigen steuerlichen Umfeld weitgehend akademischen Charakter, denn zum einen betrifft dies aus gesellschaftsrechtlicher Sicht nur ausgewählte Sachverhalte und zum anderen unterscheidet das KStG für die Rechtsfolgen steuerlicher Normen zumeist nicht, nach welcher Ziffer des § 1 Abs. 1 KStG eine unbeschränkte Stpfl. gegeben ist.2 Allerdings hängt die Anwendung des § 8 Abs. 2 KStG davon ab, ob sich die KSt-Pflicht auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG gründet (s. auch § 8 KStG Rz. 23, 25–27, 92, 98 ff.).3 73
Durchführung des Typenvergleichs. Siehe hierzu die entsprechend geltenden Ausführungen in § 2 KStG Rz. 60 ff. 3. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Abs. 1 Nr. 2)
74 Gesellschaftsrecht. Genossenschaften unterliegen dem GenG4 in der jeweils geltenden Fassung. Die Genossenschaft ist nach den in Rz. 46 genannten Kriterien eine Körperschaft, da sie nach § 1 Abs. 1 GenG eine nicht geschlossene Mitgliederzahl aufweisen muss und in ihrem Bestand unabhängig vom Ein- und Austritt der Mitglieder ist. Wird die Genossenschaft in das Register eingetragen, erlangt sie als juristische Person die Rechtsfähigkeit (§ 17 Abs. 1 GenG). Die Erlangung der Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Register ist keine Voraussetzung für die Entstehung der Genossenschaft;5 anerkannt ist neben der Genossenschaft mit Rechtspersönlichkeit nämlich auch die nicht rechtsfähige Genossenschaft im bloß materiellen Sinne, die zwar nicht rechtsfähig, aufgrund der körperschaftlichen Verfassung aber auch keine Personengesellschaft ist.6 Genossenschaften im bloß materiellen Sinne sind am ehesten den wirtschaftlichen Vereinen iSd. § 22 BGB vergleichbar, da ihr unmittelbarer Hauptzweck die Förderung der Mitglieder durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist.7 Sonderformen stellen öffentlich-rechtliche Genossenschaften und die in § 3 Abs. 2 genannten Genossenschaften und Realgemeinden dar. 75
Vorstufen der rechtsfähigen Genossenschaft. Das Genossenschaftsrecht kennt ebenso wie das Recht der KapGes. eine Vorgründungsgenossenschaft, die GbR oder OHG ist und vor der Errichtung des Statuts besteht.8 Mit Errichtung des Statuts (Zustandekommen der Satzung) entsteht die Vor-eG als Personenvereinigung sui generis.9 Mit Eintragung der Genossenschaft endet die Vor-eG und geht in der eingetragenen Genossenschaft auf. Das Genossenschaftsrecht kennt ebenfalls die unechte Vor-eG (s. Rz. 55 f.), weist aber die Besonderheit auf, dass mit Aufgabe der Eintragungsabsicht und Fortsetzung der Geschäftstätigkeit statt einer Personengesellschaft auch eine körperschaftlich verfasste Genossenschaft im materiellen Sinne vorliegen kann.10
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Europäische Genossenschaft (SCE). Diese beruht auf der SCE-VO11, der SCE-Richtlinie12, dem SCE-Ausführungs- und dem SCE-Beteiligungsgesetz13. Der Gedanke der Vor-eG ist auf die Vor-SCE übertragbar.14 Sowohl die Neugründung durch natürliche und juristische Personen als auch die Errichtung im Wege der Verschmelzung oder des Formwechsels sind möglich, wenn ein hinreichender grenzüberschreitender Bezug besteht.15 Mit Abschluss des Gründungsvorgangs ist die SCE juristische Person (§ 3 SCE-Ausführungsgesetz).
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Unbeschränkte KSt-Pflicht. Inländische SCE und eingetragene inländische Genossenschaften sind – auch schon in der Vorstufe als Vorgesellschaften – unbeschränkt kstpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG, wenn sich Sitz oder Geschäftsleitung im Inland befindet. Dies gilt
1 Ebenso Schönfeld, IStR 2014, 693 (695). 2 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 201; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 97. 3 Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 142; zu weiteren Unterschieden der Einstufung s. Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 KStG Rz. 16, 62 mit dem Hinweis, dass an die Begründung der KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG keine unterschiedlichen Rechtsfolgen geknüpft sind. 4 G vom 1.5.1889, RGBl. 1889, 55. 5 Geibel in Henssler/Strohn2, § 1 GenG Rz. 2. 6 Geibel in Henssler/Strohn2, § 1 GenG Rz. 14. 7 Geibel in Henssler/Strohn2, § 1 GenG Rz. 8 f. (auch zur Abgrenzung zum Idealverein). 8 Geibel in Henssler/Strohn2, § 13 GenG Rz. 2. 9 Geibel in Henssler/Strohn2, § 13 GenG Rz. 2–4. 10 Geibel in Henssler/Strohn2, § 13 GenG Rz. 8. 11 VO (EG) Nr. 1435/2003 v. 22.7.2003, ABl. EU 2003 Nr. L 207, 1. 12 RL 2003/72/EG v. 22.7.2003, ABl. EU 2003 Nr. L 207, 25 ff. 13 G v. 14.8.2006, BGBl. I 2006, 1911 und 1917. 14 Teichmann in MüHdb GesR4, § 51 Rz. 7. 15 Teichmann in MüHdb GesR4, § 51 Rz. 9.
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Levedag
B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 77–80 § 1
nicht für öffentlich-rechtliche Genossenschaften1 und die in § 3 Abs. 2 KStG genannten Gebilde. Inländische Genossenschaften im bloß materiellen Sinne sind trotz fehlender Rechtsfähigkeit aufgrund ihrer körperschaftlichen Struktur auch gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG unbeschränkt kstpfl.2 Zu den anwendbaren Steuerbefreiungen s. die Kommentierung zu § 5 Abs. 1 Nr. 10, 14 und 16 KStG, zur Einkommensermittlung die Kommentierung zu § 22 und zum Freibetrag die Kommentierung zu § 25. 4. Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit (Abs. 1 Nr. 3) Rechtsgrundlagen. Nach dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunterneh- 78 men3, neu gefasst durch Versicherungsaufsichtsgesetz4, wird den Versicherungsunternehmen die Erlaubnis zur Geschäftstätigkeit erteilt. Das VAG betrifft die privaten, nicht aber öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen (§ 1 Abs. 3 Nr. 4a, 4b, 5; § 1a VAG). Die Erlaubnis darf nach § 7 Abs. 1 VAG nur Aktiengesellschaften einschließlich der Europäischen Gesellschaft (SE), Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erteilt werden, wobei der Ort der Hauptverwaltung im Inland gelegen sein muss (§ 7 Abs. 1a VAG). § 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG betrifft die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit5 (§§ 15 ff. VAG), die dadurch rechtsfähig werden, dass die Aufsichtsbehörde ihnen erlaubt, als solche Geschäfte zu betreiben. Im Gegensatz zB zu einer KapGes. entsteht die juristische Person somit nicht erst mit einer etwaigen Eintragung in das Handelsregister.6 Darüber hinaus unterliegen dem § 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG die Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit, die in § 112 VAG als Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung geregelt sind. Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit sind nach der Legaldefinition des § 112 Abs. 1 VAG rechtsfähige Versorgungseinrichtungen, denen gem. § 112 Abs. 2 VAG nach § 7 Abs. 1 VAG das Versicherungsgeschäft gestattet werden kann, für die die Vorschriften über den VVaG entsprechend gelten und die ebenfalls mit der Erlaubnis zum Betrieb der Geschäfte gem. § 113 Abs. 2 Nr. 3 VAG Rechtsfähigkeit erlangen.7 Besteuerung. Wird die Erlaubnis nach §§ 7, 15 VAG erteilt, tritt die Rechtsfähigkeit und damit die Stpfl. ein. Auch ohne Erlaubniserteilung kann jedoch schon eine unbeschränkte KSt-Pflicht entstehen.8 Die Besteuerung erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 8b Abs. 1 KStG iVm. §§ 20 Abs. 1 Nr. 9 und § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG sowie § 23 Abs. 1 KStG; s. auch Rz. 32).9
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5. Sonstige juristischen Personen des Privatrechts (Abs. 1 Nr. 4) a) Begriffsbestimmung Rechtsfähige juristische Personen des Privatrechts. Nach der in Rz. 46 erläuterten Abgrenzung unterfallen dem in § 1 Abs. 1 KStG verwendeten Begriff der Körperschaften sowohl die juristischen Personen des Privatrechts als auch des öffentlichen Rechts. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG behandelt in Ergänzung zu den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG erfassten KapGes. hieraus einen Teilbereich, nämlich die inländischen sonstigen juristischen Personen des Privatrechts. Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG und § 2 Nr. 2 KStG nur in dem dort geregelten Umfang der Stpfl. Ist fraglich, ob das Gebilde öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Charakter hat, kann eine diesbezügliche Entscheidung der zuständigen Landesbehörde idR auch für die steuerrechtliche
1 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 41; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 98; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 36: die genossenschaftlichen Vereinigungen alten Rechts (Deich-, Wasser-, Fischerei- und Berufsgenossenschaften. 2 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 41; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 98; Benecke in Schnitger/ Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 117; s. Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 39, 46 zu Abgrenzungsproblemen bei den nicht rechtsfähigen KSt-Subjekten in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 51. 3 G v. 12.5.1901, RGBl. 1901, 139. 4 G v. 17.12.1992, BGBl. I 1993, 2. 5 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 46. 6 Vgl. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 46. Für kleinere VVaG sieht das VAG eine Eintragung in das Handelsbzw. Vereinsregister nicht vor (§ 53 iVm. § 30 VAG). 7 Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 KStG Rz. 37. 8 Zu diesem Ausnahmefall Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 135. 9 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 48; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 103; weiterführend Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 78.
Levedag
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80
§ 1 Rz. 80–83
Unbeschrnkte Steuerpflicht
Beurteilung übernommen werden, eine dahingehende Bindung besteht jedoch nicht.1 Unter § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG fallen nach allgemeiner Meinung nur rechtsfähige juristische Personen des Privatrechts.2 Dies schließt zugezogene – uE im Inland als rechtsfähig anzuerkennende – ausländische Rechtsgebilde ein, die nach dem Typenvergleich zwar nicht einer KapGes., aber einer inländischen privatrechtlichen Körperschaft vergleichbar sind.3 Die Bezugnahme auf juristische Personen des Privatrechts ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden, um auch außerhalb des BGB geregelte Rechtsformen (wie die juristischen Personen des alten Gemeinen Rechts nach Art. 163 bis 166 EGBGB) zu erfassen.4 b) Eingetragene Vereine 81 Eingetragene Vereine. Unter § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG fallen die rechtsfähigen Idealvereine (§ 21 ff. BGB), jedoch auch die selten anzutreffenden rechtsfähigen wirtschaftlichen Vereine (§ 22 BGB). Die Rechtsfähigkeit resultiert konstitutiv aus der Eintragung, sodass vor der Eintragung ab dem Zeitpunkt der Satzungserrichtung nur ein nicht rechtsfähiger Vorverein vorhanden ist.5 Beim Übergang vom Stadium des Vorvereins zum eingetragenen Verein geht die hM vom Identitätskonzept (s. Rz. 55) aus.6 c) Rechtsfähige Stiftungen und Anstalten 82 Rechtsfähige Stiftungen. Rechtsfähige Stiftungen gem. §§ 80 ff. BGB und außerhalb des BGB fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG.7 Zur Errichtung der Stiftung unter Lebenden sind das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die zuständige Landesbehörde erforderlich (§ 80 Abs. 1 BGB). Rechtsfähigkeit tritt mithin erst durch die stiftungsbehördliche Anerkennung ein, die die Form eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakts hat.8 Wird eine Stiftung von Todes wegen errichtet, fingiert § 84 BGB, dass sie im Todeszeitpunkt des Stifters bereits bestanden hat, vorausgesetzt, sie wird nach dessen Tod anerkannt. Die Stiftung ist nach § 1923 Abs. 1 BGB Erbin des verstorbenen Stifters9. Zur Behandlung von Zuwendungen an Destinatäre s. Rz. 37. Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 89 BGB) werden von § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG nicht erfasst. 83
Die Existenz einer Vorstiftung ist umstritten: –
Nach wohl hM im Zivilrecht existiert vor der Anerkennung durch die zuständige Landesbehörde bei der Errichtung einer Stiftung unter Lebenden keine Vor-Stiftung.10 Eine solche Stiftung in Gründung ist für den Zeitraum vom Abschluss des Stiftungsgeschäfts oder vom Zeitpunkt der Einreichung der Gründungsunterlagen bei der Genehmigungsbehörde bis zur Anerkennung durch die Stiftungsbehörde denkbar. Der BFH lehnt die Möglichkeit einer Vorstiftung aber zum einen aus grundsätzlichen Erwägungen ab, zum anderen, wenn das Inkrafttreten der Satzung an die „Genehmigung“ gem. § 80 Abs. 1 BGB geknüpft ist.11
1 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 51 mit Hinweis auf BFH v. 29.1.2003 – I R 106/00, FR 2003, 678 = BFH/NV 2003, 868. 2 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 51; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 144; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 104; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 66. 3 Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 87b ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 1 KStG Rz. 18, 69; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 52; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 111. 4 BFH v. 2.12.1970 – I R 122/68, BStBl. II 1971, 187; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 151 f., auch zu Kirchengemeinden mit verliehener Rechtsfähigkeit. 5 Westermann in Erman14, § 21 BGB Rz. 7 und § 22 BGB Rz. 2. 6 S. Westermann in Erman14, § 21 BGB Rz. 9. 7 Stiftungen können seit dem Inkrafttreten des BGB die Rechtsfähigkeit nur durch staatliche Verleihung erlangen. Die vor dem Inkrafttreten des BGB nach Reichs- und Landesrecht als juristische Personen entstandenen Stiftungen und Anstalten bestehen jedoch als solche fort; vgl. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 52; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 155, 160; zur unbeschränkten Stpfl. der rechtsfähigen Stiftung s. auch Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 42; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 109. 8 Schlüter in Henssler/Strohn2, § 80 BGB Rz. 20. 9 S. BFH v. 17.9.2003 – I R 85/02, BStBl. II 2005, 149; v. 16.2.2011 – X R 46/09, BStBl. II 2011, 685 = FR 2011, 964 (auch zum Abflusszeitpunkt von Zuwendungen in den Vermögensstock einer von Todes wegen errichteten Stiftung); Hüttemann in FS Spiegelberger, 1292 (1293): Die Stiftung erwirbt somit rückwirkend auf den Todeszeitpunkt das ihr letztwillig zugewendete Vermögen. 10 Schlüter in Henssler/Strohn2, § 80 BGB Rz. 20; Hüttemann in FS Spiegelberger, 1292 ff. 11 BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BFH/NV 2015, 738.
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Levedag
B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 83–85 § 1
–
Es geht aus steuerlicher Sicht bei der Anerkennung einer Vorstiftung um die Fragen, ob zB Kapitalerträge aus dem Stiftungsvermögen vor der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde schon einem KSt-Subjekt „Vorstiftung“ zugeordnet und aufgrund einer ebenfalls schon ab diesem Stadium eingreifenden KSt-Befreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Besteuerung freigehalten werden können.1 Die FG haben das Vorhandensein einer Vorstiftung als KSt-Subjekt iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG abgelehnt.2 Der BFH hat ebenfalls entschieden, eine Vorstiftung könne kein begünstigter Zuwendungsempfänger iSv. § 5 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG sein; es hat dies mit der grundsätzlichen Ablehnung der zivilrechtlichen Existenz einer Vorstiftung und einer fehlenden KSt-Pflicht der Vorstiftung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG begründet.3
–
Nicht verwechselt werden darf die gerade erörterte Frage nach der Existenz der Vorstiftung und deren Einordnung unter § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG mit der Frage, ob ein Rechtsgebilde als nicht rechtsfähige Stiftung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG unbeschränkt kstpfl. sein kann (s. Rz. 88). Spenden an nicht rechtsfähige Stiftungen sind als Sonderausgaben abziehbar, wenn eine nicht rechtsfähige Stiftung errichtet worden ist.4 Die Praxis befürwortet über das Durchgangsstadium der „nicht rechtsfähigen Stiftung“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) die Anerkennung der steuerlichen Rückwirkung der späteren Stiftungsentstehung, wenn das Stiftungsgeschäft mit hinreichend bestimmter Satzung abgeschlossen und das Vermögen auf ein Sonderkonto eingezahlt worden ist, der Stiftungsvorstand hierüber verfügen kann, der Stifter auf sein Widerrufsrecht nach § 81 BGB verzichtet hat und später die Anerkennung erfolgt.5 Gegen die Einordnung einer vorübergehenden nicht rechtsfähigen Vorstiftung als eine nicht rechtsfähige Stiftung iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG spricht aber entscheidend, dass der Wille des Stifters bei dieser Konstellation gerade nicht auf die Errichtung einer nicht rechtsfähigen, sondern auf die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung gerichtet ist.6 Der BFH lehnt diese Gleichstellung ebenfalls ab.7 Soll der Spendenabzug gem. § 10b Abs. 1a EStG erreicht werden (s. Rz. 29), dürfte aber die Möglichkeit bestehen, eine unselbstständige Stiftung zu errichten und diese erst später in eine rechtsfähige Stiftung umzuwandeln.8
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Für die Stiftung von Todes wegen (§ 83 BGB) hat der BFH entschieden,9 dass diese im Falle der staatlichen Genehmigung bereits ab dem zivilrechtlich rückwirkenden Zeitpunkt des Vermögensanfalls (§ 84 BGB) auch gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG rückwirkend kstpfl. werde.10
Rechtsfähige Anstalten. Anstalten sind eigenständig organisierte Gebilde, mit einem Bestand an Eigenmitteln und einer Zweckbindung, die der Beherrschung des Anstaltsträgers unterliegen.11 Sie werden aber regelmäßig auf Grundlage des öffentlichen Rechts errichtet.
84
d) Besteuerung rechtsfähiger Vereine und Stiftungen Ebene der Körperschaft. Von zentraler Bedeutung ist bei Vorliegen einer unbeschränkten 85 Stpfl. die Frage nach dem Eingreifen einer Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5, 6 oder Nr. 9 KStG unter den dortigen Voraussetzungen. Inländische Familienstiftungen, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt stpfl. sind, unterliegen aufgrund der umfassenden Verweisung des § 8 Abs. 2 KStG auf § 20 EStG dem Abzugsverbot für WK gem. § 20 Abs. 9 EStG und dem Verlustverrechnungsverbot des § 20 Abs. 6 EStG.12 S. hierzu § 8 KStG Rz. 98. Zuwendungen an Mitglieder/Destinatäre. S. Rz. 37.
1 Hüttemann in FS Spiegelberger, 1292 (1293). 2 FG Schl.-Holst. v. 4.6.2009 – 1 K 156/04, EFG 2009, 1486 (rkr.); FG BW v. 8.2.2011 – 4 K 4080/09, DStRE 2012, 537; zustimmend Schiffer/Pruns, NWB 2011, 1258; aA Wachter, DStR 2009, 2469. 3 BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BFH/NV 2015, 738. 4 BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BFH/NV 2015, 738. 5 Zustimmend Hüttemann in FS Spiegelberger, 1292 (1299); Wachter, DStR 2009, 2469 (2470). 6 Schiffer/Pruns, NWB 2011, 1258 (1262); Wachter, DStR 2009, 2469 (2470); aA Hüttemann in FS Spiegelberger, 1292 (1299). 7 BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BFH/NV 2015, 738. 8 Wachter, DStR 2009, 2469 (2470). 9 BFH v. 17.9.2003 – I R 85/02, BStBl. II 2005, 149. 10 Zustimmend Hüttemann in FS Spiegelberger, 1292 (1299). 11 Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 43; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 164. 12 S. dazu R 32 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004; v. Oertzen, FS Spiegelberger, 1390 (1397); von Löwe in FS Spiegelberger, 1380.
Levedag
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§ 1 Rz. 86–88
Unbeschrnkte Steuerpflicht
6. Nicht rechtsfähige Gebilde des Privatrechts (Abs. 1 Nr. 5) a) Auffangtatbestand 86 Auffangtatbestand. Die Regelung bildet einen Auffangtatbestand.1 Zum Zusammenhang mit § 3 Abs. 1, der weiter gehend alle nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen erfasst, s. § 3 KStG Rz. 4 bis 6. Aus der Ergänzungsfunktion des § 3 Abs. 1 wird zutreffend abgeleitet, dass die Aufzählung in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG nicht abschließend ist,2 und ergibt sich, dass eine eigene KSt-Pflicht des Gebildes nur in Betracht kommt, wenn das Einkommen weder nach körperschaftsteuerlichen noch nach einkommensteuerlichen Grundsätzen einem anderen Steuersubjekt vorrangig zuzuordnen ist (s. § 3 KStG Rz. 3 und 10). § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG nennt einzelne Rechtsgebilde, die unter die bereits erläuterten Oberbegriffe der Körperschaft und der Vermögensmasse fallen (s. Rz. 46 bis 48). Erfasst werden nach dem Gesetzeswortlaut aber nur Rechtsgebilde, die dem Privatrecht zuzuordnen sind. b) Nicht rechtsfähige Vereine des Privatrechts 87 Unterfall der nicht rechtsfähigen Personenvereinigung. Der in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG genannte nicht rechtsfähige Verein (§ 54 BGB)3 bildet nur einen Unterfall der nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen (s. § 3 KStG Rz. 17). Wie bereits in Rz. 47 erläutert, ist für die KStPflicht entscheidend, ob das jeweilige Rechtsgebilde – in Abgrenzung zu einer Gesellschaft gem. §§ 705 ff. BGB – die notwendige körperschaftliche Struktur aufweist. Ein nicht rechtsfähiger Verein iSd. § 54 BGB ist eine Personenvereinigung, zu der sich Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammenschließen und einer organisierten Willensbildung unterwerfen.4 Läge eine Gesellschaft vor, würde dies gem. § 3 Abs. 1 KStG wegen der vorrangigen Einkommenszuordnung bei deren Gesellschaftern (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) die eigene KSt-Pflicht der Personenvereinigung ausschließen. Die Abgrenzung ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen.5 c) Nicht rechtsfähige Stiftungen und andere Zweckvermögen des Privatrechts aa) Nicht rechtsfähige Stiftungen 88 Begriff. Den Begriff der nicht rechtsfähigen (unselbstständigen oder fiduziarischen) Stiftung hat der Gesetzgeber weder zivil- noch steuerrechtlich ausdrücklich definiert. Sie ist von der Zustiftung zu einer rechtsfähigen Stiftung zu unterscheiden.6 Es handelt sich um einen Oberbegriff für verschiedene Gestaltungen, die auf vertraglicher Grundlage unter Lebenden (Treuhand gem. §§ 662 ff. BGB/Schenkung gem. §§ 515 ff. BGB, ggf. unter Auflage gem. § 525 BGB,) oder auf erbrechtlicher Grundlage (Erbschaft oder Vermächtnis) beruhen, bei denen der Stifter Vermögen auf einen bereits bestehenden Stiftungsträger überträgt und sich dieser dazu bereit erklärt oder die Übertragung auf erbrechtlicher Basis erfolgt und vom Träger nicht ausgeschlagen wird.7 Nach der Rspr. des BFH wird eine nicht rechtsfähige Stiftung errichtet, wenn einer natürlichen oder juristischen Person (dem Stiftungsträger) Vermögensteile von dritter Seite (dem Stifter) mit der Auflage zugewendet werden, die Erträgnisse für einen bestimmten Zweck zu verwenden.8 Zur Erfüllung des Stiftungszwecks wird aus Sicht des BFH ein Träger (Fiduziar) zivilrechtlicher Eigentümer des Stiftungsvermögens, das er im Rahmen eines Treuhandverhältnisses hält und über das er, ohne wirtschaftlicher Eigentümer zu sein, nur zur Erfüllung des Stiftungsauftrags im Rahmen einer Geschäftsbesorgung verfügen kann. Das Vermögen steht dabei formal-rechtlich im Eigentum des Fiduziars, der im Außenverhältnis nicht als Organ der Stiftung, sondern im eigenen
1 Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 44; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 169. 2 Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 100; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 112. 3 Der nicht rechtsfähige Verein iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 entspricht dem nicht rechtsfähigen Verein gem. § 54 BGB, s. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355. 4 S. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 57 mit Hinweis auf BFH v. 18.12.1996 – I R 16/96, BStBl. II 1997, 361 = FR 1997, 385. 5 Zu einem ABC mit Bsp. aus der Rspr. s. Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 58; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 47 f. 6 Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1002); BFH v. 11.2.2015 – X R 36/11, BFH/NV 2015, 738. 7 BGH v. 12.3.2009 – III ZR 142/08, MDR 2009, 618; zur Dogmatik der unselbstständigen Stiftung M. Fischer in FS Reuter, 73. 8 BFH v. 16.11.2011 – I R 31/10, BFH/NV 2012, 786; v. 29.1.2003 – I R 106/00, FR 2003, 678 = BFH/NV 2003, 868; v. 24.3.1993 – I R 27/92, BStBl. II 1993, 637 = FR 1993, 548 sowie BGH v. 12.3.2009 – III ZR 142/08, MDR 2009, 618; zur Begriffsbestimmung s. auch Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 61; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 110 f.
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Levedag
B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 88–92 § 1
Namen agiert, jedoch obligatorisch dem Stifter gegenüber an den Stiftungszweck gebunden ist (vgl. zum allgemeinen Begriff des Zweckvermögens und der Abgrenzung zur Treuhand auch bereits Rz. 48).1 Es handelt sich daher nicht um ein Rechtssubjekt, sondern um ein Rechtsverhältnis.2 KSt-Pflicht. Eine eigene Besteuerung der nicht rechtsfähigen Stiftung gem. § 1 Abs. 1 89 Nr. 5 KStG kommt gem. § 3 Abs. 1 aber nur in Betracht, wenn die Erträge des zugewandten Vermögens nicht dem Treuhänder (Stiftungsträger) zuzurechnen sind.3 Die FinVerw. und hM verlangen für eine Zurechnung der Erträge bei der unselbstständigen Stiftung als deren eigenes Einkommen und damit die KSt-Pflicht des Gebildes deren wirtschaftliche Selbstständigkeit.4 Nach dem Schrifttum5 verlangt die Annahme der wirtschaftlichen Selbstständigkeit kumulativ (1) eine endgültige Entreicherung des Stifters (Ausscheiden des Stiftungsvermögens aus dessen Vermögen durch Eigentumsübertragung auf den Stiftungsträger), (2) das fehlende wirtschaftliche Eigentum des Stiftungsträgers hinsichtlich des ihm rechtlich gehörenden Stiftungsvermögens (aufgrund dessen gesonderter Verwaltung des Eigenvermögens und dessen Bindung an einen „fremden Zweck“ [den Stiftungszweck])6 sowie (3) die Dauerhaftigkeit der Bindung des Stifters an die Vermögensübertragung und des Stiftungsträgers an den Stiftungszweck. Die FinVerw. prüft die wirtschaftliche Selbstständigkeit ebenfalls anhand der Kriterien, ob der Stiftungszweck und die eigene Zweckverfolgung des Stiftungsträgers unterschiedlich sind (sog. Zweckdivergenz) oder ob bei gleicher Zweckverfolgung eigene Stiftungsgremien installiert sind, die eigenständig über die Vermögensverwendung entscheiden können.7 Sie stellt damit das im Schrifttum herausgearbeitete Kriterium der Bindung des Stiftungsträgers an einen fremden Zweck in den Vordergrund, um dessen wirtschaftliches Eigentum am Stiftungsvermögen auszuschließen. Zum Beginn der KSt-Pflicht s. Rz. 118. Zuordnung zum Privatrecht. Die Zugehörigkeit einer Stiftung zum Bereich des öffentlichen oder privaten Rechts richtet sich insbesondere nach der Entstehungsform und dem Stiftungszweck.8
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bb) Andere private Zweckvermögen Zum Begriff der Anstalt s. Rz. 84 und zum allgemeinen Begriff des Zweckvermögens Rz. 46. Anders als bei der nicht rechtsfähigen Stiftung setzt die Errichtung anderer Zweckvermögen nicht die Eigentumsübertragung des Vermögens auf den Träger, sondern die Absonderung aus dem sonstigen Vermögen des Inhabers voraus, wobei diese Absonderung durch ein besonderes Statut und den Einsatz besonderer Gremien mit gewisser Sicherheit verbürgt sein muss.9 Zu den wirtschaftlich bedeutsamen Zweckvermögen nach dem FMStG und dem InvStG s. Rz. 41. Zu Beispielen wird auf das weiterführende Schrifttum verwiesen.10
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cc) Besteuerung Für die Besteuerung der nicht rechtsfähigen Gebilde s. Rz. 41, 85 und für die Besteuerung der Empfänger s. Rz. 37. Inländische Familienstiftungen, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG unbeschränkt stpfl. sind, unterliegen aufgrund der umfassenden Verweisung des § 8
1 Vgl. BFH v. 29.1.2003 – I R 106/00, FR 2003, 678 = BFH/NV 2003, 868; Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1002); zur Verhinderung eines Zugriffs der Gläubiger des Stiftungsträgers auf das Zweckvermögen s. M. Fischer in FS Reuter, 73 (74). 2 Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1002); zur Ablehnung einer Teilrechtsfähigkeit s. M. Fischer in FS Reuter, 73 (75). 3 Zur Entwicklung der KSt-Pflicht seit dem KStG 1920 s. M. Fischer in FS Reuter, 73 (78). 4 S. zur Entwicklung dieses Kriteriums auf Grundlage der Rspr. des RFH Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1003); M. Fischer in FS Reuter, 73; davon abweichend die Kriterien der OFD Frankfurt v. 30.8.2011 – S 01070 A - 41 - St 53, DStR 2012, 610, mit Besprechung von A. Werner, ZStV 2012, 129. 5 S. Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1003 f.). 6 Vgl. eingehend Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1004) mit einer weiter gehenden Unterdifferenzierung. Der Stiftungsträger muss gehindert sein, das Stiftungsvermögen für eigene Satzungszwecke zu verwenden. 7 OFD Frankfurt v. 30.8.2011 – S 01070 A - 41 - St 53, DStR 2012, 610, mit Besprechung von A. Werner, ZStV 2012, 129; zustimmend zum Ausschluss wirtschaftlichen Eigentums bei Errichtung von Stiftungsgremien Schmidt/Fritz, Stiftung & Sponsoring 5/2003, 16 (17); Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1005). 8 BFH v. 29.1.2003 – I R 106/00, FR 2003, 678 = BFH/NV 2003, 868. 9 Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 (1003). 10 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 62; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 114 f.; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 51.
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§ 1 Rz. 92–96
Unbeschrnkte Steuerpflicht
Abs. 2 KStG auf § 20 EStG dem Abzugsverbot für WK gem. § 20 Abs. 9 EStG und dem Verlustverrechnungsverbot des § 20 Abs. 6 EStG.1 Siehe hierzu § 8 KStG Rz. 92. 7. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1 Nr. 6) 93 Rechtsfähigkeit kraft öffentlichen Rechts. Juristische Personen des öffentlichen Rechts leiten ihre Rechtsfähigkeit aus dem öffentlichen Recht her und nehmen hoheitliche Aufgaben wahr. Neben diesen nicht steuerbaren hoheitlichen Betätigungen können Stpfl. aus der Einkünfteerzielung der Trägerkörperschaft (durch eigene Betätigung oder BgA) resultieren. Das Merkmal des BgA ist in § 4 Abs. 1 Satz 1 legaldefiniert. Zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen s. § 4 KStG Rz. 16 ff. Im Einzelnen ist auf Ebene der Trägerkörperschaft zwischen den Betätigungen der juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer einzelnen BgA (§ 4 Abs. 1 und 2 KStG), der Vermögensverwaltung (ggf. stpfl. gem. § 2 Nr. 2 KStG) und dem hoheitlichen Bereich (§ 4 Abs. 5 KStG) abzugrenzen (s. § 4 KStG Rz. 17, 21 ff., 38 ff., 103 ff.).2 § 4 Abs. 1 und 2 KStG konkretisiert auf dieser Grundlage die unbeschränkte Stpfl. der Einkünfteerzielung durch BgA nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG. 94
Trägerkörperschaft und Formen von BgA. Zur juristischen Person des öffentlichen Rechts als Trägerkörperschaft3 und zu Formen von „Betrieben gewerblicher Art“ aufgrund von Einrichtungen mit und ohne eigene Rechtspersönlichkeit s. § 4 KStG Rz. 8, 16 ff., 91. BgA stellen auch Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften dar (s. § 4 KStG Rz. 31 f.).4 Werden hoheitliche Aufgaben auf eine Eigengesellschaft in privater Rechtsform übertragen (zB eine GmbH mit einer öffentlichen Körperschaft als Alleingesellschafterin), unterfällt diese der Stpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und der Besteuerung nach allgemeinen Grundsätzen.5 Besonderheiten bestehen aber nach § 8 Abs. 7 bis 9 KStG, wenn die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt (s. dazu § 8 KStG Rz. 1818 ff.).
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Besteuerung. Der Gesetzgeber unterwirft die Körperschaften des öffentlichen Rechts nur partiell der Stpfl., nämlich mit ihren BgA und außerhalb dieser Betätigungen iRd. beschränkten Stpfl. gem. § 2 Nr. 2 (s. dazu § 2 KStG Rz. 6; § 4 KStG Rz. 26 ff.).6 Die beschränkte Stpfl. von dem Kapitalertragsteuereinbehalt unterliegenden inländischen Einkünften iSd. § 2 Nr. 2 Halbs. 1 KStG ist im Bereich der Vermögensverwaltung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts von Bedeutung. Diesem sind diejenigen Einnahmen zuzurechnen, die eine juristische Person des öffentlichen Rechts dadurch erzielt, dass sie ihr Vermögen im Sinne einer reinen Fruchtziehung – zB durch verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen – nutzt, zudem dürfen diese Einkünfte nicht als betriebliche Einkünfte im Rahmen eines BgA oder einer Gewinnermittlung anzusehen sein. Auf Grundlage der partiellen beschränkten Körperschaftsteuerpflicht gem. § 2 Abs. 2 KStG unterliegen die hier erzielten inländischen Einkünfte dem abgeltenden Kapitalertragsteuerabzug gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG (s. § 32 KStG Rz. 17 f.).
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Bei wörtlichem Verständnis des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ergibt sich eigentlich, dass nur der BgA selbst und nicht die juristische Person des öffentlichen Rechts (Trägerkörperschaft) als Subjekt der KSt anzusehen ist. Dieser Ansicht hat der BFH jedoch widersprochen und festgestellt, dass die hinter dem BgA stehende Trägerkörperschaft für jeden ihrer BgA dem Grunde nach einzeln als Körperschaftsteuersubjekt heranzuziehen ist. Liegen mehrere BgA vor, muss das Einkommen für jeden BgA separat ermittelt werden.7 Aus diesem Grund wer1 S. dazu R 32 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004; v. Oertzen in FS Spiegelberger, 1390 (1397); von Löwe in FS Spiegelberger, 1380. 2 BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; Kessler/Gastl/Fritz, BB 2001, 961 (961). 3 Zur Abgrenzung, ob ein Rechtsgebilde dem Zivil- oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, s. Rz. 89. Aus der Rspr. zur Einstufung als juristische Person des öffentlichen Rechts: Bund, Länder, Kreise und Gemeinden (BFH v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFHE 235, 554); öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften (ua. die evangelischen und katholischen Kirchen, BFH v. 11.7.2012 – I R 76/11, BFH/NV 2012, 1966); Landesverbände der israelitischen Kultusgemeinden, Freireligiöse Landesgemeinden (vgl. BFH v. 19.2.1998 – IV R 38/97, BStBl. II 1998, 509), Zwangsinnungen, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern, Rechtsanwalts-, Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- und Ärztekammern, Landeszentralbanken, Sozialversicherungsträger, Universitäten und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (vgl. BFH v. 6.7.1967 – V 76/64, BStBl. III 1967, 582). 4 Vgl. den Überblick bei Kessler/Fritz/Gastl, BB 2001, 961 (963). 5 S. Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 55; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 65. 6 S. Kessler/Gastl/Fritz, BB 2001, 961; Kessler/Gastl/Fritz, BB 2002, 1512; Kessler/Gastl/Fritz, BB 2004, 2325; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 122 f. 7 Kessler/Gastl/Fritz, BB 2004, 2325 (2325).
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 96–98 § 1
den BgA einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zum Zweck der Ermittlung des kstpfl. Einkommens fiktiv verselbstständigt. Das bedeutet, dass diese BgA – wenn sie keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen und es sich lediglich um – im zivil- und verwaltungsrechtlichen Sinne – unselbstständige Teilbereiche einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handelt – iRd. steuerlichen Einkommensermittlung weitgehend als eigenständige Gewinnermittlungssubjekte angesehen werden (zur Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 KStG s. § 4 KStG Rz. 123 ff.). Damit nimmt der BgA eine ähnliche Stellung im Verhältnis zu „seiner“ Trägerkörperschaft ein wie eine KapGes. zu ihrem Anteilseigner (zu den Einzelheiten s. § 4 KStG Rz. 39 ff.). Der im Rahmen eines BgA ermittelte Gewinn bzw. Überschuss unterliegt bei der Trägerkörperschaft (zum Besteuerungsverfahren s. § 4 KStG Rz. 90) dem allgemeinen KSt-Satz gem. § 23 Abs. 1 KStG. Darüber hinaus kann der Freibetrag nach § 24 Satz 1 KStG zum Abzug gebracht werden. Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts können mit ihren nach § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG stpfl. BgA die Begünstigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 1 GewStG in Anspruch nehmen (s. § 4 KStG Rz. 78 ff.).1 Dies gilt auch für deren Eigengesellschaften in zivilrechtlicher Rechtsform.2 Zum Zusammenspiel der Besteuerung des BgA auf Ebene der Trägerkörperschaft gem. 97 § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG und der nachgelagerten Besteuerung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a und b EStG sowie zum Kapitalertragsteuereinbehalt s. § 4 KStG Rz. 81 ff.).
III. Inländischer Ort der Geschäftsleitung oder inländischer Sitz 1. Ort der Geschäftsleitung Anknüpfung an § 10 AO. § 1 Abs. 1 KStG knüpft an den Ort der Geschäftsleitung iSd. § 10 AO an. Danach ist der Ort der Geschäftsleitung der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Er ist zu unterscheiden –
vom statutarischen Sitz iSd. § 11 AO, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt wird;
–
vom Ort des Verwaltungssitzes, der im Gesellschaftsrecht Anknüpfungspunkt der Sitztheorie ist (s. dazu Rz. 68 ff.). Dies ist der Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden, also der sog. Schwerpunkt des körperschaftlichen Lebens.3 Diese Anforderung kann weder durch eine Briefkastenanschrift, das Erfüllen von Verwaltungsaufgaben, eine Betriebsstätte oder einen Ort, an dem die interne Willensbildung stattfindet, erfüllt werden.4
–
Der Ort der Geschäftsleitung ist schließlich ein abkommensrechtlicher Begriff, der in Art. 4 des OECD-MA und in den darauf beruhenden DBA verwendet wird. Er ist nach Art. 4 Abs. 1 OECD-MA für die Ansässigkeit einer juristischen Person iSd. jeweiligen DBA zu prüfen, die an die persönliche Stpfl. anknüpft. In Art. 4 Abs. 1 OECD-MA wird dies aus Sicht des jeweiligen Anwenderstaats (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA) bestimmt und damit auf § 10 AO iVm. § 1 KStG als Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung abgestellt.5 Besteht auf Ebene des DBA eine Doppelansässigkeit, wird nach Art. 4 Abs. 3 OECD-MA fingiert, dass die Gesellschaft in dem Staat ansässig ist, in dem sich der „tatsächliche Ort der Geschäftsleitung“ befindet (s. Rz. 22). Auf dieser Ebene ist nach hM ein Rückgriff auf das nationale Recht versperrt und abkommensautonom auszulegen.6 Nach Art. 4 Rz. 22 ff. OECD-MK ist Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Ort, an dem die grundlegenden Geschäftsleitungs- und kaufmännischen Entscheidungen getroffen werden, die für die Führung des Rechtsträgers im Ganzen erforderlich sind. Es kann nur einen tatsächlichen Ort der Geschäftsleitung geben. Die Praxis geht davon aus, dass zwischen dem maßgeblichen Ort iSd. § 10 AO und dem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung kein materieller Unterschied besteht.7 Die Annahme des Orts der Geschäftsleitung in einem Staat hat nach Art. 4 OECD-MA die Ansässigkeit iSd. DBA zur Folge sowie nach Art. 7 Abs. 1
1 BFH v. 27.11.2013 – I R 17/12, DB 2014, 1173. 2 Zur Gemeinnützigkeit der Eigengesellschaft und deren Befreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG s. nunmehr BFH v. 27.11.2013 – I R 17/12, DB 2014, 1173. 3 Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 15. 4 Servatius in Henssler/Strohn2, IntGesR Rz. 15. 5 Pohl in Schönfeld/Ditz, Art. 4 OECD-MA Rz. 27, 38 ff. 6 Pohl in Schönfeld/Ditz, Art. 4 OECD-MA Rz. 106. 7 Pohl in Schönfeld/Ditz, Art. 4 OECD-MA Rz. 108; Birk in H/H/Sp, § 10 AO Rz. 47.
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§ 1 Rz. 98–100
Unbeschrnkte Steuerpflicht
OECD-MA die weitere Folge, dass diesem Staat – vorbehaltlich des Vorliegens von Betriebsstättengewinnen (Art. 7 Abs. 2 OECD-MA) – das Besteuerungsrecht für die gesamten Unternehmensgewinne zusteht.1 –
Der Ort der Geschäftsleitung iSd. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA darf nicht mit dem Ort der Leitung iSd. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a OECD-MA verwechselt werden, der zwingend zur Annahme einer Betriebsstätte nach Art. 7 OECD-MA führt. Im Unterschied zur Leitungsbetriebsstätte, die eine Geschäftseinrichtung und eine darin vollzogene Leitungsaufgabe verlangt, erfordert der Ort der Geschäftsleitung nach Art. 4 Abs. 1 und 3 OECD-MA eine Person, die die geschäftliche Oberleitung ausübt, jedoch nicht über eine feste Geschäftseinrichtung verfügen muss (s. aber auch § 12 Satz 2 Nr. 1 AO).2 Für die Annahme einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte und die Begründung eines Besteuerungsrechts für den zuzurechnenden Betriebsstättengewinn reicht es aus, dass an diesem Ort nur ein Ausschnitt der geschäftlichen Leitungstätigkeit erfolgt.3
99 Begriffsinhalt des § 10 AO. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird. Hierbei ist auf die Eigenart und Struktur des Unternehmens zu achten.4 Nach der BFH-Rspr. gelten folgende Grundsätze:5 Bei einer Körperschaft ist dies regelmäßig der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, dh. an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (sog. Tagesgeschäfte), oder an dem alle für die Geschäftsführung wichtigen Maßnahmen mit einer gewissen Regelmäßigkeit angeordnet werden. Jedes Unternehmen muss nach hM stets zumindest einen Ort der Geschäftsleitung haben.6 Eine feste eigene Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, ist hierfür nicht erforderlich.7 Der Ort der Geschäftsleitung muss sich nicht notwendigerweise im Laufe eines Wj. an ein und demselben Ort befunden haben.8 Das FA kann im Steuerfestsetzungsverfahren einer GmbH bei bestehender tatsächlicher Unsicherheit mit der Gesellschaft eine bindende tatsächliche Verständigung darüber treffen, wo in der Vergangenheit deren „Ort der Geschäftsleitung“ iSv. § 10 AO bzw. iSd. einschlägigen DBA (hier: Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c DBA Frankreich) gewesen ist.9 100
Prozessuale Fragestellungen. Wo der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung sich befindet, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen und Gegenstand einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, an die der BFH unter den Voraussetzungen des § 118 FGO gebunden ist.10 Es kann trotz des Zusammenspiels von Tatsachenfeststellung und rechtlicher Würdigung zum Gegenstand einer bindenden tatsächlichen Verständigung gemacht werden, wo sich der Ort der Geschäftsleitung einer Gesellschaft in der Vergangenheit befunden hat.11
1 Das Merkmal „Unternehmen eines Vertragsstaats“ in Art. 7 Abs. 1 OECD-MA knüpft an Art. 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 OECD-MA an. 2 Hruschka in Schönfeld/Ditz, Art. 5 OECD-MA Rz. 76. 3 Hruschka in Schönfeld/Ditz, Art. 5 OECD-MA Rz. 76. 4 BFH v. 23.1.1991 – I R 22/90, BStBl. II 1991, 554. 5 BFH v. 23.1.1991 – I R 22/90, BStBl. II 1991, 554; v. 16.12.1998 – I R 138/97, BStBl. II 1999, 437 = FR 1999, 756 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 788; v. 3.7.1997 – IV R 58/95, BStBl. II 1998, 86 = FR 1998, 212; v. 7.12.1994 – I K 1/93, BStBl. II 1995, 175 = FR 1995, 193; v. 15.10.1997 – I R 76/95, BFH/NV 1998, 434. 6 BFH v. 28.7.1993 – I R 15/93, BStBl. II 1994, 148 = FR 1994, 58 m. Anm. Kempermann; v. 15.10.1997 – I R 76/95, BFH/NV 1998, 434; für einen Berufssportler mit gewerblichen Einkünften BFH v. 19.12.2007 – I R 19/06, BStBl. II 2010, 398 = FR 2008, 920; zu Ausnahmen s. Pohl in Schönfeld/Ditz, Art. 4 OECD-MA Rz. 41. 7 BFH v. 28.7.1993 – I R 15/93, BStBl. II 1994, 148 = FR 1994, 58 m. Anm. Kempermann. Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte kann sich nach dem BFH-Urt. v. 16.12.1998 (I R 138/97, BStBl. II 1999, 437 = FR 1999, 756 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 788) daher beispielsweise auch in der Wohnung des Geschäftsführers einer KapGes. befinden. Auch der dem Geschäftsführer von einem Werksvertragspartner zur Unterkunft bereitgestellte Baucontainer oÄ kann im Bauleistungsgewerbe Ort der Geschäftsleitung eines Subunternehmers sein, wenn dieser Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist. 8 BFH v. 16.12.1998 – I R 138/97, BStBl. II 1999, 437 = FR 1999, 756 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 788. 9 BFH v. 22.8.2012 – I B 86/11, I B 87/11, BFH/NV 2013, 6. 10 Vgl. BFH v. 12.12.2007 – I B 134/07, BFH/NV 2008, 736; Birk in H/H/Sp, § 10 AO Rz. 14 mwN; Dißars, DStZ 2011, 21. 11 BFH v. 22.8.2012 – I B 86, 87/11, BFH/NV 2013, 6.
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B. Kreis der unbeschrnkt Steuerpflichtigen (Abs. 1)
Rz. 101–105 § 1
Inländischer Ort der Geschäftsleitung von Auslandsgesellschaften. Die FG1 und der BFH2 entscheiden regelmäßig Sachverhalte, in denen der Ort der Geschäftsleitung einer ausländischen Gesellschaft (mit ausländischem statutarischem Sitz) im Inland liegt und zur unbeschränkten Stpfl. im Inland führt. In der Folge liegen regelmäßig doppelt ansässige Gesellschaften (s. dazu Rz. 22) vor. Siehe zu dieser Problematik auch die Erläuterungen zu den „zugezogenen“ Auslandsgesellschaften mit inländischem Verwaltungssitz in Rz. 67 ff.
101
Basisgesellschaften und ausländische Zwischengesellschaften. Nach § 7 Abs. 1 AStG ist Voraussetzung für die Anwendung der Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung, dass sich weder Sitz noch Ort der Geschäftsleitung einer ausländischen Zwischengesellschaft im Inland befindet. Eine ausländische KapGes. mit inländischem Ort der Geschäftsleitung und unbeschränkter Stpfl. schließt auch die Anwendung der zu den funktionslosen ausländischen Basisgesellschaften entwickelten Grundsätze (Zurechnung des Einkommens beim Gesellschafter gem. § 42 AO)3 aus.4
102
Verlegung des Verwaltungssitzes deutscher Gesellschaften ins Ausland. Eine im deutschen Handelsregister eingetragene GmbH oder AG kann ihren Verwaltungssitz im Ausland haben. Der Verwaltungssitz kann aus deutscher Sicht in einen anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat oder Drittstaat verlegt werden, ohne dass die Gesellschaft ihre Existenz als Gesellschaft deutschen Rechts verliert, wenn das Gesellschaftsrecht des Zuzugsstaats dies zulässt.5 Dies führt zu einer Doppelansässigkeit, da die unbeschränkte KSt-Pflicht aufgrund des inländischen Satzungssitzes erhalten bleibt.
103
2. Statutarischer Sitz der Gesellschaft a) Begriffsbestimmung Anknüpfung an § 11 AO. Den Sitz hat eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gem. § 11 AO an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt ist. Entscheidend ist ausschließlich die rechtliche Bestimmung.6 Demnach können – wie schon verschiedentlich ausgeführt (s. Rz. 98, 101) – statutarischer Sitz und Ort der Geschäftsleitung auseinanderfallen. Aus der Sicht des Gesellschaftsrechts ist der Satzungssitz in den Staaten, die der Gründungstheorie folgen, heranzuziehen, um zu bestimmen, nach welchem Recht das Gesellschaftsstatut zu bestimmen ist.7 Der statutarische Sitz iSd. § 11 AO ist als „anderes ähnliches Merkmal“ ebenfalls Anknüpfungspunkt für die Ansässigkeitsbestimmung einer juristischen Person gem. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA.8
104
b) Sitzverlegung und Löschung im Ausland Verlegung des statutarischen Sitzes in das Inland. Die identitätswahrende grenzüberschreitende Sitzverlegung (zB die Verlegung des Satzungssitzes einer englischen Ltd. nach Deutschland mit der Eintragung dieser Rechtsform in ein deutsches Register) ist nicht möglich.9 Regelmäßig wird bereits der Herkunftsstaat die Wegverlegung des Satzungssitzes als Auflösungsgrund der Gesellschaft ansehen (s. Rz. 67 ff.). Die Verlegung des Satzungssitzes mit der Folge der Auflösung im Herkunftsstaat geht zwingend mit einer Neugründung im Zielstaat einher (s. Rz. 69).10 Europäische Gesellschaften (im hier interessierenden Kontext die SE und die SCE) können zwar ihren Satzungssitz (Art. 8 Abs. 1 SE-VO11 und Art. 7 SCE1 ZB FG München v. 16.3.2010 – 6 K 241/07, juris; FG Nds. v. 30.4.2010 – 6 K 276/05, juris; FG Düsseldorf v. 24.4.2007 – 6 K 4637/03 K, G, U, AO, EFG 2009, 151 (nachgehend BFH v. 12.12.2007 – I B 134/07, BFH/NV 2008, 736); FG Saarl. v. 3.12.2003 – 1 K 200/00, EFG 2004, 430. 2 S. zB BFH v. 29.1.2003 – I R 6/99, BStBl. II 2004, 1043 = FR 2003, 912 = GmbHR 2003, 722. 3 Eingehend Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 148–161; Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 94–98; s. auch BFH v. 29.1.2008 – I R 26/06, BStBl. II 2008, 978 = GmbHR 2008, 612 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2008, 672 m. Anm. Wagner/Fischer. 4 BFH v. 11.2.2014 – III B 16/13, BFH/NV 2014, 673. 5 Kieninger in MüHdb GesR4, § 52 Rz. 19 ff.; Gesell in Prinz, Rz. 2.43 f.; zusammenfassend Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.22: Handelt es sich beim Zuzugsstaat um einen Drittstaat, welcher der Sitztheorie folgt, verliert die deutsche KapGes. ihre Identität und muss im Zuzugsstaat nach dessen Gesellschaftsrecht einer Rechtsform zugeordnet werden. 6 Musil in H/H/Sp, § 11 AO Rz. 16. 7 Thölke in MüHdb GesR4, § 1 Rz. 88. 8 Pohl in Schönfeld/Ditz, Art. 4 OECD-MA Rz. 43. 9 Gesell in Prinz, Rz. 2.57. 10 Gesell in Prinz, Rz. 2.58. 11 VO (EG) Nr. 2157/2001 v. 8.10.2001, ABl. EG 2001 Nr. L 294, 1.
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105
§ 1 Rz. 105–109
Unbeschrnkte Steuerpflicht
VO1) innerhalb der EU verlegen. Dies führt aber zu einem Statutenwechsel, da zB eine SE nach Verlegung ihres Satzungssitzes in das Inland nunmehr als „SE deutschen Rechts“ anzusehen ist, denn über die in der SE-VO und dem SEAG enthaltenen Verweisungen auf das nationale Gesellschaftsrecht finden nach der Sitzverlegung die Regelungen des deutschen Aktienrechts und nicht des vorherigen ausländischen Gesellschaftsrechts im Gründungsstaat Anwendung.2 106
Grenzüberschreitender Formwechsel/grenzüberschreitende Verschmelzung in das Inland. Zivilrechtlich ist die grenzüberschreitende Verschmelzung nach §§ 122a ff. UmwG im Wege der Hereinverschmelzung zulässig, wenn ausschließlich EU-/EWR-KapGes. beteiligt sind.3 Die Verschmelzung einer ausländischen KapGes. aus dem EU-/EWR-Raum auf eine inländische Personengesellschaft wird jedoch ebenfalls als zulässig angesehen, obwohl dieser Fall in § 122b UmwG nicht erfasst ist.4 Der grenzüberscheitende Formwechsel in eine deutsche Gesellschaftsform ist auf Grundlage einer analogen Anwendung der §§ 190 ff. UmwG für EU-/EWR-Gesellschaften zulässig.5 Zur Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG 2006 auf die entsprechenden Vorgänge mit dem erforderlichen vierfachen Bezug zum EU-/EWRRaum6 s. Tz. 01.20 bis 01.49 UmwStE 20117. Zur Möglichkeit der Rückwirkung gem. § 2 Abs. 3 UmwStG 2006 s. Tz. 02.38 UmwStE 2011.
107
Verlegung des statutarischen Sitzes einer deutschen KapGes. in das Ausland. Ein identitätswahrender Wegzug ist bei ausschließlicher Verlegung des Verwaltungssitzes in das Ausland möglich (s. Rz. 103). Für deutsche KapGes. ergibt sich aus § 4a GmbHG, § 5 AktG, dass der Satzungssitz hingegen stets im Inland liegen muss, sodass der Beschluss über die Verlegung des Satzungssitzes als Auflösungsbeschluss zu werten ist.8 Es besteht aber die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Formwechsels in das EU-/EWR-Ausland (s. Rz. 104 f.), der der Auflösung der Gesellschaft gem. § 11 KStG entgegensteht. Bleibt der inländische Verwaltungssitz erhalten, ist die Gesellschaft in zwei Mitgliedstaaten unbeschränkt stpfl. Daneben besteht die Möglichkeit der Herausverschmelzung bestimmter deutscher KapGes. (§§ 122a, 122b UmwG) und die Verschmelzung einer AG zur Neugründung auf die in einem anderen Mitgliedstaat belegene SE.9 Die Verlegung des Satzungssitzes einer „deutschen SE“ in einen anderen Mitgliedstaat, die gem. Art. 6 und 7 der SE-VO mit der Verlegung des Verwaltungssitzes (des Orts der Hauptverwaltung) einhergehen muss, führt zur Beendigung der unbeschränkten Stpfl. und zur Anwendung des § 12 Abs. 1 KStG.
108
Löschung im Ausland. Zur Anwendung der Regelungen über die Restgesellschaft bei Löschung der Gesellschaft im Staat des statutarischen Sitzes s. Rz. 69 und § 3 KStG Rz. 17.
C. Sachlicher und zeitlicher Umfang der unbeschränkten Steuerpflicht (Abs. 2) I. Rechtsfolge der unbeschränkten KSt-Pflicht 109 Besteuerung nach dem Welteinkommen. Liegt eine unbeschränkte KSt-Pflicht nach Maßgabe des Abs. 1 vor, erstreckt sich der nationale Besteuerungsanspruch auf das Welteinkommen. Das stpfl. Einkommen wird nach Maßgabe der §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 KStG ermittelt. Inwieweit der umfassende nationale Besteuerungsanspruch für Einkünfte aus ausländischen Quellen durchsetzbar ist, hängt entscheidend davon ab, ob Deutschland mit dem Quellenstaat dieser Einkünfte ein DBA abgeschlossen hat und ob nach dessen Methodenartikel (entsprechend Art. 23 A/B OECD-MA) die Einkünfte im Inland freizustellen oder in die in1 VO (EG) Nr. 1435/2003 v. 22.7.2003, ABl. EU 2003 Nr. L 207, 1. 2 Gesell in Prinz, Rz. 2.59. 3 Nicht möglich ist die Hereinverschmelzung von KapGes. aus der Schweiz, den USA und aus anderen Drittstaaten. Streitig ist, ob die Verschmelzung (zweier) ausländischer Rechtsträger zur Neugründung auf eine inländische KapGes. in Betracht kommt; vgl. zum Ganzen Gesell in Prinz, Rz. 2.72–2.82, 2.93; Hoffmann in MüHdb GesR4, § 53 Rz. 25, 117 ff. 4 Gesell in Prinz, Rz. 2.67 mit Hinweis auf EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-411/03 – SEVIC, GmbHR 2006, 140 m. Anm. Haritz = NJW 2006, 425; zustimmend Hoffmann in MüHdb GesR4, § 53 Rz. 117 ff. 5 Gesell in Prinz, Rz. 2.113 mit Hinweis auf EuGH v. 12.7.2012 – Rs. C-378/10 – VALE, BB 2012, 1614; Hoffmann in MüHdb GesR4, § 54 Rz. 7 ff. Für Gesellschaften anderer Herkunftsrechtsordnungen ist die Möglichkeit des Hereinformwechsels zweifelhaft. 6 S. Beinert/Scheifele in Prinz, Rz. 8.27: Übertragende und übernehmende KapGes. müssen nach dem Recht eines EU-/EWR-Staats gegründet sein und es muss sich um Gesellschaften gem. Art. 54 AEUV handeln, die ihren statutarischen Sitz und Ort der Geschäftsleitung im EU-/EWR-Raum haben. 7 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314. 8 Schnittker/Pitzal in Prinz, Rz. 10.89. 9 Gesell in Prinz, Rz. 2.84.
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C. Sachlicher und zeitlicher Umfang der Steuerpflicht (Abs. 2)
Rz. 109–114 § 1
ländische Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind und die ausländische Steuer anzurechnen ist. Im Nicht-DBA-Fall gehen die Einkünfte in die inländische Bemessungsgrundlage ein und ausländische Steuer wird gem. § 26 KStG angerechnet oder anderweitig berücksichtigt. Siehe vertiefend § 8 KStG Rz. 47 ff., auch zu Hinzurechnungsbeträgen nach § 10 AStG.
II. Beginn der KSt-Pflicht 1. Juristische Personen des Privatrechts (Abs. 1 Nr. 1 bis 4) a) Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und juristische Personen des Privatrechts Beginn mit der Rechtsfähigkeit. Dem Gesetz lässt sich kein Beginn der KSt-Pflicht entnehmen. Ist die KapGes. entstanden und qua Eintragung rechtsfähig, beginnt spätestens bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen (inländischer Sitz oder Ort der Geschäftsleitung) auch die unbeschränkte Stpfl. Handelt es sich um eine KapGes. mit inländischer Rechtsform, wurde in Rz. 53 und 54 dargelegt, dass nach der BFH-Rspr. Voraussetzung für die unbeschränkte KSt-Pflicht neben der Rechtsform iSd. des Katalogs gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG auch die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft ist. Anknüpfend daran hat der BFH für eine inländische GmbH entschieden, dass deren Körperschaftsteuersubjektfähigkeit stets ab der zivilrechtlich wirksamen Gründung anzuerkennen sei und fortwirke, solange die GmbH zivilrechtlich bestehe.1 Für inländische KapGes. wird der Gründungsvorgang mit der Eintragung abgeschlossen (s. Rz. 57, 60, 63 zur GmbH, AG und KGaA).
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Vorverlagerung der KSt-Pflicht auf die Vorgesellschaft. Nach allgemeiner Ansicht2 können jedoch bereits die Vorgesellschaften inländischer KapGes. der unbeschränkten KStPflicht unterliegen, wenn es später zur Eintragung kommt (zum Begriff der „echten“ und „unechten“ Vorgesellschaften und zur Abgrenzung zu den Vorgründungsgesellschaften s. Rz. 57 und § 11 KStG Rz. 22). Die Geschäftstätigkeit nach außen ist nicht Voraussetzung für den Beginn der KSt-Pflicht, es reicht aus, dass der Gesellschaftsvertrag geschlossen oder die Satzung errichtet worden ist.3 Diese Grundsätze gelten ebenfalls für den Vor-Verein und die Vor-Genossenschaft.4
111
Rechtsfähige Stiftung. Bei Begründung einer rechtsfähigen Stiftung unter Lebenden wird 112 eine Vor-Stiftung nicht anerkannt (s. Rz. 83).5 Die Stpfl. beginnt mit der wirtschaftlichen Entstehung der Stiftung, sodass der Stifter bis zur Anerkennung der Stiftung durch die zuständige Behörde die Verfügungsmacht über die Stiftung behält (s. auch das Widerrufsrecht gem. § 82 BGB). Damit sind Erträge des Grundstockvermögens bis zur Anerkennung der Stiftung noch dem Stifter zuzurechnen.6 Eine KSt-Pflicht vor Anerkennung der Stiftung (Erlangung der Rechtsfähigkeit) kommt aber auf Grundlage einer unselbstständigen Stiftung in Betracht (s. dazu Rz. 88 f., 118). Bei rechtsfähigen Stiftungen von Todes wegen wird der Beginn der KSt-Pflicht der Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB folgend auf den Zeitpunkt des Vermögensanfalls vorverlegt (s. Rz. 82 f.). Neugründung im Wege der Umwandlung. Die KSt-Pflicht beginnt grds. am Stichtag der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Umwandlung, wenn zu diesem Zeitpunkt auch die Inlandsvoraussetzungen erfüllt sind. In den Fällen der Umwandlung mit steuerlicher Rückwirkung gem. § 2 Abs. 1 UmwStG ist der steuerliche Übertragungsstichtag für den Beginn der KSt-Pflicht maßgeblich, auch wenn zu diesem Zeitpunkt weder ein Sitz gem. § 11 AO noch ein Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) des neu gegründeten Rechtsträgers bestanden haben können.
113
VVaG und PFVaG. Der Beginn der KSt-Pflicht liegt im Zeitpunkt der Erlangung der Rechtsfähigkeit durch Anerkennung der zuständigen Behörde. Vorgesellschaften existieren nicht.
114
1 BFH v. 13.12.1989 – I R 98-99/86, BStBl. II 1990, 468 = GmbHR 1990, 314. 2 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 238 ff.; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 180 ff.; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 69; Graffe in D/P/M, § 1 KStG 108 ff. 3 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 241. 4 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 242; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 69. 5 Zustimmend Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 246 mit Hinweis auf R 2 Abs. 4 Satz 4 KStR 2004. 6 von Löwe in FS Spiegelberger, 1370 (1378) zur rechtsfähigen Familienstiftung.
Levedag
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§ 1 Rz. 115–119
Unbeschrnkte Steuerpflicht
b) Europäische Gesellschaften und zuziehende Auslandsgesellschaften 115 Europäische Gesellschaften. Für die im Inland gegründete SE und die SCE gilt ebenfalls, dass die unbeschränkte KSt-Pflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit beginnt. Allerdings ist sowohl die Existenz der Vor-SE (s. Rz. 66) als auch der Vor-SCE (s. Rz. 66) anerkannt. Die KSt-Pflicht wird daher im Fall der späteren Eintragung ebenfalls vorverlagert. 116
Verlegung des Verwaltungssitzes in das Inland. Eine zuziehende Auslandsgesellschaft aus dem EU-/EWR-Raum, die im Inland als rechtsfähig anzusehen ist, begründet ihre KStPflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG im Zeitpunkt der Sitzverlegung, dh. mit Verlegung des Orts der Geschäftsleitung in das Inland (s. Rz. 71). Wird eine rechtsfähige Auslandsgesellschaft gegründet, bei der schon im Gründungszeitpunkt feststeht, dass nur ein inländischer Ort der Geschäftsleitung begründet wird (sog. Briefkastengesellschaft, s. Rz. 69), beginnt die KSt-Pflicht mit der Eintragung im ausländischen Register. Die Existenz einer Vorgesellschaft kommt nur in Betracht, wenn das Gesellschaftsrecht des Gründungsstaats ein solches Rechtsinstitut anerkennt. Bei Auslandsgesellschaften, die aufgrund der Verlegung des Verwaltungssitzes gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG unbeschränkt stpfl. werden, aber im Inland aufgrund der Sitztheorie nicht rechtsfähig sind (Drittstaatengesellschaften, s. Rz. 69, 72), beginnt die KSt-Pflicht mit der Verlegung des Verwaltungssitzes in das Inland.
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Grenzüberschreitender Formwechsel/Hereinverschmelzung. Die Verlegung des Satzungssitzes in das Inland führt – abgesehen von der SE (s. Rz. 105) – regelmäßig zur Auflösung der Gesellschaft im Ausland mit dem Erfordernis der Neugründung im Inland. Ausnahmen sind nur im Wege des grenzüberschreitenden Formwechsels oder der Hereinverschmelzung möglich. Diese auf Grundlage des UmwStG 2006 zu beurteilenden Vorgänge führen zum Beginn der KSt-Pflicht eines neu gegründeten inländischen Rechtsträgers im Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit oder bei rückwirkenden Umwandlungen zum steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 und 3 UmwStG). 2. Nicht rechtsfähige KSt-Subjekte (Abs. 1 Nr. 5) und Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1 Nr. 6)
118 Nicht rechtsfähige Körperschaften/Zweckvermögen. Der Beginn der KSt-Pflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG bei einer nicht rechtsfähigen Stiftung, die unter Lebenden errichtet wird, wird in dem Zeitpunkt gesehen, zu dem der Stifter sich endgültig entreichert, seine Verfügungsmöglichkeit über das Vermögen verloren hat und der Stiftung eigenes Einkommen zugerechnet werden kann.1 Neben der Entreicherung des Stifters ist die wirtschaftliche Selbstständigkeit der Stiftung (s. Rz. 89) gem. § 3 Abs. 1 KStG Voraussetzung der KSt-Pflicht, da nur so eine Zurechnung des Einkommens aus dem Stiftungsvermögen beim Stiftungsträger (dem formalen Eigentümer) vermieden werden kann. Demnach muss für den Beginn der KSt-Pflicht einer unselbstständigen Stiftung maßgeblich die Einwirkungsmöglichkeit des Stifters auf das Stiftungsvermögen ausgeschlossen sein, indem das Vermögen einem Stiftungskonto gutgeschrieben wird.2 Nicht erforderlich ist jedoch uE, dass alle Stiftungsorgane schon bestellt sind und über das Vermögen verfügen können. Betriebe gewerblicher Art. Bei BgA ist auf die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit abzustellen.3 Bei BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit ist dies ebenfalls zutreffend, da diese nicht nach anderen Tatbeständen des § 1 Abs. 1 KStG stpfl. sein und insbesondere keine Vorgesellschaften vorliegen können.
III. Ende der Körperschaftsteuerpflicht 119 Verlust der Rechtsfähigkeit. Der Verlust der Rechtsfähigkeit (zB am Ende eines Liquidations- oder Insolvenzverfahrens durch Löschung im Register, vgl. § 11 KStG Rz. 19, 26 ff.) führt grds. auch zum Ende der KSt-Pflicht;4 dies gilt nicht, wenn die Körperschaft ungeach1 FG Köln v. 12.5.1999 – 1 K 1996/97, EFG 1999, 834; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 246: Das Stiftungsgeschäft muss wirksam abgeschlossen und die Stiftungssatzung festgestellt sein, der Stiftungsvorstand muss über das Stiftungsvermögen verfügen können und der Stifter auf sein Widerrufsrecht verzichtet haben. 2 AA Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 246. 3 R 2 Abs. 4 Satz 6 KStR 2004; zustimmend Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 252; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 126; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 189. 4 BFH v. 13.12.1989 – I R 98/86, I R 99/86, BStBl. II 1990, 468; v. 27.4.2000 – I R 65/98, BStBl. II 2000, 500; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 121 f.
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D. Inlandsbegriff (Abs. 3)
Rz. 119–123 § 1
tet der zivilrechtlichen Beendigung noch steuerliche Pflichten zu erfüllen und Vermögen zu verteilen hat oder das Sperrjahr gem. § 73 GmbHG, § 272 AktG noch nicht abgelaufen ist.1 Die Löschung einer zugezogenen Auslandsgesellschaft im Register des Gründungsstaats führt bei Inlandsvermögen zur Behandlung als Restgesellschaft, deren KSt-Pflicht andauert.2 Vor der endgültigen Einstellung der werbenden Tätigkeit und der Verteilung des Vermögens endet auch die KSt-Pflicht nicht rechtsfähiger KSt-Subjekte und einer Trägerkörperschaft für einen BgA nicht (s. auch § 3 KStG Rz. 17).3 Siehe im Einzelnen die Kommentierungen zu §§ 11, 12 KStG. Verlegung des Verwaltungssitzes in das Ausland. Bei einer inländischen KapGes. (GmbH/ AG), die unter Beibehaltung des Satzungssitzes ihren Verwaltungssitz in das Ausland verlagert, endet die unbeschränkte Stpfl. nicht. Es entsteht eine doppelt ansässige Gesellschaft (s. Rz. 22). Anders liegt es, wenn eine rechtsfähige Auslandsgesellschaft ihren inländischen Verwaltungssitz in den ausländischen Gründungsstaat verlegt. Hierdurch endet die unbeschränkte Stpfl. und wird bei Erzielung inländischer Einkünfte eine beschränkte Stpfl. gem. § 2 begründet.
120
Umwandlungen. Wegen der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte (Verschmelzungen und Formwechsel) ist die Beendigung der KSt-Pflicht der umgewandelten Körperschaft im Einzelfall zu prüfen. Mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags (§ 2 Abs. 1 UmwStG) der „untergehenden“ umgewandelten Körperschaft endet das letzte steuerliche Wj. der übertragenden Körperschaft.4 Der übernehmende Rechtsträger tritt in die Rechtsstellung der untergehenden Körperschaft ein (§ 4 Abs. 2 UmwStG), dh., die Körperschaftsteuerbescheide für das letzte steuerliche Wj. sind an den übernehmenden Rechtsträger als Rechtsnachfolger der umgewandelten Körperschaft zu richten.
121
D. Inlandsbegriff (Abs. 3) Nicht definierter Begriff. Der im KStG und EStG nicht definierte Begriff ist unter Rückgriff auf die Vorgaben des Völkerrechts auszulegen (s. Rz. 20). Der Begriff des Bundesgebiets – als des Gebiets, auf dem das Grundgesetz Geltung hat – steht dem des Inlands gleich.5 Dazu gehören auch Handelsschiffe mit deutscher Flagge oder in inländischen Gewässern, die Drei-Meilen-Zone als deutsches Hoheitsgebiet und Zollfreigebiete.6 Hinzu kommt der Anteil der Bundesrepublik am Festlandsockel unter bestimmter Voraussetzungen.7 Die Regelung hat für die unbeschränkte Stpfl. keine wesentliche Bedeutung, da eine Geschäftsleitung oder ein Sitz im Bereich des Festlandsockels nicht zur unbeschränkten Stpfl. führt,8 denn der Gesetzeswortlaut knüpft durch die „soweit“-Formulierung nur an die Ausbeutung und Erforschung von Naturschätzen und die Energieerzeugung an. Der Hauptanwendungsbereich der Vorschrift liegt im Bereich der beschränkten Stpfl., und zwar wenn es um die Frage geht, ob die iZm. der Erforschung und Ausbeutung des Festlandsockels erzielten Einkünfte inländ. Einkünfte iSd. § 49 EStG sind.9
122
Aktuelle Fassung des § 1 Abs. 3 KStG. Durch das Kroatien-AnpG10 ist § 1 Abs. 3 KStG neu gefasst worden. Die vorherige Fassung des Abs. 3 wurde in eine Nr. 1 und Nr. 2 aufgeteilt. In der Nr. 1 regelt der Gesetzgeber, wie bisher, dass der Anteil der Bundesrepublik am Festlandsockel, soweit dort Naturschätze des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes erforscht oder ausgebeutet werden, zum Inland gehört. In der neu eingefügten Nr. 2 wird
123
1 BFH v. 29.11.2000 – I R 28/00, BFH/NV 2001, 816 mwN; zur Besteuerung während der Liquidation s. BFH v. 7.5.2014 – I R 81/12, BFH/NV 2014, 1593; Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 254; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 1 KStG Rz. 126; Rengers in Blümich, § 1 KStG Rz. 189; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 122. 2 S. BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932, BStBl. I 2014, 111 Rz. 4 und dort auch zu weiteren Sachverhaltsvarianten. 3 Benecke in Schnitger/Fehrenbacher, § 1 KStG Rz. 257. 4 Van Lishaut in R/H/vL2, § 2 UmwStG Rz. 31. 5 BFH v. 13.2.1974 – I R 218/71, DStR 1974, 386. 6 Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 25a. 7 Graffe in D/P/M, § 1 KStG Rz. 26; Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 86 f. mit Erläuterung der Vorgaben des G zum Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 2.9.1994 (BGBl. II 1994, 1798). Die nach dem Übereinkommen erforderliche VO zur Durchführung des Teils XI des Seerechtsübereinkommens wurde am 4.10.1994 (BGBl. II 1994, 2565) erlassen. 8 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 82. 9 Klein in H/H/R, § 1 KStG Anm. 82, 91 zu denkbaren steuerbaren Sachverhalten. 10 G v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266.
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§ 1 Rz. 123–124
Unbeschrnkte Steuerpflicht
als Inland auch der Anteil der Bundesrepublik Deutschland an der ausschließlichen Wirtschaftszone (iSd. Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen)1 definiert, soweit dort Energieerzeugungsanlagen unter Nutzung erneuerbarer Energien errichtet oder betrieben werden. Räumlich wurde der Inlandsbegriff gegenüber dem bisherigen Inlandsbegriff (s. die Nachweise zu Rz. 122 mit Verweis auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen2) mit der jetzigen Bezugnahme auf die „ausschließliche Wirtschaftszone“ nicht erweitert. In der zuvor geltenden Fassung waren aber nur Tätigkeiten erfasst, die der Energieerzeugung auf dem Festlandsockel dienten. Die Energieerzeugung unter Nutzung erneuerbarer Energien wird nach der Gesetzesbegründung3 regelmäßig nicht auf dem Meeresgrund bzw. im Meeresuntergrund, sondern oberhalb der Wasseroberfläche ausgeübt (wobei die entsprechenden Anlagen regelmäßig auf dem Meeresgrund verankert sind). Die Änderung regelt zum einen, dass auch solche oberirdischen Tätigkeiten im Inland ausgeführt werden, und knüpft nicht an den Festlandsockel, sondern die ausschließliche Wirtschaftszone an. Sie ist insoweit deklaratorisch.4 Der Inlandsbegriff wird jedoch zum anderen konstitutiv dahingehend erweitert, dass auch die Errichtung und der Betrieb von Energieerzeugungsanlagen in der ausschließlichen Wirtschaftszone und nicht nur Tätigkeiten, die der Energieerzeugung dienen, nunmehr im Inland ausgeführt werden.5 Entsprechende Änderungen enthalten § 1 Abs. 1 Satz 2 EStG und § 2 Abs. 7 Nr. 1 GewStG. 124
Geplante Änderung. Im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften6 plant der Gesetzgeber in Art. 2 Nr. 2, den Inlandsbegriff nochmals zu erweitern. Die Regelung soll zum 1.1.2016 in Kraft treten (Art. 10 Satz 1 des Entwurfs) und sie lautet: „(3) Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort a) die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden, b) andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder c) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und 2. am Festlandsockel, soweit dort a) dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder b) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstaben a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.“
Nach der Gesetzesbegründung7 soll der Inlandsbegriff nach der geplanten Erweiterung ermöglichen, sämtliche aus dem UN-Seerechtsübereinkommen vom 10.12.19828 ableitbaren Besteuerungsrechte in Anspruch zu nehmen. Der Gesetzgeber ist der Auffassung, über die Energieerzeugung unter Nutzung erneuerbarer Energien hinaus würden auch andere wirtschaftliche Tätigkeiten im Bereich des der Bundesrepublik Deutschland zustehenden Anteils am Festlandsockel und an der ausschließlichen Wirtschaftszone zunehmend an Bedeutung gewinnen (zB die gewerbliche Fischzucht). Nach dem bisherigen Wortlaut gelte der ertragsteuerliche Inlandsbegriff nicht bei derartigen Tätigkeiten, wodurch es im OffshoreBereich zu steuerlichen Vorteilen bei ausländischen Stpfl. im Vergleich zu inländischen unbeschränkt Stpfl. kommen könne.
1 2 3 4 5 6 7 8
G zum Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 2.9.1994, BGBl. II 1994, 1798. G zum Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 2.9.1994, BGBl. II 1994, 1798. BT-Drucks. 18/1529, 63, 67. Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 11. Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 11. BR-Drucks. 121/15, 5. BR-Drucks. 121/15, 44; zum Entwurf s. Hörster, NWB 2015, 1052 (1052). BGBl. II 1982, 1789 (1799).
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§2 Beschränkte Steuerpflicht Beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind 1. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, mit ihren inländischen Einkünften; 2. sonstige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, mit den inländischen Einkünften, die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen; inländische Einkünfte sind auch a) die Entgelte, die den sonstigen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen dafür gewährt werden, dass sie Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland einem anderen überlassen und der andere, dem die Anteile zuzurechnen sind, diese Anteile oder gleichartige Anteile zurückzugeben hat, b) die Entgelte, die den sonstigen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen im Rahmen eines Wertpapierpensionsgeschäfts im Sinne des § 340b Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs gewährt werden, soweit Gegenstand des Wertpapierpensionsgeschäfts Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland sind, und c) die in § 8b Abs. 10 Satz 2 genannten Einnahmen oder Bezüge, die den sonstigen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen als Entgelt für die Überlassung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland gewährt gelten. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . . I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung und Telos der Regelung . . III. Geltungsbereich der Nr. 1 und der Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich der Nr. 1 . . . . . . . . . . 2. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich der Nr. 2 . . . . . . . . . . IV. Verhältnis der Nr. 1 zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis zum KStG . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis der Nr. 1 zum Verfassungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis der Nr. 1 zum Völkerrecht . 4. Verhältnis zu den DBA . . . . . . . . . . . . a) Nationaler Besteuerungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) DBA-Abkommensberechtigung ausländischer Rechtsgebilde aus deutscher Sicht . . . . . . . . . . . c) Verhältnis zu den DBA-Verteilungsnormen, wenn Deutschland Quellenstaat ist . . . . . . . . . . . . . . d) Verhältnis zum Methodenartikel und den Diskriminierungsverboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Methodenartikel (Art. 23 A/B OECD-MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Diskriminierungsverbote (Art. 24 OECD-MA) . . . . . . . . . . . 5. Verhältnis zum Unionsrecht . . . . . . . . a) Primäres Unionsrecht . . . . . . . . . b) Sekundäres Unionsrecht . . . . . . . aa) Mutter-Tochter-Richtlinie . . . . . . bb) Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 2 5 5 6 7 7 8 10 12 12
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19 19 21 25 25 32 32 36
cc) Fusionsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . dd) Amtshilfe- und Beitreibungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verhältnis zu anderen Steuergesetzen. a) Verhältnis zum AStG . . . . . . . . . . . b) Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . c) Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . d) UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verhältnis der Nr. 2 zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsentwicklung des § 2 KStG. . . . . B. Beschränkte KSt-Pflicht mit den inländischen Einkünften (Nr. 1) . . . . . . . . . . . I. Beschränkt steuerpflichtige KStSubjekte ohne Sitz und Geschäftsleitung im Inland . . . . . . . . . . . . . . . 1. Weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beginn der beschränkten KSt-Pflicht gem. Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ende der beschränkten KSt-Pflicht gem. Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Körperschaften/Personenvereinigungen/Vermögensmassen . . . . . . . . 1. Unter Nr. 1 fallende Rechtsgebilde . . 2. Notwendigkeit des Rechtstypenvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inländische Einkünfte iSv. § 49 EStG 1. Verweis auf das EStG . . . . . . . . . . . . 2. Isolierende Betrachtungsweise (§ 49 Abs. 2 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besteuerung von Outbound-Vergütungen im DBA-Fall . . . . . . . . . . . . . a) Deutschland als Betriebsstättenstaat (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Levedag
39 41 42 42 45 48 51 52 53
.
54
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54
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54
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55
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56
. .
57 57
. . .
60 65 65
.
66
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70
.
70
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§2
Beschrnkte Steuerpflicht b) Seeschifffahrt/Binnenschifffahrt/ Luftfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grenzüberschreitende Bezüge ausländischer KSt-Subjekte von inländischen Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Deutschland als Quellenstaat für Zinsvergütungen. . . . . . . . . . . e) Deutschland als Quellenstaat von Lizenzvergütungen . . . . . . . . f) Deutschland als Quellenstaat für Entgelte aus der Überlassung inländischen Grundbesitzes/inländischer Sachinbegriffe . . . . . . . . . g) Deutschland als Quellenstaat für Entgelte aus der Überlassung beweglicher Wirtschaftsgüter und sonstiger Rechte . . . . . . . . . . . . . h) Deutschland als Quellenstaat von Entgelten für Darbietungen . . . . . i) Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens und von Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften. . . . . . . . . . aa) Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens. . . . . . . . . .
78 IV. 79
1.
87
2.
90
3.
96
100 103
105
bb) Veräußerung von Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen der beschränkten Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . Einkünfteermittlung bei Betriebsstätteneinkünften . . . . . . . . . . . . . . Werbungskosten/Betriebsausgaben und Verlustabzug im Steuerabzug . Besteuerungsverfahren . . . . . . . . . .
. . 108 . . 112 . . 112 . . 119 . . 120
C. Sonstige beschränkte Steuerpflicht (Nr. 2) I. Sonstige nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften etc.. . . . . . . II. Inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug ganz oder teilweise unterliegen (Nr. 2 Halbs. 1) . . . . . . . . . III. Inländische Einkünfte gem. Nr. 2 Halbs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhinderung von Gestaltungen zur Umgehung des KapESt-Einbehalts . . . 2. Einkünftetatbestände in Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. a bis c . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsfolge: Beschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
121 121
122 124 124 125 128
105
Literatur: Rädler/Lausterer, Die EWG-vertragswidrige Diskriminierung inländischer Betriebsstätten von EG-Kapitalgesellschaften durch den Körperschaftsteuersatz nach dem Standortsicherungsgesetz, DB 1994, 699; Eilers/Schmidt, Diskriminierungsverbot gegenüber ausländischen EU-Kapitalgesellschaften nach dem EuGH-Urteil St. Gobain v. 21.9.1999, DStR 1999, 1977; Wachter, Steueroptimale Nachlassplanung mit einer österreichischen Privatstiftung, DStR 2000, 1037; Gosch/Lüdicke, „Liebhaberei“ einer beschränkt stpfl. Kapitalgesellschaft – Nachweis bei Gewinnerzielungsabsicht – außerbetriebliche Sphäre einer ausländischen Kapitalgesellschaft, DStR 2002, 671; Hilf/Hörmann, Der Grundrechtsschutz von Unternehmen im europäischen Verfassungsverbund, NJW 2003, 1; Schnittker/Lemaitre, Steuerliche Qualifikation der USLLP durch Rechtstypenvergleich, GmbHR 2003, 485; Schnittker/Lemaitre, Steuersubjektqualifikation ausländischer Personen- und Kapitalgesellschaften anhand des Rechtstypenvergleichs: Welche Vergleichskriterien sind heranzuziehen?, GmbHR 2013, 1314; Fahrenberg/Henke, Das BMF-Schreiben zur steuerlichen Einordnung der US-LLC aus Beratersicht, IStR 2004, 485; Schnittker/Lemaitre/Siegel, Die steuerliche Einordnung der US-amerikanischen Limited Liability Company (LLC) auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 19.3.2004, GmbHR 2004, 618; Kessler/Huck, Grenzüberschreitender Transfer von Betriebsvermögen, StuW 2005, 193; Benecke, Entstrickung und Verstrickung bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens – Verhältnis zu den Gewinnkorrekturvorschriften und Auswirkungen auf die Betriebsstättenbesteuerung, NWB 2007, 3231; Freiherr v. Proff, Gemeinnützigkeit nach den „Stauffer“-Urteilen des EuGH und des BFH, IStR 2007, 269; Häuselmann, Das Ende des „Steuerschlupfloches“ Wertpapierleihe, DStR 2007, 1379; Hüttemann, Gemeinnützige Zweckverfolgung im Ausland nach der „Stauffer“-Entscheidung des EuGH, DB 2007, 2481; Obermann/Brill/Füllbier, Die Neuregelung der ertragsteuerlichen Behandlung von Wertpapiergeschäften durch das UntStRefG 2008, BB 2007, 1647; Reimer, Das Anerkennungsprinzip im Europäischen Ertragsteuerrecht, FR 2007, 217; Schnitger/Fischer, Einkünfteermittlung bei ausländischen grundstücksverwaltenden Kapitalgesellschaften und Gemeinschaftsrecht, DB 2007, 598; Stewen, Europäisches Anerkennungsprinzip und deutscher Typenvergleich, FR 2007, 1057; Wachter, Gemeinnützigkeit: Ausschluss einer beschränkt stpfl. ausländischen Stiftung von der Steuerbefreiung gemeinschaftsrechtswidrig – formelle Satzungserfordernisse bei ausländischer Stiftung, BFH v. 20.12.2006 – I R 94/02, FR 2007, 387 = BB 2007, 701; Roser, Wertpapierdarlehen – eine (schl-)echte Neuregelung, Ubg 2008, 89; Boller/Eilinghoff/Schmidt, § 50d Abs. 10 EStG idF des JStG 2009 – ein zahnloser Tiger?, IStR 2009, 109; Günkel/Lieber, Auslegungsfragen im Zusammenhang mit § 50d Abs. 10 EStG idF des JStG 2009, Ubg 2009, 301; Meretzki, Weshalb der neue § 50d Abs. 10 EStG sein Ziel verfehlt und neue Probleme schafft, IStR 2009, 217; Rau, „Strukturierte Wertpapierleihe“ über Aktien und Beschränkungen des Betriebsausgabenabzugs, DStR 2009, 948; Häuselmann, Die kapitalertragsteuerliche Erfassung von Wertpapierleih- und Wertpapierpensionsgeschäften, FR 2010, 200; Engel/Hilbert, Besteuerung des Gewinnanteils des inländischen Gesellschafters einer ausländischen Personengesellschaft, FR 2012, 394; Haberland, Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland, DStR 2012, 1115; Kraft/Edelmann, Verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung bei der Wertpapierleihe über Aktien?, FR 2012, 889; Lang, Das Territorialitätsprinzip und seine Umsetzung im Entwurf der Richtlinie über eine Common Consolidated Corporate Tax Base (CCCTB), StuW 2012, 297; Martini, Der Typenvergleich bei beschränkter Steuerpflicht, IStR 2012, 441; Schnitger, Änderungen des § 1 AStG und Umsetzung des AOA durch das JStG 2013, IStR 2012, 633; Schön, Zur Zukunft des Internationalen Steuerrechts, StuW 2012, 213; Wassermeyer, Die abkommensrechtliche Aufteilung von Unternehmensgewinnen zwischen den beteiligten Vertragsstaaten, IStR 2012, 277; Bisle, Veräußerung von Dividendenansprüchen durch Steuerausländer, NWB 2013, 4108; Ditz, Der „Authorised OECD Approach“ wird
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Levedag
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 1 § 2
Wirklichkeit, ISR 2013, 261; Ditz/Quilitzsch, Die Änderungen im AStG durch das AmtshilfeRLUmsG – Quo vadis Außensteuergesetz?, DStR 2013, 1917; Ebbinghaus/Hinz, Erträge und Aufwendungen nach Betriebsstättenliquidation, FR 2013, 974; Haisch/Helios, Steuerpflicht von Streubesitzdividenden in der Direkt- und Fondsanlage, DB 2013, 724; Haisch/Helios/Niedling, AmtshilfeRLUmsG: Änderungen im Finanzierungsbereich, DB 2013, 1444; Hechtner/Schnitger, Neuerungen zur Besteuerung von Streubesitzdividenden und Reaktion auf das EuGH-Urt. v. 20.10.2011 (Rs. C-284/09), Ubg 2013, 269; Herbort, Die Auswirkung des Authorized OECD Approach auf die Entstrickungsbesteuerung, FR 2013, 781; Herlinghaus, Rechtsfragen zur Steuerpflicht von Streubesitzdividenden gem. § 8b Abs. 4 KStG nF, FR 2013, 529; Hillebrand/Klamt/Migirov, Auswirkungen der Steuerpflicht von Streubesitzdividenden bei Beteiligungen über Investmentvermögen, DStR 2013, 1646; Kahle, Ausgewählte internationale Aspekte der steuerlichen Gewinnermittlung, StuB 2013, 759; Kahle/Schulz, Sachstand und Lösungsansätze zur Entwicklung einer G(K)KB, FR 2013, 49; Lüdicke, Zum BMF-Schr. v. 23.5.2012: Entlastungsberechtigung ausländischer Gesellschaften (§ 50d Abs. 3 EStG)/Entscheidung des EuGH zu Streubesitzdividenden vom 20.10.2011 (Rs. C-284/09), IStR 2013, 542; Mitschke, Grenzüberschreitende Sondervergütungen bei Personengesellschaften und gewerblich geprägte Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht nach dem AmtshilfeRLUmsG, FR 2013, 694; Müller, Anmerkung zum EuGH-Urt. v. 18.7.2013 (Rs. C-261/11, ISR 2013, 311) zur dänischen Entstrickungsbesteuerung, ISR 2013, 225; Naumann, Sollen Betriebsstätten wie Tochtergesellschaften besteuert werden?, DStjG 36 (2013), 253; Paintner, Das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften im Überblick, DStR 2013, 1629; Richter/Reeb, Zum Zusammenwirken ertragsteuerlicher Schachtelprivilegien bei Beteiligungsbesitz an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften, DStZ 2013, 702; Rust, Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote im Internationalen Steuerrecht, DStJG 36 (2013), 73; Schaumburg, Grenzüberschreitende Einkünftekorrektur bei Betriebsstätten, ISR 2013, 197; Scheffler/Köstler, Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung: Kompromissvorschlag zur G(K)KB führt zur Annäherung an das deutsche Steuerrecht, DStR 2013, 2190; Schmidt, Sondervergütungen im Abkommensrecht, DStR 2013, 1704; Staringer, Sollen Betriebsstätten wie Tochtergesellschaften besteuert werden?, DStJG 36 (2013), 261; Desens, Ist die neue Korrespondenzregel in der Mutter-Tochter-Richtlinie mit dem primären Unionsrecht vereinbar?, IStR 2014, 825; Dorfmüller, Die steuerliche Einordnung von Gesellschaften im Abkommensrecht, IStR 2014, 682; Helios/Klein, Steuerrechtliche Behandlung der Veräußerung von Dividendenansprüchen durch Steuerausländer – oder: Änderung von Steuergesetzen durch BMF-Schreiben?, FR 2014, 110; Hagemann/Kahlenberg: Sekundärrechtliche Reaktionen auf aggressive Steuerplanungsaktivitäten – Änderung der Mutter-Tochter-Richtlinie, IStR 2014, 840; Hummel/Knebel/ Born: Doppelbesteuerung und BEPS, IStR 2014, 832; Listl, Anmerkungen zum Entwurf der Änderung der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie vom 25.11.2013, IStR 2014, 448; Schönfeld, Steuerliche Ansässigkeit von Kapitalgesellschaften, IStR 2014, 693; Richter/Reeb, Zur Ausdehnung des materiellen Korrespondenzprinzips in § 8b Abs. 1 S. 2 KStG durch das AmtshilfeRLUmsG im Spannungsfeld von Europa- und Völkerrecht, IStR 2015, 40; W. Wassermeyer, Die Besteuerung ausländischer Familienstiftungen und Trusts aus deutscher Sicht, FR 2015, 149. Verwaltungsanweisungen: R 4 KStR 2004, BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 (UmwStE 2011); BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258.
A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand Zwei Gruppen von beschränkt KSt-Pflichtigen. § 2 KStG regelt die beschränkte Stpfl. bei Körperschaftsteuersubjekten und entspricht zum Teil der Regelung des § 1 Abs. 4 EStG, der die beschränkte Steuerpflicht der Einkommensteuersubjekte beinhaltet. Die Regelung ist in zwei Abschnitte unterteilt, die zwei unterschiedliche Gruppen von Stpfl. betreffen: –
§ 2 Nr. 1 KStG erfasst ausländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, mit ihren inländischen Einkünften. Er regelt den personalen Anknüpfungspunkt und den sachlichen Umfang der beschränkten Stpfl. von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen.
–
§ 2 Nr. 2 KStG erfasst die „sonstigen“ nicht unbeschränkt stpfl. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen mit deren in § 2 Nr. 2 Buchst. a bis c KStG aufgezählten, vollständig oder teilweise steuerabzugspflichtigen inländischen Einkünften.
Nach allgemeiner Ansicht existiert weder zwischen § 2 Nr. 1 KStG und § 1 KStG einerseits noch zwischen § 2 Nr. 1 KStG und § 2 Nr. 2 KStG andererseits im Hinblick auf die erfassten Rechtsgebilde ein Überschneidungsbereich.1 Dies ist zutr. (s. Rz. 5 f.):
1 Durch das Merkmal „sonstige“ in § 2 Nr. 2 KStG wird ein Überschneidungsbereich vermieden; vgl. zB Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 2 f.; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 1; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 1; Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 1; Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 1.
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1
§ 2 Rz. 1–2
Beschrnkte Steuerpflicht
–
§ 1 KStG erfasst zwar wie § 2 Nr. 1 KStG alle Körperschaften/rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Zweckvermögen, setzt aber deren Sitz oder Geschäftsleitung im Inland voraus; Letzteres darf nach § 2 Nr. 1 KStG kumulativ gerade nicht vorhanden sein.
–
§ 2 Nr. 1 und Nr. 2 KStG erfassen zwar gleichermaßen ausländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, durch das Merkmal „sonstige“ ist jedoch deutlich ersichtlich, dass die Regelungen unterschiedliche Anwendungsbereiche haben.
Zur Regelung in § 2 Nr. 2 KStG gibt es bei der Besteuerung der Einkommensteuersubjekte keinen Gegenpart. Betroffen von der Regelung sind in der Praxis inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, die außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art (Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) die in § 2 Nr. 2 Halbs. 1 oder 2 Buchst. a bis c KStG genannten Einkünfte erzielen, sowie steuerbefreite unbeschränkt stpfl. KSt-Subjekte gem. § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG.
II. Bedeutung und Telos der Regelung 2
Besteuerung von gebietsfremden KSt-Subjekten (Nr. 1). Da § 1 KStG nur unbeschränkt Stpfl. mit deren Welteinkommen erfasst, hat der Gesetzgeber in § 2 Nr. 1 KStG eine Rechtsgrundlage für die Besteuerung von beschränkt stpfl. Körperschaftsteuersubjekten geschaffen. Nach der Rspr. des BFH hat der Gesetzgeber für die Besteuerung von Gebietsfremden die maßgeblichen inländischen Anknüpfungspunkte in § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 49 EStG definiert und konnte dabei sowohl den persönlichen Status der ausländischen Körperschaften/ Personenvereinigungen/Vermögensmassen (ausländischer Sitz und Ort der Geschäftsleitung) als auch die im Inland entfaltete wirtschaftliche Betätigung (sog. Quellenprinzip in Form der Besteuerung der inländischen Einkünfte nach dem sog. Territorialitätsprinzip) in Bezug nehmen.1 Die Inbezugnahme der „inländischen Einkünfte“ iSd. § 49 EStG in § 2 Nr. 1 KStG hat damit eine Doppelfunktion, da die dort erfassten steuerbaren Einkünfte objektive Voraussetzung der Steuerpflicht sind und auch deren Umfang bestimmen.2 Die Anknüpfung des inländischen Besteuerungszugriffs auf Auslandssubjekte anhand der inländischen Einkünfte ist, da ein völkerrechtliches Verbot der Doppelbesteuerung nicht existiert (s. Rz. 10), völkerrechtlich zulässig, obwohl die betroffenen Körperschaften im Ansässigkeitsstaat regelmäßig mit ihrem Welteinkommen ebenfalls der Besteuerung unterliegen.3 Der Steuerzugriff auch auf beschränkt Stpfl. soll aus inländischer Sicht die Wettbewerbsgleichheit gegenüber Inländern auf dem inländischen Markt gewährleisten.4 Aus der Sicht eines ausländischen Investors (Kapitalimporteurs) begründet die mit der inländischen Besteuerung verbundene drohende Doppelbelastung des in Deutschland erwirtschafteten wirtschaftlichen Substrats im Grundsatz aber eine Wettbewerbsbeeinträchtigung gegenüber Inländern.5 Im Bereich des § 2 Nr. 1 KStG führt gerade die Besteuerung von Dividenden- und Zinszahlungen inländischer Gesellschaften im Wege des Quellensteuereinbehalts an beschränkt stpfl. Anteilseigner-Körperschaften im EU-Ausland und in Drittstaaten zur Doppelbesteuerung und -belastung, die über die DBA und das primäre sowie sekundäre Unionsrecht vermieden werden sollen (s. zur Besteuerung von Dividenden § 8b KStG Rz. 88 ff. mit weiteren Verweisen; zum Quellensteuereinbehalt im Verhältnis zum DBA und EU-Recht s. § 32 KStG Rz. 11 bis 12).6 Soweit eine in nationales Recht transformierte Richtlinienbestimmung der MTR7 oder der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie8 ein „Mehr“ an Rechten als ein DBA gewährt, geht die unmittelbar anwendbare Richtlinienbestimmung vor; im umgekehrten Fall kommt es darauf an, ob die Richtlinie einen Günstigkeitsvorbehalts zugunsten eines
1 BFH v. 10.4.2013 – I R 22/12, BStBl. II 2013, 728 (unter II.2.a) = FR 2013, 956 m. Anm. Klein/Jacob = ISR 2013, 349 m. Anm. Holthaus; v. 13.12.1961 – I 209/60 U, BStBl. III 1962, 85; v. 30.11.1966 – I 215/64, BStBl. III 1967, 400. 2 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 5. 3 Dremel in Schönfeld/Ditz, Art. 1 OECD-MA Rz. 8 mwN aus der Rspr.; Wassermeyer in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 9 ff. 4 Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 3; Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 3. 5 Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Systematik, Rz. 7. 6 Zum Begriff der Doppelbesteuerung und Doppelbelastung s. vertiefend Schönfeld/Häck in Schönfeld/ Ditz, Systematik, Rz. 1 bis 11; Wassermeyer in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 1, 5. 7 RL 90/435/EWG, ABl. EG 1990 Nr. L 225, 6; zuletzt geändert durch RL 2011/96/EU, ABl. EU 2011 Nr. L 345, 8 (MTR), s. Rz. 32. 8 RL 2003/49/EG, ABl. EU 2003 Nr. L 157, 49; zuletzt geändert durch RL 2006/98/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 363, 129, s. Rz. 36.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 2–3 § 2
weitergehenden DBA gewährt.1 Auf dieser Grundlage hat Deutschland als Quellenstaat den nationalen Besteuerungsanpruch zu beschränken oder aufzugeben. Besteuerung von Einkünften „sonstiger“ nicht unbeschränkt stpfl. KSt-Subjekte (Nr. 2). Wie in § 2 Nr. 1 KStG bezieht sich die Steuerpflicht nach § 2 Nr. 2 KStG grds. auf inländische Einkünfte iSv. § 49 EStG, die nicht schon nach § 2 Nr. 1 KStG stpfl. sein dürfen. Im Gegensatz zu Nr. 1 sind die inländischen Einkünfte nach der Nr. 2 der sonstigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen nur insoweit beschränkt stpfl., als sie ganz oder teilweise dem Steuerabzug unterliegen. Aus dem Umstand, dass die Einkünfte der ausländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Zweckvermögen im Regelfall schon vorrangig gem. § 2 Nr. 1 KStG beschränkt stpfl. sein werden, verbleibt für § 2 Nr. 2 KStG nur ein schmaler Anwendungsbereich. Die Regelung in § 2 Nr. 2 Halbs. 1 KStG betrifft in der Praxis im Wesentlichen die juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Einkünften, die außerhalb eines BgA im Bereich der Vermögensverwaltung (Kapitalvermögen) erzielt werden (s. Rz. 6; § 4 KStG Rz. 27; § 32 KStG Rz. 18).2 Ohne diese Erweiterung der Stpfl. in § 2 Nr. 2 Halbs. 1 KStG wären die Einkünfte, da sie nicht iRd. BgA zufließen, nicht steuerbar. Der für Rechnung der beschränkt stpfl. juristischen Person des öffentlichen Rechts vorgenommene Steuerabzug müsste ohne die beschränkte Stpfl. der juristischen Person des öffentlichen Rechts in § 2 Nr. 1 Halbs. 1 KStG von vornherein entfallen oder die einbehaltene Steuer wäre zu erstatten.3 Die Regelung in § 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG zielt auf Einkünfte ab, die eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Verleiherin im Rahmen kommunaler Wertpapierleih- und -pensionsgeschäfte erzielt, erfasst aber nach ihrem Wortlaut alle beschränkt stpfl. „sonstigen“ Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Grund für die genannten Gestaltungen im Bereich der kommunalen Wertpapierleih- und -pensionsgeschäfte war, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen (zumeist Beteiligungserträge) der KSt-Subjekte iSd. Nr. 2 wegen der abgeltenden Wirkung der von der ausschüttenden Kapitalgesellschaft einzubehaltenden KapESt (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG iVm. § 44a Abs. 8 EStG) sowie wegen der insoweit bestehenden beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Nr. 2 KStG aF einer definitiven Steuerbelastung unterworfen waren, die nach § 43a Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 44 Abs. 7 EStG aF lediglich um die Hälfte gemindert werden konnte. Die Praxis versuchte, diese Belastung zu mindern oder zu umgehen. Die Änderungen in Nr. 2 Halbs. 2 seit dem UntStRefG 20084 sollen derartige Gestaltungen verhindern.5 Nach der Grundidee der kommunalen Wertpapierleih- und -pensionsgeschäfte übertrugen inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts Beteiligungen, die dem Bereich der Vermögensverwaltung (und nicht dem BV eines Betriebs gewerblicher Art [§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG])6 zuzurechnen waren, iRd. Wertpapierleihe oder vergleichbarer Rechtsgeschäfte zum Dividendenstichtag gegen eine Leihgebühr und eine Kompensationszahlung auf einen kstpfl. Empfänger als Entleiher, der die Dividenden aus den geliehenen Wertpapieren vereinnahmen und die anfallende Leihgebühr/Kompensationszahlung als Betriebsausgabe abziehen konnte. Die Dividenden aus den verliehenen Kapitalgesellschaftsbeteiligungen waren (und sind unter den Einschränkungen von § 8b Abs. 4 KStG nF und § 8 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 1 GewStG weiter) beim Entleiher nach § 8b Abs. 1 iVm. Abs. 5 KStG zu 95 % steuerfrei, während der Entleiher die Vergütungen für die „Wertpapierleihe“ als BA abziehen konnte und auch weiterhin abziehen kann. Letzteres folgt aus § 8b Abs. 10 Satz 10 KStG, der auf Ebene des Entleihers bestimmt, dass in den Fällen der kommunalen Wertpapierleihe § 8b Abs. 10 Satz 1 bis 8 KStG nicht zur Anwendung kommt (s. § 8b KStG Rz. 630): Da die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihren vereinnahmten Entgelten im Inland dem KapESt-Abzug nach § 32 Abs. 3 KStG unterliegt (s. sogleich unten), darf der Entleiher im Gegenzug die geleisteten Entgelte unter Beachtung des § 8b Abs. 3 und 5 als BA abziehen (s. zum Ganzen ausführlich § 8b KStG Rz. 598 ff., 617 und 630; § 32 KStG Rz. 26).7
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Schwenke in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 145. Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 9. Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 5. BGBl. I 2007, 1912. Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 74. Auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die einen oder mehrere Betriebe gewerblicher Art unterhält, kann also außerhalb ihrer Betriebe gewerblicher Art beschränkt stpfl. Einkünfte nach § 2 Nr. 2 KStG erzielen, vgl. Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 208. 7 Schnitger/Bildstein in Schnitger/Fehrenbacher, § 8b KStG Rz. 841; Dötsch/Pung in D/P/M, § 8b KStG Rz. 338.
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§ 2 Rz. 3–5
Beschrnkte Steuerpflicht
§ 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG setzt iRd. Gestaltung auf Ebene der juristischen Person des öffentlichen Rechts an. Da die Leihgebühr/Kompensationszahlung nicht unter die in § 2 Nr. 1 Halbs. 1 KStG abzugspflichtigen und beschränkt stpfl. Kapitaleinkünfte der juristischen Person des öffentlichen Rechts gefallen wäre, hat der Gesetzgeber für diese eine beschränkte KSt-Pflicht normiert.1 Das vom Entleiher an die juristische Person des öffentlichen Rechts gezahlte stpfl. Entgelt wird beim Entleiher dem Steuerabzug (§ 32 Abs. 3 KStG) unterworfen (s. im Einzelnen § 32 KStG Rz. 29).2 4
Objektsteuercharakter der Besteuerung inländischer Einkünfte. Für beide Gruppen der in § 2 Nr. 1 und 2 KStG erfassten beschränkt Stpfl. hat die Steuerpflicht Objektsteuercharakter, da sie nur besteht, wenn die inländischen Einkünfte gem. §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 und 2 KStG iVm. § 49 EStG oder die steuerabzugspflichtigen inländischen Einkünfte gem. § 2 Nr. 2 Halbs. 1 oder 2 Buchst. a bis c KStG im betrachteten VZ erzielt werden.3 Beide Arten der beschränkten Stpfl. gem. § 2 Nr. 1 und Nr. 2 KStG tragen objektartige Züge.4 Ohne die Stpfl. der inländischen Einkünfte in § 2 Nr. 1 KStG oder der in § 2 Nr. 2 KStG erfassten Einkünfte könnten die jeweiligen Empfänger-Körperschaften die Erstattung einbehaltener Abzugsteuern für die nicht steuerbaren Einkünfte verlangen.5 Trotz der Anknüpfung an „inländische Einkünfte“ sowohl in Nr. 1 als auch in Nr. 2 ist der Inhalt dieses Merkmals für die beiden Formen der beschränkten KSt-Pflicht unterschiedlich (s. Rz. 2 und 3). Die beschränkte Stpfl. gem. § 2 Nr. 1 KStG findet eine Entsprechung in § 1 Abs. 4 iVm. § 49 Abs. 1 EStG; eine der Stpfl. iSd. § 2 Nr. 2 KStG entsprechende Stpfl. existiert für natürliche Personen iRd. EStG nicht.
III. Geltungsbereich der Nr. 1 und der Nr. 2 1. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich der Nr. 1 5
Persönlicher Geltungsbereich. Die Regelung betrifft sämtliche Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben und damit nicht nach § 1 Abs. 1 KStG unbeschränkt kstpfl. sind. Eine dem § 1 Abs. 1 KStG entsprechende Aufzählung fehlt in § 2 Nr. 1 KStG. Der Kreis der erfassten Steuersubjekte ist damit weiter als in § 1 KStG, sodass ua. alle ausländischen juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts sowie die ausländischen nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen beschränkt kstpfl. sein können.6 Beschränkt stpfl. nicht rechtsfähige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (insbesondere auch Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen), deren inländische Einkünfte nicht auf Ebene der Körperschaft, sondern unmittelbar bei einem anderen (dahinter stehenden) Stpfl. zu versteuern sind (§ 3 Abs. 1 KStG), sind vom persönlichen Geltungsbereich des § 2 KStG ausgeschlossen (s. § 3 KStG Rz. 10). Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften sowie ähnliche Realgemeinden müssen hingegen nach § 1 KStG unbeschränkt kstpfl. sein (§ 3 Abs. 2 KStG), sodass keine Überschneidung mit § 2 Nr. 1 KStG besteht (s. § 3 KStG Rz. 11).7 Zum erforderlichen Rechtstypenvergleich bei der Einordnung ausländischer Rechtsgebilde als Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen iSd. Nr. 1 s. Rz. 60. Sachlicher Geltungsbereich. Die beschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Nr. 1 KStG umfasst die „inländischen Einkünfte“. Aufgrund der in § 8 Abs. 1 KStG enthaltenen Verweisung entspricht dies dem Katalog der inländischen Einkünfte iSd. § 49 Abs. 1 und 2 EStG (s. hierzu Rz. 65 ff.; § 8 KStG Rz. 24 und 27). Beschränkt stpfl. Körperschaften werden aber von der 1 BT-Drucks. 16/4841, 74 f. 2 S. Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 221 f. Die vergleichbare Situation, dass ein nicht unter § 2 Nr. 2 KStG fallender Verleiher, dem die Dividendenbefreiung gem. § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 8b Abs. 7 oder 8 KStG nicht zusteht, Aktien an einen Empfänger verleiht, dem die Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 1 KStG zusteht, ist in § 8b Abs. 10 KStG geregelt; vgl. dazu § 8b KStG Rz. 598 ff. 3 Allgemeine Meinung, vgl. Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 3; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 70; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 2; Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 14; Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 4; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 4, 10–12; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 2 KStG Rz. 6, 14. 4 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 2. 5 Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 5. 6 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 7; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 5; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2011, Rz. 6.14; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 2 KStG Rz. 21. 7 S. ergänzend Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 9; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 5; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 7 f.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 5–6 § 2
Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG nicht erfasst und können somit iRd. kstpfl. Einkommens dem Grunde nach Einkünfte aus allen Einkunftsarten des EStG erzielen (s. § 8 KStG Rz. 34, 92). Allerdings können die in § 2 Nr. 1 KStG genannten KSt-Subjekte nach allgemeiner Auffassung ihrem Wesen nach nicht eine Tätigkeit ausüben, die zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG), aus nicht selbstständiger Arbeit (§ 19 EStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG), aus Versorgungsbezügen iSd. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG (§ 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG), aus Abgeordnetenbezügen (§ 22 Nr. 4 iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 8a EStG) oder gem. § 49 Abs. 1 Nr. 10 EStG führt.1 Zeitlicher Geltungsbereich. Die Grundnorm des § 2 Nr. 1 KStG gilt nahezu unverändert (zur Rechtsentwicklung s. Rz. 53) für die nach dem 1.1.1977 beginnenden Veranlagungszeiträume (§ 54 Abs. 1 KStG 1977). Allerdings wirken sich Änderungen im Katalog der inländischen Einkünfte iSv. § 49 EStG jeweils auch auf den Umfang der beschr. Stpfl. aus, sodass der zeitliche Geltungsbereich der hierfür maßgeblichen Normen für § 2 Nr. 1 KStG von Bedeutung ist.2 2. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich der Nr. 2 Persönlicher Geltungsbereich. „Sonstige“ KSt-Subjekte iSd. § 2 Nr. 2 KStG können nach allgemeiner Meinung keine KSt-Subjekte iSd. § 2 Nr. 1 KStG sein. Inländische KSt-Subjekte sind von § 1 Abs. 1 KStG abgedeckt, wobei juristische Personen des öffentlichen Rechts, die einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten, gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 iVm. § 4 KStG auch der unbeschränkten Stpfl. unterfallen. Damit verbleiben in der Praxis als „sonstige“ KSt-Subjekte iSd. Nr. 2 Halbs. 1 inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, die außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art inländische Einkünfte aus ihrem Verwaltungsvermögen erzielen, wenn diese Einkünfte ganz oder teilweise dem inländischen Steuerabzug unterliegen (§ 4 KStG Rz. 27; § 32 KStG Rz. 18).3 Juristische Personen des öffentlichen Rechts können somit hinsichtlich der inländischen Einkünfte sowohl einer unbeschränkten (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) als auch einer beschränkten Stpfl. (§ 2 Nr. 2 KStG) unterliegen. § 2 Nr. 2 KStG gilt nach § 3 Abs. 2 KStG nicht für Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden (R 4 Abs. 2 KStR 2004). Schließlich sind steuerbefreite Körperschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland iSd. § 5 Abs. 1 KStG keine beschränkt Stpfl. iSd. § 2 Nr. 2 KStG. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG sind beschränkt stpfl. Körperschaften von der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 KStG ausgeschlossen. § 5 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 2 Nr. 2 KStG normiert somit für unbeschränkt stpfl. Körperschaften iSd. § 1 KStG eine partielle (unbeschränkte) Stpfl. für deren inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen (s. § 5 KStG Rz. 641 f.).4 Sachlicher Anwendungsbereich. Der Steuerpflicht gem. § 2 Nr. 2 KStG unterfallen „inländische Einkünfte“ iSd. Norm. Der Katalog des § 49 EStG ist indes an dieser Stelle ohne Bedeutung. Unter die in § 2 Nr. 2 KStG erfassten „inländischen Einkünfte“ fallen in der Praxis nur solche Einkünfte aus dem Verwaltungsvermögen (Kapitalvermögen), die nicht vorrangig den iRd. unbeschränkten Stpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG in einem BgA erzielten Gewinneinkünften einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zuzuordnen sind (s. vertiefend Rz. 3 und § 4 KStG Rz. 27).5 Die zur Stpfl. nach § 2 Nr. 2 Halbs. 1 KStG führenden inländischen Einkünfte unterliegen (vollständig oder zumindest teilweise) dem Steuerabzug gem. §§ 43, 48 oder 50a EStG; für die beschränkte Stpfl. der Wertpapiergeschäfte iSd. Nr. 2 Halbs. 2 ergibt sich der Steuerabzug aus § 32 Abs. 3 KStG (s. § 32 KStG Rz. 8 ff., 18, 26 ff.).6 Das Merkmal der „inländischen Einkünfte“ ist iRd. Nr. 1 und Nr. 2 somit inhaltlich unterschiedlich zu bestimmen.7 Zeitlicher Anwendungsbereich. § 2 Nr. 2 KStG galt zunächst wie § 2 Nr. 1 KStG ab dem 1.1.1977, allerdings mit dem Inhalt, dass „inländische Einkünfte“ nur solche waren, „von de1 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 15, auch zu Sachverhalten, in denen solche von natürlichen Personen erzielten Einkünfte einer ausländischen Körperschaft zufließen, und zum Erfordernis einer Gewinn- oder Überschusserzielungsabsicht der ausländischen Körperschaft; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 25, 29. 2 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 7. 3 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 205; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 32. 4 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 208; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 36; Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 13. 5 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 208. 6 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 210; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 6. 7 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 6; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 36.
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§ 2 Rz. 6–7
Beschrnkte Steuerpflicht
nen ein Steuerabzug“ vorzunehmen war. Mit Wirkung ab dem VZ 2004 (vgl. § 34 Abs. 2a KStG idF des StÄndG 20031) wurde durch das StÄndG 2003 der Tatbestand redaktionell geändert, sodass „inländische Einkünfte“ iSd. Norm seither solche waren, die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterlagen. Diese Fassung der Regelung war bis zum 17.8.2007 anzuwenden. Mit Wirkung vom 18.8.2007 führte der Gesetzgeber im UntStRefG 20082 für Entgelte aus den in Halbs. 2 genannten Wertpapiergeschäften, die nach dem 17.8.2007 zufließen, eine beschränkte Steuerpflicht ein (§ 34 Abs. 2a KStG idF des UntStRefG). Damit werden auch zivilrechtl. Vereinbarungen erfasst, die zwar vor der Verkündung geschlossen worden sind, bei denen die Entgelte aber erst nach dem 17.8.2007 zufließen. Die Verfassungsmäßigkeit dieser rückwirkenden Regelung ist streitig.3 Zu dieser Frage siehe auch die Diskussion zur Einführung des § 8b Abs. 10 KStG idF des UntStRefG, der nach § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG ebenfalls erstmals ab dem VZ 2007 anzuwenden und auf § 2 Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. c KStG Bezug nimmt (s. § 8b KStG Rz. 32 mwN und § 34 KStG Rz. 105 f.) Das Niedersächsische FG hat die Rückwirkung der Regelung gem. § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG zur Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG idF des UntStRefG uE zutreffend als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft.4
IV. Verhältnis der Nr. 1 zu anderen Vorschriften 1. Verhältnis zum KStG 7
§ 1 KStG. Zwischen unbeschränkt stpfl. KSt-Subjekten und beschränkt stpfl. KSt-Subjekten iSd. § 2 Nr. 1 KStG kann es nicht zu Überschneidungen kommen, da für Erstere der Sitz oder Ort der Geschäftsleitung im Inland liegen muss und dies bei beschränkt stpfl. KStSubjekten gem. § 2 Nr. 1 KStG gerade nicht der Fall sein darf (Rz. 1). § 3 KStG. Die Zurechnung der inländischen Einkünfte gem. § 3 KStG bei einem hinter dem ausländischen Rechtsgebilde stehenden Rechtsträger schließt die beschränkte KStPflicht aus (s. Rz. 58 ff. und § 3 KStG Rz. 20). § 5 KStG. Die Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 KStG ist kraft Gesetzes für beschränkt stpfl. KSt-Subjekte iSd. § 2 Nr. 1 KStG ausgeschlossen (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG), jedoch sieht § 5 Abs. 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG seit dem JStG 2009 eine Rückausnahme für bestimmte EU-/ EWR-Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen iSv. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG vor, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (vgl. hierzu § 5 KStG Rz. 644 f.).5 § 5 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 KStG steht iVm. § 8b Abs. 10 Satz 2 KStG und § 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG (s. § 5 KStG Rz. 641):6 Bei von der KSt befreiten Steuersubjekten iSv. § 5 Abs. 1 KStG ging es bei früheren Gestaltungsmodellen – wie bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts – um die Vermeidung einer definitiven Steuerbelastung, die aus der partiellen Stpfl. iSv. § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG aF für steuerabzugspflichtige Beteiligungserträge iZm. der abgeltenden Wirkung des Steuerabzugs (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG iVm. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 43a Abs. 1 Nr. 1, 44a Abs. 8 EStG) resultierte. Wie bei den inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wurde dies im Wege bestimmter Gestaltungen durch eine Umwandlung der steuerabzugspflichtigen Beteiligungserträge in nicht steuerabzugspflichtige Einkünfte erreicht. Durch § 5 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 KStG iVm. § 32 Abs. 3 Satz 1 KStG, der in Halbs. 2 auf die inländischen Einkünfte nach § 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG verweist, sollen diese Gestaltungen durch eine Ausweitung des Steuerabzugs vermieden werden (Rz. 3, 6). §§ 7, 8 KStG. Das zu versteuernde Einkommen für beschränkt stpfl. KSt-Subjekte iSd. § 2 Nr. 1 KStG ist aus den steuerbaren inländischen Einkünften gem. § 7 Abs. 1 und 2 iVm. § 8 Abs. 1 und 2 KStG zu ermitteln (s. § 8 KStG Rz. 24, 27, 34 und 92). Körperschaften, die nicht zur KSt zu veranlagen sind, weil bei ihnen die Steuer nach § 32 Abs. 1 KStG durch Steuer-
1 G v. 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2645. 2 BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630. 3 Die Verfassungsmäßigkeit uE zutr. bejahend Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 7 mwN; zur Gegenauffassung s. Kraft/Edelmann, FR 2012, 889; Schlotter in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 610 ff.; zweifelnd Hahne, FR 2007, 819 (828) und Roser, Ubg 2008, 89 (95). 4 FG Nds. 6.7.2011 – 6 K 119/09, EFG 2012, 441 (rkr.). 5 Zum Spendenabzug an eine Empfänger-Körperschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU s. BFH v. 17.9.2013 – I R 16/12, BStBl. II 2014, 440; bei Zuwendungen an eine im EU-/EWR-Ausland ansässige Stiftung s. BFH v. 21.1.2015 – X R 7/13, DStR 2015, 989. 6 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 115; Sauter/Altrichter-Herzberg in Erle/Sauter3, § 2 KStG Rz. 43.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 7–10 § 2
abzug an der Quelle mit Abgeltungswirkung erhoben wird, werden allerdings nicht von § 7 KStG erfasst (s. § 7 KStG Rz. 3).1 §§ 31, 32 KStG. Die KSt für Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, ist gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den Steuerabzug abgegolten, wenn der Bezieher der Einkünfte beschränkt stpfl. ist und die Einkünfte nicht in einem inländischen gewerblichen oder landoder forstwirtschaftlichen Betrieb angefallen sind. Zur Erhebung der KapESt trotz Geltung des § 8b Abs. 1 KStG iRd. Einkommensermittlung auch bei beschränkt stpfl. Körperschaften s. § 8b KStG Rz. 63 f. Siehe im Übrigen § 32 KStG Rz. 5, 8 und 17 f. 2. Verhältnis der Nr. 1 zum Verfassungsrecht Ausländische juristische Personen sind nur bedingt Grundrechtsträger. Grundrechte gelten gem. Art. 19 Abs. 3 GG grds. nur für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Ausländische juristische Personen sind nach der Rspr. des BVerfG2 und des BFH3 grds. nicht Grundrechtsträger. Eine Geltung der Grundrechte ist aber aufgrund der durch die europäischen Verträge übernommenen Verpflichtungen, wie sie sich insbesondere aus den Grundfreiheiten und subsidiär dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV ergeben, für juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geboten.4 Dies dürfte indessen für Zwecke der Besteuerung wegen des Gewährleistungskatalogs der Grundfreiheiten nicht von allzu großer praktischer Bedeutung sein. Der Ausschluss ausländischer juristischer Personen vom Grundrechtsschutz erfasst nach den vorgenannten Entscheidungen des BFH auch das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG, sodass die objekthafte Besteuerung beschränkt stpfl. Steuerausländer nicht im Hinblick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip gerügt werden kann. Gleiches gilt für eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG, in dessen Schutzbereich nach der jüngeren Rspr. des BVerfG5 durch eine Steuerzahlung grds. eingegriffen wird. Hieraus wird abgeleitet, es könne von EU-Gesellschaften im Einzelfall ein verfassungsrechtlich fundierter Anspruch auf Billigkeitserlass beansprucht werden, wenn wesentliche Härten vorliegen, die sich aus dem System der beschränkten Besteuerung ergeben, diese Belastung durch Deutschland als Mitgliedstaat verursacht wird und erdrosselnde Wirkung erreicht.6 Nach allgemeiner Auffassung gelten hingegen die Justizgrundrechte der Art. 17, 19 Abs. 4, 101 Abs. 1 und 103 Abs. 1 GG für alle ausländischen juristischen Personen.7
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Treaty override nicht als Verfassungsverstoß rügbar. Demzufolge können sich ausländische Körperschaftsteuersubjekte aus Nicht-EU- und EWR-Staaten, die keine Grundrechtsträger sein können, auch nicht auf die neuere Rspr. des BFH8 zur Verfassungswidrigkeit des treaty override (vgl. Rz. 11) stützen, wenn das BVerfG hierin einen Verfassungsverstoß erkennen sollte. Denn der BFH verortet die hieraus abgeleitete subjektive Rechtsverletzung als Verstoß gegen das in Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegte Grundrecht auf Einhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung und des sog. Gesetzesvorbehalts sowie als Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
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3. Verhältnis der Nr. 1 zum Völkerrecht Besteuerung beschränkt Stpfl. nach dem Territorialitätsprinzip völkerrechtlich anerkannt. Nach allgemeiner Meinung steht das Völkerrecht der Besteuerung beschränkt Stpfl. mit ihren inländischen Einkünften neben der Besteuerung durch den Ansässigkeitsstaat nicht entgegen, wenn der Quellenstaat ein völkerrechtlich akzeptiertes Anknüpfungsmerkmal in Form der im Inland erzielten Einkünfte oder der im Inland belegenen Vermögenswerte wählt, denn die allgemeinen Regeln des Völkerrechts enthalten lediglich ein Verbot, iRd. Territoria1 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 7; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Anm. 4; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 13; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 1; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 4. 2 BVerfG v. 1.3.1967 – 1 BvR 46/66, BVerfGE 21, 207; s. auch Sauter/Altrichter-Herzberg in Erle/Sauter3, § 2 KStG Rz. 39; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 11; Rust, DStJG 36 (2013), 73. 3 BFH v. 24.1.2001 – I R 81/99, BStBl. II 2001, 290 = FR 2001, 554; v. 19.12.2012 – I R 73/11, BStBl. II 2013, 392 = FR 2013, 1012 = GmbHR 2013, 497 = ISR 2013, 191 m. Anm. Oellerich. 4 BVerfG v. 19.7.2011 – 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78. 5 BVerfG v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 = FR 2006, 635 m. Anm. Kanzler. 6 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 11 mit Hinweis auf BFH v. 4.2.1987 – I R 252/83, BStBl. II 1987, 682 = FR 1987, 265 = GmbHR 1987, 246; v. 20.4.1988 – I R 219/82, BStBl. II 1990, 701 = FR 1988, 559; BVerfG v. 24.9.1965 – 1 BvR 228/65, BVerfGE 19, 119 (128 f.). 7 BVerfG v. 8.11.1960 – 2 BvR 177/60, JZ 1961, 8; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 11. 8 BFH v. 10.1.2012 – I R 66/09, FR 2012, 819 m. Anm. Hagena/Wagner = DStR 2012, 949 (BVerfG 2 BvL 1/12); v. 20.8.2014 – I R 86/13, BStBl. II 2015, 18.
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§ 2 Rz. 10–12
Beschrnkte Steuerpflicht
litätsprinzips die Stpfl. ohne jegliche räumliche oder persönliche Schranke auszudehnen.1 Das BVerfG hat mit Beschl. v. 14.5.19682 zur Erhebung der Abgabe gem. § 17 Lastenausgleichsgesetz entschieden, dass ein Steuerausländer nach den Maßstäben des Völkerrechts mit seinem im Inland belegenen Grundvermögen zur Steuerpflicht herangezogen werden könne, wobei im Mittelpunkt der Entscheidung die Frage stand, ob dies auch dann möglich sei, wenn die Abgabe der Minderung selbst verschuldeter Kriegslasten diene. Die in § 49 Abs. 1 EStG normierten und gem. § 2 Nr. 1 iVm. § 8 Abs. 1 und 2 KStG für die beschränkte KSt-Pflicht erheblichen Anknüpfungspunkte der Besteuerung halten sich innerhalb der völkerrechtlich zulässigen Grenzen.3 11
DBA und andere Abkommen zur Verteilung des Besteuerungssubstrats. Die DBA dienen als besondere völkerrechtliche Vereinbarungen der Vermeidung von Besteuerungskonflikten zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat. Sie werden in Deutschland nicht unmittelbar, sondern nach Maßgabe von Art. 59 Abs. 2 GG mittelbar in der Form des jeweiligen Zustimmungsgesetzes, durch welches das Abkommen innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erhält, angewandt. Art. 25 GG ist insoweit nicht angesprochen, weil Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören und auch nicht unter Art. 79 Abs. 1 GG fallen.4 Neben den DBA existieren mittlerweile Assoziierungsabkommen der EU mit Nicht-EU-Staaten wie das Freizügigkeits-5 und Zinsbesteuerungsabkommen6 mit der Schweiz und das EWR-Abkommen, welche über einen Katalog von Grundfreiheiten und Kollisionsnormen verfügen und DBA-Bestimmungen überlagern können.7 Zum Verhältnis zu den DBA s. Rz. 12 ff. 4. Verhältnis zu den DBA a) Nationaler Besteuerungsanspruch
12 § 2 Nr. 1 KStG iVm. § 49 EStG definiert nur den nationalen Besteuerungsanspruch. § 2 Nr. 1 KStG ist Rechtsgrundlage des innerstaatlichen Besteuerungsanspruchs, wenn Deutschland Quellenstaat ist und der Besteuerungsanspruch für beschränkt stpfl. Körperschaftsteuersubjekte nach Maßgabe der §§ 31, 32 KStG im Wege der Veranlagung oder des Steuerabzugs durchgesetzt wird. Die DBA enthalten nach allgemeiner Meinung nur Verteilungsnormen, welche keine innerstaatlichen Steueransprüche definieren, sondern solche voraussetzen; sie stellen aus Sicht des deutschen Rechtsanwenders weitere Voraussetzungen auf, um abschließend beurteilen zu können, ob im Verhältnis zum Ansässigkeitsstaat des beschränkt stpfl. KSt-Subjekts ein durchsetzbarer innerstaatlicher Besteuerungsanspruch besteht.8 In der Regel ist demnach zuerst die Frage der inländischen Steuerpflicht auf Grundlage der § 2 Nr. 1 iVm. § 8 Abs. 1 und 2 KStG, § 49 Abs. 1 EStG zu prüfen. Stellt sich heraus, dass die zu beurteilenden Einkünfte in dem streitigen Veranlagungszeitraum schon nach inländischem Steuerrecht nicht der Steuerpflicht unterliegen, braucht auf die Anwendung eines DBA nicht mehr eingegangen zu werden.9 Mithin ist beim Steuerabzug die Frage der inländischen Steuerpflicht von Kapitalerträgen unabhängig davon zu prüfen, ob eine Freistellung von der KapESt nach dem maßgeblichen DBA in Betracht kommt.10 Anders gewendet ist die Besteuerung im Inland ausgeschlossen, wenn das DBA Deutschland als Quellenstaat zwar ein
1 BFH v. 18.12.1963 – I 230/61 S, BStBl. III 1964, 253; aus dem Schrifttum Lehner in FS Wassermeyer, 241 (244, 247); Wassermeyer, DStJG 8 (1985), 49 (53 f.); Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Systematik, Rz. 4 und 8 mwN; Schaumburg3, Rz. 5.105; Roth in H/H/R, § 49 EStG Anm. 12. 2 BVerfG v. 14.5.1968 – 2 BvR 544/63, BStBl. II 1968, 363 (im Nachgang zu BFH v. 26.4.1963 – 237/58 U, BStBl. III 1963, 413); zur völkerrechtlichen Zulässigkeit der Vollstreckungshilfe in Zollsachen s. BVerfG v. 22.3.1983 – 2 BvR 475/78, NJW 1983, 2757, und in Steuersachen Albrecht, The Taxation of Aliens under International Law (1952), 29 British Yearbook of International Law, 145; Albrecht, The Enforcement of Taxation under International Law (1954), 30 British Yearbook of International Law, 454. 3 Schaumburg3, Rz. 5.105. 4 BFH v. 10.1.2012 – I R 66/09, FR 2012, 819 m. Anm. Hagena/Wagner = DStR 2012, 949 zur völkerrechtlichen Einordnung der DBA und des treaty override (BVerfG 2 BvL 1/12); v. 11.12.2013 – I R 4/13, BFH/ NV 2014, 614 = GmbHR 2014, 323 (BVerfG 2 BvL 15/14); Wassermeyer in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECDMA Rz. 9–11. 5 V. 1.6.2002, ABl. EG 2002 Nr. L 114, 6. 6 V. 29.12.2004 (in Kraft getreten am 1.1.2005), ABl. EG 2004 Nr. L 385, 30. 7 S. den Überblick bei Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Systematik, Rz. 141 bis 145. 8 S. Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 6; Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Systematik, Rz. 22–25 mwN; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, OECD-MA, Art. 23 A Rz. 2, 6; Schaumburg3, Rz. 16.36. 9 BFH v. 12.10.1978 – I R 69/75, BStBl. II 1979, 64. 10 BFH v. 19.12.1984 – I R 31/82, BFHE 143, 416 = FR 1985, 386.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 12–14 § 2
(vollständiges oder partielles) Besteuerungsrecht zuweist, der Gesetzgeber hiervon aber im nationalen Recht nach dem Katalog des § 49 EStG keinen Gebrauch macht.1 b) DBA-Abkommensberechtigung ausländischer Rechtsgebilde aus deutscher Sicht OECD-MA 2010. Persönlich abkommensberechtigt nach einem DBA sind – bei DBA, die, wie in der deutschen Rechtspraxis üblich (siehe Art. 1 DE-VG)2, auf dem OECD-MA aufbauen3 – „Personen“ eines Vertragsstaats, die in einem oder in beiden Vertragsstaaten gem. Art. 4 ansässig sind (Art. 1 OECD-MA). Zu diesen Personen zählen „Gesellschaften“ iSd. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA. Unter die „Gesellschaften“ fallen gem. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b OECDMA juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. g Doppelbuchst. ii OECD-MA gehört eine juristische Person, Personengesellschaft oder andere Personenvereinigung zu einem Vertragsstaat, wenn sie nach dessen Recht errichtet worden ist. Die Ansässigkeit einer „Person“ nach Art. 1 wird – für andere als natürliche Personen – durch Art. 4 Abs. 1 OECD-MA dahingehend definiert, dass eine solche Person nach dem Recht eines Vertragsstaats aufgrund des Orts ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals stpfl. ist. Bei Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten ist die Ansässigkeit für Zwecke des DBA (nicht des nationalen Rechts) bei anderen als natürlichen Personen nach der sog. Tie-Breaker-Rule gem. Art. 4 Abs. 3 OECD-MA zu bestimmen. Die von beschränkt Stpfl. zu entrichtende Körperschaft- und Gewerbesteuer (auf der Grundlage eines Steuerbescheids oder im Wege des abgeltenden Steuerabzugs) fällt unter Art. 2 OECD-MA. Zudem knüpfen die DBA-Verteilungsnormen und die Methodenartikel daran an, dass Einkünfte von einer „Person des anderen Vertragsstaats“ erzielt werden und diese „Person“ eine Quellensteuerreduktion oder die Anrechnung ausländischer Steuer bzw. die Freistellung von Einkünften beansprucht.
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Prüfung der Einordnung ausländischer Rechtsgebilde als „im anderen Vertragsstaat an- 14 sässige Person“ für DBA-Zwecke. Bei der Rechtsanwendung ist zu beachten, dass die DBA eine autonome Begriffswelt enthalten. Dies ist für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale „Gesellschaft“ und „Ansässigkeit“ von Bedeutung. Nach dem gegenwärtigen Stand der Rspr. gilt zur Einordnung ausländischer Rechtsgebilde uE Folgendes: –
Auslegung des Merkmals „Gesellschaft“ iSd. Art. 3 Abs. 1 OECD-MA. Es war zunächst nicht abschließend geklärt, ob für den Fall, dass Deutschland Quellenstaat ist und sich ein ausländisches Rechtsgebilde als „im anderen Vertragsstaat ansässige Gesellschaft (Person)“ auf eine abkommensrechtliche Begünstigung beruft, dies nach dem Recht im Rechtsanwenderstaat (vorliegend Deutschland) oder nach dem Recht des anderen Vertragsstaates zu beurteilen ist. Das OECD-MA enthält keine weitergehenden Definitionen, was eine „juristische Person“ oder ein „wie eine juristische Person besteuerter Rechtsträger“ ist, sodass diese Merkmale zunächst aus dem Abkommen heraus und erst auf der zweiten Stufe unter Heranziehung des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA) auszulegen sind. Der BFH hatte zum DBA USA geurteilt, für die Frage der Einordnung und Abkommensberechtigung eines ausländischen Rechtsgebildes als „juristische Person“ oder eines „wie eine juristische Person besteuerten Rechtsträgers“ sei für die deutsche Rechtsanwendung im Ergebnis das deutsche Recht maßgeblich.4 Dann
1 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 28. 2 Deutsche Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen (DE-VG), Stand August 2013, veröffentlicht in Schönfeld/Ditz, Anh. 4. 3 Am 18.4.2013 wurde der Öffentlichkeit ein am OECD-MA orientiertes „Deutsches Muster-DBA“ vorgestellt, das die deutsche Verhandlungsgrundlage (DE-VG) für zukünftig abzuschließende und neu zu verhandelnde DBA bildet; vgl. dazu Schönfeld/Ditz, Anh. 4. 4 BFH v. 20.8.2008 – I R 34/08, BStBl. II 2009, 263 = FR 2009, 299 = GmbHR 2009, 101, dazu Heger, jurisPRSteuerR 1/2009 Anm. 3; v. 20.8.2008 – I R 39/07, BStBl. II 2009, 234 mit Anm. Lieber, jurisPR-SteuerR 4/2009 Anm. 1; v. 26.6.2013 – I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/ Nagler. Die vorgehenden Entscheidungen betreffen die sog. S-Corporation, die sich aufgrund eines Wahlrechts in den USA unter dem alten DBA USA 1989 als transparent behandeln lassen kann. Die Maßgeblichkeit Deutschlands als Rechtsanwenderstaat hat der BFH mit Urt. v. 26.6.2013 (I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/Nagler) bestätigt. Zum DBA USA 2007 hatte das FG Köln mit Urt. v. 24.4.2012 (2 K 3928/09, ISR 2012, 15 m. Anm. Oellerich = GmbHR 2012, 1026 m. Anm. Stenger/Faller) entschieden, die S-Corporation sei nicht mehr „ansässige Person“ iSd. DBA und könne sich als solche nicht auf das Schachtelprivileg des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA USA 2002 stützen. Dem ist der BFH nunmehr mit Urt. v. 26.6.2013 (I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/Nagler) iErg. entgegengetreten.
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§ 2 Rz. 14–16
Beschrnkte Steuerpflicht
hatte der BFH diese Frage zwischenzeitlich als offen eingestuft1 und sieht nunmehr iRd. Auslegung endgültig das Recht des Rechtsanwenderstaats (Deutschlands) als maßgeblich an.2 Dies entspricht einer im Schrifttum vielfach vertretenen und auch von der Finanzverwaltung geteilten Sichtweise.3 Art. 3 Abs. 1 Buchst. c DE-VG definiert als Gesellschaften juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden. Dieser Wortlaut knüpft uE ersichtlich an die Perspektive Deutschlands als Anwenderstaat eines der Verhandlungsgrundlage entsprechenden DBA an. Demzufolge sind sowohl für die Anwendung der Tatbestandsmerkmale des § 2 Nr. 1 KStG (nicht unbeschränkt stpfl. „Körperschaften“, „Personenvereinigungen“ und „Vermögensmassen“) als auch die Einordnung als „Person“ iSd. Art. 1 iVm. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c OECD-MA („Juristische Personen“ und „Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden“) einheitliche Kriterien heranzuziehen. Die Einordnung ist sowohl für die Auslegung der Merkmale des DBA4 als auch iRd. § 2 Nr. 1 KStG nach dem sog. „Typenvergleich“ durchzuführen (s. zum Typenvergleich iRd. § 2 Nr. 1 KStG Rz. 60 ff.). –
Auslegung des Merkmals „Ansässigkeit“ iSd. Art. 1 iVm. Art. 4 OECD-MA. Zwischen den Merkmalen der „Ansässigkeit“ (als Tatbestandsmerkmal des DBA) und der unbeschränkten Stpfl. besteht eine innere Verbindung, da die Ansässigkeit grds. auf der unbeschränkten Stpfl. aufbaut.5 Sie ist Tatbestandsvoraussetzung der Abkommensberechtigung nach dem jeweiligen DBA.6 Ein ausländisches Rechtsgebilde, das aus deutscher Sicht nach dem Typenvergleich als KapGes. (Gesellschaft iSd. Art. 3 Abs. 1 OECD-MA) angesehen wird, ist daher aus Sicht Deutschlands als Anwenderstaats im anderen Vertragsstaat ansässig und abkommensberechtigt, wenn es dort als solches unbeschränkt kstpfl. ist.7
15 Anerkennung steuerbefreiter ausländischer Rechtsgebilde als „im anderen Vertragsstaat ansässige Person“. Ein solches (Rz. 14) ausländisches Rechtsgebilde ist auch dann als im anderen Vertragsstaat ansässig zu behandeln, wenn dort einzelne Sachverhalte von der Besteuerung ausgenommen werden, keine besteuerungsfähigen Einkünfte vorliegen oder wenn die zu entrichtenden Steuern tatsächlich nicht erhoben werden. Auch eine persönliche Steuerbefreiung schließt die Ansässigkeit und damit die Abkommensberechtigung nicht aus.8 Der BFH hat mit Urt. v. 6.6.20129 zu einer französischen SICAV bestätigt, für die Ansässigkeit im anderen Vertragsstaat iSd. DBA genüge die dortige abstrakte (virtuelle) unbeschränkte Stpfl. 16
Behandlung ausländischer Personengesellschaften und -vereinigungen als „im anderen Vertragsstaat ansässige Person“. Die Frage nach der Einordnung eines ausländischen Rechtsgebildes als juristische Person oder als Personengesellschaft wirft aus der Sicht Deutschlands als Quellenstaat die Fragen auf, wem die inländischen Einkünfte aus Sicht des nationalen Rechts zuzurechnen sind, welches DBA (das des Sitzstaats des Gebildes 1 BFH v. 19.5.2010 – I B 191/09, BStBl. II 2011, 156 = FR 2010, 999. 2 BFH v. 25.5.2011 – I R 95/10, FR 2011, 1175 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2011, 1004 m. Anm. Suchanek = DStR 2011, 1553, m. Anm. Lieber, jurisPR-SteuerR 40/2011 Anm. 1; v. 6.6.2012 – I R 52/11, GmbHR 2012, 1093 = ISR 2012, 56 m. Anm. Eilers/Schulz = BFH/NV 2012, 1720, m. Anm. Lieber, jurisPR-SteuerR 41/2012 Anm. 2; v. 26.6.2013 – I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/ Nagler = BFH/NV 2013, 2002. 3 Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 3 OECD-MA Rz. 19; zust. Pohl in Schönfeld/Ditz, Art. 3 OECD-MA Rz. 15, 21; Dremel in Schönfeld/Ditz, Art. 1 OECD-MA Rz. 34–36; aA Vogel in V/L5, Art. 3 OECD-MA Rz. 13–17; BMF v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003 – DOK 2009/0716905, BStBl. I 2010, 354 Rz. 1.2 und 2.1.1; s. auch Engel/Hilbert, FR 2012, 394 zur Qualifikation ausländischer Personengesellschaften als KapGes. 4 Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 3 OECD-MA Rz. 18a–18c, 19; Pohl in Schönfeld/Ditz, Art. 3 OECD-MA Rz. 18. 5 Kaeser in Wassermeyer, Art. 4 OECD-MA Rz. 2; Schönfeld, IStR 2014, 693 (693); Dorfmüller, IStR 2014, 682 (684). 6 Kaeser in Wassermeyer, Art. 4 OECD-MA Rz. 1. 7 BFH v. 6.6.2012 – I R 52/11, GmbHR 2012, 1093 = ISR 2012, 56 m. Anm. Eilers/Schulz = BFH/NV 2012, 1720 mit Hinweis auf die hM im Schrifttum, zB Lehner in V/L5, Art. 4 OECD-MA Rz. 82 f.; Vogel in V/L5, Art. 23 OECD-MA Rz. 106; Wilke in G/K/G, Art. 4 OECD-MA Rz. 6; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 1 OECDMA Rz. 23 und Art. 4 OECD-MA Rz. 25. 8 Vgl. Lehner in V/L5, Art. 4 OECD-MA Rz. 77, 82 f.; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 4 OECD-MA Rz. 25, 29; Lieber, jurisPR-SteuerR 41/2012 Anm. 2. 9 BFH v. 6.6.2012 – I R 52/11, GmbHR 2012, 1093 = ISR 2012, 56 m. Anm. Eilers/Schulz = BFH/NV 2012, 1720, m. Anm. Lieber, jurisPR-SteuerR 41/2012 Anm. 2; s. auch Jacob/Link, IStR 2012, 949.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 16 § 2
oder des Gesellschafters)1 überhaupt anzuwenden ist und – wenn eine ausländische Personengesellschaft selbst ansässige Person im Sinne eines DBA ist und dieser auch die inländischen Einkünfte zuzurechnen sind – ob die ausländische Personengesellschaft bei Einkünften nach Art. 10 bis 12 OECD-MA selbst „Nutzungsberechtigter“ iSd. Abkommens ist.2 Hierbei gilt nach dem gegenwärtigen Stand der Rspr. uE derzeit Folgendes: –
Keine Qualifikationsverkettung. Eine Qualifikationsverkettung mit der Folge einer Bindung an die Sichtweise des anderen Vertragsstaats (des Sitzstaats der ausländischen Gesellschaft) lehnen der BFH3 und die FinVerw.4 jedenfalls dann ab, wenn Deutschland der Ansässigkeitsstaat eines Gesellschafters ist und dieser Einkünfte aus der Beteiligung erzielt hat. Für den Fall, dass Deutschland Quellenstaat ist, hat der BFH die Rechtslage im Hinblick auf eine denkbare Qualifikationsverkettung allerdings noch nicht ausdrücklich geklärt, jedoch spricht uE mehr dafür, dass auch in dieser Konstellation die eingangs angeführten Einordnungsfragen ausschließlich nach dem Recht Deutschlands als Anwenderstaat – ohne Bindung an die Beurteilung des anderen Vertragsstaats – anhand des Typenvergleichs zu beurteilen sind.5 Die FinVerw. vertritt im BMF-Schr. v. 26.9.20146, Personengesellschaften könnten zwar Personen (Gesellschaften) iSd. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA, jedoch mangels eigener Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerpflicht keine abkommensberechtigten ansässigen Personen gem. Art. 1 iVm. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA sein.
–
Billigkeitsregelung für die Entlastung von Abzugsteuern. Für die nach einem DBA zu gewährende Entlastung von Abzugsteuern ermöglicht die FinVerw. jedoch in einer Billigkeitsregelung in Rz. 2.1.2 des BMF-Schreibens v. 16.4.20107 und v. 26.9.20148 die Auffassung, dass ausländische Personengesellschaften, obwohl diese als solche nicht abkommensberechtigt seien, selbst – und nicht deren Gesellschafter – ausnahmsweise für Zahlungen, die bis einschließlich 30.6.2013 geleistet wurden, die nach einem DBA zu gewährende Entlastung von deutschen Abzugsteuern selbst beanspruchen könnten, wenn die Einkünfte nach dem Recht des betreffenden Vertragsstaats dort als Einkünfte einer ansässigen Person stpfl. sind. Die ausländische Personengesellschaft kann damit zur Ver-
1 In Betracht kommen das DBA zwischen Deutschland und dem Sitzstaat der Gesellschaft oder das DBA zwischen Deutschland und dem Sitzstaat des Gesellschafters. 2 Vgl. dazu BFH v. 19.5.2010 – I R 62/09, FR 2010, 809 m. Anm. Wassermeyer = GmbHR 2010, 1004 = DStR 2010, 1712 unter B.II.2.c.aa. Dieser Streitfall betraf einen Fall, in dem Dividenden aus Frankreich an eine inländische KGaA mit deutscher Personengesellschaft als Komplementärin ausgeschüttet wurden. Die KGaA konnte nach dem BFH-Urt. v. 19.5.2010 (I R 62/09, GmbHR 2010, 1004) – unabhängig vom Gesellschafterkreis – das Schachtelprivileg nach dem DBA Frankreich selbst in vollem Umfang beanspruchen. Die KGaA sollte nach dieser Rspr. auch eine DBA-Schachtelbefreiung vermitteln können, soweit ein beschränkt Stpfl. deren Komplementär sei (s. Anm. von Wassermeyer, FR 2010, 809 [813]). Der Gesetzgeber hat durch das G zur Änderung des GemeindefinanzreformG v. 8.5.2012 (BGBl. I 2012, 1030) reagiert und für Zahlungen nach dem 31.12.2011 in § 50d Abs. 11 EStG geregelt, dass die DBA-Freistellung aufgrund eines Schachtelprivilegs ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt werde, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen seien, und, soweit die Dividenden nach deutschem Steuerrecht einer anderen Person zuzurechnen seien, bei dieser Person zur Anwendung gebracht werde, wenn sie (hypothetisch) bei ihr als Zahlungsempfängerin nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden. Hierdurch entfaltet die KGaA nach dem BFH-Urt. v. 19.5.2010 (I R 62/09, GmbHR 2010, 1004) im Hinblick auf DBA-Schachtelprivilegien keine „Abschirmwirkung“ für ihren Komplementär mehr. Zur Erläuterung s. Wilhelm in H/H/R, § 50d EStG Anm. J 12-1 ff. mwN. zum Schrifttum. Zum DBA Ungarn s. BFH v. 25.5.2011 – I R 95/10, GmbHR 2011, 1004 m. Anm. Suchanek = DStR 2011, 1553 sowie Engel/Hilbert, FR 2012, 394; zum Art. 1 Abs. 7 DBA USA 2008 s. BFH v. 26.6.2013 – I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/Nagler = BFH/NV 2013, 2002. 3 Vgl. zB BFH v. 4.4.2007 – I R 110/05, BStBl. II 2007, 521 = GmbHR 2007, 717 = FR 2007, 923; v. 20.8.2008 – I R 34/08, BStBl. II 2009, 263 = FR 2009, 299 = GmbHR 2009, 101; v. 19.5.2010 – I R 191/09, BStBl. II 2011, 156; v. 25.5.2011 – I R 95/10, FR 2011, 1175 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2011, 1004 m. Anm. Suchanek = DStR 2011, 1553; v. 6.6.2012 – I R 52/11, GmbHR 2012, 1093 = ISR 2012, 56 m. Anm. Eilers/Schulz = BFH/ NV 2012, 1720; v. 26.6.2013 – I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/Nagler. 4 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 4.1.4. 5 Vgl. Dremel in Schönfeld/Ditz, Art. 1 OECD-MA Rz. 56, 61–67 (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG); gegen eine Qualifikationsverkettung auch Kaeser/Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 10 OECD-MA Rz. 91b. 6 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 2.1.1. 7 BMF v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003 – DOK 2009/0716905, BStBl. I 2010, 354 Rz. 2.1.2. Damit werde für die deutschen DBA den Grundsätzen des OECD-MK (vgl. Nr. 5 zu Art. 1 OECD-MK) gefolgt. 8 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 2.1.2.
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§ 2 Rz. 16–17
Beschrnkte Steuerpflicht
meidung von Qualifikationskonflikten für diese Zahlungen selbst eine Entlastung von inländischer Quellensteuer nach dem DBA beanspruchen, wenn sie im anderen Vertragsstaat mit diesen Einkünften als solche besteuert wird, was bei deren dortiger Einordnung als juristische Person in der Regel gewährleistet ist.1 Diese Anerkennung einer ausländischen – aus deutscher Sicht – Personengesellschaft als abkommensberechtigte Person für Zwecke der Entlastung von Abzugsteuern hat keine Bedeutung für deren Einordnung gem. § 2 Nr. 1 KStG. Hierdurch ist die ausländische Personengesellschaft nicht als beschränkt körperschaftsteuerpflichtig anzusehen, sondern darf lediglich für die materiell ihren Gesellschaftern zuzurechnenden inländischen Einkünfte die Steuerentlastung beanspruchen.2 –
§ 50d Abs. 1 Satz 11 EStG. Gem. § 50d Abs. 1 Satz 11 EStG hat der Gesetzgeber im AmtshilfeRLUmsG3 mit Wirkung für Zahlungen ab dem 1.7.2013 entsprechend der Billigkeitsregelung der FinVerw. in Rz. 2.1.2 des früheren BMF-Schreibens v. 16.4.20104 geregelt, dass – wenn der Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen eine Person ist, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen oder nach dem Steuerrecht des anderen Vertragsstaats nicht zugerechnet werden können – der Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag oder nach § 50a EStG aufgrund eines DBA nur der Person zusteht, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaats als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden. Die Neuregelung hat ebenfalls keinen Einfluss auf die Einordnung der ausländischen Gesellschaft für Zwecke des § 2 Nr. 1 KStG und für Abkommenszwecke, sondern setzt bei der Erstattungsberechtigung nach einem DBA oder gem. § 50a EStG an. Der Personengesellschaft wird aus deutscher Sicht eine eigene DBA-Abkommensberechtigung zugestanden, wenn sie im Rahmen einer ausländischen unbeschränkten Steuerpflicht diese Einkünfte im anderen Vertragsstaat als eigene versteuert. Zugleich schließt die Neuregelung uE einen daneben bestehenden Erstattungsanspruch der Gesellschafter aus.5
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Ausländische Personengesellschaft ist aus deutscher Sicht ausländische Kapitalgesellschaft. Weder von der Billigkeitsregelung der FinVerw. im BMF-Schreiben v. 26.9.20146 noch von § 50d Abs. 1 Satz 11 EStG wird der Fall erfasst, dass Deutschland die ausländische Gesellschaft nach dem Typenvergleich als KapGes. einordnet, der ausländische Staat selbst diese aber als transparent ansieht. Denn in diesem Fall fehlt es für eine Abkommensberechtigung der ausländischen Personengesellschaft aus deutscher Sicht daran, dass diese nicht nach dem Steuerrecht des Sitzstaats in diesem Vertragsstaat unbeschränkt stpfl. und somit nicht iSd. Art. 1 iVm. Art. 4 dort ansässig ist (vgl. Rz. 13).7
17 Abkommensberechtigung doppelt ansässiger Gesellschaften. Im Ausland gegründete Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen, werden aufgrund des Orts der Geschäftsleitung im Inland gem. § 1 Abs. 1 KStG unbeschränkt stpfl. (§ 1 KStG Rz. 22).8 Liegt in zwei Staaten eine unbeschränkte Steuerpflicht (aufgrund des Sitzes einerseits und des Orts der Geschäftsleitung andererseits) und damit eine doppelte Ansässigkeit im Sinne des DBA (Art. 1 und 4 OECD-MA) im Sitzstaat und im Staat der Geschäftsleitung vor, ist für Zwecke des DBA die Ansässigkeit in einem der Vertragsstaaten anhand des Art. 4 Abs. 3 OECD-MA nach dem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung zu bestimmen. Für Zwe-
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Dremel in Schönfeld/Ditz, Art. 1 OECD-MA Rz. 57 mwN. Ebenso Dremel in Schönfeld/Ditz, Art. 1 OECD-MA Rz. 62. G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. BMF v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003 – DOK 2009/0716905, BStBl. I 2010, 354 Rz. 2.1.2. Damit werde für die deutschen DBA den Grundsätzen des OECD-MK (vgl. Nr. 5 zu Art. 1 OECD-MK) gefolgt. Zur Neuregelung s. zust. Dremel in Schönfeld/Ditz, Art. 1 OECD-MA Rz. 59, der allerdings in Drittstaatenfällen auch noch eine zusätzlich bestehende Erstattungsberechtigung nach einem DBA zwischen Deutschland und dem Sitzstaat eines Gesellschafters für geboten hält. Das BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 gibt in Rz. 4.3.1.1 Buchst. c und Rz. 4.1.3.3.1 bei positiven Qualifikationsverkettungen vor, dass im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zu prüfen ist, ob der ausländische Wohnsitzstaat sich der deutschen Sichtweise als des Quellenstaats anschließt. S. zum DBA USA 2008 BFH v. 26.6.2013 – I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/Nagler; Dremel in Schönfeld/Ditz, Art. 1 OECD-MA Rz. 65–67, auch zu Drei-StaatenSachverhalten. Zur Vertiefung s. Stadler/Bindl in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 16.4 ff., 16.18 ff.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 17–21 § 2
cke des nationalen Besteuerungsanspruchs gelten aber dennoch in beiden Staaten jeweils die Regeln der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. c) Verhältnis zu den DBA-Verteilungsnormen, wenn Deutschland Quellenstaat ist Verhältnis zum nationalen Besteuerungsrecht. Ist Deutschland Quellenstaat und erzielt ein beschränkt stpfl. KSt-Subjekt iSd. § 2 Nr. 1 KStG nach dem Katalog des § 49 EStG inländische Einkünfte, hängt es von der Ausgestaltung des DBA mit dem Ansässigkeitsstaat des ausländischen Rechtsgebildes ab, in welchem Umfang ein deutsches Besteuerungsrecht aufrechterhalten oder beschränkt wird (s. dazu eingehend Rz. 12).
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d) Verhältnis zum Methodenartikel und den Diskriminierungsverboten aa) Methodenartikel (Art. 23 A/B OECD-MA) Deutschland als Quellenstaat. Hinsichtlich der Besteuerung einer ausländischen beschränkt stpfl. KapGes. ist stets zu fragen, ob bei Bestehen eines nationalen Besteuerungsanspruchs gem. § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 EStG das jeweilige DBA dieses Besteuerungsrecht Deutschlands als Quellenstaat aufrechterhält. Macht Deutschland nationales Besteuerungsrecht geltend, ist fraglich, ob der Ansässigkeitsstaat der ausländischen KapGes. im Wege einer Qualifikationsverkettung diese Einordnung zu übernehmen hat.1 In der Rspr. des BFH wird eine solche Qualifikationsverkettung für den Fall, dass Deutschland Ansässigkeitsstaat der KapGes. ist, bei subjektiven Qualifikationskonflikten abgelehnt (s. Rz. 14). Allerdings existieren in der deutschen Abkommenspraxis zunehmend sog. Switch-over-Klauseln zur Beschränkung einer doppelten Nichtbesteuerung in beiden Vertragsstaaten, die bei Qualifikationskonflikten eine Einmalbesteuerung im Wege der Anrechnungsmethode sicherstellen sollen, wenn ein Verständigungsverfahren nicht zum Ziel führt.2 Im Zusammenhang mit dem deutschen DBA-Muster (vorgestellt am 18.4.2013)3, das künftige Leitlinie der Bundesregierung bei DBA-Verhandlungen sein wird, wurde zum Methodenartikel (Art. 22 DE-VG) diskutiert, ob Deutschland als Quellenstaat eine Subject-to-tax-Klausel im jeweiligen Methodenartikel des DBA beanspruchen sollte.4 Erwogen wird einerseits, einen Verzicht auf die Quellenbesteuerung im jeweiligen DBA davon abhängig zu machen, dass der Ansässigkeitsstaat des ausländischen Empfängers tatsächlich besteuert, und andererseits die Einführung einer Anrechnung der ausländischen Steuer des Ansässigkeitsstaats iRd. deutschen Quellenbesteuerung.5
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Nationale Steuerbefreiungen für beschränkt stpfl. KapGes. Von herausragender Bedeu- 20 tung für die Behandlung von Ausschüttungen an ausländische Körperschaften (s. § 8b KStG Rz. 10 f. und 13) sind § 8b Abs. 1 und 5 KStG, die neben den abkommensrechtlichen Schachtelprivilegien zur Anwendung kommen und keine Aktivitätsvorbehalte enthalten (s. ausführlich § 8b KStG Rz. 78 ff.). Allerdings wird ungeachtet der Freistellung der Dividenden abgeltend KapESt einbehalten (s. ausführlich Rz. 29 und § 8b KStG Rz. 63). Von Bedeutung für beschränkt stpfl. Muttergesellschaften ist nach Einfügung des § 8b Abs. 4 KStG nF auch die Mindestbeteiligungsquote (s. § 8b KStG Rz. 437 ff.). Die Steuerbefreiung gem. § 8b KStG gilt dem Grunde nach auch für verdeckte Gewinnausschüttungen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG iVm. § 8b Abs. 1 Satz 3 KStG. Allerdings gewährt der Gesetzgeber nach den Änderungen durch das AmtshilfeRLUmsG6 die Freistellung gem. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG generell (dh. auch außerhalb von vGA) nur noch, soweit die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben (s. iErg. § 8b KStG Rz. 131 und 154). Siehe auch Rz. 34 und § 8b KStG Rz. 152 zur Versagung der Steuerbefreiung bei offenen Ausschüttungen im Fall von Hybridfinanzierungen. bb) Diskriminierungsverbote (Art. 24 OECD-MA) Konkurrenzen. Die Diskriminierungsverbote der DBA stehen neben den Gewährleistungen des Art. 3 Abs. 1 GG und den Grundfreiheiten des Unionsrechts. Zwischen den verschiedenen Regelungen bestehen hinsichtlich der Prüfungsmaßstäbe und der Rechtfertigungsgrün1 Verneinend: Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Art. 23 A/B OECD-MA Rz. 9, 37 mwN; Kaeser/Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 10 OECD-MA Rz. 91b. 2 Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Art. 23 A/B OECD-MA Rz. 93 ff. mwN. 3 Abgedruckt in Schönfeld/Ditz, Anh. 4. 4 Schönfeld/Ditz in Schönfeld/Ditz, Anh. 4 Rz. 5. 5 Schönfeld/Ditz in Schönfeld/Ditz, Anh. 4 Rz. 5. 6 G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809; dazu Paintner, DStR 2013, 1629 (1641 f.); Haisch/Helios/Niedling, DB 2013, 1444.
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§ 2 Rz. 21–24
Beschrnkte Steuerpflicht
de für Ungleichbehandlungen Überschneidungen und Unterschiede, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann.1 Der I. Senat des BFH geht seit der Entscheidung v. 29.1.20032 zum Diskriminierungsschutz des DBA-Diskriminierungsverbots davon aus, dass völkerrechtliche Diskriminierungsverbote „umfassend und uneingeschränkt“ wirken. 22
Verbotene Diskriminierung nach der Staatsangehörigkeit (Art. 24 Abs. 1 OECD-MA). Ausländische juristische Personen können sich auf das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 OECD-MA berufen, wenn Anknüpfungspunkt der Ungleichbehandlung die Staatsangehörigkeit ist. Der Schutz einer inländischen Betriebsstätte vor Diskriminierung ist abschließend in Art. 24 Abs. 1 OECD-MA geregelt.3 Orientiert an diesem Maßstab wurde eine Diskriminierung ausländischer KapGes. bisher in der Rspr. regelmäßig abgelehnt:4 So wurde ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aufgrund der Besteuerung inländischer Betriebsstättengewinne einer französischen AG nach den Regelungen zur beschränkten Steuerpflicht,5 der Besteuerung aufgedeckter stiller Reserven bei der Einbringung einer inländischen Betriebsstätte in eine inländische Kapitalgesellschaft6 und aufgrund der Besteuerung ausländischer gemeinnütziger Körperschaften iRd. beschränkten Steuerpflicht7 verneint. In der Praxis hat das Diskriminierungsverbot nur eingeschränkte Bedeutung entfalten können, da Diskriminierungen selten an die Staatsangehörigkeit, sondern eher an die Ansässigkeit anknüpfen.8
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Verbot der Betriebsstättendiskriminierung (Art. 24 Abs. 3 OECD-MA). Dieses Verbot der Ungleichbehandlung erfasst inländische Betriebsstätten ausländischer KapGes. und ist von der Rspr. in der Vergangenheit verschiedentlich angewandt worden. Dies betraf ua.9 (siehe auch Rz. 26 ff.) die Frage der Reichweite von Drittstaatenabkommen (Anrechnung von Drittstaatenquellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte), die Betriebsstättengewinnermittlung, die Anwendung des früheren gespaltenen Körperschaftsteuersatzes bei Thesaurierung und Ausschüttung, die Möglichkeit, den Betrieb einer inländischen Betriebsstätte steuerneutral in eine inländische KapGes. einzubringen, die Gewährung des Schachtelprivilegs oder die Anrechnung ausländischer Drittstaatensteuern bei einer inländischen GewSt und die Erhebung der GewSt auf den Gewerbeertrag einer inländischen Betriebsstätte.
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Mittelbarer Schutz durch Art. 24 Abs. 4 und 24 Abs. 5 OECD-MA. Die Diskriminierungsverbote inländischer Schuldnerunternehmen für Zinsen, Lizenzgebühren und andere Entgelte (Art. 24 Abs. 4 OECD-MA) und für fremdbeherrschte inländische Unternehmen (Art. 24 Abs. 5 OECD-MA) betreffen die ausländische KapGes. als Gläubigerin der Leistungsentgelte und als beherrschende Muttergesellschaft. Eine KapGes. mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland konnte nach dem BFH-Urteil v. 9.2.201110 im Rahmen einer gewerbesteuerlichen Organschaft Organgesellschaft eines in Großbritannien ansässigen gewerblichen Unternehmens (Organträger) sein, da die entgegenstehende Beschränkung in § 14 Halbs. 2 und § 14 Nr. 3 Satz 1 KStG 1999 iVm. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 auf ein Unternehmen mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland als Organträger nicht mit dem Diskriminierungsverbot des Art. XX Abs. 4 und 5 DBA Großbritannien 1964/1970 (entsprechend Art. 24 Abs. 5 OECD-MA) vereinbar gewesen sei. Aus Sicht des Gesetzgebers gefährdete diese Rspr. das inländische Einmalbesteuerungsrecht bei Organschaften, weshalb die „Binnenbezogenheit der Organschaftsbesteuerung“ durch Abschaffung des § 18 KStG aF und Neufassung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG abgesichert wurde (s. § 14 KStG Rz. 75, 85 ff.). Ebenfalls gestützt auf das Diskriminierungsverbot für ausländerbeherrschte inländische KapGes. hat der BFH entschieden, die Umqualifizierung von Zinsen in vGA nach § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1 Vgl. Rust, DStJG 36 (2013), 71 ff.; Schwenke in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 138 f.; eingehend Gosch, DStR 2007, 1553 ff.; grundlegend Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2011, 63–99. 2 BFH v. 29.1.2003 – I R 6/99, BStBl. II 2004, 1043 = FR 2003, 912 = GmbHR 2003, 722; v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106. 3 Bruns in Schönfeld/Ditz, Art. 24 OECD-MA Rz. 45, 47. 4 Bruns in Schönfeld/Ditz, Art. 24 OECD-MA Rz. 72 mit einer Aufzählung. 5 BFH v. 13.1.1970 – I R 32/65, BStBl. II 1970, 790. 6 BFH v. 30.10.1973 – I R 32/65, BStBl. II 1970, 790. 7 BFH v. 18.4.1975 – III B 24/75, BStBl. II 1975, 595 und v. 20.10.1976 – I R 224/74, BStBl. II 1975, 175. 8 Rust, DStJG 36 (2013), 75. 9 Bruns in Schönfeld/Ditz, Art. 24 OECD-MA Rz. 109–123 mit einer Aufzählung und mwN. 10 BFH v. 9.2.2011 – I R 54, 55/10, BStBl. II 2012, 106. Das führte dazu, dass die persönliche Gewerbesteuerpflicht der inländischen OG für die Dauer der Organschaft dem OT zuzurechnen war und der Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe – das sind die Gewerbebetriebe des OT und der OG – allein gegenüber dem OT festzusetzen war.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 24–28 § 2
KStG 1999 aF/n.F. sei nicht mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 25 Abs. 3 DBA Schweiz 1971/1992 vereinbar.1 5. Verhältnis zum Unionsrecht a) Primäres Unionsrecht Grundfreiheiten. Die Grundfreiheiten des EU-Rechts mit den dort enthaltenen Diskriminierungsverboten – maßgeblich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) – haben in der Vergangenheit neben dem Sekundärrecht (Rz. 31 ff.) eine wichtige Bedeutung für die Anwendbarkeit inländischer Besteuerungsvorschriften erhalten. Ob eine nationale Regelung unter die eine oder andere Grundfreiheit fällt, ist nach der Rspr. des EuGH nach dem Gegenstand der betreffenden Regelung zu bestimmen.2 Die Kapitalverkehrsfreiheit entfaltet auch Schutz im Verhältnis zu Drittstaaten und wirft bei der Behandlung von Beteiligungen an KapGes. noch immer Abgrenzungsprobleme zur Niederlassungsfreiheit auf (s. Rz. 29). Die Grundfreiheiten wirken auf die DBA ein, indem sie zwar weder einen Rahmen für die Verteilungsnormen (sog. Grundsatz der grundfreiheitlichen Neutralität der Verteilungsnormen) noch den Methodenartikel des jeweiligen DBA vorgeben, die aufgeteilten Besteuerungsrechte jedoch von den Mitgliedstaaten diskriminierungsfrei ausgeübt werden müssen, dh. sicherzustellen ist, dass die steuerliche Belastung nicht über die Belastung des rein inländischen Sachverhalts hinausgeht.3 In der Vergangenheit haben aus deutscher Sicht u.a. folgende Entscheidungen des EuGH zum Änderungsbedarf für die nationalen Vorschriften zur Besteuerung beschränkt stpfl. Körperschaften geführt.
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Benachteiligung inländischer Betriebsstätten von EU-Gesellschaften. Der EuGH ent- 26 schied mit Urt. v. 21.9.19994, bei Ausschüttungen von Dividenden, deren Beteiligung einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet war, müssten dem ausländischen Stammhaus (der beschränkt stpfl. Gesellschaft iSd. § 2 Nr. 1 KStG) ebenso eine aufgrund eines DBA mit einem Drittstaat gewährte Befreiung von der Körperschaftsteuer für die Dividenden (internationales körperschaftsteuerliches Schachtelprivileg), die Anrechnung der Körperschaftsteuer, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland auf die Gewinne einer dort ansässigen Tochtergesellschaft erhoben worden war, auf die deutsche Körperschaftsteuer und das internationale vermögensteuerliche Schachtelprivileg gewährt werden (s. auch Rz. 33). Körperschaftsteuersatz während des Anrechnungsverfahrens. Zudem entschied der EuGH mit Urt. v. 23.2.20065, die Niederlassungsfreiheit stehe einer nationalen Regelung entgegen, wonach die Gewinne einer inländischen Betriebsstätte mit einem höheren Steuersatz (dem damaligen Regelsteuersatz) belastet würden als die Gewinne einer Tochtergesellschaft einer solchen Gesellschaft, die ihre Gewinne voll an die Muttergesellschaft ausschütte (niedrigerer Steuersatz aufgrund der ausschüttungsbedingten Körperschaftsteuerminderung).6 Diese Problematik hat sich mit dem Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren erledigt.
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Verneinung der Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 KStG. Der EuGH entschied mit Urt. v. 14.9.20067, es verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, einer gemeinnützigen beschränkt
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1 BFH v. 8.9.2010 – I R 6/09, BStBl. II 2013, 186 = GmbHR 2011, 46 m. Anm. von Heger, jurisPR-SteuerR 4/2011 Anm. 2 und Prinz, FR 2011, 130. 2 EuGH v. 11.9.2014 – Rs. C-47/12 – Kronos, IStR 2014, 724 Rz. 30; Schwenke in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 98. 3 Schwenke in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 106–109; Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Systematik Rz. 104, mit Nachweisen zur Rspr. 4 EuGH v. 21.9.1999 – Rs. C-307/97 – Saint Gobain, Slg. 2006, I-1831; zum jetzigen Stand der Rspr. des EuGH Schwenke/Hardt in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 112. 5 EuGH v. 23.2.2006 – Rs. C-253/03 – CLT-UFA, Slg. 2006, I-1831 = FR 2006, 590 = GmbHR 2006, 441 = DStR 2006, 418. 6 Nachgehend BFH v. 9.8.2006 – I R 31/01, BStBl. II 2007, 838 = GmbHR 2006, 1334 m. Anm. Tromp/Nagler = FR 2007, 184 m. Anm. Pezzer und BMF v. 17.10.2007 – IV B 7 - S 2800/07/0001 – DOK 2007/0449388, BStBl. I 2007, 766; zuletzt Ablehnung der Anwendung dieser Grundsätze auf eine ungarische KapGes. vor dem EU-Beitritt Ungarns in BFH v. 19.12.2012 – I R 73/11, BStBl. II 2013, 392 = FR 2013, 1012 = GmbHR 2013, 497 = ISR 2013, 191 m. Anm. Oellerich. Zur Berechnung des anzuwendenden Steuersatzes s. BMF v. 17.10.2007 – IV B 7 - S 2800/07/0001 – DOK 2007/0449388, BStBl. I 2007, 766; BFH v. 24.8.2011 – I R 5/10, GmbHR 2012, 223 = BFH/NV 2012, 271. 7 EuGH v. 14.9.2006 – Rs. C-386/04 – Centro di Musicologia Walter Stauffer, FR 2007, 242 = DStR 2006, 1736.
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§ 2 Rz. 28–29
Beschrnkte Steuerpflicht
körperschaftsteuerlichen Stiftung die Befreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zu versagen.1 Der Ausschluss von der Befreiung gilt nicht mehr für beschränkt stpfl. Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, wenn deren Sitz oder Geschäftsleitung in der EU oder einem EWRStaat liegt und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG). Die Rückausnahme wurde mit dem JStG 2009 mit Wirkung für alle noch offenen VZ in das Gesetz aufgenommen (§ 34 Abs. 5a KStG) (s. § 5 KStG Rz. 644). 29
Grenzüberschreitende Ausschüttungen an beschränkt stpfl. Muttergesellschaften. Für steuerliche Vorschriften, die eine Beteiligung an einer KapGes. zum Gegenstand haben, ist eine nationale Regelung an der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) zu messen, wenn die Beteiligung einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Tochtergesellschaft ermöglicht, dh. deren Entscheidungen und deren Tätigkeit bestimmt werden können.2 Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der Absicht einer Geldanlage erfolgen, ohne dass Einfluss auf die Kontrolle und Verwaltung des Unternehmens ausgeübt werden soll, an den Gewährleistungen der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen (Art. 63 AEUV).3 In der Praxis fallen damit typisierend regelmäßig Beteiligungen ab 10 % bis 25 % in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit, wenn unterhalb dieser Schwellen kein sicherer Einfluss auf die Tochtergesellschaft anzunehmen ist.4 Betrifft eine nationale Regelung allerdings – wie im hier interessierenden Fall – eine Dividende aus einem EU-/EWR-Mitgliedstaat (hier: Deutschland), die an eine beschränkt stpfl. Empfänger-Körperschaft in einem anderen EU-/EWR-Staat ausgeschüttet wird, ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob Art. 49 AEUV oder Art. 63 AEUV anzuwenden ist.5 Der EuGH hielt in der jüngeren Vergangenheit auf dieser Grundlage zunächst mehrere Regelungen anderer EU-/EWR-Staaten zur Quellensteuererhebung auf Dividenden (s. auch Rz. 20; § 8b KStG Rz. 63 und 88) an beschränkt stpfl. Muttergesellschaften für unionsrechtswidrig, wenn diese zur definitiven Belastung führt,6 der inländische unbeschränkt stpfl. Muttergesellschaften nicht unterworfen waren. Dies betrifft im Wesentlichen Sachverhalte außerhalb der Mutter-Tochter-Richtlinie (MTR, s. Rz. 32). Der EuGH hat zudem die deutschen Regelungen zur Besteuerung von Streubesitzdividenden beschränkt stpfl. Körperschaften wegen eines Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit für unvereinbar mit dem Unionsrecht erklärt.7 Anknüpfend daran hat der BFH8 festgestellt, die Körperschaftsteuer für Kapitalerträge iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG iVm. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG dem Steuerabzug unterlägen, werde bei einer beschränkt stpfl. KapGes. als Bezieherin der Einkünfte nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den Steuerabzug abgegolten, sodass Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten ausgeschüttet würden, infolgedessen wirtschaftlich einer höheren Besteuerung unterworfen seien als Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in Deutschland ausgeschüttet würden. Dies hat der BFH als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit qualifiziert und der klagenden ausländischen Gesellschaft einen Erstattungsanspruch eingeräumt. Als Reaktion darauf wurden § 8b Abs. 4 und § 32 Abs. 5 KStG geändert (s. § 8b KStG Rz. 437 ff.; § 32 KStG Rz. 7 und 30 ff.).9
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Nachgehend BFH v. 20.12.2006 – I R 94/02, BStBl. II 2010, 331 = FR 2007, 387. EuGH v. 11.9.2014 – Rs. C-47/12 – Kronos, IStR 2014, 724 Rz. 31 mwN. EuGH v. 11.9.2014 – Rs. C-47/12 – Kronos, IStR 2014, 724 Rz. 32 mwN. S. vertiefend Schönfeld, JbFStR 2015/2016, 1 (8); Richter/Reeb, IStR 2015, 40 (49); zur 10 %-Grenze s. BFH v. 29.8.2012 – I R 7/12, BStBl. II 2013, 89; v. 6.3.2013 – I R 14/07, IStR 2013, 638; v. 6.3.2013 – I R 10/11, IStR 2013, 673. Schwenke in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 98, mit Hinweis auf EuGH v. 13.11.2012 – Rs. C-35/11, IStR 2012, 924. S. zB EFTA-Gerichtshof v. 23.11.2004 – E-1/04 – Fokus Bank, IStR 2005, 55; EuGH v. 14.12.2006 – Rs. C-170/05 – Denkavit International und Denkavit France, IStR 2007, 62; v. 8.11.2007, Rs. C-379/05 – Amurta, Slg. 2007, I-9569; v. 19.11.2009 – Rs. C-540/07, IStR 2009, 853; v. 3.6.2010 – Rs. C-487/08, IStR 2010, 483; v. 6.10.2011 – Rs. C-493/09, IStR 2011, 920; v. 10.5.2012 – Rs. C-338/11 – Santander Asset Management, IStR 2012, 432; v. 8.11.2012 – Rs. C-342/10, IStR 2013, 204; v. 10.4.2014 – Rs. C-190/12 – Emerging Markets DFA, IStR 2014, 334; eingehend zum aktuellen Stand der EuGH-Rspr. mit Fallgruppenbildung s. Schwenke/ Hardt in Wassermeyer, Vor Art. 1 OECD-MA Rz. 118–130 (Stand: Januar 2015). EuGH v. 20.10.2011 – Rs. C-284/09, GmbHR 2011, 1211 = FR 2011, 1112 = DStR 2011, 2038; anknüpfend BFH v. 11.1.2012 – I R 30/10, GmbHR 2012, 708 m. Anm. Patzner/Nagler = BFH/NV 2012, 1105. BFH v. 11.1.2012 – I R 30/10, GmbHR 2012, 708 m. Anm. Patzner/Nagler = BFH/NV 2012, 1105. Zu den Neuregelungen und neu aufgeworfenen Fragen s. Herlinghaus, FR 2013, 529 ff. mwN; kritisch zur geltenden Rechtslage auch Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 40.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 29–32 § 2
Für die frühere Rechtslage unter Geltung des Anrechnungsverfahrens entschied der EuGH1, die unterbleibende Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer beim unbeschränkt stpfl. Anteilseigner verletze die Grundfreiheiten. Für Ausschüttungen an beschränkt stpfl. KapGes. als Dividendenempfänger stand § 51 KStG aF der Anrechnung und Erstattung entgegen, was nach wie vor Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Unionsrecht aufwirft.2 Bemessungsgrundlage des Quellensteuereinbehalts auf grenzüberschreitende Vergütungen. Gegen die Abzugsverpflichtung eines inländischen Vergütungsschuldners nach § 50a Abs. 4 EStG bestehen nach Ansicht des BFH dem Grunde nach keine verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken.3 Der Vergütungsschuldner kann aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts4 Betriebsausgaben abziehen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den Einnahmen stehen und ihm vom Vergütungsgläubiger mitgeteilt wurden. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn der Vergütungsschuldner die Höhe der Aufwendungen sicher kennt. Es muss eine „untrennbare Verbindung“ zwischen der Aufwendung und der Tätigkeit zur Erzielung dieser Einkünfte bestehen.5 Eine weitergehende Einschränkung des § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG dahin, dass auch vom Vergütungsgläubiger nicht mitgeteilte Betriebsausgaben nach Maßgabe von § 162 AO zu schätzen und in Abzug zu bringen wären, erfordert der Anwendungsvorrang des EU-Rechts nicht. Vielmehr kann der Steuerschuldner in unionsrechtskonformer Auslegung seine Erwerbsaufwendungen im Nachhinein im Rahmen eines Erstattungsbegehrens geltend machen.6 Auf die so ermittelte Bemessungsgrundlage ist der gesetzliche Steuersatz anzuwenden.
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Beihilfeverbot (Art. 107 ff. AEUV). Von einer Darstellung wird an dieser Stelle abgesehen, da in diesem Bereich nicht spezifisch steuerliche Regelungen im Bereich der beschränkten Stpfl., sondern auch rein innerstaatliche Sachverhalte erfasst werden. Vgl. zum derzeit wichtigsten Diskussionspunkt im deutschen KStG primär § 8c KStG Rz. 292 ff.
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b) Sekundäres Unionsrecht aa) Mutter-Tochter-Richtlinie Gegenstand der Mutter-Tochter-Richtlinie. Die MTR (2011/96/EU)7 zielt darauf ab, Dividendenzahlungen und andere Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften von Quellensteuern zu befreien und die Doppelbesteuerung derartiger Einkünfte auf Ebene der Muttergesellschaft zu beseitigen (Erwägung 3 der Präambel). Bezieht eine Muttergesellschaft als Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft Gewinnausschüttungen, so könne – so Erwägung 7 – der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft diese entweder nicht besteuern oder habe im Fall einer Besteuerung zuzulassen, dass die Gesellschaft den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft für die von ihr ausgeschütteten Gewinne entrichte, auf die Steuer anrechnen könne. Im Übrigen sollten zur Sicherung der steuerlichen Neutralität von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft ausgeschüttete Gewinne vom Steuerabzug an der Quelle befreit werden (Erwägung 8). Diese Vorgaben werden in Art. 5 MTR dahingehend umgesetzt, dass grenzüberschreitende (outbound) Dividenden einer EUTochtergesellschaft an ihre (beschränkt stpfl.) EU-Muttergesellschaft nicht der Quellenbesteuerung unterliegen dürfen. In Art. 4 MTR wird dem Ansässigkeitsstaat der EmpfängerKörperschaft das Wahlrecht eingeräumt, die zugeflossenen (inbound) Dividenden von der 1 EuGH v. 6.3.2007 – Rs. C-292/04 – Meilicke I, GmbHR 2007, 378 m. Anm. Rehm/Nagler = DStR 2007, 485; zuvor EuGH v. 7.9.2004 – Rs. C-319/02 – Manninen, Slg. 2004, I-7477; v. 30.6.2011 – Rs. C-262/09 – Meilicke II, GmbHR 2011, 875, m. Anm. Rehm/Nagler, DStR 2011, 1262, nachgehend FG Köln v. 27.8.2012 – 2 K 2241/02, EFG 2012, 2300 (Rev. I R 69/12); FG Münster v. 19.1.2012 – 5 K 105/07 E, EFG 2012, 946 (Rev. I R 38/12). 2 Für den Vorrang der Beseitigung der Benachteiligung durch den ausländischen Ansässigkeitsstaat s. FG Nds. v. 21.6.2012 – 6 K 43/11, EFG 2012, 2062 (die dagegen eingelegte NZB hat der BFH als unzulässig verworfen, BFH v. 5.11.2013 – I B 126/12, BFH/NV 2014, 386). 3 BFH v. 5.5.2010 – I R 105/08, BFH/NV 2010, 2043; v. 5.5.2010 – I R 104/08, BFH/NV 2010, 1814. 4 Vgl. EuGH v. 12.6.2003 – Rs. C-234/01 – Gerritse, BStBl. II 2003, 859; v. 3.10.2006 – Rs. C-290/04 – Scorpio, Slg. 2006, I-9461; v. 15.2.2007 – Rs. C-345/04 – CELG, Slg. 2007, I-1425; v. 22.11.2012 – Rs. C-600/10, BStBl. II 2013, 520 = ISR 2013, 22 m. Anm. Linn; aus der Rspr. BFH v. 24.4.2007 – I R 93/03, BStBl. II 2008, 132; v. 24.4.2007 – I R 39/04, BStBl. II 2008, 95; v. 18.9.2007 – I R 15/05, BStBl. II 2008, 332 = FR 2008, 478. 5 EuGH v. 31.3.2011 – Rs. C-450/09 – Schröder, IStR 2011, 301. 6 BFH v. 10.1.2007 – I R 87/03, BStBl. II 2008, 22 = FR 2007, 839 m. Anm. Kempermann; v. 27.7.2011 – I R 56/10, BFH/NV 2012, 181. 7 RL 2011/96/EU des Rates vom 30.11.2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. EU Nr. L 345, 8.
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§ 2 Rz. 32–34
Beschrnkte Steuerpflicht
Besteuerung auszunehmen (Freistellungsmethode) oder die Dividende in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen und die ausländische Steuer anzurechnen.1 Jeder Mitgliedstaat kann gem. Art. 4 Abs. 3 MTR – wie in § 8b Abs. 3 KStG geschehen – bestimmen, dass Kosten der Beteiligung an der Tochtergesellschaft und Minderwerte, die sich aufgrund der Ausschüttung ihrer Gewinne ergeben (ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen), nicht vom stpfl. Gewinn der Muttergesellschaft abgesetzt werden können. Werden in diesem Fall die mit der Beteiligung zusammenhängenden Verwaltungskosten pauschal – wie in § 8b Abs. 5 KStG – festgesetzt, so darf der Pauschalbetrag 5 % der von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne nicht übersteigen. Die MTR enthält in Art. 1 nur Aussagen zu „Gewinnausschüttungen“, aber keine Aussagen zur Behandlung von Veräußerungsgewinnen, -verlusten und zu Liquidationsgewinnen und -verlusten. Mit Entwurf vom 25.11.2013 hatte die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Anpassung der MTR (RL 2011/96/EU) vorgelegt, der die Aufnahme eines Korrespondenzprinzips entsprechend § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG (s. § 8b KStG Rz. 151 ff.) in Art. 4 Abs. 1 MTR als zusätzliche Voraussetzung für die Gewährung einer Steuerfreistellung im Empfängerstaat vorsieht. Zudem sollte in Art. 1a die MTR um eine allgemeine Missbrauchsklausel (GAAR – General Anti-Abuse Rule) ergänzt werden.2 Den EU-Mitgliedstaaten obliegt es nun, diese beschlossenen Änderungen (geänderte MTR) bis zum 31.12.2015 in nationales Recht zu transformieren.3 33
Gesellschaften und Betriebsstätten eines Mitgliedstaats. Die unter die Richtlinie fallenden „Gesellschaften eines Mitgliedstaats“ sind gem. Art. 2 MTR in Anhang I Teil A aufgeführt4 und müssen (1) nach dem Steuerrecht eines Mitgliedstaats in Bezug auf den steuerlichen Wohnsitz als in diesem Mitgliedstaat ansässig und aufgrund eines mit einem dritten Staat geschlossenen DBA in Bezug auf den steuerlichen Wohnsitz nicht als außerhalb der Union ansässig betrachtet werden (Ausschluss doppelt ansässiger Gesellschaften mit Sitz in einem Drittstaat) und (2) ohne Wahlmöglichkeit einer der in Anhang I Teil B aufgeführten Steuern oder irgendeiner Steuer, die eine dieser Steuern ersetzt, unterliegen, ohne davon befreit zu sein.
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Begünstigungsvoraussetzungen. Nach Art. 1, 2 Abs. 2 und Art. 4 MTR sind die Gewährleistungen der MTR auch für grenzüberschreitende Dividendenausschüttungen anwendbar, die in den Gewinn einer EU-Betriebsstätte (zur Definition s. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b MTR und § 43b Abs. 2a EStG) einer iSd. MTR qualifizierten EU-Gesellschaft eingehen. Die Gewährleistungen der MTR setzen ferner voraus, dass gem. Art. 3 Abs. 1 MTR die Muttergesellschaft, die eine qualifizierte Gesellschaft iSd. MTR sein muss, (seit dem 1.1.2009) einen Anteil von wenigstens 10 % am Kapital der Tochtergesellschaft (ebenfalls einer qualifizierten Gesellschaft iSd. MTR) hält (zu Streubesitzdividenden s. Rz. 29) und im Grundsatz während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens zwei Jahren im Besitz der Beteiligung ist (Umkehrschluss aus Art. 3 Abs. 2 MTR). Von diesem Erfordernis der Mindesthaltedauer dürfen die Mitgliedstaaten abweichen (s. die einjährige Haltedauer – sog. Beteiligungszeitraum – gem. § 43b Abs. 2 Satz 4 EStG und die Erstattungsmöglichkeit in § 43b Abs. 2 Satz 5 EStG, wenn die Haltedauer erst nachträglich eingehalten wird). Die MTR steht schließlich gem. Art. 1 Abs. 2 der Anwendung einzelstaatlicher oder vertraglicher Bestimmungen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen nicht entgegen. Die Missbrauchsklausel lässt sowohl die Bekämpfung von Missbrauch auf Ebene der Empfänger-Körperschaft (Muttergesellschaft) für Inbounddividenden als auch auf Ebene des Quellenstaats für Outboundividenden (s. § 50d Abs. 3 EStG) zu. Stpfl. können sich bei mangelhafter Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht unmittelbar auf Art. 5 MTR (Befrei-
1 S. hierzu EuGH v. 12.2.2009 – Rs. C-138/07 – Cobelfret, Slg 2009, I-731 zur nicht zutr. umgesetzten Freistellungsmethode; v. 12.12.2006 – Rs. C-446/04 – Test Claimants F II GLO, Slg. 2006, I-11753; v. 10.2.2011 – Rs. C-436/08 und C-437/08 – Haribo und Salinen, Slg. 2011, I-305 zur Möglichkeit des Empfängerstaats, nebeneinander Inlandsdividenden freizustellen und für Auslandsdividenden eine Anrechnungslösung vorzusehen. Vgl. kritisch zu diesem Recht des Sitzstaats der Muttergesellschaft, eine asymmetrische Entlastung der Inbound- und Outboundividenden vorzusehen, Terra/Wattel, European Tax Law, 6. Aufl. 2012, Rz. 9.4.1, S. 617 ff. mit Hinweis auf die Probleme der Anrechnungssysteme. 2 S. zum Entwurf Listl, IStR 2014, 448 (448) und zur verabschiedeten Fassung Richter/Reeb, IStR 2015, 40 ff.; Hagemann/Kahlenberg, IStR 2014, 840 und zur Vereinbarkeit der geänderten Fassung der MTR mit den Grundfreiheiten Desens, IStR 2014, 825. 3 S. hierzu Hagemann/Kahlenberg, IStR 2014, 840; Richter/Reeb, IStR 2015, 40 (51). 4 S. dazu Anlage 2 zu § 43b EStG, BGBl. I 2014, 1295.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 34–38 § 2
ung von der Quellensteuerpflicht) als auch unter bestimmten Voraussetzungen auf die zutreffende Entlastung auf Ebene der Empfänger-Körperschaft (Art. 4 MTR) berufen.1 Umsetzung in nationales Recht. In Deutschland ist die MTR im geltenden Recht durch § 43b EStG (Inbound-Fall) und § 8b KStG (Outbound-Fall) in nationales Recht umgesetzt, wobei sich Deutschland mit § 8b KStG für die Freistellungsmethode entschieden hat.2 Weiterführend wird auf die Kommentierung zu § 8b KStG (§ 8b KStG Rz. 63 und 151 ff.) verwiesen.
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bb) Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie Anwendungsbereich. Die Richtlinie 2003/49/EG vom 3.6.20033 (Zins- und Lizenzgebühren- 36 richtlinie) mit Folgeänderungen nach dem Beitritt weiterer Mitgliedstaaten4 regelt in Art. 1, dass in einem Mitgliedstaat angefallene Einkünfte in Form von Zinsen oder Lizenzgebühren von allen in diesem Staat darauf erhebbaren Steuern – unabhängig davon, ob sie an der Quelle abgezogen oder durch Veranlagung erhoben werden – befreit werden, sofern der Nutzungsberechtigte der Zinsen oder Lizenzgebühren ein Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats oder eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte5 eines Unternehmens eines Mitgliedstaats ist. Den Erwägungsgründen 2 bis 4 der Richtlinie 2003/49/EG ist zu entnehmen, dass sie Doppelbesteuerungen bei Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten beseitigen und zudem gewährleisten soll, dass diese Zahlungen einmal in einem einzigen Mitgliedstaat besteuert werden. Nach diesen Erwägungsgründen besteht das geeignetste Mittel, die steuerliche Gleichbehandlung innerstaatlicher und grenzübergreifender Finanzbeziehungen zu gewährleisten, darin, die Steuern bei diesen Zahlungen in dem Mitgliedstaat, in dem diese Einkünfte anfallen, zu beseitigen6. Zinsen und Lizenzen iSd. Richtlinie werden in Art. 2 definiert. Begünstigt sind „Unternehmen eines Mitgliedstaats“ und „verbundene Unternehmen“ (Art. 3). Die begünstigten Rechtsformen dieser Unternehmen ergeben sich aus einem Anhang zur RL, müssen nach dem Steuerrecht eines Mitgliedstaats in diesem Mitgliedstaat niedergelassen sein, nicht nach einem zwischen dem betreffenden Staat und einem Drittstaat geschlossenen DBA von Einkünften für steuerliche Zwecke als außerhalb der Union niedergelassen gelten und einer der in Art. 3 Buchst. a der RL aufgeführten Steuern ohne Befreiung unterliegen. Zudem müssen bei „verbundenen Unternehmen“ die Mindestbeteiligungsquoten gem. Art. 3 Buchst. b der RL (im Grundsatz 25 % am Kapital) und die Mindesthaltedauer gem. Art. 1 Abs. 10 der RL (ununterbrochener Zeitraum von mindestens zwei Jahren) erfüllt sein. Im deutschen Recht wurde die Regelung in § 50g EStG umgesetzt.7 Beschränkungen. Neben diesem Grundprinzip regelt die Richtlinie komplexe Fragen zur Abgrenzung der tatsächlich Nutzungsberechtigten (beneficial owner) bei Gesellschaften und Betriebsstätten als Empfängern der Zahlung (Art. 1 Abs. 4 und 5). Schließlich bestimmt Art. 4, dass hybride und unangemessen hohe Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen, die nach dem Recht des Quellenstaats offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen, nicht unter die Gewährleistungen der Richtlinie fallen. Allerdings ist dann die Frage aufgeworfen, ob solche Zahlungen in den Anwendungsbereich der MTR fallen.8 Zudem ist den Mitgliedstaaten in Art. 5 die Missbrauchsbekämpfung erlaubt.
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Keine Beschränkung der Gewerbesteuerhinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG. Der EuGH hat mit Urteil v. 21.7.20119 entschieden, Art. 1 Abs. 1 sei dahingehend auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Steuerrechts nicht entgegenstehe, wonach die
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1 Terra/Wattel, European Tax Law, 6. Aufl. 2012, Kap. 9.9, S. 648 f. mit Hinweisen zur Entwicklung der EuGH-Rspr. 2 Richter/Reeb, IStR 2015, 40 (51). 3 RL über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. EU 2003 Nr. L 157, 49. 4 Die RL 2003/49/EG v. 3.6.2003 (ABl. EU 2003 Nr. L 157, 49) wurde durch die RL 2004/66/EG v. 26.4.2004 (ABl. EU 2004 Nr. L 168, 35) und die RL 2004/76/EG v. 29.4.2004 (ABl. EU 2004 Nr. L 157, 106 und ABl. EU 2004 Nr. L 195, 33) geändert (s. BMF v. 16.8.2004 – IV B 8 - S 1316 - 39/04, BStBl. I 2004, 851). 5 S. Art. 1 Abs. 3: Eine Betriebsstätte wird nur insoweit als Zahler von Zinsen oder Lizenzgebühren behandelt, als die entsprechenden Zahlungen in dem Mitgliedstaat, in dem sie belegen ist, für sie eine steuerlich abzugsfähige Betriebsausgabe darstellen. 6 Vgl. EuGH v. 21.7.2011 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar Technology, BStBl. II 2012, 512 (Rz. 24). 7 Zu den möglichen Auswirkungen des sog. BEPS-Projekts der OECD auf die DBA und die Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie s. Hummel/Knebel/Born, IStR 2014, 832. 8 Bejahend Terra/Wattel, European Tax Law, 6. Aufl. 2012, Rz. 13.2.3, S. 766. 9 EuGH v. 21.7.2011 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar Technology, BStBl. II 2012, 512.
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§ 2 Rz. 38–40
Beschrnkte Steuerpflicht
Darlehenszinsen, die ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat an ein in einem anderen Mitgliedstaat belegenes verbundenes Unternehmen zahle, der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer hinzugerechnet werden, der das erstgenannte Unternehmen unterliege. Danach betrifft die Richtlinie nur die Behandlung des Lizenz- und Zinsgläubigers, sodass die gewerbesteuerliche Hinzurechnung beim Vergütungsschuldner, die nicht zu einer Verringerung der Einkünfte des Gläubigers führt, die Richtlinie nicht beeinträchtigt. Der BFH hat im Anschluss daran auch eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit und des DBA-Diskriminierungsverbots verneint.1 cc) Fusionsrichtlinie 39 Gegenstand der Fusionsrichtlinie. Die derzeit geltende FusionsRL v. 19.10.20092 wurde vom Gesetzgeber im UmwStG 2006 und den Folgeänderungen umgesetzt.3 Berücksichtigt wird nach den Vorgaben der Richtlinie die Umwandlungsfähigkeit supranationaler Rechtsformen des europäischen Rechts.4 Die Umwandlungsfähigkeit einer Europäischen Gesellschaft (SE) entspricht nach Art. 9 der SE-VO5 derjenigen einer AG, die der Europäischen Genossenschaft (SCE) nach Art. 8 der SCE-VO6 derjenigen einer eG und die der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) nach Art. 2 der EWIV-VO7 iVm. § 1 EWIV-Ausführungsgesetz8 derjenigen einer OHG. 40
Anwendungsbereich der FusionsRL. Die FusionsRL findet nach Art. 1 nur Anwendung auf die dort genannten Vorgänge, wenn daran Gesellschaften aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten beteiligt sind. Neben den Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, Einbringungen und Anteilstauschen gem. Art. 2 Buchst. a bis e umfasst die Richtlinie auch den Übergang von Sachgesamtheiten (Teilbetrieben) in Art. 2 Buchst. j und Sitzverlegungen der SE und SCE in Art. 2 Buchst. k. Die Einbringung von Betriebsstätten ist in Art. 10 geregelt. Das Grundsystem der Richtlinie (Art. 49 bis 9) beruht darauf, dass der durch den Umwandlungsvorgang grds. ausgelöste Realisationstatbestand auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene nicht besteuert werden darf, wenn der Betriebsstättenvorbehalt in Art. 4 und 10 der Richtlinie beachtet wird. Im Rahmen der Umwandlung kommt es zu einer (Buch-)Wertverknüpfung10 bei den übergehenden Wirtschaftsgütern und Verbindlichkeiten und zu einem Überspringen der stillen Reserven auf das BV des übernehmenden Rechtsträgers und die neu erhaltenen Anteile der Gesellschafter, die als Gegenleistung im Zuge des Umwandlungsvorgangs ausgegeben werden.11 Die unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Gesellschaften sind in einem Anhang I, Teil A gelistet und müssen der Besteuerung der in Anhang I, Teil B enthaltenen Steuern unterliegen. Deutschland hat diese Vorgaben im UmwStG 2006 umgesetzt (s. Rz. 51). 1 BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = GmbHR 2012, 538 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2012, 536. 2 RL 2009/133/EG v. 19.10.2009, ABl. EU Nr. L 310, 34, geändert durch Art. 1 ÄndRL 2013/13/EU v. 13.5.2013, ABl. EU 2013 Nr. L 141, 30 (Anh. I geändert mit Wirkung vom 1.7.2013). 3 Goebel/Ungemach, DStZ 2012, 353. 4 Vgl. Rz. 01.05 des UmwStE 2011, BStBl. I 2011, 1314. 5 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294, 1. 6 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EU 2003 Nr. L 207, 1. 7 Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 v. 25.7.1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl. EG 1985 Nr. L 199, 1. 8 BGBl. I 1988, 514. 9 EuGH v. 19.12.2012 – Rs. C-207/11, DStR 2013, 8: Art. 4 stellt klar, dass der „steuerliche Wert“ der Wert ist, der für die Ermittlung des Einkommens, Gewinns oder Verlusts oder von Wertsteigerungen der einbringenden Gesellschaft zugrunde gelegt worden wäre, wenn das Aktiv- und Passivvermögen zugleich mit der Einbringung von Unternehmensteilen – aber unabhängig davon – veräußert worden wäre. Unter dem „übertragenen Aktiv- und Passivvermögen“ sind im Rahmen einer Einbringung von Unternehmensteilen die Teilbetriebe der einbringenden Gesellschaft zu verstehen, die nach der Einbringung tatsächlich einer Betriebsstätte der übernehmenden Gesellschaft im Mitgliedstaat der einbringenden Gesellschaft zugerechnet werden oder diese Betriebsstätte bilden und zur Erzielung des steuerlich zu berücksichtigenden Ergebnisses dieser Betriebsstätte beitragen. 10 S. aber ablehnend EuGH v. 11.12.2008 – Rs. C-285/07 – AT AG, BStBl. II 2009, 940: Erfordernis der sog. doppelten Buchwertverknüpfung gem. § 20 Abs. 2 S. 1 und 2, Abs. 4 S. 1 iVm. § 23 Abs. 4 S. 1 UmwStG 1995. 11 Vgl. Terra/Wattel, European Tax Law, 6. Aufl. 2012, Rz. 10.6: „tax deferral and carry over of tax value of (i) the assets and liabilities transferred and (ii) the shares exchanged“ sowie unter Rz. 10.8.2 f. zum „carry over of losses, tax free provisions and reserves“.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 41–44 § 2
dd) Amtshilfe- und Beitreibungsrichtlinie Amtshilfe- und Beitreibungsrichtlinie.1 Unter dem Begriff „Beitreibung“ ist gem. § 9 Abs. 1 41 Nr. 2 S. 5 KStG die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Sinne oder entsprechend der EG-Beitreibungsrichtlinie zu verstehen.2 Amtshilfe ist gem. § 2 Abs. 2 des EU-Amtshilfegesetzes (neu gefasst durch das AmtshilfeRLUmsG3) der Auskunftsaustausch im Sinne oder entsprechend der Amtshilferichtlinie4. Die KSt gehört zu den in das EUAHiG5 und in das EUBeitrG6 einbezogenen Steuern. 6. Verhältnis zu anderen Steuergesetzen a) Verhältnis zum AStG7 Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 1 AStG. Nach dieser Regelung ist Voraussetzung für die Annahme einer ausländischen Zwischengesellschaft, dass diese – wie eine beschränkt stpfl. Körperschaft – weder Geschäftsleitung noch Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und nicht gem. § 3 Abs. 1 KStG (wegen einer vorrangigen Erfassung des Einkommens unmittelbar bei den Gesellschaftern) von der KSt-Pflicht ausgenommen ist. Maßgebend ist, ob das ausländische Rechtsgebilde bei einem inländischen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung als Körperschaft nach § 1 Abs. 1 KStG stpfl. wäre.8
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Ort der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 AStG). Für EU-/EWR-Gesell- 43 schaften ist gem. § 8 Abs. 2 AStG ein Motivtest durchzuführen, nach dem diese nicht als Zwischengesellschaft angesehen werden können, wenn nachgewiesen wird, dass die betroffene Gesellschaft im ausländischen Staat einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht, dh. am Wirtschaftsleben des anderen Staats teilnimmt. Die Gesetzesbegründung nimmt zur Auslegung des Merkmals auf greifbare Indizien wie Geschäftsräume, Personal und eine Geschäftseinrichtung Bezug.9 Die Auslegung dieses Merkmals durch die FinVerw.10 ist im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit den Vorgaben des EuGH-Urteils in der Rs. Cadbury-Schweppes11 vor allem für ausländische Holding- und Finanzierungsgesellschaften umstritten.12 Handelt es sich bei der ausländischen Gesellschaft um eine substanzlose Basisgesellschaft, ist § 42 AO vorrangig anzuwenden.13 Ausländische Familienstiftungen iSd. § 15 AStG. Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG wird das Vermögen und Einkommen einer Familienstiftung, die sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung im Ausland hat, dem Stifter zugerechnet, wenn dieser unbeschränkt stpfl. ist, sonst den unbeschränkt stpfl. Personen, die bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind, entsprechend ihrem Anteil. Dies gilt nach § 15 Abs. 6 AStG unter bestimmten Voraussetzungen nicht, wenn eine Familienstiftung Geschäftsleitung oder Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat.14 Kommt § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG zur Anwendung, regelt die Norm nur die Zurechnung des Einkommens bzw. nur der Einkünfte, nicht aber die – vorgelagerte – Frage der Erzielung von Einkünften.15 Nach der zitierten Rspr. handelt es sich bei § 15 AStG einerseits um eine im Verhältnis zu §§ 7 bis 14 AStG vorrangige Regelung, andererseits finden die Hinzurechnungsregelungen aufgrund der Neu1 RL 2008/55/EG des Rates v. 26.5.2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen, ABl. EU 2008 Nr. L 150, 28. 2 S. Mai in Frotscher/Maas, § 9 KStG Rz. 41 (Stand: Januar 2011). 3 G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. 4 RL 77/799/EWG des Rates v. 19.12.1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Mehrwertsteuer, ABl. EG 1977 Nr. L 336, 15. 5 Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – EU-Amtshilfegesetz, BGBl. I 2013, 1809. 6 Gesetz über die Durchführung der Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – EU-Beitreibungsgesetz, BGBl. I 2011, 2592, geändert durch G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. 7 Zu § 1 AStG s. § 1 KStG Rz. 27. 8 Vogt in Blümich, § 7 AStG Rz. 14. 9 BT-Drucks. 16/6290, 133. 10 BMF v. 8.1.2007 – IV B 4 - S 1351 - 1/07, BStBl. I 2007, 99. 11 EuGH v. 12.9.2006 – Rs. C-196/04, DStR 2006, 1686. 12 Vogt in Blümich, § 8 AStG Rz. 156; Schönfeld, IStR 2014, 693 (697); Kroppen in JbFStR 2015, 715 (721). 13 BFH v. 19.1.2000 – I R 94/97, BStBl. II 2001, 222; v. 19.1.2000 – I R 111/97, BFH/NV 2000, 824; v. 25.2.2004 – I R 42/02, BStBl. II 2005, 14. 14 Zu den Einzelheiten s. W. Wassermeyer, FR 2015, 149 (151 f.). 15 BFH v. 13.5.2013 – I R 39/11, FR 2013, 1102 = ISR 2013, 280 m. Anm. Kirchhain = BFH/NV 2013, 1284; v. 22.12.2010 – I R 84/09, FR 2011, 623 = DStR 2011, 755.
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§ 2 Rz. 44–47
Beschrnkte Steuerpflicht
fassung der §§ 15 Abs. 9 und 10 AStG durch das AmtshilfeRLUmsG auf Ebene der Stiftung entsprechende Anwendung. b) Einkommensteuer 45 Inländische Einkünfte. Bezugnahmen auf das EStG ergeben sich im Wesentlichen über die Verweisung in § 2 Nr. 1 KStG auf die inländischen Einkünfte iSd. § 49 Abs. 1 und 2 EStG (s. dazu Rz. 65 und 70 ff.). 46
Verweis auf die einkommensteuerlichen Regelungen in § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG. Zudem bestimmt § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG, dass die „einkommensteuerlichen Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung einschließlich der Anrechnung, Entrichtung und Vergütung der Körperschaftsteuer“ (insbesondere die im EStG geregelte KapESt gem. §§ 43 ff. EStG, die Bauabzugsteuer gem. §§ 48 ff. EStG und die Regelungen zum Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 EStG) Anwendung finden. Die Bezugnahme des § 31 Abs. 1 KStG auf die Regelungen des EStG umfasst auch § 44a Abs. 9 EStG. Bei beschränkt stpfl. Körperschaften wird nach dieser Vorschrift die einbehaltene und abgeführte KapESt auf alle Kapitalerträge iSd. § 43 Abs. 1 EStG iHv. zwei Fünfteln vom BZSt nachträglich erstattet. Der Quellensteuersatz für Kapitalerträge ausländ. Körperschaften wird dadurch auf die tarifliche KSt für unbeschränkt stpfl. Körperschaften herabgesetzt (Satz 1), um eine Gleichbehandlung inländ. und ausländ. Körperschaften beim KapESt-Abzug zu gewährleisten.1 Eine sich aus der Anwendung des § 43b EStG (Befreiung vom Steuerabzug nach der MTR, s. Rz. 29), des § 50g EStG (Entlastung vom Steuerabzug für konzerninterne Zins- und Lizenzgebührenzahlungen, s. Rz. 32) sowie nach einem DBA ergebende weitergehende Entlastung vom Steuerabzug wird durch die Regelungen des Abs. 9 nicht verdrängt, dh., die weitergehende Freistellung nach diesen Vorschriften kann gem. Satz 3 uneingeschränkt in Anspruch genommen werden (s. auch Rz. 47).2 Auf beschränkt stpfl. Körperschaften anwendbar ist über die Bezugnahme in § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG auch § 50a Abs. 3 EStG, da die Vorschriften zur Anwendung der Regeln zum Steuerabzug nicht in § 32 KStG, sondern in § 31 KStG enthalten sind, denn der Steuerabzug gehört zur „Durchführung der Besteuerung“3. Danach kann in den Fällen des § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 EStG gem. § 50a Abs. 3 Satz 3 EStG bereits beim Steuerabzug berücksichtigt werden, dass der Vergütungsgläubiger (die beschr. stpfl. Körperschaft) BA oder WK geltend machen kann (s. § 31 KStG Rz. 6, 11 und 21; § 32 KStG Rz. 9).
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Abgeltungswirkung des Quellensteuereinbehalts. Die Abgeltungswirkung eines Quellensteuereinbehalts (§ 32 Abs. 1 KStG) tritt nicht ein, soweit besondere Vorschriften sie ausdrücklich oder der Sache nach ausschließen: –
Die KapESt entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG). Das gilt grds. auch, wenn nach § 43b EStG KapESt nicht geschuldet oder nach § 44a Abs. 9 EStG ermäßigt wird (Ausschüttung an im Zeitpunkt der Ausschüttung beteiligte ausländ. Muttergesellschaft), ein DBA das Recht, eine Quellensteuer zu erheben, nicht gewährt oder die Quellensteuer nach einem solchen nur iHv. 5 % bis 15 % der Einnahmen beträgt; die Steuer ist ungeachtet des § 43b, § 44a Abs. 9 EStG oder des DBA abzuziehen (§ 50d Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Gläubiger der Erträge kann allerdings anschließend unter den Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG die Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer beantragen (§ 50d Abs. 1 Satz 2 EStG), wobei er ua. durch die Bestätigung der für ihn zuständigen Steuerbehörde des anderen Staates nachweisen muss, dass er dort ansässig ist (§ 50d Abs. 4 Satz 1 EStG).4
–
§ 50d Abs. 1 EStG und die Erstattungsberechtigung nach § 43b/§ 44a Abs. 9 EStG und dem jeweiligen DBA gehen § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG vor (s. § 32 KStG Rz. 11): Wird keine Freistellungsbescheinigung erteilt, ist die KapESt in voller Höhe einzubehalten und dann dem Ausschüttungsempfänger auf Antrag nach § 50d Abs. 1 EStG zu erstatten. In diesem Zusammenhang sind die Anforderungen gem. § 50d Abs. 3 EStG zu erfüllen (s. § 32 KStG Rz. 11).
–
Der Steuerabzug hat nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG abgeltende Wirkung, wenn eine beschränkt stpfl. Körperschaft mit den inländischen Einkünften dem Steuerabzug nach
1 Zu § 44a Abs. 9 EStG s. Intemann in H/H/R, § 44a EStG Anm. 21 (Stand: April 2014); § 31 KStG Rz. 11. 2 Intemann in H/H/R, § 44a EStG Anm. 21 (Stand: April 2014); Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 16 ff. (Stand: April 2014). 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 32 KStG Rz. 18 (Stand: August 2013). 4 Klein/Link in H/H/R, § 49 EStG Anm. 810 (Stand: April 2014); Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 21 (Stand: April 2014).
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Levedag
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 47–49 § 2
§ 50a Abs. 1 EStG unterliegt. Davon machen § 32 Abs. 2 Nr. 2 iVm. Abs. 4 KStG eine Ausnahme für beschränkt stpfl. EU- oder EWR-Körperschaften, wenn diese eine Veranlagung beantragen:1 Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um Einkünfte nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 EStG handelt, dass die beschr. stpfl. Körperschaft, welche die Vergütungen bezieht (Gläubiger), eine EU- oder EWR-Körperschaft, -Personenvereinigung oder -Vermögensmasse ist, die in den Schutzbereich des Art. 54 AEUV bzw. Art. 34 des Abkommens über den EWR fällt. Dies betrifft jede Gesellschaft (Kapitalgesellschaft), Genossenschaft und sonstige juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die ihren satzungsmäßigen Sitz oder ihre Hauptverwaltung (Geschäftsleitung) in der EU oder dem EWR hat. Gleichgestellt sind nach § 32 Abs. 4 S. 2 KStG die SE und die SCE, die als Körperschaften des Staates gelten, in dem sich ihr Sitz befindet. Zu Einzelheiten s. die Kommentierung zu § 32 KStG (s. § 32 KStG Rz. 20 ff.). –
Die Abgeltungswirkung führt bei Einkünften gem. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus der zeitlich befristeten Überlassung von Rechten und Know-how) infolge der Bruttobesteuerung und der fehlenden Möglichkeit, Betriebsausgaben abzusetzen, idR zu einer höheren Steuerlast als bei entsprechenden Einkünften von unbeschränkt Stpfl. Der Steuerabzug ohne Veranlagungsmöglichkeit verstößt daher uE gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV; Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich, vor allem da mit der Veranlagungsoption ein systemkonformes Mittel zur Vermeidung des Eingriffs in die Grundfreiheiten zur Verfügung steht (s. § 32 KStG Rz. 22).2
–
Schließlich hat der Gesetzgeber – flankierend zur Einführung des § 8b Abs. 4 KStG – in § 32 Abs. 5 KStG eine Erstattungsmöglichkeit der in der Vergangenheit auf Dividendenausschüttungen bis zum 28.2.2013 einbehaltenen KapESt eingeführt, um der EuGH-Entscheidung v. 20.10.20113 gerecht zu werden (s. hierzu § 32 KStG Rz. 30 ff.).
c) Gewerbesteuer Gewerbesteuerpflicht inländischer laufender Betriebsstättengewinne. Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Gemäß § 2 Abs. 2 GewStG gilt die Tätigkeit einer KapGes. stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Bei einer KapGes. berühren somit alle Einnahmen den stpfl. Gewerbeertrag.4 Daraus folgt, dass die Tätigkeit einer KapGes. vom Beginn bis zur Beendigung und Abwicklung als der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt. § 2 Abs. 2 GewStG gilt auch für ausländische Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform), wenn sie im Inland eine Betriebsstätte unterhalten und – nach dem durchzuführenden Typenvergleich (s. Rz. 60 ff.) – ihrer Art nach einer inländischen GmbH entsprechen und im Inland rechtsfähig sind.5
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Hinzurechnungen gem. § 8 GewStG. Zur Vereinbarkeit der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG 2002 bei Zins- und Linzenzvergütungen mit dem Unionsrecht s. bereits Rz. 38. Die Hinzurechnungen der Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbs. 1 GewStG 1991 und der Teilwerte der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter gem. § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Halbs. 1 GewStG 1991 beim Mieter oder Pächter verstießen nach Auffassung des BFH6 nicht gegen das Unionsrecht, indessen betraf der Streitfall eine reine Inländerdiskriminierung. Der EuGH hat in dem Urteil „Eurowings“ v. 26.10.29997 allerdings entschieden, dass in der Verknüpfung der in § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbs. 1 GewStG 1991 enthaltenen Ausnahme mit der Ansässigkeit des Vermieters oder Verpächters im Ausland ein Verstoß gegen Verbot von Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs zu sehen war. Diese Ausnahme von
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1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 32 KStG Rz. 15–17a (Stand: August 2013): Für den Ausschluss der Abgeltungswirkung muss hinzukommen, dass sich Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Hoheitsgebiet eines EU- oder EWR-Staats befinden. Es ist nicht erforderlich, dass sich Sitz und Geschäftsleitung in demselben EU- oder EWR-Staat befinden. Die Geschäftsleitung muss sich auch nicht in dem EU- oder EWRStaat befinden, nach dessen Recht die Körperschaft gegründet worden ist. Für SE und SCE genügt es, dass sich der Sitz in einem dieser Staaten befindet, da bei diesen Gesellschaftsformen Sitz und Ort der Geschäftsleitung nicht in verschiedenen Staaten sein können. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 32 KStG Rz. 16c, 18c (Stand: August 2013) mit Hinweis auf die geltungserhaltende Auslegung der Norm in den Entscheidungen des BFH v. 25.4.2012 – I R 76/10, ISR 2012, 8 m. Anm. Rochow = BFH/NV 2012, 1444; und v. 27.7.2011 – I R 32/10, FR 2012, 280 = BFH/NV 2012, 118. 3 EuGH v. 20.10.2011 – Rs. C-284/09 – Kommission ./. Deutschland, IStR 2011, 840. 4 Vgl. Roser in Lenski/Steinberg, Kommentar zum GewStG, § 7 Anm. 334, 335 (Stand: Juli 2009). 5 Vgl. H 2.1 Abs. 4 „Gewerbesteuerpflicht ausländischer Kapitalgesellschaften“ GewStH 2009. 6 BFH v. 15.7.2005 – I R 21/04, BStBl. II 2005, 716. 7 EuGH v. 26.10.1999 – Rs. C-297/97, EuGHE 1999, I-7463 = BStBl. II 1999, 851.
Levedag
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§ 2 Rz. 49–51
Beschrnkte Steuerpflicht
dem Hinzurechnungsgebot in § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG 1991 fand nach damaliger Rechtslage nämlich stets dann keine Anwendung, wenn der Vermieter oder Verpächter im Ausland ansässig war, weil bei einem solchen die Miet- oder Pachtzinsen nicht der Gewerbesteuer unterworfen werden konnten. 50
Steuerpflicht des Gewinns aus der Veräußerung oder Aufgabe einer inländischen Betriebsstätte. Wird eine inländische Betriebsstätte (Zweigniederlassung) veräußert, unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung durch eine beschränkt stpfl. KapGes. – wie bei inländischen KapGes. auch – der Gewerbesteuer.1 Das gleiche Ergebnis stellt sich ein, wenn eine beschränkt stpfl. KapGes. an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist, die ihr eine Betriebsstätte vermittelt. Gemäß § 7 Satz 2 GewStG unterliegt der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer. d) UmwStG
51 Umwandlungsmöglichkeiten. Im UmwStG hat der Gesetzgeber die Umwandlungsmöglichkeiten für beschränkt stpfl. Körperschaften mit Blick auf die Vorgaben des Unionsrechts (s. Rz. 39 ff.) ausgebaut. Für einen kurzen Überblick wird auf die Aussagen des UmwStE 20112 hingewiesen: –
Rz. 01.20 bis 01.41 des UmwStE 2011. In diesen Textziffern führt der UmwStE 2011 aus, unter welchen Voraussetzungen ausländische Umwandlungsvorgänge (insbesondere Verschmelzungen/Spaltungen/Formwechsel) als vergleichbare Vorgänge auch dem deutschen UmwStG (Anwendungsbereich des Zweiten bis Fünften Teils) unterliegen können. Ausländische Vorgänge iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwStG sind Umwandlungen, bei denen auf den übertragenden Rechtsträger oder auf den übernehmenden Rechtsträger bzw. beim Formwechsel auf den umwandelnden Rechtsträger das UmwG nach den allgemeinen Grundsätzen kollisionsrechtlich keine Anwendung findet. Das für die Umwandlung maßgebende Recht bestimmt sich regelmäßig nach dem Gesellschaftsstatut des Staats, in dem der jeweilige Rechtsträger in ein öffentliches Register eingetragen ist. Ist er nicht oder noch nicht in ein öffentliches Register eingetragen, ist das Gesellschaftsstatut des Staats maßgebend, nach dem er organisiert ist (Rz. 01.20 des UmwStE 2011). Für ausländische Vorgänge gilt nach Rz. 01.23 des UmwStE 2011 wie bei den inländischen Umwandlungen der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts. Der ausländische Vorgang muss nach dem jeweiligen Gesellschaftsstatut der beteiligten Rechtsträger gesellschaftsrechtlich zulässig und wirksam sein. Für die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit und Wirksamkeit einer ausländischen Umwandlung ist regelmäßig von der Entscheidung der ausländischen Registerbehörden auszugehen. Das gilt nicht bei gravierenden Mängeln der Umwandlung. Ausländische Vorgänge iSd. § 1 Abs. 1 UmwStG sind auch grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge unter Beteiligung von Rechtsträgern, die dem deutschen Gesellschaftsstatut unterliegen. Die grenzüberschreitende Verschmelzung iSd. § 122a UmwG ist dabei grds. ein mit einer Verschmelzung iSd. § 2 UmwG vergleichbarer ausländischer Vorgang. Ein ausländischer Vorgang kann auch dann gegeben sein, wenn sämtliche beteiligten Rechtsträger im Inland unbeschränkt stpfl. sind (Rz. 01.21 und 01.22 des UmwStE 2011).
–
Rz. 01.42 des UmwStE 2011. Verschmelzungen iSd. Art. 17 SE-VO3 und iSd. Art. 19 SCEVO4 unterfallen dem sachlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG. Diese Verordnungen gelten nicht nur in Bezug zu EU-Mitgliedstaaten, sondern auch in Bezug zu EWR-Staaten.
–
Rz. 01.49 des UmwStE 2011. Für die Anwendung der §§ 3 bis 19 UmwStG müssen der übertragende Rechtsträger und der übernehmende Rechtsträger nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats oder eines EWR-Staats gegründet sein und ihren Sitz (§ 11 AO) sowie ihren Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) in einem dieser Staaten haben (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG). Es ist nicht erforderlich, dass sich der Sitz (§ 11 AO) und der Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) in ein und demselben EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat befin-
1 Vgl. FG BW v. 9.7.2010 – 10 K 3286/09, EFG 2010, 2111 mwN (rkr.). 2 Vgl. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314. 3 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG 2001 Nr. L 294, 1. 4 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EU 2003 Nr. L 207, 1.
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Levedag
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 51–53 § 2
den. Beim Formwechsel iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwStG müssen die vorgenannten Voraussetzungen vom umwandelnden Rechtsträger erfüllt werden. –
Rz. 01.50 des UmwStE 2011. Der Begriff der Gesellschaft iSd. Art. 54 AEUV (zuvor Art. 48 EG) bzw. des Art. 34 des EWR-Abkommens ist ein Begriff des Unionsrechts; es kommt insoweit nicht auf das nationale Recht an. Gesellschaften iSd. Art. 54 AEUV (zuvor Art. 48 EG) bzw. des Art. 34 des EWR-Abkommens sind regelmäßig juristische Personen des privaten Rechts (zB AG und GmbH) und Personenvereinigungen (zB KG und OHG), ausgenommen diejenigen Gesellschaften, die keinen Erwerbszweck verfolgen (Art. 54 Abs. 2 AEUV [zuvor Art. 48 Abs. 2 EG], Art. 34 Abs. 2 EWR-Abkommen). Einen Erwerbszweck in dem vorgenannten Sinne erfüllen regelmäßig die juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher Art; der jeweilige Betrieb gewerblicher Art ist insofern als Gesellschaft iSd. Art. 54 AEUV (zuvor Art. 48 EG) bzw. des Art. 34 des EWRAbkommens anzusehen.
–
Rz. 01.53 des UmwStE 2011. Jede nach den Rechtsvorschriften eines EU-Mitgliedstaats oder EWR-Staats gegründete in- und ausländische Gesellschaft iSd. Art. 54 AEUV (zuvor Art. 48 EG) oder des Art. 34 des EWR-Abkommens kann einbringender Rechtsträger, übertragender Rechtsträger oder umwandelnder Rechtsträger sein, wenn sich deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befinden (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwStG).
–
Rz. 01.54 des UmwStE 2011. Übernehmender Rechtsträger iSv. §§ 20, 21 UmwStG kann jede KapGes. oder Genossenschaft iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG sein. Dies gilt unabhängig davon, ob der übernehmende Rechtsträger unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig iSv. § 1 KStG ist. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 20, 21 UmwStG ist jedoch nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG, dass es sich um eine nach den Rechtsvorschriften eines EU-Mitgliedstaats oder eines EWR-Staats gegründete Gesellschaft iSd. Art. 54 AEUV (zuvor Art. 48 EG) oder des Art. 34 des EWR-Abkommens handelt, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befinden. Dies gilt nicht in den Fällen des § 24 UmwStG (§ 1 Abs. 4 Satz 2 UmwStG).
V. Verhältnis der Nr. 2 zu anderen Vorschriften § 1 KStG. Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts können als Rechtsträger nebeneinander unbeschränkt stpfl. (mit einem Betrieb gewerblicher Art gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) und beschränkt stpfl. gem. § 2 Nr. 2 KStG für die außerhalb dieses Betriebs zufließenden Einkünfte sein, die dem Steuerabzug ganz oder teilweise unterliegen oder unter § 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG fallen. Zur Abgrenzung s. Rz. 3.
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§ 3 KStG. S. § 3 KStG Rz. 12. § 5 KStG. Der generelle Ausschluss beschränkt stpfl. Körperschaften (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG) von der Befreiung gilt nunmehr nicht mehr (s. § 5 KStG Rz. 644) für beschränkt stpfl. Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, wenn deren Sitz oder Geschäftsleitung in der EU oder einem EWR-Staat liegt und mit dem betroffenen Staat ein Amtshilfeabkommen besteht (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG). Die Rückausnahme wurde mit dem JStG 2009 mit Wirkung für alle noch offenen VZ in das Gesetz aufgenommen (§ 34 Abs. 5a KStG). §§ 7, 8 KStG. Die nur mit Kapitalerträgen (außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art) beschränkt stpfl. öffentlich-rechtlichen Körperschaften, bei denen die KSt im Wege der Quellenbesteuerung erhoben wird (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und 7 EStG, §§ 2 Nr. 2, 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG) unterfallen nicht § 7 KStG (s. § 7 KStG Rz. 3). Für diese nicht veranlagten Einkünfte ist daher nicht das zu versteuernde Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG die Bemessungsgrundlage, sondern die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Abzugsteuer. Zur Abgeltungswirkung des Steuerabzugs gem. § 32 Abs. 3 KStG s. Rz. 3 und § 32 KStG Rz. 26 ff.
VI. Rechtsentwicklung des § 2 KStG1 Das KStG 1920/19222 definierte in § 1 Abs. 1 KStG die kstpfl. Strukturen. Soweit es sich um ausländ. Gesellschaften handelte (Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland), bestand
1 Vgl. Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 2; Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 1; Martini, IStR 2012, 441 (445). 2 RGBl. I 1922, 472.
Levedag
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§ 2 Rz. 53–54
Beschrnkte Steuerpflicht
inländ. Stpfl. nach Abs. 2 nur für Einkünfte aus im Inland belegenem Grundbesitz oder aus einem inländ. Gewerbebetrieb. Letzterer war nur unter der Voraussetzung stpfl., dass auch eine inländ. Betriebsstätte bestanden hat oder ein ständiger Vertreter bestellt war. Voraussetzung für die Besteuerung der Gesellschaften war weiterhin, dass sie nach ausländ. Recht als eigene Rechtsperson angesehen (juristische Person, Personenvereinigung, Anstalt, Stiftung, Zweckvermögen) und als solche auch besteuert wurden. KStG 1925.1 Hinsichtlich der subjektiven Voraussetzung wurde das Gesetz nicht geändert, allerdings wurden die objektiven Kriterien durch Verweis auf das EStG um weitere Einkunftsarten erweitert (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Daneben wurde eine selektive Stpfl. bestimmter inländ. Kapitalerträge eingeführt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Hierbei kam es nicht auf den Sitz und den Ort der Körperschaft oder Vermögensmasse an. KStG 1934.2 Umfassend wurde die beschränkte Stpfl. nunmehr in § 2 KStG geregelt, und zwar mit Bezug auf ausländ. Strukturen. Der Wortlaut der Norm entsprach außer dem Wort „sonstige“ schon dem des § 2 Nr. 2 KStG 1977. KStG 1950.3 Es wurden die Tatbestände des bisherigen § 2 in Abs. 1 KStG zusammengefasst und ein neuer Abs. 2 aufgenommen. In diesem wurde die beschränkte Stpfl. auf solche Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen erweitert, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem inländ. Gebiet hatten, in dem solche Steuersubjekte aufgrund gesetzlicher Bestimmung als beschränkt kstpfl. angesehen wurden. KStG 1977.4 Zusammen mit dem Anrechnungsverfahren wurde § 2 KStG in seiner heutigen Form eingeführt. StÄndG.5 Nr. 2 wurde an die Änderung der KapESt-Erstattung angepasst und dementsprechend redaktionell (der Passus „von denen ein Steuerabzug vorzunehmen ist“ in „die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen“6) geändert. Die in § 2 Nr. 2 KStG genannten Stpfl. unterfallen nach dieser Klarstellung der KSt nunmehr mit den inländischen Einkünften, die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen;7 die verfahrensmäßigen Auswirkungen beim Steuerabzug sollten auf die Rechtsfolgen des § 2 Nr. 2 keine Auswirkung haben.8 Eine Änderung der Rechtslage trat hierdurch nicht ein.9 UntStRefG 2008.10 Die beschränkte Stpfl. der Nr. 2 wurde ausgedehnt auf bestimmte kommunale Wertpapierleihgeschäfte. Inländ. Einkünfte sind nunmehr auch Entgelte aus Anteilen an einer inländ. KapGes., die anderen überlassen werden, Entgelte iRd. Wertpapierpensionsgeschäfts iSd. § 340b Abs. 2 HGB sowie die in § 8b Abs. 10 Satz 2 KStG genannten Einnahmen oder Bezüge. Gem. § 34 Abs. 2a KStG aF ist Nr. 2 idF dieses Gesetzes erstmals auf Entgelte, die nach dem 17.8.2007 zufließen, anzuwenden (s. dazu § 34 KStG Rz. 48 f.).
B. Beschränkte KSt-Pflicht mit den inländischen Einkünften (Nr. 1) I. Beschränkt steuerpflichtige KSt-Subjekte ohne Sitz und Geschäftsleitung im Inland 1. Weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland 54 Keine unbeschränkte Steuerpflicht. Die unbeschränkte und beschränkte Stpfl. ausländischer Rechtsgebilde wird über das Merkmal abgegrenzt, dass weder ein inländischer Sitz noch ein inländischer Ort der Geschäftsleitung bestehen darf. Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt eine unbeschränkte Stpfl. iSd. § 1 Abs. 1 KStG vor. Ausländische Rechtsgebilde mit ausländischem Sitz, die ihren Ort der Geschäftsleitung in das Inland verlegen und damit „zuziehen“, sind unbeschränkt stpfl. (s. hierzu § 1 KStG Rz. 67 ff.).
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
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G v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, 208. G v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1031. G v. 28.12.1950, BGBl. I 1951, 34. G v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597 = BStBl. I 1976, 445. G v. 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2645 = BStBl. I 2003, 710. Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 6. Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 44, 46. Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 6. Kalbfleisch in Ernst & Young, § 2 KStG Rz. 6. G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630.
Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 54–58 § 2
Sitz (§ 11 AO). S. § 1 KStG Rz. 104 ff. Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO). S. § 1 KStG Rz. 98 ff. Zur Abgrenzung vom Ort der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit iSd. § 8 Abs. 2 AStG s. Rz. 42. Inland. Zum Inlandsbegriff s. § 1 Abs. 3 KStG (vgl. § 1 KStG Rz. 122 ff.). 2. Beginn der beschränkten KSt-Pflicht gem. Nr. 1 Der Beginn der beschränkten KSt-Pflicht setzt voraus, dass das unter § 2 Nr. 1 KStG zu sub- 55 sumierende ausländische Rechtsgebilde entstanden ist und im Inland mit der Einkünfteerzielung (positiver oder negativer Einkünfte) beginnt.1 Der Zuzug einer ausländischen Gesellschaft unter Verlegung des Verwaltungssitzes in das Inland führt zur Begründung der unbeschränkten Stpfl. (vgl. § 1 KStG Rz. 116). Der Wegzug einer solchen Gesellschaft kann zum Wechsel von der unbeschränkten in die beschränkte Stpfl. und zur Auflösung (vgl. zu § 12 Abs. 3 KStG § 12 KStG Rz. 5 und 117 ff.) führen. Letzteres gilt gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 KStG auch, wenn eine im In- und Ausland doppelt ansässige Gesellschaft nach der sog. Tiebreaker-Regelung eines DBA entsprechend Art. 4 Abs. 3 OECD-MA als im anderen Vertragsstaat ansässig gilt (s. dazu § 12 KStG Rz. 145 ff.). 3. Ende der beschränkten KSt-Pflicht gem. Nr. 1 Die beschränkte KSt-Pflicht endet, wenn das ausländische KSt-Subjekt nach Maßgabe des ausländischen Zivilrechts erlischt oder die der Einkünfteerzielung im Inland zugrunde liegende Tätigkeit beendet wird.2 Der Wechsel von der beschränkten in die unbeschränkte Stpfl. führt zur Beendigung der bisherigen Stpfl. und zum Eintritt in eine neue Stpfl. (s. auch zu § 32 Abs. 2 Nr. 1 KStG § 32 KStG Rz. 19).3
56
II. Körperschaften/Personenvereinigungen/Vermögensmassen 1. Unter Nr. 1 fallende Rechtsgebilde Körperschaften. Nach allgemeiner Meinung fallen hierunter ausländische Rechtsgebilde, die 57 nach dem vorzunehmenden Rechtstypenvergleich (s. Rz. 60 ff.) einen korporationsrechtlichen Zusammenschluss von Personen darstellen, der unabhängig vom Bestand der Mitglieder besteht und hinsichtlich seiner Struktur und wirtschaftlichen Gestaltung den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG genannten Steuersubjekten entspricht.4 § 2 Nr. 1 KStG ist nicht so ausdifferenziert wie die Unterscheidung innerhalb des Katalogs in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG, sondern knüpft nur an „Körperschaften“ an. Der in § 2 Nr. 1 KStG verwendete Begriff der „Körperschaft“ ist weiter als der Begriff der „Kapitalgesellschaft“ in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG (s. generell zum Verhältnis des Merkmals der Körperschaft als Oberbegriff zum Merkmal der KapGes. § 1 KStG Rz. 45 f.).5 Seit der Geltung der aktuellen Fassung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist das dortige Merkmal der KapGes. deutlich weiter auszulegen und setzt bei ausländischen KapGes. deren Rechtsfähigkeit nicht mehr zwingend voraus (s. § 1 KStG Rz. 70 f.). Unter die „Körperschaften“ iSd. § 2 Nr. 1 KStG fallen damit iErg. alle ausländischen (nach dem Typenvergleich) juristischen Personen, die Einkünfte im Inland erzielen.6 Die ausländische Stiftung ist idR aus Sicht des deutschen KStG als eine Körperschaft iSd. § 2 Nr. 1 KStG anzusehen (s. aber auch Rz. 59 zur unselbstständigen Treuhandstiftung).7 Personenvereinigungen. Aus der Zusammenschau mit § 1 Abs. 1 Nr. 5 und § 3 Abs. 1 KStG 58 ergibt sich, dass iRd. § 2 Nr. 1 KStG (nicht rechtsfähige) Personenvereinigungen erfasst sind, deren Einkünfte nicht den dahinter stehenden Personen unmittelbar zuzurechnen sind (s. § 1 KStG Rz. 86; § 3 KStG Rz. 3 und 10). Es muss eine verselbstständigte Organisationsform 1 Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 60; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 74; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 187; ebenso R 4 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004. 2 Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 61; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 74; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 188; ebenso R 4 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004. 3 Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 63. 4 Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 17; Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 25; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 41 ff.; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 61; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 8. 5 Martini, IStR 2012, 441 (446), der für die typprägenden Merkmale iRd. § 2 Nr. 1 KStG mehr auf die Eigenschaften des Vereins als der KapGes. abstellen will. 6 Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 17; Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 25; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 46; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 65; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 8. 7 BFH v. 27.8.1997 – I R 8/97, BStBl. II 1998, 163 = FR 1998, 208; v. 21.12.1994 – I R 65/94, GmbHR 1995, 908 = FR 1995, 476 = DStR 1995, 847; Wachter, DStR 2000, 1037 (1045).
Levedag
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§ 2 Rz. 58–60
Beschrnkte Steuerpflicht
mit mitgliedschaftlichem Bezug vorhanden sein, die jedoch noch nicht zur Einordnung als Körperschaft führt.1 59
Vermögensmassen. Erfasst werden Gebilde ohne Personen- oder Mitgliederbezug, die nicht zwangsläufig rechtsfähig sein müssen, aber jedenfalls wirtschaftlich selbstständig sind.2 Dies setzt ein selbstständiges, einem bestimmten Zweck dienendes Sondervermögen voraus, das aus dem Vermögen des Widmenden ausgeschieden ist und aus dem eigene Einkünfte fließen (s. § 1 KStG Rz. 48 und 91). Zusätzlich darf keine vorrangige unmittelbare Einkünftezurechnung bei einer anderen Person vorzunehmen sein (§ 3 Abs. 1 KStG, s. § 3 KStG Rz. 3, 18 und 20). Unter § 2 Nr. 1 KStG kann nach Maßgabe des Typenvergleichs somit eine ausländische nicht rechtsfähige Stiftung fallen. Der BFH3 hat eine unter § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG fallende inländische nicht rechtsfähige Stiftung in der Weise charakterisiert, dass diese errichtet werde, wenn einer natürlichen oder juristischen Person Vermögensteile von dritter Seite mit der Auflage zugewendet würden, die Erträgnisse für einen bestimmten Zweck zu verwenden. Zur Erfüllung des Stiftungszwecks werde ein Träger (Fiduziar) zivilrechtlicher Eigentümer des Stiftungsvermögens, das er im Rahmen eines Treuhandverhältnisses halte und über das er, ohne wirtschaftlicher Eigentümer zu sein, nur zur Erfüllung des Stiftungsauftrags verfügen könne (s. vertiefend § 1 KStG Rz. 88 bis 90). Erzielt ein solches ausländisches Gebilde inländische Einkünfte, ohne Sitz oder Geschäftsleitung im Inland zu haben, fällt es unter § 2 Nr. 1 KStG. Der Übergang aus dem Vermögen des Widmenden setzt uE eine weitgehende Aufgabe der Verfügungsmacht voraus. Eine ausländische nicht rechtsfähige unselbstständige Treuhandstiftung, die als ausländische Stiftung (rechtsfähige juristische Person) wirksam gegründet wird und auf die das Stiftungsvermögen zivilrechtlich als Treuhänderin übertragen wird, ist uE kein Zweckvermögen iSd. § 2 Nr. 1 KStG, wenn der Stifter das Recht besitzt, die Vermögensübertragung an die Stiftung jederzeit zu widerrufen, und wenn ihm umfassende Weisungsrechte gegenüber dem jeweiligen Stiftungsvorstand, das Recht zur freien Satzungsänderung und/oder sonstige jederzeit ausübbare Rechte auf Rückübertragung des Stiftungsvermögens eingeräumt werden. Dies folgt aus dem Zusammenhang des § 2 Nr. 1 KStG mit § 3 Abs. 1 KStG, der auch für ausländische Rechtsgebilde verlangt, dass die unmittelbare Zurechnung der Einkünfte bei einem anderen Steuersubjekt ausgeschlossen ist (s. § 3 KStG Rz. 18 und 20). Ist aber eine ausländische Stiftung hinsichtlich des Stiftungsvermögens lediglich als Treuhänder zu qualifizieren, sind das wirtschaftliche Eigentum an dem Stiftungsvermögen gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und die hierauf zufließenden Einkünfte dem Stifter als Treugeber weiterhin zuzurechnen.4 Einen Anwendungsfall stellen ausländische Trusts dar, die beschränkt stpfl. iSd. § 2 Nr. 1 KStG sein können, wenn ein unbeschränkt Stpfl. im Ausland einen nicht rechtsfähigen Trust errichtet, ihn mit Kapitalvermögen ausstattet und die Verwaltung des Kapitalvermögens einem Trustee überträgt:5 Mangels Rechtsfähigkeit ist der Treuhänder (Trustee) als Inhaber des Vermögens anzusehen. Im Außenverhältnis erzielt er die Einkünfte aus dem Trustvermögen. Es können die Einkünfte dem Trust als nicht rechtsfähiger Vermögensmasse (§ 3 Abs. 1 KStG) nur dann zugerechnet werden, wenn der Trustee bezüglich des Trustvermögens für Rechnung des Trusts handelt und deshalb die Einkünfteerzielung dem Trust zuzurechnen ist. Eine Anstalt liechtensteinischen Rechts kann als sonstige juristische Person des privaten Rechts beschränkt kstpfl. sein, wenn das Vermögen unwiderruflich übertragen wird und sie inländische Einkünfte iSd. § 49 EStG erzielt.6 2. Notwendigkeit des Rechtstypenvergleichs
60 Abgrenzung. Die Aufgabe der Klassifizierung ausländischer Rechtsgebilde für Zwecke der Rechtsanwendung aus deutscher Sicht stellt sich in der Rechtspraxis auf verschiedenen Ebenen:
1 Lambrecht in Gosch2, § 2 KStG Rz. 17; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 67; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 9. 2 Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 69. 3 BFH v. 16.11.2011 – I R 31/10, BFH/NV 2012, 786. 4 Zutr. W. Wassermeyer, FR 2015, 149 (150). 5 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 50, mit Hinweis auf BFH v. 5.11.1992 – I R 39/92, BStBl. II 1993, 388 = FR 1993, 275 und zu den denkbaren Ausgestaltungsmöglichkeiten. 6 BFH v. 27.7.1988 – I R 130/84, BStBl. II 1989, 101 = FR 1988, 650 mwN; W. Wassermeyer, FR 2015, 149 (155).
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B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 60–61 § 2
–
Im Rahmen des § 2 Nr. 1 KStG ist nach Maßgabe des Typenvergleichs zu entscheiden, ob ein ausländisches Rechtsgebilde inländischen Rechtsgebilden iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 KStG vergleichbar ist (s. Rz. 57). Hierbei handelt es sich um eine autonome Auslegung der Merkmale des § 2 Nr. 1 KStG, die ohne Bindung an das ausländische (Steuer-)Recht durchzuführen ist.1
–
Im Rahmen der unbeschränkten Stpfl. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist für die Einordnung zugezogener ausländischer KapGes. der Rechtstypenvergleich von zentraler Bedeutung (s. § 1 KStG Rz. 70 f.).
–
Dieselbe (autonome) Prüfung kann im Rahmen einzelner körperschaftsteuerlicher Normen vorkommen (vgl. zB zur Einordnung von Auslandsbezügen iSd. § 8b Abs. 1 KStG § 8b KStG Rz. 121).
–
Nach den DBA ist aus abkommensrechtlicher Sicht zu entscheiden, ob ein ausländisches Rechtsgebilde als ansässige „Person“ oder „Gesellschaft“ iSd. Art. 3 und 4 des jeweiligen DBA (nach Maßgabe des OECD-MA) einzustufen ist und daher abkommensberechtigt ist. Diese Prüfung am Maßstab der DBA-Voraussetzungen erfolgt ebenfalls autonom aus Sicht des deutschen Rechtsanwenders, ohne dass eine Bindung (Qualifikationsverkettung) an die Wertungen im anderen Vertragsstaat besteht (s. bereits Rz. 13).2
Nach herrschender Auffassung ist die Beurteilung ausländischer Rechtsgebilde methodisch anhand des sog. Rechtstypenvergleichs durchzuführen.3 Die ausländische Gesellschaft wird hierbei auf ihre typischen Wesensmerkmale hin untersucht und – falls möglich – dem Typus einer deutschen Körperschaft zugeordnet.4 Aussagen der FinVerw. Aussagen der FinVerw. zum Typenvergleich finden sich an verschiedenen Stellen: –
Rz. 01.27 des UmwStE 2011.5 Ein ausländischer Rechtsträger muss im Rahmen eines Rechtstypenvergleichs einem vergleichbaren umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts entsprechen. Allein die steuerliche Einordnung des jeweiligen Rechtsträgers als Körperschaft oder Personengesellschaft ist für die Beurteilung der Umwandlungsfähigkeit nicht ausreichend. Der Rechtstypenvergleich hat grds. anhand des gesetzlichen Leitbilds der ausländischen Gesellschaft zu erfolgen. Ist es aufgrund umfassender Dispositionsmöglichkeiten im ausländischen Recht nicht möglich, den jeweils beteiligten Rechtsträger anhand des gesetzlich vorgegebenen Leitbilds abzuleiten, hat der Rechtstypenvergleich anhand der rechtlichen Gegebenheiten des Einzelfalls zu erfolgen.
–
Rz. 1.2 des BMF-Schreibens v. 26.9.2014.6 Ob eine ausländische Gesellschaft als Personengesellschaft oder als Körperschaft zu behandeln ist, bestimmt sich für Zwecke der deutschen Besteuerung ausschließlich nach deutschem Steuerrecht. Es gelten die allgemeinen Grundsätze des Rechtstypenvergleichs mit Verweis auf Abschnitt IV des BMFSchreibens vom 19.3.20047. Die Einordnung nach dem Zivil- oder Steuerrecht des jeweiligen Sitzstaates sei nicht maßgebend.
–
Betriebsstättenerlass und Schreiben zur Einordnung einer LLC US-amerikanischen Rechts. Die maßgebenden Kriterien für den Rechtstypenvergleich enthält das BMFSchreiben v. 19.3.20048, welches konkret zur Einordnung einer Florida-LLC ergangen ist. Das BMF-Schreiben v. 24.12.19999 (unter Berücksichtigung der Änderungen durch die BMF-Schreiben v. 20.11.200010 und v. 29.9.200411 – Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsät-
1 Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 54; Dorfmüller, IStR 2014, 682 (683). 2 Vgl. zB BFH v. 20.8.2008 – I R 39/07, BStBl. II 2009, 234; v. 6.6.2012 – I R 52/11, GmbHR 2012, 1093 = ISR 2012, 56 m. Anm. Eilers/Schulz = BFH/NV 2012, 1220; v. 26.6.2013 – I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/Nagler = BFH/NV 2013, 2002. 3 Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, KStG1, § 2 Rz. 51; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 42 ff.; Dorfmüller, IStR 2014, 682 (683). 4 Grundlegend RFH v. 12.2.1930 – VI A 899/27, RStBl. 1930, 444 = RFHE 27, 73; BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184; v. 4.4.2007 – I R 110/05, BStBl. II 2007, 521 = GmbHR 2007, 717 = FR 2007, 923; v. 20.8.2008 – I R 34/08, BStBl. II 2009, 263 = FR 2009, 299 = GmbHR 2009, 101. 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314. 6 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258. 7 BMF v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA - 22/04, BStBl. I 2004, 411. 8 BMF v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA - 22/04, BStBl. I 2004, 411. 9 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076. 10 BMF v. 20.11.2000 – IV B 4 - S 1300 - 222/00, BStBl. I 2000, 1509. 11 BMF v. 29.9.2004 – IV B 4 - S 1300 - 296/04, BStBl. I 2004, 917.
Levedag
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§ 2 Rz. 61–64
Beschrnkte Steuerpflicht
ze) enthält in Anhang I, Tabellen 1 und 2 Hinweise für die Einordnung ausgewählter ausländischer Gesellschaftsformen. –
Zur Einordnung von EU-Gesellschaften s. Anlage 2 zu § 43b EStG1.
62 Kriterien der FinVerw. Die Auffassung der FinVerw. aus dem BMF-Schreiben v. 19.3.20042 hat damit nach wie vor Gültigkeit. Hiernach wird das ausländische Rechtsgebilde aus Sicht des deutschen Rechtsanwenders ohne Bindung an das ausländische Steuerrecht unter § 2 Nr. 1 KStG subsumiert. Ein ausländisches Gebilde ist hiernach aus Sicht der FinVerw. auf Grundlage einer zweistufigen individuell-konkreten Betrachtungsweise als Körperschaft einzuordnen, wenn sich bei einer Gesamtbetrachtung (1) der einschlägigen ausländischen Bestimmungen und der getroffenen Vereinbarung über die Organisation und die Struktur des Gebildes ergibt, dass dieses (2) rechtlich und wirtschaftlich einer inländischen Körperschaft oder sonstigen juristischen Person nach deutschem Vorstellungsbild gleicht. Für den Vergleich sind acht Unterkriterien heranzuziehen, die nach deutschem Recht die wesentlichen Strukturmerkmale einer Körperschaft ausmachen.3 Dies sind, ob (1) eine zentralisierte Geschäftsführung und Vertretung und eine (2) beschränkte Haftung vorliegen, die (3) Anteile frei übertragbar sind, wie (4) die Gewinnzuteilung vorzunehmen ist, wie (5) die Kapitalaufbringung funktioniert, ob (6) die Gesellschaft eine unbegrenzte Lebensdauer aufweist, (7) nach welchen Regelungen der Gewinn zu verteilen ist und (8) welche formalen Gründungsvoraussetzungen einzuhalten sind. Entscheidend für die Qualifizierung als Körperschaft sprechen eine zentralisierte Geschäftsführung und Vertretung (Fremdorganschaft), die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen, die ungehinderte Übertragbarkeit der Anteile auf Nichtgesellschafter, die Gewinnzuteilung auf der Grundlage eines jährlich zu fassenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung, die Gewinnverteilung nach dem Verhältnis der Aktiennennbeträge bzw. der Geschäftsanteile und die Notwendigkeit einer Registrierung in einem öffentlichen Register.4 63
Billigung durch den BFH. Der BFH hat mit Urt. v. 20.8.20085 diese Haupt- und Unterkriterien zur Durchführung des Rechtstypenvergleichs gebilligt. Es muss anhand dieser Umstände im Einzelfall geprüft werden, ob die im Ausland nach Maßgabe des ausländischen Rechts rechtsfähige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse dem „Typ“ und der tatsächlichen Handhabung nach einer KapGes. oder einer juristischen Person entspricht. Im ersten Schritt des Rechtstypenvergleichs ist demnach auch nach der Rspr. anhand der genannten Kriterien zu prüfen, welchem Typus das ausländische Rechtsgebilde nach Maßgabe des ausländischen Rechts zuzuordnen ist, und im zweiten Schritt ist zu beurteilen, ob es aus deutscher Sicht einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder einem transparenten Rechtsgebilde ähnlicher ist.6 Zur Behandlung „durchmischter“ ausländischer Rechtsformen auf Grundlage der jeweiligen ausländischen Satzung wird auf die Literatur7 verwiesen. Die Option einer ausländischen Körperschaft, im ausländischen Sitzstaat als transparente Personengesellschaft behandelt zu werden (vgl. die amerikanische S-Corporation), hat auf den Typenvergleich keinen Einfluss.8
64
Rechtsfähigkeit als nicht relevantes Kriterium. Die Rechtsfähigkeit des ausländischen Rechtsgebildes als Merkmal einer Körperschaft ist im BMF-Schreiben v. 19.3.20049 nicht erwähnt und uE auch nach der Rspr. kein entscheidendes Kriterium iRd. Rechtstypenvergleichs.10 Da § 1 Abs. 1 KStG sowohl rechtsfähige als auch nicht rechtsfähige Vereinigungen
1 2 3 4 5 6
7 8 9 10
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BGBl. I 2014, 1295. S. hierzu Schnittker/Lemaitre, GmbHR 2003, 618 ff. und 1314 ff.; Fahrenberg/Henke, IStR 2004, 485 ff. Dorfmüller, IStR 2014, 682 (683). Dorfmüller, IStR 2014, 682 (683 f.). BFH v. 20.8.2008 – I R 34/08, BStBl. II 2009, 263 = FR 2009, 299 = GmbHR 2009, 101. Zur Durchführung des Rechtstypenvergleichs ausführlich Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 24. Wenn es im Einzelfall erforderlich ist, etwa bei doppelt-ansässigen Gesellschaften oder solchen, die nach ihrer Gründung in ein anderes Land gezogen sind oder bei denen der Sitz und der Ort der Geschäftsleitung nicht im demselben Staat liegen, muss in einer vorgelagerten Prüfung ermittelt werden, welches nationale ausländische Recht für die Ableitung der prägenden Kriterien heranzuziehen ist. Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 42, 46. BFH v. 26.6.2013 – I R 48/12, ISR 2013, 412 m. Anm. Eckhardt = GmbHR 2013, 1279 m. Anm. Patzner/Nagler = BFH/NV 2013, 2002. BMF v. 19.3.2004 – IV B 4 - S 1301 USA - 22/04, BStBl. I 2004, 411. Zust. Fahrenberg/Henke, IStR 2004, 485 (488); Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 62.
Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 64–67 § 2
umfasst, ist der Kreis der nach § 2 Nr. 1 KStG beschränkt stpfl. KSt-Subjekte nicht auf rechtsfähige Vereinigungen beschränkt (s. bereits Rz. 57 bis 59).1 Die Rechtsfähigkeit des ausländischen Gebildes ist, wenn man der hM folgt, daher sowohl im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG als auch des § 2 Nr. 1 KStG kein entscheidendes Kriterium: –
„Zugezogene“ ausländische Gesellschaften mit ausländischem Sitz und inländischem Verwaltungssitz, die durch den Zuzug nach dem Gesellschaftsrecht des Herkunftsstaats nicht aufgelöst werden, unterfallen nach hM unabhängig von ihrer Rechtsfähigkeit der unbeschränkten Stpfl. gem. § 1 Abs. 1 KStG (s. § 1 KStG Rz. 70 f., auch zur dort vertretenen abweichenden Auffassung).
–
Im Rahmen des § 2 Nr. 1 KStG, der sowohl rechtsfähige als auch nicht rechtsfähige Körperschaften, Personenvereinigungen und Zweckvermögen umfasst, spielen uE die im Gesellschaftsrecht diskutierten Abgrenzungsfragen zum verbliebenen Anwendungsbereich der Sitz- und Gründungstheorie keine Rolle.2
III. Inländische Einkünfte iSv. § 49 EStG 1. Verweis auf das EStG Der Begriff und der Umfang der inländischen Einkünfte bestimmt sich aufgrund des Verweises in § 2 Nr. 1 KStG auf § 8 Abs. 1 KStG nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften in §§ 49 ff. EStG (s. bereits Rz. 7).3 Zu den relevanten Einkunftsarten gem. § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 EStG und deren Durchsetzbarkeit nach Maßgabe der DBA-Verteilungsnormen s. eingehend Rz. 70 ff.
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2. Isolierende Betrachtungsweise (§ 49 Abs. 2 EStG) Gegenstände der isolierenden Betrachtungsweise. „Im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale“ bleiben gem. § 49 Abs. 2 EStG außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte iSd. Abs. 1 nicht angenommen werden könnten. Aufgrund des objektsteuerartigen Charakters der beschränkten Stpfl. richtet sich die Zuordnung bestimmter Einkünfte zu einer der in § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 EStG genannten Einkunftsarten somit nach dem objektiven Erscheinungsbild der jeweiligen (im Inland verwirklichten und aus dem Inland bezogenen) Einkünfte.4 Diese reine Inlandsbetrachtung gilt nach der in § 49 Abs. 2 EStG angeordneten sog. isolierenden Betrachtungsweise jedenfalls –
für solche Einkunftsarten, die zueinander im Verhältnis der Subsidiarität stehen,5
–
für Besteuerungsmerkmale, die im Ausland verwirklicht werden und im Inland zu einer anderen Zuordnung innerhalb der Einkunftsarten führen würden.6
Folgerungen aus der isolierenden Betrachtungsweise. Es bleibt auch dann bei der jeweiligen an sich subsidiären Einkunftsart, wenn die betr. Einkünfte bei Berücksichtigung der ausländischen Verhältnisse gem. § 8 Abs. 2 KStG in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren wären und als solche – weil keine inländische Betriebsstätte oder kein inländischer ständiger Vertreter vorhanden ist – im Inland nicht der beschränkten Stpfl. unterfielen (s. § 8 KStG Rz. 34).7 Einkünfte, die bei Einbeziehung auch der ausländischen Merkmale als Gewinneinkünfte zu behandeln wären, sind dennoch als Überschusseinkünfte zu versteuern.8 Unterhält eine beschränkt stpfl. KapGes. eine inländische Betriebsstätte, sind dieser daher auch
1 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 46, mit Hinweis auf BFH v. 3.2.1988 – I R 134/84, BStBl. II 1988, 588 = FR 1988, 366 = GmbHR 1989, 56. 2 Ebenso Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 62 f.; differenzierend zwischen EU- und Drittstaatengesellschaften Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 46; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 8; zum Verhältnis von Anerkennungsprinzip und Typenvergleich Stewens, FR 2007, 1057 ff.; Reimer, FR 2007, 217 ff. 3 BFH v. 29.1.1964 – I 153/61 S, BStBl. III 1964, 165; v. 21.12.1972 – I R 70/70, BStBl. II 1973, 449; v. 13.11.2002 – I R 90/01, BStBl. II 2003, 249 = FR 2003, 469. 4 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 103: Im Ausland verwirklichte Merkmale müssen deshalb ausscheiden, wenn bei ihrer Berücksichtigung die inländische Besteuerung entfiele oder wenn sich dadurch die nach inländischem Steuerrecht maßgebliche Einkunftsart verändern würde. 5 BFH v. 28.1.2004 – I R 73/02, BStBl. II 2005, 550 = FR 2004, 776; v. 27.7.2011 – I R 32/10, FR 2012, 280 = BFH/ NV 2012, 118. 6 Ständige Rspr., vgl. zB BFH v. 18.12.1974 – I R 161/73, BStBl. II 1975, 464; v. 7.11.2001 – I R 14/01, BStBl. II 2002, 861. 7 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 103 mit Beispielen. 8 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 103 mit Beispielen.
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§ 2 Rz. 67–70
Beschrnkte Steuerpflicht
nicht automatisch alle inländischen Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsquellen als gewerbliche Einkünfte zuzuordnen (keine Attraktivkraft der Betriebsstätte), dh., es können mehrere Einkunftsarten nebeneinander erzielt werden.1 Ausländische Besteuerungsmerkmale sind einzubeziehen, wenn und soweit es ihrer bedarf, um die Einkunftsart auch nach inländischem Steuerrecht abschließend zu bestimmen (zB, wenn die Einstufung in die eine oder andere Steuerart von dem Steuersubjekt abhängt, das sie verwirklicht).2 Die Änderungen durch das JStG 2009 – Einfügung einer unilateralen Fiktion gewerblicher Einkünfte für Vermietungseinkünfte in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG (s. Rz. 96 ff.) – haben keine Auswirkungen auf die generelle Anwendbarkeit der isolierenden Betrachtungsweise und die damit verbundene quellenbezogene Prüfung für beschränkt stpfl. KapGes.3 68
Nichtberücksichtigung des § 8 Abs. 2 KStG. Nach der Neufassung des § 8 Abs. 2 KStG durch das SEStEG v. 7.12.20064 ist die Vorschrift seit dem VZ 2006 ausdrücklich nur für unbeschränkt Stpfl. anzuwenden. Nur bei unbeschränkt Stpfl. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG sind demnach alle Einkünfte im Wege der Fiktion als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Die Gewerblichkeit der Einkünfte bei beschränkt stpfl. Rechtsträgern iSd. § 2 Nr. 1 KStG richtet sich damit allein nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG, dh., ob die Tätigkeit solcher Rechtsträger nach dem (Steuer-)Recht ihres Gründungsstaats als gewerblich gilt, ist wegen der isolierenden Betrachtungsweise nach § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 2 EStG unbeachtlich (s. § 8 KStG Rz. 34, 92 und 122 ff., dort auch zur Rechtslage bis einschließlich VZ 2005).5 Beschränkt stpfl. Körperschaften ohne inländischen Sitz, Geschäftsleitung oder Betriebsstätte/ständigen Vertreter können damit grds. alle Einkunftsarten erzielen, da die Grundsätze der isolierenden Betrachtungsweise vorrangig sind, und können demnach auch alle Pauschbeträge und Freibeträge beanspruchen, die für die jeweils bezogene Einkunftsart spezifisch sind (s. Rz. 67 und § 8 KStG Rz. 34 und 91). Bedeutung hat die Änderung des § 8 Abs. 2 KStG aber für „zugezogene“ ausländische Rechtsgebilde mit ausländischem Sitz und inländischem Ort der Geschäftsleitung, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unbeschränkt stpfl. sind (ebenso § 8 KStG Rz. 92 f.).6
69
Erfordernis der Einkünfteerzielungsabsicht. Bei einer beschränkt stpfl. KapGes. mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland führt eine ohne Einkunftserzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit nach der Rspr. nicht zu stpfl. Einkünften.7 Die Rspr. erkennt somit die Existenz einer außerbetrieblichen Sphäre der im Inland nur beschränkt stpfl. Rechtssubjekte grds. an, es sei denn, die ausländische KapGes. erzielt nur deshalb keine Gewinne, weil sie in fremdunüblicher Weise auf Leistungsentgelte ihres Gesellschafters verzichtet (§ 8 KStG Rz. 92).8 3. Besteuerung von Outbound-Vergütungen im DBA-Fall a) Deutschland als Betriebsstättenstaat (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG)
70 Unternehmensgewinne (Art. 5 iVm. Art. 7 [2008] und Art. 7 [2010] OECD-MA). Gewinne eines „Unternehmens eines Vertragsstaats“ können nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA (2008 und 2010) nur im erstgenannten Vertragsstaat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit in dem anderen Vertragsstaat durch eine Betriebsstätte aus. „Unternehmen eines Vertragsstaats“ ist nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und d OECD-MA das Ausüben einer Geschäftstätigkeit9 durch eine im ersten Vertragsstaat gem. Art. 1 iVm. Art. 4 OECD-MA ansässige Person. Ist eine Betriebsstätte vorhanden, die wiederum in Art. 5 OECD-MA für Abkommenszwecke definiert wird, weist Art. 7 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA dem
1 2 3 4 5
6 7 8 9
Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 35. Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 105. Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 73 (Stand: April 2014). BGBl. I 2006, 2782 = BStBl. I 2007, 4. BFH v. 21.1.1998 – I R 3/96, BStBl. II 1998, 468; v. 7.11.2001 – I R 14/01, BStBl. II 2002, 861 = FR 2002, 634 m. Anm. Kempermann; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 28, 51a (Stand: September 2012); zur Rechtslage bis VZ 2005 s. auch Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 70–73 (Stand: April 2014); Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 34; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 48. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 28 (Stand: September 2012). BFH v. 7.11.2001 – I R 14/01, BStBl. II 2002, 861 = FR 2002, 634 m. Anm. Kempermann. BFH v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, BStBl. II 2013, 1024. Das Merkmal „Geschäftstätigkeit“ umfasst nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. h OECD-MA auch die Ausübung einer freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Tätigkeit, allerdings können diese Tätigkeiten von einer Körperschaft ihrem Wesen nach nicht ausgeübt werden (s. § 8 KStG Rz. 34).
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 70–74 § 2
Betriebsstättenstaat ein Besteuerungsrecht neben dem Ansässigkeitsstaat des Unternehmens zu, das sich auf den Gewinn erstreckt, welcher der Betriebsstätte zugeordnet werden kann. Das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats iRd. unbeschränkten Stpfl. (Welteinkommensprinzip) wird eingeschränkt.1 Träger des „Unternehmens eines Vertragsstaats“ mit einer in Deutschland „ausgeübten Geschäftstätigkeit“ in diesem Sinne ist nach den Ausführungen in Rz. 12 bis 14 auch ein ausländisches KSt-Subjekt. Direktgeschäfte. Gewinne einer ausländischen beschränkt stpfl. Körperschaft, die sog. Direktgeschäfte in Deutschland tätigt und in diesem Rahmen Einkünfte erzielt, ohne nach den Maßstäben des § 12 AO und des DBA in Deutschland eine Betriebsstätte zu unterhalten, sind in Deutschland weder nach dem DBA noch nach innerstaatlichem Recht (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG) – wenn nicht andere Tatbestände erfüllt werden – beschränkt stpfl. iSd. § 2 Nr. 1 KStG. Ein gewerbliches floating income existiert nach der Rspr. des BFH weder im Bereich des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG noch des Art. 7 Abs. 1 OECD-MA, da jedes Unternehmen zumindest über eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte verfügt, der die Einkünfte zuzuordnen sind.2
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Divergenz zwischen der Annahme einer Betriebsstätte nach nationalem Recht und nach 72 dem DBA. Wenn die Voraussetzungen eines Besteuerungsanspruchs gem. §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG erfüllt sind, weil das beschr. stpfl. KSt-Subjekt eine inländische Betriebsstätte iSd. § 12 AO unterhält, die aber nach den Maßstäben des anzuwendenden DBA, das mit Art. 5 des OECD-MA deckungsgleich sein soll, nicht als inländische DBA-Betriebsstätte qualifiziert, hat Deutschland trotz der beschränkten KSt-Pflicht des ausländischen Rechtsgebildes gem. § 2 Nr. 1 KStG iErg. kein Besteuerungsrecht.3 Umgekehrt besteht kein inländischer Besteuerungsanspruch gem. §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, wenn zwar nach dem DBA entsprechend Art. 5 OECD-MA, nicht aber gem. § 12 AO eine Betriebsstätte in Deutschland unterhalten wird. Die DBA begründen keine Besteuerungsansprüche nach nationalem Recht, sondern setzen diese voraus (vgl. Rz. 11). Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte sowohl nach § 12 AO als auch nach dem DBA. Unterhält die ausländische Körperschaft sowohl eine Betriebsstätte nach § 12 AO als auch iSd. DBA (vgl. Art. 5 OECD-MA) in Deutschland, besteht iErg. ein Besteuerungsrecht Deutschlands auf Grundlage der beschränkten KSt-Pflicht (§§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Der Besteuerungsanspruch umfasst den Gewinn, der nach nationalen Gewinnermittlungs- und -abgrenzungsvorschriften und den Regelungen des DBA der Betriebsstätte zuzurechnen ist (s. Rz. 112).
73
Beteiligung einer ausländischen Körperschaft an einer inländischen Mitunternehmerschaft. Ist Deutschland Anwenderstaat eines DBA, umfassten nach Auffassung der FinVerw. in Rz. 2.2.1 des früheren BMF-Schreibens v. 16.4.20104 die DBA-Merkmale „Gewinne eines Unternehmens“ und „gewerbliche Gewinne“ auch die Einkünfte, die auf der Ebene gewerblich tätiger oder gewerblich geprägter Personengesellschaften (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) erzielt wurden. Nach nunmehr übereinstimmender Sicht des BFH5 und der FinVerw.6 erzielen aber gewerblich geprägte und gewerblich infizierte Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) iSd. § 15 Abs. 3 EStG, soweit sie vermögensverwaltend tätig sind, keine Unternehmensgewinne iSd. DBA (s. dazu ausführlicher § 1 KStG Rz. 25 zu § 50i EStG). Die FinVerw. geht davon aus, dass die Beteiligung einer im Ausland ansässigen Person an einer inländischen gewerblich tätigen Personengesellschaft iSd. § 15 Abs. 2 EStG aus deutscher abkommensrechtlicher Sicht einer inländischen Betriebsstätte iSd. DBA zuzuordnen ist.7
74
1 Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 33. 2 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 16 mit Hinweis auf BFH v. 28.7.1993 – I R 15/93, BStBl. II 1994, 148 = FR 1994, 58 m. Anm. Kempermann; v. 19.11.2003 – I R 3/02, BStBl. II 2004, 932 und v. 19.12.2007 – I R 19/06, FR 2008, 920 = BFH/NV 2008, 672; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 5, 56. 3 Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 34. 4 BMF v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003 – DOK 2009/0716905, BStBl. I 2010, 354. 5 BFH v. 24.8.2011 – I R 46/10, FR 2012, 39; v. 9.12.2010 – I R 49/09, BStBl. II 2011, 482; v. 28.4.2010 – I R 81/09, DStR 2010, 1220; v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414 = GmbHR 2008, 780; v. 12.6.2013 – I R 47/12, ISR 2013, 415 m. Anm. Ehlermann = GmbHR 2013, 1285; vgl. Oennings/Seitz in W/R/S, Rz. 12.12, 12.47, 12.53; zur Vertiefung Blöchle, IStR 2009, 645 ff. 6 BMF v. vom 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Rz. 2.3.1 und 2.3.3. 7 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 2.2.1 und 2.2.3.
Levedag
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§ 2 Rz. 74–75
Beschrnkte Steuerpflicht
Nach zutr. hM im Schrifttum1 und Sicht der FinVerw.2 ist die Personengesellschaft einerseits transparent und andererseits Gewinnerzielungssubjekt: Inländische und ausländische Personengesellschaften sind „Betriebsstättengewinnerzielungssubjekte“. Die Personengesellschaft ist also selbst Inhaberin der von ihr unterhaltenen inländischen Betriebsstätte(n). Da die Personengesellschaft aber regelmäßig nicht „Unternehmen“ iSd. DBA ist, sondern dies der Gesellschafter (Mitunternehmer) ist, ist jedem Mitunternehmer (zB auch einem ausländischen KSt-Subjekt) die von der Personengesellschaft unterhaltene Betriebsstätte wie eine eigene „zuzurechnen“, dh., das Unternehmen der Personengesellschaft ist abkommensrechtlich in so viele Unternehmen zu zerlegen, wie Mitunternehmer vorhanden sind.3 Diese Zurechnung der anteiligen Betriebsstätte der Gesellschaft bewirkt, dass der Mitunternehmer innerhalb seines Gewinnanteils gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG inländische „Betriebsstätteneinkünfte“ erzielt.4 Die beschränkte Stpfl. gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG erstreckt sich auch auf Gewinne aus der Veräußerung beweglichen oder unbeweglichen Vermögens einer Betriebsstätte, der Veräußerung oder Aufgabe der Betriebsstätte selbst sowie der Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft, soweit er auf die inländische Betriebsstätte entfällt.5 Deutschland hat abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht nach Art. 7 Abs. 1 OECD-MA für diese Einkünfte (s. zu den Veräußerungsgewinnen des Betriebsstättenvorbehalts Rz. 107), wenn die Personengesellschaft dem ausländischen Gesellschafter abkommensrechtlich eine (anteilige) inländische Betriebsstätte iSd. Art. 5 OECD-MA vermittelt, sie also Unternehmen iSd. Art. 3 Abs. 1 Buchst. d OECD-MA ihrer Mitunternehmer ist.6 Abgrenzung zugerechneter inländischer Betriebsstätten von eigenen Betriebsstätten des Mitunternehmers in dessen Ansässigkeitsstaat oder im Inland. Jeder Gesellschafter (zB eine ausländische Mitunternehmer-KapGes.) kann aber auch in eigener Person einen Gewerbebetrieb (ein „Unternehmen“ iSd. DBA) unterhalten und neben der durch die Mitunternehmerbeteiligung vermittelten Betriebsstätte über eine eigene aus- oder inländische Betriebsstätte verfügen.7 In dieser Betriebsstätte kann zB SBV des Gesellschafters verwaltet werden, und aus dieser Betriebsstätte heraus kann ein Leistungsaustausch mit der Personengesellschaft erfolgen.8 75
Zuordnung von Wirtschaftsgütern und Einkünften des SBV nach dem DBA. Ein aktives oder passives WG des SBV kann somit (Rz. 74) entweder keiner, einer eigenen Betriebsstätte des ausländischen Mitunternehmers oder der Betriebsstätte, die die Gesellschaft dem Gesellschafter vermittelt, zuzuordnen sein.9 Zudem kann der ausländische Staat eine Sondervergütung nicht als Unternehmensgewinn (Art. 7 OECD-MA) qualifizieren, sondern einer anderen DBA-Einkunftsart zuordnen. Im hier ausschließlich betrachteten Fall der Zahlung der Sondervergütung an den ausländischen Gesellschafter wäre im Fall eines solchen Qualifikationskonflikts Deutschland als Betriebsstättenstaat nur der Aufwand aus der Sondervergütung zuzuordnen, für die Einnahme läge das DBA-Besteuerungsrecht beim Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters. Der BFH verlangt in ständiger Rspr. sowohl in Outbound- als auch in Inboundfällen auf Grundlage des jeweiligen DBA-Betriebsstättenartikels (entsprechend Art. 7 OECD-MA) für die Zuordnung von Sondervergütungen, dass das jeweilige WG
1 Vgl. Wassermeyer in W/R/S, Rz. 2.6–2.11; Kempermann in W/R/S, Rz. 3.19–3.24, 3.36; Blöchle, IStR 2009, 645 (648 ff.); Blumers, DB 2008, 1765 (1769 f.). 2 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 2.2.1 und 2.2.3; vgl. dazu Wassermeyer in W/R/S, Rz. 2.9 und 2.10. 3 Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 63 f. mit Hinweis auf BFH v. 26.2.1992 – I R 85/91, BStBl. II 1992, 937; v. 16.10.2002 – I R 17/01, BStBl. II 2003, 631. 4 Siehe BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 3.1. 5 Siehe BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 3.2. 6 Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 66, 69, 73, 75, 96 f. und 175 ff. 7 Vgl. BFH v. 13.2.2008 – I R 63/06, BFHE 220, 415 = BStBl. II 2009, 414 = GmbHR 2008, 780 = FR 2008, 1053, mwN; v. 12.6.2013 – I R 47/12, FR 2014, 57 m. Anm. Kempermann = ISR 2013, 415 m. Anm. Ehlermann = GmbHR 2013, 1285; zum Ganzen Kempermann in W/R/S, Rz. 3.20; Rosenberg/Farle in W/R/S, Rz. 13.53, 13.55, 13.56, 13.60 f. und 13.66 f. zu den maßgeblichen Zuordnungsfragen bei Darlehensforderungen, Lizenzen, Beteiligungen und Nutzungsüberlassungen; s. zur Zuordnung von Beteiligungen auch Blöchle, IStR 2009, 645 (648 ff.) u. Blumers, DB 2008, 1765 (1769 f.); zur Sichtweise der FinVerw. s. BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 5.1. 8 Vgl. Kempermann in W/R/S, Rz. 3.21, 3.45. 9 BFH v. 10.7.2002 – I R 71/01, BStBl. II 2003, 191 = FR 2003, 236 = GmbHR 2003, 302 m. Anm. Roser; v. 17.10.2007 – I R 5/06, BStBl. II 2009, 356 = GmbHR 2008, 447 = FR 2008, 729; v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414 = GmbHR 2008, 780 = FR 2008, 1053.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 75–76 § 2
der Betriebsstätte (der durch die Gesellschaft vermittelten Betriebsstätte) tatsächlichfunktional zuzuordnen ist, dh., allein die rechtliche Zuordnung eines aktiven oder passiven WG zum Betrieb der Personengesellschaft als Rechtsfolge der Einordnung als SBV ist hierfür nicht ausreichend.1 Durch die Überlassung eines WG durch einen Mitunternehmer an eine Gesellschaft zur Nutzung (SBV) entsteht auch noch keine eigenständige Mitunternehmer-Betriebsstätte des überlassenden Gesellschafters am Ort der Nutzung.2 Ein zum notwendigen SBV des Gesellschafters bei einer Personengesellschaft zählendes WG gehört aus Abkommenssicht (Art. 7 OECD-MA) aber jedenfalls dann zum BV einer dem Gesellschafter selbst zuzurechnenden inländischen Betriebsstätte, wenn der Gesellschafter nicht außerhalb Deutschlands weitere (ggf. sog. Mitunternehmer-)Betriebsstätten im abkommensrechtlichen Sinne besitzt.3 Die Beteiligung des Mitunternehmers an einer KapGes., die zum SBV II gehört, wird regelmäßig der Betriebsstätte der Personengesellschaft zuzuordnen sein; die funktionale Zuordnung zu einer Betriebsstätte des Gesellschafters ist aber nicht ausgeschlossen.4 Siehe aber zur Reaktion des Gesetzgebers in § 50d Abs. 10 EStG Rz. 76. § 50d Abs. 10 EStG. Der Gesetzgeber hat im JStG 2009 eine unilaterale Fiktion von DBAUnternehmensgewinnen in § 50d Abs. 10 EStG eingeführt.5 Hiernach gelten für alle DBA, die zu Sondervergütungen keine spezifischen Regelungen enthalten,6 diese als „Unternehmensgewinne“. Der BFH hat zu dieser Regelung uE zu Recht mehrfach entschieden, dass sie keine Änderung der in Rz. 75 dargestellten Zuordnungsgrundsätze bewirkt habe, weil sie rechtstechnisch am falschen Gesichtspunkt angeknüpft habe und deshalb leerlaufe.7 Denn die Fiktionsregelung sprach lediglich die abkommensrechtliche Einkunftsart an, suspendierte jedoch nicht zugleich von den Erfordernissen der (abkommensrechtlich notwendigen) Zuordnung der Sonderbetriebseinnahmen und des damit verbundenen aktiven oder passiven WG zu einer inländischen Betriebsstätte (Art. 5 OECD-MA).8 Im AmtshilfeRLUmsG hat der Gesetzgeber als Reaktion auf diese Rspr. eine geänderte Fassung des § 50d Abs. 10 EStG eingefügt, die gem. § 52 Abs. 59a EStG im Rahmen einer echten Rückwirkung auf alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen Anwendung finden soll. Die umfangreiche Neuregelung beinhaltet im Kern nunmehr eine unilaterale Fiktion der DBA-Einkunftsart (§ 50d Abs. 10 Satz 1 EStG) und eine ebenfalls unilaterale Zuordnungsfiktion (§ 50d Abs. 10 Satz 3 EStG). Die Fiktion von Sonderbetriebseinnahmen als Unternehmensgewinne iSd. DBA soll in Outbound-Fällen gewährleisten, dass diese aus Sicht des deutschen Rechtsanwenders als Bestandteil des über die inländische Personengesellschaft vermittelten Betriebsstättengewinns zu behandeln sind. § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG bestimmt im Wege einer gesetzlichen Zuordnungsnorm, dass nach Maßgabe des Veranlas1 BFH v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414 = GmbHR 2008, 780 = FR 2008, 1053; v. 27.2.1991 – I R 15/89, BStBl. II 1991, 444 = FR 1991, 325; v. 17.10.2007 – I R 5/06, BStBl. II 2009, 356 = GmbHR 2008, 447 = FR 2008, 729; v. 19.12.2007 – I R 66/06, BStBl. II 2008, 510 = GmbHR 2008, 447 = FR 2008, 724 m. Anm. Lohmann/Rengier; v. 8.9.2010 – I R 74/09, FR 2011, 179 m. Anm. Mitschke = GmbHR 2011, 50 = BFH/NV 2011, 138; v. 12.6.2013 – I R 47/12, FR 2014, 57 m. Anm. Kempermann = ISR 2013, 415 m. Anm. Ehlermann = GmbHR 2013, 1285; vgl. vertiefend zur Entwicklung der Rspr. Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECDMA (2000) Rz. 101; Blumers, DB 2008, 1765 (1769 f.). 2 Vgl. BFH v. 12.6.2013 – I R 47/12, FR 2014, 57 m. Anm. Kempermann = ISR 2013, 415 m. Anm. Ehlermann = GmbHR 2013, 1285: Eine solche Mitunternehmer-Betriebsstätte wird nicht durch das bloße Innehaben einer Kapitalbeteiligung sowie die bloße Verwaltung eines Darlehens begründet, das der Gesellschafter der in dem Drittstaat ansässigen Schwester-KapGes. begeben hat; s. auch Kempermann in W/R/S, Rz. 3.42. 3 Anschluss an BFH v. 13.2.2008 – I R 63/06, BFHE 220, 415 = BStBl. II 2009, 414. 4 BFH v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414 = GmbHR 2008, 780 = FR 2008, 1053; v. 12.6.2013 – I R 47/12, FR 2014, 57 m. Anm. Kempermann = ISR 2013, 415 m. Anm. Ehlermann = GmbHR 2013, 1285: Ein zum notwendigen SBV des Gesellschafters bei einer inländischen Personengesellschaft zählendes Wirtschaftsgut (zB die Beteiligung an einer britischen Schwester-KapGes. der Personengesellschaft und ein an die KapGes. ausgereichtes Darlehen) gehört aus Abkommenssicht jedenfalls dann zum BV der durch die Gesellschaft vermittelten Betriebsstätten, wenn der Gesellschafter nicht außerhalb Deutschlands weitere (ggf. sog. Mitunternehmer-)Betriebsstätten im abkommensrechtlichen Sinne besitzt. 5 Dörfler/Rautenstrauch/Adrian, BB 2009, 580 (586); Lange, GmbH-StB 2009, 128 ff.; Meretzki, IStR 2009, 217 ff.; Boller/Eilinghoff/Schmidt, IStR 2009, 109 ff.; Günkel/Lieber, Ubg 2009, 301 ff. 6 S. zu diesen DBA die Auflistung in Rz. 5.2 des BMF v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003 – DOK 2009/0716905, BStBl. I 2010, 354. 7 BFH v. 8.9.2010 – I R 74/09, FR 2011, 179 m. Anm. Mitschke = GmbHR 2011, 50 = DStR 2010, 2450; v. 8.11.2010 – I R 106/09, BFHE 231, 206 = GmbHR 2011, 278 = FR 2011, 290; v. 7.12.2011 – I R 5/11, BFH/NV 2012, 556; s. auch BFH v. 12.6.2013 – I R 47/12, FR 2014, 57 m. Anm. Kempermann = ISR 2013, 415 m. Anm. Ehlermann = GmbHR 2013, 1285. 8 Siehe Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 104.
Levedag
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§ 2 Rz. 76–77
Beschrnkte Steuerpflicht
sungsprinzips die auf Ebene der Gesellschaft anfallenden Aufwendungen und die Sondervergütungen des Mitunternehmers stets der Betriebsstätte zuzuordnen sind, die dem Gesellschafter über die Personengesellschaft vermittelt wird. Die Norm begründet eine gesetzliche Zuordnungsfiktion in den Fällen, in denen die tatsächlich funktionale Zuordnung zu einem anderen Ergebnis führen würde, und führt zu einer Vervielfältigung der Zuordnungsmaßstäbe, da nur für das SBV eigenständige Zuordnungsregeln geschaffen werden.1 Aus Sicht der FinVerw. gehören auf Grundlage des rückwirkend in allen offenen Fällen anzuwendenden § 50d Abs. 10 Satz 1 und 3 EStG idF des AmtshilfeRLUmsG Sondervergütungen des ausländischen Gesellschafters (einer ausländischen Mitunternehmer-KapGes.) einer inländischen Personengesellschaft stets zu den DBA-Unternehmensgewinnen: Überlasse der Gesellschafter einer Personengesellschaft der Gesellschaft materielle oder immaterielle WG zur Nutzung (dazu gehören aus Verwaltungssicht auch darlehensweise überlassene Gelder) gegen Entgelt, seien diese der Personengesellschaft (der ihm über diese anteilig zuzurechnenden Betriebsstätte) zuzuordnen und nicht etwa einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte des überlassenden Gesellschafters. Denn – so die FinVerw. – die Personengesellschaft (Betriebsstätte) erziele ihr Ergebnis mit diesen ihr funktional zuzuordnenden WG, sodass trotz des Leistungsaustauschs mit dem Gesellschafter dessen Vergütungen Teil des Betriebsstättengewinns seien, der dem Gesellschafter über die Personengesellschaft vermittelt werde.2 Komme es zu einem Qualifikationskonflikt, weil etwa der Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers die Sondervergütungen nicht als Teil des deutschen Betriebsstättenergebnisses ansehe, sondern einer Einkunftsart zuordne, für die ihm nach dem DBA das Besteuerungsrecht zustehe, obliege es dem Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers, die Vermeidung der Doppelbesteuerung zu vermeiden.3 Der BFH hat bereits entschieden, dass die Regelung des § 50d Abs. 10 EStG in der geänderten Fassung ihr Ziel erreicht, die an ausländische Mitunternehmer gezahlten Sondervergütungen im Inland als Unternehmensgewinne zu erfassen,4 es hält die Neuregelung aufgrund der Rückwirkung5 und des darin enthaltenen Treaty override aber für verfassungswidrig.6 Für gewerblich geprägte Gesellschaften enthält § 50d Abs. 10 Satz 7 Nr. 1 EStG die Regelung, dass insoweit keine Fiktion der Einkünfte als Unternehmensgewinne iSd. Art. 7 OECD-MA eintreten soll (s. Rz. 74). 77
Vertreterbetriebsstätten (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Eine solche Betriebsstätte wird nach § 13 AO durch eine Person begründet, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die für ein Unternehmen nachhaltig Verträge abschließt oder vermittelt, Aufträge einholt oder einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt. Die DBA (siehe Art. 5 Abs. 5 bis 7 OECD-MA) enthalten regelmäßig Einschränkungen gegenüber § 13 AO in der Weise, dass nur abhängige, nicht jedoch unabhängige Vertreter eine Betriebsstätte für den Geschäftsherrn begründen können; ferner wird regelmäßig Abschlussvollmacht (statt einer unechten, verdeckten oder mittelbaren Vollmacht wie in § 13 AO) verlangt.7 Nach dem innerstaatlichen Recht und dem Abkommensrecht kann Vertreter ein gesetzlicher oder gewillkürter Vertreter sein. Strittig ist, ob auch der Geschäftsführer (Organ) einer ausländischen KapGes. hierunter fallen kann.8 UE ist dies zu verneinen, da das Organ nicht für die KapGes. handelt, sondern die KapGes. durch das Organ.
1 Gosch in Kirchhof14, § 50d EStG Rz. 45b. 2 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Abschn. 5.1. 3 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Abschn. 5.1, dort Bsp. 3. 4 Zust. Loschelder in Schmidt34, § 50d EStG Rz. 63; Gosch in Kirchhof14, § 50d EStG Rz. 44c, 45a; s. zu den Problembereichen der Regelung auch Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 105 f. 5 Die Regelung enthält keine Klarstellung, s. zutr. Loschelder in Schmidt34, § 50d EStG Rz. 60; Gosch in Kirchhof14, § 50d EStG Rz. 44b, 45a. 6 BFH v. 11.12.2013 – I R 4/13, GmbHR 2014, 323 = BFH/NV 2014, 614; s. auch Mitschke, FR 2013, 695; Schmidt, DStR 2013, 1704. 7 Roth in H/H/R, § 49 EStG Anm. 230 (Stand: Juni 2014); Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 5 OECD-MA Rz. 191a, 201. 8 Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 5 OECD-MA Rz. 201b mit Hinweis auf BFH v. 16.12.1998 – I R 138/97, BStBl. II 1999, 437.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 77–80 § 2
Die Eigenschaft von Tochtergesellschaften als ständiger Vertreter einer beschränkt stpfl. Muttergesellschaft war mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des BFH.1 Dies ist auf Grundlage des vorstehenden BFH-Urteils und der Auffassung der FinVerw. zu verneinen, da kein „abhängiger“ Vertreter einer anderen KapGes. vorliegt, wenn die inländische Tochtergesellschaft über einen eigenständigen Wirkungskreis verfügt und ihre Produkte im eigenen Namen und für eigene Rechnung veräußert.2 Abzugrenzen ist diese Fallgruppe von der zur unbeschränkten Stpfl. führenden Konstellation, bei der der Ort der Geschäftsleitung einer ausländischen KapGes. im Inland belegen ist (s. § 1 KStG Rz. 67 ff.). b) Seeschifffahrt/Binnenschifffahrt/Luftfahrt Inländische Anknüpfung (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c, Abs. 3 und 4 EStG). Liegt keine inländische Betriebsstätte vor, besteht bei im Ausland ansässigen Betreibern von Schiffen und Luftfahrzeugen ein deutsches Besteuerungsrecht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c EStG. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen hiernach Einkünfte, die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Inland erstreckenden Beförderungsleistungen (Zubringerdienste) und die Einkünfte aus Beförderungen und Beförderungsleistungen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die von einem Unternehmen im Rahmen einer internationalen Betriebsgemeinschaft oder eines Pool-Abkommens, bei denen ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland die Beförderung durchführt, erzielt werden. Gem. § 49 Abs. 4 EStG sind die Einkünfte, die ein beschränkt Stpfl. durch den Betrieb eigener oder gecharterter Schiffe oder Luftfahrzeuge aus einem Unternehmen bezieht, dessen Geschäftsleitung sich in dem ausländischen Staat befindet, steuerfrei. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der ausländische Sitzstaat des beschränkt Stpfl. Steuerinländern eine entsprechende Steuerbefreiung für derartige Einkünfte gewährt und dass das Bundesverkehrsministerium die Steuerbefreiung nach Satz 1 für verkehrspolitisch unbedenklich erklärt hat. Greift keine Steuerbefreiung ein, sind die Einkünfte iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gem. § 49 Abs. 3 EStG mit 5 % der für diese Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen. Das gilt auch, wenn solche Einkünfte durch eine inländische Betriebsstätte oder einen inländischen ständigen Vertreter erzielt werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG), nicht aber in den Fällen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG oder soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem DBA ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.3
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Wirkungsweise des Art. 8 OECD-MA. Das Besteuerungsrecht wird in Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 OECD-MA ausschließlich dem sog. Geschäftsleitungsstaat des Betreiberunternehmens zugewiesen. Diese Bestimmung steht dem deutschen Besteuerungsrecht entgegen. Liegt kein DBA vor, werden die Einkünfte regelmäßig in beiden Staaten (dem Geschäftsleitungsstaat und in Deutschland nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c EStG) besteuert.4 c) Grenzüberschreitende Bezüge ausländischer KSt-Subjekte von inländischen Tochtergesellschaften Unter § 8b Abs. 1 KStG fallende Bezüge. Handelt es sich um unter § 8b Abs. 1 KStG fallende Bezüge iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG (Bezüge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 9 EStG), ist für die Prüfung, ob der ausländische Empfänger eine Körperschaft iSd. § 8b KStG ist, iRd. Subsumtion ein Rechtstypenvergleich (s. Rz. 60) durchzuführen und das ausländische Rechtsgebilde für deutsche Steuerzwecke als Körperschaft oder Personengesellschaft zu qualifizieren (s. § 8b KStG Rz. 64, 92 ff. und 121).
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Kapitalertragsteuerabzug bei Bezügen iSd. § 8b Abs. 1 KStG an ausländische Empfänger-Körperschaften in Drittstaaten. Die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG kommt bei Ausschüttungen an beschränkt stpfl. Körperschaften „faktisch“ nicht zur Anwendung. Die
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1 Siehe grundlegend BFH v. 14.9.1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 14. 2 Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 5 OECD-MA Rz. 203a f.; zum Streitstand Roth in H/H/R, § 49 EStG Anm. 232 (Stand: Juni 2014). 3 Zu Zweifeln an der Vereinbarkeit dieser Rechtslage mit den DBA-Diskriminierungsverboten und dem Unionsrecht sowie zu den Bezügen zur Tonnagebesteuerung (§ 5a EStG) Rauert in Schönfeld/Ditz, Art. 8 OECD-MA Rz. 18 mwN. 4 Rauert in Schönfeld/Ditz, Art. 8 OECD-MA Rz. 18 mwN.
Levedag
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§ 2 Rz. 80–81
Beschrnkte Steuerpflicht
KSt für Kapitalerträge iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 EStG iVm. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG dem Steuerabzug (der Quellenbesteuerung) unterliegen, gilt nach der Rspr. des BFH bei einer beschränkt stpfl. KapGes. als Bezieherin der Einkünfte nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den inländischen Steuerabzug als abgegolten. Die KapESt ist iHv. 25 % der Bruttodividende einzubehalten und abzuführen (§§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 44 Abs. 1 EStG). Sie entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen (s. § 44 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG). Zur Erstattung gem. § 44a Abs. 9 EStG oder auf Grundlage eines DBA s. Rz. 47. Dass die Kapitalerträge nach § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens einer KapGes. eigentlich außer Ansatz bleiben müssten, ändere daran – so der BFH – nichts, da der Grundsatz, dass die KapESt von zwar steuerbaren, jedoch steuerbefreiten Einnahmen nicht zu erheben sei, nur gelte, soweit der Gesetzgeber die steuerfreien Einnahmen nicht ausdrücklich in die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug einbeziehe.1 Letzteres habe der Gesetzgeber in § 43 Abs. 1 Satz 3 EStG aber getan. Somit läuft die Steuerbefreiung in § 8b Abs. 1 KStG für alle Empfänger-Körperschaften aus Drittstaaten leer. Eine Definitivbelastung mit deutscher KapESt tritt damit bei Ausschüttungen an ausländische Muttergesellschaften ein, wenn das Schachtelprivileg des jeweiligen DBA aufgrund des Nichterreichens der Beteiligungsschwelle nicht zur Anwendung kommen kann (vgl. § 8b KStG Rz. 63 und 88). Hierin sieht der BFH in der zitierten Entscheidung auch keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (s. auch Rz. 29). 81
Kapitalertragsteuerabzug auf Bezüge iSd. § 8b Abs. 1 KStG an EU-Empfänger-Körperschaften. Die einbehaltene KapESt auf Dividenden iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wird auf Antrag nicht erhoben (§ 31 Abs. 1 KStG iVm. 43b Abs. 1 EStG), wenn die beschränkt stpfl. ausländische Muttergesellschaft der MTR unterliegt (§ 43b Abs. 2 EStG; s. zur MTR auch Rz. 32 und zum Verfahren Rz. 47. Wenn Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in anderen EU-/ EWR-Mitgliedstaaten ausgeschüttet werden und mangels Anwendbarkeit des § 8b Abs. 1 KStG oder eines anderen Schachtelprivilegs (nach dem DBA oder der MTR) iErg. einer höheren Besteuerung unterworfen werden als Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in Deutschland ausgeschüttet werden, liegt nach der Rspr. des EuGH ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vor, da der beschränkt stpfl. Empfänger die einbehaltene KapESt im Gegensatz zu inländischen Empfänger-Körperschaften nicht anrechnen kann.2 Dies war iErg. der Fall, wenn eine EU-Gesellschaft im Zeitpunkt der Entstehung der KapESt nicht zu mindestens 10 % (vgl. Art. 5 Abs. 1 MTR) an einer deutschen KapGes. beteiligt war (s. dazu Rz. 29). Denn auch zwischen den EU-Staaten liegt die Beteiligungsschwelle für eine Reduktion der KapESt auf 5 % der Bruttodividende nach dem abkommensrechtlichen DBA-Schachtelprivileg regelmäßig bei 25 %; wird diese Schwelle nicht erreicht, kommt nach dem DBA regelmäßig nur eine Absenkung auf 15 % der Bruttodividende in Betracht (Art. 10 Abs. 2 Buchst. a und b OECD-MA, s. Rz. 82). Als Reaktion auf die EuGH-Entscheidung v. 20.10.20113 hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.3.2013 unter Schlechterstellung der Steuerinländer eine Stpfl. von Streubesitzdividenden für Zwecke der KSt (vgl. § 8b KStG Rz. 434 ff.) und für die Vergangenheit eine Erstattungsmöglichkeit für bisher unionsrechtswidrig einbehaltene KapESt in § 32 Abs. 5 KStG (vgl. § 32 KStG Rz. 30 ff.) eingeführt.4 Der durch das EURLUmsG5 in das Gesetz eingefügte und durch das AmtshilfeRLUmsG6 an den europarechtlichen Harmonisierungsstand angepasste § 8b Abs. 9 KStG enthält nunmehr zudem im Sinne einer Rückausnahme die Anordnung, dass § 8b Abs. 7 und 8 KStG nicht für Bezüge iSd. Abs. 1 gelten, auf die die EU-Mitgliedstaaten Art. 4 Abs. 1 der MTR7 anzuwenden haben. Da die An1 BFH v. 22.4.2009 – I R 53/07, GmbHR 2009, 940 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2009, 1162 = DStR 2009, 1469. 2 BFH v. 22.4.2009 – I R 53/07, GmbHR 2009, 940 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2009, 1162 = BFH/NV 2009, 1543; v. 11.1.2012 – I R 30/10, GmbHR 2012, 708 m. Anm. Patzner/Nagler = BFH/NV 2012, 1105; EuGH v. 20.10.2011 – Rs. C-284/09 – Kommission ./. Deutschland, GmbHR 2011, 1211 = FR 2011, 1112 = DStR 2011, 2038. 3 EuGH v. 20.10.2011 – Rs. C-284/09 – Kommission ./. Deutschland, GmbHR 2011, 1211 = FR 2011, 1112 = DStR 2011, 2038. 4 G zur Umsetzung des EuGH-Urt. v. 20.10.2011 in der Rs. C-284/09 v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 561; dazu ua. Herlinghaus, FR 2013, 529; Richter/Reeb, DStZ 2013, 702; zu Auswirkungen auf Beteiligungen über Investmentvermögen s. Hillebrand/Klamt/Migirov, DStR 2013, 1646. 5 G v. 9.12.2004, BGBl. I 2004, 3310. 6 G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809; dazu Paintner, DStR 2013, 1629 (1641 f.); Haisch/Helios/Niedling, DB 2013, 1444 ff. 7 RL 2011/96/EU v. 30.11.2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. EU 2011 Nr. L 345, 8.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 81–83 § 2
wendung des § 8b Abs. 7 und 8 KStG (Regelungen für Finanz- und Versicherungsunternehmen) dazu führt, dass bei den betroffenen Unternehmen Dividenden abweichend von § 8b Abs. 1 KStG nicht steuerfrei, sondern stpfl. und die in § 8b Abs. 3 KStG geregelten Abzugsverbote nicht anwendbar sind, bedurfte es für die unter den Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 1 der MTR fallenden Bezüge dieser gesetzlichen Rückausnahme, um diese Bezüge steuerfrei behandeln zu können.1 Zu den Einzelheiten s. § 8b KStG Rz. 567 und 595 ff. Absenkung der Quellensteuer nach dem DBA. Art. 10 Abs. 1 OECD-MA gewährt dem 82 Ansässigkeitsstaat der ausländischen Empfänger-Körperschaft (falls diese aus deutscher Sicht der „Nutzungsberechtigte“ ist)2 das Besteuerungsrecht, wenn Dividenden iSd. Art. 10 Abs. 3 OECD-MA vorliegen,3 zugleich besteht aber ein Besteuerungsrecht des Quellenstaats (Art. 10 Abs. 2 OECD-MA). Greifen die Voraussetzungen eines DBA-Schachtelprivilegs gem. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. a OECD-MA ein, wird die deutsche Quellensteuer auf Dividenden iSd. Art. 10 Abs. 1 OECD-MA auf 5 %, in den anderen Fällen (Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b OECD-MA) auf 15 % der Bruttodividende ermäßigt. Für die Anwendung des Art. 10 Abs. 2 ist die Regelung des § 50d Abs. 1 bis 3 EStG zu beachten, da Art. 10 Abs. 2 OECD-MA keine Aussage zu der Frage enthält, wie die Begrenzung des deutschen Quellensteuerrechts durchzuführen ist. § 50d Abs. 1 EStG enthält das Erstattungsverfahren, § 50d Abs. 2 EStG regelt das Freistellungsverfahren und § 50d Abs. 3 EStG beinhaltet eine Regelung zur Missbrauchsvermeidung in Form des „treaty shopping“.4 Einzelheiten zu § 50d Abs. 3 EStG werden in § 32 KStG Rz. 11 erläutert. Zum Verfahren s. Rz. 63. Betriebsstättenvorbehalt. Ist die Beteiligung an einer Gesellschaft, aus der ausgeschüttet wird, einer inländischen Betriebsstätte der ausländischen Empfänger-Körperschaft funktional zugeordnet und hat diese Gesellschaft ebenfalls in Deutschland als Betriebsstättenstaat ihren Sitz, so hat Deutschland als Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht für die Dividende (Art. 10 Abs. 4 OECD-MA). Es ist in diesem Fall zu veranlagen (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 KStG iVm. § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG; s. § 32 KStG Rz. 17). In der Praxis bilden inländische Holdingpersonengesellschaften, durch die inländische Tochter-KapGes. Dividenden an ausländische Mitunternehmer-KapGes. „durchschütten“ (s. § 8b Abs. 6 KStG), einen wichtigen Anwendungsfall des Betriebsstättenvorbehalts: –
Nach den bereits dargelegten Grundsätzen der Rspr. (s. Rz. 75) reichen die rechtlichen Zuordnungskriterien des SBV nicht aus, um die funktionale Zuordnung einer dem SBV zugehörigen Beteiligung zur inländischen Betriebsstätte iSd. Abkommensrechts zu begründen.5 Dies ist für die Einkünfte gewerblich geprägter Personengesellschaften gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, denen Dividenden als Sondervergütungen (im SBV II) zufließen, aus § 50d Abs. 10 Satz 7 Nr. 1 EStG abzuleiten, der die Fiktion der Zuordnung des Gewinnanteils des ausländischen Mitunternehmers zu den Unternehmensgewinnen gem. § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG ausschließt.
–
Eine inländische Holdingpersonengesellschaft muss, um für abkommensrechtliche Zwecke unter den Betriebsstättenvorbehalt (Art. 10 Abs. 4 OECD-MA) und die Art. 5 und 7 OECD-MA fallen zu können, sowohl eine tatsächliche gewerbliche Betätigung iSd. Art. 7 OECD-MA als auch des § 15 Abs. 2 EStG ausüben. Hierdurch wird in der Regel eine Betriebsstätte des ausländischen Mitunternehmers im Inland begründet (s. Rz. 73 f.), der die Beteiligungen an den Tochtergesellschaften tatsächlich zuzuordnen sind. Nach hM muss die inländische Personengesellschaft hierzu als geschäftsleitende Holding zu qualifizieren sein. Der Betriebsstättenvorbehalt greift nicht ein, wenn die Gewerblichkeit der in den Unternehmensgewinn einfließenden Dividenden bei einer inländischen Personengesellschaft auf der gewerblichen Prägung oder Abfärbung beruht (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG).6 Siehe zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen des § 8b Abs. 6 KStG aus der
1 Vgl. Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8b KStG Rz. 775; Feyerabend in Erle/Sauter3, § 8b KStG Rz. 409 f.; Dötsch/Pung in D/P/M, § 8b KStG Rz. 292. 2 Vgl. Schönfeld in Schönfeld/Ditz, Art. 10 OECD-MA Rz. 75 ff. zu Zurechnungskonflikten, Rz. 84 zu Qualifikationskonflikten bei einer aus deutscher Sicht intransparenten Gesellschaft und Rz. 87, 90 ff. zum Merkmal der „in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft“. 3 Vgl. Schönfeld in Schönfeld/Ditz, Art. 10 OECD-MA Rz. 114 ff.; Kaeser/Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 10 OECD-MA Rz. 56 ff., 60 ff. 4 Vgl. Schönfeld in Schönfeld/Ditz, Art. 10 OECD-MA Rz. 23, 70 ff., 108 ff. 5 Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 118. 6 Kaeser/Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 10 OECD-MA Rz. 157, dort Lösung des Bsp. 3.
Levedag
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§ 2 Rz. 83–85
Beschrnkte Steuerpflicht
Ermittlung des Gewinnanteils einer beschränkt stpfl. Körperschaft § 8b KStG Rz. 489 f., 494, 497 und 499. –
Zur gewstl. Behandlung von Dividendeneinkünften auf Ebene der Holdingpersonengesellschaft gem. § 7 Satz 4 Halbs. 2 GewStG iVm. § 8b Abs. 1, 4 und 6 KStG s. § 8b KStG Rz. 66 f. und 500.
–
Zu den besonderen Fragen, die aufgrund früherer Gestaltungen zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) zur Einführung des § 50i EStG geführt haben, s. § 1 KStG Rz. 25.
84 Veräußerung von Dividendenforderungen. Dividendenzahlungen inländischer KapGes. an beschränkt Stpfl. zählen zu den inländischen Einkünften gem. § 2 Nr. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG. Gewinne aus der Veräußerung von Dividendenansprüchen iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG begründen hingegen keine beschränkte Stpfl. des Veräußerers nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG, da § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG nur auf § 20 Abs. 1, nicht aber auf § 20 Abs. 2 EStG verweist. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sperrt in diesen Abtretungsfällen grds. die spätere Besteuerung der zufließenden Dividende. Streitig ist, ob die Veräußerung zukünftiger Dividendenansprüche für den ausländischen Anteilseigner zu einem steuerfreien Bezug des Entgelts für die Dividende führt und der Erwerber seinerseits steuerfrei eine Forderung einzieht. Nach Meinung des BMF v. 26.7.20131 ist die beschränkte Stpfl. nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in diesen Fällen nicht gänzlich ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG sei der Ausschluss der beschränkten Steuerpflicht – so das BMF – auf Fälle der tatsächlichen Besteuerung des Veräußerungserlöses beschränkt. Die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a Satz 2 EStG finde aber keine Anwendung, wenn die tatsächliche Besteuerung des Veräußerungserlöses unterbleibe. Nur in Fällen, in denen vom Inhaber des Stammrechts der Veräußerungserlös nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG zu versteuern sei, werde die Dividendenzahlung nicht mehr besteuert. Sofern der Gewinn aus der Veräußerung eines Dividendenanspruchs beim Veräußerer nicht zu einer tatsächlichen Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG führe, verbleibt es nach Ansicht des BMF v. 26.7.2013 daher bei der an der Auszahlung der Dividende anknüpfenden Besteuerung und sei bei der Auszahlung der Dividende in jedem Fall KapESt einzubehalten. Diese Auffassung der FinVerw. wird in der Literatur uE zu Recht abgelehnt, da der Gesetzgeber keine umfassende einfachgesetzliche „subject-to-tax“-Klausel in § 20 Abs. 2 EStG aufgenommen hat.2 85
Nicht unter § 8b Abs. 1 KStG fallende Bezüge von inländischen Körperschaften. Die beschränkte Stpfl. von Bezügen aus inländischen KapGes. durch beschränkt stpfl. Körperschaften ist nicht deckungsgleich mit dem Katalog der in § 8b Abs. 1 KStG erfassten Bezüge. Wie bei den unter § 8b Abs. 1 KStG fallenden Bezügen ist es erforderlich, dass der Schuldner der Kapitalerträge seinen Wohnsitz (§ 8 AO), seine Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder seinen Sitz (§ 11 AO) im Inland hat. Für diese Zahlungen besteht bei inländischer Stpfl. die Verpflichtung zum KapESt-Abzug, die im Einzelnen durch § 50g EStG3 oder das DBA aufgehoben werden kann (s. Rz. 47). Im Einzelnen sind folgende Zahlungen inländischer KSt-Subjekte gem. § 1 KStG an beschränkt stpfl. Körperschaften relevant: –
§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG nimmt zwar die Bezüge des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Bezug, enthält aber iRd. beschränkten Stpfl. eine Rückausnahme, dh., es besteht keine beschränkte KSt-Pflicht für die Erträge aus Investmentanteilen iSd. § 2 InvStG an einem qualifizierten inländischen OGAW oder AIF iSd. § 1 Abs. 1b InvStG. Diese Erträge werden ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Nr. 5 Satz 1 Buchst. a ausgenommen, können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen gem. Nr. 5 Satz 1 Buchst. b zu inländ. Einkünften führen:4 Zur beschränkten Stpfl. führende inländ. Einkünfte sind Einkünfte aus Investmentvermögen nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG nur, soweit sie aus durch einen inländ. Fonds geleisteten Inlandsdividenden, bestimmten Erträgen aus inländ. Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten bestehen (§ 7 Abs. 3 InvStG) oder gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb EStG im Tafel-
1 BMF v. 26.7.2013 – IV C 1 - S 2410/11/10001 :003 – DOK 2013/0710470, BStBl. I 2013, 939. 2 Vgl. Bisle, NWB 2013, 4108 (4110); Helios/Klein, FR 2014, 110 (112); Klein/Link in H/H/R, § 49 EStG Anm. 822; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 74. 3 Zu beachten ist, dass gewinnabhängige Vergütungen (§§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) gem. § 50g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG und nicht fremdübliche Zinszahlungen zwischen verbundenen Unternehmen (vgl. § 50g Abs. 2 Nr. 2 EStG) hiervon ausgenommen sind. 4 Klein/Link in H/H/R, § 49 EStG Anm. 821, 840 (Stand: Juni 2014); Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 74.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 85–87 § 2
geschäft (§§ 7 Abs. 1, 2 und 4 InvStG iVm. § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG) über eine inländ. Zahlstelle erzielt werden. Die aktuelle Rechtslage wirkt sich für beschränkt stpfl. KapGes. insoweit aus, als nunmehr Inländer nicht länger bessergestellt werden (unbeschränkt KSt-Pflichtigen bleibt allerdings immer noch die Möglichkeit, mit den Dividenden zusammenhängende Aufwendungen steuermindernd geltend zu machen, sodass die Diskriminierung beschränkt KSt-Pflichtiger in dieser Hinsicht fortbesteht).1 –
Unter § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG fallen Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös verbunden ist. Fehlt eine der beiden Voraussetzungen, sind die Bezüge Erträge aus einer sonstigen Kapitalforderung iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und fallen als solche unter § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. c Doppelbuchst. bb EStG.2 Siehe ausführlich zur Unterscheidung § 8 KStG Rz. 1258 ff.
–
Zudem sind von § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG Einnahmen aus typisch stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen (Erträge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) erfasst, die an das beschränkt stpfl. KSt-Subjekt gezahlt werden. Partiarische Darlehen sind Darlehen, für deren Hingabe der Darlehensgeber anstelle von Zinsen oder neben einer festen Verzinsung einen Anteil am Gewinn des Unternehmens, dem das Darlehen dient, erhält. Die Vereinbarung eines Mindestgewinnanteils ist möglich, eine Verlustbeteiligung schließt die Annahme eines partiarischen Rechtsverhältnisses aus.3 Der BFH4 stuft eine Vergütung schon dann als ergebnisabhängig in diesem Sinne ein, wenn sie von der Liquidität des Schuldners abhängt.
DBA. Art. 10 Abs. 1 OECD-MA begründet ein Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats des Dividendenempfängers. Der Dividendenbegriff des Abs. 1 wird in Art. 10 Abs. 3 OECDMA erweitert und umfasst neben Einkünften aus Genussscheinen iSd. Abkommensrechts auch Einkünfte aus „anderen Rechten (nicht Forderungen) auf Gewinnbeteiligung“. Die deutsche Abkommenspraxis geht dahin, in deutschen DBA zu vereinbaren, dass Vergütungen auf (beteiligungs- und obligationsähnliche) Genussscheine aus typisch stillen Beteiligungen und aus partiarischen Darlehen als Dividenden zu qualifizieren sind.5
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d) Deutschland als Quellenstaat für Zinsvergütungen Begrenztes nationales Quellenbesteuerungsrecht Deutschlands (Grundsatz). Nach deutschem Steuerrecht unterliegen Zinszahlungen in das Ausland für Darlehen in vielen Fällen nicht der beschränkten Stpfl. Das Gesetz ordnet nur in bestimmten Ausnahmefällen der Immobiliarbesicherung (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 5 EStG) oder Gewinnabhängigkeit der Zinszahlung (s. zu Letzterem Rz. 85), nicht aber durchgehend eine beschränkte Steuerpflicht an.6 Unterliegen Zahlungen in das Ausland der inländischen Stpfl., erhebt Deutschland gem. § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG die KapESt als Quellensteuer, die 25 % zzgl. des Solidaritätszuschlags (insgesamt 26,375 %) beträgt und gem. § 44a Abs. 9 EStG teilweise erstattungsfähig ist (s. Rz. 47). Die einbehaltene KapESt hat gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG abgeltende Wirkung (vgl. daher auch § 32 KStG Rz. 17). Für Zinsen, die in das EU-Ausland gezahlt werden, statuiert § 50g EStG auf Grundlage der europäischen Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie für Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen (s. dazu Rz. 32) eine unilaterale vollständige Befreiung vom Quellensteuerabzug, die neben einer etwaig hinzutretenden DBA-Steuerbefreiung steht. Gleiches gilt für Zinszahlungen in die Schweiz auf der Grundlage des sog. Zinsbesteuerungsabkommens (§ 50g Abs. 6 EStG).7 Für Zinserträge aus in Deutschland immobiliarbesicherten Darlehen (§§ 20 Abs. 1 Nr. 5 und 7 iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. c Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG) kann gem. §§ 50g, 50d Abs. 2 EStG innerhalb der EU eine vollständige Quellensteuerfreiheit erreicht werden. Zum Ausschluss der Befreiung vom Quellensteuerabzug für gewinnabhängige Vergütungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) gem. § 50g
1 2 3 4
Klein/Link in H/H/R, § 49 EStG Anm. 841 (Stand: Juni 2014). Klein/Link in H/H/R, § 49 EStG Anm. 822, 838, 846 (Stand: Juni 2014). Intemann in H/H/R, § 20 EStG Anm. 191 (Stand: Februar 2014). BFH v. 22.6.2010 – I R 78/09, DStR 2010, 2448; v. 26.8.2010 – I R 53/09, BFH/NV 2011, 135; zur Besprechung der Entscheidungen s. Weidmann, BB 2012, 1059. 5 Kaeser/Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 10 OECD-MA Rz. 136. 6 Vgl. Körner in Schönfeld/Ditz, Art. 11 OECD-MA Rz. 24, 36–38; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 77 ff. 7 Körner in Schönfeld/Ditz, Art. 11 OECD-MA Rz. 38.
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§ 2 Rz. 87–90
Beschrnkte Steuerpflicht
Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG und nicht fremdübliche Zinszahlungen zwischen verbundenen Unternehmen (vgl. § 50g Abs. 2 Nr. 2 EStG) s. auch Rz. 85. 88
Begrenzung des deutschen Quellensteuerrechts nach den DBA. Art. 11 Abs. 1 OECD-MA weist das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat der Empfänger-Körperschaft zu und gewährt Deutschland das Recht des Quellensteuerabzugs. Eine ausländische EmpfängerKörperschaft, die aus Deutschland „Zinsen“ iSd. Art. 11 Abs. 3 OECD-MA erzielt und die eine „im anderen Vertragsstaat ansässige Person“ (s. Rz. 12 ff.) und als Zinsgläubigerin auch „Nutzungsberechtigte“ iSd. Art. 11 Abs. 1 und 2 OECD-MA ist, kann eine Begrenzung des Quellensteuersatzes auf 10 % der Bruttozinszahlungen beanspruchen. Bemessungsgrundlage der Quellensteuer ist demnach die volle Zinszahlung ohne Berücksichtigung von Aufwendungen des Zinsgläubigers. Dies führt in der Praxis aufgrund der Bruttobesteuerung regelmäßig zu Quellensteuerüberhängen im Ansässigkeitsstaat des Zinsempfängers.1 Ist infolge eines DBA oder gem. § 50g EStG ein niedrigerer Steuersatz anzusetzen oder der Quellensteuerabzug zu unterlassen, kann eine Erstattung gem. § 50d Abs. 1 EStG beantragt werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch bei steuerbaren Zinszahlungen an beschränkt stpfl. Körperschaften die Regelung in § 50d Abs. 3 EStG zu beachten.2 Zum Steuerabzug s. Rz. 47. Für Zinszahlungen innerhalb der EU/des EWR gilt gem. § 44a Abs. 4 Satz 6 EStG nF die weitere Besonderheit, dass auch für die Fälle des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c und d EStG ein Steuerabzug unterbleibt, vorausgesetzt, (1) es handelt sich bei dem beschränkt stpfl. Vergütungsgläubiger um eine in der EU/im EWR (mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung) ansässige Gesellschaft, die bei Vornahme eines Typenvergleichs einer in Deutschland ansässigen und gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG steuerbefreiten Körperschaft entspricht – dies sind in erster Linie ausländische rechtsfähige Pensionskassen –, und (2) es besteht mit deren Ansässigkeitsstaat ein Amtshilfeabkommen.
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Betriebsstättenvorbehalt. Hat die ausländische Empfänger-Körperschaft eine deutsche Betriebsstätte, der die Zinsforderung nach abkommensrechtlichen Grundsätzen funktional zuzurechnen ist, hat Deutschland als Betriebsstättenstaat nach Art. 11 Abs. 4 OECD-MA abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht für die Zinseinkünfte iSd. Art. 11 Abs. 1 OECDMA. Im Ansässigkeitsstaat der ausländischen Körperschaft ist die Doppelbesteuerung nach dem Methodenartikel des jeweiligen DBA durch Freistellung oder Anrechnung der deutschen Steuer zu beseitigen. Zu beachten ist auch Art. 11 Abs. 5 Satz 2 OECD-MA, wenn nach funktionaler Zuordnung die Darlehensverbindlichkeit zu einer inländischen Betriebsstätte des Schuldners in einem der beiden Abkommensstaaten gehört. Die Zinsen stammen dann für Zwecke des DBA aus dem Staat, in dem sich die Betriebsstätte befindet. Sind die Zinseinkünfte einer inländischen Betriebsstätte des Gläubigers zuzuordnen, ist zu veranlagen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG nF iVm. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG, s. Rz. 83 und § 32 KStG Rz. 17). Gewerbesteuerlich unterliegen die Zinszahlungen der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Besonderheiten bestehen bei Sondervergütungen, etwa aus Gesellschafterdarlehen, die eine ausländische Empfänger-Körperschaft als Darlehensgeberin an eine inländische gewerbliche Mitunternehmerschaft, an der sie beteiligt ist, ausgereicht hat. Hier bestehen die bereits angesprochenen Schwierigkeiten aus der deutschen Sichtweise, dass die Zinserträge gem. § 50d Abs. 10 EStG unilateral den inländischen Betriebsstätteneinkünften der ausländischen Körperschaft zugewiesen werden (vgl. Rz. 84 bis 86). e) Deutschland als Quellenstaat von Lizenzvergütungen
90 Rechtsgrundlagen der nationalen Quellenbesteuerung bei der Rechteüberlassung im Inland.3 Lizenzgebühren, die aus dem Inland an eine ausländische Empfänger-Körperschaft für die Überlassung von Rechten oder Ähnlichem gezahlt werden und die keiner inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, können bei natürlichen Personen als beschränkt stpfl. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG) oder als sonstige Einkünfte (§ 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG) zu qualifizieren sein. Daneben besteht noch ein Besteuerungsrecht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG für Entgelte aus der Ausübung und Verwertung künstlerischer, sportlicher, artistischer, unterhaltender und sonstiger Darbietungen sowie gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG für die Überlassung von Know-how zur Nutzung (s. Rz. 100). Hierbei kommt es gem. § 49 Abs. 2 EStG für die Einkünftequalifizierung im Inland
1 Körner in Schönfeld/Ditz, Art. 11 OECD-MA Rz. 2. 2 Körner in Schönfeld/Ditz, Art. 11 OECD-MA Rz. 39 f. 3 Vgl. Bozza-Bodden in Schönfeld/Ditz, Art. 12 OECD-MA Rz. 2–6, 72–75.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 90–92 § 2
nur auf die inländische Betrachtungsweise an, die der für unbeschränkt stpfl. Einkünfte entspricht (s. Rz. 66).1 Seit dem VZ 2009 bestehen Besonderheiten für ausländische Körperschaften, die Rechte zur Nutzung im Inland überlassen. Diese Vergütungen fallen bei ausländischen Gesellschaften iSd. § 2 Nr. 1 KStG unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 1 und 2 EStG, der gegenüber § 49 Abs. 1 Nr. 6 und 9 EStG vorrangig ist.2 Sowohl § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG als auch § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG setzen für den Inlandsbezug voraus, dass das Recht einer inländischen Betriebsstätte (eines anderen beschränkt oder unbeschränkt Stpfl.), nicht aber des Überlassenden selbst, zur Verwertung überlassen wird.3 Rechtsgrundlage für die inländische Besteuerung kann aber alternativ § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG sein, wenn der Lizenzgeber seine Geschäftstätigkeit durch eine im Inland gelegene Betriebsstätte ausübt und die Rechte oder Vermögenswerte, für welche die Lizenzgebühren gezahlt werden, tatsächlich und funktional nach abkommensrechtlichen Maßstäben dieser inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind.4 Vorrangige Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 1 und 2 91 EStG bei der Rechteüberlassung durch ausländische Körperschaft. Einkünfte einer ausländischen Körperschaft aus der Überlassung von Rechten fallen im Wesentlichen unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 1 und 2 EStG, der in seinem Anwendungsbereich § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG verdrängt. Eine Rechteüberlassung fällt unter beide Vorschriften, wenn das Recht für eine unbegrenzte oder ungewisse Dauer zur Nutzung überlassen wird und dies entweder auf einer obligatorischen oder einer dinglichen Rechtsgrundlage beruht.5 Erfasst wird von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG somit auch die sog. verbrauchende Rechteüberlassung, bei der sich das Recht durch Zeitablauf oder mit seiner Nutzung wirtschaftlich erschöpft, während der subsidiäre § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG nur zeitlich begrenzte Rechteüberlassungen erfasst.6 Die Überlassung von Know-how (geschäftlicher/betrieblicher Erfahrungen) durch ausländische Körperschaften fällt ausschließlich unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG, weil der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG diese nicht erfasst und § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG zwar einschlägig sein kann, aber gegenüber § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG subsidiär ist. Zur Überlassung von Persönlichkeitsrechten zur Nutzung wird auf das Schrifttum Bezug genommen.7 Zu den Folgen der Gewerblichkeitsfiktion gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG s. Rz. 98. Die Abzugsteuer beträgt 15 % der Bruttoeinnahmen (§ 50a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 92 EStG), entsteht gem. § 50a Abs. 5 Satz 1 EStG im Zeitpunkt des Zuflusses der Vergütung beim Gläubiger und hat gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG abgeltende Wirkung. Der inländische Vergütungsschuldner hat somit im Wege einer Steueranmeldung (§ 168 AO) die inländische Abzugsteuer anzumelden und abzuführen. Anschließend muss der ausländische Vergütungsgläubiger im Wege des Erstattungsverfahrens (§ 50d Abs. 1 EStG) die Minderung der inländischen Abzugsteuer erreichen oder es kann im Wege des Freistellungsverfahrens schon der Steuereinbehalt unterbleiben (§ 50d Abs. 2 EStG). Der Steuerabzug gem. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG gilt auch für solche Vergütungen, die für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten und Know-how oder für die Gelegenheitsverschaffung iSd.
1 2 3 4 5 6
BFH v. 27.7.2011 – I R 32/10, FR 2012, 280 = BFH/NV 2012, 118, m. Anm. Gosch, BFH-PR 2012, 50. Vgl. Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 216; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 85. Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 86. Vgl. Bozza-Bodden in Schönfeld/Ditz, Art. 12 OECD-MA Rz. 32. Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 85. Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 184; BMF v. 25.11.2010 – IV C 3 - S 2303/09/10002 – DOK 2010/0861549, BStBl. I 2010, 1350 Rz. 24; Pfeffermann in H/H/R, § 49 EStG Anm. 619; zum eingeschränkten Anwendungsbereich von § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG s. noch Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 85: Die zeitliche Begrenztheit des überlassenen Rechts (zB Patent- oder Markenrechts) steht der Annahme einer zeitlich begrenzten Nutzungsüberlassung gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG nicht entgegen, auch nicht, dass ungewiss ist, ob und wann die Überlassung zur Nutzung endet, anders jedoch die Gewissheit darüber, dass das WG nicht zurückübertragen werden kann oder sich während der Nutzungsüberlassung wirtschaftlich erschöpft, zB die Überlassung veranstaltungsbezogener Rechte, die sich während der Veranstaltung „verbrauchen“, zB die Bandenwerbung bei einer Sportveranstaltung oder das exklusive Recht zur Übertragung der Uraufführung eines Theaterstücks. 7 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 85.
Levedag
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§ 2 Rz. 92–96
Beschrnkte Steuerpflicht
§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g EStG gezahlt werden (zu Einzelheiten s. Rz. 47 und § 32 KStG Rz. 11 und 17). 93
Auf fremdübliche Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen, die in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU ansässig sind, dürfen nach der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie (vgl. Rz. 32) ab dem 1.1.2004 keine Abzugsteuern mehr erhoben werden (s. § 50g Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG). Im Verhältnis zur Schweiz gilt dies auf der Grundlage des Zinsbesteuerungsabkommens (Art. 15 Abs. 2) ab dem 1.1.2005 ebenfalls für Lizenzgebühren (§ 50g Abs. 6 iVm. Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG). Siehe auch Rz. 88.
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Kein Quellensteuerrecht nach dem DBA. Der Staat, aus dem die Lizenzgebühren stammen, darf nach Art. 12 Abs. 1 OECD-MA keine Quellensteuer erheben, es sei denn, es liegt ein Fall des Betriebsstättenvorbehalts (Art. 12 Abs. 3 OECD-MA) vor. Das Besteuerungsrecht steht allein dem Ansässigkeitsstaat der ausländischen Empfänger-Körperschaft zu, wenn Lizenzgebühren gem. Art. 12 Abs. 2 OECD-MA gezahlt werden und die EmpfängerKörperschaft die „Nutzungsberechtigte“ und „eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person“ iSd. DBA ist (zu Letzterem s. Rz. 12). Ein deutsches Besteuerungsrecht besteht nach Art. 12 Abs. 2 Satz 4 OECD-MA für den den angemessenen Betrag übersteigenden Teil der Lizenzgebühr. Dieser übersteigende Betrag (nach deutschem Verständnis regelmäßig als vGA zu erfassen, vgl. § 8 KStG Rz. 870 ff., 882 ff. und 918 ff.) darf nach dem Recht eines jeden Vertragsstaats und unter Berücksichtigung der übrigen Bestimmungen des DBA besteuert werden.
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Betriebsstättenvorbehalt. Deutschland steht nach Art. 12 Abs. 3 OECD-MA das Besteuerungsrecht an Lizenzgebühren als Quellenstaat nach dem DBA zu, wenn die Lizenzgebühren aus dem Inland stammen, der Lizenzgeber seine Geschäftstätigkeit durch eine im Inland gelegene Betriebsstätte ausübt und die Rechte oder Vermögenswerte, für die Lizenzgebühren gezahlt werden, tatsächlich und funktional nach den Maßstäben des DBA dieser inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind.1 In diesem Fall hat Deutschland als Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht, was zur beschränkten Steuerpflicht der ausländischen EmpfängerKörperschaft gem. § 2 Nr. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG führt. Innerhalb der EU ist allerdings zu beachten, dass die Regelungen der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie (s. Rz. 32) auch für Zahlungen gelten, die von einer in der Bundesrepublik Deutschland unterhaltenen Betriebsstätte eines Unternehmens eines anderen EU-Mitgliedstaats an eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat gelegene Betriebsstätte eines EU-Unternehmens geleistet werden (§ 50g Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG). Gewerbesteuerlich unterliegen Lizenzzahlungen der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. f) Deutschland als Quellenstaat für Entgelte aus der Überlassung inländischen Grundbesitzes/inländischer Sachinbegriffe
96 Nationales Quellensteuerrecht bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Sachinbegriffen. Eine beschränkte Stpfl. kommt gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. bb EStG aufgrund der Vermietung und Verpachtung inländischen unbeweglichen Vermögens, von Sachinbegriffen oder Rechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländ. Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, in Betracht. Einbezogen werden ab dem VZ 2009 – im Fall der Vermietung und der Veräußerung – im Wege der Fiktion ausdrücklich nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG auch vergleichbare Einkünfte, die – so die Neuregelung idF des SEStEG – (1) von einer Körperschaft iSd. § 2 Nr. 1 KStG erzielt werden, die (2) mit einer KapGes. oder einer sonstigen jur. Pers. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (also KapGes.; Rechts- und Wirtschaftsgenossenschaften; Versicherungs- und Pensionsfondsvereine aG) vergleichbar ist. Grund für die Ausdehnung der beschränkten Stpfl. gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG auch auf ausländische Unternehmen war es, unerwünschten Gestaltungen vornehmlich im Immobilienbereich unter Einschaltung vermögensverwaltender ausländischer KapGes. im Hinblick auf „betriebsstättenlose“ Veräußerungsgewinne für inländischen Grundbesitz zu begegnen und für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ebenfalls eine gewerbliche Anknüpfung zu schaffen: Anders als inländische (unbeschränkt stpfl.) unterfallen ausländische (beschränkt stpfl.) KapGes. nicht § 8 Abs. 2 KStG nF/aF und ist ihre Tätigkeit deswegen nicht kraft Rechtsform gewerblich (s. § 8 KStG Rz. 37
1 Vgl. Bozza-Bodden in Schönfeld/Ditz, Art. 12 OECD-MA Rz. 32.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 96–98 § 2
und 91).1 Die Gewerblichkeitsfiktion führt nicht zur Begründung (Fiktion) einer inländischen Betriebsstätte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.2 Die Steuer nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG wird im Wege der Veranlagung erhoben (s. § 32 KStG Rz. 11 und 17). Betriebsaufspaltung mit inländischer Betriebsgesellschaft. Die Nutzungsüberlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch eine ausländische KapGes. als Besitzunternehmen an eine inländische Betriebsgesellschaft ist differenziert zu betrachten. Ist die inländische Betriebsgesellschaft ebenfalls eine KapGes. (Schwestergesellschaft oder Tochtergesellschaft), liegt nach nationalem Rechtsverständnis ein Fall der kapitalistischen Betriebsaufspaltung vor. Die inländischen Einkünfte der ausländischen Besitz-KapGes. sind nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG gewerbliche Einkünfte.3 Ist die inländische Betriebsgesellschaft eine Personengesellschaft, so stellen sich die bereits behandelten Fragen der abkommensrechtlichen Zuordnung des genutzten Grundstücks als SBV zu einer inländischen Betriebsstätte der ausländischen Mitunternehmer-KapGes., die durch die Personengesellschaft vermittelt wird (s. Rz. 74 bis 76), denn nach nationalem Recht liegt in diesem Fall schon begrifflich keine Betriebsaufspaltung vor (Vorrang des SBV). Auf das Entgelt für die Nutzungsüberlassung als Sondervergütung wird jedenfalls aus Sicht der FinVerw. dann § 50d Abs. 10 EStG zur Anwendung kommen (s. Rz. 76).
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Weitere Auswirkungen der Gewerblichkeitsfiktion in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG. Für die Vermietungseinkünfte ausländischer KapGes., die inländischen Gesellschaften vergleichbar sind, zeitigt die Gewerblichkeitsfiktion folgende Rechtsfolgen:4
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–
Weitgehender Ausschluss des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Ihrer Art nach wären Vermietungseinkünfte bei isolierende Betrachtungsweise den Einkünften gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zuzuordnen. Der Anwendungsbereich dieser Regelung reduziert sich bei Steuersubjekten iSd. § 2 Nr. 1 KStG auf solche, die nicht mit KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG vergleichbar sind. Es wird aber nicht die Begründung einer Betriebsstätte selbst fingiert. Die Fiktion ist im Übrigen auf den jeweils betrachteten Betrieb, bei ausländischen Ein-ObjektKapGes. also auf das jeweilige Grundstück begrenzt.
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Umwidmung und Verstrickung des Grundbesitzes durch Rechtsänderung.5 Bezogen auf die laufenden VuV-Einkünfte bedarf es zum 1.1.2009 der Umwidmung des (bislang vermögensverwaltenden) inländischen PV der ausländischen Körperschaft (bei Einkunftserzielung bis Ende VZ 2008 gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG) in inländisches (gewerbliches) BV und der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz, wenn der Gewinn gem. § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln ist. Infolge der zuvor prinzipiell ohnehin schon bestehenden Steuerverstrickung des inländischen Grundbesitzes werden dabei allerdings (abermals) keine stillen Reserven aufgedeckt, denn bei Alt-Immobilien, die vor dem 1.1.1994 angeschafft oder hergestellt wurden, ist für die Einkünfteermittlung auf den TW zum 1.1.1994 abzustellen, und bei Neu-Immobilien, die nach dem 31.12.1993 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist von einer Quasi-Einlage mit den jeweiligen zum 1.1.2009 fortentwickelten Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszugehen. Dies gilt aber nur für Zwecke der AfABemessungsgrundlage, nicht für die Bestimmung des Buchwerts bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. bb EStG.6
–
Gewinnermittlungsarten für die gewerblichen Vermietungseinkünfte. Die FinVerw. verlangt eine Gewinnermittlung nach dem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG), wenn nach ausländischem Recht eine Buchführungspflicht besteht;7 in den weiteren Fällen ist unklar, ob an die ausländische KapGes. zur Ermittlung der inländischen Einkünfte
1 Da § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG aF aber auch solche jur. Personen einbezog, die im Inland nicht bereits kraft Rechtsform buchführungsverpflichtet waren (vgl. § 238 HGB iVm. § 6 HGB, § 17 Abs. 2 GenG, § 16 VAG), ging der frühere Regelungswortlaut über den Willen des Gesetzgebers hinaus und erfasste auch solche ausländischen Gesellschaften, die lediglich im Einzelfall infolge einer gleichartigen nachhaltigen Betätigung der Buchführungspflicht unterlagen (s. Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 44). 2 OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris. 3 Clausen in H/H/R, § 49 EStG Anm. 1256 (Stand: Juni 2014); Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 185. 4 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 44; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 175 f., 183. 5 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 47; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 179–182; BMF v. 16.5.2011 – IV C 3 - S 2300/08/10014 – DOK 2011/0349521, BStBl. I 2011, 530 Rz. 8–12; OFD Münster v. 21.7.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, FR 2011, 872 Tz. 3.2 (ergänzt in OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris). 6 Siehe vertiefend Pfeffermann in H/H/R, § 49 EStG Anm. 634 (Stand: Juni 2014). 7 BMF v. 16.5.2011 – IV C 3 - S 2300/08/10014 – DOK 2011/0349521, BStBl. I 2011, 530 Rz. 3.
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§ 2 Rz. 98–99
Beschrnkte Steuerpflicht
eine Aufforderung gem. § 141 AO gerichtet werden kann.1 Besteht keine Buchführungspflicht und werden tatsächlich keine Bücher geführt, kann der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt werden.2 Der BFH3 hat uE zu einem gänzlich anders gelagerten Streitfall, aber jedenfalls auf die Betriebsstättengewinnermittlung und den vorliegenden Sachverhalt übertragbar,4 entschieden, das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG könne nicht mehr ausgeübt werden, wenn im Ausland bilanziert werde; offen blieb, ob allein schon die rechtliche Verpflichtung im Ausland, eine Bilanz aufzustellen, die Gewinnermittlung nach den Grundsätzen der Einnahmenüberschussrechnung ausschließt. In den Fällen der Gewerblichkeitsfiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG wird aber auf Ebene der ausländischen beschränkt stpfl. KapGes. tatsächlich eine Bilanzierung erfolgen, die dann dem Wahlrecht, den inländischen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln zu können, entgegensteht. Zu Einzelfragen der Ermittlung der gewerblichen Vermietungseinkünfte ab 2009 s. die weiteren Nachweise.5 99 Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unbeweglichen Vermögen (Art. 6 OECD-MA). Art. 6 Abs. 1 bis 4 OECD-MA weist Deutschland als Belegenheits- und Quellenstaat das Besteuerungsrecht für „Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen“ zu, wenn eine beschränkt stpfl. Körperschaft Einkünfte aus inländischen Quellen iSd. §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 Buchst. a und f EStG oder – ausnahmsweise – gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG (s. hierzu Rz. 100 ff.) bezieht.6 Der andere Vertragsstaat (Sitzstaat der inländischen Körperschaft), der iRd. Welteinkommensbesteuerung der Körperschaft auf die inländischen Einkünfte zugreift, rechnet gem. Art. 23A oder 23B OECD-MA die deutsche Steuer an oder stellt die Einkünfte (unter Progressionsvorbehalt) frei.7 Der Abkommensbegriff des „unbeweglichen Vermögens“ wird in Art. 6 Abs. 2 OECD-MA definiert und bestimmt sich durch einen (dynamischen) Rückgriff nach dem, was unbewegliches Vermögen iSd. innerstaatlichen Rechts des Anwenderstaats ist.8 Art. 6 Abs. 4 OECD-MA bestimmt, dass das Belegenheitsprinzip auch für im Rahmen eines Unternehmens genutztes unbewegliches Vermögen gilt. Damit soll gewährleistet werden, dass Einkommen aus der unternehmerischen Nutzung unbeweglichen Vermögens in jedem Fall im Belegenheitsstaat besteuert werden kann, unabhängig davon, ob etwa auch eine Betriebsstätte im Belegenheitsstaat existiert, der das Grundvermögen funktional zuzuordnen ist, sodass Art. 6 OECD-MA Anwendungsvorrang hat, es sei denn, das unbewegliche Vermögen stellt selbst die Betriebsstätte dar (dann Vorrang des Art. 7 OECD-MA).9 Für laufende Bezüge aus Vermietung und Verpachtung kommt es unbeschadet der Besteuerungsfiktion in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 1 Doppelbuchst. aa und Satz 2 EStG aus abkommensrechtlicher Sicht auch nicht zu einer Umqualifizierung der Vermietungseinkünfte in Unternehmensgewinne gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA (Vorrang des Art. 6 OECDMA),10 und Einkünfte aus der Überlassung eines Grundstücks an eine Personengesellschaft, das dem SBV bei dieser zuzuordnen ist, unterfallen ebenfalls Art. 6 OECD-MA11 (s. auch Rz. 73 bis 76). Obwohl das innerstaatliche Recht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) die Nutzungsüberlassung registerrechtlich erfasster Schiffe den Vermietungseinkünften zuweist, im hier interessierenden Kontext aber gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 1 Doppelbuchst. aa und Satz 2 EStG in inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb der ausländischen Körperschaft umqualifiziert, gilt diese Fiktion nicht für Zwecke des DBA, sodass keine Unterneh-
1 BMF v. 16.5.2011 – IV C 3 - S 2300/08/10014 – DOK 2011/0349521, BStBl. I 2011, 530 Rz. 3; uU abweichend OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris Tz. 3.2. 2 BMF v. 16.5.2011 – IV C 3 - S 2300/08/10014 – DOK 2011/0349521, BStBl. I 2011, 530 Rz. 6. 3 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BStBl. II 2015, 141; bestätigt durch BFH v. 10.12.2014 – I R 3/13, BFH/NV 2015, 667 = GmbHR 2015, 437. 4 Gosch, BFH-PR 2015, 1 (2). 5 BMF v. 16.5.2011 – IV C 3 - S 2300/08/10014 – DOK 2011/0349521, BStBl. I 2011, 530 Rz. 6 ff. und OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris Tz. 3.2; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 46; Pfeffermann in H/H/R, § 49 EStG Anm. 633 (Stand: Juni 2014). 6 Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 6 OECD-MA Rz. 2 f., 26. 7 Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 6 OECD-MA Rz. 3. 8 Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 6 OECD-MA Rz. 43, 60. 9 Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 6 OECD-MA Rz. 11 f. und 97. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft fallen trotz deren Behandlung als betriebliche Einkünfte nur unter Art. 6 OECD-MA, nicht aber unter den Betriebsstättenbegriff des Art. 7 OECD-MA. 10 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 49. 11 Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 6 OECD-MA Rz. 100.
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B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 99–102 § 2
mensgewinne gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA vorliegen. Abkommensrechtlich ist insoweit Art. 8 OECD-MA einschlägig, der ein deutsches Besteuerungsrecht ausschließt (s. Rz. 78); § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 1 Doppelbuchst. aa EStG läuft iErg. leer.1 g) Deutschland als Quellenstaat für Entgelte aus der Überlassung beweglicher Wirtschaftsgüter und sonstiger Rechte Nationales Besteuerungsrecht. Zu den inländischen Einkünften gehören gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG sonstige Einkünfte iSd. § 22 Nr. 3 EStG auch dann, wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus der Nutzung beweglicher Sachen oder Rechte im Inland handelt und soweit stpfl. Einkünfte iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 EStG nicht vorliegen.
100
Das Besteuerungsrecht in § 49 Abs. 1 Nr. 9 iVm. § 22 Nr. 3 EStG ist auf bestimmte Einkünfte beschränkt, nämlich auf Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen (Alt. 1), aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland (Alt. 2) oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von (nur beispielhaft, nicht abschließend) gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten (Plänen, Mustern, Verfahren), also des Know-how (Alt. 3).2 Zur Behandlung der Lizenzen aus der Know-how-Überlassung auf Ebene des DBA s. Rz. 90 ff. Daneben besteht der Besteuerungstatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG, der Entgelte aus der Ausübung und Verwertung künstlerischer, sportlicher, artistischer, unterhaltender und sonstiger Darbietungen einschließlich damit zusammenhängender Darbietungen erfasst (s. Rz. 103 ff.). Überlassung beweglicher Wirtschaftsgüter. In § 49 Abs. 1 Nr. 9 Alt. 2 EStG hat sich der Gesetzgeber für das Quellenprinzip entschieden, denn nach dem BFH-Urteil v. 10.4.20133 ist eine Erzielung von Leistungseinkünften durch den Steuerausländer iZm. der Nutzung beweglicher Sachen im Inland tatbestandsmäßig. Das Merkmal ist – so der BFH – nur erfüllt, wenn die bewegliche Sache im Inland tatsächlich verwendet oder eingesetzt wird. Ein über den Katalog des § 49 Abs. 1 EStG hinausgehendes (Auffang-)Besteuerungsrecht bei jedwedem Inlandsbezug der Tätigkeit besteht nach dieser Entscheidung nicht. Die Einkünfte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG unterliegen nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG dem Steuerabzug. Der inländische Vergütungsschuldner kann gem. § 73g EStDV im Wege des Haftungsbescheids in Anspruch genommen werden.
101
Besteuerungsrecht nach dem DBA für die Überlassung beweglicher Sachen. Regelmäßig können seit der Herausnahme der Vergütungen für das Recht auf Benutzung beweglicher Sachen aus der Definition der Lizenzgebühren in Art. 12 OECD-MA 1992 und 2003 Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Sachen als „andere Einkünfte“ iSd. Art. 21 OECD-MA nur noch im Wohnsitzstaat des Vermieters besteuert werden.4 Dem Quellenstaat wird auch kein anteiliges Quellensteuerrecht zugebilligt. Es gibt jedoch immer noch deutsche DBA, deren Lizenzgebührenartikel Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Sachen erfassen und dem Quellenstaat eine Besteuerungsbefugnis iHv. 5 % oder 10 % der Vergütungen belassen.5 Ein Anwendungsfall des Art. 21 OECD-MA bei der Vermietung beweglicher Sachen wird gesehen, wenn nach inländischen Maßstäben eine Betriebsaufspaltung oder eine Betriebsverpachtung vorliegt.6 Art. 21 Abs. 2 Satz 2 OECD-MA enthält einen Betriebsstättenvorbehalt zugunsten des Belegenheitsstaats, dh., Art. 7 OECD-MA findet Anwendung, wenn Rechte oder Vermögenswerte, die einer inländischen Betriebsstätte des Überlassenden funktional
102
1 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 49. 2 Zum Begriff s. Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 94 zu Bsp. und Streitfragen; Kuhn in H/H/R, § 49 EStG Anm. 1050, 1053 (Stand: Juni 2014). 3 BFH v. 10.4.2013 – I R 22/12, BStBl. II 2013, 728 = FR 2013, 956 m. Anm. Klein/Jacob = ISR 2013, 349 m. Anm. Holthaus mit zust. Anm. von Lieber, jurisPR-SteuerR 39/2013 Anm. 4; nach dem Streitfall hatte eine KapGes. liechtensteinischen Rechts Lkws an eine deutsche Schwester-GmbH vermietet, welche die Lkws ihrerseits ohne einen Aufschlag an Frachtführer (weiter)vermietete, die mit den Lkws allerdings überwiegend nicht in Deutschland fuhren (zur Diskussion des Streitfalls im Vorfeld der BFH-Entscheidung s. auch Haberland, DStR 2012, 1115 ff.). 4 Vgl. Klein/Jakob, FR 2013, 958 mit dem Hinweis zum Sachverhalt des BFH v. 10.4.2013 (I R 22/12, BStBl. II 2013, 728 = ISR 2013, 349 m. Anm. Holthaus), dass die liechtensteinische Vermieter-AG im Streitjahr 1998 noch nicht durch das erst am 17.11.2011 unterzeichnete DBA Deutschland–Liechtenstein geschützt war, dessen Art. 21 vorsieht, dass nur Liechtenstein als Wohnsitzstaat sog. andere Einkünfte und damit auch Einkünfte aus der Vermietung beweglicher Sachen besteuern darf. 5 Klein/Jakob, FR 2013, 958 (959) mit Nachweisen. 6 Tcherveniachki in Schönfeld/Ditz, Art. 21 OECD-MA Rz. 35, 52.
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§ 2 Rz. 102–103
Beschrnkte Steuerpflicht
zuzuordnen sind, zur Nutzung überlassen oder veräußert werden. Veräußerungsgewinne fallen nur unter Art. 13 OECD-MA, nicht unter Art. 21 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA.1 h) Deutschland als Quellenstaat von Entgelten für Darbietungen 103 Nationaler Besteuerungsanspruch. Gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG unterfallen der beschränkten Stpfl. auch Entgelte aus der Ausübung und Verwertung künstlerischer, sportlicher, artistischer, unterhaltender und sonstiger Darbietungen sowie aus damit zusammenhängenden Leistungen (Werbung/Sponsoring/Vermarktung). Da eine ausländische KapGes. Darbietungen nicht selbst erbringen2 und somit nur als Dritter Einkünfte aus diesen erzielen kann, ist im vorliegenden Zusammenhang vor allem die Verwertungsalternative von Bedeutung. Der Regelungsgehalt des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG geht aber über den des Art. 17 OECD-MA hinaus, der nur auftrittsbezogene Tätigkeitseinkünfte im Ausübungsstaat erfasst, da für die Einkünfte aus der Verwertung (Rechteüberlassung) idR Art. 12 OECD-MA vorrangig ist.3 § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG ist gegenüber den Besteuerungsrechten gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 und 9 EStG für die Einkünfte aus der Rechteüberlassung für unterhaltende Darbietungen im Inland aufgrund der gesetzlich angeordneten Subsidiarität vorrangig.4 Verwertung iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG ist jede finanzielle und gewerbliche Ausnutzung einer Darbietung, zB durch die Produktion v. Tonträgern oder durch die Einräumung von Rechten und andere Verwertungsformen sowohl von Inlands- als auch Auslandsdarbietungen unabhängig davon, wem die Einkünfte zufließen, vorausgesetzt, diese werden jedenfalls im Inland verwertet; ausschlaggebend ist insoweit die tatsächliche Inlandsnutzung, nicht die Inlandsansässigkeit des Vertragspartners.5 Beispiele für Verwertungshandlungen iSd. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG sind: –
Die ausländ. KapGes. verwertet die inländ. Darbietungen im Inland durch Übertragung der zuvor erworbenen Rechte auf einen inländ. Vertragspartner. Dieser Bereich der Vermarktung durch die ausländ. KapGes. erfasst insbes.6 die Übertragung der Vermarktungsrechte von Film-, Video-, Fernseh-, Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen am Auftritt. Hierzu gehören auch (zeitsynchrone wie zeitversetzte) Liveübertragungen (über Film, Fernsehen, Rundfunk oder Internet) ausländischer (Sport-, Konzert-, Zirkus- oder sonstiger Unterhaltungs-)Darbietungen im Inland durch Produktion und Vermarktung von Bildsignalen (einschließlich des damit oftmals in Zusammenhang stehenden Stadionbetretungsrechts).7
–
Die Werbung mit Künstlern, Sportlern, Artisten oder Unterhaltern, die von Dritten (etwa einer ausländ. KapGes.) erbracht wird, ist keine Verwertung ausländ. künstlerischer, sportlicher, artistischer oder unterhaltender Darbietungen im Inland. Hierunter fallen auch Promotionsauftritte, Fototermine, Redaktionsgespräche, Interviews, Messeauftritte, Gästebetreuung und das Tragen von Kleidungsstücken mit Werbelogo sowie die Erstattung von Sportberichten und Erstellung von Kolumnen.8 Die Fälle der (ggf. abspaltbaren) Überlassung (und Vermarktung) von Persönlichkeitsrechten (Namen, Fotos) des Künstlers/Sportlers oder die Nachverwertung eines Auftritts durch zwischengeschaltete Vermittlungsgesellschaften werden aber auch unilateral nicht als gewerbliche Einkünfte (aus Darbietungen), sondern als solche aus der Nutzungsüberlassung von Rechten iSv. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG (s. Rz. 90) besteuert.9
Innerhalb seines Anwendungsbereichs beansprucht § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG Vorrang vor § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG.10 Zum Quellensteuerabzug bei Einkünften gem.
1 Tcherveniachki in Schönfeld/Ditz, Art. 21 OECD-MA Rz. 75. 2 Siehe aber Maßbaum in H/H/R, § 49 EStG Anm. 532, 538, 543 (Stand: Juni 2014) zu „Darbietungen durch Dritte“ bei Vermarktungsgesellschaften iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG. 3 Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Art. 17 OECD-MA Rz. 4, 18, 41; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 33a. 4 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 28, 94; Maßbaum in H/H/R, § 49 EStG Anm. 505 (Stand: Juni 2014). 5 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 24, 31; Maßbaum in H/H/R, § 49 EStG Anm. 532, 538, 543 (Stand: Juni 2014) zu „Darbietungen durch Dritte“ und der Verwertung der Darbietung durch Dritte im Inland; Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Art. 17 OECD-MA Rz. 4. 6 BFH v. 4.3.2009 – I R 6/07, BStBl. II 2009, 625; Maßbaum in H/H/R, § 49 EStG Anm. 543 (Stand: Juni 2014). 7 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 24. 8 Maßbaum in H/H/R, § 49 EStG Anm. 543 (Stand: Juni 2014). 9 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 30. 10 Str.; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 24.
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B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 103–105 § 2
§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG siehe § 31 Abs. 1 KStG iVm. § 50a Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG und Rz. 47. Besteuerungsrecht nach dem DBA. Art. 17 Abs. 1 OECD-MA knüpft an den Darbietenden und die ausgübte Tätigkeit am Tätigkeitsort an und räumt demjenigen Vertragsstaat das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus der Darbietung (inklusive damit eng verbundener begleitender Werbe- und Vermarktungsmaßnahmen – „Verwertung durch Ausübung“ –; zur Abgrenzung zu Art. 12 OECD-MA s. vorstehend) ein, in dem die Darbietung ausgeübt wird. Die Regelung erfasst aber nur die von natürlichen Personen selbst erzielten Einkünfte.1 Entscheidend für die abkommensrechtliche Verteilung der Besteuerungsrechte in den Fällen zwischengeschalteter ausländischer KapGes., denen die unter Art. 17 OECD-MA fallenden tätigkeitsbezogenen Einkünfte aus der Darbietung zufließen, ist bei inländischen Darbietungen damit, ob das anzuwendende DBA eine Regelung entsprechend Art. 17 Abs. 2 OECDMA enthält, die das Besteuerungsrecht Deutschlands als Tätigkeitsstaat begründet, wenn die abkommensrechtlich als Einkünfte aus der Darbietung zu qualifizierenden Einnahmen anderen Personen zufließen. Die Regelung soll die Besteuerungsrechte zwischen dem Ansässigkeits- und Quellenstaat so verteilen, als wenn dem Künstler selbst nach Art. 17 Abs. 1 OECD-MA die Einkünfte aus der Darbietung zufließen würden.2 Ist Deutschland Quellenstaat und enthält das einschlägige DBA keine dem Art. 17 Abs. 2 OECD-MA entsprechende Regelung, läuft das nationale Besteuerungsrecht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG im Fall einer zwischengeschalteten Gesellschaft ins Leere; in diesen Fällen ist bei ausländischen KapGes. ohne eigene wirtschaftliche Tätigkeit eine Einkünftezurechnung beim Darbietenden gem. § 42 AO vorzunehmen.3
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Das über den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 17 OECD-MA hinausgehende deutsche Besteuerungsrecht für die Inlandsverwertung in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG wird abkommensrechtlich beschränkt, wenn die Einkünfte als Lizenzeinkünfte gem Art. 12 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat zuzuordnen sind (zu Lizenzeinkünften und zum Steuerabzug s. Rz. 93 f.).4 Die Regelung des Art. 16 Abs. 3 DE-VG soll in den von Deutschland neu verhandelten DBA dazu führen, dass der sachliche Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 1 OECD-MA erweitert wird und neben den tätigkeitsbezogenen Einkünften aus der Darbietung auch die Einkünfte aus der Verwertung der Darbietungen, die Dritte (ausländ. KapGes.) iSd. Art. 16 Abs. 2 DE-VG/Art. 17 Abs. 2 OECD-MA erzielen, dem Tätigkeitsstaat zugewiesen werden und damit Art. 12 DE-VG/OECD-MA insoweit verdrängt wird.5 i) Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens und von Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften aa) Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens Nationales Besteuerungsrecht bei der Veräußerung inländischen unbeweglichen Vermögens. Die Veräußerung unbeweglichen inländischen Vermögens durch eine ausländische Körperschaft kann zu gewerblichen Einkünften gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG führen, falls das Grundstück aus deutscher Sicht einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist (auch SBV bei einer Personengesellschaft)6 oder falls eine Beteiligung an einer inländischen Mitunternehmerschaft veräußert wird, die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt.7 Anderenfalls (keine Zuordnung des Grundstücks zu einer inländischen Betriebsstätte) erzielt die ausländische Körperschaft regelmäßig aufgrund der Gewerblichkeitsfiktion gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa (s. dazu Rz. 96 und 98) iVm. Satz 2 EStG gewerbliche Einkünfte (Veräußerungsgewinne). Von diesem Tatbestand ist auch der Fall erfasst, dass eine Beteiligung an einer gewerblich geprägten inländischen Mitunternehmerschaft besteht, die inländische Grundstücke veräußert, wenn die Personengesellschaft we1 Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Art. 17 OECD-MA Rz. 5, 18, 36a, 41 (Stand: Januar 2014); Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 32. 2 Schwenke/Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 17 OECD-MA Rz. 59 (Stand: Januar 2014). 3 Schwenke/Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 17 OECD-MA Rz. 77 (Stand: Januar 2014) mwN; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 32. 4 Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Art. 17 OECD-MA Rz. 4, 18, 36 ff. (Stand: Januar 2014); Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 33a. 5 Schwenke in Wassermeyer, Art. 17 OECD-MA Rz. 82, 84, 86. 6 Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 13 OECD-MA Rz. 60. 7 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 43 zur Anwendung der Drei-Objekte-Grenze auf in- und ausländische Grundstücksveräußerungen der ausländischen Körperschaft.
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§ 2 Rz. 105–107
Beschrnkte Steuerpflicht
der über eine Betriebsstätte noch über einen ständigen Vertreter im Inland (zB Ausübung der Geschäftsführung durch im Inland gegründete GmbH mit ausländischem Verwaltungssitz) verfügt.1 Grund für die Ausdehnung der beschränkten Stpfl. gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG auch auf ausländische (vermögensverwaltende) KapGes. im Wege der Gewerblichkeitsfiktion war, unerwünschten Gestaltungen vornehmlich im Immobilienbereich zu begegnen, da diese ausländischen (beschränkt stpfl.) KapGes. ohne die Gewerblichkeitsfiktion nicht § 8 Abs. 2 KStG unterfallen (s. auch § 8 KStG Rz. 91 f.).2 106
Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Fall des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG. Die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG aF stpfl. Einkünfte aus der Veräußerung inländischer Grundstücke waren3 gem. § 4 Abs. 1 EStG für das Kj. als Wj. zu ermitteln. Dies ist nach dem unter Rz. 98 bereits angesprochenen BFH-Urteil4 nunmehr uE auch unter der jetzigen Rechtslage zwingend, wenn die ausländische KapGes. den inländischen Grundbesitz in der ausländischen Gewinnermittlung bilanziert. Zwar unterscheidet sich die Gewinnermittlung in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG von den bisher entschiedenen Fällen, die die Ermittlung inländischer Einkünfte von Steuerinländern in Outbound-Sachverhalten betrafen, und verlangt die Vorschrift eine gesonderte inländische Gewinnermittlung nur bezogen auf den inländischen Grundbesitz und damit einen Teilbereich des BV der ausländischen KapGes.5 Hält man aber die Grundsätze des zitierten BFH-Urteils v. 25.6.2014 auf die Fälle der Ermittlung inländischer Betriebsstätteneinkünfte für übertragbar,6 dürften diese auch das Wahlrecht der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für den inländischen Betriebsteil iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG ausschließen. Die Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG durch das JStG 2009 (Beginn der Gewerblichkeitsfiktion als Fall der „Betriebseröffnung“) führte nach Auffassung der FinVerw. zu folgenden Auswirkungen:7 Der inländische Grundbesitz wurde nicht mit dem TW zum 1.1.2009 nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG eingelegt.8 Grundbesitz, der vor dem 1.1.1994 angeschafft oder hergestellt worden ist, soll zum 1.1.2009 mit dem TW zum 1.1.1994 – bei Anschaffung oder Herstellung innerhalb von drei Jahren vor dem 1.1.1994 höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten – angesetzt und dieser Wert um die zuvor in Anspruch genommene AfA (bei Vermietung gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG) für die Zeit vom 1.1.1994 bis zum 31.12.2008 gekürzt werden. Für Grundbesitz, der nach dem 31.12.1993 angeschafft oder hergestellt worden ist, bilden die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wertansatz zum 1.1.2009. Der Veräußerungsgewinn gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. bb EStG unterliegt nur dann der Gewerbesteuer, wenn tatsächlich eine Inlandsbetriebsstätte (§ 2 Abs. 1 GewStG) besteht.9
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Besteuerungsrecht für die Veräußerung unbeweglichen Vermögens (Art. 6 Abs. 2 OECDMA) nach dem DBA. –
Regelung des DBA. Art. 13 Abs. 1 OECD-MA geht als speziellere Regelung für Veräußerungsfälle dem Art. 6 Abs. 1 OECD-MA, der die Einkünfte aus der inländischen Nutzungsüberlassung erfasst, vor und gewährt dem Belegenheitsstaat des Grundstücks ein Quel-
1 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 43 (str.); s. dazu im Einzelnen OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 St 45 - 32, juris Tz. II./1. und 2. 2 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 44; s. dazu BMF v. 16.5.2011 – IV C 3 - S 2300/08/10014 – DOK 2011/0349521, BStBl. I 2011, 530 Rz. 1 sowie die Ergänzung des OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris. 3 OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris Tz. 3.3 mit Hinweis auf BMF v. 15.12.1994 – IV B 4 - S 2300 - 18/94, BStBl. I 1994, 883 und BFH v. 5.6.2002 – I R 81/00, BStBl. II 2004, 344 = FR 2002, 1055 m. Anm. Kempermann. 4 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BStBl. II 2015, 141; bestätigt durch BFH v. 10.12.2014 – I R 3/13, BFH/NV 2015, 667 = GmbHR 2015, 437; zur Diskussion über die Gewinnermittlungsart im inländ. Betrieb vor dem BFHUrteil s. Pfeffermann in H/H/R, § 49 EStG Anm. 633 (Stand: Juni 2014); Lieber/Wagner, Ubg 2012, 229 (235). 5 Zum Umfang der inländ. Gewinnermittlung in den Fällen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f s. Pfeffermann in H/H/R, § 49 EStG Anm. 633 (Stand: Juni 2014). 6 Gosch, BFH-PR 2015, 1 (2). 7 OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris Tz. 3.3; Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 45 mwN; vertiefend Pfeffermann in H/H/R, § 49 EStG Anm. 634 (Stand: Juni 2014); Lieber/Wagner, Ubg 2012, 229. 8 AA Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 47: verfassungsrechtlich nicht zu akzeptierende rückwirkende Wertzuwachsbesteuerung. 9 OFD Münster v. 5.9.2011 – S 1300 - 169 - St 45 - 32, juris Tz. 5.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 107–108 § 2
lensteuerrecht. Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen BV (Anlage- und Umlaufvermögen und SBV) fallen unter Art. 13 Abs. 1 OECD-MA.1 Art. 13 Abs. 2 OECD-MA weist dem Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht zu, wenn die Betriebsstätte selbst veräußert wird; für die der Betriebsstätte funktional zuzuordnenden Grundstücke bleibt es aber auch in diesem Fall bei der Anwendung des Art. 13 Abs. 1 OECD-MA.2 Art. 13 Abs. 4 OECD-MA enthält schließlich eine Regelung aus der Veräußerung von Anteilen an einer Immobiliengesellschaft und weist dem Belegenheitsstaat der Grundstücke das Besteuerungsrecht zu. Ob der Ansässigkeitsstaat der ausländischen Gesellschaft den Veräußerungsgewinn ebenfalls besteuert (und die deutsche Steuer anrechnet) oder freistellt, richtet sich nach dem Methodenartikel (entsprechend Art. 23A und Art. 23B OECD-MA) des jeweiligen DBA. Der abkommensrechtliche Veräußerungstatbestand in Art. 13 OECD-MA umfasst nicht nur Veräußerungen, sondern alle Vorgänge, die nach innerstaatlichem Recht zur Aufdeckung stiller Reserven führen können, und damit auch Veräußerungsersatztatbestände.3 –
Auswirkung der unilateralen Gewerblichkeitsfiktion. Die unilaterale Fiktion der Gewerblichkeit von Veräußerungsgewinnen ausländischer Körperschaften aus inländischem Grundvermögen, das keine Betriebsstätte begründet oder keiner inländischen Betriebsstätte funktional zuzuordnen ist, gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG statuiert nur ein nationales Besteuerungsrecht für diese aus deutscher Sicht gewerblichen Veräußerungsgewinne. Abkommensrechtlich liegen damit aus deutscher Sicht zwar eigentlich Unternehmensgewinne iSd. Art. 7 OECD-MA vor, für die der Bundesrepublik bei Anwendung der Regelung aber kein Besteuerungsrecht zustünde, wenn das Grundstück nicht selbst eine Betriebsstätte der ausländischen Gesellschaft begründet (vgl. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA). Die unilaterale Zuordnung des Veräußerungsgewinns zu den gewerblichen Einkünften tritt aber jedenfalls aus Sicht des BFH, der unilateralen Einkunftsfiktionen nur eine eingeschränkte Bedeutung für die abkommensrechtliche Auslegung beimisst, zurück, sodass Art. 13 Abs. 1 OECD-MA Anwendung finden kann, der aufgrund der Grundstücksbelegenheit der Bundesrepublik das Besteuerungsrecht zuweist.4
–
See- und Luftfahrtschiffe. Art. 13 Abs. 3 OECD-MA weist das Besteuerungsrecht für den Gewinn aus der Veräußerung von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen dem Staat zu, in dem sich die tatsächliche Geschäftsleitung des Unternehmens befindet (vgl. zu Art. 8 OECDMA Rz. 78 ff.). Für Veräußerungsgewinne aus Schiffen und Luftfahrzeugen, Sachinbegriffen und Rechten iSv. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. bb EStG, die nach Satz 2 der Regelung als gewerbliche Einkünfte fingiert werden, führt diese Fiktion nicht zur Anwendung des Art. 7 OECD-MA, sodass für solche Veräußerungsgewinne bei Vorhandensein eines DBA regelmäßig kein deutsches Besteuerungsrecht besteht.5
–
Veräußerung der Beteiligung an einer inländischen Immobilienkapitalgesellschaft. Veräußert die beschränkt stpfl. Muttergesellschaft die Beteiligung an einer inländischen Immobilien-Tochtergesellschaft, kommen aus nationaler Sicht die Regelungen zur Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungen an KapGes. zur Anwendung (§ 8b Abs. 2, Abs. 7 Satz 2 KStG, s. dazu Rz. 108 ff.). Abkommensrechtlich steht im Normalfall dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA). Anderes gilt ggf., wenn der Wert der Anteile an der inländischen Tochter-KapGes. zu mehr als 50 % auf dem im Inland belegenen Grundbesitz beruht. Entgegen der Regelung des Art. 13 Abs. 5 OECD-MA steht dann Deutschland das Besteuerungsrecht zu. Zur Ermittlung dieses Verhältnisses wird auf die weiterführende Literatur verwiesen.6
bb) Veräußerung von Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften Nationales Besteuerungsrecht bei Veräußerung einer inländischen KapGes.-Beteiligung. Bei Veräußerung einer Beteiligung an einer inländischen KapGes. unterliegt die auslän1 Vgl. Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 13 OECD-MA Rz. 23; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 13 OECD-MA Rz. 22, 56 ff. (Stand: Mai 2011). 2 Vgl. Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 13 OECD-MA Rz. 58; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 13 OECD-MA Rz. 65, 78, 81 (Stand: Mai 2011). 3 Vgl. zum Veräußerungsbegriff Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 13 OECD-MA Rz. 17, 34 ff. 4 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 45; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 13 OECD-MA Rz. 77a, 78 (Stand: Mai 2011). 5 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 49. 6 Vgl. Lieber in Schönfeld/Ditz, Art. 13 OECD-MA Rz. 88 ff.; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 13 OECDMA Rz. 123 ff. (Stand: Mai 2011).
Levedag
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§ 2 Rz. 108–111
Beschrnkte Steuerpflicht
dische Körperschaft als Veräußerin in Deutschland der beschränkten KSt-Pflicht (inländische Einkünfte iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e bzw. Nr. 8 EStG). Ausländische KapGes., die Veräußerungsgewinne iSd. § 8b Abs. 2 KStG erzielen, unterfallen somit dann § 8b Abs. 2 (und auch Abs. 1) KStG, wenn sie nach dem sog. Typenvergleich (s. Rz. 60) einer inländischen Körperschaft iSd. § 1 KStG entsprechen (vgl. ausführlich § 8b KStG Rz. 121, 169 und 281; zum Anteilsbegriff § 8b KStG Rz. 195 ff.). In dem Fall, in dem die ausländische Gesellschaft als Basisgesellschaft steuerlich nach § 42 AO zu negieren ist, ist allerdings für die Frage der Anwendung des § 8b KStG auf die Verhältnisse der hinter der Basisgesellschaft stehenden Gesellschaften abzustellen.1 109
Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen dem Grunde nach. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG erweitert die in § 8b Abs. 1 KStG geregelte Steuerbefreiung für Bezüge iSd. Regelung (s. Rz. 79) auf Veräußerungsgewinne. Danach bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören (und also beim Empfänger nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG steuerbefreit sind), ebenso außer Ansatz wie solche aus der Veräußerung eines Anteils an einer Organgesellschaft iSd. §§ 14 oder 17 KStG. Der Veräußerungsgewinn ist gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, wobei die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG auf 95 % eingeschränkt wird.2 § 8b Abs. 3 Satz 1 (Fiktion von 5 % des Veräußerungsgewinns als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe) enthält ebenfalls keine Einschränkungen hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs. Die Norm findet auch Anwendung, wenn ein beschränkt Stpfl. ohne inländisches BV Anteile an einer inländischen Körperschaft veräußert (s. § 8b KStG Rz. 169, 223 und 281). Siehe weiterführend zu § 8b Abs. 6 KStG unter § 8b KStG Rz. 487 ff., zu § 8b Abs. 7 Satz 3 KStG unter § 8b KStG Rz. 547 ff. und zu § 8b Abs. 9 KStG unter § 8b KStG Rz. 587 ff.
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Besteuerungsrecht nach dem DBA. Neben § 8b Abs. 2 KStG kommen abkommensrechtliche Schachtelprivilegien des Art. 10 Abs. 2 und 3 OECD-MA regelmäßig nicht zur Anwendung, da sie Veräußerungsgewinne nicht erfassen; lediglich die § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG unterfallenden veräußerungsgleichen Tatbestände der Kapitalrückzahlung bzw. Liquidation können den dortigen Schachtelprivilegien unterfallen. Im Übrigen ist danach zu differenzieren, ob mit dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers ein DBA besteht oder nicht: Besteht ein DBA und weist es das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Veräußerungsgewinns (entsprechend Art. 13 Abs. 5 OECD-MA) nur dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers (dem Sitzstaat der ausländischen Körperschaft) zu, so ist § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht anwendbar. Anders ist es aber, wenn das deutsche Besteuerungsrecht durch DBA nicht eingeschränkt wird oder aber gar kein DBA existiert. Dann gelangt § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG zur Anwendung. Dass im Inland ein Betrieb nicht besteht, steht der Annahme nicht abziehbarer BA iSd. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht entgegen, da zumindest in den Fällen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen und somit auch der Ansatz nicht abziehbarer BA zulässig ist. Weist ein DBA das Besteuerungsrecht für den Veräußerungsgewinn dem ausländischen Ansässigkeitsstaat zu, bedarf es der Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG (mit Ausschluss der dort genannten Gewinnminderungen) nicht, weil dann im Inland Veräußerungsverluste nicht abzugsfähig sind (Symmetriethese). Ansonsten bleibt § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auch bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns einer beschränkt stpfl. Körperschaft anwendbar (s. zum Ganzen § 8b KStG Rz. 223, 282, 309 und 550). § 8b Abs. 7 KStG schließt nur die Anwendung der Abs. 1 bis 6, nicht aber diejenige von DBASchachtelprivilegien aus (§ 8b KStG Rz. 587).
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Betriebsstättenvorbehalt. Nach Art. 13 Abs. 2 OECD-MA steht das Besteuerungsrecht an beweglichem Betriebsstättenvermögen dem Belegenheitsstaat der Betriebsstätte, bei inländischen Betriebsstätten also Deutschland zu. Zum beweglichen Vermögen iSd. Art. 13 Abs. 2 OECD-MA gehören auch Beteiligungen an inländischen KapGes., die einer inländischen Betriebsstätte funktional zuzuordnen sind (etwa einer gewerblichen Holding-Per-
1 Watermeyer in H/H/R, § 8b KStG Anm. 16; Gröbl/Adrian in Erle/Sauter3, § 8b KStG Rz. 22; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8b KStG Rz. 17. 2 Dötsch/Pung in D/P/M, § 8b KStG Rz. 105; Gröbl/Adrian in Erle/Sauter3, § 8b KStG Rz. 157; aA Kempf/ Hohage, IStR 2010, 806 f., die darauf hinweisen, dass § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG allenfalls sonstige BA des beschränkt Stpfl. betreffe und deshalb regelmäßig ins Leere laufe; vgl. auch Nitzschke, IStR 2012, 125 ff., der eine tragfähige Rechtsgrundlage für die Einbeziehung fiktiv nicht abziehbarer BA vermisst; wegen des Wortlauts des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG hinsichtlich der Einbeziehung fiktiv nicht abziehbarer BA ebenfalls zweifelnd Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8b KStG Rz. 405.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 111–113 § 2
sonengesellschaft, an der die beschränkt stpfl. KapGes. als Mitunternehmerin beteiligt ist). Für die Beteiligung an einer KapGes. im SBV einer inländischen GmbH & Co. KG, die veräußert wurde, hat der BFH das Besteuerungsrecht in einem Urteil vom 13.2.20081 zum DBA Schweiz abkommensrechtlich der inländischen Betriebsstätte der schweizerischen Gesellschafter zugeordnet (s. auch zu § 50d Abs. 10 EStG bereits Rz. 74 bis 76). Im Fall einer inländischen Holding-GmbH & Co. KG wurde auf dieser Grundlage zB die Beteiligung eines ausländischen Gesellschafters an der Komplementär-GmbH, deren Tätigkeit sich in der Geschäftsführung der KG erschöpfte, bereits in der Vergangenheit vom BFH aus deutscher Sicht abkommensrechtlich der Betriebsstätte funktional zugeordnet, sodass Deutschland das Besteuerungsrecht für die Dividenden beanspruchen konnte.2 Die Beteiligung des Mitunternehmers an einer KapGes., die zum SBV II oder zum Gesamthandsvermögen gehört, wird somit regelmäßig aus deutscher Sicht auch abkommensrechtlich funktional der Betriebsstätte der Personengesellschaft zuzuordnen sein (s. auch zu § 50d Abs. 10 EStG Rz. 73 bis 76). Die FinVerw. sieht eine funktionale Zuordnung abkommensrechtlich ebenfalls als notwendig an; allerdings gelten für die unter § 50i EStG fallenden Sachverhalte besondere Grundsätze, da Deutschland das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne in diesen Fällen ungeachtet des DBA (im Wege eines Treaty override) beansprucht (s. zu § 50i EStG § 1 KStG Rz. 25).3
IV. Rechtsfolgen der beschränkten Steuerpflicht 1. Einkünfteermittlung bei Betriebsstätteneinkünften Buchführungspflichten. Bei einem ausländischen Stammhaus besteht eine Buchführungspflicht gem. §§ 238 ff. HGB, wenn die deutsche Betriebsstätte zugleich eine Zweigniederlassung ist (vgl. § 13d HGB).4 Für Betriebsstätten, die keine eingetragene Zweigniederlassung bilden, konnte eine steuerliche Buchführungspflicht gem. § 141 Abs. 1 AO begründet werden. Auf Antrag kann das zuständige FA einer Verlagerung der elektronischen Buchführung in das Ausland zustimmen (§ 146 Abs. 2a AO). Kommt es zu einem Verstoß gegen die in diesem Zusammenhang bestehenden steuerlichen Pflichten, kann dies nach § 146 Abs. 2b AO zu einem Verzögerungsgeld führen. Nunmehr gibt § 3 BsGaV in allen Fällen vor, für die Betriebsstätte eine Haupt- und Nebenrechnung zu führen.
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Gewinnermittlung und -abgrenzung. Inländische Betriebsstätten haben als unselbst- 113 ständiger Teil eines Betriebs5 im Grundsatz (Ausnahme: Personengesellschaft, s. Rz. 73 ff.) keine eigene Rechtspersönlichkeit. Das BV einer inländischen Betriebsstätte und das BV des ausländischen Stammhauses werden daher aus der Sicht des deutschen Steuerrechts als einheitliches BV des beschränkt stpfl. Unternehmensträgers angesehen.6 Besteht die Buchführungspflicht, ist der Gewinn der inländischen Zweigniederlassung gem. § 5 Abs. 1 EStG grds. nach der sog. direkten Methode und der gemischten Methode zu ermitteln. Anderenfalls sind nach der indirekten Methode im Wesentlichen das Realisationsprinzip für den Zeitpunkt der Berücksichtigung von Erträgen und Aufwendungen und das Veranlassungsprinzip (§ 4 Abs. 4 EStG und § 50 Abs. 1 EStG), nach dem zu entscheiden ist, welche
1 BFH v. 13.2.2008 – I R 63/06, BFHE 220, 415 = GmbHR 2008, 780 = FR 2008, 1053. 2 Vgl. BFH v. 26.2.1992 – I R 85/91, BStBl. II 1992, 937 = GmbHR 1993, 58. 3 BMF v. 26.9.2014 – IV B 5 - S 1300/09/10003 – DOK 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258 Rz. 2.2.3, 2.2.4.1 und 3.2 und zu § 50i EStG unter Rz. 2.3 ff. 4 Vgl. Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 119; Kahle, StuB 2013, 759. 5 Jeder Betrieb iSd. § 15 EStG hat zumindest eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte (das Stammhaus). Daneben kann er eine Vielzahl anderer Betriebsstätten unterhalten, die in ihrer Summe zusammen mit dem Stammhaus den einheitlichen Betrieb bilden. Die Buchführungspflicht nach Handels- und Steuerrecht (§§ 238 Abs. 1 HGB, 146 Abs. 2 AO) umfasst bei einem inländischen Stammhaus stets das gesamte Unternehmen einschließlich der ausländischen Betriebsstätten. Werden für die ausländische Betriebsstätte Bücher nicht gesondert geführt, so sind deren Geschäftsvorfälle im Inland einzeln zu erfassen und kenntlich zu machen (§ 145 Abs. 2 iVm. § 146 Abs. 2 AO); vgl. Hense/Klein in Beck Bil. Komm., § 238 HGB Rz. 91–94; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 (Betriebsstättenerlass) Rz. 1.4.2; Schaumburg3, Rz. 18.17–18.22; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 208, 212 ff. (Stand: Oktober 2013). 6 Zu den gesetzlichen Vorgaben der Gewinnabgrenzung im unilateralen Außensteuerrecht s. vertiefend Kessler/Huck, StuW 2005, 194 (201 f.) mwN; Schaumburg3, Rz. 18.13, 18.17; vgl. Wassermeyer, DB 2006, 1176 (1177) mit Hinweis auf BFH v. 23.7.2003 – I R 62/02, BFH/NV 2004, 317; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 177, 184 ff. (Stand: Oktober 2013).
Levedag
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§ 2 Rz. 113–114
Beschrnkte Steuerpflicht
WG und welcher Teil der Erträge und Aufwendungen dem ausländischen Stammhaus und welcher Teil der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, maßgeblich.1 114
Grundsätze zur Gewinnermittlung und -abgrenzung inländischer Betriebsstättengewinne gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG –
Zuordnung von aktiven und passiven WG zur inländischen Betriebsstätte. WG, die das wirtschaftliche Ergebnis der Betriebsstätte zwangsläufig und maßgeblich beeinflussen und deren Erträge gewährleisten oder steigern können, sind nach dem Kriterium der funktionalen Betrachtungsweise – unabhängig von ihrer Belegenheit – der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen.2 Entscheidend ist, welche Funktionen die inländische Betriebsstätte ausübt und ob das jeweils betrachtete WG für diese Funktion notwendig ist.3 WG, die nach der funktionalen Betrachtungsweise weder dem Stammhaus noch der Betriebsstätte eindeutig zugeordnet werden können, sind nach Meinung der FinVerw. dem Stammhaus zuzuordnen (sog. Zentralfunktion des Stammhauses).4 Dies betrifft vor allem die von der FinVerw. immer dem Stammhaus zugeordneten, aber dem Gesamtunternehmen dienenden Finanzmittel,5 Beteiligungen6 und immateriellen WG wie Patente oder Lizenzen,7 obwohl in diesen Fällen regelmäßig eine mehrfache (anteilige) Zuordnung nach funktionalen Kriterien möglich wäre.8 Problematisch ist in der Praxis regelmäßig auch die Ermittlung des „anteiligen Eigenkapitals der Betriebsstätte“ (Dotationskapital), das aus Sicht der Verwaltung durch einen äußeren Fremdvergleich oder im Schätzungswege zu ermitteln ist.9 Insbesondere dann, wenn der Betriebsstätte zu hohes Fremdkapital10 zugewiesen und damit ein hoher Schuldzinsenabzug iRd. inländischen Betriebsstättengewinnermittlung geltend gemacht wird, verlangt die FinVerw. eine Umwidmung von Fremdkapital in Dotationskapital, dh. eine Mindestdotierung.
–
Zuordnung von Einkünften und Aufwendungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte. Die Zuordnung von Einkünften und Aufwendungen des Gesamtbetriebs zwischen Stammhaus und Betriebsstätte iRd. Einkünfteabgrenzung eines einheitlichen grenzüberschreitenden Betriebs war nach der Rechtslage bis zum 31.12.2012 nicht durch spezielle Vorschriften im deutschen Steuerrecht geregelt. Damit kam dem Veranlassungsprinzip die zentrale Bedeutung zu. Anknüpfend daran ist nach neuer Rechtslage ab 2013 die Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 5 AStG vorzunehmen (Rz. 115). Das Veranlassungsprinzip ist sowohl für die Zuordnung von Einkünften und Aufwendungen als auch von WG zwischen Stammhaus und Betriebsstätte anzuwenden11 und gilt auch für die unternehmensinternen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen.12 § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass BA nur abziehbar sind, wenn sie mit den inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Die Zuordnung von BA nach Veranlassungsgesichtspunk-
1 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 15; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 175 ff., 184 ff., 243, 271 ff. (Stand: Oktober 2013). 2 Stadler/Bindl/Korff in Prinz, Rz. 13.12 ff. mit Hinweis auf BFH v. 29.7.1992 – II R 39/89, BStBl. II 1993, 63; BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004 – DOK 2009/0421117, BStBl. I 2009, 888 Rz. 2.2. 3 BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004 – DOK 2009/0421117, BStBl. I 2009, 888 Rz. 2.4; Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 125 f. 4 BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004 – DOK 2009/0421117, BStBl. I 2009, 888 Rz. 2.4; kritisch Stadler/Bindl/Korff in Prinz, Rz. 13.13 f.; Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 127, die jeweils die Dispositionsfreiheit (Zweckbestimmung) des Stpfl. bei der Aufteilung der Funktionen des Gesamtbetriebs und die abweichende Sichtweise der OECD hervorheben; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 240 ff. (Stand: Oktober 2013). 5 Vgl. BFH v. 17.10.2007 – I R 5/06, BStBl. II 2009, 356 = GmbHR 2008, 447 = FR 2008, 729. 6 BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004 – DOK 2009/0421117, BStBl. I 2009, 888 Rz. 2.4; kritisch Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 132 mwN. 7 Vgl. hierzu Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 130 mit Hinweis auf BFH v. 8.9.2010 – I R 74/09, FR 2011, 179 m. Anm. Mitschke = GmbHR 2011, 50 = BFH/NV 2011, 138. 8 BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004 – DOK 2009/0421117, BStBl. I 2009, 888 Rz. 2.4. 9 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Rz. 2.5.1. 10 Bei den Verbindlichkeiten ist in der Praxis zwischen den durch die Betriebsstätte selbst aufgenommenen Darlehen (zB durch eine inländische Personengesellschaft), die direkt zugeordnet werden können, und den vom Stammhaus aufgenommenen „durchgeleiteten Darlehen“ zu unterscheiden, die indirekt zugeordnet werden müssen. S. näher BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 - S 1341/07/10004 – DOK 2009/0421117, BStBl. I 2009, 888 Rz. 2.4 und v. 29.9.2004 – IV B 4 - S 1300 - 296/04, BStBl. I 2004, 917; Stadler/Bindl/Korff in Prinz, Rz. 13.33–13.36; zu den gängigen Methoden Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 136–142; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 240 ff. (Stand: Oktober 2013). 11 BFH v. 20.7.1988 – I R 49/84, FR 1988, 678 = BStBl. II 1989, 140; Stadler/Bindl/Korff in Prinz, Rz. 13.7. 12 Kritisch Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 151 und 175 speziell zu Dienstleistungen.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 114–115 § 2
ten erfolgt idR nach der direkten Methode (auf Basis einer Betriebsstättenbuchführung), hilfsweise nach der indirekten Methode (anhand von Aufteilungsschlüsseln, zB für Lohnund Produktionskosten).1 Abschreibungen auf WG, die dem AV einer Betriebsstätte zuzuordnen sind, mindern den Gewinn der inländischen Betriebsstätte.2 Praxisüblich ist im Ergebnis eine gemischte Methode aus direkter und anteiliger Zuordnung, weil sich regelmäßig nicht sämtliche Erträge und Aufwandspositionen eindeutig zuordnen lassen.3 Gemischt veranlasste Erträge, bei denen ein wirtschaftlicher Zusammenhang sowohl zum ausländischen Stammhaus als auch zur inländischen Betriebsstätte besteht, sind nach den Wertschöpfungsbeiträgen anteilig zuzuordnen.4 Sog. Außenerträge und Außenaufwendungen sind unterschiedlich zuzuordnen: Außenerträge, die nicht auf den über die Betriebsstätte abgewickelten Geschäftsvorfällen beruhen, können der inländischen Betriebsstätte im Grundsatz nicht zugeordnet werden, wobei es in der Dispositionsfreiheit des Stammhauses steht, welche Unternehmensteile bei der Geschäftsabwicklung einbezogen werden.5 Außenaufwendungen mindern das Betriebsstättenergebnis, wenn sie durch die Tätigkeit oder Existenz der Betriebsstätte veranlasst wurden.6 115
Einkünftekorrektur inländischer Betriebsstättengewinne gem. § 1 Abs. 5 AStG ab 2013 –
Umsetzung des Authorised OECD Approach (AOA) in deutsches Recht.7 Der Gesetzgeber hat im AmtshilfeRLUmsG8 die Empfehlungen der OECD durch eine Erweiterung des § 1 AStG in nationales Recht umgesetzt. Deutschland strebt nach der am 18.4.2013 verabschiedeten Fassung eines deutschen DBA-Verhandlungsmusters in dessen Art. 7 DE-VG an, den AOA in zukünftigen DBA zu vereinbaren, was bereits in den DBA mit Liechtenstein, den Niederlanden und den Vereinigten Arabischen Emiraten gelungen ist.9 Kernpunkt des AOA ist die Erweiterung der Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte nach Art. 7 Abs. 2 OECD-MA, nach der eine Betriebsstätte insoweit als selbstständig gelten soll, dass auch Leistungsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte („Dealings“) steuerlich relevant sind.10 Folge ist, dass fiktive innerbetriebliche Leistungsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte anzunehmen sind, die zu Einnahmen und Ausgaben (zB für Zinsen, Lizenzgebühren, Tätigkeitsvergütungen, Vermietungseinkünften) führen und bei der Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte in einem Unternehmensteil steuerlich hinzugerechnet und beim anderen in Abzug gebracht werden.11
–
Erweiterung des § 1 AStG. Geschäftsbeziehungen iSd. § 1 Abs. 1 AStG, die dem Fremdvergleichspreis unterliegen, sind nunmehr gem. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG auch Geschäftsvorfälle zwischen einem Unternehmen eines Stpfl. und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte als sog. „anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen“. Gem. § 1 Abs. 5 Satz 2 AStG sind Einkünftekorrekturen auch für eine Geschäftsbeziehung iSd. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG vorzunehmen, wenn die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und dadurch die inländischen Einkünfte eines
1 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 15 mwN zur Rspr.; Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 117; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 184 ff. (Stand: Oktober 2013). 2 Stadler/Bindl/Korff in Prinz, Rz. 13.14. 3 Gosch in Kirchhof14, § 49 EStG Rz. 15 mwN zur Rspr. 4 Stadler/Bindl/Korff in Prinz, Rz. 13.15. 5 Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 143 mit Hinweis auf BFH v. 13.11.1990 – VIII R 152/86, BStBl. II 1991, 94 = FR 1991, 117. 6 BFH v. 20.7.1988 – I R 49/84, BStBl. II 1989, 140 = FR 1988, 678; v. 16.2.1996 – I R 43/95, BStBl. II 1997, 128 = FR 1996, 600; v. 8.9.1996 – I R 59/95, FR 1997, 236 = IStR 1995, 145. 7 Im OECD-Betriebsstättenbericht 2008 v. 17.7.2008 wurde der AOA in Grundzügen beschlossen und in eine am 22.7.2010 beschlossene Neufassung des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA und in eine überarbeitete Fassung des OECD-MK eingearbeitet. Zudem wurde am 22.9.2010 der OECD-Betriebsstättenbericht 2010 veröffentlicht, s. Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 99 ff. und Art. 7 OECD-MA (2010) Rz. 6 f. 8 G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. 9 Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2010) Rz. 6 und Schönfeld/Ditz in Schönfeld/Ditz, Anh. 4 Rz. 33. 10 Staringer, DStJG 36 (2013), 261 (261); Naumann, DStJG 36 (2013), 253 (254 f.); Kaeser in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 693 (Stand: Oktober 2013). 11 Staringer, DStJG 36 (2013), 261 (262); Naumann, DStJG 36 (2013), 251 (257).
Levedag
103
§ 2 Rz. 115
Beschrnkte Steuerpflicht
beschränkt Stpfl. gemindert werden. Zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist eine Betriebsstätte gem. § 1 Abs. 5 Satz 2 AStG wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln, es sei denn, die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum Unternehmen erfordert eine andere Behandlung. Da es sich um Fragen der Gewinnabgrenzung und der Zuordnung von WG handelt, wäre zutreffender Regelungsort § 4 Abs. 1 EStG gewesen, jedoch hat der Gesetzgeber nunmehr in § 1 Abs. 5 AStG eine Einkünftekorrekturnorm implementiert. Die Neuregelungen werfen in vielfacher Hinsicht Auslegungsfragen und die die Frage der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht1 auf. § 1 Abs. 6 AStG enthält eine Ermächtigung, Einzelfragen im Wege der Rechtsverordnung zu regeln. Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes hat das BMF in Form der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV)2 geregelt. –
Die Neuregelungen in § 1 Abs. 5 und 6 AStG iVm. der BsGaV sind gesetzestechnisch nach uE zutreffender Meinung dahingehend einzuordnen, dass sie als Einkünftekorrekturvorschriften auf der zweiten Stufe der Betriebsstättengewinnermittlung (s. Rz. 114) entweder einen Betriebsausgabenabzug aus fiktiven Leistungsbeziehungen zulasten einer beschränkt stpfl. KapGes. korrigieren oder zu niedrige fiktive Leistungsentgelte der inländischen Betriebsstätte erhöhen, für die es allerdings nach allgemeinen Regelungen der Gewinnermittlung schon keinen Abzugstatbestand gibt. In § 3 Abs. 2 Satz 3 iVm. § 16 Abs. 2 Satz 1 BsGaV3 ist vorgegeben, dass die fiktiven Betriebseinnahmen/Betriebsausgaben in einer Hilfs- und Nebenrechnung aufzuzeichnen sind.
–
Die Regelungen des § 1 Abs. 5 AStG führen somit zur Einkünftefiktion für die anzunehmenden Geschäftsvorfälle iSd. § 16 BsGaV, die allerdings nicht konsequent durchgehalten werden, weil zB fiktive Lizenzgebühren einer inländischen Betriebsstätte keiner Quellensteuer unterliegen.4 § 1 Abs. 5 Satz 3 und 4 AStG iVm. den Regelungen der BsGaV setzen die zweistufige Vorgehensweise des AOA um:5
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Im ersten Schritt (§ 1 Abs. 5 Satz 3 AStG) ist eine Funktions- und Risikoanalyse der Betriebsstätte als selbstständigem Unternehmensteil (anhand der ausgeübten Personalfunktionen, zugeordneten Vermögenswerte, Chancen und Risiken und des Dotationskapitals) vorzunehmen, um die Betriebsstätte als abhängigen oder unabhängigen Unternehmensteil zu klassifizieren.6 Auf dieser Basis werden Risiken (etwa Wertverluste des Umlaufvermögens oder das Forderungsausfallrisiko), immaterielle und materielle WG und Schulden, Personalfunktionen und -aufwand sowie Kapitalausstattung und externer Finanzierungsaufwand zugeordnet.
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Im zweiten Schritt7 werden nach § 1 Abs. 5 Satz 4 AStG die Art der Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner Betriebsstätte und die Verrechnungspreise für diese Geschäftsbeziehungen bestimmt. Gem. § 1 Abs. 5 Satz 6 AStG wird die Möglichkeit, einen Ausgleichsposten nach § 4g EStG zu bilden, nicht eingeschränkt, dh., neben der Einkünftekorrektur anhand fiktiver Einkünfte für Übertragungen oder Nutzungsüberlassungen bleiben die allgemeinen Entstrickungsregelungen gem. § 12 KStG iVm. § 4 Abs. 1 Satz 3 und 8 EStG bei Überführungen/Nutzungsüberlassungen materieller und immaterieller WG zwischen Stammhaus und Betriebsstätte weiter anwendbar (s. zu diesen die Kommentierung zu § 12 Abs. 1 KStG).8
Die bestehenden Entstrickungsregelungen (§ 12 Abs. 1 KStG) haben als Gewinnermittlungsvorschriften Vorrang vor § 1 Abs. 5 AStG als Einkünftekorrekturvorschrift (s. § 12 KStG Rz. 37), weshalb § 1 Abs. 5 AStG nur Wirkung für Geschäftsvorfälle entfalten kann, die keine Entstrickung auslösen (zB Tätigkeitsvergütungen für Dienstleistungen). Be-
1 Siehe Schaumburg, ISR 2013, 197 ff. zur Vereinbarkeit mit dem Verfassungs- und Unionsrecht; Ditz/Quilitzsch, DStR 2013, 1917 (1919) und Kaeser in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 697 (Stand: Oktober 2013) zum Unionsrecht. 2 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 AStG v. 13.10.2014, BGBl. I 2014, 1603. 3 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 AStG v. 13.10.2014, BGBl. I 2014, 1603. 4 Schaumburg, ISR 2013, 197 (198). 5 Kaeser in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 704 ff. (Stand: Oktober 2013). 6 Vgl. näher Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2010) Rz. 22–29 und zur Würdigung Rz. 42–44. 7 Vgl. näher Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2010) Rz. 30–37. 8 Ditz/Quilitzsch, DStR 2013, 1917 (1919); eingehend Herbort, FR 2013, 781 ff.
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Levedag
B. Beschrnkte KSt-Pflicht mit den inlndischen Einknften (Nr. 1)
Rz. 115–117 § 2
schränkt Stpfl. steht allerdings der Anwendungsbereich des § 4g EStG ohnehin nicht offen, worin ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit zu sehen ist (s. § 12 KStG Rz. 42, 56 und 77 ff.). –
Auf Geschäftsbeziehungen zwischen einem Gesellschafter und seiner Personengesellschaft bzw. zwischen einem Mitunternehmer und seiner Mitunternehmerschaft sind § 1 Abs. 5 Sätze 1 bis 4 AStG nicht anzuwenden, unabhängig davon, ob die Beteiligung unmittelbar oder ob sie nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG besteht. Hier besteht demnach weiterhin ein Vorrang der Behandlung solcher Vergütungen als Sondervergütungen und der Anwendung des § 50d Abs. 10 EStG (s. Rz. 76). Für diese Geschäftsbeziehungen gilt gem. § 1 Abs. 4 Satz 6 Halbs. 2 AStG aber auch § 1 Abs. 1 AStG, nach dessen Satz 2 Stpfl. im Sinne dieser Vorschrift nunmehr auch eine Personengesellschaft oder eine Mitunternehmerschaft ist; eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft ist selbst nahestehende Person, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AStG erfüllt.1 116
Schließung/Veräußerung/Einbringung der Betriebsstätte –
Es ist zunächst für den jeweiligen Vorgang zu prüfen, ob ein Gewinn aus der Aufdeckung stiller Reserven iZm. der Veräußerung/Aufgabe eines Teilbetriebs als Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn gem. § 16 EStG oder als laufender Gewinn zu qualifizieren ist. Der Veräußerungsgewinn ist gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dem Gewinn der inländischen Betriebsstätte (und nicht dem Stammhaus) zuzuordnen, wenn stille Reserven in den der Betriebsstätte zugeordneten WG aufgedeckt werden, und es unterfällt abkommensrechtlich dem inländischen Besteuerungsrecht (vgl. Art. 5 und 7 OECD-MA und Rz. 105 und 107 zu Art. 13 OECD-MA).2
–
Die Einbringung einer inländischen Betriebsstätte in eine deutsche KapGes. ist ein tauschähnlicher Vorgang, der dem Bewertungswahlrecht gem. § 20 Abs. 1 und 2 UmwStG unterfallen kann, wenn die inländische Betriebsstätte einen Teilbetrieb iSd. § 20 Abs. 1 UmwStG darstellt.3 Im Übrigen verweist Rz. 20.02 des UmwStE 20114 auf die Aussagen zum einbringenden Rechtsträger in § 1 Abs. 3 und 4 UmwStG, die in Rz. 01.53 des UmwStE 2011 wiedergegeben sind. Der einbringende Rechtsträger muss eine EU- oder EWRGesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in einem EU- oder EWR-Staat sein (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwStG). Ist keine dieser Voraussetzungen erfüllt, also bei einer Einbringung durch einen Rechtsträger, der außerhalb der EU bzw. des EWR ansässig ist, so kann der betroffene Rechtsträger dennoch Einbringender sein, wenn das Recht der Bundesrepublik zur Besteuerung bei einer Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG), dh., die erhaltenen Anteile müssen regelmäßig einem inländischen BV zugeordnet werden. Ist § 20 UmwStG nicht anwendbar oder wird zum gemeinen Wert eingebracht, führt die Einbringung nach § 6 Abs. 6 EStG zur Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven als Tausch bzw. tauschähnlicher Vorgang oder zum Entstehen eines Einbringungsgewinns (§ 20 Abs. 3 UmwStG).5 Bei Einbringungen zum Buch- oder Zwischenwert sind die iRd. Sacheinlage erhaltenen Anteile sperrfristbehaftete Anteile gem. § 22 UmwStG.
–
Die im Rahmen einer Schließung erfolgende Überführung (Verlegung) einer inländischen Betriebsstätte mit den Aktiva und Passiva oder einzelnen WG in das ausländische Stammhaus oder eine andere ausländische Betriebsstätte unterliegt aus deutscher Sicht der Entstrickungsbesteuerung gem. § 16 Abs. 3a EStG oder gem. § 12 KStG iVm. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (s. § 12 KStG Rz. 33).
Vorgaben des DBA zur Gewinnermittlung und -abgrenzung. Zentrale Regelung ist Art. 7 Abs. 2 OECD-MA, der mit dem Fremdvergleichsgrundsatz den Maßstab zur Gewinnabgrenzung des inländischen Betriebsstättengewinns und des ausländischen Stammhausgewinns in einem grenzüberschreitenden Einheitsunternehmen vorgibt. Bislang ist in den deutschen
1 Dies ist etwa im Verhältnis einer inländ. Holding-Personengesellschaft zu deren ausländ. Tochter-KapGes. von Bedeutung, s. Ditz/Quilitzsch, DStR 2013, 1917 (1917). 2 Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 186–188; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 7 OECDMA (2000) Rz. 165 (Stand: Oktober 2013); s. vertiefend auch Ebbinghaus/Hinz, FR 2013, 974. 3 Vgl. Rz. 00.02, 20.01 und 20.06 iVm. Rz. 15.02 ff. zu den erhöhten Teilbetriebsvoraussetzungen im BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314. 5 Siehe hierzu EuGH v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12 – DMC, DStR 2014, 193.
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105
117
§ 2 Rz. 117–120
Beschrnkte Steuerpflicht
DBA überwiegend die eingeschränkte Selbstständigkeitsfiktion des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA vor der Änderung des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA (2010) und des Musterkommentars iSd. Ausführungen des OECD-MK 1994 zu Art. 7 enthalten, die eine Gewinnabgrenzung anhand fiktiver Leistungsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nicht zuließ.1 118
Die Auswirkungen der abkommensrechtlichen Auslegungsgrundsätze des AOA, des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA [2010] sowie des geänderten Musterkommentars 2010 auf bestehende DBA sind streitig.2 Nach der Rspr. des BFH, welcher der statischen Auslegungsmethode folgt, haben spätere Fassungen des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA und des Musterkommentars keine Auswirkung auf die Auslegung bestehender DBA.3 Die Rspr. hat zudem die Geltung des dem AOA zugrunde liegenden „Functionally Separate Entity Approach“ für die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte iRd. bisherigen DBA-Auslegung zur Rechtslage des Streitjahres 1995 explizit verneint und auf die wechselseitigen Verursachungsbeiträge abgestellt.4 Zu den Änderungen in § 1 Abs. 4 bis 6 AStG ab 2013 wird jedoch vertreten, die dort enthaltenen unilateralen Einkünftefiktionen seien über Art. 3 Abs. 2 OECD-MA auch für die DBA-Verteilungsnormen beachtlich.5 Für bestehende DBA enthält § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG ausdrücklich eine Kollisionsnorm, nach der, wenn ein DBA anzuwenden ist und der Stpfl. geltend macht, dass dessen Regelungen dem § 1 Abs. 5 Sätze 1 bis 7 AStG widersprechen, das DBA nur Vorrang hat, soweit der Stpfl. nachweist, dass der andere Staat sein Besteuerungsrecht entsprechend dem DBA ausübt und deshalb die Anwendung des § 1 Abs. 5 Sätze 1 bis 7 AStG zu einer Doppelbesteuerung führt.6 2. Werbungskosten/Betriebsausgaben und Verlustabzug im Steuerabzug
119 Der Steuerabzug ist grds. von den Bruttoeinnahmen vorzunehmen, dh. ohne vorherigen Abzug von BA/WK (§ 8 Abs. 6 KStG, § 43a Abs. 2 Satz 1 EStG, § 50a Abs. 2 EStG) – dies allerdings nicht mehr uneingeschränkt, um den Anforderungen des Unionsrechts zu entsprechen (s. Rz. 47).7 Auch die in § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG aF geregelte Einschränkung des Verlustabzugs nach § 10d EStG wurde durch das JStG 20098 aufgehoben. Allerdings bleibt es bei einem Verbot der Verlustverrechnung zwischen den Einkünften, die dem Steuerabzug unterliegen, und den sonstigen inländ. Einkünften, für die eine Veranlagung durchgeführt wird.9 § 50a Abs. 3 EStG lässt unter bestimmten Voraussetzungen den Abzug von BA/WK, die mit den entsprechenden Einnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, bereits iRd. Steuerabzugverfahrens zu. Diese Möglichkeit einer Nettobesteuerung ist allerdings durch den Verweis auf § 32 Abs. 4 KStG in § 50a Abs. 3 Satz 3 EStG auf beschränkt stpfl. EU-/EWR-Körperschaften begrenzt (s. Rz. 47).10 Außerdem besteht keine Verpflichtung des Abzugspflichtigen zur Anwendung von § 50a Abs. 3 EStG. Der Vergütungsgläubiger kann sein Recht, nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 KStG eine Veranlagung zu beantragen, sowohl alternativ als auch zusätzlich zur Berücksichtigung weiterer BA/WK ausüben.11 Siehe zum Ganzen § 32 KStG Rz. 20 ff. 3. Besteuerungsverfahren 120
Abgeltungswirkung und Durchbrechungen. Im Falle eines Steuerabzugs sieht § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG bei beschränkt stpfl. KSt-Subjekten grds. eine abgeltende Wirkung vor. Eine Ausnahme gilt für Einkünfte, die in einem inländ. gewerblichen oder land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb angefallen und daher zu veranlagen sind. Von der abgeltenden Wirkung
1 Vgl. näher Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 95; Kaeser in Wassermeyer, Art. 7 OECDMA (2000) Rz. 378, 692 ff. (Stand: Oktober 2013). 2 Einschränkend Naumann, DStJG 36 (2013), 253 (258–260), der die neuen Grundsätze entsprechend § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG für anwendbar hält, wenn die Belange des anderen Vertragsstaats nicht tatsächlich beeinträchtigt seien oder der Stpfl. dies nicht nachweise. 3 Vgl. näher Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA (2008) Rz. 105 mit Nachweisen; zur österreichischen Sichtweise Rust, DStJG 36 (2013), 261 (264). 4 BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 = FR 2008, 1149 = GmbHR 2009, 48 m. Anm. Meilicke; vgl. näher Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 7 OECD-MA 2008 Rz. 109. 5 Schaumburg, ISR 2013, 197 (199). 6 Vertiefend Schnitger, IStR 2013, 633 (640 ff.); Kaeser in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA (2000) Rz. 710 ff. (Stand: Oktober 2013). 7 Zum Ganzen ausführlich Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 17. 8 G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 9 Helm in Schnitger/Fehrenbacher, § 32 KStG Rz. 41; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 30. 10 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 12. 11 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 140c; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 21.
106
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C. Sonstige beschrnkte Steuerpflicht (Nr. 2)
Rz. 120–123 § 2
bleiben ein etwaiges Erstattungsverfahren sowie die Möglichkeit der Nettobesteuerung nach § 50a Abs. 3 EStG unberührt. Durch die abgeltende Wirkung tritt eine definitive Steuerbelastung iHd. Steuerabzugs ein, da diese Einkünfte nicht in eine Veranlagung einbezogen werden dürfen. Sowohl § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG als auch § 32 Abs. 2 KStG sehen Ausnahmen von der abgeltenden Wirkung vor (s. Rz. 47). Darüber hinaus tritt bei einem Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 EStG keine abgeltende Wirkung ein. Schließlich bestehen Erstattungsmöglichkeiten gem. §§ 44a Abs. 9, 44b EStG und § 32 Abs. 5 KStG. Siehe zum Ganzen die Kommentierungen zu §§ 31, 32 KStG.
C. Sonstige beschränkte Steuerpflicht (Nr. 2) I. Sonstige nicht unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften etc. Persönlicher Anwendungsbereich. In der Praxis betrifft § 2 Nr. 2 KStG, der „sonstige“ – außerhalb des § 2 Nr. 1 KStG liegende – Körperschaften/Personenvereinigungen/Zweckvermögen tatbestandlich erfasst, vorwiegend inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Einkünfte außerhalb eines Betriebs gewerblicher Art erzielen, und steuerbefreite Körperschaften (s. Rz. 3 und 6).1 Es kann für diese inländischen KSt-Subjekte nebeneinander eine unbeschränkte KSt-Pflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) und eine beschränkte KStPflicht (§ 2 Nr. 2 KStG) bestehen (s. Rz. 1).
121
II. Inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug ganz oder teilweise unterliegen (Nr. 2 Halbs. 1) Sachlicher Anwendungsbereich. Die inländischen Einkünfte iSd. § 2 Nr. 2 Halbs. 1 KStG sind nicht deckungsgleich mit den inländischen Einkünften gem. § 2 Nr. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 1 EStG (s. dazu Rz. 1). Erfasst werden alle inländischen Einkünfte, die dem abgeltenden Steuerabzug gem. § 31 Abs. 1 iVm. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG ganz oder teilweise unterliegen (s. Rz. 3 und § 32 KStG Rz. 26 ff.). Dies sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterfallen (§ 43 ff. EStG), Einkünfte aus der inländischen Verwertung von Darbietungen oder der Überlassung eines Rechts zur Nutzung oder des Rechts zur Nutzung eines Rechts (Steuerabzug gem. § 50a Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG), sonstige Einkünfte, die dem Steuerabzug gem. § 50a Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG unterliegen, und Sachverhalte, die unter die Bauabzugsteuer (§§ 48 ff. EStG) fallen.2 Soweit das FA des Vergütungsgläubigers lediglich einen Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 EStG anordnet, sind die Voraussetzungen der Nr. 2 nicht erfüllt.3
122
Abstandnahme vom Steuerabzug.4 Bei inländischen juristischen Personen des öffent- 123 lichen Rechts ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG (zu den anwendbaren Regelungen des Steuerabzugs s. § 31 KStG Rz. 11) iVm. § 44a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG bei bestimmten Kapitalerträgen vom Steuerabzug abzusehen. Bei Kapitalerträgen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (insbesondere Gewinnausschüttungen von KapGes.) kann nach § 44a Abs. 4 Satz 2 ein Steuerabzug nur unterbleiben, wenn die Einkünfte von einer von der KSt befreiten Körperschaft bezogen werden. Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist nach § 44a Abs. 4 Satz 3 EStG die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des zuständigen FA. Bei inländ. juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dienen, ist nach § 44a Abs. 7 EStG vom Steuerabzug abzusehen. Der Umfang der von § 44a Abs. 7 EStG erfassten Kapitalerträge ist durch das AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.20135 erweitert worden. Neben den Leistungen bzw. Gewinnen der Betriebe gewerblicher Art (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7b und 7c iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a und b EStG) wird nunmehr auch bei sämtlichen Kapitalerträgen iSv. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 EStG vom Steuerabzug abgesehen. Allerdings setzt dies nach § 44a Abs. 7 Satz 2 EStG nF (Satz 4 aF) weiterhin die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des zuständigen FA voraus. Die Möglichkeit, gem. § 32 Abs. 2 Nr. 1 KStG bei Einkünften in einem inländischen Betrieb oder einem LuF-Betrieb vom Steuerabzug abzusehen, geht bei KSt-Subjekten iSd.
1 S. Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 101 mit einer Aufzählung der möglichen Unterformen. 2 Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 229; vertiefend Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 105–107. 3 Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 68; Sauter/Altrichter-Herzberg in Erle/Sauter3, § 2 KStG Rz. 43; Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 142 und 211; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 107. 4 S. hierzu Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 71; ausführlich Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 108. 5 BGBl. I 2013, 1809 = BStBl. I 2013, 802.
Levedag
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§ 2 Rz. 123–126
Beschrnkte Steuerpflicht
§ 2 Nr. 1 KStG ins Leere, da die Einkünfte dann entweder der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) oder keine Veranlagungsmöglichkeit besteht.1
III. Inländische Einkünfte gem. Nr. 2 Halbs. 2 1. Verhinderung von Gestaltungen zur Umgehung des KapESt-Einbehalts 124 Einkünftetatbestände in Nr. 2 Halbs. 2. Seit dem UntStRefG 2008 v. 14.8.20072 enthält Nr. 2 Halbs. 2 drei neue Einkünftetatbestände, die zur beschränkten Stpfl. führen und deren Entgelte gem. § 32 Abs. 3 Satz 1 KStG nunmehr ebenfalls dem Steuerabzug unterliegen. Zur Regelungsintention s. bereits ausführlich Rz. 33 und zum zeitlichen Anwendungsbereich (§ 34 Abs. 2a KStG idF des AIFM-StAnpG, s. dazu § 34 KStG Rz. 48 f.) Rz. 6. Nr. 2 Halbs. 2 sichert lediglich die durch einen Steuerabzug eintretende Steuerbelastung der inländ. juristischen Person des öffentlichen Rechts.4 2. Einkünftetatbestände in Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. a bis c 125 Entgelte gem. Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. a. Die Regelung knüpft an Wertpapierdarlehensverträge (Wertpapierleihe) an, da sie voraussetzt, dass die inländische juristische Person Anteile an inländischen KapGes. einem anderen gegen Entgelt überlässt und der Entleiher diese Anteile oder gleichartige Anteile zurückzugeben hat. Zur Beschreibung des Ablaufs der Wertpapierleihe s. § 8b KStG Rz. 598.5 Buchst. a setzt nach seinem Wortlaut die stl. Zurechnung der Anteile bei demjenigen voraus, dem die Anteile überlassen werden. Bei der klassischen Wertpapierleihe ist diese Voraussetzung grds. erfüllt, da mit einer Wertpapierleihe nach nahezu einhelliger Meinung der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums iSv. § 39 Abs. 1 AO an den verliehenen Anteilen verbunden ist.6 Somit kann der Entleiher die Dividenden beanspruchen (§ 20 Abs. 2a EStG) und zahlt hierfür die in § 2 Nr. 2 Halbs. 2 KStG angesprochenen „Entgelte“. Letztere umfassen regelmäßig die eigentlichen Leih- bzw. Darlehensgebühren für die Nutzungsüberlassung und die Kompensationszahlungen, mit denen der Entleiher dem Verleiher die während der Nutzungsüberlassung erhaltenen Ausschüttungen erstattet.7 126
Entgelte gem. Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. b. Angesprochen sind Entgelte, die von der inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts dafür vereinnahmt werden, dass sie Anteile an inländischen KapGes. im Rahmen eines „echten“ Wertpapierpensionsgeschäfts gem. § 340b Abs. 2 HGB einem anderen (über den Dividendenstichtag hinaus) überlässt. Hierbei handelt es sich – anders als bei der Wertpapierleihe – nicht um eine bloße Nutzungsüberlassung, sondern um einen Kauf der Wertpapiere mit Rückkaufverpflichtung8 und entsprechende Zahlungsvorgänge (zur Begrifflichkeit s. die Kommentierung zu § 8b Abs. 10 Satz 4
1 Rengers in Blümich, § 2 KStG Rz. 72; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 257. 2 BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630. 3 Inländische juristische Personen nutzten insbesondere die Wertpapierüberlassung, um die abgeltende Wirkung der definitiven KapESt-Belastung auf Dividendenerträge aus Beteiligungen, die dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzurechnen waren, zu umgehen. Um die Vergütungen (Leihgebühren und Kompensationszahlungen als sonstige Vergütungen iSd. § 22 Nr. 3 EStG), die im Rahmen einer Wertpapierüberlassung vom Entleiher an die juristische Person als Verleiher gezahlt wurden, der Besteuerung zu unterwerfen, wurde deren Stpfl. in § 2 Nr. 2 Buchst. a KStG geregelt und dem Steuerabzug in § 32 Abs. 3 Satz 1 KStG unterworfen; vgl. Sauter/Altrichter-Herzberg in Erle/Sauter3, § 2 KStG Rz. 43; Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 115. 4 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 115, der darauf hinweist, dass wegen der in § 8b Abs. 10 Satz 10 geregelten Subsidiarität des § 8b Abs. 10 etwaige Steuervorteile beim Entleiher bzw. Pensionsnehmer durch die Möglichkeit eines Abzugs der Leihgebühr bzw. der Kompensationszahlungen als BA erhalten bleiben, sodass die von Nr. 2 Halbs. 2 erfassten Wertpapiergeschäfte bei einer Gesamtbetrachtung weiterhin zu Steuervorteilen führen können. S. zu § 8b Abs. 10 Satz 10 die Kommentierung in § 8b KStG Rz. 630. 5 Vertiefend Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 116; Sauter/Altrichter-Herzberg in Erle/Sauter3, § 2 KStG Rz. 44; zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums s. auch BFH v. 16.4.2014 – I R 2/12, DStR 2014, 2012 zu Cum-/Ex-Gestaltungen. 6 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 116 f., mit Hinweis auf den „Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen“ aus dem Jahr 1999 (Bank-Verlag Nr. 43034 [11/99], abrufbar unter www.bankenverband.de fi Themen fi Fachinformationen fi Rahmenverträge). 7 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 116; Sauter/Altrichter-Herzberg in Erle/Sauter3, § 2 KStG Rz. 44 zur Diskussion der Zivilrechtslage. 8 Vgl. Hechtner/Schnitger, Ubg 2013, 269 (272).
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C. Sonstige beschrnkte Steuerpflicht (Nr. 2)
Rz. 126–130 § 2
KStG in § 8b KStG Rz. 621).1 Wenn der Pensionsnehmer zur Rückübertragung nicht verpflichtet, sondern lediglich berechtigt ist, liegt ein unechtes Wertpapierpensionsgeschäft iSd. § 340b Abs. 3 HGB vor, auf das Buchst. b keine Anwendung findet. Zur Einbeziehung weiterer Gestaltungen (sog. Repo-Geschäfte und Buy/Sell-Back-Geschäfte) s. ebenfalls § 8b KStG Rz. 621. Streitig ist, ob bei echten Wertpapierpensionsgeschäften nach aktueller Rechtslage sowohl das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen iSv. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO als auch die aus diesen Anteilen erzielten Einkünfte stl. dem Pensionsnehmer zuzurechnen sind, sofern das Wertpapierpensionsgeschäft nicht ausschließlich Sicherungszwecken dient.2 Entgelte iSd. Buchst. b sind nach uE zutreffender Auffassung trotz des weitergehenden Wortlauts3 die Kompensationszahlungen und eine etwaige positive Differenz zwischen Kaufpreis und Rückkaufpreis, nicht aber der Kaufpreis, den die inländische juristische Person als Pensionsgeber erhält. Wird ein einheitlicher Rückkaufpreis vereinbart, der auch das Pensionsentgelt einbezieht, ist dieses für die Berechnung einer Differenz zwischen Kaufpreis und Rückkaufpreis herauszurechnen. Entgelte gem. § 2 Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. c KStG. Die Regelung verweist unmittelbar auf die in § 8b Abs. 10 Satz 2 KStG genannten Einnahmen und Bezüge, die an die inländische juristische Person als Entgelt für die Überlassung der Anteile an inländischen Gesellschaften gewährt werden. Buchst. c verweist ausdrücklich (nur) auf § 8b Abs. 10 Satz 2, der sich seinerseits auf die in § 8b Abs. 10 Satz 1 geregelte Wertpapierleihe bezieht. Dagegen fehlt ein Verweis auf die Regelungen in Buchst. b bzw. in § 8b Abs. 10 Satz 4, in denen die echten Wertpapierpensionsgeschäfte iSv. § 340b Abs. 2 HGB behandelt werden.4 Getroffen werden sollen von der Regelung sog. Entgeltsurrogate, wenn an die inländische juristische Person ebenfalls vom Entleiher Wertpapiere überlassen werden (s. § 8b KStG Rz. 619). Es handelt sich um Einkünfte, welche die juristische Person des öffentlichen Rechts bei einer Wertpapierleihe aus WG erzielt, die ihr statt einer Barzahlung als Leihgebühr bzw. als Kompensationszahlungen überlassen werden (zB Einkünfte aus festverzinslichen Anleihen).5 Hinsichtlich der stl. Behandlung der Einnahmen und Bezüge enthält § 8b Abs. 10 Satz 2 eine doppelte Fiktion (s. auch § 8b KStG Rz. 619): Die Einnahmen und Bezüge gelten zum einen als von dem Entleiher („andere Körperschaft“ iSv. § 8b Abs. 10 Satz 1) bezogen und zum anderen bei der verleihenden inländ. juristischen Person des öffentlichen Rechts als Entgelt. Auf der Ebene des Entleihers kommt es aber wegen § 8b Abs. 10 Satz 10 idF des AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.20136 nicht zu einem Verbot des BA-Abzugs, sodass letztlich nur die stl. Folgen bei der verleihenden inländ. juristischen Person des öffentlichen Rechts relevant werden.7
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IV. Rechtsfolge: Beschränkte Steuerpflicht Steuerabzug gem. § 32 Abs. 3 KStG. Der „Entleiher“ wird einer Steuerabzugspflicht mit Abgeltungswirkung für die Entgelte unterworfen, die er an die inländische juristische Person des öffentlichen Rechts zu zahlen hat. Aufgrund der doppelten Fiktion in den Fällen des § 2 Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. c KStG hat der Entleiher die an die juristische Person gezahlten Entgelte als eigene Entgelte vereinnahmt und muss den Steuerabzug auf eigene Rechnung vornehmen.8 Zu den Einzelheiten s. § 32 KStG Rz. 31 ff.
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Beginn der beschränkten Steuerpflicht. Diese beginnt bei einem vorhandenen KSt-Subjekt iSd. Nr. 2 im Zeitpunkt des Erzielens der inländischen Einkünfte iSd. Nr. 2 Halbs. 1 oder der Entgelte gem. Nr. 2 Halbs. 2 Buchst. a bis c.9
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Ende der beschränkten Steuerpflicht. Entsprechend endet die beschränkte Steuerpflicht 130 gem. Nr. 2, wenn das KSt-Subjekt erlischt oder keine abzugspflichtigen Einkünfte oder Entgelte mehr erzielt.10 1 Vertiefend Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 121, der auf den „Rahmenvertrag für Wertpapierpensionsgeschäfte (Repos)“ aus dem Jahr 2005 (Bank-Verlag Nr. 44018 [11/05], abrufbar unter www.banken verband.de fi Themen fi Fachinformationen fi Rahmenverträge) verweist. 2 Zust. Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 123 mit Darstellung des Streitstands; zur Auffassung der FinVerw. s. BMF v. 9.4.2013 – IV A 2 - O 2000/12/10001 – DOK 2013/0110996, BStBl. I 2013, 522 Rz. 590 und 592. 3 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 122. 4 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 130. 5 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 130. 6 BGBl. I 2013, 1809 = BStBl. I 2013, 802. 7 Witt in H/H/R, § 2 KStG Anm. 101; Mohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 2 KStG Rz. 240. 8 Siegers in D/P/M, § 2 KStG Rz. 227; Lornsen-Veil in Erle/Sauter3, § 32 KStG Rz. 41, 43. 9 R 4 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KStR 2004. 10 R 4 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004.
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§3 Abgrenzung der Steuerpflicht bei nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen sowie bei Realgemeinden (1) Nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen sind körperschaftsteuerpflichtig, wenn ihr Einkommen weder nach diesem Gesetz noch nach dem Einkommensteuergesetz unmittelbar bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist. (2) 1Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden, die zu den in § 1 bezeichneten Steuerpflichtigen gehören, sind nur insoweit körperschaftsteuerpflichtig, als sie einen Gewerbebetrieb unterhalten oder verpachten, der über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgeht. 2Im Übrigen sind ihre Einkünfte unmittelbar bei den Beteiligten zu versteuern. Art. 164 EGBGB 1In
Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, an Mühlen, Brauhäusern und ähnlichen Anlagen berechtigt sind. 2Es macht keinen Unterschied, ob die Realgemeinden oder sonstigen Verbände juristische Personen sind oder nicht und ob die Berechtigung der Mitglieder an Grundbesitz geknüpft ist oder nicht. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . . I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . 1. Abs. 1: Ergänzungs- und Erweiterungsfunktion zu § 1 und § 2 KStG . . . 2. Abs. 2: Funktion der KSt-Besteuerung von Realgemeinden . . . . . . . . . . III. Geltungsbereich der Regelung . . . . . . 1. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich des Abs. 1 . . . . . . 2. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich des Abs. 2 . . . . . . 3. Verhältnis des Abs. 1 zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis des Abs. 2 zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 3 3 7 10 10 11 12 14 16
B. Subsidiäre Körperschaftsteuerpflicht (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betroffene Rechtsgebilde . . . . . . . . . . 1. Nicht rechtsfähige Personenvereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nicht rechtsfähige Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen . . . . . II. Vorrangige unmittelbare Besteuerung des Einkommens bei Anderen . . . . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Körperschaftsteuerpflicht der Realgemeinden und Steuerpflicht der Beteiligten (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betroffene Rechtsgebilde . . . . . . . . . . II. Einstufung des Gewerbebetriebs als Neben- oder Hauptbetrieb als Voraussetzung der KSt-Pflicht. . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 17 17 18 20 22
23 23
26 30
Literatur: Martini, Das Verhältnis des persönlichen Körperschaftsteuertatbestands zur Mitunternehmerschaft – Die steuerliche Zuordnung von Personenvereinigungen als Herausforderungen für die Kongruenz von Einkommen- und Körperschaftsteuer, DStR 2012, 388. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932 – Steuerliche Folgen der Löschung einer britischen Limited aus dem britischen Handelsregister, BStBl. I 2014, 111.
A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand § 3 Abs. 1 KStG. Die Regelung bestimmt, dass ein Rechtsgebilde, das als nicht rechtsfähige Personenvereinigung, Anstalt, Stiftung oder anderes Zweckvermögen iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG (§ 1 KStG Rz. 86 ff.) einzuordnen ist, unter zwei Voraussetzungen beschränkt oder unbeschränkt kstpfl. ist. Erstens darf das dem Gebilde zuzurechnende Einkommen vorrangig weder „nach diesem Gesetz“ (also dem KStG) noch nach dem EStG bei einem (oder mehreren) anderen Stpfl. der Steuerpflicht unterliegen. Zweitens muss die Besteuerung bei den letztgenannten Stpfl. „unmittelbar“ erfolgen, also nicht auf einem Ausschüttungsakt beruhen.
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§ 3 Rz. 2–4 2
Abgrenzung der Steuerpflicht bei bestimmten Subjekten
§ 3 Abs. 2 KStG. Für Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden grenzt § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG die Stpfl. zwischen dem Rechtsgebilde selbst und den daran Beteiligten ab. § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG bestimmt, dass Einkünfte aus Hauberg-, Wald-, Forst-, Laubgenossenschaften und ähnlichen Realgemeinden iSd. § 3 Abs. 2 KStG zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören. Obwohl es sich um Körperschaften handelt, sind die Einkünfte im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Nr. 4 EStG nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO als Einkünfte aus LuF für die an der Realgemeinde Beteiligten als Mitunternehmer einheitlich und gesondert festzustellen, selbst wenn diese keine Land- und Forstwirte sind.1 Die Bedeutung des § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG liegt somit darin, die Mitglieder der genannten Realgemeinden mit ihren anteiligen Einkünften wie bei einer land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft zu behandeln, sofern nicht nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG KSt-Pflicht besteht. Gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG unterliegt das Einkommen bei diesen Rechtsgebilden selbst dann der KSt, wenn diese im Rahmen eines unterhaltenen oder verpachteten Gewerbebetriebs erzielt werden, der über einen Nebenbetrieb hinausgeht. Auch wenn ein solcher zur Stpfl. führender verpachteter/unterhaltener Gewerbebetrieb vorliegt, unterliegen gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KStG jedoch nur die darin erzielten Einkünfte der KSt, die übrigen Einkünfte werden unmittelbar bei den Beteiligten versteuert.
II. Bedeutung und Telos 1. Abs. 1: Ergänzungs- und Erweiterungsfunktion zu § 1 und § 2 KStG 3
Sicherung der Einmalbesteuerung.2 Zweck des § 3 Abs. 1 KStG ist nach der Entscheidung des GrS des BFH v. 25.6.19843 und der Folgerechtsprechung4, sicherzustellen, dass das in nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen erzielte Einkommen einmal entweder bei dem Rechtsgebilde selbst oder bei den dahinter stehenden Personen der Besteuerung unterworfen wird. § 3 Abs. 1 KStG steht dabei iZm. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, der die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht unter anderem der nicht rechtsfähigen Vereine (s. § 1 KStG Rz. 87) anordnet, die Norm ist aber weitergehend, da sie auf „nicht rechtsfähige Personenvereinigungen“ und andere Rechtsgebilde Bezug nimmt. Nach § 3 Abs. 1 KStG besteht eine (beschränkte oder unbeschränkte) Körperschaftsteuerpflicht für andere nicht rechtsfähige Personenvereinigungen als die in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG erwähnten nicht rechtsfähigen Vereine aber nur, wenn „ihr Einkommen weder nach diesem Gesetz“ – dem KStG – „noch nach dem Einkommensteuergesetz bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist“.
4
Auffangtatbestand nach der Rechtsprechung. Es existiert eine Gemengelage zwischen Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht:5 So können nicht rechtsfähige Vereinigungen dem Grunde nach sowohl unter die KSt als auch unter die mitunternehmerschaftlichen Regelungen (nicht rechtsfähiges Rechtsgebilde als Einkünfteerzielungssubjekt) fallen. Wann das Einkommen juristischer Personen der KSt-Besteuerung bei diesen und nicht der einkommensteuerlichen Besteuerung beim Mitunternehmer unterliegt, lässt sich dem EStG nicht entnehmen. Dort regelt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nur, dass bei der Beteiligung an einer OHG, einer KG und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, die Einkünfte des Gewinnermittlungssubjekts Mitunternehmerschaft beim Mitunternehmer unmittelbar der Besteuerung (§ 2 Abs. 1 EStG) unterliegen. Eine Regelung im EStG, die abschließend festlegt, welche nicht rechtsfähigen Rechtsgebilde transparent sind und welche Rechtsgebilde der KSt unterliegen, existiert nicht.6 Der GrS des BFH im Beschluss v. 25.6.19847 und die Folgerechtsprechung des BFH8 sehen uE § 3 Abs. 1 KStG daher als Auffangtatbestand an, um etwaige Lücken im System der Steu-
1 BFH v. 9.10.1986 – IV R 331/84, BStBl. II 1987, 169; Kulosa in Schmidt34, § 13 EStG Rz. 38; Paul in H/H/R, § 13 EStG Anm. 101; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 3 KStG Rz. 41. 2 Allgemeine Meinung, s. Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 5; Frotscher in Frotscher/Maas, § 3 KStG Rz. 1; Rengers in Blümich, § 3 KStG Rz. 8; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 1; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 3 KStG Rz. 12. 3 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355. 4 BFH v. 29.1.2003 – I R 106/00, FR 2003, 678 = BFH/NV 2003, 868. 5 Martini, DStR 2012, 388 (388). 6 Martini, DStR 2012, 388 (391). 7 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355. 8 BFH v. 29.1.2003 – I R 106/00, FR 2003, 678 = BFH/NV 2003, 868.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 4–6 § 3
ersubjekte zu schließen.1 Bei den nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und anderen genannten Rechtsgebilden ist – so der BFH – stets vorrangig zu prüfen, ob ihr Einkommen unmittelbar bei den Mitgliedern zu versteuern ist und damit die KSt-Pflicht der Vereinigung als solcher ausscheidet. Es existiert demnach, wie aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 KStG auch ohne Weiteres ersichtlich ist („wenn … weder … noch“), sowohl ein Vorrang der unmittelbaren Besteuerung bei den an dem Rechtsgebilde Beteiligten als Mitunternehmern2 als auch der Besteuerung des Einkommens nach §§ 1, 2 KStG bei einem anderen KSt-Subjekt, bevor eine eigene KSt-Pflicht des nicht rechtsfähigen Gebildes in Betracht kommt. Begrenzungs- und/oder Erweiterungsfunktion. Umstritten ist,3 ob der Regelung eine Er- 5 weiterungs- und/oder eine Begrenzungsfunktion zukommt: So kann man vertreten, § 3 Abs. 1 KStG dehne iRd. vorbeschriebenen Auffangfunktion den Kreis der in §§ 1 und 2 KStG genannten KSt-Subjekte steuerpflichtbegründend aus, denn eine „nicht rechtsfähige Personenvereinigung“, die kein „nicht rechtsfähiger Verein“ iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG (s. Rz. 3) sei, könne auf Grundlage des § 3 Abs. 1 KStG (unter den weiteren Voraussetzungen) zB der unbeschränkten KSt-Pflicht unterliegen (sog. Ergänzungsfunktion zu § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG).4 Dem lässt sich auf Grundlage des „wenn“-Halbsatzes in § 3 Abs. 1 KStG entgegenhalten, die Regelung sei so zu verstehen, dass die Einkünfte „nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen“ nach dem Vorverständnis des Gesetzgebers von vornherein der unmittelbaren Besteuerung bei den Beteiligten unterliegen sollen, sodass § 3 Abs. 1 KStG nur steuerpflichtbegrenzend zum Ausdruck bringe, in diesen Fällen könne nur ausnahmsweise und subsidiär eine KSt-Pflicht des Gebildes bestehen, um eine doppelte Besteuerung des Einkommens auf Ebene des Gebildes und der Beteiligten zu vermeiden.5 Der BFH hat im Urteil v. 23.6.19936 nicht abschließend entschieden, ob § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und § 3 Abs. 1 KStG jeweils selbstständige Grundlagen für die KSt-Pflicht von nicht rechtsfähigen Rechtsgebilden bilden oder ob § 3 Abs. 1 KStG lediglich eine Ergänzung zu § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG darstellt. Zuzustimmen ist uE einer vermittelnden Auffassung, die § 3 Abs. 1 KStG als Auffangtatbestand (s. Rz. 3), als Ergänzungsregelung zu § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und als Subsidiaritätsklausel einordnet.7 Praktische Bedeutung. UE kommt der Entscheidung der vorgenannten Streitfrage und darüber hinaus § 3 Abs. 1 KStG insgesamt kaum praktische Bedeutung zu. Denn auf Grundlage des § 3 Abs. 1 KStG können auch nicht rechtsfähige Personenvereinigungen und Vermögensmassen nur dann kstpfl. sein, wenn ihnen das erzielte Einkommen unmittelbar zuzurechnen ist und sie wie eine KapGes. oder ein Verein strukturiert sind.8 Der Kreis möglicher nicht rechtsfähiger Rechtsgebilde, die unter § 3 Abs. 1 KStG fallen können, ist zudem nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR im Zivilrecht noch kleiner geworden. Ob zugezogene ausländische KapGes. mit inländischem Verwaltungssitz für die VZ ab 2006 noch unter diese Regelung fallen können, wird zwar vielfach verneint.9 Diese Frage ist jedoch differenziert zu betrachten. Handelt es sich um eine ausländische Gesellschaft, die nach Verlegung des Verwaltungssitzes in das Inland als KapGes. rechtsfähig ist, fällt diese nur unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG. Ist sie nach dem Zuzug nicht rechtsfähig, aber auf Grundlage des Typenvergleichs als Körperschaft einzustufen, fällt sie nach wohl hM ebenfalls unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, da die Rechtsfähigkeit iRd. Typenvergleichs kein relevantes Krite-
1 Oellerich in Mössner/Seeger2, § 3 KStG Rz. 12. 2 Martini, DStR 2012, 388 (388); Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 3. 3 Eingehend Martini, DStR 2012, 388 (389 ff.); Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 4; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 2–4; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 7. 4 Zu dieser Sichtweise s. Rengers in Blümich, § 3 KStG Rz. 8; Lambrecht in Gosch2, § 3 KStG Rz. 3, 7. 5 Dies befürwortend Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 1; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 10; Wernicke in Lademann, § 3 KStG Rz. 2, 6; Lambrecht in Gosch2, § 3 KStG Rz. 14 sowie BFH v. 29.1.2003 – I R 106/00, FR 2003, 678 = BFH/NV 2003, 868: „Der Klägerin ist allerdings insoweit zuzustimmen, als durch § 3 Abs. 1 KStG, wonach Körperschaftsteuerpflicht nur besteht, wenn das Einkommen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigung oder Vermögensmasse nicht bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist, eine doppelte Besteuerung ausgeschlossen werden soll.“ 6 BFH v. 23.6.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184. 7 Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 3–6; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 3 KStG Rz. 12 f.; Hauswirth in Lademann, § 1 KStG Rz. 11. 8 BFH v. 23.6.1993 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972 = GmbHR 1993, 184. 9 S. Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 7; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 3: Diese [die wirtschaftliche Bedeutung des § 3 Abs. 1 KStG] ist jedoch spätestens durch die Änderung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 durch das SEStEG v. 7.12.2006 (BGBl. I 2006, 2782, ber. BGBl. I 2007, 68 = BStBl. I 2007, 4) entfallen, da ausländ. KapGes. seitdem unstreitig dem Regelungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und nicht mehr dem des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG zuzurechnen sind; ebenso Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 15.
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§ 3 Rz. 6–10
Abgrenzung der Steuerpflicht bei bestimmten Subjekten
rium darstellt. UE können aber nur rechtsfähige zugezogene Körperschaften unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG subsumiert werden, sodass ein Anwendungsbereich für § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 3 Abs. 1 KStG verbleibt (s. ausführlich § 1 KStG Rz. 71 f.). 2. Abs. 2: Funktion der KSt-Besteuerung von Realgemeinden 7
Sicherstellung der Einmalbesteuerung und Auffangtatbestand. Der GrS des BFH hat im Beschluss v. 25.6.19841 auch Abs. 2 den Zweck beigemessen, die Einmalbesteuerung des Einkommens auf Ebene des Rechtsgebildes oder bei den Beteiligten sicherzustellen.
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Beschränkungsfunktion zu § 1 KStG. Der Sinn und Zweck von § 3 Abs. 2 KStG und § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG liegt zum einen darin, abzugrenzen, wann die Mitglieder der entsprechenden Realgemeinden mit ihren anteiligen Einkünften wie bei einer land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft mit allen Konsequenzen als Land- und Forstwirte zu behandeln sind, und zum anderen zu bestimmen, wann eine eigene (partielle) KSt-Pflicht des Gebildes einsetzt.2 Die Regelung erfasst nur Gebilde, die „auch zu den in § 1 bezeichneten Stpfl. gehören“. Es müssen sich daher entweder Sitz oder Geschäftsleitung der (rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen) Realgemeinde – oder beides – im Inland befinden.3 Von einer Stpfl. gem. § 1 KStG statuiert die Regelung eine Ausnahme, indem für Realgemeinden alle Einkünfte, die nicht aus der Unterhaltung oder Verpachtung eines über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgehenden Gewerbebetriebs resultieren, nicht auf Ebene der Realgemeinde, sondern gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KStG bei den Beteiligten steuerlich erfasst werden sollen. Die Realgemeinde kann somit der KSt unterliegende Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht der KSt unterliegende andere Einkünfte erzielen.4 Die Regelung entfaltet damit nach allgemeiner Meinung sowohl die Wirkungen einer Zurechnungsfunktion als auch mittelbar einer vollständigen bzw. partiellen Steuerbefreiung (mit Nähe zu § 5 KStG), da sie festlegt, unter welchen Voraussetzungen eine KStPflicht und unter welchen Voraussetzungen eine subjektive Stpfl. der Beteiligten besteht.5
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Praktische Bedeutung. Der persönliche Anwendungsbereich der Regelung und damit auch ihre praktische Bedeutung sind gering.
III. Geltungsbereich der Regelung 1. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich des Abs. 1 10 Persönlicher Anwendungsbereich. Unter die Regelung fallen nicht rechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen, unabhängig davon, ob es sich um inländische oder ausländische Gebilde handelt (s. näher ab Rz. 11). Zur Bedeutung der Rechtsfähigkeit iRd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 4 KStG s. § 1 KStG Rz. 6, 50, 54, 80.6 Weitere Voraussetzung ist, dass sich eine Stpfl. nicht schon aus einer anderen Vorschrift des KStG ergibt und das Gebilde auch nicht als Mitunternehmerschaft einzuordnen ist, deren Einkünfte bei den Gesellschaftern gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Besteuerung unterliegen (s. Rz. 3 bis 5). § 3 Abs. 1 KStG kommt unabhängig von der Frage nach der unbeschränkten oder beschränkten Stpfl. zur Anwendung; eine Differenzierung oder Beschränkung auf unbeschränkte oder beschränkte Stpfl. ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.7 Sachlicher Anwendungsbereich. Die in Abs. 1 genannten Rechtsgebilde unterliegen der beschränkten oder unbeschränkten KSt-Pflicht, wenn deren Einkommen vorrangig weder nach dem KStG noch nach dem EStG bei einem anderen Stpfl. unmittelbar der Besteuerung unterliegt. Zeitlicher Anwendungsbereich. Die Regelung gilt unverändert seit Inkrafttreten des KStG 1977. 1 2 3 4 5
BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355. Paul in H/H/R, § 13 EStG Rz. 100; s. auch BFH v. 9.10.1986 – IV R 331/84, BStBl. II 1987, 169. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 35 f. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 45. S. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 3; Lambrecht in Gosch2, § 3 KStG Rz. 7; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 9; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 5; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 5. 6 § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bringt hinreichend zum Ausdruck, dass juristische Personen des deutschen Zivilrechts der Besteuerung als Körperschaft und nicht der Besteuerung bei den Mitunternehmern einer Mitunternehmerschaft unterliegen sollen; s. Martini, DStR 2012, 388 (392). 7 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 4.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 11–13 § 3
2. Persönlicher, sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich des Abs. 2 Persönlicher Anwendungsbereich. Der Regelung unterliegen die in § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG und § 3 Abs. 2 KStG genannten Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden, wenn sie einen Gewerbebetrieb unterhalten oder verpachten, der über den Umfang eines Nebenbetriebs hinausgeht. Abs. 2 ist auf Realgemeinden beschränkt, die zu den in § 1 KStG bezeichneten unbeschränkt Stpfl. gehören, die also entweder Sitz oder Geschäftsleitung – oder beides – im Inland haben.1 Abs. 2 stellt im Verhältnis zu Abs. 1 nach hM eine lex specialis dar und geht ihm folglich vor;2 dh. aber auch, dass Realgemeinden gem. § 3 Abs. 2 KStG zugleich nicht rechtsfähige Personenvereinigungen iSd. § 3 Abs. 1 KStG sein können. Unerheblich ist, ob die Realgemeinde privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur ist.3
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Sachlicher Anwendungsbereich. § 3 Abs. 2 KStG bestimmt, dass die genannten Realgemeinden mit einem unterhaltenen oder verpachteten Gewerbebetrieb der KSt-Pflicht unterliegen, wenn dieser über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgeht. Erzielen Realgemeinden neben einem solchen qualifizierten Gewerbebetrieb Einkünfte aus anderen Einkunftsarten, liegt nur eine partielle KSt-Pflicht vor, denn § 8 Abs. 2 findet auf Realgemeinden keine Anwendung, dh., bei Vorliegen eines Gewerbebetriebs werden nicht alle Einkünfte der Realgemeinde in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert.4 Einkünfte aus anderen Einkunftsarten (zB aus LuF, Kapitalvermögen oder sonstige Einkünfte) sind gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KStG („im Übrigen“) stets von den Beteiligten zu versteuern. Liegt nicht einmal ein qualifizierter Gewerbebetrieb iSd. § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG vor, werden gem. Abs. 2 Satz 2 alle Einkünfte der Realgemeinde nur auf Ebene der Beteiligten versteuert. Zeitlicher Geltungsbereich. Die Regelung existiert unverändert seit Inkrafttreten des KStG 1977. 3. Verhältnis des Abs. 1 zu anderen Vorschriften Verhältnis zum KStG. Der Tatbestand des § 3 Abs. 1 KStG nimmt direkt Bezug auf eine vorrangige anderweitige Stpfl. nach § 1 oder § 2 KStG („nach diesem Gesetz“). Aus dem Zusammenspiel des § 3 Abs. 1 KStG und des § 2 Nr. 1 KStG resultiert, dass ausländische nicht rechtsfähige Rechtsgebilde iSd. § 2 Nr. 1 KStG (ausländische Personengesellschaften, Partenreederei, Erbengemeinschaften),5 die inländische Einkünfte iSd. § 49 EStG erzielen, dann nicht selbst der KSt-Pflicht unterliegen, wenn das Einkommen des Gebildes nach dem KStG oder EStG vorrangig bei anderen Stpfl. unmittelbar zu versteuern ist.6
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Verhältnis zum EStG und zum AStG. Hier ist das Verhältnis zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG hervorzuheben, der bestimmt, dass für Mitunternehmerschaften die Einkünfte des Gewinnermittlungssubjekts Mitunternehmerschaft bei den Gesellschaftern (Mitunternehmern) der Besteuerung unterliegen. Diese gesetzliche Zuweisung der unmittelbaren Besteuerung des Einkommens bei den Mitunternehmern schließt nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 KStG die KSt-Pflicht des Gebildes aus. Ein Überschneidungsbereich kann sich unter Umständen auch zu § 15 AStG ergeben, dessen Abgrenzung der Besteuerungsebenen (inländische Einkünfte der ausländischen Familienstiftung und Zurechnung des Einkommens zum inländischen Stifter und den Begünstigten) eine speziellere Regelung darstellt (s. hierzu auch § 2 KStG Rz. 44).7
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1 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 4; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 11; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 32; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 22; zum Zusammenhang des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und des § 3 Abs. 1 s. auch Rz. 3–5. 2 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 6; Rengers in Blümich, § 3 KStG Rz. 15; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 5; Lambrecht in Gosch2, § 3 KStG Rz. 7. 3 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 4; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 11; aus der Rspr. s. RFH v. 25.4.1939, RStBl. 1939, 1058; BFH v. 3.11.1961 – VI 42/60 U, BStBl. III 1962, 7; v. 9.10.1986 – IV R 331/84, BStBl. II 1987, 169 = FR 1987, 146; FG Bremen v. 16.3.2004 – 1 K 413/02 (1), EFG 2004, 1551 (rkr.). 4 S. näher Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Anm. 37, 39 zu den nicht unter § 8 Abs. 2 fallenden KSt-Subjekten sowie § 8 KStG Rz. 96. 5 Die Einordnung des ausländischen Rechtsgebildes für deutsche Besteuerungszwecke ist nach dem Typenvergleich vorzunehmen, s. dazu § 2 KStG Rz. 60 ff. 6 Graffe in D/P/M, § 2 KStG Rz. 8; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 9, 25. 7 Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 22.
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§ 3 Rz. 14–17
Abgrenzung der Steuerpflicht bei bestimmten Subjekten
4. Verhältnis des Abs. 2 zu anderen Vorschriften 14 Verhältnis zum KStG. Abs. 2 ist nach allgemeiner Meinung gegenüber § 5 Abs. 1 Nr. 14 lex specialis (s. dazu ausführlich § 5 KStG Rz. 555 ff.). Zum Verweis auf § 1 KStG innerhalb der Regelung s. Rz. 11, 25. 15
Verhältnis zum EStG. Einkünfte aus LuF sind gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch Einkünfte der Beteiligten an Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften und ähnlichen Realgemeinden iSd. § 3 Abs. 2 des KStG. § 3 Abs. 2 KStG ist lex specialis zu § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG und § 3 Abs. 2 Satz 2 KStG stellt die Zuweisungsnorm für die Besteuerung der landund forstwirtschaftlichen Einkünfte entweder im Regime der Mitunternehmerbesteuerung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Nr. 1 EStG oder der KSt-Besteuerung auf Ebene der Realgemeinde dar (s. Rz. 2).1 Denn gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG sind von der KSt ausgenommen die Einkünfte eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs, die gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KStG iVm. § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG bei den Beteiligten zu versteuern sind. Erst wenn die Betätigung auf Ebene der Realgemeinde als unterhaltener oder verpachteter Gewerbebetrieb einzuordnen ist und diese Tätigkeit keinen Nebenbetrieb mehr darstellt, ist eine (partielle) KSt-Pflicht der Realgemeinde gegeben (s. Rz. 26 ff.).
IV. Rechtsentwicklung2 16 Die subsidiäre KSt-Pflicht der nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen – entsprechend dem heutigen § 3 Abs. 1 KStG – war bereits in § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG 19203 normiert und wurde in den folgenden Fassungen dem Grunde nach beibehalten, wenngleich teilweise in anderen Vorschriften. Die heutige Regelung des § 3 Abs. 2 KStG hat ihren Ursprung in § 9 Abs. 1 Nr. 6 KStG 19254. Diese Steuerbefreiung für bestimmte Realgemeinden gem. § 9 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1925 wurde in § 4 Abs. 1 Nr. 5 KStG 19345 übernommen. Gleichzeitig wurde durch § 4 Abs. 1 Nr. 5 KStG 1934 zum einen die Stpfl. auf verpachtete Gewerbebetriebe erweitert und zum anderen war nur noch der Gewinn aus Gewerbebetrieb stpfl. Seit dem KStG 19776 besteht § 3 KStG in der heutigen Fassung.
B. Subsidiäre Körperschaftsteuerpflicht (Abs. 1) I. Betroffene Rechtsgebilde 1. Nicht rechtsfähige Personenvereinigungen 17 Nichtrechtsfähigkeit. S. zum Begriff der Rechtsfähigkeit § 1 KStG Rz. 6, 50, 86 ff.7 Personenvereinigungen. Hinsichtlich nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen besteht ein Überschneidungsbereich mit § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, der den nicht rechtsfähigen Verein gem. § 54 BGB (s. dazu § 1 KStG Rz. 86 f.) betrifft. UE umfasst daher das Merkmal der nicht rechtsfähigen Personenvereinigung mit der zutr. hM den nicht rechtsfähigen Verein (als subsidiäre Regelung), wegen des Charakters der Vorschrift als Auffangtatbestand sind aber auch andere Gebilde denkbar, die unter § 3 Abs. 1 KStG fallen können (etwa Gemeinschaften zur gesamten Hand, Partenreederei, stille Gesellschaft, andere Vereinigungen ohne gesamthänderisches Vermögen sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Vorgründungsgesellschaften, Arbeitsgemeinschaften, Bruchteilsgemeinschaften und Vereine mit gespaltenem Statut).8 Soweit unter §§ 705 ff. BGB fallende Gesellschaften bürgerlichen Rechts in der Vergangenheit als Anwendungsfall des § 3 Abs. 1 KStG angesehen wurden, ist dies überholt, da GbRs vom BGH inzwischen als rechtsfähig eingestuft werden.9 1 Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 24; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 211; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 12. 2 S. ausführlich Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 2; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 1. 3 KStG 1920 v. 30.3.1920, RGBl. I 1920, 303. 4 KStG 1925 v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, 2208. 5 KStG 1934 v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1031. 6 KStG 1977 v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597 = BStBl. I 1976, 445. 7 § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bringt hinreichend zum Ausdruck, dass juristische Personen des deutschen Zivilrechts der Besteuerung als Körperschaft und nicht der Besteuerung bei den Mitunternehmern einer Mitunternehmerschaft unterliegen sollen, s. Martini, DStR 2012, 388 (392). 8 Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 8; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 29–33; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 20; Martini, DStR 2012, 388 (391). 9 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, DStR 2001, 310; s. auch § 1 KStG Rz. 50 f.
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B. Subsidire Kçrperschaftsteuerpflicht (Abs. 1)
Rz. 17–20 § 3
Zugezogene ausländische Gesellschaften. S. Rz. 6. Gelöschte ausländische Gesellschaft mit inländischem Verwaltungssitz. Zivilrechtlich liegt in diesen Fällen eine sog. Restgesellschaft vor.1 Die FinVerw. stuft im englischen Register gelöschte limited companies mit inländ. Verwaltungssitz als Abwicklungsgesellschaften ein, deren Besteuerung als KSt-Subjekt sich sowohl während der werbenden Tätigkeit bis zur Löschung als auch in der Abwicklungsphase aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ergibt, solange die Gesellschaft noch steuerliche Pflichten zu erfüllen hat oder über Vermögen verfügt.2 Dies steht in Einklang mit der finanzgerichtlichen Rspr., denn im deutschen Handelsregister gelöschte und damit beendete KapGes. sind so lange als fortbestehend anzusehen, wie sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen haben und gegen sie gerichtete Bescheide angreifen (s. § 1 KStG Rz. 69, 119; § 11 KStG Rz. 23 f.).3 Der BFH hat bereits entschieden, dass keine Veranlassung besteht, dies für ausländische KapGes. anders zu beurteilen.4 Das FG Münster hat diese Grundsätze uE zutr. auf die Behandlung gelöschter Limiteds übertragen.5 Diese Rspr. gilt auch im Fall von im Ausland gelöschten US-Gesellschaften.6 Setzen die Gesellschafter nach Erlöschen der Limited und dem damit verbundenen Verlust der Rechtsfähigkeit die Tätigkeit im Inland fort, geht die FinVerw. zutr. davon aus, dass die Besteuerung dieser Tätigkeit bei einer gewerblichen Tätigkeit nach allgemeinen Grundsätzen gem. § 15 Abs. 1 EStG beim Träger des Betriebs (Einzelunternehmer oder den Mitunternehmern einer Personengesellschaft) zu erfolgen hat.7 Ein Anwendungsfall des § 3 Abs. 1 KStG liegt demnach wegen der Subsumtion der Restgesellschaft in der Abwicklungsphase unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und wegen der vorrangigen Besteuerung der Gesellschafter nach dem Transparenzprinzip bei Fortsetzung der inländischen Betätigung nach der Löschung zu keinem Zeitpunkt vor. 2. Nicht rechtsfähige Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen Anknüpfung an § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG. § 3 Abs. 1 KStG verwendet insoweit dieselben Tatbestandsmerkmale wie § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG für nicht rechtsfähige Anstalten, Stiftungen und Zweckvermögen des Privatrechts, sodass auf die dortigen Begriffsbestimmungen verwiesen werden kann (s. § 1 KStG Rz. 88 ff.).
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Einbeziehung von nicht rechtsfähigen Anstalten und Zweckvermögen des öffentlichen 19 Rechts. Anstalten in diesem Sinne sind in die öffentlich-rechtliche Organisationsstruktur eingegliederte eigenständige Gebilde (zB Kindergärten, Bibliotheken, Badeanstalten), die auf Grundlage eines öffentlich- oder privatrechtlichen Nutzungsverhältnisses zu den Benutzern dieser Einrichtungen tätig sind.8 Hier besteht ein Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, der für die unbeschränkte Stpfl. der juristischen Person des öffentlichen Rechts verlangt, dass sie einen BgA iSd. § 4 unterhält. Diese zwingende Voraussetzung kann aufgrund des abschließenden Charakters der Aufzählung in § 1 Abs. 1 KStG nicht durch § 3 Abs. 1 KStG „ausgehebelt“ werden, dh., wenn keine Stpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG besteht, kann eine solche auch nicht über § 3 Abs. 1 KStG begründet werden.9 Öffentlich-rechtliche Zweckvermögen, die nicht rechtsfähig sind, können etwa Sammelvermögen sein. Sie fallen nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, aber unter § 3 Abs. 1 KStG.10
II. Vorrangige unmittelbare Besteuerung des Einkommens bei Anderen Subsidiarität der KSt-Pflicht gem. § 3 Abs. 1 KStG bei vorrangiger anderweitiger Einkommenszurechnung. Siehe bereits Rz. 3 bis 5. Eine (beschränkte oder unbeschränkte) KStPflicht ergibt sich für die in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und § 3 Abs. 1 KStG erfassten nicht rechtsfähigen Rechtsgebilde nur, wenn das Einkommen weder nach den Vorschriften des KStG noch des EStG bei einem anderen Stpfl. ganz oder anteilig „zu versteuern ist“. 1 S. OLG Thür. v. 22.8.2007 – 6 W 244/07, GmbHR 2007, 1109; vertiefend Leible/Lehmann, GmbHR 2007, 1095. 2 BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932, BStBl. I 2014, 111 Rz. 8 und 10. 3 Vgl. BFH v. 26.3.1980 – I R 111/79, BStBl. II 1980, 587; BFH v. 23.1.1985 – I B 36/83, BFH/NV 1986, 41; v. 16.5.1989 – V B 5/89, BFH/NV 1990, 796. 4 BFH v. 28.1.2004 – I B 210/03, BFH/NV 2004, 670 zu einer KapGes. griechischen Rechts. 5 FG Münster v. 26.7.2011 – 9 K 3871/10 K, GmbHR 2011, 1225. 6 FG Münster v. 5.10.2011 – 3 V 2094/11, EFG 2012, 723. 7 BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002 – DOK 2013/1188932, BStBl. I 2014, 111 Rz. 10. 8 Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 15; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 38. 9 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 21. 10 Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 38.
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§ 3 Rz. 21–23 21
Abgrenzung der Steuerpflicht bei bestimmten Subjekten
Vorrangige unmittelbare Versteuerung des Einkommens bei einem oder mehreren Anderen. Mit dem Merkmal der „unmittelbaren Versteuerung des Einkommens“ macht § 3 Abs. 1 KStG deutlich, dass zu prüfen ist, wem das Einkommen des nicht rechtsfähigen Gebildes steuerrechtlich zuzurechnen ist. Dieser Hinderungsgrund für eine KSt-Pflicht des nicht rechtsfähigen Gebildes gem. § 3 Abs. 1 KStG liegt nach dem Beschluss des GrS des BFH v. 25.6.19841 bereits dann vor, wenn die rechtliche Möglichkeit der Versteuerung des Einkommens der Personenvereinigung bei einem anderen Stpfl. gegeben ist. Ob es tatsächlich zu einer unmittelbaren Versteuerung bei allen oder einzelnen Mitgliedern der Personengesellschaft kommt, ist unerheblich.2 Der in § 3 Abs. 1 KStG geregelte Hinderungsgrund ist damit im Sinne einer steuerrechtlichen Einkommenszurechnung auszulegen.3 Spezielle Zurechnungsregelungen des deutschen Ertragsteuerrechts – wie in §§ 7 ff., 15 AStG oder des InvStG – sind bei der Prüfung, wem das Einkommen des nicht rechtsfähigen Gebildes zuzurechnen ist, ebenfalls zu beachten.4 Diese Prüfung erfolgt bei ausländischen nicht rechtsfähigen, aber körperschaftlich strukturierten Rechtsgebilden nach ganz hM nach den Maßstäben des deutschen Ertragsteuerrechts.5 In diesen Fällen bewirkt der Typenvergleich die Einordnung des Gebildes in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 3 Abs. 1 KStG, daran anknüpfend ist nach den allgemeinen Zurechnungsregelungen zu verfahren. Ob ein solches Rechtsgebilde transparent nach den Regeln des EStG bei den Beteiligten besteuert wird, ist anschließend nach Maßgabe des deutschen Rechts zu bestimmen. Das heißt: Wird das Einkommen nur nach ausländ. Steuerrecht anderen Steuersubjekten zugerechnet, ohne dass dies mit den allgemeinen Grundsätzen des KStG oder EStG vereinbar ist, liegt keine anderweitige Versteuerung iSd. Abs. 1 vor.6
III. Rechtsfolgen 22 Körperschaftsteuerpflicht. Liegt keine vorrangige Einkommenszurechnung des Einkommens eines nicht rechtsfähigen Gebildes vor, kommt es gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1 KStG zur unbeschränkten oder beschränkten KSt-Pflicht des nicht rechtsfähigen Gebildes. Bei beschränkter KSt-Pflicht gem. § 2 Nr. 1 KStG mit stpfl. inländischen Einkünften iSd. § 49 EStG ist zu prüfen, ob der nationale Besteuerungsanspruch durch ein DBA ausgeschlossen oder beschränkt wird. Bei unbeschränkter KSt-Pflicht unterliegt das Welteinkommen des nicht rechtsfähigen Gebildes der KSt (§ 1 Abs. 2 KStG). Auch hier ist zu prüfen, ob ein DBA dem deutschen Besteuerungsanspruch im Wege steht. § 3 Abs. 1 KStG trifft keine Aussage zur Besteuerung von Ausschüttungen bei den Beteiligten, die aus dem Einkommen eines gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 3 Abs. 1 KStG stpfl. KSt-Subjekts erfolgen. Vorrangige unmittelbare Besteuerung bei anderen Steuersubjekten. Kommt es wegen einer vorrangigen Einkommenszurechnung nicht zur KSt-Pflicht des nicht rechtsfähigen Rechtsgebildes, ist das Einkommen unmittelbar bei den Beteiligten, die ein wirtschaftliches Interesse an dem nicht rechtsfähigen Rechtsgebilde aufweisen, zu versteuern.7
C. Körperschaftsteuerpflicht der Realgemeinden und Steuerpflicht der Beteiligten (Abs. 2) I. Betroffene Rechtsgebilde 23 Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubgenossenschaften. Dies sind agrar- und forstwirtschaftliche Genossenschaften alten Rechts (im Bundes- und im Beitrittsgebiet), die vor Inkrafttreten des BGB aufgrund landesgesetzlicher Bestimmungen gegründet wurden und deren Fortbestand in Art. 164 EGBGB garantiert wurde.8 „Hauberge“ sind Berghänge, die meist aus Eichen oder Birken bestanden und die als Niederwald zur Brennholzgewinnung und 1 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355. 2 Auch eine subjektive Steuerbefreiung des anderen Stpfl. ist dabei unerheblich; vgl. Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 11. 3 In diesem Sinne auch Oellerich in Mössner/Seeger2, § 1 KStG Rz. 13. 4 Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 46. 5 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 25; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 10; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 10 ff.; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 43, 46 f. 6 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 25; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 51. 7 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 25 mit Hinweisen zur Rspr. 8 Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 32; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 35; Lambrecht in Gosch2, § 3 KStG Rz. 31; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 63–65.
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C. Kçrperschaftsteuerpflicht der Realgemeinden (Abs. 2)
Rz. 23–28 § 3
zeitweisem Ackerbau genutzt werden (ca. 20 Jahre Holzwirtschaft, dann Kahlschlag und während der ersten Jahre des Neuaustriebs Ackerbau).1 Ähnliche Realgemeinden. Durch die einschränkende Aufzählung „Hauberg-, Wald-, 24 Forst- und Laubgenossenschaften und ähnliche Realgemeinden“ wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich um (rechtsfähige oder nicht rechtsfähige) Gebilde handeln muss, die auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet tätig sind; folglich ist der Begriff der Realgemeinde an die natürliche Ausbeutung des Bodens im weitesten Sinne gebunden.2 Ähnliche Realgemeinden iSd. § 3 Abs. 2 KStG betreiben vorrangig Holz- und forstliche Nebennutzungen; landwirtschaftliche Nutzungen von untergeordneter Bedeutung sind unschädlich.3 Unerheblich ist, ob die Realgemeinde iSd. Abs. 2 privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist.4 Ist die Realgemeinde öffentlich-rechtlicher Natur und übt sie eine gewerbliche Tätigkeit (BgA) aus, die über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinausgeht, richtet sich ihre Stpfl. abschließend nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG; geht die gewerbliche Tätigkeit (BgA) der Realgemeinde hingegen nicht über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinaus, liegt auch keine Stpfl. nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG vor.5 Zu den in § 1 KStG gehörenden Rechtsgebilden. Trotz der Bezugnahme auf „Genossenschaften“ und des Verweises auf die Rechtsgebilde iSd. § 1 KStG besteht uE kein Zusammenhang mit KSt-Subjekten iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG (Genossenschaften).6 Denn die in § 3 Abs. 2 KStG genannten Zusammenschlüsse alten Rechts unterfallen nicht dem Genossenschaftsgesetz und sind damit allenfalls nicht rechtsfähige Zusammenschlüsse iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 6 KStG. Die Bezugnahme auf § 1 KStG bringt zum Ausdruck, dass nur unbeschränkt stpfl. Gebilde unter § 3 Abs. 2 KStG fallen können (s. Rz. 11).
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II. Einstufung des Gewerbebetriebs als Neben- oder Hauptbetrieb als Voraussetzung der KSt-Pflicht Vorliegen eines LuF-Betriebs. Aufgrund des persönlichen Anwendungsbereichs des § 3 26 Abs. 2 KStG auf fortbestehende agrar- und forstwirtschaftliche Genossenschaften sowie Realgemeinden alten Rechts (Art. 164 EGBGB) setzt das Gesetz unausgesprochen voraus, dass ein LuF-Hauptbetrieb entweder auf Ebene der Realgemeinde oder der Beteiligten besteht.7 Ist das nicht der Fall, verliert die Realgemeinde diesen speziellen Status und ist unbeschränkt kstpfl. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 KStG.8 Gewerbebetrieb als Nebenbetrieb. Unterhält oder verpachtet die Realgemeinde einen Gewerbebetrieb, der den Status eines Nebenbetriebs zum LuF-Hauptbetrieb nicht überschreitet, kommt es nicht zur KSt-Pflicht gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG. Die Einkünfte des Haupt- und des Nebenbetriebs sind dann gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KStG iVm. § 13 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der jeweiligen Einkunftsart (zB LuF sowie Gewerbebetrieb) oder innerhalb eines einheitlichen Betriebs bei den Beteiligten (Genossen/Mitgliedern) als Mitunternehmern zu versteuern (s. § 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG9, s. Rz. 11).
27
Abgrenzung Haupt- und Nebenbetrieb. Die Abgrenzung von Haupt- und Nebenbetrieb ist nach den allgemeinen Regelungen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG) vorzunehmen.10
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7
8 9 10
Paul in H/H/R, § 13 KStG Anm. 101. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 35. Paul in H/H/R, § 13 KStG Anm. 101. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 35 mit Hinweis auf BFH v. 3.11.1961 – VI 42/60 U, BStBl. III 1962, 7; v. 9.10.1986 – IV R 331/84, BStBl. II 1987, 169 = FR 1987, 146; OFD Hannover v. 9.8.1995 – S 2716 - 1 - StH 231, S 2716 - 1 - StO 214, juris. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 35; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 32; FG Bremen v. 16.3.2004 – 1 K 413/02 (1), EFG 2004, 1551 (rkr.). Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 25; Lambrecht in Gosch2, § 3 KStG Rz. 31; aA Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 11; Rengers in Blümich, § 3 KStG Rz. 33; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 32, die auch eine Übereinstimmung mit KSt-Subjekten iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 2 für möglich halten. Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 42; s. auch Paul in H/H/R, § 1 KStG Rz. 101: Voraussetzung für die Anerkennung land- und forstwirtschaftlicher Einkünfte ist zudem, dass die betr. Realgemeinde in dem betr. VZ tatsächlich (noch) forstwirtschaftlich tätig war, denn nur die gemeinschaftliche Bodenbearbeitung soll stl. begünstigt werden, nicht Tätigkeiten in anderen Bereichen; Kulosa in Schmidt34, § 13 EStG Rz. 38. Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 62. Zur getrennten und einheitlichen Betrachtung von Haupt- und Nebenbetrieben Kulosa in Schmidt34, § 13 EStG Rz. 38–42. R 15.5 Abs. 3 EStR 2012, H 15.5 EStH 2013 „Nebenbetrieb“.
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§ 3 Rz. 29–34 29
Abgrenzung der Steuerpflicht bei bestimmten Subjekten
Gewerbebetrieb als Hauptbetrieb der Realgemeinde. Bildet der unterhaltene oder verpachtete Gewerbebetrieb mehr als einen Nebenbetrieb, kommt es zur partiellen KSt-Pflicht gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG nur hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die daneben erzielten Einkünfte aus LuF oder anderen Einkunftsarten unterliegen nicht der KSt, sondern werden bei den an der Realgemeinde Beteiligten unmittelbar gem. § 13 EStG versteuert (§ 3 Abs. 2 Satz 2 KStG, s. Rz. 30).
III. Rechtsfolgen 30 Partielle unbeschränkte KSt-Pflicht. Aus dem Gesetzeswortlaut geht hervor, dass im Fall eines die KSt-Pflicht begründenden Gewerbebetriebs (Hauptbetriebs) nur die darin erzielten Einkünfte der Realgemeinde der KSt-Pflicht unterliegen. Daneben erzielte andere Einkünfte aus anderen Einkunftsarten (zB LuF) werden nicht gem. § 8 Abs. 2 in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, sondern gem. Abs. 2 Satz 2 („im Übrigen“) bei den Beteiligten nach dem Transparenzprinzip in der jeweiligen Einkunftsart versteuert.1 Aufgrund dieser nur partiellen KSt-Pflicht für die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb (Hauptbetrieb) beinhaltet § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG für die übrigen – bei den Beteiligten unmittelbar versteuerten nicht gewerblichen – Einkünfte der Realgemeinde eine mittelbare KSt-Befreiung (s. auch Rz. 8). 31
Einkünfteermittlung im Gewerbebetrieb bei KSt-Pflicht. Diese folgt den allgemeinen Regeln der Gewinnermittlung durch BV-Vergleich. Es wird BV gebildet, und auch für die Buchführungspflichten gem. §§ 140 ff. AO gelten keine Besonderheiten.
32
Besteuerung von Ausschüttungen bei den Beteiligten. Nimmt eine Realgemeinde, die der KSt-Pflicht unterfällt, Ausschüttungen vor, werden diese bei privatrechtlich organisierten Realgemeinden gem. § 32d Abs. 1 EStG iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG versteuert.2 Eine Anwendung der §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 43 Abs. 1 EStG kommt für Ausschüttungen der Realgemeinde in Betracht, wenn deren Struktur und Rechnungslegung im konkreten Einzelfall einer KapGes. vergleichbar ist und die Mitgliedschaftsrechte wie Kapitalgesellschaftsbeteiligungen ausgestaltet sind.3 Die Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG ist allerdings zu beachten, dh., wenn die Mitgliedschaft in der Realgemeinde in einem BV gehalten wird, unterliegen die Ausschüttungen bei den Mitgliedern gem. §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, 3c Abs. 2 EStG dem Teileinkünfteverfahren (s. § 1 KStG Rz. 29).4 Ausschüttungen von Realgemeinden öffentlich-rechtlicher Natur können beim Empfänger ggf. gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG zu erfassen sein.5
33
Kapitalertragsteuer. In Abhängigkeit von der konkreten Organisationsform richtet sich die KapESt-Pflicht privatrechtlich organisierter Realgemeinden entweder nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG (bei Vergleichbarkeit mit den dort genannten Körperschaften) oder in allen anderen Fällen – auch bei öffentlich-rechtlichen Realgemeinden – nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a EStG iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG.6
34
Besteuerung der übrigen Einkünfte (Abs. 2 Satz 2). Liegt kein Gewerbebetrieb als Hauptbetrieb vor oder erzielt die Realgemeinde neben den gewerblichen Einkünften auch Einkünfte aus anderen Einkunftsarten, sind diese Einkünfte, die nicht der KSt-Pflicht des § 3 Abs. 2 Satz 1 KStG unterfallen, bei den Mitgliedern zu versteuern. Dies führt bei mehreren Mitgliedern bei der Realgemeinde zur einheitlichen und gesonderten Feststellung dieser Einkünfte (je nach Einkunftsart).7
1 Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 78–81: Es kann bei mehreren Beteiligten eine Mitunternehmerschaft mit Einkünften aus LuF bestehen, deren Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt werden. 2 Aus der Rspr. s. BFH v. 24.6.1966 – VI 171/85, BStBl. III 1966, 57; v. 23.9.1970 – I R 22/67, BStBl. II 1971, 47; v. 8.2.1995 – I R 73/94, BStBl. II 1995, 552; Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 46; Döhring in Schnitger/ Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 84. 3 BFH v. 15.6.1992 – I R 32/92, BStBl. II 1993, 399; v. 8.2.1995 – I R 73/94, BStBl. II 1995, 552; Kalbfleisch in Ernst & Young, § 3 KStG Rz. 14; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 36; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 3 KStG Rz. 45. 4 Weitergehend, aber uE nicht zutr. Kulosa in Schmidt34, § 13 EStG Rz. 38, der die Ausschüttungen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG generell gem. § 20 Abs. 8 EStG den LuF-Einkünften zurechnet. 5 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 46; Döhring in Schnitger/Fehrenbacher, § 3 KStG Rz. 84. 6 Suchanek in H/H/R, § 3 KStG Anm. 46; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 3 KStG Rz. 45; aA Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 36 (nur § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG). 7 BFH v. 9.10.1986 – IV R 331/84, BStBl. II 1987, 169; v. 28.4.1988 – IV R 298/83, BStBl. II 1988, 885; Graffe in D/P/M, § 3 KStG Rz. 36.
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§4 Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (1) 1Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. 2Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. (2) Ein Betrieb gewerblicher Art ist auch unbeschränkt steuerpflichtig, wenn er selbst eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. (3) Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. (4) Als Betrieb gewerblicher Art gilt die Verpachtung eines solchen Betriebs. (5) 1Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). 2Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus. (6) 1Ein Betrieb gewerblicher Art kann mit einem oder mehreren anderen Betrieben gewerblicher Art zusammengefasst werden, wenn 1. sie gleichartig sind, 2. zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht oder 3. Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Absatzes 3 vorliegen. 2Ein
Betrieb gewerblicher Art kann nicht mit einem Hoheitsbetrieb zusammengefasst wer-
den. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . II. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . III. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . 1. Persönliche Anwendung . . . . . . . . . 2. Sachliche Anwendung . . . . . . . . . . 3. Zeitliche Anwendung . . . . . . . . . . . IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . V. Verhältnis zu anderen Vorschriften
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
1 1 2 4 4 5 6 7 8
B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1) . . . . . . I. Legaldefinition (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Juristische Person des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen . . . . . . . 5. Wirtschaftlich herausgehobene Tätigkeit innerhalb der Trägerkörperschaft 6. Negative Tatbestandsmerkmale . . . . . a) Kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Vermögensverwaltung . . . . . II. Verzichtbare Merkmale (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewinnerzielungsabsicht . . . . . . . . . . 3. Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . III. Besteuerung der Betriebe gewerblicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 15 15 16 17 19 21 24 24 26 34 34 35 37 38
1. Trägerkörperschaft als Steuersubjekt . 2. Abgrenzung zwischen dem Betrieb gewerblicher Art und der Trägerkörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einkommensermittlung des Betriebs gewerblicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einkunftsart. . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Art der Gewinnermittlung . . . . . . . c) Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . d) Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verdeckte Gewinnausschüttung. . . g) Veräußerung, Betriebsaufgabe und Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . h) Verlustverrechnung . . . . . . . . . . . . i) Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Spendenabzug . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Steuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Steuerabzug für Gewinnabführung an Trägerkörperschaft . . . . . . . . . . . . 6. Besteuerungsverfahren . . . . . . . . . . . .
38
39 44 44 46 50 61 68 71 73 75 76 77 78 81 90
C. Juristische Person des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art (Abs. 2) . . . . .
91
D. Versorgungs-, Verkehrs- und Hafenbetriebe (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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E. Verpachtung eines Betriebs gewerblicher Art (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
F. Hoheitsbetriebe (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . 103 I. Ausübung öffentlicher Gewalt (Abs. 5 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
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§ 4 Rz. 1–2 1. 2. 3. II.
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . Beistandsleistungen . . . . . . . Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . Zwangs- und Monopolrechte (Abs. 5 Satz 2) . . . . . . . . . . .
....... ....... .......
103 108 111
.......
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G. Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (Abs. 6). . . . . . . . . . . . . . I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zusammenfassung mehrerer Betriebe gewerblicher Art (Abs. 6 Satz 1) . . . . . 1. Grundsätze der Zusammenfassung. . .
122 122 123 123
2. Gleichartigkeit (Abs. 6 Satz 1 Nr. 1) . . 3. Technisch-wirtschaftliche Verflechtung (Abs. 6 Satz 1 Nr. 2). . . . . . . . . . . 4. Katalogbetriebe nach § 4 Abs. 3 KStG (Abs. 6 Satz 1 Nr. 3). . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Keine Zusammenfassung mit Hoheitsbetrieben (Abs. 6 Satz 2) . . . . . . . . . . . IV. Rechtsfolgen der Zusammenfassung. . V. Übergangsregelung . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Einzelnachweise (ABC der BgA) . . . . . . . . 138
Literatur: Seer/Wendt, Strukturprobleme der Besteuerung der öffentlichen Hand, DStR 2001, 825; Hüttemann, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, Köln 2002; Stapelfeld/Heyer, Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten der Betriebe gewerblicher Art, DB 2003, 1818; Bauschatz/Strahl, Steuerliche Behandlung von Vermögensübertragungen innerhalb Körperschaften des öffentlichen Rechts, DStR 2004, 489; Gastl, Abgrenzung des Betriebsvermögens bei Betrieben gewerblicher Art, DStZ 2004, 323; Heger, Die Besteuerung der öffentlichen Hand – Ein Überblick über die Rechtsprechung des BFH, FR 2009, 391; Hüttemann, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, FR 2009, 308; Weitemeyer, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei der öffentlichen Hand nach dem JStG 2009 und die Schranken des europäischen Beihilferechts; Baldauf, Verpachtungsbetriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, DStZ 2010, 523; Eversberg/Baldauf, Gesetzliche Regelung der Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art nach dem JStG 2009, DStZ 2010, 358; Schiffers, Kriterien zur Abgrenzung hoheitlicher von wirtschaftlichen Tätigkeiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nach dem BMF-Schreiben vom 11.12.2009, DStZ 2010, 122; Seer/Klemke, Abgrenzung des Betriebes gewerblicher Art vom Hoheitsbetrieb, BB 2010, 2015; Strahl, Wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 12.11.2009, DStR 2010, 193; Eversberg/Baldauf, Der gemeinnützige Betrieb gewerblicher Art als steuerbegünstigter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (Zweckbetrieb) einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, DStZ 2011, 597; Storg, Die Beteiligung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts an Personengesellschaften, DStZ 2011, 784; Vochsen, Ertragsteuerliche Beurteilung der Überlassung einzelner Wirtschaftsgüter durch Kommunen an Betriebe gewerblicher Art, DStZ 2011, 360; Bott/Schiffers, Betrieb gewerblicher Art und Kapitalertragsteuer: Fiktiver Gewinntransfer iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG – Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 11.9.2013, I R 77/11, DStZ 2013, 886. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 9.2.1998 – IV B 7 - S 2744 - 2/98, BStBl. I 1998, 209; BMF v. 11.9.2002 – IV A 2 - S 1910 - 194/02, BStBl. I 2002, 935; BMF v. 27.9.2002 – IV A 2 - S 2744 - 5/02, BStBl. I 2002, 940; BMF v. 8.8.2005 – IV B 7 - S 2706a - 4/05, BStBl. I 2005, 831; BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303; BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597; BMF v. 24.8.2012 – IV C 2 - S 2744/07/10001 :002 – DOK 2012/0598111, BStBl. I 2012, 904; BMF v. 3.1.2013 – IV C 2 - S 2706/09/10005 – DOK 2012/1188606, BStBl. I 2013, 59; R 6–10, 33 KStR 2004.
A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand 1
§ 4 KStG knüpft an die in § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG geregelte unbeschränkte Steuerpflicht der Betriebe gewerblicher Art (BgA) von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Trägerkörperschaften) an. Die Vorschrift konkretisiert die partielle Steuerpflicht der Trägerkörperschaft durch Regelungen zum Umfang des BgA und zur Zusammenfassung mehrerer BgA. Hierzu normiert § 4 Abs. 1 KStG die Voraussetzungen für das Vorliegen eines BgA. § 4 Abs. 2 KStG stellt klar, dass ein steuerpflichtiger BgA auch dann vorliegt, wenn dieser mit der Trägerkörperschaft übereinstimmt. Nach § 4 Abs. 3 KStG gehören zu den BgA auch Versorgungsbetriebe. § 4 Abs. 4 KStG enthält die Fiktion, dass auch die Verpachtung eines BgA einen steuerpflichtigen BgA begründet. In § 4 Abs. 5 KStG werden steuerpflichtige BgA von nicht steuerbaren Hoheitsbetrieben der juristischen Personen des öffentlichen Rechts abgegrenzt. § 4 Abs. 6 KStG regelt schließlich, unter welchen Voraussetzungen mehrere BgA steuerlich zusammengefasst werden dürfen.
II. Bedeutung und Telos 2
Durch § 4 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG wird die wirtschaftliche Tätigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Besteuerung unterworfen. Die Trägerkörperschaft wird damit im Hinblick auf den BgA wie ein privater Unternehmer behandelt. Bei der Ausgestaltung der Besteuerungsfolgen trägt § 4 KStG den Besonderheiten Rechnung, die sich aus der Abgrenzung des BgA vom hoheitlichen Bereich der Trägerkörperschaft ergeben. Die Be-
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Rz. 2–8 § 4
A. Grundaussagen der Vorschrift
steuerung der BgA dient insoweit in erster Linie dazu, Wettbewerbsverzerrungen gegenüber der Privatwirtschaft durch die wirtschaftliche Betätigung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu vermeiden.1 § 4 KStG bezweckt daher die steuerliche Gleichbehandlung der Betriebe der öffentlichen Hand mit denen privater Unternehmer.2 § 4 KStG ist eine Norm mit drittschützendem Charakter. Wird ein BgA nicht besteuert, so können private Mitbewerber gegen die darin liegende Wettbewerbsverfälschung mit einer auf die Besteuerung des BgA gerichteten Verpflichtungsklage vorgehen.3 Die Besteuerung der BgA soll zudem gewährleisten, dass das Steueraufkommen entsprechend der Finanzverfassung unter den aufkommensberechtigten Körperschaften verteilt wird.4 Eine juristische Person des öffentlichen Rechts soll durch die wirtschaftliche Tätigkeit keinen Vorteil gegenüber anderen aufkommensberechtigten Körperschaften erlangen.5
3
III. Geltungsbereich 1. Persönliche Anwendung § 4 KStG regelt die unmittelbare wirtschaftliche Tätigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Form eines BgA. Die Vorschrift erfasst damit nicht die mittelbare wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand in privatrechtlicher Rechtsform (zB GmbH oder AG), die bereits nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 KStG der Körperschaftsteuer unterliegt.6
4
2. Sachliche Anwendung Nach § 4 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG sind nur die Einkünfte aus der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand stpfl. Die Einkünfte der öffentlichen Hand aus LuF sind hiervon nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG ausdrücklich ausgenommen. Die Steuerpflicht erstreckt sich damit weder auf die hoheitliche Tätigkeit der öffentlichen Hand (§ 4 Abs. 5 KStG) noch auf die Einkünfte aus Vermögensverwaltung, soweit diese nicht dem Steuerabzug unterliegen (Rz. 27).
5
3. Zeitliche Anwendung § 4 Abs. 1 bis 5 KStG wurde durch das KStG 1977 mit Wirkung zum VZ 1977 eingefügt.7 § 4 Abs. 6 KStG ist ab dem VZ 2009 anwendbar.8
6
IV. Rechtsentwicklung Die wirtschaftliche Betätigung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts wurde bereits durch das KStG 19209 und das KStG 192510 der Besteuerung unterworfen. Das KStG 193411 knüpfte die Besteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts erstmals an das Vorliegen eines BgA. Hierzu wurde in § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG die unbeschränkte Steuerpflicht der juristischen Person des öffentlichen Rechts iRd. BgA geregelt, deren Ausgestaltung durch die KStDV erfolgte. Die Regelungen zur Besteuerung der BgA waren bis 1976 in §§ 1 bis 6 KStDV enthalten. Sie wurden durch das KStG 197712 weitgehend in § 4 Abs. 1 bis 5 KStG übernommen.13 Durch das JStG 200914 wurde § 4 Abs. 6 KStG angefügt, der die Zusammenfassung mehrerer BgA regelt.
7
V. Verhältnis zu anderen Vorschriften Durch § 4 KStG wird die in § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG geregelte partielle unbeschränkte Steuerpflicht der juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit den von ihnen unterhaltenen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
BFH v. 29.5.2008 – III R 45/05, BFH/NV 2008, 1878; v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502. BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496; v. 9.5.1984 – I R 25/81, BStBl. II 1984, 726. BFH v. 18.9.2007 – I R 30/06, BStBl. II 2009, 126. Hüttemann, FR 2009, 308 (310). Heger, FR 2009, 301; Hüttemann, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 13. R 6 Abs. 7 KStR 2004. § 54 Abs. 1 KStG 1977. § 34 Abs. 1 KStG idF des JStG 2009. G v. 30.3.1920, RGBl. I 1920, 393. G v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, 208. G v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1031. Art. 1 des Körperschaftsteuerreformgesetzes v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597. BT-Drucks. 7/1470, 335. G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794.
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8
§ 4 Rz. 8–14
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
BgA konkretisiert (Rz. 1). Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind daneben gem. § 2 Nr. 2 Halbs. 1 KStG mit den im Bereich der Vermögensverwaltung erzielten Einkünften aus Kapitalvermögen iSd. § 20 EStG beschränkt stpfl., soweit diese dem Abzug der KapESt nach § 43 EStG iVm. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG unterliegen (Rz. 27). Hierzu gehören gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG insbesondere die Leistungen eines BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit (Buchst. a) sowie der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und vGA (Buchst. b), für die der BgA nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7b und 7c EStG KapESt iHv. 15 % zu entrichten hat (Rz. 81 ff.). Die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist auf BgA anwendbar, die ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgen (Rz. 79). 9
Für die Einkommensermittlung des BgA, die sich gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des EStG richtet, ist nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich. Die Grundsätze über die Liebhaberei finden damit auf dauerdefizitäre BgA keine Anwendung (Rz. 35). Aufgrund der Verselbstständigung des BgA im Verhältnis zur Trägerkörperschaft (Rz. 40) führen Leistungen des BgA an die Trägerkörperschaft, die dem Fremdvergleich nicht standhalten, gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu einer vGA (Rz. 71). Durch § 8 Abs. 7 KStG werden für BgA, die ein Dauerverlustgeschäft iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ausüben, die Rechtsfolgen einer vGA ausgeschlossen.
10
Die von der Trägerkörperschaft in den BgA eingebrachten Wirtschaftsgüter werden als Einlagen behandelt, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem TW anzusetzen sind (Rz. 68 ff.). Die Einlagen sind gem. § 27 Abs. 7 KStG im steuerlichen Einlagenkonto zu erfassen. Der BgA kann eine Rücklage nach § 6b EStG bilden, die auf Investitionen in Wirtschaftsgüter des eigenen Betriebsvermögens beschränkt ist (Rz. 60).
11
Eine Verlustverrechnung ist nur bei einer Zusammenfassung mit anderen BgA nach § 4 Abs. 6 KStG möglich, nicht dagegen mit den Einkünften der Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen. § 8 Abs. 8 KStG ergänzt § 4 Abs. 6 KStG um Regelungen zum Verlustabzug nach § 10d EStG innerhalb des zusammengefassten BgA sowie im Hinblick auf den Übergangszeitraum vor und nach der Zusammenfassung bzw. nach deren Beendigung (Rz. 75 f.). Die in § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG enthaltenen Regelungen zur Zusammenfassung von BgA sind gem. § 8 Abs. 9 Nr. 2 KStG bei der spartenbezogenen Verlustverrechnung von Kapitalgesellschaften iSd. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG, an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist und die ein Dauerverlustgeschäft ausüben, heranzuziehen.
12
Der Spendenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG kommt auch für Zuwendungen des BgA an die Trägerkörperschaft oder den Gewährträger in Betracht, sofern es sich nicht um vGA handelt (Rz. 77 f.). Die Zinsschranke des § 8a KStG iVm. § 4h EStG ist nur auf BgA anwendbar, zu deren Betriebsvermögen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gehören (Rz. 64 f.). Ein BgA kann als Organträger in eine Organschaft iSd. § 14 KStG einbezogen sein, wenn er eine gewerbliche Tätigkeit ausübt (Rz. 76).
13
Die wirtschaftliche Betätigung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist für die Gewerbesteuer nur dann von Bedeutung, wenn ein BgA iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG vorliegt. In Abweichung von § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG unterliegt die Tätigkeit des BgA gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG iVm. § 15 Abs. 2 EStG nur dann der Gewerbesteuer, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt und der BgA am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt (Rz. 54). § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStDV stellt klar, dass die Zusammenfassung von BgA nach § 4 Abs. 6 KStG für die Bestimmung des Umfangs des Gewerbebetriebs entsprechend anzuwenden ist.
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§ 4 KStG gilt zwar aufgrund der Verweisung in § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG auch für die umsatzsteuerliche Beurteilung, ob die juristische Person des öffentlichen Rechts eine steuerbare unternehmerische Tätigkeit im Rahmen eines BgA betreibt.1 Im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG wird eine solche Tätigkeit auch durch einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb begründet. Weitere Abweichungen zur ertragsteuerlichen Regelung ergeben sich daraus, dass die in § 4 KStG enthaltenen Merkmale – insbesondere mit Blick auf die Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie2 – richtlinienkonform auszulegen sind.3 Danach liegt eine wirtschaftliche Tätigkeit iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG für den Bereich der Um1 BFH v. 15.4.2010 – V R 10/09, BFH/NV 2010, 1574. 2 RL 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. EU 2006 L 347, 1 ff. 3 BFH v. 2.9.2010 – V R 23/09, BFH/NV 2011, 458; v. 2.3.2011 – XI R 65/07, BFH/NV 2011, 1454; Seer/Klemke, BB 2010, 2015 (2018 ff.).
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 14–17 § 4
satzsteuer bereits dann vor, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts auf privatrechtlicher Grundlage tätig wird, sodass die Vermögensverwaltung stets eine steuerbare unternehmerische Tätigkeit begründet (Rz. 33).1 Bei der Abgrenzung der unternehmerischen zur nichtsteuerbaren hoheitlichen Tätigkeit kommt es anders als in § 4 Abs. 5 KStG ebenfalls maßgeblich darauf an, ob die Tätigkeit auf privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgt; das Vorliegen einer Wettbewerbsverzerrung ist nur bei einer Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage zu prüfen.2 Die Verweisung des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG auf § 4 KStG ist damit praktisch bedeutungslos geworden.3
B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1) I. Legaldefinition (Abs. 1 Satz 1) 1. Vorbemerkung Juristische Personen des öffentlichen Rechts unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG mit ihren BgA der Körperschaftsteuer. Nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG sind BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Legaldefinition stellt durch den Verweis auf § 4 Abs. 5 KStG zugleich klar, dass Hoheitsbetriebe nicht als BgA anzusehen sind.
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2. Juristische Person des öffentlichen Rechts Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Körperschaften, Zweckverbände,4 Anstalten5 und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die aufgrund des öffentlichen Rechts eigene Rechtspersönlichkeit besitzen.6 Zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts gehören als Gebietskörperschaften der Bund, die Bundesländer, Gemeinden, Gemeindeverbände und Kreise. Weitere Körperschaften des öffentlichen Rechts sind kraft Gesetzes Personalkörperschaften wie Universitäten, Krankenkassen7 und Berufsgenossenschaften als Träger der Sozialversicherung, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Innungen, die Kammern der freien Berufe sowie Kirchengemeinden8 und staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften. Zu den rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts zählen insbesondere die Rundfunkanstalten, Landesbanken und öffentliche Sparkassen. Als juristische Personen des öffentlichen Rechts kommen schließlich kraft landesrechtlicher Regelung Realgemeinden iSd. § 3 Abs. 2 KStG in Betracht.9
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3. Einrichtung Das Merkmal der Einrichtung dient dazu, die wirtschaftliche Tätigkeit der Trägerkörper- 17 schaft im Rahmen eines BgA von der hoheitlichen Tätigkeit und der wirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen anderer BgA abzugrenzen. Die Abgrenzung der einzelnen BgA ist erforderlich, da die Trägerkörperschaft jeweils mit den einzelnen BgA der Körperschaftsteuer unterliegt (Rz. 38) und eine Verlustverrechnung zwischen den BgA nur nach § 4 Abs. 6 KStG möglich ist (Rz. 122 ff.). Die Bestimmung des Umfangs des BgA erfolgt tätigkeitsbezogen.10 Eine Einrichtung liegt bereits dann vor, wenn sich die Tätigkeit des BgA von der sonstigen Tätigkeit der Trägerkörperschaft funktionell abgrenzen lässt.11 Die organisatorische Verselbstständigung des Tätigkeitsbereichs in einer eigenen Abteilung ist hierfür nicht notwen-
1 BFH v. 15.4.2010 – V R 10/09, BFH/NV 2010, 1574 m. Anm. Widmann, BB 2010, 2092. 2 BFH v. 2.3.2011 – XI R 65/07, BFH/NV 2011, 1454; v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; v. 1.12.2011 – V R 1/11, BFH/NV 2012, 534. 3 Hüttemann, FR 2009, 308 (313); Küffner, UR 2012, 278 (279); vgl. Widmann, BB 2011, 2022 (2023): BgA als „kodifiziertes Fossil“. 4 BFH v. 29.5.2008 – III R 45/05, BFH/NV 2008, 1878. 5 Leippe, DStZ 2013, 184 (186). 6 BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; R 6 Abs. 1 KStR 2004. 7 BFH v. 31.7.2007 – V B 44/06, BFH/NV 2007, 2365. 8 BFH v. 21.6.2001 – V R 80/99, BStBl. II 2003, 810. 9 FG Bremen v. 16.3.2004 – 1 K 413/02 (1), EFG 2004, 1551 (rkr.). 10 Schiffers, DStZ 2009, 819 (820); R 6 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004. 11 BFH v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502; v. 15.4.2010 – V R 10/09, BFH/NV 2010, 1574.
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§ 4 Rz. 17–22
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
dig,1 reicht aber für die Annahme einer Einrichtung aus.2 Wird die Tätigkeit ohne organisatorische Verselbstständigung innerhalb des allgemeinen Betriebs der Trägerkörperschaft wahrgenommen, so kommt es auf die wirtschaftliche Selbstständigkeit des Tätigkeitsbereichs an,3 die sich indessen nur schwer vom Merkmal des wirtschaftlichen Heraushebens (Rz. 21) abgrenzen lässt. 18
Indizien für die wirtschaftliche Selbstständigkeit sind eine besondere Leitung oder personelle Ausstattung, ein geschlossener Geschäftskreis und eine gesonderte Buchführung.4 Die wirtschaftliche Selbstständigkeit kann sich zudem aus dem zeitlich abgegrenzten Einsatz von Betriebsmitteln oder Personal des hoheitlichen Bereichs für die wirtschaftliche Tätigkeit ergeben.5 Nach Auffassung der Verwaltung ist die wirtschaftliche Selbstständigkeit der ausgeübten Tätigkeit bei einem Jahresumsatz von mehr als 130 000 Euro anzunehmen.6 Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Aufgriffsgrenze, die zudem nicht auf die wesentlich geringere Aufgriffsgrenze für das Merkmal des wirtschaftlichen Heraushebens (Rz. 21) abgestimmt ist; zur Kritik an der Aufgriffsgrenze vgl. Rz. 22. Maßgeblich für die Annahme einer Einrichtung ist vor dem Hintergrund der durch § 4 KStG bezweckten Vermeidung einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs letztlich, ob sich die wirtschaftliche Tätigkeit von der hoheitlichen Tätigkeit der Trägerkörperschaft abgrenzen lässt.7 4. Nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen
19 Die Einrichtung dient einer wirtschaftlichen Tätigkeit, wenn sie nach außen dem Bild eines Gewerbebetriebs entspricht. Die wirtschaftliche Betätigung ist nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist; ausreichend ist bereits die Wiederholungsabsicht, sodass auch eine einmalige Tätigkeit nachhaltig sein kann. Umgekehrt liegt eine nachhaltige Tätigkeit auch dann vor, wenn der Grund zum Tätigwerden auf einem einmaligen Entschluss beruht, die Erledigung aber mehrere Einzeltätigkeiten erfordert.8 Einmalige Verkäufe ohne Wiederholungsabsicht führen dagegen nicht zur Nachhaltigkeit.9 20
Die wirtschaftliche Tätigkeit des BgA muss mit Einnahmeerzielungsabsicht erfolgen. Eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen liegt vor, wenn die Tätigkeit gegen Entgelt erbracht wird. Auf die Berechnung des Entgelts kommt es hierbei nicht an; ausreichend für die Einnahmeerzielungsabsicht ist daher bereits ein Kostenersatz.10 Die Erzielung von Einnahmen kann bloßer Nebenzweck sein.11 Eine Gewinnerzielungsabsicht ist für die Annahme eines BgA gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht erforderlich (Rz. 35). 5. Wirtschaftlich herausgehobene Tätigkeit innerhalb der Trägerkörperschaft
21 Die wirtschaftliche Tätigkeit des BgA muss von einigem Gewicht sein und sich auf diese Weise aus der Gesamtbetätigung der Trägerkörperschaft herausheben. Ob eine solche herausgehobene Tätigkeit vorliegt, ist nach der Rspr. im Einzelfall durch eine vergleichende Betrachtung mit dem Umfang der Gesamttätigkeit der Körperschaft festzustellen.12 Maßgeblich hierfür ist insbesondere das Verhältnis der Einnahmen aus der wirtschaftlichen Tätigkeit zu den sonstigen Einnahmen der Trägerkörperschaft.13 Die Verwaltung geht dagegen ab einem nachhaltigen Jahresumsatz von mehr als 30 678 Euro von einer wirtschaftlich herausgehobenen Tätigkeit aus.14 22
Eigene Auffassung. Für die Annahme einer wirtschaftlich herausgehobenen Tätigkeit kommt es nicht auf absolute Umsatz- oder Gewinngrenzen an, da bereits die wirtschaftliche Tätigkeit einer kleinen Gemeinde den Wettbewerb empfindlich stören, zugleich aber im sel1 BFH v. 11.1.1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746; v. 25.10.1989 – V R 111/85, BStBl. II 1990, 868; R 6 Abs. 2 Satz 1 KStR 2004. 2 Vgl. BFH v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246: Betrieb einer Steuerberaterkanzlei. 3 BFH v. 11.1.1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746. 4 Alvermann in Streck7, § 4 KStG Rz. 12. 5 R 6 Abs. 4 Satz 1 KStR 2004. 6 R 6 Abs. 4 Satz 2 KStR 2004. 7 Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 14. 8 BFH v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246. 9 Alvermann in Streck7, § 4 KStG Rz. 11. 10 BFH v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502. 11 BFH v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502. 12 BFH v. 11.1.1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746. 13 BFH v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246. 14 R 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 KStR 2004; kritisch hierzu Bericht des Bundesrechnungshofs, BT-Drucks. 15/4081, 15.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 22–26 § 4
ben Umfang im Gebiet einer Großstadt für den dortigen Wettbewerb bedeutungslos sein kann.1 Entscheidend ist aufgrund des Erfordernisses der Gleichmäßigkeit der Besteuerung vielmehr, ob die Körperschaft mit der Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt (Rz. 104 f.).2 Der von der Verwaltung angesetzte Jahresumsatz kann daher nur als eine Nichtaufgriffsgrenze verstanden werden,3 die zudem zwecks Gleichbehandlung mit den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerbegünstigter Körperschaften4 auf 35 000 Euro angehoben werden sollte.5 Das Vorliegen einer konkreten Wettbewerbsbeeinträchtigung führt jedoch auch unterhalb dieser Grenze zur Annahme eines BgA.6 Ab einem Jahresumsatz von 130 000 Euro, der von der Verwaltung für die Beurteilung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit herangezogen wird (Rz. 18), ist stets von einem BgA auszugehen.7 Bei der Verpachtung eines BgA, die gem. § 4 Abs. 4 KStG ebenfalls einen BgA darstellt, 23 kommt es für die Annahme einer wirtschaftlich herausgehobenen Tätigkeit nach der Rspr. auf die Einnahmen des Verpächters aus der Verpachtung an.8 Die Gegenauffassung im Schrifttum und die Verwaltung stellen demgegenüber auf die Umsätze des Pächters und deren Verhältnis zum Umfang der Gesamttätigkeit der Trägerkörperschaft ab.9 Der Gegenauffassung ist zu folgen, da die Verpachtungseinnahmen der Trägerkörperschaft nicht den BgA als Verpachtungsgegenstand betreffen und bereits aufgrund der Fiktion des § 4 Abs. 4 KStG der Körperschaftsteuer unterliegen, ohne dass die Verpachtungstätigkeit die übrigen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 KStG erfüllen muss.10 6. Negative Tatbestandsmerkmale a) Kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb Ein BgA liegt gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht vor, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit der 24 juristischen Person der Einnahmeerzielung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft dient. Land- und forstwirtschaftliche Betriebe von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind daher nicht steuerpflichtig.11 Die Steuerfreiheit erstreckt sich auch auf land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sowie die Verpachtung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe.12 Die Verpachtung eines Eigenjagdbezirks erfolgt im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn der Grund und Boden, der den Eigenjagdbezirk bildet, zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört.13 Erzielt die Trägerkörperschaft die Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit nicht in einem eigenständigen Betrieb, sondern in einem BgA, so unterliegen diese Einkünfte der Körperschaftsteuer.14 Land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten sollten daher in einem von den übrigen wirtschaftlichen Tätigkeiten getrennten Betrieb erbracht werden.
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b) Keine Vermögensverwaltung Die bloße Vermögensverwaltung durch die juristische Person des öffentlichen Rechts führt nicht zu einem BgA.15 Bei der Vermögensverwaltung handelt es sich um ein ungeschriebe-
1 BFH v. 11.1.1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746; v. 25.10.1989 – V R 111/85, BStBl. II 1990, 868; v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; v. 1.12.2011 – V R 1/11, BFH/NV 2012, 534; FG BW v. 24.10.2003 – 9 K 139/00, EFG 2005, 235 (rkr.). 2 BFH v. 25.10.1989 – V R 111/85, BStBl. II 1990, 868; v. 15.4.2010 – V R 10/09, BFH/NV 2010, 1574; v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; v. 1.12.2011 – V R 1/11, BFH/NV 2012, 534; vgl. auch R 6 Abs. 5 Satz 4 und 5 KStR 2004. 3 Regierer/Becker, DStR 2006, 1494 (1496); Baldauf, DStZ 2011, 35 (37). 4 Vgl. § 64 Abs. 3 AO. 5 Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 27; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 80. 6 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 43; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 80; vgl. auch R 6 Abs. 5 Satz 4 und 5 KStR 2004. 7 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 43; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 27; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 80. 8 BFH v. 2.3.1983 – I R 100/79, BStBl. II 1983, 386; v. 25.10.1989 – V R 111/85, BStBl. II 1990, 868; Sauter in Erle/Sauter, § 4 KStG Rz. 24; Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 17. 9 Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 86; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 92; Baldauf, DStZ 2010, 523 (525); R 6 Abs. 5 Satz 7 KStR 2004. 10 Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 56. 11 Vgl. BT-Drucks. 7/1470, 335. 12 R 6 Abs. 6 Satz 2 und 3 KStR 2004. 13 BFH v. 22.9.2005 – V R 28/03, BStBl. II 2006, 280. 14 R 6 Abs. 6 Satz 4 KStR 2004. 15 BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716; v. 15.4.2010 – V R 10/09, BFH/NV 2010, 1574.
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§ 4 Rz. 26–29
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
nes negatives Tatbestandsmerkmal, das sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 4 Abs. 4 KStG und der Regelung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in § 14 AO ergibt.1 Nach § 14 Satz 1 AO liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur bei einer Tätigkeit vor, die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Aus der in § 4 Abs. 4 KStG enthaltenen Fiktion des Vorliegens eines BgA bei Verpachtung eines BgA folgt, dass in den übrigen Fällen der Vermögensverwaltung kein BgA anzunehmen ist. Dies entspricht auch dem Zweck des § 4 KStG, da die Vermögensverwaltung nicht zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führt. 27
Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind mit den Einkünften aus der Vermögensverwaltung gem. § 2 Nr. 2 Halbs. 1 KStG nur insoweit körperschaftsteuerpflichtig, als diese Einkünfte dem Steuerabzug unterliegen. Ein solcher Steuerabzug kommt gem. § 43 EStG iVm. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG nur für Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd. § 20 EStG in Betracht (Kapitalertragsteuer). Der Steuerabzug unterbleibt gem. § 44a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG bei Kapitalerträgen iSd. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 6, 7, 8 bis 12 und Satz 2 EStG, sofern diese Kapitalerträge nicht in einem BgA anfallen (§ 44a Abs. 4 Satz 5 EStG). Steuerfrei bleiben danach insbesondere Dividenden ausländischer Kapitalgesellschaften, Zinserträge und Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. Die Kapitalertragsteuer beträgt im Ergebnis für alle steuerpflichtigen Kapitalerträge 15 %.2 Für bestimmte Kapitalerträge iSd. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG, zu denen insbesondere Dividenden inländischer börsennotierter Aktiengesellschaften gehören, sieht § 44a Abs. 8 Satz 2 EStG hierzu eine Erstattung von zwei Fünfteln der Kapitalertragsteuer iHv. 25 % vor. Der Abzug der Kapitalertragsteuer hat gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG Abgeltungswirkung; eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer findet nicht statt.
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Zur Vermögensverwaltung gehören alle Tätigkeiten, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen iSd. § 20 EStG, aus Vermietung und Verpachtung iSd. § 21 EStG oder aus privaten Veräußerungsgeschäften iSd. § 23 EStG führen.3 Die Kapitalanlage in Wertpapieren und die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen wie Grund und Boden, Häusern oder Räumen begründen daher regelmäßig keinen BgA.4 Treten zur Vermietung und Verpachtung besondere Umstände wie Zusatzleistungen oder ein häufiger Wechsel der Mieter oder Pächter hinzu, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine unternehmerische Organisation erforderlich machen, so führt dies zur Annahme eines BgA.5 Die Überlassung des Rechts zur Aufstellung und Nutzung von Werbeeinrichtungen auf öffentlichen Wegen und Plätzen oder auf nicht öffentlich zugänglichen Grundstücken der juristischen Person des öffentlichen Rechts begründet keinen BgA, wenn die Werbeeinrichtungen vom Pächter errichtet und in gebrauchsfähigem Zustand gehalten werden.6 Werden dem Pächter dagegen gebrauchsfähige Werbeeinrichtungen überlassen, deren Nutzung durch die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst einen BgA darstellen würde, liegt eine Verpachtung eines BgA iSd. § 4 Abs. 4 KStG vor.7
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Die Veräußerung von Grundstücken gehört zur Vermögensverwaltung, soweit sie keinen gewerblichen Grundstückshandel begründet.8 Ein gewerblicher Grundstückshandel scheidet für solche Grundstücke aus, die einem Hoheitsbetrieb zuzuordnen sind.9 Dies gilt insbesondere für Grundstücksgeschäfte im Zusammenhang mit der Erschließung von Baugebieten, bei der die Gemeinden hoheitlich tätig werden.10 Zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten mit dem Hoheitsbereich sollte der gewerbliche Grundstückshandel in eine Kapitalgesellschaft ausgelagert werden.11 1 BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716; Orth, FR 2007, 326 (329). 2 Vgl. § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für Kapitalerträge iS § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7b und 7c EStG sowie § 44a Abs. 8 EStG für Kapitalerträge iSd. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 7a EStG. 3 Heger in Gosch2, § 4 Rz. 50; Alvermann in Streck7, § 4 Rz. 18. 4 BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 13; Vochsen, DStZ 2011, 360 (361); BMF v. 5.12.1988 – IV B 7 - S 2706 - 67/88, juris. 5 BFH v. 28.11.1991 – V R 95/86, BStBl. II 1992, 569; FG Hess. v. 31.5.2000 – 4 K 4430/98, juris (rkr.); Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 14; Vochsen, DStZ 2011, 360 (361); vgl. Maier, DStR 2010, 198: Vermietung von Stadt- oder Mehrzweckhallen. 6 BFH v. 20.11.1969 – I R 204/67, BStBl. II 1970, 151; v. 6.10.1976 – I R 115/75, BStBl. II 1977, 94; v. 2.3.1983 – I R 100/79, BStBl. II 1983, 386. 7 BFH v. 5.7.1972 – I R 83/70, BStBl. II 1972, 776; v. 2.3.1983 – I R 100/79, BStBl. II 1983, 386. 8 BFH v. 1.7.2004 – V R 64/02, BFH/NV 2005, 252; Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 33. 9 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 53. 10 BMF v. 31.5.2002 – IV B 7 - S 7100 - 167/02, BStBl. I 2002, 631 Rz. I.2. 11 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 53.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 30–32 § 4
Vermietet oder verpachtet die juristische Person des öffentlichen Rechts an eine von ihr 30 beherrschte Kapitalgesellschaft oder an einen rechtlich selbstständigen BgA iSd. § 4 Abs. 2 KStG wesentliche Betriebsgrundlagen, so führt dies nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung zu einer gewerblichen Tätigkeit, die einen BgA iSd. § 4 Abs. 1 KStG begründet.1 Fehlt es an einer Betriebsaufspaltung, ist die Verpachtung einzelner Wirtschaftsgüter der Vermögensverwaltung zuzuordnen, soweit sie nicht zu einer Verpachtung eines BgA iSd. § 4 Abs. 4 KStG führt.2 Entgelte eines BgA aus der Überlassung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens an Dritte gehören zu den Betriebseinnahmen des BgA.3 Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist Vermögensverwaltung, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts sich auf das Halten der Beteiligung beschränkt und kein Eingriff in die laufende Geschäftsführung erfolgt.4 Von einem schädlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft ist auszugehen, wenn ein Vertreter der juristischen Person des öffentlichen Rechts zugleich Geschäftsführer oder Vorstand der Tochtergesellschaft ist oder die juristische Person des öffentlichen Rechts durch andere Maßnahmen sicherstellt, dass sie das wirtschaftliche Geschehen bei der Tochtergesellschaft bestimmt.5 Werden die Beteiligungen über eine geschäftsleitende Holding gehalten, so liegt ein BgA vor.6 Die wirtschaftliche Tätigkeit einer Eigengesellschaft der juristischen Person des öffentlichen Rechts begründet dagegen regelmäßig keinen BgA. Ein BgA kann sich aber daraus ergeben, dass die juristische Person geldwerte Leistungen gegenüber der Eigengesellschaft erbringt.7 Die Veräußerung einer der Vermögensverwaltung zuzurechnenden Beteiligung unterliegt nicht der Körperschaftsteuer; § 17 EStG findet keine Anwendung, da es insoweit an einer wirtschaftlichen Betätigung der juristischen Person des öffentlichen Rechts fehlt.8 Ist ein BgA aufgrund einer Betriebsaufspaltung entstanden (Rz. 30), gehört die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des BgA.
31
Beteiligt sich die Trägerkörperschaft als Mitunternehmerin an einer Personengesell- 32 schaft, so liegt ein BgA vor.9 Dies setzt voraus, dass sich die Trägerkörperschaft durch die Beteiligung gewerblich betätigt. Eine gewerbliche Betätigung liegt auch in den Fällen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor, um eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber privaten Mitunternehmern zu vermeiden. Die wirtschaftliche Bedeutung des BgA ergibt sich bereits aus der Beteiligungsform, sodass es auf die Einnahmen oder die Umsätze aus der Beteiligung für die Annahme eines BgA nicht ankommt.10 Sind ausschließlich juristische Personen des öffentlichen Rechts an einer Personengesellschaft beteiligt, so hängt die Annahme eines BgA davon ab, ob der Gegenstand der Gesellschaft bei der juristischen Person zu einem BgA führen würde. Die Gründung einer Personengesellschaft zur gemeinsamen Erfüllung hoheitlicher Aufgaben stellt damit keinen BgA dar, da insoweit keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.11 Demgegenüber bildet eine Mitunternehmerschaft iSd. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aus einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und einer Kapitalgesellschaft auch dann einen BgA, wenn deren Tätigkeit von der juristischen Person in einem Hoheitsbetreib ausgeübt würde.12 Über das Bestehen der Mitunternehmerschaft ist im gesonderten Feststellungsverfahren zu entscheiden.13 1 Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 18; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 51; Baldauf, DStZ 2010, 523 (526 f.); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 17; vgl. FG Münster v. 30.6.2003 – 9 K 5219/99 K, 9 K 5222/99 K, EFG 2003, 1648 (rkr.). 2 Sauter in Erle/Sauter, § 4 KStG Rz. 25; Baldauf, DStZ 2010, 523 (526 f.); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 17. 3 BFH v. 6.11.1985 – I R 272/81, BFH/NV 1987, 123; Vochsen, DStZ 2011, 360 (361). 4 Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 32; Strahl, FR 2008, 15 (22); R 6 Abs. 2 Satz 6 KStR 2004; vgl. BFH v. 30.6.1971 – I R 57/70, BStBl. II 1971, 753; v. 27.3.2001 – I R 78/99, BStBl. II 2001, 449. 5 Thieme, FR 2000, 1074 (1075); Strahl, FR 2008, 15 (22). 6 BFH v. 30.6.1971 – I R 57/70, BStBl. II 1971, 753; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 52; vgl. EuGH v. 10.1.2006 – Rs. C-222/04 – Cassa di Risparmio di Firenze, EuGHE 2006, I-289. 7 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 52; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 31. 8 Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 32; Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 18. 9 BFH v. 9.5.1984 – I R 25/81, BStBl. II 1984, 726; FG Schl.-Holst. v. 30.9.1997 – V 762/97, EFG 1998, 590 (rkr.); FG Düsseldorf v. 11.6.2013 – 6 K 2867/11 KE, F, EFG 2013, 1509 (Rev. BFH I R 52/13); R 6 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004. 10 Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 30; aA Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 59; Alvermann in Streck7, § 4 KStG Rz. 19. 11 Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 13; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 30; Strahl, FR 2008, 15; R 6 Abs. 2 Satz 5 KStR 2004. 12 Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 30; R 6 Abs. 2 Satz 4 KStR 2004. 13 BFH v. 9.5.1984 – I R 25/81, BStBl. II 1984, 726.
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§ 4 Rz. 32–35
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
Die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt nicht zu einem BgA.1 Dies gilt auch für gewerblich geprägte Personengesellschaften iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, da sich die juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Beteiligung nicht gewerblich betätigt.2 Die bloße Vermögensverwaltung führt nicht zu einem BgA; § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG enthält insoweit eine abweichende Regelung zur ertragsteuerlichen Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, die mit dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb iSd. § 14 AO übereinstimmt.3 Die mitunternehmerische Beteiligung an der Personengesellschaft stellt nach Auffassung der Rspr. einen eigenständigen einheitlichen BgA dar, sofern sie nicht einem bestehenden BgA vermögensmäßig zuzuordnen ist.4 Die Verwaltung nimmt für jede von der Personengesellschaft ausgeübte Tätigkeit einen eigenständigen BgA an.5 Die Annahme eines einheitlichen BgA erscheint vorzugswürdig, da hierdurch eine Gleichbehandlung mit privaten Mitunternehmern erreicht wird. Sie vermeidet zudem Abgrenzungsprobleme bei der Zuordnung der Einkünfte zu den einzelnen Tätigkeiten der Personengesellschaft; die Einkünfte der jeweiligen Tätigkeitsbereiche müssten andernfalls im Rahmen der Einkommensermittlung der einzelnen BgA ermittelt werden, da sie im Feststellungsverfahren insgesamt der Trägerkörperschaft zugerechnet werden. 33
Die umsatzsteuerliche Behandlung der Vermögensverwaltung juristischer Personen des öffentlichen Rechts weicht von den ertragsteuerlichen Grundsätzen ab. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG knüpft zwar für die Besteuerung der BgA an die in § 4 KStG enthaltenen Regelungen an; dieser Verweis ist indessen vor dem Hintergrund des vorrangigen Unionsrechts richtlinienkonform auszulegen (Rz. 13). Die juristische Person des öffentlichen Rechts wird bereits dann unternehmerisch tätig, wenn sie auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag handelt. Da die Vermögensverwaltung regelmäßig auf vertraglicher Grundlage durchgeführt wird, unterliegt sie damit der Umsatzsteuer, soweit nicht die Steuerbefreiung des § 4 UStG für Kapitalanlagen in Wertpapieren und die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken eingreift.
II. Verzichtbare Merkmale (Abs. 1 Satz 2) 1. Vorbemerkung 34 Gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG sind für die Annahme eines BgA weder die Gewinnerzielungsabsicht noch die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erforderlich. Hierdurch unterscheidet sich der BgA vom Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG.6 Die mit § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG übereinstimmende Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG, die durch das JStG 20097 eingefügt wurde, stellt klar, dass der Verzicht auf die genannten Merkmale auch bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens des BgA zu berücksichtigen ist. 2. Gewinnerzielungsabsicht 35 Ein steuerpflichtiger BgA liegt auch dann vor, wenn die wirtschaftliche Betätigung ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. Bei der Ermittlung des Einkommens des BgA sind daher auch Tätigkeiten des BgA zu berücksichtigen, die objektiv auf Dauer nur Verluste erwirtschaften können.8 Der hierzu im Schrifttum vertretenen Gegenauffassung9 ist durch die Neuregelung in § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG (Rz. 34) der Boden entzogen worden. Dauerdefizitäre Tätigkeiten eines BgA sind daher nur noch im Hinblick auf die Grundsätze der vGA von Bedeutung,10 deren Anwendung auf BgA durch § 8 Abs. 7 KStG eingeschränkt wird. Dies gilt auch für solche BgA, die keine Dauerverlustgeschäfte iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG betreiben.11 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Sauter in Erle/Sauter3, § 4 Rz. 13; Storg, DStZ 2011, 784 (786). AA Strahl, FR 2008, 15 (21); Storg, DStZ 2011, 784 (786). Vgl. hierzu BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858. BFH v. 9.5.1984 – I R 25/81, BStBl. II 1984, 726; vgl. BFH v. 6.4.1973 – III R 78/72, BStBl. II 1973, 616; Meier/ Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 30. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 59; Storg, DStZ 2011, 784 (787). Vgl. BT-Drucks. 7/1470, 336. JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794, BStBl. I 2009, 74. Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 35. Vgl. Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 55 mwN. Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 57. AA Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 36.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 36–40 § 4
Eine Gewerbesteuerpflicht des BgA setzt gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG einen Gewerbebetrieb iSd. § 15 Abs. 2 EStG voraus. Der BgA unterliegt daher nur bei einer wirtschaftlichen Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht der Gewerbesteuer.1 Maßgeblich hierfür ist, ob die Tätigkeit des BgA darauf gerichtet ist, einen Totalgewinn zu erzielen.2 Ist mit der Tätigkeit des BgA als solcher kein Totalgewinn zu erzielen, so kann durch die gezielte Einlage Ertrag bringender Vermögenswerte durch die Trägerkörperschaft eine Gewinnerzielungsabsicht des BgA nur dann erreicht werden, wenn hierdurch gewillkürtes Betriebsvermögen des BgA begründet wird (Rz. 64).
36
3. Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr Der Verzicht auf die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr führt dazu, dass Eigen- und Selbstversorgungsbetriebe, die sich (nahezu) ausschließlich gegenüber der Trägerkörperschaft wirtschaftlich betätigen, als BgA anzusehen sind. Auch wenn diese Betriebe nicht am Markt gegenüber Dritten auftreten, treten sie durch ihre Leistung gegenüber der Trägerkörperschaft in Wettbewerb zu vergleichbaren privaten Unternehmen.3
37
III. Besteuerung der Betriebe gewerblicher Art 1. Trägerkörperschaft als Steuersubjekt Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG sind BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts un- 38 beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Steuerpflichtiger ist hierbei nicht der BgA, sondern die Trägerkörperschaft.4 Die Trägerkörperschaft unterliegt jeweils mit dem einzelnen BgA der Steuerpflicht.5 Das Einkommen des BgA ist daher gesondert zu ermitteln; die hierauf entfallende Körperschaftsteuer wird gesondert festgesetzt.6 Ein Verlustausgleich durch Zusammenfassung verschiedener BgA ist nur nach Maßgabe des § 4 Abs. 6 KStG möglich. Das Einkommen des rechtlich unselbstständigen BgA ist der Trägerkörperschaft zuzurechnen; die vom BgA erwirtschafteten Verluste werden damit von der Trägerkörperschaft getragen.7 Diese vom BFH in ständiger Rspr. vertretene Auffassung findet seit 20098 eine gesetzliche Grundlage in § 4 Abs. 6 KStG und § 8 Abs. 7 f. KStG.9 2. Abgrenzung zwischen dem Betrieb gewerblicher Art und der Trägerkörperschaft Im Hinblick auf die Besteuerung der einzelnen BgA ist auf der Ebene der Trägerkörperschaft zwischen dem nicht steuerbaren hoheitlichen Bereich und der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Betätigung zu unterscheiden. Die Vermögensverwaltung gehört hierbei ertragsteuerlich zum nicht steuerbaren hoheitlichen Bereich, auch wenn sie nicht als Hoheitsbetrieb iSd. § 4 Abs. 5 KStG anzusehen ist.10 Die Trägerkörperschaft ist rechtlich Eigentümerin aller Wirtschaftsgüter; die Zuordnung zum hoheitlichen Bereich bzw. zum BgA erfolgt anhand der Funktion der einzelnen Wirtschaftsgüter (Rz. 50 ff.).
39
Auf die steuerliche Beziehung zwischen der Trägerkörperschaft und dem BgA finden nach hM die Grundsätze Anwendung, die zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern gelten. Der BgA wird für die Besteuerung wie eine rechtlich selbstständige Kapitalgesellschaft behandelt, deren Alleingesellschafterin die Trägerkörperschaft ist.11 Zwischen der Trägerkörperschaft und dem BgA können daher rechtsgeschäftliche Vereinbarungen getroffen werden, auch wenn der BgA als solcher kein eigenes Rechtssubjekt dar-
40
1 BFH v. 28.10.1970 – I R 72/69, BStBl. II 1971, 247; v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242; v. 25.1.2005 – I R 8/04, BStBl. II 2006, 190. 2 BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341. 3 BT-Drucks. 7/1470, 336. 4 Grundlegend BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; zuletzt v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425; v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194; v. 27.11.2012 – IV B 64/12, BFH/NV 2013, 514. 5 BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. 6 BFH v. 1.7.1987 – I R 197/83, BStBl. II 1987, 865; v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242; v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425; v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194. 7 BFH v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194. 8 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. 9 BFH v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194; kritisch Hüttemann, FR 2009, 308 (311). 10 Hüttemann, FR 2009, 308 (309); Baldauf, DStZ 2011, 35 (37). 11 BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246; Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 32; Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 33; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 100.
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§ 4 Rz. 40–45
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
stellt.1 Derartige interne Vereinbarungen sind steuerlich anzuerkennen, wenn sie bei einem Abschluss zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter auch bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zu beachten wären.2 Nach der Gegenauffassung ist die Abgrenzung zwischen dem BgA und der Trägerkörperschaft nach den Grundsätzen über Einlagen und Entnahmen vorzunehmen.3 Auf diese Weise soll eine Gleichbehandlung des BgA mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb iSd. § 14 AO erreicht werden. Ein Bedürfnis für die fiktive Verselbstständigung des BgA ist nach dieser Auffassung dadurch entfallen, dass die Trägerkörperschaft als Steuersubjekt angesehen wird.4 41
Eigene Auffassung. Die von der Gegenauffassung vorgenommene Abgrenzung entspricht den einkommensteuerlichen Grundsätzen zur Abgrenzung des betrieblichen und des privaten Bereichs bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften. BgA unterliegen demgegenüber den Regelungen zur Körperschaftsteuer, sodass die fiktive Verselbstständigung und die daran anknüpfende Anwendung der Grundsätze über die vGA vorzugswürdig erscheint.5 Die fiktive Verselbstständigung unselbstständiger BgA gewährleistet zudem eine steuerliche Gleichbehandlung mit rechtlich selbstständigen BgA iSd. § 4 Abs. 2 KStG.6
42
Zu den steuerlich anzuerkennenden Vereinbarungen zwischen der Trägerkörperschaft und dem BgA gehören insbesondere Darlehensverträge sowie Miet- und Pachtverträge. Die an die Trägerkörperschaft gezahlten Darlehenszinsen bzw. Miet- oder Pachtzinsen führen beim BgA zu Betriebsausgaben. Für den Abzug von Darlehenszinsen ergeben sich Einschränkungen bei unzureichender Kapitalausstattung des BgA (Rz. 63). Im Hinblick auf Miet- oder Pachtverträge ergeben sich Besonderheiten bei der Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen an den BgA (Rz. 50 f.).
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Im Verhältnis zwischen Trägerkörperschaft und BgA finden die Grundsätze über die vGA entsprechende Anwendung (Rz. 71 ff.).7 Die zwischen der Trägerkörperschaft und dem BgA abgeschlossenen Vereinbarungen unterliegen damit dem Fremdvergleich.8 Die steuerliche Anerkennung setzt danach voraus, dass es sich um eine im Vorhinein abgeschlossene, eindeutige und klare Vereinbarung handelt, die ernsthaft gewollt ist und tatsächlich durchgeführt wird. Der Trägerkörperschaft dürfen vom BgA keine Vorteile gewährt werden, die der BgA unter sonst gleichen Umständen bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Dritten nicht gewähren würde.9 Werden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des BgA ohne entsprechende Gegenleistung in den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft überführt, ist dies als vGA zu beurteilen.10 3. Einkommensermittlung des Betriebs gewerblicher Art a) Einkunftsart
44 Das Einkommen des BgA wird gem. § 8 Abs. 1 KStG nach den Vorschriften des EStG ermittelt. Der BgA erzielt ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb; dies gilt auch in den Fällen der Verpachtung eines BgA.11 Für die Ermittlung der Einkünfte des BgA kommt es nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht auf die Gewinnerzielungsabsicht und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr an. Die zur Liebhaberei entwickelten Grundsätze finden daher auf dauerdefizitäre BgA keine Anwendung.12 45
Der BgA unterliegt gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG nur dann der Gewerbesteuer, wenn ein gewerbliches Unternehmen iSd. § 15 EStG vorliegt. Im Gegensatz zu § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG,
1 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412; v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425. 2 BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246. 3 Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 305; Alvermann in Streck7, § 4 KStG Rz. 3; Hüttemann, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 28 f., 130 ff. 4 Hüttemann, FR 2009, 308 (311). 5 Weitemeyer, FR 2009, 1 (5); vgl. auch Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489 (491). 6 Weitemeyer, FR 2009, 1 (5). 7 BFH v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425. 8 Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 39; vgl. zur Vermietung durch den BgA an die Trägerkörperschaft FG Nürnberg v. 4.4.2006 – I 365/2004, EFG 2007, 432 (rkr.). 9 BFH v. 1.9.1982 – I R 44/78, BStBl. II 1982, 783; v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341. 10 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412. 11 BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716; v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246. 12 BT-Drucks. 16/10189, 69.
132
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 45–49 § 4
der nur für die Körperschaftsteuer gilt, kommt es daher für die Gewerbesteuer darauf an, ob die wirtschaftliche Tätigkeit des BgA mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt und der BgA insoweit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.1 In diesem Fall erfasst die Gewerbesteuerpflicht auch die Einkünfte des BgA aus einer selbstständigen Tätigkeit.2 b) Art der Gewinnermittlung Für die Ermittlung der vom BgA erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist der Gewinn des BgA zu ermitteln (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG). Die Gewinnermittlung erfolgt regelmäßig durch Betriebsvermögensvergleich iS der §§ 4 Abs. 1, 5 EStG. Der BgA ist hierzu verpflichtet, wenn er nach § 140 AO oder § 141 AO Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat. Darüber hinaus ist eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich vorzunehmen, wenn der BgA freiwillig Bücher und Aufzeichnungen führt. Eine kameralistische Verwaltungsbuchführung reicht hierfür nicht aus, da sie nur eine Liquiditätsrechnung darstellt, die keine Aufwendungen und Erträge ausweist.3
46
Eine Buchführungspflicht nach § 140 AO liegt gem. §§ 238 ff. HGB vor, wenn der BgA aufgrund eines Gewerbebetriebs gem. § 1 HGB als Kaufmann anzusehen ist.4 Für BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit können gem. § 263 HGB landesrechtliche Ausnahmeregelungen eingreifen.5 Bei BgA in Form von Eigenbetrieben, bei denen es sich um organisatorisch und haushaltsmäßig verselbstständigte Einrichtungen der Trägerkörperschaft handelt (Rz. 82), kann sich die Buchführungspflicht nach § 140 AO zudem aus den Eigenbetriebsgesetzen und Eigenbetriebsverordnungen der Länder6 ergeben.7 Für Regiebetriebe, die kein Sondervermögen bilden und daher im Haushalt der Trägerkörperschaft zu erfassen sind (Rz. 82), begründet die Einführung der Doppik8 im kommunalen Haushaltswesen keine Buchführungspflicht, da sich der Anwendungsbereich der Doppik auch auf das Hoheitsvermögen der Trägerkörperschaft erstreckt, sodass der einzelne BgA von der umfassenden Aufzeichnungspflicht nicht erfasst wird.9
47
Die Buchführungspflicht nach § 141 AO gilt nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift nur für gewerbliche Unternehmer; sie greift daher nur bei solchen BgA, die mit Gewinnerzielungsabsicht tätig werden, sodass strukturell dauerdefizitäre BgA regelmäßig nicht erfasst werden.10 Der BgA muss zudem die Umsatzgrenze von 500 000 Euro (Nr. 1) überschreiten oder einen Gewinn von mehr als 50 000 Euro (Nr. 4) erzielen.11 Die Buchführungspflicht beginnt gem. § 141 Abs. 2 Satz 1 AO erst dann, wenn der BgA hierauf in einer Mitteilung des FA hingewiesen worden ist.
48
Fehlt es an einer Buchführungspflicht des BgA, so besteht ein Wahlrecht des BgA hinsichtlich der Art der Gewinnermittlung. Der BgA kann freiwillig Bücher und Aufzeichnungen führen und den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln oder eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durch Ansatz des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben vornehmen. Bei der Einnahmenüberschussrechnung ist die Höhe der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben aus der kameralistischen Verwaltungsbuchführung abzuleiten.12
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1 BFH v. 28.10.1970 – I R 72/69, BStBl. II 1971, 247; v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242; v. 25.1.2005 – I R 8/04, BStBl. II 2006, 190; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 124. 2 Vgl. BFH v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246: Betrieb einer Steuerberaterkanzlei; kritisch Orth, FR 2007, 326 (334). 3 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 180; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 204; BMF v. 11.9.2002 – IV A 2 - S 1910 - 194/02, BStBl. I 2002, 935 Rz. 16. 4 BFH v. 18.1.1995 – I R 44/94, BStBl. II 1995, 742; R 33 Abs. 5 KStR 2004. 5 BFH v. 18.1.1995 – I R 44/94, BStBl. II 1995, 742; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 103. 6 Zur Übersicht vgl. Stapelfeld/Heyer, DB 2003, 1818 (1819) Fn. 16. 7 FG BW v. 16.3.2006 – 6 K 177/03, EFG 2006, 1008 (rkr.); Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 33; Stapelfeld/Heyer, DB 2003, 1818 (1819); BMF v. 3.1.2013 – IV C 2 - S 2706/09/10005 – DOK 2012/1188606, BStBl. I 2013, 59; R 33 Abs. 5 KStR 2004. 8 Vgl. Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 204 Fn. 6: doppelte Buchführung mit Vermögensund Ergebnisrechnung. 9 BMF v. 3.1.2013 – IV C 2 - S 2706/09/10005 – DOK 2012/1188606, BStBl. I 2013, 59; Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 177, 180; Leippe, DStZ 2013, 184 (188); aA Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 33; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 14; Schiffers, GmbH-StB 2006, 329. 10 Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 204; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 104; Stapelfeld/Heyer, DB 2003, 1818 (1819). 11 Stapelfeld/Heyer, DB 2003, 1818 (1820). 12 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 181; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 204.
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§ 4 Rz. 49–52
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
Bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung gem. § 5b Abs. 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Für die zeitliche Anwendung dieser sog. E-Bilanz hat die Verwaltung abweichend von der allgemeinen Anwendung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2011 beginnen, für BgA eine Übergangsregelung erlassen, nach der die E-Bilanz erstmalig für Wirtschaftsjahre abzugeben ist, die nach dem 31.12.2014 beginnen.1 c) Betriebsvermögen 50 Entsprechend der Abgrenzung zwischen dem nicht steuerbaren hoheitlichen Bereich, zu dem auch die Vermögensverwaltung gehört, und der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Tätigkeit des BgA (Rz. 39) ist eine Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum Hoheitsvermögen und zum Betriebsvermögen des BgA vorzunehmen. Auf der Ebene des BgA ist zwischen dem notwendigen Betriebsvermögen (Rz. 51) und dem gewillkürten Betriebsvermögen (Rz. 54) zu unterscheiden. Wirtschaftsgüter, die keinen funktionalen Bezug zur wirtschaftlichen Tätigkeit des BgA aufweisen und nicht geeignet sind, die Tätigkeit des BgA objektiv zu fördern, sind dem Hoheitsvermögen zuzuordnen.2 Wird ein Wirtschaftsgut sowohl zu hoheitlichen Zwecken als auch für die wirtschaftliche Tätigkeit genutzt, gehört es zum Hoheitsvermögen, wenn die Nutzung im Hoheitsbereich zu mindestens 90 % erfolgt.3 51
Zum notwendigen Betriebsvermögen des BgA gehören alle wesentlichen Betriebsgrundlagen, die dem BgA von der Trägerkörperschaft überlassen werden.4 Die Zuordnung zum Betriebsvermögen des BgA soll eine Gleichbehandlung mit einer Kapitalgesellschaft bewirken, an die das wesentliche Betriebsvermögen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vom beherrschenden Gesellschafter verpachtet wird. Miet- und Pachtzinszahlungen des BgA an die Trägerkörperschaft für die Überlassung von Wirtschaftsgütern des wesentlichen Betriebsvermögens sind als vGA anzusehen.5 Die Annahme einer vGA dient der Vereinfachung, da bei Anwendung der Grundsätze der Betriebsaufspaltung ein weiterer Verpachtungs-BgA entstünde.6 Eine Betriebsaufspaltung liegt dagegen aufgrund unterschiedlicher Rechtsträger bei Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen an einen rechtlich selbstständigen BgA iSd. § 4 Abs. 2 KStG oder eine von der Trägerkörperschaft beherrschte Kapitalgesellschaft vor (Rz. 30). Als wesentliche Betriebsgrundlagen eines BgA sind zB die Grundstücke, auf denen sich die Brunnen eines Wasserwerks befinden,7 ein von Stadtwerken betriebenes Blockheizkraftwerk8 sowie das Marktgelände eines Marktbetriebs9 anzusehen. Darlehen und sonstige Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den wesentlichen Betriebsgrundlagen stehen, sind ebenfalls dem notwendigen Betriebsvermögen des BgA zuzuordnen.10
52
Eine Ausnahme von der Zuordnung wesentlicher Betriebsgrundlagen zum Betriebsvermögen des BgA besteht bei der Nutzung öffentlicher Sachen durch den BgA. Wirtschaftsgüter, die aufgrund der öffentlichen Widmung eindeutig dem Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft zuzuordnen sind, können zwar wesentliche Betriebsgrundlagen eines BgA, aber nicht dessen Betriebsvermögen sein.11 Dies gilt insbesondere für dem Gebrauch durch die Allgemeinheit gewidmete Straßen, Wege und Plätze12, aber auch für eine als öffentliche Einrichtung gewidmete Toilettenanlage13. Aufwendungen für diese Wirtschaftsgüter können beim
1 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 180a; BMF v. 28.9.2011 – IV C 6 - S 2133 - b/11/10009 – DOK 2011/0770620, BStBl. I 2011, 855 Rz. 7. 2 Gastl, DStZ 2004, 323; Heger, FR 2009, 301 (303). 3 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 184; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 208; R 4.2 Abs. 1 Satz 5 EStR 2008. 4 BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496. 5 Grundlegend BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496; v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246. 6 BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246. 7 BFH v. 6.11.1985 – I R 272/81, BFH/NV 1987, 123. 8 BFH v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773. 9 BFH v. 3.2.1993 – I R 61/91, BStBl. II 1993, 459. 10 Vochsen, DStZ 2011, 360 (368). 11 BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558. 12 BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 6.11.2007 – I R 52/06, BStBl. II 2009, 248; FG Sachs. v. 5.12.2006 – 4 K 81/03, juris (rkr.): öffentlicher Marktplatz. 13 BFH v. 6.11.2007 – I R 52/06, BStBl. II 2009, 248; vgl. zur umsatzsteuerlichen Zuordnung FG MV v. 22.10.2002 – 2 K 559/00, EFG 2003, 577; aA FG Berlin-Bdb. v. 29.6.1998 – 1 K 1787/96 U, EFG 1998, 1439.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 52–55 § 4
BgA nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.1 Eine Ausnahme hiervon besteht nur in den Fällen, in denen für die Nutzung der öffentlichen Sache eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich ist, deren Erteilung dem hoheitlichen Bereich zuzurechnen ist.2 Die vom BgA zu leistenden Sondernutzungsgebühren fallen damit im Hoheitsbetrieb der Trägerkörperschaft an. Eine Benachteiligung privater Unternehmer ist in diesem Fall ausgeschlossen, da eine Verpachtung der öffentlichen Sache durch private Unternehmer im Rahmen einer Betriebsaufspaltung nicht in Betracht kommt und es insoweit an einer Wettbewerbssituation fehlt.3 Die Sondernutzung steht zudem auch den privaten Unternehmern offen, da die Trägerkörperschaft zur Gewährung eines diskriminierungsfreien Zugangs verpflichtet ist.4 Im Hinblick auf Wirtschaftsgüter, die nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des 53 BgA gehören, hat die Trägerkörperschaft ein Wahlrecht, ob sie diese Wirtschaftsgüter dem Betriebsvermögen des BgA zuordnet.5 Aufgrund der Verselbstständigung des BgA finden die allgemeinen Grundsätze über die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum notwendigen Betriebsvermögen insoweit keine Anwendung. Die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen setzt eine wirtschaftliche Nutzung zu mehr als 50 % voraus.6 Die Trägerkörperschaft kann dem BgA die betreffenden Wirtschaftsgüter auch im Rahmen eines Miet- oder Pachtvertrags überlassen; in diesem Fall sind die Wirtschaftsgüter im Rahmen der Vermögensverwaltung dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Neben dem notwendigen Betriebsvermögen kann der BgA auch gewillkürtes Betriebsvermögen bilden.7 Die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens setzt einen objektiven Zusammenhang der betreffenden Wirtschaftsgüter mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des BgA sowie eine Dokumentation der Widmung voraus.8 Die Wirtschaftsgüter müssen objektiv geeignet sein, den Betrieb zu fördern.9 Bei verlustbringenden Wirtschaftsgütern fehlt es daher am objektiven Zusammenhang zur Tätigkeit des BgA.10 Wertpapiere oder Beteiligungen, die von der Trägerkörperschaft in einen dauerdefizitären BgA eingelegt werden, gehören nur dann zum gewillkürten Betriebsvermögen, wenn sie durch Reduzierung der operativen Verluste der Strukturverbesserung dienen; die bloße Verbesserung der Ertragslage begründet dagegen keinen objektiven Zusammenhang zur wirtschaftlichen Tätigkeit des BgA.11 Eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen kommt nur bei einer wirtschaftlichen Nutzung von mindestens 10 % bis zu 50 % in Betracht.12 Sie scheidet damit bei Wirtschaftsgütern aus, die ausschließlich der hoheitlichen Tätigkeit der Trägerkörperschaft dienen.13
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Negative Vermögenswerte gehören zum Betriebsvermögen des BgA, wenn sie in objekti- 55 vem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des BgA stehen. Ein solcher Zusammenhang besteht bei Verbindlichkeiten aus der Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens und aus Darlehen der Trägerkörperschaft für den BgA;14 zum Abzug der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben vgl. Rz. 63. Ein Darlehen zur Finanzierung der Anschaffung gemischt genutzter Wirtschaftsgüter durch den BgA ist in vollem Umfang dem Betriebsvermögen zuzuordnen und nicht entsprechend der wirtschaftlichen und der hoheit1 FG Sachs. v. 5.12.2006 – 4 K 81/03, juris (rkr.); Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 41. 2 BFH v. 11.6.1997 – XI R 65/95, BStBl. II 1999, 420; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246; v. 3.3.2011 – V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261. 3 BFH v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246; vgl. BFH v. 11.6.1997 – XI R 65/95, BStBl. II 1999, 420; v. 3.3.2011 – V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261 für die Umsatzsteuer. 4 Vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 EnWG zum Abschluss von Wegenutzungsverträgen für Strom- und Gasleitungen. 5 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 186; Gastl, DStZ 2004, 323 (326); Vochsen, DStZ 2011, 360 (363). 6 R 4.2 Abs. 1 Satz 4 EStR 2008. 7 BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341; FG Nürnberg v. 4.4.2006 – I 365/2004, EFG 2007, 432 (rkr.); FG Sachs. v. 5.12.2006 – 4 K 81/03, juris (rkr.); FG Düsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, EFG 2011, 1732 (rkr.); Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (365); offengelassen BFH v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773; v. 6.11.2007 – I R 52/06, BStBl. II 2009, 248. 8 Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 312; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 156; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 209. 9 FG Düsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, EFG 2011, 1732 (rkr.). 10 FG Nürnberg v. 4.4.2006 – I 365/2004, EFG 2007, 432 (rkr.); Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 156. 11 FG Düsseldorf v. 10.7.2003 – 10 K 2561/00 G, EFG 2003, 1408 (rkr.); v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, EFG 2011, 1732 (rkr.); v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 (Rev. BFH I R 26/14); aA BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341; FG Köln v. 19.12.2013 – 10 K 2933/11, EFG 2014, 662 (rkr.). 12 R 4.2 Abs. 1 Satz 6 EStR 2008. 13 BFH v. 7.11.2007 – I R 52/06, BStBl. II 2009, 248. 14 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412: Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 190; Döring in Schnitger/ Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 211.
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§ 4 Rz. 55–59
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
lichen Nutzung anteilig aufzuteilen.1 Die Zuordnung des Darlehens zum Betriebsvermögen bleibt bei einer Nutzungsänderung oder einer Veräußerung des betreffenden Wirtschaftsguts unberührt.2 Wird die Anschaffung eines gemischt genutzten Grundstücks durch den BgA neben Darlehen auch durch öffentliche Mittel wie Städtebauförderungsmittel finanziert, die nicht für Zwecke des BgA verwendet werden dürfen, gelten diese Mittel im Umfang der hoheitlichen Nutzung vorrangig als für den Hoheitsbetrieb verwendet.3 Der verbleibende Anteil der öffentlichen Mittel gilt als für den BgA verwendet; hierauf entfallende Zinsen und Gebühren stellen Betriebsausgaben dar.4 Bei einer Verpflichtung zur anteiligen Rückzahlung der öffentlichen Mittel ist in der Bilanz des BgA eine Rückstellung zu bilden.5 56
Aufwendungen des BgA für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens stellen Betriebsausgaben dar und bilden keine vGA. Der BgA kann die AfA für diese Wirtschaftsgüter steuerlich geltend machen, ohne dass es hierfür einer besonderen vertraglichen Vereinbarung bedarf.6 Einer Aufteilung der Aufwendungen für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, die sowohl für betriebliche Zwecke des BgA als auch für die hoheitliche Tätigkeit der Trägerkörperschaft genutzt werden, entsprechend der jeweiligen Nutzung in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Anteil steht die Verselbstständigung des BgA entgegen; die Überlassung von Wirtschaftsgütern an die Trägerkörperschaft ohne angemessene Gegenleistung führt jedoch zu einer vGA.7
57
Die Überführung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens in den hoheitlichen Bereich oder in den Bereich der Vermögensverwaltung der Trägerkörperschaft führt zu einer Gewinnrealisierung durch Aufdeckung der stillen Reserven. Die Gewinnrealisierung erfolgt im Rahmen einer vGA, soweit die Übertragung ohne entsprechende Gegenleistung der Trägerkörperschaft erfolgt; eine Entnahme durch die Trägerkörperschaft wird durch die Verselbstständigung des BgA ausgeschlossen (Rz. 40).8 Eine vGA liegt auch bei einer Übertragung des Wirtschaftsguts an einen anderen BgA der Trägerkörperschaft vor, bei dem es gleichzeitig zu einer verdeckten Einlage kommt.9 Eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG kommt aufgrund der Verselbstständigung des BgA nicht in Betracht.10 Dies gilt in gleicher Weise für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG bei der Übertragung sämtlicher Wirtschaftsgüter des BgA.11 Die Aufdeckung der stillen Reserven unterbleibt analog § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG für Wirtschaftsgüter, die in einen Zweckbetrieb der Trägerkörperschaft iS der §§ 65 ff. AO überführt werden.12
58
Erbt die Trägerkörperschaft einen Betrieb, Teilbetrieb oder den Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb, so kann sie nach § 6 Abs. 3 EStG im Rahmen eines BgA die Buchwerte der Wirtschaftsgüter fortführen.13 Eine Ausnahme gilt bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, da es insoweit an einem BgA fehlt; in diesem Fall kommt es im Rahmen einer Betriebsaufgabe zur Aufdeckung der stillen Reserven.14
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Die Trägerkörperschaft ist nicht verpflichtet, den BgA mit einem bestimmten Eigenkapital auszustatten. Es steht der Trägerkörperschaft grundsätzlich frei, ob sie ihrem BgA Kapital als Fremdkapital überlässt oder durch Einlagen als Eigenkapital zuführt. Die angemessene Kapitalausstattung des BgA ist nur für den Abzug der an die Trägerkörperschaft gezahlten Darlehenszinsen von Bedeutung (Rz. 63).15
1 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 190; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 211. 2 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412: Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 211. 3 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412: Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 190; Döring in Schnitger/ Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 211. 4 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 190; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 211. 5 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 190. 6 BFH v. 12.7.1967 – I 267/63, BStBl. III 1967, 679; v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773. 7 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 189; Schiffers, DStZ 2009, 819 (821); aA Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 34. 8 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412; vgl. Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 221: Vermeidung der vGA durch Einstellung des Gewinns in Rücklagen des BgA. 9 Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 221; Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489 (492); BMF v. 11.9.2002 – IV A 2 - S 1910 - 194/02, BStBl. I 2002, 935 Rz. 27 mit Beispiel. 10 Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 42; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 147. 11 Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 42. 12 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 169. 13 BFH v. 24.3.1993 – I R 131/90, BStBl. II 1993, 799; v. 19.2.1998 – IV R 38/97, BStBl. II 1998, 509. 14 BFH v. 19.2.1998 – IV R 38/97, BStBl. II 1998, 509; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 176. 15 BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496; v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 60–62 § 4
Der BgA kann eine Rücklage nach § 6b EStG bilden, deren erfolgsneutrale Auflösung aufgrund der Verselbstständigung des BgA nur für Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des BgA möglich ist.1 Die Übertragung von Rücklagen zwischen verschiedenen BgA ist damit ausgeschlossen.2 Bei der Bildung von Gewinnrücklagen ist für unselbstständige BgA zwischen Eigen- und Regiebetrieben (Rz. 82) zu unterscheiden. Bei Eigenbetrieben sind Gewinnrücklagen im Hinblick auf die organisatorische Verselbstständigung in unbegrenzter Höhe zulässig. Im Gegensatz dazu können Regiebetriebe Gewinnrücklagen nur für betriebliche Zwecke bilden, da der Gewinn ansonsten dem allgemeinen Haushalt der Trägerkörperschaft zuzurechnen ist. Die Bildung von Gewinnrücklagen ist gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG für die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen der Trägerkörperschaft von Bedeutung, die der Kapitalertragsteuer unterliegen (Rz. 81 ff.).
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d) Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben Zu Betriebseinnahmen des BgA führt jede Vermögensmehrung, die durch die wirtschaftliche Tätigkeit des BgA veranlasst worden ist.3 Hierzu gehören auch Entgelte für die Überlassung des Betriebsvermögens des BgA an den hoheitlichen Bereich der Trägerkörperschaft und an Dritte sowie Erträge aus Beteiligungen im Betriebsvermögen des BgA. Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln, die durch die wirtschaftliche Tätigkeit des BgA veranlasst sind, führen ebenfalls zu Betriebseinnahmen des BgA.4 Bei öffentlichen oder privaten Investitionszuschüssen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens besteht ein Wahlrecht des BgA, die Zuschüsse als Betriebseinnahmen anzusetzen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der entsprechenden Wirtschaftsgüter zu mindern.5 Zuschüsse der Trägerkörperschaft an den BgA stellen demgegenüber Einlagen dar.6 Entgegen der Auffassung der Verwaltung7 liegt eine solche Einlage nicht schon dann vor, wenn der Zuschuss von der Trägerkörperschaft als Zuschussempfängerin an den BgA weitergeleitet wird, da es für die Annahme von Betriebseinnahmen allein auf den Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des BgA ankommt.
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Als Betriebsausgaben des BgA sind alle Aufwendungen anzuerkennen, die nach ihrer Zweckbestimmung ausschließlich durch die wirtschaftliche Tätigkeit des BgA verursacht worden sind; auf die Herkunft der Mittel zur Finanzierung dieser Aufwendungen kommt es insoweit nicht an.8 Bei gemischten Aufwendungen – wie den Gemeinkosten aus der Nutzung von Gebäuden oder dem Einsatz von Personal –, die durch die wirtschaftliche Tätigkeit und den Hoheitsbetrieb veranlasst sind, ist eine Aufteilung vorzunehmen, wenn hierfür ein objektiver Aufteilungsmaßstab besteht.9 Fehlt ein solcher Aufteilungsmaßstab, führen die Aufwendungen des BgA zu einer vGA.10 Eine vGA liegt auch vor, soweit Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens ohne angemessene Gegenleistung anteilig durch den Hoheitsbetrieb genutzt werden (Rz. 56; zu vGA bei BgA s. auch § 8 KStG Rz. 558). Miet- und Pachtzinszahlungen des BgA an die Trägerkörperschaft für die Überlassung von Wirtschaftsgütern stellen Betriebsausgaben des BgA dar, wenn die Überlassung auf einer Vereinbarung zwischen dem BgA und der Trägerkörperschaft beruht.11 Eine Ausnahme besteht für die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen, die dem notwendigen Betriebsvermögen des BgA zuzuordnen sind; Miet- und Pachtzinszahlungen begründen in diesem Fall eine vGA (Rz. 50). Bei öffentlichen Sachen ist die Zuordnung zum Betriebsver-
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Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 125. Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 226; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 46. Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 192; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 212. BFH v. 27.4.2000 – I R 12/98, BFH/NV 2000, 1365; v. 3.8.2005 – I B 242/04, BFH/NV 2005, 2210. BFH v. 27.4.2000 – I R 12/98, BFH/NV 2000, 1365; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 119; R 6.5 Abs. 2 EStR 2011; vgl. BMF v. 27.5.2003 – IV A 6 - S 2137 - 25/03, BStBl. I 2003, 361 zu privaten Baukostenzuschüssen bei Energieversorgungsunternehmen. Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 119; BayLfSt v. 21.8.2006 – S 2706 - 27 St31N, DB 2006, 1982. BayLfSt v. 21.8.2006 – S 2706 - 27 St31N, DB 2006, 1982; zustimmend Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 119. Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 196; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 212; vgl. R 33 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004: Aufwendungen der Trägerkörperschaft zu der Unterhaltung des BgA als Betriebsausgaben. Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 193; Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 34; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 214. Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 193; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 169. BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246.
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§ 4 Rz. 62–64
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
mögen des BgA ausgeschlossen; Aufwendungen des BgA sind nur im Rahmen einer Sondernutzungserlaubnis als Betriebsausgaben abziehbar (Rz. 52). 63
Darlehenszinsen, die vom BgA an die Trägerkörperschaft entrichtet werden, sind als Betriebsausgaben abziehbar, wenn zuvor eine klare und eindeutige Darlehensvereinbarung zwischen dem BgA und der Trägerkörperschaft abgeschlossen wurde.1 Dies ist erforderlich, weil es sich bei Vereinbarungen mit der Trägerkörperschaft nicht um Verträge im zivilrechtlichen Sinne, sondern nur um reine Dokumentationen für steuerliche Zwecke handelt. Der Abzug der Darlehenszinsen setzt eine angemessene Eigenkapitalausstattung des BgA voraus, für deren Beurteilung es auf das Verhältnis des Eigenkapitals zum Aktivvermögen ankommt.2 Nach Auffassung der Verwaltung ist hierfür eine Eigenkapitalquote von 30 % maßgeblich.3 Mit der hM ist dagegen auf die Eigenkapitalausstattung vergleichbarer privater Unternehmen im maßgeblichen Zeitraum abzustellen, da eine feste Quote nicht den unterschiedlichen Verhältnissen im jeweiligen Tätigkeitsbereich des BgA Rechnung trägt.4 Für die Prüfung der angemessenen Eigenkapitalausstattung ist von den Buchwerten in der Steuerbilanz am Anfang des Wj. auszugehen.5 Hierbei bleiben die stillen Reserven des Aktivvermögens ebenso unberücksichtigt wie Baukostenzuschüsse, passive Wertberichtigungsposten und Pensionsrückstellungen; unverzinsliche Darlehen der Trägerkörperschaft sind dem Eigenkapital hinzuzurechnen.6 Die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung ist für jeden VZ erneut zu prüfen.7 Der Grundsatz der angemessenen Eigenkapitalausstattung gilt auch für die Darlehensgewährung durch einen Gewährträger an eine Anstalt öffentlichen Rechts als BgA iSd. § 4 Abs. 2 KStG8 sowie für die Darlehensgewährung durch eine der Trägerkörperschaft nahestehende andere juristische Person des öffentlichen Rechts, wenn die Zinserträge im Bereich der Vermögensverwaltung vereinnahmt werden.9 Verfügt der BgA nicht über angemessenes Eigenkapital, so sind die Darlehenszinsen als vGA anzusehen, soweit die entsprechenden Darlehensmittel die unzureichende Eigenkapitalausstattung ausgleichen.10 Das FA trägt die Feststellungslast dafür, dass der BgA mit einem unangemessen niedrigen Eigenkapital ausgestattet ist.11 Bei der Trägerkörperschaft führen die Darlehenszinsen zu Einnahmen aus der Vermögensverwaltung, die nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen (Rz. 27); soweit eine vGA vorliegt, kommt bei der Trägerkörperschaft aber eine Steuerpflicht gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG in Betracht (Rz. 81 ff.).
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Der Abzug von Darlehenszinsen des BgA unterliegt nicht den Beschränkungen der Zinsschranke gem. § 8a KStG iVm. § 4h EStG, da die Trägerkörperschaft mit ihren BgA keinen (Gleichordnungs-)Konzern iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG bildet.12 Die Gegenauffassung sieht hierin einen Verstoß gegen die Verselbstständigung des BgA.13 Unabhängig von der Verselbstständigung des BgA fehlt es für die Konzernzugehörigkeit des BgA nach § 4 Abs. 3 Satz 5 EStG an der Betriebseigenschaft der Trägerkörperschaft.14 Verfügt die Trägerkörperschaft über mehrere BgA oder Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften, so liegen zwar mehrere Betriebe vor; im Hinblick auf die BgA ist ein Gleichordnungskonzern dennoch abzulehnen, da die Gleichbehandlung zu privaten Unternehmern bereits durch das Erfordernis der angemessenen Eigenkapitalausstattung gewährleistet wird.15 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
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Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 146. BFH v. 1.9.1982 – I R 52/78, BStBl. II 1983, 147; v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425. R 33 Abs. 2 Satz 3 KStR 2004. BFH v. 1.9.1982 – I R 52/78, BStBl. II 1983, 147; v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425; vgl. auch R 33 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004. R 33 Abs. 2 Satz 4 KStR 2004. BFH v. 1.9.1982 – I R 52/78, BStBl. II 1983, 147; R 33 Abs. 2 Satz 5 bis 7 KStR 2004. R 33 Abs. 2 Satz 9 KStR 2004. Döring in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 4 Rz. 231; aA OFD Hannover v. 27.6.1995 – S 2706 - 190 StH 231, S 2706 - 153 - StO 214, DB 1995, 1540 zu Abschn. 27a Abs. 3 KStR 1990. Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 230. BFH v. 1.9.1982 – I R 52/78, BStBl. II 1983, 147; v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425; R 33 Abs. 2 Satz 8 KStR 2004. Döring in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 4 Rz. 229. Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 240; Strunk/Hofacker, Stbg 2008, 249; BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 91; BT-Drucks. 16/5491, 11; aA Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 146b. Hüttemann, FR 2009, 308 (311). Vgl. zum Erfordernis zweier Betriebe Förster in Gosch2, § 4h EStG Exkurs Rz. 161; Loschelder in Schmidt33, § 4h EStG Rz. 27. AA Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 229: Vorrang der gesetzlichen Regelung in § 8a KStG.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 65–68 § 4
Die Zinsschranke findet jedoch Anwendung, wenn Beteiligungen an Kapitalgesellschaf- 65 ten im Betriebsvermögen des BgA gehalten werden.1 Zu beachten ist in diesem Fall, dass die für die Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen des BgA maßgebliche Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG von 3 Mio. Euro für einen zusammengefassten BgA iSd. § 4 Abs. 6 KStG nur einmal gilt, da insoweit nur ein Betrieb vorliegt.2 Kommt es zu einem Zinsvortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG, so ist dieser gem. § 4h Abs. 4 Satz 1 EStG gegenüber der Trägerkörperschaft unter Bezeichnung des BgA gesondert festzustellen.3 Die Zinsschranke greift nach Auffassung der Verwaltung nicht bei Bürgschaften und anderen Sicherheiten der Trägerkörperschaft, wenn deren Beteiligung mindestens 50 % beträgt und keine gesamtschuldnerische Mithaftung der Trägerkörperschaft oder eine sog. Back-to-back-Finanzierung vorliegt, bei der die Bank als Darlehensgeberin über die Sicherheiten hinaus Zugriff auf Kontoguthaben der Trägerkörperschaft iHd. Darlehensbeträge hat.4 Förderdarlehen öffentlich-rechtlicher Körperschaften wie der EU oder des Bundes, der Länder und der Gemeinden werden von der Verwaltung ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich der Zinsschranke einbezogen.5 Konzessionsabgaben des BgA an die Trägerkörperschaft, bei denen es sich um Entgelte 66 für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Versorgungsleitungen handelt,6 führen zu Betriebsausgaben, solange dem BgA ein ausreichender Gewinn verbleibt und die Abgaben preisrechtliche Höchstsätze aus den maßgeblichen Rechtsverordnungen für die Bereiche Strom und Gas7 sowie Wasser8 nicht überschreiten.9 Der Mindestgewinn des BgA darf 1,5 % des eigenen oder gemieteten Sachanlagevermögens zu Beginn des Wj. nicht unterschreiten.10 Aufwendungen der Trägerkörperschaft für den BgA sind aufgrund der Verselbstständigung des BgA ohne vorherige klare und eindeutige Vereinbarung regelmäßig nicht als Betriebsausgaben beim BgA abziehbar.11 Dies gilt auch dann, wenn Personal aus dem Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft im BgA eingesetzt wird.12 Die Verwaltung lässt für angemessene Aufwendungen zur Unterhaltung des BgA einen Abzug als Betriebsausgaben auch ohne besondere Regelung zu.13 Sie knüpft hiermit an die Rspr. an, die eine solche Ausnahme bei Aufwendungen für Rechnungs- und Kassenprüfungen durch die Trägerkörperschaft angenommen hat, da es sich hierbei um betrieblich veranlassten Aufwand des BgA handelt, der nicht durch das Verhältnis zur Trägerkörperschaft veranlasst ist.14
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e) Einlagen Die Trägerkörperschaft kann dem BgA Vermögenswerte in Form von Einlagen zuführen. Die Einlagen sind, insbesondere in den Fällen verdeckter Einlagen, von steuerpflichtigen Betriebseinnahmen abzugrenzen. Die Zuwendung von Vermögenswerten führt zu einer steuerfreien Einlage, wenn sie ihre Ursache im engen Verhältnis des BgA zur Trägerkörperschaft hat; maßgeblich hierfür ist wie bei einer vGA der Fremdvergleich.15 Einlagen sind daher re1 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 91. 2 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 146a; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 240; vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 57 zur vergleichbaren Regelung für den Organkreis. 3 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 49. 4 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 93; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 146b. 5 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 94. 6 Vgl. § 1 Abs. 2 Konzessionsabgabenverordnung v. 9.1.1992, BGBl. I 1992, 12. 7 Konzessionsabgabenverordnung v. 9.1.1992, BGBl. I 1992, 12. 8 Konzessionsabgabenanordnung v. 4.3.1941 idF v. 7.3.1975, Bundesanzeiger 1975, Nr. 49; vgl. zur Bestimmung der für die Staffelung der Höchstsätze maßgeblichen Einwohnerzahl BFH v. 31.1.2012 – I R 1/11, BStBl. II 2012, 694 und BMF v. 24.8.2012 – IV C 2 - S 2744/07/10001 :002 – DOK 2012/0598111, BStBl. I 2012, 904. 9 BFH v. 1.9.1982 – I R 44/78, BStBl. II 1982, 783; v. 31.1.2012 – I R 1/11, BStBl. II 2012, 694; BMF v. 9.2.1998 – IV B 7 - S 2744 - 2/98, BStBl. I 1998, 209 Rz. III.2.1; Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 42. 10 BMF v. 27.9.2002 – IV A 2 - S 2744 - 5/02, BStBl. I 2002, 940; vgl. aber BFH v. 6.4.2005 – I R 15/04, BStBl. II 2006, 196: Verzicht auf Mindestgewinn in Anlaufphase. 11 Hüttemann, FR 2009, 308 (311). 12 Offengelassen für den Einsatz von Beamten durch BFH v. 5.4.2006 – I R 46/04, BStBl. II 2006, 688. 13 R 33 Abs. 3 Satz 1 KStR. 14 BFH v. 28.2.1990 – I R 137/86, BStBl. II 1990, 647. 15 BFH v. 9.3.1983 – I R 182/78, BStBl. II 1983, 744; v. 15.10.1997 – I R 80/96, BFH/NV 1998, 624; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 162.
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§ 4 Rz. 68–72
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
gelmäßig bei einem Verlustausgleich durch die Trägerkörperschaft gegeben.1 Nutzt der BgA Wirtschaftsgüter der Trägerkörperschaft, so liegt eine steuerlich unbeachtliche Nutzungseinlage vor.2 Der Auffassung der Verwaltung, dass in diesem Fall für den BgA ein Abzug von Betriebsausgaben aufgrund einer gedachten Vereinbarung mit der Trägerkörperschaft in Betracht kommt,3 steht die Verselbstständigung des BgA entgegen. 69
Die von der Trägerkörperschaft in den BgA eingebrachten Wirtschaftsgüter sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert anzusetzen.4 Dies gilt auch bei wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften; die Sonderregelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 5a und 5b EStG, die einen Ansatz mit den Anschaffungskosten vorsehen, finden keine Anwendung, da ansonsten die während der Zugehörigkeit zum steuerfreien Hoheitsbereich entstandenen stillen Reserven der Beteiligungen der Besteuerung unterworfen würden.5
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Die Einlagen sind gem. § 27 Abs. 7 KStG im steuerlichen Einlagekonto zu erfassen, dessen Bestand nach § 27 Abs. 2 KStG gesondert festgestellt wird. Die getrennte Erfassung der Einlagen setzt voraus, dass der BgA Leistungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG gewähren kann, die der Kapitalertragsteuer unterliegen. Das steuerliche Einlagekonto dient damit der Abgrenzung der Einlagen vom übrigen Eigenkapital des BgA und ermöglicht die Feststellung, ob eine Rückgewähr von Einlagen vorliegt, für die keine Kapitalertragsteuer anfällt (Rz. 85).6 Erfüllt ein rechtlich unselbstständiger BgA nicht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG, da er weder den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt noch die in dieser Vorschrift genannten Grenzen für Umsatz und Gewinn überschreitet, so ist eine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nicht durchzuführen.7 f) Verdeckte Gewinnausschüttung
71 Vermögensverschiebungen vom BgA in den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft führen aufgrund der Verselbstständigung des BgA nicht zu einer Entnahme, sondern zu einer vGA.8 Eine vGA liegt damit nicht nur bei einer Überführung von Wirtschaftsgütern des BgA in den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft vor, sondern bei jeder Leistung des BgA, die nach dem Fremdvergleich ohne angemessene Gegenleistung erfolgt. Zu einer vGA kann es insbesondere bei der Zahlung von Miet- oder Pachtzinsen durch den BgA für die Überlassung von Wirtschaftsgütern des Hoheitsvermögens (Rz. 52), bei Zinszahlungen für die Gewährung von Darlehen durch die Trägerkörperschaft (Rz. 63) und bei Konzessionsabgaben an die Trägerkörperschaft (Rz. 66) kommen. Die außerbetriebliche Nutzung von Wirtschaftsgütern des BgA durch die Trägerkörperschaft9 und die zinslose Überlassung von Kapital des BgA an die Trägerkörperschaft für hoheitliche Zwecke10 begründen ebenfalls eine vGA. 72
Eine vGA liegt auch bei einem strukturell dauerdefizitären BgA vor, da eine fortdauernde Kostenunterdeckung beim BgA ohne vertragliche Verpflichtung der Trägerkörperschaft zum Verlustausgleich dem Fremdvergleich nicht standhält.11 Die Rechtsfolgen der vGA sind jedoch gem. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG bei einem BgA nicht zu ziehen, der ein Dauerverlustgeschäft iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG betreibt. Durch diese Sonderregelung bleibt die vGA in vielen Bereichen, in denen eine wirtschaftliche Betätigung der Trägerkörperschaft nur ohne kostendeckendes Entgelt möglich ist, ohne steuerliche Auswirkung (§ 8 KStG Rz. 564 f.).
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Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 163. Heger, FR 2009, 301 (303). R 33 Abs. 3 KStR 2004. BFH v. 1.7.1987 – I R 197/83, BStBl. II 1987, 865. Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 161; aA Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489 (493): teleologische Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 5a und 5b EStG. Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 148; Gastl, DStZ 2004, 323; vgl. BFH v. 11.9.2013 – I R 77/11, BFH/NV 2014, 105. FG BW v. 16.3.2006 – 6 K 177/03, EFG 2006, 1008 (rkr.). BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412. Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 130. FG Hess. v. 6.11.2000 – 4 K 1984/00, EFG 2001, 591 (rkr). BFH v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773; v. 14.7.2004 – I R 9/03, BFH/NV 2004, 1689; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 73–76 § 4
g) Veräußerung, Betriebsaufgabe und Liquidation Bei Veräußerung, Aufgabe und Liquidation des BgA kommt es zur Gewinnrealisierung 73 durch Aufdeckung der stillen Reserven.1 Dies gilt auch insoweit, als die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bei der Veräußerung nicht auf den Erwerber übertragen werden, sondern in den Bereich der Vermögensverwaltung der Trägerkörperschaft übergehen.2 Im Gegenzug erlöschen die Verbindlichkeiten des BgA gegenüber der Trägerkörperschaft durch Konfusion.3 Die Aufgabe eines BgA in Form eines Verpachtungsbetriebs kann nur dadurch erfolgen, dass die Verpachtung als solche durch Beendigung oder Veräußerung des Verpachtungsbetriebs aufgegeben wird; eine bloße Aufgabeerklärung kommt insoweit nicht in Betracht, da eine Überführung des Verpachtungsbetriebs in den Bereich der Vermögensverwaltung der Trägerkörperschaft gem. § 4 Abs. 4 KStG ausgeschlossen ist.4 Eine Aufdeckung der stillen Reserven unterbleibt bei einer Veräußerung des BgA im 74 Hinblick auf solche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG an eine steuerbegünstigte Körperschaft iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke unentgeltlich überlassen bzw. in einen Zweckbetrieb der Trägerkörperschaft überführt werden (Rz. 57) oder weiterhin der wirtschaftlichen Tätigkeit eines verbleibenden BgA dienen.5 Die Umwandlung eines BgA durch Einbringung in eine Kapitalgesellschaft kann gem. § 20 UmwStG ebenfalls ohne Aufdeckung der stillen Reserven durch Ansatz des Buchwerts durchgeführt werden.6 § 20 UmwStG findet jedoch keine Anwendung, wenn es nur zu einer Übertragung sämtlicher Wirtschaftsgüter des BgA kommt, ohne dass die Trägerkörperschaft Gesellschaftsrechte an der Kapitalgesellschaft erhält.7 Die Einbringung des BgA löst gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG eine Kapitalertragsteuer iHv. 15 % aus (Rz. 81). h) Verlustverrechnung Verluste eines BgA können nicht im Wege des Verlustabzugs nach § 10d EStG mit Einkünften der Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen verrechnet werden;8 eine Ausnahme besteht nur für handelsrechtliche Verlustvorträge bei Eigenbetrieben, die zu einer Verminderung der nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen führen (Rz. 88). Eine Verlustverrechnung zwischen einzelnen BgA kommt nur bei einer Zusammenfassung von BgA nach § 4 Abs. 6 KStG in Betracht. Nach § 8 Abs. 8 Satz 1 KStG ist innerhalb des zusammengefassten BgA ein Verlustabzug nach § 10d EStG möglich (§ 8 KStG Rz. 1878 f.). Für die Verlustverrechnung zwischen den einzelnen vor der Zusammenfassung bestehenden BgA und dem zusammengefassten BgA ergeben sich Einschränkungen aus § 8 Abs. 8 Satz 2 bis 4 KStG. Ein Verlustrücktrag auf die einzelnen vor der Zusammenfassung bestehenden BgA ist nach § 8 Abs. 8 Satz 3 KStG unzulässig. Die für die einzelnen vor der Zusammenfassung bestehenden BgA festgestellten Verluste können gem. § 8 Abs. 8 Satz 2 KStG nicht im Wege des Verlustvortrags beim zusammengefassten BgA abgezogen werden; die Verluste werden jedoch bei den betreffenden BgA festgeschrieben und können dort gem. § 8 Abs. 8 Satz 4 KStG nach Beendigung der Zusammenfassung wieder im Wege des Verlustabzugs nach § 10d EStG genutzt werden (§ 8 KStG Rz. 1880 ff.). Gleichartige BgA sind nach § 8 Abs. 8 Satz 5 KStG von den genannten Einschränkungen ausgenommen; der Vor- und Rücktrag von Verlusten ist insoweit auch zwischen den einzelnen BgA vor und nach der Zusammenfassung einerseits und dem zusammengefassten BgA andererseits möglich (§ 8 KStG Rz. 1884 f.).
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i) Organschaft Eine juristische Person des öffentlichen Rechts kann nur durch einen BgA Organträgerin sein. Ein BgA ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG tauglicher Organträger, wenn er ein gewerb-
1 BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 264. 2 FG München v. 17.2.2004 – 6 K 2914/01, juris (rkr.); FG Saarl. v. 12.5.2011 – 1 K 1099/06, juris (rkr.); Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 44. 3 FG München v. 17.2.2004 – 6 K 2914/01, juris (rkr.); Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 44. 4 BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716. 5 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 174; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 265. 6 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 175; Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489 (492). 7 Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 42; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 147; Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489 (492). 8 BFH v. 23.1.2008 – I R 18/07, BStBl. II 2008, 573.
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§ 4 Rz. 76–79
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
liches Unternehmen ist; dies setzt das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht voraus.1 An einer gewerblichen Tätigkeit des BgA fehlt es auch dann, wenn der BgA ein Dauerverlustgeschäft iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ausübt, da durch § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG nur die Anwendung der Grundsätze über die Liebhaberei ausgeschlossen wird.2 Für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht kommt es auf die jeweilige wirtschaftliche Betätigung des BgA an; ein dauerdefizitärer BgA Bäderbetriebe kann damit durch positive Erträge aus einer Beteiligung der Trägerkörperschaft nicht zum Organträger werden, da diese Erträge nicht im gewillkürten Betriebsvermögen des BgA (Rz. 54), sondern in einem selbstständigen Tätigkeitsbereich anfallen und eine Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG aufgrund der Zuordnung der Beteiligung zur Vermögensverwaltung ausscheidet (Rz. 134).3 Die bloße Beteiligung des BgA an der Organgesellschaft begründet nur dann eine gewerbliche Tätigkeit, wenn eine Betriebsaufspaltung vorliegt und der BgA als Besitzunternehmen unter Einbeziehung der Beteiligungserträge auf Dauer Gewinne erzielen kann.4 j) Spendenabzug 77 Dem BgA steht gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG der Spendenabzug für Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke iS der §§ 52 bis 54 AO zu. Der Spendenabzug kommt aufgrund der Verselbstständigung des BgA (Rz. 40) grds. auch für Zuwendungen an die Trägerkörperschaft in Betracht. Aus dem Verweis auf § 8 Abs. 3 KStG folgt jedoch, dass der Spendenabzug für Zuwendungen ausscheidet, die als (offene) Einkommensverteilung (Satz 1) oder als vGA (Satz 2) anzusehen sind.5 Eine Einkommensverteilung liegt vor, wenn eine Sparkasse aus dem Teil des festgestellten Jahresüberschusses, auf dessen Zuführung der Gewährträger zuvor verzichtet hat, eine Zuwendung an einen Dritten leistet, zu deren Vornahme die Trägerkörperschaft verpflichtet ist.6 Wird eine Zuwendung an die Trägerkörperschaft oder den Gewährträger geleistet, ist nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs abzugrenzen, ob eine abzugsfähige Spende oder eine vGA vorliegt.7 Hierbei ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die an die Trägerkörperschaft bzw. den Gewährträger geleisteten Zuwendungen des BgA die im gleichen Wirtschaftsjahr und in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren durchschnittlich an Dritte vorgenommenen Spenden übersteigen.8 Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für mittelbare Zuwendungen des BgA, die sich daraus ergeben, dass die Trägerkörperschaft bzw. der Gewährträger zu einer vom BgA an einen Dritten geleisteten Zuwendung verpflichtet gewesen wäre oder sich einer solchen Verpflichtung nicht hätte entziehen können.9 4. Steuerbefreiung 78 Die berufsständische Versorgungseinrichtung einer Kammer zur Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung stellt einen BgA dar, der nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 KStG steuerbefreit ist. Die Steuerbefreiung erfasst auch Erträge des BgA aus der Verpachtung und aus mitunternehmerischer Beteiligung, wenn die Versorgungseinrichtung zu diesen Kapitalanlagen berechtigt ist.10 79
Die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten Zwecken iSd. § 51 Abs. 1 Satz 1 AO dienen, ist auch auf BgA anwendbar.11 Zu den Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gehören auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit diese im Rahmen eines BgA tätig werden; dies ergibt sich aus dem in § 51 Abs. 1 Satz 2 AO enthaltenen Verweis auf § 1 Abs. 1 KStG sowie
1 BFH v. 2.9.2009 – I R 20/09, BFH/NV 2010, 391; FG Düsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, EFG 2011, 1732 (rkr.). 2 FG Düsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, EFG 2011, 1732 (rkr.). 3 FG Düsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 (Rev. BFH I R 26/14). 4 BFH v. 2.9.2009 – I R 20/09, BFH/NV 2010, 391; v. 24.7.2013 – I R 40/12, BStBl. II 2014, 272. 5 BFH v. 8.4.1992 – I R 126/90, BStBl. II 1992, 849. 6 BFH v. 1.2.1989 – I R 98/84, BStBl II. 1989, 471; v. 8.4.1992 – I R 126/90, BStBl. II 1992, 849. 7 Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 45; Weitemeyer, FR 2009, 1 (7). 8 BFH v. 9.8.1989 – I R 4/84, BStBl. II 1990, 237; v. 8.4.1992 – I R 126/90, BStBl. II 1992, 849; v. 19.12.2007 – I R 83/06, BFH/NV 2008, 988. 9 BFH v. 21.1.1970 – I R 23/68, BStBl. II 1970, 468; v. 19.6.1974 – I R 94/71, BStBl. II 1974, 586. 10 BFH v. 9.2.2011 – I R 47/09, BFH/NV 2011, 1257. 11 BFH v. 31.10.1984 – I R 21/81, BStBl. II 1985, 162; v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246; v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625; v. 12.7.2012 – I R 106/10, BStBl. II 2012, 83; Nr. 1 Satz 2 AEAO zu § 51 Abs. 1.
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B. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1)
Rz. 79–82 § 4
dem Wortlaut des § 55 Abs. 3 AO.1 Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG setzt gem. § 59 AO voraus, dass der BgA nach seiner Satzung oder seiner sonstigen Verfassung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke iSd. § 51 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt.2 Soweit der BgA nicht über eine Satzung verfügt, muss dessen Verfassung von der Trägerkörperschaft konkret festgelegt werden.3 Ein gemeinnütziger BgA unterliegt nur insoweit der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, als er als Zweckbetrieb iS der §§ 65 bis 68 AO anzusehen ist; die übrigen Einkünfte des BgA sind im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs iSd. § 64 AO steuerpflichtig.4 Verfolgt die Trägerkörperschaft selbst ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke, so ist eine Verlustverrechnung zwischen mehreren steuerpflichtigen BgA nur nach § 4 Abs. 6 KStG möglich. § 64 Abs. 2 AO findet insoweit keine Anwendung, da die Vorschrift nur für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gilt und zwischen diesen einen Verlustausgleich ermöglichen soll, ohne dass es zu einer Mittelfehlverwendung iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO kommt, die den Verlust der Steuervergünstigung zur Folge hätte; ein Verlust der Steuerbefreiung kommt bei den einzelnen BgA der Trägerkörperschaft dagegen nicht in Betracht.5 Eine Verlustverrechnung nach § 64 Abs. 2 AO ist jedoch im Rahmen eines einheitlichen BgA möglich, wenn neben dem Zweckbetrieb mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe vorliegen.6 Ein einheitlicher BgA ist anzunehmen, wenn die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe wirtschaftlich, funktionell und organisatorisch eng mit dem Zweckbetrieb verbunden sind, sodass sie als Gesamtheit in Erscheinung treten.7
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5. Steuerabzug für Gewinnabführung an Trägerkörperschaft Gewinnabführungen an die Trägerkörperschaft durch einen BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit stellen trotz der Verselbstständigung des BgA keine Gewinnausschüttungen dar, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG gelten die Gewinne eines solchen BgA, die nicht den Rücklagen zugeführt werden oder sich aus deren Auflösung zu Zwecken außerhalb des BgA ergeben8, und vGA bei der Trägerkörperschaft als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn der Gewinn des BgA gem. § 4 Abs. 1 EStG ermittelt wird bzw. mehr als 30 000 Euro im Wirtschaftsjahr beträgt, ein Gewinn iSd. § 22 Abs. 4 UmwStG vorliegt9 oder die Umsätze des BgA mit Ausnahme der steuerfreien Umsätze iSd. § 4 Nr. 8 bis 10 UStG 350 000 Euro im Kalenderjahr übersteigen. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG enthält damit eine Ausschüttungsfiktion, da es auf die tatsächliche Gewinnabführung an die Trägerkörperschaft nicht ankommt.10
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BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind unselbstständige oder nur mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestattete Einrichtungen der Trägerkörperschaft, die rechtlich Teil des Vermögens der Trägerkörperschaft bleiben. Bei Regiebetrieben bildet der jeweilige BgA finanzwirtschaftlich kein Sondervermögen der Trägerkörperschaft; Einnahmen und Ausgaben sind daher unmittelbar dem Haushalt der Trägerkörperschaft zuzurechnen.11 Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Eigenbetrieben um organisatorisch und haushaltsmäßig verselbstständigte Einrichtungen der Trägerkörperschaft, die mit einer Betriebssatzung und eigenem Rechnungswesen versehen sind. Eigenbetriebe sind damit finanzwirtschaftlich Sondervermögen der Trägerkörperschaft.12
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1 BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625; v. 27.11.2013 – I R 17/12, BFH/NV 2014, 984; FG Münster v. 7.12.2010 – 15 K 3110/06 U, EFG 2011, 842 (rkr.); Eversberg/Baldauf, DStZ 2011, 597 (598). 2 BFH v. 31.10.1984 – I R 21/81, BStBl. II 1985, 162; v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625. 3 BFH v. 31.10.1984 – I R 21/81, BStBl. II 1985, 162; FG Münster v. 7.12.2010 – 15 K 3110/06 U, EFG 2011, 842 (rkr.). 4 BFH v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246; Eversberg/Baldauf, DStZ 2011, 597 (598). 5 BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625; aA Hüttemann, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 190 ff.; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 173. 6 Eversberg/Baldauf, DStZ 2011, 597 (604). 7 Eversberg/Baldauf, DStZ 2011, 597 (601 f.) mit Beispielen. 8 § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG; für die Fälle der Einbringung und des Formwechsels nach dem UmwStG wird die Auflösung der Rücklagen fingiert; zur zeitlichen Anwendung dieser Fiktion vgl. FG Münster v. 14.11.2012 – 10 K 3378/09 Kap, EFG 2013, 619 (Rev. BFH I R 7/13). 9 Zur Auswirkung der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft selbst s. Rz. 74 am Ende. 10 BFH v. 11.7.2007 – I R 105/05, BStBl. II 2007, 841; v. 16.11.2011 – I R 108/09, BStBl. II 2013, 328. 11 BFH v. 23.1.2008 – I R 18/07, BStBl. II 2008, 573; v. 16.11.2011 – I R 108/09, BStBl. II 2013, 328. 12 BFH v. 23.1.2008 – I R 18/07, BStBl. II 2008, 573; v. 16.11.2011 – I R 108/09, BStBl. II 2013, 328; Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 16.
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§ 4 Rz. 83–88
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
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Für die Gewinne, die von der Ausschüttungsfiktion erfasst werden, hat der BgA gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG Kapitalertragsteuer in Höhe von 15 % (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu entrichten. Dem Steuerabzug kommt gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG aufgrund der beschränkten Steuerpflicht der Trägerkörperschaft (§ 2 Nr. 2 KStG) abgeltende Wirkung zu. Ist die Trägerkörperschaft wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit, so unterbleibt der Abzug der Kapitalertragsteuer gem. § 44a Abs. 7 Satz 1 EStG unabhängig davon, ob die Ausschüttungsfiktion eingreift.
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Die Ausschüttungsfiktion des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG greift nicht ein, wenn die dort genannten Gewinn- und Umsatzgrenzen nicht überschritten werden und der BgA seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. In diesem Fall liegen bei der Trägerkörperschaft keine steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, von denen Kapitalertragsteuer erhoben wird. Dies gilt in gleicher Weise, wenn der BgA von der Körperschaftsteuer befreit ist; wirtschaftliche Geschäftsbetriebe eines solchen BgA führen jedoch bei der Trägerkörperschaft zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG).
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Für die Bemessung der Kapitalertragsteuer sind die steuerpflichtigen fiktiven Gewinnausschüttungen des BgA von der steuerfreien Rückzahlung von Einlagen abzugrenzen. Zu diesem Zweck hat der BgA ein steuerliches Einlagekonto zu führen (Rz. 70). Die Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos mindert den ausschüttbaren Gewinn iSd. § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG und führt insoweit gem. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG zu einer Rückzahlung von Einlagen. Einlagen, die von der Trägerkörperschaft unter Geltung des Anrechnungsverfahrens zum Ausgleich von Verlusten gewährt wurden, werden im Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos nicht berücksichtigt.1 Dem Anfangsbestand sind jedoch sonstige Einlagen und Gewinnrücklagen vor dem Systemwechsel hinzuzurechnen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.2
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Der für § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG maßgebliche Gewinn des BgA ist nicht nach dem steuerlichen, sondern nach dem handelsrechtlichen Jahresergebnis iSd. § 275 HGB zu ermitteln, da die Ausschüttungsfiktion des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG Vorgänge erfassen soll, die bei anderen Körperschaften als tatsächliche, vom handelsrechtlichen Jahresüberschuss abhängige Gewinnausschüttungen anzusehen sind.3 Die Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Jahresergebnisses gilt sowohl für bilanzierende BgA als auch für BgA mit einer (steuerrechtlichen) Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG.4
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Der Gewinn des BgA führt nur insoweit zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen der Trägerkörperschaft, als er nicht den Rücklagen zugeführt wird. Bei Eigenbetrieben gilt der Gewinn des Wirtschaftsjahrs als den Rücklagen zugeführt, soweit das zuständige Gremium keinen Beschluss zur Überführung in den allgemeinen Haushalt der Trägerkörperschaft gefasst hat, durch den der Gewinn der Trägerkörperschaft zur Verfügung gestellt wird, und soweit der Gewinn der Trägerkörperschaft auch nicht tatsächlich im Rahmen einer vGA zugeführt worden ist.5 Bei Regiebetrieben kommt es hierauf wegen der fehlenden Vermögenstrennung nicht an. Die Bildung von Rücklagen setzt hier ein betriebliches Erfordernis voraus.6 Im Gegensatz zum Eigenbetrieb sind die Gewinne eines Regiebetriebs damit bei der Trägerkörperschaft regelmäßig unmittelbar und zeitgleich als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.7 Die Verselbstständigung des BgA (Rz. 40) wird dadurch für Regiebetriebe eingeschränkt.8
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Ein nicht ausgeglichener Verlustvortrag des BgA mindert bei Eigenbetrieben, denen der Verlustvortrag durch die Eigenbetriebsgesetze und -verordnungen der Länder gestattet
1 BFH v. 21.8.2007 – I R 78/06, BStBl. II 2008, 317; v. 9.4.2008 – I R 68-70/06, juris; FG Münster v. 30.1.2013 – 9 K 27/11 F, EFG 2013, 1165 (rkr.). 2 BMF v. 11.9.2002 – IV A 2 - S 1910 - 194/02, BStBl. I 2002, 935 Rz. 13, 25. 3 BFH v. 11.9.2013 – I R 77/11, BFH/NV 2014, 105; BMF v. 11.9.2002 – IV A 2 - S 1910 - 194/02, BStBl. I 2002, 935 Rz. 22. 4 Bott/Schiffers, DStZ 2013, 886 (893). 5 BFH v. 16.11.2011 – I R 108/09, BStBl. II 2013, 328; aA BMF v. 8.8.2005 – IV B 7 - S 2706a - 4/05, BStBl. I 2005, 831: Vorliegen eines betrieblichen Erfordernisses. 6 BFH v. 16.11.2011 – I R 108/09, BStBl. II 2013, 328; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 127; BMF v. 8.8.2005 – IV B 7 - S 2706a - 4/05, BStBl. I 2005, 831. 7 BFH v. 11.9.2013 – I R 77/11, BFH/NV 2014, 105. 8 Bott/Schiffers, DStZ 2013, 886 (890).
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C. Juristische Person des çffentlichen Rechts als BgA (Abs. 2)
Rz. 88–91 § 4
wird,1 die steuerpflichtigen Einkünfte der Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen.2 Bei Regiebetrieben ist ein Verlustvortrag zur Verrechnung der für den BgA festgestellten Verluste mit den Kapitaleinkünften der Trägerkörperschaft nicht möglich, da der Verlust im Entstehungsjahr als durch Einlagen der Trägerkörperschaft ausgeglichen gilt und zu einem entsprechenden Zugang im steuerlichen Einlagekonto führt, der den ausschüttbaren Gewinn mindert (Rz. 85).3 Trotz der unterschiedlichen Auswirkung der Verlustberücksichtigung über den Verlustvortrag einerseits und über die Erhöhung des steuerlichen Einlagenkontos andererseits werden Eigenbetriebe und Regiebetriebe damit im Hinblick auf die Verluste im Ergebnis gleichbehandelt, da in beiden Fällen die steuerpflichtigen Einkünfte der Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen in den Folgejahren vermindert werden.4 Leistungen eines BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit iSd. § 4 Abs. 2 KStG führen gem. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG nur dann bei der Trägerkörperschaft zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn sie mit Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft vergleichbar sind. Dies gilt durch den Verweis auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für vGA. Für die Abgrenzung zur steuerfreien Rückzahlung von Einlagen hat der BgA ein steuerliches Einlagekonto zu führen (Rz. 70).
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6. Besteuerungsverfahren Die Trägerkörperschaft hat für jeden BgA eine eigene Körperschaftsteuererklärung abzugeben.5 Bei der Veranlagung ist für jeden BgA ein Freibetrag gem. § 24 Satz 1 KStG iHv. 5000 Euro zu berücksichtigen. Die Körperschaftsteuer beträgt gem. § 23 Abs. 1 KStG 15 % des zu versteuernden Einkommens. Für jeden BgA wird ein eigener Körperschaftsteuerund Gewerbesteuerbescheid erlassen;6 bei einer Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 KStG ergeht ein Steuerbescheid nur für den zusammengefassten BgA.
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Inhaltsadressat des Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheids ist nicht der einzelne BgA, sondern die Trägerkörperschaft als Steuersubjekt.7 In gleicher Weise ergeht ein Umsatzsteuerbescheid gegen die Trägerkörperschaft, da das von ihr betriebene Unternehmen gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die gesamte gewerbliche Tätigkeit umfasst.8 Die Trägerkörperschaft selbst ist auch Beteiligte des Verfahrens der gesonderten und einheitlichen Feststellung im Hinblick auf eine Personengesellschaft, deren Beteiligung im Betriebsvermögen des BgA gehalten wird; die Zurechnung der Einkünfte aus der Beteiligung zum BgA ist nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens, sondern des nachfolgenden Besteuerungsverfahrens der Trägerkörperschaft.9 Ein gegen den BgA erlassener Steuerbescheid ist nichtig, sofern sich nicht im Wege der Auslegung ergibt, dass er sich gegen die Trägerkörperschaft richtet.10 Rechtsmittel gegen die Steuerbescheide können nur durch die Trägerkörperschaft als Inhaltsadressatin eingelegt werden; Einspruch und Klage durch den BgA sind daher unzulässig, sofern nicht eine Auslegung als Rechtsmittel der Trägerkörperschaft möglich ist.11
C. Juristische Person des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art (Abs. 2) Ein steuerpflichtiger BgA liegt gem. § 4 Abs. 2 KStG auch dann vor, wenn er selbst eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Die Vorschrift stellt klar, dass ein BgA auch bei dessen sachlicher Übereinstimmung mit der Trägerkörperschaft anzunehmen ist. Hauptzweck der Trägerkörperschaft ist in diesem Fall nicht die Ausübung von Hoheitsrechten, sondern die wirtschaftliche Betätigung.12 Zu den BgA iSd. § 4 Abs. 2 KStG gehören insbesondere Anstalten öffentlichen Rechts wie öffentliche Sparkassen, Landesbanken oder öf1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Vgl. § 10 Abs. 6 Eigenbetriebsverordnung NRW v. 16.11.2004, GVBl. 2004, 644. BFH v. 23.1.2008 – I R 18/07, BStBl. II 2008, 573; v. 11.9.2013 – I R 77/11, BFH/NV 2014, 105. BFH v. 23.1.2008 – I R 18/07, BStBl. II 2008, 573; v. 11.9.2013 – I R 77/11, BFH/NV 2014, 105. BFH v. 11.9.2013 – I R 77/11, BFH/NV 2014, 105; Bott/Schiffers, DStZ 2013, 886 (890). Vgl. BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. Hüttemann, FR 2009, 308 (311). BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; v. 3.12.2010 – V B 35/10, BFH/NV 2011, 462; AEAO zu § 122 Rz. 2.8.2. BFH v. 3.12.2010 – V B 35/10, BFH/NV 2011, 462; Seer/Klemke, BB 2010, 2015 (2018); Baldauf, DStZ 2011, 35 (42 f.). BFH v. 27.11.2012 – IV B 64/12, BFH/NV 2013, 514. BFH v. 9.7.1996 – VII R 136/95, BFH/NV 1997, 10; v. 3.12.2010 – V B 35/10, BFH/NV 2011, 462. FG Nürnberg v. 4.4.2006 – I 365/2004, EFG 2007, 432 (rkr.). Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 82; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 40.
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§ 4 Rz. 91–94
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
fentlich-rechtliche Kredit- und Versicherungsanstalten, sofern sie nicht nach § 4 Abs. 5 KStG als Hoheitsbetriebe anzusehen sind.1 Ein BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit kann zudem auch bei einer Stiftung oder einem Zweckverband vorliegen.2 In den von § 4 Abs. 2 KStG betroffenen Fällen ist der BgA nicht nur Zuordnungsobjekt, sondern zugleich auch Steuersubjekt, Steuersubjekt und -objekt sind also identisch.3
D. Versorgungs-, Verkehrs- und Hafenbetriebe (Abs. 3) 92 Gem. § 4 Abs. 3 KStG gehören zu den BgA auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. Der Vorschrift kommt klarstellende Bedeutung für besonders wichtige Anwendungsfälle des BgA zu.4 Sie regelt als lex specialis zu § 4 Abs. 5 KStG, dass die Daseinsvorsorge durch die genannten Betriebe nicht dem Hoheitsbereich zuzuordnen ist, da sie im Wettbewerb zu privaten Unternehmen erfolgt.5 Ein im Versorgungsgebiet bestehender Anschluss- und Benutzungszwang führt daher nicht zur Annahme eines Hoheitsbetriebs.6 § 4 Abs. 3 KStG fasst danach den Begriff der Ausübung öffentlicher Gewalt für den Bereich des KStG enger als das allgemeine Verwaltungsrecht,7 wodurch sichergestellt wird, dass nicht jede Ausübung öffentlicher Gewalt im verwaltungsrechtlichen Sinne dem hoheitlichen Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im steuerlichen Sinne zuzuordnen ist.8 Die Norm enthält aber keine zusätzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines BgA; die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 KStG sind regelmäßig erfüllt, wenn der Versorgungs-, Verkehrs- oder Hafenbetrieb von einiger wirtschaftlicher Bedeutung ist. 93
Versorgungsbetriebe iSd. § 4 Abs. 3 KStG sind Einrichtungen im Bereich der Wasser-, Gas-, Elektrizitäts- oder Wärmeversorgung, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu tragbaren Bedingungen erfüllen sollen.9 § 4 Abs. 3 KStG erfasst auch Nebengeschäfte zu diesen Versorgungsleistungen.10 Die Erbringung von Leistungen in anderen Bereichen wie der Telekommunikation11 oder der Bäderbetriebe12 begründet dagegen keinen Versorgungsbetrieb. Lässt sich der Versorgungsbetrieb nicht von der hoheitlichen Tätigkeit der Trägerkörperschaft trennen, so ist die Gesamttätigkeit nach der überwiegenden Zweckbestimmung dem BgA oder dem Hoheitsbetrieb zuzuordnen.13 § 4 Abs. 3 KStG erfasst nur öffentliche Versorgungsbetriebe der inländischen Gebietskörperschaften und der Zweckverbände, die zumindest teilweise der Versorgung der Bevölkerung des betreffenden Gebietes dienen.14 Entsprechende Betriebe der übrigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 4 Abs. 1 KStG ebenfalls als BgA anzusehen, wenn sie in Wettbewerb zu privatwirtschaftlichen Anbietern treten.
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Die Tätigkeit der Versorgungsbetriebe erfasst sämtliche Wertschöpfungsstufen von der Erzeugung über den Transport bis zum Vertrieb. Für die Annahme eines Versorgungsbetriebs ist die Tätigkeit auf einer Wertschöpfungsstufe ausreichend,15 sofern es sich hierbei wie bei der Wasserbeschaffung nicht um eine hoheitliche Tätigkeit handelt (Rz. 95). Eine Fotovoltaikanlage stellt daher einen Versorgungsbetrieb dar.16 Zusatzleistungen, die im Anschluss an die Auslieferung an den Endkunden erbracht werden, begründen nach § 4 Abs. 1
1 BFH v. 18.2.1970 – I R 157/67, BStBl. II 1970, 519; v. 27.11.1995 – I B 134/94, BFH/NV 1996, 366; Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 63. 2 Baldauf, DStZ 2011, 35 (36). 3 Vgl. etwa Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 122 mwN. 4 BT-Drucks. 7/1470, 336. 5 BFH v. 28.1.1988 – V R 112/86, BStBl. II 1988, 473; v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242; Sauter in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 19. 6 Mai in Frotscher/Maas, § 4 KStG Rz. 21. 7 Vgl. BFH v. 28.1.1988 – V R 112/86, BStBl. II 1988, 473. 8 Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 125. 9 BFH v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242. 10 Vgl. FG Düsseldorf v. 23.7.1992 – 7 K 61/87 KpV, EFG 1993, 98 (rkr.) zu Serviceleistungen. 11 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 13; vgl. zu den dadurch ausgelösten Abgrenzungsschwierigkeiten aber Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 133. 12 So noch der Entwurf eines JStG 2009, BT-Drucks. 16/545/08, 105. 13 BFH v. 30.11.1989 – I R 79-80/86, BStBl. II 1990, 452. 14 Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 72. 15 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 9. 16 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 14.
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D. Versorgungs-, Verkehrs- und Hafenbetriebe (Abs. 3)
Rz. 94–98 § 4
KStG einen eigenständigen BgA.1 Als BgA iSd. § 4 Abs. 3 KStG ist auch der Betrieb eines Leitungsnetzes anzusehen.2 Wird dagegen das gesamte Netz an einen Versorgungsbetrieb verpachtet, so liegt ein BgA iSd. § 4 Abs. 4 KStG vor.3 Die Wasserversorgung umfasst die Beschaffung von Trink- und Brauchwasser, dessen Weiterleitung bis zu den Endverbrauchern und die Unterhaltung des dazu erforderlichen und dem Versorgungsbetrieb gehörenden Rohrleitungsnetzes.4 Die alleinige Wasserbeschaffung stellt demgegenüber eine hoheitliche Tätigkeit dar,5 unterliegt aber aufgrund der Vorgaben des vorrangigen Unionsrechts der Umsatzsteuer.6 In einem Versorgungsbetrieb lässt sich die Wasserbeschaffung von der Weiterleitung an den Endverbraucher nicht trennen, sodass sie dem BgA zuzuordnen ist.7 Wasserwerke sind daher als Versorgungsbetriebe iSd. § 4 Abs. 3 KStG anzusehen.8
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Ein Betrieb zur Wärmeversorgung liegt entgegen der Auffassung der Verwaltung9 auch dann vor, wenn die Energie aus der hoheitlichen Tätigkeit im Bereich der Abwasser- oder Hausmüllentsorgung gewonnen wird und die Energiebeschaffung als untrennbarer Teil des Versorgungsbetriebs gegenüber der Energiegewinnung im Vordergrund steht. Zu den Versorgungsbetrieben iSd. § 4 Abs. 3 KStG gehören daher ein Blockheizkraftwerk, das unter Verwendung der beim Klärprozess freiwerdenden Faulgase betrieben wird,10 und eine Müllverbrennungsanlage, deren Energie zur Erzeugung von Fernwärme genutzt wird.11 Ein BgA, dessen Tätigkeit auf die Entsorgung und Verwertung von Abfall und Wertstoffen gerichtet ist, dient dagegen nicht der Versorgung der Bevölkerung iSd. § 4 Abs. 3 KStG.12
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Zum öffentlichen Verkehr gehört nicht nur die Beförderung von Personen und Gütern,13 sondern auch der Individualverkehr auf öffentlichen Straßen einschließlich der Bereitstellung von Parkflächen für den ruhenden Verkehr.14 Verkehrsbetriebe iSd. § 4 Abs. 3 KStG sind daher auch öffentliche Tiefgaragen, Parkhäuser und Parkplätze15 sowie Flughäfen16. Werden die Parkplätze dagegen nur für kurze Zeit aufgrund der StVO durch Aufstellung von Parkuhren oder Parkscheinautomaten gegen Parkgebühren überlassen, so liegt ein Hoheitsbetrieb iSd. § 4 Abs. 5 KStG vor.17 Die Annahme eines BgA wird indessen nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Trägerkörperschaft für den Betrieb eines Parkhauses durch Erlass einer Benutzungssatzung der öffentlich-rechtlichen Handlungsform bedient.18 Als Verkehrsbetrieb iSd. § 4 Abs. 3 KStG ist auch die Überlassung der Verkehrswege und der zur Verkehrsinfrastruktur gehörenden Betriebskonzessionen, Fahrzeuge und Verkehrsanlagen an Beförderungsunternehmen anzusehen, da sie dem öffentlichen Verkehr dient.19 Die alleinige Güterbeförderung zählt nicht zum öffentlichen Verkehr.20
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Gegenstand der Hafenbetriebe ist der Güterumschlag sowie die Unterhaltung von Anlagen zur sicheren und zweckmäßigen Aufnahme von Schiffen in öffentlichen See- und Binnenhäfen, nicht dagegen in nicht allgemein zugänglichen Werkshäfen.21 Der Hafenbetrieb um-
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1 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 10: Wartung von Kundenanlagen und Energieberatung; krit. Hüttemann, DB 2009, 2629 (2631): „feinsinnige Abgrenzungen“; aA Belcke/Westermann, BB 2012, 2473 (2474). 2 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 12. 3 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 11. 4 BFH v. 30.11.1989 – I R 79-80/86, BStBl. II 1990, 452. 5 BFH v. 15.3.1972 – I R 232/71, BStBl. II 1972, 500; v. 30.11.1989 – I R 79-80/86, BStBl. II 1990, 452. 6 BFH v. 2.3.2011 – XI R 65/07, BFH/NV 2011, 1454. 7 BFH v. 30.11.1989 – I R 79-80/86, BStBl. II 1990, 452; aA Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 85. 8 BFH v. 27.4.2000 – I R 12/98, BFH/NV 2000, 1365. 9 R 10 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004. 10 BFH v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773. 11 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 85. 12 BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. 13 BFH v. 26.6.1996 – II R 68/93, BStBl. II 1996, 495. 14 BFH v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242. 15 BFH v. 22.9.1976 – I R 102/74, BStBl. II 1976, 793; v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511; R 10 Abs. 4 Satz 2 KStR 2004. 16 Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 95; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 86. 17 BFH v. 27.2.2003 – V R 78/01, BStBl. II 2004, 431; R 10 Abs. 4 Satz 1 KStR 2004; aA Küffner, DStR 2003, 1606 (1608); Seer/Klemke, BB 2010, 2015 (2022). 18 R 10 Abs. 4 Satz 2 KStR 2004. 19 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 62; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 47; vgl. BFH v. 19.2.1992 – II R 138/88, BFH/NV 1993, 154. 20 RFH v. 25.6.1930, RStBl. 1930, 552; Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 74. 21 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 87; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 48.
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§ 4 Rz. 98–102
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
fasst damit die Unterhaltung von Hafenbauten, Kai- und Schleusenanlagen, die Kennzeichnung und Aufrechterhaltung der Zufahrt sowie den Einsatz von Lotsen.1 Betriebe, die der Unterhaltung und Versorgung der Schiffe dienen, zählen nicht zu den Hafenbetrieben.2
E. Verpachtung eines Betriebs gewerblicher Art (Abs. 4) 99 Die Verpachtung eines BgA gehört nicht zur Vermögensverwaltung (Rz. 26 ff.), sondern gilt gem. § 4 Abs. 4 KStG ebenfalls als BgA.3 Zweck dieser gesetzlichen Fiktion ist die Vermeidung von Gestaltungen zur Umgehung der Körperschaftsteuerpflicht der Trägerkörperschaft nach § 4 Abs. 1 KStG.4 Die privatwirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand soll auch dann besteuert werden, wenn diese den BgA zwar nicht selbst ausübt, ihn aber durch Verpachtung nutzt.5 § 4 Abs. 4 KStG setzt voraus, dass der von der Trägerkörperschaft verpachtete Gegenstand als BgA anzusehen wäre, wenn er von dieser selbst betrieben würde.6 Die Verpachtung eines BgA liegt daher nur dann vor, wenn sie sich auf alle wesentlichen Betriebsgrundlagen erstreckt; hierzu muss dem Pächter das für die Betriebsführung notwendige Inventar von der Trägerkörperschaft tatsächlich zur Verfügung gestellt werden.7 Das überlassene Inventar muss zumindest eine bescheidene Betriebsführung ermöglichen. Die Überlassung des Inventars kann auch durch dessen Übereignung vorgenommen werden, wenn der Pächter nach Beendigung des Pachtverhältnisses zur Rückübertragung verpflichtet ist.8 Die Veräußerung des Inventars an den Pächter ohne Rückübertragungspflicht führt dagegen nicht zu einem BgA iSd. § 4 Abs. 4 KStG, sodass die Verpachtung der steuerfreien Vermögensverwaltung zuzuordnen ist.9 Liegt ein verpachteter BgA vor, so erstreckt sich die Fiktion des § 4 Abs. 4 KStG auch auf die Vermietung und Verpachtung von Gegenständen, die in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem BgA stehen.10 Besteht zwischen Pächter und Trägerkörperschaft eine personelle Verflechtung, führt die Verpachtung zu einer Betriebsaufspaltung, die bereits nach § 4 Abs. 1 KStG einen BgA begründet (Rz. 30). 100
§ 4 Abs. 4 KStG erfasst nicht die Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und eines Hoheitsbetriebs11, da es sich hierbei nicht um BgA handelt. Die Verpachtung dieser Betriebe unterliegt damit nicht der Körperschaftsteuer.
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Die Körperschaftsteuerpflicht der Verpachtung des BgA kann nicht durch Aufgabeerklärung der Trägerkörperschaft beendet werden; das zu § 16 Abs. 3 EStG entwickelte Aufgabewahlrecht bei einer Betriebsverpachtung12 findet insoweit keine Anwendung.13 Die steuerpflichtige Verpachtung des BgA endet daher erst mit tatsächlicher Beendigung oder Veräußerung des BgA.14 Führt die Trägerkörperschaft den BgA nach Beendigung des Pachtverhältnisses fort, bleibt der BgA nach § 4 Abs. 1 KStG steuerpflichtig, ohne dass es zu einer Gewinnrealisierung kommt.
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Im Gegensatz zur Verpachtung eines BgA fehlt es für die Verpachtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs durch eine steuerbegünstigte Körperschaft an einer § 4 Abs. 4 KStG entsprechenden Regelung. Die Verpachtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zählt jedoch nicht zur Vermögensverwaltung, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zuvor
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 94; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 48. Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 48; Alvermann in Streck7, § 4 KStG Rz. 30. BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716. Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 55; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 139; kritisch Baldauf, DStZ 2010, 523 (524). BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716. BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; v. 25.10.1989 – V R 111/85, BStBl. II 1990, 868; R 6 Abs. 5 Satz 6 KStR 2004. BFH v. 12.7.1967 – I 267/63, BStBl. III 1967, 679; v. 7.5.1969 – I R 106/66, BStBl. II 1969, 443; v. 6.10.1976 – I R 115/75, BStBl. II 1977, 94; v. 11.7.1990 – II R 33/86, BStBl. II 1990, 1100. BFH v. 5.2.1972 – I R 83/70, BStBl. II 1972, 776. BFH v. 2.3.1983 – I R 100/79, BStBl. II 1983, 386. BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; Baldauf, DStZ 2010, 523 (524). FG Berlin-Bdb. v. 15.4.2002 – 1 K 2642/99, EFG 2002, 1124 (rkr.): Verpachtung einer Kläranlage; Baldauf, DStZ 2011, 35 (40). Grundlegend BFH v. 13.1.1963 – GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124. Baldauf, DStZ 2010, 523 (529). BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716.
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F. Hoheitsbetriebe (Abs. 5)
Rz. 102–104 § 4
von der Körperschaft selbst betrieben wurde; insoweit gelten die Grundsätze über die Betriebsverpachtung.1
F. Hoheitsbetriebe (Abs. 5) I. Ausübung öffentlicher Gewalt (Abs. 5 Satz 1) 1. Allgemeines Ein BgA liegt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG nicht vor, wenn ein Betrieb überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dient (Hoheitsbetrieb). Der Begriff des Hoheitsbetriebs wird eng ausgelegt, um eine übermäßige Privilegierung der öffentlichen Hand zu vermeiden.2 § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG ist insoweit nur für die rechtssichere Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche von juristischen Personen des öffentlichen Rechts von Bedeutung, die neben der hoheitlichen Tätigkeit eine wirtschaftliche Betätigung iSd. § 4 Abs. 1 KStG ausüben.3
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Zur Ausübung öffentlicher Gewalt gehören alle Tätigkeiten, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind. Maßgeblich für das Vorliegen einer derartigen hoheitlichen Tätigkeit ist die Erfüllung spezifisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist.4 Zu den Tätigkeiten, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind, kann neben den klassischen hoheitlichen Tätigkeiten der Eingriffsverwaltung auch die Daseinsvorsorge gehören, soweit sie nicht nach § 4 Abs. 3 KStG als BgA anzusehen ist.5 Die Ausübung öffentlicher Gewalt setzt voraus, dass die Tätigkeit durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung ihrer Natur nach juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorbehalten ist.6 Das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe begründet für sich noch keinen Hoheitsbetrieb, da die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben nach § 4 Abs. 3 KStG Gegenstand eines BgA sein kann.7 Für die Abgrenzung zum Hoheitsbetrieb kommt es vielmehr darauf an, ob die juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe in Wettbewerb zu privaten Unternehmern tritt.8 Eine derartige Wettbewerbssituation führt zur Annahme eines BgA, um eine Wettbewerbsbeeinträchtigung der privaten Wirtschaft zu vermeiden. Ausreichend hierfür ist bereits ein potenzieller Wettbewerb zwischen der Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts und privaten Unternehmern.9 Hiervon ist auszugehen, wenn für die Tätigkeit kein öffentlich-rechtlicher Benutzungszwang besteht und die Tätigkeit daher auch von privaten Unternehmen wahrgenommen werden kann.10 Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs verbleiben damit aufgrund der zunehmenden Privatisierung öffentlich-rechtlicher Aufgaben immer weniger Tätigkeitsbereiche. Für die Prüfung der Wettbewerbssituation ist auf den wettbewerbsrelevanten Markt11 abzustellen. Die Auffassung der Verwaltung12, dass ein öffentlich-rechtlicher Benutzungszwang eine Wettbewerbssituation auch dann ausschließt, wenn er nur in dem betreffenden Bundesland besteht und dieselbe Tätigkeit in anderen Bundesländern von privaten Unternehmen erbracht werden kann, ist aufgrund der unterschiedlichen Reichweite des wettbewerbsrelevanten Marktes abzulehnen. Mit der Rspr. ist vielmehr für die Annahme eines Ho1 BFH v. 4.4.2007 – I R 55/06, BStBl. II 2007, 725. 2 FG Berlin-Bdb. v. 16.2.2011 – 12 K 8281/06 B, EFG 2011, 1356 (aufgehoben durch BFH v. 3.4.2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334); Baldauf, DStZ 2011, 35 (38). 3 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 106; Baldauf, DStZ 2011, 35 (38). 4 BFH v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022; v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502; v. 12.7.2012 – I R 106/10, BStBl. II 2012, 83. 5 BFH v. 7.11.2007 – I R 52/06, BStBl. II 2009, 248; Eversberg/Baldauf, DStZ 2011, 597; aA FG BW v. 24.10.2003 – 9 K 139/00, EFG 2005, 235 (rkr.): Daseinsvorsorge als BgA. 6 BFH v. 3.4.2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334; BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597; Küffner, DStR 2003, 1606 (1607). 7 Vgl. Damas, DStZ 2005, 145 (147): notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. 8 BFH v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022; v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502. 9 BFH v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502; Seer/Klemke, BB 2010, 2015 (2017). 10 BFH v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502; BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597. 11 Vgl. hierzu Seer/Wendt, 2001, 825 (828); Schiffers, DStZ 2010, 122 (124). 12 BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597.
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§ 4 Rz. 104–108
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
heitsbetriebs darauf abzustellen, ob die Erbringung der betreffenden Tätigkeit derart auf den Bereich jenes Bundeslandes begrenzt ist, dass der Abnehmer die Leistung nicht auch von privaten Anbietern in anderen Bundesländern oder anderen Mitgliedstaaten der EU beziehen kann, die mit der öffentlichen Hand im Wettbewerb stehen.1 Abweichend hiervon kommt es für die umsatzsteuerliche Beurteilung nicht auf die konkreten Verhältnisse des lokalen Markts an; die Wettbewerbsverzerrung ist vielmehr abstrakt-generell zu prüfen.2 Eine solche Betrachtung erscheint für die Körperschaftsteuer angesichts des Zwecks des § 4 KStG indessen zu weitgehend,3 der eine Besteuerung der entsprechenden Tätigkeit nur dann erfordert, wenn private Unternehmer und die öffentliche Hand mit ihren Leistungen auf dem jeweiligen lokalen Markt gegenüber den dortigen Abnehmern als Wettbewerber auftreten bzw. auftreten können. 105
Ist der Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Tätigkeit als öffentlich-rechtliche Pflichtaufgabe vorbehalten, so liegt auch dann eine Ausübung öffentlicher Gewalt vor, wenn Private als Verwaltungshelfer (Erfüllungsgehilfen) zur Erfüllung dieser Aufgabe herangezogen werden.4 Die Beteiligung Privater als Erfüllungsgehilfen führt nicht zu einer Wettbewerbssituation, da für die Erfüllung der Aufgabe allein die Körperschaft des öffentlichen Rechts verantwortlich bleibt.5
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Werden öffentlich-rechtliche Pflichtaufgaben im Wege der Beleihung auf private Unternehmen übertragen, so liegt nach Auffassung der Verwaltung ein Hoheitsbetrieb bereits dann vor, wenn die Leistung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Benutzungszwangs nur von der Körperschaft des öffentlichen Rechts oder von dem Beliehenen erbracht werden kann.6 Die Rspr. lehnt dagegen die Annahme eines Hoheitsbetriebs für den Fall ab, dass zwischen dem beliehenen privaten Unternehmen und der Körperschaft des öffentlichen Rechts Wettbewerb herrscht.7 Die Tätigkeit ist damit nur dann als hoheitlich anzusehen, wenn der Leistungsempfänger kein Wahlrecht im Hinblick auf das leistende Unternehmen hat, sodass es an einer Wettbewerbssituation fehlt.8 Die von der Rspr. vertretene Auffassung erscheint vorzugswürdig, da die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgabe bei einem Wahlrecht des Leistungsempfängers zwischen mehreren Leistungserbringern auch im Fall der Beleihung nicht mehr der Körperschaft des öffentlichen Rechts vorbehalten ist.
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Sind Tätigkeiten, die der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen, mit Tätigkeiten, die nicht der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen, derart eng verflochten, dass eine Trennung nicht möglich oder zumutbar ist, liegt ein einheitlich zu beurteilender Hoheitsbetrieb nur vor, wenn die Ausübung öffentlicher Gewalt überwiegt.9 Sind die Tätigkeiten dagegen voneinander lösbar, besteht neben dem Hoheitsbetrieb ein BgA. Dies gilt auch dann, wenn die wirtschaftliche Betätigung organisatorisch mit dem Hoheitsbetrieb verbunden ist.10 Zum Hoheitsbetrieb gehören auch die sog. Hilfsgeschäfte, durch die Gegenstände aus dem hoheitlichen Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts veräußert werden.11 2. Beistandsleistungen
108 Eine hoheitliche Tätigkeit liegt nicht allein dadurch vor, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts einander Beistandsleistungen gewähren.12 Beruht die Zusammenarbeit mehrerer juristischer Personen des öffentlichen Rechts auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, so erfolgt sie regelmäßig im Wege der Amtshilfe oder der Organleihe.13 Während der ersuchte 1 BFH v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022. 2 EuGH v. 16.9.2008 – Rs. C-288/07 – Isle of Wight Council, EuGHE 2008, I-7203 Rz. 53; BFH v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; v. 1.12.2011 – V R 1/11, BFH/NV 2012, 534. 3 Vgl. zur Umsatzsteuer BFH v. 27.2.2003 – V R 78/01, BStBl. II 2004, 431. 4 BFH v. 23.10.1996 – I R 1-2/94, BStBl. II 1997, 139; v. 29.5.2008 – III R 45/05, BFH/NV 2008, 1878; BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347. 5 BFH v. 23.10.1996 – I R 1-2/94, BStBl. II 1997, 139. 6 BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597. 7 BFH v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022. 8 BFH v. 25.1.2005 – I R 63/03, BStBl. II 2005, 501. 9 BFH v. 26.5.1977 – V R 15/74, BStBl. II 1977, 813; v. 17.3.2005 – I B 245/04, BFH/NV 2005, 1135. 10 BFH v. 26.5.1977 – V R 15/74, BStBl. II 1977, 813; vgl. H 9 KStR 2004: Kantine, Verkaufsstelle, Erholungsheim. 11 Baldauf, DStZ 2011, 35 (38); R 9 Abs. 2 Satz 1 KStR 2004; vgl. BFH v. 23.10.1996 – I R 1-2/94, BStBl. II 1997, 139: Verkauf von Müllsäcken zur Hausmüllentsorgung. 12 BFH v. 14.3.1990 – I R 156/87, BStBl. II 1990, 866; v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; Baldauf, DStZ 2011, 35 (39). 13 Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 81.
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F. Hoheitsbetriebe (Abs. 5)
Rz. 108–109 § 4
Hoheitsträger die Beistandsleistung iRd. Amtshilfe als eigene Aufgaben erbringt, nimmt er bei der Organleihe im eigenen Namen Aufgaben des entleihenden Hoheitsträgers wahr, dem das Handeln der Organe des anderen Hoheitsträgers zugerechnet wird.1 Werden die Beistandsleistungen aufgrund eines zivilrechtlichen Vertrags zwischen den beteiligten Hoheitsträgern erbracht, so führt dies beim Leistungserbringer zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen eines BgA, da es mangels öffentlich-rechtlicher Grundlage an einer Ausübung öffentlicher Gewalt fehlt. Für Beistandsleistungen, die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage vorgenommen werden, ist die Zuordnung zum Hoheitsbetrieb streitig. Nach Auffassung der Verwaltung gehört die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eines anderen Hoheitsträgers im Wege der Beistandsleistung stets zum Hoheitsbetrieb der ersuchten juristischen Person des öffentlichen Rechts; dies gilt auch in den Fällen, in denen diese Körperschaft – zB als Zweckverband – von mehreren Hoheitsträgern zur Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben errichtet wird.2 Der hoheitliche Charakter der übernommenen Tätigkeit bleibt auch dann erhalten, wenn sich die Tätigkeit auf Teilaufgaben oder Hilfsgeschäfte bezieht, die für sich gesehen keinen hoheitlichen Charakter hätten.3 Die Auffassung der Verwaltung beruht auf Beschlüssen der Steuerabteilungsleiter und der Körperschaftsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder aus dem Jahre 2001;4 die umsatzsteuerliche Behandlung der Beistandsleistungen ist derzeit Gegenstand einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene, nachdem die Steuerabteilungsleiter insoweit die Anwendung der neueren Rspr. des BFH (Rz. 109) empfohlen haben.5 Nach der Gegenauffassung in der Literatur ist die im Wege der Beistandsleistung erbrachte Tätigkeit nur dann dem Hoheitsbetrieb zuzuordnen, wenn sie im Rahmen einer isolierenden Betrachtung selbst als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren ist.6 Werden hoheitliche Aufgaben im Wege der Organleihe wahrgenommen, führt dies zu einer eigenen hoheitlichen Tätigkeit des handelnden Hoheitsträgers.7 Die Übernahme einer Hilfstätigkeit wie der Datenverarbeitung, die ohne Weiteres auch von privaten Unternehmern erbracht werden kann, durch eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts begründet dagegen bei dieser einen BgA, da die Tätigkeit infolge der Übernahme ihren hoheitlichen Charakter verliert.8 Der BFH hat sich in seiner neueren Rspr. dieser Auffassung angeschlossen und ordnet Beistandsleistungen, die gegen Aufwendungsersatz zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, nicht mehr dem Hoheitsbetrieb zu, wenn diese zwar auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, dabei jedoch im Wettbewerb zu privaten Unternehmern erbracht werden.9 Überlässt eine Gemeinde einer Nachbargemeinde zur Durchführung des Sportunterrichts eine Sporthalle, so liegt daher aufgrund der hiermit verbundenen Wettbewerbssituation auch dann ein BgA vor, wenn die Überlassung der hoheitlichen Tätigkeit des Schulträgers dient.10 In einer früheren Entscheidung war der BFH für diesen Fall noch der Auffassung der Verwaltung gefolgt und hatte die Überlassung einer kommunalen Schwimmhalle an einen anderen Schulträger im Wege der Amtshilfe dem Hoheitsbetrieb der Gemeinde zugeordnet.11 In gleicher Weise sah er in älteren Entscheidungen die Überlassung von Einrichtungsgegenständen und Fahrzeugen, die Gestellung von Arbeitskräften sowie die Übernahme von Büroarbeiten als hoheitliche Tätigkeiten an, wenn sie zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben des ersuchenden Hoheitsträgers erfolgten.12 Das Vorliegen einer Wettbewerbssituation wurde hierbei aufgrund der öffentlich-rechtlichen Zielsetzung der 1 Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 74. 2 BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597 Tz. I.1.a; FinMin. NRW v. 7.11.1984 – S 2706 - 21 - V B 4, S 7106 - 25 - V C 2, DB 1984, 2435; zustimmend Baldauf, DStZ 2011, 35 (40). 3 OFD Rostock v. 21.11.2002 – S 2706 - 4/01 - St 242, DStZ 2003, 129. 4 Bericht des Bundesrechnungshofs, BT-Drucks. 15/4081, 9. 5 BT-Drucks. 17/14516, 2. 6 Vgl. Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 104; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 74. 7 Vgl. Widmann, DStZ 2014, 147 (151). 8 Müller-Gatermann, FR 2009, 314 (318). 9 BFH v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; vgl. BFH v. 21.9.1989 – V R 89/85, BStBl. II 1990, 95 zu Blutalkoholuntersuchungen eines kommunalen Untersuchungsamts im Auftrag von Polizeibehörden. 10 BFH v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; aA FG Sachs. v. 15.7.2009 – 5 K 1593/04, ZKF 2011, 119 (Vorinstanz). 11 BFH v. 11.1.1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746. 12 BFH v. 1.4.1965 – V 131/62 U, BStBl. III 1965, 339; v. 6.7.1967 – V 76/64, BStBl. III 1967, 582.
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§ 4 Rz. 109–113
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
Beistandsleistungen verneint;1 der BFH stufte die Erbringung derartiger Leistungen durch private Unternehmer zudem als unüblich ein, sodass diese keinen relevanten Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs bildeten.2 110
Eigene Auffassung. Für die Zuordnung der auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbrachten Beistandsleistungen ist entgegen der Auffassung der Verwaltung nicht auf die Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben des ersuchenden Hoheitsträgers abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die iRd. Beistandsleistung vom ersuchten Hoheitsträger erbrachte konkrete Tätigkeit im Wettbewerb zu privaten Unternehmen erfolgt. Eine Beistandsleistung ist damit nur dann dem Hoheitsbetrieb des ersuchten Hoheitsträgers zuzuordnen, wenn dieser in einem der öffentlichen Hand vorbehaltenen Bereich – wie der Abfallentsorgung oder der Abwasserbeseitigung – tätig wird, in dem ein potenzieller Wettbewerb ausgeschlossen ist.3 Beschränkt sich die Beistandsleistung dagegen auf bloße Hilfstätigkeiten zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eines anderen Hoheitsträgers, die auch von privaten Unternehmern angeboten werden, begründet dies beim ersuchten Hoheitsträger einen BgA, da diese Tätigkeiten bei isolierter Betrachtung ihren hoheitlichen Charakter verlieren. 3. Fallgruppen
111 Der Bau und die Unterhaltung von dem Gebrauch durch die Allgemeinheit gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen gehört zu den Grundaufgaben der juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge. Soweit die juristische Person des öffentlichen Rechts hierfür eine Sondernutzungserlaubnis erteilt, übt sie daher eine hoheitliche Tätigkeit aus, mit der sie nicht in Wettbewerb zu privaten Wirtschaftsteilnehmern treten kann.4 Die für die Sondernutzung gezahlten Gebühren fallen im Hoheitsbetrieb an und unterliegen nicht der Besteuerung.5 Dies gilt in gleicher Weise für Kurbeiträge, die für die Nutzung der dem Gemeingebrauch gewidmeten Spazier- und Wanderwege durch Kurgäste erhoben werden.6 Die Überlassung von Standplätzen auf Wochenmärkten ist dagegen keine hoheitliche Tätigkeit, da die Gemeinde in diesem Fall die Sondernutzung als Veranstalter selbst wahrnimmt.7 Durch die entgeltliche Überlassung der Standplätze wird ein BgA begründet.8 112
Die Überlassung von Parkplätzen in Parkhäusern, Tiefgaragen oder auf zusammenhängenden Parkflächen außerhalb öffentlicher Straßen begründet unabhängig davon einen BgA, ob sich die Trägerkörperschaft hierbei durch Erlass einer Benutzungssatzung öffentlichrechtlicher Handlungsformen bedient.9 Abweichend hiervon gehört die langfristige Überlassung von Parkplätzen an feste Mieter als Vermögensverwaltung zum Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft, solange keine weiteren Sonderleistungen wie die Überwachung hinzukommen.10 Eine hoheitliche Tätigkeit liegt ferner dann vor, wenn auf der Grundlage der StVO auf öffentlichen Straßen Parkuhren oder Parkscheinautomaten betrieben werden (Rz. 97). Dies gilt auch dann, wenn keine Widmung zum öffentlichen Verkehr vorliegt, da es allein auf die straßenverkehrsrechtliche Sonderregelung ankommt.11
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Die Hausmüllentsorgung stellt einen Hoheitsbetrieb dar, da sie nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG12 der öffentlichen Hand vorbehalten ist und Private gem. § 22 KrWG insoweit nur als
1 BFH v. 1.4.1965 – V 131/62 U, BStBl. III 1965, 339; v. 6.7.1967 – V 76/64, BStBl. III 1967, 582; v. 12.12.1968 – V 213/65, BStBl. II 1969, 280. 2 BFH v. 1.4.1965 – V 131/62 U, BStBl. III 1965, 339. 3 Vgl. BFH v. 12.12.1968 – V 213/65, BStBl. II 1969, 280 zur Übernahme der Abwasserbeseitigung für eine Nachbargemeinde. 4 BFH v. 11.6.1997 – XI R 65/95, BStBl. II 1999, 420; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246; v. 22.10.2009 – V R 33/08, BFH/NV 2010, 957: Sondernutzung öffentlicher Straßen für Wochenmarkt; FG Sachs. v. 5.12.2006 – 4 K 81/03, juris (rkr.). 5 BFH v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246. 6 BFH v. 26.4.1990 – V R 166/84, BStBl. II 1990, 799; FG München v. 24.7.2013 – 3 K 3274/10, EFG 2013, 1973 (rkr.). 7 BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 22.10.2009 – V R 33/08, BFH/NV 2010, 957. 8 BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 3.3.2011 – V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261. 9 R 10 Abs. 4 Satz 2 KStR 2004. 10 Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 253; Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 109 Stichwort „Parkplätze“; Baldauf, DStZ 2008, 717 (718); vgl. R 10 Abs. 4 Satz 3 KStR 2004: Überlassung an Arbeitnehmer oder Studenten. 11 Baldauf, DStZ 2008, 717 (719). 12 KrWG v. 24.2.2012, BGBl. I 2012, 212.
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F. Hoheitsbetriebe (Abs. 5)
Rz. 113–117 § 4
Erfüllungsgehilfen (Rz. 105) tätig werden können.1 Zum Hoheitsbetrieb gehört als Hilfsgeschäft auch die Veräußerung der Abfälle und der aus den Abfällen gewonnenen Stoffe oder Energie, sofern nicht die Energiebeschaffung als untrennbarer Teil eines Versorgungsbetriebs gegenüber der Energiegewinnung im Vordergrund steht (Rz. 96). Die Entsorgung von Abfällen, die unter die VerpackV fallen, ist dagegen der Privatwirtschaft übertragen worden. Betätigt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Bereich des Sammelns, Sortierens oder Verwertens von Wertstoffen iS der VerpackV, so unterhält sie daher insoweit einen BgA.2 Die Entsorgung von Gewerbemüll stellt in gleicher Weise wie die Hausmüllentsorgung ei- 114 ne hoheitliche Tätigkeit dar, da die Beseitigung dieser Abfälle nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG3 seit dem 1.6.2012 ebenfalls der öffentlichen Hand vorbehalten ist.4 Eine Übertragung der Entsorgungspflicht für Gewerbemüll auf Private mit befreiender Wirkung ist in § 17 KrWG im Gegensatz zur bis zum 31.5.2012 geltenden Regelung in §§ 13 Abs. 2, 15 Abs. 2 KrW-/AbfG5 nicht mehr vorgesehen. Nach alter Rechtslage führte die Entsorgung von Gewerbemüll damit zu einem BgA; soweit sie nicht von der Hausmüllentsorgung getrennt werden konnte, lag insgesamt ein BgA vor.6 Die Verwertung von Gewerbemüll begründet auch nach neuer Rechtslage weiterhin einen BgA, da es insoweit an einer hoheitlichen Aufgabe fehlt; aufgrund der Abgrenzungsprobleme geht die Verwaltung im Regelfall von einer Überlassung des Gewerbemülls zur Verwertung aus.7 Die Wasserversorgung begründet als Versorgungsbetrieb iSd. § 4 Abs. 3 KStG einen BgA; 115 dem BgA ist auch die Wasserbeschaffung zuzuordnen, wenn diese ebenfalls durch den Versorgungsbetrieb vorgenommen wird. Die alleinige Wasserbeschaffung erfolgt dagegen im Rahmen eines Hoheitsbetriebs, unterliegt aber der Umsatzsteuer (Rz. 95). Die Abwasserbeseitigung stellt als Pflichtaufgabe der Gemeinden eine hoheitliche Tätigkeit dar, sofern diese ihre Pflicht nicht auf Grundlage der in § 56 Satz 2 WHG enthaltenen Ermächtigung mit befreiender Wirkung auf private Unternehmen übertragen können.8 Maßgeblich hierfür sind die Wasserhaushaltsgesetze der einzelnen Bundesländer; die Möglichkeit der Übertragung führt im jeweiligen Bundesland dazu, dass die Abwasserbeseitigung im Rahmen eines BgA erfolgt.9 Der Einstufung der Abwasserbeseitigung als hoheitliche Tätigkeit steht nicht entgegen, dass die Wasserversorgung nach § 4 Abs. 3 KStG einen BgA darstellt.10 Bei kommunalen Krematorien handelt es sich um BgA.11 Dies gilt unabhängig davon, ob 116 Feuerbestattungsanlagen nach den Regelungen des jeweiligen Bundeslandes auch von privatwirtschaftlichen Unternehmen betrieben werden können oder ihr Betrieb allein juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorbehalten ist.12 Denn der wettbewerbsrelevante Markt für die Einäscherung ist örtlich nicht auf das Gebiet eines Bundeslandes begrenzt, sodass kommunale Krematorien mit Feuerbestattungsanlagen privatwirtschaftlicher Unternehmen in anderen Bundesländern im Wettbewerb stehen (Rz. 104).13 Die Tierkörperbeseitigung bildet eine hoheitliche Tätigkeit, sofern für Tierkörper und Schlachtabfälle, deren Beseitigung nach § 3 Abs. 1 TierNebG eine öffentlich-rechtliche Pflichtaufgabe darstellt, eine Andienungspflicht besteht.14 Ein BgA liegt dagegen vor, soweit 1 Vgl. BFH v. 23.10.1996 – I R 1-2/94, BStBl. II 1997, 139; FG München v. 23.7.2008 – 3 K 4255/04, EFG 2009, 1252 (rkr.); Schiffers, DStZ 2010, 122 (123); R 10 Abs. 6 Satz 1 KStR 2004; offengelassen durch BFH v. 3.4.2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334; kritisch Seer/Klemke, BB 2010, 2015 (2022 f.). 2 BFH v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246; v. 3.4.2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334; FG Münster v. 16.3.2001 – 9 K 7607/98 K, G, EFG 2001, 849 (rkr.); R 10 Abs. 6 Satz 6 KStR 2004. 3 KrWG v. 24.2.2012, BGBl. I 2012, 212. 4 OFD NRW v. 21.5.2014 – S 2706 - 2014/0014 - St 153, juris. 5 KrW-/AbfG v. 27.9.1994, BGBl. I 1994, 2705. 6 FG Düsseldorf v. 11.6.2013 – 6 K 2867/11, KE, F, EFG 2013, 1509 (Rev. BFH I R 52/13). 7 OFD NRW v. 21.5.2014 – S 2706 - 2014/0014 - St 153, juris. 8 BFH v. 7.12.1999 – I B 136/98, BFH/NV 2000, 894; v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773; v. 29.5.2008 – III R 45/05, BFH/NV 2008, 1878; BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597. 9 BFH v. 29.5.2008 – III R 45/05, BFH/NV 2008, 1878; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 162. 10 BFH v. 29.5.2008 – III R 45/05, BFH/NV 2008, 1878. 11 BFH v. 17.3.2005 – I B 245/04, BFH/NV 2005, 1135; v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl II 2009, 1022. 12 Vgl. zur Rechtslage in den einzelnen Bundesländern Leippe, ZKF 2007, 246. 13 BFH v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl II 2009, 1022; aA Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 240 „Krematorien“; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 165; BMF v. 11.12.2009 – IV C 7 - S 2706/07/10006 – DOK 2009/0833347, BStBl. I 2009, 1597. 14 Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 167.
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§ 4 Rz. 117–122
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
die Erfüllung der Pflichtaufgabe gem. § 3 Abs. 2 TierNebG auf privatwirtschaftliche Unternehmen übertragen worden ist. 118
Die Träger der Sozialversicherung üben mit der Behandlung ihrer Mitglieder in eigenen Rehabilitationseinrichtungen eine hoheitliche Tätigkeit aus;1 dies gilt auch für die Behandlung von Mitgliedern anderer Sozialversicherungsträger,2 da es sich insoweit um Beistandsleistungen zur Erfüllung einer hoheitlichen Tätigkeit handelt (Rz. 108). Werden dagegen in den Rehabilitationseinrichtungen auch privat Versicherte oder sonstige Privatpersonen gegen Entgelt behandelt, so liegt ein BgA vor, der nach Auffassung der Verwaltung jedoch steuerlich unbeachtlich ist, wenn die Anzahl dieser Behandlungen 5 % der insgesamt behandelten Fälle nicht übersteigt.3 Die Vermittlung privater Zusatzversicherungsverträge durch gesetzliche Krankenkassen an ihre Mitglieder begründet einen BgA.4
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Hochschulkliniken üben mit dem Bereich der Forschung und Lehre zwar eine hoheitliche Tätigkeit aus, neben die mit der Patientenversorgung im Krankenhaus jedoch zugleich eine wirtschaftliche Tätigkeit tritt. Da beide Tätigkeitsbereiche untrennbar miteinander verbunden sind und der wirtschaftliche Charakter überwiegt (Rz. 107), stellen Hochschulkliniken mit der gesamten Tätigkeit einen einheitlichen BgA dar.5 Der BgA umfasst auch Nebenbetriebe wie Kantinen sowie die entgeltliche Überlassung von Telefonapparaten, Fernsehgeräten und Parkplätzen.6
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Kommunale Kindergärten und Kindertagesstätten bilden einen BgA, da sie im Hinblick auf die angebotenen Betreuungsleistungen im Wettbewerb zu privaten Anbietern stehen; eine Wettbewerbssituation liegt auch dann vor, wenn private Träger und die Gemeinden in gleicher Weise die ihnen iRd. öffentlichen Jugendhilfe übertragenen Aufgaben erfüllen.7 Kindergärten und Kindertagesstätten in kirchlicher Trägerschaft begründen entgegen der Auffassung der Verwaltung ebenfalls einen BgA, da die Wettbewerbssituation durch die Wahrnehmung des kirchlichen Verkündigungsauftrags nicht in den Hintergrund tritt.8 Der BgA ist jedoch gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit, wenn er als steuerbegünstigter Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 1 Buchst. b AO anzusehen ist.9 Nach Auffassung der Verwaltung kann bei dauerdefizitären Kindergärten und Kindertagesstätten gem. § 156 Abs. 2 AO von der Steuerfestsetzung abgesehen und damit auch auf die Abgabe von Steuererklärungen verzichtet werden.10
II. Zwangs- und Monopolrechte (Abs. 5 Satz 2) 121 § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG stellt klar, dass Zwangs- und Monopolrechte für die Annahme eines Hoheitsbetriebs nicht ausreichen. Mit der Vorschrift wurde die vor ihrer Einfügung von der Rspr.11 vertretene Auffassung übernommen.12
G. Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (Abs. 6) I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Regelung 122 Die Trägerkörperschaft ist mit jedem einzelnen BgA steuerpflichtig (Rz. 38). Sie hat daher das zu versteuernde Einkommen jedes BgA gesondert zu ermitteln. Verluste eines BgA dürfen aufgrund der Verselbstständigung des BgA das zu versteuernde Einkommen eines ande1 R 10 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004; vgl. BFH v. 4.2.1976 – I R 200/73, BStBl. II 1976, 355; v. 31.7.2007 – V B 44/06, BFH/NV 2007, 2365. 2 R 10 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004. 3 R 10 Abs. 1 Satz 3 und 4 KStR 2004. 4 BFH v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502. 5 Krämer in D/P/W, § 4 KStG Rz. 109 „Hochschulkliniken“; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 240 „Hochschulkliniken“; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 163. 6 Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 240 „Hochschulkliniken“. 7 BFH v. 18.12.2003 – V R 66/01, BFH/NV 2004, 985; v. 12.7.2012 – I R 106/10, BStBl. II 2012, 837; aA FG Düsseldorf v. 2.11.2010 – 6 K 2138/08 K, EFG 2011, 482 (aufgehoben durch BFH 12.7.2012 – I R 106/10, BStBl. II 2012, 837). 8 FG Hamburg v. 5.2.2013 – 3 K 74/12, EFG 2013, 956 (rkr.); aA OFD Nds. v. 15.1.2013 – S 2706 - 182 - St 241, DB 2013, 318; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 140 „Kindergarten“. 9 BFH v. 12.7.2012 – I R 106/10, BStBl. II 2012, 837; OFD Magdeburg v. 27.9.2012 – G 1102 - 10 - St 272, juris; OFD Nds. v. 15.1.2013 – S 2706 - 182 - St 241, DB 2013, 318. 10 OFD Nds. v. 15.1.2013 – S 2706 - 182 - St 241, DB 2013, 318. 11 BFH v. 18.2.1970 – I R 157/67, BStBl. II 1970, 519. 12 BT-Drucks. 7/1470, 336 f.; vgl. auch Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 158.
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G. Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (Abs. 6)
Rz. 122–125 § 4
ren BgA nicht mindern.1 § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG ermöglicht die Zusammenfassung mehrerer BgA zu einem einheitlichen BgA, für den eine einheitliche Gewinnermittlung vorzunehmen ist. Durch die Einfügung des § 4 Abs. 6 KStG haben die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Zusammenfassung von BgA eine gesetzliche Grundlage erhalten.2 Nach dem Gesetzentwurf war ursprünglich geplant, wegen des hohen administrativen Aufwands und der Streitanfälligkeit auf das in § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG enthaltene Merkmal der engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht zu verzichten und den Hauptanwendungsfall der öffentlichen Badebetriebe in § 4 Abs. 3 KStG aufzunehmen.3 Im Gesetzgebungsverfahren wurde dieser Verzicht jedoch aufgegeben.4 Der Gesetzgeber hat damit ein „streitanfällige[s] und administrativ aufwendige[s]“5 Merkmal in § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG aufgenommen, dessen Anwendung in der Praxis mit großer Rechtsunsicherheit verbunden ist.6 Die Einfügung des § 4 Abs. 6 KStG steht im Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung des sog. kommunalen Querverbunds für dauerdefizitäre BgA in § 8 Abs. 7 bis 9 KStG. Der kommunale Querverbund erfasst hierbei nicht nur die Zusammenfassung mehrerer unselbstständiger BgA in der Form von Eigen- und Regiebetrieben, sondern auch die organisatorische Verbindung kommunaler Unternehmen in einer privatrechtlichen Eigengesellschaft oder durch die ertragsteuerliche Organschaft.7 Die Regelungen zum kommunalen Querverbund stellen keine neue Beihilfe iSd. Art. 108 Abs. 3 AEUV dar, da mit ihnen inhaltlich die vorherige Verwaltungspraxis festgeschrieben wird.8
II. Zusammenfassung mehrerer Betriebe gewerblicher Art (Abs. 6 Satz 1) 1. Grundsätze der Zusammenfassung Eine Zusammenfassung mehrerer BgA zu einem einheitlichen BgA kommt nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG nur dann in Betracht, wenn –
die BgA gleichartig sind (Nr. 1),
–
zwischen den BgA nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (Nr. 2) oder
–
BgA iSd. § 4 Abs. 3 KStG vorliegen (Nr. 3).
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Die Trägerkörperschaft hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG ein Wahlrecht, ob und welche BgA sie zu einem einheitlichen BgA zusammenfasst.9 Werden mehrere BgA in einer Einrichtung (zB einem kommunalem Amt) geführt oder in anderer Weise organisatorisch miteinander verbunden, so ist dies als Ausübung des Wahlrechts anzusehen.10 Zusammengefasste BgA können jederzeit wieder getrennt werden, wenn die Zusammenfassung nicht zwingend ist.11
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Die Zusammenfassung zu einem einheitlichen BgA führt zu einer steuerlich zusammengefassten Betrachtung der einzelnen BgA zur Vornahme einer einheitlichen Gewinnermittlung. Bei der Zusammenfassung kommt es nicht zu einer Fusion der einzelnen BgA mit der Folge der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf den einheitlichen BgA; die Wirtschaftsgüter sind daher weiterhin dem Betriebsvermögen der einzelnen zusammengefassten BgA zuzuordnen, die insoweit isoliert betrachtet werden.12 Mangels Übertragung der Wirtschafts-
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Heger, FR 2009, 301 (302). BT-Drucks. 16/10189, 68. BT-Drucks. 16/10189, 68. BT-Drucks. 16/11108, 26. BT-Drucks. 16/10189, 68. Vgl. Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (364): willkürliche Ergebnisse. BFH v. 14.7.2004 – I R 9/03, BFH/NV 2004, 1689; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961; Weitemeyer, FR 2009, 1, 9. FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); Müller-Gatermann, FR 2009, 314 (320); weiter gehend Weitemeyer, FR 2009, 1 ff.: keine Beihilfe iSd. Art. 107 Abs. 1 AEUV. Strahl, DStR 2010, 193 (195); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 1. Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (361). Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 120; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 80. Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 210.
Paetsch
155
§ 4 Rz. 125–128
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
güter zieht die Zusammenfassung bei den einzelnen zusammengefassten BgA keine vGA nach sich; eine Aufdeckung der stillen Reserven findet damit insoweit nicht statt (Rz. 136). Dies entspricht auch der Auffassung der FinVerw.1 126
Die Zusammenfassung mehrerer BgA muss von der Trägerkörperschaft dokumentiert werden. Ausreichend hierfür ist eine eigenständige steuerliche Gewinnermittlung für die zusammengefassten Betriebe.2 Entgegen der Rspr. vor Einfügung des § 4 Abs. 6 KStG setzt die Zusammenfassung nicht voraus, dass die beteiligten BgA auch organisatorisch miteinander verbunden werden.3 Dies gilt auch für die Zusammenfassung gleichartiger BgA, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG nicht von organisatorischen Maßnahmen abhängig ist.4 Umgekehrt erfüllt die bloße organisatorische Zusammenfassung mehrerer BgA allein nicht die in § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG genannten Voraussetzungen für deren steuerliche Zusammenfassung;5 dies gilt in gleicher Weise für die Abgabe einer gemeinsamen Steuererklärung.6 Eine Zusammenfassung kann auch bei räumlicher Trennung der BgA erfolgen.7
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Mehrere BgA können auch zeitlich nacheinander gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammengefasst werden. Eine solche Kettenzusammenfassung setzt nach hL voraus, dass die einzelnen BgA im Hinblick auf ihre vor der Zusammenfassung ausgeübten Tätigkeiten hätten zusammengefasst werden dürfen; die Prüfung der Merkmale des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG beschränkt sich damit nicht auf die jeweilige Stufe der Zusammenfassung.8 Nach Auffassung der Verwaltung ist dagegen bei einer weiteren Zusammenfassung eine gesonderte Prüfung der Merkmale des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG im Hinblick auf den zusammengefassten BgA vorzunehmen; für die Zusammenfassung reicht es hierbei aus, dass diese Merkmale zu einem der Betriebe des zusammengefassten BgA vorliegen.9 Bei einer Zusammenfassung wegen Gleichartigkeit oder Vorliegen eines Versorgungsbetriebs kommt es zudem darauf an, ob der zusammengefasste BgA durch die gleichartige Tätigkeit bzw. die in § 4 Abs. 3 KStG genannte Tätigkeit dieses Betriebs geprägt wird.10 Bei einer Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG muss die enge technisch-wirtschaftliche Verflechtung im Verhältnis zum zusammengefassten BgA von einigem Gewicht sein.11 Die Auffassung der Verwaltung erleichtert die Kettenzusammenfassung insbesondere in den Fällen, in denen auf eine Zusammenfassung gleichartiger BgA eine weitere Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG folgt und die technisch-wirtschaftliche Verflechtung nur zu einem der zusammengefassten Betriebe besteht. Sie führt jedoch dazu, dass die Zulässigkeit der Zusammenfassung und damit der Verlustverrechnung vom chronologischen Ablauf der einzelnen Stufen der Zusammenfassung abhängig ist. Eine zeitlich abgestufte Prüfung der Zusammenfassungsmerkmale lässt sich der Regelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG jedoch nicht entnehmen. Durch eine Kettenzusammenfassung kann daher keine Zusammenfassung mehrerer BgA erreicht werden, die in einem Schritt nicht möglich wäre.12 2. Gleichartigkeit (Abs. 6 Satz 1 Nr. 1)
128 Mehrere BgA sind gleichartig, wenn sie ihre gewerbliche Betätigung im gleichen Gewerbezweig ausüben oder ihre Betätigungen zwar unterschiedlichen Gewerbezweigen zuzuordnen sind, aber einander ergänzen.13 Eine solche Ergänzung ist gegeben, wenn sich die Tätigkeits-
1 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 7, 8 und 64. 2 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 3. 3 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 138; Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (361); Strahl, DStR 2010, 193 (195); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 1; aA Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 142. 4 Anders die Rspr. vor Einfügung des § 4 Abs. 6 KStG, zuletzt BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. 5 BFH v. 16.1.1967 – GrS 4/66, BStBl. III 1967, 240; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. 6 BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. 7 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 118; Alvermann in Streck7, § 4 KStG Rz. 21. 8 Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 164.1; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 80; Bracksiek, FR 2009, 15 (16). 9 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 5; Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 134. 10 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 6; Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 134; vgl. Hüttemann, DB 2009, 2629 (2630). 11 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 5; Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (365); Strahl, DStR 2010, 193 (194). 12 Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 102. 13 BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625; BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511.
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G. Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (Abs. 6)
Rz. 128–131 § 4
bereiche zumindest teilweise überschneiden.1 Hieran fehlt es bei einem Versorgungsbetrieb und einem Schwimmbad.2 Eine Überschneidung der Tätigkeitsbereiche kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die betreffenden BgA als Gesamtheit in Erscheinung treten.3 Bei einer Tätigkeit auf unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufen liegt eine gegenseitige Ergänzung der gewerblichen Betätigungen nur dann vor, wenn zwischen den BgA eine funktionelle Verbindung besteht.4 Im Gegensatz zur früheren Rspr.5 zur Rechtslage vor Einfügung des § 4 Abs. 6 KStG sind BgA, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme dienen (Versorgungsbetriebe im engeren Sinne), und Verkehrsbetriebe iSd. § 4 Abs. 3 KStG nicht ohne Weiteres als gleichartig anzusehen, da sich die Zusammenfassung dieser BgA insoweit nach der vorrangigen Spezialregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG richtet.6 Die Gegenauffassung,7 nach der die bisherige Praxis entsprechend der Absicht des Gesetzgebers fortgeschrieben worden ist, ist daher abzulehnen. Versorgungsbetriebe im engeren Sinne sind dagegen untereinander gleichartig.8
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Verpachtete BgA können zusammengefasst werden, wenn eine Zusammenfassung der BgA bei unmittelbarem Betrieb durch die Trägerkörperschaft möglich wäre.9 Die Zusammenfassung setzt nicht voraus, dass die BgA an denselben Pächter verpachtet sind.10 Für die Zusammenfassung kommt es darauf an, ob die gewerbliche Tätigkeit der jeweiligen Pächter gleichartig ist.11 Eine Zusammenfassung ist auch zwischen einem verpachteten BgA und einem von der Trägerkörperschaft unmittelbar betriebenen BgA möglich, wenn die Tätigkeiten des Pächters und des BgA gleichartig sind.12
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3. Technisch-wirtschaftliche Verflechtung (Abs. 6 Satz 1 Nr. 2) Für die Annahme einer engen wechselseitig technisch-wirtschaftlichen Verflechtung mehre- 131 rer BgA iSd. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift auf das objektive Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Die gewerbliche Betätigung der einzelnen BgA muss eine sachliche Beziehung iS eines inneren wirtschaftlichen Zusammenhangs aufweisen, der nach den Anschauungen des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt.13 Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die BgA iS eines notwendigen Funktionszusammenhangs aufeinander angewiesen sind.14 Personelle Beziehungen – wie eine einheitliche technische und kaufmännische Leitung der BgA – reichen für eine Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG nicht aus.15 Eine hinreichende sachliche Beziehung liegt erst bei der Zusammenfassung von Entscheidungsbefugnissen sowie der Erzielung von Kostenvorteilen im Verwaltungsbereich oder aufgrund von Synergien im technischen Bereich vor.16 Eine Zusammenfassung mit einem verpachteten BgA nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG ist nicht möglich.17 Die für eine Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG erforderliche sachliche Beziehung zwischen zwei BgA liegt bei einer Anlage vor, die den Zwecken beider BgA dient.18 So besteht zwischen einem Heizkraftwerk und einem Badebetrieb eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung, wenn der Überdruck in einem Heizkraft-
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BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625: Warensortiment von Metzgerei und Bäckerei. FG Hess. v. 6.11.2000 – 4 K 1984/00, EFG 2001, 591 (rkr.). Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (361) mit Beispielen. BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. BFH v. 16.1.1967 – GrS 4/66, BStBl. III 1967, 240; v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242. Bracksiek, FR 2009, 15; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 4. Weitemeyer, FR 2009, 1 (9). BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 4. BFH v. 24.6.1959 – I 213/58, BStBl. III 1959, 339; Erhard in Blümich, § 4 KStG Rz. 102. BFH v. 24.6.1954 – I R 213/58 U, BStBl. III 1959, 339; Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (363). BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 16; Eversberg/ Baldauf, DStZ 2010, 358 (363); Baldauf, DStZ 2010, 523 (529). Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (363). BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. BFH v. 16.1.1967 – GrS 4/66, BStBl. III 1967, 240; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (363). Strahl, DStR 2010, 193 (194). Baldauf, DStZ 2010, 523 (528 f.). Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (364).
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§ 4 Rz. 131–134
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
werk durch Erwärmung des Wassers in dem Badebetrieb ausgeglichen wird.1 Gehört das Heizkraftwerk zum Betriebsvermögen einer Beteiligung der Trägerkörperschaft, liegt hingegen keine derartige Verflechtung vor, da insoweit auf die Beteiligung selbst abzustellen ist.2 Die Lieferung der wichtigsten Betriebsstoffe wie Wasser, Strom oder Wärme durch einen Versorgungsbetrieb an einen Badebetrieb reicht für eine Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG nicht aus, wenn sich der Badebetrieb nicht von anderen Geschäftspartnern des Versorgungsbetriebs unterscheidet.3 An einem inneren wirtschaftlichen Zusammenhang fehlt es auch zwischen dem Betrieb oder der Verpachtung eines Ratskellers und dem Betrieb der Kur- und Verkehrsverwaltung.4 Die Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG setzt voraus, dass die sachliche Beziehung zwischen den BgA für alle BgA wirtschaftliche Vorteile nach sich zieht.5 Derartige Vorteile können durch ein Wirtschaftlichkeitsgutachten nachgewiesen werden.6 Sie treten bei einer Lieferbeziehung zwischen zwei BgA insbesondere dann ein, wenn die gewerbliche Betätigung des Lieferanten bei Wegfall des Abnehmers nicht mehr wirtschaftlich wäre.7 Da nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG eine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht erforderlich ist, muss die Lieferbeziehung bei beiden BgA einen bedeutenden Anteil der jeweiligen Ausgangs- und Eingangsleistungen ausmachen. Hieran fehlt es regelmäßig bei Wärmelieferungen eines Blockheizkraftwerks an ein Schwimmbad, wenn diese weniger als 50 % der durch das Blockheizkraftwerk erzeugten Wärme betragen oder weniger als 25 % des Wärmebedarfs des Schwimmbades abdecken.8 4. Katalogbetriebe nach § 4 Abs. 3 KStG (Abs. 6 Satz 1 Nr. 3) 132 Versorgungs-, Verkehrs- und Hafenbetriebe iSd. § 4 Abs. 3 KStG können gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG ohne weitere Voraussetzungen zusammengefasst werden. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG ermöglicht damit sowohl die Zusammenfassung von BgA, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme dienen, als auch die Zusammenfassung verschiedener Verkehrs- oder Hafenbetriebe. Darüber hinaus erlaubt die Vorschrift auch die Zusammenfassung eines Verkehrsbetriebs mit einem Versorgungsbetrieb.9 5. Sonderfälle 133 Ein BgA kann nicht mit einer in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betriebenen kommunalen Eigengesellschaft zusammengefasst werden; eine solche Zusammenfassung kann nur im Wege der Organschaft erfolgen (Rz. 76).10 Zulässig ist dagegen die Zusammenfassung mehrerer BgA in Form einer Kapitalgesellschaft.11 Durch die Einfügung des § 4 Abs. 6 KStG wird zudem die Auffassung der Rspr. bestätigt, dass eine Zusammenfassung mehrerer BgA analog § 64 Abs. 2 AO ausgeschlossen ist (Rz. 80).
III. Keine Zusammenfassung mit Hoheitsbetrieben (Abs. 6 Satz 2) 134 § 4 Abs. 6 Satz 2 KStG stellt klar, dass ein BgA nicht mit einem Hoheitsbetrieb zu einer einheitlichen Gewinnermittlung zusammengefasst werden kann. Bei Hoheitsbetrieben handelt es sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG nicht um BgA. Dies gilt in gleicher Weise für den Bereich der Vermögensverwaltung; eine Zusammenfassung eines BgA gem. § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG mit einer Beteiligung der Trägerkörperschaft kommt damit nicht in Betracht.12 Das Verbot
1 BFH v. 16.1.1967 – GrS 4/66, BStBl. III 1967, 240; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. 2 FG Düsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 (Rev. BFH I R 26/14). 3 BFH v. 16.1.1967 – GrS 4/66, BStBl. III 1967, 240; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511; vgl. FG Münster v. 30.6.2003 – 9 K 5219/99 K, 9 K 5222/99 K, EFG 2003, 1648 (rkr.): ausschließliches Nutzungsrecht der Wärmeleitung zum Badebetrieb durch Versorgungsbetrieb. 4 BFH v. 12.7.1967 – I 267/63, BStBl. III 1967, 679. 5 Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (364). 6 Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (364). 7 Eversberg/Baldauf, DStZ 2010, 358 (364). 8 Belcke/Westermann, BB 2012, 2473 (2475 f.); vgl. FG Düsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 (Rev. BFH I R 26/14): Wärmelieferungen von weniger als 1 % der Umsatzerlöse. 9 BFH v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242: Gas-/Wasserwerk und Tiefgarage; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511: Fernheizwerk und Tiefgarage. 10 FG Düsseldorf v. 29.6.2010 – 6 K 2990/07 K, EFG 2011, 1732 (rkr.). 11 BFH v. 14.7.2004 – I R 9/03, BFH/NV 2004, 1689. 12 FG Düsseldorf v. 18.3.2014 – 6 K 3493/11 K, EFG 2014, 1032 (Rev. BFH I R 26/14).
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H. Einzelnachweise (ABC der BgA)
Rz. 134–138 § 4
der Zusammenfassung entspricht der Rspr.1 und den Verwaltungsgrundsätzen vor Einführung des § 4 Abs. 6 KStG. Eine wirtschaftliche Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts wird nur dann mit einer hoheitlichen Tätigkeit zusammengefasst, wenn beide Tätigkeiten unlösbar miteinander verbunden sind; in diesem Fall liegt ein einheitlich zu beurteilender Hoheitsbetrieb vor, wenn die hoheitliche Tätigkeit überwiegt (Rz. 107).2
IV. Rechtsfolgen der Zusammenfassung Die Zusammenfassung mehrerer BgA zu einem einheitlichen BgA hat zur Folge, dass im Rahmen der Einkommensermittlung dieses BgA die Ergebnisse der einzelnen Betriebe zusammengefasst werden. Hierbei werden die in einem BgA anfallenden Verluste mit den Gewinnen des anderen BgA verrechnet. Im Rahmen des zusammengefassten BgA ist gem. § 8 Abs. 8 Satz 1 KStG ein Verlustabzug nach § 10d EStG möglich. Dies gilt gem. § 8 Abs. 8 Satz 5 KStG für gleichartige BgA iSd. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG auch im Hinblick auf den Abzug von Verlusten der einzelnen BgA vor der Zusammenfassung und für den Verlustrücktrag vom zusammengefassten BgA auf die einzelnen BgA.3 In den Fällen einer Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und 3 KStG ist ein wechselseitiger Verlustabzug aus Zeiträumen vor und nach der Zusammenfassung dagegen nicht zulässig (§ 8 Abs. 8 Satz 2 und 3 KStG); die vor der Zusammenfassung angefallenen Verluste der einzelnen BgA können nach § 10d EStG nur mit Gewinnen dieser BgA nach Beendigung der Zusammenfassung verrechnet werden (§ 8 Abs. 8 Satz 4 KStG).
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Die Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zieht keine Aufdeckung der stillen Reserven der Wirtschaftsgüter in dem Betriebsvermögen der einzelnen BgA nach sich.4 Bei Beendigung der Zusammenfassung liegt eine erfolgsneutrale Realteilung vor, soweit die verbleibenden Betriebe die Eigenschaft als BgA behalten.5 Ansonsten kommt es zu einer Gewinnrealisierung durch Aufdeckung der stillen Reserven.
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V. Übergangsregelung Im Hinblick auf den Übergang von der Verwaltungspraxis zur Zusammenfassung von BgA 137 auf die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 6 KStG behalten verbindliche Zusagen auf Grundlage der bisherigen Verwaltungsauffassung ihre Geltung.6 Soweit sie fehlerhaft sind, können sie nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden. Hierbei sind Verlustvorträge des zusammengefassten BgA bei Beendigung der Zusammenfassung sachgerecht auf die einzelnen BgA aufzuteilen.7
H. Einzelnachweise (ABC der BgA) Abfallberatung (§ 6 Abs. 4 Satz 8 VerpackV): BgA (BFH v. 3.4.2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334; aA FG Berlin-Bdb. v. 16.2.2011 – 12 K 8281/06 B, EFG 2011, 1356, aufgehoben durch BFH v. 3.4.2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334). Abwasserbeseitigung: Hoheitsbetrieb (BFH v. 7.12.1999 – I B 136/98, BFH/NV 2000, 894; v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773; v. 29.5.2008 – III R 45/05, BFH/NV 2008, 1878). Anschlagsäulen/-tafeln, Überlassung in gebrauchsfähigem Zustand: BgA (BFH v. 5.2.1972 – I R 83/70, BStBl. II 1972, 776; v. 2.3.1983 – I R 100/79, BStBl. II 1983, 386). Anschlagsäulen/-tafeln, Überlassung des Rechts zur Aufstellung und Nutzung: Vermögensverwaltung (BFH v. 20.11.1969 – I R 204/67, BStBl. II 1970, 151; v. 6.10.1976 – I R 115/75, BStBl. II 1977, 94; v. 2.3.1983 – I R 100/79, BStBl. II 1983, 386). Bäckerei: BgA (BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625).
1 BFH v. 26.5.1977 – V R 15/74, BStBl. II 1977, 813. 2 BFH v. 26.5.1977 – V R 15/74, BStBl. II 1977, 813; v. 25.1.2005 – I B 245/04, BFH/NV 2005, 1135. 3 Vgl. BFH v. 4.12.1991 – I R 74/89, BStBl. II 1992, 432; FG Münster v. 30.6.2003 – 9 K 5219/99 K, 9 K 5222/99 K, EFG 2003, 1648 (rkr.). 4 Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 143; Döring in Schnitger/Fehrenbacher, § 4 KStG Rz. 210. 5 Bott in Ernst & Young, § 4 KStG Rz. 143; Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 120; Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 80. 6 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 19. 7 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 20.
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138
§ 4 Rz. 138
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
Begleitpersonen von Patienten, Aufnahme und Verpflegung in Rehabilitationsklinik eines Trägers der Sozialversicherung: BgA (FG Münster v. 19.11.2013 – 15 K 2352/10 U, EFG 2014, 311, Rev. BFH XI R 52/13). Bibliothek: BgA (FG Düsseldorf v. 30.11.2006 – 15 K 637/04 F, EFG 2007, 435, rkr.). Blockheizkraftwerk: BgA (BFH v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773). Blutalkoholuntersuchungen: BgA (BFH v. 21.9.1989 – V R 89/85, BStBl. II 1990, 95; v. 14.3.1990 – I R 156/87, BStBl. II 1990, 866). Campingplatz, Verpachtung: BgA (BFH v. 7.5.1969 – I R 106/66, BStBl. II 1969, 443). Feinstaubplaketten, Verkauf durch Zulassungsbehörden: BgA (FinMin. MV v. 23.12.2011 – S 2706 - 8/08, KSt-Kartei MV § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG. Fernheizwerk: BgA (BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511). Fernsehturm, Verpachtung einer Aufzugsanlage: BgA (BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391). Fotovoltaikanlage, Betrieb: BgA (Nds. FG v. 22.3.2010 – 16 K 11189/08, EFG 2010, 1263, rkr.). Gaststätte, Betrieb und Verpachtung: BgA (BFH v. 25.10.1989 – V R 111/85, BStBl. II 1990, 868). Gaswerk: BgA (BFH v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242). Gewerbeflächen, Planung, Errichtung, Erschließung und Vermarktung: Hoheitsbetrieb (FG Düsseldorf v. 9.3.2009 – 6 K 3720/06 K, G, F, EFG 2010, 1443, rkr.). Gleisüberlassung zur Wirtschaftsförderung: Hoheitsbetrieb (BFH v. 28.10.2004 – V R 19/04, BFH/NV 2005, 725). Grundstücksankauf und -verkauf: BgA (BFH v. 1.7.2004 – V R 64/02, BFH/NV 2005, 252). Grundstückserschließung, § 123 BauGB: Hoheitsbetrieb (BMF v. 7.6.2012 – IV D 2 - S 7300/07/10001 :001 – DOK 2012/0479016, BStBl. I 2012, 621). Hausmüllentsorgung: Hoheitsbetrieb (BFH v. 23.10.1996 – I R 1-2/94, BStBl. II 1997, 139; FG München v. 23.7.2008 – 3 K 4255/04, EFG 2009, 1252, rkr.). Industriegleisanlage: BgA (BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511). Kiesbetrieb, Ausbeutung von Kiesvorkommen: BgA (BFH v. 1.7.1987 – I R 197/83, BStBl. II 1987, 865). Kindergarten/Kindertagesstätte: BgA (BFH v. 18.12.2003 – V R 66/01, BFH/NV 2004, 985; v. 12.7.2012 – I R 106/10, BStBl. II 2012, 837; FG Hamburg v. 5.2.2013 – 3 K 74/12, EFG 2013, 956 [rkr.]). Kirchliche Ersatzschule: BgA (FG BW v. 27.9.2007 – 14 K 249/05, juris, rkr.). Kirmes, Vermietung von Standflächen: BgA (BFH v. 13.2.2014 – V R 5/13, BFH/NV 2014, 1159). Klärwerk: Hoheitsbetrieb (BFH v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BStBl. II 2001, 773; FG BerlinBdb. v. 15.4.2002 – 1 K 2642/99, EFG 2002, 1124, rkr.). Konzession zur Elektrizitätsversorgung (= Duldung der Nutzung der Verkehrsflächen und Erlaubnis der Elektrizitätsversorgung), Vergabe: BgA (FG Sachs. v. 16.3.2010 – 3 K 2115/05, ZKF 2010, 287, Rev. BFH XI R 8/10). Krankenkasse: Hoheitsbetrieb (BFH v. 31.7.2007 – V B 44/06, BFH/NV 2007, 2365). Krematorium: BgA (BFH v. 17.3.2005 – I B 245/04, BFH/NV 2005, 1135; v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022). Kurbetrieb: BgA (BFH v. 18.8.1988 – V R 18/83, BStBl. II 1988, 971; v. 26.4.1990 – V R 166/84, BStBl. II 1990, 799). Kurheim: BgA (BFH v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425).
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H. Einzelnachweise (ABC der BgA)
Rz. 138 § 4
Markt, Überlassung von Standplätzen: BgA (BFH v. 3.2.1993 – I R 61/91, BStBl. II 1993, 459; v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 7.11.2007 – I R 52/06, BStBl. II 2009, 248; v. 3.3.2011 – V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261; FG Sachs. v. 5.12.2006 – 4 K 81/03, juris, rkr.). Mehrzweckhalle, Verpachtung: BgA (BFH v. 28.11.1991 – V R 95/86, BStBl. II 1992, 569). Messe: BgA (BFH v. 23.1.2008 – I R 18/07, BStBl. II 2008, 573). Metzgerei: BgA (BFH v. 11.2.1997 – I R 161/94, BFH/NV 1997, 625). Milchquotenverkaufsstelle, Verkauf von Anlieferungsreferenzmengen: Hoheitsbetrieb (BFH v. 3.7.2008 – V R 40/04, BStBl. II 2009, 208), BgA (VG Minden v. 16.3.2005 – 3 K 1239/02, AUR 2005, 234). Müllentsorgung iRd. Dualen Systems: BgA (BFH v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511; v. 6.11.2007 – I R 72/06, BStBl. II 2009, 246; v. 3.4.2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334; FG Münster v. 16.3.2001 – 9 K 7607/98 K, G, EFG 2001, 849, rkr.). Musikschule: BgA (BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341). Parkhaus, Betrieb: BgA (FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345, rkr.). Parkhaus, Verpachtung: BgA (FG Münster v. 16.9.2004 – 5 K 6922/97 U, juris, rkr.). Parkplätze, Überlassung gegen Gebühren: BgA (BFH v. 22.9.1976 – I R 102/74, BStBl. II 1976, 793; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511). Parkplätze, Überlassung für kurze Zeit durch Parkscheinautomat: Hoheitsbetrieb (BFH v. 27.2.2003 – V R 78/01, BStBl. II 2004, 431). Qualitätssicherung in Krankenhäusern gem. § 137 SGB V durch Projektgeschäftsstelle einer Ärztekammer: Hoheitsbetrieb (FG Münster v. 16.4.2013 – 15 K 227/10 U, EFG 2013, 1266 Rev. BFH XI R 26/13). Schule: Hoheitsbetrieb (BFH v. 11.1.1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746). Schulschwimmen: Hoheitsbetrieb (OFD Nds. v. 12.1.2012 – S 2706 - 219 - St 241, S 7100 801 - St 171, juris). Schwimmbad, Hallenbad/Freibad: BgA (BFH v. 11.1.1979 – V R 26/74, BStBl. II 1979, 746; v. 25.1.2005 – I R 8/04, BStBl. II 2006, 190; FG Düsseldorf v. 22.6.2006 – 15 K 2567/03 BB, EFG 2006, 1769, rkr.). Software, Entwicklung und Vertrieb: Hoheitsbetrieb (FG München v. 25.9.2002 – 3 K 835/99, juris, rkr.). Solequelle: BgA (FG Hess. v. 6.11.2000 – 4 K 1984/00, EFG 2001, 591, rkr.). Sparkasse: BgA (BFH v. 19.10.2005 – I R 40/04, BFH/NV 2006, 822). Sport- und Freizeithalle, Überlassung an Sportvereine und an Nachbargemeinde: BgA (BFH v. 10.11.2011 – V R 41/10, BFH/NV 2012, 670; aA Vorinstanz FG Sachs. v. 15.7.2009 – 5 K 1593/04, ZKF 2011, 119). Sportstätten: BgA (FG BW v. 24.10.2003 – 9 K 139/00, EFG 2005, 235, rkr.; FG BW v. 16.3.2006 – 6 K 177/03, EFG 2006, 1008, rkr.). Steuerberaterkanzlei: BgA (BFH v. 30.11.1989 – I R 19/87, BStBl. II 1990, 246). Straßen, Bau und Unterhaltung: Hoheitsbetrieb (BFH v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558; v. 1.7.2004 – V R 64/02, BFH/NV 2005, 252). Tiefgarage: BgA (BFH v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511; v. 1.12.2011 – V R 1/11, BFH/NV 2012, 534). Vermessungs- und Katasteramt: Hoheitsbetrieb (BFH v. 25.1.2005 – I R 63/03, BStBl. II 2005, 501). Versicherungsanstalt, Betrieb einer Gebäudeversicherung: Hoheitsbetrieb (BFH v. 18.2.1970 – I R 157/67, BStBl. II 1970, 519; v. 27.11.1995 – I B 134/94, BFH/NV 1996, 366). Versorgungseinrichtung einer Kammer zur Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung eines Berufsstands: BgA (BFH v. 9.2.2011 – I R 47/09, BFH/NV 2011, 1257). Volkshochschule: BgA (BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341).
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§ 4 Rz. 138
Betriebe gewerblicher Art von jur. Personen des çffentlichen Rechts
Wasserbeschaffung: Hoheitsbetrieb (BFH v. 15.3.1972 – I R 232/71, BStBl. II 1972, 500; v. 30.11.1989 – I R 79-80/86, BStBl. II 1990, 452). Wasserversorgungsanlage, Betrieb durch Wasserbeschaffungsverband: BgA (BFH v. 30.11.1989 – I R 79-80/86, BStBl. II 1990, 452; v. 2.3.2011 – XI R 65/07, BFH/NV 2011, 1454). Wasserwerk: BgA (BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496; v. 6.11.1985 – I R 272/81, BFH/NV 1987, 123; v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242; v. 27.4.2000 – I R 12/98, BFH/NV 2000, 1365). Wohnungsvermietung zur Unterbringung von Aussiedlern: BgA (Hess. FG v. 31.5.2000 – 4 K 4430/98, juris, rkr.). Zusatzversicherungsverträge, private, Vermittlung durch gesetzliche Krankenkassen: BgA (BFH v. 3.2.2010 – I R 8/09, BStBl. II 2010, 502).
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§5 Befreiungen (1) Von der Körperschaftsteuer sind befreit 1.
das Bundeseisenbahnvermögen, die Monopolverwaltungen des Bundes, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband nach § 2 Abs. 1 des Erdölbevorratungsgesetzes vom 25. Juli 1978 (BGBl. I S. 1073);
2.
die Deutsche Bundesbank, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Landwirtschaftliche Rentenbank, die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung, die Niedersächsische Gesellschaft für öffentliche Finanzierungen mit beschränkter Haftung, die Bremer Aufbau-Bank GmbH, die Landeskreditbank Baden-Württemberg-Förderbank, die Bayerische Landesbodenkreditanstalt, die Investitionsbank Berlin, die Hamburgische Investitions- und Förderbank, die NRW.Bank, die Investitions- und Förderbank Niedersachsen, die Saarländische Investitionskreditbank Aktiengesellschaft, die Investitionsbank Schleswig-Holstein, die Investitionsbank des Landes Brandenburg, die Sächsische Aufbaubank – Förderbank –, die Thüringer Aufbaubank, die Investitionsbank Sachsen-Anhalt – Anstalt der Norddeutschen Landesbank – Girozentrale –, die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, das Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern – Geschäftsbereich der Norddeutschen Landesbank Girozentrale –, die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen – rechtlich unselbstständige Anstalt in der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale und die Liquiditäts-Konsortialbank Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
2a. die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben; 3.
rechtsfähige Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen, die den Personen, denen die Leistungen der Kasse zugute kommen oder zugute kommen sollen (Leistungsempfängern), einen Rechtsanspruch gewähren, und rechtsfähige Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren, a) wenn sich die Kasse beschränkt aa) auf Zugehörige oder frühere Zugehörige einzelner oder mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe oder bb) auf Zugehörige oder frühere Zugehörige der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt-Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband e.V., Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk – Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.) einschließlich ihrer Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten und sonstiger gemeinnütziger Wohlfahrtsverbände oder cc) auf Arbeitnehmer sonstiger Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne der §§ 1 und 2; den Arbeitnehmern stehen Personen, die sich in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis befinden, gleich; zu den Zugehörigen oder Arbeitnehmern rechnen jeweils auch deren Angehörige; b) wenn sichergestellt ist, dass der Betrieb der Kasse nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung darstellt. 2Diese Voraussetzung ist bei Unterstützungskassen, die Leistungen von Fall zu Fall gewähren, nur gegeben, wenn sich diese Leistungen mit Ausnahme des Sterbegeldes auf Fälle der Not oder Arbeitslosigkeit beschränken; c) wenn vorbehaltlich des § 6 die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung für die Zwecke der Kasse dauernd gesichert ist; d) wenn bei Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen am Schluss des Wirtschaftsjahrs, zu dem der Wert der Deckungsrückstellung versicherungsmathematisch zu berechnen ist, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Berücksichtigung des Geschäftsplans sowie der allgemeinen Versicherungsbedingungen und der fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 2 Halbsatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes auszuweisende Vermögen nicht höher ist als bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit die Verlust-
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§5
Befreiungen rücklage und bei einer Kasse anderer Rechtsform der dieser Rücklage entsprechende Teil des Vermögens. 2Bei der Ermittlung des Vermögens ist eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung nur insoweit abziehbar, als den Leistungsempfängern ein Anspruch auf die Überschussbeteiligung zusteht. 3Übersteigt das Vermögen der Kasse den bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 bis 4 steuerpflichtig; und e) wenn bei Unterstützungskassen am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen ohne Berücksichtigung künftiger Versorgungsleistungen nicht höher ist als das um 25 % erhöhte zulässige Kassenvermögen. 2Für die Ermittlung des tatsächlichen und des zulässigen Kassenvermögens gilt § 4d des Einkommensteuergesetzes. 3Übersteigt das Vermögen der Kasse den in Satz 1 bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 steuerpflichtig;
4.
kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 53 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, wenn a) ihre Beitragseinnahmen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre einschließlich des im Veranlagungszeitraum endenden Wirtschaftsjahrs die durch Rechtsverordnung festzusetzenden Jahresbeträge nicht überstiegen haben oder b) sich ihr Geschäftsbetrieb auf die Sterbegeldversicherung beschränkt und die Versicherungsvereine nach dem Geschäftsplan sowie nach Art und Höhe der Leistungen soziale Einrichtungen darstellen;
5.
Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter sowie kommunale Spitzenverbände auf Bundes- oder Landesebene einschließlich ihrer Zusammenschlüsse, wenn der Zweck dieser Verbände nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. 2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, a) soweit die Körperschaften oder Personenvereinigungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten oder b) wenn die Berufsverbände Mittel von mehr als 10 % der Einnahmen für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden. 3Die
Sätze 1 und 2 gelten auch für Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die wie die Berufsverbände allgemeine ideelle und wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen. 4Verwenden Berufsverbände Mittel für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien, beträgt die Körperschaftsteuer 50 % der Zuwendungen;
6.
Körperschaften oder Personenvereinigungen, deren Hauptzweck die Verwaltung des Vermögens für einen nichtrechtsfähigen Berufsverband der in Nummer 5 bezeichneten Art ist, sofern ihre Erträge im Wesentlichen aus dieser Vermögensverwaltung herrühren und ausschließlich dem Berufsverband zufließen;
7.
politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes und ihre Gebietsverbände sowie kommunale Wählervereinigungen und ihre Dachverbände. 2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, so ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
8.
öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen, deren Angehörige auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder dieser Einrichtung sind, wenn die Satzung der Einrichtung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Zwölffache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden. 2Ermöglicht die Satzung der Einrichtung nur Pflichtmitgliedschaften sowie freiwillige Mitgliedschaften, die unmittelbar an eine Pflichtmitgliedschaft anschließen, so steht dies der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn die Satzung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Fünfzehnfache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden;
9.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). 2Wird ein wirtschaftli-
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Kmpel
§5
Befreiungen
cher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. 3Satz 2 gilt nicht für selbstbewirtschaftete Forstbetriebe; 10.
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, soweit sie a) Wohnungen herstellen oder erwerben und sie den Mitgliedern auf Grund eines Mietvertrags oder auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlassen; den Wohnungen stehen Räume in Wohnheimen im Sinne des § 15 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gleich; b) im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im Sinne des Buchstabens a Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen herstellen oder erwerben und sie betreiben, wenn sie überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und der Betrieb durch die Genossenschaft oder den Verein notwendig ist. 2Die
Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 % der gesamten Einnahmen übersteigen;
11.
(weggefallen)
12.
die von den zuständigen Landesbehörden begründeten oder anerkannten gemeinnützigen Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes in der jeweils aktuellen Fassung oder entsprechender Landesgesetze, soweit diese Landesgesetze nicht wesentlich von den Bestimmungen des Reichssiedlungsgesetzes abweichen, und im Sinne der Bodenreformgesetze der Länder, soweit die Unternehmen im ländlichen Raum Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen mit Ausnahme des Wohnungsbaus durchführen. 2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten die Einnahmen aus den in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten übersteigen;
13.
(weggefallen)
14.
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb beschränkt a) auf die gemeinschaftliche Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände, b) auf Leistungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen für die Produktion landund forstwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe der Mitglieder, wenn die Leistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegen; dazu gehören auch Leistungen zur Erstellung und Unterhaltung von Betriebsvorrichtungen, Wirtschaftswegen und Bodenverbesserungen, c) auf die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, wenn die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt, oder d) auf die Beratung für die Produktion oder Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse der Betriebe der Mitglieder. 2Die
Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 % der gesamten Einnahmen übersteigen. 3Bei Genossenschaften und Vereinen, deren Geschäftsbetrieb sich überwiegend auf die Durchführung von Milchqualitäts- und Milchleistungsprüfungen oder auf die Tierbesamung beschränkt, bleiben die auf diese Tätigkeiten gerichteten Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern bei der Berechnung der 10-Prozentgrenze außer Ansatz; 15.
der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, a) wenn er mit Erlaubnis der Versicherungsaufsichtsbehörde ausschließlich die Aufgaben des Trägers der Insolvenzsicherung wahrnimmt, die sich aus dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) ergeben, und b) wenn seine Leistungen nach dem Kreis der Empfänger sowie nach Art und Höhe den in den §§ 7 bis 9, 17 und 30 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bezeichneten Rahmen nicht überschreiten;
16.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die als Entschädigungseinrichtungen im Sinne des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842) oder als Sicherungseinrichtung eines Verbandes der Kreditinstitute nach ihrer Satzung oder sonstigen Verfassung ausschließlich
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165
§5
Befreiungen den Zweck haben, bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen oder eines Finanzdienstleistungsinstituts im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis 4 des Gesetzes über das Kreditwesen Hilfe zu leisten. 2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Zwecks verwendet werden. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Sicherungsfonds im Sinne der §§ 126 und 127 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sowie für Einrichtungen zur Sicherung von Einlagen bei Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung. 4Die Steuerbefreiung ist für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe ausgeschlossen, die nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Aufgaben gerichtet sind;
17.
Bürgschaftsbanken (Kreditgarantiegemeinschaften), deren Tätigkeit sich auf die Wahrnehmung von Wirtschaftsförderungsmaßnahmen insbesondere in Form der Übernahme und Verwaltung von staatlichen Bürgschaften und Garantien oder von Bürgschaften und Garantien mit staatlichen Rückbürgschaften oder auf der Grundlage staatlich anerkannter Richtlinien gegenüber Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen, Leasinggesellschaften und Beteiligungsgesellschaften für Kredite, Leasingforderungen und Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen zu ihrer Gründung und zur Erhaltung und Förderung ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt. 2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genannten Zwecks verwendet werden;
18.
Wirtschaftsförderungsgesellschaften, deren Tätigkeit sich auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten beschränkt, wenn an ihnen überwiegend Gebietskörperschaften beteiligt sind. 2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genannten Zwecks verwendet werden;
19.
Gesamthafenbetriebe im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352), soweit sie Tätigkeiten ausüben, die in § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt und nach § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes genehmigt worden sind. 2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. 3Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
20.
Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von steuerbefreiten Körperschaften oder von steuerbefreiten Personenvereinigungen, a) deren Tätigkeit sich auf den Zweck beschränkt, im Wege des Umlageverfahrens die Versorgungslasten auszugleichen, die den Mitgliedern aus Versorgungszusagen gegenüber ihren Arbeitnehmern erwachsen, b) wenn am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen nicht höher ist als 60 % der im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen an die Mitglieder;
21.
die nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichteten Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenversicherung im Sinne des § 278 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen im Sinne des § 282 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie die ihnen durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen. 2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung der in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden;
22.
gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien im Sinne des § 4 Abs. 2 des Tarifvertragsgesetzes vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323), die satzungsmäßige Beiträge auf der Grundlage des § 186a des Arbeitsförderungsgesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582) oder tarifvertraglicher Vereinbarungen erheben und Leistungen ausschließlich an die tarifgebundenen Arbeitnehmer des Gewerbezweigs oder an deren Hinterbliebene erbringen, wenn sie dabei zu nicht steuerbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung ihrer begünstigten Aufgaben unvermeidlich ist. 2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
166
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§5
Befreiungen 23.
die Auftragsforschung öffentlich-rechtlicher Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen; ist die Tätigkeit auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug gerichtet, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
24.
die Global Legal Entity Identifier Stiftung, soweit die Stiftung Tätigkeiten ausübt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einführung, dem Unterhalten und der Fortentwicklung eines Systems zur eindeutigen Identifikation von Rechtspersonen mittels eines weltweit anzuwendenden Referenzcodes stehen.
(2) Die Befreiungen nach Absatz 1 und nach anderen Gesetzen als dem Körperschaftsteuergesetz gelten nicht 1. für inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen; Entsprechendes gilt für die in § 32 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz genannten Einkünfte, 2. für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1, es sei denn, es handelt sich um Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder nach den Rechtsvorschriften eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 3. Januar 1994 (ABl. EG Nr. L 1 S. 3), zuletzt geändert durch den Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 91/2007 vom 6. Juli 2007 (ABl. EU Nr. L 328 S. 40), in der jeweiligen Fassung Anwendung findet, gegründete Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befindet, und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht, 3. soweit § 38 Abs. 2 anzuwenden ist. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . I. Regelungsgegenstand/Bedeutung und Telos der Regelung . . . . . . . . . II. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . III. Rechtsentwicklung des § 5 KStG . .
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1
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1
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7 8
B. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Selbstständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . II. Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erzielung von Einnahmen oder anderen Vorteilen. . . . . . . . . . . . . . . IV. Keine Vermögensverwaltung . . . . . . 1. Abgrenzung Vermögensverwaltung/ wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb . . . 2. Beteiligungen an Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beteiligung an Kapitalgesellschaften a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einflussnahme auf das Tagesgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . 4. Folgen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. . . . . . . . . . . . . . .
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9 12 16
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36
C. Staatsbetriebe (Abs. 1 Nr. 1) . . . . . . . . . . .
42
D. Kreditanstalten des öffentlichen Rechts und andere Kreditinstitute (Abs. 1 Nr. 2 und 2a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
E. Befreiung für rechtsfähige Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen (Abs. 1 Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungsgegenstand und Ziel . . . . II. Rechtsfähige Kassen . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pensionskassen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sterbekassen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Krankenkassen . . . . . . . . . . . . . . . .
51 51 53 53 56 57 58
. . . . . . .
. . . . . . .
5. Kassen mit Rechtsanspruch der Leistungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . 6. Kassen ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . III. Leistungsempfänger (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zugehörige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Angehörige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Trägerunternehmen . . . . . . . . . . . . . . IV. Kasse als soziale Einrichtung (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geschäftsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Soziale Einrichtung. . . . . . . . . . . . . . . 4. Vermögensbindung (§ 1 Nr. 2 KStDV) . V. Begrenzung der Leistungen (§ 1 Nr. 3 KStDV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kassen mit Rechtsanspruch auf Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kassen ohne Rechtsanspruch auf Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Besonderheiten bei Unterstützungskassen (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Satz 2) . 1. Zuwendungen des Trägers und Versorgungsleistungen . . . . . . . . . . . . 2. Fälle der Not und Arbeitslosigkeit . . . . VII. Verwendung des Vermögens und der Einkünfte (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c) . . . . VIII. Überdotation von Pensions-, Sterbeund Krankenkassen (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Überdotation von Unterstützungskassen (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e) . . . . . .
59 60 61 61 62 64 66 67 67 68 71 74 79 79 82 86 86 87 88
96 98
F. Kleinere Versicherungsvereine aG (Abs. 1 Nr. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 G. Berufsverbände (Abs. 1 Nr. 5) . . . . . . . . . . 107 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
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§5
Befreiungen
II. Parteizuwendungen und Sondersteuersatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kommunale Spitzenverbände . . . . . . IV. Zusammenschlüsse von jPdöR . . . . . .
125 132 134
H. Vermögensverwaltung von nicht rechtsfähigen Berufsverbänden (Abs. 1 Nr. 6) . . .
135
I. Politische Parteien (Abs. 1 Nr. 7) . . . . . . . .
141
J. Öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen (Abs. 1 Nr. 8) . .
147
K. Steuerbegünstigte Körperschaften (Abs. 1 Nr. 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeines – § 51 AO . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerbegünstigte Zwecke . . . . . . . b) Vier Sphären . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsformen der steuerbegünstigten Einrichtungen . . . . . . . . . . . d) Veranlagungsverfahren . . . . . . . . . e) Vorläufige Bescheinigung . . . . . . . . 2. Zweckverwirklichung im Ausland (§ 51 Abs. 2 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Extremistische Organisationen (§ 51 Abs. 3 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gemeinnützige Zwecke – § 52 AO . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Förderung gemeinnütziger Zwecke (§ 52 Abs. 1 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Förderung der Allgemeinheit . . . . . b) Besonderheiten bei Vereinen, die überwiegend Mitglieder fördern . . . 3. Förderung auf materiellem, geistigem und sittlichem Gebiet . . . . . . . . . 4. Einzelzwecke iSd. § 52 Abs. 2 Satz 1 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wissenschaft und Forschung (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Religion (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . c) Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens (Nr. 3) . . . . . . d) Jugend- und Altenhilfe (Nr. 4) . . . . e) Kunst und Kultur (Nr. 5) . . . . . . . . f) Denkmalschutz und Denkmalpflege (Nr. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Erziehung, Volks- und Berufsbildung und Studentenhilfe (Nr. 7). . . h) Natur-, Landschafts- und Umweltschutz (Nr. 8) . . . . . . . . . . . . . i) Wohlfahrtswesen (Nr. 9) . . . . . . . . . j) Hilfe für Verfolgte und Behinderte (Nr. 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Rettung aus Lebensgefahr (Nr. 11) . l) Feuer-, Arbeits-, Katastrophenschutz sowie Unfallverhütung (Nr. 12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . m) Internationale Gesinnung und Völkerverständigung (Nr. 13) . . . . . n) Tierschutz (Nr. 14) . . . . . . . . . . . . . o) Entwicklungszusammenarbeit (Nr. 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . p) Verbraucherberatung und Verbraucherschutz (Nr. 16) . . . . . . . . . q) Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene (Nr. 17) . r) Gleichberechtigung von Frauen und Männern (Nr. 18). . . . . . . . . . . s) Schutz von Ehe und Familie (Nr. 19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
168
Kmpel
153 153 155 155 155 156 157 162 165
5. IV. 1. 2. 3. V. VI. 1. 2.
168 173 177 177
3.
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189 190 192 193 194 196 199
VII. VIII. 1. 2. 3. IX. 1. 2. 3. 4.
200 201
5. 6.
202 7. 203 204
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X.
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t) Kriminalprävention (Nr. 20) . . . . . . u) Sport (Nr. 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . v) Heimatpflege und Heimatkunde (Nr. 22). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . w) Freizeitzwecke (Nr. 23) . . . . . . . . . . x) Demokratisches Staatswesen (Nr. 24). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . y) Bürgerschaftliches Engagement (Nr. 25). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffnungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . Mildtätige Zwecke – § 53 AO . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönliche Hilfebedürftigkeit (§ 53 Nr. 1 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit (§ 53 Nr. 2 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kirchliche Zwecke – § 54 AO . . . . . . . . Selbstlosigkeit – § 55 AO . . . . . . . . . . . Selbstlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Satzungsmäßige Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). . . . . . . . . . . . . . a) Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschüttungsverbot . . . . . . . . . . . c) Unterstützung politischer Parteien d) Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder bei der Vermögensverwaltung . . . . Rückzahlung von Stammkapital (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 AO). . . . . . . . . . . . . . Begünstigungsverbot (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsatz der Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO). . . . . . . . . . . . . . Zeitnahe Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). . . . . . . . . . . . . . Ermittlung des gemeinen Werts (§ 55 Abs. 2 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung bei Stiftungen und BgA (§ 55 Abs. 3 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschließlichkeit – § 56 AO . . . . . . . . Unmittelbarkeit – § 57 AO . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dachverbände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerlich unschädliche Betätigungen (§ 58 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Förderkörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO) . Teilweise Mittelweitergabe (§ 58 Nr. 2 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögensausstattung anderer Körperschaften (§ 58 Nr. 3 AO) . . . . . . Zurverfügungstellung von Arbeitskräften (§ 58 Nr. 4 AO) . . . . . . . . . . . . . Zurverfügungstellung von Räumen (§ 58 Nr. 5 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterstützung von Stiftern (§ 58 Nr. 6 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellige Zusammenkünfte (§ 58 Nr. 7 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Förderung des bezahlten Sports (§ 58 Nr. 8 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen (§ 58 Nr. 9 AO) . . . . . . . . . . . . Erhalt der Beteiligungsquote (§ 58 Nr. 10 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für Steuervergünstigungen – § 59 AO . . . . . . . . . . . .
210 211 213 214 220 222 223 224 224 225 226 236 240 240 243 243 244 249
250 257 260 263 265 274 275 276 280 280 281 286 288 288 289 294 297 300 301 304 312 316 317 319 322
§5
Befreiungen XI. Anforderungen an die Satzung – § 60 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen (§ 60a AO) . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Feststellungsverfahren (§ 60a Abs. 1 und 2 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wegfall der Bindungswirkung (§ 60a Abs. 3–5 AO) . . . . . . . . . . . . . . . XIII. Satzungsmäßige Vermögensbindung – § 61 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV. Rücklagen und Vermögensbildung – § 62 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rücklagenbildung (§ 62 Abs. 1 AO) . . . a) Zweckgebundene Rücklagen (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO) . . . . . . . . . . . b) Rücklage für Wiederbeschaffung (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO) . . . . . . . . . . . c) Freie Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kapitalerhaltungsrücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO) . . . . . . . . . . . 3. Frist zur Bildung/Folgen bei Auflösung von Rücklagen (§ 62 Abs. 2 AO) . 4. Mittelzuführungen zum Vermögen (§ 62 Abs. 3 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuwendungen von Todes wegen (§ 62 Abs. 3 Nr. 1 AO) . . . . . . . . . . . c) Zuwendungen von Lebenden (§ 62 Abs. 3 Nr. 2 AO) . . . . . . . . . . . d) Zuwendungen aufgrund eines besonderen Spendenaufrufs (§ 62 Abs. 3 Nr. 3 AO) . . . . . . . . . . . e) Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören (§ 62 Abs. 3 Nr. 4 AO) . . . . . . . . . . . 5. Zuführungen zum Vermögen für Stiftungen (§ 62 Abs. 4 AO) . . . . . . . . . XV. Ausnahmen von der satzungsmäßigen Vermögensbindung – § 62 AO aF . . . . . XVI. Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung – § 63 AO . . . . . . . . 1. Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 Abs. 1 AO) . . . 2. Ganzjährige Tätigkeit und Vermögensbindung (§ 63 Abs. 2 AO) . . . . 3. Ordnungsmäßige Aufzeichnungen und Nachweise (§ 63 Abs. 3 AO) . . . . . 4. Unzulässige Mittelthesaurierung (§ 63 Abs. 4 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen (§ 63 Abs. 5 AO) . . . . . . . . . . XVII. Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe – § 64 AO . . . . . . . . 1. Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 64 Abs. 1 AO) . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sponsoring/Werbung . . . . . . . . . . . c) Besonderheiten bei der Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beteiligung an einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 2 AO) . . . . . . 3. Besteuerungsgrenze (§ 64 Abs. 3 AO) . 4. Zellteilungsverbot (§ 64 Abs. 4 AO) . . .
325 337 337 338 341 344 353 353 355 355 362 368 372 375 377 377 378 379
380
381 382 384 386 386 396 397 409 413 415 415 415 419 423 425 426 427 431
5. Reingewinnschätzung bei der Altmaterialverwertung (§ 64 Abs. 5 AO) . . 6. Gewinnpauschalierung (§ 64 Abs. 6 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII. Zweckbetrieb – § 65 AO . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesamtrichtung satzungsmäßige Zwecke (§ 65 Nr. 1 AO) . . . . . . . . . . . . 3. Unentbehrlichkeit (§ 65 Nr. 2 AO) . . . . 4. Kein schädlicher Wettbewerb (§ 65 Nr. 3 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. ABC von Zweckbetrieben nach § 65 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX. Wohlfahrtspflege – § 66 AO . . . . . . . . . XX. Krankenhäuser – § 67 AO . . . . . . . . . . XXI. Sportliche Veranstaltungen – § 67a AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sportliche Veranstaltungen (§ 67a Abs. 1 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Option (§ 67a Abs. 2 AO) . . . . . . . . . . . 3. Bezahlte Sportler (§ 67a Abs. 3 AO). . . XXII. Einzelne Zweckbetriebe (§ 68 AO) . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Altenbetreuung (§ 68 Nr. 1 Buchst. a AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Jugendeinrichtungen (§ 68 Nr. 1 Buchst. b AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Selbstversorgungseinrichtung (§ 68 Nr. 2 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Behindertenwerkstätten uÄ (§ 68 Nr. 3 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Werkstatt für behinderte Menschen (§ 68 Nr. 3 Buchst. a AO) . . . . b) Einrichtungen für Beschäftigungsund Arbeitstherapie (§ 68 Nr. 3 Buchst. b AO) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Integrationsprojekte (§ 68 Nr. 3 Buchst. c AO). . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Blinden- und Körperbehindertenfürsorge (§ 68 Nr. 4 AO) . . . . . . . . . . . . 7. Heimerziehung und betreute Wohnformen (§ 68 Nr. 5 AO) . . . . . . . . . . . . . 8. Lotterien und Ausspielungen (§ 68 Nr. 6 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Kulturelle Einrichtungen (§ 68 Nr. 7 AO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Wissenschaftliche und belehrende Veranstaltungen (§ 68 Nr. 8 AO) . . . . . 11. Auftragsforschung (§ 68 Nr. 9 AO) . . . .
432 435 440 440 441 443 444 447 448 457 465 465 472 473 477 477 478 484 486 490 490
494 495 502 503 506 511 515 518
L. Vermietungsgenossenschaften/Vermietungsvereine (Abs. 1 Nr. 10) . . . . . . . . . . . . 527 M. Gemeinnützige Siedlungsunternehmen (Abs. 1 Nr. 12) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 N. Landwirtschaftliche Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Vereine (Abs. 1 Nr. 14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Begünstigte Geschäftsbetriebe (§ 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG). . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nutzungsgenossenschaften. . . . . . . . 3. Dienstleistungs- und Werkleistungsgenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verwertungsgenossenschaften . . . . . 5. Beratungsgenossenschaften . . . . . . . III. Begünstigte Geschäftsarten . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kmpel
. 555 . 555 . 558 . 558 . 559 . . . . .
561 565 568 569 569
169
§ 5 Rz. 1–5 2. 3. 4. 5. IV.
Zweckgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . Gegengeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebengeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . Partielle oder volle Steuerpflicht (Abs. 1 Nr. 14 Satz 2 KStG) . . . . . . . . V. Ausnahmeregelung (§ 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 3 KStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Befreiungen VI. Voraussetzungen für die Steuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592
. . . .
570 573 574 577
.
578
.
582
O. Pensions-Sicherungs-Verein a.G. (Abs. 1 Nr. 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
T. Zusammenschlüsse zur Umlage von Versorgungslasten (Abs. 1 Nr. 20) . . . . . . . 622
583
U. Medizinische Dienste (Abs. 1 Nr. 21) . . . . . 626
P. Sicherungseinrichtungen der Verbände der Kreditinstitute, ehemaliger gemeinnütziger Wohnungseinrichtungen und Sicherungsfonds iSd. §§ 126 und 127 VAG (Abs. 1 Nr. 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entschädigungseinrichtungen für die Kreditwirtschaft . . . . . . . . . . . . . III. Sicherungseinrichtungen der regionalen Sparkassen-, Giroverbände und Volksbanken . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sicherungsfonds iSd. §§ 126 VAG . . . V. Sicherungseinrichtungen bei Wohnungsbaugenossenschaften . . . . . . .
Q. Bürgschaftsbanken (Abs. 1 Nr. 17) . . . . . . . 595 R. Wirtschaftsförderungsgesellschaften (Abs. 1 Nr. 18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604 S. Gesamthafenbetriebe (Abs. 1 Nr. 19) . . . . . 614
V. Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (Abs. 1 Nr. 22) . . . . . . . . . 631 W. Auftragsforschung (Abs. 1 Nr. 23) . . . . . . . 636 . .
585 585
.
586
. .
589 590
.
591
X. Global Legal Entity Identifier Stiftung (Abs. 1 Nr. 24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639 Y. Ausnahmen von der Befreiung (Abs. 2) . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen (Abs. 2 Nr. 1) . . . . . . . . . III. Beschränkt Steuerpflichtige iSd. § 2 Nr. 1 KStG (Abs. 2 Nr. 2) . . . . . . . IV. Folgen aus dem Wegfall des Anrechnungsverfahrens (Abs. 2 Nr. 3) . . . . .
. 640 . 640 . 641 . 644 . 646
A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand/Bedeutung und Telos der Regelung 1
§ 5 KStG enthält persönliche und sachliche Steuerbefreiungstatbestände für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen iSd. § 1 Abs. 1 KStG. Die Befreiungen nach § 5 Abs. 1 KStG gelten grundsätzlich nicht für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KStG). Lediglich bei beschränkt steuerpflichtigen „gemeinnützigen“ Körperschaften iSd. § 2 Abs. 1 KStG gibt es nach Hilfestellung durch den EuGH eine Lockerung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG (Rz. 644).
2
Die persönlichen Steuerbefreiungen betreffen überwiegend juristische Personen des öffentlichen Rechts, die mit ihren hoheitlichen Tätigkeiten nicht der Besteuerung unterliegen. Wegen des Monopolcharakters dieser Einrichtungen werden auch die von ihnen unterhaltenen Betriebe gewerblicher Art steuerfrei gestellt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 2a KStG). Aufgrund des fehlenden Wettbewerbs mit anderen steuerpflichtigen Unternehmen ist die Steuerfreistellung gerechtfertigt.1
3
Bei den übrigen Steuerbefreiungen handelt es sich um sachliche Steuerbefreiungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3–24 KStG). Hier richtet sich die Befreiung nach objektiven Kriterien, die sich nach dem begünstigten Zweck, der Zweckorientierung und deren tatsächlicher Umsetzung richten.2
4
Selbst die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG ist eine sachliche und keine persönliche Steuerbefreiung, obwohl darin nur ein namentlich genannter Verein (der Pensionssicherungs-Verein, Köln) begünstigt wird. Auch dieser wird nicht in seiner Person befreit, sondern die Befreiung wird für die in § 5 Abs. 1 Nr. 15 KStG geforderten sachlichen Voraussetzungen gewährt, die dieser Verein erfüllen muss, damit er befreit werden kann.3
5
Der Gesetzgeber befreit durch § 5 KStG Einrichtungen, die sozialpolitische Tätigkeiten ausüben (zB Pensions- und Unterstützungskassen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG), die im öffentlichen Raum agieren (zB Berufsverbände – § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG; politische Parteien – § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG), der Verbesserung der Wirtschafts- oder Sozialstruktur einer Region bzw. der allgemeinen Wirtschaftsförderung (§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG) oder dem Gemeinwohl dienen (steuerbegünstigte Einrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG).
1 Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 2. 2 Sauter in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 13. 3 Sauter in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 12.
170
Kmpel
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 6–8 § 5
Eine einheitliche Linie des Gesetzgebers, wie er den Umfang der Steuerbefreiung definiert und welche Tätigkeiten begünstigt sind, ist nicht erkennbar. Während manche Steuerbefreiungen vollumfänglich sind, führt bei einigen Befreiungen der Betrieb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu einer partiellen Steuerpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 5, 7, 9, 19 und 22 KStG) oder sogar zur vollständigen Versagung der Steuerbefreiung. Auch werden manchmal nur bestimmte Tätigkeiten steuerfrei gestellt, mit der Folge, dass andere Tätigkeiten und die Vermögensverwaltung steuerpflichtig bleiben (§ 5 Abs. 1 Nr. 17, 18, 20, 24 KStG).
6
II. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften § 5 KStG ist keine abschließende Regelung für die Befreiung von Körperschaften. So gibt es außerhalb des KStG noch weitere Steuerbefreiungen, zB für: –
inländische Investmentvermögen iSd. § 2 Abs. 1 InvStG/Investmentaktiengesellschaften iSd. § 2 Abs. 5 InvStG (§ 11 InvStG)
–
Real Estate Investment Trust (REIT-AG) iSd. § 16 REITG, welche die Voraussetzungen der §§ 8–15 REITG erfüllen
–
Geldmarkt-, Wertpapier-, Beteiligungs- und Grundstücks-Sondervermögen (§§ 37n, 38, 43a, 43c, 44, 50a u. 50c KAGG)
–
European Transonic Windtunnel GmbH (VO über die Gewährung von Steuerbefreiungen für die European Transonic Windtunnel GmbH)1
–
Rationalisierungsverband im Steinkohlebergbau (§ 36 des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlebergbau)
–
Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlereviere GmbH (§ 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei der Stilllegung von Steinkohlebergwerken)
–
Unterstützungskassen iSd. § 15 Postpersonalrechtsgesetzes (§ 15 Abs. 3 PostpersonalrechtsG)
–
Zentrale Fonds zur Absatzförderung der deutschen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (§ 13 Absatzfondsgesetz)
7
Weitere – in der Regel persönliche – Steuerbefreiungen aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen, Zustimmungsgesetze und Rechtsverordnungen, aufgrund derer Personenvereinigungen, Körperschaften, internationale Organisationen oder ausländische Staaten Befreiungen von deutschen Steuern vom Einkommen und Vermögen erhalten, sind im BMFSchreiben v. 18.3.20132 aufgelistet.
III. Rechtsentwicklung des § 5 KStG Die ersten Steuerbefreiungen für bestimmte unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, 8 Personenvereinigungen und Vermögensmassen waren in § 2 KStG 1920 geregelt. Nachdem iRd. KStG 1925 die Befreiungen in § 9 neu verankert wurden, waren sie ab dem KStG 1934 in § 4 zu finden. Durch das KStG 1977 wurde die Befreiungsvorschrift des § 4 KStG 1975 als § 5 KStG übernommen, in dem sie sich auch heute noch befindet. Neben einer Vielzahl überwiegend redaktioneller Ergänzungen und Änderungen im Laufe der Jahre erfolgte iRd. StÄndG 2001 v. 20.12.20013 eine Ergänzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 KStG dahingehend, dass der Ausschluss von der Befreiung auch für eine nach anderen Gesetzen als dem KStG eintretende Befreiung gilt. Aufgrund des Übergangs vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren wurde durch das UntStFG v. 20.12.20014 § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG angefügt. Die Befreiung für die Auftragsforschung öffentlich rechtlicher Forschungseinrichtungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG wurde erstmals durch das StÄndG 20035 als Reaktion auf die ersatzlose Streichung des § 4 Nr. 21a UStG wegen dessen EU-Rechtswidrigkeit6 eingefügt. Auch wurde § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG wegen der Änderungen bei den §§ 44a, 44c EStG redaktionell angepasst. Das JStG 2008 v. 20.12.20077 fasste § 5 Abs. 1 Nr. 12 Satz 1 KStG dahingehend neu, dass nun auch 1 2 3 4 5 6 7
Verordnung v. 1.9.1989, BGBl. II 1989, 738. BMF v. 18.3.2013 – IV B 4 - S 1311/07/10039 – DOK 2013/0234331, BStBl. I 2013, 404. BGBl. I 2001, 3794 = BStBl. I 2002, 4. BGBl. I 2001, 3858 = BStBl. I 2002, 35. G v. 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2645. EuGH v. 20.6.2002 – Rs. C-287/00, IStR 2002, 483. BGBl. I 2007, 3150 = BStBl. I 2008, 218.
Kmpel
171
§ 5 Rz. 8–13
Befreiungen
die von den zuständigen Landesbehörden begründeten oder anerkannten gemeinnützigen Siedlungsunternehmen von der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG erfasst werden. Mit dem JStG 20091 wurde die Gleichstellung ausländischer steuerbegünstigter Körperschaften eines EU-/EWR-Staates mit inländischen Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG verankert sowie der Hinweis auf die §§ 34 und 37 KStG wegen des Wegfalls dieser Regelungen in § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG ersatzlos gestrichen. Im Rahmen des Zollkodex-AnpG2 wurde in § 5 Abs. 1 KStG die Steuerbefreiung der Global Legal Entity Identifier Stiftung durch Aufnahme der neuen Nr. 24 verankert.
B. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) Literatur: Hüttemann, Wirtschaftliche Betätigung und steuerliche Gemeinnützigkeit, Köln 1991, 132–164; Orth, Gemeinnützigkeit und Wirtschaftstätigkeit, FR 1995, 253; Schön, Die vermögensverwaltende Personenhandelsgesellschaft, DB 1998, 1169; Tönnes/Wewel, Ausgliederung wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe durch steuerbefreite Einrichtungen, DStR 1998, 274; Kümpel, Die Besteuerung steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, DStR 1999, 1505; Weisheit, Zur Abfärbewirkung bei Beteiligung einer gemeinnützigen Körperschaft an einer Personengesellschaft, DB 2012, 142.
9
Die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führt bei einigen Steuerbefreiungstatbeständen (§ 5 Abs. 1 Nr. 5, 7, 9, 19 und 22 KStG) zu einer partiellen Steuerpflicht bzw. zu einer Versagung der Steuerbefreiung (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 KStG) insgesamt.
10
Die nicht den Rücklagen des Geschäftsbetriebs zugeführten Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unterliegen neben einer ggf. stattfindenden Besteuerung bei der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 3 GewStG) dem Kapitalertragsteuerabzug nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG. Nur bei steuerbegünstigten („gemeinnützigen“) Einrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wird von der Durchführung des Kapitalertragsteuerabzugs für Einkünfte iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG Abstand genommen (§ 44a Abs. 7 EStG).
11
§ 14 AO definiert den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb wie folgt: § 14 Abgabenordnung – Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb 1Ein
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. 2Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. 3Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.
I. Selbstständigkeit 12 Die Tätigkeit muss selbstständig ausgeübt werden. Für die Beurteilung der Selbstständigkeit kann auf die Grundsätze der §§ 15, 18 EStG zurückgegriffen werden. Danach muss eine Tätigkeit auf eigene Rechnung (Unternehmerrisiko) und auf eigene Verantwortung (Unternehmerinitiative) ausgeübt werden.3 13
Selbstständigkeit in diesem Zusammenhang ist nicht die persönliche Selbstständigkeit einer juristischen Person, sondern die sachliche Selbstständigkeit der Betätigung im Sinne einer Abgrenzbarkeit von einem steuerbegünstigten Wirkungsbereich. Eine solcherart sachliche Selbstständigkeit liegt vor, wenn die betreffende Tätigkeit nicht mit anderweitigen Betätigungen der Körperschaft dergestalt zusammenhängt, dass ihre Ausübung ohne die anderweitige Betätigung nicht möglich wäre.4 Es darf also keine wechselseitige Verflechtung der beiden Tätigkeiten vorliegen.5 Nicht erforderlich ist, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb andere als die satzungsmäßigen Zwecke verfolgt.6 Der von der Rspr. zum Teil als Indiz für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs herangezogene Gewinn7 ist uE kein zulässiger Maßstab für das Vorliegen einer Selbstständigkeit, da § 14 AO gerade keine Gewinnerzielungsabsicht verlangt (§ 14 Satz 2 AO). 1 2 3 4 5 6 7
G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. BFH v. 27.9.1988 – VIII R 193/83, BStBl. II 1989, 414 = FR 1989, 140. BFH v. 7.5.2014 – I R 65/12, BFH/NV 2014, 1670. BFH v. 15.10.1997 – I R 2/97, BStBl. II 1998, 175 = FR 1998, 437. Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 20. So zB FG Münster v. 29.9.1960 – I b 301/60, EFG 1961, 171, welches bei einem erzielten Gewinn von weniger als 1000 DM noch keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb angenommen hat.
172
Kmpel
B. Wirtschaftlicher Geschftsbetrieb (§ 14 AO)
Rz. 14–19 § 5
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erfordert eine Tätigkeit, dh. ein Tun, Dulden oder 14 Unterlassen. Die Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs scheitert nicht an einer fehlenden Wettbewerbsrelevanz der wirtschaftlichen Betätigung. Allerdings hat die Besteuerung der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter Körperschaften ihren wesentlichen Beweggrund im Wettbewerbsgedanken, der eine Gleichbehandlung der begünstigten Körperschaften mit konkurrierenden erwerbswirtschaftlichen Unternehmen fordert.1 Darüber hinaus muss es sich um eine eigene Tätigkeit des zu beurteilenden Rechtssubjekts handeln, also um eine solche, die dieses Rechtssubjekt – zB ein Verein – im eigenen Namen ausübt. Die Tätigkeit braucht sich im Übrigen nicht im Rahmen der Gesetze zu halten; nach § 40 AO kann auch ein gesetz- oder sittenwidriges Handeln zur Annahme eines Betriebs und damit zur Besteuerung führen. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist nicht erforderlich.2 So schließt allein die Tatsache, dass lediglich die Vereinsmitglieder die Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs beziehen können, eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht aus, wenn diese Mitglieder keinen von vornherein abgeschlossenen Personenkreis bilden.3
15
II. Nachhaltigkeit Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist entsprechend den Regelungen in § 15 Abs. 2 EStG, § 2 Abs. 1 16 Satz 3 UStG auszulegen. Danach ist eine nachhaltige Tätigkeit eine berufsmäßige oder planmäßige, andauernde, fortgesetzte Tätigkeit.4 Es bedarf einer auf Dauer angelegten Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen.5 Nicht erforderlich ist, dass jede einzelne Handlung in Wiederholungsabsicht unternommen wird. So genügt es, wenn bei der Tätigkeit der allgemeine Wille besteht, gleichartige oder ähnliche Handlungen bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen.6 Eine Nachhaltigkeit ist bereits dann gegeben, wenn unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben Verhältnisses tatsächlich, dh. nach dem äußeren Sachverhalt, mehrere gleichartige Handlungen vorgenommen werden. Eine Planmäßigkeit des Handelns ist nicht Voraussetzung.7 Größere Zeitabstände zwischen den sich wiederholenden Handlungen schließen eine Nachhaltigkeit nicht aus.8
17
III. Erzielung von Einnahmen oder anderen Vorteilen Durch die Tätigkeit müssen Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden.
18
Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen zufließen (§ 8 Abs. 1 EStG). Die erzielten Einnahmen müssen iZm. den Leistungen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erzielt werden. Auf die Bezeichnung der Einnahmen kommt es nicht an.9 Nicht zu den Einnahmen zählen die Mitgliedsbeiträge (§ 8 Abs. 6 KStG). Mitgliedsbeiträ- 19 ge iSd. § 8 Abs. 6 KStG sind jedoch nur solche Beiträge, die ein Mitglied einer Personenvereinigung lediglich in seiner Eigenschaft als Mitglied nach der Satzung zu entrichten hat. Vereinsbeiträge, die ein Entgelt für bestimmte Leistungen einer Körperschaft zugunsten von Vereinsmitgliedern darstellen, sind keine Mitgliedsbeiträge.10 Solche sog. „unechten“ Beiträge sind Einnahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Einnahmen können auch durch die Gewährung von wirtschaftlichen Vorteilen für die Mitglieder erzielt werden.11
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BFH v. 7.5.2014 – I R 65/12, BFH/NV 2014, 1670. BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858 = FR 2011, 811 m. Anm. Kirchhain. BFH v. 21.8.1985 – I R 5/81, BFH/NV 1986, 239. Tipke in T/K, § 14 AO Rz. 9. BFH v. 18.7.1991 – V R 86/87, BStBl. II 1991, 776. AEAO zu § 64, Nr. 2. BFH v. 13.2.1969 – V R 92/68, BStBl. II 1969, 282. BFH v. 26.4.1979 – V R 46/72, BStBl. II 1979, 530. Wallenhorst in Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl. 2009, F Rz. 25. 10 BFH v. 15.10.1997 – I R 2/97, BStBl. II 1998, 175 = FR 1998, 437. 11 BFH v. 18.1.1984 – I R 138/79, BStBl. II 1984, 451 = FR 1984, 321.
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§ 5 Rz. 19–26
Befreiungen
Auch sind Leistungen Dritter an Vereinsmitglieder den Einnahmen zuzurechnen, wenn diese als Entgelt für Leistungen des Vereins getätigt werden.1
IV. Keine Vermögensverwaltung 1. Abgrenzung Vermögensverwaltung/wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb 20 Um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb annehmen zu können, muss die Tätigkeit über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehen. Während Gewinne wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe aus Gründen der Wettbewerbsneutralität von der Steuerbefreiung (anders jedoch beispielsweise die Zweckbetriebe nach den §§ 65–68 AO) ausgenommen werden, misst der Gesetzgeber den vermögensverwaltenden Tätigkeiten keine erhebliche Wettbewerbsrelevanz zu.2 21
Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt wird, zB Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird (§ 14 Satz 3 AO).
22
Für die Abgrenzung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Vermögensverwaltung kann auf die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung vermögensverwaltender Tätigkeiten bei der Einkommensteuer (§§ 20 Abs. 1, 21 EStG) zu den Gewinneinkunftsarten (§§ 13, 15 und 18 EStG) zurückgegriffen werden. 2. Beteiligungen an Personengesellschaften
23 Die Beteiligung einer steuerbefreiten Körperschaft an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist der Vermögensverwaltung zuzuordnen. 24
Die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personenhandelsgesellschaft begründet stets einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Denn die daraus bezogenen Gewinnanteile stellen Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb dar. Einkünfte aus Gewerbebetrieb begründen immer zwingend einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Das gilt gleichermaßen für Kommanditbeteiligungen und Beteiligungen an Publikumspersonengesellschaften.3
25
Das gilt jedoch nicht, wenn es sich um eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden, aber gewerblich geprägten Kommanditgesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Gewerblich geprägte Personengesellschaften erzielen zwar gewerbliche Einkünfte iSd. § 15 EStG, objektiv handelt es sich jedoch lediglich um eine Fiktion. Der Sache nach gehen die Gesellschafter einer vermögensverwaltenden und nicht gewerblichen Tätigkeit nach; es ist ein Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, dass tatsächlich keine gewerbliche Tätigkeit iSd. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt wird. § 14 AO greift diese Fiktion gewerblicher Einkünfte jedoch nicht auf. So verknüpft § 14 AO das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht mit der Erzielung gewerblicher Einkünfte.4 Nach Sinn und Zweck des § 14 AO bedarf es der Besteuerung gewerblich geprägter Einkünfte nicht. So ist nicht erkennbar, dass die gewerbliche Fiktion vermögensverwaltender Tätigkeiten in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG dem Wettbewerbsschutz dient. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sollte lediglich eine Gleichbehandlung von Personengesellschaften mit Kapitalgesellschaften sicherstellen (Festschreibung der sog. Geprägerechtsprechung).5
26
Es besteht keine Bindungswirkung hinsichtlich der festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da diese Feststellung keine Entscheidung über das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs umfasst. Durch die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a AO werden nur solche Merkmale in die Gewinnfeststellung einbezogen, die von den Gesellschaftern in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit gemeinschaftlich verwirklicht werden. Darüber, ob die gewerblichen Einkünfte der steuerfreien Vermögensverwaltung oder als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu beurteilen sind, ist außerhalb des Feststellungsverfahrens bei dem jeweiligen Mitunternehmer zu entscheiden.6
1 2 3 4 5 6
Tipke in T/K, § 14 AO Rz. 10. BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858 = FR 2011, 811 m. Anm. Kirchhain. BFH v. 27.3.2001 – I R 78/99, BStBl. II 2001, 449 = FR 2001, 836 m. Anm. Pezzer. BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858 = FR 2011, 811 m. Anm. Kirchhain. BT-Drucks. 10/3663, 6. BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858 = FR 2011, 811 m. Anm. Kirchhain.
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Kmpel
B. Wirtschaftlicher Geschftsbetrieb (§ 14 AO)
Rz. 27–32 § 5
Die Frage, ob diese Grundsätze auch bei Feststellungen nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu übertragen sind, hat der BFH in seiner Entscheidung vom 25.5.20111 ausdrücklich offengelassen. UE ist in diesen Fällen davon auszugehen, dass mit einer solchen Beteiligung ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet wird. So übt eine Personengesellschaft, deren Einkünfte iRd. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als gewerbliche Einkünfte qualifiziert werden, auch originäre gewerbliche Einkünfte aus, die zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führen würden. Die durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gesetzlich normierte Infektion der übrigen – nicht gewerblichen – Einkünfte führt zu einer tatsächlichen Umqualifizierung der Tätigkeit, die auch vom BVerfG als zulässig angesehen wird. So verstößt es nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die gesamten Einkünfte einer Personengesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten, wenn die Gesellschaft auch nur teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.2
27
Soweit die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft zur Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führt, sind diesem sowohl die laufenden Einkünfte als auch die Erlöse aus der Veräußerung dieser Beteiligung (§ 16 EStG) zuzurechnen. Die Anwendung der Regelungen des § 13 Abs. 4 und 5 KStG scheidet aus (s. auch § 13 KStG Rz. 90).3
28
Bei steuerbegünstigten Einrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG werden die Gewinne aus einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, die einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 64 AO begründet, nur besteuert, wenn die anteiligen Einnahmen aus der Beteiligung zusammen mit den ggf. weiteren Einnahmen aus anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben die Besteuerungsgrenze von 35 000 Euro (§ 64 Abs. 2 AO) übersteigen.
29
3. Beteiligung an Kapitalgesellschaften a) Einleitung Die Beteiligung einer von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft an einer Kapitalgesellschaft ist auch bei einer hundertprozentigen Beteiligung regelmäßig der Vermögensverwaltung zuzurechnen, mit der Folge, dass die daraus erzielten Erträge (Dividenden, Veräußerungserlöse etc.) nicht zur Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führen.
30
Das regelmäßige An- und Verkaufen von Beteiligungen begründet nur in Ausnahmefällen 31 einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. So gehört die Umschichtung von Wertpapieren – selbst in erheblichem Umfang – regelmäßig zur Vermögensverwaltung, weil es bei Wertpapieren in der Natur der Sache liegt, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren. Anzeichen für einen gewerblichen Wertpapierhandel sind der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften, das Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen und insbesondere das Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber Dritten. So ist nach § 1 Abs. 1a Satz 1 KWG für ein Wertpapierhandelsunternehmen ein Tätigwerden für andere kennzeichnend.4 b) Einflussnahme auf das Tagesgeschäft Eine andere Beurteilung kann dann in Betracht kommen, wenn die Körperschaft über eine Zusammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibt oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausübt und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.5 Lediglich die Beteiligung an einer Gesellschaft, welche ausschließlich Vermögensverwaltung betreibt, führt – nach Auffassung der FinVerw. – nicht zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.6
1 2 3 4 5
BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10, BStBl. II 2011, 858 = FR 2011, 811 m. Anm. Kirchhain. BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, FR 2008, 818 m. Anm. Keß = DB 2008, 1243. BFH v. 16.11.2011 – I R 31/10, BFH/NV 2012, 786. BFH v. 19.8.2009 – III R 31/07, BFH/NV 2010, 844 mwN. BFH v. 25.8.2010 – I R 97/09, BFH/NV 2011, 312, unter Hinweis auf EuGH v. 10.1.2006 – Rs. C-222/04 – Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-289; R 16 Abs. 5 Satz 4 ff. KStR 2004. 6 R 16 Abs. 5 Satz 6 KStR 2004; AEAO zu § 64, Nr. 3 Satz 5.
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32
§ 5 Rz. 33–38
Befreiungen
c) Betriebsaufspaltung 33 Auch bei steuerbefreiten Körperschaften finden die Grundsätze der Betriebsaufspaltung Anwendung.1 Daher begründet die Annahme einer Betriebsaufspaltung nicht nur bei der originär gewerblich tätigen Betriebsgesellschaft, sondern auch bei der Besitzgesellschaft jeweils einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.2 Im Unterschied zur gewerblichen Prägung der vermögensverwaltenden Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (s. auch Rz. 25 ff.) führt eine Betriebsaufspaltung dazu, dass eine ihrer Art nach vermögensverwaltende und damit nicht gewerbliche Betätigung (das Vermieten oder Verpachten von Wirtschaftsgütern) durch die personelle und sachliche Verflechtung zweier rechtlich selbstständiger Unternehmen – Besitz- und Betriebsunternehmen – zum Gewerbebetrieb wird.3 So ist die Vermietung von Grundbesitz und anderen wesentlichen Betriebsgrundlagen bei Vorliegen einer personellen und sachlichen Verflechtung als originäre gewerbliche Tätigkeit anzusehen.4 Ist einkommensteuerrechtlich aufgrund einer Betriebsaufspaltung eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit als gewerbliches Unternehmen zu beurteilen, so ist dieser Gewerbebetrieb auch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb iSd. § 14 AO.5 Eine Betriebsaufspaltung setzt nach ständiger Rspr. des BFH6 eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen voraus. 34
Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt. Als funktional wesentlich sind alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben, mithin für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben.7
35
Die personelle Verflechtung wird durch eine Mehrheitsbeteiligung des Besitzunternehmens an dem Betriebsunternehmen hergestellt, da die Beteiligung den Gesellschafter in die Lage versetzt, in der Betriebsgesellschaft seinen Willen durchzusetzen. Eine Personenidentität in den Organen der Besitz- bzw. Betriebsgesellschaft ist nicht erforderlich. Auch Vereine können Besitzgesellschaften iSd. Betriebsaufspaltung sein.8 4. Folgen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
36 Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nach § 14 AO unterliegt nicht generell der Körperschaftsteuer. Allein die Tatsache, dass ggf. die Gewährung der Steuerbefreiung ganz oder teilweise durch den Betrieb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verloren geht, führt nicht zwingend dazu, dass dieser auch steuerpflichtig ist. Für die Beurteilung der Steuerpflicht eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist zwischen den verschiedenen Körperschaftsteuersubjekten des § 1 Abs. 1 KStG zu unterscheiden. 37
Handelt es sich bei der steuerbefreiten Körperschaft um eine Körperschaft iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 KStG, gelten sämtliche erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG). So führen die Tätigkeiten einer Kapitalgesellschaft selbst dann zu gewerblichen Einkünften, wenn sie nicht unter eine der sieben Einkunftsarten fallen.9 Damit ist auch der Betrieb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs de lege lata eine gewerbliche Betätigung. Auf eine Gewinnerzielungsabsicht ist mithin nicht mehr abzustellen. Für Zwecke der Gewerbesteuer gelten nach § 2 Abs. 2 GewStG die Tätigkeiten von Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 KStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, mit der Folge, dass auch insoweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vollumfänglich der Gewerbesteuer unterliegt.
38
Bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts begründet ein von ihr betriebener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einen Betrieb gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). Nach § 4 KStG sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher Art der Besteuerung zu unterwerfen. Die Betriebe gewerblicher Art erzielen grundsätzlich ge-
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BFH v. 5.6.1985 – I S 2/85, I S 3/85, BFH/NV 1986, 433. FG Düsseldorf v. 17.9.2013 – 6 K 2430/13 K, EFG 2013, 1958 (rkr.); aA Hüttemann3, Rz. 6.136. BFH v. 23.3.2011 – X R 45/09, BStBl. II 2011, 778 mwN. BFH v. 8.11.1971 – GrS 2/71, BStBl. II 1972, 63; BVerfG v. 25.3.2004 – 2 BvR 944/00, HFR 2004, 691. BFH v. 21.5.1997 – I R 164/94, BFH/NV 1997, 825. BFH v. 8.11.1971 – GrS 2/71, BStBl. II 1972, 63; v. 19.7.1994 – VIII R 75/93, BFH/NV 1995, 597 mwN. BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, BStBl. II 2011, 467 = FR 2010, 890 m. Anm. Benecke/Staats. BFH v. 21.5.1997 – I R 164/94, BFH/NV 1997, 825. BFH v. 28.10.2004 – I B 95/04, BFH/NV 2005, 160; kritisch Hüttemann3, Rz. 7.35.
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C. Staatsbetriebe (Abs. 1 Nr. 1)
Rz. 38–43 § 5
werbliche Einkünfte, sodass auch in diesem Fall der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu besteuern ist.1 Bei den anderen Körperschaftsteuersubjekten iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG (rechtsfähige und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen und Vermögensmassen wie Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen) ist für die Besteuerung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs uE Voraussetzung, dass dieser auch unter eine der in § 2 Abs. 1 EStG definierten Einkunftsarten fällt (vgl. § 8 Abs. 1 KStG). Dh., ein ohne Gewinnerzielungsabsicht betriebener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erzielt keine Einkünfte iSd. § 15 EStG, da er die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG nicht erfüllt. Ggf. wäre zu prüfen, ob aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Einkünfte iSd. § 22 Nr. 3 EStG erzielt werden. Auch dies setzt jedoch das Bestehen einer Einkunftserzielungsabsicht voraus. Fehlt es an einer Einkunftsart, bleibt das Ergebnis des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bei der Körperschaftsteuer unbesteuert. In der Praxis ist die Frage indessen wohl eher akademisch, da ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ohne Gewinnerzielungsabsicht regelmäßig auch keine Gewinne erwirtschaftet. Lediglich für die Frage eines Verlustausgleichs könnte die Frage der Einkunftsart eine Rolle spielen, da ein steuerlicher Verlustausgleich ebenfalls eine ausgleichsfähige Einkunftsart erfordert.
39
Die Gewerbesteuer besteuert bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts 40 (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG) und den nicht rechtsfähigen Vereinen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) auch den ohne Gewinnerzielungsabsicht betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 2 Abs. 3 GewStG iVm. § 8 GewStDV). Ausgeschlossen sind davon lediglich die Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 3 GewStG). Die Einkünfte aus der Verpachtung eines von einer Körperschaft iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG vorher selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, welcher die Grenzen des § 15 EStG überschritten hat, unterliegen so lange der Körperschaftsteuer, bis die Körperschaft die Aufgabe erklärt.2 Nach § 16 Abs. 3b EStG gilt ein verpachteter Gewerbebetrieb erst dann als aufgegeben, bis der Steuerpflichtige die Aufgabe ausdrücklich erklärt. Eine Aufgabeerklärung ist hierbei rückwirkend für max. drei Monate anzuerkennen (§ 8 Abs. 1 KStG iVm. § 16 Abs. 3b Satz 2 EStG). Diese Regelung gilt für alle Betriebsaufgaben nach dem 4.11.2011 (§ 52 Abs. 34 Satz 9 EStG).
41
C. Staatsbetriebe (Abs. 1 Nr. 1) Durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG werden bestimmte Staatsbetriebe, namentlich das Bundeseisenbahnvermögen, die Monopolverwaltungen des Bundes, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband wegen ihrer besonderen staatswirtschaftlichen Aufgaben subjektiv (persönlich) von der Steuer befreit.3 Eine entsprechende Freistellung von der Gewerbesteuer ist in § 3 Nr. 1 GewStG geregelt. Aufgrund des Monopolcharakters dieser Unternehmen ist eine Wettbewerbsbeeinträchtigung anderer Unternehmen nicht zu befürchten. Da es sich bei den og. Gesellschaften um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, wirkt sich die Steuerbefreiung nur auf die außerhalb der hoheitlichen Tätigkeit betriebenen Betriebe gewerblicher Art aus. Die hoheitlichen Tätigkeiten lösen bereits dem Grunde nach keine Steuerpflicht aus.
42
Es handelt sich um eine subjektive Steuerbefreiung. Daher werden grundsätzlich sämtliche Tätigkeiten dieser Einrichtungen von ihr umfasst.4 Gleichwohl müssen die begünstigten Tätigkeiten jedoch uE in dem originären Aufgabenbereich des Unternehmens liegen. So umfasst die Befreiungsvorschrift wohl nicht die Tätigkeiten, die den Aufgaben des Unternehmens völlig wesensfremd sind.5 Falls die Unternehmen außerhalb ihres Zwecks tätig werden, ist ggf. über § 42 AO eine Besteuerung dieser Tätigkeiten vorzunehmen.6 Die Steuerbefreiung bezieht sich nur auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG genannten Unternehmen. Vergleichbare Unternehmen oder selbstständige Tochtergesellschaften der Staatsbetriebe werden von der Steuerbefreiung nicht umfasst.7
43
1 2 3 4 5 6 7
BFH v. 1.8.1979 – I R 106/76, BStBl. II 1979, 716. BFH v. 4.4.2007 – I R 55/06, BStBl. II 2007, 725 = FR 2007, 925. BT-Drucks. 7/1470, Anlage 1 S. 337. BFH v. 19.8.1958 – I R 182/57 U, BStBl. III 1958, 429. BFH v. 19.8.1958 – I R 182/57 U, BStBl. III 1958, 429. So auch Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 96. BFH v. 13.11.1963 – 1/62 S, BStBl. III 1964, 190.
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§ 5 Rz. 44–47
Befreiungen
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Anstelle der früheren Befreiungen für die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn ist zum 1.1.1994 (Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen)1 das Bundeseisenbahnvermögen als Sondervermögen getreten.2
45
Zu den staatlichen Lotterieunternehmen gehören die Unternehmen, die der Staat unmittelbar selbst in der Form eines Betriebs gewerblicher Art betreibt. Auch fallen die Lotterieunternehmen unter die Steuerbefreiung, die als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts der Staatsaufsicht unterliegen.3 Nicht dazu zählen die im Rahmen von Kapitalgesellschaften betriebenen Lotterieunternehmen – selbst dann nicht, wenn sich alle Anteile in der Hand des Staates befinden.4 So wird die Anwendbarkeit der Befreiung von Lotterieunternehmen – ausgehend vom Wortsinn „staatlich“ – strikt auf solche Unternehmen beschränkt, die der Staat unmittelbar selbst betreibt oder die in der Form der rechtsfähigen, der Staatsaufsicht unterliegenden Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert sind.5 Es begegnet keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken (Art. 3 Abs. 1 GG), dass die Anwendung der Befreiung auf staatliche Lotterien beschränkt sind.6 Für die Privilegierung von staatlichen Lotteriegesellschaften gelten insoweit die gleichen verfassungsrechtlichen Erwägungen wie für die gleichfalls in § 3 Nr. 1 GewStG geregelte Begünstigung von zugelassenen öffentlichen Spielbanken.7 Danach ist die Begünstigung einzelner Steuerpflichtiger regelmäßig gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn diese mit einer Steuer belegt werden, die ein Äquivalent darstellen soll für Steuern, denen (nur) andere, von der Begünstigung ausgenommene Steuerpflichtige unterworfen sind. So wie bei öffentlichen Spielbanken die Spielbankabgabe das Äquivalent für die Befreiung von der Gewerbesteuer und anderen Steuerarten darstellt, stellt bei der staatlichen Lotterie die Lotteriesteuer das Äquivalent für die gleichermaßen gewährte Befreiung von der Körperschaftsteuer dar. Dies gilt für die Lotteriesteuer ungeachtet dessen, dass in der frühen historischen Entwicklung der Steuerbefreiung für staatliche Lotterieunternehmen moderne gleichheitsrechtliche Überlegungen, die ohne Beschränkung auf ein einzelnes Steuergesetz auf den durch die steuerrechtliche Gesamtregelung hergestellten Belastungserfolg abstellen, ersichtlich keine Rolle gespielt haben.8
46
Ob diese Steuerbefreiung jedoch noch langfristig Bestand haben wird, ist fraglich. So hat die EU-Kommission die Niederlande aufgefordert, die dort geltende Befreiung niederländischer öffentlicher Unternehmen von der Unternehmenssteuer abzuschaffen.9 Nach Auffassung der Kommission sollten öffentliche Unternehmen, die gewerbliche Tätigkeiten ausüben und dabei im Wettbewerb mit Unternehmen der Privatwirtschaft stehen, ebenfalls der Unternehmenssteuer unterliegen. Werden bestimmte Unternehmen nur aus dem Grund, dass sie dem Staat gehören, von der Steuer befreit, entsteht ihnen ein Wettbewerbsvorteil, der mit den EU-Beihilfevorschriften nicht vereinbar ist. Damit könnte die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KStG ebenfalls auf den Prüfstand der EU-Kommission kommen.
D. Kreditanstalten des öffentlichen Rechts und andere Kreditinstitute (Abs. 1 Nr. 2 und 2a) 47 Die Vorschriften regeln in erster Linie die subjektive (persönliche) Befreiung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute des Bundes und der Länder. Es sollen nur die Institute befreit werden, die nicht mit anderen Kreditinstituten in Wettbewerb stehen und die mit ihrer Tätigkeit einen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen.10 Wegen der häufigen Umstrukturierungen der staatlichen Kreditinstitute kam es zu regelmäßigen Änderungen der in § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG aufgeführten Kreditinstitute. Auch wurde ab dem VZ 1990 der Katalog des § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG um die Kreditinstitute erweitert, die als Organ der staatlichen Wohnungspolitik anerkannt waren. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
G v. 27.12.1993, BGBl. I 1993, 2378. BT-Drucks. 12/4609, 110. BFH v. 24.10.1984 – I R 158/81, BStBl. II 1985, 223 = FR 1985, 166. BFH v. 13.11.1963 – 1/62 S, BStBl. III 1964, 190. BFH v. 1.12.2010 – IV R 18/09, BStBl. II 2011, 368 = FR 2011, 684. So der BFH v. 1.12.2010 – IV R 18/09, BStBl. II 2011, 368 = FR 2011, 684, zu der inhaltsgleichen Befreiung nach § 3 Nr. 1 GewStG. Vgl. dazu und zum insoweit anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstab BFH v. 29.3.2001 – III B 80/00, BFH/NV 2001, 1294 mwN. BFH v. 24.10.1984 – I R 158/81, BStBl. II 1985, 223 = FR 1985, 166; v. 29.3.2001 – III B 80/00, BFH/NV 2001, 1294. Pressemitteilung der EU-Kommission v. 2.5.2013, IP/13/295. BT-Drucks. 7/1470, Anlage 1 S. 337.
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Kmpel
E. Pensions-, Sterbe-, Kranken- u. Untersttzungskassen (Abs. 1 Nr. 3)
Rz. 48–50 § 5 48
Zu den begünstigten Kreditinstituten gehören: –
Deutsche Bundesbank
–
Kreditanstalt für Wiederaufbau
–
Landwirtschaftliche Rentenbank
–
Bayerische Landesbank für Aufbaufinanzierung
–
Niedersächsische Gesellschaft für öffentliche Finanzierung mit beschränkter Haftung
–
Bremer Aufbau-Bank GmbH
–
Landeskreditbank Baden-Württemberg-Förderbank
–
Bayerische Landesbodenkreditanstalt
–
Investitionsbank Berlin
–
Hamburgische Investitions- und Förderbank
–
NRW-Bank
–
Investitions- und Förderbank Niedersachsen
–
Saarländische Investitionskreditbank Aktiengesellschaft
–
Investitionsbank Schleswig-Holstein
–
Investitionsbank des Landes Brandenburg
–
Sächsische Aufbaubank – Förderbank –
–
Thüringer Aufbaubank
–
Investitionsbank Sachsen-Anhalt – Anstalt der Norddeutschen Landesbank – Girozentrale –
–
Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz
–
Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern – Geschäftsbereich der Norddeutschen Landesbank – Girozentrale –
–
Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen – rechtlich unselbstständige Anstalt in der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale
–
Liquiditäts-Konsortialbank Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Es handelt sich um eine persönliche Steuerbefreiung, die sich auf das gesamte Einkommen der begünstigten Körperschaften erstreckt. Eine teilweise Steuerpflicht ist selbst dann nicht vorgesehen, wenn die begünstigten Kreditinstitute ihren Aufgabenbereich überschreiten und in Konkurrenz mit anderen nicht begünstigten Einrichtungen treten.1
49
Durch § 5 Abs. 1 Nr. 2a KStG wird die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) steuerbefreit. Diese Befreiung ist ab VZ 1995 an die Stelle der bisherigen Befreiung der Treuhandanstalt getreten.2 Auch hierbei handelt es sich um eine persönliche Steuerbefreiung.
50
E. Befreiung für rechtsfähige Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen (Abs. 1 Nr. 3) Literatur: Stuhrmann, Zur Körperschaftsteuerfreiheit einer Unterstützungskasse, BB 1980, 879; Ahrend/ Heger, Die steuerrechtlichen Grundlagen einer über Pensions- oder Unterstützungskassen finanzierten betrieblichen Altersversorgung, DStR 1991, 1101; Hoffmeister, Darlehensgewährung einer rückgedeckten Unterstützungskasse an sein Trägerunternehmen, DStR 1997, 567; Harle/Weingarten, Die pauschal dotierte Unterstützungskasse, DB 2001, 2357; Hoffmeister/Harle/Weingarten, Die pauschal dotierte Unterstützungskasse, DB 2002, 1283; Alt/Stadelbauer, Pauschaldotierte Unterstützungskassen in der Beratungspraxis, StUB 2011, 731.
1 H/H/R, § 5 KStG Rz. 51. 2 JStG 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049.
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§ 5 Rz. 51–58
Befreiungen
I. Regelungsgegenstand und Ziel 51 § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG regelt die sachliche Steuerbefreiung von rechtsfähigen Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen. Ergänzt wird § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG durch die §§ 1–3 KStDV und den § 6 KStG (vgl. § 6 KStG Rz. 1 ff.). § 3 Nr. 9 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. 52
Ziel der Befreiungsvorschrift ist die Förderung der betrieblichen Altersversorgung von Arbeitnehmern.1 Zur betrieblichen Altersversorgung gehören alle Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses zugesagt worden sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Der Gesetzgeber differenziert in § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG die Kassen danach, ob sie den Empfängern der Leistung einen Rechtsanspruch gewähren (Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen) oder nicht (Unterstützungskassen).2
II. Rechtsfähige Kassen 1. Überblick 53 Die Befreiung greift grundsätzlich nur für rechtsfähige Kassen. Für diese ist jedoch keine bestimmte Rechtsform vorgeschrieben. Es muss sich lediglich um eine Körperschaft iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 KStG oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts handeln. Nicht rechtsfähige Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, wie zB nicht eingetragene Vereine, fallen nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG. Als Ausnahme stellt die FinVerw. jedoch auch rechtlich unselbstständige Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes iSd. § 18 BetrAVG einer rechtsfähigen Pensionskasse gleich.3 54
Eine Unterstützungskasse in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins genügt bereits im Stadium vor Eintragung in das Vereinsregister den Erfordernissen der Rechtsfähigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG, da sie bis zur Eintragung bereits den Regeln über den sog. Vorverein unterworfen ist.4
55
Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG setzt neben der rechtlichen auch die tatsächliche Selbstständigkeit voraus, sodass bei einer organisatorischen, finanziellen und wirtschaftlichen Eingliederung in ein anderes Unternehmen – auch außerhalb einer Organschaft – die Freistellung zu versagen wäre.5 2. Pensionskassen
56 Zu den nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG begünstigten Pensionskassen gehören die –
rechtsfähigen Versorgungseinrichtungen iSd. § 1b Abs. 3 BetrAVG oder
–
rechtlich unselbstständigen Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes iSd. § 18 BetrAVG,
die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewähren.6 3. Sterbekassen 57 Bei Sterbekassen handelt es sich um Einrichtungen, welche die Versicherung auf den Todesfall unter Gewährung eines Rechtsanspruchs auf die Leistung betreiben.7 4. Krankenkassen 58 Krankenkassen fallen unter die Vorschrift, wenn sie das Versicherungsgeschäft betriebsbezogen wahrnehmen.8
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BT-Drucks. 7/1281, 1. Sauter/Rhiel in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 34. R 11 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004. BFH v. 24.1.2001 – I R 33/00, BFH/NV 2001, 1300; v. 12.6.2002 – XI R 28/01, BFH/NV 2003, 18. BFH v. 9.10.1974 – I R 5/73, BStBl. II 1975, 179. R 11 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004. R 11 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004. R 11 Abs. 1 Satz 3 KStR 2004.
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E. Pensions-, Sterbe-, Kranken- u. Untersttzungskassen (Abs. 1 Nr. 3)
Rz. 59–64 § 5
5. Kassen mit Rechtsanspruch der Leistungsempfänger Die Steuerbefreiung für Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen setzt voraus, dass diese einen Rechtsanspruch für den Leistungsempfänger einräumen. Dh., die Kassen müssen in jedem Fall eine Versorgungsleistung erbringen, soweit auf diese Leistungen ein Anspruch besteht.
59
6. Kassen ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger Rechtsfähige Kassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen einräumen, sind typischerweise die Unterstützungskassen. Bei diesen gehört der Ausschluss des Rechtsanspruchs zu ihrem Wesen und unterscheidet sie damit von der Pensionskasse.
60
III. Leistungsempfänger (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) 1. Einleitung Eine der Voraussetzungen zur Gewährung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG ist der in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG festgelegte Personenkreis, der Leistungen von den Kassen erhalten darf. So dürfen die Kassen ihre Leistungen nur an folgende Leistungsempfänger erbringen: –
Zugehörige oder frühere Zugehörige einzelner oder mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa KStG),
–
Zugehörige oder frühere Zugehörige der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Unterverbände, Einrichtungen und Anstalten und sonstiger gemeinnütziger Wohlfahrtsverbände (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb KStG),
–
Arbeitnehmer sonstiger Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen iSd. §§ 1 und 2 KStG (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. cc KStG) oder
–
Angehörige iSd. § 15 AO der Zugehörigen oder Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a letzter Halbs. KStG).
61
2. Zugehörige Unter dem Begriff „Zugehörige“ fallen Arbeitnehmer iSd. § 1 Abs. 1 LStDV und die in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehenden Personen. Auch Arbeitnehmer, die über den Zeitpunkt der Pensionierung hinaus tätig bleiben („technische Rentner“)1 und Arbeitnehmer, die an eine ausländische Tochtergesellschaft oder eine ausländische Betriebsstätte abgeordnet worden sind,2 gelten als Zugehörige iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa KStG). Zugehörige sind daneben auch Personen, für die der Betrieb durch ihre soziale Abhängigkeit oder eine sonstige enge Bindung als Mittelpunkt der Berufstätigkeit anzusehen ist (zB Unternehmer und Gesellschafter).3
62
Die Leistungsempfänger dürfen sich jedoch nicht in der Mehrzahl aus dem Unternehmer oder dessen Angehörigen und bei Gesellschaftern nicht aus den Gesellschaftern oder deren Angehörigen zusammensetzen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStDV). Frühere Zugehörige müssen die Zugehörigkeit zu der Kasse durch ihre Tätigkeit in den betreffenden Betrieben oder Verbänden erworben haben.4 Es ist nicht notwendig, dass die Kasse schon während der Zeit der Tätigkeit des Betriebsangehörigen bestanden hat.5
63
3. Angehörige Eine Kasse ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG nur dann steuerbefreit, wenn sich der Kreis ihrer Leistungsberechtigten auf Zugehörige und Arbeitnehmer (bzw. frühere Zugehörige und frühere Arbeitnehmer) als unmittelbar Begünstigte sowie deren Angehörige beschränkt. Ob ein Angehöriger vorliegt, bestimmt sich nach den Vorgaben des § 15 AO. Danach zählen zu den Angehörigen der Verlobte, der Ehegatte, Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie, Geschwister, die Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern sowie Personen, die durch ein auf Dauer 1 2 3 4 5
R 12 Abs. 1 Satz 5 KStR 2004. R 12 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004. R 12 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004. R 12 Abs. 1 Satz 3 KStR 2004. R 12 Abs. 1 Satz 4 KStR 2004.
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§ 5 Rz. 64–70
Befreiungen
angelegtes Pflegeverhältnis in häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kinder miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder, § 15 Abs. 1 AO). 65
Kommt es infolge einer Scheidung nach Maßgabe des VAStrRefG zu neuen Begünstigten der Kasse, so ist die Frage, ob diese im steuerlichen Sinne Angehörige sind, weiterhin nach Maßgabe des § 15 AO (hier insbesondere § 15 Abs. 2 Nr. 1 AO) zu beurteilen. Nach diesen Grundsätzen rechnet der Ausgleichsberechtigte auch nach der Scheidung steuerlich zum Kreis der Angehörigen i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG iVm. § 15 AO. Der Ausgleichsberechtigte nimmt infolge der Scheidung versorgungsrechtlich die Stellung eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers ein. Dies rechtfertigt es, im Falle einer Wiederverheiratung den neuen Ehegatten des Ausgleichsberechtigten als Angehörigen anzusehen, der damit zum Kreis der von § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG Begünstigten zählt. Entsprechendes gilt, wenn der Ausgleichsberechtigte infolge der Scheidung versorgungsrechtlich Ansprüche erhält, der geschiedene Ehegatte aber nicht zum Kreis der von § 17 Abs. 1 BetrAVG erfassten Arbeitnehmer zählt (hier: beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer und Unternehmer iSd. § 1 Nr. 1 KStDV).1 4. Trägerunternehmen
66 Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen können sowohl von einem einzelnen Trägerunternehmen als auch von mehreren Trägerunternehmen getragen werden. Ein Trägerunternehmen muss weder an der Gründung der Kasse beteiligt gewesen sein noch deren Gesellschafter oder Mitglied sein. Leisten mehrere Unternehmen an die Kasse, so ist jedes dieser Unternehmen ein Trägerunternehmen. Kassen mit einem Trägerunternehmen werden Betriebskasse genannt, Kassen mit mehreren Trägerunternehmen Gruppen- oder Konzernkasse.2
IV. Kasse als soziale Einrichtung (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) 1. Einleitung 67 Für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 muss sichergestellt sein, dass der Betrieb der Kasse nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung darstellt (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Satz 1 KStG). Bei Unterstützungskassen, die Leistungen von Fall zu Fall vergeben, ist dies nur gegeben, wenn sich dieses Leistungen, mit Ausnahme des Sterbegeldes, auf Fälle der Not oder Arbeitslosigkeit beschränken (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Satz 2 KStG). 2. Geschäftsplan 68 Der Geschäftsplan einer Kasse ist nach § 5 VAG im Rahmen der Erlaubniserteilung vorzulegen. Der Geschäftsplan beinhaltet alle Unterlagen, die einen Überblick über den Zweck und die Einrichtung des Geschäftsbetriebs, die räumliche Ausdehnung, die wirtschaftliche und finanzielle Lage, die Versicherungsbedingungen usw. ermöglichen. Zu einem Geschäftsplan gehören ua. –
die Satzung/der Gesellschaftsvertrag,
–
die Versicherungssparten,
–
die Zusammensetzung der Mittel für den Garantiefond (§ 53c VAG),
–
die allgemeinen Versicherungsbedingungen.
69 Bei Kassen, die einen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen einräumen, wie zB die Pensionsoder Krankenkassen, muss immer ein Geschäftsplan vorliegen, da diese als Versicherungsunternehmen der Versicherungsaufsicht unterliegen (§ 1 Abs. 1 VAG). 70
Unterstützungskassen, die keinen Rechtsanspruch auf Leistungen vermitteln, sind nicht verpflichtet, einen Geschäftsplan aufzustellen (§ 1 Abs. 3 VAG). Bei diesen genügt es, wenn sie in anderer Weise als durch Aufstellung eines Geschäftsplans sicherstellen, dass die Kassen nach Art und Höhe ihrer Leistungen eine soziale Einrichtung darstellen. Das kann zB durch Aufnahme entsprechender Bestimmungen in die Satzung oder bei Unterstützungskassen mit laufenden Leistungen durch Aufstellung eines Leistungsplans geschehen.3 1 BMF v. 10.11.2011 – IV C 2 - S 2723/07/10001 – DOK 2011/0896243, BStBl. I 2011, 1084. 2 BFH v. 5.11.1992 – I R 61/89, BStBl. II 1993, 185. 3 H 14 „Nachweis als soziale Einrichtung“ KStH 2008; BFH v. 18.7.1990 – I R 22-23/87, BStBl. II 1990, 1088.
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E. Pensions-, Sterbe-, Kranken- u. Untersttzungskassen (Abs. 1 Nr. 3)
Rz. 71–77 § 5
3. Soziale Einrichtung Nach § 1 KStDV sind die Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen nur dann eine soziale Einrichtung iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KStG, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen: –
die Leistungsempfänger dürfen sich in der Mehrzahl nicht aus dem Unternehmer bzw. den Gesellschaftern oder deren Angehörigen zusammensetzen (§ 1 Nr. 1 KStDV),
–
bei Auflösung der Kasse muss ihr Vermögen vorbehaltlich § 6 KStG satzungsgemäß den Leistungsempfängern oder deren Angehörigen zugutekommen oder ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwendet werden (§ 1 Nr. 2 KStDV),
–
die Leistungen müssen bei Kassen mit Rechtsanspruch der Leistungsempfänger die Anforderungen des § 2 KStDV und bei Kassen ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger die Anforderungen des § 3 KStDV erfüllen (§ 1 Nr. 3 KStDV).
71
Eine soziale Einrichtung ist nicht mehr gegeben, wenn Unterstützungsempfänger auch die Unternehmer sind und die Leistungen der Kasse an die Unternehmer unverhältnismäßig hoch sind.1
72
Die Beschränkung der Leistungen auf einen Teil der Betriebsangehörigen ist zulässig, wenn die Beschränkung dem Sinn der sozialen Einrichtung entspricht. So ist zB eine Beschränkung auf Betriebsangehörige, die dem Unternehmen eine gewisse Anzahl von Jahren angehört haben, oder auf Arbeitnehmer mit geringem Einkommen zulässig. Nicht zulässig wäre jedoch die ausschließliche Ruhestandsversorgung von Vorstandsmitgliedern oder Geschäftsführern, die an dem Trägerunternehmen wesentlich beteiligt sind.2
73
4. Vermögensbindung (§ 1 Nr. 2 KStDV) Während die Vermögensbindung in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG (s. Rz. 88 ff.) die Verwen- 74 dung und Sicherstellung des Vermögens während ihres Bestehens regelt, betrifft die in § 1 Nr. 2 KStDV geregelte Vermögensbindung der Fall der Auflösung einer Kasse. Insoweit unterscheidet sich der gesetzliche Ansatz. Bei Auflösung der Kasse darf das Vermögen satzungsgemäß nur den Leistungsempfängern oder deren Angehörigen zugutekommen oder ausschließlich für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verwendet werden (§ 1 Nr. 2 KStDV). Bei Kassen, deren Vermögen bei ihrer Auflösung satzungsgemäß für ausschließlich ge- 75 meinnützige oder mildtätige Zwecke zu verwenden ist, gilt § 61 Abs. 1 und 2 AO sinngemäß.3 Bei einer Unterstützungskasse in der Rechtsform einer privatrechtlichen Stiftung ist es nicht zu beanstanden, wenn die Stiftung in ihre Verfassung die Bestimmung aufnimmt, dass das Stiftungskapital ungeschmälert zu erhalten ist, um dadurch zu verhindern, dass sie neben ihren Erträgen und den Zuwendungen vom Trägerunternehmen auch ihr Vermögen uneingeschränkt zur Erbringung ihrer laufenden Leistungen einsetzen muss. In einer solchen Bestimmung ist kein Verstoß gegen das Erfordernis der dauernden Vermögenssicherung für Zwecke der Stiftung zu erblicken. Durch die satzungsgemäß abgesicherte Vermögensbindung ist gewährleistet, dass das Stiftungsvermögen im Falle der Auflösung der Stiftung nicht an den Stifter zurückfließt, sondern nur den Leistungsempfängern oder deren Angehörigen zugutekommt oder für ausschließlich gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verwendet wird.4
76
Nicht ausreichend ist, wenn die Satzung lediglich eine Bestimmung vorsieht, dass zur Verteilung des Vermögens der Kasse im Fall der Auflösung die Zustimmung des Finanzamts erforderlich ist.5 Wird eine Unterstützungskasse in der Rechtsform einer GmbH betrieben, so ist wegen der satzungsgemäß abzusichernden Vermögensbindung für den Fall der Liquidation der Unterstützungskassen-GmbH eine Rückzahlung der eingezahlten Stammeinlagen an das Trägerunternehmen ausgeschlossen.6
77
1 2 3 4 5 6
BFH v. 24.3.1970 – I R 73/68, BStBl. II 1970, 473. RFH v. 19.5.1931 – I A 140-141/31, RStBl. 1931, 499; H/H/R, § 5 KStG Anm. 87. R 13 Abs. 1 Satz 1 KStR 2004. R 13 Abs. 1 Sätze 2–4 KStR 2004. BFH v. 20.9.1967 – I R 62/63, BStBl. II 1968, 24. BFH v. 25.10.1972 – GrS 6/71, BStBl. II 1973, 79.
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§ 5 Rz. 78–82 78
Befreiungen
Wird die satzungsmäßige Vermögensbindung einer Kasse aufgehoben, so entfällt die Steuerbefreiung der Kasse auch mit Wirkung für die Vergangenheit.1
V. Begrenzung der Leistungen (§ 1 Nr. 3 KStDV) 1. Kassen mit Rechtsanspruch auf Leistungen 79 Kassen mit Rechtsanspruch der Leistungsempfänger – das sind typischerweise die Pensions- und Sterbekassen – haben für die Höhe der von ihnen gewährten Leistungen die Begrenzungen des § 2 KStDV zu beachten (§ 1 Nr. 3 KStDV). Danach dürfen die Leistungen von rechtsfähigen Pensions- und Sterbekassen im Jahr folgende Beträge für den jeweiligen Leistungsempfänger nicht übersteigen (§ 2 Abs. 1 KStDV): 88 % der Leistungsempfänger
jährliche Grundleistung
Pension
25.769 ¤
Witwengeld Waisengeld
17.179 ¤ Halbweise
5.154 ¤
Vollwaise
10.308 ¤
Sterbegeld
7.669 ¤
Nach § 2 Abs. 2 KStDV darf die jährliche Grundleistung in nicht mehr als 12 % aller Fälle, mit Ausnahme des Sterbegelds, überschritten werden – jedoch nur in 4 % aller Fälle uneingeschränkt. Ansonsten dürfen die Überschreitungen der Grundleistung maximal in Höhe der folgenden Beträge je Leistungsempfänger betragen: nicht mehr als 12 % der Leistungsempfänger
Erhöhungsleistung jährlich
Pension
38.654 ¤
Witwengeld Waisengeld
25.769 ¤ Halbweise
7.731 ¤
Vollwaise
15.461 ¤
80
Bei der Prüfung, ob die erreichten Rechtsansprüche der Leistungsempfänger in nicht mehr als 12 % aller Fälle auf höhere als die in § 2 Abs. 1 KStDV bezeichneten Beträge gerichtet sind, ist von den aufgrund der Satzung, des Geschäftsplans oder des Leistungsplans insgesamt bestehenden Rechtsansprüchen, also von den laufenden, tatsächlich gewährten Leistungen und den Anwartschaften auszugehen. Dabei ist jede der in § 2 KStDV genannte einzelne Leistungsgruppe (Pensionen, Witwengelder, Waisengelder und Sterbegelder) für sich zu betrachten. Nur bei einer Beschränkung auf die Höchstbeträge kann die Kasse als Sozialeinrichtung anerkannt werden.2
81
Pensions- oder Unterstützungskassen können anstelle einer laufenden Rente die Leistung in Form einer Kapitalabfindung zahlen. Dann ist jedoch erforderlich, dass die zu kapitalisierende Rente sich in den Grenzen der Höchstbeträge nach §§ 2 und 3 KStDV hält und der Leistungsempfänger durch die Kapitalisierung nicht mehr erhält, als er insgesamt erhalten würde, wenn die laufende Rente gezahlt würde. Für die Berechnung der kapitalisierten Rente legt die FinVerw. einen Zinssatz von 5,5 % zugrunde.3 2. Kassen ohne Rechtsanspruch auf Leistungen
82 Rechtsfähige Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren, müssen die Voraussetzungen des § 3 KStDV erfüllen. Danach –
darf es keine Verpflichtung der Leistungsempfänger zu laufenden Beiträgen oder sonstigen Zuschüssen geben (§ 3 Nr. 1 KStDV),
1 BFH v. 15.12.1976 – I R 235/75, BStBl. II 1977, 490. 2 R 14 Abs. 1 KStR 2004. 3 R 14 Abs. 3 KStR 2004.
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E. Pensions-, Sterbe-, Kranken- u. Untersttzungskassen (Abs. 1 Nr. 3)
Rz. 82–87 § 5
–
muss den Leistungsempfängern oder den Arbeitnehmervertretungen des Betriebs oder der Dienststelle nach der Satzung und tatsächlich das Recht zustehen, an der Verwaltung sämtlicher Beträge, die der Kasse zufließen, beratend mitzuwirken (§ 3 Nr. 2 KStDV),
–
dürfen die laufenden Leistungen und das Sterbegeld die in § 2 KStDV genannten Beträge nicht übersteigen (§ 3 Nr. 3 KStDV).
Erbringt die Kasse ihre Leistungen kraft ausdrücklicher Satzungsregelung freiwillig, gewährt sie den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch. Dass die erbrachten Leistungen schuldbefreiend auf Leistungen angerechnet werden, die das Trägerunternehmen als Arbeitgeber den Begünstigten unmittelbar zugesagt hat, steht dem nicht entgegen.1
83
Das nach § 3 Nr. 2 KStDV geforderte Recht auf beratende Mitwirkung darf nicht eingeschränkt sein. Das Recht zu einer beratenden Mitwirkung kann auch in der Weise eingeräumt werden, dass satzungsmäßig und tatsächlich bei der Unterstützungskasse ein Beirat gebildet wird, dem Arbeitnehmer angehören. Diese müssen jedoch die Gesamtheit der Betriebsangehörigen repräsentieren, dh., sie müssen von diesen unmittelbar oder mittelbar gewählt worden sein.2 § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz macht die Regelung des § 3 Nr. 2 KStDV nicht überflüssig.3 Eine Bestimmung der Beiratsmitglieder durch die Geschäftsleitung des Trägerunternehmens erfüllt nicht die Voraussetzungen. Eine schädliche Bestimmung durch das Trägerunternehmen ist auch gegeben, wenn der Beirat zwar durch die Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse aus dem Kreis der Betriebsangehörigen gewählt wird, über die Zusammensetzung der Mitgliederversammlung jedoch der von der Geschäftsleitung des Trägerunternehmens eingesetzte Vorstand entscheidet.4
84
Durch den Verweis in § 3 Nr. 3 KStDV auf § 2 KStDV dürfen die Leistungen an die zu unterstützenden Personen die darin benannten Höchstbeträge nicht übersteigen (wegen Einzelheiten s. Rz. 79 ff.).
85
VI. Besonderheiten bei Unterstützungskassen (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Satz 2) 1. Zuwendungen des Trägers und Versorgungsleistungen Die Zuwendungen eines Trägerunternehmens an eine Unterstützungskasse in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft sind bei dieser Betriebseinnahmen. Entsprechend sind die Leistungen der Kasse an die Versorgungsberechtigten bei dieser Betriebsausgaben.5
86
Bei Unterstützungskassen, die in anderer Rechtsform (insbesondere e.V. oder Stiftung) betrieben werden, rechnen die Zuwendungen des Trägerunternehmens zu keiner der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG. Sie sind bei den Kassen dem steuerirrelevanten Bereich zuzurechnen. Entsprechend sind Versorgungsleistungen dieser Kassen wegen § 10 Nr. 1 KStG steuerlich ebenfalls nicht relevant.6 Damit kann die Höhe des Einkommens von Unterstützungskassen in Abhängigkeit von deren Rechtsform unterschiedlich hoch sein. Angesichts der Steuerbefreiung von Unterstützungskassen wirkt sich diese unterschiedliche Behandlung der Einnahmen und Ausgaben nur in den Fällen der (partiellen) Steuerpflicht im Fall der Überdotierung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KStG; Rz. 98 ff.) aus. So kann eine Unterstützungskasse in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft insbesondere in ihrer Leistungsphase ihre Versorgungsleistungen als Betriebsausgaben abziehen. Damit hat sie ein geringeres Einkommen und damit ein geringeres partiell steuerpflichtiges Einkommen als eine vergleichbare Kasse in anderer Rechtsform, die ihre Leistungen nicht einkommensmindernd abziehen kann. 2. Fälle der Not und Arbeitslosigkeit Unterstützungskassen, die ihre Leistungen nur von Fall zu Fall gewähren, dürfen diese – mit Ausnahme des Sterbegeldes – nur in Fällen der Not oder Arbeitslosigkeit zuwenden. Not ist gegeben, wenn die wirtschaftliche Belastbarkeit eines Mitglieds durch einen zwangsläufig eintretenden erhöhten Geldbedarf überschritten wird.7 Eine Unterstützungskasse darf die in einer Notlage geleistete Hilfe nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse 1 2 3 4 5 6 7
BFH v. 24.1.2001 – I R 33/00, BFH/NV 2001, 1300. BFH v. 24.6.1981 – I R 143/78, BStBl. II 1981, 749 = FR 1981, 547. BFH v. 20.9.1967 – I 62/63, BStBl. II 1968, 24. BFH v. 10.6.1987 – I R 253/83, BStBl. II 1988, 27 = FR 1987, 596. BFH v. 22.12.2010 – I R 110/09, BStBl. II 2014, 119 = GmbHR 2011, 606. Sauter/Riehl in Erle/Sauter3, § 6 KStG Rz. 51. RHF v. 15.11.1943 – I 164/43, RStBl. 1944, 443.
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87
§ 5 Rz. 87–91
Befreiungen
der unterstützten Person gewähren, ohne die eigene Steuerbefreiung zu gefährden.1 Daher können Beihilfen bei Geburt, Heirat, silberner Hochzeit sowie Urlaubsbeihilfen nur dann Fälle der Not sein, wenn die finanzielle Situation des Mitglieds bei der Bemessung der Unterstützungsleistung berücksichtigt wird.2 Pauschale anlassabhängige Leistungen (zB jeder Arbeitnehmer eines Betrieb erhält eine Beihilfe von 500 Euro, wenn er heiratet), ohne dabei die individuellen Verhältnisse der begünstigten Person zu prüfen, sind für die Gewährung der Befreiung schädlich. Zu den Leistungsfällen in Not gehören auch: –
Überbrückungshilfen an entlassene und dadurch arbeitslos gewordene Arbeitnehmer,3
–
Beihilfen für die Fortbildung der Arbeitnehmer des Trägerunternehmens oder Ausbildungsbeihilfen für die Kinder dieser Arbeitnehmer,4
–
Erstattung von Krankheitskosten und Verdienstausfall,5
–
Leistungen bei Naturkatastrophen, wie Erdbeben, Hochwasser, Sturm und Waldbränden.6
VII. Verwendung des Vermögens und der Einkünfte (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c) 88 Die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse müssen nach ihrer Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung für die Zwecke der Kasse dauerhaft gesichert sein (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG). Auf die Sonderregelungen in § 6 KStG (§ 6 KStG Rz. 1 ff.) wird ergänzend hingewiesen. Danach entfällt bei einer Überdotierung die Steuerbefreiung, soweit das Vermögen den zulässigen Betrag übersteigt (§ 6 Abs. 6 KStG). Es soll verhindert werden, dass Einkünfte und Vermögen für Zwecke des Trägerunternehmens verwendet werden oder das Vermögen durch riskante Beteiligungen gefährdet wird.7 Anders als die Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen unterliegen die Unterstützungskassen nicht der staatlichen Aufsicht. Hinsichtlich der satzungsmäßigen Vermögensbindung wird auf Rz. 74 hingewiesen. Neben der satzungsmäßigen Verankerung der Vermögensbindung muss diese auch tatsächlich befolgt werden.8 89
Zu einem Verstoß gegen die Vermögensbindung führt ua.: –
die Gewährung des Zugriffs auf das Kassenvermögen einer rechtsfähigen Unterstützungskasse für das Trägerunternehmen,9
–
die Beteiligung einer rechtsfähigen Unterstützungskasse am Trägerunternehmen als Kommanditist,10
–
die Durchführung von Wertpapiergeschäften im ausschließlichen Interesse des Trägerunternehmens.11
90 Auch eine Übertragung des nahezu gesamten Vermögens einer Unterstützungskasse auf einen anderen Rechtsträger, ohne dass die Vereinsgremien beteiligt werden, lässt die Körperschaftsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG mit Wirkung für die zurückliegenden Veranlagungszeiträume entfallen. Durch die Übertragung liegt ein Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung während des Bestehens der Kasse vor, da die Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse nicht mehr tatsächlich für die Zwecke der Kasse „dauernd“ gesichert ist.12 91
Da die satzungsmäßige Vermögensbindung der Kasse grundsätzlich nur vermögensverwaltende Tätigkeiten erlaubt, sind gewerbliche Tätigkeiten nicht zulässig. So entfällt die Steuerbefreiung, wenn sich die Kasse mitunternehmerisch an einem anderen Unternehmen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
RFH v. 15.11.1943 – I 164/43, RStBl. 1944, 443; v. 14.1.1930, RStBl. 1930, 145. Sauter/Riehl in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 51. FinMin Nds. v. 30.5.1968, DB 1968, 872. FinMin Nds. v. 30.5.1968, DB 1968, 872. Frotscher in Frotscher/Maas, § 5 KStG Rz. 42. Streck in Streck8, § 5 KStG Anm. 29. Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 105. BFH v. 15.12.1976 – I R 235/75, BStBl. II 1977, 490. BFH v. 15.12.1976 – I R 235/75, BStBl. II 1977, 490. BFH v. 17.10.1979 – I R 14/76, BStBl. II 1980, 225 = FR 1980, 150. BFH v. 29.1.1969 – I 247/67, BStBl. II 1969, 269. BFH v. 14.11.2012 – I R 78/11, BStBl. II 2014, 44.
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E. Pensions-, Sterbe-, Kranken- u. Untersttzungskassen (Abs. 1 Nr. 3)
Rz. 91–97 § 5
beteiligt. Dies gilt selbst dann, wenn der Mitunternehmeranteil der Testamentsvollstreckung unterliegt.1 Denn das Vermögen ist dann nicht mehr ausreichend gesichert. Die Organe der Kasse dürfen auch bei ihren Entscheidungen über die Anlage des Kassenvermögens keine anderen als die satzungsmäßigen sozialen Zwecke verfolgen. Das Vermögen muss insbesondere so angelegt werden, dass seine Verwendung für die satzungsmäßigen sozialen Zwecke nicht gefährdet wird. Die Anlage des Vermögens einer Kasse beim Trägerunternehmen ist für die Gewährung der Steuerbefreiung unschädlich, sofern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Trägerunternehmens in ausreichendem Maß für die Sicherheit der Vermögensanlage bürgt.2
92
Gewährt eine Kasse ihrem Trägerunternehmen ein Darlehen, so muss die Darlehensgewährung den Interessen der Kasse entsprechen. Wird das Darlehen gewährt, um das Trägerunternehmen zulasten der Kasse zu begünstigen, entfällt die Steuerbefreiung, da das Vermögen der Kasse nicht mehr ausschließlich für deren satzungsmäßigen sozialen Zweck verwendet wird.3 Ein Darlehen an das Trägerunternehmen muss deshalb angemessen verzinst werden.4 Ob die Verzinsung angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine Darlehensgewährung ist jedoch nicht zulässig, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebs keine ausreichende Sicherheit für die Mittel darstellt.5 Wurde einer Unterstützungskasse vom Trägerunternehmen eine Darlehensforderung zugewendet, beruht die Darlehensforderung also nicht auf Leistungen der Kasse an das Trägerunternehmen, dann ist die Unverzinslichkeit oder unangemessene Verzinsung der Forderung für die Steuerbefreiung unschädlich, solange die Unterstützungskasse aus rechtlichen Gründen gehindert ist, eine angemessene Verzinsung durchzusetzen.6
93
Auch führen umfangreiche Wertpapiergeschäfte, welche die Grenze zur Gewerblichkeit überschreiten, zur Versagung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG.7 Die Grenze zur Gewerblichkeit wird jedoch bei dem Handel mit eigenem Vermögen wohl nur in besonderen Ausnahmefällen überschritten werden, da auch der umfangreiche An- und Verkauf von sich im Besitz der Kasse befindlichen Wertpapieren regelmäßig der Vermögensverwaltung zuzurechnen ist.8 Lediglich in Fällen, in denen der Großteil der Mittel für hoch risikoreiche Wertpapiergeschäfte eingesetzt wird, könnte es an der von § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG geforderten Sicherheit des Vermögens fehlen. In diesem Fall wäre die Steuerbefreiung zu versagen.9
94
Eine Kasse darf nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ihre Leistun- 95 gen nur an Personen erbringen, die zum Begünstigtenkreis iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KStG gehören. Erbringt die Kasse im Falle einer Wiederverheiratung des Ausgleichsberechtigten Leistungen an diesen neuen Ehegatten, liegt auch dann kein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG vor, wenn dieser Begünstigte in der Satzung nicht ausdrücklich erwähnt ist.10
VIII. Überdotation von Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d) Die Befreiung von Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG ist nur möglich, wenn das nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung auszuweisende Vermögen nicht höher ist als die Verlustrücklage bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Übersteigt das Vermögen diesen Betrag, so wird die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 bis 4 KStG steuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d Satz 2 KStG).
96
Die Ermittlung des Vermögens ist unter Berücksichtigung des Geschäftsplans sowie der allgemeinen Versicherungsbedingungen und der fachlichen Geschäftsunterlagen iSd. § 5 Abs. 3 Nr. 2 Halbs. 2 VAG zum Schluss des Wirtschaftsjahrs, zu dem der Wert der Deckungs-
97
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
BFH v. 17.10.1979 – I R 14/76, BStBl. II 1980, 225 = FR 1980, 150. BFH v. 30.5.1990 – I R 64/86, BStBl. II 1990, 1000 = FR 1990, 684. BFH v. 30.5.1990 – I R 64/86, BStBl. II 1990, 1000 = FR 1990, 684. BFH v. 27.1.1977 – I B 60/76, BStBl. II 1977, 442. BFH v. 24.5.1973 – IV R 39/68, BStBl. II 1973, 632. BFH v. 30.5.1990 – I R 64/86, BStBl. II 1990, 1000 = FR 1990, 684. BFH v. 29.1.1969 – I 247/65, BStBl. II 1969, 269. BFH v. 20.12.2000 – X R 1/97, BStBl. II 2001, 706 = FR 2001, 655 mwN. So auch Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 108. BMF v. 10.11.2011 – IV C 2 - S 2723/07/10001 – DOK 2011/0896243, BStBl. I 2011, 1084.
Kmpel
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§ 5 Rz. 97–104
Befreiungen
rückstellung versicherungsmathematisch zu berechnen ist, zu ermitteln. Das ermittelte Vermögen darf die Verlustrücklage iSd. § 37 VAG eines VVaG nicht übersteigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d Halbs. 1 KStG). Maßgebend ist der Sollbetrag der Rücklage. Sollbetrag der Verlustrücklage ist der in der Satzung bestimmte und von der Versicherungsaufsichtsbehörde genehmigte Mindestbetrag der Verlustrücklage iSd. § 37 VAG. Diese Rücklage dient zur Deckung eines außergewöhnlichen Verlustes aus dem Geschäftsbetrieb. Wird die Kasse nicht in der Rechtsform eines VVaG betrieben, tritt an die Stelle der Verlustrücklage i.S.v. § 37 VAG der dieser Rücklage entsprechende Teil des Vermögens, der zur Deckung eines Verlustes dient.1
IX. Überdotation von Unterstützungskassen (Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e) 98 Bei einer rechtsfähigen Unterstützungskasse darf am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen ohne Berücksichtigung künftiger Versorgungsleistungen nicht höher sein als das um 25 % erhöhte Kassenvermögen. Für die Ermittlung des tatsächlichen und des zulässigen Kassenvermögens gilt § 4d EStG. Übersteigt das Vermögen der Kasse diesen Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 KStG steuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KStG). Im Gegensatz zu Pensionskassen ist bei der Ermittlung des Vermögens nicht von handelsrechtlichen Bewertungsmaßstäben auszugehen. 99
So sind die Wirtschaftsgüter nach § 4d EStG wie folgt anzusetzen: –
der Grundbesitz mit 200 % des Einheitswerts,
–
der noch nicht fällige Anspruch aus einer Versicherung mit dem Wert des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals zzgl. des Guthabens aus der Beitragsrückerstattung am Schluss des Wirtschaftsjahres; soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, tritt an die Stelle des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals der nach § 176 Abs. 3 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag berechnete Zeitwert,
–
das übrige Vermögen mit dem gemeinen Wert.2
100 Übersteigt das Vermögen das zulässige Kassenvermögen iSd. § 4d EStG um 25 %, kommt es zu einer partiellen Steuerpflicht. Die Folgen für Unterstützungskassen sind in § 6 Abs. 5 und 6 KStG geregelt (§ 6 KStG Rz. 21 ff.).
F. Kleinere Versicherungsvereine aG (Abs. 1 Nr. 4) 101 § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG regelt die Steuerbefreiung für kleinere Versicherungsvereine aG iSd. § 53 VAG. Es handelt sich um eine eigenständige Befreiungsvorschrift, die gleichberechtigt neben § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG steht.3 102
Kleinere Vereine sind Vereine, die bestimmungsgemäß einen sachlich, örtlich oder dem Personenkreis nach eng begrenzten Wirkungskreis haben (§ 53 Abs. 1 Satz 1 VAG). Kleinere Vereine dürfen Versicherungen gegen Entgelt nur mit Versicherungsnehmern abschließen, die Mitglieder des Vereins sind (§ 53 Abs. 1 Satz 2 VAG). Ob ein Verein ein kleinerer Verein iSd. § 53 VAG ist, entscheidet die Aufsichtsbehörde (§ 53 Abs. 4 VAG). An diese Entscheidung ist die FinVerw. gebunden (§ 2 VAG). Die zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Bonn (BaFin).
103
Neben der Anerkennung durch die BaFin als kleinerer Verein müssen daneben noch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a und b KStG sowie des § 4 KStDV erfüllt werden. So dürfen die Beitragseinnahmen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre einschließlich des im VZ endenden Wirtschaftsjahrs die nach § 4 KStDV festgesetzten Jahresbeiträge nicht übersteigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a KStG). Diese betragen –
797 615 Euro bei Versicherungsvereinen, welche die Lebens- oder Krankenversicherung betreiben;
–
306 775 Euro bei allen anderen Versicherungsvereinen (§ 4 KStDV).
104 Wenn sich der Geschäftsbetrieb eines Vereins lediglich auf die Sterbegeldversicherung beschränkt und der Versicherungsverein nach dem Geschäftsplan sowie nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung ist, ist eine Beschränkung der Beitragseinnahmen 1 R 28 Abs. 2 KStR 2004. 2 R 28 Abs. 5 KStR 2004. 3 Sauter in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 84.
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G. Berufsverbnde (Abs. 1 Nr. 5)
Rz. 104–111 § 5
nicht vorgesehen (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KStG). Sterbegeldkassen dürfen jedoch maximal 7669 Euro an Gesamtleistung für die versicherte Person leisten (§ 2 Abs. 1 KStDV). Für die Frage der „sozialen Einrichtung“ wird auf die Ausführungen zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KStG hingewiesen (Rz. 71). Hat ein Mitglied einer Sterbekasse mit der Kasse mehrere Verträge für sich selbst abgeschlossen, so sind die für das Mitglied aufgrund dieser Versicherungsverträge in Betracht kommenden Leistungen bei der Ermittlung der Gesamtleistung iSd. § 4 Nr. 2 KStDV zusammenzurechnen.1
105
Zur Gesamtleistung einer Sterbekasse gehören auch Gewinnzuschläge, auf welche die Beteiligten einen Anspruch haben.2
106
G. Berufsverbände (Abs. 1 Nr. 5) Literatur: Bitz, Ausschüttungen von Tochter-Kapitalgesellschaften an steuerbefreite Berufsverbände – Vorteile bei Halten der Beteiligung im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, DStR 2003, 1519; Alvermann, Ertragsbesteuerung der Berufsverbände, FR 2006, 262; Meining, Beteiligungen steuerbefreiter Berufsverbände an Kapitalgesellschaften, DStR 2006, 352; Eggers, Die Besteuerung der Berufsverbände, DStR 2007, 461; Kühner, Unbeschränkte wirtschaftliche Betätigung für Berufsverbände, DStR 2009, 1786; Mueller-Thuns/Jehke, Gefährdung der Steuerbefreiung von Berufsverbänden gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG durch Beteiligung an Kapitalgesellschaft, DStR 2010, 905; Alvermann, Der Berufsverband in der steuerlichen Praxis, FS für Streck zum 70. Geburtstag, Köln 2011, 9.
I. Einleitung Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter und kommunale Spitzenverbände auf Bundes- und Landesebene sowie deren Zusammenschlüsse sowie Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die wie Berufsverbände allgemein ideelle und wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen, sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG von der Körperschaftsteuer befreit.
107
Von der Befreiung ausgeschlossen sind die von den og. Einrichtungen betriebenen wirt- 108 schaftlichen Geschäftsbetriebe (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 KStG). Bei der unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendung an politische Parteien verliert ein Berufsverband seine Steuerbefreiung, wenn dieser dafür mehr als 10 % seiner Einnahmen verwendet. Unabhängig von der 10 %-Grenze unterliegen die Zuwendungen an politische Parteien einer besonderen Steuerpflicht mit einem 50-prozentigen Sondersteuersatz (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 KStG). Ein Berufsverband iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG ist ein Zusammenschluss natürlicher Personen oder Unternehmen, der allgemeine, aus der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit erwachsende ideelle und wirtschaftliche Interessen eines Wirtschaftszweigs oder der Angehörigen eines Berufs wahrnimmt.3 Es müssen wirtschaftliche Interessen aller Angehörigen des Berufs oder Wirtschaftszweigs wahrgenommen werden und nicht nur Interessen einzelner Angehöriger des Berufs oder Wirtschaftszweigs (sog. Individualinteressen) vertreten werden.4
109
Nicht erforderlich ist, dass die Mitglieder aus derselben Branche stammen. Auch Mitglieder verschiedener, nicht verwandter Zweige der gewerblichen Wirtschaft können sich in einem Verband zusammenschließen. Notwendig für die Anerkennung eines Zusammenschlusses als Berufsverband ist nur, dass sich dessen Mitglieder durch ein gemeinsam zu verfolgendes, ihren Berufsgruppen oder Wirtschaftszweigen eigenes Interesse vereint haben.5
110
Kammern, wie beispielsweise die IHK, Handwerkskammer, Ärztekammer, Rechtsanwalts- 111 oder Steuerberaterkammer, sind keine Berufsverbände, da diese als öffentlich-rechtliche Einrichtungen nur mit den von ihnen betriebenen Betrieben gewerblicher Art der Körperschaftsteuer unterliegen.6
1 2 3 4 5 6
R 15 KStR 2004. BFH v. 20.11.1969 – I R 107/67, BStBl. II 1970, 227. BFH v. 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550 = FR 1989, 693. BFH v. 19.3.1975 – I R 137/73, BStBl. II 1975, 722. BFH v. 13.3.2012 – I R 46/11, BFH/NV 2012, 1181. Sauter in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 92.
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§ 5 Rz. 112–116
Befreiungen
112
Ein Berufsverband nimmt auch dann allgemeine Interessen eines Wirtschaftszweigs wahr, wenn er lediglich die in einem eng begrenzten Bereich der unternehmerischen Tätigkeit bestehenden gemeinsamen Interessen eines Wirtschaftszweigs vertritt. Die Wahrnehmung allgemeiner Interessen eines Wirtschaftszweigs erfordert lediglich, dass die Tätigkeit des Verbands den Interessen des Wirtschaftszweigs dienen muss und keine bloße Vertretung von Individualinteressen sein darf. Welchen Umfang die wahrzunehmenden Interessen haben müssen, lässt sich dem im Gesetz verwendeten Adjektiv „allgemeine“ nicht entnehmen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 KStG ist die Wahrnehmung ideeller und wirtschaftlicher Interessen zwar kennzeichnend für Berufsverbände. Die Norm ist aber nicht dahingehend auszulegen, dass ein Verband nur dann ein Berufsverband iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG ist, wenn er sowohl ideelle als auch wirtschaftliche Interessen eines Wirtschaftszweigs oder der Angehörigen eines Berufs vertritt. Es reicht aus, wenn allgemeine Interessen wirtschaftlicher Art wahrgenommen werden. Denn die Wahrnehmung allgemeiner wirtschaftlicher Interessen ist zugleich eine Vertretung ideeller Interessen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG.1 Auch ein Verein, der nur ein einziges gemeinsames wirtschaftliches Interesse eines Wirtschaftszweigs wahrnimmt, kann mithin ein steuerbefreiter Berufsverband sein.
113
Zu den Berufsverbänden ohne öffentlich-rechtlichen Charakter iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG gehören: –
Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, zB Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften,
–
Wirtschaftsverbände,
–
Bauernverbände/Bauernvereine,
–
Hauseigentümer- und Grundbesitzerverbände,2
–
Marketing-Clubs,3
–
Wirtschaftsrat der CDU,4
–
Steuerberaterverbände.5
114 Keine Berufsverbände sind: –
Abrechnungsstellen von Apothekeninhabern,6
–
Güteschutzgemeinschaften,7
–
Lohnsteuerhilfevereine,8
–
Mietervereine,9
–
Rabattsparvereine,10
–
Warenzeichenverbände,11
–
Werbeverbände.12
115 Voraussetzung für die Anerkennung als Berufsverband ist, dass sowohl die Satzung als auch die tatsächliche Geschäftsführung die Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG erfüllen.13 116
Der Zweck des Berufsverbands darf nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein. Gibt der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dem Berufsverband das Gepräge oder stellt sich die wirtschaftliche Betätigung als Verbandszweck dar, kann er nicht als steu1 BFH v. 22.7.1952 – I 44/52 U, BStBl. III 1952, 221; BFH-Gutachten v. 17.5.1952 – I D 1/52 S, BStBl. III 1952, 228. 2 R 16 Abs. 2 KStR 2004. 3 BFH v. 27.4.1990 – VI R 35/86, BFH/NV 1990, 701. 4 BFH v. 7.6.1988 – VIII R 76/85, BStBl. II 1989, 97 = FR 1989, 50. 5 Schwarz in Mössner/Seeger2, § 5 KStG Rz. 50. 6 BFH v. 26.4.1954 – I 110/53 U, BStBl. III 1954, 204. 7 BFH v. 11.8.1972 – III R 114/71, BStBl. II 1973, 39. 8 BFH v. 16.12.1998 – I R 36/98, BStBl. II 1999, 366 = FR 1999, 653. 9 BFH v. 17.5.1966 – III 190/64, BStBl. III 1966, 525. 10 BFH v. 29.11.1967 – I 67/65, BStBl. II 1968, 236. 11 BFH v. 8.6.1966 – I 151/63, BStBl. III 1966, 632. 12 BFH v. 15.7.1966 – III 179/64, BStBl. III 1966, 638. 13 BFH v. 7.6.1988 – VIII R 76/85, BStBl. II 1989, 97 = FR 1989, 50; FG Köln v. 14.9.2000 – 13 K 3298/00, EFG 2003, 116.
190
Kmpel
G. Berufsverbnde (Abs. 1 Nr. 5)
Rz. 116–122 § 5
erbefreite Einrichtung anerkannt werden. Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ergibt sich aus § 14 AO.1 Danach ist Voraussetzung für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, dass durch die Tätigkeit Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. Das ist nicht der Fall, wenn für die Tätigkeit ausschließlich Mitgliederbeiträge erhoben werden (wegen weiterer Einzelheiten s. Rz. 9 ff.). Es kann im Einzelfall notwendig sein, zu prüfen, ob die von dem Berufsverband erhobenen Beiträge in vollem Umfang als Mitgliederbeiträge anzusehen oder ob darin Entgelte für die Gewährung besonderer wirtschaftlicher Vorteile enthalten sind. Die Gewährung derartiger Vorteile gegen Entgelt begründet einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
117
Zu den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gehören zB folgende gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeiten:
118
–
die Aus- und Fortbildung,
–
die Vorführung und der Verleih von Filmen und Tonbändern,
–
die Beratung der Angehörigen des Berufsstands oder Wirtschaftszweigs einschließlich der Hilfe bei der Buchführung, bei der Ausfüllung von Steuererklärungen und sonstigen Vordrucken,
–
die Unterhaltung einer Buchstelle,
–
die Einrichtung eines Kreditschutzes,
–
die Unterhaltung von Sterbekassen,
–
der Abschluss oder die Vermittlung von Versicherungen,
–
die Unterhaltung von Laboratorien und Untersuchungseinrichtungen,
–
die Veranstaltung von Märkten, Leistungsschauen und Fachausstellungen,
–
die Unterhaltung einer Kantine für die Arbeitskräfte der Verbandsgeschäftsstelle,
–
die nachhaltige Vermietung von Räumen für regelmäßig kurze Zeit, zB für Stunden oder einzelne Tage, an wechselnde Benutzer,
–
die Herausgabe, das Verlegen oder der Vertrieb von Fachzeitschriften, Fachzeitungen und anderen fachlichen Druckerzeugnissen des Berufsstands oder Wirtschaftszweigs, einschließlich der Aufnahme von Fachanzeigen; Verbandszeitschriften, in denen die Mitglieder über die Verbandstätigkeit und über allgemeine Fragen des Berufsstands unterrichtet werden, sind kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Betreibt ein Berufsverband in seiner Verbandszeitschrift jedoch Anzeigen- oder Annoncenwerbung, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor;2
–
die Herausgabe von Presseausweisen.3
Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG umfasst auch die Erlöse der Vermögensverwaltung.
119
Die Beteiligung eines Berufsverbands an einer Kapitalgesellschaft stellt regelmäßig Teil der Vermögensverwaltung dar. Wenn der Berufsverband jedoch tatsächlich einen entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung des Unternehmens ausübt, stellt die Beteiligung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar.4 Die Beteiligung an einem Unternehmen, das ausschließlich der Vermögensverwaltung dient, ist kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.5
120
Die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft begründet regelmäßig einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO). Die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden oder an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist der Vermögensverwaltung zuzurechnen (wegen weiterer Einzelheiten s. Rz. 25).
121
Die Tätigkeit der Geschäftsstelle des Berufsverbands stellt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Der Verkauf von Altmaterial, Einrichtungsgegenständen, Maschinen,
122
1 2 3 4 5
Anders Kühner, DStR 2009, 1786. R 16 Abs. 4 KStR 2004. BFH v. 7.5.2014 – I R 65/12, BFH/NV 2014, 1670. BFH v. 30.6.1971 – I R 57/70, BStBl. II 1971, 753; v. 25.8.2010 – I R 97/09, BFH/NV 2011, 312. R 16 Abs. 5 KStR 2004.
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§ 5 Rz. 122–127
Befreiungen
Kraftfahrzeugen und dergleichen bildet eine Einheit mit der Tätigkeit der Geschäftsstelle. Es fehlt insoweit an der für die Begründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erforderlichen Selbstständigkeit. Das gilt auch für den Fall, dass Entgelte für die Mitbenutzung der Geschäftsstelle oder einzelner Räume oder Einrichtungsgegenstände der Geschäftsstelle durch einen anderen Berufsverband vereinnahmt werden. Eine entgeltliche Zurverfügungstellung von Personal für einen anderen Berufsverband begründet uE zwingend einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die davon abweichende Meinung der FinVerw.1 ist – insbesondere unter Berücksichtigung der BFH-Rspr.2 zur Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen eines gemeinnützigen Vereins für angeschlossene Mitgliedsvereine – unzutreffend. 123
Anders als bei steuerbegünstigten Körperschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) führen sämtliche wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe zu einer partiellen Steuerpflicht des Berufsverbands. Eine Zweckbetriebsregelung wie bei den steuerbegünstigten Körperschaften (§§ 65–68 AO) gibt es nicht. Für Zwecke der Besteuerung werden die Ergebnisse der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe zusammengefasst.
124
Berufsverbände dürfen nur in begrenztem Umfang Zuwendungen zur Unterstützung steuerbegünstigter (gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher) Organisationen leisten. So ist es mit den Aufgaben eines Berufsverbands grundsätzlich nicht vereinbar, wenn dieser regelmäßig Ausgaben für andere Zwecke tätigt. Gleichwohl können auch Berufsverbände in Katastrophenfällen durchaus besondere Spendenkonten einrichten und erhaltene Spenden an steuerbegünstigte Einrichtungen weiterleiten. Die Berufsverbände müssen für die Erstellung von Zuwendungsbestätigungen dem Zuwendungsempfänger (steuerbegünstigte Einrichtung) jedoch eine Liste mit den einzelnen Spendern und der jeweiligen Spendenhöhe übergeben. Die Zuwendungsbestätigungen sind von der gemeinnützigen Körperschaft, der juristischen Person des öffentlichen Rechts bzw. der öffentlichen Dienststelle auszustellen, welche die Zuwendungen von dem nicht steuerbegünstigten Spendensammler erhält.3
II. Parteizuwendungen und Sondersteuersatz 125 Wenn ein Berufsverband mehr als 10 % seiner Einnahmen für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung einer politischen Partei verwendet, verliert er insgesamt seine Steuerbefreiung (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b KStG). Diese Regelung ist 1994 in das KStG als Folge der Rspr. des BVerfG4 zur Parteienfinanzierung aufgenommen worden. Es ist dabei ohne Bedeutung, aus welchem Tätigkeitsbereich des Berufsverbands (ideeller Bereich; Vermögensverwaltung oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) die Mittel zu Unterstützung einer politischen Partei stammen. 126
Zu den Einnahmen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KStG gehören sämtliche Mittelzuflüsse des laufenden Jahres wie –
Mitgliedsbeiträge,
–
Zuschüsse,
–
Einnahmen der Vermögensverwaltung,
–
Einnahmen der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe.
Bei einer Beteiligung an einer
127
–
Personengesellschaft ist der Gewinnanteil an der Personengesellschaft als Einnahme zugrunde zu legen,
–
Kapitalgesellschaft rechnen die erhaltene Gewinnausschüttung sowie Veräußerungsgewinne aus dieser Beteiligung zu den Einnahmen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG.
Eine Mittelüberlassung liegt auch bei verdeckten Zuwendungen vor, zB bei Leistungen ohne ausreichende Gegenleistung. Das gilt auch bei einer unentgeltlichen oder verbilligten Raumüberlassung und bei einer zinslosen oder zinsverbilligten Darlehensgewährung. Eine mittel-
1 2 3 4
R 16 Abs. 6 KStR 2004. BFH v. 29.1.2009 – V R 47/06, BStBl. II 2009, 560. Vgl. BMF v. 16.5.2011 – IV C 4 - S 2223/07/0005 :008 – DOK 2011/0381377, BStBl. I 2011, 560. BVerfG v. 9.4.1992 – 2 BvE 2/89, BStBl. II 1992, 766.
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G. Berufsverbnde (Abs. 1 Nr. 5)
Rz. 127–134 § 5
bare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien ist anzunehmen, wenn der Berufsverband zB den Wahlkampf eines Abgeordneten finanziert.1 Liegen die schädlichen Zuwendungen an politische Parteien insgesamt über 10 % der Gesamteinnahmen, verliert der Berufsverband im vollen Umfang seine Steuerbefreiung. Er unterliegt dann mit sämtlichen erzielten Einkünften iSd. § 2 Abs. 1 EStG der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 KStG).
128
Die Zuwendungen von Berufsverbänden zur unmittelbaren oder mittelbaren Förderung 129 politischer Parteien unterliegen zudem einer besonderen Körperschaftsteuer von 50 % der geleisteten Zuwendungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 KStG). Dieser besonderen Körperschaftsteuer unterliegen sämtliche Zuwendungen an Parteien unabhängig davon, ob die für die Befreiung schädliche 10 %-Grenze überschritten wird oder nicht. Es soll sichergestellt werden, dass die für Mitgliedsbeiträge an Berufsverbände für das Mitglied eingetretene Steuerentlastung aufgrund des damit regelmäßig verbundenen Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzugs auf der Ebene des Berufsverbands ausgeglichen wird. Der Besteuerung unterliegt bei einer Überschreitung der 10 %-Grenze neben den erzielten Einkünften aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben auch die Verwendung von Mitteln für die Unterstützung oder Förderung politischer Parteien nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 KStG. Dh., auch bei einem voll steuerpflichtigen Berufsverband wird der Sondersteuersatz auf Parteizuwendungen angewendet. Wenn die schädlichen Zuwendungen an politische Parteien weniger als 10 % der Einnahmen betragen, bleibt zwar die Steuerbefreiung des Berufsverbandes dem Grunde nach bestehen. Der Besteuerung würden dann aber die ggf. erzielten Gewinne der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterliegen (zum Regelsteuersatz). Daneben werden die Zuwendungen an politische Parteien mit dem Sondersteuersatz von 50 % besteuert.
130
Die Freibetragsregelung des § 24 KStG bezieht sich auf das Einkommen des Berufsverbands und kann nicht auf die Bemessungsgrundlage für die besondere Körperschaftsteuer auf Parteizuwendungen angewendet werden.2
131
III. Kommunale Spitzenverbände Kommunale Spitzenverbände einschließlich ihrer Zusammenschlüsse sind seit VZ 1991 (§ 54 Abs. 1 KStG 1991) den Berufsverbänden gleichgestellt. Da kommunale Spitzenverbände und ihre Zusammenschlüsse keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sondern vielmehr privatrechtliche Zusammenschlüsse darstellen, welche die Interessen der darin vertretenen Kommunen und Kammern vertreten, wurde mit der Ergänzung des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG ab VZ 1991 die bis dahin bestehende Regelungslücke geschlossen.3 Zu den kommunalen Spitzenverbänden und ihren Zusammenschlüssen zählen ua. –
Deutscher Städtetag,
–
Deutscher Städte- und Gemeindebund.
Wie auch bei den Berufsverbänden darf sich der Zweck des Verbands nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb richten. Die von einem Spitzenverband unterhaltenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe führen bei diesen zu einer partiellen Steuerpflicht. Anders als bei Berufsverbänden gibt es keinen Ausschluss von der Steuerbefreiung bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Förderung politischer Parteien von mehr als 10 % der Einnahmen, da § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b KStG nur Berufsverbände benennt. Auch greift der besondere Steuersatz bei den kommunalen Spitzenverbänden und ihren Zusammenschlüssen nicht, da dieser ebenfalls lediglich für Berufsverbände gilt (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 KStG).4
132
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IV. Zusammenschlüsse von jPdöR Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden den Berufsverbänden gleichgestellt (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3), soweit sie allgemeine ideelle und wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen. Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts verlieren – anders als die kommunalen Spitzenverbände
1 2 3 4
R 16 Abs. 3 KStR 2004. R 16 Abs. 7 KStR 2004. BT-Drucks. 12/1108, 66. So auch Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 5–8 KStG Rz. 82.
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§ 5 Rz. 134–139
Befreiungen
und ihre Zusammenschlüsse – ihre Steuerbefreiung, wenn sie mehr als 10 % ihrer Einnahmen für die unmittelbare oder mittelbare Förderung politischer Parteien verwenden (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 iVm. Satz 2 Buchst. b KStG). Der besondere Steuersatz nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 KStG findet jedoch keine Anwendung, da dieser nur für Berufsverbände gilt.1
H. Vermögensverwaltung von nicht rechtsfähigen Berufsverbänden (Abs. 1 Nr. 6) 135 Berufsverbände sind häufig als nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse (wie nicht rechtsfähige Vereine) organisiert. Mangels eigener Rechtsfähigkeit bedienen sich diese für die Verwaltung ihres Vermögens häufig rechtsfähiger Gesellschaften (idR GmbHs oder AGs). Körperschaften und Personenvereinigungen, deren Hauptzweck die Vermögensverwaltung für einen nicht rechtsfähigen Berufsverband der in § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG bezeichneten Art ist, sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, wenn ihre Erträge im Wesentlichen aus dieser Vermögensverwaltung herrühren und ausschließlich dem Berufsverband zufließen. § 3 Nr. 10 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. 136
Bei den Vermögensverwaltungsgesellschaften muss es sich um eine Körperschaft oder eine Personenvereinigung handeln. Neben den Kapitalgesellschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG (wie zB AG, GmbH) kommen auch Genossenschaften als Personenvereinigung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG) als mögliche Vermögensverwaltungsgesellschaften in Betracht. Nicht als Vermögensträger geeignet wären rechtsfähige Stiftungen des privaten Rechts (§§ 80 ff. BGB), da es sich hierbei weder um eine Körperschaft noch um eine Personenvereinigung handelt, sondern nur um eine zu einer Rechtsperson erhobene Vermögensmasse.2
137
Begünstigt ist nur die Vermögensverwaltung für nicht rechtsfähige Berufsverbände iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Nicht begünstigt ist die Vermögensverwaltung für rechtsfähige Berufsverbände. Rechtsfähige Verbände können ihr Vermögen problemlos selbst verwalten. Daher bedarf es für diese keiner besonderen Begünstigung von eigenen Vermögensverwaltungsgesellschaften. So ist die Vermögensverwaltung bei einem nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG befreiten Berufsverband – anders als der von ihm betriebene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb – steuerfrei.
138
Hauptzweck der Vermögensverwaltungsgesellschaft muss nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Vermögensverwaltung sein. Der Betrieb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist nur dann unschädlich, wenn er lediglich einen Nebenzweck darstellt. Anders als bei den Berufsverbänden (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG) führt der Betrieb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht zu einer partiellen Steuerpflicht bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft. Wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb unschädlich für die Steuerbefreiung der Vermögensverwaltungsgesellschaft ist (Nebenzweck), bleibt auch der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerfrei. Die Erträge der Vermögensverwaltungsgesellschaft müssen im Wesentlichen aus der Vermögensverwaltung stammen. Das Gesetz definiert jedoch nicht, bis zu welchem Umfang andere Erträge erzielt werden können, ohne dass die Vermögenserträge nicht mehr wesentlich sind. Auch die Rspr. hat sich bisher nicht mit dieser Frage beschäftigen müssen. Nach Bott3, Jost4 und Streck5 dürfen Vermögensverwaltungsgesellschaften Erträge außerhalb der Vermögensverwaltung bis zu 25 % der Gesamterträge erzielen, ohne dass die Wesentlichkeitsgrenze überschritten wird. Anders Frotscher6, der lediglich eine 5 %-Grenze für zutreffend hält. Davon abweichend vertreten Twickel7 und Heger8 die uE zutreffende Auffassung, dass eine 10 %-Grenze die sachlich am ehesten zu rechtfertigende Grenze für die Frage der wesentlichen Erträge darstellt, da diese Grenze in verschiedenen Befreiungsnormen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 5, 10 und 14 KStG) vom Gesetzgeber herangezogen wurde.
139
Da die Vermögensverwaltungsgesellschaften sämtliche Erträge ausschließlich dem Berufsverband zuwenden müssen, dürfen sie keine Zuwendungen an Dritte leisten. Dh., jegliche mittelbare oder unmittelbare Zuwendung an politische Parteien oder an steuerbegüns1 2 3 4 5 6 7 8
So auch Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 5–8 KStG Rz. 88. Herrmann/Eversberg/Wagner in H/H/R, § 5 KStG Rz. 142. Bott in Ernst & Young, § 5 KStG Rz. 334. Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 5–8 KStG Rz. 89. Streck in Streck8, § 5 KStG Rz. 90. Frotscher in Frotscher/Maas, § 5 KStG Rz. 83. v. Twickel in Blümich, § 5 KStG Rz. 91. Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 166.
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I. Politische Parteien (Abs. 1 Nr. 7)
Rz. 139–146 § 5
tigte (gemeinnützige) Einrichtungen würde für das Jahr der Zuwendung zur Versagung der Steuerbefreiung bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft führen, mit der Folge, dass die Vermögensverwaltungsgesellschaft ihre erzielten Einkünfte im vollen Umfang besteuern müsste. Eine Thesaurierung der Erträge ist jedoch zulässig. Auch kann ein mittelbarer Zufluss, zB durch einen Verkauf der Beteiligung durch den Berufsverband, erfolgen, da auch dann dem Berufsverband die offenen und stillen Reserven der Vermögensverwaltungsgesellschaft zufließen würden. Die Veräußerung der Beteiligung durch den Berufsverband hätte jedoch bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft zur Folge, dass sie ihre Steuerbefreiung verlieren würde und im Jahr der Veräußerung mit dem Eintritt in die Steuerpflicht eine Teilwertbilanz nach § 13 KStG erstellen müsste, mit der Folge, dass bei ihr die in Zeiten der Steuerfreiheit erzielten Erträge steuerfrei bleiben.1
140
I. Politische Parteien (Abs. 1 Nr. 7) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG sind politische Parteien iSd. § 2 PartG, ihre Gebietsverbände sowie kommunale Wählergemeinschaften und ihre Dachverbände von der Körperschaftsteuer befreit. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen.
141
Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Be- 142 reich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein (§ 2 Abs. 1 PartG). Eine Vereinigung verliert ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat (§ 2 Abs. 2 PartG). Die Satzung einer politischen Partei muss den Anforderungen des § 6 PartG entsprechen. Steuerlich gibt es daneben keine besonderen Anforderungen an die Satzung einer Partei. Die einzelnen regionalen Untergliederungen einer Partei, wie zB Orts-, Bezirks-, Kreisoder Landesverbände sind jeweils selbstständige Steuersubjekte,2 soweit diese über eigene satzungsmäßige Organe (Vorstand, Mitgliederversammlung) verfügen, nach außen im eigenen Namen auftreten und eine eigene Kassenführung haben.3
143
Während politische Vereine nicht unter § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG fallen, wurden aufgrund des Urteils des BVerfG v. 29.9.19984 kommunale Wählergemeinschaften und ihre Dachverbände ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit. Die bis zu dem Urteil des BVerfG v. 29.9.1998 fehlende Befreiung für kommunale Wählergemeinschaften und ihre Dachverbände wurde durch das StBereinG 19995 mit Wirkung für alle offenen Jahre in § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG aufgenommen (§ 54 Abs. 2c KStG 2000).
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Kommunale Wählervereinigungen sind Zusammenschlüsse von Bürgern, die zu Wahlen antreten, ohne den Status einer politischen Partei zu haben. Sie sind überwiegend auf kommunaler Ebene tätig, können jedoch auch bei Landtags- (nicht in allen Bundesländern, wie zB Sachsen – SächsWahlG) und bei Europawahlen antreten. Die Teilnahme an Bundestagswahlen steht jedoch nur Parteien iSd. § 2 PartG offen.
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Der Betrieb eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führt zur partiellen Steuerpflicht der Partei bzw. der kommunalen Wählergemeinschaft. Zum Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wird auf Rz. 9 ff. verwiesen. Anders als die steuerbegünstigten Einrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG haben Parteien keine begünstigten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe (= Zweckbetriebe).
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Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 168. Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 170. AEAO zu § 51, Nr. 1. BVerfG v. 29.9.1998 – 2 BvL 64/93, BStBl. II 1999, 110. G v. 22.12.1999, BGBl. I 1999, 2601.
Kmpel
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§ 5 Rz. 147–152
Befreiungen
J. Öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen (Abs. 1 Nr. 8) 147 § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG befreit öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen, deren Angehörige aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder dieser Einrichtung sind. § 3 Nr. 11 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. Die Befreiung wurde bereits 1965 eingeführt1 und unverändert in das KStG 1977 übernommen. 148
Durch die Steuerbefreiung sollen die berufsständischen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen mit den Sozialversicherungsträgern, die als Hoheitsbetriebe nicht der Besteuerung unterliegen, gleichgestellt werden. Die Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen unterliegen als Betriebe gewerblicher Art (§ 4 KStG) der Körperschaftsteuer.2
149
Die Versicherten der Einrichtungen müssen aufgrund eines gesetzlichen Zwangs Mitglied der Versorgungeinrichtung sein. Zu den begünstigten Einrichtungen zählen ua. die Versorgungseinrichtungen der Ärzte, Notare, Apotheker, Architekten und Rechtsanwälte.3
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Eine weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Einrichtung nach ihrer Satzung keine höheren Beiträge erhebt als das Zwölffache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würde.
151
Falls die Satzung neben Pflichtmitgliedschaften auch freiwillige Mitgliedschaften zulässt, die sich unmittelbar an eine Pflichtmitgliedschaft anschließen, so darf die Satzung die Zahlung von Beiträgen in Höhe des Fünfzehnfachen der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würde, zulassen.
152
Für die Steuerbefreiung der berufsständischen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen ist es entsprechend § 187a SGB VI unschädlich, wenn aus einer vom Arbeitgeber gezahlten Entlassungsentschädigung wegen Altersteilzeit neben den in § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG, § 3 Nr. 11 GewStG festgelegten Höchstbeträgen zur Reduzierung des versicherungsmathematischen Abschlags beim vorgezogenen Altersruhegeld Leistungen in die berufsständische Versorgungseinrichtung entrichtet werden.4
K. Steuerbegünstigte Körperschaften (Abs. 1 Nr. 9) Literatur: Thiel, Die zeitnahe Mittelverwendung – Aufgabe und Bürde gemeinnütziger Körperschaften, DB 1992, 1900; Scholz, Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, FS für Schmidt, 1993, 707; Ley, Mittelverwendungsrechnung gemeinnütziger Organisationen, KÖSDI 1998; Schauhoff, Große Aufregung um das Sponsoring, DB 1998, 494; Thiel, Sponsoring im Steuerrecht, DB 1998, 842; Wien, Sportliche Veranstaltungen und Gemeinnützigkeit, DStZ 1998, 572; Kümpel, Die steuerliche Behandlung von Zweckbetrieben, DStR 1999, 93; Kümpel, Die Besteuerung steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, DStR 1999, 1505; Schick, Die Beteiligung einer steuerbegünstigten Körperschaft an Personen- und Kapitalgesellschaften, DB 1999, 1187; Hüttemann, Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, DStR 2000, 1939; Kümpel, Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung, DStR 2001, 152; Jansen, Verlust der Gemeinnützigkeit bei Verstößen gegen die Rechtsordnung, insb. bei Steuerverkürzungen?, FR 2002, 996; Schauhoff, Gemeinnützigkeitsrecht: Zum zulässigen Aufwand beim Spendensammeln, DStR 2002, 1337; Stahlschmidt, Die Rücklagenbildung einer gemeinnützigen Körperschaft, FR 2002, 1337; Scherff, Gemeinnützigkeitsrechtliche Aspekte in Holding-Strukturen, DStR 2003, 727; Apitz, Betriebsprüfung und gemeinnützige Körperschaften, StBp 2004, 89 (Teil I), 125 (Teil II), 153 (Teil III); Schauhoff, Wertberichtigungen im Stiftungsvermögen, DStR 2004, 471; Arnold, Gemeinnützigkeit von Vereinen und Beteiligung an Gesellschaften, DStR 2005, 581; Holland, Neue Verwaltungsauffassung zur Unmittelbarkeit – Gefahren für die Gemeinnützigkeit? – Darstellung am Beispiel des öffentlichen Rettungsdienstes, DB 2005, 1487; Patt/Patt, Neue Entwicklungen im Gemeinnützigkeitsrecht, DStR 2005, 1509; Becker/Meining, Verlustbeteiligungen von gemeinnützigen Körperschaften, DStZ 2006, 765; Winheller, Entwicklungen im Gemeinnützigkeitsrecht, DStZ 2006, 215; Jost, Betriebsaufspaltung im steuerfreien Bereich gemeinnütziger Körperschaften, DB 2007, 1664; Hüttemann, Verpächterwahlrecht bei gemeinnützigen Körperschaften, BB 2007, 2324; Kaufmann/Schmitz-Herscheid, Steuerbefreiung von Forschungseinrichtungen, BB 2007, 2039; Thiel/Eversberg, Zur Reichweite des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung im Gemeinnützigkeitsrecht, DB 2007, 191 u. DB 2007, 1436; Fischer, Überlegungen zur Fortentwicklung des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts, FR 2008, 752; Hüttemann, Ehrenamt, Organvergütung und Gemeinnützigkeit, DB 2009, 1205; Orth, Verluste ge-
1 2 3 4
§ 4 Abs. 1 Nr. 10 KStG 1965; s. StÄndG 1965, BStBl. I 1965, 217. S. auch BFH v. 4.2.1976 – I R 200/73, BStBl. II 1976, 355. Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 180. BMF v. 20.10.2003 – IV A 2 - S 2728 - 4/03, BStBl. I 2003, 558.
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Kmpel
K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 153–155 § 5
meinnütziger Stiftungen aus Vermögensverwaltung, DStR 2009, 1397; Schleder, Steuerrecht der Vereine, 9. Aufl. 2009; Seeger/Brox, Das Ende der Steuerbegünstigung für Selbstversorgungsbetriebe nach § 68 Nr. 2b AO, DStR 2009, 2459; Troll/Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine/Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl. 2009; Wallenhorst, Gemeinnützigkeit: Ist die Geprägetheorie überholt?, DStR 2009, 717; Buchna/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 10. Aufl. 2010; Muth, Steuerhinterziehungsbekämpfung und Gemeinnützigkeit im Ausland, StuB 2010, 21; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010; Unger, Mittelbeschaffung und Mittelverwendung gemeinnütziger Körperschaften, DStZ 2010, 141; Wohltmann, Besonderheiten bei der Vermögensbindung eines Fördervereins: Gemeinnützigkeit von ausländischen Körperschaften öffentlichen Rechts, IStR 2010, 453; Kahle, Glücksspiele im Steuerrecht, DStZ 2011, 520; Kirchhain, Kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb durch Beteiligung, FR 2011, 812; Wallenhorst, Die Nachversteuerung in § 61 Abs. 3 AO bei Verstößen gegen die Vermögensbindung durch die tatsächliche Geschäftsführung, DStR 2011, 698; Hüttemann, Aktuelle Entwicklungen bei der Besteuerung gemeinnütziger Stiftungen, ErbR 2012, 5; Schienke-Ohletz, Besonderheiten des Gemeinnützigkeitsrechts bei Förderung der Entwicklungszusammenarbeit, FR 2012, 616; Schotenroehr, Kooperation von Zweckbetrieben gemeinnütziger Körperschaften in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, DStR 2012, 14; Hüttemann, Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts, DB, 2013, 774; Schauhoff/Kirchhain, Steuer- und zivilrechtliche Neuerungen für gemeinnützige Körperschaften und deren Förderer, FR 2013, 301; Kirchhain, Wie viel Gewinn nötig, wie viel möglich? – Leistungsbeziehungen gemeinnütziger Unternehmen und Konzerne auf dem Prüfstand, DB 2014, 1831; Kümpel, Leistungsbeziehungen zwischen verbundenen gemeinnützigen Körperschaften, FR 2014, 51 u. FR 2014, 509; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl., Köln 2015.
I. Einleitung Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, welche die Voraussetzungen der §§ 51–68 AO erfüllen, sind mit Ausnahme der von ihnen betriebenen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe, die keine Forstbetriebe sind, steuerbefreit (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG). § 3 Nr. 6 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung.
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Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG setzt voraus, dass die Körperschaft die Voraussetzungen des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ in der AO erfüllt. Dort werden in den §§ 51–68 AO die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbegünstigung festgelegt. Die von der FinVerw. hierzu erlassenen Anwendungsregelungen wurden im Anwendungserlass zur AO in der Fassung v. 31.1.20141, geändert mit Schreiben v. 1.8.20142 und v. 14.1.20153, festgelegt.
154
II. Allgemeines – § 51 AO § 51 Allgemeines (1) 1Gewährt das Gesetz eine Steuervergünstigung, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt, so gelten die folgenden Vorschriften. 2Unter Körperschaften sind die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes zu verstehen. 3Funktionale Untergliederungen (Abteilungen) von Körperschaften gelten nicht als selbstständige Steuersubjekte. (2) Werden die steuerbegünstigten Zwecke im Ausland verwirklicht, setzt die Steuervergünstigung voraus, dass natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, gefördert werden oder die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen kann. (3) 1Eine Steuervergünstigung setzt zudem voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. 2Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind. 3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht von Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes oder des Zuwiderhandelns gegen den Gedanken der Völkerverständigung begründen, der Verfassungsschutzbehörde mit.
1. Allgemeines a) Steuerbegünstigte Zwecke Eine Körperschaft muss nach § 51 AO ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) gemeinnützige (§ 52 AO), mildtätige (§ 53 AO) oder kirchliche (§ 54 AO) Zwecke verfolgen,
1 BMF v. 31.1.2014 – IV A 3 - S 0062/14/10002 – DOK 2014/0108334, BStBl. I 2014, 290. 2 BMF v. 1.8.2014 – IV A 3 - S 0062/14/10005, BStBl. I 2014, 1067. 3 BMF v. 14.1.2015 – IV A 3 - S 0062/14/10009, BStBl. I 2015, 76.
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155
§ 5 Rz. 155–157
Befreiungen
um nach den Regelungen der §§ 51–68 AO als steuerbegünstigte Einrichtung anerkannt werden zu können. Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbegünstigung ist, dass die formellen Anforderungen an die Satzung, das Stiftungsgeschäft oder eine sonstige Verfassung den Anforderungen der §§ 51–68 AO entsprechen (§§ 59–61 AO). Daneben muss auch die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 AO) den Anforderungen der Satzung und den Regelungen der §§ 51–68 AO entsprechen. Fehlt es an einer dieser Anforderungen, ist eine Gewährung der Steuerbegünstigung nicht möglich. b) Vier Sphären 156 Für die steuerliche Beurteilung einer steuerbegünstigten Körperschaft werden deren Tätigkeiten vier Sphären (ideeller Bereich, Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb, steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) zugeordnet. Durch die Zuordnung der Tätigkeiten und der damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben zu den verschiedenen Sphären können die steuerbegünstigten Aktivitäten im ideellen Bereich und der Zweckbetriebe (§§ 65–68 AO) von der lediglich steuerbefreiten Vermögensverwaltung und dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) abgegrenzt werden. Auch erleichtert die Sphärenzuordnung die Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns aus dem Betrieb steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, die Berechnung der freien Rücklagen (§ 58 Nr. 7a AO) sowie die Überprüfung der zutreffenden Mittelverwendung.
Vier Sphären steuerbegünstigter Körperschaften
Ideeller Bereich
KSt GewSt
Vermögensverwaltung
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Zweckbetrieb
Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
§ 65 – 68 AO
§ 64 AO
Steuerfrei
Steuerpflichtig (35.000 t Besteuerungsgrenze)
c) Rechtsformen der steuerbegünstigten Einrichtungen 157 Steuerbegünstigte Körperschaften können nach § 51 Abs. 1 Satz 2 AO nur Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen iSd. Körperschaftsteuergesetzes sein. Dazu zählen alle unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften nach § 1 Abs. 1 KStG wie –
Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH, SE),
–
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,
–
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG),
–
sonstige juristische Personen des privaten Rechts (e.V., rechtsfähige Stiftungen),
–
nicht rechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen,
–
Betriebe gewerblicher Art
und beschränkt steuerpflichtige Körperschaften iSd. § 2 Nr. 1 KStG, die ihren Sitz oder Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums haben (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG).
198
Kmpel
K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 158–164 § 5
Eine Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts kann selbst dann als steuerbegünstigte Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG iVm. §§ 51 ff. AO anerkannt werden, wenn sie in die Erfüllung gesetzlicher Pflichtaufgaben ihres Gesellschafters eingebunden ist.1
158
Nicht dazu zählen funktionale Untergliederungen (Abteilungen) einer Körperschaft, da 159 diese keine selbstständigen Steuersubjekte darstellen (§ 52 Abs. 1 Satz 3 AO). Es soll verhindert werden, dass Vereine durch eine Aufteilung in verschiedene Abteilungen mehrfach die Besteuerungsgrenze (§ 64 Abs. 3 AO), die Zweckbetriebsgrenze (§ 67a AO) sowie die nach den Einzelsteuergesetzen (§ 24 KStG, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GewStG) gewährten Freibeträge in Anspruch nehmen können.2 Natürliche Personen und Personengesellschaften, selbst wenn an Letzteren nur steuerbegünstigte Einrichtungen beteiligt sind, zählen nicht zu den nach § 51 AO begünstigten Steuerpflichtigen.
160
Regionale Untergliederungen (wie zB Landes-, Bezirks-, Ortsverbände) eines (Groß-)Vereins können nicht rechtsfähige Vereine und damit selbstständige Steuersubjekte darstellen, wenn sie
161
–
über eigene satzungsmäßige Organe (Mitgliederversammlung, Vorstand) verfügen,
–
über diese auf Dauer nach außen im eigenen Namen auftreten und
–
eine eigene Kassenführung haben.
Um daneben auch als steuerbegünstigte Einrichtung anerkannt werden zu können, müssen regionale Untergliederungen eine eigene Satzung haben, die den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen entspricht. Zweck, Aufgaben und Organisation der Untergliederungen können sich hierbei auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben.3 Für die eigene Satzung der selbstständigen regionalen Untergliederung reicht es aus, dass die Satzung von der Mitgliederversammlung des Hauptvereins beschlossen worden ist. Zivilrechtlich ist es in diesen Fällen nicht erforderlich, dass die Untergliederung selbst die Satzung beschlossen hat.4 d) Veranlagungsverfahren Über die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wird im Rahmen des Veranlagungsverfahrens für jedes Kalenderjahr – in der Regel – durch Erteilung eines Freistellungsbescheids entschieden. Ein Freistellungsbescheid ist eine besondere Form eines Steuerbescheids (§ 155 Abs. 1 Satz 3 AO). Ist eine Körperschaft aufgrund eines von ihr betriebenen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 64 AO) partiell steuerpflichtig, ergeht ein Körperschaftsteuerbescheid, in dem die Besteuerung des Ergebnisses des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfolgt. Im Körperschaftsteuerbescheid wird dann darüber hinaus die Freistellung der Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geregelt. Der Körperschaftsteuer-/Freistellungsbescheid ist kein Grundlagenbescheid (vgl. § 171 Abs. 10 AO) für andere Steuerarten.5
162
Bei steuerbegünstigten Einrichtungen, die über keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) verfügen, der die Besteuerungsgrenze von 35 000 Euro (§ 64 Abs. 2 AO) übersteigt, erfolgt eine Überprüfung der Steuerbefreiung spätestens alle drei Jahre.6
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Die Aberkennung der Steuerbegünstigung erfolgt durch Erlass eines Körperschaftsteuerbescheids (ggf. über 0 Euro), in dem keine Aussage über eine bestehende Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG getroffen wird. Soweit für den betroffenen VZ bereits ein Freistellungsbescheid erlassen wurde, kann die Aberkennung der Steuerbegünstigung nur dann erfolgen, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Änderung eines Steuerbescheids (vgl. §§ 164, 165, 172 ff. AO) erfüllt sind. Der Widerruf der Anerkennung der Steuerbegünstigung in einer Verfügung unabhängig von einem Veranlagungs- bzw. Steuerfestsetzungsver-
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BFH v. 27.11.2013 – I R 17/12, BFH/NV 2014, 984 = GmbHR 2014, 778 = FR 2014, 846. BT-Drucks. 11/5582, 31. AEAO zu § 51, Nr. 2. OFD Frankfurt v. 9.8.2010 – S 0171 A - 45 - St 53, KSt-Kartei HE § 5 KStG Karte H 37. BFH v. 10.1.1992 – III R 201/90, BStBl. II 1992, 684. AEAO zu § 59, Nr. 7.
Kmpel
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§ 5 Rz. 164–170
Befreiungen
fahren ist nicht zulässig.1 Ein wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke erlassener Körperschaftsteuer-Freistellungsbescheid darf in entsprechender Anwendung des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufgehoben werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zur Versagung der Gemeinnützigkeit führen. Das gilt auch dann, wenn die Körperschaftsteuer auf 0 Euro festzusetzen ist.2 e) Vorläufige Bescheinigung 165 Bis zur Einführung des § 60a AO durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz3 erhielt eine neu gegründete steuerbegünstigte Körperschaft, die noch nicht über einen Freistellungsbescheid verfügte, auf Antrag durch das Finanzamt eine sog. „vorläufige Bescheinigung“. In dieser wurde der Körperschaft bestätigt, dass sie steuerlich erfasst ist und die Satzung alle nach §§ 59, 60, 61 AO geforderten Voraussetzungen erfüllt, welche für eine spätere Freistellung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erforderlich sind. Damit wurde die Körperschaft in die Lage versetzt, bereits kurz nach ihrer Gründung Zuwendungsbestätigungen über erhaltene Spenden und ggf. Beiträge auszustellen und außersteuerliche Vorteile, wie zB Gebührenbefreiungen, in Anspruch zu nehmen. 166
Bei der vorläufigen Bescheinigung handelte es sich jedoch nur um eine unverbindliche Auskunft des Finanzamts, aus der kein Anspruch auf eine spätere Freistellung im Veranlagungsverfahren abgeleitet werden konnte. Die endgültige Anerkennung als steuerbegünstigte Einrichtung erfolgte erst im Rahmen des Veranlagungsverfahrens.4
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Ab dem 29.3.2013 wurde durch Einführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 60a AO die unverbindliche vorläufige Bescheinigung durch ein rechtsbehelfsfähiges Feststellungsverfahren abgelöst. Auf die Ausführungen zu § 60a AO (Rz. 337 ff.) wird ergänzend hingewiesen. 2. Zweckverwirklichung im Ausland (§ 51 Abs. 2 AO)
168 Die steuerbegünstigten Zwecke können grundsätzlich auch im Ausland verwirklicht werden. Davon ausgenommen sind lediglich Tätigkeiten, die sich zwingend auf das Inland beschränken, wie die Förderung kirchlicher Zwecke (§ 54 AO).5 169
Verwirklicht die Körperschaft ihre förderungswürdigen Zwecke nur außerhalb von Deutschland, setzt die Steuerbegünstigung – neben den sonstigen Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO – zusätzlich den sog. Inlandsbezug nach § 51 Abs. 2 AO voraus. Dieser liegt zum einen vor, wenn natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, gefördert werden. Auf die Staatsangehörigkeit der natürlichen Personen kommt es dabei nicht an. Falls durch die Tätigkeit im Ausland keine im Inland lebenden Personen gefördert werden, ist ein Inlandsbezug gegeben, wenn die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zur Verbesserung des Ansehens Deutschlands im Ausland beitragen kann. Dabei bedarf es keiner spürbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands im Ausland. Bei im Inland ansässigen Körperschaften ist der mögliche Beitrag zum Ansehen Deutschlands im Ausland – ohne besonderen Nachweis – bereits erfüllt, wenn sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke im Ausland beteiligen (Indizwirkung). Der Feststellung der positiven Kenntnis aller im Ausland Begünstigten oder aller Mitwirkenden von der Beteiligung deutscher Organisationen bedarf es dabei nicht.6
170
Ausländische Körperschaften können den Inlandsbezug ebenfalls erfüllen, beispielsweise indem sie ihre steuerbegünstigten Zwecke zum Teil auch in Deutschland verwirklichen oder – soweit sie nur im Ausland tätig sind – auch im Inland lebende natürliche Personen fördern, selbst wenn die Personen sich zu diesem Zweck im Ausland aufhalten. Bei der Tatbestandsalternative des möglichen Ansehensbeitrags zugunsten Deutschlands entfällt zwar bei aus-
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BFH v. 13.12.1978 – I R 77/76, BStBl. II 1979, 481; v. 13.11.1996 – I R 152/93, BStBl. II 1998, 711. BFH v. 13.11.1996 – I R 152/93, BStBl. II 1998, 711 = FR 1997, 231. Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. BFH v. 25.10.2000 – I B 117/00, BFH/NV 2000, 470; v. 23.9.1998 – I B 82/98, BStBl. II 2000, 320 = FR 1998, 1033 m. Anm. Kempermann. 5 AEAO zu § 51, Nr. 7. 6 AEAO zu § 51, Nr. 7 Abs. 2; kritisch Hüttemann3, Rz. 3.11.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 170–176 § 5
ländischen Körperschaften die Indizwirkung, die Erfüllung dieser Tatbestandsalternative durch ausländische Einrichtungen ist aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen.1 Der nach § 51 Abs. 2 AO bei Auslandsaktivitäten zusätzlich geforderte Inlandsbezug wirkt sich nicht auf die Auslegung der weiteren, für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit notwendigen Voraussetzungen aus. Deren Vorliegen ist weiterhin unabhängig von der Frage, ob die Tätigkeit im In- oder Ausland ausgeübt wird, zu prüfen. Der Inlandsbezug hat somit insbesondere keine Auswirkung auf den Inhalt und den Umfang der in den §§ 52 bis 53 AO beschriebenen förderungswürdigen Zwecke.
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Mit der Prüfung des Inlandsbezugs selbst ist keine zusätzliche inhaltliche Prüfung der Tätigkeit der Körperschaft verbunden. Das heißt, es ist weder ein weiteres Mal zu ermitteln, ob die Körperschaft gemeinnützige oder mildtätige Zwecke iSd. §§ 52 und 53 AO fördert, noch kommt es darauf an, ob die Tätigkeit mit den im Ausland geltenden Wertvorstellungen übereinstimmt und somit nach ausländischen Maßstäben ein Beitrag zum Ansehen Deutschlands geleistet werden kann. Falls die Verfolgung der in den §§ 52 und 53 AO genannten förderungswürdigen Zwecke zu bejahen ist, ist daher davon auszugehen, dass eine solche Tätigkeit dem Ansehen Deutschlands im Ausland nicht entgegensteht. Der Inlandsbezug wird für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ab VZ 2009 vorausgesetzt.2
172
3. Extremistische Organisationen (§ 51 Abs. 3 AO) Nach dem durch das Jahressteuergesetz 20093 neu eingefügten § 51 Abs. 3 AO kann eine Körperschaft nur dann als steuerbegünstigt behandelt werden, wenn sie weder nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen iSd. § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes verfolgt noch dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt.
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Bei Körperschaften, die in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden VZ ausdrücklich als extremistisch eingestuft werden, ist wiederlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO nicht erfüllt sind (§ 53 Abs. 1 Satz 2 AO). Damit wird gesetzlich eine Umkehr der Beweislast geregelt. Hierzu ist erforderlich, dass eine Organisation in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als „extremistisch“ bezeichnet wird. Nicht ausreichend ist, wenn die Körperschaft nur als Verdachtsfall oder sonst beiläufig Erwähnung findet.4 Derartige Hinweise in einem Verfassungsschutzbericht können jedoch Anlass für weitergehende Ermittlungen der FinVerw. geben, zB Nachfragen bei den Verfassungsschutzbehörden.5
174
Hat das Finanzamt eine Körperschaft bisher als steuerbegünstigt behandelt und wird später ein Verfassungsschutzbericht veröffentlicht, in dem die Körperschaft als extremistisch aufgeführt wird, kommt ggf. eine Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in Betracht.6
175
Unabhängig von der Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht ist eine Anerkennung extremistischer Vereinigungen als steuerbegünstigte Einrichtung mangels Förderung der Allgemeinheit grundsätzlich nicht möglich. Die Finanzbehörden sind befugt und verpflichtet, den Verfassungsschutzbehörden Tatsachen mitzuteilen, die den Verdacht von Bestrebungen iSd. § 4 Bundesverfassungsschutzgesetzes oder des Zuwiderhandelns gegen den Gedanken der Völkerverständigung begründen, unabhängig davon, welchen Besteuerungszeitraum diese Tatsachen betreffen (§ 51 Abs. 3 Satz 3 AO).
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III. Gemeinnützige Zwecke – § 52 AO § 52 Gemeinnützige Zwecke (1) 1Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. 2Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur
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AEAO zu § 51, Nr. 7 Abs. 3. AEAO zu § 51, Nr. 7. JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. BFH v. 11.4.2012 – I R 11/11, BStBl. II 2013, 146. AEAO zu § 51, Nr. 11. AEAO zu § 51, Nr. 10.
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§ 5 Rz. 177
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klein sein kann. 3Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt. (2) 1Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen: 1. die Förderung von Wissenschaft und Forschung; 2. die Förderung der Religion; 3. die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser im Sinne des § 67, und von Tierseuchen; 4. die Förderung der Jugend- und Altenhilfe; 5. die Förderung von Kunst und Kultur; 6. die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege; 7. die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe; 8. die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes; 9. die Förderung des Wohlfahrtswesens, insbesondere der Zwecke der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege (§ 23 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung), ihrer Unterverbände und ihrer angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten; 10. die Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste; 11. die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr; 12. die Förderung des Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutzes sowie der Unfallverhütung; 13. die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens; 14. die Förderung des Tierschutzes; 15. die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit; 16. die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz; 17. die Förderung der Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene; 18. die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern; 19. die Förderung des Schutzes von Ehe und Familie; 20. die Förderung der Kriminalprävention; 21. die Förderung des Sports (Schach gilt als Sport); 22. die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde; 23. die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports; 24. die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind; 25. die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke. 2Sofern
der von der Körperschaft verfolgte Zweck nicht unter Satz 1 fällt, aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird, kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden. 3Die obersten Finanzbehörden der Länder haben jeweils eine Finanzbehörde im Sinne des Finanzverwaltungsgesetzes zu bestimmen, die für Entscheidungen nach Satz 2 zuständig ist.
1. Allgemeines 177 In § 52 AO werden die gemeinnützigen Zwecke definiert. Während durch § 52 Abs. 1 AO die allgemeinen Voraussetzungen für die Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten festgelegt werden, ist ab dem 1.1.2007 eine (fast) abgeschlossene Aufzählung der als gemeinnützige Tätigkeiten anerkannten Zwecke in § 52 Abs. 2 AO verankert worden.1 So kann ab dem 1.1.2007 eine Körperschaft eine Steuerbegünstigung wegen Förderung gemeinnütziger Zweck nur noch dann erhalten, wenn sie einen der in § 52 Abs. 2 AO aufgezählten Zwecke unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO verfolgt.
1 G zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. 10.10.2007, BGBl. I 2007, 2332.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
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2. Förderung gemeinnütziger Zwecke (§ 52 Abs. 1 AO) a) Förderung der Allgemeinheit Voraussetzung für die Förderung gemeinnütziger Zwecke ist, dass die Tätigkeit darauf ge- 178 richtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Förderung der Allgemeinheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der durch das Gesetz nicht näher definiert, sondern nur negativ abgegrenzt wird. So liegt keine Förderung der Allgemeinheit mehr vor, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, zB Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann (§ 52 Abs. 1 Satz 2 AO). Auch liegt eine Förderung der Allgemeinheit nicht allein deshalb vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt (§ 52 Abs. 1 Satz 3 AO). Der Begriff „Förderung der Allgemeinheit“ in § 52 Abs. 1 Satz 1 AO wird wesentlich geprägt durch die objektive Wertordnung, wie sie insbesondere im Grundrechtskatalog der Art. 1 bis 19 GG zum Ausdruck kommt.1 Fördern bedeutet, dass etwas vorangebracht, vervollkommnet oder verbessert wird. Diese Förderung muss der Allgemeinheit dienen. Materielle Werte decken den Bereich des wirtschaftlichen Lebensstandards ab, während mit Geistigem und Sittlichem der ideelle Bereich, der Bereich der Vernunft und des Schöngeistigen angesprochen wird. Die Förderung der Allgemeinheit setzt weder einen Erfolg noch eine Vollendung voraus.2
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Auch können bereits die vorbereitenden Tätigkeiten einer neu gegründeten steuerbegünstigten Organisation, wie zB der Aufbau einer Vereinsorganisation, das Einsammeln von Mitteln (Spenden) etc., dann ausreichend für eine Anerkennung als steuerbegünstigte Einrichtung sein, wenn diese Tätigkeiten ernsthaft auf die Erfüllung eines bestimmten steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks gerichtet sind. Nicht ausreichend ist jedoch die bloße Absicht, zu einem unbestimmten Zeitpunkt einen der Satzungszwecke zu verwirklichen.3 Es ist unschädlich, wenn eine Körperschaft durch außergewöhnliche, von der Körperschaft nicht zu beeinflussende Umstände an der Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke verhindert wird.4
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Die alleinige oder überwiegende Verfolgung politischer Ziele ist keine gemeinnützige Tätigkeit.
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Ein Verein, der sich zur artgemäßen und wesensgemäßen Ungleichheit von Menschen bekennt und dessen Mitglieder sich im Lebenskampf mit anderen „Arten“ sehen, steht im Widerspruch zum Wertesystem der Grundrechte und ist daher auch dann nicht gemeinnützig, wenn er eine Religionsgemeinschaft ist. Dies verletzt weder den Gleichheitssatz noch die Religionsfreiheit.5
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b) Besonderheiten bei Vereinen, die überwiegend Mitglieder fördern Vereine, deren Tätigkeiten in erster Linie ihren Mitgliedern zugutekommen (wie zB Sportvereine), fördern die Allgemeinheit nur dann, wenn im Grundsatz jedermann freien Zutritt zu der Körperschaft hat und die Mitglieder sich so zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellen. Unschädlich ist jedoch eine Beschränkung der Mitgliederzahl auf die wegen der begrenzten Nutzungsmöglichkeit einer Sportanlage und zur Sicherung eines ordnungsmäßigen Spielbetriebs notwendige Anzahl.6 So sind Aufnahmebeschränkungen aufgrund sachlicher Gründe (zB sportärztliches Attest als Aufnahmevoraussetzung in einem Tauchsportverein etc.) durchaus zulässig.7
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Für die Gemeinnützigkeit schädlich sind dagegen Verpflichtungen zur Zahlung von laufenden Beiträgen, Aufnahmebeiträgen und Umlagen, bei deren Höhe eine Repräsentation der Allgemeinheit im Mitgliederbestand nicht mehr gewährleistet ist. So ist eine Förderung der Allgemeinheit nicht mehr gegeben, wenn aufgrund der Höhe der Beiträge anzunehmen
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BFH v. 31.5.2005 – I R 105/04, BFH/NV 2005, 1741. BFH v. 23.11.1988 – I R 11/88, BStBl. II 1989, 391 = FR 1989, 255. BFH v. 23.7.2003 – I R 29/02, BStBl. II 2003, 930 = FR 2004, 159. BFH v. 11.12.1974 – I R 104/73, BStBl. II 1975, 458. BFH v. 31.5.2005 – I R 105/04, BFH/NV 2005, 1741. BFH v. 13.12.1978 – I R 64/77, BStBl. II 1979, 488. Hüttemann3, Rz. 3.136.
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§ 5 Rz. 184–188
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ist, dass nur Angehörige eines exklusiven Personenkreises Mitglieder werden sollen.1 Macht der Verein die Mitgliedschaft nicht nur von der Zahlung laufender Beiträge, sondern auch von der Entrichtung eines Aufnahmebeitrags oder von Sonderbeiträgen abhängig, kommt es auf die Höhe der Gesamtbeitragsbelastung an.2 185
Während die FinVerw. einen durchschnittlichen Mitgliedsbeitrag nebst Umlagen von 1023 Euro/Jahr und eine Aufnahmegebühr für die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt von 1543 Euro als Obergrenze sieht3, hat der BFH auch schon deutlich höhere Beträge als noch unschädlich für die Frage „Förderung der Allgemeinheit“ anerkannt.4 So hat der BFH in seinen og. Urteilen Mitgliedsbeiträge von ca. (umgerechnet) 2450 Euro (in den Urteilsfällen waren 4800 DM bzw. 4814 DM als Beiträge gezahlt worden) als noch für die Gewährung der Gemeinnützigkeit unschädlich anerkannt und betont, dass weite Bevölkerungskreise in der Lage und bereit sind, ähnlich hohe und höhere Aufwendungen für Sport und Freizeit (zB Skifahren, Reiten, Segeln), für die Anschaffung und Unterhaltung von Kraftfahrzeugen (auch zur Ausübung des Motorsports), für Urlaubsreisen und für sonstige Hobbys zu erbringen. Eine gewisse Opferbereitschaft für die Mitgliedschaft in einem Verein ist nicht schädlich. Die genannten Beträge sind von solchen Personen durchaus aufzubringen, die bei einer entsprechenden Opferbereitschaft und möglicherweise unter Inkaufnahme gewisser Einschränkungen ihr Ziel, Mitglied in einem Verein zu werden, erreichen wollen. Eine absolute Obergrenze wurde vom BFH nicht gezogen. Hier ist wohl auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen. 3. Förderung auf materiellem, geistigem und sittlichem Gebiet
186 Die Förderung muss auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet erfolgen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Materielle Werte decken den Bereich des wirtschaftlichen Lebensstandards ab, während mit Geistigem und Sittlichem der ideelle Bereich, der Bereich der Vernunft und des Schöngeistigen, angesprochen wird.5 So zielt das Geistige auf die Förderung geistiger Interessen und Fähigkeiten wie Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung oder Kunst und Kultur ab. Die sittliche Förderung umfasst das friedliche Zusammenleben fördernde oder sichernde Werte des Verhaltens, der Moral und der Gesinnung. Da eine Trennung des Geistigen von dem Sittlichen häufig nicht möglich sein wird, wird diese Art der Förderung auch als „Geistig-Sittliche“ bezeichnet.6 4. Einzelzwecke iSd. § 52 Abs. 2 Satz 1 AO a) Wissenschaft und Forschung (Nr. 1) 187 Wissenschaft ist die Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Geistes- und Naturwissenschaften, der Begriff umfasst sowohl die theoretischen als auch die angewandten Wissenschaften.7 Wissenschaftlich tätig ist, wer schöpferische oder forschende Arbeit leistet oder wer das aus der Forschung hervorgegangene Wissen und Erkennen auf konkrete Vorgänge anwendet. Von wissenschaftlichem Arbeiten kann nur gesprochen werden, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Sinnzusammenhang gebracht werden.8 Forschung ist die geistige Tätigkeit mit dem Ziel, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen.9 b) Religion (Nr. 2) 188 Religion beinhaltet die Frage nach Gott, nach der Deutung der Welt, nach Lebenssinn und Werten, nach Normen sittlichen Handelns.10 Der Begriff „religiöse Zwecke“ ist in einem wei-
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BFH v. 23.7.2003 – I R 41/03, BStBl. II 2005, 443 = FR 2004, 31 m. Anm. Pezzer. BFH v. 13.11.1996 – I R 152/93, BStBl. II 1997, 711 = FR 1997, 231. AEAO zu § 55, Nr. 1.1 „Allgemeines“. BFH v. 13.8.1997 – I R 19/96, BStBl. II 1997, 794 = FR 1997, 860; v. 23.7.2003 – I R 41/03, BStBl. II 2005, 443 = FR 2004, 31 m. Anm. Pezzer. BFH v. 23.11.1988 – I R 11/88, BStBl. II 1989, 391. Tipke in Tipke/Kruse, § 52 AO Rz. 6. Gutachten der unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts v. 24.3.1988, Schriftenreihe des BMF, Heft 40, 62. BFH v. 7.3.2007 – I R 90/04, BStBl. II 2007, 628 = FR 2007, 931. Bundesbericht Forschung III, BT-Drucks. V/4335, 4; Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.2.6. BFH v. 23.9.1999 – XI R 66/98, BStBl. II 2000, 533 = FR 2000, 566 m. Anm. Fischer.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
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ten Sinn zu verstehen. Er beschränkt sich nicht auf bestimmte Kirchen und es muss sich nicht um eine christliche Religion handeln.1 Anders als bei der Förderung kirchlicher Zwecke (§ 54 AO) bedarf es für die Förderung der Religion keiner Förderung einer kirchlichen Einrichtung des öffentlichen Rechts. Unter den Begriff der „Förderung der Religion“ ist auch die Weltanschauung zu fassen. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG.2 c) Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens (Nr. 3) Zu den gemeinnützigen Zwecken zählt auch die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser iSd. § 67 AO, und von Tierseuchen (§ 52 Abs. 2 Nr. 3 AO). Das öffentliche Gesundheitswesen fördern insbesondere alle Tätigkeiten, die der Gesundheit der Bürger durch Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten dienen.3 Die Tätigkeiten müssen eine von der individuellen Hilfe gegenüber dem einzelnen Patienten losgelöste, auf das öffentliche Gesundheitswesen bezogene, übergreifende Funktion haben. Die Hilfe in individuellen Krankheitsfällen gehört nicht zu der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, diese erfolgt ggf. im Rahmen der Förderung des Wohlfahrtswesens (§ 52 Abs. 2 Nr. 9 AO) bzw. im Rahmen einer mildtätigen Tätigkeit (§ 53 Nr. 1 AO).4 Einrichtungen des Gesundheitswesens sind ua. Krankenhäuser, Naturheilvereine oder Arbeitsmedizinische Zentren.5
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d) Jugend- und Altenhilfe (Nr. 4) 190
Zur Förderung der Jugendhilfe zählen nach § 2 SGB XII: –
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes,
–
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie,
–
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege,
–
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen,
–
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen,
–
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung,
–
Einrichtungen der Jugendhilfe sind zB Kindergärten, Jugend-, Schul- und Lehrlingsheime sowie Jugendherbergen.6 Jugendliche sind Personen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.7 191
Die Förderung der Altenhilfe umfasst nach § 71 SGB XII: –
Leistungen zu einer Betätigung und zum gesellschaftlichen Engagement, wenn sie vom alten Menschen gewünscht wird,
–
Leistungen bei der Beschaffung und zur Erhaltung einer Wohnung, die den Bedürfnissen des alten Menschen entspricht,
–
Beratung und Unterstützung in allen Fragen der Aufnahme in eine Einrichtung, die der Betreuung alter Menschen dient, insbesondere bei der Beschaffung eines geeigneten Heimplatzes,
–
Beratung und Unterstützung in allen Fragen der Inanspruchnahme altersgerechter Dienste,
–
Leistungen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung, der Bildung oder den kulturellen Bedürfnissen alter Menschen dienen,
–
Leistungen, die alten Menschen die Verbindung mit nahestehenden Personen ermöglichen.
1 BFH v. 13.12.1978 – I R 36/76, BStBl. II 1979, 492. 2 BFH v. 23.9.1999 – XI R 66/98, BStBl. II 2000, 533 = FR 2000, 566 m. Anm. Fischer; Hüttemann3, Rz. 3.91. 3 Gutachten der unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts v. 24.3.1988, Schriftenreihe des BMF, Heft 40, 1988, 110. 4 BFH v. 6.2.2013 – I R 59/11, BStBl. II 2013, 603. 5 Sauter/Voigt de Oliveira in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 171; BFH v. 26.4.1989 – I R 209/85, BStBl. II 1989, 670. 6 Schauhoff3, § 6 Rz. 63. 7 AEAO zu § 52, Nr. 2.1.
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§ 5 Rz. 192–196
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e) Kunst und Kultur (Nr. 5) 192 Das BVerfG sieht das Wesentliche einer künstlerischen Betätigung in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden.1 Diese Umschreibungen enthalten keinen allgemein verbindlichen Kunstbegriff. Für die Abgrenzung, was als Kunst und als „künstlerisch“ anzusehen ist, gelten unterschiedliche – von jeweiligen historischen Bedingungen abhängige – Maßstäbe. Nur mithilfe dieser Maßstäbe kann bestimmt werden, was Kunst ist und welcher Wert und welche Bedeutung einem Kunstwerk und dem künstlerischen Schaffen eines Menschen zukommt.2 Die Förderung von Kunst und Kultur umfasst die Bereiche der Musik, der Literatur, der darstellenden und bildenden Kunst. Zur Förderung von Kunst und Kultur gehören ua. –
die Pflege und Erhaltung von Kulturwerten; Kulturwerte sind Gegenstände von künstlerischer und sonstiger kultureller Bedeutung, Kunstsammlungen und künstlerische Nachlässe, Bibliotheken, Archive sowie andere vergleichbarer Einrichtungen,
–
die Förderung kultureller Einrichtungen, wie Theater und Museen,
–
kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte und Kunstausstellungen.3
f) Denkmalschutz und Denkmalpflege (Nr. 6) 193 Durch den Begriff des Denkmalschutzes werden alle Maßnahmen erfasst, die der Bewahrung und Pflege von Gegenständen dienen, die wegen ihrer wissenschaftlichen oder geschichtlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegen. Dazu zählen ua. Schlösser, Burgen, Kirchen, technische Denkmäler und Naturdenkmäler.4 Die Förderung der Denkmalpflege bezieht sich auf die Erhaltung und Wiederherstellung von Bau- und Bodendenkmälern, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften anerkannt sind. Die Anerkennung ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Stelle nachzuweisen.5 Zwar setzt der Begriff „Schutz“ und „Pflege“ immer ein vorhandenes Denkmals voraus, da nur dieses geschützt bzw. gepflegt werden kann. Gleichwohl ist uE auch die erstmalige Errichtung eines „neuen“ Denkmals eine von Nr. 6 erfasste begünstigte Tätigkeit. g) Erziehung, Volks- und Berufsbildung und Studentenhilfe (Nr. 7) 194
Erziehung ist die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen, mündigen Menschen, wobei unter Mündigkeit die Fähigkeit verstanden wird, selbstständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Erziehung erfasst damit alle Bestrebungen, Vorgänge und Tätigkeiten, die den Erziehungsvorgang (Entwicklungsvorgang) beeinflussen. Zur Erziehung gehören außer der – regelmäßig im Wege des Unterrichts dargebotenen – Wissensvermittlung die Willensbildung und die Charakterbildung (Wissensbildung; Tätigkeiten, die darauf zielen, dass sich der Erzogene selbst zu sehen und zu beurteilen lernt; Bildung der Entscheidungsfähigkeit; das Lernen, Entscheidungen als rationale Akte zu steuern, Folgen zu bedenken usw.).6 Bildung ist die Vermehrung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Einzelnen. Zur Bildung zählt die Berufs- und die Fortbildung. Der Inhalt der Bildungsarbeit muss dazu geeignet sein, die Allgemeinheit zu fördern.
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Als Unterpunkt zur Förderung der Bildung zählt auch die Studentenhilfe. Zu der Studentenhilfe zählt beispielsweise die Tätigkeit von Studentenwerken, die Studentenwohnheime betreiben. Soweit von diesen daneben auch eine Studentenmensa und/oder eine Cafeteria für die Studenten betrieben wird, handelt es sich hierbei um Zweckbetriebe iSd. § 66 AO (Rz. 448 ff.).7 h) Natur-, Landschafts- und Umweltschutz (Nr. 8)
196 Die Förderung des Natur- und der Landschaftspflege ist nur im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder zulässig. So muss das Ziel der För-
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BVerfG v. 24.2.1971 – 1 BvR 435/68, BVerfGE 30, 173 (188). BFH v. 2.8.1989 – I R 72/87, BFH/NV 1990, 146. AEAO zu § 52, Nr. 2.2. Sauter/Voigt de Oliveira in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 171. AEAO zu § 52, Nr. 2.3. BFH v. 21.11.1974 – II R 107/68, BStBl. II 1975, 389. BFH v. 11.5.1988 – V R 76/83, BStBl. II 1988, 908.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
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derung sein, die Natur und Landschaft so zu schützen, zu pflegen, zu entwickeln und, soweit erforderlich, wiederherzustellen, dass –
die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts,
–
die Regenerationsfähigkeit und nachhaltige Nutzungsfähigkeit der Naturgüter,
–
die Tier- und Pflanzenwelt einschließlich ihrer Lebensstätten und Lebensräume sowie
–
die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft
auf Dauer gesichert sind (§ 1 Bundesnaturschutzgesetz). Eine Förderung des Naturschutzes oder des Landschaftsschutzes ist uE nicht auf das Inland beschränkt.1 Entsprechende Fördermaßnahmen im Ausland müssen jedoch nach den inländischen gesetzlichen Vorgaben zum Natur- und Landschaftsschutz durchgeführt werden, damit diese Tätigkeit den Anforderungen des § 52 Abs. 2 Nr. 8 AO entsprechen.2
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Eine Förderung des Umweltschutzes ist bei allen Maßnahmen gegeben, die darauf gerich- 198 tet sind, Schädigungen des natürlichen Lebensraums von Mensch und Tier zu verhindern. Zum Umweltschutz gehören insbesondere der Immissionsschutz (Reinhaltung von Luft und Wasser, Lärmschutz, Lärmbekämpfung, Strahlenschutz) und die Abfallbeseitigung.3 Begünstigt sind auch Maßnahmen zur Förderung des Küsten- und Hochwasserschutzes. Die Förderung des Umweltschutzes ist sowohl im Inland als auch im Ausland ohne Weiteres zulässig.4 Nicht begünstigt sind Car-Sharing-Vereine, da diese nicht in erster Linie den Umweltschutz fördern, sondern vorrangig die Mobilitätsbedürfnisse der Vereinsmitglieder befriedigen.5 i) Wohlfahrtswesen (Nr. 9) Begünstigt ist die Förderung des Wohlfahrtswesens, insbesondere die Zwecke der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege, ihrer Unterverbände und ihrer angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten (§ 52 Abs. 2 Nr. 9 AO). Eine Auflistung der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege enthält § 23 UStDV. Auf die Ausführungen zu § 66 AO (Rz. 448 ff.) wird hingewiesen.
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j) Hilfe für Verfolgte und Behinderte (Nr. 10) Begünstigt ist die Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten, Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer und die Förderung des Suchdienstes für Vermisste. Zur Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer gehört auch die Errichtung von Ehrenmalen und Gedenkstätten.6
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k) Rettung aus Lebensgefahr (Nr. 11) Begünstigt ist die Rettung Ertrinkender und Schiffbrüchiger sowie der Bergwacht und ähnlicher Tätigkeiten wie die der Flugrettungsdienste.7
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l) Feuer-, Arbeits-, Katastrophenschutz sowie Unfallverhütung (Nr. 12) Begünstigt sind der Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutz sowie die Unfallverhütung. Der Feuerschutz wird zwar in erster Linie von der Feuerwehr (= Körperschaften des öffentlichen Rechts) übernommen. Gleichwohl kann auch die aufklärende Beratung der Bevölkerung durch einzelne Körperschaften als Maßnahme zur Feuerverhütung angesehen werden. Der Zivilschutz wird gefördert, indem durch nicht militärische Maßnahmen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwir-
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So OFD Hannover v. 15.6.2001 – S 2729 - 325 - StO 214, S 2729 - 326 - StH 233, BB 2001, 1724. Anders Sauter/Voigt de Oliveira in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 171. Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.2.6. Hüttemann3, Rz. 3.104. BFH v. 12.6.2008 – V R 33/05, BStBl. II 2009, 221. AEAO zu § 52, Nr. 2.4. FinMin NRW v. 22.9.1988 – S 0171 - 71 - V B 4, KStG-Kartei NW § 5 KStG Karte H 52.
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§ 5 Rz. 202–206
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kungen geschützt werden oder deren Folgen beseitigt oder gemildert werden (§ 1 Zivilschutzgesetz). m) Internationale Gesinnung und Völkerverständigung (Nr. 13) 203 Die Völkerverständigung soll zur Entwicklung und Stärkung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Völkern und dadurch zur Friedenssicherung und internationalen Entspannung beitragen. Hierzu zählen alle Maßnahmen, die eine Begegnung der Angehörigen verschiedener Völker, das gegenseitige Kennen- und Verstehenlernen und die Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen fördern, zur Wissenserweiterung über andere Völker und ihre Kulturen beitragen sowie die Einsicht in die Notwendigkeit einer friedlichen Koexistenz der Völker stärken. Die internationale Gesinnung ist Teil der Förderung der Völkerverständigung.1 n) Tierschutz (Nr. 14) 204 Entsprechend dem Ziel des Tierschutzgesetzes sind alle Maßnahmen zum Schutz von Tieren begünstigt. So hat der Mensch in Verantwortung für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen (§ 1 Tierschutzgesetz). Zu den typischen Einrichtungen des Tierschutzes zählen Tierschutzvereine, Tierheime, Gnadenhöfe und zoologische Gärten. o) Entwicklungszusammenarbeit (Nr. 15) 205 Die Entwicklungszusammenarbeit (früher auch „Entwicklungshilfe“) ist die Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in Ländern, die dazu aus eigener Kraft und im Rahmen der üblichen internationalen Austauschverhältnisse nicht in der Lage sind. Entwicklungszusammenarbeit will Menschen in die Lage versetzen, ohne materielle Not selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihr Leben zu gestalten und ihren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen. Sie leistet Beiträge zur nachhaltigen Verbesserung der weltweiten wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnisse. Sie bekämpft die Armut und fördert Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Entwicklungszusammenarbeit trägt zur Prävention von Krisen und gewalttätigen Konflikten bei. Sie fördert eine sozial gerechte, ökologisch tragfähige und damit nachhaltige Gestaltung der Globalisierung. Als Sammelbegriff fasst Entwicklungszusammenarbeit die Leistungen der technischen, finanziellen und personellen Zusammenarbeit zusammen.2 So gehört beispielsweise der Aufbau einer leistungsfähigen sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur einschließlich des Gesundheits- und Verkehrswesens, der Schutz der Umwelt, die Verbesserung der Energieversorgung sowie die Verbesserung des Bildungswesens zu den Aufgaben und Zielen der Entwicklungszusammenarbeit. Leistungen der Entwicklungszusammenarbeit können in materieller Form (als Kredite oder Zuschüsse) oder auch in immaterieller Form (zB durch Bereitstellung von Know-how oder Aus- und Fortbildung) erbracht werden. Entwicklungsländer sind solche Staaten, die im Vergleich zu Industrieländern einen Entwicklungsrückstand aufweisen, indem einerseits das erzielte Wohlfahrtsniveau niedrig ist und andererseits die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftssystems im Hinblick auf die Erzeugung wohlfahrtsrelevanter Leistungen mangelhaft ist. Die Auflistung der Entwicklungsländer in § 6 Entwicklungsländersteuergesetz ist nicht abschließend.3 p) Verbraucherberatung und Verbraucherschutz (Nr. 16) 206 Die Verbraucherberatung umfasst die Beratung und Aufklärung des Verbrauchers im Rechtsund Wirtschaftsverkehr. Begünstigt ist hierbei auch die Schuldner- und Kreditberatung. Der Verbraucherschutz umfasst die Bestrebungen und Maßnahmen, die Menschen in ihrer Rolle als Verbraucher vor gefährlichen Gütern oder Dienstleistungen schützen sollen. Der Schutz kann sich sowohl auf die wirtschaftlichen als auch auf die gesundheitlichen Interessen beziehen. So betreiben zB die Verbraucherschutzverbände zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs iSd. § 13 Abs. 2 Nr. 3 des G gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Verbraucherschutz.
1 Nds. FG 16.7.2003 – 6 K 69/00, 6 K 70/00, EFG 2003, 1654 mwN. 2 www.bmz.de fi Service fi Lexikon der Entwicklungspolitik fi Stichwort „Entwicklungszusammenarbeit“ (Stand: Dezember 2014). 3 OFD Köln v. 9.12.1991 – S 0171 - 91 - St 133, DB 1992, 68.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 207–213 § 5
q) Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene (Nr. 17) Die Förderung für (ehemalige) Strafgefangene umfasst sowohl deren therapeutische Betreuung während der Haft als auch die Hilfen zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach der Entlassung.1
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r) Gleichberechtigung von Frauen und Männern (Nr. 18) Dazu zählen alle Maßnahmen, die zur Verbesserung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft führen.
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s) Schutz von Ehe und Familie (Nr. 19) Nach Art. 6 Abs. 1 GG ist der Schutz von Ehe und Familien ein Verfassungsauftrag. Daher sind Einrichtungen, die sich dafür engagieren, steuerbegünstigt tätig.
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t) Kriminalprävention (Nr. 20) Begünstigt sind alle Maßnahmen zu Verhinderung von Straftaten, wie zB die Bildung von Präventionsräten.2
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u) Sport (Nr. 21) Der Begriff „Sport“ iSd. § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO umfasst Betätigungen, welche die allgemeine 211 Definition des Sports erfüllen und der körperlichen Ertüchtigung dienen. Erforderlich ist daher eine körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivität, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung gekennzeichnet ist. Die Gemeinnützigkeit der Förderung des Sports setzt nicht voraus, dass die geförderte Sportart weder unfallträchtig noch umweltbelastend ist.3 Die Ausführung eines Spiels in Form von Wettkämpfen und unter einer besonderen Organisation machen es allein noch nicht zum Sport iSd. § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO.4 Schach gilt als Sport (§ 52 Abs. 2 Nr. 21 AO). Zum Sport zählt ua. das Sportschießen5, Drehstangentischfußball6, sämtliche Motorsportarten7, Segelfliegen8, Bogenschießen9, Billard10 und Ballonfahren.11 Historische Schützenvereine können neben der Förderung der Brauchtumspflege (Nr. 11) auch wegen Förderung des (Schieß-)Sports anerkannt werden, wenn dies als Förderzweck in der Satzung verankert ist.12
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Kein Sport ist zB Skat13, Bridge14, Gospiel, Gotcha, IPCS-Schießen15, Paintball16 und Tipp-Kick17. v) Heimatpflege und Heimatkunde (Nr. 22) Heimatpflege ist die Pflege der Verbundenheit mit der Heimat als sozialem Erfahrungs- und Zugehörigkeitsraum.18 Zur Heimatpflege gehört ua. die Aufrechterhaltung alter Sitten und Gebräuche durch Erhaltung der Kleidung (zB Trachten), Erlernung der Sprache sowie der Tänze und Musik.19 1 Schleder, Steuerrecht der Vereine, 9. Aufl. 2009, Rz. 199. 2 OFD Hannover v. 12.1.2000 – S 2729 - 302 - StO 214, S 2729 - 653 - StH 233, juris; FG Münster v. 13.7.1999 – 13 K 2785/97 Kg, DB 2000, 252. 3 BFH v. 29.10.1997 – I R 13/97, BStBl. II 1998, 9 = FR 1998, 210; v. 30.3.2000 – V R 30/99, BStBl. II 2000, 705. 4 BFH v. 17.2.2000 – I R 108/98, I R 109/98, BFH/NV 2000, 1071. 5 AEAO zu § 52, Nr. 6. 6 Hess. FG v. 23.6.2000 – 4 K 501/09, juris (rkr.). 7 BFH v. 29.10.1997 – I R 13/97, BStBl. II 1998, 9 = FR 1998, 210. 8 BFH v. 17.2.2000 – I R 108/98, I R 109/98, BFH/NV 2000, 1071. 9 BFH v. 17.2.2000 – I R 108/98, I R 109/98, BFH/NV 2000, 1071. 10 BFH v. 17.2.2000 – I R 108/98, I R 109/98, BFH/NV 2000, 1071. 11 AEAO zu § 52, Nr. 6. 12 AEAO zu § 52, Nr. 6. 13 BFH v. 17.2.2000 – I R 108/98, I R 109/98, BFH/NV 2000, 1071. 14 BFH v. 17.2.2000 – I R 108/98, I R 109/98, BFH/NV 2000, 1071. 15 AEAO zu § 52, Nr. 6. 16 FG Rh.-Pf. v. 19.2.2014 – 1 K 2423/11, juris (rkr.). 17 AEAO zu § 52, Nr. 6. 18 Gutachten der Unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, Schriftenreihe des BMF, Heft 40, 1988, 115. 19 BFH v. 21.8.1985 – I R 3/82, BStBl. II 1986, 92 = FR 1986, 77.
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§ 5 Rz. 213–221
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Heimatkunde ist die Information über die historischen, geografischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der jeweiligen Region. w) Freizeitzwecke (Nr. 23) 214 Zu den gemeinnützigen Zwecken zählt nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO eine Vielzahl von Freizeitbetätigungen, die als gemeinnützige Tätigkeiten anerkannt sind. Dazu gehört die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports. 215
Die Förderung der Tierzucht ist nur begünstigt, wenn sie die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO erfüllt, also der Allgemeinheit dient. Deshalb fördert eine gewerbliche Tierzucht nicht mehr die Allgemeinheit.1 Entsprechendes gilt uE auch für die Pflanzenzucht.
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Historische Schützenbruderschaften, Junggesellen- und Burschenvereine, die das traditionelle Brauchtum einer Region fördern (zB durch das Setzen von Maibäumen), können wegen Förderung der Brauchtumspflege anerkannt werden. Studentische Verbindungen, Landjugend, Country-, Westernvereine und ähnliche Vereine, deren Hauptzweck die Veranstaltung von örtlichen Volksfesten ist, können nicht wegen der Förderung der Brauchtumspflege anerkannt werden.2
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Soldaten- und Reservistenvereine, die aktive und ehemalige Wehrdienstleistende und Soldaten betreuen und beraten und bei denen sich ihre Tätigkeit nicht auf die Traditionspflege erstreckt, sind ebenfalls nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO begünstigt.3
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Eine Förderung von Freizeitaktivitäten außerhalb des Bereichs des Sports ist nur dann als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen, wenn die Freizeitaktivitäten hinsichtlich der Merkmale, die ihre steuerrechtliche Förderung rechtfertigen, mit den im Katalog des § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO genannten Freizeitgestaltungen identisch sind.4 Es reicht nicht aus, dass die Freizeitgestaltung sinnvoll und einer der in § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO Genannten ähnlich ist.5 Als identische Tätigkeit ist beispielsweise die Förderung des Baus und Betriebs von Schiffs-, Auto-, Eisenbahn- und Drachenflugmodellen sowie die Förderung des CB-Funkens mit der Förderung des Amateurfunkens anzuerkennen.6
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Die Förderung des Amateurfilmens und -fotografierens, des Kochens, von Brett- und Kartenspielen und des Sammelns von Gegenständen wie Briefmarken, Münzen und Autogrammkarten, sowie die Tätigkeit von Reise- und Touristik-, Sauna-, Geselligkeits-, Kosmetik- und Oldtimer-Vereinen ist demgegenüber kein förderungswürdiger Freizeitzweck iSd. § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO. Bei Vereinen, die das Amateurfilmen und -fotografieren fördern, und bei OldtimerVereinen kann aber ggf. eine Steuerbegünstigung wegen der Förderung von Kunst oder (technischer) Kultur in Betracht kommen.7 x) Demokratisches Staatswesen (Nr. 24)
220 Begünstigt ist die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind. Voraussetzung ist, dass sich die Körperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral würdigt. Wenn hingegen der Zweck die Vermittlung der Normen und Vorstellungen einer rechtsstaatlichen Demokratie zur Schaffung und Förderung politischer Wahrnehmungsfähigkeit und politischen Verantwortungsbewusstseins ist, liegt Volksbildung (Nr. 7, Rz. 193) vor.8 221
Die einseitige Agitation oder die unkritische Indoktrination oder eine parteipolitisch motivierte Einflussnahme ist nicht begünstigt.9 Auch politische Zwecke, wie Beeinflussung der politischen Meinungsbildung, Förderung politischer Parteien usw., zählen grundsätzlich
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BFH v. 22.4.2009 – I R 15/07, BStBl. II 2011, 475 = FR 2008, 638. AEAO zu § 52, Nr. 11. AEAO zu § 52, Nr. 13. AEAO zu § 52, Nr. 9. BFH v. 14.9.1994 – I R 153/93, BStBl. II 1995, 499. AEAO zu § 52, Nr. 9. AEAO zu § 52, Nr. 9. AEAO zu § 52, Nr. 8. BFH v. 23.9.1999 – XI R 63/98, BStBl. II 2000, 200.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 221–223 § 5
nicht zu den gemeinnützigen Zwecken.1 Eine politische Betätigung ist jedoch dann unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit nach den Verhältnissen im Einzelfall zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einflussnahme auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber dem gemeinnützigen Zweck weit in den Hintergrund tritt.2 So fördert eine Körperschaft auch dann ausschließlich ihren steuerbegünstigten Zweck, wenn sie gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszwecks Stellung nimmt. Entscheidend ist, dass die Tagespolitik nicht der Mittelpunkt der Tätigkeit ist, sondern nur der Vermittlung der steuerbegünstigten Ziele der Körperschaft dient.3 y) Bürgerschaftliches Engagement (Nr. 25) Durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements4 wurde mit 222 Wirkung ab dem 1.1.2007 (Art. 97 § 1d Abs. 1 EGAO) die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke neu in den Katalog gemeinnütziger Zwecke aufgenommen. Unter dem Begriff des „bürgerschaftlichen Engagements“ versteht man eine freiwillige, nicht auf das Erzielen eines persönlichen materiellen Gewinns gerichtete, auf die Förderung der Allgemeinheit hin orientierte kooperative Tätigkeit.5 Die Anerkennung der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements soll der Hervorhebung der Bedeutung des ehrenamtlichen Einsatzes für unsere Gesellschaft dienen. Eine Erweiterung der vorstehenden gemeinnützigen Zwecke soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht damit verbunden sein.6 So stelle das in § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO genannte bürgerschaftliche Engagement keinen eigenen Zweck dar, da dieses seinerseits an die Definitionen der gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke anknüpft. Die Regelung ist danach entbehrlich und damit überflüssig.7 Gleichwohl ist uE eine Anerkennung von Körperschaften durchaus denkbar, wenn deren alleiniger Zweck in der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements für die steuerbegünstigten Zwecke besteht (zB eine Freiwilligenagentur, die keine Bildung der Freiwilligen, sondern nur die Vermittlung von Freiwilligen an andere steuerbegünstigte Organisationen vornimmt). Da zudem § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO mit keiner Einschränkung versehen wurde, handelt es sich um eine – den anderen gemeinnützigen Zwecken – gleichgestellte Tätigkeit, die durchaus selbstständig zu einer Gemeinnützigkeit führen kann.8 5. Öffnungsklausel Zwar handelt es sich bei der Auflistung der gemeinnützigen Förderzwecke im § 52 Abs. 2 Satz 1 AO um eine dem Grunde nach abgeschlossene Aufzählung, aber über die Öffnungsklausel des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO wird die Möglichkeit eröffnet, einen Zweck, der die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend fördert, für gemeinnützig zu erklären. Hierzu ist von den obersten Finanzbehörden jeweils eine Behörde zu bestimmen, die für diese Entscheidung zuständig ist (§ 52 Abs. 2 Satz 3 AO). Regelmäßig entscheidet das jeweilige Landesfinanzministerium – nach Abstimmung mit Bund und Ländern – über die Anerkennung eines entsprechenden gemeinnützigen Zwecks.9 Die Entscheidung, ob ein Zweck für gemeinnützig erklärt wird, ist keine Ermessensentscheidung.10 Für die Beurteilung, ob ein Zweck die Voraussetzung des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO erfüllt, ist die gesetzgeberische Wertung der in § 52 Abs. 2 Nr. 1 bis 25 AO aufgelisteten Zwecke zugrunde zu legen.11 Nach Auffassung der FinVerw. ist die Entscheidung mangels unmittelbarer Außenwirkung nicht gesondert anfechtbar. Ein Rechtsbehelf ist nur gegen einen auf der Grundlage der Entscheidung erlassenen Verwaltungsakt (zB Steuerbescheid, Freistellungsbescheid)
1 AEAO zu § 52, Nr. 15. 2 BFH v. 29.8.1984 – I R 203/81, BStBl. II 1984, 844 = FR 1985, 55. 3 BFH v. 23.11.1988 – I R 11/88, BStBl. II 1989, 391 = FR 1989, 255; v. 9.2.2011 – I R 19/10, BFH/NV 2011, 1113. 4 G v. 10.10.2007, BGBl. I 2007, 2332. 5 AEAO zu § 52, Nr. 2.5. 6 BT-Drucks. 16/5200, 21. 7 BT-Drucks. 16/5200, 26. 8 Hüttemann3, Rz. 3.146. 9 So zB OFD Koblenz v. 11.1.2010 – S 0171 A - St 33 1, KSt-Kartei RP § 5 KStG Karte H 122, juris. 10 FG Köln v. 17.10.2013 – 13 K 3949/09, EFG 2014, 484 (Rev. I R 8/14); Seer in T/K, § 52 AO Rz. 72. 11 Hüttemann3, Rz. 3.151.
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§ 5 Rz. 223–226
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möglich. Beschwerdegegner ist in diesem Fall das Finanzamt, das den Verwaltungsakt erlassen hat.1
IV. Mildtätige Zwecke – § 53 AO § 53 Mildtätige Zwecke 1Eine
Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, 1. die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder 2. deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Vierfachen das Fünffache des Regelsatzes. 2Dies gilt nicht für Personen, deren Vermögen zur nachhaltigen Verbesserung ihres Unterhalts ausreicht und denen zugemutet werden kann, es dafür zu verwenden. 3Bei Personen, deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist, dürfen die Bezüge oder das Vermögen die genannten Grenzen übersteigen. 4Bezüge im Sinne dieser Vorschrift sind a) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes und b) andere zur Bestreitung des Unterhalts bestimmte oder geeignete Bezüge aller Haushaltsangehörigen. 5Zu berücksichtigen sind auch gezahlte und empfangene Unterhaltsleistungen. 6Die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit im vorstehenden Sinne ist bei Empfängern von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, des Wohngeldgesetzes, bei Empfängern von Leistungen nach § 27a des Bundesversorgungsgesetzes oder nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes als nachgewiesen anzusehen. 7Die Körperschaft kann den Nachweis mit Hilfe des jeweiligen Leistungsbescheids, der für den Unterstützungszeitraum maßgeblich ist, oder mit Hilfe der Bestätigung des Sozialleistungsträgers führen. 8Auf Antrag der Körperschaft kann auf einen Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit verzichtet werden, wenn auf Grund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen im vorstehenden Sinne unterstützt werden; für den Bescheid über den Nachweisverzicht gilt § 60a Absatz 3 bis 5 entsprechend.
1. Allgemeines 224 Nach § 53 AO sind mildtätige Zwecke neben den gemeinnützigen (§ 52 AO) und kirchlichen Zwecken (§ 54 AO) als eigenständiger steuerbegünstigter Zweck begünstigt, soweit die Unterstützung selbstlos geschieht. Das Gesetz unterscheidet zwei Formen der Bedürftigkeit: –
Unterstützung von Personen aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands (§ 53 Satz 1 Nr. 1 AO) oder
–
Unterstützung von wirtschaftlich bedürftigen Personen (§ 53 Satz 1 Nr. 2 AO).
Die beiden Möglichkeiten sind unabhängig voneinander, dh., eine Unterstützung kann nach § 53 Satz 1 Nr. 1 AO (persönliche Hilfebedürftigkeit) auch Personen zugutekommen, welche die Voraussetzungen des § 53 Satz 1 Nr. 2 AO (wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit) nicht erfüllen, und umgekehrt. Eine Förderung der Allgemeinheit wird von § 53 AO nicht verlangt. Dh., es kann eine Unterstützung auch für eine bestimmte Person oder für abgeschlossene Personengruppen erfolgen, wenn diese die Voraussetzungen des § 53 AO erfüllen. 2. Persönliche Hilfebedürftigkeit (§ 53 Nr. 1 AO) 225 § 53 Satz 1 Nr. 1 AO begünstigt die selbstlose Unterstützung von Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit kommt es nicht darauf an, dass die Hilfebedürftigkeit dauernd oder für längere Zeit besteht. Es reicht aus, wenn im Zeitpunkt der Unterstützungsmaßnahme eine entsprechende Hilfebedürftigkeit (zB kurzfristige Erkrankung) bestand.2 Bei Personen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben, unterstellt die FinVerw. eine körperliche Hilfebedürftigkeit.3 3. Wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit (§ 53 Nr. 2 AO) 226 Die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit wird über § 53 Satz 2 Nr. 2 AO anhand der Regelsätze der Sozialhilfe festgelegt. Danach dürfen die Bezüge einer unterstützten Person nicht mehr 1 So zB OFD Koblenz v. 11.1.2010 – S 0171 A - St 33 1, KSt-Kartei RP § 5 KStG Karte H 122, juris; anders FG Köln v. 17.10.2013 – 13 K 3949/09, EFG 2014, 484 (Rev. I R 8/14). 2 AEAO zu § 53, Nr. 4. 3 AEAO zu § 53, Nr. 4.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 226–232 § 5
als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe iSd. § 28 SGB XII (sog. Regelbedarfsstufe) betragen. Beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Vierfachen das Fünffache des Regelsatzes (§ 53 Satz 1 Nr. 2 AO). Etwaige Mehrbedarfszuschläge zum Regelsatz sowie Leistungen für die Unterkunft bleiben unberücksichtigt.1 In 2015 beträgt beispielsweise der Regelbedarf für einen Alleinstehenden, der einen eigenen Haushalt führt, 399 Euro/Monat.2 Neben einem geringen Einkommen dürfen die unterstützten Personen nur über ein Vermögen verfügen, welches nicht zur nachhaltigen Verbesserung ihres Unterhalts ausreicht, oder wenn die Verwendung eines höheren Vermögens nicht zumutbar ist. Die Grundsätze nach H 33a.1 EStH 2010 „geringes Vermögen – Schonvermögen“ können hierbei als Maßstab herangezogen werden.3 Nur wenn die Einkünfte und Bezüge sowie das Vermögen der unterstützten Person unter den Grenzen des § 53 Satz 1 Nr. 2 AO liegen, darf eine Unterstützung erfolgen. Der Begriff „Einkünfte“ richtet sich nach § 2 EStG. Zu den Bezügen zählen auch alle anderen für die Bestreitung des Unterhalts bestimmten oder geeigneten Bezüge aller Haushaltsangehörigen. Hierunter fallen auch solche Einnahmen, die im Rahmen der steuerlichen Einkunftsermittlung nicht erfasst werden, also sowohl nicht steuerbare als auch steuerfreie Einnahmen.4 Nicht zu den Bezügen zählen Leistungen der Sozialhilfe und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
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Bei Unterstützungsleistungen an Personen im Ausland ist uE eine Anpassung der Einkommens- und Vermögensgrenzen an die Verhältnisse vor Ort vorzunehmen, wenn es sich nicht um Maßnahmen in Katastrophenfällen handelt, bei denen nach § 53 Nr. 2 Satz 3 AO keine besondere Feststellung (siehe auch nachfolgenden Absatz) der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit erforderlich ist.5
228
Bei Personen, deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage ge- 229 worden ist, dürfen die Bezüge oder das Vermögen die genannten Grenzen übersteigen (§ 53 Satz 3 AO). Damit kann in Katastrophenfällen, wie zB Überschwemmungen oder Erdbeben, oder in vergleichbaren Notsituationen ohne weitere Prüfung der Einkommens- und Vermögenssituation eine schnelle und unbürokratische Hilfe erfolgen.6 Eine mildtätige Einrichtung muss die Hilfebedürftigkeit der unterstützten Personen anhand ihrer Unterlagen nachweisen können. Dies kann bei Personen, bei denen aufgrund einer persönlichen Hilfebedürftigkeit (§ 53 Nr. 1 AO) ein Unterstützungsbedarf besteht, zB durch Ablichtung eines ärztlichen Attestes, Schwerbehindertenausweises etc. erfolgen.
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Die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit (§ 53 Nr. 2 AO) ist durch Vorlage entsprechender Unterlagen über die Höhe der Einkünfte und Bezüge sowie das Vermögen der unterstützten Personen nachzuweisen. Es ist nicht ausreichend, wenn die unterstützte Person lediglich eine Erklärung unterschreibt, dass ihr Einkommen und Vermögen die Grenzen des § 53 AO unterschreitet. Eine Berechnung der jeweiligen Einkünfte und Bezüge sowie eine Berechnung des Vermögens sind stets beizufügen.7
231
Bis zum 31.12.2012 waren Leistungen der Sozialhilfe, Leistungen nach SGB II und Unterhaltsleistungen bis zur Höhe der Leistungen der Sozialhilfe an Personen, die ohne die Unterhaltsleistungen sozialhilfeberechtigt wären bzw. Ansprüche nach SGB II hätten, nicht bei der Berechnung der Bezüge zu berücksichtigen. Unterhaltsansprüche waren nach § 53 Nr. 2 Sätze 5 und 6 AO aF zu berücksichtigen.
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Nach der Neuregelung durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz8 sind ab dem 1.1.2013 gezahlte und empfangene Unterhaltsleistungen bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit der unterstützten Personen zu berücksichtigen (§ 53 Nr. 2 Satz 5 AO). Dadurch entfällt die bisher sehr aufwendige Prüfung, ob die unterstützten Personen ohne Unterhaltsleistungen einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten und auf welche Höhe sich diese Ansprüche belaufen würden. Bei Personen, die 1 AEAO zu § 53, Nr. 5. 2 §§ 8 RBEG, 28a SGB XII; Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2015 (RBSFV 2015) v. 14.10.2014, BGBl. I 2014, 1618. 3 AEAO zu § 53, Nr. 9. 4 BFH v. 2.8.1974 – VI R 148/71, BStBl. II 1975, 139; AEAO zu § 53, Nr. 6. 5 Hüttemann3, Rz. 3.172. 6 Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.3.4. 7 AEAO zu § 53, Nr. 10. 8 Art. 1 Nr. 2 Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556.
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§ 5 Rz. 232–236
Befreiungen
–
Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV)
–
Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe)
–
Wohngeld
–
ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 27a BVG)
–
Kinderzuschläge (§ 6a KGG)
beziehen, wird eine wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit bereits durch das Gesetz unterstellt (§ 53 Nr. 2 Satz 6 AO). Für den Nachweis über die Bedürftigkeit der unterstützten Personen ist in diesen Fällen ausreichend, wenn entsprechende Leistungsbescheinigungen bzw. Bestätigungen des Sozialleistungsträgers, die den Unterstützungszeitraum abdecken, vorgelegt werden können (§ 53 Nr. 2 Satz 7 AO). Bereits vor dem 1.1.2013 hatte die FinVerw. entsprechende Leistungsbescheinigungen der Sozialleistungsträger als hinreichenden Nachweis für die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit anerkannt.1 233
Ab dem 1.1.2013 kann auf den Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit durch die steuerbegünstigte Einrichtung verzichtet werden, wenn aufgrund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich bedürftige Personen iSd. § 53 Nr. 2 AO unterstützt werden und dies durch einen besonderen Feststellungsbescheid vorab festgestellt wurde.2 Die Feststellung erfolgt nur auf Antrag der steuerbegünstigten Einrichtung, eine Feststellung über einen Nachweisverzicht der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit durchzuführen. Der Antrag bedarf keiner besonderen Form, er sollte jedoch die für die Beurteilung der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistungen sowie die für die Beurteilung der Leistungsempfänger notwendigen Angaben und Nachweise enthalten. Hierbei ist uE ausreichend, dass hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der Leistungsempfänger eine typisierende Darstellung und kein Einzelnachweis der Bedürftigkeit vorzulegen ist, da ansonsten das Ziel des Gesetzes nicht erreicht wird.3 Die pauschale Behauptung, dass die Leistungen sowieso nur von Hilfebedürftigen in Anspruch genommen werden, reicht nicht aus.4
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Bei Kleiderkammern, Suppenküchen, Obdachlosenasylen sowie den sogenannten Tafeln sind die Voraussetzungen für die Gewährung der Nachweiserleichterungen regelmäßig als erfüllt anzunehmen.5
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Über den Antrag auf Verzicht auf die Nachweisführung der Bedürftigkeit ergeht ein Feststellungsbescheid. Wird dem Antrag nicht entsprochen, ist darüber ein Ablehnungsbescheid zu erteilen, der mit Rechtsbehelf angefochten werden kann. Der Feststellungsbescheid kann befristet oder mit anderen Nebenbestimmungen (§ 120 AO) versehen werden. Durch den Verweis auf § 60a Abs. 3–5 AO in § 53 Nr. 2 Satz 7 AO gelten für das Feststellungsverfahren die gleichen Regelungen über die Bindung der Feststellung, der Aufhebung sowie der Fehlerberichtigung wie für das Feststellungsverfahren über die satzungsmäßigen Voraussetzungen (§ 60a AO) (s. ergänzend Rz. 341). Ein entsprechendes Feststellungsverfahren ist wegen des Verweises auf die Voraussetzungen des § 53 AO auch für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO) und für Zweckbetriebe iSd. § 68 Nr. 1a AO möglich.
V. Kirchliche Zwecke – § 54 AO § 54 Kirchliche Zwecke (1) Eine Körperschaft verfolgt kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. (2) Zu diesen Zwecken gehören insbesondere die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen.
236
Durch § 54 AO wird die Förderung einer als kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaft durch eine andere Körperschaft begünstigt. Die 1 2 3 4 5
AEAO zu § 53, Nr. 11. Art. 1 Nr. 2, Art. 12 Abs. 1 Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. So auch Schauhoff/Kirchhain, FR 2013, 301. AEAO zu § 53, Nr. 12. AEAO zu § 53, Nr. 12.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 236–239 § 5
eigene Religionsausübung durch eine privatrechtliche Einrichtung zählt nicht zur Förderung kirchlicher Zwecke, sondern stellt ggf. eine eigenständige gemeinnützige Betätigung iSd. § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO dar. Kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind beispielsweise die evangelische und katholische Kirche mit ihren Untergliederungen (Landeskirche, Bistum und Pfarrgemeinden), die Heilsarmee oder auch die jüdischen Kultusvereinigungen. Es können nur inländische Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts iRd. § 54 AO gefördert werden.1 Diese besondere Privilegierung beruht auf historischen Gründen und ist verfassungsrechtlich durch die Regelungen in Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 5 WRV vorgegeben. Ausländische kirchliche Einrichtungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 54 AO. Die Begrenzung der Privilegierung durch § 54 AO auf inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts verstößt nicht gegen die Art. 63, 65 AEUV, weil auch vergleichbare Religionsgemeinschaften im Inland nicht nach § 54 AO, sondern nur nach § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerbegünstigt sein können.2 In § 54 Abs. 2 AO wird eine Vielzahl von begünstigten kirchlichen Zweckverwirklichungen aufgelistet, wie die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen. Es handelt sich nicht um eine abschließende Aufzählung.
237
Die Steuerbefreiung wegen Verfolgung kirchlicher Zwecke durch Verwaltung von Kirchen- 238 vermögen setzt keine gemeinnützige oder mildtätige Verwaltung des Kirchenvermögens voraus.3 Die Durchführung von Kirchturmbesteigungen und Kirchenführungen sowie der Verkauf von Messwein zählen nicht zu den begünstigten kirchlichen Zwecken.4
VI. Selbstlosigkeit – § 55 AO § 55 Selbstlosigkeit (1) Eine Förderung oder Unterstützung geschieht selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden und wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind: 1.
1Mittel
der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. 2Die Mitglieder oder Gesellschafter (Mitglieder im Sinne dieser Vorschriften) dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten. 3Die Körperschaft darf ihre Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden.
2. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten. 3. Die Körperschaft darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. 1Bei
4.
Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Grundsatz der Vermögensbindung). 2Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden soll.
5.
1Die
Körperschaft muss ihre Mittel vorbehaltlich des § 62 grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden. 2Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen. 3Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.
(2) Bei der Ermittlung des gemeinen Werts (Absatz 1 Nr. 2 und 4) kommt es auf die Verhältnisse zu dem Zeitpunkt an, in dem die Sacheinlagen geleistet worden sind.
1 2 3 4
FG Köln v. 15.1.2014 – 13 K 3735/10, EFG 2014, 667 (rkr.); AEAO zu § 54; Gersch in Klein12, § 54 AO Rz. 2. FG Köln v. 15.1.2014 – 13 K 3735/10, EFG 2014, 667 (rkr.). BFH v. 24.7.1996 – I R 35/94, BStBl. II 1996, 583 = FR 1996, 758. RFH v. 25.10.1938, RStBl. 1938, 1189; v. 27.6.1939, RStBl. 1939, 910; Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.4.
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§ 5 Rz. 240–244
Befreiungen
(3) Die Vorschriften, die die Mitglieder der Körperschaft betreffen (Absatz 1 Nr. 1, 2 und 4), gelten bei Stiftungen für die Stifter und ihre Erben, bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts für die Körperschaft sinngemäß, jedoch mit der Maßgabe, dass bei Wirtschaftsgütern, die nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes aus einem Betriebsvermögen zum Buchwert entnommen worden sind, an die Stelle des gemeinen Werts der Buchwert der Entnahme tritt.
1. Selbstlosigkeit 240 Eine Förderung und Unterstützung muss selbstlos und unter Beachtung der Mittelverwendungsregelungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1–5 AO erfolgen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO). Selbstlos handelt eine steuerbegünstigte Einrichtung dann, wenn sie nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zB gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO). 241
Eine Körperschaft verfolgt eigenwirtschaftliche Zwecke, wenn sie vorrangig und somit nicht nur nebenbei ihre eigenen wirtschaftlichen Vorteile und Interessen oder die ihrer Mitglieder fördert.1 Allerdings führt nicht jede auf Verbesserung der Einkünfte oder des Vermögens gerichtete Tätigkeit zum Ausschluss der Selbstlosigkeit. Bei vielen Körperschaften ist die Förderung der Mitglieder notwendiges Nebenprodukt der Tätigkeit. An der Selbstlosigkeit fehlt es erst dann, wenn der Eigennutz der Mitglieder in den Vordergrund tritt.2 So darf die Wahrung der Interessen der Mitglieder nicht „in erster Linie“ erfolgen, also nicht das vorrangige Ziel der Körperschaft sein.3
242
Die Unterhaltung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führt nicht allein deswegen zu einem Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, weil die Aktivitäten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs die steuerbegünstigten Aktivitäten übersteigen. Maßgeblich ist, ob das Vermögen der steuerbegünstigten Einrichtung zweckgerichtet für die ideellen Zwecke eingesetzt wird und die Erlöse aus der steuerpflichtigen Tätigkeit für die begünstigten Zwecke verwendet werden. Eine wirtschaftliche Betätigung zur Erhöhung der Einkünfte mit dem Ziel, den steuerbegünstigten Satzungszweck durch die Zuwendung von Mitteln zu fördern, ist nicht schädlich.4 2. Satzungsmäßige Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO) a) Mittel
243 Die Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden. Zu den Mitteln iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO zählen sämtliche vorhandenen Vermögenswerte. Nicht dazu gehört jedoch das Vermögen, welches aufgrund entsprechender Satzungsregelungen nicht für die Erfüllung des Satzungszwecks verwendet werden darf, zB das Stiftungskapital einer Stiftung mit entsprechender Satzungsregelung.5 Durch die Verpflichtung, sämtliche Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden, führt ein Verstoß gegen diese Regel regelmäßig zur Aberkennung der Steuerbegünstigung, da die Körperschaft dann nicht mehr selbstlos tätig war. b) Ausschüttungsverbot 244 Die Mitglieder oder Gesellschafter einer steuerbegünstigten Einrichtung unterliegen dem sog. Ausschüttungsverbot. Dh., ihnen dürfen keinerlei Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft zugewiesen werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO). Neben den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft, Genossen einer Genossenschaft oder den Mitgliedern von Vereinen unterliegen auch andere Rechtssubjekte, zwischen denen kein Gesellschafts- oder Mitgliedschaftsverhältnis besteht, deren Rechtsbeziehungen zueinander aber als gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnlich angesehen werden können, dem Ausschüttungsverbot. Danach ist ein gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnliches Verhältnis dann gegeben, wenn dasjenige Rechtssubjekt, das den Vermögensvorteil erhält, ähnlich einem Gesellschafter oder Mitglied Einfluss auf
1 2 3 4 5
BFH v. 27.4.2005 – I R 90/04, BStBl. II 2006, 198 = FR 2007, 931; Tipke in T/K, § 55 AO Rz. 6. BFH v. 13.12.1978 – I R 39/78, BStBl. II 1979, 482. BFH v. 6.10.2009 – I R 55/08, BStBl. II 2010, 335 = FR 2010, 344. BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II 2007, 631 = FR 2007, 963. BFH v. 7.9.2011 – I B 36/11, BFH/NV 2011, 2013.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 244–251 § 5
das Gebilde ausüben kann, das der Körperschaftsteuer unterliegt – wie zB die gemeinnützigen Betriebe gewerblicher Art zu ihren öffentlich-rechtlichen Trägern.1 Stiftungen sind Vermögensmassen, die weder über Gesellschafter noch Mitglieder verfügen und zu denen auch keine anderen Steuersubjekte in einem gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis stehen.2 Das führt jedoch nicht dazu, dass Zuwendungen an Stifter grundsätzlich zulässig sind. Zuwendungen an Stifter unterliegen den Beschränkungen der §§ 55 Abs. 1 Nr. 3 u. 58 Nr. 5 AO.
245
Für den Begriff „Gewinnanteil“ ist § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Maßstab entsprechend heranzuziehen. Eine Zuwendung iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO ist ein wirtschaftlicher Vorteil, den die Körperschaft bewusst unentgeltlich oder gegen ein zu geringes Entgelt einem Dritten zukommen lässt. Die Zuwendung erhält der Dritte aus Mitteln der Körperschaft, wenn deren Vermögenswerte eingesetzt werden, um den wirtschaftlichen Vorteil dem Dritten zukommen zu lassen.3
246
Das Ausschüttungsverbot darf nicht durch Veräußerungsvorgänge umgangen werden. Zahlt beispielsweise eine steuerbegünstigte Körperschaft für den Erwerb von Anteilen an einer anderen gemeinnützigen Kapitalgesellschaft einem steuerpflichtigen Anteilseigner mehr als die durch § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO zugelassenen Beträge, liegt darin regelmäßig ebenfalls eine Mittelfehlverwendung iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO vor, weil dem bisherigen Anteilseigner mehr als der Wert entgolten wird, der den Anteilen bei Fortführung des steuerbegünstigten Zwecks zukommt. Eine steuerbegünstigte Körperschaft darf zwar auf das Vermögen einer von ihr erworbenen steuerbefreiten Kapitalgesellschaft zugreifen, allerdings nur zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke.4
247
Eine Mittelfehlverwendung iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO liegt auch dann vor, wenn einer zugunsten ihrer steuerbegünstigten Muttergesellschaft ausschüttenden steuerbegünstigten Tochter-Kapitalgesellschaft bekannt ist, dass die Mittel nicht zu steuerbegünstigten Zwecken ihrer Muttergesellschaft, sondern zu einer verdeckten Vorteilsgewährung an den früheren Gesellschafter eingesetzt werden.5
248
c) Unterstützung politischer Parteien Eine unmittelbare wie auch mittelbare Unterstützung politischer Parteien ist nicht zulässig (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 AO). So ist eine steuerbegünstigte Körperschaft, die Mittel zu Spenden an politische Parteien verwendet, nicht mehr selbstlos tätig. Auf die absolute oder relative Höhe der Parteispenden kommt es nicht an. Auch eine Zuwendung aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) zur Unterstützung einer politischen Partei ist nicht zulässig, da auch über die daraus erzielten Erträge nicht frei – dh. nicht außerhalb der gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen – verfügt werden darf.6
249
d) Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder bei der Vermögensverwaltung Verluste innerhalb der Vermögensverwaltung und/oder des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 64 AO) gefährden die Steuerbegünstigung. Zum einen führt die Unterhaltung eines dauerdefizitären wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ggf. zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Ausschließlichkeit (§ 56 AO, s. Rz. 267 ff.). So darf ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur dann unterhalten werden, wenn er um des gemeinnützigen Zwecks willen erfolgt, indem er der Mittelbeschaffung dient.7 Zum anderen werden durch Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb die Mittel nicht für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. Entsprechendes gilt für die Vermögensverwaltung. Es werden mit der Vermögensverwaltung und dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb keine steuerbegünstigten Zwecke verfolgt.
250
Der Ausgleich von Verlusten eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs mit Mitteln des ideellen Tätigkeitsbereichs, aus Zweckbetrieben oder dem Bereich der steu-
251
1 BFH v. 8.4.1992 – I R 126/90, BStBl. II 1992, 849 zu öffentlich-rechtlichen Sparkassen und ihren Gewährträgern. 2 BFH v. 12.10.2011 – I R 102/10, BStBl. II 2014, 484 = FR 2012, 469. 3 BFH v. 23.10.1991 – I R 19/91, BStBl. II 1992, 62. 4 BFH v. 12.10.2010 – I R 59/09, BStBl. II 2012, 226. 5 BFH v. 12.10.2010 – I R 59/09, BStBl. II 2012, 226. 6 BFH v. 22.1.1997 – I R 156/94, FR 1998, 1089 = BFH/NV 1999, 145. 7 BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II 2007, 631 = FR 2007, 963.
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§ 5 Rz. 251–256
Befreiungen
erbegünstigten vermögensverwaltenden Tätigkeiten ist nur dann kein Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot, wenn die Verluste auf einer Fehlkalkulation beruhen und die Körperschaft bis zum Ende des dem Verlustentstehungsjahr folgenden Wirtschaftsjahres dem ideellen Tätigkeitsbereich, der Vermögensverwaltung oder Zweckbetrieben wieder Mittel in entsprechender Höhe zuführt.1 UE ist mit der Verlängerung der Verwendungsfrist ab dem 1.1.2013 von einem auf zwei Jahre (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO)2 eine entsprechende Verlängerung des Verlustausgleichszeitraums für Verluste ab dem VZ 2012 verbunden, da nun erst nach Ablauf der zweijährigen Verwendungsfrist von einer Mittelfehlverwendung auszugehen sein wird. 252
Eine Fehlkalkulation ist immer dann anzunehmen, wenn ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bestand und nun erstmals ein Verlust entsteht.3 Soweit der Verlust mit Gewinnen anderer steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe verrechnet werden kann (§ 64 Abs. 2 AO), liegt keine schädliche Mittelverwendung vor. Verbleibt danach ein Verlust, ist keine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für dessen Ausgleich anzunehmen, wenn dem ideellen Bereich in den sechs vorangegangenen Jahren Gewinne des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in mindestens gleicher Höhe zugeführt worden sind. Insoweit ist der Verlustausgleich im Entstehungsjahr als Rückgabe früherer, durch das Gemeinnützigkeitsrecht vorgeschriebener Abführungen anzusehen. Außerdem dürfen für den Ausgleich des Verlustes Umlagen und Zuschüsse, die dafür bestimmt sind, verwendet werden.4
253
Bei dem Aufbau eines neuen Betriebs ist nach Auffassung der FinVerw. eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs für den Ausgleich von Verlusten auch dann unschädlich, wenn mit Anlaufverlusten zu rechnen war. Auch in diesem Fall muss die Körperschaft aber in der Regel innerhalb von drei Jahren nach dem Ende des Entstehungsjahres des Verlustes dem ideellen Bereich wieder Mittel, die gemeinnützigkeitsunschädlich dafür verwendet werden dürfen, zuführen.5
254
Auch lässt die FinVerw. den Verlustausgleich über die Aufnahme eines betrieblichen Darlehens zu. Die Tilgung und Zinsen für das Darlehen müssen dann jedoch vollständig aus Mitteln des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs geleistet werden.6
255
Die Regelungen zum Verlustausgleich eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gelten entsprechend für Verluste aus der Vermögensverwaltung.7 Bei Verlusten der Vermögensverwaltung ist zu differenzieren, ob es sich um laufende Verluste (negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) oder Verluste der Vermögenssubstanz (zB Kursverluste) handelt, die dem Grunde nach keine Einkünfte darstellen.
256
Während ein laufender Verlust auf der Einkommensebene zu den og. Problemen mit der Steuerbegünstigung führt, führt ein Verlust der Vermögenssubstanz uE nur dann zu einer schädlichen Mittelfehlverwendung, wenn die zugrunde liegende Investitionsentscheidung fehlerhaft war. Wenn festzustellen ist, dass die Investitionsentscheidung nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Verwalters fremden Vermögens erfolgt ist (zB Investition in Hochrisikoanleihen, ausschließlich Optionsgeschäfte, keine breite Diversifikation der Anlagen) oder die Mittel nicht eingesetzt wurden, um eine Rendite zu erzielen, kann eine Mittelfehlverwendung angenommen werden. Im Bereich der Vermögensverwaltung ist darauf abzustellen, ob aus Sicht einer gewissenhaften Vermögensanlagepolitik davon ausgegangen werden konnte, dass die jeweiligen Investitionen am Kapitalmarkt geeignet waren, weitere Mittel für die Verwirklichung des satzungsmäßigen Zwecks zu erwirtschaften. Nur wenn das Risiko eines Verlustes die Möglichkeit der Ertragssteigerung von Anfang an überwog bzw. trotz einer dauerhaften Verlustphase die Betätigung nicht eingestellt wurde, ist von einem gemeinnützigkeitsrechtlich schädlichen Verlust auszugehen.8
1 BFH v. 13.11.1996 – I R 152/93, BStBl. II 1998, 711 = FR 1997, 231; offen BFH v. 1.7.2009 – I R 6/08, BFH/NV 2009, 1837; kritisch Hüttemann3, Rz. 6.21 ff. 2 Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. 3 AEAO zu § 55, Nr. 7. 4 BFH v. 1.7.2009 – I R 6/08, BFH/NV 2009, 1837. 5 AEAO zu § 55, Nr. 7 Sätze 3 und 4. 6 AEAO zu § 55, Nr. 6. 7 AEAO zu § 55, Nr. 8. 8 Orth, DStR 2009, 1397.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 257–264 § 5
3. Rückzahlung von Stammkapital (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 AO) Bei einem Ausscheiden eines Mitglieds oder bei Auflösung einer steuerbegünstigten Körperschaft dürfen die Mitglieder – wenn dies in der Satzung entsprechend geregelt ist (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4, 61 AO, Rz. 263 ff. u. 344 ff.) – ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 AO). Da nur Gesellschafter von Kapitalgesellschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG über Kapitalanteile verfügen, greift diese Regelung grundsätzlich nur für diese und nicht für Vereinsmitglieder.
257
Die in der Zeit zwischen der Einzahlung von Stammkapital/Sacheinlagen und der Rückzahlung ggf. eingetretene Wertsteigerung des Vermögens darf nicht zurückgezahlt werden. Die Wertsteigerung unterliegt der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vermögensbindung. Daher muss bei einer Rückgabe des Wirtschaftsguts eine entstandene Wertdifferenz in Geld ausgeglichen werden.1
258
Wegen der Erweiterung dieser Regelung auf Stiftungen und BgA durch § 55 Abs. 3 AO wird auf Rz. 275 hingewiesen.
259
4. Begünstigungsverbot (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO) Neben dem Ausschüttungsverbot für Mitglieder und Gesellschafter dürfen auch keine frem- 260 den Dritten durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). Eine Körperschaft verhält sich fremdnützig und verstößt damit gegen das Verbot der Drittnützigkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO), wenn sie an Dritte Leistungen erbringt, welche diese „fördern“, wenn sie ihnen also mehr an wirtschaftlichen Vorteilen zuwendet, als es der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einer Marktwirtschaft entspricht.2 Für die Beurteilung der Angemessenheit können die Maßstäbe zur vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) herangezogen werden.3 Tätigkeitsvergütungen an Vorstandsmitglieder von Vereinen und Stiftungen sind nur zulässig, wenn eine entsprechende Satzungsregelung besteht.4 Das Begünstigungsverbot des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO bezieht sich auf sämtliche aus Mitteln der Körperschaft aufzubringenden Vergütungen und somit auch auf solche Vergütungen, die eine nach ihrer Satzung steuerbegünstigte Zwecke verfolgende Körperschaft im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zahlt.5
261
Hinsichtlich der allgemeinen Verwaltungsaufwendungen und Kosten zur Einwerbung von Zuwendungen ist neben der Prüfung der Angemessenheit jeder einzelnen Ausgabe auf die Einhaltung eines angemessenen Rahmens zu achten. So kann eine Körperschaft nicht mehr als steuerbegünstigt behandelt werden, wenn diese Ausgaben den angemessenen Rahmen von 50 % übersteigen.6 Lediglich im Rahmen der Gründungs- und Aufbauphase ist eine überwiegende Verwendung der Mittel für Verwaltungsausgaben und Spendenwerbung zulässig. Als Gründungs- und Aufbauphase hat der BFH einen Zeitraum von vier Jahren anerkannt.7
262
5. Grundsatz der Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) Die Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft sind auch im Fall der Auflösung oder Aufhebung oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO). Dieser Grundsatz der Vermögensbindung wird lediglich durchbrochen für die eingezahlten Kapitalanteile von Mitgliedern und den gemeinen Wert der geleisteten Sacheinlagen. Diese Vermögenswerte können – soweit dies in der Satzung entsprechend festgelegt ist – unschädlich für die Steuerbegünstigung im Fall des Eintritts der Vermögensbindung an diese zurückgezahlt werden.
263
Die Vermögensbindung kann entweder dadurch befolgt werden, dass die steuerbegünstigte Körperschaft das vorhandene Vermögen zugunsten steuerbegünstigter Zwecke ver-
264
1 2 3 4 5 6 7
AEAO zu § 55, Nr. 29. FG München v. 7.2.2011 – 7 K 1794/08, EFG 2011, 1214 (rkr.). Sauter/Voigt de Oliveira in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 191. BFH v. 8.8.2001 – I B 40/01, BFH/NV 2001, 1563; AEAO zu § 55, Nr. 23. BFH v. 28.10.2004 – I B 95/04, BFH/NV 2005, 160. AEAO zu § 55, Nr. 17. BFH v. 23.9.1998 – I B 82/98, BStBl. II 2000, 320 = FR 1998, 1033 m. Anm. Kempermann; AEAO zu § 55, Nr. 18.
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§ 5 Rz. 264–272
Befreiungen
wendet, wobei hier die Verwendung in einem steuerbegünstigten Verbrauch (dh. endgültige Entreicherung der steuerbegünstigten Körperschaft) liegen muss. Alternativ kann das Vermögen an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO). Eine Regelung über die Vermögensbindung ist zwingender Bestandteil der Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft (vgl. Anlage 1 zu § 60 Abs. 1 AO). 6. Zeitnahe Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) 265 Die Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft sind grundsätzlich zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 AO). Eine zeitnahe Mittelverwendung ist nach Satz 3 der Vorschrift gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. 266
Die Verwendungsfrist wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2013 von bis dahin einem Jahr auf nunmehr zwei Jahre verlängert.1 Die Verlängerung des Verwendungszeitraums auf die zwei folgenden Jahre betrifft nicht nur die zeitnah zu verwendenden Mittel der Jahre ab 2013, sondern auch die zeitnah zu verwendenden Mittel, die nach dem 31.12.2011 vereinnahmt worden sind, da diese erst mit Ablauf des Jahres 2013 zu verwenden waren und in 2013 bereits die verlängerte Verwendungsfrist gilt.2
267
Eine Bildung von Rücklagen ist nur unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 AO (bis 2013: § 58 Nr. 6 und 7 AO aF) zulässig. Während die Mittel in einer Rücklage iSd. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO (sog. freie Rücklagen) dauerhaft nicht mehr dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen, haben die zweckgebundenen Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO nur eine temporäre Wirkung. Ebenfalls nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen die Vermögenszuführungen iSd. § 62 Abs. 3 AO (Rz. 377 ff.).
268
Rücklagen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind zulässig, soweit diese bei einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung wirtschaftlich begründbar sind. Eine fast vollständige Zuführung des Gewinns eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist jedoch nur dann zulässig, wenn dies zur Sicherung der Existenz der Körperschaft dient.3
269
Im Bereich der Vermögensverwaltung können Rücklagen für notwendige Maßnahmen des Erhalts des Vermögensgegenstands (Instandhaltung, Reparaturmaßnahmen etc.) gebildet werden, um den ordnungsmäßigen Zustand des Vermögensgegenstands zu erhalten oder wiederherzustellen.4
270
Verwendung ist neben der Verausgabung zu steuerbegünstigten Zwecken auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 AO).
271
Die Vergabe von Darlehen aus Mitteln, die zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden sind, ist zulässig, wenn die Körperschaft damit unmittelbar selbst ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwirklicht (zB Studienstipendium). Voraussetzung ist, dass sich die Darlehensvergabe von einer gewerbsmäßigen Kreditvergabe durch günstigere Konditionen wie – zB Zinslosigkeit, Zinsverbilligung etc. – unterscheidet.5
272
Umschichtungsgewinne teilen das Schicksal des umgeschichteten Vermögens. Wird aus der Veräußerung nicht zeitnah zu verwendender Mittel ein Gewinn erzielt, braucht dieser ebenfalls nicht zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet zu werden.6 Resultiert ein Umschichtungsgewinn aus der Veräußerung zeitnah zu verwendender Mittel (zB aus dem Zweckbetrieb wird ein aus zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafftes Wirtschaftsgut veräußert), ist der daraus erzielte Erlös insgesamt zeitnah zu verwenden. Werden steuerbegünstigt genutzte Vermögensgegenstände, welche aus zeitnah zu verwendenden Mitteln erworben wurden, in die Vermögensverwaltung oder einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb überführt, lebt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung iHd. Verkehrswerts dieser Vermögensgegenstände wieder auf.7 1 2 3 4 5 6 7
Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. So auch Schauhoff/Kirchhain, FR 2013, 301; AEAO zu § 55, Nr. 29. BFH v. 15.7.1998 – I R 156/94, FR 1998, 1089 = BStBl. II 2000, 162; AEAO zu § 62, Nr. 1. AEAO zu § 62, Nr. 1. AEAO zu § 55, Nr. 14. AEAO zu § 55, Nr. 28. AEAO zu § 55, Nr. 28.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 273–277 § 5
Die ordnungsgemäße zeitnahe Mittelverwendung hat die steuerbegünstigte Körperschaft durch eine geeignete Nebenrechnung (Mittelverwendungsrechnung) nachzuweisen.1
273
7. Ermittlung des gemeinen Werts (§ 55 Abs. 2 AO) Wertsteigerungen von Sacheinlagen der Mitglieder einer Körperschaft, die im Rahmen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AO bei Eintritt der Vermögensbindung an diese zurückgegeben werden können, bleiben für die steuerbegünstigten Zwecke gebunden und müssen bei Rückgabe der Wirtschaftsgüter von dem Empfänger in Geld ausgeglichen werden.2 Maßgeblich ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Einlage (§ 55 Abs. 2 AO).
274
8. Anwendung bei Stiftungen und BgA (§ 55 Abs. 3 AO) Die Regelung, nach der sich die Vermögensbindung nicht auf das eingezahlte Kapital und den gemeinen Wert der geleisteten Sacheinlagen erstreckt, gilt bei Stiftungen für die Stifter und ihre Erben sowie für Betriebe gewerblicher Art sinngemäß – bei Sacheinlagen jedoch mit der Maßgabe, dass bei Wirtschaftsgütern, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG zu Buchwerten in die steuerbegünstigte Einrichtung überführt worden sind, nicht der gemeine Wert, sondern der Buchwert der Entnahme tritt. Das hat zur Folge, dass sowohl die bei Hingabe der Wirtschaftsgüter nicht realisierten stillen Reserven als auch die bis zum Eintritt der Vermögensbindung neu hinzugekommenen Wertsteigerungen für die steuerbegünstigten Zwecke gebunden sind. Bei einer Rückübertragung muss der Empfänger die Differenz zum damals bei der Entnahme aus seinem Betrieb angesetzten Buchwert in Geld ausgleichen.3
275
VII. Ausschließlichkeit – § 56 AO § 56 Ausschließlichkeit Ausschließlichkeit liegt vor, wenn eine Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt.
Eine steuerbegünstigte Körperschaft darf nur ihre eigenen satzungsmäßigen Zwecke ver- 276 folgen. Verfolgt sie neben ihren eigenen steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken noch andere Zwecke, verliert sie die Steuerbegünstigung. Dies gilt selbst dann, wenn die anderen nicht satzungsgemäßen Zwecke ebenfalls steuerbegünstigte Tätigkeiten sind.4 Wirtschaftliche Aktivitäten, die Nicht-Zweckbetriebe sind, dürfen nicht zum Selbstzweck betrieben werden. So steht die Unterhaltung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der Steuerbegünstigung einer Körperschaft entgegen, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft tritt. Die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn dieser um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgt, indem er zB der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgabe dient. Ist der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbegünstigten Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Steuerbegünstigung an § 56 AO. In einem solchen Fall kann die Betätigung der Körperschaft nicht in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden. Vielmehr ist die Körperschaft dann insgesamt als steuerpflichtig zu behandeln.5 Entsprechendes gilt für die Vermögensverwaltung, auch diese dient nicht der Verfolgung satzungsmäßiger Zwecke, sondern nur der Mittelbeschaffung. Werden in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb regelmäßig Gewinne erwirtschaftet, die den steuerbegünstigten Zwecken zur Verfügung gestellt werden, ist allein der wirtschaftliche Erfolg des Betriebs noch kein Indiz dafür, dass dieser bei der Körperschaft Selbstzweck ist. Ziel des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist dann die Mittelbeschaffung zugunsten der steuerbegünstigten Zwecke, sodass ein Erfolg der wirtschaftlichen Betätigung kein Indiz für einen die Steuerbegünstigung gefährdenden Selbstzweck ist. Erzielt jedoch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb dauerhaft Verluste, verstößt ein Nichteinstellen des Geschäftsbetriebs, selbst wenn dieser Verlust mit Gewinnen aus anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ausgeglichen werden kann, gegen den Grundsatz der 1 2 3 4 5
AEAO zu § 55, Nr. 27; zur Erstellung einer Mittelverwendungsrechnung s. auch Thiel, DB 1992, 1900. AEAO zu § 55, Nr. 30. AEAO zu § 55, Nr. 32. BFH v. 10.4.1991 – I R 77/87, BStBl. II 1992, 41. BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II 2007, 631 = FR 2007, 963.
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§ 5 Rz. 277–283
Befreiungen
Ausschließlichkeit. Dies hat den Verlust der Steuerbegünstigung für die steuerbegünstigte Einrichtung zur Folge.1 278
Bei steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere Mittelbeschaffungskörperschaften, die sich im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung sämtlicher Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke halten, ist das Ausschließlichkeitsgebot selbst dann als erfüllt anzusehen, wenn sie sich vollständig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren.2
279
Eine Körperschaft darf mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgen, ohne dass dadurch die Ausschließlichkeit verletzt wird. Die verwirklichten steuerbegünstigten Zwecke müssen jedoch sämtlich satzungsmäßige Zwecke sein. Will demnach eine Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke, die nicht in die Satzung aufgenommen sind, fördern, so ist eine Satzungsänderung erforderlich, die den Erfordernissen des § 60 AO entsprechen muss.3
VIII. Unmittelbarkeit – § 57 AO § 57 Unmittelbarkeit (1) 1Eine Körperschaft verfolgt unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht. 2Das kann auch durch Hilfspersonen geschehen, wenn nach den Umständen des Falls, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist. (2) Eine Körperschaft, in der steuerbegünstigte Körperschaften zusammengefasst sind, wird einer Körperschaft, die unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, gleichgestellt.
1. Einleitung 280 Der Grundsatz der Unmittelbarkeit bedeutet, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft ihre satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichen muss. Das heißt, dass die Körperschaft durch eigene Organe, Vertreter oder Hilfspersonen, deren Handeln ihr zuzurechnen ist, tätig werden muss.4 Eine unmittelbare Tätigkeit liegt nicht vor, wenn sich die Tätigkeit in einer finanziellen, sachlichen oder personellen Unterstützung einer anderen Körperschaft erschöpft.5 So wurde der Zentraleinkauf eines Dachverbands vom BFH als eine nicht steuerbegünstigte Tätigkeit eingestuft.6 2. Hilfspersonen 281 Eine steuerbegünstigte Körperschaft kann sich jedoch einer Hilfsperson bedienen, da ihr das Handeln der Hilfsperson als eigenes Wirken zugerechnet wird, mit der Folge, dass sie als unmittelbar tätig gilt (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO). Um als Hilfsperson zu gelten, muss nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen sein, dh., die Hilfsperson muss nach den Weisungen der Körperschaft einen konkreten Auftrag ausführen. Hilfsperson kann eine natürliche Person, Personenvereinigung oder juristische Person sein. 282
Durch Vorlage entsprechender Vereinbarungen muss eine steuerbegünstigte Einrichtung nachweisen, dass sie den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit der Hilfsperson im Innenverhältnis bestimmen kann. Die Tätigkeit der Hilfsperson muss den Satzungsbestimmungen der Körperschaft entsprechen. Diese hat nachzuweisen, dass sie die Hilfsperson überwacht. Die weisungsgemäße Verwendung der Mittel ist von ihr sicherzustellen.7
283
Die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nur über eine Hilfsperson das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO), ist unabhängig davon zu gewähren, wie die Hilfsperson gemeinnützigkeitsrechtlich behandelt wird.
1 2 3 4 5 6 7
Hüttemann3, Rz. 4.110; Kümpel, FR 2014, 51. AEAO zu § 56, Nr. 1. AEAO zu § 56, Nr. 2. Nds. FG v. 18.3.2004 – 6 K 136/01, EFG 2004, 1650 (rkr.). Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.7.1. BFH v. 15.10.1997 – II R 94/94, BFH/NV 1998, 150. AEAO zu § 57, Nr. 2.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 284–287 § 5
Das Handeln als Hilfsperson allein begründet allerdings keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit, denn die Hilfsperson verwirklicht fremde gemeinnützige Zwecke ihres Auftraggebers.1 Sie fördert damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke iSd. §§ 52 bis 54 AO, was für die Steuerbefreiung nicht ausreicht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungsziele verfolgt.2 Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn mehrere nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaften arbeitsteilig zur Verwirklichung eines steuerbegünstigten Zwecks zusammenwirken.3
284
Die FinVerw. lässt eine Hilfspersonentätigkeit dann unberücksichtigt, wenn der auftraggebenden Person damit nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 2 AO die Gemeinnützigkeit vermittelt wird, zB bei Tätigkeiten im Auftrag von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Hoheitsbereich), voll steuerpflichtigen Körperschaften oder natürlichen Personen. In diesen Fällen führt jedoch die Beauftragung durch einen nicht steuerbegünstigten Auftraggeber wohl regelmäßig zu einem Verstoß gegen die Selbstlosigkeit, mit der Folge, dass diese Tätigkeiten keinen Zweckbetrieb, sondern einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründen. So wurde einem gemeinnützigen Verein, der gegenüber einem gewerblichen Betreiber einer Anlage zum „betreuten Wohnen“ die Basispflege für die Bewohner vornahm, vom BFH die Steuerbegünstigung wegen des darin liegenden Verstoßes gegen die Selbstlosigkeit (§ 55 AO) aberkannt.4
285
3. Dachverbände Nach § 57 Abs. 2 AO wird eine Körperschaft, in der steuerbegünstigte Körperschaften zu- 286 sammengefasst sind (Dachverband), einer Körperschaft gleichgestellt, die unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Ein Zusammenschluss iSd. § 57 Abs. 2 AO ist gegeben, wenn ein Dachverband ausschließlich allgemeine, aus der Tätigkeit und Aufgabenstellung der Mitgliederkörperschaften erwachsene Interessen wahrnimmt. Voraussetzung ist, dass jede der in einem Dachverband zusammengefassten Körperschaften sämtliche Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt. Verliert auch nur ein Mitglied seine Steuerbegünstigung, ist die Steuerbegünstigung des Dachverbands nicht mehr gegeben. Ist ein Dachverband jedoch auch selber unmittelbar tätig (zB Schulung und Ausbildung 287 der angeschlossenen Mitgliedsvereine, Veranstaltung überregionaler Turniere etc.), handelt es sich nicht mehr um einen Zusammenschluss iSd. § 57 Abs. 2 AO. Eine solche Körperschaft ist kraft eigener unmittelbarer Tätigkeit steuerbegünstigt und bedarf nicht mehr der Regelung des § 57 Abs. 2 AO. In diesen Fällen können auch nicht steuerbegünstigte Einrichtungen oder natürliche Personen Mitglied eines solchen „unechten“ Dachverbands werden. Die Körperschaft darf die nicht steuerbegünstigte Organisation aber nicht mit Rat und Tat fördern (zB Zuweisung von Mitteln, Rechtsberatung). Dies wäre ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO.
IX. Steuerlich unschädliche Betätigungen (§ 58 AO) § 58 Steuerlich unschädliche Betätigungen Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass 1. eine Körperschaft Mittel für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke einer anderen Körperschaft oder für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts beschafft; die Beschaffung von Mitteln für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts setzt voraus, dass diese selbst steuerbegünstigt ist, 2. eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwendet, 3. eine Körperschaft ihre Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung, ihre Gewinne aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise und darüber hinaus höchstens 15 Prozent ihrer sonstigen nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwendet. 2Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke müssen den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden
1 2 3 4
BFH v. 7.3.2007 – I R 90/04, BStBl. II 2007, 628 = FR 2007, 931. Hüttemann3, Rz. 6.55 ff.; BFH v. 6.2.2013 – I R 59/11, BStBl. II 2013, 603. BFH v. 17.2.2010 – I R 2/08, BStBl. II 2010, 1006 = FR 2010, 1038. BFH v. 16.12.2009 – I R 49/08, BStBl. II 2011, 398.
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§ 5 Rz. 288–291
Befreiungen
Körperschaft entsprechen. 3Die nach dieser Nummer zugewandten Mittel und deren Erträge dürfen nicht für weitere Mittelweitergaben im Sinne des ersten Satzes verwendet werden, 4. eine Körperschaft ihre Arbeitskräfte anderen Personen, Unternehmen, Einrichtungen oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellt, 5. eine Körperschaft ihr gehörende Räume einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Nutzung zu steuerbegünstigten Zwecken überlässt, 6. eine Stiftung einen Teil, jedoch höchstens ein Drittel ihres Einkommens dazu verwendet, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren, 7. eine Körperschaft gesellige Zusammenkünfte veranstaltet, die im Vergleich zu ihrer steuerbegünstigten Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung sind, 8. ein Sportverein neben dem unbezahlten auch den bezahlten Sport fördert, 9. eine von einer Gebietskörperschaft errichtete Stiftung zur Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen vergibt, 10. eine Körperschaft Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften im Jahr des Zuflusses verwendet. 2Dieser Erwerb mindert die Höhe der Rücklage nach § 62 Absatz 1 Nummer 3.
1. Einleitung 288 Durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013 wurden die Regelungen über die Rücklagen (§ 58 Nr. 6 und Nr. 7 AO aF) und die Möglichkeiten der Vermögensbildung (§ 58 Nr. 11 AO aF) mit Wirkung ab dem 1.1.2014 in den § 62 AO verschoben. § 58 AO lässt mit den darin geregelten Ausnahmen dem Grunde nach bestehende Verstöße gegen die gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsätze zu. 2. Förderkörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO) 289 Nach § 58 Nr. 1 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft ihre Mittel anderen Körperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke beschafft. Es wird über § 58 Nr. 1 AO eine Unterstützung sowohl inländischer als auch ausländischer Körperschaften ermöglicht. Die Unterstützung unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften setzt jedoch voraus, dass diese als steuerbegünstigte Körperschaften anerkannt sind (§ 58 Nr. 1 letzter Halbs. AO). Unter der Berücksichtigung der Regelung in § 58 Nr. 2 AO, dass eine teilweise Mittelweitergabe unschädlich für die Steuerbegünstigung ist, wird bei einer Förderung im Rahmen des § 58 Nr. 1 AO eine überwiegende Mittelweitergabe verlangt. Typischerweise fallen unter § 58 Nr. 1 AO die klassischen Förderkörperschaften (zB Schulfördervereine, Kindergartenfördervereine). 290
Die Beschaffung von Mitteln für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts setzt voraus, dass die Empfängerkörperschaft selbst steuerbegünstigt ist. Dies bedeutet, dass bereits zu Beginn des VZ eine ordnungsgemäße Satzung vorliegen muss.
291
Die Weiterleitung von Mitteln an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Verwendung in einem steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art ist unschädlich, wenn die Mittel in dem BgA für einen steuerbegünstigten Zweck verwendet werden. Dies gilt auch für die Weiterleitung von freien sowie gebundenen Zuwendungen, wobei im letzteren Fall die Zuwendung für den bestimmten Zweck verwendet werden muss. Besondere Anforderungen sind an den BgA nicht zu stellen. Entscheidend ist die Verwendung der Zuwendung für einen begünstigten Zweck. Die noch mit BMF-Schr. v. 2.4.20041 vertretene Auffassung, dass ein BgA ebenfalls über eine den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften entsprechende Satzung verfügen muss, ist durch die Ergänzung des § 58 Nr. 1 AO um die Worte „des privaten Rechts“ hinter den Worten „steuerpflichtige Körperschaft“ mit Wirkung ab dem VZ 2001 überholt.2 Da für die Steuerbegünstigung der Förderkörperschaften eines BgA, zB Bibliotheken, Kindergärten, Museen usw., eine Steuerbegünstigung der Empfängerkörperschaft nicht erforderlich ist, benötigt ein BgA als Empfängerkörperschaft demzufolge keine eigene Satzung.
1 BMF v. 2.4.2004 – IV C 4 - S 0177 - 12/04, BStBl. I 2004, 462; aufgehoben durch BMF v. 29.3.2007 – IV C 6 O 1000/07/0018 – DOK 2007/0145039, BStBl. I 2007, 369. 2 G zu Änderung der AO und weiterer Gesetze v. 21.7.2004, BGBl. I 2004, 1753.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 292–294 § 5
Die Weiterleitung von Mitteln an eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige ausländische 292 Körperschaft ist nur dann zulässig, wenn die Mittel von dieser tatsächlich für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Darüber hat die Förderkörperschaft entsprechende Nachweise zu führen. Eine bloße Empfangsbestätigung über die erhaltenen Mittel reicht als Nachweis nicht aus. Die ausländische Körperschaft muss hierbei nicht die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllen. So gilt § 58 Nr. 1 letzter Halbs. AO nur, wenn der ausländische Zuwendungsempfänger eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ist und die Mittel für der Art nach steuerbegünstigte Zwecke verwendet. Voraussetzung ist jedoch, dass der Empfänger im Ausland einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG entspricht. Hierzu ist ggf. seine Satzung in deutscher Übersetzung anzufordern.1 Auch sind die besonderen Beweisvorsorgepflichten des § 90 Abs. 2 AO zu beachten (wegen weiterer Einzelheiten zu den geforderten Nachweisen s. Rz. 402 ff.). Die Beschaffung von Mitteln muss als Satzungszweck festgelegt sein.2 Durch § 58 Nr. 1 AO wird der Katalog der steuerbegünstigten Zwecke (§§ 52–54 AO) um einen weiteren Zweck ergänzt.3 Eine Förderkörperschaft iSd. § 58 Nr. 1 AO braucht die Körperschaft, für die sie Mittel beschafft, nicht namentlich in ihrer Satzung zu nennen. Die Angabe des Zwecks, für dessen Verwirklichung (durch andere Körperschaften) die Mittel beschafft werden, reicht aus.4 Wenn die unterstützte Körperschaft allerdings in der Satzung angegeben ist, darf die Förderkörperschaft ihre Mittel erst nach einer entsprechenden Satzungsänderung an eine andere oder eine weitere Körperschaft weitergeben.5 Es dürfen jedoch nur Körperschaften gefördert werden, welche den gleichen Satzungszweck haben.6 So ist es nicht in das Belieben der jeweiligen Körperschaft gestellt, wie und in welchem Umfang Mittel gemeinnützig verwendet werden. Dies entspricht auch der unter verwaltungspraktischen Gesichtspunkten mit der Anerkennung von gemeinnützigen Zwecken iSd. § 52 AO (auch) verfolgten gesetzgeberischen Intention, bei reinen Fördergesellschaften den Förderzweck nur auf der Ebene der (letztlich) mittelverwendenden Körperschaft und nicht zusätzlich auf der Ebene der Förderkörperschaft zu prüfen. Wenn in der Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft festgelegt ist, dass die Satzungszwecke der zu fördernden Körperschaften mit den eigenen Satzungszwecken übereinstimmen müssen, führt die Weitergabe von Mitteln an steuerbegünstigte Körperschaften mit anderen (gemeinnützigen) Zwecken zu einem die Gemeinnützigkeit ausschließenden Verstoß gegen die Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung.7 UE ist es jedoch zulässig, wenn eine Förderkörperschaft überwiegend (L 50 %) ihre Mittel an andere Körperschaften mit gleichem Satzungszweck, aber daneben auch im untergeordneten Umfang (l 50 %) Mittel an andere Körperschaften mit anderen steuerbegünstigten Zwecken weitergibt (vgl. § 58 Nr. 2 AO). Für die Ermittlung der maximal zulässigen Höhe der Mittelweitergabe ist auf das Nettovermögen (Aktivvermögen abzgl. Verbindlichkeiten) im jeweiligen VZ abzustellen.8
293
3. Teilweise Mittelweitergabe (§ 58 Nr. 2 AO) Eine steuerbegünstigte Körperschaft darf ihre Mittel teilweise (dh. nicht überwiegend) anderen steuerbegünstigten Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellen (§ 58 Nr. 2 AO). Als Mittelempfänger kommen in Betracht: –
inländische steuerbegünstigte Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 KStG,
–
beschränkt steuerbegünstigte Körperschaften iSd. § 5 Abs. 2 KStG,
–
Körperschaften des öffentlichen Rechts.9
1 BayLfSt v. 11.9.2012 – S 0170.1.1 - 3/2 St 31, S 2223.1.1 - 23/5 St 32, KSt-Kartei BY § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG Karte 1.18. 2 AEAO zu § 58, Nr. 1. 3 Hüttemann3, Rz. 3.185. 4 AEAO zu § 58, Nr. 1. 5 OFD Frankfurt v. 18.5.2010 – S 0177 A - 6 - St 53, KSt-Kartei HE § 5 Karte H 7. 6 So auch FG Hess. v. 26.4.2012 – 4 K 2239/09, DStRE 2013, 434; nachgehend BFH v. 25.6.2014 – I R 41/12, BFH/NV 2015, 235. 7 BFH v. 25.6.2014 – I R 41/12, BFH/NV 2015, 235. 8 AEAO zu § 58, Nr. 2. 9 AEAO zu § 58, Nr. 2.
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§ 5 Rz. 295–300
Befreiungen
295 Nicht begünstigt ist eine teilweise Mittelweitergabe an eine ausländische Körperschaft des privaten Rechts, welche weder als beschränkt noch als unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft im Inland als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt ist. 296
Anders als bei einer Förderkörperschaft iSd. § 58 Nr. 1 AO bedarf es für die teilweise Mittelweitergabe keiner Satzungsregelung, da Hauptzweck der Einrichtung in erster Linie die unmittelbare Verfolgung eigener satzungsmäßiger Zwecke ist. Die geförderte Einrichtung muss nicht den gleichen steuerbegünstigten Zweck wie die fördernde Einrichtung fördern. 4. Vermögensausstattung anderer Körperschaften (§ 58 Nr. 3 AO)
297
Ab dem 1.1.2014 lässt § 58 Nr. 3 AO eine Ausnahme von dem bisherigen Endowment-Verbot zu.1 In der Vergangenheit mussten Mittel, die bei der gebenden Körperschaft dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterlagen, auch von der empfangenden Einrichtung zeitnah für steuerbegünstige Zwecke verwendet werden, um eine Mittelfehlverwendung zu verhindern.2 So war es steuerbegünstigten Einrichtungen grundsätzlich nicht erlaubt, an andere steuerbegünstigte Körperschaften zeitnah zu verwendende Mittel mit dem Ziel des Vermögensaufbaus zu übertragen. Mit der Einführung des § 58 Nr. 3 AO dürfen steuerbegünstigte Körperschaften ab dem 1.1.2014 zeitnah zu verwendende Mittel zur Vermögensausstattung anderer steuerbegünstigter Körperschaften oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts verwenden, wenn diese die gleichen steuerbegünstigten Zwecke wie die ausstattende Körperschaft verfolgen.
298
Zur Vermögensausstattung dürfen steuerbegünstigte Einrichtungen ihre –
Überschüsse aus der Vermögensverwaltung
–
Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sowie
–
15 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel
einsetzen. Damit wird die Vermögensausstattung anderer steuerbegünstigter Einrichtungen aus zeitnah zu verwendenden Mitteln ermöglicht, ohne dass die empfangende Einrichtung diese Mittel wiederum zeitnah zu verwenden hat. Zur Ermittlung der zulässigen Vermögensausstattungsgrenze stellt die FinVerw. – wohl aus Vereinfachungsgründen – nicht auf die eigentlich zu berücksichtigenden Einnahmen/Ergebnisse des laufenden Kj./Wj., sondern auf die Verhältnisse des vorangegangenen Kj./Wj. ab.3 299
Die empfangende Körperschaft darf jedoch das nach § 58 Nr. 3 AO zugewendete Vermögen und die daraus erzielten Erträge nicht für weitere Mittelweitergaben nach § 58 Nr. 3 AO einsetzen. Steuerbegünstigte Körperschaften sollten – als Empfänger von Vermögen iSd. § 58 Nr. 3 AO – dieses durch separate Buchungskreise in der Buchhaltung von dem übrigen Vermögen trennen, um Probleme mit diesem Ausstattungsverbot zu vermeiden. Insbesondere bei späteren Umschichtungen derartiger Vermögensteile ist uE darauf zu achten, dass die dabei realisierten stillen Reserven – als Ertrag aus diesem Vermögen – ebenfalls der Sperre des § 58 Nr. 3 AO unterliegen. 5. Zurverfügungstellung von Arbeitskräften (§ 58 Nr. 4 AO)
300
Nach § 58 Nr. 4 AO (= § 58 Nr. 3 AO aF) darf eine steuerbegünstigte Körperschaft anderen Personen, Unternehmen, Einrichtungen oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ihre Arbeitskräfte für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellen. Nicht erforderlich ist, dass der Empfänger selber steuerbegünstigt tätig ist. Der bloße Einsatz der Arbeitskraft für steuerbegünstigte Tätigkeiten ist hierbei ausreichend und muss entsprechend dokumentiert werden können. § 58 Nr. 3 AO soll eine unentgeltliche Überlassung von Personal an Dritte unschädlich stellen. Wenn für die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften ein – ggf. auch ein zu geringes – Entgelt genommen wird, begründet dies immer einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO), der wohl regelmäßig kein steuerbegünstigter Zweckbetrieb (§§ 65–68 AO) ist.4 Mit den Arbeitskräften können zugleich auch Arbeitsmittel (zB Krankenwagen) unschädlich im Rahmen des § 58 Nr. 3 AO zur Verfügung gestellt werden.5
1 2 3 4 5
Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. AEAO zu § 55, Nr. 26. AEAO zu § 58, Nr. 3. BFH v. 17.2.2010 – I R 2/08, BStBl. II 2010, 1006 = FR 2010, 1038; Hüttemann3, Rz. 4.64. AEAO zu § 58, Nr. 4.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 301–307 § 5
6. Zurverfügungstellung von Räumen (§ 58 Nr. 5 AO) Nach § 58 Nr. 5 AO (bisher § 58 Nr. 3 AO aF) dürfen steuerbegünstigte Körperschaften ihnen gehörende Räume einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellen. Zu den „ihr gehörenden Räumen“ einer steuerbegünstigten Körperschaft gehören uE alle Räumlichkeiten, über die eine steuerbegünstigte Körperschaft verfügen kann.1 Dh., eine Überlassung iRd. § 58 Nr. 5 AO kann sowohl für Räume im Eigentum als auch für angemietete Räumlichkeiten erfolgen. Zu den Räumen gehören auch Außenanlagen wie Sportstätten, Sportanlagen und Freibäder.2
301
Anders als bei der unschädlichen Personalgestellung nach § 58 Nr. 4 AO dürfen Räume nur steuerbegünstigten Einrichtungen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften unentgeltlich oder zu einem unangemessenen niedrigen Miet- oder Pachtzins zur Verfügung gestellt werden. Anderen Personen oder Einrichtungen dürfen Räume nur zu fremdüblichen Bedingungen, dh. zu angemessenen Miet- bzw. Pachtzinsen, zur Verfügung gestellt werden, um eine schädliche Mittelzuwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO) zu vermeiden.
302
Die Errichtung einer Halle oder sonstiger Räumlichkeiten durch einen Hallenbauverein mit dem Ziel, sie steuerbegünstigten Körperschaften für deren steuerbegünstigte Zwecke zu überlassen, ist allein kein gemeinnütziger Zweck.3 Nur ein Verein, der satzungsgemäß einen gemeinnützigen Zweck (zB Sport) fördert, kann diesen Zweck teilweise mittelbar durch den Bau einer Halle und ihre Überlassung an andere gemeinnützige Vereine verwirklichen.4
303
7. Unterstützung von Stiftern (§ 58 Nr. 6 AO) Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Stiftung einen Teil, jedoch höchstens ein Drittel ihres Einkommens, dazu verwendet, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, seine Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren (§ 58 Nr. 6 AO [§ 58 Nr. 5 AO aF]). Nicht zulässig ist es danach, generell einen Teil der Erträge der Stiftung an den Stifter oder seine nächsten Angehörigen auszuzahlen. Sinn und Zweck der Regelung ist, einem potenziellen Stifter die Sorge zu nehmen, er sowie seine nächsten Angehörigen – insbesondere Enkel und Kinder – könnten unvorhergesehenerweise aufgrund der Weggabe von Vermögen an die Stiftung in Not geraten und sich den gewohnten Lebensstil nicht mehr leisten.5 Die durch § 58 Nr. 6 AO zugelassene Ausnahme von dem Selbstlosigkeitsgebot betrifft sowohl rechtsfähige als auch unselbstständige Stiftungen.
304
Bei den nach § 58 Nr. 6 AO zugelassenen Unterhaltsleistungen an Stifter und deren Familien muss es sich um freiwillige Zuwendungen handeln.6 Nicht zulässig wäre die Satzungsvorgabe, dass eine Stiftung immer ein Drittel des Einkommens der Stifterfamilie zuzuwenden habe, da dies losgelöst von den tatsächlichen Bedürfnissen zu regelmäßigen Ausschüttungen führt.7 Zu den durch § 58 Nr. 6 AO zulässigen Aufwendungen zählen auch die Aufwendungen für die Grabpflege und die Ehrung des Andenkens an die genannten Personen. Auch hier dürfen jedoch nur Zahlungen geleistet werden, die notwendig sind, um in angemessener Weise diese Aufgaben zu erfüllen.
305
Unzulässige Ausschüttungen an den Stifter und seine nächsten Angehörigen sind ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Dieser Verstoß ergibt sich uU bereits aus der Satzung oder aus dem Zustiftungs- oder Treuhandvertrag, wenn darin entsprechende Leistungen vereinbart sind. So gehört auch der Zustiftungs- oder Treuhandvertrag zu den Satzungsstatuten.8
306
Unter Einkommen ist die Summe der Einkünfte iSd. § 2 Abs. 1 EStG zu verstehen, unabhängig davon, ob es sich um steuerpflichtige oder steuerfreie Einkünfte handelt.9 Sonstige
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So auch Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG Rz. 138. AEAO zu § 58, Nr. 5. FinMin NRW v. 6.8.1990 – S 0171 - 113 - V B 4, KSt-Kartei NW § 5 KStG Karte H 58. OFD Frankfurt v. 5.5.2011 – S 0171 A - 83 - St 53, KSt-Kartei HE § 5 KStG Karte H 55. S. auch die Begründung für eine Anhebung der Höchstgrenze von einem Viertel auf ein Drittel des Einkommens im Regierungs-E des Vereinsförderungsgesetzes vom 18.12.1989, BT-Drucks. 11/4176, 10. AEAO zu § 55, Nr. 8. Kirchhain, Gemeinnützige Familienstiftung, 2006, 75. OFD Magdeburg v. 18.5.2004 – S 1900 - 22 - St 217, S 0171 - 155 - St 217, KSt-Kartei ST § 5 KStG Karte 8.70. AEAO zu § 58, Nr. 6.
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§ 5 Rz. 307–312
Befreiungen
Einnahmen, wie zB Spenden, Erbschaften etc., die nicht einer Einkunftsart zuzurechnen sind, bleiben bei der Berechnung der Drittelgrenze außen vor. 308
Da eine Unterstützung nur für die nächsten Angehörigen erlaubt ist, ist der Kreis der unterstützungsfähigen Personen kleiner als der Angehörigenbegriff des § 15 AO. So sind Unterhaltsleistungen zulässig an: –
Ehegatten,
–
Eltern, Großeltern, Kinder (ggf. auch durch Adoption verbunden),
–
Geschwister,
–
Pflegeeltern, Pflegekinder.1
UE kann eine Unterstützung auch an durch besondere persönliche Beziehungen mit der Person des Stifters verbundene Personen, wie zB den langjährigen Lebensgefährten, gewährt werden. 309
Die Unterstützung des Stifters oder der nächsten Angehörigen setzt neben der Beachtung der relativen Grenze von einem Drittel des Einkommens auch voraus, dass eine Unterstützungsbedürftigkeit dem Grunde nach besteht, da auch eine absolute Grenze der Unterstützungsleistung zu beachten ist. Für den zulässigen Maßstab für einen angemessenen Unterhalt ist nicht auf die Grenzen des § 53 Nr. 2 AO abzustellen, sondern auf den Lebensstandard des Stifters im Zeitpunkt der Vermögensausstattung. Die Unterhaltszahlungen sollen den Stifter oder seine nächsten Angehörigen in die Lage versetzen, ihr Leben in der Weise zu führen, wie es ihnen ohne die Übertragung von Vermögensteilen auf die Stiftung möglich gewesen wäre. Die Gewährung von Unterhaltszahlungen, ohne die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit tatsächlich zu prüfen, ist nicht zulässig.2
310
Verbindlichkeiten, die iZm. der Übertragung des Stiftungsvermögens auf die Stiftung übergehen, deren Erfüllung durch die Körperschaft keine Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums darstellt, mindern von vornherein das der Stiftung zugewendete Vermögen. Wirtschaftlich betrachtet wird der Stiftung nur das nach Erfüllung der Ansprüche verbleibende Vermögen zugewendet.3 Die Erfüllung derartiger Ansprüche stellt keinen Verstoß gegen die Gebote der Selbstlosigkeit und Ausschließlichkeit dar; für die Anwendung des § 58 Nr. 6 AO ist insoweit kein Raum.4
311
§ 58 Nr. 6 AO enthält lediglich eine Ausnahmeregelung zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO für Stiftungen, begründet jedoch keinen eigenständigen steuerbegünstigten Zweck. Eine Stiftung, zu deren Satzungszwecken die Unterstützung von hilfsbedürftigen Verwandten des Stifters gehört, kann daher nicht unter Hinweis auf § 58 Nr. 6 AO als steuerbegünstigt behandelt werden.5 Im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung ist die Unterstützung von hilfsbedürftigen (iSd. § 53 AO) Angehörigen des Stifters dagegen grundsätzlich nicht schädlich für die Gemeinnützigkeit der Stiftung. Die Verwandtschaft zu dem Stifter darf jedoch kein Kriterium für die Unterstützung durch die Stiftung sein.6 8. Gesellige Zusammenkünfte (§ 58 Nr. 7 AO)
312 Gesellige Zusammenkünfte sind für die Gewährung der Steuerbegünstigung unschädlich, wenn sie von ungeordneter Bedeutung sind (§ 58 Nr. 7 AO, bisher § 58 Nr. 8 AO aF). Gesellige Zusammenkünfte bzw. Veranstaltungen sind häufig bei stark mitgliedergeprägten Vereinen anzutreffen, da die Förderung der Geselligkeit das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kameradschaft stärkt und dies zum Erfolg des Vereins bei der Verwirklichung der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke beitragen kann. So gestalten sich Mitgliederversammlungen, Vereinsausflüge, Sommerfeste usw. eines Vereins häufig auch als gesellige Zusammenkünfte, bei denen sich die Mitglieder besser kennenlernen und ggf. Nichtmitglieder geworben werden.
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AEAO zu § 58, Nr. 7. So auch Kirchhain, Gemeinnützige Familienstiftung, 2006, 221. AEAO zu § 55, Nr. 11. BFH v. 21.1.1998 – II R 16/95, BStBl. II 1998, 758. AEAO zu § 58, Nr. 9. OFD Hannover v. 15.3.2000 – S 0177 - 12 - StO 214, KSt-Kartei ND § 5 KStG Karte H 5.2.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 313–319 § 5
Wann der Umfang geselliger Zusammenkünfte nicht mehr von untergeordneter Bedeutung ist, ist unklar. Während Sauter/Voigt de Oliveira1 auf den Einzelfall abstellen, liegt für Jost2 die Grenze bei 5 % im Verhältnis der Tätigkeiten zueinander. UE kann es nur auf den Einzelfall ankommen, da gesellige Veranstaltungen häufig eine Gemengelage zwischen Mitgliederförderung und Mitgliederwerbung bilden. Wenn die Durchführung geselliger Zusammenkünfte in Form und Anzahl ein Gewicht annimmt, welches nicht sehr deutlich hinter der Verfolgung satzungsmäßiger Zwecke zurücktritt, wird der unschädliche Umfang verlassen.
313
Werden im Rahmen geselliger Veranstaltungen Einnahmen erzielt, wird damit regelmäßig ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet.3
314
Da durch § 58 Nr. 7 AO lediglich die Tätigkeit als unschädlich sanktioniert wird, ist es uE gleichwohl nicht zulässig, dafür Mittel der Körperschaft, soweit es sich nicht um übliche Annehmlichkeiten handelt, zu verauslagen.4
315
9. Förderung des bezahlten Sports (§ 58 Nr. 8 AO) Als Ergänzung zu § 67a AO (sportliche Veranstaltungen) wurde durch das Vereinsförderungsgesetz v. 18.12.19895 mit Wirkung ab VZ 2000 in § 58 Nr. 8 AO (bisher § 58 Nr. 9 AO aF) festgelegt, dass ein Sportverein neben der Förderung des gemeinnützigen Sports iSd. § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO auch den bezahlten Sport steuerunschädlich betreiben darf. Erforderlich war diese Regelung, um Kollisionen mit der Zweckbetriebsregelung des § 67a AO (sportliche Veranstaltungen) zu verhindern. So kann es vorkommen, dass Sportler in einem Zweckbetrieb bezahlt werden, der nach § 55 AO zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen würde. § 58 Nr. 8 AO bewirkt, dass diese Folge nicht eintritt und deshalb nicht überwacht werden muss, ob Sportler in einem Zweckbetrieb nach § 67a Abs. 1 AO bezahlt werden oder nicht.6 Begünstigt sind nur Sportvereine, worunter entsprechend der Regelung des AEAO zu § 67a Nr. 2 alle Körperschaften zu fassen sind, welche die Förderung des Sports (§ 52 Abs. 2 Nr. 21 AO) zum Satzungszweck haben.
316
10. Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen (§ 58 Nr. 9 AO) Durch § 58 Nr. 9 AO (bisher § 58 Nr. 10 AO aF) wird es den von einer oder mehreren Gebiets- 317 körperschaften errichteten steuerbegünstigten Stiftungen ermöglicht, ihren Satzungszweck mittelbar durch Bezuschussung von Wirtschaftsunternehmen zu verwirklichen. Begünstigt sind rechtsfähige und nicht rechtsfähige Stiftungen. Diese Regelung ist eine weitere Ausnahme von dem Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AO). Sie ermöglicht, dass von Gebietskörperschaften errichtete Stiftungen Zuschüsse für die Forschung, Entwicklung und Innovation einschließlich von Pilotprojekten an Wirtschaftsunternehmen vergeben können, ohne dass diese Hilfspersonen (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 2 AO) sein müssen, wenn die Bezuschussung den satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecken der Stiftungen dient. Bei einer Bezuschussung muss jedoch sichergestellt sein, dass die Forschungsergebnisse der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden.7 Die gesetzliche Beschränkung auf von Gebietskörperschaften gegründete Stiftungen 318 wurde zur Vermeidung von Missbräuchen vorgenommen. So unterliegen diese Stiftungen regelmäßig besonderen Kontrollen durch die Gründungskörperschaften sowie den Bundesrechnungshof oder einen Landesrechnungshof.8 Bei den entsprechenden Stiftungen muss die mittelbare Zweckverwirklichung in der Satzung festgelegt sein. Auch muss die Verwendung der Zuschüsse für steuerbegünstigte Satzungszwecke nachgewiesen sein.9 11. Erhalt der Beteiligungsquote (§ 58 Nr. 10 AO) Bis zum 31.12.2013 war die Möglichkeit, zeitnahe Mittel für den Erhalt der Beteiligungsquote im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu verwenden, in § 58 Nr. 7 Buchst. b AO aF enthalten.
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Sauter/Voigt de Oliveira in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 232. Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG Rz. 167. BFH v. 9.11.1988 – I R 200/85, BFH/NV 1989, 342. Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.8.8. Vereinsförderungsgesetz v. 18.12.1989, BGBl. I 1989, 2212. Gesetzesbegründung Vereinsförderungsgesetz, BT-Drucks. 11/4176, 10. BT-Drucks. 12/5630, 97 ff. BT-Drucks. 12/5630, 98. AEAO zu § 58, Nr. 11.
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§ 5 Rz. 319–323
Befreiungen
Im Rahmen der Neufassung durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.20131 wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2014 die Regelung des § 58 Nr. 7 Buchst. b AO aF auf die §§ 58 Nr. 10 AO und 62 Abs. 1 Nr. 4 AO aufgeteilt. So können Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften in eine Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO eingestellt werden. Erfolgt die Finanzierung der Kapitalerhöhung zum Erhalt der Beteiligungsquote aus laufenden Mitteln, ist § 58 Nr. 10 AO zu beachten. 320
Nach § 58 Nr. 10 AO kann eine steuerbegünstigte Körperschaft, die an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, zum Erhalt ihrer Beteiligungsquote eine Kapitalerhöhung aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanzieren. Nicht durch § 58 Nr. 10 AO begünstigt ist die Aufstockung einer Beteiligung oder die erstmalige Begründung einer Beteiligung.
321
Anders als in der bis zum 31.12.2013 geltenden Regelung, nach der die zukünftigen Zuführungen zur freien Rücklage entsprechend zu mindern waren, erfolgt nach dem neuen Gesetzeswortlaut ab dem 1.1.2014 eine entsprechende Minderung der freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO. Durch die Minderung der freien Rücklage wird die Kapitalerhöhung iErg. im vollen Umfang aus nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert. Sollte der Bestand der freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO der Höhe nach hierfür nicht ausreichen, ist uE ein negativer Bestand an freier Rücklage zu bilden und vorzutragen, der durch zukünftige Zuführungen aufgefüllt wird. Mit iErg. gleichen Folgen hält die FinVerw. demgegenüber weiter an der bisherigen Rechtslage und Auffassung fest, dass sich die Höchstgrenze für die Zuführung zu der freien Rücklage um den Betrag vermindert, den die Körperschaft zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ausgibt oder bereitstellt. Übersteigt der für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder bereitgestellte Betrag die Höchstgrenze, ist auch in den Folgejahren eine Zuführung zu der freien Rücklage erst möglich, wenn die für eine freie Rücklage verwendbaren Mittel insgesamt die für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder bereitgestellten Mittel übersteigen.2 Auch dies führt dazu, dass mittelfristig die Finanzierung der Kapitalerhöhung aus nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln erfolgt. Die von Schauhoff/ Kirchhain3 vertretene Auffassung, dass lediglich der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage für das Jahr zu mindern ist, halten wir für nicht zutreffend, da damit iErg. dauerhaft eine Umqualifizierung von zeitnah zu verwendenden Mitteln außerhalb der gesetzlichen Regelungen ermöglicht würde.
X. Voraussetzungen für Steuervergünstigungen – § 59 AO § 59 Voraussetzung der Steuervergünstigung Die Steuervergünstigung wird gewährt, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung (Satzung im Sinne dieser Vorschriften) ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird; die tatsächliche Geschäftsführung muss diesen Satzungsbestimmungen entsprechen.
322
Eine Körperschaft kann nur dann als steuerbegünstigte Einrichtung anerkannt werden, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft hat. Es muss sich um einen gemeinnützigen (§ 52 AO), mildtätigen (§ 53 AO) oder kirchlichen (§ 54 AO) Zweck handeln, der ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) verfolgt wird. Auch muss die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 AO) diesen Satzungsbestimmungen entsprechen. Während bei Vereinen die Satzung iSd. § 25 BGB den Anforderungen des § 59 AO entsprechen muss, ist dies bei Stiftungen das Stiftungsgeschäft und die Stiftungssatzung, bei Kapitalgesellschaften der Gesellschaftsvertrag usw. Schreibt das Zivilrecht oder das öffentliche Recht keine Satzung vor, so ist sie eigens für Gemeinnützigkeitszwecke zu verfassen.4 Bei mehreren Betrieben gewerblicher Art ist für jeden Betrieb gewerblicher Art eine eigene Satzung erforderlich.5
323
Der Satzungszweck (die Satzungszwecke) und die Art der Zweckverwirklichung müssen so genau bestimmt sein, dass aus ihnen die Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen nach §§ 52 ff. AO entnommen werden können (s. auch § 60 Abs. 1 AO). Das Unterhalten steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe (§ 64 AO) und die Vermögensverwaltung
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BGBl. I 2013, 556. AEAO zu § 58, Nr. 12. FR 2013, 301 (304). BFH v. 31.10.1984 – I R 21/81, BStBl. II 1985, 162 = FR 1985, 248. AEAO zu § 59, Nr. 2.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 323–324 § 5
darf nicht als Satzungszweck festgelegt sein, kann jedoch in einer Nebenbestimmung erlaubt sein.1 Im Falle von Unklarheiten kann die formelle Satzungsmäßigkeit bejaht werden, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung aufgrund der Auslegung aller Satzungsbestimmungen der die Steuerbefreiung begehrenden Körperschaft ergeben.2 Jedoch dürfen, da die satzungsmäßige Festschreibung die Funktion eines Buchnachweises hat, keine außerhalb der Satzung liegenden Begleitumstände zur Auslegung herangezogen werden.3
XI. Anforderungen an die Satzung – § 60 AO § 60 Anforderungen an die Satzung (1) 1Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind. 2Die Satzung muss die in der Anlage 1 bezeichneten Festlegungen enthalten. (2) Die Satzung muss den vorgeschriebenen Erfordernissen bei der Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer während des ganzen Veranlagungs- oder Bemessungszeitraums, bei den anderen Steuern im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer entsprechen. Anlage 1 (zu § 60) Mustersatzung für Vereine, Stiftungen, Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, geistliche Genossenschaften und Kapitalgesellschaften (nur aus steuerlichen Gründen notwendige Bestimmungen) §1 Der – Die – … (Körperschaft) mit Sitz in … verfolgt ausschließlich und unmittelbar – gemeinnützige – mildtätige – kirchliche – Zwecke (nicht verfolgte Zwecke streichen) im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Zweck der Körperschaft ist … (z.B. die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Jugend- und Altenhilfe, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, Kunst und Kultur, Landschaftspflege, Umweltschutz, des öffentlichen Gesundheitswesens, des Sports, Unterstützung hilfsbedürftiger Personen). Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch … (z.B. Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen und Forschungsvorhaben, Vergabe von Forschungsaufträgen, Unterhaltung einer Schule, einer Erziehungsberatungsstelle, Pflege von Kunstsammlungen, Pflege des Liedgutes und des Chorgesanges, Errichtung von Naturschutzgebieten, Unterhaltung eines Kindergartens, Kinder-, Jugendheimes, Unterhaltung eines Altenheimes, eines Erholungsheimes, Bekämpfung des Drogenmissbrauchs, des Lärms, Förderung sportlicher Übungen und Leistungen). §2 Die Körperschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. §3 Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft. §4 Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden. §5 Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Körperschaft 1. an – den – die – das – … (Bezeichnung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft), – der – die – das – es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat. oder 2. an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für … (Angabe eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks, z.B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Unterstützung von Personen, die im Sinne von § 53 der Abgabenordnung wegen … bedürftig sind, Unterhaltung des Gotteshauses in …).
1 BFH v. 18.12.2002 – I R 15/02, BStBl. II 2003, 384; AEAO zu § 59, Nr. 1. 2 BFH v. 11.3.1999 – V R 57, 58/96, BStBl. II 1999, 331; v. 21.7.1999 – I R 2/98, BFH/NV 2000, 297 mwN. 3 BFH v. 21.7.1999 – I R 2/98, BFH/NV 2000, 297.
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§ 5 Rz. 325–327
Befreiungen
Weitere Hinweise Bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei den von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verwalteten unselbständigen Stiftungen und bei geistlichen Genossenschaften (Orden, Kongregationen) ist folgende Bestimmung aufzunehmen: § 3 Abs. 2: „Der – die – das … erhält bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke nicht mehr als – seine – ihre – eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert seiner – ihrer – geleisteten Sacheinlagen zurück.“ Bei Stiftungen ist diese Bestimmung nur erforderlich, wenn die Satzung dem Stifter einen Anspruch auf Rückgewähr von Vermögen einräumt. Fehlt die Regelung, wird das eingebrachte Vermögen wie das übrige Vermögen behandelt. Bei Kapitalgesellschaften sind folgende ergänzende Bestimmungen in die Satzung aufzunehmen: 1. § 3 Abs. 1 Satz 2: „Die Gesellschafter dürfen keine Gewinnanteile und auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten.“ 2. § 3 Abs. 2: „Sie erhalten bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurück.“ 3. § 5: „Bei Auflösung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Gesellschafter und den gemeinen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, …“. § 3 Abs. 2 und der Satzteil „soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Gesellschafter und den gemeinen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten Sacheinlagen übersteigt,“ in § 5 sind nur erforderlich, wenn die Satzung einen Anspruch auf Rückgewähr von Vermögen einräumt.
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Nach § 60 Abs. 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind (sog. formelle Satzungsmäßigkeit). Diese Festschreibung in der Satzung hat die Funktion eines Buchnachweises.1 Sie soll der Finanzbehörde ermöglichen, die Voraussetzungen der Steuervergünstigung leicht und einwandfrei zu überprüfen. Deshalb sind der Satzungszweck und die Art seiner Verwirklichung so weit wie möglich zu konkretisieren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Steuerpflichtiger einen Zweck verfolgt, dem kein jedermann bekanntes, begrifflich fest umrissenes gedankliches Konzept zugrunde liegt.2
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Es reicht, wenn sich der begünstigte Zweck und die Art seiner Verwirklichung durch Auslegung der Gesamtheit der Satzungsbestimmungen ergeben. Dennoch muss die Satzung zweifelsfrei erkennen lassen, dass die Körperschaft ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Insoweit bestehende Unklarheiten gehen zulasten dessen, der sich auf die Steuervergünstigung beruft.3 Nicht ausreichend ist es, lediglich anzugeben, dass gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt werden, vielmehr muss der Zweck genau bezeichnet werden.4 Der formellen Satzungsmäßigkeit ist aber Genüge getan, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die steuerliche Vergünstigung aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen ergeben.5
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Die bloße Bezugnahme auf Satzungen oder Regelungen Dritter genügt nicht.6 Fehlerhafte Satzungsbestimmungen können daher weder durch außerhalb der Satzung getroffene Vereinbarungen noch durch Regelungen in anderen Satzungen ergänzt werden.7 Ohne Bedeutung ist auch eine den steuerbegünstigten Zwecken tatsächlich entsprechende Geschäftsführung des Vereins,8 denn die Berücksichtigung außerhalb der Satzung liegender Begleitumstände oder des nicht in der Satzung manifestierten Willens der Mitglieder würde dem Gebot des Buchnachweises widersprechen.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9
BFH v. 13.8.1987 – I R 19/96, BStBl. II 1997, 794 = FR 1997, 860. BFH v. 26.2.1992 – I R 47/89, BFH/NV 1992, 695. BFH v. 26.2.1992 – I R 47/89, BFH/NV 1992, 695. FG Hamburg v. 8.7.1988 – II 287/85, EFG 1989, 32 (rkr.). BFH v. 13.8.1987 – I R 19/96, BStBl. II 1997, 794 = FR 1997, 860. BFH v. 5.8.1992 – X R 165/88, BStBl. II 1992, 1048. BFH v. 23.7.2009 – V R 20/08, BStBl. II 2010, 719. BFH v. 21.7.1999 – I R 2/98, BFH/NV 2000, 297. BFH v. 3.9.1999 – I B 75/98, BFH/NV 2000, 301.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 328–332 § 5
Bei der Auslegung der Satzungen von Vereinen, die Steuervergünstigungen wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke beanspruchen, ist auch zu berücksichtigen, dass die Satzungen nicht lediglich den Zweck haben, die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuervergünstigungen zu erfüllen. Sie dienen auch und oft sogar vorrangig dazu, die Organisation der Vereine und die Befugnisse ihrer Organe festzulegen. Aus Gründen der Satzungsklarheit ist es daher eher geboten als zu beanstanden, wenn die Satzung ausdrücklich regelt, ob der Verein zur Erfüllung seiner steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke einen Nichtzweckbetrieb unterhalten darf oder nicht. Zwar schließt ein Satzungszweck „Unterhalten eines Nichtzweckbetriebs“ die Steuervergünstigungen aus,1 das bedeutet jedoch nicht, dass schon jede Satzungsbestimmung über das Unterhalten von Nichtzweckbetrieben diese Rechtsfolge auslöst. Wenn die Unterhaltung eines Nichtzweckbetriebs als Nebenzweck erkennbar zur Unterstützung der steuerbegünstigten Hauptzwecke (zB als Mittelbeschaffungsbetrieb) dient, kann dieser auch bereits in der Satzung entsprechend verankert werden.2
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Nicht erforderlich ist, dass in der Satzung Regelungen darüber getroffen werden, aus welchen Gründen Personen die Aufnahme verwehrt werden kann. § 60 Abs. 1 AO erfordert ausdrücklich nur Angaben über Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung.3
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Gegen einen allgemeinen Hinweis in der Satzung auf die Pflege der vereinsinternen Geselligkeit bestehen keine Bedenken, wenn aus der Satzung hervorgeht, dass die geselligen Zusammenkünfte im Vergleich zur steuerbegünstigten Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung sind.4
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Durch das Jahressteuergesetz 20095 wurde die bisher unverbindlich von der FinVerw. im AEAO festgelegte Mustersatzung in die AO aufgenommen und damit gesetzlich verbindlich festgeschrieben. Die in der Anlage 1 zu § 60 AO festgelegten Formulierungen der Mustersatzung sind zwingend von den steuerbegünstigten Körperschaften zu übernehmen, soweit sie für die jeweilige Körperschaft im Einzelfall einschlägig sind. Unter anderem sind in folgenden Fällen Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung möglich:
331
–
Bei Mittelbeschaffungskörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO) kann entgegen § 1 der Mustersatzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden.
–
Insbesondere bei Stiftungen ist der in § 3 der Mustersatzung verwendete Begriff „Mitglieder“ durch eine andere geeignete Formulierung zu ersetzen.
–
Körperschaften, deren Gesellschafter oder Mitglieder steuerbegünstigte Körperschaften sind und/oder juristische Personen des öffentlichen Rechts, welche die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden, können auf die Regelung in § 3 Satz 2 der Mustersatzung verzichten.
–
§ 5 der Mustersatzung kann in Satzungen von Vereinen ohne die Formulierung „Aufhebung“ verwendet werden.6
Derselbe Aufbau und dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen entsprechend der Mustersatzung werden nicht verlangt.7 Die Bestimmung, dass die Satzung die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten muss (§ 60 Abs. 1 Satz 2 AO), gilt für Körperschaften, die nach dem 31.12.2008 gegründet werden oder die ihre Satzung mit Wirkung nach diesem Zeitpunkt ändern (Art. 97 § 1f Abs. 2 EGAO). Die Satzung einer Körperschaft, die bereits vor dem 1.1.2009 bestanden hat, braucht nicht allein zur Anpassung an die Festlegungen in der Mustersatzung geändert zu werden.8
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BFH v. 30.9.1981 – III R 2/80, BStBl. II 1982, 148. BFH v. 18.12.2002 – I R 15/02, BStBl. II 2003, 384. BFH v. 13.8.1987 – I R 19/96, BStBl. II 1997, 794 = FR 1997, 860. BFH v. 11.3.1999 – V R 57, 58/96, BStBl. II 1999, 331; OFD Frankfurt v. 7.3.1991 – S 0179 A-1-St II 12, KStKartei HE § 5 KStG Karte H 13. JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. AEAO zu § 60, Nr. 2. AEAO zu § 60, Nr. 2. AEAO zu § 60, Nr. 3.
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§ 5 Rz. 333–336 333
Befreiungen
Die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Anerkennung der Steuerbegünstigung müssen –
bei der Körperschaftsteuer vom Beginn bis zum Ende des VZ,
–
bei der Gewerbesteuer vom Beginn bis zum Ende des EZ,
–
bei der Grundsteuer zum Beginn des Kalenderjahres, für das über die Steuerpflicht zu entscheiden ist (§ 9 Abs. 2 GrStG),
–
bei der Umsatzsteuer zu den sich aus § 13 Abs. 1 UStG ergebenden Zeitpunkten,
–
bei der Erbschaftsteuer zu den sich aus § 9 ErbStG ergebenden Zeitpunkten erfüllt sein (§ 60 Abs. 2 AO).
334 Wird bei einer bestehenden Körperschaft aufgrund von Satzungsmängeln eine Änderung der Satzung vorgenommen, wird die Änderung erst mit ihrer Eintragung in das Handelsbzw. Vereinsregister wirksam.1 Dh., eine Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist frühestens zu Beginn des nächsten VZ möglich, da im Jahr der Änderung der Satzung diese nicht während des ganzen VZ den formellen Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AO entsprochen hat. 335
Hat jedoch das Finanzamt die Satzung einer Körperschaft geprüft und dieser eine vorläufige Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit (bis zum 28.3.2013; s. Rz. 165) erteilt oder die Steuerbegünstigung durch Freistellungsbescheid (ab 29.3.2013; s. Rz. 164, 337) anerkannt, und stellt das Finanzamt bei einer späteren Überprüfung der Körperschaft fest, dass die Satzung doch nicht den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts genügt, zieht das Finanzamt aus Vertrauensschutzgründen hieraus keine nachteiligen Folgerungen für die Vergangenheit. Die Körperschaft wird trotz der fehlerhaften Satzung für abgelaufene Veranlagungszeiträume und für das Kalenderjahr, in dem die Satzung beanstandet wird, als steuerbegünstigt behandelt.2 Dies gilt jedoch nicht, wenn bei der tatsächlichen Geschäftsführung gegen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts verstoßen wurde oder die Körperschaft die Satzung geändert hat und eine geänderte Satzungsvorschrift zu beanstanden ist. In diesen Fällen fehlt es an einer Grundlage für die Gewährung von Vertrauensschutz. Diese Vertrauensschutzregelung bindet jedoch nur die FinVerw. Die FG können bestehende Satzungsmängel gleichwohl aufgreifen und die Steuerbegünstigung einer Körperschaft allein schon wegen dieser Mängel infrage stellen.3 Ab dem 29.3.2013 wird über die Ordnungsmäßigkeit der Satzung im Rahmen eines Feststellungsverfahrens (§ 60a AO) entschieden (Rz. 337 ff.).
336
Wird bei Neugründungsfällen die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO abgelehnt und wird im gleichen VZ eine den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen entsprechende Satzung vorgelegt, kann die Steuerbegünstigung grundsätzlich erst ab dem darauffolgenden VZ gewährt werden (§ 60 Abs. 2 AO). Wenn jedoch die Körperschaft in der Zwischenzeit keine nach außen gerichteten Tätigkeiten entfaltet und keine Mittelverwendung stattgefunden hat, erfolgt durch die FinVerw. gleichwohl eine Anerkennung für den laufenden VZ.4
XII. Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen (§ 60a AO) § 60a Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen (1) 1Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 wird gesondert festgestellt. 2Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen, bindend. (2) Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt 1. auf Antrag der Körperschaft oder 2. von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist. (3) Die Bindungswirkung der Feststellung entfällt ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Feststellung beruht, aufgehoben oder geändert werden.
1 2 3 4
BFH v. 25.4.2001 – I R 22/00, BStBl. II 2001, 518. AEAO zu § 59, Nr. 8. BFH v. 25.1.2005 – I R 52/03, BStBl. II 2005, 514; v. 23.7.2009 – V R 20/08, BStBl. II 2010, 719. AEAO zu § 60, Nr. 8.
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Kmpel
K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 337–339 § 5
(4) Tritt bei den für die Feststellung erheblichen Verhältnissen eine Änderung ein, ist die Feststellung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. (5) 1Materielle Fehler im Feststellungsbescheid über die Satzungsmäßigkeit können mit Wirkung ab dem Kalenderjahr beseitigt werden, das auf die Bekanntgabe der Aufhebung der Feststellung folgt. 2§ 176 gilt entsprechend, außer es sind Kalenderjahre zu ändern, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes beginnen.
1. Allgemeines Mit Wirkung ab dem 29.3.2013 wurde durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.20131 ein gesondertes Feststellungsverfahren über die Ordnungsmäßigkeit der Satzung einer steuerbegünstigten Einrichtung mit dem neuen § 60a AO erstmals in das Gesetz aufgenommen. Hinsichtlich des bis zum 28.3.2013 praktizierten Verfahrens der Erteilung einer vorläufigen Bescheinigung wird auf Rz. 165 verwiesen. Aufgrund der mit der Feststellung verbundenen Bindungswirkung erhalten die steuerbegünstigten Körperschaften nun Rechtssicherheit in dieser Frage. So können Körperschaften, bei denen eine Feststellung abgelehnt wird, dagegen im Rahmen des Einspruchs und ggf. eines sich daran anschließenden Klageverfahrens vorgehen. Eine Feststellung nach § 60a AO ist für Körperschaften ausgeschlossen, die weder unbeschränkt (iSd. § 1 KStG) noch beschränkt (iSd. § 2 KStG) steuerpflichtig sind.2
337
2. Feststellungsverfahren (§ 60a Abs. 1 und 2 AO) Ob die Satzung einer steuerbegünstigten Einrichtung den formellen Anforderungen der 338 §§ 51, 59, 60, und 61 AO entspricht, wird ab dem 29.3.2013 im Rahmen einer gesonderten Feststellung entschieden (§ 60a Abs. 1 AO). Der Feststellungsbescheid hat als Grundlagenbescheid iSd. § 182 AO Bindungswirkung sowohl für das Besteuerungsverfahren der Körperschaft als auch für das Besteuerungsverfahren eines Zuwenders hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen (Spenden und ggf. Beiträge). Mit dem Feststellungsbescheid wird jedoch nicht die Entscheidung vorweggenommen, ob eine Körperschaft steuerbegünstigt iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist, sondern diese Feststellung ist lediglich eine Ergänzung zum Freistellungsverfahren. Wenn beispielsweise einer steuerbegünstigten Körperschaft wegen Verstößen gegen die Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung die Steuervergünstigung versagt wird, bleibt die Feststellung über die Ordnungsmäßigkeit der Satzung davon unberührt. Andererseits wird die Gewährung einer Steuervergünstigung, ohne dass die Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 60a Abs. 1 AO erfüllt sind, regelmäßig nicht möglich sein, da die Freistellung sowohl eine ordnungsmäßige Satzung als auch eine den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprechende Satzung verlangt (§ 59 AO). Die Feststellung erfolgt –
auf Antrag der Körperschaft oder
–
von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher die Feststellung noch nicht erfolgt ist.
Steuerbegünstigte Körperschaften haben danach die Möglichkeit, auch außerhalb des Veranlagungsverfahrens feststellen zu lassen, dass ihre Satzung den Anforderungen der Abgabenordnung genügt, beispielsweise im Rahmen der Gründung oder nach einer erfolgten Satzungsänderung. Spätestens mit der ersten nach der Einführung des § 60a AO erfolgten Körperschaftsteu- 339 erveranlagung erfolgt für die steuerbegünstigten Körperschaften die Prüfung und ggf. Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Satzung. Während die Satzung der steuerbegünstigten Körperschaften, die seit dem 1.1.2009 gegründet worden sind bzw. die nach dem 31.12.2008 ihre Satzung geändert haben, bereits die Anforderungen der Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 Abs. 1 AO) erfüllen muss (Art. 97 § 1f Abs. 2 EGAO), kann es bei älteren steuerbegünstigten Körperschaften zu formellen Beanstandungen der Satzung kommen, die den Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 60a Abs. 1 AO nicht mehr zulassen. Hier besteht uE für die steuerbegünstigten Einrichtungen unter Berufung auf die in der Vergangenheit durch die FinVerw. praktizierte Vertrauensschutzregelung3 die Möglichkeit, bestehende formelle
1 BGBl. I 2013, 556. 2 AEAO zu § 60a, Nr. 3. 3 AEAO zu § 59, Nr. 8.
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§ 5 Rz. 339–344
Befreiungen
Satzungsmängel innerhalb einer angemessenen Frist (zB bis zur nächsten regulären Mitgliederversammlung) zu beheben, um weiterhin als steuerbegünstigte Einrichtung anerkannt werden zu können. Eine Feststellung über die Ordnungsmäßigkeit der Satzung nach § 60a Abs. 1 AO kann dann jedoch frühestens nach der Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister erfolgen.1 340
Ist einmal eine Feststellung nach § 60a Abs. 1 AO erfolgt, bleibt diese so lange wirksam, bis ihre Bindungswirkung nach § 60a Abs. 3–5 AO entfällt. Um diese Bindungswirkung nicht zu unterlaufen, sollen Feststellungsbescheide nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergehen.2 3. Wegfall der Bindungswirkung (§ 60a Abs. 3–5 AO)
341 Ändern sich die gesetzlichen Regelungen, die der Entscheidung zugrunde liegen, entfällt die Bindungswirkung der Feststellung automatisch, ohne dass der Bescheid durch das Finanzamt aufgehoben werden muss (§ 60a Abs. 3 AO). Ein Aufhebungsbescheid ist in diesem Fall nicht erforderlich. 342
Das Finanzamt hat die Möglichkeit, die Feststellung aufzuheben, wenn bei den Verhältnissen, die für die Feststellung erheblich sind, eine Änderung eingetreten ist. Die Feststellung ist dann mit Wirkung von dem Zeitpunkt an aufzuheben, an dem sich Verhältnisse geändert haben (§ 60a Abs. 4 AO). Das betrifft beispielsweise Fälle, in denen die Satzung geändert wird und diese dadurch nicht mehr den Anforderungen des § 60 Abs. 1 AO entspricht.
343
Beruht die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen auf einem materiellen Fehler, kann sie mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden. Dies ist der Fall, wenn eine fehlerhafte Feststellung nach § 60a AO über eine nicht den Anforderungen der §§ 59–61 AO entsprechende Satzung erfolgt ist. Die Feststellung ist in diesem Fall ab dem Jahr aufzuheben, das auf die Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung folgt. Stellt sich also beispielsweise im Mai des Jahres 01 heraus, dass der Feststellung nach § 60a AO ein materieller Fehler zugrunde liegt, und ergeht der Bescheid zur Aufhebung der Feststellung nach § 60a AO im August 01, tritt die Aufhebung zum 1.1.2002 in Kraft. Die Regelung des § 176 AO ist dabei entsprechend anzuwenden. Dies gilt allerdings nicht für die Kalenderjahre, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Bundes beginnen (§ 60a Abs. 5 AO).
XIII. Satzungsmäßige Vermögensbindung – § 61 AO § 61 Satzungsmäßige Vermögensbindung (1) Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4) liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. (2) (weggefallen) (3) 1Wird die Bestimmung über die Vermögensbindung nachträglich so geändert, dass sie den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 nicht mehr entspricht, so gilt sie von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend. 2§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Steuerbescheide erlassen, aufgehoben oder geändert werden können, soweit sie Steuern betreffen, die innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre vor der Änderung der Bestimmung über die Vermögensbindung entstanden sind.
344
Die bereits durch § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO (s. hierzu Rz. 263) geforderte Vermögensbindung wird über § 61 Abs. 1 AO dahingehend konkretisiert, dass die Verwendung des Vermögens bei Auflösung oder Aufhebung oder Wegfall des bisherigen Zwecks bereits in der Satzung so genau festzulegen ist, dass der steuerbegünstigte Verwendungszweck allein anhand der Satzung überprüft werden kann. Es soll sichergestellt sein, dass das gemeinnützigkeitsrechtlich gebundene Vermögen dauerhaft für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird.
1 So auch Fischer, jurisPR-SteuerR 12/2013, Anm. 1; anders die FinVerw., die eine Feststellung nach § 60a AO auch bei Körperschaften zulässt, deren Satzung nicht der Mustersatzung entspricht, wenn diese vor dem 1.1.2009 bestanden haben; AEAO zu § 60a, Nr. 2. 2 AEAO zu § 60a, Nr. 1.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 345–350 § 5
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO darf bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall der steuerbegünstigten Zwecke das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Als Empfänger des Vermögens kommen in Betracht: –
inländische steuerbegünstigte Körperschaften,
–
die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften,
–
juristische Personen des öffentlichen Rechts.1
345
Ab dem 1.1.2009 haben neu gegründete steuerbegünstigte Körperschaften oder Körper- 346 schaften, die ihre Satzung nach dem 31.12.2008 ändern, die Regelungen über die Vermögensbindung entsprechend § 5 der Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) zu übernehmen (Art. 97 § 1f Abs. 2 EGAO). Aber auch schon vor dem 1.1.2009 war in der Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft zwingend eine entsprechende Regelung zur Vermögensbindung aufzunehmen. So stellte der BFH2 fest, dass die gesetzlich vorgeschriebene satzungsmäßige Festschreibung der künftigen Vermögensverwendung (§ 61 Abs. 1 AO) die Funktion eines Buchnachweises hat. So ist die künftige Vermögensverwendung in der Satzung der Körperschaft, die als steuerbegünstigt anerkannt werden will, festzuschreiben. Ein Bezug in der Satzung auf außerhalb der Satzung bestehende Vereinbarungen oder Satzungen anderer Körperschaften reicht nicht aus. Die formelle Satzungsmäßigkeit ist zu bejahen, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen der die Steuerfreiheit begehrenden Körperschaft ergeben. Außerhalb der Satzung liegende Begleitumstände können nicht berücksichtigt werden. Nach § 5 der ab 1.1.2009 verbindlich zu verwendenden Vermögensbindung lt. Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) ist in der Satzung eine Regelung darüber zu treffen: –
an welche Körperschaft (konkrete Benennung des Empfängers erforderlich) das vorhandene Vermögen im Fall des Eintritts der Vermögensbindung fällt und dass diese die Mittel unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat; oder
–
dass das Vermögen an eine juristische Person oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft (keine konkrete Benennung des Empfängers erforderlich) fällt, die es für einen bestimmten steuerbegünstigten Zweck (genaue Benennung des Zwecks erforderlich) zu verwenden hat.
347
Es ist nicht erforderlich, dass der Vermögensempfänger den gleichen steuerbegünstigten Zweck verfolgt.
348
Nach dem zum 31.12.2006 aufgehobenen § 61 Abs. 2 AO3 durfte bei Vorliegen zwingender Gründe in der Satzung bestimmt werden, dass über die Verwendung des Vermögens zu steuerbegünstigten Zwecken nach Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke erst nach Einwilligung des Finanzamts bestimmt wird. Im Fall des Eintritts der Vermögensbindung musste vor der Übertragung die Zustimmung der FinVerw. eingeholt werden. Eine Satzung braucht nicht allein deswegen geändert zu werden, weil sie eine vor der Aufhebung des § 61 Abs. 2 zulässige Bestimmung über die Vermögensbindung enthält.4
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Wird die satzungsmäßige Vermögensbindung aufgehoben oder so geändert, dass sie den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO nicht mehr entspricht, gilt sie von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO können Steuerbescheide geändert, aufgehoben oder erlassen werden, soweit sie Steuern betreffen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Aufhebung der Vermögensbindung entstanden sind (§ 61 Abs. 3 AO). Die Regelung greift auch ein, wenn die Bestimmung über die Vermögensbindung erst zu einem Zeitpunkt geändert wird, in dem die Körperschaft nicht mehr als steuerbegünstigt anerkannt wird.5
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1 2 3 4 5
AEAO zu § 61, Nr. 1. BFH v. 21.7.1999 – I R 2/98, BFH/NV 2000, 297. G zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements v. 10.10.2007, BGBl. I 2007, 2332. AEAO zu § 61, Nr. 2. AEAO zu § 61, Nr. 3.
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§ 5 Rz. 351–353
Befreiungen
351
Aufgrund der Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO). Bei der nachträglichen Besteuerung ist so zu verfahren, als ob die Körperschaft von Anfang an uneingeschränkt steuerpflichtig gewesen wäre. Die Regelung des § 13 Abs. 3 KStG ist daher mangels eines Wechsels von der Steuerbefreiung in die Steuerpflicht nicht anwendbar.1 Dh., stille Reserven im betrieblichen Bereich unterliegen bei einer nachträglichen Besteuerung im vollen Umfang der Besteuerung.
352
Neben dem formellen Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung können auch Verstöße der tatsächlichen Geschäftsführung gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO so schwerwiegend sein, dass sie einer Verwendung des gesamten Vermögens für satzungsfremde Zwecke gleichkommen.2 Auch in diesen Fällen ist eine Nachversteuerung nach § 61 Abs. 3 möglich (s. auch § 63 Abs. 2 AO, Rz. 396).
XIV. Rücklagen und Vermögensbildung – § 62 AO § 62 Rücklagen und Vermögensbildung (1) Körperschaften können ihre Mittel ganz oder teilweise 1. einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig zu erfüllen; 2. einer Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern zuführen, die zur Verwirklichung der steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke erforderlich sind (Rücklage für Wiederbeschaffung). 2Die Höhe der Zuführung bemisst sich nach der Höhe der regulären Absetzungen für Abnutzung eines zu ersetzenden Wirtschaftsguts. 3Die Voraussetzungen für eine höhere Zuführung sind nachzuweisen; 3. der freien Rücklage zuführen, jedoch höchstens ein Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens 10 Prozent der sonstigen nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 zeitnah zu verwendenden Mittel. 2Ist der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage in einem Jahr nicht ausgeschöpft, kann diese unterbliebene Zuführung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden; 4. einer Rücklage zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften zuführen, wobei die Höhe dieser Rücklage die Höhe der Rücklage nach Nummer 3 mindert. (2) 1Die Bildung von Rücklagen nach Absatz 1 hat innerhalb der Frist des § 55 Absatz 1 Nummer 5 Satz 3 zu erfolgen. 2Rücklagen nach Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sind unverzüglich aufzulösen, sobald der Grund für die Rücklagenbildung entfallen ist. 3Die freigewordenen Mittel sind innerhalb der Frist nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 Satz 3 zu verwenden. (3) Die folgenden Mittelzuführungen unterliegen nicht der zeitnahen Mittelverwendung nach § 55 Absatz 1 Nummer 5: 1. Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat; 2. Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass diese zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind; 3. Zuwendungen auf Grund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden; 4. Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören. (4) Eine Stiftung kann im Jahr ihrer Errichtung und in den drei folgenden Kalenderjahren Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nach § 14 ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführen.
1. Allgemeines 353 Durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz3 wurden mit Wirkung ab dem 1.1.2014 die bisher in § 58 Nr. 6, 7, 11 und 12 AO aF enthaltenen Regelungen über die Rücklagenbildung sowie die Regelungen über die Vermögensbildung in den neu geschaffenen § 62 AO – in weiten Teilen inhaltsgleich – verschoben.
1 AEAO zu § 61, Nr. 8. 2 BFH v. 12.10.2010 – I R 59/09, BStBl. II 2012, 226 = FR 2011, 317 m. Anm. Fischer. 3 G. v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556 (557).
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9) bisher zweckgebundene Rücklage
Rz. 353–356 § 5
neu ab dem 1.1.2014 § 58 Nr. 6 AO
–
zweckgebundene Rücklage
§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO
Rücklage für Wiederbeschaffung
§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO
freie Rücklage
§ 58 Nr. 7a AO
freie Rücklage, Verlängerung der Bildungsfrist
§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO
Rücklage zum Erhalt der Beteiligungsquote
§ 58 Nr. 7b AO
Rücklage zum Erhalt der Beteiligungsquote
§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO u. § 58 Nr. 10 AO
Bildung und Auflösung von Rücklagen
§ 62 Abs. 2 AO
– Ausnahmen der zeitnahen Mittelverwendung
§ 58 Nr. 11 AO
Ausnahmen der zeitnahen Mittelverwendung
§ 62 Abs. 3 AO
Ausstattung von Stiftungen
§ 58 Nr. 12 AO
Ausstattung von Stiftungen
§ 62 Abs. 4 AO
Die Möglichkeiten der Rücklagenbildung und der Zuführung von Mitteln zum Vermögen dienen der dauerhaften Sicherung der Zweckerfüllung. Rechtlich sind die Rücklagen und Vermögenszuführungen allerdings Ausnahmen vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Die Verortung dieser Regelungen in § 62 AO ist die gesetzessystematische Unterstreichung dieser Einordnung als Ausnahme.1 Im Folgenden wird die ab 1.1.2014 geltende Rechtslage zur Bildung von Rücklagen und der Vermögensbildung unter besonderer Berücksichtigung der Änderungen gegenüber den bis zum 31.12.2013 geltenden Regelungen dargestellt.
354
2. Rücklagenbildung (§ 62 Abs. 1 AO) a) Zweckgebundene Rücklagen (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO) § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO regelt die sog. „zweckgebundene Rücklage“. Er entspricht inhaltlich der Regelung des bisherigen § 58 Nr. 6 AO aF. Durch § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO wird das durch § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO normierte Gebot der zeitnahen Mittelverwendung dahingehend durchbrochen, dass aus zeitnah zu verwendenden Mitteln eine Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO gebildet werden kann, soweit dies erforderlich ist, um nachhaltig die satzungsmäßigen Zwecke erfüllen zu können.
355
Die Mittel müssen dabei für bestimmte Zweckverwirklichungsmaßnahmen angesammelt werden. Für die Durchführung müssen konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Kann für ein bestimmtes Vorhaben noch kein genauer Zeitpunkt für die Durchführung festgelegt werden, ist eine Rücklagenbildung nur zulässig, wenn die Durchführung glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich ist.2 Grundsätzlich sollte ein Zeitraum von sechs Jahren nicht überschritten werden. Das Merkmal „erforderlich“ ist – hinsichtlich Grund, Höhe und zeitlichem Umfang – nach objektiven Kriterien des konkreten Falles zu überprüfen.3 Nicht ausreichend ist das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit der Körperschaft zu erhalten. Ebenfalls nicht ausreichend ist die erstmalige Bildung einer ertragbringenden Vermögenssubstanz aus den Mitteln der Körperschaft zur nachhaltigen Zweckerfüllung. Die Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO für die zeitnahe Verwendung von Mitteln kann nicht mit der Begründung verlängert werden, die Überlegungen zur Verwendung der Mittel seien noch nicht abgeschlossen. Dementsprechend kommt mit einer solchen Begründung auch die Bildung einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht in Betracht.
356
1 S. auch Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/11316, 14. 2 AEAO zu § 62, Nr. 4. 3 BFH v. 13.9.1989 – I R 19/85, BStBl. II 1990, 28.
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§ 5 Rz. 357–365 357
Befreiungen
Das nachfolgende Schaubild zeigt die typischerweise häufig vorkommenden Rücklagen iRd. § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO:
Zweckgebundene Rücklagen
Investitionsrücklage
Instandhaltungsrücklage
Betriebsmittelrücklage
Zweckrücklage
358
Eine Investitionsrücklage dient zur erstmaligen Anschaffung von Wirtschaftsgütern, die zur satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zweckverwirklichung der Körperschaft erforderlich sind.
359
Durch die Bildung von Instandhaltungsrücklagen können notwendige Reparatur- und Erhaltungsmaßnahmen für im steuerbegünstigten Bereich genutzte Wirtschaftsgüter, wie zB die Dachsanierung des steuerbegünstigt genutzten Gebäudes, finanziert werden.
360
Die sog. „Betriebsmittelrücklage“ kann für periodisch wiederkehrende Ausgaben in Höhe des Mittelbedarfs für eine angemessene Zeitspanne als Rücklage iSd. § 58 Nr. 6 AO gebildet werden.1 Die Höhe der Rücklage ist davon abhängig, in welchem Umfang die Körperschaft regelmäßige Einnahmen erzielt. Insoweit bestimmt sich die Zeitspanne (höchstens bis zu einem Geschäftsjahr) nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles.
361
Ebenfalls unschädlich ist die vorsorgliche Bildung einer Rücklage zur Bezahlung von Steuern außerhalb eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, solange Unklarheit darüber besteht, ob die Körperschaft insoweit in Anspruch genommen wird. b) Rücklage für Wiederbeschaffung (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO)
362 Die Bildung von Rücklagen für Wiederbeschaffung war bis zum 31.12.2013 als eine der Formen einer zweckgebundenen Rücklage nach § 58 Nr. 6 AO aF zulässig. Ab dem 1.1.2014 wurde hierfür eine eigenständige Regelung in § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO geschaffen. 363
Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO ist die Bildung einer Rücklage für Wiederbeschaffung immer dann zulässig, wenn eine Wiederbeschaffung von im steuerbegünstigten Bereich genutzten Wirtschaftsgütern beabsichtigt und erforderlich ist. Die Höhe der Rücklage bemisst sich grundsätzlich nach der Höhe der regulären (linearen) Abschreibung des zu ersetzenden Wirtschaftsguts. Sollte eine höhere Zuführung erforderlich sein, muss die steuerbegünstigte Einrichtung diesen höheren Zuführungsbedarf durch geeignete Unterlagen nachweisen.2 Die Zuführung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen dürfte zB dann nicht ausreichen, wenn das vorhandene Wirtschaftsgut entweder frühzeitig oder durch ein besseres, größeres und teureres Wirtschaftsgut ersetzt werden soll.
364
Aus der gesetzlichen Vorgabe, dass eine Wiederbeschaffung beabsichtigt und erforderlich sein muss, kann uE nicht der Schluss gezogen werden, dass Mittel in Höhe der regulären Abschreibung eines Wirtschaftsguts generell einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO zugeführt werden dürfen. Vielmehr ist erforderlich, dass tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Die Zuführung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen in eine Rücklage für Wiederbeschaffung wäre zB dann nicht gerechtfertigt, wenn ein Fuhrpark verkleinert oder ein Gebäude während unabsehbar langer Zeit nicht durch einen Neubau ersetzt werden soll. Der FinVerw. reicht als Nachweis für die beabsichtigte Wiederbeschaffung eines Wirtschaftsguts (mit Ausnahme von Immobilien) in der Regel die Bildung einer entsprechenden Rücklage aus.3
365
Wenn die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO erfüllt sind, stehen sämtliche Mittel der Körperschaft für die Rücklagenbildung zur Verfügung. Auf die Herkunft der Mittel kommt es nicht an.4 Der Gewinn aus einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäfts1 2 3 4
AEAO zu § 62, Nr. 4. AEAO zu § 62, Nr. 4. AEAO zu § 62, Nr. 6. AEAO zu § 62, Nr. 3.
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Rz. 365–371 § 5
K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
betrieb kann erst nach Abzug der darauf entfallenden Steuern einer zweckgebundenen Rücklage zugeführt werden. Soweit die Körperschaft mehrere Vorhaben gleichzeitig beabsichtigt, sind nebeneinander auch mehrere Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO zulässig. Desgleichen gilt, wenn neben einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO eine freie Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO gebildet wird.1
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Die Möglichkeit, nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO zweckgebundene Rücklagen für zeitnah 367 zu verwendende Mittel zu bilden, gilt auch für gemeinnützige Spendensammel- und Fördervereine iSd. § 58 Nr. 1 AO.2 Auch diese können Mittel einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO thesaurieren, wenn dies zur Erreichung eines bestimmten Förderzwecks sinnvoll und notwendig ist. c) Freie Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) Aus den zeitnah zu verwendenden Mitteln (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) darf eine steuerbegünstigte Körperschaft jährlich höchstens ein Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung sowie 10 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO, sog. „freie Rücklage“, zuführen. Insoweit entspricht die Regelung der bisherigen Möglichkeit in § 58 Nr. 7a AO aF. Neu ist, dass ab dem 1.1.2014 die unterbliebene Bildung einer freien Rücklage innerhalb von zwei Jahren im Rahmen des nicht ausgeschöpften Höchstbetrags nachgeholt werden kann. Bis dahin ließ die FinVerw. die Nachholung einer Rücklagenbildung nicht zu.3
368
Während der Dauer ihres Bestehens braucht die Körperschaft die freie Rücklage nicht aufzulösen. Sie ist der Höhe nach unbegrenzt. Erst bei Eintritt der Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) muss sie für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden. Zwar unterliegen die angesammelten Mittel einer freien Rücklage nicht mehr dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, sie sind jedoch final für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden. Daher ist die Verwendung der Mittel einer freien Rücklage im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – zB für einen Verlustausgleich – gemeinnützigkeitsschädlich. Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, die freien Rücklagen für die Errichtung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs einzusetzen. Die Mittel können – solange die freie Rücklage fortbesteht – auch im Rahmen der Vermögensverwaltung angelegt werden4 oder zur Ausstattung einer steuerpflichtigen Tochtergesellschaft eingesetzt werden.5 Auch stehen sie für Vermögensumschichtungen zur Verfügung.6
369
Bei der Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung sind unter Ausgaben die Aufwendungen zu verstehen, die im Rahmen der Vermögensverwaltung Werbungskosten darstellen würden.7
370
Sonstige zeitnah zu verwendende Mittel sind die Überschüsse bzw. Gewinne aus Zweckbetrieben, den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sowie dem ideellen Bereich. Die FinVerw. lässt bei dem ideellen Bereich – uE fehlerhaft – die Bruttoeinnahmen als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der freien Rücklage zu.8 Auch sind nach Auffassung der FinVerw. Verluste aus einer Sphäre nicht mit Gewinnen anderer Sphären zu verrechnen, sodass im Einzelfall ggf. eine höhere freie Rücklage gebildet werden kann, als überhaupt zeitnah zu verwendende Mittel vorhanden sind.
371
Beispiel: Einnahmen ideeller Bereich Ausgaben ideeller Bereich Verlust Zweckbetrieb Gewinn stpfl. wG zeitnah zu verwendende Mittel
100 000 ¤ ./. 100 000 ¤
0¤ ./. 20 000 ¤ + 30 000 ¤ 10 000 ¤
Lösung: Aufgrund der Berechnungsmethode der FinVerw. könnte eine freie Rücklage iHv. 13 000 Euro (10 % von 100 000 Euro Einnahmen ideeller Bereich + 10 % Gewinn stpfl. wG 30 000 Euro) gebildet werden, 1 2 3 4 5 6 7 8
AEAO zu § 68, Nr. 5. BFH v. 13.9.1989 – I R 19/85, BStBl. II 1990, 28. AEAO 2008 zu § 58, Nr. 15. AEAO zu § 62, Nr. 11. AEAO zu § 62, Nr. 12. OFD Frankfurt v. 20.2.2012 – S 0177 A - 1 - St 53, juris. AEAO zu § 62, Nr. 9. So auch Hüttemann, DB 2000, 1548; Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.8.7.1.2.
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§ 5 Rz. 371–377
Befreiungen
obwohl nur zeitnah zu verwendende Mittel iHv. 10 000 Euro vorhanden sind. Nach dem Gesetzeswortlaut ist jedoch als Bemessungsgrundlage für die Bildung der 10-prozentigen freien Rücklage von den sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln auszugehen, die zum Ende des VZ vorhanden sind. Eine Unterscheidung in die für die 10-prozentige freie Rücklage verbleibenden drei Sphären (ideeller Bereich, Zweckbetrieb und stpfl. wG) ist nicht vorgesehen. Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der freien Rücklage für diese Sphären ist das Gesamtergebnis, dh. nach Abzug der Ausgaben und saldiert um Gewinne und Verluste, heranzuziehen. Im Beispielsfall könnte daher nur eine freie Rücklage von max. 1000 Euro gebildet werden (10 % v. 10 000 Euro saldiertes Ergebnis). Da jedoch die Auffassung der FinVerw. zugunsten der Stpfl. wirkt, wird es wohl deswegen keinen Rechtsstreit geben.
d) Kapitalerhaltungsrücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO) 372 Bis zum 31.12.2013 war die Möglichkeit, zeitnahe Mittel für den Erhalt der Beteiligungsquote im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu verwenden, in § 58 Nr. 7 Buchst. b AO aF geregelt. Im Rahmen der Neufassung durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz1 wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2014 die Regelung des § 58 Nr. 7 Buchst. b AO aF auf die §§ 58 Nr. 10 AO und 62 Abs. 1 Nr. 4 AO aufgeteilt. So können Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften in eine Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO eingestellt werden. Die Regelung zur Mittelverwendung für einen solchen Erwerb im Jahr des Zuflusses findet sich nun in § 58 Nr. 10 AO (s. auch Rz. 319). Nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO kann eine steuerbegünstigte Körperschaft, die an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, zur Finanzierung einer Kapitalerhöhung zum Erhalt ihrer Beteiligungsquote zeitnah zu verwendende Mittel einer Rücklage zuführen. 373
Die Kapitalerhaltungsrücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO kann aus sämtlichen vorhandenen, zeitnah zu verwendenden Mitteln des laufenden Kj. gebildet werden. Anders als bei der Bildung der freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO gibt es keine rechnerischen Begrenzungen. Soweit jedoch eine Kapitalerhaltungsrücklage gebildet wird, scheidet die Bildung einer freien Rücklage aus. Auf die Ausführungen zu § 58 Nr. 10 AO (Rz. 321) wird ergänzend hingewiesen.
374
Die Bildung einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO ist nur zulässig, wenn sich der Bedarf für eine Kapitalerhöhung bereits konkret abzeichnet und sich aus der Beteiligung auf Dauer ein Überschuss erzielen lässt.2 Nicht durch § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO begünstigt ist die Aufstockung einer Beteiligung oder die erstmalige Begründung einer Beteiligung.3 3. Frist zur Bildung/Folgen bei Auflösung von Rücklagen (§ 62 Abs. 2 AO)
375 Rücklagen iSd. § 62 Abs. 1 AO können ab dem ab dem 1.1.2014 innerhalb der zweijährigen Verwendungsfrist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO gebildet werden (§ 62 Abs. 2 Satz 1 AO). Bis zum 31.12.2013 musste die freie Rücklage (§ 58 Nr. 7a AO aF) jährlich gebildet werden. Eine Nachholung in späteren Jahren war nicht zulässig.4 Die Bildung und Berechnung der Rücklagen ist dem Finanzamt gegenüber darzulegen und in der Rechnungslegung – ggf. in einer Nebenrechnung – gesondert auszuweisen, damit eine Kontrolle jederzeit und ohne besonderen Aufwand möglich ist.5 376
Die Voraussetzungen für eine Rücklage nach § 62 Abs. 1, 2 und 4 AO sind in jedem Veranlagungszeitraum erneut zu prüfen. Stellt sich in der Folgezeit heraus, dass die Berechtigung für die Rücklagenbildung nicht mehr besteht, weil zB der Grund für die Rücklagenbildung im Nachhinein weggefallen ist oder die Körperschaft ihr Vorhaben aufgegeben hat, ist die Rücklage unverzüglich aufzulösen (§ 62 Abs. 2 Satz 2 AO). Die frei werdenden Mittel unterliegen nunmehr wieder dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung und sind innerhalb der Zweijahresfrist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 AO zu verwenden.6 Sie können dann aber auch wieder einer neuen Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 AO zugeführt werden, soweit hierfür die Voraussetzungen erfüllt werden. 4. Mittelzuführungen zum Vermögen (§ 62 Abs. 3 AO) a) Allgemeines
377
Die Regelung des § 62 Abs. 3 AO entspricht vollinhaltlich der bisherigen Regelung des § 58 Nr. 11 AO aF. Durch § 62 Abs. 3 AO werden bestimmte Zuführungen an eine steuerbegüns1 2 3 4 5 6
G. v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.8.7.2. AEAO zu § 62, Nr. 12. AEAO 2008 zu § 58, Nr. 15. BFH v. 20.12.1978 – I R 21/76, BStBl. II 1979, 496. OFD Frankfurt v. 20.2.2012 – S 0177 A - 1 - St 53, juris.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 377–382 § 5
tigte Einrichtung von dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung befreit. Diese Zuführungen können auf Dauer dem Vermögen zugeführt werden. Die ursprüngliche Regelung des § 58 Nr. 11 AO aF (jetzt § 62 Abs. 3 AO) wurde durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen v. 14.7.20001 mit Wirkung ab dem 1.1.2000 (Art. 97 § 1a Abs. 3 EGAO) neu eingeführt. Sie löste jedoch nur die bis dahin entsprechend geltenden Verwaltungsregelungen2 ab, sodass sich faktisch keine grundlegenden Änderungen ergaben. Es handelt sich nach Auffassung der FinVerw.3 um eine abschließende Aufzählung, die für alle steuerbegünstigten Körperschaften gilt. Wie auch Hüttemann4 sind wir der Auffassung, dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung der Ausnahmen vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung handelt. b) Zuwendungen von Todes wegen (§ 62 Abs. 3 Nr. 1 AO) Zuwendungen von Todes wegen (wie zB Erbschaften, Vermächtnisse) können dem Vermögen zugeführt werden, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der steuerbegünstigten Körperschaft vorgeschrieben hat. Es ist also zu prüfen, ob und welche testamentarische Verfügungen durch den Erblasser getroffen worden sind. Liegen keine Auflagen hinsichtlich einer zeitnahen Verwendung vor, können Mittel aus Erbschaften bzw. Vermächtnissen dauerhaft dem Vermögen zugeführt werden.
378
c) Zuwendungen von Lebenden (§ 62 Abs. 3 Nr. 2 AO) Zuwendungen von Lebenden (Spenden) können dann dem Vermögen zugeführt werden, wenn der Zuwendende (Spender) ausdrücklich erklärt, dass sie zur Vermögensausstattung bzw. Erhöhung des Vermögens der steuerbegünstigten Körperschaft bestimmt sind (Widmung). Ohne eine entsprechende Widmung müssen Zuwendungen zeitnah für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. UE ist die Widmung zeitnah – dh. innerhalb der nächsten zwei bis drei Wochen nach der Zuwendung – vorzunehmen. Für die Widmung reicht ein kleiner Vermerk, zB das Wort „Vermögensaufbauspende“, auf dem Überweisungsträger aus. Im Nachhinein, zB im Rahmen einer Betriebsprüfung, kann eine Widmung nicht mehr nachgeholt werden.
379
d) Zuwendungen aufgrund eines besonderen Spendenaufrufs (§ 62 Abs. 3 Nr. 3 AO) Zuwendungen aufgrund eines besonderen Spendenaufrufs einer steuerbegünstigten Körperschaft, aus dem erkennbar ist, dass damit das Vermögen der Körperschaft aufgestockt werden soll, können ebenfalls dem Vermögen zugeführt werden.
380
Aus dem Spendenaufruf muss das Ziel „Vermögensaufstockung“ deutlich erkennbar sein, damit ein Zuwendender dies erkennt und sich bewusst für diese Vermögensaufbauspende entscheidet. Ein besonderer Spendenaufruf wirkt uE nicht unbegrenzt in die Zukunft, sondern verpufft nach einer Weile. Dh.: Zuwendungen nach diesem Zeitraum können nicht mehr dem Vermögen, sondern müssen wieder zeitnah für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Der Zeitraum, innerhalb dessen ein besonderer Spendenaufruf wirkt, ist uE mit drei Monaten anzusetzen. e) Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören (§ 62 Abs. 3 Nr. 4 AO) Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören, können ebenfalls dem Ver- 381 mögen – auch ohne besondere Widmung (§ 62 Abs. 3 Nr. 2 AO) – zugeführt werden. Unter Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören, sind Wirtschaftsgüter zu verstehen, die ihrer Art nach von der Körperschaft im ideellen Bereich, im Rahmen der Vermögensverwaltung oder im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb genutzt werden können.5 Typischerweise gehört ein Grundstück zu derartigen Wirtschaftsgütern. 5. Zuführungen zum Vermögen für Stiftungen (§ 62 Abs. 4 AO) Diese Regelung entspricht, bis auf den von zwei auf drei Kalenderjahre erweiterten Zuführungszeitraum, dem bisherigen § 58 Nr. 12 AO aF. Ab dem 1.1.20006 dürfen Stiftungen im 1 2 3 4 5 6
BGBl. I 2000, 1034. Vgl. AEAO 1998 zu § 55, Nr. 10 Satz 2 Buchst. a–d. AEAO zu § 62, Nr. 16. Hüttemann, DB 2000, 1584. AEAO zu § 62, Nr. 16. G zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen v. 14.7.2000, BGBl. I 2000, 1034; Art. 97 § 1a Abs. 3 EGAO.
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§ 5 Rz. 382–385
Befreiungen
Jahr der Errichtung und in den drei (bis zum 31.12.2013: zwei) folgenden Kalenderjahren die Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (= Zweckbetriebe und steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführen (§ 62 Abs. 4 AO1). Diese Regelung gilt sowohl für rechtsfähige als auch nicht rechtsfähige Stiftungen. 383
Begünstigt sind die Überschüsse der Vermögensverwaltung und der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe. Überschüsse aus dem ideellen Bereich können nicht nach § 62 Abs. 4 AO dem Vermögen zugeführt werden. Die Überschüsse aus dem ideellen Bereich können jedoch iRd. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO einer freien Rücklage zugeführt werden. Es ist auf den Gesamtüberschuss der Vermögensverwaltung und der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe abzustellen. Dh., es erfolgt eine Verrechnung von positiven und negativen Ergebnissen. Erst ein verbleibender positiver Rest kann dem Vermögen zugeführt werden.2
XV. Ausnahmen von der satzungsmäßigen Vermögensbindung – § 62 AO aF § 62 Ausnahmen von der satzungsmäßigen Vermögensbindung Bei Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, [bei staatlich beaufsichtigten Stiftungen,]3 bei den von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verwalteten unselbständigen Stiftungen und bei geistlichen Genossenschaften (Orden, Kongregationen) braucht die Vermögensbindung in der Satzung nicht festgelegt zu werden.
384
Durch das Jahressteuergesetz 2009 v. 19.12.20084 wurde der bisherige § 62 AO zum 1.1.2009 aufgehoben. Die in § 62 AO aF für BgA von Körperschaften des öffentlichen Rechts, für die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verwalteten unselbstständigen Stiftungen und für geistliche Genossenschaften geregelte Ausnahme von dem Gebot, eine Vermögensbindung in die Satzung aufzunehmen (§ 61 AO), ist damit entfallen.
385
Nach Art. 97 § 1f Abs. 1 EGAO sind hierzu weiterhin zwei Sonderregelungen zu beachten: –
§ 62 AO idF des JStG 2007 gilt für alle nach dem 13.12.2006 errichteten, staatlich beaufsichtigten Stiftungen;
–
§ 62 AO idF des JStG 2007 bleibt weiterhin für Betriebe gewerblicher Art, für von Körperschaften des öffentlichen Rechts verwaltete unselbstständige Stiftungen und für geistliche Genossenschaften anzuwenden, die vor dem 1.1.2009 errichtet worden sind.
Die Aufhebung des § 62 AO aF betrifft damit vollumfänglich erst die nach dem 31.12.2008 errichteten – durch § 62 AO aF bisher begünstigten – Körperschaften und ist für die davor gegründeten Einrichtungen auch weiterhin wirksam.
XVI. Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung – § 63 AO § 63 Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung (1) Die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält. (2) Für die tatsächliche Geschäftsführung gilt sinngemäß § 60 Abs. 2, für eine Verletzung der Vorschrift über die Vermögensbindung § 61 Abs. 3. (3) Die Körperschaft hat den Nachweis, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen des Absatzes 1 entspricht, durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben zu führen. (4) 1Hat die Körperschaft ohne Vorliegen der Voraussetzungen Mittel angesammelt, kann das Finanzamt ihr eine angemessene Frist für die Verwendung der Mittel setzen. 2Die tatsächliche Geschäftsführung gilt als ordnungsgemäß im Sinne des Absatzes 1, wenn die Körperschaft die Mittel innerhalb der Frist für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. (5) 1Körperschaften im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes dürfen Zuwendungsbestätigungen im Sinne des § 50 Absatz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung nur ausstellen, wenn 1. das Datum der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid oder des Freistellungsbescheids nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder
1 2 3 4
Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. AEAO zu § 62, Nr. 17. Weggefallen ab dem 1.1.2007, JStG 2007 v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878. BGBl. I 2008, 2794.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 386–392 § 5
2. die Feststellung der Satzungsmäßigkeit nach § 60a Absatz 1 nicht länger als drei Kalenderjahre zurückliegt und bisher kein Freistellungsbescheid oder keine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt wurde. 2Die
Frist ist taggenau zu berechnen.
1. Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung (§ 63 Abs. 1 AO) Die tatsächliche Geschäftsführung einer steuerbegünstigten Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, welche die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält (§ 63 Abs. 1 AO). Neben der formell ordnungsmäßigen Satzung ist die ordnungsgemäße tatsächliche Geschäftsführung die zweite Voraussetzung, damit eine Körperschaft als steuerbegünstigte Körperschaft iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anerkannt werden kann.
386
Eine Körperschaft trägt die Feststellungslast dafür, ob ihre tatsächliche Geschäftsführung den Anforderungen des § 63 Abs. 1 AO entspricht. Der Feststellungsbescheid (ab dem 29.3.2013) über die Ordnungsmäßigkeit der Satzung nach § 60a AO bzw. die bis zum 28.3.2013 ausgestellte vorläufige Bescheinigung des Finanzamts, in welcher der Körperschaft bestätigt wurde, sie sei eine wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke steuerbefreite Körperschaft, führt zu keiner Umkehr der Feststellungslast.1 Damit wird lediglich eine Aussage über die formelle Ordnungsmäßigkeit der Satzung getroffen. Über die Ordnungsmäßigkeit der tatsächlichen Geschäftsführung kann immer erst nach Ablauf des jeweiligen VZ entschieden werden.
387
Im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung dürfen grundsätzlich keine anderen als 388 die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke verfolgt und gefördert werden, selbst wenn diese ebenfalls dem Grunde nach steuerbegünstigt sein sollten. Durch die Satzung der steuerbegünstigten Körperschaft wird ihr die Art und Weise der geforderten tatsächlichen Geschäftsführung abschließend vorgeschrieben. Es besteht eine Abhängigkeit der tatsächlichen Geschäftsführung von der Satzung. Eine Körperschaft, die außerhalb ihrer satzungsmäßigen Zweckbestimmung tätig wird, verstößt gegen die Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung. Ein derartiger Verstoß ist jedoch ggf. dann unschädlich, wenn er durch § 58 AO zugelassen wird oder wenn die Tätigkeit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb iSd. § 64 AO begründet.2 Die tatsächliche Geschäftsführung muss auf eine zeitnahe Erfüllung der satzungsmäßi- 389 gen Ziele gerichtet sein. Sie muss sich daher bemühen, ihre steuerbegünstigten Zwecke gegenwartsnah, dh. so frühzeitig wie nach den Umständen möglich, zu verwirklichen.3 Nur soweit eine Körperschaft an der Erfüllung ihrer Satzungszwecke durch Umstände gehindert wird, die nicht von ihr zu beeinflussen sind, ist darin noch kein Mangel in der tatsächlichen Geschäftsführung zu sehen.4 Tätigkeiten einer neu gegründeten Körperschaft, welche die Verwirklichung der steuerbegünstigten Satzungszwecke nur vorbereiten – wie zB der Aufbau einer Vereinsorganisation, das Einsammeln von Mitteln zur Erfüllung der Satzungszwecke –, reichen aus, um die tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu erfüllen. Die Tätigkeiten müssen jedoch ernsthaft auf die Erfüllung eines steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks gerichtet sein. Die bloße Absicht, zu einem unbestimmten Zeitpunkt einen der Satzungszwecke zu verwirklichen, genügt nicht.5
390
Die tatsächliche Geschäftsführung umfasst auch die Ausstellung steuerlicher Zuwendungsbestätigungen. Bei Missbräuchen auf diesem Gebiet ist ebenfalls die Steuerbegünstigung zu versagen.6
391
Die tatsächliche Geschäftsführung muss sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten, da die Rechtsordnung das gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfenen
392
1 BFH v. 23.7.2003 – I R 29/02, BStBl. II 2003, 930 = FR 2004, 159. 2 Kümpel, DStR 2001, 152. 3 Hüttemann, Wirtschaftliche Betätigung und steuerliche Gemeinnützigkeit, 1991, 35; Buchna/Seeger/ Brox10, Rz. 2.13.1. 4 BFH v. 11.12.1974 – I R 104/73, BStBl. II 1975, 458. 5 BFH v. 23.7.2003 – I R 29/02, BStBl. II 2003, 930 = FR 2004, 159. 6 AEAO zu § 63, Nr. 3.
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§ 5 Rz. 392–396
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als selbstverständlich voraussetzt.1 Tätigkeiten, die gegen die Rechtsordnung verstoßen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.2 Als Verstoß gegen die Rechtsordnung, der die Steuerbegünstigung ausschließt, kommt auch eine Steuerverkürzung in Betracht.3 Die verfassungsmäßige Ordnung wird schon durch die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen.4 Gewaltfreier Widerstand, wie zB Sitzblockaden gegen geplante Maßnahmen des Staates, verstößt grundsätzlich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung.5 393
Verstöße gegen die Rechtsordnung führen jedoch nicht unterschiedslos zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Werden Steuererklärungspflichten verletzt, kann dies zwar im Einzelfall zur Versagung der Gemeinnützigkeit führen,6 doch ist die Schwere des Verstoßes und die Frage zu prüfen, ob die Art der Pflichtverletzung die Schlussfolgerung zulässt, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht ausschließlich auf die Erfüllung gemeinnütziger Zwecke bezogen ist. Allein die verspätete Abgabe der Steuererklärung stellt – sofern dies nicht Unklarheiten betreffend die Verwendung des Vermögens zur Folge hat – keine Verletzung der Vorschrift über die Vermögensbindung dar. Dementsprechend wirken Erklärungspflichtverletzungen für einen bestimmten VZ nicht auf die Gemeinnützigkeit in diesem VZ zurück, wenn die in Rede stehenden Handlungen erst nach dem VZ zu erfüllen waren.7
394
Einer steuerbegünstigten Körperschaft ist das Handeln ihrer Organe als eigenes Handeln zuzurechnen. Ein eigenmächtiges Handeln eines nicht (einzel-)vertretungsberechtigten Geschäftsführers kann der juristischen Person grundsätzlich nur dann zugerechnet werden, wenn der Sachverhalt den anderen Geschäftsführern infolge grober Vernachlässigung der ihnen obliegenden Überwachungspflichten verborgen geblieben ist.8 Keine geringeren Anforderungen sind an die Handlungen einer anderen, in maßgeblicher Position für einen Verein tätigen Person zu stellen.9 Dabei kann im Rahmen der Prüfung der groben Vernachlässigung von Überwachungspflichten die Art und Dauer des Handelns der für den Verein tätigen Person nicht unberücksichtigt bleiben. Erst recht in Betracht kommt eine Zurechnung des Handelns einer Person für einen Verein, wenn der Vorstand dieses kennt, aber gleichwohl nicht unterbindet. Gerade bei größeren Vereinen kann auch ein entsprechendes Organisationsverschulden in Betracht kommen: So kann ein Vorstand nicht wesentliche Angelegenheiten delegieren und eine Verantwortung des Vereins dadurch begründen, dass er die delegierte Tätigkeit nicht (genügend) kontrolliert.10
395
Für die Prüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung ausschließlich auf die Verwirklichung satzungsmäßiger Ziele gerichtet war (§ 56 AO), kann auch die Selbstdarstellung einer Körperschaft auf ihrer Internetseite herangezogen werden.11 2. Ganzjährige Tätigkeit und Vermögensbindung (§ 63 Abs. 2 AO)
396 Die tatsächliche Geschäftsführung muss nach § 63 Abs. 2 iVm. § 60 Abs. 2 AO während des ganzen Veranlagungs- oder Bemessungszeitraums (Besteuerungszeitraum) den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprechen. Ist die tatsächliche Geschäftsführung einer steuerbegünstigten Körperschaft nicht während des gesamten Besteuerungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet, führt dies grundsätzlich zu einer Versagung der Steuerbefreiung für diesen Besteuerungszeitraum.12 Der Verweis auf § 61 Abs. 3 AO in § 63 Abs. 2 AO betrifft zum einen Fälle, in denen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft zwar die Satzung nicht geändert, das Vermögen aber tatsächlich satzungswidrig verteilt wird. Zum anderen ermöglicht § 60 Abs. 2 iVm. § 61 Abs. 3 AO eine Nachversteuerung, wenn der Satzungszweck ohne Satzungsänderung tatsächlich geändert wird, das Vermögen aber nicht für steuerbegünstigte Zwecke verwendet 1 BFH v. 29.8.1984 – I R 215/81, BStBl. II 1985, 106 = FR 1985, 105; v. 13.12.1978 – I R 39/78, BStBl. II 1979, 482. 2 BFH v. 13.7.1994 – I R 5/93, BStBl. II 1995, 134 = FR 1995, 110. 3 BFH v. 27.9.2001 – V R 17/99, BStBl. II 2002, 169. 4 BFH v. 29.8.1984 – I R 215/81, BStBl. II 1985, 106 = FR 1985, 105. 5 BVerfG v. 10.1.1995 – 1 BvR 718/89, 1 BvR 719/89, 1 BvR 722/89, 1 BvR 723/89, BVerfGE 92, 1 (25). 6 FG Berlin v. 24.2.1997 – 8435/96, EFG 1997, 1006. 7 FG Münster v. 30.6.2011 – 9 K 2649/10 K, EFG 2012, 492. 8 BFH v. 31.7.1963 – I 319/60, HFR 1963, 407. 9 BFH v. 29.8.1984 – I R 215/81, BStBl. II 1985, 106 = FR 1985, 105. 10 BFH v. 27.9.2001 – V R 17/99, BStBl. II 2002, 169. 11 BFH v. 9.2.2011 – I R 19/10, BFH/NV 2011, 1113. 12 BFH v. 27.9.2001 – V R 17/99, BStBl. II 2002, 169.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 396–402 § 5
wird. Schwerwiegende Verstöße gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO können ebenfalls die Anwendung des § 61 Abs. 3 AO ermöglichen.1 3. Ordnungsmäßige Aufzeichnungen und Nachweise (§ 63 Abs. 3 AO) Die steuerbegünstigten Körperschaften müssen durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben den Nachweis führen, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung den satzungsmäßigen Anforderungen entspricht (§ 63 Abs. 3 AO).
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Eine besondere Form dieser Aufzeichnungen sieht das Gesetz nicht vor, sie müssen aber so beschaffen sein, dass sich ein sachverständiger Dritter innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle machen kann. Auch sind die Aufzeichnungen so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird (§ 145 AO).
398
Es sind die allgemeinen Grundsätze an Aufzeichnungen wie Richtigkeit und Willkürfrei- 399 heit, Klarheit und Übersichtlichkeit, Vollständigkeit und Saldierungsverbot zu beachten.2 Grundsätzlich hat eine steuerbegünstigte Körperschaft den Nachweis, dass die tatsächliche Geschäftsführung den notwendigen Erfordernissen entspricht, durch Vorlage der Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, des Tätigkeitsberichts und der Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen zu führen. Die Vorschriften der AO über die Führung von Büchern und Aufzeichnungen (§§ 140 ff. AO) sind zu beachten. Die Vorschriften des Handelsrechts einschließlich der entsprechenden Buchführungsvorschriften gelten nur, sofern sich dies aus der Rechtsform der Körperschaft oder aus ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ergibt. Bei der Gewinn-/Verlustrechnung bzw. der Einnahmenüberschussrechnung ist eine Trennung in die vier Sphären (ideeller Bereich/Vermögensverwaltung/Zweckbetriebe/steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) vorzunehmen.
400
Es ist zulässig, dass inländische Körperschaften Mittel im Ausland verwenden, soweit dies im Rahmen der satzungsmäßigen Tätigkeiten erfolgt. Die Mittelverwendung kann durch die steuerbegünstigte Körperschaft selbst erfolgen, durch eine Hilfsperson iSd. § 57 Abs. 1 Satz 2 AO oder die steuerbegünstigte Einrichtung gibt ihre Mittel als Förderkörperschaft im Rahmen des § 58 Nr. 1 AO an eine ausländische Körperschaft weiter.
401
Soweit eine steuerbegünstigte Körperschaft als Förderkörperschaft Mittel für eine ausländische Einrichtung nach § 58 Nr. 1 AO beschafft, muss der Empfänger im Ausland einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse iSd. KStG entsprechen. Hierzu ist ggf. seine Satzung in deutscher Übersetzung anzufordern (s. auch Rz. 292). Bei der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland ist die erhöhte Nachweispflicht des § 90 Abs. 2 AO zu beachten.3 So muss die zweckentsprechende Verwendung der Mittel im Ausweis durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen nach § 63 Abs. 3 AO belegt werden. Die FinVerw. verlangt als Nachweis über eine satzungsmäßige Mittelverwendung im Ausland folgende – ggf. ins Deutsche übersetzte – Unterlagen:
402
–
Im Zusammenhang mit der Mittelverwendung abgeschlossene Verträge und entsprechende Vorgänge,
–
Belege über den Abfluss der Mittel in das Ausland und Bestätigungen des Zahlungsempfängers über den Erhalt der Mittel,
–
ausführliche Tätigkeitsbeschreibungen der im Ausland entfalteten Aktivitäten,
–
Material über die getätigten Projekte, zB Prospekte, Presseveröffentlichungen,
–
Gutachten eines Wirtschaftsprüfers uÄ bei großen oder andauernden Projekten,
–
Zuwendungsbescheide ausländischer Behörden, wenn die Maßnahmen dort durch Zuschüsse uÄ gefördert werden und
–
Bestätigungen einer deutschen Auslandsvertretung, dass die behaupteten Projekte durchgeführt werden.4
1 2 3 4
BFH v. 12.10.2010 – I R 59/09, BStBl. II 2012, 226 = FR 2011, 317 m. Anm. Fischer. Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.13.5. AEAO zu § 63, Nr. 1. BayLfSt v. 11.9.2012 – S 0170.1.1 - 3/2 St 31, S 2223.1.1 - 23/5 St 32, juris.
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§ 5 Rz. 403–407
Befreiungen
403 Welcher Nachweis genügt, ist abhängig von dem jeweiligen Einzelfall und sollte daher im Vorfeld mit der zuständigen Finanzbehörde abgestimmt werden. Wenn eine steuerbegünstigte Einrichtung bei der Gestaltung der Verhältnisse die Möglichkeit zu einer ordnungsgemäßen Nachweisführung gehabt hatte oder vor der Zuwendung der Mittel an eine ausländische Körperschaft entsprechende Nachweispflichten hätte vereinbaren können, kann sie sich insbesondere nicht mehr darauf berufen, dass sie die Mittelverwendung nicht aufklären oder Beweismittel nicht mehr beschaffen kann.1 404
Eine steuerbegünstigte Körperschaft kann den Nachweis, dass sie ordnungsgemäß tätig war und ihre tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen des § 63 Abs. 1 AO entsprach, nicht nur durch detaillierte Geschäfts- und Tätigkeitsberichte sowie Aufzeichnungen über ihre finanziellen Verhältnisse führen. § 63 Abs. 3 AO verlangt nur einen Nachweis durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben. Geschäfts- und Tätigkeitsberichte und Protokolle, wie sie die FinVerw. in der Regel zur Überprüfung der Gemeinnützigkeit anfordert, sind zwar zur Führung des Nachweises sinnvoll. Sind Geschäfts- und Tätigkeitsberichte nicht angefertigt worden, kann die Körperschaft den Nachweis über ihre Tätigkeiten jedoch auch durch andere Unterlagen (zB Schriftverkehr und Notizen über vorbereitende Maßnahmen) führen. Dass Art und Umfang der Tätigkeiten nur durch Geschäftsoder Tätigkeitsberichte nachgewiesen werden können, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.2 Da jedoch die steuerbegünstigte Körperschaft die Feststellungslast für den Nachweis einer ordnungsmäßigen tatsächlichen Geschäftsführung hat, gehen fehlende Beweismittel zu ihren Lasten.3
405
Auf Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die persönlich und vollumfänglich von der Körperschaftsteuer befreit sind, findet § 5b EStG keine Anwendung.4 Das gilt insbesondere auch für ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienende Körperschaften, die neben ihrer ideellen Tätigkeit keine der Körperschaftsteuer oder der Gewerbesteuer unterliegenden wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterhalten (dh. nur Zweckbetriebe iSv. §§ 65–68 AO oder andere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, deren Einnahmen iSd. § 64 Abs. 3 AO 35 000 Euro nicht übersteigen) und die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung iSd. § 4 Abs. 3 EStG („EÜR“) ermitteln.5
406
Ermittelt eine steuerbegünstigte Körperschaft ihren Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG, besteht für sie die grundsätzliche Verpflichtung, den Inhalt der Bilanz sowie der GuV nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz (E-Bilanz) durch Datenfernübertragung zu übermitteln (§ 5b EStG). Diese Verpflichtung bezieht sich jedoch nur auf den steuerpflichtigen Teil der steuerbegünstigten Körperschaft. Unterhält eine bilanzierende steuerbegünstigte Körperschaft keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, findet § 5b EStG keine Anwendung.6
407
Steuerbegünstigte bilanzierende Körperschaften können folgende Berichtsteile übermitteln: –
Zusätzlich zu den originären Berichtsteilen für die Gesamtkörperschaft kann im Berichtsbestandteil „Steuerliche Gewinnermittlung für besondere Fälle“ die Datenstruktur der Berichtsteile „Bilanz“ und „G + V“ für den steuerrelevanten Geschäftsbereich genutzt werden.
–
Soll lediglich eine Bilanz ausschließlich für den partiell steuerpflichtigen Teilbereich übermittelt werden, so ist für die Datenübermittlung nur der Berichtsbestandteil „Steuerliche Gewinnermittlung für besondere Fälle“ zu verwenden (Übermittlung ausschließlich steuerlicher Werte). Hierbei besteht die Option, sowohl die Bilanz und die GuV als auch nur die GuV für den partiell steuerpflichtigen Teilbereich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz zu übermitteln.
–
Hat die Gesamtkörperschaft nur eine Gesamtbilanz sowie eine Gesamt-GuV aufgestellt und den Gewinn des partiell steuerpflichtigen Teilbereichs in einer (außerbilanziellen) Nebenrechnung ermittelt, ist das Ergebnis der Nebenrechnung im Berichtsteil „Steuerli-
1 2 3 4 5 6
BayLfSt v. 11.9.2012 – S 0170.1.1 - 3/2 St 31, S 2223.1.1 - 23/5 St 32, juris. BFH v. 23.7.2003 – I R 29/02, BStBl. II 2003, 930 = FR 2004, 159. BFH v. 28.10.2004 – I B 95/04, BFH/NV 2005, 160. BMF v. 28.9.2011 – IV C 6 - S 2133 - b/11/10009, BStBl. I 2011, 855 Rz. 5. BMF v. 19.12.2013 – IV C 6-S 2133-b/11/10009:004, DB 2014, 22. BMF v. 28.9.2011 – IV C 6-S 2133-b/11/10009, BStBl. I 2011, 855, Rz. 5.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 407–414 § 5
che Gewinnermittlung für besondere Fälle“ zu übermitteln. In der dazugehörigen Erläuterungsposition (Fußnote) ist die Nebenrechnung darzustellen.1 Zur Vermeidung von Härtefällen müssen steuerbegünstigte Einrichtungen erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2014 beginnen, eine E-Bilanz übermitteln.2
408
4. Unzulässige Mittelthesaurierung (§ 63 Abs. 4 AO) Hat eine steuerbegünstigte Körperschaft zeitnah zu verwendende Mittel (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) angesammelt, ohne dass die Voraussetzungen der §§ 58 Nr. 6 und 7 AO vorliegen, kann das Finanzamt eine angemessene Frist für die Verwendung der Mittel setzen (§ 63 Abs. 4 AO). Werden die Mittel innerhalb der gesetzten Frist für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet, wird der Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot mit Rückwirkung geheilt.
409
Bei der Fristsetzung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (§ 5 AO). Dieses Ermessen ist zwar regelmäßig zugunsten der Körperschaft auszuüben, jedoch könnte in Wiederholungsfällen durchaus eine Versagung der Frist mit der Folge der Aberkennung der Steuerbegünstigung ermessensgerecht sein.3
410
Die Frist zur Verwendung der Mittel beträgt in der Regel 2 bis 3 Jahre, da die steuerbegünstigten Einrichtungen die unzulässig thesaurierten Mittel zwar zeitnah verwenden sollen, dies aber nicht zu einer sinnlosen „Verschleuderung“ führen soll.
411
Der iRd. Ehrenamtsstärkungsgesetzes v. 21.3.20134 mit Wirkung ab dem 29.3.2013 versehentlich gestrichene § 63 Abs. 4 Satz 2 AO aF [„Die tatsächliche Geschäftsführung gilt als ordnungsgemäß im Sinne des Absatzes 1, wenn die Körperschaft die Mittel innerhalb der Frist für steuerbegünstigte Zwecke verwendet.“] wurde durch das Kroatien-AnpG v. 25.7.20145 mit Wirkung ab dem 31.7.20146 wieder in das G eingefügt. UE ist für die Übergangszeit keine andere Rechtsfolge im Falle eines Verstoßes zu ziehen, da Satz 1 (Fristsetzung) ansonsten keinen Sinn ergibt. So hält auch die FinVerw. weiterhin daran fest, dass die tatsächliche Geschäftsführung als ordnungsgemäß gilt, wenn die Körperschaft die Mittel innerhalb der gesetzten Frist für steuerbegünstigte Zwecke verwendet.7 Die Mittel können dabei auch einer zulässigen Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO zugeführt werden. Verwendet eine steuerbegünstigte Körperschaft die Mittel jedoch nicht innerhalb der gesetzten Frist, ist die Steuerbegünstigung wegen des dann fortbestehenden Verstoßes gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung für alle Zeiträume, in denen diese Mittel nicht für steuerbegünstigte Zwecke verwendet worden sind, abzuerkennen.
412
5. Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen (§ 63 Abs. 5 AO) Mit Wirkung ab dem 29.3.2013 wurde im neuen § 63 Abs. 5 AO die bisherige Verwaltungspraxis8 gesetzlich verankert, dass zwischen dem Datum einer Zuwendungsbestätigung und dem Datum des Freistellungsbescheids nicht mehr als fünf Jahre – bzw. drei Jahre bei einem Freistellungsbescheid nach § 60a Abs. 1 AO (bis zum 28.3.2013: vorläufige Bescheinigung) – liegen dürfen.9 Die Frist ist taggenau zu berechnen. Die Regelung gilt nur für Körperschaften iSd. § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG (§ 64 Abs. 3 Satz 1 AO), dh. lediglich für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen.
413
Für die anderen nach § 10b Abs. 1 EStG spendenempfangsberechtigten Einrichtungen, 414 wie juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Dienststellen innerhalb der EU und des EWR (§ 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) sowie Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in der EU und im EWR, die nach § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG Zuwendungen iSd. § 10b Abs. 1 EStG empfangen dürfen, gilt § 63 Abs. 5 AO nicht.
1 2 3 4 5 6 7 8 9
BMF v. 13.6.2014 – IV C 6-S 2133-b/11/10016:004, BStBl. I 2014, 886. BMF v. 28.9.2011 – IV C 6-S 2133-b/11/10009, BStBl. I 2011, 855, Rz. 7. Thiel/Eversberg, DB 1991, 118. BGBl. I 2013, 556. BGBl. I 2014, 1266. Art. 28 Abs. 1 Kroatien-AnpG v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266. AEAO zu § 63, Nr. 2. BMF v. 15.12.1994 – IV B 4 - S 223 - 235/94, BStBl. I 1994, 884. Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556.
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§ 5 Rz. 415–417
Befreiungen
XVII. Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe – § 64 AO § 64 Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (1) Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68) ist. (2) Unterhält die Körperschaft mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe (§§ 65 bis 68) sind, werden diese als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt. (3) Übersteigen die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, insgesamt nicht 35 000 Euro im Jahr, so unterliegen die diesen Geschäftsbetrieben zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer. (4) Die Aufteilung einer Körperschaft in mehrere selbständige Körperschaften zum Zweck der mehrfachen Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach Absatz 3 gilt als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42. (5) Überschüsse aus der Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle, die der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen, können in Höhe des branchenüblichen Reingewinns geschätzt werden. (6) Bei den folgenden steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben kann der Besteuerung ein Gewinn von 15 Prozent der Einnahmen zugrunde gelegt werden: 1. Werbung für Unternehmen, die im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich Zweckbetrieben stattfindet, 2. Totalisatorbetriebe, 3. Zweite Fraktionierungsstufe der Blutspendedienste.
1. Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 64 Abs. 1 AO) a) Allgemeines 415 Soweit ein Gesetz die Steuerbegünstigung im Falle der Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausdrücklich ausschließt, verliert die Körperschaft die Steuerbegünstigung (partielle Steuerpflicht), wenn dieser wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb iSd. §§ 65–68 AO ist (§ 64 Abs. 1 AO). Zu den Gesetzen, welche die Steuerbegünstigung für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausschließen, gehören: –
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (Ausnahme: der selbst bewirtschaftete Forstbetrieb),
–
§ 3 Nr. 6 GewStG (Ausnahme: der selbst bewirtschaftete Land- und Forstbetrieb),
–
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG,
–
§ 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG,
–
§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG (iVm. Abschn. 12 Abs. 4 GrStR).
Für den Begriff „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ wird auf die Ausführungen zu § 14 AO hingewiesen (Rz. 9 ff.). 416
Bei der Ermittlung des Gewinns eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind nur die Einnahmen und Ausgaben (Aufwendungen) zu berücksichtigen, die zu den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der Körperschaft gehören, dh., die ihnen zuzuordnen sind. Die übrigen Einnahmen und Ausgaben dürfen nicht berücksichtigt werden, weil sie zu den steuerbefreiten Bereichen der Körperschaft – dem ideellen Bereich, dem Bereich der Vermögensverwaltung oder dem der Zweckbetriebe – gehören. Eine Einnahme gehört zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn sie durch die den Geschäftsbetrieb begründende Tätigkeit veranlasst ist. Dies ist der Fall, wenn sie infolge der Tätigkeit entstanden ist.
417
Ausgaben – mit Ausnahme der Spenden, für die andere Zuordnungsregeln gelten – gehören zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn er der Anlass für ihr Entstehen ist. Beruht das Entstehen einer Ausgabe auf mehreren, steuerrechtlich unterschiedlich zu beurteilenden Tätigkeiten, setzt die Zuordnung der Ausgabe eine Gewichtung der verschiedenen Anlässe ihrer Entstehung voraus. Für diese Gewichtung ist von Bedeutung, dass eine Körperschaft, welche die teilweise Befreiung von der Körperschaftsteuer erlangen und bewahren will, nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zB gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgen darf (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO). Deshalb ist
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 417–420 § 5
davon auszugehen, dass primärer Anlass für das Entstehen einer sowohl mit steuerbefreiten als auch mit steuerpflichtigen Tätigkeiten zusammenhängenden Ausgabe die nicht erwerbswirtschaftliche, steuerbefreite Tätigkeit ist. Der primäre Anlass ist für die Zuordnung allein maßgebend, wenn die Ausgabe auch ohne den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden wäre. Wirkte sich der sekundäre Anlass der Entstehung auf die Höhe der Ausgabe nicht aus, besteht kein Grund, ihn zu berücksichtigen.1 Wäre die Ausgabe ohne den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geringer gewesen, ist sie nach einem objektiven und sachgerechten Maßstab aufzuteilen (zB nach zeitlichen Gesichtspunkten). Auch die Personal- und Sachkosten für die allgemeine Verwaltung können grundsätzlich im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abgezogen werden, soweit sie bei einer Aufteilung nach objektiven Maßstäben teilweise darauf entfallen.2 Eine Aufteilung entsprechend dem Verhältnis der durch die verschiedenen Tätigkeiten erzielten Einnahmen ist nur dann sachgerecht, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Einnahmen und Ausgaben ihrer Höhe nach direkt voneinander abhängen und dass diese Abhängigkeit für jede der Tätigkeiten gleich hoch ist.3 Im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind die Regelungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AO zu beachten. So darf keine Gewinnminderung aufgrund einer schädlichen Zuwendung an Mitglieder oder unverhältnismäßig hohe Vergütungen an Dritte vorliegen.4 Im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind für die erbrachten Leistungen marktübliche Entgelte zu vereinbaren.5 Werden andere (niedrigere) Entgelte berechnet, ist zum einen die Steuerbegünstigung wegen der damit ggf. bewirkten Mittelfehlverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, 3 AO) gefährdet. Zum anderen ist zu prüfen, ob der Gewinn durch außerbilanzielle Korrekturen – wie zB durch Annahme von vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG – anzupassen ist. Die Korrekturregelung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (vGA) findet auch bei Nichtkapitalgesellschaften, wie Vereinen und Stiftungen, Anwendung.6
418
b) Sponsoring/Werbung Häufig werden Einnahmen im Rahmen der Werbung für steuerpflichtige Unternehmen bzw. eines Sponsorings erzielt. Unter Sponsoring wird üblicherweise die Gewährung von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/ oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen, wissenschaftlichen, sozialen, ökologischen oder ähnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen verstanden, mit der regelmäßig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. Leistungen eines Sponsors beruhen häufig auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sponsor und dem Empfänger der Leistungen (Sponsoring-Vertrag), in dem Art und Umfang der Leistungen des Sponsors und des Empfängers geregelt sind.7 Die steuerliche Behandlung der Leistungen beim Empfänger hängt nicht davon ab, wie die entsprechenden Aufwendungen bei dem leistenden Unternehmen behandelt werden.8
419
Von der FinVerw. wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb immer dann angenommen, 420 wenn die Körperschaft aktiv an den Werbemaßnahmen mitwirkt.9 Keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nimmt die FinVerw. an, wenn der Sponsor selbst zu Werbezwecken oder zur Imagepflege auf seine Leistungen an die steuerbegünstigte Körperschaft hinweist. Das gilt auch dann, wenn der Empfänger der Leistungen seinerseits auf Plakaten, Veranstaltungshinweisen, in Ausstellungskatalogen oder in anderer Weise auf die Unterstützung durch den Sponsor aufmerksam macht, solange nur der Name, ein Emblem oder das Logo des Sponsors gezeigt werden, und zwar auch ohne besondere Hervorhebung.10 Es handelt sich offensichtlich um eine Billigkeitsmaßnahme.11 Der BFH hat bisher nicht abschließend dazu Stellung genommen, ob er dieser Auffassung folgt.12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
BFH v. 27.3.1991 – I R 31/89, BStBl. II 1992, 103 = FR 1991, 668. AEAO zu § 64, Nr. 6. BFH v. 27.3.1991 – I R 31/89, BStBl. II 1992, 103 = FR 1991, 668. AEAO zu § 64, Nr. 12. BFH v. 23.10.1991 – I R 19/91, BStBl. II 1992, 62. BFH v. 8.8.2001 – I B 40/01, BFH/NV 2001, 1536. AEAO zu § 64, Nr. 7. AEAO zu § 64, Nr. 8. AEAO zu § 64, Nr. 10. AEAO zu § 64, Nr. 9. Thiel, DB 1998, 842; Hüttemann, FR 2002, 1337. BFH v. 7.11.2007 – I R 42/06, BStBl. II 2008, 949 = FR 2008, 638.
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§ 5 Rz. 421–425
Befreiungen
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Wie eng die Abgrenzung zwischen aktivem Werben und bloßem Dulden ist, zeigt das Bayerische Staatsministerium der Finanzen mit seinem Erlass v. 11.2.2000.1 Danach führt die Benennung eines Saales in einem Museum nach dem Sponsor (zB „BMW-Saal“) noch nicht zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Führt hingegen eine Verlinkung des Logos des Sponsors auf der Internetseite eines gemeinnützigen Vereins zu den Werbeseiten der sponsernden Firma, liegt darin eine Werbeleistung des Vereins, die zur Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führt. Dagegen sind die Einnahmen des Vereins nicht steuerpflichtig, wenn die Internetseite zwar das Logo des Sponsors enthält, eine Umschaltung zu dessen Werbeseiten aber nicht möglich ist.
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Wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft ein mit Werbeaufschriften versehenes Fahrzeug (sog. „Werbebus“) einsetzt, liegt nur dann ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, wenn sie vertraglich verpflichtet ist, das Fahrzeug über den zu eigenen Zwecken notwendigen Umfang hinaus einzusetzen oder es werbewirksam abzustellen.2 c) Besonderheiten bei der Betriebsaufspaltung
423 Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung (s. auch Rz. 33) sind zwischen einer steuerbegünstigten Besitzgesellschaft und einem steuerbegünstigten Betriebsunternehmen grundsätzlich nicht anzuwenden.3 Mit der Überarbeitung des AEAO in 20124 wurde diese Billigkeitsregelung der FinVerw. um den folgenden Satz 8 ergänzt: „Dies gilt aber nur insoweit, als die überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen bei dem Betriebsunternehmen nicht in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt werden.“5
Danach wird eine Betriebsaufspaltung zwischen steuerbegünstigten Einrichtungen nur noch insoweit nicht mehr aufgegriffen, als keine steuerpflichtige Nutzung der wesentlichen Betriebsgrundlagen stattfindet. Beispiel: Der steuerbegünstigte Sportverband e.V. ist zu 100 % an der steuerbegünstigten Bildung gGmbH beteiligt und überlässt dieser ein als steuerpflichtiger Parkplatz genutztes Grundstück. Bei dem Sportverband e.V. ist das überlassene Grundstück und die Beteiligung an der Bildung gGmbH Teil des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Betriebsaufspaltung“.
424
Bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern (zB Grundstücksüberlassung, das zum Teil für steuerbegünstigte Zwecke und zum Teil für steuerpflichtige Zwecke, wie Cafeteria, genutzt wird), ist eine entsprechende Aufteilung nach Flächen vorzunehmen. Problematisch ist die Zuordnung, wenn es für die Nutzung der wesentlichen Betriebsgrundlagen keinen geeigneten Aufteilungsmaßstab gibt. Beispiel: Der gemeinnützige Orden e.V. ist zu 100 % an der steuerbegünstigten Krankenhaus gGmbH beteiligt und überlässt dieser das Krankenhausgebäude. Die Krankenhaus gGmbH nutzt das Gebäude im Rahmen ihres Zweckbetriebs „Krankenhaus“ (§ 67 AO), aber auch für eine Vielzahl von steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben wie Kiosk, Cafeteria, Krankenhausapotheke, Telefon- und Fernsehgeräteüberlassung. Während für den Kiosk und die Cafeteria noch eine flächenmäßige Zuordnung möglich ist, ist dies für die Krankenhausapotheke nicht mehr möglich, da diese sowohl im Rahmen des Zweckbetriebs „Krankenversorgung“ (§ 67 AO) als auch im Rahmen eines steuerpflichtigen Medikamentenverkaufs tätig ist. Auch bei der entgeltlichen steuerpflichtigen Telefon- und Fernsehgeräteüberlassung, die in jedem Krankenzimmer erfolgt, ist eine flächenmäßige Zuordnung nicht möglich. Lösung: In diesen Fällen ist uE darauf abzustellen, welche Nutzung überwiegt. Ist die steuerpflichtige Nutzung der wesentlichen Betriebsgrundlage überwiegend, sind insoweit die Grundsätze der Betriebsaufspaltung anzuwenden. Überwiegt die steuerbegünstigte Nutzung, finden die Grundsätze der Betriebsaufspaltung insoweit keine Anwendung, dh., die gemischt genutzte wesentliche Betriebsgrundlage wird weiterhin dem steuerbegünstigten ideellen Bereich, dem Zweckbetrieb oder dem steuerbefreiten Bereich der Vermögensverwaltung zugeordnet. Auch die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft würde dann nicht notwendiges Betriebsvermögen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs „Betriebsaufspaltung“.
d) Beteiligung an einer Personengesellschaft 425 Die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personenhandelsgesellschaft begründet stets einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (s. näher Rz. 24). Ob dieser wirtschaftliche Ge1 2 3 4
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen v. 11.2.2000 – 33 - S 0183 - 12/14 - 89 238, juris. OFD Frankfurt v. 13.5.1998 – S 0183 A - 15 - St II 12, juris. AEAO zu § 64, Nr. 3 Satz 7. BMF v. 17.1.2012 – IV A 3 - S 0062/08/10007-12, IV C 4 - S 0171/07/0038-007 – DOK 2012/0028954, BStBl. I 2012, 83. 5 AEAO zu § 64, Nr. 3 Satz 8.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 425–428 § 5
schäftsbetrieb einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder einen Zweckbetrieb bildet, ist auf Ebene der steuerbegünstigten Körperschaft zu entscheiden.1 Hierbei muss geprüft werden, ob die Tätigkeit der Personengesellschaft, wenn sie die steuerbegünstigte Einrichtung selbst durchgeführt hätte, bei dieser zur Annahme eines Zweckbetriebs nach den §§ 65–68 AO geführt hätte oder nicht. Betreibt eine Personengesellschaft verschiedene Tätigkeiten, die bei der steuerbegünstigten Körperschaft sowohl zur Annahme eines Zweckbetriebs als auch zur Annahme eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs geführt hätten, muss uE insoweit eine auf den gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsätzen basierende Gewinnermittlung – bezogen auf den Anteil der steuerbegünstigten Einrichtung – erfolgen. Beispiel: Der steuerbegünstigte Kultur e.V. ist an der Kulturveranstaltungs GbR zur Hälfte beteiligt. Diese betreibt einmal jährlich ein Kulturfestival, bei dem neben den Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten für die Teilnahme an dem Festival auch Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken erzielt werden. Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte wird bei der GbR ein Gewinn aus Gewerbebetrieb festgestellt und den Mitunternehmern entsprechend ihrer Beteiligungsquote zugewiesen. Lösung: Während das Ergebnis der Kulturveranstaltung bei dem Kultur e.V. im Rahmen eines Zweckbetriebs (§ 68 Nr. 7 AO) steuerfrei bleibt, ist der Gewinn aus dem Verkauf von Speisen und Getränken als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) zu erfassen. Die anteiligen Gewinne/Verluste aus diesen Tätigkeiten sind für den Kultur e.V. separat entsprechend den gemeinnützigkeitsrechtlichen Sphären zu ermitteln. Eine Verrechnung von Verlusten aus der kulturellen Veranstaltung mit Gewinnen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken ist nicht zulässig.
2. Einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 2 AO) Unterhält eine steuerbegünstigte Körperschaft mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Ge- 426 schäftsbetriebe, werden die daraus erzielten Ergebnisse nach § 64 Abs. 2 AO zu einem Betrieb zusammengefasst. Das Ergebnis des zusammengefassten (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist laut FinVerw. für die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens und für die Beurteilung einer Buchführungspflicht nach § 141 AO maßgeblich.2 Durch die Zusammenfassung nach § 64 Abs. 2 AO kann ein zulässiger Verlustausgleich zwischen verschiedenen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben erfolgen. Wenn der zusammengefasste „einheitliche“ steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb mit einem Verlust abschließt, kommt es zu einer Gefährdung der Steuerbegünstigung.3 In den Fällen des § 64 Abs. 5 und 6 AO ist nicht der geschätzte bzw. pauschal ermittelte Gewinn, sondern das tatsächlich erzielte Ergebnis zu berücksichtigen, das sich bei einer Ermittlung nach den allgemeinen Regelungen ergeben würde.4 Zu beachten ist jedoch, dass dauerdefizitäre steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gleichwohl die Steuerbegünstigung der Körperschaft gefährden (ggf. Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot nach § 56 AO sowie Mittelfehlverwendung nach § 55 AO). Wegen der Problematik „Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb“ s. Rz. 250 ff. 3. Besteuerungsgrenze (§ 64 Abs. 3 AO) Der Gewinn aus dem einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 Abs. 2 AO) unterliegt der Körperschaftsteuer (und Gewerbesteuer), wenn die Bruttoeinnahmen aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben mehr als 35 000 Euro betragen (§ 64 Abs. 3 AO). Die Rechtsfolge des § 64 Abs. 3 AO erschöpft sich darin, dass die diesem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen nicht der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ändert auch in den Jahren, in denen die Besteuerungsgrenze unterschritten wird, nicht seinen Charakter. Er wandelt sich dadurch insbesondere nicht in einen Zweckbetrieb.5
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Wird die Besteuerungsgrenze nicht überschritten, so kann ein entstandener Verlust nicht in spätere Veranlagungszeiträume vorgetragen werden. Ebenso wenig dürfen Überschüsse, die in diesen Jahren erwirtschaftet werden, mit Verlustvorträgen verrechnet werden.6 Die in diesen Jahren erzielten Einkünfte sind von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer be-
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AEAO zu § 64, Nr. 3. AEAO zu § 64, Nr. 11; kritisch Hüttemann3, Rz. 6.33. AEAO zu § 64, Nr. 13. AEAO zu § 64, Nr. 13. BFH v. 1.7.2009 – I R 6/08, BFH/NV 2009, 1837. AEAO zu § 64, Nr. 23.
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§ 5 Rz. 428–435
Befreiungen
freit und wirken sich auch nicht mittelbar über Verlustvor- und -rückträge in anderen VZ aus.1 429
Die Höhe der Einnahmen bestimmt sich nach den Grundsätzen der zugrunde liegenden steuerlichen Gewinnermittlungsart. Bei steuerbegünstigten Körperschaften, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln, kommt es deshalb nicht auf den Zufluss iSd. § 11 EStG an.2
430
Ist eine steuerbegünstigte Körperschaft an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligt, ist für die Ermittlung der Besteuerungsgrenze auf die anteiligen Bruttoeinnahmen aus der Beteiligung abzustellen.3 4. Zellteilungsverbot (§ 64 Abs. 4 AO)
431 Die Aufteilung einer steuerbegünstigten Körperschaft in mehrere selbstständige Körperschaften zum Zweck der mehrfachen Inanspruchnahme der Besteuerungsgrenze nach § 64 Abs. 3 AO gilt als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 64 Abs. 4 AO). Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen wurde vom Gesetzgeber diese Begrenzung für notwendig erachtet.4 Ein Missbrauch ist immer dann anzunehmen, wenn neben dem Vorteil der mehrfachen Inanspruchnahme der Besteuerungsgrenze keine anderen – wie beispielsweise wirtschaftlichen – Gründe vorliegen.5 5. Reingewinnschätzung bei der Altmaterialverwertung (§ 64 Abs. 5 AO) 432 Nach § 64 Abs. 5 AO können Überschüsse aus der Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials außerhalb einer ständig dafür vorgehaltenen Verkaufsstelle, die der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen, in Höhe des branchenüblichen Reingewinns geschätzt werden. Indem der Überschuss aus der Verwertung von Altmaterial unter Berücksichtigung fiktiver Lohnaufwendungen niedriger geschätzt wird, als er ohne diese Lohnaufwendungen tatsächlich ist, soll § 64 Abs. 5 AO der Vereinfachung der Vereinsbesteuerung dienen. Die Anwendung des § 64 Abs. 5 AO setzt voraus, dass die Überschüsse in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einer Körperschaft anfallen, die steuerbegünstigte Zwecke iSd. § 51 AO verfolgt. Dh.: Andere – ggf. steuerbefreite – Einrichtungen, wie zB Berufsverbände, können ihre Gewinne aus entsprechenden Tätigkeiten nicht pauschal ermitteln. Die Reingewinnschätzung erfolgt auf Antrag, den die Körperschaft jährlich neu ausüben kann.6 433
Der branchenübliche Reingewinn ist bei der Verwertung von Altpapier mit 5 % und bei der Verwertung von anderem Altmaterial mit 20 % der (Netto-)Einnahmen7 anzusetzen.8
434
Der Tatbestand des § 64 Abs. 5 AO erfasst nur die Verwertung von Altmaterial. Unter der Verwertung von Altmaterial ist die Veräußerung von Gegenständen zu verstehen, die – wie Altkleider, Altpapier und Schrott – nur noch einen Altmaterialwert haben.9 § 64 Abs. 5 AO findet damit seinem Wortlaut nach keine Anwendung auf den Einzelverkauf gebrauchter Sachen, die darüber hinaus noch einen Gegenstandswert aufweisen. Eine Verwertung von Altmaterial liegt daher nicht vor, wenn es im Rahmen eines Basars oder Flohmarkts zu einem Einzelverkauf gebrauchter Sachen kommt.10 6. Gewinnpauschalierung (§ 64 Abs. 6 AO)
435 Bei folgenden steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben kann der Besteuerung ein Gewinn von 15 % der Einnahmen pauschal zugrunde gelegt werden: –
Werbung für Unternehmen, die iZm. der steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich Zweckbetrieben stattfindet,
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
BFH v. 4.4.2007 – I R 55/06, BStBl. II 2007, 725 = FR 2007, 925. AEAO zu § 64, Nr. 14. AEAO zu § 64, Nr. 17. BT-Drucks. 11/5582, 31. Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.14.8. AEAO zu § 64, Nr. 26. AEAO zu § 64, Nr. 35. AEAO zu § 64, Nr. 27. BFH v. 26.2.1992 – I R 149/90, BStBl. II 1992, 693. BFH v. 11.2.2009 – I R 73/08, BStBl. II 2009, 516.
254
Kmpel
K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9) –
Totalisatorbetriebe,
–
Zweite Fraktionierungsstufe der Blutspendedienste (§ 64 Abs. 6 AO).
Rz. 435–439 § 5
Es handelt sich um ein antragsgebundenes Wahlrecht der Körperschaft, welches jährlich ausgeübt werden kann.1 Die in den Bruttoeinnahmen ggf. enthaltene Umsatzsteuer gehört nicht zu den maßgeblichen Einnahmen iSd. § 64 Abs. 6 AO.2 Der Gewinn aus der Werbung für Unternehmen muss iZm. der steuerbegünstigten Tätigkeit ausgeübt werden. Dazu zählt beispielsweise die Trikot- oder Bandenwerbung bei sportlichen Veranstaltungen iSd. § 67a AO oder die aktive Werbung in Programmheften und Plakaten bei kulturellen Veranstaltungen.3 Findet eine Werbung nicht iZm. der ideellen steuerbegünstigten Tätigkeit oder einem Zweckbetrieb statt, zB Werbung bei einem Vereinsfest, kann der Gewinn nicht nach § 64 Abs. 6 AO pauschaliert werden.4
436
Der Begriff der Werbung ist fließend. Das gilt insbesondere, weil stetig neue Werbeformen 437 entwickelt werden. Ausgangspunkt für die gesetzgeberischen Überlegungen waren aber die Werbungen bei Sportveranstaltungen, insbesondere die Banden- oder Trikotwerbungen. Kennzeichnend hierfür ist, dass der gemeinnützige Verein bzw. dessen Mitglieder für ein Unternehmen Werbung betreiben. So ist nach der – uE etwas zu engen – Auffassung des FG Hamburg5 das Einräumen der Möglichkeit, dass Industrieaussteller bei einer wissenschaftlichen Tagung für sich werben, Informationen geben und in Diskussionen mit den Mitgliedern gelangen, noch keine Werbung iSd. § 64 Abs. 6 AO. Da zudem im Streitfall die Industrieaussteller lediglich vor der Veranstaltung, in den Pausen und anschließend werben durften, fehlte es – nach Auffassung des FG Hamburg – auch an dem von § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO geforderten unmittelbaren Zusammenhang der Werbung mit der steuerbegünstigten Tätigkeit. Für den Betrieb eines Totalisators kann der Gewinn ebenfalls iHv. 15 % der Einnahmen geschätzt werden. Die Einnahmen ermitteln sich hierbei wie folgt: Wetteinnahmen ./. Rennwettsteuer (Totalisatorsteuer) ./. Auszahlungen an die Wetter = Bemessungsgrundlage
438
Die Pauschalierungsmöglichkeit für Totalisatorbetriebe dürfte jedoch spätestens ab dem 439 1.1.20126 keine große Rolle mehr spielen, nachdem der BFH entschieden hat, dass der Betrieb von Trabrennen zusammen mit dem Totalisatorbetrieb einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet. Auch hat der BFH die Gemeinnützigkeit von Trabrennvereinen insgesamt infrage gestellt, da bei einer gewerblichen Tierzucht keine Förderung der Allgemeinheit mehr vorliegt.7 Damit wäre – mangels Steuerbegünstigung des Trabrennvereins – eine Pauschalierung nicht mehr möglich.
XVIII. Zweckbetrieb – § 65 AO § 65 Zweckbetrieb Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn 1. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, 2. die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und 3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
1 2 3 4 5 6
AEAO zu § 64, Nr. 28. AEAO zu § 64, Nr. 35. AEAO zu § 64, Nr. 29. AEAO zu § 64, Nr. 30. FG Hamburg v. 15.6.2006 – 2 K 10/05, EFG 2007, 218 (rkr.). Zur Übergangsfrist s. BMF v. 4.5.2011 – IV C 4 - S 0171/07/0011 :001 – DOK 2011/0360668, BStBl. I 2011, 539. 7 BFH v. 22.4.2009 – I R 15/07, BStBl. II 2011, 475; die gegen das Urt. eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG v. 26.1.2011 – 1 BvR 2924/09).
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§ 5 Rz. 440–445
Befreiungen
1. Allgemeines 440 Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe iSd. § 14 AO führen nach § 64 Abs. 1 AO zu einer partiellen Steuerpflicht einer steuerbegünstigten Körperschaft, wenn es sich nicht um Zweckbetriebe handelt. Zweckbetriebe sind in den §§ 65–68 AO gesetzlich normiert. Während § 65 AO die allgemeine Definition eines Zweckbetriebs beinhaltet, regeln die §§ 66–68 AO einzelne Zweckbetriebe, welche dem § 65 AO als Spezialvorschrift vorgehen.1 Ein Zweckbetrieb nach § 65 AO ist dann gegeben, wenn der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Es muss sich somit um einen für Vereinszwecke „unentbehrlichen Hilfsbetrieb“ handeln.2 Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen des § 65 AO kumulativ gegeben sein.3 2. Gesamtrichtung satzungsmäßige Zwecke (§ 65 Nr. 1 AO) 441 Durch die Tätigkeit müssen selbst die satzungsmäßigen Zwecke unmittelbar verwirklicht werden. Die bloße Erzielung von Einnahmen, die zur Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden, reicht nicht aus.4 442
Wenn eine Körperschaft ihre Arbeitskräfte anderen Personen, Unternehmen, Einrichtungen oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gegen Entgelt zur Verfügung stellt, begründet sie damit keinen Zweckbetrieb. Die bloße Überlassung von Arbeitskräften dient nicht der Verwirklichung eigener satzungsmäßiger Zwecke iSd. § 65 Nr. 1 AO. Dies gilt selbst dann, wenn die Arbeitskräfte für die Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke eingesetzt werden. Eine unentgeltliche oder teilentgeltliche Überlassung von Arbeitskräften an andere Körperschaften für steuerbegünstigte Zwecke steht zwar trotz des damit verbundenen Mittelabflusses (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO) einer Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nicht entgegen, weil § 58 Nr. 3 AO sie ausdrücklich erlaubt. Die bloße Überlassung von Arbeitskräften gegen Bezahlung ist jedoch unabhängig davon, ob kostendeckende Entgelte verlangt werden oder nicht, kein Zweckbetrieb, weil sie nicht der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke dient.5 3. Unentbehrlichkeit (§ 65 Nr. 2 AO)
443 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist unentbehrlich für die Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke, wenn die steuerbegünstigten Zwecke ohne die wirtschaftliche Betätigung nicht erreichbar wären.6 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist demnach dann steuerunschädlich, wenn er sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist.7 Das bedeutet, dass die Tätigkeit selbst der Zweckerreichung und nicht lediglich der Mittelbeschaffung durch die Erhebung von Entgelten dient.8 So ist beispielsweise die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen an vereinsfremde Sportler kein Zweckbetrieb nach § 65 AO, da nicht erkennbar ist, dass die Erhebung einer Benutzungsgebühr das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks darstellt.9 4. Kein schädlicher Wettbewerb (§ 65 Nr. 3 AO) 444 Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf nicht zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). 445
Die Frage, ob der Wettbewerb unvermeidbar iSv. § 65 Nr. 3 AO ist, ist vor dem Hintergrund der von Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen staatlichen Wettbewerbsneutralität zu beantwor1 2 3 4 5 6 7 8 9
BFH v. 4.6.2003 – I R 25/02, BStBl. II 2004, 660. BFH v. 5.6.2003 – I R 76/01, BStBl. II 2005, 305 = FR 2003, 1133. BFH v. 1.8.2002 – V R 21/01, BStBl. II 2003, 438; v. 19.7.2010 – I B 203/09, BFH/NV 2011, 1. BFH v. 26.4.1995 – I R 35/93, BStBl. II 1995, 767 = FR 1995, 787. BFH v. 17.2.2010 – I R 2/08, BStBl. II 2010, 1006 = FR 2010, 1038. BFH v. 9.4.1987 – V R 150/78, BStBl. II 1987, 659. BFH v. 1.8.2002 – V R 21/01, BStBl. II 2003, 438. BFH v. 18.3.2004 – V R 101/01, BStBl. II 2004, 798. BFH v. 9.4.1987 – V R 150/78, BStBl. II 1987, 659.
256
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 445–447 § 5
ten. Ein steuerlicher Eingriff in den Wettbewerb ist nach Art. 3 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn ein hinreichender sachlicher Grund für eine steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliegt. Es ist zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten abzuwägen. Sind die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne eine steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, so ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar.1 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nicht allein deswegen ein Zweckbetrieb, weil er kostendeckende Entgelte erhebt.2 Der Wettbewerbsgedanke tritt dagegen zurück, wenn die gemeinnützige Körperschaft ihre Dienstleistungen oder Waren einem Personenkreis anbietet, der das Waren- oder Dienstleistungsangebot der steuerpflichtigen Unternehmen überwiegend nicht in Anspruch nimmt. Gleiches gilt, wenn die Leistungen notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber ihrerseits nicht verfolgen.3 Auch wenn die satzungsmäßigen Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO), liegt gleichwohl kein Zweckbetrieb vor, wenn bei der Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten (dh. steuerlich nicht beeinflussten) Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten gleichwohl dem Wettbewerbsgedanken der Vorrang einzuräumen ist.4 Der Zweck des § 65 Nr. 3 AO schützt sowohl einen tatsächlich vorhandenen Wettbewerb – zB vor Marktverdrängung – als auch einen möglicherweise erst entstehenden potenziellen Wettbewerb.5 Daher kommt es auf die Frage, ob eine Wettbewerbssituation konkret vorliegt, nicht an. Durch die steuerliche Begünstigung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sollen weder Mitbewerber verdrängt noch sollen Marktzutrittsschranken errichtet werden.6
446
5. ABC von Zweckbetrieben nach § 65 AO 447
–
Adoptionsvermittlungsstellen7
–
Arbeitstherapeutische Maßnahmen8
–
Ausstellung von Sportausweisen durch Sportverbände9
–
Aus- u. Weiterbildung von Beschäftigungsgesellschaften10
–
Automatenverkauf von Einmalspritzen an Drogenabhängige11
–
Blutspendedienste, Leistungen der regionalen Untergliederungen12
–
Dialyse-Vereine13
–
Freiwilligenagenturen (Vermittlung von Freiwilligen)14
–
Genehmigung von Sportveranstaltungen durch Sportverbände15
–
Jedermannschwimmen, wenn kein Spaßbad16
–
Jugendreisen (bei Jugendlichen m 18 Jahre)17
–
Karnevalssitzungen, -umzüge18
–
Kirchentag19
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
BFH v. 17.2.2010 – I R 2/08, BStBl. II 2010, 1006 = FR 2010, 1038. BFH v. 15.12.1993 – X R 115/91, BStBl. II 1994, 314. BFH v. 26.4.1995 – I R 35/93, BStBl. II 1995, 767 = FR 1995, 787; v. 13.6.2012 – I R 71/11, BFH/NV 2013, 89. BFH v. 17.2.2010 – I R 2/08, BStBl. II 2010, 1006 = FR 2010, 1038. BFH v. 13.6.2012 – I R 71/11, BFH/NV 2013, 89. BFH v. 19.7.2011 – I B 203/09, BFH/NV 2011, 1. OFD Hannover v. 12.7.2000 – S 0171 - 48 - StO 214, juris. Hess. Ministerium der Finanzen v. 27.6.1997 – S 0171 A - 92 - II A 11, juris. BMF v. 5.10.1990 – IV A 3 - S 7180 - 4/90, BStBl. I 1990, 649. BMF v. 11.3.1992 – IV B 4 - S 0170 - 32/92, BStBl. I 1993, 214. OFD Frankfurt v. 13.10.1998 – S 0183 A - 18 - St II 12, DB 1998, 2300. BFH v. 4.9.2007 – V B 226/06, juris; OFD Rheinland v. 25.1.2008 – KSt-Kurzinfo Nr. 5/2008, UR 2008, 440. OFD Frankfurt v. 30.3.1993 – S 0171 A - 91 - St II 12, DB 1993, 1116. BMF v. 15.9.2003 – IV C 4 - S 0171 - 97/03, BStBl. I 2003, 446. BMF v. 5.10.1990 – IV A 3 - S 7180 - 4/90, BStBl. I 1990, 649. AEAO zu § 67a, Nr. 13 Buchst. c. FinMin NRW v. 23.2.1981 – S 0171 - 51 - V B 4, juris. Hess. Ministerium der Finanzen v. 26.7.1991 – S 0170 A - 1 - II B 31, juris. OFD Münster v. 1.7.1982, StEK UStG § 3 Abs. 1 Nr. 8.
Kmpel
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§ 5 Rz. 447–451
Befreiungen
–
Medizinische Versorgung bei Großveranstaltungen1
–
Mensabetrieb (Schulmensa)2
–
Schülerfirmen (wenn Bruttoeinnahmen l 35 000 Euro)3
–
Tierheim; Aufnahme, Versorgung und Verkauf von Tieren (jedoch nicht Pflege im Rahmen einer „Tierpension“)4
–
Verkauf von Wohlfahrtsbriefmarken durch Wohlfahrtsverbände5
–
Vermietung von Sportstätten an Mitglieder6
Für die Jahre 2014 bis 2018 ist eine vorübergehende Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern in Einrichtungen steuerbegünstigter Körperschaften, die ausschließlich dem satzungsmäßigen Zweck der Körperschaft dienen (einschließlich Zweckbetriebe und Vermögensverwaltung), aus Billigkeitsgründen als Zweckbetrieb iSd. § 65 AO bzw. iSd. § 66 AO zu behandeln.7
XIX. Wohlfahrtspflege – § 66 AO § 66 Wohlfahrtspflege (1) Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ist ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maß den in § 53 genannten Personen dient. (2) 1Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. 2Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken. (3) 1Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege dient in besonderem Maße den in § 53 genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen zugute kommen. 2Für Krankenhäuser gilt § 67.
448
§ 66 AO enthält eine eigenständige Zweckbetriebsregelung für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe aus dem Bereich Wohlfahrtspflege, die unabhängig von den allgemeinen Grundsätzen des § 65 AO wirkt. Nach dieser Vorschrift ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege dann ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dient (§ 66 Abs. 1 AO).
449
Die Leistungen eines Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege müssen unmittelbar dem durch § 66 AO bestimmten Empfängerkreis zugutekommen. Eine bloße mittelbare Förderung reicht für die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 66 AO nicht aus.8
450
Bei den Empfängern der Leistungen muss es sich um hilfsbedürftige Personen iSd. § 53 AO handeln, also um Personen, die aus persönlichen (§ 53 Nr. 1 AO) oder wirtschaftlichen Gründen (§ 53 Nr. 2 AO) hilfsbedürftig sind oder zumindest gefährdet sein müssen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 AO).
451
Häufig unterhalten die nach § 4 Nr. 18 UStG anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und ihrer angeschlossenen Vereine Wohlfahrtseinrichtungen. Amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege sind nach § 23 UStDV: –
Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V.,
–
Deutscher Caritasverband e.V.,
–
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e.V.,
–
Deutsches Rotes Kreuz e.V.,
–
Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.,
–
Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.,
–
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.,
–
Bund der Kriegsblinden Deutschlands e.V.,
1 2 3 4 5 6 7 8
OFD Magdeburg v. 3.8.2006 – S 0184 - 19 - St 217 V, juris. OFD Kiel v. 15.3.2001 – S 0184 A - St 262, juris. OFD Frankfurt v. 29.3.2011 – S 0171 A - 146 - St 53, juris. BayLfSt v. 29.9.2005 – S 0183 - 1 St 31 N, KSt-Kartei BY § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG Karte 26.1. OFD Koblenz v. 19.6.1998 – S 0187 A - St 34 2, juris. AEAO zu § 67a, Nr. 12. BMF v. 20.11.2014 – IV C 2 - S 2730/0 - 01 – DOK 2014/1036761, BStBl. I 2014, 1613. BFH v. 18.3.2004 – V R 101/01, BStBl. II 2004, 798.
258
Kmpel
K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 451–454 § 5
–
Verband deutscher Wohltätigkeitsstiftungen e.V.,
–
Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.,
–
Sozialverband VdK Deutschland e.V.
Die Zweckbetriebsregelung des § 66 AO beschränkt sich jedoch nicht nur auf die og. Einrichtungen und deren angeschlossene Mitgliedsvereinigungen. Auch andere Körperschaften – mit entsprechenden Satzungszwecken – können einen Zweckbetrieb iSd. § 66 AO unterhalten. Definiert wird die Wohlfahrtspflege durch § 66 Abs. 2 AO. Danach ist die Wohlfahrtspflege die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für Not leidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 AO). Eine planmäßige Sorge zum Wohl der Allgemeinheit liegt nicht vor, wenn die Einrichtung entgeltliche Leistungen gegenüber einer nicht steuerbegünstigten Person erbringt, die sie ihrerseits gegen Bezahlung den in § 53 AO genannten Personen zur Verfügung stellt.1
452
Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO setzt nicht voraus, dass diese in unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zu den von ihr betreuten Hilfsbedürftigen steht. Maßgeblich ist, dass die Hilfeleistungen in tatsächlicher Hinsicht selbst und unmittelbar gegenüber den Hilfsbedürftigen erbracht werden. So kann auch die „Hilfsperson“ steuerbegünstigt sein, wenn sie mit der Hilfstätigkeit zugleich eigene steuerbegünstigte Zwecke verfolgt und soweit sie ihren Beitrag selbstständig und eigenverantwortlich erbringt und die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.2 Soweit es um den steuerbegünstigten Zweck der Mildtätigkeit geht, erfordert dies, dass die Leistungen der „Hilfsperson“ zumindest faktisch unmittelbar gegenüber den Hilfsbedürftigen erbracht werden.3 Da anhand des Gesetzeswortlauts oder des Normzwecks nicht zu ersehen ist, dass mit dem Terminus des Zugutekommens iRd. Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 66 Abs. 3 AO ein engeres Unmittelbarkeitserfordernis statuiert werden soll, als es iRd. allgemeinen Unmittelbarkeitsregelung des § 57 AO oder iZm. den Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 65 AO gilt, ist es sachgerecht, die vorgenannten Überlegungen auf § 66 AO zu übertragen.4
453
Ein Betrieb der Wohlfahrtspflege liegt nur vor, wenn der Betrieb nicht um des „Erwerbs 454 wegen“ ausgeübt wird. Nachdem der BFH5 zu diesem Merkmal zunächst die Auffassung vertreten hat, dass Wohlfahrtsverbände bereits dann um des Erwerbs willen und nicht zum Wohle der Allgemeinheit tätig werden, wenn diese ihre Leistungen zu denselben Bedingungen wie private gewerbliche Unternehmen anböten, da eine objektiv auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit nicht allein dadurch ihren Charakter ändere, wenn sie statt von gewerblichen Unternehmen von Wohlfahrtsverbänden erbracht würde, ist er nun von der uE zu engen Auslegung wieder abgerückt.6 So indiziert nicht schon die bloße objektive Eignung eines Wohlfahrtsbetriebs zur Gewinnerzielung ein die Zweckbetriebseigenschaft nach § 66 AO ausschließendes Handeln um „des Erwerbs wegen“. Denn zum einen deutet der Ausdruck „wegen“ auf eine subjektive, individuelle Zweckbestimmung hin und zum anderen kann die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – zB zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne im Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen. Zudem enthält § 66 AO keine Wettbewerbsklausel, wie sie in § 65 Nr. 3 AO für allgemeine Zweckbetriebe vorgesehen ist, welche zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten dürfen, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Daher ist diese Wettbewerbsklausel im Bereich der im Gesetz speziell geregelten Zweckbetriebe nicht entsprechend anzuwenden.7 Entsprechendes gilt für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO. Auch in diesem Bereich ist mangels Implementierung einer solchen Klausel anzunehmen, dass der Gesetzgeber ein Nebeneinander
1 2 3 4 5
BFH v. 16.12.2009 – I R 49/08, BStBl. II 2011, 398. BFH v. 17.2.2010 – I R 2/08, BStBl. II 2010, 1006 = FR 2010, 1038; AEAO zu § 57, Nr. 2. BFH v. 6.2.2013 – I R 59/11, BStBl. II 2013, 603. BFH v. 27.11.2013 – I R 17/12, BFH/NV 2014, 984 = FR 2014, 769. BFH v. 18.9.2007 – I R 30/06, BStBl. II 2009, 126 = FR 2008, 526; Nichtanwendungserlass durch BMF v. 20.1.2009 – IV C 4 - S 0185/08/10001 – DOK 2009/0012162, BStBl. I 2009, 339 u. AEAO zu § 66 Nr. 6. 6 BFH v. 27.11.2013 – I R 30/06, BFH/NV 2014, 984 = FR 2014, 769. 7 BFH v. 31.7.2013 – I R 82/12; BFH/NV 2014, 203 = FR 2014, 602 zu Krankenhäusern nach § 67 AO; v. 4.6.2003 – I R 25/02, BStBl. II 2004, 660 zu Zweckbetrieben nach § 68 AO.
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§ 5 Rz. 454–459
Befreiungen
von steuerbegünstigten und primär gewinnorientierten Betrieben grundsätzlich akzeptiert.1 Eine den Zweckbetrieb nach § 66 AO ausschließende Erwerbsorientierung ist immer dann gegeben, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen, die Wohlfahrtspflege mithin nur als Vorwand dient, um das eigene Vermögen zu mehren.2 455
Die Wohlfahrtspflege ist nur dann Zweckbetrieb, wenn deren Leistungen den in § 53 AO genannten Personen zu mindestens zwei Dritteln zugutekommen (§ 66 Abs. 3 Satz 1 AO). Auf das Zahlenverhältnis der in § 53 AO genannten Personen zu den übrigen betreuten Personen kommt es nicht an. Um die Erfüllung dieser Zwei-Drittel-Grenze nachzuweisen, muss die Körperschaft entsprechende Nachweise über die Bedürftigkeit der Empfänger führen.3
456
Das ab dem 1.1.2013 in § 53 Nr. 2 Satz 6 AO4 eingeführte Feststellungsverfahren über den Verzicht der Nachweisführung, wenn aufgrund der Hilfeleistung sichergestellt ist, dass nur bedürftige Personen unterstützt werden, findet uE durch den Verweis des § 66 Abs. 3 AO auf § 53 AO auch Anwendung auf Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. So ist auf Antrag der steuerbegünstigten Körperschaft eine entsprechende Feststellung für die Einrichtung der Wohlfahrtspflege möglich, wenn sichergestellt ist, dass aufgrund der Art der Hilfeleistung mindestens zwei Drittel der Leistungen an bedürftige Personen iSd. § 53 AO erbracht werden. Bei Kleiderkammern, Obdachlosenasylen und den sog. Tafeln kann unter Vorlage eines Bescheids nach § 53 Nr. 2 Satz 8 AO auf den Nachweis der Zwei-Drittel-Grenze verzichtet werden.5
XX. Krankenhäuser – § 67 AO § 67 Krankenhäuser (1) Ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§ 7 des Krankenhausentgeltgesetzes, § 10 der Bundespflegesatzverordnung) berechnet werden. (2) Ein Krankenhaus, das nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach Absatz 1 berechnet wird.
457
Ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist nach § 67 Abs. 1 AO ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden. Ein Krankenhaus, das nicht unter diese Vorschriften fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt berechnet wird, als es ein unter das KHEntgG oder die BPflV fallendes Krankenhaus nach § 67 Abs. 1 AO berechnen würde (§ 67 Abs. 2 AO).
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Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Leistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Dazu rechnen insbesondere ärztliche Leistungen, Pflege und Versorgung, Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter und die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson eines Patienten (§ 2 KHEntgG, § 2 Abs. 2 BPflV).
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Zu dem Zweckbetrieb Krankenhaus gehören alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen.6 Eine andere wirtschaftliche Betätigung außerhalb dieses Bereichs führt regelmäßig als eigenständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb insoweit zur partiellen Steuerpflicht.7 Daher sind die von Krankenhäusern häufig angebotenen Wahlleis1 BFH v. 27.11.2013 – I R 30/06, BFH/NV 2014, 984 = FR 2014, 769. 2 Entsprechend Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz. 4.101; Seer in T/K, § 66 Rz. 2; BFH v. 27.11.2013 – I R 30/06, BFH/NV 2014, 984 = FR 2014, 769. 3 BFH v. 28.10.1960 – III 134/56 U, BStBl. III 1961, 109; FG Bdb. v. 25.11.1998 – 2 K 825/96 G, EFG 1999, 199. 4 Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. 5 AEAO zu § 66, Nr. 7. 6 BFH v. 18.10.1990 – V R 35/85, BStBl. II 1991, 157. 7 BFH v. 6.4.2005 – I R 85/04, BStBl. II 2005, 545 = FR 2005, 892.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 459–464 § 5
tungen zum einen darauf zu prüfen, ob sie schädlich sind für die Berechnung der 40 %-Grenze bzw. dem Zweckbetrieb Krankenhaus noch zuzurechnen sind und zum anderen, ob damit ein zusätzlicher steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet wird. Zu den typischen Wahlleistungen gehört beispielsweise die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Chefarztbehandlung oder das Angebot einer besseren Unterkunft wie die Wahl eines Ein-/ Zweibettzimmers, eines Telefons und eines Fernsehgeräts. Wenn mehr als 60 % der jährlichen Belegungstage auf Patienten entfallen, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen, sind die Voraussetzungen des § 67 AO nicht mehr erfüllt. Dh., ein entsprechendes Krankenhaus wäre nicht mehr im Rahmen eines Zweckbetriebs tätig und könnte damit nicht als steuerbegünstigte Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anerkannt werden. Für die Prüfung, ob ein Krankenhaus die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllt, sind die 460 Anzahl der Belegungstage der Patienten, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen (= „schädliche“ Patienten iSd. § 67 AO) in Relation zu der Anzahl der Belegungstage der Patienten, für die lediglich die Fallpauschalen in Rechnung gestellt werden (= „unschädliche“ Patienten iSd. § 67 AO) zu setzen. Soweit die Anzahl der Belegungstage der „unschädlichen“ Patienten mindestens 40 % bezogen auf die Gesamtpflegetage beträgt, ist das Krankenhaus im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 67 AO tätig. Dies gilt sinngemäß für Krankenhäuser iSv. § 67 Abs. 2 AO mit der Maßgabe, dass dann ein unschädlicher Patient vorliegt, wenn diesem ein Entgelt in Rechnung gestellt wird, welches die für die in Anspruch genommenen Leistungen normalerweise zu berechnende Fallpauschale nicht übersteigt. Aus Billigkeitsgründen lässt die FinVerw. bei dieser Berechnung die Wahlleistungen Tele- 461 fon- und Fernsehgerätegestellung außen vor. Dh. ein Patient, der lediglich die Wahlleistung Telefon- und/oder Fernsehgerätenutzung in Anspruch nimmt, rechnet noch zu den „unschädlichen“ Patienten iSd. § 67 AO. Gleichwohl begründet das Krankenhaus mit diesen Leistungen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.1 Soweit Wahlleistungen als Teil der üblichen Krankenhausleistungen (zB Wahl einer besonderen Unterkunft) erbracht werden und die Anzahl der Pflegetage der „unschädlichen“ Patienten mindestens 40 % der Gesamtpflegetage beträgt, sind die erzielten Wahlleistungsentgelte der „schädlichen“ Patienten dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zuzurechnen. Für die Frage, ob eine Wahlleistung noch Teil der üblichen Krankenhausleistung ist, sind enge Maßstäbe anzulegen. Nur Wahlleistungen, die für ein Krankenhaus nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit zusammenhängen, können Teil des Zweckbetriebs „Krankenhaus“ sein. So dürfen die Wahlleistungen insbesondere nicht dazu bestimmt sein, dem Krankenhaus in erster Linie zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Wettbewerbern stehen.
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Bei der Wahlleistung „Unterkunft“ wird regelmäßig eine Vereinbarung zwischen dem Krankenhaus und den privaten Krankenversicherungen abgeschlossen, in der diese die Wahlleistung im Leistungsfall dem Krankenhaus vergüten. Es ist daher davon auszugehen, dass die PKV die jeweilige Zimmerausstattung einschließlich sämtlicher angebotener Merkmale (zB Kühlschrank, Haartrockner) als medizinisch notwendig angesehen hat. Insbesondere kommt es seitens des Patienten nicht zu einer gesonderten Hinzuwahl bestimmter Zusatzleistungen, sondern der Patient hat nur die Wahl zwischen einem Ein-, Zwei- oder Mehrbettzimmer mit allen damit jeweils verknüpften Ausstattungsmerkmalen. Dementsprechend gehören Einnahmen aus der Wahlleistung „Unterkunft“ zu den originären Krankenhausleistungen, welche noch Teil des Zweckbetriebs nach § 67 AO sind, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.2 Soweit in dem mit den PKV ausgehandelten Entgelten auch Elemente enthalten sind, die zu den Leistungen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gehören (zB Fernsehgeräteüberlassung, Telefongestellung etc.), sind diese uE anteilig aus den PKV-Vergütungen herauszurechnen und den Einnahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zuzurechnen.
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Die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses zur unmittelbaren Verabreichung im Krankenhaus ist dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzurechnen.3 Dies gilt auch dann, wenn die Ermächtigung zur Durchführung ambulanter Behandlungen nicht dem Krankenhaus im Wege einer sog. Insti-
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1 OFD Rheinland v. 1.12.2010 – S 0186 - 2010/0001, juris. 2 OFD Rheinland v. 1.12.2010 – S 0186 - 2010/0001, juris. 3 BFH v. 31.7.2013 – I R 82/12, BStBl. II 2015, 123; AEAO zu § 67.
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§ 5 Rz. 464–467
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tutsermächtigung, sondern dem Chefarzt des Krankenhauses erteilt wird, der die Behandlungen als Dienstaufgabe durchführt. Anders als die Lieferung von Medikamenten an Dritte, das Personal des Krankenhauses sowie an andere Kliniken und Apotheken ist die Abgabe von Zytostatika an ambulant behandelte Patienten eine von einem Krankenhaus typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung. Sie erfolgt allein, um eine effektive ambulante onkologische Behandlung im Krankenhaus zu gewährleisten. So ist die ambulante onkologische Behandlung als ärztliche Leistung vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst und deshalb grundsätzlich dem Zweckbetrieb zuzurechnen.1 Sie dient der Behandlung und Heilung, jedenfalls der Linderung der Krebserkrankungen der zu behandelnden Patienten.2
XXI. Sportliche Veranstaltungen – § 67a AO § 67a Sportliche Veranstaltungen (1) 1Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt 45 000 Euro im Jahr nicht übersteigen. 2Der Verkauf von Speisen und Getränken sowie die Werbung gehören nicht zu den sportlichen Veranstaltungen. (2) 1Der Sportverein kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit des Körperschaftsteuerbescheids erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 Satz 1 verzichtet. 2Die Erklärung bindet den Sportverein für mindestens fünf Veranlagungszeiträume. (3) 1Wird auf die Anwendung des Absatzes 1 Satz 1 verzichtet, sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins ein Zweckbetrieb, wenn 1. kein Sportler des Vereins teilnimmt, der für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person, seines Namens, seines Bildes oder seiner sportlichen Betätigung zu Werbezwecken von dem Verein oder einem Dritten über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält und 2. kein anderer Sportler teilnimmt, der für die Teilnahme an der Veranstaltung von dem Verein oder einem Dritten im Zusammenwirken mit dem Verein über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält. 2Andere sportliche Veranstaltungen sind ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. 3Dieser schließt die Steuervergünstigung nicht aus, wenn die Vergütungen oder andere Vorteile ausschließlich aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht Zweckbetriebe sind, oder von Dritten geleistet werden.
1. Sportliche Veranstaltungen (§ 67a Abs. 1 AO) 465 Sportliche Veranstaltungen von Sportvereinen sind ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen aus den Veranstaltungen im Jahr 45 000 Euro (bis zum 31.12.2012: 35 000 Euro)3 nicht übersteigen (§ 67a Abs. 1 AO). Übersteigen die Einnahmen die Grenze von 45 000 Euro, begründen alle sportlichen Veranstaltung des VZ insgesamt einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb iSd. § 64 AO. 466
Unter Sportverein iSd. Vorschrift sind alle gemeinnützigen Körperschaften zu verstehen, bei denen die Förderung des Sports (§ 52 Abs. 2 Nr. 21 AO) Satzungszweck ist; die tatsächliche Geschäftsführung muss diesem Satzungszweck entsprechen (§ 59 AO). § 67a AO gilt also zB auch für Sportverbände.4
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Als „sportliche Veranstaltung“ ist eine organisatorische Maßnahme eines Sportvereins zu verstehen, die es aktiven Sportlern ermöglicht, Sport zu treiben. Bei den Sportlern muss es sich nicht um Vereinsmitglieder handeln.5 Eine bestimmte Organisationsform oder -struktur schreibt das Gesetz nicht vor. Die untere Grenze der sportlichen Veranstaltung ist erst unterschritten, wenn die Maßnahme nur eine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen oder bloß eine konkrete Dienstleistung, wie zB die Beförderung zum Ort der sportlichen Betätigung oder ein spezielles Training für einzelne Sportler, zum Gegenstand hat. Die Vermietung von Sportstätten für kurze Dauer schafft lediglich die Voraussetzungen für sportliche Veranstaltungen.6 Eine sportliche Veranstaltung iSd. § 67a AO kann auch dann vorliegen, wenn ein Sportverein im Rahmen einer anderen Veranstaltung (zB Schauauftritt eines Tanzsportclubs) eine sportliche Darbietung präsentiert. Die andere Veranstaltung braucht nicht notwendigerweise die sportliche Veranstaltung eines Sportvereins zu 1 2 3 4 5 6
Seer in T/K, § 67 AO Rz. 2; Klaßmann, Das Krankenhaus 2012, 908. BFH v. 31.7.2013 – I R 82/12, BStBl. II 2015, 123. Anhebung durch Art. 1 Nr. 8 Ehrenamtsstärkungsgesetz v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 556. AEAO zu § 67a, Nr. 3. BFH v. 25.7.1996 – V R 7/95, BStBl. II 1997, 154. BFH v. 20.11.2008 – V B 264/07, BFH/NV 2009, 430 mwN.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 467–473 § 5
sein.1 Sportreisen sind als sportliche Veranstaltungen anzusehen, wenn die sportliche Betätigung wesentlicher und notwendiger Bestandteil der Reise ist (zB Reise zum Wettkampfort). Reisen, bei denen die Erholung der Teilnehmer im Vordergrund steht (Touristikreisen), zählen dagegen nicht zu den sportlichen Veranstaltungen, selbst wenn anlässlich der Reise auch Sport getrieben wird.2 Die Ausbildung und Fortbildung in sportlichen Fertigkeiten gehört zu den typischen und wesentlichen Tätigkeiten eines Sportvereins. Sportkurse und Sportlehrgänge für Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen (Sportunterricht) sind daher als „sportliche Veranstaltungen“ zu beurteilen.3 Es ist unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft, dass der Verein mit dem Sportunterricht in Konkurrenz zu gewerblichen Sportlehrern (zB Reitlehrer, Skilehrer, Tennislehrer, Schwimmlehrer) tritt, weil § 67a AO als die speziellere Vorschrift dem § 65 AO vorgeht. Die Beurteilung des Sportunterrichts als sportliche Veranstaltung hängt nicht davon ab, ob der Unterricht durch Beiträge, Sonderbeiträge oder Sonderentgelte abgegolten wird.
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Nicht zu den sportlichen Veranstaltungen gehören der Verkauf von Speisen und Getränken – auch an Wettkampfteilnehmer, Schiedsrichter, Kampfrichter, Sanitäter usw. – und die Werbung. Diese Tätigkeiten sind gesonderte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe.4 Insbesondere die Werbung auf Sportgeräten und Trikots ist immer als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen. Bei der Bandenwerbung ist zu unterscheiden, ob lediglich das Recht zur Nutzung der Werbeflächen übertragen wird (= Vermögensverwaltung) oder ob der Verein selber aktiv Werbepartner sucht und die Bande vermarktet (= steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb). Von Sportvereinen betriebene Clubhäuser, Kantinen, Vereinsheime oder Vereinsgaststätten sind keine sportlichen Veranstaltungen, sondern begründen steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe iSd. § 64 AO – selbst dann, wenn nur Mitglieder diese Angebote wahrnehmen können.5
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Wird für den Besuch einer sportlichen Veranstaltung, die Zweckbetrieb ist, mit Bewirtung ein einheitlicher Eintrittspreis bezahlt, so ist dieser – ggf. im Wege der Schätzung – in einen Entgeltsanteil für den Besuch der sportlichen Veranstaltung und in einen Entgeltsanteil für die Bewirtungsleistungen aufzuteilen.6
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Für die Einnahmengrenze von 45 000 Euro sind alle Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen des VZ, wie zB Eintrittsgelder, Startgelder, Zahlungen für Übertragungsrechte in Funk und Fernsehen, Lehrgangsgebühren und Ablösezahlungen, zusammenzurechnen.
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2. Option (§ 67a Abs. 2 AO) Bis zur Unanfechtbarkeit des Körperschaftsteuer- bzw. Freistellungsbescheids kann ein 472 Sportverein erklären, dass er auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 AO verzichtet (§ 67a Abs. 2 Satz 1 AO). Die steuerliche Beurteilung sportlicher Veranstaltungen erfolgt bei einem Verzicht nicht mehr nach der Höhe der Einnahmen (§ 67a Abs. 1 AO), sondern nach den Regelungen des § 67a Abs. 3 AO. An die Verzichtserklärung ist der Verein für mindestens fünf Jahre gebunden (§ 67a Abs. 2 Satz 2 AO). 3. Bezahlte Sportler (§ 67a Abs. 3 AO) Nach Verzicht auf die Anwendung des § 67a Abs. 1 AO sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins ausschließlich nach § 67a Abs. 3 AO zu beurteilen. Danach ist eine sportliche Veranstaltung ein Zweckbetrieb wenn, –
daran kein Sportler des Vereins teilnimmt, der über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person für Werbezwecke erhält (§ 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO) und
–
kein Sportler an der Veranstaltung teilnimmt, der für seine Teilnahme an der Veranstaltung über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält (§ 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO).
1 2 3 4 5 6
BFH v. 4.5.1994 – XI R 109/90, BStBl. II 1994, 886. AEAO zu § 67a, Nr. 4. AEAO zu § 67a, Nr. 5. BFH v. 21.8.1985 – I R 60/80, BStBl. II 1986, 88 = FR 1986, 23. AEAO zu § 67a, Nr. 10. AEAO zu § 67a, Nr. 7.
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§ 5 Rz. 474–476
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474 Sportliche Veranstaltungen, welche die Voraussetzungen des § 67a Abs. 3 AO nicht erfüllen, sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 64 AO). Auf die Höhe der Einnahmen der jeweiligen sportlichen Veranstaltung kommt es – anders als bei § 67a Abs. 1 AO – insoweit nicht mehr an. 475
Nach § 67a Abs. 3 AO ist jede sportliche Veranstaltung für sich zu beurteilen. Ist ein Sportler in einem Kalenderjahr als bezahlter Sportler anzusehen, sind alle in dem Kalenderjahr durchgeführten sportlichen Veranstaltungen des Vereins, an denen der Sportler teilnimmt, ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.1
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Zahlungen an einen Sportler des Vereins bis zu insgesamt 400 Euro/Monat im Jahresdurchschnitt gelten ohne Nachweis als unschädliche Aufwendungsentschädigung iSd. § 67a Abs. 3 AO.2 Diese Beurteilung ist für die Besteuerung des Sportlers ohne Bedeutung, dh., es ist gleichwohl ggf. ein Lohnsteuerabzug etc. des Vereins durchzuführen. Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung an andere Sportler setzt jedoch immer einen Nachweis der dem Sportler entstandenen tatsächlichen Aufwendungen voraus.3
XXII. Einzelne Zweckbetriebe (§ 68 AO) § 68 Einzelne Zweckbetriebe Zweckbetriebe sind auch: 1. a) Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste, wenn sie in besonderem Maß den in § 53 genannten Personen dienen (§ 66 Abs. 3), b) Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen, 2. a) landwirtschaftliche Betriebe und Gärtnereien, die der Selbstversorgung von Körperschaften dienen und dadurch die sachgemäße Ernährung und ausreichende Versorgung von Anstaltsangehörigen sichern, b) andere Einrichtungen, die für die Selbstversorgung von Körperschaften erforderlich sind, wie Tischlereien, Schlossereien, wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen dieser Einrichtungen an Außenstehende dem Wert nach 20 Prozent der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen des Betriebs – einschließlich der an die Körperschaften selbst bewirkten – nicht übersteigen, 3. a) Werkstätten für behinderte Menschen, die nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, b) Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, in denen behinderte Menschen aufgrund ärztlicher Indikationen außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses zum Träger der Therapieeinrichtung mit dem Ziel behandelt werden, körperliche oder psychische Grundfunktionen zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Alltagsleben wiederherzustellen oder die besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubilden, zu fördern und zu trainieren, die für eine Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind, und c) Integrationsprojekte im Sinne des § 132 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, wenn mindestens 40 Prozent der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind, 4. Einrichtungen, die zur Durchführung der Blindenfürsorge und zur Durchführung der Fürsorge für Körperbehinderte unterhalten werden, 5. Einrichtungen über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder sonstige betreute Wohnformen, 6. von den zuständigen Behörden genehmigte Lotterien und Ausspielungen, wenn der Reinertrag unmittelbar und ausschließlich zur Förderung mildtätiger, kirchlicher oder gemeinnütziger Zwecke verwendet wird, 7. kulturelle Einrichtungen, wie Museen, Theater, und kulturelle Veranstaltungen, wie Konzerte, Kunstausstellungen; dazu gehört nicht der Verkauf von Speisen und Getränken, 8. Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren, 9. Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert. 2Der Wissenschaft und Forschung dient auch die Auftragsforschung. 3Nicht zum Zweckbetrieb gehören Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränken, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug. 1 AEAO zu § 67a, Nr. 26. 2 AEAO zu § 67a, Nr. 32. 3 AEAO zu § 67a, Nr. 33.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 477–486 § 5
1. Einleitung § 68 AO enthält einen Katalog von verschiedenen Zweckbetrieben. Falls eine wirtschaftliche Betätigung nicht unter § 68 AO subsumiert werden kann, ist zu prüfen, ob ggf. die Regelungen der §§ 65–67a AO Anwendung finden können.
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2. Altenbetreuung (§ 68 Nr. 1 Buchst. a AO) Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste sind Zweckbetriebe nach § 68 Nr. 1 Buchst. a AO, wenn sie mehr als zwei Drittel ihrer Leistungen an bedürftigen Personen iSd. § 53 AO erbringen.
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Heime im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten (§ 1 HeimG).
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Kein Pflegeheim ist eine Einrichtung, die nur vorübergehend pflegebedürftige Personen aufnimmt. Diese Einrichtung kann jedoch uE durchaus – wie auch ambulante Pflegeeinrichtungen1 – als Einrichtung der Wohlfahrtspflege iSd. § 66 AO anerkannt werden, wenn sie die darin geforderten Voraussetzungen erfüllt.
480
Ein Erholungsheim, welches nur begüterte Personen aufnimmt, ist kein Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 1 Buchst. a AO.2
481
Der Betrieb einer Cafeteria in einem Seniorenheim ist dann kein Zweckbetrieb, wenn dieses der Allgemeinheit zugänglich ist.3
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Eine steuerbegünstigte Körperschaft muss entsprechende Nachweise über die Bedürftigkeit der von ihr betreuten Personen führen, damit die Einhaltung der Zwei-Drittel-Grenze geprüft werden kann. Kann der entsprechende Nachweis nicht geführt werden, ist eine Anerkennung als Zweckbetrieb nicht möglich.
483
3. Jugendeinrichtungen (§ 68 Nr. 1 Buchst. b AO) Der Betrieb von Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheimen, Schullandheimen und Jugendherbergen ist nach § 68 Nr. 1 Buchst. b AO ein Zweckbetrieb. Begünstigt ist sowohl die Betreuung als auch die Versorgung von Jugendlichen mit Unterkunft und Verpflegung.4 Anders als bei den Einrichtungen nach § 68 Nr. 1 Buchst. a AO bedarf es für die Jugendlichen keiner Bedürftigkeitsprüfung. Jugendliche iSd. § 68 Nr. 1 Buchst. b AO sind alle Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahrs.5
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Die Beherbergung allein reisender Erwachsener durch Jugendherbergen kann ein selbst- 485 ständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sein, wenn sie sich aus tatsächlichen Gründen von den satzungsgemäßen Leistungen an Jugendliche und Familien abgrenzen lässt. Fehlt die Abgrenzbarkeit, verlieren Jugendherbergen ihre Zweckbetriebseigenschaft nicht dadurch, dass sie außerhalb des satzungsgemäßen Zwecks in geringem Umfang (max. 10 % der Gesamtbeherbergungen) allein reisende Erwachsene (zu gleichen Bedingungen wie andere Gäste) beherbergen.6 Übersteigt die Zahl der Gesamtbeherbergungen allein reisender Erwachsener diese Grenze, ist die Jugendherberge insgesamt nicht mehr steuerbegünstigt tätig. 4. Selbstversorgungseinrichtung (§ 68 Nr. 2 AO) 486
Als Zweckbetriebe gelten: –
landwirtschaftliche Betriebe und Gärtnereien, die der Selbstversorgung von Körperschaften dienen und dadurch die sachgemäße Ernährung und ausreichende Versorgung von Anstaltsangehörigen sichern (§ 68 Nr. 2a AO),
–
andere Selbstversorgungseinrichtungen, wie Tischlereien und Schlossereien von steuerbegünstigten Körperschaften (§ 68 Nr. 2b AO),
1 2 3 4
AEAO zu § 68, Nr. 2. BFH v. 28.10.1960 – III 134/56 U, BStBl. III 1961, 109; v. 22.11.1972 – I R 21/71, BStBl. II 1973, 251. BFH v. 24.1.1990 – I R 33/86, BStBl. II 1990, 470. So auch Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.19.2; Sauter/Voigt de Oliveira in Erle/Sauter3, § 5 KStG Rz. 317; aA Fischer in H/H/Sp, § 68 AO Rz. 14. 5 AEAO zu § 52, Nr. 2.1. 6 BFH v. 18.1.1995 – V R 139-142/92, BStBl. II 1995, 446.
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§ 5 Rz. 486–492
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wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen dieser Einrichtungen an Außenstehende dem Wert nach 20 % der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen des Betriebs – einschließlich der an die Körperschaft selbst bewirkten – nicht übersteigen. Durch die Regelung werden unplanmäßige Überproduktionen oder gelegentliche Leistungen an Dritte von Selbstversorgungseinrichtungen einer steuerbegünstigten Körperschaft in geringfügigem Umfang (20 %) zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb erklärt. 487
Als Außenstehende gelten neben Dritten auch die Arbeitnehmer1 sowie rechtlich selbstständige Tochter-/Schwesterunternehmen der steuerbegünstigten Körperschaft.
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Von § 68 Nr. 2 Buchst. b AO werden nur solche Einrichtungen umfasst, die den darin genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind.2 Das kann zB die Reparaturwerkstatt eines Rettungsdienstes sein, die Küche einer Schule oder die Wäscherei eines Krankenhauses.3 Die Leistungen einer Krankenhausapotheke4 oder die Erbringung von Verwaltungsleistungen an Dritte ist keine mit den in § 68 Nr. 2 Buchst. b AO erwähnten Handwerksbetrieben vergleichbare Tätigkeit und damit schon dem Grunde nach keine Selbstversorgungseinrichtung.5
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Neben einer begünstigten Tätigkeit, die eine Selbstversorgungseinrichtung iSd. § 68 Nr. 2 Buchst. b AO ausüben muss, umfasst die Steuerbegünstigung des § 68 Nr. 2 Buchst. b AO ihrem Sinn und Zweck nach nur Einrichtungen, die ihrer Art nach nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Dritte erbringen, nicht aber solche, die personell für die dauerhafte Erbringung von Leistungen an Dritte ausgestattet sind.6 Die FinVerw. wendet jedoch diese – der bisherigen Beurteilung von Selbstversorgungseinrichtungen – einschränkende Rspr. bei Selbstversorgungsbetrieben, die bereits am 1.1.2010 bestanden haben, erst ab VZ 2013 an.7 5. Behindertenwerkstätten uÄ (§ 68 Nr. 3 AO) a) Werkstatt für behinderte Menschen (§ 68 Nr. 3 Buchst. a AO)
490 Der Begriff „Werkstatt für behinderte Menschen“ bestimmt sich nach § 136 SGB IX. Danach ist eine Werkstatt für behinderte Menschen eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Sie hat denjenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können, eine angemessene berufliche Bildung und eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis anzubieten und zu ermöglichen, ihre Leistungsoder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Werkstätten für behinderte Menschen werden durch die Bundesagentur für Arbeit förmlich anerkannt (§ 142 SGB IX). 491
Läden oder Verkaufsstätten für behinderte Menschen sind als Zweckbetriebe nach § 68 Nr. 3 Buchst. a AO anzuerkennen, wenn dort Produkte verkauft werden, die von der Werkstatt für behinderte Menschen oder anderen Werkstätten für behinderte Menschen hergestellt worden sind. Beim Verkauf von Produkten durch eine Verkaufsstelle ist zu unterscheiden, ob die Produkte unter Verwendung von Roh- oder Grundmaterial in der Werkstatt hergestellt wurden (= Zweckbetrieb) oder ob es sich um zugekaufte Waren (sog. Handelswaren) handelt, dh. Waren, die nicht in den Produktionsprozess der Werkstätte eingehen und unverändert weiterveräußert werden (= steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb). Der Weiterverkauf von in anderen Werkstätten für behinderte Menschen hergestellter Ware ist Teil des Zweckbetriebs.8
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Der Einkauf von Waren für die Produktion bleibt bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft einer Verkaufsstelle außer Betracht. Es ist deshalb auch ohne Bedeutung, zu
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AEAO zu § 68, Nr. 4. BFH v. 18.10.1990 – V R 76/89, BStBl. II 1991, 268. BFH v. 18.10.1990 – V R 35/85, BStBl. II 1991, 157. BFH v. 18.10.1990 – V R 76/89, BStBl. II 1991, 268. BFH v. 29.1.2009 – V R 46/06, BStBl. II 2009, 560. BFH v. 29.1.2009 – V R 46/06, BStBl. II 2009, 560. BMF v. 12.4.2011 – IV C 4 - S 0187/09/10005 :001 – DOK 2011/0304726, BStBl. I 2011, 538. AEAO zu § 68, Nr. 5.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 492–499 § 5
welchem Anteil die von einer Werkstätte für Behinderte hergestellten Waren aus zugekauftem Material bestehen.1 Eine von dem Träger einer Werkstatt für behinderte Menschen betriebene Kantine ist ein Zweckbetrieb.2
493
b) Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie (§ 68 Nr. 3 Buchst. b AO) Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, in denen behinderte Menschen außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Ziel der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben behandelt werden, sind Zweckbetriebe iSd. § 68 Nr. 3 Buchst. b AO. Während eine Beschäftigungstherapie ganz allgemein das Ziel hat, körperliche oder psychische Grundfunktionen zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Alltagsleben wiederherzustellen, zielt die Arbeitstherapie darauf ab, die besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubilden, zu fördern und zu trainieren, die für eine Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind. Beschäftigungs- und Arbeitstherapie sind vom medizinischen Behandlungszweck geprägt und erfolgen regelmäßig außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses zum Träger der Therapieeinrichtung. Ob eine entsprechende Einrichtung vorliegt, ergibt sich aufgrund der Vereinbarungen über Art und Umfang der Heilbehandlung und Rehabilitation zwischen dem Träger der Einrichtung und den Leistungsträgern.3
494
c) Integrationsprojekte (§ 68 Nr. 3 Buchst. c AO) Die Tätigkeit sog. Integrationsprojekte wurde in 2004 mit Wirkung für alle offenen VZ (Art. 97 § 1e Abs. 3 EGAO) als Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 3 Buchst. c AO in das Gesetz aufgenommen.4 Integrationsprojekte iSd. § 132 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen (Integrationsunternehmen) oder unternehmensinterne oder von öffentlichen Arbeitgebern iSd. § 71 Abs. 3 SGB IX geführte Betriebe (Integrationsbetriebe) oder Abteilungen (Integrationsabteilungen) zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt.
495
Eine Schwerbehinderung iSd. § 132 SGB IX setzt einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 % voraus (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 %, aber wenigstens 30 %, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz iSd. § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene während der Zeit einer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 % beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht (§ 68 Abs. 4 SGB IX).
496
Aufgabe der Integrationsprojekte ist es, den schwerbehinderten Menschen Beschäftigung und arbeitsbegleitende Betreuung und, soweit erforderlich, auch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder Gelegenheit zur Teilnahme an entsprechenden außerbetrieblichen Maßnahmen anzubieten (§ 133 SGB IX).
497
Während Integrationsprojekte iSd. § 132 SGB IX jedoch mindestens 25 % und in der Re- 498 gel nicht mehr als 50 % schwerbehinderte Menschen beschäftigen sollen, bedarf es für die steuerliche Beurteilung als Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchst. c AO einer Beschäftigungsquote von mindestens 40 %. Es ist also durchaus möglich, dass ein Projekt zwar die Anforderungen des § 132 SGB IX erfüllt, nicht jedoch zur Annahme eines Zweckbetriebs iSd. § 68 Nr. 3c AO führt, weil der Anteil der schwerbehinderten Menschen zwar über 25 %, nicht aber mindestens 40 % beträgt. Ein Schwerbehinderter kann nur dann als ganze Arbeitskraft angerechnet werden, wenn seine Wochenarbeitszeit mindestens 18 Stunden beträgt. Bei einer Beschäftigung von unter
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OFD Frankfurt v. 2.3.2012 – S 0184 A - 8 - St 53, juris. AEAO zu § 68, Nr. 5. AEAO zu § 68, Nr. 8. G zu Änderung der AO und anderer Gesetze v. 24.8.2004, BGBl. I 2004, 1753.
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§ 5 Rz. 499–505
Befreiungen
18 Stunden wöchentlich ist zur Berechnung der 40 %-Quote nur eine quotale Berücksichtigung des betreffenden Arbeitnehmers möglich.1 500
Als Nachweis für die Eigenschaft als Integrationsprojekt dient der Bescheid des zuständigen Integrationsamts über erbrachte Leistungen nach § 134 SGB IX. Zusätzlich muss die steuerbegünstigte Körperschaft die Erfüllung der 40 %-Quote nachweisen.2
501
Wenn jedoch die Errichtung eines Integrationsprojekts erkennbar dazu dient, den ermäßigten Umsatzsteuersatz zugunsten einer nicht gemeinnützigen Körperschaft zu nutzen, dient die Körperschaft nicht mehr ausschließlich gemeinnützigen Zwecken, sodass diese insgesamt nicht mehr als steuerbegünstigte Einrichtung anerkannt werden kann.3 6. Blinden- und Körperbehindertenfürsorge (§ 68 Nr. 4 AO)
502 Einrichtungen zur Durchführung der Blindenfürsorge und zur Durchführung der Körperbehindertenfürsorge sind als Zweckbetriebe anzuerkennen. Erforderlich ist, dass die Einrichtung nach Art und Umfang notwendig und geeignet sein muss, den Zweck der Blindenoder Körperbehindertenfürsorge zu erfüllen.4 Die Umsätze mit Dritten sind nicht begrenzt.5 7. Heimerziehung und betreute Wohnformen (§ 68 Nr. 5 AO) 503 Im Rahmen des AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.20136 wurden mit Wirkung ab dem 1.1.2014 die bereits in 2011 im SGB VIII überarbeiteten Begriffe „Fürsorgeerziehung“ und „der freiwilligen Erziehungshilfe“ an die dort nun verwendeten aktualisierten Begriffe angepasst. So sind Einrichtungen zur Hilfe zur Erziehung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder sonstige betreute Wohnformen nach § 68 Nr. 5 AO als Zweckbetriebe anzuerkennen. Diese Einrichtungen haben nach § 34 SGB VIII das Ziel, Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung zu fördern. Sie sollen entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie –
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
–
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
–
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbstständiges Leben vorbereiten.
Auch sollen Jugendliche in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden. 504
Wenn Jugendliche aus diesen Einrichtungen gegen Entgelt bäuerlichen Betrieben zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden, so geschieht dies aus arbeitstherapeutischen Zwecken. Es liegt in einem solchen Fall also kein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der Einrichtung vor, sondern ein Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 5 AO.
505
Die Beschäftigung von Jugendlichen dient auch bei deren Verwendung in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb derselben Körperschaft dem fürsorgerischen Zweck (Erziehung) selbst. Stellt daher eine Einrichtung ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb für die Gestellung von Jugendlichen eine den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb belastende Vergütung in Rechnung, so ist die Einrichtung mit der bei ihr zu verbuchenden Einnahme steuerfrei. Bei den steuerschädlichen, also körperschaftsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einer Einrichtung iSd. § 68 Nr. 5 AO sind die dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von der Einrichtung für Arbeitsgestellung der Jugendlichen berechneten Beträge insoweit als Betriebsausgaben des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs anzuerkennen, als die Jugendlichen fremde Arbeitskräfte ersparen. Es kommt also nur darauf an, zu prüfen, ob die Bewertung der Arbeitskraft durch die Einrichtung – gemessen an dem Arbeitswert fremder Arbeitskräfte – nicht zu hoch ist.7
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OFD Düsseldorf v. 14.6.2004 – S 0187 - 20 - St 133 - K, DB 2004, 1397. AEAO zu § 68, Nr. 6. BFH v. 23.2.2012 – V R 59/09, BStBl. II 2012, 544. Buchna/Seeger/Brox10, Rz. 2.19.5. RFH v. 28.1.1939 – VI a 53/38, RStBl. 1939, 545. BGBl. I 2013, 1809. OFD Karlsruhe v. 1.1.2003 – VV BW OFD Karlsruhe 2003-01-01 VII, juris.
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K. Steuerbegnstigte Kçrperschaften (Abs. 1 Nr. 9)
Rz. 506–511 § 5
8. Lotterien und Ausspielungen (§ 68 Nr. 6 AO) Lotterien und Ausspielungen sind ein Zweckbetrieb, wenn sie von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder per Verwaltungserlass pauschal als genehmigt gelten (§ 68 Nr. 6 AO). Fehlt eine Genehmigung, handelt es sich bei der Lotterie um einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
506
Eine Begrenzung des Lotterieumfangs ist nicht vorgesehen, sodass auch sehr große Lotterieveranstaltungen als Zweckbetrieb anerkannt werden können, wenn die Körperschaft dadurch nicht ihr Gepräge als steuerbegünstigte Einrichtung verliert, weil die Durchführung der Lotterie zum bloßen Selbstzweck wird. Die jährliche Organisation einer Tombola durch eine Mittelbeschaffungskörperschaft ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung selbst dann als steuerbegünstigter Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 6 zu beurteilen, wenn die Körperschaft ihre Mittel überwiegend aus der Ausrichtung der Tombola erzielt.1
507
Damit eine Lotterie überhaupt als Zweckbetrieb anerkannt werden kann, muss es sich um eine genehmigungsfähige Lotterie handeln. Genehmigungsfähig sind nur öffentliche Lotterien.2 Eine öffentliche Lotterie liegt vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt (§ 3 Abs. 2 GlüStV).
508
Bei kleineren Lotterien können die Bundesländer auch ein vereinfachtes Verfahren zur Genehmigung durchführen (§ 18 GlüStV). So gilt zB in Nordrhein-Westfalen eine öffentliche Lotterie für die Institutionen der Jugendhilfe und der Jugendpflege, Kirchengemeinden und Religionsgemeinschaften, Sportvereinen, Feuerwehren und Stiftungen als genehmigt, wenn mindestens zwei Wochen vor Beginn der örtlichen Ordnungsbehörde angezeigt wird, dass
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–
die Lotterie und Ausspielung sich nicht über das Gebiet einer kreisfreien Stadt oder eines Kreises hinaus erstreckt,
–
der Spielplan einen Reinertrag von mindestens einem Drittel des Spielkapitals (Gesamtpreise der Lose) vorsieht,
–
das Spielkapital den Wert von 40 000 Euro nicht übersteigt,
–
der Losverkauf die Dauer von drei Monaten innerhalb eines Jahres nicht überschreitet und
–
keine Prämien oder Schlussziehungen vorgesehen sind.
Auch ist der Reinertrag der Veranstaltung ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten Zwecken zuzuführen.3 Zur Ermittlung des Reinertrags dürfen den Einnahmen aus der Lotterieveranstaltung 510 oder Ausspielung nur die unmittelbar damit zusammenhängenden Ausgaben gegenübergestellt werden. Führt eine steuerbegünstigte Körperschaft eine Lotterieveranstaltung durch, die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz nicht genehmigungsfähig ist, zB eine Ausspielung anlässlich einer geselligen Veranstaltung, handelt es sich insoweit nicht um einen Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 6 AO.4 9. Kulturelle Einrichtungen (§ 68 Nr. 7 AO) Kulturelle Einrichtungen, wie Museen, Theater und kulturelle Veranstaltungen, wie Konzer- 511 te und Kunstausstellungen, gelten nach § 68 Nr. 7 AO als Zweckbetrieb. Die im Gesetz enthaltene Aufzählung der kulturellen Einrichtungen ist nicht abschließend. Zu den Theatervorführungen sind nicht nur Aufführungen von Theaterstücken, Opern und Operetten zu verstehen, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés bis zu den Puppenspielen. Unter Konzerten sind Aufführungen von Musikstücken zu verstehen, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt wer-
1 AEAO zu § 68, Nr. 10. 2 § 2 Glücksspielstaatsvertrag v. 15.12.2011, HmbGVBl. 2012, 240. 3 Allgemeine Erlaubnis für Kleine Lotterien und Ausspielungen, Bekanntmachung des Innenministeriums NRW v. 8.1.2008 – 14 - 38.7.01 - 3.1, MBl. NRW 2008, 22. 4 AEAO zu § 68, Nr. 11.
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§ 5 Rz. 511–519
Befreiungen
den.1 So gehören beispielsweise zu den kulturellen Veranstaltungen auch die Darbietungen der Volksmusik-, Gesangs-, Volkstanz- und Schuhplattlergruppen.2 512
Voraussetzung für die Anerkennung einer kulturellen Einrichtung oder Veranstaltung als Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 7 AO ist, dass die Förderung der Kultur auch Satzungszweck der steuerbegünstigten Körperschaft ist.3
513
Eine kulturelle Veranstaltung der Körperschaft liegt auch dann vor, wenn diese eine Darbietung kultureller Art im Rahmen einer Veranstaltung präsentiert, die nicht von der Körperschaft selbst organisiert wird und die ihrerseits keine kulturelle Veranstaltung iSd. § 68 Nr. 7 AO darstellt. Wenn zB ein steuerbegünstigter Musikverein, welcher der Förderung der volkstümlichen Musik dient, gegen Entgelt im Festzelt einer Brauerei ein volkstümliches Musikkonzert darbietet, gehört der Auftritt des Musikvereins als kulturelle Veranstaltung zum Zweckbetrieb.4
514
Der Verkauf von Speisen und Getränken bei kulturellen Veranstaltungen gehört ebenso wenig zu dem Zweckbetrieb (§ 68 Nr. 7 AO)5 wie die Werbung. Diese Tätigkeiten sind gesonderte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Wird für den Besuch einer kulturellen Veranstaltung mit Bewirtung ein einheitliches Entgelt entrichtet, so ist dieses – ggf. im Wege der Schätzung – in einen Entgeltanteil für den Besuch der Veranstaltung (Zweckbetrieb) und für die Bewirtungsleistungen (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) aufzuteilen.6 10. Wissenschaftliche und belehrende Veranstaltungen (§ 68 Nr. 8 AO)
515 Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen, begründen damit einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 8 AO. Nach dieser Vorschrift gilt dies auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren. Einrichtungen der Bildung dürfen den Kreis der Hörer nicht einengen.7 516
Ein eigenes Tätigwerden (im Sinne von „selbst“) ist auch dann anzunehmen, wenn sich das Bildungswerk bei der Erfüllung von eigenen Leistungen dritter Personen (zB eines Hotels) bedient. Da das Bildungswerk gegenüber den Teilnehmern als Veranstalter auftritt, gewährt es insoweit selbst die in § 68 Nr. 8 AO aufgeführten Leistungen. Ob das Bildungswerk dabei die genannten „eingekauften“ Leistungen in eigenen, langfristig oder kurzfristig angemieteten Räumlichkeiten oder Tagungshotels erbringt, ist für die Zweckbetriebsfiktion des § 68 Nr. 8 AO nicht entscheidend.8
517
Werden neben den Teilnehmern einer Wissenschafts- oder Forschungsveranstaltung auch Dritten gegen Entgelt Beherbergung oder Beköstigung angeboten, liegt insoweit mit den Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen insgesamt kein Zweckbetrieb mehr vor.9 11. Auftragsforschung (§ 68 Nr. 9 AO)
518 Nachdem der BFH10 zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Einstufung von Auftragsforschung entschieden hatte, dass diese – unabhängig davon, wem die Rechte an den Ergebnissen zustehen – mangels Förderung der Allgemeinheit immer einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet, wurde § 68 Nr. 9 AO ab dem 1.1.1997 neu in das Gesetz aufgenommen.11 Danach sind Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert, einschließlich ihrer Auftragsforschung als Zweckbetrieb anzusehen. 519
§ 68 Nr. 9 AO gilt nur für Körperschaften, deren satzungsmäßiger Zweck die Förderung von Wissenschaft und Forschung ist. Die steuerliche Beurteilung der Zweckbetriebseigen-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
BFH v. 26.4.1995 – XI R 20/94, BStBl. II 1995, 519. BFH v. 21.8.1985 – I R 3/82, BStBl. II 1986, 92 = FR 1986, 77. FG München v. 8.3.1999 – 7 K 3032/96, juris (rkr.). AEAO zu § 68, Nr. 13. BFH v. 21.8.1985 – I R 3/82, BStBl. II 1986, 92 = FR 1986, 77. AEAO zu § 68, Nr. 14. BFH v. 2.8.1962 – V 37/60 U, BStBl. III 1962, 458. OFD Karlsruhe v. 1.1.2003 – VV BW OFD Karlsruhe 2003-01-01, juris. BFH v. 11.4.1990 – I R 122/87, BStBl. II 1990, 724. BFH v. 30.11.1995 – V R 29/91, BStBl. II 1997, 189. JStG 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049.
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L. Vermietungsgenossenschaften/Vermietungsvereine (Abs. 1 Nr. 10)
Rz. 519–527 § 5
schaft von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht unmittelbar der Forschung dienen, richtet sich nach den §§ 65 bis 68 Nr. 1 bis 8 AO.1 Für die Frage, ob eine Auftragsforschung als Zweckbetrieb einzustufen ist, ist auf die Finanzierungsstruktur der steuerbegünstigten Einrichtung abzustellen. Überwiegen die „unschädlichen“ Zuwendungen, liegt hinsichtlich der Auftragsforschung ein Zweckbetrieb vor, überwiegen die „schädlichen“ Einnahmen, ist die Auftragsforschung insgesamt als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einzustufen.
520
Zuwendung in diesem Sinne ist ein Mitteltransfer, welcher der Körperschaft ohne eigene Gegenleistung zufließt. Unter den Begriff der Zuwendung fallen daher unentgeltliche Leistungen wie Spenden, Mitgliedsbeiträge, Projektförderungszahlungen und Zahlungen, durch die eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll.2 Keine Zuwendungen iSd. § 68 Nr. 9 AO sind hingegen Entgelte, die als Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit im Interesse des Auftraggebers, der auch die öffentliche Hand sein kann, geleistet werden. Die Ressortforschung, deren Ergebnisse in erster Linie den finanzierenden Stellen (hier: den Ministerien) zur Verfügung stehen, wird regelmäßig im Rahmen gegenseitiger Verträge und damit gegen Entgelt erbracht.3
521
Bei einer Forschungseinrichtung, auf die § 68 Nr. 9 AO anzuwenden ist, deren Träger die 522 Finanzierungsvoraussetzungen der Vorschrift jedoch nicht erfüllt, ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob sich die Auftragsforschung von der steuerbegünstigten Tätigkeit trennen lässt. Ist in diesem Fall die Auftragsforschung von untergeordneter Bedeutung, kann der Träger der Einrichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gleichwohl steuerbefreit sein und die Auftragsforschung lediglich einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) darstellen. Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geht nur dann verloren, wenn die Auftragsforschung als eigenständiger Zweck neben die Eigenforschung (Grundlagenforschung) tritt und somit gegen das Gebot der Ausschließlichkeit des § 56 AO verstoßen wird.4 Nicht zum Zweckbetrieb gehören Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter 523 wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränken, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug (§ 68 Nr. 9 Satz 3 AO). Zu den Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränken, zählen insbesondere Materialprüfungen, Routineprüfungen, Blutalkoholuntersuchungen im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden oder die Anfertigung von Gutachten.
524
„Projektträgerschaft“ ist die fachliche und verwaltungsmäßige Betreuung und Abwicklung der Projektförderung durch Forschungseinrichtungen (Projektträger) im Auftrag des Bundes oder eines Landes. Zu den Aufgaben der Projektträger gehören ua. die Prüfung und Beurteilung der Förderanträge der Forschungseinrichtungen, die eine Projektförderung beantragen, mit Entscheidungsvorschlag, Verwaltung der vom Zuwendungsgeber bereitgestellten Mittel, Kontrolle der Abwicklung des Vorhabens, Mitwirkung bei der Auswertung und Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse. Die Projektträger erhalten vom Zuwendungsgeber ein Entgelt in Höhe der bei ihnen entstandenen Selbstkosten. Projektträgerschaften sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Bei der Beurteilung, wie sich die Forschungseinrichtung überwiegend finanziert, gehören die Einnahmen aus Projektträgerschaften zu den Einnahmen, die den Zuwendungen und den Einnahmen aus der Vermögensverwaltung gegenüberzustellen sind.5
525
Zu den übrigen Tätigkeiten ohne Forschungsbezug zählt beispielsweise der Betrieb einer Kantine einer Forschungseinrichtung.
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L. Vermietungsgenossenschaften/Vermietungsvereine (Abs. 1 Nr. 10) Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Wohnungen herstellen und sie den Mitgliedern zum Gebrauch überlassen, sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG steuerbe1 2 3 4 5
BMF v. 22.9.1999 – IV C 6 - S 0171 - 97/99, BStBl. I 1999, 944. BFH v. 15.10.1998 – V R 51/96, BFH/NV 1999, 833. BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II 2007, 631 = FR 2007, 963. BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05, BStBl. II 2007, 631 = FR 2007, 963; AEAO zu § 68, Nr. 15. BMF v. 22.9.1999 – IV C 6 - S 0171 - 97/99, BStBl. I 1999, 944.
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§ 5 Rz. 527–534
Befreiungen
freit. Soweit die Einnahmen außerhalb der begünstigten Tätigkeiten mehr als 10 % der Gesamteinnahmen übersteigen, ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen. § 3 Nr. 15 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. 528
Die Befreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG wurde durch das StRefG 19901 eingeführt und löste die bis dahin geltende Steuerbefreiung von gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften ab. Die Neuregelung galt grundsätzlich ab VZ 1990, es konnte jedoch ein Antrag auf Anwendung erst ab dem VZ 1991 gestellt werden (§ 54 Abs. 4 KStG 1990). Wegen der Auswirkungen der Änderung auf die bisher steuerbefreiten gemeinnützigen Wohnungsunternehmen wird auf die BMF-Schr. v. 24.7.19892 und v. 22.11.19913 verwiesen. Die Steuerbefreiung erstreckt sich ausschließlich auf Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und auf Vereine. Andere Körperschaften, wie beispielsweise Kapitalgesellschaften, sind nicht begünstigt. Es muss sich um Genossenschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG handeln. Bei Vereinen sind sowohl rechtsfähige (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG) als auch nicht rechtsfähige Vereine (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) begünstigt. Nicht erforderlich ist, dass die Unternehmen bereits vor 1990 als gemeinnützige Wohnungseinrichtungen von der Körperschaftsteuer befreit waren.4
529
Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG setzt ua. voraus, dass die Genossenschaften oder die Vereine ihren Mitgliedern selbst hergestellte oder erworbene Wohnungen aufgrund eines Mietvertrags oder aufgrund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlassen. Nicht begünstigt ist die Beschaffung von Wohnungen durch Miete, Pacht, Nießbrauch oder als Treuhänder.5 Den Wohnungen stehen Räume in Wohnheimen iSd. § 15 des zweiten Wohnungsbaugesetzes gleich (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 Buchst. a Halbs. 2 KStG).
530
Der Mietvertrag muss mit demjenigen abgeschlossen werden, dem die Wohnung zum Gebrauch überlassen wird. Außerdem muss der Mieter oder sein Ehegatte Mitglied der Genossenschaft sein.
531
Die Mitgliedschaft bei einer Vermietungsgenossenschaft entsteht durch die Eintragung in die Liste der Genossen (§ 15 GenG). An Neumitglieder kann eine unschädliche Vermietung bereits dann erfolgen, wenn spätestens bei Mietbeginn die Beitrittserklärung des Mieters vorliegt und diese unverzüglich dem Registergericht zur Eintragung eingereicht wird.6 Stirbt ein Mitglied, dem die Genossenschaft eine Wohnung vermietet hat, so geht die Mitgliedschaft auf die Erben über. Die Mitgliedschaft endet mit dem Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist (§ 77 Abs. 1 GenG). Nach diesem Zeitpunkt ist die Wohnungsvermietung dem nicht begünstigten Nichtmitgliedergeschäft zuzurechnen, es sei denn, der Erbe setzt die Mitgliedschaft des verstorbenen Genossen fort (§ 77 Abs. 2 GenG) oder ist bis dahin – ohne die Mitgliedschaft des verstorbenen Genossen fortzusetzen – Mitglied der Vermietungsgenossenschaft geworden. Aus Billigkeitsgründen wird die Wohnungsvermietung dem begünstigten Mitgliedergeschäft zugerechnet, wenn die Beitrittserklärung des Erben, der Mieter wird, bis zur Bilanzaufstellung vorliegt und diese unverzüglich dem Registergericht zur Eintragung eingereicht wird.
532
Einer Vermietungsgenossenschaft, die am 31.12.1989 als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen anerkannt war, kann die Steuerbefreiung aus Billigkeitsgründen auch gewährt werden, wenn zB Bund, Länder, Gemeinden, Kirchen oder Unternehmen für Mieter Genossenschaftsanteile erwerben und halten. Auf die Voraussetzung, dass die Genossenschaft den Miet- oder Nutzungsvertrag mit demjenigen abschließt, der die Wohnung tatsächlich nutzt, kann aber auch in diesen Fällen nicht verzichtet werden.
533
Übliche Untermietverhältnisse durch die Mieter (zB die Untervermietung von Räumen an Studenten) sind für die Steuerbefreiung nicht schädlich.7
534
Zu den Wohnungen gehören auch Zubehörräume (Garagen, Keller, Speicher, Bodenräume), wenn sie zusammen mit den Wohnungen genutzt werden. Die Vermietung von Einzel-,
1 2 3 4 5 6 7
G v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, 1093. BMF v. 24.7.1989 – IV B 7 - S 2730 - 65/89, BStBl. I 1989, 271. BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014. BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 15. BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 16. BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 19. BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 22.
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L. Vermietungsgenossenschaften/Vermietungsvereine (Abs. 1 Nr. 10)
Rz. 534–542 § 5
Sammel-, Tiefgaragen- oder Stellplätzen ist auch dann als Vermietung eines Zubehörraums anzusehen, wenn unterschiedliche Mietverträge über die Vermietung der Wohnung und des Zubehörraums bestehen. Die Vermietung eines Zubehörraums wird entsprechend der zugehörigen Wohnungsvermietung dem begünstigten oder nicht begünstigten Bereich zugerechnet. Im Rahmen einer begünstigten Wohnungsvermietung liegt ein begünstigtes Geschäft auch dann vor, wenn der Garagen- bzw. der Stellplatz an ein im Haushalt lebendes Familienmitglied vermietet worden ist. Die Vermietung eines Garagen- oder Stellplatzes an Außenstehende ist dagegen ein nicht begünstigtes Geschäft.1 Die FinVerw. stuft die Vermietung von Wohnungen zu Ferienzwecken an Mitglieder als begünstigt ein, wenn die Vermietungstätigkeit als Vermögensverwaltung anzusehen ist und keinen gewerblichen Charakter angenommen hat.2
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Soweit iZm. der Wohnungsvermietung Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen hergestellt oder erworben und betrieben werden, ist dies nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b KStG begünstigt, wenn diese Einrichtungen überwiegend für Mitglieder und deren zum Haushalt gehörende Angehörige bestimmt sind und der Betrieb durch die Genossenschaft und den Verein notwendig ist.
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Gemeinschaftsanlagen sind bauliche Anlagen, die für Wohnungen errichtet werden und anstelle der üblicherweise zur Wohnungsnutzung gehörenden Einzelanlagen den Wohnungsberechtigten zur gemeinsamen Benutzung dienen. Dazu gehören zB gemeinsame Heizungsanlagen, Wasch- und Trockenanlagen, Badeeinrichtungen sowie Gemeinschaftsgebäude für Wohnsiedlungen (vgl. § 8 Abs. 2 der bis zum 31.12.1989 geltenden WGGDV).3
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Folgeeinrichtungen sind bauliche Anlagen, die für eine größere Anzahl von zusammenhängenden Wohnungen notwendig sind, um die bildungsmäßige, soziale oder verwaltungsmäßige Betreuung zu gewährleisten. Dazu gehören zB Kindertagesstätten, Kindergärten und Lesehallen (vgl. § 8 Abs. 3 der bis zum 31.12.1989 geltenden WGGDV).4
538
Die Nutzung der Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen auch von Nichtmitglie- 539 dern ist für die Steuerbefreiung unschädlich, wenn diese Nutzung nicht überwiegt.5 Nicht erforderlich ist, dass die Vermietungsgenossenschaften und die Vereine die Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen selber betreiben.6 Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen der Vermietungsgenossenschaft aus nicht begünstigten Tätigkeiten 10 % der gesamten Einnahmen übersteigen. In diesem Falle verliert die Genossenschaft/der Verein für den VZ die Steuerbefreiung und das Einkommen aus der gesamten Geschäftstätigkeit wäre zu versteuern. Betragen die Einnahmen aus den nicht begünstigten Tätigkeiten nicht mehr als 10 % der gesamten Einnahmen, ist die Genossenschaft nur hinsichtlich der nicht begünstigten Tätigkeiten steuerpflichtig; im Übrigen bleibt die Steuerfreiheit erhalten. Die nicht begünstigten Tätigkeiten bilden einen einheitlichen Gewerbebetrieb.
540
Der Begriff und die Höhe der Einnahmen (Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer) bestimmen sich nach den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung. So ist bei einer Genossenschaft nicht auf den Zufluss iSv. § 11 EStG abzustellen, weil der gewerbliche Gewinn einer Vermietungsgenossenschaft nach § 5 EStG ermittelt wird. Die Einnahmen sind im begünstigten und nicht begünstigten Bereich nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln. Die Rspr. lehnt sich für den gesetzlich nicht definierten Begriff der Einnahmen an die Begriffsbestimmung des § 8 Abs. 1 EStG an.7 Danach sind als Betriebseinnahmen alle Zugänge in Geld oder Geldeswert anzusehen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Diese Definition ist auch für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich von Bedeutung.
541
Ob die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten innerhalb der 10 %-Grenze liegen, ist für jedes Wirtschaftsjahr gesondert zu prüfen.
542
1 BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 23. 2 BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 24; wegen der Abgrenzung des Gewerbebetriebs von der Vermögensverwaltung s. H 137 Abs. 2 EStH „Ferienwohnung“. 3 BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 26. 4 BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 27. 5 BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 28. 6 BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 29. 7 BFH v. 22.7.1988 – III R 175/85, BStBl. II 1988, 995 = FR 1989, 105.
Kmpel
273
§ 5 Rz. 543–544 543
Befreiungen
Zu den begünstigten Geschäften zählen beispielsweise: –
Geschäfte, die zur Abwicklung der begünstigten Tätigkeiten notwendig sind und die im Rahmen der begünstigten Tätigkeiten erfolgen,
–
der Verkauf von nicht mehr benötigtem Inventar aus dem begünstigten Bereich,
–
die Veräußerung von Betriebsgrundstücken oder von Teilen von Betriebsgrundstücken aus dem begünstigten Bereich. Der Verkauf von bebauten oder unbebauten Grundstücken ist aber nicht begünstigt, wenn der Grundstückshandel gewerblichen Charakter annimmt und deshalb insoweit die Merkmale eines Gewerbebetriebs gegeben sind;
–
die Anlage liquider Mittel, die entsprechend der Instandhaltungs- und Investitionsplanung mittelfristig (bis zu fünf Jahren) bereitgehalten werden müssen. Im Rahmen der Instandhaltungs- und Investitionsplanung dürfen nur Mittel angelegt werden, die aus der begünstigten Vermietung von Wohnungen stammen;
–
die vorübergehende Verpachtung von Grundstücken, die in naher Zukunft für den Bau von Mietwohnungen vorgesehen sind, wenn diese überwiegend für Mitglieder bestimmt sind,
–
die Annahme und verzinsliche Anlage von Mietkautionen für vermietete Wohnungen.
–
die Annahme von Baukostenzuschüssen, Aufwendungszuschüssen und sonstigen Baufinanzierungsmitteln,
–
die Ersatzleistungen der Versicherungsunternehmen für von der Vermietungsgenossenschaft abgeschlossene Versicherungsverträge über Schäden durch Feuer, Glasbruch, Wassereinbruch, Sturm, Hagel oÄ,
–
die Abwicklung von Bergschäden,
–
die entsprechend der Instandhaltungs- und Investitionsplanung angelegten liquiden Mittel, wenn
–
die Vermietungsgenossenschaft bei Eintritt in die Besteuerung als Vermietungsgenossenschaft und sodann zum Ende eines jeden Wirtschaftsjahres (zum Bilanzstichtag) eine detaillierte Instandhaltungs- und Investitionsplanung erstellt,
–
das Planungsvorhaben und das Planungsvolumen angemessen sind,
–
Planungsvorhaben und Planungsvolumen jährlich an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden und die liquiden Mittel aus der begünstigten Wohnungsvermietung stammen. Nicht begünstigt ist die Anlage liquider Mittel, die aus nicht begünstigten Tätigkeiten stammen oder die dem nicht begünstigten Bereich zuzurechnen sind.1
544 Zu den nicht begünstigten Geschäften zählen beispielsweise: –
die Vermietung von Wohnungen an Nichtmitglieder,
–
der Verkauf von Wirtschaftsgütern aus dem nicht begünstigten steuerpflichtigen Gewerbebetrieb,
–
die Finanzierung von Mieterzeitschriften durch Anzeigen Dritter,
–
die Annahme von Spenden für Mieterfeste,
–
die Einräumung von Erbbaurechten,
–
die Durchführung von Reparaturen durch eigene Handwerker, zu denen vertraglich die Mieter verpflichtet sind. Die Weiterberechnung von Reparaturkosten fremder Handwerker ist den begünstigten Geschäften zuzurechnen, wenn höchstens die entstandenen Kosten den Mietern weiterberechnet werden und sie im Rahmen einer begünstigten Wohnungsvermietung erfolgt;
–
bei Vermietungsgenossenschaften mit Spareinrichtungen die Anlage von Spareinlagen,
–
die Beteiligung an einem anderen Unternehmen:
–
bei der Beteiligung an einer Körperschaft zählen die erhaltenen Gewinnausschüttungen als Einnahmen;
1 BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 38–40.
274
Kmpel
M. Gemeinntzige Siedlungsunternehmen (Abs. 1 Nr. 12) –
Rz. 544–549 § 5
bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft zählen die anteiligen Einnahmen der Personengesellschaft als Einnahmen.1
Es handelt sich bei den oben genannten begünstigten und nicht begünstigten Geschäften um keine abschließende Aufzählung. Für die Jahre 2014 bis 2018 ist eine vorübergehende Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern in Wohnungen von Vermietungsgenossenschaften sowie -Vereinen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG aus Billigkeitsgründen nicht schädlich für die Steuerbefreiung, wenn die Entgelte dafür aus öffentlichen Kassen gezahlt werden. Dies gilt auch dann, wenn juristische Personen des öffentlichen Rechts für die Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbewerber Genossenschaftsanteile erwerben und halten und den Miet- oder Nutzungsvertrag mit der Genossenschaft abschließen. In den Fällen der Einweisung nach den Ordnungsbehördengesetzen der Länder steht die Einweisungsverfügung dem Abschluss eines Miet- oder Nutzungsvertrags gleich.2
545
M. Gemeinnützige Siedlungsunternehmen (Abs. 1 Nr. 12) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG werden die von den Landesbehörden gegründeten oder anerkannten gemeinnützigen Siedlungsunternehmen iSd. Reichssiedlungsgesetzes3 und der Bodenreformgesetze der Länder befreit, soweit diese im ländlichen Raum Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen mit Ausnahme des Wohnungsbaus durchführen. Die Steuerbefreiung entfällt vollumfänglich, soweit die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten die Einnahmen aus begünstigten Tätigkeiten übersteigen. § 3 Nr. 17 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung.
546
Die FinVerw. unterscheidet bei der steuerlichen Beurteilung von gemeinnützigen Siedlungsunternehmen zwischen:
547
–
gemeinnützigen Siedlungsunternehmen iSd. Reichssiedlungsgesetzes, die nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung alle Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit (§§ 51–68 AO) erfüllen und die deshalb nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind. Diese Unternehmen dürfen weder in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag Gewinnausschüttungen vorsehen noch tatsächlich Gewinnausschüttungen vornehmen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO); und
–
gemeinnützigen Siedlungsunternehmen iSd. Reichssiedlungsgesetzes, die nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, sondern nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG steuerbefreit sind. Bei diesen stehen Gewinnausschüttungen der Steuerbefreiung nicht entgegen.4
Während die FinVerw. keine gleichzeitige Steuerbefreiung sowohl nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 als auch nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG annimmt, ist es uE durchaus denkbar, dass ein gemeinnütziges Siedlungsunternehmen sowohl die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 als auch die des § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG erfüllen kann. In diesem Fall ist der – aus Sicht des Siedlungsunternehmens – jeweils günstigeren Befreiungsnorm der Vorrang zu geben. In der Praxis wird eine Befreiung wegen Förderung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG regelmäßig an der fehlenden Förderung der Allgemeinheit (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO) als auch der fehlenden Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO) scheitern. So fördern gemeinnützige Siedlungsunternehmen häufig die Einzelinteressen bestimmter Personenkreise und damit nicht die Allgemeinheit. Auch übernehmen sie regelmäßig hoheitliche Pflichtaufgaben, was zu einem Verstoß gegen die Selbstlosigkeit führen würde.5 Gemeinnützige Siedlungsunternehmen werden, da sie die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG eher selten erfüllen, daher überwiegend nur nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG befreit sein.
548
Nach § 1 Abs. 1 RSiedlG sind die Bundesländer verpflichtet, Siedlungsunternehmen zur 549 Schaffung von Ansiedlungen und zur Hebung bestehender Kleinbetriebe zu gründen, wenn gemeinnützige Siedlungsunternehmen nicht vorhanden sind. § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG begünstigt jedoch nicht sämtliche nach RSiedlG vorgesehenen Tätigkeiten, sondern lediglich Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen.
1 2 3 4 5
BMF v. 22.11.1991 – IV B 7 - S 2730 - 24/91, BStBl. I 1991, 1014 Rz. 42. BMF v. 20.11.2014 – IV C 2 - S 2730/0 - 01 – DOK 2014/1036761, BStBl. I 2014, 1613. Reichssiedlungsgesetz v. 8.12.1986, BGBl. I 1986, 2191. BMF v. 23.5.1990 – IV B 7 - S 2732 - 2/90, DB 1990, 1164. S. auch Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 10–13 KStG Rz. 119 ff.
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275
§ 5 Rz. 550–556 550
Befreiungen
Zu den begünstigten Tätigkeiten gehört ua. die Planung und Durchführung von –
Maßnahmen zur Ortssanierung, Bodenordnung und der Agrarstrukturverbesserung,
–
Umsiedlungen und Landtauschen, weil Land für öffentliche und städtebauliche Zwecke in Anspruch genommen wird.1
Die Durchführung umfasst alle Tätigkeiten gemeinnütziger Siedlungsunternehmen, die der Verwirklichung der Maßnahmen dienen, so auch eine dazu erforderliche Landbeschaffung.2 551
Ebenfalls gehören auch Architektenleistungen und Ingenieurleistungen dazu, die bei der Verwirklichung dieser Maßnahmen anfallen. Dabei ist es unerheblich, ob sie staatlich vorgeschrieben sind oder den Siedlungsunternehmen freiwillig übertragen werden. Einzelbetriebliche Maßnahmen der Siedlungsunternehmen dienen der Durchführung der Agrarstrukturverbesserung, wenn sie nach den Vergaberichtlinien des öffentlichen Förderungsprogramms förderungswürdig sind, und zwar unabhängig davon, ob für die Maßnahmen tatsächlich öffentliche Mittel gewährt werden.3
552
Die Betreuung des ländlichen Wohnungs- und Ferienhausbaus fällt nicht unter die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG.
553
Führt ein Siedlungsunternehmen neben den begünstigten Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen, die den ländlichen Strukturwandel unterstützen und im öffentlichen Interesse liegen, noch andere Tätigkeiten aus, wird es insoweit partiell steuerpflichtig. Zu den nicht begünstigten Tätigkeiten zählt ua. die Tätigkeit als Bauträger oder Baubetreuer im Wohnungsbau oder die Land- und Forstwirtschaft. Ebenfalls zu den schädlichen Tätigkeiten gehört uE die Vermögensverwaltung. So regelt § 5 Abs. 12 KStG – anders als zB die Regelung bei Berufsverbänden oder Parteien – keine partielle Steuerpflicht für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, sondern befreit nur bestimmte Tätigkeiten von der Steuerpflicht. Daher unterliegen weiterhin alle anderen nicht begünstigten Tätigkeitsfelder, wie auch die Vermögensverwaltung, der (ggf. partiellen) Steuerpflicht.
554
Übersteigen die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten die Einnahmen der begünstigten Tätigkeiten, verliert ein Siedlungsunternehmen die Steuerbefreiung insgesamt. Es unterliegt dann mit sämtlichen erzielten Einkünften der Körperschaftsteuer. Liegen die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten noch unter den Einnahmen der begünstigten Tätigkeiten, bleibt die Körperschaft steuerbefreit. Für die nicht begünstigten Tätigkeiten wird sie jedoch partiell steuerpflichtig. Dh., die aus nicht begünstigten Tätigkeiten erzielten Gewinne unterliegen der Körperschaftsteuerpflicht.
N. Landwirtschaftliche Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Vereine (Abs. 1 Nr. 14) I. Einleitung 555 Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, deren Geschäftsbetrieb sich auf bestimmte Leistungen der land- und forstwirtschaftlichen Mitglieder beschränkt, sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. § 3 Nr. 8 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG dient dem agrarpolitischen Zweck, landund forstwirtschaftlichen Betrieben – insbesondere kleinbäuerlichen Betrieben – im Wettbewerb mit Großbetrieben dadurch zu helfen, dass ihre überbetrieblichen Zusammenschlüsse zur Verbesserung der Produktion oder des Absatzes ihrer Erzeugnisse steuerlich begünstigt werden.4 Durch die Befreiung soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden. So soll ein von der Genossenschaft bzw. dem Verein erzielter Gewinn nicht sowohl bei diesem und im Fall einer Ausschüttung/Rückvergütung an die Mitglieder auch bei jenen besteuert werden.5 556
Begünstigt sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG) sowie Vereine. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer
1 2 3 4 5
R 19 S. 3 KStR 2004. R 19 S. 4 KStR 2004. FinMin NRW v. 14.10.1980 – S 2732 - 4 - V B 4, juris. BT-Drucks. 7/1470, 339 u. 11/5970, 42. BFH-Gutachten v. 8.9.1953 – I D 2/52 S, BStBl. III 1954, 38.
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N. Landwirtschaftliche Genossenschaften (Abs. 1 Nr. 14)
Rz. 556–561 § 5
Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (§ 1 GenG). Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG unbeschränkt steuerpflichtig. Unter den Begriff „Vereine“ fallen sowohl rechtsfähige als auch nicht rechtsfähige Vereine iSv. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG.1 557
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG ist wie folgt aufgebaut: –
Satz 1 bestimmt die begünstigten Geschäftsbetriebe,
–
Satz 2 definiert die Bedingungen für eine partielle Steuerpflicht, wenn sowohl begünstigte als auch nicht begünstigte Geschäftsbetriebe unterhalten werden, und
–
Satz 3 enthält Sonderregelungen für bestimmte Geschäftsbetriebe, die – obwohl steuerpflichtig – gleichwohl nicht die Steuerbefreiung gefährden.
II. Begünstigte Geschäftsbetriebe (§ 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG) 1. Allgemeines Nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine steuerbefreit tätig, wenn sie ihre Geschäftsbetriebe beschränken auf: –
die gemeinschaftliche Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände (Nutzungsgenossenschaften),
–
Leistungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen für die Produktion land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe der Mitglieder, wenn die Leistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegen; dazu gehören auch Leistungen zur Erstellung und Unterhaltung von Betriebsvorrichtungen (Dienst- und Werkleistungsgenossenschaften),
–
die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen landund forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, wenn die Bearbeitung oder Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt (Verwertungsgenossenschaften), oder
–
die Beratung für die Produktion oder Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse der Betriebe der Mitglieder (Beratungsgenossenschaften).
558
2. Nutzungsgenossenschaften Typische Nutzungsgenossenschaften sind die sog. Maschinenringe, die ihren Mitgliedern Maschinen (zB Pflanz- und Sämaschinen, Mähdrescher) für die Bewirtschaftung der landund forstwirtschaftlichen Flächen zur Verfügung stellen. Auch können Zuchtgenossenschaften, Pfluggenossenschaften und Dreschgenossenschaften unter § 5 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. a KStG fallen.
559
Gegenstand einer Nutzungsgenossenschaft muss nicht immer ein (beweglicher) Gegenstand sein, auch stationäre Einrichtungen und Gebäude (zB Reinigungs- und Trocknungsanlagen, Silos usw.) kommen in Betracht. Auch kann Gegenstand einer Nutzungsgenossenschaft die Nutzung einer land- und forstwirtschaftlichen Fläche zur Zucht von Saatgut sein.2 Eine gemeinschaftliche Nutzung ist gegeben, wenn die Mitglieder der Genossenschaft/ des Vereins die Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände nutzen. Eine gleichzeitige oder gemeinsame Nutzung durch die Mitglieder ist jedoch nicht erforderlich.3 Nicht begünstigt ist die gemeinschaftliche Unterhaltung eines selbstständigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.4
560
3. Dienstleistungs- und Werkleistungsgenossenschaften Leistungen im Rahmen von Dienst- und Werkverträgen für die Produktion land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe der Mitglieder sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b KStG begünstigt. Dazu gehören auch Leistungen zur Erstellung und Unterhaltung von Betriebsvorrichtungen, Wirtschaftswegen und Bodenverbesserungen. Zu den begünstigten Leistungen zählen die unmittelbar der Produktion dienenden Leistungen, wie zB das Pflügen, Säen, Düngen, Pflegen und Abernten des Feldes, Füttern, Melken und die Pfle-
1 2 3 4
R 20 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004. BFH v. 28.7.1959 – I 150/58 U, BStBl. III 1959, 372. Pel in H/H/R, § 5 KStG Rz. 435. FinMin NRW v. 14.10.1969, FR 1969, 527.
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561
§ 5 Rz. 561–567
Befreiungen
ge von Tieren sowie das Reinigen und die Wartung von land- und forstwirtschaftlichen Maschinen oder Geräten und das Reinigen und die Instandhaltung von Stallungen.1 562
Eine typische Dienstleistungsgenossenschaft ist der sog. Betriebshilfsdienst. Aufgabe der von Landwirten, meist in der Rechtsform eines Vereins, gebildeten Betriebshilfsdienste ist es, den Mitgliederbetrieben bei Ausfall des Betriebsleiters Ersatzkräfte (Betriebshelfer) zur Verfügung zu stellen, die für die Ausfallzeit die Tätigkeit des Betriebsleiters sowohl bezüglich der Betriebsleitung als auch der körperlichen Mitarbeit übernehmen. Die Betriebshelfer können Angestellte (Arbeiter) der Betriebshilfsdienste, aber auch andere geeignete Fachkräfte sein. Im letztgenannten Fall besteht die Leistung der Betriebshilfsdienste in der Vermittlung der Betriebshelfer an die bedürftigen Mitgliederbetriebe.
563
Wenn sich der Geschäftsbetrieb auf Leistungen für die Betriebe ihrer Mitglieder beschränkt, sind die Tätigkeiten eines Betriebshilfsdienstes unter § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 Buchst. b KStG zu fassen.2
564
Zu den begünstigten Tätigkeiten gehört auch die Vermittlung von Leistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, zB von Mietverträgen für Maschinenringe einschließlich der Gestellung von Personen.3 4. Verwertungsgenossenschaften
565 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. c KStG ist die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, wenn die Bearbeitung und Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt, begünstigt. Eine Bearbeitung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse liegt vor, wenn die land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse veredelt (gereinigt, sortiert, haltbar gemacht) oder zu anderen Produkten verarbeitet werden (zB Milch zu Käse, Getreide zu Mehl, Trauben zu Wein). Der Begriff „Verwertung“ umfasst alle Tätigkeiten iZm. der Vermarktung oder Veräußerung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse.4 566
Zu den Verwertungsgenossenschaften zählen die Tätigkeiten der –
Molkereigenossenschaften,5
–
Winzergenossenschaften,6
–
Propfrebengenossenschaften,7
–
Brennereigenossenschaften,
–
Biogasgenossenschaften,
–
Eierverwertungsgenossenschaften.
So fällt auch in den Bereich der Landwirtschaft die –
Herstellung von Kartoffelflocken und Stärkemehlen,
–
Herstellung von Branntwein,
–
Herstellung von Apfel- und Traubenmost,
–
Herstellung von Sirup aus Zuckerrüben,
–
Herstellung von Mehl aus Getreide, nicht die Herstellung von Backwaren, und
–
Herstellung von Brettern oder anderen Sägewerkserzeugnissen, nicht die Herstellung von Möbeln.8
567 Eine weitere Voraussetzung für die Begünstigung der Tätigkeiten der Genossenschaften ist, dass es sich um die Be- und Verarbeitung von Erzeugnissen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe der Mitglieder handelt. Ein von den Mitgliedern selbst gewonnenes Erzeugnis ist gegeben, wenn die Erzeugnisse in dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Mit1 2 3 4 5 6 7 8
Pel in H/H/R, § 5 KStG Rz. 436. FinMin NRW v. 12.10.1978 – S 2734 - 2 - V B 4, DB 1978, 2199. R 20 Abs. 4 Satz 2 KStR 2004. R 20 Abs. 4 Satz 3 KStR 2004. Wegen Einzelfragen s. R 21 KStR 2004. Wegen Einzelfragen s. R 22 KStR 2004. Wegen Einzelfragen s. R 23 KStR 2004. R 24 KStR 2004.
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N. Landwirtschaftliche Genossenschaften (Abs. 1 Nr. 14)
Rz. 567–572 § 5
glieds einen Entwicklungsprozess unter Ausnutzung der Naturkräfte erfahren haben. Dabei ist nicht erforderlich, dass der gesamte Produktionsprozess in den Mitgliederbetrieben erfolgt ist. Auch der Zukauf von Halbfertigprodukten (zB Jungpflanzen, Saatgut, Jungtiere) durch das Mitglied für die Weiterbearbeitung in dem eigenen Betrieb ist zulässig.1 Entsprechend schädlich für die Steuerbefreiung der Genossenschaft/des Vereins wäre die Bearbeitung oder Verwertung von nicht selbst gewonnenen Erzeugnissen der Mitglieder bzw. der Einkauf land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse von Nichtmitgliedern. 5. Beratungsgenossenschaften Beratungsgenossenschaften haben sich darauf spezialisiert, ihre Mitglieder zB auf die Sortenwahl, Düngung, den Erntezeitpunkt, die Zuchtauswahl, die Fütterung, Sortierung, Verpackung, Absatzwege und den Zeitpunkt der Vermarktung zu beraten.2 Eine Rechts- oder Steuerberatung fällt jedoch nicht unter die Steuerbefreiung.3
568
III. Begünstigte Geschäftsarten 1. Allgemeines Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen ist zu beachten, dass nicht alle Geschäftsbetriebe einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft zugunsten der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe der Mitglieder begünstigt sind. Die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG greift nur für die Geschäftsbetriebe, die der Erfüllung des satzungsmäßigen Gegenstands des Unternehmens der Genossenschaft bzw. des Vereins dienen. Hierbei ist zu unterscheiden in Geschäfte –
569
welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder bezwecken (Zweckgeschäfte),
–
die zur Durchführung der Zweckgeschäfte erforderlich sind (Gegengeschäfte),
–
die zur Abwicklung der Zweckgeschäfte und Gegengeschäfte notwendig sind, und die der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft mit sich bringt (Hilfsgeschäfte).
Alle sonstigen Geschäfte (Nebengeschäfte) sowie Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern der Genossenschaft sind keine begünstigten Geschäfte iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG.4 2. Zweckgeschäfte Zweckgeschäfte sind alle Geschäfte, die der Erfüllung des satzungsmäßigen Gegenstands des Unternehmens der Genossenschaft dienen und die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder bezwecken (§ 1 GenG). Maßgeblich für die Frage ob ein Geschäft ein Zweckgeschäft darstellt, ist der in der Satzung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft bzw. des Vereins festgelegte Zweck. Maßgeblich für die Beurteilung ist jedoch die tatsächliche Geschäftsführung. Enthält die Satzung zwar auch Zwecke, die zu nicht begünstigten Geschäften führen, werden jedoch gleichwohl nur begünstigte Geschäfte betrieben, wird der weiteren Fassung der Satzung keine Bedeutung zugemessen.5
570
571
Zu den Zweckgeschäften gehören –
Mitgliedergeschäfte – das sind Zweckgeschäfte, die mit den Mitgliedern der Genossenschaft als Vertragspartnern durchgeführt werden.
–
Nichtmitgliedergeschäfte – das sind Zweckgeschäfte, die mit Nichtmitgliedern als Vertragspartnern der Genossenschaft durchgeführt werden.
Mitglieder sind die in der Mitgliederliste eingetragenen Personen. Es genügt, wenn der Genossenschaft zurzeit des Geschäftsabschlusses die Beitrittserklärung vorliegt.6 Zu den Zweckgeschäften gehören auch die wechselseitigen Hilfen von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften aufgrund eines Beistandsvertrags, wenn beiden Genossenschaften die gleiche Zweckbestimmung haben und gegenseitig als Mitglied beteiligt sind. Entsprechendes gilt für Vereine und für die Leistungen von Beratungsringen an die an ihnen betei1 2 3 4 5 6
Pel in H/H/R, § 5 KStG Rz. 439. Krämer in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG Rz. 22. R 20 Abs. 4 Satz 4 KStR 2004. BFH v. 18.5.1988 – II R 238/81, BStBl. II 1988, 753. BFH v. 28.9.1954 – I 127/54 U, BStBl. III 1994, 339; Pel in H/H/R, § 5 KStG Rz. 429. R 20 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004.
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572
§ 5 Rz. 572–578
Befreiungen
ligten Erzeugergemeinschaften, soweit deren Mitglieder gleichzeitig Mitglieder des Beratungsrings sind.1 3. Gegengeschäfte 573 Gegengeschäfte sind Geschäfte, die zur Durchführung der Zweckgeschäfte erforderlich sind. Dies wäre bei Bezugsgenossenschaften der Erwerb der Waren, bei Nutzungsgenossenschaften der Ankauf von Geräten und Maschinen, bei Absatzgenossenschaften der Verkauf der Waren. Ohne diese Geschäfte könnten die Zweckgeschäfte nicht zustande kommen. Die Gegengeschäfte werden regelmäßig mit Nichtmitgliedern getätigt. Die Ausführung von Gegengeschäften ist ebenfalls nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG begünstigt. Kein Gegengeschäft ist der Verkauf von Brennholz und Nutzholz einer Waldgenossenschaft an Nichtmitglieder.2 4. Hilfsgeschäfte 574 Hilfsgeschäfte sind Geschäfte, die zur Abwicklung der Zweckgeschäfte und Gegengeschäfte notwendig sind und die der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft mit sich bringt. Dazu gehört beispielsweise: –
der Einkauf von Büromaterial,
–
der Verkauf von überflüssig gewordenem Inventar oder Verpackungsmaterial,
–
die Lieferung von Molkereibedarfsartikeln (wie Milchbehälter, Hofbehälter, Milchkühlbehälter usw.) durch eine Molkereigenossenschaft an ihre Mitglieder.3
575 Auch kann die Führung von Mitgliederkonten für Anzahlung und Guthaben, die als reine Anlagekonten geführt werden, ein Hilfsgeschäft begründen, wenn die Guthaben auf die Gesamthöhe des Warenbezugs des betreffenden Mitglieds begrenzt werden.4 576
Die Veräußerung eines Betriebsgrundstücks oder eines Teils eines Betriebsgrundstücks kann ein Hilfsgeschäft sein, wenn das Grundstück nicht mehr betriebsnotwendig ist und der Erlös für die Finanzierung neuen Anlagevermögens verwendet und dadurch die zukünftige Durchführung der Zweckgeschäfte sichergestellt wird.5 5. Nebengeschäfte
577 Nebengeschäfte sind alle sonstigen Geschäfte, die nicht Zweckgeschäfte mit Mitgliedern, Gegengeschäfte oder Hilfsgeschäfte sind. So wurden folgende Geschäfte als Nebengeschäfte eingestuft: –
Verpachtung des Ausschanks einer Winzergenossenschaft, wenn der Pächter gewerblich tätig ist und dies dem Landwirtschaftsbereich der Verpächterin zuzurechnen war,6
–
Verpachtung von Anlagevermögen an eine Handels-GmbH, wenn die Genossenschaft an dieser beteiligt ist und der Handelsgesellschaft Waren (im Urteilsfall Milch) zur Verwertung weitergibt,7
–
Verpachtung des gesamten Anlagevermögens an einen Dritten.8
IV. Partielle oder volle Steuerpflicht (Abs. 1 Nr. 14 Satz 2 KStG) 578 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 2 KStG ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn die Einnahmen der Genossenschaft oder des Vereins aus nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG begünstigten Geschäften 10 % der gesamten Einnahmen übersteigen. Liegen die Einnahmen aus nicht begünstigten Tätigkeiten unterhalb der Grenze von 10 %, ist die Genossenschaft/ der Verein mit den schädlichen Geschäften partiell steuerpflichtig.9 Dh., der Gewinn aus den schädlichen Geschäften wird nach den allgemeinen Regelungen besteuert, während die nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 1 KStG begünstigten Geschäfte steuerfrei bleiben. Die nicht be1 2 3 4 5 6 7 8 9
R 20 Abs. 9 KStR 2004. BFH v. 28.7.1959 – I 150/58 U, BStBl. III 1959, 372. R 20 Abs. 6 Buchst. c Satz 1 KStR 2004. R 20 Abs. 6 Buchst. c Satz 2 KStR 2004. BFH v. 14.10.1970 – I R 67/68, BStBl. II 1971, 116. BFH v. 27.4.1954 – I 150/52 U, BStBl. III 1954, 191. BFH v. 25.9.1954 – I 226/55 U, BStBl. III 1956, 367. BFH v. 8.3.1972 – I R 183/70, BStBl. II 1972, 498. R 20 Abs. 1 Satz 3 KStR 2004.
280
Kmpel
O. Pensions-Sicherungs-Verein a.G. (Abs. 1 Nr. 15)
Rz. 578–584 § 5
günstigten Tätigkeiten bilden einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.1 Der Begriff und die Höhe der Einnahmen (Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer) bestimmen sich nach den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung. Der Zufluss (§ 11 EStG) ist nicht maßgeblich.2 Bei Verwertungsgenossenschaften lässt die FinVerw. eine vereinfachte Zuordnung der Einnahmen zu, wenn eine unmittelbare Zuordnung nicht möglich ist. Danach können aus den Gesamteinnahmen die Einnahmen aus begünstigten und nicht begünstigten Tätigkeiten nach dem Verhältnis der Ausgaben für bezogene Waren von Mitgliedern und Nichtmitgliedern ermittelt werden. Dabei ist von den Ausgaben im gleichen Wirtschaftsjahr auszugehen. Die durch diese zeitliche Zuordnung mögliche Verschiebung im Einzelfall wird wegen der damit verbundenen Vereinfachung hingenommen.3
579
Die Einnahmen aus Beteiligungen an anderen Unternehmen sind regelmäßig den Einnah- 580 men aus nicht begünstigten Tätigkeiten zuzurechnen. Dies gilt jedoch nicht für Beteiligungen an Genossenschaften und Vereinen, die ebenfalls nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG befreit sind.4 Bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft sind die anteiligen Einnahmen anzusetzen.5 Rückvergütungen iSd. § 22 KStG sind den Einnahmen aus den Geschäften zuzuordnen, für welche die Rückvergütungen gewährt worden sind.6
581
V. Ausnahmeregelung (§ 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 3 KStG) Bei Genossenschaften und Vereinen, deren Geschäftsbetrieb sich überwiegend auf die Durch- 582 führung von Milchqualitäts- und Milchleistungsprüfungen oder auf die Tierbesamung beschränkt, bleiben die auf diese Tätigkeiten gerichteten Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern bei der Berechnung der 10 %-Grenze außer Ansatz (§ 5 Abs. 1 Nr. 14 Satz 3 KStG). Mit dieser Ausnahme soll es den steuerbefreiten Einrichtungen ermöglicht werden, die im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben auch an Nichtmitglieder und Nichtlandwirte auszuführen, ohne dass sie darüber ihre Steuerbefreiung verlieren. So führen die nach Landesrecht zugelassenen Untersuchungsstellen nach § 2 Abs. 7 Milch-Güteverordnung Milchqualitätsprüfungen für ihre Mitglieder und Nichtmitglieder bzw. Nichtlandwirte durch. Auch die Tierbesamungsstationen führen, insbesondere bei Ausbruch einer Seuche, neben den Zweckgeschäften mit Mitgliedern in größerem Umfang Geschäfte mit Nichtmitgliedern und Nichtlandwirten durch. Die Einnahmen aus diesen Tätigkeiten bleiben bei der Berechnung der 10 %-Grenze, dh. sowohl bei der Berechnung der Einnahmen aus den steuerlich nicht begünstigten Tätigkeiten als auch bei der Berechnung der gesamten Einnahmen, außer Ansatz. Die Gewinne aus diesen Tätigkeiten unterliegen, soweit die Leistungen an Nichtmitglieder und Nichtlandwirte erbracht werden, jedoch gleichwohl der Körperschaftsteuer.7
O. Pensions-Sicherungs-Verein a.G. (Abs. 1 Nr. 15) § 5 Abs. 1 Nr. 15 KStG befreit den Pensions-Sicherungs-Verein a.G., Köln, von der Körperschaftsteuer. § 3 Nr. 19 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung.
583
Der Pensions-Sicherungs-Verein a.G. ist Träger der Insolvenzsicherung. Er unterliegt der 584 Aufsicht durch die BaFin. Durch den Pensions-Sicherungs-Verein a.G. werden in den in § 7 Abs. 1 BetrAVG genannten Fällen die laufenden Leistungen aus Versorgungszahlungen und die unverfallbaren Anwartschaften aus Pensions- oder anderen Versorgungszusagen bei einem Ausfall des Arbeitgebers abgesichert. Der Pensions-Sicherungs-Verein a.G. steht aufgrund seiner monopolartigen Stellung nicht in Konkurrenz zu vergleichbaren anderen Unternehmen. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Pensions-Sicherungs-Verein a.G. ausschließlich die Aufgaben des Trägers der Insolvenzsicherung wahrnimmt. Auch müssen sich die Leistungen des Pensions-Sicherungs-Vereins a.G. im Rahmen der gesetzlichen Regelungen halten (§§ 7 bis 9, 17 und 30 BetrAVG). Finanziert wird der Pensions-SicherungsVerein a.G. durch die Beiträge aller Arbeitgeber, die Leistungen iRd. betrieblichen Altersver1 2 3 4 5 6 7
R 20 Abs. 1 Satz 4 KStR 2004. R 20 Abs. 2 KStR 2004. R 20 Abs. 8 Sätze 3–5 KStR 2004. R 20 Abs. 5 Sätze 2 und 3 KStR 2004. R 20 Abs. 5 Satz 5 KStR 2004. R 20 Abs. 5 Satz 6 KStR 2004. R 20 Abs. 3 KStR 2004.
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§ 5 Rz. 584–589
Befreiungen
sorgung unmittelbar im Wege der Direktzusage oder über eine Unterstützungskasse oder mittelbar über eine Direktversicherung oder einen Pensionsfonds zugesagt haben (§ 10 Abs. 3 BetrAVG).
P. Sicherungseinrichtungen der Verbände der Kreditinstitute, ehemaliger gemeinnütziger Wohnungseinrichtungen und Sicherungsfonds iSd. §§ 126 und 127 VAG (Abs. 1 Nr. 16) I. Allgemeines 585 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG sind befreit: –
Entschädigungseinrichtungen iSd. Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) v. 16.7.19981 (ab dem VZ 19982),
–
Sicherungseinrichtungen der Verbände der Kreditinstitute (ab dem VZ 19783),
die nach ihrer Satzung oder sonstigen Verfassung ausschließlich bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts oder eines Finanzdienstleistungsinstituts Hilfe leisten. § 3 Nr. 21 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. Daneben sind auch begünstigt: –
Sicherungsfonds iSd. §§ 126, 127 VAG (ab dem VZ 20054),
–
Einrichtungen zu Sicherung von Einlagen bei Wohnungsbaugenossenschaften mit Spareinrichtung (ab dem VZ 19785),
mit entsprechenden Satzungs-/Verfassungsregelungen. Die Befreiung gilt für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 5 Abs. 1 Nr. 16 Satz 1 KStG), sodass sie grundsätzlich von allen Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 KStG in Anspruch genommen werden kann. Für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Aufgaben gerichtet sind, ist die Steuerbefreiung ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 16 Satz 4 KStG).
II. Entschädigungseinrichtungen für die Kreditwirtschaft 586 Die Schaffung von Entschädigungseinrichtungen für die Kreditwirtschaft wurde durch das EAEG6 vorgeschrieben. Ziel ist die Sicherung der Rückzahlung der Anlagen im Falle der Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstituts. Damit wurde die Einlagen- und Anlagensicherung zu einer öffentlichen Aufgabe. Das EAEG ersetzte die bisher bestehenden freiwilligen Sicherungseinrichtungen. Nach § 7 EAEG konnten jedoch bereits bestehende Einrichtungen als Beliehene die Aufgaben der staatlichen Sicherungseinrichtungen übernehmen. 587
Entschädigungseinrichtungen iSd. EAEG sind nicht rechtsfähige Sondervermögen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (§ 6 Abs. 1 EAEG) sowie die nach § 7 EAEG beliehenen Entschädigungseinrichtungen in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts. Die nach § 7 EAEG beliehenen Entschädigungseinrichtungen unterliegen der Aufsicht der BaFin (§ 7 Abs. 3 EAEG).
588
Ein Entschädigungsfall liegt vor, wenn die BaFin feststellt, dass ein Institut aus Gründen, die mit seiner Finanzlage unmittelbar zusammenhängen, nicht in der Lage ist, Einlagen zurückzuzahlen oder Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen und keine Aussicht auf eine spätere Rückzahlung oder Erfüllung besteht (§ 1 Abs. 5 EAEG).
III. Sicherungseinrichtungen der regionalen Sparkassen-, Giroverbände und Volksbanken 589 Die Sicherungseinrichtungen der regionalen Sparkassen- und Giroverbände und die Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken
1 2 3 4 5 6
BGBl. I 1998, 1842. § 54 Abs. 5a KStG i.d.F. des Gesetzes v. 16.7.1998. § 54 Abs. 8 KStG i.d.F. des StÄndG 1977. § 34 Abs. 3b KStG i.d.F. des Gesetzes v. 15.12.2004. § 54 Abs. 8 KStG i.d.F. des StÄndG 1977. G v. 16.7.1998, BGBl. I 1998, 1842.
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Q. Brgschaftsbanken (Abs. 1 Nr. 17)
Rz. 589–595 § 5
sind ebenfalls nach § 5 Abs. 1 Nr. 16 KStG befreit. Es handelt sich bei diesen um sog. institutssichernde Einrichtungen, die nach dem EAEG als Ersatz für staatliche Sicherungseinrichtungen anerkannt werden, solange diese Sicherungseinrichtungen aufgrund ihrer Satzungen die angeschlossenen Institute selbst schützen, insbesondere deren Liquidität und Solvenz gewährleisten, und über die dazu erforderlichen Mittel verfügen (§ 12 Abs. 1 EAEG). Die institutssichernden Einrichtungen unterliegen unbeschadet der bestehenden Aufsicht anderer staatlicher Stellen der Aufsicht und Prüfung durch die BaFin (§ 12 Abs. 2 EAEG).
IV. Sicherungsfonds iSd. §§ 126 VAG Sicherungsfonds iSd. § 126 VAG sind die bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau eingerichteten nicht rechtsfähigen Sondervermögen für die Lebensversicherer und für die Krankenversicherer. Die Sicherungsfonds können im Rechtsverkehr handeln, klagen oder verklagt werden. Aufgabe der Sicherungsfonds ist der Schutz der Ansprüche der Versicherungsnehmer, der versicherten Personen, Bezugsberechtigten und sonstiger aus dem Versicherungsvertrag begünstigter Personen (§ 126 Abs. 2 VAG). Daneben können nach § 127 VAG auch juristische Personen des Privatrechts mit den Aufgaben und den Befugnissen eines oder beider Sicherungsfonds beliehen werden, wenn diese bereit sind, die Aufgaben des Sicherungsfonds zu übernehmen, und hinreichende Gewähr für die Erfüllung der Ansprüche der Entschädigungsversicherten bieten. Die Sicherungsfonds iSd. §§ 126, 127 VAG unterliegen der Rechtsund Fachaufsicht der BaFin (§ 128 Satz 1 VAG).
590
V. Sicherungseinrichtungen bei Wohnungsbaugenossenschaften § 5 Abs. 2 Nr. 16 KStG befreit auch Einrichtungen zur Sicherung von Einlagen bei Wohnungsbaugenossenschaften mit Spareinrichtung. Da Wohnungsgenossenschaften auch häufig Namensschuldverschreibungen an Mitglieder ausgeben, wurden diese Spareinrichtungen ebenfalls in die Steuerbefreiung miteinbezogen. Der Begriff Einlagen umfasst Spareinlagen und Namensschuldverschreibungen. Ziel war auch die Gleichstellung von Wohnungsgenossenschaften in den neuen Ländern mit Wohnungsgenossenschaften in den alten Ländern.1
591
VI. Voraussetzungen für die Steuerbefreiung Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Satzung oder Verfassung der jeweiligen Einrichtung ausschließlich den Zweck der –
Hilfeleistung bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts
–
Sicherung der Einlagen bei Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung bzw.
–
Absicherung der Ansprüche von Versicherten der privaten Kranken- oder Lebensversicherung
592
hat. Da das Vermögen und die Überschüsse nur für die gesetzlichen und satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden dürfen, muss in der Satzung eine entsprechende Vermögensbindung für den Fall der Auflösung der Einrichtung festgelegt werden. Da es an für steuerbegünstigte Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG vergleichbaren Regelungen (vgl. §§ 55 Abs. 1 Nr. 4, 61 AO) fehlt, reicht ein Hinweis auf eine entsprechende Verwendung in der Satzung aus. So wird die Formulierung „Bei Auflösung der Einrichtung entscheiden die Mitglieder/Gesellschafter über die Verwendung des Vermögens“ als ausreichende Vermögensbindung angesehen.2
593
Die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führt immer dann zu einer partiellen Steuerpflicht, wenn dieser nicht ausschließlich auf die Förderung der satzungsmäßigen Zwecke gerichtet ist (zum Begriff „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ s. Rz. 9).
594
Q. Bürgschaftsbanken (Abs. 1 Nr. 17) Durch das StÄndG 1992 wurde die Befreiung für Bürgschaftsbanken (Kreditgarantiegemeinschaften) mit Wirkung ab dem VZ 1991 (§ 54 Abs. 1 KStG 1991) in § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG eingeführt. § 3 Nr. 22 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. 1 BT-Drucks. 13/10846, 26. 2 Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 15–19 KStG Rz. 35.
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595
§ 5 Rz. 596–601
Befreiungen
596
Die einen öffentlichen Auftrag wahrnehmenden Bürgschaftsbanken streben als Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaft zur Förderung des gewerblichen Mittelstands und der freien Berufe die ausreichende Kapitalversorgung für zu gründende und bestehende Unternehmen an, denen der Zugang zum Kapitalmarkt mangels ausreichender Sicherheiten überhaupt nicht oder zu normalen Wettbewerbsbedingungen nicht möglich ist.1 Eine bestimmte Rechtsform für Bürgschaftsbanken sieht § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG nicht vor.
597
Zu den im Gesetz aufgeführten möglichen Förderungsmaßnahmen zählt die Übernahme und Verwaltung bestimmter Arten von Bürgschaften und Garantien gegenüber Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen, Leasinggesellschaften oder Beteiligungsgesellschaften für Kredite, Leasingforderungen und Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen mit dem Ziel der Gründung, Erhaltung und Förderung der Leistungsfähigkeit solcher Unternehmen. Aufgrund des im Gesetz bei der Festlegung der zulässigen Tätigkeiten verwendeten Worts „insbesondere“ handelt es sich bei der Aufzählung der begünstigten Fördermaßnahmen nicht um eine abschließende Aufzählung. Die Steuerbefreiung wird somit nicht dadurch ausgeschlossen, dass Unternehmen auch durch sonstige Maßnahmen (wie zB durch betriebswirtschaftliche Beratungen) wirtschaftlich gefördert werden und dass Unternehmen gefördert werden, die keine mittelständischen sind.2
598
Die Steuerbefreiung setzt jedoch voraus, dass der Steuerpflichtige im besonderen Maße – dh. überwiegend – die im Gesetz aufgezählten Förderungsmaßnahmen wahrnimmt und die im Gesetz genannten Förderungsziele verfolgt. Für diese Auslegung spricht in Bezug auf die Förderungsmaßnahmen zudem, dass die steuerbefreiten Körperschaftsteuersubjekte als „Bürgschaftsbanken“ (synonym „Kreditgarantiegemeinschaften“) bezeichnet werden.3
599
Keine Voraussetzung der Steuerbefreiung ist, dass die geförderten Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Der Wortlaut der Vorschrift enthält keine derartige Beschränkung des Kreises der zu fördernden Unternehmen. Der Umstand, dass nach der Vorschrift insbesondere die Förderung „mittelständischer Unternehmen“ Voraussetzung der Steuerbefreiung ist, lässt nicht den Schluss zu, dass nur gewerbliche – also mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene – Unternehmen gefördert werden dürfen. Zwar werden meist nur kleinere und mittlere gewerbliche oder freiberufliche Unternehmen als mittelständische Unternehmen bezeichnet. Sie sind auch die Hauptadressaten der Förderungsmaßnahmen für die mittelständische Wirtschaft. Dies beruht aber auf ihrer im Vergleich zu nicht gewinnorientierten Unternehmen größeren wirtschaftlichen Bedeutung und Anzahl und lässt nicht den Schluss zu, nur gewinnorientierte Unternehmen seien mittelständische iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG.
600
Zweck der Vorschrift ist die Wirtschaftsförderung. Mithilfe steuerbefreiter Bürgschaftsbanken soll die Kapitalversorgung von kleinen und mittleren Unternehmen gefördert werden, denen wegen unzureichenden bankmäßigen Sicherheiten der Zugang zum Kapitalmarkt oder zu anderen Finanzierungsquellen nicht oder nicht zu normalen Wettbewerbsbedingungen möglich ist. Ziel ist es, die Existenz kleiner und mittlerer Unternehmen zu sichern, ihre Gründung und Anpassung an sich ändernde Märkte und Rahmenbedingungen zu erleichtern und ihre wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung zu fördern.4
601
Auch die Förderung nicht gewinnorientierter Unternehmen, die soziale Dienstleistungen erbringen, widerspricht nicht dem Zweck des § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG. Diese Unternehmen, zB Altenheime, Pflegedienste, beschützende Werkstätten, Schulen, sind Teile der Wirtschaft. Sie erbringen – idR gegen Entgelt – Dritten gegenüber Leistungen. Ihre Inhaber beteiligen sich mit ihnen nachhaltig am allgemeinen Wirtschaftsverkehr. Die Unternehmen sind weit überwiegend wirtschaftliche Geschäftsbetriebe iSd. § 14 AO, auch wenn sie ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Werden sie von Körperschaften unterhalten, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit sind, unterliegen diese mit den Betrieben der Besteuerung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG). Nur wenn es sich um Zweckbetriebe handelt, sind sie auch insoweit von der Körperschaftsteuer befreit. Handelt es sich um kleinere oder mittlere Betriebe, die nicht Teile einer kapitalstarken oder über hohe Spendeneinnahmen oder Zuschüsse der öffentlichen Hand verfügenden Körperschaft sind, haben sie wie auch viele gewinnorien-
1 2 3 4
BT-Drucks. 12/1108, 66. BFH v. 21.10.1999 – I R 14/98, BStBl. II 2000, 325 = FR 2000, 458. BT-Drucks. 12/1368, 22. BT-Drucks. 12/1108, 66 (67).
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R. Wirtschaftsfçrderungsgesellschaften (Abs. 1 Nr. 18)
Rz. 601–607 § 5
tierte kleine oder mittlere Unternehmen oft Schwierigkeiten, ausreichend Fremd- und Eigenkapital zu erhalten.1 Das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse einer Bürgschaftsbank dürfen nur für die im Gesetz genannten Zwecke verwendet werden. Es handelt sich um eine umfassende Vermögensbindung, deren Missachtung – ähnlich wie bei den steuerbegünstigten Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG – zur Versagung der Steuerbefreiung führt. So führen Mittelauskehrungen (wie zB Gewinnausschüttungen, Einlagenrückgewähr) an die Gesellschafter zur Versagung der Steuerbefreiung. Bei Auflösung der Gesellschaft darf das Grund- oder Stammkapital nicht an die Gesellschafter zurückgezahlt werden, es sei denn, die Gesellschafter verwenden es für die begünstigten Zwecke. Erzielte Überschüsse dürfen ebenfalls nur für die begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. Dies schließt uE wie bei den entsprechenden Regelungen für Wirtschaftsförderungsgesellschaften (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG) nicht aus, dass Rücklagen gebildet werden, die bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung für die Zweckverwirklichung erforderlich sind. Die ertragsbringende Anlage der entsprechenden Mittel ist unschädlich.
602
Da es den nach § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG begünstigten Körperschaften nicht erlaubt ist, ihre Mittel für andere als die begünstigten Tätigkeiten zu verwenden, sind Zuwendungen (Spenden) an politische Parteien (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG) oder steuerbegünstigte (gemeinnützige) Einrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nicht zulässig.2 Entsprechende Zuwendungen würden zur Versagung der Steuerbefreiung führen.
603
R. Wirtschaftsförderungsgesellschaften (Abs. 1 Nr. 18) Literatur: Oppermann, Steuerbefreiung für Wirtschaftsförderungsgesellschaften, DB 1994, 1489; OrtmannBabel, Wirtschaftsförderung iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG nur bei ausschließlicher und unmittelbarer Förderung von Unternehmen, DStZ 2003, 520.
Die Steuerbefreiung für Wirtschaftsförderungsgesellschaften wurde durch das StandOG3 in § 5 KStG eingeführt. Sie gilt ab dem VZ 1993 (§ 54 Abs. 5a KStG 1996). § 3 Nr. 25 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung.
604
605
Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass –
es sich bei der Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft handelt,
–
sich die Tätigkeit der Gesellschaft auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region durch Förderung der Wirtschaft – insbesondere durch Industrieansiedlungen, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten – beschränkt,
–
an der Gesellschaft überwiegend Gebietskörperschaften beteiligt sind und
–
das Vermögen und erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des begünstigten Zwecks verwendet werden.
Die Vorschrift bezweckt eine Strukturverbesserung durch Förderung der Wirtschaft. Unternehmen sollen Anreize geboten werden, sich in einer bestimmten Region anzusiedeln oder ihren Betrieb zu erweitern. Dabei sind die im Gesetz genannten Fördermaßnahmen nicht abschließend; so sind auch vergleichbare gleichgerichtete Maßnahmen ebenfalls begünstigt.4 Voraussetzung ist aber zum einen eine „Förderung der Wirtschaft“, zum anderen muss es sich um Tätigkeiten handeln, die eine vergleichbare Zielrichtung haben.5 Da § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG keine teilweise Steuerbefreiung vorsieht, führt der Umstand, dass eine einzelne Tätigkeit einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft nicht begünstigt ist, zum Wegfall der Steuerbefreiung in vollem Umfang.6
606
Kapitalgesellschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG sind Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Andere Gesellschaften, wie zB Genossenschaften, Vereine oder Stiftungen, fallen
607
1 2 3 4 5 6
BFH v. 21.10.1999 – I R 14/98, BStBl. II 2000, 325 = FR 2000, 458. Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 15–19 KStG Rz. 60. G v. 13.3.1993, BGBl. I 1993, 1569 = BStBl. I 1993, 774. BT-Drucks. 12/4487, 60 (61). BFH v. 26.2.2003 – I R 49/01, BStBl. II 2003, 723 = FR 2003, 845 m. Anm. Pezzer. BFH v. 26.2.2003 – I R 49/01, BStBl. II 2003, 723 = FR 2003, 845 m. Anm. Pezzer.
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§ 5 Rz. 607–613
Befreiungen
bereits wegen ihrer Rechtsform nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG. 608
§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG begünstigt Tätigkeiten, die sich darauf beschränken, dh. ausschließlich darauf abzielen, die soziale und wirtschaftliche Struktur einer Region durch Förderung der Wirtschaft zu verbessern. Eine Förderung der Wirtschaft ist insbesondere in den genannten Fällen der Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten gegeben. Es handelt sich bei diesen Tätigkeiten nicht um eine abschließende Aufzählung; so sind damit vergleichbare Maßnahmen nicht von der Begünstigung ausgeschlossen, wenn sie ebenfalls die „Förderung der Wirtschaft“ zum Ziel haben.1
609
Eine „Förderung der Wirtschaft“ ist als solche von allgemeinen gesamtwirtschaftlich wirkenden Maßnahmen zur Konjunktur- und Wachstumsbelebung abzugrenzen und setzt ein zweckgerichtetes Handeln mit dem Ziel der selektiven unternehmensbezogenen Förderung abgrenzbarer wirtschaftlicher Verhaltensweisen voraus. Wirtschaftsförderung in diesem Sinne umfasst somit nur Maßnahmen zur unmittelbaren Förderung unternehmerischer Tätigkeiten. Darunter fallen solche Maßnahmen nicht, die lediglich mittelbar begünstigend auf die wirtschaftliche Entwicklung einer bestimmten Region einwirken. Dieser Einschränkung der wirtschaftsfördernden Maßnahmen folgt auch der Katalog der begünstigten Aktivitäten im Schr. des BMF v. 4.1.1996.2
610
Nicht zu den Erfordernissen der Förderung der Wirtschaft zählt zB die Planung und Erschließung eines Wohngebiets. Sie bedeutet keine Förderung abgrenzbarer unternehmerischer Tätigkeiten, sondern dient der Bereitstellung von Wohnraum, auch wenn dies der Ansiedlung von Arbeitnehmern und Gewerbetreibenden dient.3
611
Gesellschafter einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft müssen überwiegend Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Kreise und Gemeinden sowie insbesondere Landschaftsverbände) sein. Das setzt voraus, dass Gebietskörperschaften unmittelbar zu mehr als 50 % an der Wirtschaftsförderungsgesellschaft beteiligt sind und die Mehrheit der Stimmrechte innehaben. Die Beteiligungen sonstiger Körperschaften des öffentlichen Rechts (zB Industrie- und Handelskammern, Sparkassen etc.) bleiben insoweit unberücksichtigt.4 Ändern sich die Beteiligungsverhältnisse dahingehend, dass keine überwiegende Beteiligung von Gebietskörperschaften mehr vorliegt, führt dies ex nunc zum Verlust der Steuerbefreiung.
612
Das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft dürfen nur für die im Gesetz genannten Zwecke (= Wirtschaftsförderung) verwendet werden. Es handelt sich um eine umfassende Vermögensbindung, deren Missachtung – ähnlich wie bei den steuerbegünstigten Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG – zur Versagung der Steuerbefreiung führt. So führen Mittelauskehrungen (wie zB Gewinnausschüttungen, Einlagenrückgewähr) an die Gesellschafter zur Versagung der Steuerbefreiung. Bei Auflösung der Gesellschaft darf auch das Grund- oder Stammkapital nicht an die Gesellschafter zurückgezahlt werden, es sei denn, die Gesellschafter verwenden es für Zwecke der Wirtschaftsförderung. Erzielte Überschüsse dürfen ebenfalls nur für die begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. Dies schließt nicht aus, dass Rücklagen gebildet werden, die bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung für die Zweckverwirklichung erforderlich sind. Die ertragsbringende Anlage der entsprechenden Mittel ist unschädlich.5
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Wirtschaftsförderungsgesellschaften üben häufig Tätigkeiten aus, die zum Teil auch unter § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG (sog. Dauerverlustgeschäfte) fallen können (s. näher § 8 KStG Rz. 1844 ff.). Die Anwendung des BFH-Urt. v. 22.8.20076 führt bei dauerdefizitären Gesellschaften in Höhe der laufenden Betriebsverluste zur Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen. Die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG kommt auch bei Wirtschaftsförderungsgesellschaften nur insoweit zur Anwendung, als deren Tätigkeiten den Vorgaben dieser Regelung entsprechen. Die Annahme einer solchen verlustbedingten verdeckten Gewinnausschüttung durch eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die eine begünstigte Tätigkeit iSd. BMF-Schr. v. 4.1.19967 ausübt, führt jedoch nicht zu einer schädlichen Vermögens-
1 2 3 4 5 6 7
Vgl. BT- Drucks. 12/4487, 61; BFH v. 21.10.1999 – I R 14/98, FR 2000, 458 = BFH/NV 2000, 661. BMF v. 4.1.1996 – IV B 7 - S 2738 - 17/95, BStBl. I 1996, 54. BFH v. 26.2.2003 – I R 49/01, BStBl. II 2003, 723 = FR 2003, 845 m. Anm. Pezzer. BMF v. 4.1.1996 – IV B 7 - S 2738 - 17/95, BStBl. I 1996, 54. BMF v. 4.1.1996 – IV B 7 - S 2738 - 17/95, BStBl. I 1996, 54. BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. BMF v. 4.1.1996 – IV B 7 - S 2738 - 17/95, BStBl. I 1996, 54.
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S. Gesamthafenbetriebe (Abs. 1 Nr. 19)
Rz. 613–620 § 5
minderung, weil die Dauerverlusttätigkeit gerade als die unabdingbare Folge der Zweckrichtung, also der begünstigten Tätigkeiten zu sehen ist, mit der die betreffende Wirtschaftsförderungsgesellschaft den Erfordernissen des § 5 Abs. 1 Nr. 18 Satz 2 KStG gerecht wird.1
S. Gesamthafenbetriebe (Abs. 1 Nr. 19) Die Befreiung für Gesamthafenbetriebe nach § 5 Abs. 1 Nr. 19 KStG wurde mit dem StandOG v. 13.3.19932 eingeführt. Sie gilt ab dem VZ 1993 (§ 54 Abs. 5a KStG 1993). § 3 Nr. 26 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. Die Einführung der Steuerbefreiung wurde notwendig, da die bis dahin häufig angenommene Befreiung für diese Gesellschaften nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG – wie schon bei den Wirtschaftsförderungsgesellschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG) – rechtlich fraglich war.3
614
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Voraussetzung der Steuerbefreiung ist, dass –
es sich um einen Gesamthafenbetrieb iSd. § 1 des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter4 handelt,
–
der Gesamthafenbetrieb die in § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes festgelegten Tätigkeiten ausübt,
–
diese Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes genehmigt sind,
–
das Vermögen und erzielte Überschüsse nur zur Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten verwendet werden.
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der nicht auf die ausschließliche Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist von der Steuerbefreiung ausgeschlossen.
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Ein Gesamthafenbetrieb ist der virtuelle Arbeitgeber in einem Hafen, bei dem diejenigen Hafenarbeiter angestellt werden, die nicht bei einem einzelnen Betrieb im Hafen in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. So vermittelt ein Gesamthafenbetrieb seine Gesamthafenarbeiter je nach Bedarf an die einzelnen Mitgliedsbetriebe. Er ist ständiger Arbeitgeber für diese Arbeiter, die dadurch langjährige soziale Anwartschaften erwerben können. Er garantiert damit für einen regelmäßigen Lohn der Gesamthafenarbeiter.
617
Durch eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem zuständigen Arbeitgeberverband/ dem zuständigen Arbeitgeber und der zuständigen Gewerkschaft kann von den Betrieben eines Hafens, in denen Hafenarbeit geleistet wird, zur Schaffung stetiger Arbeitsverhältnisse für Hafenarbeiter ein besonderer Arbeitgeber (= Gesamthafenbetrieb) gebildet werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GHfBetrG). Der Gesamthafenbetrieb umfasst auch Betriebe, deren Unternehmer weder Mitglied des Arbeitgeberverbands sind noch selbst die Vereinbarung nach Abs. 1 abgeschlossen haben, sofern die Betriebe, die dem die Vereinbarung abschließenden Arbeitgeberverband angehören oder die selbst die Vereinbarung abgeschlossen haben, nach Feststellung der obersten Arbeitsbehörde des Landes oder der von ihr bestimmten Stelle im Durchschnitt des dem Abschluss der Vereinbarung vorangegangenen Kalendervierteljahrs insgesamt nicht weniger als 50 % der Hafenarbeiter beschäftigt haben (§ 1 Abs. 2 GHfBetrG). Eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Gesamthafenbetriebs ist ausgeschlossen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 GHfBetrG).
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Der Gesamthafenbetrieb bestimmt nach Maßgabe der geltenden Gesetze seine Rechts- 619 form, seine Aufgaben, seine Organe und seine Geschäftsführung, insbesondere auch die Grundsätze für die Erhebung, Verwaltung und Verwendung von Beiträgen und Umlagen; er hat dabei den Begriff der Hafenarbeit iSd. § 1 Abs. 1 GHfBetrG bindend festzusetzen (§ 2 Abs. 1 GHfBetrG). Die Genehmigung der Tätigkeiten erfolgt nach § 2 Abs. 2 GHfBetrG durch die oberste Arbeitsbehörde des Landes; die Genehmigung ist widerruflich. Das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse eines Gesamthafenbetriebs dürfen nur für die begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. Wie schon bei den Wirtschaftsförderungsgesellschaften handelt es sich um eine umfassende Vermögensbindung, deren Missachtung – ähnlich wie bei den steuerbegünstigten Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG – zur Versagung der Steuerbefreiung führt. Auch führen Mittelauskehrungen (wie zB Gewinnausschüttungen, Einlagenrückgewähr) an die Gesellschafter zur Versagung der Steuerbefrei1 2 3 4
OFD Nds. v. 3.5.2011 – S 2720 - 2 St 242, GmbH-StB 2011, 302. BGBl. I 1993, 1569 = BStBl. I 1993, 774. BT-Drucks. 12/4487, 60 (61); BFH v. 21.5.1997 – I R 38/96, BFH/NV 1997, 904. GHfBetrG v. 3.8.1950, BGBl. I 1950, 352.
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§ 5 Rz. 620–625
Befreiungen
ung. Bei Auflösung der Gesellschaft darf auch das Grund- oder Stammkapital nicht an die Gesellschafter zurückgezahlt werden, es sei denn, die Gesellschafter verwenden es für begünstigte Zwecke iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 19 KStG. Erzielte Überschüsse dürfen ebenfalls nur für die begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. UE kann ein Gesamthafenbetrieb Rücklagen aus seinen Überschüssen bilden, soweit diese bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung für die Zweckverwirklichung erforderlich sind. Die ertragsbringende Anlage der entsprechenden Mittel ist unschädlich.1 621
Unterhält ein Gesamthafenbetrieb einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO), dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen, der Gesamthafenbetrieb wäre insoweit partiell steuerpflichtig. Wird jedoch durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der begünstigte Zweck unmittelbar gefördert, wäre dies kein Betrieb, der unter die partielle Steuerpflicht fällt. Dieser Betrieb würde ebenfalls unter die Steuerbefreiung fallen. Da § 1 Abs. 1 Satz 2 GHfBetrG den Gesamthafenbetrieben die Unterhaltung erwerbswirtschaftlicher Tätigkeiten grundsätzlich untersagt, hat die partielle Steuerpflicht wohl kaum eine Praxisrelevanz.
T. Zusammenschlüsse zur Umlage von Versorgungslasten (Abs. 1 Nr. 20) 622 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 20 KStG sind befreit –
Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von steuerbefreiten Körperschaften oder von steuerbefreiten Personenvereinigungen,
–
deren Tätigkeit sich darauf beschränkt, im Wege des Umlageverfahrens Versorgungslasten auszugleichen, die den Mitgliedern aus Versorgungszusagen gegenüber ihren Arbeitnehmern erwachsen,
–
wenn deren Vermögen am Schluss des Wirtschaftsjahrs nicht mehr als 60 % der im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen an die Mitglieder beträgt.
§ 3 Nr. 27 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. 623
Die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 20 KStG wurde mit Wirkung ab VZ 1993 durch das StMBG2 in das KStG aufgenommen, da die bis dahin häufig gewährten Steuerfreistellungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG rechtlich zweifelhaft waren. Die Steuerbefreiung wurde damit begründet, dass die Heranziehung der Zusammenschlüsse im Hinblick auf ihre besondere Aufgabenstellung unbillig sei. So erstreckt sich die Tätigkeit dieser Einrichtungen ausschließlich auf die begünstigten Zwecke der Mitgliedskörperschaften.3 Die begünstigten Zusammenschlüsse sind wirtschaftlich mit steuerfreien Pensionskassen zu vergleichen, die typische Aufgaben der Mitgliedskörperschaften verfolgen.
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Es bedarf keiner bestimmten Rechtsform. Die Mitglieder eines entsprechenden Zusammenschlusses müssen jedoch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder steuerbefreite Körperschaften bzw. steuerbefreite Personenvereinigungen sein. Die Einrichtung muss also sicherstellen, dass der Verlust der Steuerbefreiung einer Mitgliedseinrichtung zwingend zu einem Ausschluss aus dem Zusammenschluss führt, um nicht die eigene Steuerbefreiung zu gefährden. Daher hat der Zusammenschluss entsprechende Nachweise über seine Mitgliedseinrichtungen zu führen.
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Eine zu weite Ausdehnung der Steuerbefreiung wird dadurch unterbunden, dass das Vermögen nicht mehr als 60 % der im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen an die Mitglieder übersteigen darf. Maßgeblich ist das Vermögen am Ende des Wirtschaftsjahrs. Ein Überschreiten dieser Grenze führt zur Versagung der Steuerbefreiung im vollen Umfang. Das Betreiben eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs durch den Zusammenschluss ist nicht erlaubt. Dies würde zur Versagung der Steuerbefreiung führen. Unschädlich ist jedoch, wenn das Mitglied einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art oder einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält.4
1 2 3 4
So auch Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 15–19 KStG Rz. 105. G v. 21.12.1993, BGBl. I 1993, 2310 = BStBl. I 1994, 50. BT-Drucks. 12/6078, 129. Vgl. BT-Drucks. 12/6078, 54, mit einer darin noch enthaltenen einschränkenden Regelung für diese Fälle, die im weiteren Gesetzgebungsverfahren jedoch weggefallen ist (BT-Drucks. 12/6358).
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V. Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (Abs. 1 Nr. 22)
Rz. 626–632 § 5
U. Medizinische Dienste (Abs. 1 Nr. 21) Die Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 21 KStG wurde durch das JStG 19961 mit Wirkung ab VZ 1991 (§ 54 Abs. 5c KStG idF des JStG 1996) in das Gesetz aufgenommen. § 3 Nr. 28 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. Grund für die Befreiung war, dass die nach der Wiedervereinigung neu gegründeten Medizinischen Dienste in den neuen Bundesländern – anders als in den alten Bundesländern – zunächst nicht als Körperschaften des öffentlichen Rechts, sondern in der Rechtsform eingetragener Vereine gegründet wurden.
626
Nach § 278 SGB V ist in jedem Bundesland eine von den Krankenkassen gemeinsam getragene Arbeitsgemeinschaft „Medizinischer Dienst der Krankenversicherung“ zu errichten. Diese Arbeitsgemeinschaften sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts. Damit sind die Tätigkeiten der Medizinischen Dienste grundsätzlich hoheitlich und sie unterliegen nicht der Körperschaftsteuer. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaften „Medizinischer Dienst“ sind die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, die landwirtschaftlichen Krankenkassen und die Ersatzkassen (§ 278 Abs. 2 SGB V).
627
Daneben ist der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen begünstigt. Dieser ist ebenfalls eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 282 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Der Medizinische Dienst des Spitzenverbands der Krankenkassen berät den Spitzenverband der Krankenkassen in allen medizinischen Fragen der diesem zugewiesenen Aufgaben. Auch koordiniert und fördert der Medizinische Dienst des Spitzenverbands der Krankenkassen die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung in medizinischen und organisatorischen Fragen (§ 282 Abs. 2 SGB V).
628
Die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 21 KStG umfasst jedoch nur die Wahrnehmung der den Medizinischen Diensten zugewiesenen Aufgaben. Darüber hinaus gehende wirtschaftliche Aktivitäten eines Medizinischen Dienstes, die zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder eines Betriebs gewerblicher Art führen, werden durch die Befreiung nicht umfasst. Zu den Aufgaben der Medizinischen Dienste gehört ua. die Begutachtung der Leistungsbereiche der Krankenkassen, die Prüfung von Arbeitsunfähigkeit, Kosten von Auslandsbehandlungen, längerfristige häusliche Krankenpflege (§ 275 SGB V).
629
Das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse eines Medizinischen Dienstes, der unter § 5 Abs. 1 Nr. 21 KStG fällt, dürfen nur für die begünstigten Tätigkeiten verwendet werden. Es handelt sich um eine umfassende Vermögensbindung, deren Missachtung – ähnlich wie bei den steuerbegünstigten Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG – zur Versagung der Steuerbefreiung führt. Auch führen Mittelauskehrungen (wie zB Gewinnausschüttungen, Einlagenrückgewähr) an die Mitglieder zur Versagung der Steuerbefreiung. Bei Auflösung des Medizinischen Dienstes darf das vorhandene Vermögen nicht an die Mitglieder zurückgezahlt werden, es sei denn, die Mitglieder verwenden es für die genannten Zwecke.
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V. Gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien (Abs. 1 Nr. 22) Die steuerliche Einstufung der Sozialkassen der Tarifvertragsparteien war bis zur Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG uneinheitlich. So wurden die Sozialkassen früher steuerlich teilweise als Pensions- und Unterstützungskassen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG), als Berufsverbände (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG) oder sogar als gemeinnützige Einrichtungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) anerkannt.2 Zur Vermeidung der durch die unterschiedliche steuerliche Einordnung bestehenden Abgrenzungs- und Anwendungsprobleme bei den Sozialkassen wurde durch das JStG 19973 mit Wirkung ab dem VZ 1996 für diese Einrichtungen die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG eingeführt. § 3 Nr. 29 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung.
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Danach regelt § 5 Abs. 1 Nr. 22 KStG eine sachliche Steuerbefreiung für –
die gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien iSd. § 4 Abs. 2 des TVG4,
–
die satzungsmäßige Beiträge nach § 186a AFG erheben und
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G. v. 18.12.1995, BGBl. I 1995, 1959 = BStBl. I 1995, 786. BT-Drucks. 13/5359, 127. G. v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049 = BStBl. I 1996, 1523. G v. 25.8.1969, BGBl. I 1969, 1323.
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§ 5 Rz. 632–637
Befreiungen
–
ihre Leistungen ausschließlich an die tarifgebundenen Arbeitnehmer des Gewerbezweigs oder an deren Hinterbliebene erbringen,
–
wenn sie dabei nicht in einem größeren Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung ihrer begünstigten Aufgaben unvermeidlich ist.
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Bei den Sozialkassen der Tarifvertragsparteien handelt es sich um gesetzlich definierte Einrichtungen, die mit der Förderung beruflicher sowie sozialer Interessen und Belange der Arbeitnehmer des jeweiligen Gewerbezweigs betraut sind.
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Die Steuerbefreiung entfällt, wenn Leistungen an Personen erbracht werden, die nicht tarifgebundene Arbeitnehmer oder deren Hinterbliebene sind. Nach § 2 TVG sind tarifgebundene Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglieder, die unmittelbar oder mittelbar über die Spitzenverbände Tarifvertragspartei sind.1
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Unterhält eine Sozialkasse einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist und der nicht in einen unvermeidbaren Wettbewerb zu steuerpflichtigen Unternehmen derselben oder ähnlicher Art tritt, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Die Sozialkasse wird insoweit partiell steuerpflichtig. Für die Beurteilung eines schädlichen Wettbewerbs ist auf die gleichen Kriterien wie für die Beurteilung eines Zweckbetriebs nach § 65 Nr. 1 und 3 AO abzustellen (s. auch Rz. 441 ff.).
W. Auftragsforschung (Abs. 1 Nr. 23) Literatur: Becker/Volkmann, Auftragsforschung als Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 9 AO unter besonderer Berücksichtigung staatlicher Hochschulen, DStZ 2007, 529; Strahl, Steuerrechtliche Implikationen von Kooperationen im Hochschulbereich, FR 2008, 15; Leisner-Egensperger, Besteuerung der Forschungstätigkeit im Hochschulbereich, FR 2010, 493.
636 Die Befreiung für die Auftragsforschung öffentlich-rechtlicher Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen wurde durch das StÄndG 20032 mit Wirkung für alle offenen VZ (§ 34 Abs. 3c KStG) in das Gesetz aufgenommen. § 3 Nr. 30 GewStG enthält eine entsprechende Steuerbefreiung. Ziel ist die steuerliche Gleichbehandlung der Besteuerung der Auftragsforschung durch staatliche Hochschulen mit der Forschungstätigkeit gemeinnütziger Einrichtungen (§ 68 Nr. 9 AO).3 So begründen staatliche Hochschulen mit der Durchführung entgeltlicher Forschungstätigkeiten regelmäßig einen Betrieb gewerblicher Art (§ 4 KStG).4 637
Da uE keine Möglichkeit besteht, die Auftragsforschung einer Hochschule unter die Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zu fassen, mit der Möglichkeit, diese Tätigkeit als Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 9 AO einzustufen,5 ist für diese nur eine Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG möglich. Die Tatsache, dass die öffentlich-rechtliche Wissenschafts- und Forschungseinrichtung im hoheitlichen Bereich regelmäßig dem Grunde nach steuerbegünstigten Tätigkeiten nachgeht, spielt keine Rolle, da nur die Tätigkeit des Betriebs gewerblicher Art für die Frage einer Steuerbegünstigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zu beurteilen ist, weil sich die Steuerpflicht nur auf diesen erstreckt (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 iVm. § 4 KStG).6 Daher kann der Betrieb gewerblicher Art „Auftragsforschung“ allein schon wegen der fehlenden Selbstlosigkeit (Verfolgung eigenwirtschaftlicher Zwecke steht im Vordergrund – § 55 Abs. 1 AO) nicht als gemeinnütziger Betrieb gewerblicher Art anerkannt werden. Das hat zur Folge, dass den staatlichen Hochschulen mit den von ihnen unterhaltenen Betrieben gewerblicher Art „Auftragsforschung“ – mangels Steuerbegünstigung iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG – der Zugang zu § 68 Nr. 9 AO verwehrt bleibt. Deshalb kommt es auf die Art und Weise der Finanzierung der Einrichtung bei der Befreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG – anders als bei einem Zweckbetrieb iSd. § 68 Nr. 9 AO – nicht an.
Heger in Gosch2, § 5 KStG Rz. 345. G. v. 15.12.2003, BGBl. I 2003, 2645 = BStBl. I 2003, 710. BT-Drucks. 15/1945, 12. Vgl. OFD Magdeburg v. 22.4.2004 – S 2738e - 1 - St 217, S 2706 - 73 - St 217, DB 2004, 1236. Anders Jost in D/P/M, § 5 Abs. 1 Nr. 20–23 KStG nF Rz. 43 ff., der lediglich eine Vorrangstellung des § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG annimmt. 6 FG Münster v. 10.4.2014 – 5 K 2409/10 U, EFG 2014, 1521 (rkr.).
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Y. Ausnahmen von der Befreiung (Abs. 2)
Rz. 638–640 § 5 638
Nicht befreit ist –
die Anwendung gesicherter Erkenntnisse,
–
die Übernahme von Projektträgerschaften sowie
–
wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug.
Soweit eine öffentlich-rechtliche Wissenschafts- und Forschungseinrichtung derartige Tätigkeiten übernimmt, wird ggf. dadurch ein eigenständiger Betrieb gewerblicher Art begründet, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 iVm. § 4 KStG gegeben sind (s. dazu § 4 KStG Rz. 15 ff.). Wenn diese Tätigkeiten innerhalb des nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG befreiten Betriebs gewerblicher Art „Auftragsforschung“ stattfinden, würde dieser insoweit partiell steuerpflichtig werden.
X. Global Legal Entity Identifier Stiftung (Abs. 1 Nr. 24) Die Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 24 KStG wurde durch das Zollkodex-AnpG1 mit Wirkung ab dem VZ 2014 (§ 34 Abs. 3 Satz 5 KStG) in das Gesetz aufgenommen. § 3 Nr. 31 GewStG enthält eine entsprechende Befreiung. Es handelt sich zwar um eine persönliche Steuerbefreiung der Global Legal Entity Identifier Stiftung, diese umfasst jedoch nur bestimmte (begünstigte) Tätigkeiten. Die Global Legal Entity Identifier Stiftung wurde 2014 gegründet und hat den Auftrag, eine weltweit nutzbare sowie öffentlich und kostenlos zugängliche Datenbank aufzubauen, zu unterhalten und fortzuentwickeln, die der Identifikation von Rechtspersonen mittels eines weltweit anzuwendenden Referenzcodes dient. Mit dem Referenzcode können an Finanzgeschäften beteiligte Rechtspersonen eindeutig identifiziert werden. Der Aufbau dieses globalen Identifizierungssystems für rechtliche Einheiten (Global Legal Entity Identification System – GLEIS) erfolgt im öffentlichen Interesse der Staaten und ihrer Bürger und soll zukünftig die Früherkennung von Systemrisiken und die Überwachung der Finanzmärkte ermöglichen bzw. verbessern, um Fehlentwicklungen wie in der Krise 2008 frühzeitig zu erkennen und entgegenwirken zu können und auf diese Weise die Stabilität des weltweiten Finanzsystems zu stärken.2
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Durch die generelle Befreiung der Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einführung, dem Unterhalten und der Fortentwicklung des Systems zur eindeutigen Identifikation von Rechtspersonen durch § 5 Abs. 1 Nr. 24 KStG wird vermieden, dass die begünstigten Tätigkeiten der Stiftung im Einzelnen dahin untersucht werden müssen, ob sie zu steuerpflichtigen Einkünften führen oder nicht.3 Da sich die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 24 KStG lediglich auf die begünstigten Tätigkeiten beschränkt, bleibt die Stiftung mit ihren daneben ausgeübten Tätigkeiten und daraus erzielten Einkünften partiell steuerpflichtig. So unterliegen zB die von der Stiftung erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht der Steuerbefreiung, da es sich hierbei um keine begünstigte Tätigkeit handelt.
Y. Ausnahmen von der Befreiung (Abs. 2) Literatur: Jachmann, Die Europarechtswidrigkeit des § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG, BB 2003, 990; Wachter, Gemeinnützigkeit von Stiftungen mit Sitz im EU-Ausland, FR 2004, 1220; Kube, Die Zukunft des Gemeinnützigkeitsrechts in der europäischen Marktordnung, IStR 2005, 469; Thömmes/Nakhai, Aktuelle EG-rechtliche Entwicklung auf dem Gemeinnützigkeitssektor, IStR 2006, 164; Hüttemann, Die steuerliche Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten im Ausland – eine Frage des Ansehens?, DB 2008, 1061.
I. Allgemeines Die persönlichen und sachlichen Befreiungen von der Körperschaftsteuer nach § 5 Abs. 1 640 KStG und nach anderen Gesetzen werden durch die in § 5 Abs. 2 vorgeschriebenen Ausnahmen aufgehoben.4 So sieht § 5 Abs. 2 KStG einen Ausschluss von der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 KStG und nach anderen Gesetzen vor für: –
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inländische Einkünfte, die ganz oder teilweise dem Steuerabzug unterliegen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG), G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. BT-Drucks. 18/3017, 51. BT-Drucks. 18/3017, 52. BT-Drucks. 14/6877, 30; klarstellend in § 5 Abs. 2 KStG ergänzt durch das StÄndG 2001.
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§ 5 Rz. 640–644
Befreiungen
–
beschränkt Steuerpflichtige iSd. § 2 Nr. 1 KStG, es sei denn, es handelt sich um Steuerpflichtige iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, deren Sitz oder Geschäftsleitung in der EU oder einem EWR-Staat liegt, mit dem ein Amtshilfeabkommen besteht (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG), und
–
soweit § 38 Abs. 2 KStG anzuwenden ist (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG).
§ 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG wurde durch das UntStFG 2001 neu aufgenommen und soll ab dem VZ 2001 sicherstellen, dass auch bei den steuerbefreiten Körperschaften die Körperschaftsteuer nach § 38 Abs. 2 KStG erhoben werden kann. Bis einschließlich VZ 2008 umfasste § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG auch die sonstigen körperschaftsteuerlichen Auswirkungen iZm. dem Wechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren, wie § 34 Abs. 12 KStG 2001 und § 37 KStG.1 Nach dem Auslaufen dieser Regelungen wurde iRd. JStG 20092 mit Wirkung ab dem VZ 2009 der Hinweis auf § 34 Abs. 12 und § 37 KStG in § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG gestrichen.
II. Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen (Abs. 2 Nr. 1) 641 Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG ist die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 KStG ausgeschlossen für inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen. Im Zusammenspiel mit § 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist die Körperschaftsteuer für die Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, mit diesem abgegolten. Zu den Einkünften, die dem Steuerabzug unterliegen, gehören insbesondere die Einkünfte iSd. § 43 EStG wie Zinsen, Dividenden und sonstige Erträge aus Beteiligungen. Eine Anrechnung der auf diese Einkünfte einbehaltenen Kapitalertragsteuer ist wegen der Abgeltungswirkung grundsätzlich nicht möglich (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG). 642
Für steuerbefreite Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 KStG, mit Ausnahme der nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG befreiten Körperschaften, reduziert sich der sonst übliche Kapitalertragsteuersatz von 25 % (§ 43a Abs. 1 EStG) auf drei Fünftel (= 15 %) des üblichen Steuersatzes (§ 44a Abs. 8 EStG). Für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG befreiten Körperschaften, für inländische Stiftungen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken dienen, und für inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dienen, unterliegen die Einkünfte iSd. § 43 EStG keinem Steuerabzug (§ 44 Abs. 8 EStG).
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Werden die steuerabzugspflichtigen Einnahmen in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erwirtschaftet, der zu einer partiellen Steuerpflicht führt, kommt eine Ermäßigung bzw. die vollständige Abstandnahme von dem Steuerabzug nicht in Betracht (§ 44a Abs. 7 und 8 EStG). Die Einnahmen werden dann iRd. Gewinnermittlung des partiell steuerpflichtigen Teils der Körperschaft berücksichtigt. Auf die sich daraus ergebende Körperschaftsteuer können die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge unter Vorlage der Steuerbescheinigung angerechnet werden (§ 31 Abs. 1 KStG).
III. Beschränkt Steuerpflichtige iSd. § 2 Nr. 1 KStG (Abs. 2 Nr. 2) 644 Die Steuerbefreiungen nach § 5 Abs. 1 KStG und anderen Gesetzen gelten nicht für beschränkt Steuerpflichtige iSd. § 2 Nr. 1 KStG (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG). Beschränkt steuerpflichtig sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, mit ihren inländischen Einkünften iSd. § 49 EStG (§ 2 Nr. 1 KStG). Der Ausschluss von der Befreiung gilt jedoch nicht für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, wenn deren Sitz oder Geschäftsleitung in der EU oder einem EWR-Staat liegt und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG). Die Rückausnahme wurde mit dem JStG 20093 mit Wirkung für alle noch offenen VZ in das Gesetz aufgenommen (§ 34 Abs. 5a KStG). Die Änderung wurde notwendig, da der EuGH4 die bis dahin geltende Beschränkung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auf unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 KStG als einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV, ehemals Art. 56 EGV) gewertet hat. Der BFH hat sich dieser Rspr. angeschlossen.5
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BT-Drucks. 14/6882, 36; gestrichen durch das JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. EuGH v. 14.9.2006 – Rs. C-386/04 – Centro di Musicologia Walter Stauffer, FR 2007, 242 = DStR 2006, 1736. 5 BFH v. 20.12.2006 – I R 94/02, BStBl. II 2010, 331 = FR 2007, 387.
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Y. Ausnahmen von der Befreiung (Abs. 2)
Rz. 645–646 § 5
Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist jedoch, dass die beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften – neben dem Sitz oder Geschäftsleitung in der EU bzw. einem EWR-Staat – auch die Voraussetzungen der §§ 51–68 AO erfüllen müssen. Das Europarecht gebietet nicht, die nach ausländischem Recht steuerbefreiten Körperschaften auch im Inland als steuerbefreit zu behandeln, vielmehr ist die Voraussetzung der Gewährung einer Steuerbefreiung nach inländischem Steuerrecht zu prüfen.1
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IV. Folgen aus dem Wegfall des Anrechnungsverfahrens (Abs. 2 Nr. 3) Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 KStG und nach anderen Gesetzen entfällt, soweit § 34 Abs. 12, § 37 oder § 38 Abs. 2 KStG anzuwenden ist. Ab dem VZ 2009 ist im Gesetz der Verweis auf die §§ 34 Abs. 12, 37 KStG entfallen, da die darin geregelten steuerlichen Folgen ab 2009 nicht mehr eintreten können, es also insoweit keiner gesetzlichen Regelung mehr bedurfte.2 So wurde durch § 34 Abs. 12 KStG die letztmalige Anwendung des Anrechnungsverfahrens mit den anzuwendenden Steuersätzen geregelt. In § 37 KStG wurden die Ermittlung und Feststellung des KSt-Guthabens und die Möglichkeiten seiner Inanspruchnahme geregelt. § 38 KStG regelt die Folgen einer Ausschüttung, für die das ehemalige EK 02 als verwendet gilt. In Höhe des als verwendet geltenden EK 02 erhöht sich die Körperschaftsteuer um drei Siebtel des Betrags der Leistungen (§ 38 Abs. 2 KStG). Die Erhöhung der Körperschaftsteuer ist letztmalig für den VZ anzuwenden, in dem das 18. Wirtschaftsjahr endet, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, auf dessen Schluss das KSt-Guthaben nach § 37 Abs. 1 KStG zu ermitteln war (s. hierzu näher § 38 KStG Rz. 34 f.).
1 EuGH v. 14.9.2006 – Rs. C-386/04 – Centro di Musicologia Walter Stauffer, FR 2007, 242 = DStR 2006, 1736; BFH v. 17.9.2013 – I R 16/12, BStBl. II 2014, 440 = GmbHR 2014, 431. 2 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794.
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§6 Einschränkung der Befreiung von Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen (1) Übersteigt am Schluss des Wirtschaftsjahrs, zu dem der Wert der Deckungsrückstellung versicherungsmathematisch zu berechnen ist, das Vermögen einer Pensions-, Sterbeoder Krankenkasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 den in Buchstabe d dieser Vorschrift bezeichneten Betrag, so ist die Kasse steuerpflichtig, soweit ihr Einkommen anteilig auf das übersteigende Vermögen entfällt. (2) Die Steuerpflicht entfällt mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit das übersteigende Vermögen innerhalb von 18 Monaten nach dem Schluss des Wirtschaftsjahrs, für das es festgestellt worden ist, mit Zustimmung der Versicherungsaufsichtsbehörde zur Leistungserhöhung, zur Auszahlung an das Trägerunternehmen, zur Verrechnung mit Zuwendungen des Trägerunternehmens, zur gleichmäßigen Herabsetzung künftiger Zuwendungen des Trägerunternehmens oder zur Verminderung der Beiträge der Leistungsempfänger verwendet wird. (3) Wird das übersteigende Vermögen nicht in der in Absatz 2 bezeichneten Weise verwendet, so erstreckt sich die Steuerpflicht auch auf die folgenden Kalenderjahre, für die der Wert der Deckungsrückstellung nicht versicherungsmathematisch zu berechnen ist. (4) 1Bei der Ermittlung des Einkommens der Kasse sind Beitragsrückerstattungen oder sonstige Vermögensübertragungen an das Trägerunternehmen außer in den Fällen des Absatzes 2 nicht abziehbar. 2Das Gleiche gilt für Zuführungen zu einer Rückstellung für Beitragsrückerstattung, soweit den Leistungsempfängern ein Anspruch auf die Überschussbeteiligung nicht zusteht. (5) 1Übersteigt am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen einer Unterstützungskasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 den in Buchstabe e dieser Vorschrift bezeichneten Betrag, so ist die Kasse steuerpflichtig, soweit ihr Einkommen anteilig auf das übersteigende Vermögen entfällt. 2Bei der Ermittlung des Einkommens sind Vermögensübertragungen an das Trägerunternehmen nicht abziehbar. (6) 1Auf den Teil des Vermögens einer Pensions-, Sterbe-, Kranken- oder Unterstützungskasse, der am Schluss des Wirtschaftsjahrs den in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe d oder e bezeichneten Betrag übersteigt, ist Buchstabe c dieser Vorschrift nicht anzuwenden. 2Bei Unterstützungskassen gilt dies auch, soweit das Vermögen vor dem Schluss des Wirtschaftsjahrs den in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe e bezeichneten Betrag übersteigt. A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Partielle Steuerpflicht bei Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen (Abs. 1–4) . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überdotierung (Abs. 1) . . . . . . . . . . III. Rückwirkender Wegfall der Steuerpflicht (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Dauer der partiellen Steuerpflicht (Abs. 3). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
V. Besondere Einkommensermittlungsregelungen (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . .
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4 4 5
C. Partielle Steuerpflicht von Unterstützungskassen (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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15
..
18
D. Wegfall der Zweckbindung für überdotiertes Vermögen (Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . .
25
E. Einkommensermittlung. . . . . . . . . . . . . . .
28
Literatur: Wrede, Die Änderungen der Vorschriften über die Steuerbefreiung der Pensions- und Unterstützungskassen durch das Gesetz über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, DStZ 1975, 104; Heim, Zur Ermittlung der partiellen Steuerpflicht von überdotierten Unterstützungskassen, DB 1979, 472; Blomeyer, Betriebliche Altersversorgung und Unterstützungskassen, BB 1980, 789; Haug, Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen bei teilweiser Steuerpflicht von Unterstützungskassen, DB 1980, 511; Gosch, Überdotierte Unterstützungskasse, FR 1989, 413; Gratz/Bühl, Beseitigung der partiellen Steuerpflicht einer Unterstützungskasse – ein Irrweg?, DB 1996, 1995; Buttler, Steuerliche Behandlung von Unterstützungskassen, 3. Aufl., Karlsruhe 2000; Harle/Kulemann, Die partielle Steuerpflicht der überdotierten Unterstützungskasse – ein Diskussionsbeitrag, StB 2001, 416; Harle/Weingarten, Die pauschaldotierte Unterstützungskasse, DB 2001, 2357; Höfer/Küpper, Steuerbefreiungserfordernisse einer Unterstützungskasse, DStR 2001, 1561; Hofmeister/Harle/Weingarten, Die pauschaldotierte Unterstützungskasse, DB 2002, 1283; Harle/ Kesting/Leser, Die Übertragung von unmittelbaren Versorgungsverpflichtungen auf eine Unterstützungskasse, BB 2006, 131; Alt/Stadelbauer, Pauschaldotierte Unterstützungskassen in der Beratungspraxis, StuB
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§ 6 Rz. 1–10
Einschrnkung der Steuerbefreiung
2011, 731; Gosch, Einkommensermittlung einer GmbH als partiell steuerpflichtiger Unterstützungskasse – Berechnung des sog. Reservepolsters, BFH-PR 2011, 264.
A. Allgemeines 1
Über § 6 KStG werden die Folgen von Verstößen gegen die in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d und e KStG festgelegten Vermögensgrenzen für Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen geregelt. § 6 KStG ist mithin eine ergänzende Bestimmung zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d und e KStG, die durch das KStRefG1 unverändert aus dem früheren Recht (vgl. § 4a KStG 1975) übernommen wurde.
2
Ziel des § 6 KStG ist es, Gestaltungsmissbräuche zu verhindern. So soll durch die in § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d und e KStG vorgenommene Begrenzung des Kassenvermögens und damit der Steuerbefreiung die Möglichkeit des Trägerunternehmens eingeschränkt werden, durch überhöhte Finanzierungsbeiträge an die unternehmensnahe Kasse Betriebsausgaben zu generieren, die auf der Empfängerseite nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führen. Den Trägerunternehmen soll nur eine sinnvolle und erforderliche Finanzierung dieser Kassen ermöglicht werden.2
3
Ist eine Kasse nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 KStG befreit (= Steuerbefreiung für kleinere Versicherungsvereine aG), scheidet die Anwendung des § 6 KStG aus.3
B. Partielle Steuerpflicht bei Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen (Abs. 1–4) I. Allgemeines 4
§ 6 Abs. 1 bis 4 KStG regelt die Folgen einer Überdotierung von Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen. Die Überdotierung von Unterstützungskassen wird in Abs. 5 geregelt.
II. Überdotierung (Abs. 1) 5
Übersteigt das Vermögen einer Pensions-, Sterbe- oder Krankenkasse am Schluss des Wj., zu dem der Wert der Deckungsrückstellung versicherungsmathematisch zu berechnen ist (Überdotierung), das nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d KStG zulässige Kassenvermögen, wird die Kasse in dem Umfang steuerpflichtig, soweit das von ihr erzielte Einkommen anteilig auf das übersteigende Vermögen entfällt (§ 6 Abs. 1 KStG).
6
Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen sind rechtsfähige Versorgungseinrichtungen, die den Empfängern einen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen gewähren (vgl. auch § 1b Abs. 3 und 4 BetrAVG).
7
Anders als bei den Unterstützungskassen gibt es bei den Pensions- und Sterbekassen kein 25-prozentiges Liquiditätspolster (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KStG).
8
Das zulässige Vermögen entspricht bei einer in der Rechtsform des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) betriebenen Kasse dem Betrag der Verlustrücklage nach § 37 VAG. Diese Rücklage dient zur Deckung eines außergewöhnlichen Verlustes aus dem Geschäftsbetrieb. Zu anderen Zwecken, zB zu Zahlungen an das Trägerunternehmen, darf die Rücklage nicht verwendet werden. Maßgebend ist dabei der Sollbetrag der Verlustrücklage; das ist der in der Satzung festgelegte Mindestbetrag der Verlustrücklage (§ 37 VAG). Soweit das Vermögen diesen Betrag übersteigt, gilt die Kasse als überdotiert.
9
Bei Kassen, die nicht in der Rechtsform eines VVaG betrieben werden, tritt an die Stelle der Verlustrücklage i.S.d. § 37 VAG der dieser Rücklage entsprechende Teil des Vermögens, der zur Deckung eines Verlustes dient. Ist die Ansammlung von Reserven nicht vorgeschrieben, wie zB bei öffentlich-rechtlichen Unternehmen, ist in der Regel darauf abzustellen, ob die Satzung eine der Verlustrücklage des § 37 VAG entsprechende Rücklagenbildung vorsieht.4
10
Die Ermittlung des zulässigen Kassenvermögens erfolgt nach den Regelungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KStG (wegen der Ermittlung des tatsächlichen Kassenvermögens s. § 5 KStG Rz. 96 ff.). 1 2 3 4
G v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597. Jost in D/P/M, § 6 KStG Rz. 4. Heger in Gosch2, § 6 KStG Rz. 4. R 28 Abs. 2 KStR 2004.
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B. Partielle Steuerpflicht (Abs. 1–4)
Rz. 11–15 § 6
Die Frage einer Überdotierung ist ausschließlich nach steuerlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. So sind insbesondere Entscheidungen der Versicherungsaufsichtsbehörden für die Beurteilung nicht bindend.
11
Die partielle Steuerpflicht beginnt mit dem VZ, zu dessen Ende eine Überdotierung festgestellt wird.
12
Wenn eine Kasse überdotiert ist, ermittelt sich das steuerpflichtige Einkommen durch die Aufteilung des Gesamteinkommens der Kasse iHd. Verhältnisses des zulässigen Kassenvermögens zum tatsächlichen Kassenvermögen in einen steuerfreien Teilbetrag und – iHd. Restbetrags – in einen steuerpflichtigen Teilbetrag.
13
Beispiel: Die A-Pensionskasse erzielt ein Gesamteinkommen von 150 000 Euro. Ihr Kassenvermögen beträgt 1,5 Mio. Euro (Aktiva 4 Mio. Euro, Passiva 2,5 Mio. Euro) und die Verlustrücklage 1 Mio. Euro. Das steuerpflichtige Einkommen ermittelt sich wie folgt: Kassenvermögen Verlustrücklage übersteigendes Vermögen (= Überdotierung) Die Kasse ist zu 1/3 überdotiert. Einkommen der Kasse insgesamt: 500 000 150 000 steuerpflichtiges Einkommen ¼ 1 500 000
1 500 000 ¤ ./. 1 000 000 ¤ 500 000 ¤ 150 000 ¤ 50 000 ¤
Bereits geringfügige Überschreitungen des Höchstbetrags führen zur partiellen Steuerpflicht. Die Kasse hat jedoch die Möglichkeit, eine schädliche Überdotierung ggf. durch die Maßnahmen iSd. § 6 Abs. 2 KStG mit Wirkung für die Vergangenheit zu beseitigen.
14
III. Rückwirkender Wegfall der Steuerpflicht (Abs. 2) § 6 Abs. 2 KStG lässt die Steuerpflicht nach § 6 Abs. 1 KStG mit Wirkung für die Vergangenheit entfallen, wenn das übersteigende Vermögen innerhalb von 18 Monaten nach dem Schluss des Wj., für das es festgestellt worden ist, mit Zustimmung des Versicherungsaufsichtsamtes zur –
Leistungserhöhung,
–
Auszahlung an das Trägerunternehmen,
–
Verrechnung mit Zuwendungen des Trägerunternehmens,
–
gleichmäßigen Herabsetzung künftiger Zuwendungen des Trägerunternehmens oder
–
Verminderung der Beiträge der Leistungsempfänger
verwendet wird (§ 6 Abs. 2 KStG). Die verschiedenen Möglichkeiten der Mittelverwendung zu Heilung der Überdotierung stehen gleichberechtigt nebeneinander und können alternativ oder zusammen in Anspruch genommen werden. Wird bei einer Maßnahme nach § 6 Abs. 2 KStG mehr als das übersteigende Vermögen verwendet, wird die Pensions-, Sterbe- und Krankenkasse wegen des dann vorliegenden Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG in vollem Umfang steuerpflichtig.1 Bei einer Leistungserhöhung für die Versicherten ist bei der Überschussbeteiligung darauf zu achten, dass der Überschuss in dem Verhältnis auf die Versicherungsarten verteilt wird, in dem sie zur Entstehung des Überschusses beigetragen haben. Auch sind die arbeitsrechtlichen und versicherungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsätze zu beachten.2 Für die Auszahlung an das Trägerunternehmen reicht bereits die Einbuchung des Anspruchs auf Auszahlung aus. Beim Trägerunternehmen ist eine entsprechende Forderung gewinnwirksam zu aktivieren. Durch Verrechnung mit Zuwendungen des Trägerunternehmens kann eine schädliche Überdotierung ebenfalls reduziert werden. Auch die Verrechnung führt bei dem Trägerunternehmen zu einem entsprechend höheren Gewinn. Es ist daher zu empfehlen, die partielle Steuerbelastung der Kasse mit der Steuerbelastung des Trägerunternehmens zu verglei-
1 Troost in Schnitger/Fehrenbacher, § 6 KStG Rz. 36. 2 Troost in Schnitger/Fehrenbacher, § 6 KStG Rz. 42.
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§ 6 Rz. 15–21
Einschrnkung der Steuerbefreiung
chen, um festzustellen, ob der rückwirkende Wegfall der partiellen Steuerpflicht wirtschaftlich sinnvoll ist.1 16
Die Zustimmung der Versicherungsaufsichtsbehörde muss nicht vor der Durchführung der Maßnahme vorliegen, jedoch muss diese innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist von 18 Monaten erfolgen. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist, die nicht verlängert werden kann.2 Sie beginnt mit Ablauf des Wj., in dem die Überdotierung festgestellt wurde.
17
Eine iSd. § 6 Abs. 2 KStG erfolgte zulässige und fristgerechte Verwendung des übersteigenden Vermögens führt zu einem rückwirkenden Ereignis. Bereits durchgeführte bestandskräftige Veranlagungen wären nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu berichtigen.
IV. Dauer der partiellen Steuerpflicht (Abs. 3) 18 Soweit eine schädliche Überdotierung nicht nach § 6 Abs. 2 KStG geheilt werden kann, regelt § 6 Abs. 3 KStG die Dauer der partiellen Steuerpflicht. Danach ist eine überdotierte Kasse nicht nur für das Jahr der Überdotierung, sondern auch für die folgenden Kj., für die der Wert der Deckungsrückstellung nicht versicherungsmathematisch zu berechnen ist, partiell steuerpflichtig (§ 6 Abs. 3 KStG). Die Prüfung der partiellen Steuerpflicht hat grundsätzlich nur zu den Bilanzstichtagen zu erfolgen, zu denen der Wert der Deckungsrückstellung versicherungsmathematisch zu berechnen ist bzw. freiwillig berechnet wird.3 Unterjährige Schwankungen bleiben unberücksichtigt. Anders als Versicherungsunternehmen, welche die Deckungsrückstellung jährlich zu ermitteln haben (§ 341f HGB), brauchen Kassen in der Rechtsform eines VVaG diese Berechnung nur in regelmäßigen Abständen vorzunehmen. Diese Abstände dürfen jedoch fünf Jahre nicht überschreiten (§ 62 Abs. 2 Satz 2 RechVersV). Regelmäßig wird bei diesen Kassen die Deckungsrückstellung alle drei Jahre ermittelt.4 Das führt dazu, dass der Zeitraum der partiellen Steuerpflicht regelmäßig drei Jahre umfasst.5 19
Beginn der partiellen Steuerpflicht ist das Jahr, in dem die Überdotierung festgestellt wird. Bei einem abweichenden Wj. beginnt die Steuerpflicht in dem VZ, in dem das abweichende Wj. endet.6 Die Dauer der Steuerpflicht kann jedoch durch eine freiwillige Neuberechnung der Deckungsrückstellung abgekürzt werden.7 Während der partiellen Steuerpflicht bleibt der steuerpflichtige Anteil des Einkommens konstant iHd. zum Beginn der Steuerpflicht festgestellten Quote der Überdotierung.
V. Besondere Einkommensermittlungsregelungen (Abs. 4) 20 Das Einkommen von Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen ist grundsätzlich nach den allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Hierbei sind jedoch die spezifischen Einschränkungen des § 6 Abs. 4 KStG zu beachten. So sind bei der Ermittlung des Einkommens der Kasse –
Beitragsrückerstattungen an das Trägerunternehmen, bis auf die nach § 6 Abs. 2 KStG zugelassenen Maßnahmen zum Abbau des überhöhten Kassenvermögens, und
–
Zuführungen zu einer Rückstellung für Beitragsrückerstattungen, soweit den Leistungsempfängern kein Anspruch auf die Überschussbeteiligung zusteht,
nicht zum Abzug zugelassen (§ 6 Abs. 4 KStG). Mit dieser Regelung soll eine Umgehung der Regelungen in § 6 Abs. 2 und 3 KStG vermieden werden. So könnte durch die Auszahlung von Erträgen an das Trägerunternehmen eine Überdotierung vermieden werden.8
C. Partielle Steuerpflicht von Unterstützungskassen (Abs. 5) 21 Die partielle Steuerpflicht von Unterstützungskassen wird durch § 6 Abs. 5 KStG geregelt. Unterstützungskassen sind rechtsfähige Versorgungseinrichtungen, auf deren Leistungen die Empfänger keinen Rechtsanspruch haben (§ 1 Abs. 5 BetrAVG). 1 2 3 4 5 6 7 8
Sauter/Riehl in Erle/Sauter3, § 6 KStG Rz. 24; Troost in Schnitger/Fehrenbacher, § 6 KStG Rz. 46. Hoffmann in H/H/R § 6 KStG Rz. 24. R 28 Abs. 4 KStR 2004. Hoffmann in H/H/R, § 6 KStG Anm. 3. Troost in Schnitger/Fehrenbacher, § 6 KStG Rz. 55. Heger in Gosch2, § 6 KStG Rz. 16. R 28 Abs. 4 Satz 4 KStR 2004; kritisch Bott in Ernst & Young, § 6 KStG Rz. 28. BT-Drucks. 7/1281, 45.
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D. Wegfall der Zweckbindung fr berdotiertes Vermçgen (Abs. 6)
Rz. 21–25 § 6
Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass sichergestellt ist, dass der Betrieb der Kasse nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung darstellt (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KStG). Das Erfordernis eines Geschäftsplans bedarf für Unterstützungskassen der Auslegung. Zwar weist die Verwendung des Wortes „Geschäftsplan“ auf Pensionskassen hin, die als Versicherungsunternehmen dem VAG unterliegen und gem. § 5 Abs. 2 VAG zur Aufstellung eines Geschäftsplans verpflichtet sind. Das VAG gilt jedoch nicht für Unterstützungskassen. Da Unterstützungskassen ihren Empfängern keinen Rechtsanspruch gewähren, unterliegen sie nicht der Versicherungsaufsicht (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 VAG). Daher können Unterstützungskassen auch in anderer Weise als durch einen „Geschäftsplan“ sicherstellen, dass der Betrieb der Kasse eine soziale Einrichtung ist. Es muss in den Regelungen der Unterstützungskasse lediglich eine Sicherstellung des sozialen Charakters enthalten sein, die unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse einer Unterstützungskasse nach Zielsetzung, Bindungswirkung und Überprüfbarkeit mit dem Geschäftsplan eines Versicherungsunternehmens vergleichbar ist.1 Übersteigt bei einer Unterstützungskasse das vorhandene Vermögen das zulässige Kassenvermögen um mehr als 25 %, wird die Unterstützungskasse partiell steuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e Satz 3 KStG), soweit ihr Einkommen anteilig auf das übersteigende Vermögen entfällt (§ 6 Abs. 5 Satz 1 KStG).2 Das zulässige und tatsächliche Kassenvermögen ist nach § 4d EStG zu ermitteln (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e Satz 1 KStG). Danach ist bei der Ermittlung des Vermögens einer Kasse am Schluss des Wj. –
der Grundbesitz mit 200 % des Einheitswerts,
–
die Versicherungsansprüche mit dem Wert des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals zzgl. der Guthaben aus Beitragsrückerstattungen und
–
das übrige Vermögen mit dem gemeinen Wert
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anzusetzen (§ 4d Abs. 1 Satz 3 EStG). Das nach § 4d EStG ermittelte zulässige Kassenvermögen ist anschließend um 25 % zu erhöhen und dem tatsächlichen Vermögen gegenüberzustellen. Der das zulässige Vermögen übersteigende Teil führt zu einer Überdotierung und zur partiellen Steuerpflicht. Das von den Kassen erzielte Einkommen wird anteilig im Verhältnis des übersteigenden Vermögens zum zulässigen Vermögen besteuert. Da Unterstützungskassen regelmäßig die Rechtsform des eingetragenen Vereins haben, müssen die Einkünfte iSd. § 2 Abs. 1 EStG ermittelt werden (§ 8 Abs. 1 KStG) und entsprechend anteilig dem steuerpflichtigen und steuerfreien Bereich zugeordnet werden. Die teilweise Steuerpflicht ist nach Ablauf jedes Jahres zu prüfen. Während die FinVerw. die Auffassung vertritt, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen der Sparerpauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG) nur anteilig zu gewähren ist, ist uE ein Abzug des Pauschbetrags in voller Höhe zulässig, da sich der Abzug des Pauschbetrags auf die steuerpflichtigen Einkünfte beschränkt.3
23
Anders als bei den Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen ist für Unterstützungskassen ein rückwirkender Wegfall der Steuerpflicht entsprechend § 6 Abs. 2 KStG nicht vorgesehen.4 Da jedoch bei den Unterstützungskassen auf das Kassenvermögen zum Schluss des Wj. abgestellt wird, können sie durch Rückübertragungen im laufenden Wj. eine Überdotierung verhindern (s. auch § 6 Abs. 6 Satz 2 KStG).5
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D. Wegfall der Zweckbindung für überdotiertes Vermögen (Abs. 6) Steuerbefreite Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen müssen ihr Ver- 25 mögen und ihr Einkommen grundsätzlich ausschließlich und unmittelbar für die satzungsmäßigen Zwecke der Kasse verwenden (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG). Die Zweckbindung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c KStG umfasst das gesamte Vermögen, sodass auch das Vermögen, welches zu einer Überdotierung der Kasse führt, grundsätzlich dieser Zweckbindung
1 BFH v. 18.7.1990 – I R 22/87, I R 23/87, BStBl. II 1990, 1088; v. 6.9.1989 – II R 233/85, BStBl. II 1990, 108. 2 BFH v. 31.7.1991 – I R 4/89, BStBl. II 1992, 98 = FR 1992, 53. 3 OFD Frankfurt v. 22.6.2001 – S 2723 A - 5 St II 12, DB 2001, 1750; Troost in Schnitger/Fehrenbacher, § 6 KStG Rz. 85. 4 R 28 Abs. 6 Satz 2 KStR 2004. 5 Heger in Gosch2, § 6 KStG Rz. 28.
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§ 6 Rz. 25–27
Einschrnkung der Steuerbefreiung
unterliegt. Durch § 6 Abs. 6 KStG werden die überdotierten Vermögensteile aus der Vermögensbindung herausgenommen, da dieses Vermögen der partiellen Steuerpflicht unterliegt. Daher können die Beträge, mit denen eine Kasse als überdotiert gilt, auch für andere Zwecke als die satzungsmäßigen Kassenzwecke verwendet werden, insbesondere kann sie diese Beträge auf das Trägerunternehmen zurückübertragen.1 26
Bei Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen wird das Vermögen aus der Zweckbindung entlassen, welches über dem zulässigen Kassenvermögen liegt. Bei Unterstützungskassen wird das Vermögen aus der Zweckbindung entlassen, welches über das um 25 % erhöhte zulässige Kassenvermögen hinausgeht. Wird jedoch eine Rückübertragung auf das Trägerunternehmen vorgenommen, die über den Betrag der Überdotierung hinausgeht, bzw. liegt gar keine Überdotierung vor, entfällt die Steuerbefreiung der Kasse rückwirkend im vollen Umfang.2
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Eine Unterstützungskasse kann Vermögen nur insoweit steuerunschädlich auf das Trägerunternehmen übertragen, als das Kassenvermögen die Grenze für steuerbegünstigte Zuweisungen um mehr als 25 % übersteigt.3 Unterstützungskassen haben – anders als Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen (§ 6 Abs. 2 KStG) – keine Möglichkeit, rückwirkend aus der partiellen Steuerpflicht wieder „auszusteigen“. Dafür haben sie die Möglichkeit, einer schädlichen Überdotierung im laufenden Wj. entgegenzusteuern. So können die Unterstützungskassen die Beträge einer sich abzeichnenden schädlichen Überdotierung im laufenden Wj. auf das Trägerunternehmen übertragen (§ 6 Abs. 6 Satz 2 KStG). Dadurch können diese den partiellen Verlust der Steuerbefreiung von vornherein vermeiden.4 Voraussetzung hierfür ist, dass das Vermögen auch tatsächlich übertragen worden ist. Nicht ausreichend ist, dass iHd. übersteigenden Vermögens nur eine Rückstellung gebildet wird.5 Zuwendungen der Trägerunternehmen sowie Leistungen an Versorgungsberechtigte sind bei Unterstützungskassen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft – anders als bei Vereinen – einkommenserhöhend bzw. einkommensmindernd zu berücksichtigen (vgl. § 5 KStG Rz. 86 ff.). Im Rahmen des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung für das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften6 soll durch eine Änderung des § 6 Abs. 5 Satz 2 KStG eine rechtsformunabhängige Behandlung erreicht werden. Ab VZ 2016 sollen Zuwendungen der Trägerunternehmen und Leistungen an Versorgungsberechtigte das Einkommen der Kassen nicht mehr erhöhen bzw. mindern können. Daneben soll durch Aufnahme eines neuen § 6 Abs. 5a KStG eine Feststellung über einen positiven Zuwendungsbetrag eingeführt werden. So sollen Unterstützungskassen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft bis spätestens zum 31.12.2016 auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck einen positiven Zuwendungsbetrag erklären können. Hierbei handelt es sich um den Betrag der Zuwendungen abzüglich Versorgungsleistungen, soweit dieser in den letzten zehn Jahren vor 2016 das stpfl. Einkommen einer Unterstützungskasse erhöht hat. Der festzustellende Betrag darf hierbei nicht negativ werden. In Höhe des festgestellten Betrags kann in den Folgejahren das stpfl. Einkommen der Kasse (max. auf 0 Euro) gemindert werden. Bei der Feststellung des positiven Zuwendungsbetrags handelt es sich um ein antragsgebundenes Wahlrecht, welches bis spätestens zum 31.12.2016 ausgeübt werden muss. Ergänzend sollen durch die geplante Einführung eines neuen § 6a KStG diese Grundsätze auch für die Unterstützungskassen gelten, welche nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG erfüllen, die also voll stpfl. sind. Auch für diese sollen ab VZ 2016 Zuwendungen des Trägers und Leistungen an Versorgungsberechtigte nicht mehr das stpfl. Einkommen beeinflussen können. Durch den Verweis auf § 6 Abs. 5a KStG-E im § 6a KStG-E haben jedoch auch diese Unterstützungskassen dann die Möglichkeit, einen positiven Zuwendungsbetrag für die in den letzten zehn Jahren vor 2016 stpfl. behandelten Zuwendungen der Trä1 2 3 4 5
Jost in D/P/M, § 6 KStG Rz. 24. Hoffmann in H/H/R, § 6 KStG Rz. 51. FG BW v. 17.12.1987 – III K 422/84, EFG 1988, 202 (rkr.). R 8 Abs. 6 Satz 4 KStR 2004. Jost in D/P/M, § 6 KStG Rz. 29; aA Troost in Schnitger/Fehrenbacher, § 6 KStG Rz. 96; Bott in Ernst & Young, § 6 KStG Rz. 112. 6 Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 13.5.2015, Art. 2, BT-Drucks. 18/4902.
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E. Einkommensermittlung
Rz. 27–29 § 6
gerunternehmen nach Abzug der Leistungen an Versorgungsberechtigte nach § 6 Abs. 5a KStG-E feststellen zu lassen.
E. Einkommensermittlung Die Einkommensermittlung bei partieller Steuerpflicht richtet sich nach den allgemeinen Regeln.1 Hierbei sind jedoch die Besonderheiten des § 6 Abs. 4 KStG zu beachten (vgl. Rz. 20). Auch haben die Kassen die besonderen Vorschriften für Versicherungsunternehmen (§§ 20, 21 und 21a KStG) bei der Ermittlung ihres Einkommens zu beachten. Bei der Ermittlung des Einkommens im Falle einer partiellen Steuerpflicht ist eine direkte Zuordnung von Aufwendungen ausschließlich zum steuerpflichtigen Bereich der Kasse nicht zulässig. Das Gesetz geht von einer abstrakt-rechnerischen und nicht von einer gegenständlichen Abgrenzung des steuerpflichtigen Einkommensteils vom nicht steuerpflichtigen Einkommensteil aus. So ist zunächst das Gesamteinkommen der Kasse zu berechnen und dieses dann entsprechend der Quote der Überdotierung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Anteil aufzuteilen.2
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Die durch die partielle Steuerpflicht eintretende Belastung mit Steuern (KSt, Solidaritätszuschlag und GewSt) ist als Schuldposten zu berücksichtigen und mindert insoweit die Überdotierung. Daher kann die tatsächliche Überdotierung nur im Rahmen einer Näherungsrechnung (Iteration) ermittelt werden:
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Beispiel (Fortsetzung des Beispiels in Rz. 13): Der Gewerbesteuerhebesatz beträgt im Beispiel 450 %. 1. Ermittlung der Steuerbelastung steuerpflichtiges Einkommen 50 000 ¤ (Berechnung s. Rz. 13) Körperschaftsteuer (15 %) 7 500 ¤ Solidaritätszuschlag (5,5 %) 412 ¤ Gewerbesteuer Gewinn aus Gewerbebetrieb Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG) Gewerbeertrag Messbetrag (3,5 % von 45 000 ¤) Gewerbesteuer (Messbetrag 1575 ¤ × Hebesatz 450 %) Gesamtbelastung Ertragsteuer 2. Ermittlung der Überdotierung nach Steuerbelastung Aktiva Passiva Kassenvermögen Verlustrücklage übersteigendes Vermögen (Überdotierung) Die Kasse ist danach zu 32,66 % überdotiert. Einkommen der Kasse (vor Steuer) 485 001 150 000 steuerpflichtiges Einkommen ¼ 1 485 001 3. Ermittlung der Steuerbelastung nach Steuer steuerpflichtiges Einkommen Körperschaftsteuer (15 %) Solidaritätszuschlag (5,5 %) Gewerbesteuer Gewinn aus Gewerbebetrieb Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 GewStG) Gewerbeertrag Messbetrag (3,5 % von 43 900 ¤) Gewerbesteuer (Messbetrag 1540 ¤ × Hebesatz 450 %) Gesamtbelastung Ertragsteuer
50 000 ¤ ./. 5 000 ¤ 45 000 ¤ 1 575 ¤ 7 087 ¤ 14 999 ¤ 4 000 000 ¤ ./. 2 514 999 ¤ 1 485 001 ¤ ./. 1 000 000 ¤ 485 001 ¤ 150 000 ¤ 48 990 ¤ 48 990 ¤ 7 349 ¤ 404 ¤ 48 990 ¤ ./. 5 000 ¤ 43 990 ¤ 1 540 ¤ 6 930 ¤ 14 683 ¤
Diese Berechnung ist ggf. so lange zu wiederholen, bis die Steuerbelastung in der Berechnung der Überdotation und der sich daran anschließenden Steuerberechnung des anteilig steuerpflichtigen Einkommens sich so weit angenähert haben, dass es bei einer Neuberechnung zu keiner Änderung einer der beiden Größen mehr kommt.3 1 BFH v. 22.12.2010 – I R 110/09, GmbHR 2011, 606 = FR 2011, 814 = BFH/NV 2011, 1085; R 28 Abs. 4 Satz 6 KStR 2004. 2 BFH v. 22.12.2010 – I R 110/09, GmbHR 2011, 606 = FR 2011, 814 = BFH/NV 2011, 1325. 3 Sauter/Riehl in Erle/Sauter3, § 6 KStG Rz. 20; Jost in D/P/M, § 6 KStG Rz. 20.
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301
§ 6 Rz. 30–32
Einschrnkung der Steuerbefreiung
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Inländische Einkünfte (insbesondere Kapitalerträge) einer Kasse, die dem Steuerabzug unterliegen, sind im Verhältnis des überdotierten Vermögens zum Gesamtvermögen der Kasse in die Körperschaftsteuerveranlagung einzubeziehen. Eine Anrechnung der auf die Kapitalerträge entfallenden Kapitalertragsteuer auf die festgesetzte Körperschaftsteuer kann nur insoweit erfolgen.1 Für die im steuerfreien Teil bezogenen, dem Steuerabzug unterworfenen Einkünfte entfällt zwar die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG; jedoch gilt die Körperschaftsteuer mit dem Steuerabzug als abgegolten (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG).
31
Da Kassen regelmäßig die Rechtsform eines Vereins bzw. einer Stiftung haben, unterliegen die erzielten (anteiligen) Einkünfte iSd. § 2 Abs. 1 EStG (§ 8 Abs. 1 KStG) der partiellen Steuerpflicht. So ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen der SparerPauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG) zu berücksichtigen. IRd. anteiligen Zuordnung der Einkünfte entsprechend der Quote der Überdotierung wirkt sich der Sparer-Pauschbetrag nur entsprechend anteilig aus.2
32
Einer partiell steuerpflichtigen Kasse in der Rechtsform eines Vereins oder einer Stiftung steht der Freibetrag von 5000 Euro (§ 24 Satz 1 KStG) in vollem Umfang zu. Es erfolgt keine anteilige Kürzung entsprechend der Quote der Überdotierung. Bei Kassen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft kann der Freibetrag nach § 24 KStG nicht gewährt werden (§ 24 Satz 2 Nr. 1 KStG).3
1 H 28 KStH 2008 „Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen“; BFH v. 31.7.1991 – I R 4/89, BStBl. II 1992, 98 = FR 1992, 53. 2 Anders Jost in D/P/M, § 6 KStG Rz. 48. 3 H 72 Beispiel 2 KStH 2008, für Körperschaften, denen der Freibetrag nach § 24 KStG nicht zusteht.
302
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Zweiter Teil Einkommen Erstes Kapitel Allgemeine Vorschriften
§7 Grundlagen der Besteuerung (1) Die Körperschaftsteuer bemisst sich nach dem zu versteuernden Einkommen. (2) Zu versteuerndes Einkommen ist das Einkommen im Sinne des § 8 Abs. 1, vermindert um die Freibeträge der §§ 24 und 25. (3) 1Die Körperschaftsteuer ist eine Jahressteuer. 2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. 3Besteht die unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht nicht während eines ganzen Kalenderjahrs, so tritt an die Stelle des Kalenderjahrs der Zeitraum der jeweiligen Steuerpflicht. (4) 1Bei Steuerpflichtigen, die verpflichtet sind, Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs zu führen, ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen. 2Weicht bei diesen Steuerpflichtigen das Wirtschaftsjahr, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen, vom Kalenderjahr ab, so gilt der Gewinn aus Gewerbebetrieb als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. 3Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist steuerlich nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem Finanzamt vorgenommen wird. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . II. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . 1. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu anderen Vorschriften und zum höherrangigen Recht . . . . IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . .
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B. Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Zu versteuerndes Einkommen (Abs. 2) . . .
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D. Besteuerungszeitraum (Abs. 3) . . . . . . . . I. Körperschaftsteuer als Jahressteuer (Abs. 3 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für ein Kalenderjahr (Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgekürzter Ermittlungszeitraum (Abs. 3 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unbeschränkte/beschränkte Stpfl. nicht während des gesamten Kalenderjahres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Maßgeblichkeit des Zeitraums der inländischen Stpfl. . . . . . . . . . . . . . .
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E. Grundsätze der Gewinnermittlung (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gewinnermittlung nach dem Wirtschaftsjahr (Abs. 4 Satz 1) . . . . . 1. Verpflichtung, Bücher nach den Vorschriften des HGB zu führen . . . . 2. Gewinnermittlung nach dem Wirtschaftsjahr, für das der Stpfl. regelmäßig Abschlüsse macht. . . . . . . . . . II. Gewinnzurechnung bei abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 4 Satz 2) . 1. Abweichen des Wirtschaftsjahrs, für das Stpfl. regelmäßig Abschlüsse machen, vom Kalenderjahr . . . . . . . . 2. Zuordnung des Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr endet . . . . . . . . . III. Umstellung auf abweichendes Wirtschaftsjahr (Abs. 4 Satz 3). . . . . . . . . 1. Umstellung des Wirtschaftsjahres auf vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerliche Wirksamkeit nur bei Einvernehmen des FA . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Von Groll, Irrungen und Wirrungen um die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht – mit Folgen auch im formellen Recht, DStR 2004, 1193; Wassermeyer, Widersprüchlichkeiten bei der Organschaft, DStR 2004, 214; Kempf/Zipfel, Offene Fragen der Einkommenszurechnung bei abweichendem Wirtschaftsjahr im Organkreis, DStR 2005, 1303; Orth, Zurechnungsfragen bei Organschaft, Konzern 2005, 79; Suchanek, Die Rechtsfolgen des § 8c KStG in der Organschaft, FR 2013, 349.
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303
§ 7 Rz. 1–3
Grundlagen der Besteuerung
A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand 1
§ 7 KStG gehört zum Ersten Kapitel des Zweiten Teils des KStG und regelt schon seiner Überschrift nach die „Grundlagen der Besteuerung“, also zentrale Fragen des Besteuerungsverfahrens nach §§ 7 ff. KStG iS. allgemeiner Grundsätze der Einkommensermittlung und zeitlicher Vorgaben der Besteuerung der unter das KStG fallenden und zur KSt zu veranlagenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen.1 Die Norm enthält dazu überwiegend eigene normative Festlegungen,2 indem sie zunächst in Abs. 1 als Ausfluss des Leistungsfähigkeitsprinzips und in Anlehnung an das Einkommensteuerrecht (§ 2 Abs. 5 EStG) das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage der KSt bestimmt. Zu versteuerndes Einkommen ist nach Abs. 2 das Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG, vermindert um die Freibeträge der §§ 24 und 25 KStG, wodurch klargestellt wird, das die in § 7 KStG enthaltenen Regelungen zur Einkommensermittlung in den §§ 8 ff. KStG weiter konkretisiert und ausgekleidet werden.3 Abs. 3 und 4 regeln die zeitlichen Vorgaben für die Besteuerung nach dem KStG im Allgemeinen (Abs. 3) und für HGB-Buchführungspflichtige im Besonderen (Abs. 4). Abs. 3 stellt dazu klar, dass die KSt eine Jahressteuer ist (Satz 1), weshalb ihre Festsetzungsgrundlagen jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln sind (Satz 2). Anstelle des Kalenderjahres tritt allerdings ggf. der abgekürzte Zeitraum des Bestehens der inländischen Steuerpflicht, falls diese nicht während des ganzen Kalenderjahres besteht (Satz 3). Abs. 4 enthält Sonderregelungen4 für Steuerpflichtige, die verpflichtet sind, Bücher nach den Vorschriften des HGB zu führen. Bei diesem Personenkreis ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen (Satz 1). Bei abweichenden Wirtschaftsjahren gilt der Gewinn aus Gewerbebetrieb als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (Satz 2), wobei die Umstellung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr steuerlich nur wirksam ist, wenn sie im Einvernehmen mit dem FA erfolgt (Satz 3).
II. Bedeutung und Telos 2
§ 7 KStG kommt sowohl eine rechtliche als auch eine wirtschaftliche Bedeutung zu: Seine rechtliche Bedeutung liegt darin begründet, dass er in sachlicher und zeitlicher Hinsicht grundsätzliche Regeln für die Besteuerung von Körperschaften aufstellt (vgl. Rz. 1). Dadurch wird auch der Normzweck beschrieben: Die Norm dient im Rahmen der Veranlagung zum einen der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die Stpfl. iSd. §§ 1 und 2 KStG5 sowie zum anderen der Bestimmung des maßgeblichen Bemessungs- bzw. Einkünfteermittlungszeitraums.6 Ihre wirtschaftliche Bedeutung ergibt sich demgegenüber zum einen mit Blick auf die Höhe der den Stpfl. treffenden Steuerlast aus dem Zusammenspiel mit § 23 Abs. 1 KStG, zum anderen aus der in den Abs. 3 und 4 eingeräumten Möglichkeit der zeitlichen Einkünfteverlagerung (durch Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres), etwa zur Ausnutzung von Steuersatzveränderungen7 oder (Vor-)Verlagerung von Verlusten8. Allerdings folgt aus dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung, dass unterjährige Steuerverschärfungen, so sie denn verfassungskonform ausgestaltet sind, zu einer Erhöhung der Steuerlast führen.9
III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Geltungsbereich 3
Persönlicher Anwendungsbereich. § 7 KStG erfasst nur Körperschaften, die zur KSt veranlagt werden. Dabei erfassen die Abs. 1 bis 3 grds. alle kstpfl. Rechtsträger, während Abs. 4
1 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 1; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 1; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 3; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 1. 2 Vgl. Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 1. 3 Vgl. Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 3; auch Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 3. 4 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 12, der aber in Rz. 79 missverständlich von „branchenspezifischen Besonderheiten“ spricht. 5 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 3; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 5. 6 Vgl. dazu Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 6 f. 7 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 3. 8 Vgl. zu entsprechenden Gestaltungsüberlegungen Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 77 f. 9 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 3.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 3–6 § 7
auf solche Stpfl. begrenzt ist, die nach den Vorschriften des HGB verpflichtet sind, Bücher zu führen. Die Norm betrifft auch Körperschaften, die mit ihren Betrieben gewerblicher Art nur partiell stpfl. sind.1 Körperschaften, die nicht zur KSt zu veranlagen sind, weil bei ihnen die Steuer nach § 32 Abs. 1 KStG durch Steuerabzug an der Quelle mit Abgeltungswirkung erhoben wird, werden dagegen nicht von § 7 KStG erfasst.2 Angesprochen sind insoweit insbesondere die ansonsten steuerbefreiten Körperschaften mit inländischen Kapitalerträgen (§§ 5 Abs. 2 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG), die nur mit Kapitalerträgen beschränkt stpfl. öffentlich-rechtlichen Körperschaften (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und 7 EStG, §§ 2 Nr. 2, 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG) sowie die nur mit Kapitaleinkünften im Inland beschränkt stpfl. Körperschaften, die weder ihren Sitz noch den Ort ihrer Geschäftsleitung im Inland haben (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG, §§ 2 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG).3 Sachlicher Anwendungsbereich. § 7 KStG gilt für sämtliche Bestandteile des zu versteuernden Einkommens, legt also den sachlichen Rahmen für diejenigen Sachverhalte fest, die in die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage eingehen.4 Erfasst werden danach auch solche Einkünfte ausländischer Körperschaften, die denjenigen einer inländischen Körperschaft nach §§ 7 ff. AStG hinzuzurechnen sind.5 Abs. 4 betrifft lediglich den Gewinnermittlungszeitraum für Körperschaften, die nach den Vorschriften des HGB verpflichtet sind, Bücher zu führen.
4
Zeitlicher Anwendungsbereich. § 7 KStG gilt seit dem VZ 1990 (§ 54 Abs. 1 KStG idF des StReformG 19906). Die seinerzeit in § 7 Abs. 1 KStG verankerte Sonderregelung für das ZDF (dazu Rz. 15) wurde durch das Solidarpaktfortführungsgesetz7 mit Wirkung ab dem VZ 2001 aufgehoben (dazu Rz. 17). Seither gilt eine Sonderregelung zur Bemessung des Einkommens für alle inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (§ 8 Abs. 1 Satz 2 KStG).
5
2. Verhältnis zu anderen Vorschriften und zum höherrangigen Recht Verhältnis zu anderen Vorschriften des KStG. Abs. 2 der Vorschrift stellt zunächst klar, dass das Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG die Vorstufe8 für das zu versteuernde Einkommen darstellt, wobei aber ggf. noch die Freibeträge iSd. §§ 24 und 25 KStG abgezogen werden müssen. Soweit Abs. 4 an den „Gewinn“ anknüpft, besteht ein inhaltlicher Zusammenhang9 zu § 8 Abs. 2 KStG, weil die danach zu ermittelnden Einkünfte insgesamt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten, was § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG wieder aufgreift. § 11 KStG geht § 7 Abs. 3 und 4 Satz 1 KStG mit Blick auf den Einkünfteermittlungs-, nicht aber den Steuerbemessungszeitraum als lex specialis vor.10 Insoweit verdrängt der Abwicklungszeitraum nach § 11 KStG die in § 7 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 KStG enthaltenen Regelungen über den Besteuerungs- und Ermittlungszeitraum und gibt es im Abwicklungszeitraum auch kein Wirtschaftsjahr iSd. § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG.11 Dies folgt daraus, dass im Fall der Liquidation lediglich für die Zeit vom Ende des letzten regulären Wirtschaftsjahres bis zum Beginn der Liquidation ein Rumpf-Wirtschaftsjahr entsteht,12 welches seine Ursache handels- und steuerrechtlich in dem für den vorgenannten Zeitraum zu bildenden Rumpf-Geschäftsjahr hat.13 Allerdings räumt die FinVerw. insoweit den Stpfl. ein Wahlrecht ein, (steuerlich) den Beginn des Abwicklungszeitraums auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zu legen.14 Auch die §§ 14 ff. KStG gehen als lex specialis § 7 KStG vor, soweit dort abweichende Regelungen enthalten sind
1 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 1; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 7. 2 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 7; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 10 f.; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 4; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 13. 3 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 1; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 4. 4 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 4. 5 GlA Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 14; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 18. 6 G v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, 1043 = BStBl. I 1988, 224. 7 G v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3955 = BStBl. I 2002, 60. 8 Vgl. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 6; auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 15; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 80. 9 GlA Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 6. 10 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 16. 11 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 11; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 6; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 81. 12 BFH v. 17.7.1974 – I R 233/71, BStBl. II 1974, 692; v. 22.10.1998 – I R 15/98, BFH/NV 1999, 829. 13 GlA Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 6. 14 R 51 Abs. 1 KStR 2004.
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305
6
§ 7 Rz. 6–11
Grundlagen der Besteuerung
(arg.e § 15 Satz 1 KStG).1 § 23 Abs. 1 KStG weist insoweit einen wirtschaftlichen Zusammenhang (vgl. Rz. 2) zu § 7 Abs. 1 und 2 KStG auf, als sich die festzusetzende KSt in einem Vomhundertsatz des zu versteuernden Einkommens bemisst. § 31 Abs. 2 KStG regelt schließlich die Festsetzung von Vorauszahlungen in Fällen eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres (§ 7 Abs. 4 Satz 2 KStG).2 7
Verhältnis zu Vorschriften des EStG. § 7 Abs. 2 KStG hat den Begriff des „zu versteuernden Einkommens“ aus § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG übernommen; insoweit stimmen die wesentlichen Strukturprinzipien (Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten, Ermittlung der Summe der Einkünfte, des Gesamtbetrags der Einkünfte und des Einkommens) überein, während sich Abweichungen nur aus den unterschiedlich strukturierten Freibetragsregelungen (einerseits § 32 Abs. 6 EStG, andererseits §§ 24, 25 KStG) ergeben.3 § 7 Abs. 3 KStG entspricht weitgehend § 2 Abs. 7 EStG, wobei aber § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG in Fällen, in denen die unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht nicht während eines ganzen Kalenderjahrs besteht, als lex specialis den Zeitraum der jeweiligen Steuerpflicht für maßgeblich erklärt, während § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG (dazu auch Rz. 34) die Einbeziehung der inländischen Einkünfte in die Veranlagung zur unbeschränkten Stpfl. anordnet.4 § 7 Abs. 4 KStG verdrängt als lex specialis für Stpfl., die nach den Vorschriften des HGB zur Führung von Büchern verpflichtet sind, § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 EStG, während die Normen ansonsten für nicht nach den genannten Vorschriften buchführungspflichtige Stpfl. über § 8 Abs. 1 KStG anwendbar bleiben.5 § 25 EStG gelangt als besondere Verfahrensvorschrift über § 31 Abs. 1 KStG zur Anwendung,6 während die §§ 8b und 8c EStDV über § 8 Abs. 1 KStG ergänzend zur Anwendung gelangen.
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Verhältnis zu Vorschriften des GewStG. Der Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG entspricht § 10 Abs. 2 GewStG und ist insoweit auch für die Gewerbeertragsermittlung nach § 7 GewStG maßgebend.7
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Verhältnis zu Vorschriften des Handels- und Gesellschaftsrechts. Der persönliche Anwendungsbereich des § 7 Abs. 4 KStG ist auf Stpfl. begrenzt, die nach den Vorschriften des HGB verpflichtet sind, Bücher zu führen (vgl. Rz. 3). Insoweit bestimmen letztlich die §§ 238 ff. HGB (Buchführungspflichten) bzw. die §§ 53 f. GmbHG und §§ 179, 181 AktG iVm. § 8 Abs. 1 KStG und § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG (Geschäftsjahr/Wirtschaftsjahr) über den Zugang zu § 7 Abs. 4 KStG.8
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Verhältnis zum Unionsrecht. Da Unternehmen mit statutarischem Sitz im EU-/EWR-Ausland nach richtiger Auffassung (vgl. dazu Rz. 39) nicht der Buchführungspflicht nach dem HGB unterliegen, ist es ihnen verwehrt, nach § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG ein abweichendes Wirtschaftsjahr (hier iSd. Geschäftsjahres, das der ausländischen Buchführung zugrunde liegt) zu bilden. Darin liegt eine unionsrechtswidrige Diskriminierung,9 weil Unternehmen mit statutarischem Sitz im EU-/EWR-Ausland schlechter behandelt werden als inländische Unternehmen, ohne dass ein Rechtfertigungsgrund für diese Ungleichbehandlung ersichtlich wäre. Mit Blick auf die Ermöglichung eines abweichenden Wirtschaftsjahres dürfte insoweit die regelmäßig nach dem Recht des betroffenen EU-/EWR-Sitzstaates bestehende Buchführungspflicht derjenigen nach dem HGB vergleichbar sein.
IV. Rechtsentwicklung 11 Ein Teil des Regelungsgegenstands des § 7 KStG war bereits in den §§ 20, 22 und 23 des KStG 192010 niedergelegt. Nach § 20 KStG 1920 war der Besteuerung das Einkommen des Wirtschaftsjahrs zugrunde zu legen, das der Stpfl. angenommen hatte; lag ein solcher Fall
1 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 2; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 17; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 11; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 6. 2 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 11; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 6. 3 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 2; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 13; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 7; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 82. 4 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 7; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 28 u. 83. 5 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 7; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 84. 6 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 10. 7 Dazu Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 8 mwN. 8 Vgl. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 5; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 14; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 12. 9 Ebenso Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 4; Rengers in Blümich, § 7 KStG Rz. 27. 10 G v. 30.3.1920, RGBl. I 1920, 393.
306
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 11–14 § 7
nicht vor, war das Kalenderjahr maßgeblich. Dem lag bereits die Überlegung zugrunde, dass die meisten Stpfl. ein Wirtschafts- bzw. Geschäftsjahr hatten, nach welchem sie ihre Einkünfte feststellten. Das entsprechend festgestellte Einkommen sollte die Grundlage der Veranlagung bilden.1 Dem Stpfl. war es nach § 22 KStG 1920 auch möglich, ein Wirtschaftsjahr zu wählen, welches kürzer oder länger als zwölf Monate war. Nach § 23 KStG 1920 konnte der Stpfl. zudem die Ergebnisse der ersten zwölf Monate nach dem Beginn der Steuerpflicht bzw. nach Ablauf des letzten Wirtschaftsjahres der Besteuerung zugrunde legen. Während das KStG 19222 demgegenüber keine wesentlichen Änderungen brachte, führte das KStG 19253 in § 12 Abs. 1 vor allem den Begriff des „Steuerabschnitts“ ein. Dieser richtete sich für Stpfl., die Bücher nach den Vorschriften des HGB zu führen hatten oder die solche ohne Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung tatsächlich führten, nach dem Wirtschaftsjahr, für das sie jährliche Abschlüsse machten. Steuerabschnitt war für Stpfl., die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezogen, der Zeitraum vom 1.7. eines Jahres bis zum 30.6. des Folgejahres, für alle übrigen Stpfl. das Kalenderjahr. § 12 Abs. 2 KStG 1925 sah im Übrigen vor, dass das Wirtschaftsjahr für das gesamte Einkommen des Stpfl. einheitlich sein und die Einkünfte in einheitlicher Rechnung zusammenfassen musste. Das Wirtschaftsjahr konnte in Ausnahmefällen weiter kürzer oder länger als zwölf Monate sein, wobei im letzten Fall das FA unabhängig vom Abschluss des Stpfl. einen Zeitraum von zwölf Monaten bestimmen konnte.
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Der Begriff des „Steuerabschnitts“ wurde wegen diverser Ermittlungsschwierigkeiten bereits im Rahmen des KStG 19344 wieder aufgegeben. § 5 Abs. 1 KStG bestimmte nunmehr als Bemessungsgrundlage der KSt das Einkommen, das der Stpfl. innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hatte. Bei Stpfl., die zur Führung von Büchern verpflichtet waren bzw. dies tatsächlich taten, galt nach § 5 Abs. 2 KStG der Gewinn eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, indem das Wirtschaftsjahr endete. Wer freiwillig Bücher führte oder keine ordnungsgemäße Buchführung hatte, musste den im Kalenderjahr erzielten Gewinn versteuern. Im Verwaltungswege wurden von diesen Regelungen allerdings für solche Körperschaften Ausnahmen zugelassen, die nach anderen Vorschriften als denen des HGB verpflichtet waren, Abschlüsse zu einem anderen Stichtag als dem 31.12. zu erstellen.5 Land- und forstwirtschaftliche Gewinne wurden wie gewerbliche Gewinne behandelt, wenn die entsprechenden Stpfl. Bücher führten; im Übrigen blieb es beim Wirtschaftsjahr vom 1.7. eines Jahres bis zum 30.6. des Folgejahres (§ 6 EStG 1934). Ein Wirtschaftsjahr von mehr als zwölf Monaten war allerdings nicht mehr vorgesehen, ein solches von weniger als zwölf Monaten nur noch in Ausnahmefällen.
13
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zunächst zu zeitlichen Anpassungen zur 14 Gewinnaufteilung bei abweichenden Wirtschaftsjahren in den Jahren 1948 bis 1950 (Gewinnaufteilung 1948/49 in § 3 des Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern;6 Gewinnaufteilung 1949/50 in § 16 des Gesetzes zur Durchführung der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer-Veranlagungen für die VZ vom 21.6.1948 bis 31.12.1948 – II. Halbjahr 1948 – und das Kalenderjahr 1949)7. § 5 Abs. 2 KStG idF des Gesetzes zur Änderung des EStG und des KStG8 sah weiterhin eine Trennung zwischen Gewinn- und Einkommensermittlung vor. Die Gewinnermittlung erfolgte dabei bei Stpfl., die nach dem HGB verpflichtet waren, Bücher zu führen, und dies auch tatsächlich taten, nach dem Wirtschaftsjahr; bei abweichendem Wirtschaftsjahr hatte allerdings für Zwecke der Einkommensermittlung eine nach Umsatzanteilen zu bemessende zeitliche Zuordnung auf das jeweilige Kalenderjahr zu erfolgen. Auch für buchführungspflichtige Land- und Forstwirte erfolgte eine zeitanteilige Gewinnaufteilung. Durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern9 sowie das KStG 195510 entfiel allerdings das Erfordernis, dass auch tatsächlich eine ordnungsgemäße Buchführung erfolgen musste. Für die vom Kalenderjahr abweichende Gewinnermittlung in den Fällen
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 2. G v. 8.4.1922, RGBl. I 1922, 351. G v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, 208. G v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1031. Dazu Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 2. G v. 20.4.1949, WiGBl. 1949, 69. G v. 23.3.1950, BGBl. 1950, 48. G v. 29.4.1950, BGBl. 1950, 95. G v. 16.12.1954, BGBl. I 1954, 373 = BStBl. I 1954, 575. G v. 21.12.1954, BGBl. I 1954, 467 = BStBl. I 1954, 703.
Herlinghaus
307
§ 7 Rz. 14–19
Grundlagen der Besteuerung
der Buchführungspflicht nach HGB war somit nur noch entscheidend, dass der Steuerpflichtige regelmäßig Abschlüsse zu einem anderen Stichtag als dem 31.12. machte.1 15
Mit dem Gesetz zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften2 wurde aus Gründen der Praktikabilität die umsatzbezogene Gewinnaufteilung auf mehrere Kalenderjahre für buchführungspflichtige Körperschaften mit abweichendem Wirtschaftsjahr wieder abgeschafft. Seitdem gilt der Gewinn bei diesen Stpfl. als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 5 Abs. 2 Satz 2 KStG 1957). Darüber hinaus wurde in § 5 Abs. 2 Satz 3 KStG 1957 erstmals geregelt, dass die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr nur im Einvernehmen mit dem FA möglich ist. Eine eigenständige Regelung zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ist seitdem im KStG nicht mehr enthalten.
16
Durch das KStRefG3 wurde der Inhalt des bisherigen § 5 Abs. 1 KStG in § 7 Abs. 1 bis 3 KStG überführt; so erhielt das Gesetz im Wesentlichen seine heutige Fassung.4 Dabei wurde in § 7 Abs. 1 Halbs. 1 KStG als Bemessungsgrundlage das zu versteuernde Einkommen definiert und zugleich in Halbs. 2 eine besondere Bemessungsgrundlage für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) geregelt. In § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG wurde zudem entsprechend der bis dahin geltenden Verwaltungsregelung5 vorgesehen, dass in Fällen der nicht ganzjährig bestehenden unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht der kürzere Zeitraum der Besteuerung zugrunde zu legen ist. § 7 Abs. 4 KStG entsprach im Übrigen dem bisherigen § 5 Abs. 2 KStG. In § 7 Abs. 5 KStG wurde zudem der Inhalt des § 16a Nr. 2 KStDV 1958 bis 1969 inkorporiert. Danach war vorgesehen, dass bestimmte Aufwendungen unabhängig vom Bestehen eines abweichenden Wirtschaftsjahrs im Zeitpunkt der Verausgabung zu berücksichtigen waren.
17
Nachdem durch das SubvAbG6 lediglich der in § 7 Abs. 1 KStG enthaltene Verweis auf § 23 KStG angepasst wurde (Verweis auf Abs. 7 statt auf Abs. 9), wurde durch das StBereinG 19867 in § 7 Abs. 2 KStG das zu versteuernde Einkommen als das Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG, vermindert um die Freibeträge der §§ 24 und 25 KStG, definiert. Dies sollte in erster Linie die bereits zuvor von der FinVerw. geäußerte Auffassung klarstellen, wonach im Rahmen von Organschaftsverhältnissen der abzuziehende Verlust mit dem saldierten organschaftlichen Ergebnis beim Organträger nach Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft zu verrechnen ist.8
18
Seither erfolgten im Wesentlichen lediglich redaktionelle Änderungen: So wurde § 7 Abs. 5 KStG wegen der ausgelaufenen Lastenausgleichsabgabe im Rahmen des StReformG 19909 aufgehoben, im Rahmen des KStG 199110 und des StSenkG11 jeweils der Verweis in § 7 Abs. 1 KStG auf den letztmals für den VZ 2000 relevanten § 23 KStG angepasst (Verweis zunächst auf Abs. 6 und dann auf Abs. 3 statt auf Abs. 7) und schließlich durch das Solidarpaktfortführungsgesetz12 die in § 7 Abs. 1 KStG enthaltene Sonderregelung für das ZDF ganz gestrichen, nachdem sich der Gesetzgeber entschieden hatte, in § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG eine für alle inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geltende besondere Einkommensdefinition zu schaffen, die erstmals ab dem VZ 2001 anzuwenden ist (§ 34 Abs. 6 KStG).
B. Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer (Abs. 1) 19 § 7 Abs. 1 KStG sieht vor, dass sich die KSt nach dem zu versteuernden Einkommen bemisst. Was als zu versteuerndes Einkommen iSd. Abs. 1 zu verstehen ist, wird dort nicht geregelt, sondern in Abs. 2 definiert, wo auf das Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG, vermindert
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 2. G v. 26.7.1957, BGBl. I 1957, 848 = BStBl. I 1957, 352. G v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597 = BStBl. I 1976, 445. Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 5; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 5. Abschn. 227 EStR 1972 ff. G v. 26.6.1981, BGBl. I 1981, 537 = BStBl. I 1981, 523. G v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2436 = BStBl. I 1985, 735. BT-Drucks. 10/4513, 25; dazu auch Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 18; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 2; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 13. G v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, 1043 = BStBl. I 1988, 224. G v. 11.3.1991, BGBl. I 1991, 638 = BStBl. I 1991, Sonder-Nr. 1, 135. G v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433 = BStBl. I 2000, 1428. G v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3955 = BStBl. I 2002, 60.
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Herlinghaus
C. Zu versteuerndes Einkommen (Abs. 2)
Rz. 19–22 § 7
um die Freibeträge nach §§ 24 und 25 KStG abgestellt wird. Sowohl die Verwendung des Begriffs des „zu versteuernden Einkommens“ als auch die Verweisungstechnik lassen sich auf die für natürliche Personen geltende Regelung in § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG zurückführen,1 auch wenn die jeweils verwendeten Definitionen des zu versteuernden Einkommens voneinander abweichen (vgl. Rz. 7). Der materielle Regelungsgehalt des § 7 Abs. 1 KStG ist allerdings beschränkt2 und letztlich nur iVm. den nachfolgenden Absätzen verständlich. Das zu versteuernde Einkommen, das als einheitliche Bemessungsgrundlage für die KSt sowohl in Fällen der unbeschränkten als auch der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht maßgeblich ist, bildet – bezogen auf das nach §§ 7 ff. KStG zu ermittelnde Einkommen – den Ausgangspunkt der Steuerfestsetzung.3 Abzustellen ist dabei – außer in Fällen der organschaftlichen Einkommenszurechnung nach §§ 14 ff. KStG – auf das vom Stpfl. als selbstständiges Rechtssubjekt erzielte Einkommen. Das zu versteuernde Einkommen ist zugleich Bezugsgröße4 für die tatsächliche steuerliche Belastung des Stpfl.: Da nach § 23 Abs. 1 KStG die KSt 15 % des zu versteuernden Einkommens beträgt, hängt die Höhe der letztlich festzusetzenden KSt – vorbehaltlich etwaiger KSt-Erhöhungen oder Minderungen nach §§ 37, 38 KStG innerhalb des dort geregelten Übergangszeitraums – von der Höhe des zu versteuernden Einkommens ab. Erzielt der Stpfl. ein positives zu versteuerndes Einkommen, fällt darauf KSt iHv. 15 % an, während keine KSt anfällt, wenn das zu versteuernde Einkommen 0 Euro beträgt oder negativ ist.
20
C. Zu versteuerndes Einkommen (Abs. 2) Zu versteuerndes Einkommen ist nach der in Abs. 2 enthaltenen Definition das Einkommen 21 iSd. § 8 Abs. 1 KStG, vermindert um die Freibeträge der §§ 24 und 25 KStG. Da die Freibetragsregelungen in §§ 24 und 25 KStG als Sonderregelungen nur einen stark begrenzten Anwendungsbereich haben (vgl. dazu die Kommentierungen zu §§ 24 und 25 KStG), entspricht das zu versteuernde Einkommen iSd. § 7 Abs. 2 KStG in den meisten Fällen dem Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG.5 Abgesehen davon, dass zwischen dem zu versteuernden Einkommen iSd. § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG und demjenigen des § 7 Abs. 2 KStG schon deshalb Unterschiede bestehen, weil unterschiedliche Freibetragsregelungen berücksichtigt werden müssen (vgl. Rz. 7), ist auch der Einkommensbegriff als solcher nicht kongruent. Zwar knüpft § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG an den Einkommensbegriff des EStG an, doch wird der Begriff durch die §§ 8 bis 22 KStG für Zwecke der KSt modifiziert (auch in Form der in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG verankerten Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft an den Organträger)6 und bestehen auch insoweit Unterschiede, als Körperschaften keine Privatsphäre kennen, weshalb etwa Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen dem KStG fremd sind.7 Aus Sicht der FinVerw.8 soll das zu versteuernde Einkommen bei ausschließlich gewerblichen Einkünften (Körperschaften, die nach § 8 Abs. 2 KStG nur gewerbliche Einkünfte haben können) wie folgt zu ermitteln sein: 1
1 2 3 4 5 6 7 8
Gewinn/Verlust lt. Steuerbilanz bzw. nach § 60 Abs. 2 EStDV korrigierter Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag lt. Handelsbilanz unter Berücksichtigung der besonderen Gewinnermittlung bei Handelsschiffen nach § 5a EStG
2
+
Hinzurechnung von vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG)
3
–
Abzug von Gewinnerhöhungen im Zusammenhang mit bereits in vorangegangenen VZ versteuerten vGA
4
+
Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG
5
–
Einlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG)
6
+
nichtabziehbare Aufwendungen (zB § 10 KStG, § 4 Abs. 5 EStG, § 160 AO)
7
+
Gesamtbetrag der Zuwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG
Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 20. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 10; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 16. Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 15. Ähnlich Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 21. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 3 u. 15. Vgl. Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 24. Vgl. die Nachweise bei Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 17. R 29 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 10; vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 7.
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309
22
§ 7 Rz. 22–23 8 9
Grundlagen der Besteuerung
+/– Kürzungen/Hinzurechnungen nach § 8b KStG und § 3c Abs. 1 EStG –
sonstige inländische steuerfreie Einnahmen (zB Investitionszulagen)
10
+/– Korrekturen bei Organschaft iSd. §§ 14, 17 und 18 KStG (zB gebuchte Gewinnabführung, Verlustübernahme, Ausgleichszahlungen iSd. § 16 KStG)
11
+/– Hinzurechnungen und Kürzungen bei ausländischen Einkünften, ua.
12
13
14 15 16
–
Korrektur um nach DBA steuerfreie Einkünfte unter Berücksichtigung des § 3c Abs. 1 EStG
–
Hinzurechnung nach § 52 Abs. 3 EStG iVm. § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997
–
Abzug ausländischer Steuern nach § 26 Abs. 6 oder § 12 Abs. 3 AStG iVm. § 34c Abs. 2, 3 und 6 EStG, Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG einschließlich Aufstockungsbetrag nach § 12 Abs. 1 und 3 AStG
–
Hinzurechnungen und Kürzungen von nicht nach einem DBA steuerfreien negativen Einkünften nach § 2a Abs. 1 EStG
+/– Hinzurechnungen und Kürzungen bei Umwandlung, ua. –
nach § 4 Abs. 6 und 7 bzw. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht zu berücksichtigender Übernahmeverlust oder -gewinn
–
Hinzurechnungsbetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG
+/– sonstige Hinzurechnungen und Kürzungen, ua. –
nach § 52 Abs. 59 EStG iVm. § 50c EStG idF des Gesetzes vom 24.3.1999 (BGBl. I 1999, 402) nicht zu berücksichtigende Gewinnminderungen
–
nicht ausgleichsfähige Verluste nach § 8 Abs. 4 Satz 4 und nach § 13 Abs. 3 sowie nach §§ 2b, 15 Abs. 4, § 15a Abs. 1 EStG
–
Hinzurechnungen nach § 15a Abs. 3 EStG, § 13 Abs. 3 Satz 10
–
Kürzungen nach § 2b Satz 4, § 15 Abs. 4 Satz 2, 3 und 6, § 15a Abs. 2, 3 Satz 4 EStG, § 13 Abs. 3 Satz 7
–
Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 und 8, § 7g Abs. 5 EStG
=
steuerlicher Gewinn (Summe der Einkünfte in den Fällen der R 29 Abs. 2 Satz 1 KStR; Einkommen iSd. § 9 Abs. 2 Satz 1 KStG)
–
abzugsfähige Zuwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG
+/– bei Organträgern: –
Zurechnung des Einkommens von Organgesellschaften (§§ 14, 17 und 18 KStG)
–
Kürzungen/Hinzurechnungen nach § 8b KStG, § 3c Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 7 UmwStG, bezogen auf das dem Organträger zugerechnete Einkommen von Organgesellschaften (§ 15 Nr. 2 KStG)
bei Organgesellschaften: –
23
Abzug des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens (§§ 14, 17 und 18 KStG)
17
=
Gesamtbetrag der Einkünfte iSd. § 10d EStG
18
–
bei der übernehmenden Körperschaft im Jahr des Vermögensübergangs zu berücksichtigender Verlust nach § 12 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 15 Abs. 4 UmwStG
19
–
Verlustabzug nach § 10d EStG
20
=
Einkommen
21
–
Freibetrag für bestimmte Körperschaften (§ 24 KStG)
22
–
Freibetrag für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Landund Forstwirtschaft betreiben (§ 25 KStG)
23
=
zu versteuerndes Einkommen
Das Ermittlungsschema ist allerdings ungenau: Es berücksichtigt zB nicht, dass die nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG abziehbaren Spenden nicht erst bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte, sondern bereits auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe abgezogen werden müssen, da ansonsten bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für Gewerbesteuerzwecke ei-
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D. Besteuerungszeitraum (Abs. 3)
Rz. 23–25 § 7
ne Hinzurechnung nach § 8 Nr. 9 GewStG ausgeschlossen wäre.1 Da der Gesetzeswortlaut von § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997 nicht eindeutig ist und ggf. die Hinzurechnungsbeträge der GewSt unterfallen würden, ist auch fraglich, ob der Hinzurechnungsbetrag nach § 52 Abs. 3 EStG iVm. § 2a Abs. 3 EStG 1997 nicht erst bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte und derjenige nach § 52 Abs. 3 EStG iVm. § 2a Abs. 4 EStG 1997 nicht erst bei der Ermittlung des Einkommens statt bereits bei der Gewinnermittlung zu erfassen ist.2 Vor allem ist aber eine sachgerechte gewerbesteuerliche Erfassung des Einkommens der Organgesellschaft nur sichergestellt, wenn die Einkommenszurechnung von der Organgesellschaft an den Organträger bereits auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe und nicht erst bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte vorgenommen wird.3 Das ergibt sich daraus, dass nach § 7 GewStG nur der „Gewinn“ der Gewerbesteuer unterliegt. Letztlich vermischt die FinVerw. unzulässig die Begriffe „Einkommen“ und „Gewinn“ bzw. „Gewerbeertrag“ und ist richtigerweise das Zurechnungseinkommen beim Organträger außerhalb der Steuerbilanz auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung hinzuzurechnen.4 Für Körperschaften, die auch andere Einkünfte als gewerbliche haben können, gilt das vorgenannte Schema (Rz. 21) entsprechend,5 wobei jedoch die Einkünfte für jede Einkunftsart gesondert zu ermitteln und als Summe der Einkünfte zusammenzurechnen sind.6 Von der Summe der Einkünfte ist bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bei Vorliegen der Voraussetzungen auch der Abzug nach § 13 Abs. 3 EStG vorzunehmen.7 Der Gesamtbetrag der Einkünfte, das Einkommen und das zu versteuernde Einkommen sind aber einheitlich, also nicht mehr getrennt nach Einkunftsarten, zu berechnen.8
24
D. Besteuerungszeitraum (Abs. 3) I. Körperschaftsteuer als Jahressteuer (Abs. 3 Satz 1) Wie § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG für die ESt bestimmt § 7 Abs. 3 Satz 1 KStG für die KSt, dass diese eine Jahressteuer ist, also das zu versteuernde Einkommen eines zurückliegenden Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KStG) erfasst wird. Das in § 7 Abs. 3 Satz 1 KStG verankerte Jahressteuerprinzip ist Ausdruck des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung, also nicht nur eine technische Folge von Erhebungsnotwendigkeiten, sondern selbst materielles Rechtsprinzip der Körperschaftsbesteuerung.9 Das Jahressteuerprinzip verfolgt eine gleichmäßige Heranziehung der Stpfl. zur Sicherstellung der aktuellen staatlichen Finanzierungsbedürfnisse des Staates und gewährleistet insoweit – vorbehaltlich der Vornahme von Steuersatzänderungen und der Auswirkung von Verlustverrechnungsbeschränkungen10 – „Gleichbehandlung in der Zeit“.11 Das Periodizitätsprinzip des § 7 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KStG beschränkt allerdings das Nettoprinzip (insbesondere bezogen auf den Verlustabzug nach § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 10d EStG) nicht.12 Zwar kann der maßgebliche Gewinnermittlungszeitraum unter den in § 7 Abs. 4 KStG genannten Voraussetzungen vom Kalenderjahr abweichen und können ggf. sogar zwei Wirtschaftsjahre in einem Kalenderjahr enden, das ändert aber nichts an der Geltung des Grundprinzips, dass sich die KSt nach dem Einkommen bemisst, welches der Stpfl. inner-
1 Wassermeyer, DStR 2004, 214; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 15. 2 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 15. 3 Wassermeyer, DStR 2004, 214; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 15; aA von Groll, DStR 2004, 1193; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 10 – mit entsprechenden Schemata in Rz. 11 u. 12. 4 So überzeugend Wassermeyer, DStR 2004, 214 (215); Kempf/Zipfel, DStR 2005, 1303 f.; aA Orth, Konzern 2005, 79 (84). 5 R 29 Abs. 2 Satz 1 KStR 2004; auch Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 15; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 7. 6 R 29 Abs. 2 Satz 2 und 3 KStR 2004. 7 R 29 Abs. 2 Satz 4 KStR 2004. 8 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 7. 9 Vgl. Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 25; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 20; auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 10 („Bemessungszeitraum ist ein materieller Begriff“); für das EStG vgl. BFH v. 28.7.2004 – XI R 54/99, BStBl. II 2005, 262 mwN. 10 Dazu Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 20. 11 BFH v. 28.7.2004 – XI R 54/99, BStBl. II 2005, 262 – unter Verweis auf Müller-Franken, StuW, 2004, 109 (122). 12 BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 (dagegen Verfassungsbeschwerde unter Az. 2 BvR 2998/12); Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 26.
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§ 7 Rz. 25–28
Grundlagen der Besteuerung
halb eines Kalenderjahres bezogen hat.1 Entsprechend bildet das gesamte zu versteuernde Einkommen eines bestimmten Kalenderjahres die Bemessungsgrundlage der KSt. Das in § 7 Abs. 3 Satz 1 KStG verankerte Jahressteuerprinzip hat im Übrigen Bedeutung auch für die Anwendung der §§ 24 und 25 KStG; die dort verankerten Freibeträge werden bezogen auf das Jahreseinkommen gewährt, also nicht zeitanteilig gekürzt, wenn die Stpfl. in dem betroffenen Kalenderjahr nicht ganzjährig bestanden hat2 oder die betroffene Körperschaft oder Personenvereinigung iSd. § 1 Abs. 1 KStG (etwa wegen unterjähriger Neugründung oder Auflösung) nicht während des gesamten Kalenderjahres stpfl. war3. Allerdings können die Freibeträge nach §§ 24 und 25 KStG auch dann nur einmal angesetzt werden, wenn im Kalenderjahr (als Bemessungszeitraum) zwei Ermittlungszeiträume enden.4 26
Der Bemessungszeitraum deckt sich regelmäßig mit dem VZ, denn auch dieser entspricht grundsätzlich dem Kalenderjahr (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG iVm. § 25 Abs. 1 EStG) und wird § 7 Abs. 3 KStG durch die genannten Vorschriften insoweit verfahrensrechtlich flankiert. VZ ist danach der Zeitraum, für den das FA das förmliche Veranlagungsverfahren durchführt, während der in § 7 Abs. 3 KStG angesprochene Bemessungszeitraum derjenige ist, für den die Besteuerungsgrundlagen in Form des zu versteuernden Einkommens zu ermitteln sind; davon abzugrenzen ist wiederum der in § 7 Abs. 4 KStG angesprochene Einkünfteermittlungszeitraum, für den der Stpfl. seine Einkünfte zu ermitteln hat.5
II. Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für ein Kalenderjahr (Abs. 3 Satz 2) 27 Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 KStG sind die Grundlagen für die Festsetzung der KSt jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. Danach ist – soweit kein Fall nach § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG vorliegt – das abgelaufene Kalenderjahr maßgeblicher Festsetzungszeitraum (Bemessungszeitraum). Das Kalenderjahr bildet außer bei Vorliegen eines abweichenden Wirtschaftsjahres nach § 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG zugleich den Veranlagungs- und Einkommensermittlungszeitraum (dazu Rz. 25). „Grundlagen“ iSd. § 7 Abs. 3 Satz 2 KStG sind gem. § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 2 Abs. 1 EStG die Einkünfte, die der Stpfl. erzielt und die sich schließlich zum Einkommen verdichten. Deren zeitliche Zuordnung auf das Kalenderjahr erfolgt iRd. Gewinnermittlung gem. §§ 5 Abs. 1, 4 Abs. 1 EStG nach dem Realisations- und Imparitätsprinzip.6 Da das Gesetz die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen „jeweils für ein Kalenderjahr“ vorsieht, kommt ein über ein Kalenderjahr hinausreichender Bemessungszeitraum nicht in Betracht.7 Allerdings schließt dies nicht aus, dass wirtschaftliche Vorgänge aus einem anderen Wirtschaftsjahr dem betreffenden Kalenderjahr steuerlich zugerechnet werden (also der Ermittlungszeitraum ggf. länger als ein Kalenderjahr ist)8. Dafür spricht nicht zuletzt das Wort „für“ in dem Passus „für ein Kalenderjahr“; dadurch macht der Gesetzgeber deutlich, dass nicht zwingend Einkünfte betroffen sein müssen, die der Stpfl. auch tatsächlich im betreffenden Kalenderjahr bezogen hat.9 28
Angesprochen sind insoweit drei Fälle, in denen Abweichungen vom regulären Bemessungszeitraum „Kalenderjahr“ vorkommen:10 Zunächst ist der Fall eines abweichenden Wirtschaftsjahres nach § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG gemeint, in dem der Gewinn kalenderjahrübergreifend ermittelt wird. § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG fingiert insoweit allerdings, dass die für das abweichende Wirtschaftsjahr ermittelten Einkünfte fiktiv als in dem Kalenderjahr bezogen gelten, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Ähnlich verhält es sich mit dem Fall der Liquidation, weil der Liquidationszeitraum (§ 11 Abs. 1 KStG) auch bei mehrjähriger Dauer im Wege der Fiktion dem Kalenderjahr als Bemessungszeitraum zugerechnet wird, in dem der
1 GlA Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 25 u. 29; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 20. 2 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 15; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 29; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 11; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 20. 3 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 24; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 11; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 29. 4 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 24; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 11. 5 Zur Begriffsabgrenzung vgl. ansonsten Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 9; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 7 KStG Rz. 9 ff.; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 27 ff. 6 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 21 und FR 2013, 349 (350). 7 GlA Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 29. 8 Vgl. Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 23. 9 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 29. 10 Dazu Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 17 ff.; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 21.
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D. Besteuerungszeitraum (Abs. 3)
Rz. 28–31 § 7
Liquidationszeitraum endet.1 Schließlich ist auf die zeitliche Bezugsfiktion in § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG für Stpfl. hinzuweisen, die Land- und Forstwirtschaft betreiben und kraft gesetzlicher Anordnung (§ 8 Abs. 1 KStG iVm. § 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG) ein abweichendes Wirtschaftsjahr haben. Besteuerungszeitraum bleibt wegen des in § 7 Abs. 3 Satz 1 KStG verankerten Jahressteuerprinzips aber stets das Kalenderjahr iSd. Satzes 2. Durch die Bezugnahme auf die Steuerfestsetzung („Festsetzung der KSt“) bringt der Gesetzgeber im Übrigen zum Ausdruck, dass die KSt in einem förmlichen Verfahren (§ 31 Abs. 1 KStG) durch Steuerbescheid iSd. §§ 155, 157 AO festzusetzen ist.2
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III. Abgekürzter Ermittlungszeitraum (Abs. 3 Satz 3) 1. Unbeschränkte/beschränkte Stpfl. nicht während des gesamten Kalenderjahres Zwar sind nach § 7 Abs. 3 Satz 2 KStG die Grundlagen für die Festsetzung der KSt grds. je- 30 weils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG enthält demgegenüber aber die Anordnung eines verkürzten Ermittlungszeitraums für Fälle, in denen die unbeschränkte/beschränkte Stpfl. nicht während des gesamten Kalenderjahres besteht. Dann tritt an die Stelle des Kalenderjahrs der Zeitraum der jeweiligen Steuerpflicht (dazu Rz. 30), was der Tatsache Rechnung trägt, dass nur solche Einkünfte der KSt unterfallen, die im Rahmen der unbeschränkten/beschränkten Stpfl. des betreffenden Rechtsträgers bezogen worden sind. Angesprochen sind insoweit Fälle, in denen die unbeschränkte oder beschränkte KStPflicht entweder erst im Verlaufe des Kalenderjahres begründet wird oder aber in denen eine von Anfang des Kalenderjahres an bestehende unbeschränkte oder beschränkte KSt-Pflicht im Verlauf des Kalenderjahres endet bzw. ein unterjähriger Wechsel zwischen unbeschränkter und beschränkter Stpfl. oder umgekehrt auftritt.3 Dann bleibt es zwar beim Jahressteuercharakter der KSt,4 allerdings tritt an die Stelle des Kalenderjahres als Ermittlungszeitraum für die Grundlagen der KSt-Festsetzung (Bemessungszeitraum) der Zeitraum, in welchem die Voraussetzungen der unbeschränkten/beschränkten KSt-Pflicht bestanden haben. Da § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG iVm. § 25 Abs. 1 EStG keine dem § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG entsprechende Anordnung enthält, kommt es – mit entsprechenden Auswirkungen für die nur einmal pro VZ zu gewährenden Freibeträge nach §§ 24 und 25 KStG5 – nicht zur Verkürzung des VZ;6 dafür besteht auch kein praktisches Bedürfnis, weil die Veranlagung auch nach Streichung des § 25 Abs. 2 EStG unmittelbar nach dem Ende der inländischen Stpfl. vorgenommen werden kann.7 Die unbeschränkte Stpfl. erstreckt sich auf die in § 1 Abs. 1 KStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben. Von § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG erfasst sind danach Fälle, in denen die unbeschränkte Stpfl. erst während des Kalenderjahres entsteht. Das ist der Fall, wenn ein KSt-pflichtiger Rechtsträger unterjährig erst gegründet wird, ein nicht der KSt unterfallender Rechtsträger in einen KSt-pflichtigen Rechtsträger umgewandelt wird oder aber ein grds. KSt-pflichtiger Rechtsträger mit Geschäftsleitung und Sitz im Ausland entweder seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz oder aber beides in das Inland verlegt. Eine bereits bestehende unbeschränkte KSt-Pflicht endet entsprechend, wenn ein KSt-pflichtiger Rechtsträger unterjährig in einen nicht der KSt unterfallenden Rechtsträger umgewandelt wird oder er, etwa durch Verschmelzung oder – vorbehaltlich der Sonderregelungen in § 11 KStG (dazu auch Rz. 6)8 – durch Abschluss der Liquidation, erlischt. Ebenso erfasst ist der Fall, dass der KSt-pflichtige Rechtsträger Geschäftsleitung und Sitz in das Ausland verlagert, wäh1 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 19 ff.; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 29. Es stellt sich allerdings die Frage, ob in diesen Fällen VZ das Kalenderjahr oder der Liquidationszeitraum ist (für das Kalenderjahr Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 32; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 9; für den Liquidationszeitraum dagegen Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 19; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 10). 2 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 21; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 28. 3 Dazu auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 12; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 33; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 22; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 36 ff. 4 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 32; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 23; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 27. 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 13. 6 Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 14; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 13; Schulte in Erle/ Sauter3, § 7 KStG Rz. 26. 7 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 26 mwN. 8 Dazu Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 29 ff. u. Rz. 37; auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 14.
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§ 7 Rz. 31–35
Grundlagen der Besteuerung
rend der Fall, dass nur der Sitz oder die Geschäftsleitung in das Ausland verlagert werden, nicht erfasst wird.1 Erfasst ist auch der Fall der Umstellung eines Wirtschaftsjahres auf ein anderes (§ 8b EStDV).2 32
Die beschränkte Stpfl. erstreckt sich nach § 2 Nr. 1 KStG auf die inländischen Einkünfte von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben; nach § 2 Nr. 2 KStG werden außerdem erfasst die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegenden inländischen Einkünfte von sonstigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind. § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG erfasst dementsprechend Fälle, in denen eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ohne inländischen Ort der Geschäftsleitung bzw. Sitz unterjährig erstmals Einkünfte iSd. § 49 EStG bezieht oder eine solche Einkünfte beziehende beschränkt stpfl. Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unterjährig die entsprechende inländische Einkunftsquelle aufgibt.3 Gleiches gilt für sonstige nicht unbeschränkt stpfl. Körperschaften, die unterjährig einen Betrieb iSd. § 2 Nr. 2 KStG aufnehmen bzw. aufgeben.
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Ein unterjähriger Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Stpfl. oder umgekehrt führt zwar nicht zur Beendigung der inländischen Stpfl., diese besteht aber nur unter qualitativ abweichenden Vorzeichen fort, weil unterschiedliche Bestimmungen zur Ermittlung des Einkommens greifen.4 § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG erfasst seinem Wortlaut und seinem Zweck nach auch diese Fälle, weil die unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht „nicht während eines ganzen Kalenderjahrs“ bestanden hat und die getrennte Ermittlung des Einkommens geboten ist. Insofern folgt unmittelbar aus dem Regelungszweck der Norm das Entstehen zweier getrennter Bemessungszeiträume.5
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Davon weicht § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG ab (vgl. dazu bereits Rz. 7), weil danach die innerhalb eines Kalenderjahres erzielten und der beschränkten Stpfl. unterfallenden inländischen Einkünfte den während der unbeschränkten Stpfl. erzielten Einkünften hinzuzurechnen sind und die Veranlagung nach den für unbeschränkt Stpfl. geltenden Vorschriften durchzuführen ist. Dadurch soll eine Ungleichbehandlung mit Blick auf den nach § 32a EStG progressiven Verlauf des ESt-Tarifs vermieden werden, während es eine entsprechende Notwendigkeit zur Vermeidung ungerechtfertigter Progressionsvorteile wegen des einheitlichen linearen Steuersatzes (§ 23 Abs. 1 KStG) im Bereich des KStG nicht gibt.6 § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG ist insoweit lex specialis gegenüber § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG.7 2. Maßgeblichkeit des Zeitraums der inländischen Stpfl.
35 Besteht die inländische Stpfl. nicht während des ganzen Kalenderjahrs, so tritt als Rechtsfolge der Zeitraum der jeweiligen inländischen Stpfl. an die Stelle des Kalenderjahrs. Der Einkünfteermittlungszeitraum beginnt in Fällen der Gründung/Errichtung eines inländischen Rechtsträgers spätestens mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit8 bzw. bereits mit dem Gründungsakt, wenn die Vorgesellschaft mit dem späteren rechtsfähigen Gebilde identisch ist.9 Bei Beendigung/Auflösung eines KSt-pflichtigen inländischen Rechtsträgers endet der Ermittlungszeitraum unabhängig von der Löschung im Handelsregister o.Ä. erst mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit.10 Bei der Verlegung von Sitz und/oder Geschäftsleitung kommt es auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Verlegung an.11 Bei Entstehen bzw. Entfallen der beschränkten Stpfl. ist der Zeitpunkt des erstmaligen Bezugs inländischer Einkünfte bzw. der Einstellung der inländischen Einkunftsquelle maßgeblich.12
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Vgl. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 22. Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 21. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 22. Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 22; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 40. Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 33; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 13; Schulte in Erle/ Sauter3, § 7 KStG Rz. 27; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 22; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 15. Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 33; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 22; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 23; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 28; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 16. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 23. BFH v. 13.12.1989 – I R 98/86, I R 99/86, BStBl. II 1990, 468. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 23 – unter Verweis auf BFH v. 11.4.1973 – I R 172/72, BStBl. II 1973, 568. BFH v. 18.3.1986 – VII R 146/81, BStBl. II 1986, 589. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 23. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 23.
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E. Grundstze der Gewinnermittlung (Abs. 4)
Rz. 36–39 § 7
E. Grundsätze der Gewinnermittlung (Abs. 4) I. Gewinnermittlung nach dem Wirtschaftsjahr (Abs. 4 Satz 1) 1. Verpflichtung, Bücher nach den Vorschriften des HGB zu führen § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG enthält abweichend von dem Grundprinzip, dass Ermittlungszeitraum für die KSt grds. das Kalenderjahr ist, eine Sonderregelung, wonach bei Steuerpflichtigen, die verpflichtet sind, Bücher nach den Vorschriften des HGB zu führen, der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln ist, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen. Die Vorschrift ist nur auf die explizit aufgeführten Stpfl. anwendbar und unterstreicht die Tatsache, dass die steuerliche Gewinnermittlung grds. an diejenige des Handelsrechts anknüpft (zu den begrifflichen Abweichung bezogen auf das Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr vgl. Rz. 43).1
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Tatbestandlich kommt es danach, bezogen auf den Kreis der privilegierten Stpfl., alleine auf die Pflicht an, „Bücher nach den Vorschriften des HGB“ zu führen. Dieser Passus bezieht sich nicht nur auf die „Technik“, sondern auch auf die Verpflichtung zur Gewinnermittlung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Gesetzgeber die Änderungen in § 8 Abs. 2 KStG nicht in § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG nachvollzogen hat. Buchführungspflichten nach anderen Gesetzen (insbesondere nach § 141 AO) qualifizieren nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG nicht für dessen Anwendung, sodass es für die betroffenen Stpfl. beim Kalenderjahr als Einkünfteermittlungszeitraum bleibt.2 Für die Anwendung des § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG ohne Belang ist es – soweit sich daraus nicht Auswirkungen auf die nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB maßgebliche Kaufmannseigenschaft (dazu Rz. 37 ff.) ergeben – auch, ob der Stpfl. tatsächlich Bücher führt, ob diese ordnungsgemäß sind bzw. ob der Stpfl. in das Handelsregister eingetragen ist.3
37
§ 238 Abs. 1 Satz 1 HGB verknüpft die Buchführungspflicht mit der Kaufmannseigen- 38 schaft des Betreibers der Handelsgeschäfte. Danach ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Lediglich für Einzelkaufleute macht das HGB davon unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme (§ 241a HGB), von der aber Körperschaften nicht betroffen sind.4 Die handelsrechtliche Buchführungspflicht erstreckt sich – mit entsprechenden Auswirkungen auch auf die Anwendung des § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG – nicht nur auf die inländischen Betriebe, sondern auf das gesamte Unternehmen einschließlich ausländischer Betriebsstätten.5 Die Kaufmannseigenschaft6 inländischer Kapitalgesellschaften folgt als Ausfluss ihrer 39 Rechtsform (Formkaufmann) bereits aus § 13 Abs. 3 GmbHG bzw. §§ 3, 278 Abs. 3 AktG iVm. § 6 Abs. 1 HGB, diejenige der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und der SCE aus § 17 Abs. 2 GenG iVm. § 6 Abs. 1 HGB. Gleiches gilt nach §§ 16 Satz 1, 55 ff. VAG für Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit. Sonstige juristische Personen des privaten Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG) sind Kaufleute und damit – bezogen auf die kaufmännischen Tätigkeiten – buchführungspflichtig, soweit sie ein voll kaufmännisches Gewerbe unterhalten (§ 1 HGB, Ist-Kaufmann), ein Gewerbe unterhalten und im Handelsregister eingetragen sind (§ 2, Kann-Kaufmann) bzw. ein land- und forstwirtschaftliches Unternehmen betreiben, das einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und in das Handelsregister eingetragen ist (§ 3 Abs. 2, Kann-Kaufmann). BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind Kaufmann und unterfallen mit ihrer kaufmännischen Betätigung der handelsrechtlichen Buchführungspflicht,
1 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 25; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 61; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 39. 2 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 24 u. 33; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 15 u. 19; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 38; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 27; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 41; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 62; aA Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 23. 3 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 25; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 44 – zum Kaufmann kraft Eintragung nach § 5 HGB. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 16; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 25. 5 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 28; ähnlich Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 26. 6 Dazu insgesamt Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 43 ff.; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 67 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 16 ff.; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 25 ff.; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 25; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 38; auch Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 28 ff.
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§ 7 Rz. 39–43
Grundlagen der Besteuerung
wenn das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.1 40
Inländische Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften (§§ 13d ff. HGB) erfüllen aufgrund ihrer Qualifikation als Handelsgesellschaften die Kaufmannseigenschaft und sind daher nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB verpflichtet, für die inländische Zweigniederlassung Bücher zu führen.2 Entsprechend unterfallen die ausländischen Gesellschaften mit den Einkünften ihrer inländischen Zweigniederlassung zwar § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG, allerdings erlangt ein im Ausland bestehendes abweichendes Wirtschaftsjahr nur dann Bedeutung, wenn es explizit auch für die inländische Zweigniederlassung gewählt wird.3 Existiert keine in das Handelsregister eingetragene inländische Zweigniederlassung, so unterfallen ausländische Unternehmen mit inländischen Betriebsstätten in Ermangelung einer entsprechenden Kaufmannseigenschaft und der dadurch ausgelösten Buchführungspflicht iSd. § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG.4
41
Für inländische Zweigniederlassungen von EU-/EWR-Gesellschaften ist strittig, ob sie nach den Vorschriften des HGB verpflichtet sind, Bücher zu führen. Soweit die FinVerw.5 dies bejaht, ist dem mit der Folge der Unanwendbarkeit des § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG nicht zuzustimmen,6 weil die Rechnungslegung insoweit – auch bei Bestehen einer inländischen Zweigniederlassung – einheitlich beurteilt werden und sich am Gründungsstaat ausrichten muss, in dem regelmäßig nach dem Recht des ausländischen EU-/EWR-Staates eine den Anforderungen der §§ 238 ff. HGB entsprechende Buchführungspflicht besteht. Die Annahme einer daneben bestehenden Verpflichtung zur Erstellung einer weiteren Buchführung nach den Vorschriften des HGB dürfte mit Unionsrecht nicht zu vereinbaren sein. Besteht aber eine Buchführungspflicht nach den Vorschriften des HGB nicht, so ist die Anwendung des § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG ausgeschlossen (zu den daraus entstehenden unionsrechtlichen Bedenken vgl. Rz. 10). 2. Gewinnermittlung nach dem Wirtschaftsjahr, für das der Stpfl. regelmäßig Abschlüsse macht
42 Bei den Steuerpflichtigen, die verpflichtet sind, Bücher nach den Vorschriften des HGB zu führen, ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen. Dem Wirtschaftsjahr (dazu Rz. 43) muss also ein regelmäßiger (Rz. 46) Abschluss (Rz. 45) zugrunde liegen. Erstellt ein Stpfl., der nach den Vorschriften des HGB zum Führen von Büchern verpflichtet ist, regelmäßig Abschlüsse, so hat die Gewinnermittlung nach dem Wirtschaftsjahr zu erfolgen, das zum Abschlussstichtag endet. Eine Gewinnermittlung auf einen anderweitigen Stichtag ist nicht zulässig.7 Das gilt auch dann, wenn die Abschlüsse formelle bzw. materielle Mängel aufweisen und in der Folge der Gewinn zu schätzen ist.8 43
Das für § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG maßgebliche steuerliche Wirtschaftsjahr ist grds. mit dem handelsrechtlichen Geschäftsjahr (§§ 240 Abs. 2, 242 Abs. 1 HGB) kongruent. Es darf – wie auch das Geschäftsjahr (§ 240 Abs. 2 HGB) – einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten (§ 8b Satz 1 EStDV).9 Die materielle Verbindung zwischen dem Wirtschafts- und dem Geschäftsjahr folgt aus § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 5 Abs. 1 EStG. Nach § 242 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann regelmäßig auf den Schluss des Geschäftsjahres einen Abschluss aufzustellen. Somit werden das handelsrechtliche Geschäftsjahr und das steuerliche Wirt1 BFH v. 19.11.2003 – I R 33/02, BFH/NV 2004, 445. 2 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Rz. 1.1.3.2; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 28; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 70; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 45; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 26. 3 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 26. 4 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 26; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 71; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 40 f. u. 45. 5 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl. I 1999, 1076 Rz. 1.1.3.2. 6 Ebenso Wachter, FR 2006, 393 (395); Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 26; vgl. auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 71; aA Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 28. 7 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 49; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 59. 8 R 4a Abs. 4 EStR 2008; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 28 u. 29; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 48; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 29. 9 Zur Unzulässigkeit einer Buchführung, die auf einem längeren Wj. beruht, vgl. BFH v. 28.11.1978 – VIII R 146/76, BStBl. II 1979, 333; v. 11.3.1988 – III R 113/82, BStBl. II 1988, 636 = FR 1988, 482; auch Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 52; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 30; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 28.
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E. Grundstze der Gewinnermittlung (Abs. 4)
Rz. 43–46 § 7
schaftsjahr über den Abschlusszeitpunkt miteinander verknüpft. Eine Abweichung des Wirtschaftsjahres vom Geschäftsjahr kann es daher – auch nach Aufgabe der umgekehrten Maßgeblichkeit durch das BilMoG1 – regelmäßig nicht geben.2 Eine Abweichung zwischen handelsrechtlichem Geschäftsjahr und steuerrechtlichem Wirtschaftsjahr ist nur in Sonderfällen möglich, etwa wenn die Finanzbehörde der Umstellung auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr nicht zustimmt. Dann kann die Umstellung des Geschäftsjahres zwar handelsrechtlich wirksam sein, sie ist jedoch mangels Zustimmung der Finanzbehörde steuerrechtlich unwirksam. In einem solchen Fall gilt der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nicht.3 Wirtschaftsjahr iSd. § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG ist zunächst das Regelwirtschaftsjahr, welches dem Kalenderjahr entspricht (§ 8 Abs. 1 KStG iVm. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG). Daneben treten ein vom Stpfl. gewähltes abweichendes Wirtschaftsjahr (also ein Wirtschaftsjahr, das zwar zwölf Monate beträgt, aber nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmt) und ein Rumpfwirtschaftsjahr von weniger als zwölf Monaten (§ 8b Satz 2 EStDV).4 Der verkürzte Zeitraum kommt vor allem bei Umstellungen auf betrieblicher Ebene (§ 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV) und bei einer Umstellung des Wirtschaftsjahres (§ 8b Satz 2 Nr. 2 EStDV) in Betracht. Weiterhin ist der Einkünfteermittlungszeitraum kürzer als ein Kalenderjahr, wenn etwa eine ausländische Kapitalgesellschaft ihren Ort der Geschäftsleitung ins Inland verlegt und auf diese Weise die unbeschränkte Steuerpflicht erstmals im Laufe eines Jahres begründet wird (§ 7 Abs. 3 Satz 3 KStG).5 Die Umstellung des Wirtschaftsjahres ist weder an eine bestimmte Form noch an eine bestimmte Frist gebunden. Die Entscheidung muss allerdings spätestens bei der Veranlagung getroffen sein6 und wird regelmäßig durch die Einreichung der entsprechenden ersten Schlussbilanz beim Finanzamt vorgenommen.7 Grundsätzlich darf die Umstellung des Wirtschaftsjahres lediglich zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres führen; dem Steuerpflichtigen ist es aber gestattet, zwei Rumpfwirtschaftsjahre hintereinander zu schalten, wenn diesem Vorhaben kein Fall des § 42 AO zugrunde liegt.8 Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts liegt aber nicht schon dann vor, wenn dadurch die Entstehung eines Rumpfwirtschaftsjahres vermieden wird.9
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Der in § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG verwendete Begriff des Abschlusses entspricht demjenigen des § 242 Abs. 1 HGB, während Konzernabschlüsse oder Abschlüsse nach internationalen Rechnungslegungsstandards nicht umfasst sind.10
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Abschlüsse werden nicht nur dann regelmäßig iSd. § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG gemacht, wenn die Körperschaft ihre Abschlüsse alljährlich zum gleichen Stichtag erstellt, weil dann Fälle der Umstellung des Wirtschaftsjahres ausgeschlossen wären.11 Maßgeblich ist vielmehr, dass der Stpfl. seinen Abschlüssen fortlaufend einen bestimmten zwölfmonatigen (oder im Falle der Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres kürzeren) Zeitraum zugrunde gelegt und die Abschlüsse unter Beachtung des Bilanzzusammenhangs (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB) zur Erfüllung der handelsrechtlichen Rechnungslegungsverpflichtung erstellt hat.12 Dies schließt es nicht aus, dass der Steuerpflichtige sein Wirtschaftsjahr einmal oder auch mehrfach nach Maßgabe des § 8b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStDV umstellt.13 Der Ausdruck „regelmäßig“ schließt auch
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1 G v. 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102 = BStBl. I 2009, 650. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 27; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 55. 3 BFH v. 18.5.2000 – IV R 26/99, BStBl. II 2000, 498 = FR 2000, 990 m. Anm. Kanzler. 4 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 28; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 24; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 26; auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 57. 5 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 39. 6 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 31. 7 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 50. 8 BFH v. 16.12.2003 – VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936; ebenso Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 28; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 50; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 31; dagegen auf Gesamtplangrundsätze abhebend Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 39; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 80. 9 BFH v. 9.11.2006 – IV R 21/05, BStBl. II 2010, 230 = FR 2007, 788; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 50. 10 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 28. 11 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 25. 12 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 40; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 28; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 47; auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 25. 13 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 28; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 48; auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 54.
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§ 7 Rz. 46–49
Grundlagen der Besteuerung
nicht aus, § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG bereits auf das erste Wirtschaftsjahr anzuwenden.1 An regelmäßigen Abschlüssen mangelt es aber dann, wenn der Steuerpflichtige den Abschlusszeitpunkt mehrfach willkürlich, also ohne erkennbaren wichtigen Grund, ändert2 bzw. wiederholt keinen Jahresabschluss einreicht3. Umwandlungs-, insolvenz- oder liquidationsbedingte Sonderbilanzen können schon deshalb nicht regelmäßig iSd. § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG sein, weil sie nur anlässlich der Umwandlung/Insolvenz/Liquidation anfallen.4 47
Zwar haben Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, welche nicht nach dem HGB zum Führen von Büchern verpflichtet sind, ihre Besteuerungsgrundlagen grds. nach § 7 Abs. 3 Satz 2 KStG nach dem Kalenderjahr zu ermitteln. Davon lässt die Verwaltung allerdings im Billigkeitswege zwei Ausnahmen zu,5 ohne dass erkennbar ist, warum anderen Stpfl. die entsprechenden Vorteile vorenthalten werden, wenn sie wirtschaftliche Gründe für eine vom Kalenderjahr abweichende Gewinnermittlung haben:6 Nach R 31 Abs. 1 KStR 2004 kann auf kleine Betriebe, Stiftungen, Verbände und Vereine, die einer juristischen Person des öffentlichen Rechts angeschlossen sind oder von ihr verwaltet werden, sowie auf technische Überwachungsvereine § 7 Abs. 4 KStG entsprechend angewendet werden, soweit sie gezwungen sind, ihre Abschlüsse abweichend vom Kalenderjahr aufzustellen. Daneben kann nach R 31 Abs. 2 KStR 2004 bei Körperschaften iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr, die ohne Verpflichtung nach den Vorschriften des HGB ordnungsmäßig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 4 KStG auf Antrag das Wirtschaftsjahr der Besteuerung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zugrunde gelegt werden.
48
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die Land- und Forstwirtschaft betreiben, ohne nach den Vorschriften des HGB zur Führung von Büchern verpflichtet zu sein (das sind insbesondere Vereine, Zweckverbände und Realgemeinden)7, haben nach § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG kraft gesetzlicher Anordnung ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom ersten Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres (bzw. nach § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG und § 8c EStDV ein anderweitiges abweichendes Wirtschaftsjahr). Der entsprechende Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft ist (mit Ausnahme von Veräußerungsgewinnen) zeitanteilig auf beide betroffenen Wirtschaftsjahre aufzuteilen und gilt als in dem jeweiligen Kalenderjahr bezogen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG).8 Allerdings unterfallen Körperschaften, die Land- und Forstwirtschaft betreiben und zugleich nach dem HGB buchführungspflichtig sind, § 7 Abs. 4 KStG.9 Wählen diese Körperschaften freiwillig das besondere Wirtschaftsjahr nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG, dann greift nicht die Bezugsfiktion des § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG, sondern vielmehr § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG.10 Betreibt eine juristische Personen des öffentlichen Rechts einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, ist sie nach § 4 Abs. 1 KStG mit diesen Einkünften nicht steuerpflichtig, weil ein entsprechender Betrieb nicht zu den steuerpflichtigen BgA gehört.11
II. Gewinnzurechnung bei abweichendem Wirtschaftsjahr (Abs. 4 Satz 2) 1. Abweichen des Wirtschaftsjahrs, für das Stpfl. regelmäßig Abschlüsse machen, vom Kalenderjahr 49 § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG regelt, dass in dem Fall, dass bei diesen Stpfl. das Wirtschaftsjahr, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen, vom Kalenderjahr abweicht, der Gewinn aus Gewerbebetrieb als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Mit „die1 2 3 4 5
6 7 8 9 10 11
Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 25. Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 31; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 40 mwN. Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 32. Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 25. Dazu Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 30; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 82; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 34 f.; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 58 ff.; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 7 KStG Rz. 20 f.; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 41. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 30; eine Billigkeitsregelung trotz des „unbestreitbaren arbeitstechnischen Bedürfnisses“ für Organträger-GbR ablehnend Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 37. Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 24. Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 42. Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 36; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 61; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 22. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 31. Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 23.
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E. Grundstze der Gewinnermittlung (Abs. 4)
Rz. 49–52 § 7
sen Stpfl.“ sind die Stpfl. gemeint, die in § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG angesprochen sind, dh., sie müssen nach den Vorschriften des HGB buchführungspflichtig sein und über ein Wirtschaftsjahr verfügen, für das sie regelmäßig Abschlüsse machen.1 Sachlich erstreckt sich § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG auf den Fall der Gewinnermittlung nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr,2 also einen solchen, in dem Steuerbemessungszeitraum und Einkünfteermittlungszeitraum nicht übereinstimmen.3 Dann bedarf es einer Zuordnungsregelung im Sinne einer Fiktion, die bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr darüber entscheidet, welchem Kalenderjahr der Gewinn aus Gewerbebetrieb zuzuordnen ist.4 2. Zuordnung des Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr endet Diese Zuordnung wird in § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG vorgenommen, der unabhängig von der tatsächlichen Gewinnrealisierung fingiert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb in dem Kalenderjahr bezogen wird, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Dadurch wird eine Gewinnaufteilung auf mehrere VZ vermieden.5 Dadurch kann allerdings – anders als bei natürlichen Personen – keine Steuerpause eintreten,6 weil bei Körperschaften mit abweichendem Wirtschaftsjahr § 31 Abs. 2 KStG zu berücksichtigen ist und danach Vorauszahlungen bereits während des Wirtschaftsjahres zu entrichten sind, das in dem VZ endet.7
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Die Bezugsfiktion8 in § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG bezieht sich lediglich auf die zeitliche Gewinnzuordnung,9 ohne jedoch weitere materielle Folgerungen zu ziehen. Insbesondere verdrängt die Norm im Fall des unterjährigen Wechsels von der unbeschränkten zu beschränken Stpfl. und umgekehrt nicht die Rechtsfolgen des § 7 Abs. 3 Satz 3 KStG.10 Als speziellere Zuordnungsvorschrift geht allerdings § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG der Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG vor.
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Die Fiktion des § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG gilt auch für ein Rumpf-Wirtschaftsjahr.11 Stellt etwa ein Stpfl. mit Zustimmung des FA im Laufe eines Kalenderjahres sein Wirtschaftsjahr abweichend vom Kalenderjahr um, endet in dem betreffenden Kalenderjahr als maßgeblichem VZ lediglich ein Rumpf-Wirtschaftsjahr (1. Januar bis Umstellungsstichtag des neu gebildeten Wirtschaftsjahres) und ist dies der einzige Gewinnermittlungszeitraum, der nach § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG in diesem VZ endet.12 Ist umgekehrt ein Rumpf-Wirtschaftsjahr einzulegen, weil die Körperschaft von einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr auf ein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr übergehen möchte, so sind in dem Kalenderjahr des Übergangs sowohl das Ergebnis des abweichenden Wirtschaftsjahres als auch das Ergebnis des Rumpf-Wirtschaftsjahres (also ggf. von 23 Monaten) zu versteuern.13 Dies widerspricht auch nicht § 8b Satz 1 EStDV, wonach ein Wirtschaftsjahr den Zeitraum von höchstens zwölf Monaten nicht überschreiten darf. Die Erfassung der Ergebnisse mehrerer Wirtschaftsjahre in einem VZ ist nämlich eine von der Dauer der Wirtschaftsjahre unabhängige Rechtsfolge des § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG.14 Wurde in einem der beiden Wirtschaftsjahre ein Verlust erzielt, so ist die Verrechnung des Verlusts als Verlustaus-
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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
14
Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 35. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 35. Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 55; ähnlich Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 41. Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 31; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 84. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 36. Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 55; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 31; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 38. Vgl. dazu BFH v. 13.11.1990 – VII R 27/90, BFH/NV 1997, 775. Vgl. Suchanek, FR 2013, 349 (350). Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 38; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 46; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 31 („Phasenverschiebung“). Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 36. Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 57; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 85; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 48. Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 46; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 33; Schulte in Erle/ Sauter3, § 7 KStG Rz. 57. BFH v. 29.7.1970 – I R 181/66, BStBl. II 1970, 788; v. 4.12.1991 – I R 140/90, BStBl. II 1992, 750; v. 12.7.2007 – X R 34/05, BStBl. II 2007, 775 = FR 2008, 27; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 33; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 57. Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 49 – unter Verweis auf BFH v. 4.12.1991 – I R 140/90, BStBl. II 1992, 750.
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§ 7 Rz. 52–55
Grundlagen der Besteuerung
gleich innerhalb eines VZ und nicht als Verlustvor- oder -rücktrag zu werten.1 Für einen Verlustabzug gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG iVm. § 10d EStG ist also kein Raum.2 53
Problematisch sind Fälle, in denen eine Körperschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr an einer Personengesellschaft mit nicht identischem abweichendem Wirtschaftsjahr bzw. dem Kalenderjahr entsprechendem Wirtschaftsjahr beteiligt ist. Hier stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG zu § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG. Richtigerweise sind die Einkünfte aus der Personengesellschaft in dem Wirtschaftsjahr der Körperschaft zu erfassen, das am Bilanzstichtag der Personengesellschaft läuft.3 Dies folgt daraus, dass der Beteiligungsgewinn im Gewinn der Körperschaft aufgeht, sodass ausschließlich die Bezugsfiktion des § 7 Abs. 4 Satz 2 KStG für die Zuordnung zum richtigen VZ entscheidend ist.4 Entsprechend sind auch Gewinne aus der Veräußerung der Anteile an einer Personengesellschaft, für welche § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG ohnehin nicht gilt, in dem VZ zu versteuern, in dem das Wirtschaftsjahr der Körperschaft endet. Es ist also nur das Ergebnis dieses verkürzten Zeitraums als Gewinn des Kalenderjahres, in welchem der Stpfl. die Umstellung vorgenommen hat, zu erfassen.5
III. Umstellung auf abweichendes Wirtschaftsjahr (Abs. 4 Satz 3) 1. Umstellung des Wirtschaftsjahres auf vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum 54 Nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG ist die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum steuerlich nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem FA vorgenommen wird. Das Wort „Umstellung“ impliziert, dass der Stpfl. zuvor seinen Gewinn nach einem anderen (kalenderjahrgleichen oder von diesem abweichenden) Wirtschaftsjahr ermittelt hat. Liegt keine Umstellung des Wirtschaftsjahres vor, so ist entsprechend § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG nicht anwendbar.6 Entsprechend unterliegt die erstmalige Wahl eines Wirtschaftsjahres (etwa bei erstmaliger Entstehung einer juristischen Person, Betriebseröffnung) mangels Umstellung auch keinen Restriktionen nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG.7 Gleiches gilt für ein sich (etwa bei Beendigung der inländischen Stpfl. oder der Umwandlung, Liquidation oder Insolvenz des Stpfl.) automatisch ergebendes Rumpf-Wirtschaftsjahr.8 55
Wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 EStG notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Umstellung des steuerlichen Wirtschaftsjahres ist es, dass ebenfalls eine wirksame (dh. im Fall des Abweichens vom Kalenderjahr unter Beachtung der §§ 53, 54 GmbHG, § 181 AktG, § 8 Abs. 1 Nr. 3 GenG und § 33 Abs. 1 BGB durch Satzungsänderung und deren Eintragung in das Handelsregister9 vorzunehmende) Umstellung des handelsrechtlichen Geschäftsjahres erfolgt.10 Eine rückwirkende Änderung des Geschäftsjahrs ist dabei wegen §§ 54 Abs. 3 GmbHG, § 181 Abs. 3 AktG ausgeschlossen.11 Deshalb muss die Eintragung in das Handelsregister vor Ablauf des betreffenden neuen Wirtschaftsjahres erfolgen, weil ansonsten Kapitalerhaltungsvorschriften durch Bildung eines Rumpf-Wirtschaftsjahres umgangen werden können12 und eine rückwirkende Heilung durch die Eintragung ausgeschlossen ist.13 Das gilt auch steuerrechtlich, sodass es auch in-
1 Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 49. 2 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 57 mwN. 3 BFH v. 30.9.1964 – I 231/62 U, I 232/62 U, BStBl. III 1965, 54; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 32; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 39; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 56; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 86. 4 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 36. 5 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 36. 6 BFH v. 27.9.1979 – IV R 89/76, BStBl. II 1980, 94 = FR 1980, 48; vgl. auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 88. 7 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 36; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 89; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 40. 8 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 40; auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 91. 9 Dazu die Nachweise bei Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 66; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 94 f.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 37; auch Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 44a f.; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 62 ff. 10 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 40; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 93; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 66. 11 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 66. 12 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 66. 13 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 38 mwN.
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E. Grundstze der Gewinnermittlung (Abs. 4)
Rz. 55–58 § 7
soweit ausreicht, wenn die Eintragung in das Handelsregister innerhalb des ersten von der Änderung betroffenen Wirtschaftsjahres erfolgt.1 Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs muss nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum, also entweder vom Kalenderjahr auf einen von diesem abweichenden Zeitraum oder von einem vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum auf einen anderen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum,2 erfolgen, um das Einvernehmen des FA erforderlich zu machen. Die Umstellung auf ein kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr unterfällt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG nicht seinem Anwendungsbereich, insoweit ist deshalb auch kein Einvernehmen des FA erforderlich.3 Allerdings muss wegen § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG das Wirtschaftsjahr, das auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umgestellt wird, den Anforderungen an regelmäßige Abschlüsse genügen.4
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2. Steuerliche Wirksamkeit nur bei Einvernehmen des FA Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum 57 (Umstellung von kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr oder von einem bereits vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr auf ein anderes vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr) ist nach § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG steuerlich nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem FA vorgenommen wird. Es ist also – sei es im Vorfeld oder erst nachfolgend5 – die Zustimmung des FA zur Umstellung erforderlich.6 Dies dient nach der Vorstellungswelt des Gesetzgebers7 der Vermeidung willkürlicher (und damit also missbräuchlicher)8 Änderungen des Wirtschaftsjahres durch den Stpfl.; es sollen also keine Änderungen des Wj. ohne ernsthafte betriebliche Gründe und nur steuermotiviert vorgenommen werden können.9 Die Erklärung des Einvernehmens steht im (von den FG nur im Rahmen des § 102 FGO auf Ermessensüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch überprüfbaren)10 Ermessen des FA (§ 5 AO),11 das zur ordnungsgemäßen Ermessensausübung zunächst den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu ermitteln hat.12 Im Rahmen seiner Ermessensausübung hat es sodann zunächst zu überprüfen, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Umstellung (insbesondere die Wirksamkeit der handelsrechtlichen Geschäftsjahrsumstellung und das Vorliegen regelmäßiger Abschlüsse iSd. § 7 Abs. 4 Satz 1 KStG)13 vorliegen. Sodann hat das FA die für die Umstellung des Wirtschaftsjahres vorgebrachten wirtschaftlichen Erwägungen des Stpfl. einerseits und die steuerlichen Auswirkungen gegeneinander abzuwägen und eine Sachentscheidung zu treffen.14
1 BFH v. 18.9.1996 – I B 31/96, BFH/NV 1997, 378; ebenso Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 67; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 38; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 65; aA FG Nürnberg v. 6.10.1998 – I 243/96, EFG 1998, 1693: Eintragung vor Beginn des Rumpf-Wj. 2 Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 42; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 65; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 41. 3 Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 67; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 42 u. 44a. 4 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 41; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 64. 5 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 42. 6 BFH v. 8.10.1969 – I R 167/66, BStBl. II 1970, 85; v. 9.1.1974 – I R 141/72, BStBl. II 1974, 238; v. 24.4.1980 – IV R 149/76, BStBl. II 1981, 50. 7 BT-Drucks. II/481, 72. 8 Vgl. BFH v. 24.4.1980 – IV R 149/76, BStBl. II 1981, 50; auch Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 48. 9 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 43; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 53; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 78 f.; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 70. 10 Dazu und zu Fällen der „Ermessensreduzierung auf null“ vgl. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 44; auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 110; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 53; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 46; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 76; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 69; aA im Sinne einer gebundenen Entscheidung (Rechtsanwendung aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe) aber Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 41. 11 BFH v. 24.4.1980 – IV R 149/76, BStBl. II 1981, 50; v. 15.6.1983 – I R 76/82, BStBl. II 1983, 672 = FR 1983, 566; v. 23.9.1999 – IV R 4/98, BStBl. II 2000, 5 = FR 2000, 101 m. Anm. Kanzler. 12 BFH v. 22.2.1972 – VII R 80/69, BStBl. II 1972, 544; v. 31.3.1976 – I R 51/74, BStBl. II 1976, 499; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 77. 13 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 44. 14 BFH v. 8.9.1971 – I R 165/68, BStBl. II 1972, 87; v. 15.6.1983 – I R 76/82, BStBl. II 1983, 672 = FR 1983, 566; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 75.
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§ 7 Rz. 59–60
Grundlagen der Besteuerung
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Das FA hat sein Einvernehmen zu erteilen, wenn der Stpfl. ernsthafte (nicht hingegen zwingende oder besonders dringliche)1 betriebliche bzw. wirtschaftliche Gründe für die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum vorweisen kann.2 Dazu ist es ausreichend, wenn die Umstellung eine auf Dauer nützliche Maßnahme für den Betrieb des Stpfl. darstellt.3 Als anzuerkennende wirtschaftliche Gründe kommen etwa in Betracht (speziell zu Organschaftsfällen vgl. Rz. 62): die Vermeidung eines Rumpf-Wirtschaftsjahres4 bzw. die Anpassung an geänderte gesetzliche Bestimmungen5, das Ausräumen von personellen oder technischen Inventurschwierigkeiten6, die Rationalisierung von Betriebsabläufen7 (insbesondere zur Kostensenkung, Effizienzsteigerung oder Verbesserung von Konzernstrukturen)8, die Verbesserung der Gewinnermittlung bei Umstellung des Wirtschaftsjahrs eines Pächters auf ein davon abweichendes Pachtjahr9 bzw. der Aussagekraft von Betriebsvergleichsrechnungen10 bzw. die Vereinheitlichung des Abschlussstichtags im Konzern11. Ob die Erlangung eines erweiterten safe haven iSd. § 8a KStG als ernsthafter betriebswirtschaftlicher Grund anzuerkennen ist, ist unklar,12 dürfte aber mit Blick auf die dadurch erreichbare größere Finanzierungsfreiheit zu bejahen sein.13 Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn ausschließlich steuerliche Vorteile (etwa in Form einer Steuerpause) erlangt bzw. entsprechende Nachteile vermieden werden sollen.14 Sind neben Steuervorteilen aber auch gewichtige wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend, so ist die Zustimmung des FA zu erteilen.15 Ansonsten ist die Zustimmung des FA auch dann zu erteilen, wenn das Entstehen eines Rumpf-Wirtschaftsjahres und eines abweichenden Wirtschaftsjahres Folge eines anderweitigen Gesetzesbefehls ist (so insbesondere in Fällen der Insolvenz nach Maßgabe des § 155 Abs. 2 InsO16)17.
60
Verfahren. Um das Einvernehmen des FA für die Umstellung des Wirtschaftsjahres zu erhalten, muss der Stpfl. einen entsprechenden Antrag stellen. Er setzt keine bestimmte Form voraus und kann auch erst konkludent mit Abgabe der Steuererklärung gestellt werden18, muss aber – und sei es konkludent – die Erklärung enthalten, dass und in welcher Weise das Wirtschaftsjahr umgestellt werden soll19. Auch sind dem FA die für seine Sachentscheidung erforderlichen Tatsachen (wirtschaftliche Gründe für die Umstellung) mitzuteilen sowie die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen (insbesondere zur gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit der Umstellung) beizufügen (Darlegungslast des Stpfl.).20 Das FA hat nach erfolgter Ermessensentscheidung sein Einvernehmen oder dessen Versagung gegenüber dem Stpfl. zu erklären, wobei auch diese Erklärung keiner bestimmten Form unterliegt und entweder im
1 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 44; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 47; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 70. 2 BFH v. 8.9.1971 – I R 165/68, BStBl. II 1972, 87; v. 15.6.1983 – I R 76/82, BStBl. II 1983, 672 = FR 1983, 566; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 106. 3 BFH v. 9.1.1974 – I R 141/72, BStBl. II 1974, 238. 4 BFH v. 9.11.2006 – IV R 21/05, BFH/NV 2007, 1002 = FR 2007, 788; dazu auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 36. 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 41. 6 BFH v. 12.3.1965 – VI 109/64 U, BStBl. III 1965, 287. 7 BFH v. 15.6.1983 – I R 76/82, BStBl. II 1983, 672 = FR 1983, 566. 8 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52. 9 BFH v. 8.10.1969 – I R 167/66, BStBl. II 1970, 85. 10 BFH v. 8.9.1971 – I R 165/68, BStBl. II 1972, 87. 11 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 44; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 70. 12 Vgl. Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 85; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 107. 13 AA Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 49. 14 BFH v. 9.1.1974 – I R 141/72, BStBl. II 1974, 238; v. 24.4.1980 – IV R 149/76, BStBl. II 1981, 50; v. 18.12.1991 – XI R 40/89, BStBl. II 1992, 486 = FR 1992, 374; auch Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 107; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 71; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 36 u. 42; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 49; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 80; kritisch aber mit Blick auf steuerliche Subventionstatbestände Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52. 15 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 72; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 79; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52. 16 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 45; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 51; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 74. 17 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 74. 18 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 68; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 69; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52. 19 Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52. 20 Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 68; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52.
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Herlinghaus
E. Grundstze der Gewinnermittlung (Abs. 4)
Rz. 60–62 § 7
Veranlagungsverfahren oder aber durch gesonderten Verwaltungsakt ergehen kann.1 Der Stpfl. hat insoweit einen Anspruch auf eine Entscheidung. Die Einvernehmenserklärung bzw. die Versagung des Einvernehmens stellt einen (selbstständig anfechtbaren) Grundlagenbescheid iSd. § 171 Abs. 10 AO dar, der für das Veranlagungsverfahren und bei unverändertem Sachverhalt auch für jedes nachfolgende Veranlagungsverfahren Bindungswirkung entfaltet.2 Rechtsfolgen der Erteilung/Verweigerung des Einvernehmens. Stimmt das FA der Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum zu, ist bei der Gewinnermittlung fortan das neu gewählte Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen. Der erste Gewinnermittlungszeitraum stellt dabei regelmäßig ein Rumpf-Wirtschaftsjahr dar.3 Versagt das FA seine Zustimmung zur Umstellung, ist der steuerliche Gewinn weiter nach dem bereits vor der Umstellung maßgebenden Wirtschaftsjahr zu ermitteln.4 Soweit der Stpfl. seinen handelsrechtlichen Abschluss auf den wegen § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG steuerlich unzulässigen Zeitpunkt erstellt, kommt es zu einer Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes,5 die aber (vorbehaltlich der ggf. nicht stichtagsgerecht durchgeführten Inventur)6 nicht die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung berührt. Das FA ist auch nicht zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) berechtigt, soweit der Stpfl. im Weiteren einen Abschluss auf das Ende des bisherigen Wirtschaftsjahrs vorlegt.7 Ansonsten hat das FA in der Form zu schätzen, dass der Gewinn zeit- oder umsatzanteilig auf die steuerlich maßgeblichen Gewinnermittlungszeiträume aufgeteilt wird,8 wobei einmalige Vorgänge dem VZ zuzuordnen sind, in den sie fallen.9
61
In Organschaftsfällen10 gelten mit Blick auf die Umstellung von Wirtschaftsjahren folgen- 62 de Besonderheiten: Die FinVerw. sieht in der Beendigung von Organschaftsverhältnissen einen ausreichenden Grund für die Umstellung des Wirtschaftsjahres, um die fortbestehende Erfüllung des Kriteriums der finanziellen Eingliederung abschließend zu gewährleisten; entsprechend ist die erforderliche Zustimmung iSd. § 7 Abs. 4 Satz 3 KStG zu erteilen.11 Das durch die Umstellung entstehende Rumpf-Wirtschaftsjahr ist dann Wirtschaftsjahr iSd. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG;12 mithin kann auf das Ende dieses Rumpf-Wirtschaftsjahres der Gewinnabführungsvertrag wirksam beendet und die Beteiligung an der Organgesellschaft unschädlich für das Organschaftsverhältnis zum Veräußerer verkauft werden.13 Wird die Beteiligung an der OG zum Ende des Rumpf-Wirtschaftsjahres veräußert, so erlangt der Erwerber zu Beginn des anschließenden Wirtschaftsjahres das wirtschaftliche Eigentum an der Organgesellschaft,14 sodass die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung ebenfalls ab Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft im Verhältnis zum neuen Organträger erfüllt ist. Das Wirtschaftsjahr kann sogar bei Begründung des Organschaftsverhältnisses direkt im Anschluss erneut umgestellt werden,15 um den Abschlussstichtag der Organgesell-
1 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 45; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 103 und 109; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 75; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 40; vgl. auch Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 45; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 70 ff. 2 BFH v. 18.3.1964 – IV 284/63 U, BStBl. III 1964, 306; v. 23.9.1999 – IV R 4/98, BStBl. II 2000, 5 = FR 2000, 101 m. Anm. Kanzler; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 45; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 104; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 43 wegen des nicht vorhandenen Umstellungszwangs für den Stpfl. 3 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 46. 4 BFH v. 7.2.1969 – VI R 88/67, BStBl. II 1969, 337; v. 8.10.1969 – I R 167/66, BStBl. II 1970, 85; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 52; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 7 KStG Rz. 111; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 52. 5 BFH v. 18.5.2000 – IV R 26/99, BStBl. II 2000, 498 = FR 2000, 990 m. Anm. Kanzler; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 7 KStG Rz. 46. 6 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 47; auch Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 73; Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 76. 7 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 47; Lambrecht in Gosch2, § 7 KStG Rz. 54. 8 BFH v. 23.9.1999 – IV R 41/98, BStBl. II 2000, 24 = FR 2000, 202 m. Anm. Kempermann. 9 Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 46. 10 Vgl. allgemein zur Umstellung von Wj. in Organschaftsfällen Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 48 f.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 7 KStG Rz. 44; Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 50 ff.; Lang in Ernst & Young, § 7 KStG Rz. 86 ff. 11 Fall der „Ermessensreduzierung auf null“: R 59 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004. 12 R 59 Abs. 1 Satz 3 KStR 2004. 13 R 59 Abs. 2 KStR 2004. 14 R 59 Abs. 2 KStR 2004. 15 Vgl. zu Fällen mehrfacher Umstellung ansonsten Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 48; auch Schulte in Erle/Sauter3, § 7 KStG Rz. 73.
Herlinghaus
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§ 7 Rz. 62
Grundlagen der Besteuerung
schaft dem im Organkreis üblichen Abschlussstichtag anzupassen.1 Kommt es im Rahmen der Umwandlung der Organgesellschaft (insbesondere wegen ihres umwandlungsbedingten Untergangs) zur Beendigung ihrer Stpfl., entsteht auf den steuerlichen Übertragungsstichtag automatisch ein Rumpf-Wirtschaftsjahr, für das es weder der gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeit noch (mangels „Umstellung“) der Zustimmung des FA bedarf.2 Soll die Organgesellschaft in einen anderen Rechtsträger eingebracht werden, so bedarf es der Umstellung des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, zu der – vorbehaltlich der handelsrechtlichen Geschäftsjahrsumstellung3 – das FA seine Zustimmung zu erteilen hat.4 Für die wirksame Begründung eines Organschaftsverhältnisses zum neuen Organträger bedarf es mit Blick auf die erforderliche Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags dann keiner Umstellung des Wirtschaftsjahres, wenn der Organträger qua Rechtsnachfolge oder Besitzzeitanrechnung in die Rechtsposition der Überträgerin einrückt.5 Andernfalls bedarf es zwar der Umstellung des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, das FA hat aber seine Zustimmung zu erteilen.6
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R 59 Abs. 3 Satz 2 u. 3 KStR 2004. BFH v. 21.12.2005 – I R 66/05, BStBl. II 2006, 469 = FR 2006, 604. Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 49. R 59 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004. So mit Blick auf BFH v. 28.7.2010 – I R 111/09, BFH/NV 2011, 67, richtig Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 49. 6 R 59 Abs. 3 Satz 1 KStR 2004.
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Herlinghaus
§8 Ermittlung des Einkommens (1) 1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes. 2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich. 3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen. (2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. (3) 1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird. 2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht. 3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht. 4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat. 5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert. 6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung. 1(4) 1Voraussetzung fu ¨r den Verlustabzug nach § 10d des Einkommensteuergesetzes ist bei einer Ko ¨rperschaft, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Ko ¨r¨ t liegt insbesonperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. 2Wirtschaftliche Identita dere dann nicht vor, wenn mehr als die Ha ¨ lfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft u ¨bertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Gescha ¨ ftsbetrieb mit u ¨ berwiegend neuem Betriebsvermo ¨gen fortfu ¨hrt oder wieder aufnimmt. 3Die Zufu ¨ hrung neuen Betriebsvermo ¨gens ist unscha ¨ dlich, wenn sie allein der Sanierung des Gescha ¨ ftsbetriebs dient, der den verbleibenden Verlustabzug im Sinne des § 10d Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes verursacht hat, und die Ko ¨rperschaft den Gescha ¨ ftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verha ¨ ltnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fu ¨nf 4 Jahren fortfu ¨hrt. Entsprechendes gilt fu ¨r den Ausgleich des Verlustes vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der Anteilsu ¨bertragung.
(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz. (6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig. (7) 1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind 1. bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben; 2. bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. 2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen. 2Ein
Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungsoder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.
1 § 8 Abs. 4 KStG wurde durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) aufgehoben. Zur Weiteranwendung s. Rz. 1613 ff. sowie § 34 KStG Rz. 65 f.
Intemann u.a.
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§8
Ermittlung des Einkommens
(8) 1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt. 2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden. 3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig. 4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt. 5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden. (9) 1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen: 1. Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen; 2. Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden; 3. alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen. 2Für
jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln. 3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit. 4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden. 5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben. 6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen. 7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden. 8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend. (10) 1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden. 2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . .
1
B. Einkommen der Körperschaft (Abs. 1) . . . I. Grundaussagen des Absatzes 1 . . . . . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . II. Das Einkommen der körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekte (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Ermittlung des Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition des Einkommensbegriffs b) Ermittlung des Einkommens . . . . .
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Intemann u.a.
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2. Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermittlung des Einkommens im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbare einkommensteuerliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . b) Verdeckte Gewinnausschüttung. . . c) Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG d) Behandlung von Einlagen . . . . . . . . e) Steuerfreie Einkünfte . . . . . . . . . . . f) Ausländische Einkünfte . . . . . . . . . g) Auswirkungen einer Organschaft . . h) Hinzurechnungen und Kürzungen bei Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . i) Nicht abzugsfähige Aufwendungen.
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§8
Ermittlung des Einkommens
III. 1. 2. 3.
IV.
j) Berücksichtigung von Verlusten. . . k) Behandlung angeschaffter Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderregelung für Betriebe gewerblicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebe gewerblicher Art im Sinne des § 4 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr entbehrlich . . . . . . . . . . Einkommensermittlung bei inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (Abs. 1 Satz 3) . . . . . . .
C. Fiktion gewerblicher Einkünfte bei bestimmten Körperschaften (Abs. 2) . . . . . . I. Grundaussagen des Absatzes 2 . . . . . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . a) Vormals Anknüpfung an die Buchführungspflicht nach HGB . . . . . . . b) Seit 2006: Anknüpfung an die Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . a) Verhältnis zu Vorschriften des KStG, GewStG und des UStG . . . . b) Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinbarkeit mit Europarecht . . . II. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unbeschränkt Steuerpflichtige iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 . . . . . . . . . . . . . . . a) Unbeschränkte Steuerpflicht . . . . b) Steuerpflichtige iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . bb) Genossenschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Versicherungs- und Pensionsfondsvereine (§ 1 Abs. 1 Nr. 3). . . . c) Gewerbliche Einkünfte der nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 unbeschränkt steuerpflichtigen Rechtssubjekte . 2. Alle Einkünfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einkünfte iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG . . . . . . . . . . . . . . b) Andere „Einkünfte“ . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . cc) Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . dd) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rezeption der Rechtsprechung . . (2) Aktueller Meinungsstand . . . . . . . ee) Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . (1) Historisch-systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gewandelte Auffassung des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anerkennung der BFH-Rechtsprechung als richterliche Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsfolgen bei Einkünften iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG . . . . . . . . . . . . .
65 71 72 72 73
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77 80 80 80 82 82 84 86 86 89 90 92 92 92 93 93 94 97
98 102 102 103 103 105 110 111 111 113 115 115 117
118 122 122
2. Rechtsfolgen bei sonstigen „Einkünften“ der Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG . . . . . . . . . . a) Fiktion von Einkünften iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG . . . . . . . . . . . . . b) Ansatz „liebhabereigeneigter“ vGA c) Dauerverlustkapitalgesellschaften der öffentlichen Hand . . . . . . . . . . . D. Verdeckte Gewinnausschüttungen (Abs. 3 Sätze 1 und 2 Alt. 1) . . . . . . . . . . . . I. Grundaussagen des Absatzes 3 Sätze 1 und 2 Alt. 1 . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zu § 38 Abs. 1 Satz 3 und § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG (Abfluss der vGA) . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis zu § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG (Entnahmen) . . . . . . . . . . . d) Verhältnis zu § 4 Abs. 4 EStG (Betriebsausgaben) . . . . . . . . . . . e) Verhältnis zu § 4 Abs. 5 EStG (nicht abziehbare Betriebsausgaben) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verhältnis zum Handelsrecht . . . . g) Verhältnis zu § 1 AStG . . . . . . . . . h) Verhältnis zu Art. 9 OECD-MA . . . i) Verhältnis zu § 42 AO . . . . . . . . . . j) Verhältnis zu § 4h EStG und § 8a KStG (Zinsschranke) . . . . . . k) Verhältnis zum ErbStG . . . . . . . . aa) Schenkungsteuerpflicht verdeckter Gewinnausschüttungen . . . . . bb) Problem der doppelten Besteuerung mit ErbSt und ESt . . . . . . . . cc) Vereinbarung von Rückzahlungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) VGA im Konzern als Schenkung . . 4. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . II. Systematik und Grundlagen . . . . . . . . 1. Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung . . . . . . . . . . a) Vermögensminderung . . . . . . . . . . b) Verhinderte Vermögensmehrung . . c) Vorteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen der societatis causa . . . b) Fremdvergleich . . . . . . . . . . . . . . . c) Üblichkeit, Ernsthaftigkeit . . . . . . . 4. Vorteilsgeneigtheit der vGA . . . . . . . . 5. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Veranlassungsprüfung . . . . . . . . . . . . 6. Besonderheiten bei beherrschenden Gesellschaftern (formeller Fremdvergleich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze des Rückwirkungsund Nachzahlungsverbots . . . . . . b) Beherrschende Stellung des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . .
Intemann u.a.
125 125 126 128 129 129 129 133 143
143 149 153 154
156 159 165 170 176 179 181 181 187 189 190 192 198 198 198 210 214 221 225 225 228 242 247 261
267 267 277
327
§8
Ermittlung des Einkommens Zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mündliche Vereinbarungen zwischen Gesellschafter und GmbH . e) Durchführungsgebot . . . . . . . . . . 7. Rechtsfolgen der vGA . . . . . . . . . . . . . a) Außerbilanzielle Korrektur der vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Systematische Grundlagen . . . . . bb) Hinzurechnung bei fehlerhafter Verbuchung im „Ursprungsjahr“ . cc) Unterbliebene Hinzurechnung im Ursprungsjahr . . . . . . . . . . . . . dd) Spätere Rückstellungsauflösung . (1) Die Teilbeträge I und II zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Hauptproblemfeld Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Auflösung einer Pensionsrückstellung vor Eintritt des Versorgungsfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Auflösung einer Pensionsrückstellung nach Eintritt des Versorgungsfalls. . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bilanzielle Wirkungen der vGA . . . c) Steuerliche Auswirkungen der vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesellschafter sind natürliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Umqualifizierung von Leistungsentgelt (zB Gehalt) in vGA. . . . . . (3) Noch nicht zugeflossene Vergütung (zB Pensionsanwartschaft) als vGA . . . . . . . . . . . . . . (4) Zugeflossene vGA, die aber erstmals steuerlich erfasst wird . . . . . bb) Gesellschafter sind Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . d) Verbrauchstheorie/Fiktionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auswirkungen der vGA „im Dreieck“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einlagefähiges Wirtschaftsgut als Gegenstand der vGA. . . . . . . . cc) Nutzungsvorteil oder Nutzungsrecht als Gegenstand der vGA . . . dd) Grenzüberschreitende vGA „im Dreieck“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Geber und Empfänger des Vorteils im Ausland . . . . . . . . . . . . . . (3) Vorteilszuwendende Körperschaft im Ausland. . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vorteilsempfangende Körperschaft im Ausland . . . . . . . . . . . . (5) Muttergesellschaft im Ausland. . . 8. Erfassung der vGA beim Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Korrespondenz zur Behandlung auf Ebene der Kapitalgesellschaft
b)
c)
328
Intemann u.a.
286 286 291 294 296 301 315 315 315 316 317 318
318
320
321
322 325 330 330 330 331
332 333 334 338 341 341 342 343 346 346 347 348 349 350 351 351
Erfassung einer vGA beim Gesellschafter ohne Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Kapitalgesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitpunkt der Erfassung einer vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nahestehende Person des Gesellschafters als Begünstigte der vGA aa) Grundsätze des Nahestehens . . . . bb) Begünstigter steht einem Minderheitsgesellschafter nahe . . . . . . . . cc) Die nahestehende Person ist nicht Gesellschafter . . . . . . . . . . . dd) Die nahestehende Person ist selbst Gesellschafter . . . . . . . . . . ee) Der Begünstigte steht mehreren Gesellschaftern nahe . . . . . . . . . . ff) VGA-Zurechnung bei Verstößen gegen das Rückwirkungs- und Nachzahlungsverbot . . . . . . . . . . e) Zurechnung zum wirtschaftlichen Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Künftiger Gesellschafter als Empfänger der vGA . . . . . . . . . . . g) Ausgeschiedene Gesellschafter als Empfänger der vGA. . . . . . . . . 9. Verfahrensfragen bei vGA . . . . . . . . . . 10. Beweislast bei vGA . . . . . . . . . . . . . . . 11. Bewertung von vGA . . . . . . . . . . . . . . III. Einzelnachweise (ABC der verdeckten Gewinnausschüttungen) . . . . . . . . Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abfindung an einen lästigen Gesellschafter wegen Beendigung der Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abfindung an den Gesellschafter-Geschäftsführer wegen Beendigung des Dienstverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . AfA als vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Altersversorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktiengesellschaft und vGA . . . . . . . . . . . . Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Gehaltsvereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundlagen der Angemessenheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formeller Fremdvergleich bei beherrschenden GesellschafterGeschäftsführern . . . . . . . . . . . . . . b) Materieller Fremdvergleich im Rahmen einer mehrstufigen Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelheiten der Angemessenheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen der Schätzung. . . . . . . b) Rahmenbedingungen der Schätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schätzungsmethoden . . . . . . . . . . d) Bandbreitenbetrachtung . . . . . . . . e) Zuordnung der vGA bei mehreren Vergütungsbestandteilen . . . . . . . . f) Mehrere Geschäftsführer einer GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Mehrfachgeschäftsführung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359 361 366 366 367 368 369 371
372 373 374 377 381 383 391 407 407
407
416 425 427 428 435
435 443
443
445 449 449 450 455 461 464 470
476
§8
Ermittlung des Einkommens h) Gehaltssteigerungen . . . . . . . . . . . i) Gehaltsschwankungen . . . . . . . . . . j) GmbH in der Aufbauphase. . . . . . . Anteilsübertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die unterschiedlichen Fallvarianten . . 2. Ermittlung des gemeinen Werts (Verkehrswert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendung von § 8b KStG bei einer vGA im Zuge einer Anteilsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitszeitkonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktionsweise und grundsätzliche steuerliche Behandlung . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten beim GesellschafterGeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . Arztkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsratsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausbildungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auslandsreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Außerbetriebliche Sphäre einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausstehende Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . Avalprovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . BahnCard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bandbreite der Angemessenheit . . . . . . . . . Bauten auf einem Gesellschaftergrundstück. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beendigung einer vGA bei Dauertatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beerdigungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratervertrag zwischen Gesellschafter und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beratungsleistungen neben der Geschäftsführertätigkeit . . . . . . . . . . 3. Beratung durch Nur-Gesellschafter (nicht Geschäftsführer) . . . . . . . . . . . 4. Beratung durch einen pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . 5. Typische Fallgestaltungen . . . . . . . . . 6. Art und Angemessenheit des Beratungsentgelts . . . . . . . . . . . . . . . Besserungsleistungen der GmbH . . . . . . . . Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligungsveräußerung . . . . . . . . . . . . . . Betriebe gewerblicher Art. . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Leistungsbeziehungen zur Trägerkörperschaft . . . . . . . . 2. Regiebetrieb und Eigenbetrieb . . . . . . 3. Anforderungen an eine Vereinbarung zwischen BgA und Trägerkörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewinnerzielungsabsicht, Liebhaberei . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zusammenfassung von Gewinnund Verlustbetrieben als vGA?. . . . c) Vermögensübertragungen zwischen BgA als vGA? . . . . . . . . . . . . d) Miet- und Pachtverhältnisse zwischen BgA und Trägerkörperschaft e) Darlehen und Kapitalausstattung . f) Leistungen an nahestehende Personen der Trägerkörperschaft . . . .
483 490 492 494 494 501
504 505 505 508 511 512 513 514 516 517 518 522 523 524 525 526 527 528 528 530 541 542 545 546 550 556 557 558 558 560
563 564 564 566 572 576 577 584
g) Sonstige Einzelfälle . . . . . . . . . . . . h) Konzessionsabgaben . . . . . . . . . . . 5. Kapitalertragsteuer auf vGA an die Trägerkörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Laufende Besteuerung . . . . . . . . . . . . a) Klare und eindeutige Pachtvereinbarung im Voraus . . . . . . . . . . . . . . b) Überhöhte Pachtzahlungen . . . . . . c) Unangemessen niedriger Pachtzins d) Anpassung der Pachtvereinbarung . e) Sonstige Einzelfragen . . . . . . . . . . . 2. Behandlung des Geschäfts- bzw. Firmenwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pacht für den überlassenen Geschäftswert . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übergang des Firmenwerts bei Begründung der Betriebsaufspaltung . c) Beendigung der Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewirtungsaufwendungen. . . . . . . . . . . . . . Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Buchungsfehler, Buchungsirrtum . . . . . . . . Bürgschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darlehen der GmbH an den Gesellschafter oder eine nahestehende Person (zB Schwestergesellschaft) . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtliche Anforderungen . . . . c) Bedeutung der Rückzahlungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Steuerliche Rechtsfolgen der Nichtannahme eines Darlehens . . . e) Verbotene Darlehen nach § 43a GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Darlehensgewährung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen . . . . . . g) Rechtsfolgen einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehensgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Darlehen des Gesellschafters an die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerliche Anforderungen an ein Gesellschafterdarlehen . . . . . . . b) Behandlung der Zinsen bei gesellschaftsrechtlich veranlassten (kapitalersetzenden) Darlehen . . . . c) Rangrücktrittsvereinbarungen . . . . d) Forderungsverzicht mit Besserungsschein . . . . . . . . . . . . . . . . e) Tatsächliche Durchführung der Darlehensvereinbarung . . . . . . . . . f) Angemessene Verzinsung . . . . . . . . g) Abzinsung unverzinslicher Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . h) Verzicht auf die Einrede der Verjährung als vGA . . . . . . . . . . . . i) Abschreibung des Gesellschafterdarlehens auf der Ebene des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . Dauerverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dealing-at-arm’s-length-Prinzip . . . . . . . . . Diebstahl, Unterschlagung oder Untreue durch einen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . Dienstverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Intemann u.a.
585 586 587 590 591 591 592 599 600 601 604 608 609 610 611 612 616 622 628
628 628 629 631 635 636 639
646 655 655
658 660 661 662 663 664 668
669 670 676 677 678 681
329
§8
Ermittlung des Einkommens
Dienstwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direktversicherung zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . Domizilgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . Down-stream-merger . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchführungsgebot. . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchlaufender Posten. . . . . . . . . . . . . . . . Eigene Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtslage vor BilMoG . . . . . . . . . . . . a) Erwerb eigener Anteile . . . . . . . . . . b) Veräußerung eigener GmbH-Anteile an die Gesellschafter . . . . . . . 2. Rechtslage nach BilMoG . . . . . . . . . . a) Erwerb eigener Anteile . . . . . . . . . . b) Veräußerung eigener Anteile . . . . . Eigengeschäfte des Gesellschafters . . . . . . Einbauten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfamilienhaus (Nutzung durch den Gesellschafter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einlage/Mindesteinlage. . . . . . . . . . . . . . . . Einlagekonto/Einlagenrückgewähr . . . . . . . Einmann-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinbarungen über Leistungsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten beim Zufluss . . . . . . . 3. Wettbewerbsverbot und Alleingesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zurechnung der Geschäfte der GmbH (Durchgriff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einnahmezuschätzungen im Rahmen einer Betriebsprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbschaft der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . Erfindervergütungen an GesellschafterGeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung der Vergütungen . . . . . . . . a) Erfindungen als Ausfluss der nicht selbstständigen Tätigkeit. . . . . . . . b) Erfindungen, die nicht Ausfluss der nicht selbstständigen Tätigkeit sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßgeblicher Betrachtungszeitpunkt. Erhöhung der Bezüge des GesellschafterGeschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erstausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften 1. Grundsätze der vGA . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Genossenschaftliche Rückvergütungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Preisnachlässe zugunsten der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fiktionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Firmenwert als Gegenstand einer vGA . . . . Forderung (Nichtgeltendmachung) . . . . . . Formmängel bei Verträgen mit dem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freianteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geburtstagsfeier für den GesellschafterGeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehaltserhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehaltsschwankungen . . . . . . . . . . . . . . . .
330
Intemann u.a.
682 683 688 697 698 702 703 706 707 707 716 717 717 725 730 731 732 735 736 737 737 740 741 742 743 750 752 753 753 755 755
758 761 763 764 768 768 770 770 771 773 774 777 778 779 781 784 785
Gehaltsstundung und Gehaltsverzicht mit Besserungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Gehaltsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gehaltsverzicht mit Besserungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gehaltsstundung . . . . . . . . . . . . . . . . Geldstrafen und Geldbußen . . . . . . . . . . . . Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtsentscheidung (Hinnahme eines fehlerhaften Urteils) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftschancenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . Geschenke (Werbegeschenke) . . . . . . . . . . Gesellschafter, künftiger. . . . . . . . . . . . . . . Gesellschafter, lästiger . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschafterversammlung . . . . . . . . . . . . Gewerbesteuerumlage im Konzern (Organschaftsumlage) . . . . . . . . . . . . . . . . Gewinnabsaugung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH-Anteile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Mitunternehmer der KG sind zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewinnverteilung zulasten der Komplementär-GmbH . . . . . . . . . . b) Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers der KomplementärGmbH ist überhöht . . . . . . . . . . . . 3. Ein Begünstigter ist GesellschafterGeschäftsführer der GmbH, aber nicht Mitunternehmer . . . . . . . . . . . . 4. Der begünstigte Kommanditist ist nur Geschäftsführer (nicht Gesellschafter) der Komplementär-GmbH . . . . . . 5. Unterpreisveräußerung des Anteils an der GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tätigkeitsvergütungen bei der atypischen GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . 3. Überhöhte Gewinnbeteiligung des atypisch Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rückwirkungsverbot. . . . . . . . . . . . . . Gründergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gutachterkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handlungen, die der GmbH zuzurechnen sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Incentive-Reisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insichgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Irrtümliche Vorteilszuwendung . . . . . . . . . Jubiläumsfeier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalerhöhungskosten . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalersetzende Darlehen (Tilgung, Verzinsung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalertragsteuer bei vGA . . . . . . . . . . . . 1. Im Inland steuerpflichtige Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Inland nicht steuerpflichtige Anteilseigner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verjährungsfragen. . . . . . . . . . . . . . . .
786 786 787 789 790 792 793 794 795 796 797 798 799 802 804 805 805
806 807
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818
821 822 826 826 831 835 841 842 843 845 846 850 852 853 857 858 861 865 866 867 870 874
§8
Ermittlung des Einkommens Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . Kaufverträge mit Gesellschaftern . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anlagevermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umlaufvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Know-how. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konzernname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenersatz an Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kranken- und Pflegeversicherungszuschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krankheitskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungsmöglichkeiten, unterlassene . . Kundenstamm, Mandantenstamm . . . . . . . Kurse und Seminare . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensversicherungsprämien . . . . . . . . . . . Liebhaberei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquidation und vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . Mandantenstamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markenlizenzen/Warenzeichen . . . . . . . . . . 1. Geschütztes Markenzeichen . . . . . . . . 2. Überlassung eines als Markenzeichen geschützten Konzernnamens . . . . . . . Miet- und Pachtverhältnisse . . . . . . . . . . . . Mietereinbauten der GmbH . . . . . . . . . . . . Mündliche Vereinbarungen zwischen Gesellschafter und GmbH . . . . . . . . . . . . . Nahestehende Person des Gesellschafters als Begünstigter der vGA . . . . . . . . . . . . . . Nennkapital, fehlende Einzahlung . . . . . . . Nicht abziehbare Aufwendungen, Abgrenzung zur vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichteinforderung eines Anspruchs auf verdeckte Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht-mehr-Gesellschafter als vGA-Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht vollzogener Vertrag . . . . . . . . . . . . . . Noch-nicht-Gesellschafter als vGA-Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Non-profit-Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . Organschaft und vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorteilszuwendung an den Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorteilszuwendungen an außenstehende Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorteilszuwendung an nicht organschaftlich eingebundene Schwestergesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. VGA durch mittelbaren GAV? . . . . . . 5. Rechtsfolgen einer „verunglückten“ Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patronatserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen der Passivierung nach § 6a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen im Einzelnen . . . b) Widerrufsklauseln . . . . . . . . . . . . . c) Berücksichtigungsfähige Vordienstzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fremdvergleichsprüfung, allgemeine Kriterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
877 878 878 879 880 881 882 887 888 889 892 893 895 900 901 902 913 917 918 918 920 921 925 926 927 928 930 931 932 933 939 940 941 941 947
949 951 952 954 955 955 956 956 957 962 963
4. Klare und eindeutige Vereinbarung im Voraus bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern . . . . . . . . . 5. Erdienbarkeit der Pensionsanwartschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fristen für nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer . . . c) Fristen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . d) Nachträgliche Erhöhung der Pension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ruhestandsalter (Höchstalter/ Mindestalter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Für die Rückstellungsberechnung maßgebendes Ruhestandsalter . . . b) Ruhestandsalter unter 60 Jahren . . c) Zurruhesetzung zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr. . . . . . . d) Vereinbartes Pensionsalter über 65. e) Sonstige Einzelfragen zur Altersgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Wartezeiten bzw. Probezeiten . . . . . . . a) Persönliche Erprobung des Gesellschafter-Geschäftsführers . . . . . . . b) Wartezeit in der Anlaufphase der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vertragliche Unverfallbarkeit . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragliche Vereinbarungen zur Unverfallbarkeit . . . . . . . . . . . . . . 9. Überversorgung (Verhältnis zu den Aktivbezügen) . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pensionszusage auf einen festen Betrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Endgehaltsabhängige Pensionszusage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nur-Pension . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Angemessenheit der Pensionszusage 11. Pensionserhöhungen. . . . . . . . . . . . . 12. Finanzierbarkeit der Pensionszusage a) Fiktive Überschuldungprüfung zur Feststellung der Finanzierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vermeidung bzw. Beseitigung eines Finanzierbarkeitsmangels . . c) Zeitpunkt der Finanzierbarkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Behandlung der Rückdeckungsversicherung bei Annahme von vGA. . . . 14. Absenkung des Festgehalts bei bestehender Pensionszusage. . . . . . . a) Pensionszusage als Prozentsatz des Endgehalts. . . . . . . . . . . . . . . b) Pensionszusage lautet auf einen festen Betrag . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Fortführung der Geschäftsführertätigkeit trotz Auszahlung der Pension. . . 16. Pensionszusage durch Barlohnumwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Abfindung einer Pensionszusage . . . . a) Vermögensminderung durch Abfindung? . . . . . . . . . . . . . . . . . b) BetrAVG als Fremdvergleichsmaßstab? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unverfallbarkeit als Grundvoraussetzung der Abfindung . . . . . . . . .
Intemann u.a.
968 969 969 979 980 982 986 986 989 990 991 992 994 994 999 1000 1003 1003 1006 1009 1009 1010 1014 1015 1016 1019 1023
1023 1027 1029 1031 1033 1033 1036 1037 1040 1046 1046 1047 1048
331
§8
Ermittlung des Einkommens
d) Klare und eindeutige Vereinbarung im Voraus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Steuerliche Auswirkungen einer Pensionsabfindung . . . . . . . . . . . . f) Andere Ablösungswege (Verzicht, Übertragung) . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichtverletzungen durch den Gesellschafter-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigennützige Pflichtverletzung . . . b) Uneigennützige Pflichtverletzung . 2. Mehrgliedrige GmbH . . . . . . . . . . . . . 3. Einmann-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxiswert/Mandantenstamm. . . . . . . . . . . Private Pkw-Nutzung durch Gesellschafter Privatkonto des Gesellschafters . . . . . . . . . Provisionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rabatte, Preisnachlässe . . . . . . . . . . . . . . . Rangrücktrittsvereinbarung . . . . . . . . . . . . Reisekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Renovierungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reparaturkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Repräsentationsaufwendungen . . . . . . . . . Risikogeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückabwicklung von vGA . . . . . . . . . . . . . . Rückwirkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . Ruhender Betrieb (Gehaltszahlung) . . . . . . Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . Satzungsklauseln/Steuerklauseln . . . . . . . . Schadenersatzansprüche gegen den Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schenkungsteuer bei vGA. . . . . . . . . . . . . . Schmiergeldvereinnahmung . . . . . . . . . . . . Schriftform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialleistungen zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . Spenden als vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sponsoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stille Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strafverteidigungskosten . . . . . . . . . . . . . . Strohmann-Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . Subjektiver Zuwendungswille . . . . . . . . . . . Subunternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tantiemevereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an Tantiemevereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Form der Vereinbarung mit einem beherrschenden GesellschafterGeschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . b) Eindeutige vertragliche Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . c) Berücksichtigung von Verlustvorträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angemessenheit der Tantieme (beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer) . . . . . a) Angemessenheit der absoluten Höhe nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Angemessener Prozentsatz vom Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis Festgehalt/Tantieme . . . 3. Unüblichkeit der Tantiemevereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nur-Tantiemen . . . . . . . . . . . . . . .
332
Intemann u.a.
1050 1057 1059 1060 1060 1062 1063 1064 1065 1066 1067 1072 1075 1076 1077 1081 1084 1089 1091 1092 1093 1095 1098 1099 1100 1103 1106 1107 1108 1109 1110 1111 1118 1121 1122 1123 1124 1125 1126 1126
1126 1131 1134
1138 1138 1139 1142 1146 1146
b) Rohgewinntantiemen . . . . . . . . . . c) Umsatztantiemen . . . . . . . . . . . . d) Tantiemen im Verhältnis der Beteiligungsquoten . . . . . . . . . . . e) Mindesttantiemen . . . . . . . . . . . . 4. Tatsächliche Durchführung bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vorauszahlungen auf Tantiemen . . . . 6. Zufluss einer Tantieme . . . . . . . . . . . 7. Verzicht auf Tantiemen . . . . . . . . . . . Teilhaberversicherungen . . . . . . . . . . . . . Treuhandverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . Überhöhter Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . Überstundenvergütung . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzabhängige Vergütungen. . . . . . . . . Umsatzsteuer auf vGA . . . . . . . . . . . . . . . Umwandlungen und vGA . . . . . . . . . . . . . Unbewusste Handlungen . . . . . . . . . . . . . Ungeklärte Vermögenszuwächse. . . . . . . . Urlaubsabgeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urlaubs- und Weihnachtsgeld . . . . . . . . . . Veräußerung einer Beteiligung unter Wert Verbindlichkeiten und Rückstellungen . . . Vereine und Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensfragen bei vGA . . . . . . . . . . . . . Verlagsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlustgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verrechnungskonto . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzinsung einer Einlageforderung . . . . . . Vorgesellschaft/Vorgründungsgesellschaft Vorteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorteilsgeneigtheit der vGA . . . . . . . . . . . Wertgutachten, Kostenübernahme durch die KapGes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wettbewerbsverbot, Geschäftschancenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Geschäftschancenlehre . . . . . . . . . . . 4. Wert der vGA und Zuflusszeitpunkt . Zeitpunkt für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitwertkonten, Arbeitszeitkonten . . . . . . Zentralregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsen auf vGA (Refinanzierungskosten) . Zinsen auf Gesellschafterdarlehen . . . . . . 1. Darlehen der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter . . . . . . . . . . . . 2. Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . 3. Verrechnungskonto . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Wirksamkeit einer Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zufluss von vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zukünftiger Gesellschafter als Empfänger einer vGA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Genussrechte (Abs. 3 Satz 2 Alt. 2) . . . I. Grundaussagen des Absatzes 3 Satz 2 Alt. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . .
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1153 1159 1160 1166 1168 1169 1173 1174 1178 1183 1185 1193 1196 1197 1198 1199 1200 1201 1203 1204 1205 1206 1207 1211 1214 1215 1216 1217 1217 1218 1220 1225 1228 1229 1230 1231 1233 1233 1240 1244 1245 1246 1247
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1250
§8
Ermittlung des Einkommens a) Verhältnis zu § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 (vGA) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis zum Bilanzrecht . . . . c) Verhältnis zum GewStG. . . . . . . Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . Systematik und Grundlagen . . . . . . Genussrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Ausschüttungen jeder Art“ auf Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . Recht auf Beteiligung am Gewinn . . Beteiligung am Liquidationserlös . . Verbot der Einkommensminderung
. . . . . .
. . . . . .
1250 1251 1256 1257 1258 1258
. . . .
. . . .
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Sätze 3 bis 6). . I. Keine Minderung des Einkommens durch verdeckte Einlagen (Abs. 3 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . a) Zielrichtung und Wirkungsweise . . b) Definition der verdeckten Einlage . 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung zur offenen Einlage . . . b) Abgrenzung zum ErbStG . . . . . . . . c) Verhältnis zu § 4 Abs. 1 EStG . . . . . d) Verhältnis zu § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG . e) Verhältnis zu § 6 Abs. 3 bis 6 EStG . f) Verhältnis zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (vGA). . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verhältnis zu § 8b KStG . . . . . . . . . h) Verhältnis zu § 1 AStG . . . . . . . . . . i) Verhältnis zu § 17 EStG . . . . . . . . . j) Verhältnis zu § 27 KStG . . . . . . . . . 4. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Systematik und Grundlagen . . . . . . . . a) Auswirkung auf das Einkommen . . b) Einlagefähige Wirtschaftsgüter . . . c) Einlagen durch Gesellschafter oder nahestehende Personen . . . . . d) Verursachung durch das Gesellschaftsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zeitpunkt der Erfassung einer verdeckten Einlage . . . . . . . . . . . . g) Bewertung der verdeckten Einlage . h) Bilanzielle Behandlung der verdeckten Einlage . . . . . . . . . . . . . . . 6. ABC der verdeckten Einlagen . . . . . . . II. Korrespondenzprinzip bei verdeckten Einlagen (Abs. 3 Sätze 4 bis 6) . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . . 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . a) Persönlicher Anwendungsbereich . b) Sachlicher Anwendungsbereich . . . c) Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . d) Verhältnis zu § 32a KStG . . . . . . . . e) Verhältnis zu den Korrespondenzvorschriften für vGA. . . . . . . . . . . . 4. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einkommenserhöhung, soweit sich das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat (Abs. 3 Satz 4) . . . . . . . 7. Auf einer vGA einer nahestehenden Person beruhende vE (Abs. 3 Satz 5). .
1274
4. II. 1. 2. 3. 4. 5.
1274 1274 1275 1275 1276 1289 1289 1292 1302 1303 1313 1317 1320 1321 1324 1325 1327 1328 1328 1329 1330 1339 1343 1344 1345 1346 1347 1475 1475 1478 1481 1481 1482 1483 1484 1488 1489 1491
1493 1505
8. Keine Erhöhung der Anschaffungskosten durch die verdeckte Einlage (Abs. 3 Satz 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3) . I. Überblick über die Regelungen zur Verrechnungspreisermittlung. . . . . . 1. Grundsatz des Fremdvergleichs . . . . 2. Korrekturvorschriften und ihr Verhältnis zueinander . . . . . . . . . . . . . . II. Methoden zur Ermittlung eines angemessenen Verrechnungspreises . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Standardmethoden. . . . . . . . . . . . . . a) Preisvergleichsmethode . . . . . . . . b) Wiederverkaufspreismethode . . . . c) Kostenaufschlagsmethode . . . . . . 3. Gewinnorientierte Methoden . . . . . . a) Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode . . . . . . . . . . . . . . b) Geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode . . . . . . . 4. Hypothetischer Fremdvergleich . . . . III. Besteuerung von Funktionsverlagerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandsvoraussetzungen einer Funktionsverlagerung . . . . . . . . . . . . 3. Grundsätze der Bewertung eines Transferpakets . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachträgliche Preisanpassungsregeln IV. Verrechnungspreisdokumentation . . 1. Anforderungen an eine Verrechnungspreisdokumentation . . . . . . . . . . . . . 2. Sanktionen bei Verstoß gegen die Dokumentationsvorschriften . . . . . . V. Hinweise auf die aktuelle BEPSDebatte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Beschränkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundaussagen des Absatzes 4 aF . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . II. Verlust der rechtlichen und wirtschaftlichen Identität einer Körperschaft (Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Körperschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtliche Identität . . . . . . . . . . . . . 4. Wirtschaftliche Identität . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . b) Veränderung des persönlichen Substrats einer Verlustkörperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Veränderung des sachlichen Substrats einer Verlustkörperschaft . . III. Verlust der wirtschaftlichen Identität bei Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen (Abs. 4 Satz 2) . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anteile an einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Intemann u.a.
1512 1513 1513 1513 1519 1525 1525 1527 1527 1532 1538 1545 1545 1551 1556 1562 1562 1564 1573 1580 1583 1583 1590 1594 1613 1613 1613 1618 1625 1641
1647 1647 1648 1650 1652 1652
1654 1670
1675 1675
1676 1676
333
§8
Ermittlung des Einkommens
3.
4. IV. 1. 2. 3. 4. 5. V. VI.
VII.
b) Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mehr als die Hälfte der Anteile . . . . Fortführung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs einer Kapitalgesellschaft mit überwiegend neuem Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fortführung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . c) Neues Betriebsvermögen . . . . . . . . d) Überwiegen des neuen Vermögens . Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanierungsklausel (Abs. 4 Satz 3) . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allein der Sanierung dienend . . . . . . . Verlustverursachender Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fortführung des Geschäftsbetriebs in den folgenden fünf Jahren . . . . . . . . Rechtsfolge: Ausschluss des Verlustabzugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entsprechende Geltung der Sätze 1 bis 3 für den Verlustausgleich vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung (Abs. 4 Satz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellungslast . . . . . . . . . . . . . . . .
I. Befreiung von Mitgliederbeiträgen (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Personenvereinigungen . . . . . . . . . III. Mitgliederbeiträge . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung echter und unechter Mitgliederbeiträge . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufwendungen im Zusammenhang mit Beiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . J. Steuerabzugspflichtiges Einkommen (Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Persönlicher Anwendungsbereich III. Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss vom Abzugsverbot . . . 3. EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
Intemann u.a.
1698 1698
1699 1705 1721
1766 1768 1778 4.
1786 1787 1788 1788 1790 1794 1794
5. III.
1. 2.
3.
4.
. . 1805
. . . 1808 . . . 1808 . . . 1810 . . . .
3.
1742 1749 1749 1754 1760
. . 1797 . . 1804
. . . .
K. Dauerverluste der öffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundaussagen der Absätze 7 bis 9 . . 1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften . . 4. Verhältnis zu höherrangigem Recht . 5. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . II. VGA bei Dauerverlusten von BgA und Eigengesellschaften der öffentlichen Hand (Abs. 7) . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begünstigte Betriebe (Abs. 7 Satz 1). a) Betriebe gewerblicher Art (Abs. 7 Satz 1 Nr. 1) . . . . . . . . . .
334
. . . . .
b)
1682 1693
. . . .
1813 1813 1814 1815
5. IV.
1. 2.
3. . . . . . . .
1818 1818 1818 1821 1823 1829 1833
. 1834 . 1834 . 1835 . 1835
4.
Eigengesellschaften (Abs. 7 Satz 1 Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gleichbehandlung mit Betrieben gewerblicher Art. . . . . . . . . . . . . bb) Mehrheit der Stimmrechte der öffentlichen Hand (Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Alt. 1). . . . . . . . . . . . cc) Verlusttragung ausschließlich durch öffentliche Hand (Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Alt. 2) . . . . . . Begünstigte Dauerverlustgeschäfte (Abs. 7 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausübung eines Dauerverlustgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirtschaftliche Dauerverlustgeschäfte (Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1) aa) Wirtschaftliche Betätigung im Bereich der Daseinsvorsorge . . . bb) Dauerverlust . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kausalität der Gemeinwohlgründe für die dauerdefizitäre Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dauerverluste als Ausfluss hoheitlicher Tätigkeit (Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2) . . . . . . . . . . . . . Ausschluss der Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung . . . Zeitliche Anwendung . . . . . . . . . . . . Verlustverrechnung bei Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (Abs. 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlustabzug beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art (Abs. 8 Sätze 1 und 3) . . . . . . . . . . . . Festschreibung des Verlustvortrags der Betriebe gewerblicher Art vor der Zusammenfassung (Abs. 8 Sätze 2 und 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unbeschränkter Verlustabzug bei gleichartigen Betrieben gewerblicher Art (Abs. 8 Satz 5) . . . . . . . . . . . . . . . Zeitliche Anwendung . . . . . . . . . . . . Verlustverrechnung bei Eigengesellschaften der öffentlichen Hand (Abs. 9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spartentrennung . . . . . . . . . . . . . . . a) Spartenzuordnung der einzelnen Tätigkeiten (Abs. 9 Satz 1) . . . . . . b) Veränderungen in der Tätigkeitsstruktur (Abs. 9 Satz 3) . . . . . . . . Einkommensermittlung nach Sparten a) Spartenbezogene Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (Abs. 9 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . b) Spartenbezogener Verlustabzug (Abs. 9 Sätze 4 und 5) . . . . . . . . . . c) Verlustverrechnung bei unterjährigem Wegfall und Eintritt der Spartentrennung (Abs. 9 Sätze 6 und 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesonderte Feststellung der Spartenverluste (Abs. 9 Satz 8) . . . . . . Zeitliche Anwendung . . . . . . . . . . . .
1836 1836
1837
1839 1844 1844 1848 1848 1859
1864
1869 1871 1872
1873 1873
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1881 1883
1884 1884 1885 1885 1893 1896
1896 1901
1903 1906 1907
L. Besonderheiten für Einkünfte aus Kapitalvermögen (Abs. 10) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1908
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 1–4 § 8
Die Literatur und Verwaltungsanweisungen sind zu Beginn der Kommentierung des jeweiligen Absatzes abgedruckt.
A. Grundaussagen der Vorschrift § 8 Abs. 1 KStG. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG verweist für den Begriff und die Ermittlung des Einkommens von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen auf die Vorschriften des EStG. Es handelt sich um eine dynamische Blankettverweisung, die sich wegen § 51 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch auf die Vorschriften der EStDV erstreckt. Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine eigenständige körperschaftsteuerliche Definition des Einkommensbegriffs verzichtet. Grundsätzlich sind alle Vorschriften des EStG zur Ermittlung des Einkommens auch bei der Besteuerung von Körperschaften zu beachten. Dieser Grundsatz wird jedoch in zweifacher Hinsicht eingeschränkt: Einerseits enthält das KStG Sonderregelungen für die Ermittlung des Einkommens, die als spezialgesetzliche Regelungen den Vorschriften des EStG vorgehen. Darüber hinaus sind solche Vorschriften des EStG nicht anwendbar, die der Natur der Sache nach nur auf natürliche Personen Anwendung finden können. Dies sind solche Vorschriften des Einkommensteuerrechts, die an die persönlichen Verhältnisse einer natürlichen Person anknüpfen.
1
§ 8 Abs. 2 KStG. Die Einkünfte von unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften iSd. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG werden nach § 8 Abs. 2 KStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert. Somit erzielen unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften (Nr. 1), Genossenschaften (Nr. 2) und Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit (Nr. 3) unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Fiktion führt gleichzeitig dazu, dass sich die Ermittlung der Einkünfte nach den Vorschriften über gewerbliche Einkünfte gem. §§ 4 bis 7k EStG richtet. Während die Vorschrift bis zum VZ 2005 an die handelsrechtliche Buchführungspflicht der Körperschaftsteuersubjekte anknüpfte, stellt sie ab dem VZ 2006 allein auf die Rechtsform ab. Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber Kapitalgesellschaften, die nach ausländischem Recht gegründet werden (doppelt ansässige Kapitalgesellschaften), in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 KStG einbeziehen. Die Rspr. leitet aus § 8 Abs. 2 KStG ab, dass eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft über keine außerbetriebliche (private) Sphäre verfügt. § 8 Abs. 3 KStG. Gewinnausschüttungen beeinflussen das Einkommen der Körperschaft 3 nach § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 KStG nicht, weil es sich um eine Maßnahme steuerlich unbeachtlicher Einkommensverwendung handelt. Dabei ist es unerheblich, ob eine offene oder verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Zentrale Bedeutung für die Körperschaftsbesteuerung hat dabei § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, wonach eine vGA das Einkommen der Körperschaft nicht mindern darf. Zur zutreffenden Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft ist der Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG um solche Vorgänge zu bereinigen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und dementsprechend dem Bereich der Einkommensverwendung zuzuordnen sind. Daher ist eine vGA dem Einkommen der Körperschaft außerbilanziell hinzuzurechnen. Gleiches gilt für Ausschüttungen auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist. Zwar gewähren Genussrechte nur schuldrechtliche Ansprüche gegenüber der Kapitalgesellschaft, jedoch stehen Ausschüttungen auf eigenkapitalähnliche Genussrechte wirtschaftlich einer Gewinnausschüttung gleich und sind daher einkommensneutral zu behandeln. Ebenso darf eine vE als gesellschaftlich veranlasste Zuwendung das Einkommen der Körperschaft nicht beeinflussen. Dementsprechend regelt § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG, dass eine vE das Einkommen der Körperschaft nicht erhöht. Dagegen erhöht sich das Einkommen der Körperschaft nach § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG um eine vE, soweit sie das Einkommen des (einlegenden) Gesellschafters gemindert hat (sog. materielles Korrespondenzprinzip). Die Vorschrift soll Besteuerungslücken schließen, die auftreten können, wenn die Einlage beim Gesellschafter steuermindernd berücksichtigt wird, sich das Einkommen der Körperschaft aber bei zutreffender Erfassung der vE nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG nicht erhöhen würde. Satz 5 erstreckt das Korrespondenzprinzip auf vGA in Dreiecksverhältnissen, während Satz 6 bestimmt, dass sich die AK der Beteiligung in den Dreiecksfällen des Satzes 5 nicht erhöhen. § 8 Abs. 5 KStG. § 8 Abs. 5 KStG statuiert für Mitgliedsbeiträge, die von beschränkt oder 4 unbeschränkt steuerpflichtigen Personenvereinigungen vereinnahmt werden, eine sachliche Steuerbefreiung. Die aufgrund einer Satzung von den Mitgliedern erhobenen Mitgliedsbeiträge bleiben danach bei der Ermittlung des Einkommens der Personenvereinigung außer
Intemann
335
§ 8 Rz. 4–7
Ermittlung des Einkommens
Ansatz. Die Steuerfreiheit setzt voraus, dass die Beiträge von den Mitgliedern ausschließlich in ihrer Eigenschaft als Mitglied erhoben werden, sodass Leistungsentgelte des einzelnen Mitglieds für eine besondere Gegenleistung nicht unter die Steuerbefreiung fallen. 5
§ 8 Abs. 6 KStG. Bei einigen Körperschaften besteht das Einkommen ausschließlich aus Einkünften, von denen ein Steuerabzug vorzunehmen ist. Dies sind nach § 5 KStG steuerbefreite Körperschaften, soweit sie dem Steuerabzug unterliegende Kapitalerträge erzielen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG iVm. § 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG), die nur mit ihren Kapitalerträgen beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 2 Nr. 2 KStG iVm. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG) und die nur mit ihren Kapitalerträgen beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG, § 2 Nr. 1 KStG iVm. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Werden nur Einkünfte erzielt, die dem Steuerabzug unterliegen, wird der Abzug von BA oder WK nach § 8 Abs. 6 KStG ausgeschlossen. Dies führt abweichend von den allgemeinen Grundsätzen der Einkommensermittlung zu einer Bruttobesteuerung.
6
§ 8 Abs. 7 bis 9 KStG schaffen Sonderregelungen für dauerdefizitäre Betriebe der öffentlichen Hand, die der Daseinsvorsorge dienen. Der Ansatz einer vGA ist nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG bei BgA ausgeschlossen, wenn sie einen Dauerverlustbetrieb iSd. Satzes 2 ausüben. Ein solcher Dauerverlustbetrieb liegt vor, wenn die öffentliche Hand aus (kommunal-)politischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ausübt, ohne kostendeckende Entgelte für ihre Leistungen zu erheben. Gleiches gilt für den Fall, dass die Tätigkeit im Rahmen einer Kapitalgesellschaft ausgeübt wird, solange die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf jur. Personen des öffentlichen Rechts entfällt. Als Folge des § 8 Abs. 7 KStG verfügen BgA bzw. Eigengesellschaften der öffentlichen Hand regelmäßig über steuerliche Verlustvorträge, die nach § 8 Abs. 8 KStG nur in dem BgA genutzt werden können, in dem sie entstanden sind, auch wenn verschiedene BgA zusammengefasst oder getrennt werden. Eine spartenübergreifende Verlustverrechnung ist allerdings nach § 8 Abs. 8 Satz 5 KStG ausnahmsweise zulässig, wenn gleichartige Betriebe zusammengefasst werden. Die spartenbezogene Einschränkung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten für BgA gem. § 8 Abs. 8 KStG wird gem. § 8 Abs. 9 KStG auf Kapitalgesellschaften übertragen, auf die die Regelung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG anzuwenden sind.
7
§ 8 Abs. 10 KStG. Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG können auch Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG erzielen. § 8 Abs. 10 Satz 1 KStG suspendiert für diesen Fall die Vorschrift des § 2 Abs. 5b Satz 1 EStG mit der Folge, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Ermittlung des Einkommens der Körperschaft einfließen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen somit dem regulären Körperschafsteuersatz von 15 % und nicht wie bei natürlichen Personen dem Abgeltungsteuersatz von 25 %. Nach § 8 Abs. 10 Satz 2 KStG gelten auch die Ausnahmetatbestände des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 EStG für Körperschaften entsprechend, sodass in diesen Fällen eine Verlustverrechnung mit anderen Einkunftsarten sowie der Abzug der tatsächlichen WK zulässig ist. Daher ist § 20 Abs. 6 und 9 EStG in diesen Fällen nicht anzuwenden (§ 8 Abs. 10 Satz 2 Halbs. 2 KStG).
B. Einkommen der Körperschaft (Abs. 1) Literatur: Seer/Wendt, Strukturprobleme der Besteuerung der öffentlichen Hand, DStR 2001, 825; Frotscher, „Zweistufige Gewinnermittlung“ und Korrektur der verdeckten Gewinnausschüttung, FR 2003, 230; von Groll, Irrungen und Wirrungen um die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht – mit Folgen auch im formellen Recht, DStR 2004, 1193; Wassermeyer, Widersprüchlichkeiten bei der Organschaft, DStR 2004, 214; Eckhoff, Verluste im Einkommensteuerrecht, DStJG 28 (2005), 11; Hüttemann, Die Neuregelung der Rundfunkbesteuerung, Gedächtnisschrift für Trzaslkalik, 2005, 377; Lang/Englisch, Zur Verfassungswidrigkeit der neuen Mindestbesteuerung, StuW 2005, 3; Wendt, Prinzipien der Verlustberücksichtigung, DStJG 28 (2005), 41; Pinkos, Einkommensermittlung von Betrieben gewerblicher Art mit strukturellen Dauerverlusten, DB 2006, 692; Strnad, Das Korrespondenzprinzip in § 8 KStG, GmbHR 2006, 1321; Hüttemann, Zur körperschaftsteuerrechtlichen Behandlung dauerdefizitärer Unternehmen der öffentlichen Hand, DB 2007, 1603; Haas, Liebhaberei im Körperschaftsteuerrecht: Der angemessene Gewinnaufschlag bei der Bemessung der vGA, DStR 2008, 1997; Ditz/Plansky, Aktuelle Entwicklungen bei der Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste, DB 2009, 1669; Hey, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer und objektives Nettoprinzip, DStR 2009, Beihefter 34, 109; Hüttemann, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, FR 2009, 308; Müller-Gatermann, Die Besteuerung der Kommunen – eine Bestandsaufnahme, FR 2009, 314; Podewils, Risiken verdeckter Gewinnausschüttungen bei Darlehensgewährung und „Cash Management“ im Konzernverbund, GmbHR 2009, 803; Eversberg/Baldauf, Gesetzliche Regelung der Zusammenfassung von
336
Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 8–10 § 8
Betrieben gewerblicher Art nach dem JStG 2009, DStZ 2010, 358; Siegel, Eine „halbe Fiktionstheorie“ als Wurzel der Fehlbehandlung verdeckter Gewinnausschüttungen, BB 2010, 3122; Wassermeyer, Der Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen innerhalb oder außerhalb der Steuerbilanz, DB 2010, 1959; Hey, Perspektiven der Unternehmensbesteuerung: Gewerbesteuer – Gruppenbesteuerung – Verlustverrechnung – Gewinnermittlung, StuW 2011, 131; Becker/Loose, Zur geplanten Ausdehnung des materiellen Korrespondenzprinzips auf hybride Finanzierungen, IStR 2012, 758; Böhmer, Das Trennungsprinzip im Körperschaftsteuerrecht – Grundsatz ohne Zukunft?, StuW 2012, 33; Schönfeld, Praxisfragen der grenzüberschreitenden Organschaft – dargestellt anhand von Fallbeispielen, IStR 2012, 368; Andresen/Immenkötter/Frohn, Angemessenheit des Verrechnungspreises als entscheidendes Indiz des Fremdvergleichs (nicht nur) in DBA-Fällen, DB 2013, 534; Loose, Schenkung mittels verdeckter Gewinnausschüttung?, DB 2013, 1080; Andresen, Teilwertabschreibung auf eine Darlehensforderung gegenüber ausländischer Tochtergesellschaft darf keine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG auslösen, IStR 2014, 209; Briese, Verdeckte Gewinnausschüttung: 20 Jahre außerbilanzielle BFH-Dogmatik versus Steuerbilanzrecht, BB 2014, 1943; Essing/Funke, Umstrukturierungen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit Dauerverlustbetrieben unter dem Blickwinkel des europäischen Teilbetriebsbegriffs, DStR 2014, 1253; Haase, Nochmals: Besteuerung ohne Leistungsfähigkeit bei selbstgenutzten Ferienimmobilien? – Entgegnung zu Piltz, DStR 2014, 684 ff., DStR 2014, 1481; Haussmann, Verdeckte Gewinnausschüttungen im Dreiecksverhältnis und wirtschaftliche Betrachtungsweise, StuW 2014, 305; Mitschke, Direktes Europäisches Steuerrecht auf Schlingerkurs?, IStR 2014, 37; Piltz, Besteuerung ohne Leistungsfähigkeit? – Das selbstgenutzte Ferienhaus, DStR 2014, 684; Schulz, Rückgängigmachung der verdeckten Gewinnausschüttung bei späterer Rückgewähr, DStR 2014, 2165; Weber-Grellet, Die verdeckte Gewinnausschüttung als Instrument der Fehlerkorrektur, BB 2014, 2263; Rogall/Dreßler, Ungereimtheiten betreffend Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter bei Organschaften, DStR 2015, 449.
I. Grundaussagen des Absatzes 1 1. Regelungsgegenstand § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Während § 1 KStG regelt, welche Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen der KSt unterliegen (Körperschaftsteuersubjekt), bestimmt § 8 Abs. 1 KStG den sachlichen Umfang der Steuerpflicht. Steuerobjekt der KSt ist danach das Einkommen eines Körperschaftsteuersubjekts. Die KSt bemisst sich gem. § 7 Abs. 1 KStG nach dem zu versteuernden Einkommen der Körperschaft.1 Was als Einkommen gilt und wie es ermittelt wird, bestimmt sich nach § 8 Abs. 1 KStG, welcher wiederum auf die Einkommensermittlung nach dem EStG sowie Spezialvorschriften des KStG verweist.
8
Der Gesetzgeber hat auf eine eigenständige körperschaftsteuerliche Definition des Ein- 9 kommensbegriffs bewusst verzichtet.2 Zur Definition des Einkommensbegriffs und zur Ermittlung des Einkommens verweist § 8 Abs. 1 KStG auf die Vorschriften des EStG, die durch die Vorschriften den KStG modifiziert werden. Für die Besteuerung von natürlichen Personen und Körperschaften hat der Gesetzgeber damit jedenfalls im Ausgangspunkt eine (annähernd) gleiche Bemessungsgrundlage für die Besteuerung gewählt. Dies dient der Gleichbehandlung von natürlichen Personen und Körperschaften und fördert die Wettbewerbsneutralität der Besteuerung. Trotz des im Ausgangspunkt (annähernd) gleichen Einkommensbegriffs ist die Unternehmensbesteuerung indes weit davon entfernt, Rechtsformneutralität zu gewährleisten.3 Allerdings ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, Rechtsformneutralität herzustellen.4 § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG. Für BgA bestimmt § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG, dass ein Einkommen auch dann zu ermitteln ist, wenn der BgA ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Darüber hinaus ist die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr entbehrlich. Der Gesetzgeber reagierte mit der Einfügung des Satzes 2 durch das JStG 20095 auf die in der Wissenschaft aufgekommene Diskussion, ob dauerdefizitäre BgA mangels Gewinnerzielungsabsicht überhaupt kstpfl. sind.6 Mit der Regelung wird sichergestellt, dass auch bei dauerdefizitären BgA eine sachliche Körperschafsteuerpflicht besteht.7
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Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 1. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 14; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 14. Desens in H/H/R, Einführung KSt Rz. 155; Hey, DStJG 24 (2001), 155 (181); Drüen, GmbHR 2008, 393 (401). BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164; kritisch Hey, DStJG 24 (2001), 155 (161 ff.). G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. BT-Drucks. 16/10189, 69; Seer, DStR 1992, 1790; Seer/Wendt, DStR 2001, 825; Hüttemann, DB 2007, 1603. BT-Drucks. 16/10189, 69; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 28; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 121.
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10
§ 8 Rz. 11–14 11
Ermittlung des Einkommens
§ 8 Abs. 1 Satz 3 KStG. Satz 3 (vormals Satz 2 aF) schafft eine Sonderregelung für die Ermittlung des Einkommens für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD und ZDF) in pauschalierender Form. Das Einkommen beträgt danach 16 % der Entgelte, welche die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Veranstaltung von Werbesendungen vereinnahmen. Eine vergleichbare Pauschalregelung galt ursprünglich nur für das ZDF. Mit dem Solidarpaktfortführungsgesetz v. 20.12.20011 wurde die Pauschalregelung durch Einfügung des Satzes 2 in Abs. 1 auch auf die ARD ausgedehnt. 2. Bedeutung und Telos
12 Mit der KSt soll das Einkommen von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen iSd. § 1 Abs. 1 KStG der Besteuerung unterworfen werden.2 Der Gesetzgeber sieht es als berechtigt an, die Körperschaft als eigenständiges Besteuerungssubjekt zu erfassen. Die Besteuerung von Körperschaften hat sich am verfassungsrechtlich verankerten Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten, denn das Leistungsfähigkeitsprinzip gilt auch für die Besteuerung von Körperschaften.3 Durch den Verweis auf den Einkommensbegriff des EStG darf die Besteuerung der Körperschaften nur unter Berücksichtigung des objektiven Nettoprinzips erfolgen.4 Danach ist das Nettoeinkommen, also der Saldo aus den Einnahmen und den Betriebsausgaben, Maßgröße der Besteuerung. Damit verbunden ist die Möglichkeit der (periodenübergreifenden) Verlustverrechnung.5 Das subjektive Nettoprinzip findet dagegen keine Anwendung, weil es ausschließlich auf natürliche Personen zugeschnitten ist.6 13
Der Besteuerung der Körperschaft und ihrer Anteilseigner liegt als systemtragendes Element das Trennungsprinzip zugrunde, nach welchem die Körperschaft und die Anteilseigner jeweils als eigenständiges7 Steuersubjekt unabhängig voneinander der Besteuerung unterworfen werden.8 Die zivilrechtliche Eigenständigkeit der juristischen Person wird auch im Steuerrecht anerkannt. Der von der Körperschaft erwirtschaftete Ertrag wird daher nicht erst im Fall der Ausschüttung an die Gesellschafter besteuert. Vielmehr wird das Einkommen, welches die Körperschaft als selbstständiges Rechtssubjekt erwirtschaftet hat, bereits auf der Ebene der Körperschaft der KSt und der GewSt unterworfen. Da sich der Gesetzgeber dafür entschieden hat, die Körperschaft als eigenständigen Rechtsträger selbst zu besteuern, wird der Ertrag der Körperschaft steuerlich nicht den Gesellschaftern unmittelbar zugerechnet. Auf der Ebene des Gesellschafters erfolgt erst dann eine Besteuerung, wenn die Körperschaft den Gewinn (offen oder verdeckt) ausgeschüttet hat. Damit unterscheidet sich die Besteuerung von Körperschaften in systembildenderweise von der Besteuerung von Personengesellschaften, denn diese werden im Bereich der ESt nach dem Transparenzprinzip besteuert, nach welchem der Gewinn der Personengesellschaft (Gewinnermittlungssubjekt) unmittelbar den Gesellschaftern (Steuersubjekt) zugerechnet wird.
14
Das Einkommen einer KapGes. ist selbstständig besteuerungswürdig, weil diese Rechtssubjekte – zumindest zeitweise – über eine eigene objektive Leistungsfähigkeit verfügen.9 Dementsprechend hält auch das BVerfG die eigenständige Besteuerung von Körperschaften für verfassungsrechtlich unbedenklich.10 Die KapGes. verfügt zivilrechtlich über eigenes Vermögen, welches von der Vermögenssphäre der Gesellschafter getrennt ist. Die damit verbundene Abschirmwirkung der KapGes. lässt eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit der KapGes. entstehen, die getrennt und unabhängig von den hinter der KapGes.
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10
BGBl. I 2001, 3955 = BStBl. I 2002, 60. BT-Drucks. 7/1470, 323; Pezzer, DStJG 20 (1997), 5. BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 = GmbHR 2011, 203 m. Anm. Roser = FR 2010, 1141. BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 = GmbHR 2011, 203 m. Anm. Roser = FR 2010, 1141; BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = GmbHR 2013, 52 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach; v. 14.11.2013 – VI R 49/12, FR 2014, 472; v. 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. II 2014, 947; Hey, DStR 2009, Beihefter 34, 109; Heger, DStR 2009, Beihefter 34, 117. BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = GmbHR 2013, 52 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach; zu Einzelheiten s. Rz. 33. Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 87. Hey in Tipke/Lang21, § 11 Rz. 2. ZB BFH v. 27.3.2007 – VIII R 28/04, BStBl. II 2007, 699 = FR 2007, 1064 = GmbHR 2007, 948. GlA Hey in Tipke/Lang21, § 11 Rz. 6; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 11c; zur Rechtfertigung der Besteuerung von Körperschaften s. ausführlich Pezzer, DStJG 20 (1997), 9 ff.; Desens, Das Halbeinkünfteverfahren, Diss., 2004, 5 ff. BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164; v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 = GmbHR 2011, 203 m. Anm. Roser = FR 2010, 1141.
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Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 14–20 § 8
stehenden Personen besteuert werden darf.1 Der Gesetzgeber nimmt dabei die zivilrechtliche Grundentscheidung auf, nach der das Vermögen der KapGes. gegenüber dem Vermögen ihrer Gesellschafter grundsätzlich selbstständig ist. Die Besteuerung der einbehaltenen Gewinne bereits auf der Ebene der Körperschaft ist darüber hinaus schon aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit geboten.2 Bemessungsgrundlage für die Besteuerung ist deshalb das nach § 8 Abs. 1 KStG zu ermittelnde Einkommen der Körperschaft. Schuldrechtliche Leistungsbeziehungen zwischen einer Körperschaft und ihren Gesell- 15 schaftern sind wegen des Trennungsprinzips steuerlich grundsätzlich anzuerkennen.3 Zahlungen aufgrund anzuerkennender schuldrechtlicher Leistungsbeziehungen führen bei der Körperschaft zu abziehbaren BA.4 Allerdings sind die schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen nur insoweit stl. anzuerkennen, als sie nicht durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst sind und die Voraussetzungen einer vGA oder einer vE erfüllen. Der Gewinn einer Körperschaft ist um Vermögensmehrungen und Vermögensminderungen aufgrund einer vGA bzw. einer vE außerbilanziell zu korrigieren (vgl. Rz. 28). KapGes. verfügen nach der Rspr. des BFH über keine außerbetriebliche Sphäre.5 Dies hat im Zusammenspiel mit § 8 Abs. 2 KStG zur Folge, dass auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung alle Geschäftsvorfälle als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden müssen.6 Alle Einnahmen erhöhen somit die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, während jede Ausgabe als BA zu behandeln ist.7 Soweit Einnahmen und Ausgaben durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst sind, sind die Beträge auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung außerbilanziell als vGA oder vE aus der Einkommensermittlung auszuscheiden (Rz. 28).
16
3. Rechtsentwicklung Das KStG 19208 verwies in § 5 zur Bestimmung des Einkommensbegriffs auf die Vorschriften der §§ 5 bis 15 EStG 1920. Zur Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft verwies § 9 KStG 1920 auf §§ 31 bis 38 EStG 1920, wobei diese sinngemäß anzuwenden waren. Besonderheiten der kstpfl. Rechtssubjekte wurden nach § 7 und § 8 KStG 1920 bei der Einkommensermittlung berücksichtigt.
17
Die durch das KStG 19259 vorgenommene Änderung des Verweises auf den einkommensteuerlichen Einkommensbegriff führte zu keiner materiellen Änderung. Allerdings wurden die originär körperschaftsteuerlichen Vorschriften zur Einkommensermittlung (§§ 11, 12, 14 bis 19 KStG 1925) erheblich erweitert.
18
Mit dem KStG 193410 wurde die Verweisung auf die einkommensteuerliche Einkommensermittlung in § 6 zusammengefasst, wobei die anzuwendenden Normen des EStG in § 15 KStDV enumerativ aufgeführt wurden. Erst im Jahre 1968 wurde § 15 KStDV gestrichen und die nach Auffassung der FinVerw. anzuwendenden einkommensteuerlichen Vorschriften in die KStR aufgeführt.
19
Die Einführung des Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens durch das KStG 197711 hat zu keiner materiellen Änderung geführt. Das KStG verzichtet auch weiterhin auf eine eigenständige Definition des Einkommensbegriffs. Der bisher in § 6 Abs. 1 KStG 1934 enthaltene Verweis auf die einkommensteuerlichen Vorschriften findet sich seither fast wortgleich in § 8 Abs. 1 KStG.
20
1 BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164; v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 = GmbHR 2011, 203 m. Anm. Roser = FR 2010, 1141. 2 Hey in H/H/R, Einführung KSt Rz. 17. 3 Klingebiel in D/P/M, § 8 KStG Rz. 3; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 90. 4 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 32. 5 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311 = DStR 1997, 492; v. 31.3.2004 – I R 83/03, GmbHR 2004, 1230 = FR 2004, 1229; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = GmbHR 2007, 1275 m. Anm. Schröder = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth; v. 6.10.2009 – I R 39/09, BFH/NV 2010, 470; v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, BStBl. II 2013, 1024; zu Einzelheiten s. Rz. 59. 6 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311 = BFH/NV 1997, 190; v. 6.10.2009 – I R 39/09, BFH/NV 2010, 470. 7 BFH v. 6.10.2009 – I R 39/09, BFH/NV 2010, 470; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 30. 8 G v. 20.3.1920, RGBl. I 1920, 393. 9 G v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, 208. 10 G v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1031. 11 G v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597 = BStBl. I 1976, 445.
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§ 8 Rz. 21–25
Ermittlung des Einkommens
21
Mit einem durch das Solidarpaktfortführungsgesetz1 neu eingeführten Satz 2 wird eine spezielle Regelung zur Ermittlung des Einkommens öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten geschaffen. Das Einkommen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten beträgt danach 16 % der Entgelte iSd. § 10 Abs. 1 UStG, welche die Rundfunkanstalt für die Veranstaltung von Werbesendungen erhält.
22
Die Vorschrift wurde zuletzt durch das JStG 20092 um einen Satz 2 erweitert, nach welchem bei einem BgA iSd. § 4 KStG ein Einkommen auch dann zu ermitteln ist, wenn die Einrichtung ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und es an einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr fehlt. 4. Verhältnis zu anderen Vorschriften
23 Verhältnis zu anderen Vorschriften des KStG. § 7 Abs. 2 KStG verweist für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einer Körperschaft auf das Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG, sodass dieses die Vorstufe zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens darstellt.3 Die grundsätzlich nach den Vorschriften des EStG durchzuführende Einkommensermittlung wird um spezielle Regelungen des KStG ergänzt und modifiziert. Zinsaufwendungen einer Körperschaft können unter den Voraussetzungen des § 8a KStG, der § 4h EStG ergänzt, vom Abzug ausgeschlossen sein, Beteiligungserträge können nach § 8b KStG (teilweise) steuerbefreit sein, und der Verlustabzug kann nach einem Beteiligtenwechsel gem. § 8c KStG eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein. Die Möglichkeit zum Spendenabzug ist nur in den Grenzen des § 9 KStG zulässig, während bestimmte Aufwendungen auch bei Körperschaften einem speziellen Abzugsverbot nach § 10 KStG unterliegen, welcher die Regelungen des nur für natürliche Personen geltenden § 12 EStG ersetzt. Die Regelung des § 8 Abs. 1 KStG wird im Falle der Organschaft durch die spezielleren Vorschriften der §§ 14 bis 19 KStG ergänzt. Insbesondere ist nach § 14 KStG das Einkommen der OG dem OT zuzuordnen und § 15 KStG enthält Modifikationen bei der Ermittlung des Einkommens der OG. Auch die Vorschriften der §§ 20 bis 21b KStG für Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds und Bausparkassen sind lex specialis zu § 8 Abs. 1 KStG. Gleiches gilt für die Einkommensermittlung von Genossenschaften, bei der die Vorschrift des § 22 KStG zu beachten ist. 24
Verhältnis zu Vorschriften des EStG. § 8 Abs. 1 KStG verzahnt die Körperschaftsbesteuerung mit den Vorschriften des EStG über die Einkommensermittlung. Alle Vorschriften des EStG über die Einkommensermittlung gelten grundsätzlich auch für die Ermittlung des Einkommens von kstpfl. Rechtssubjekten, falls sich ihr Anwendungsbereich nicht ausnahmsweise auf natürliche Personen beschränkt und daher dem Wesen einer Körperschaft fremd ist. Die Gewinnermittlungsvorschriften gem. §§ 4 bis 7k EStG mit Ausnahme einiger Regelungen zu den nicht abziehbaren BA (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 und 6 EStG) sind nach § 8 Abs. 1 KStG auf Körperschaften anwendbar. Die Vorschriften über den Sonderausgabenabzug gem. §§ 10 ff. EStG sind dagegen nicht anzuwenden, weil dort die Behandlung personenbezogener Aufwendungen geregelt wird. KapGes. können gem. § 8 Abs. 2 KStG ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen (§ 15 EStG). Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG können neben Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), aus sonstigen selbstständigen Tätigkeiten (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG), aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) und sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) erzielen. Für beschränkt stpfl. Körperschaften sind gem. § 8 Abs. 1 KStG die Regelungen des § 49 EStG zu beachten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Rz. 65 ff. verwiesen.
25
Verhältnis zu anderen Vorschriften. Grundlage der Ermittlung des Gewerbeertrags gem. § 7 GewStG ist die Gewinnermittlung nach den Vorschriften des KStG. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG sind die Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft, die dem inländischen Anteilseigner als Hinzurechnungsbetrag zugerechnet werden, nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. Damit verweist § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG auf alle Einkommensermittlungsvorschriften und somit auch auf § 8 Abs. 1 KStG.
1 G v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3955 = BStBl. I 2002, 60. 2 G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. 3 Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 6.
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B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 26–29 § 8
II. Das Einkommen der körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekte (Abs. 1 Satz 1) 1. Begriff und Ermittlung des Einkommens a) Definition des Einkommensbegriffs Steuerobjekt der KSt ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG das Einkommen einer Körperschaft, 26 Personenvereinigung oder Vermögensmasse. Bemessungsgrundlage für die KSt ist gem. § 7 Abs. 1 KStG das zu versteuernde Einkommen einer Körperschaft. Zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommen sind gem. § 7 Abs. 2 KStG die Freibeträge nach §§ 24, 25 KStG vom Einkommen iSd. § 8 Abs. 1 KStG abzuziehen. Das KStG enthält keine eigenständige Definition des Einkommens einer Körperschaft. Für den Begriff und die Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft verweist § 8 Abs. 1 KStG vielmehr auf die Vorschriften des EStG, die durch Vorschriften des KStG ergänzt bzw. in Form von Spezialregelungen verdrängt werden. Mit dem Verweis auf den Einkommensbegriff des EStG wird gewährleistet, dass der Steuergegenstand einer Körperschaft und einer natürlichen Person im Wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln ist. Die Regelung des § 8 Abs. 1 KStG trägt somit dazu bei, dass die Bemessungsgrundlage für die Ertragsbesteuerung bei körperschaftsteuerpflichtigen und einkommensteuerpflichtigen Steuersubjekten dem Ausgangspunkt nach gleich ermittelt wird. Eine völlige Gleichstellung kann aber aufgrund des Dualismus der Unternehmensbesteuerung nicht erreicht werden. Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG verweist ohne Einschränkung auf den Einkom- 27 mensbegriff des EStG. Was als Einkommen iSd. EStG gilt und wie es zu ermitteln ist, bestimmen die §§ 2 bis 24a EStG, die vom Generalverweis des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG grundsätzlich erfasst werden.1 Es handelt sich dabei um eine dynamische Blankettverweisung,2 die sich wegen § 51 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch auf die Vorschriften der EStDV erstreckt.3 Die einkommensteuerlichen Vorschriften zur Bestimmung des Einkommens werden jedoch durch die spezialgesetzlichen Vorschriften des KStG ergänzt. Die körperschaftsteuerlichen Vorschriften, die für die Ermittlung des Einkommens zu beachten sind, sind dem Zweiten Teil des KStG (§§ 7 bis 22 KStG) zu entnehmen. Als lex specialis haben die Vorschriften des KStG zur Einkommensermittlung Vorrang vor den Einkommensermittlungsvorschriften des EStG.4 Eine Aufzählung der anzuwendenden Vorschriften des EStG und der EStDV, die aus Sicht der FinVerw. bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft anzuwenden sind, enthält R 32 Abs. 1 KStR. Solche Vorschriften des EStG und der EStDV sind nicht anwendbar, deren Anwendung die Rechtsnatur der Körperschaft entgegensteht.5 Dies sind solche Vorschriften des Einkommensteuerrechts, die an die persönlichen Verhältnisse einer natürlichen Person anknüpfen. Sie können denknotwendig nicht bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft als juristische Personen berücksichtigt werden. Dementsprechend haben der Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG sowie Kinderfreibeträge nach § 32 EStG keine Bedeutung für die Einkommensermittlung einer Körperschaft. Ebenso scheidet ein Abzug von Sonderausgaben (§§ 10 ff. EStG) und von außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33 ff. EStG) wegen deren Subjektbezogenheit grds. aus.6 Dagegen können Spenden, die bei natürlichen Personen zu den Sonderausgaben gehören, nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG in gewissen Grenzen einkommensmindernd von der Körperschaft abgezogen werden (s. Rz. 64).
28
b) Ermittlung des Einkommens Die FinVerw. hat folgendes Schema zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens für Körperschaften, die nur gewerbliche Einkünfte haben können (§ 8 Abs. 2 KStG), entwickelt:7 1
1 2 3 4 5 6 7
Gewinn/Verlust lt. StB bzw. nach § 60 Abs. 2 EStDV korrigierter Jahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag laut HB unter Berücksichtigung der besonderen Gewinnermittlung bei Handelsschiffen nach § 5a EStG
Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 22. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 17. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 22. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 17. BFH v. 8.5.1991 – I R 33/90, BStBl. II 1992, 437 = FR 1992, 51 = GmbHR 1992, 57. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 24. R 29 Abs. 1 KStR.
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341
29
§ 8 Rz. 29
Ermittlung des Einkommens
2 +
Hinzurechnung von vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG)
3 ./.
Abzug von Gewinnerhöhungen iZm. bereits in vorangegangenen VZ versteuerten vGA
4 +
Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG
5 ./.
Einlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG)
6 +
nicht abziehbare Aufwendungen (zB § 10 KStG, § 4 Abs. 5 EStG, § 160 AO)
7 +
Gesamtbetrag der Zuwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG
8 +/–
Kürzungen/Hinzurechnungen nach § 8b KStG und § 3c Abs. 1 EStG
9 ./.
sonstige inländische steuerfreie Einnahmen (zB Investitionszulagen)
10 +/–
Korrekturen bei Organschaft iSd. §§ 14, 17 und 18 KStG (zB gebuchte Gewinnabführung, Verlustübernahme, Ausgleichszahlungen iSd. § 16 KStG)
11 +/–
Hinzurechnungen und Kürzungen bei ausländischen Einkünften ua.
12 +/–
13 +/–
14 =
–
Korrektur um nach DBA steuerfreie Einkünfte unter Berücksichtigung des § 3c Abs. 1 EStG
–
Hinzurechnung nach § 52 Abs. 3 EStG iVm. § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997
–
Abzug ausländischer Steuern nach § 26 Abs. 6 KStG oder § 12 Abs. 3 AStG iVm. § 34c Abs. 2, 3 und 6 EStG
–
Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG einschließlich Aufstockungsbetrag nach § 12 Abs. 1 und 3 AStG
–
Hinzurechnungen und Kürzungen von nicht nach einem DBA steuerfreien negativen Einkünften nach § 2a Abs. 1 EStG
Hinzurechnungen und Kürzungen bei Umwandlung ua. –
nach § 4 Abs. 6 und 7 bzw. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht zu berücksichtigender Übernahmeverlust oder -gewinn
–
Hinzurechnungsbetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG
sonstige Hinzurechnungen und Kürzungen ua. –
nach § 52 Abs. 59 EStG iVm. § 50c EStG idF des G v. 24.3.19991 nicht zu berücksichtigende Gewinnminderungen
–
nicht ausgleichsfähige Verluste nach § 8 Abs. 4 Satz 4, § 13 Abs. 3 KStG sowie nach §§ 2b, 15 Abs. 4, 15a Abs. 1 EStG
–
Hinzurechnungen nach § 15a Abs. 3 EStG, § 13 Abs. 3 Satz 10 KStG
–
Kürzungen nach § 2b Satz 4, § 15 Abs. 4 Satz 2, 3 und 6, § 15a Abs. 2, Abs. 3 Satz 4 EStG, § 13 Abs. 3 Satz 7 KStG
–
Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 und 8, § 7g Abs. 5 EStG
steuerlicher Gewinn (Summe der Einkünfte in den Fällen der R 29 Abs. 2 Satz 1 KStR; Einkommen iSd. § 9 Abs. 2 Satz 1 KStG)
15 ./.
abzugsfähige Zuwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG
16 +/–
bei Organträgern:2 –
Zurechnung des Einkommens von Organgesellschaften (§§ 14, 17 und 18 KStG)
–
Kürzungen/Hinzurechnungen nach § 8b KStG, § 3c Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 7 UmwStG bezogen auf das dem Organträger zugerechnete Einkommen von Organgesellschaften (§ 15 Nr. 2 KStG)
bei Organgesellschaften: –
Abzug des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens (§§ 14, 17 und 18 KStG)
17 =
Gesamtbetrag der Einkünfte iSd. § 10d EStG
18 ./.
bei der übernehmenden Körperschaft im Jahr des Vermögensübergangs zu berücksichtigender Verlust nach § 12 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 15 Abs. 4 UmwStG
1 BGBl. I 1999, 402. 2 Zur Frage der zutr. Einordnung im Falle der Organschaft s. § 14 KStG Rz. 477 ff.
342
Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 29–32 § 8
19 ./.
Verlustabzug nach § 10d EStG
20 =
Einkommen
21 ./.
Freibetrag für bestimmte Körperschaften (§ 24 KStG)
22 ./.
Freibetrag für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Landund Forstwirtschaft betreiben (§ 25 KStG)
23 =
zu versteuerndes Einkommen
Das vorstehende Schema (das allerdings im Detail gesetzgeberisch überholt ist) ist mit 30 Modifikationen auf alle Körperschaften anzuwenden, die auch andere als gewerbliche Einkünfte erzielen können.1 Dabei sind die Schritte 1 bis 13 des Ermittlungsschemas für jede Einkunftsart gesondert durchzuführen.2 Für diese Körperschaften sind zunächst die Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten zu ermitteln und zur Summe der Einkünfte zusammenzufassen. Denn diese Körperschaften können nicht nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern auch Einkünfte aus den übrigen Einkunftsarten erzielen (zu Einzelheiten s. Rz. 21). Bei diesen Körperschaften ist dementsprechend neben dem horizontalen auch ein vertikaler Verlustausgleich durchzuführen.3 Für VZ bis 2003 ist der vertikale Verlustausgleich jedoch gem. § 2 Abs. 3 EStG aF beschränkt.4 Erzielt eine Körperschaft Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd. § 20 EStG, sind diese aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 8 Abs. 10 KStG abweichend von § 2 Abs. 5b EStG in die Ermittlung des kstpfl. Einkommens einzubeziehen (zu Einzelheiten s. Rz. 554). 2. Einkunftsarten Kstpfl. Steuersubjekte können wegen der Generalverweisung des § 8 Abs. 1 KStG grds. Einkünfte aus allen sieben Einkunftsarten erzielen. Schon wegen der Rechtsnatur der Körperschaft scheidet aber die Erzielung von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG aus. Für die wichtige Gruppe der KapGes. wird der Grundsatz, dass Körperschaften Einkünfte aus allen Einkunftsarten erzielen können, nach § 8 Abs. 2 KStG eingeschränkt. Denn § 8 Abs. 2 KStG bestimmt, dass alle Einkünfte einer unbeschränkt stpfl. Körperschaft iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG – also insb. KapGes. – abweichend von § 8 Abs. 1 KStG ausschließlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind. Es handelt sich um eine gesetzliche Fiktion, denn es kommt für die Qualifizierung der Einkünfte nicht darauf an, ob eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird (zu Einzelheiten s. Rz. 40).5 Somit haben alle KapGes. inländischen und ausländischen Rechts, wenn sie unbeschränkt stpfl. sind, nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Unabhängig vom wirtschaftlichen Gehalt der ausgeübten Tätigkeit können diese Körperschaften keine Einkünfte aus anderen Einkunftsarten erzielen.6 Die Einkünfte sind zwingend nach den Grundsätzen zu ermitteln, die für gewerbliche Einkünfte gelten.7
31
Die übrigen Körperschaftsteuersubjekte iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG unterliegen nicht der Sonderregelung des § 8 Abs. 2 KStG, sodass sie auch Einkünfte aus anderen Einkunftsarten erzielen können.8 Zu diesen Körperschaftsteuersubjekten gehören sonstige juristische Personen des privaten Rechts (Nr. 4), nicht rechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts (Nr. 5) und BgA (Nr. 6). Diese Körperschaftsteuersubjekte können neben Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), aus sonstigen selbstständigen Tätigkeiten (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG), aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) und sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) erzielen.9 Erzielt ein Körperschaftsteuersubjekt Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 EStG), gelten für sie die allgemeinen Vor-
32
1 R 20 Abs. 2 Satz 1 KStR; glA. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 17; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 115; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 23. 2 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 36. 3 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 115. 4 Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 17. 5 Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 30. 6 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311 = BFH/NV 1997, 190; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 8 KStG Rz. 28. 7 BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490 = FR 2000, 1135 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2000, 1115. 8 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 160; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 42. 9 Ausführlich Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 131 ff.
Intemann
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§ 8 Rz. 32–35
Ermittlung des Einkommens
schriften über die Einkünfteermittlung, dh. die Höhe der Einkünfte ist durch Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die WK zu ermitteln. 33
Bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft sind Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 8 Abs. 10 KStG einzubeziehen, sodass diese dem allgemeinen Körperschaftsteuersatz von 15 % unterliegen.1 Mit der Regelung des § 8 Abs. 10 Satz 1 KStG soll sichergestellt werden, dass das für natürliche Personen geltende Prinzip der Abgeltungsteuer auf Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG keine Anwendung findet.2 Unter den Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 EStG können auf Antrag3 Verluste aus Kapitalvermögen mit anderen positiven Einkünften einer Körperschaft verrechnet und die tatsächlichen WK abgezogen werden (§ 8 Abs. 10 Satz 2 KStG).
34
Beschränkt stpfl. Körperschaften werden von § 8 Abs. 2 KStG nicht erfasst, sodass eine nur beschränkt stpfl. Körperschaft alle Arten von Einkünften iSd. § 2 Abs. 1 EStG erzielen kann.4 Die Qualifizierung der Einkunftsart richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Zuordnung von Einkünften zu den sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG. Somit können beschränkt stpfl. Körperschaften auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG, Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 EStG und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG erzielen.5 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gem. § 18 EStG und Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG können aber auch beschränkt stpfl. Körperschaften aufgrund ihrer Wesensart als juristische Person nicht erzielen. Bei der Zuordnung der Einkünfte zu einer Einkunftsart ist nach § 49 Abs. 2 EStG die für beschränkt Stpfl. geltende isolierte Betrachtungsweise zu beachten.6 Danach sind für die Qualifizierung der Einkünfte vorrangig die Verhältnisse im Inland ausschlaggebend.7 3. Ermittlung des Einkommens im Detail a) Anwendbare einkommensteuerliche Vorschriften
35 Nach Auffassung der FinVerw. sind folgende Vorschriften des EStG und der EStDV auch bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft anzuwenden (R 32 Abs. 1 KStR 2004): 1. die folgenden Vorschriften des EStG: § 2 Abs. 1 bis 4, 6 und 7 Satz 3 § 2a, § 2b § 3 Nr. 7, 8 Satz 1, Nr. 11 Satz 1 und 3, Nr. 18, 21, 41, 42, 44 und 54, § 3c Abs. 1, § 4 Abs. 1 bis 4, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 bis 10, Satz 2, Abs. 6 bis 8, § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3, Abs. 2, § 4b, § 4c, § 4d, § 4e, § 5, § 5a, § 6, § 6a, § 6b, 1 2 3 4 5 6 7
BT-Drucks. 16/11108, 27 f.; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 606. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 537; zu Einzelheiten s. Rz. 554. Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 997. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 34; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 42. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 36. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 22c. Clausen in H/H/R, § 49 Rz. 1221; Gosch in Kirchhof13, § 49 Rz. 103.
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Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 35 § 8
§ 6c, § 6d, § 7, § 7a, § 7b, § 7c, § 7d, § 7f, § 7g, § 7h, § 7i, § 7k, § 8, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 3 und 7 und Abs. 5, § 9a Satz 1 Nr. 2 und 3 und Satz 2, § 9b, § 10d, § 10g, § 11, § 11a, § 11b, § 13 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 6 und 7, § 13a, § 14 Satz 1, § 15, § 15a, § 16 Abs. 1 bis 3, § 17, § 18 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2, 3, 4 Satz 2, § 20, § 21 Abs. 1 und 3, § 22 Nr. 1, 2 und 3, § 23, § 24, § 25 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 4, § 34c Abs. 1 Satz 2 bis 5, Abs. 2 bis 7 unter Berücksichtigung des § 26 Abs. 6 Satz 2 KStG, § 34d Nr. 1 bis 4 und 6 bis 8, § 36 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und 4, § 37 Abs. 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 bis 3 sowie 8 bis 11, Abs. 4 und 5, § 43, § 43a, § 43b, § 44,
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§ 8 Rz. 35
Ermittlung des Einkommens
§ 44a, § 44b, § 44c, § 45, § 45a, § 45b, § 45c, § 45d, § 48, § 48a, § 48b, § 48c, § 48d, § 49, § 50 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4, Abs. 2, Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Abs. 6 und 7, § 50a Abs. 4 bis 7, § 50b, § 50d, § 50e, § 51, § 51a Abs. 1 und 3 bis 5, § 52 Abs. 3, 4, 9, 10, 12a, 12b, 13 bis 23, 23a, 31, 32a, 33, 34 Satz 1 bis 4, Abs. 36 bis 37c, 39, 49, 50b, 50c, 53 bis 56, 57a, 58a bis 59b, 59d und 60, § 55, § 56, § 57, § 58; 2. die folgenden Vorschriften der EStDV: § 6, § 8b, § 8c, § 9a, § 10, § 10a, § 11c, § 11d, § 15, § 48, § 49, § 50, § 51, § 53, § 54,
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B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 35–37 § 8
§ 55, § 56 Satz 2, § 60, § 68a, § 68b, § 73a Abs. 2 und 3, § 73c, § 73d, § 73e, § 73f, § 73g, § 81, § 82a, § 82f, § 82g, § 82i, § 84. b) Verdeckte Gewinnausschüttung VGA dürfen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen der Körperschaft nicht mindern. Das Rechtsinstitut der vGA soll eine Abgrenzung betrieblicher Vorgänge von solchen Vorgängen gewährleisten, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst sind (s. Rz. 91). Die Besteuerung von Körperschaften und ihren Anteilseignern folgt dem Trennungsprinzip. Das Steuerrecht akzeptiert die zivilrechtliche Eigenständigkeit der juristischen Person und besteuert das Einkommen der Körperschaft und das Einkommen der Anteilseigner unabhängig voneinander. Als Ausfluss des Trennungsprinzips werden schuldrechtliche Vertragsbeziehungen zwischen der Körperschaft und ihren Anteilseignern grds. auch steuerlich anerkannt. Gewährt die Körperschaft ihrem Anteilseigner allerdings einen Vermögensvorteil, dessen Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)verursacht ist, soll dieser Vorgang das kstpfl. Einkommen der Körperschaft nicht beeinflussen. Eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, stellt eine vGA dar, die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen der Körperschaft nicht mindern darf (s. Rz. 125). Zur Ermittlung des Einkommens der Körperschaft ist der Gewinn um die vGA wieder zu erhöhen. Es handelt sich bei § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG entgegen der gesetzlichen Formulierung um eine Gewinnermittlungsvorschrift.1 Die vGA ist nach der Rspr. des BFH dem Gewinn außerhalb der Steuerbilanz wieder hinzuzurechnen (s. Rz. 125).2 Nach jahrelangem Zögern hat sich die FinVerw. der Rspr. angeschlossen und folgt insoweit der vom BFH vertretenen zweistufigen Gewinnermittlung.3
36
c) Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG Vereinbarungen iZm. Geschäftsbeziehungen zum Ausland mit einer nahestehenden Person unterliegen nach § 1 AStG einer steuerlichen Angemessenheitsprüfung nach dem international anerkannten Fremdvergleichsgrundsatz („dealing-at-arm’s-length“).4 Mit § 1 AStG soll der Gefahr einer unberechtigten Gewinnverlagerung über die Grenze begegnet und der Verlust innerstaatlichen Steuersubstrats verhindert werden.5 Werden Einkünfte des Stpfl. aus einer solchen Geschäftsbeziehung dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung 1 BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366 = GmbHR 1994, 894 = FR 1994, 833; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 37; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 28. 2 BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366 = GmbHR 1994, 894 = FR 1994, 833; v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. 3 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603. 4 Hofacker in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 1 AStG Rz. 1. 5 Pohl in Blümich, § 1 AStG Rz. 4.
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§ 8 Rz. 37–40
Ermittlung des Einkommens
andere Bedingungen – insbesondere Preise (Verrechnungspreise; dazu Rz. 1513 ff.) – zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten, sind seine Einkünfte so anzusetzen, wie sie unter zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist der Steuerbilanzgewinn um die Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem unter Berücksichtigung des Fremdvergleichsgrundsatzes ermittelten Preis zu erhöhen.1 Die Korrektur hat außerhalb der Steuerbilanz2 auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung zu erfolgen.3 Die Grundsätze gelten entsprechend für die Einkommensermittlung bei den Überschusseinkünften.4 Zur Abgrenzung des Berichtigungsbetrags nach § 1 AStG zur vGA s. Rz. 81 und zur vE s. Rz. 425. 38
Schüttet eine ausländische Gesellschaft ihren Gewinn an die inländische Gesellschaft aus, besteht die Gefahr einer Doppelbesteuerung insoweit, als der ausgeschüttete Gewinn bereits als Berichtigungsbetrag gem. § 1 Abs. 1 AStG einkommenserhöhend berücksichtigt wurde. In diesem Fall besteht nach Auffassung des BFH ein Anspruch des inländischen Stpfl. auf Erlass der darauf entfallenden Steuern nach § 163 AO.5 Zur Umsetzung ist von dem inländischen Stpfl. ein Verrechnungsposten außerhalb der Bilanz zu führen.6 Der Vorgang wirkt sich auf die Einkommensermittlung der Körperschaft jedoch nicht aus, weil die drohende Doppelbesteuerung durch eine Billigkeitsmaßnahme außerhalb der Einkommensermittlung vermieden wird. d) Behandlung von Einlagen
39 Einlagen, ob offen oder verdeckt, dürfen sich auf den steuerlichen Gewinn nicht auswirken.7 Einlagen sind nach § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG alle WG (Bareinzahlungen und sonstige WG), die der Stpfl. dem Betrieb im Laufe des Wj. zugeführt hat.8 Der Einlagebegriff des § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG kann nur in modifizierter Form auf eine Körperschaft übertragen werden, da KapGes. keine außerbetriebliche Sphäre besitzen und es sich bei den Anteilseignern und der Gesellschaft um verschiedene Steuerrechtssubjekte handelt.9 Entsprechend dienen Einlagen der Korrektur des Ergebnisses des Betriebsvermögensvergleichs um betriebsfremde Vorgänge.10 Im Hinblick auf die Besonderheiten von KapGes. sind als Einlagen somit Mehrungen des BV zu behandeln, die der Gesellschaft nicht aus betrieblichen Gründen, sondern im Hinblick auf ein Gesellschaftsverhältnis gewährt worden sind.11 Eine Einlage ist jede durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils durch einen Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person.12 Eine offene Einlage unterscheidet sich von einer vE dadurch, dass der Gesellschafter im Falle einer vE keine Gegenleistung von der Gesellschaft (insbesondere keine Gesellschaftsrechte) erhält.13 40
Für verdeckte Einlagen ergibt sich die Steuerneutralität aus der gesetzlichen Anordnung des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG, der ausdrücklich bestimmt, dass vE das Einkommen der Körperschaft nicht erhöhen (zu Einzelheiten s. Rz. 411). Der Grundsatz, dass Einlagen die Bemessungsgrundlage der KSt nicht beeinflussen dürfen, gilt aber ebenso für offene Einlagen, wobei Letztere bereits in Handels- und Steuerbilanz – also auf der ersten Gewinnermitt-
1 Wassermeyer, DB 2007, 535. 2 BFH v. 30.5.1990 – I R 97/88, BStBl. II 1990, 875 = GmbHR 1991, 45; v. 5.4.1995 – I R 81/94, BStBl. II 1995, 629 = FR 1995, 711; BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05, BStBl. I 2005, 570 Tz. 5.3.3. 3 Wassermeyer in F/W/B, § 1 AStG Rz. 810 ff.; Hofacker in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 1 AStG Rz. 352; Pohl in Blümich, § 1 AStG Rz. 49. 4 BFH v. 30.5.1990 – I R 97/88, BStBl. II 1990, 875 = GmbHR 1991, 45. 5 BFH v. 30.5.1990 – I R 97/88, BStBl. II 1990, 875 = GmbHR 1991, 45. 6 BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218; Pohl in Blümich, § 1 AStG Rz. 49. 7 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 23. 8 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159; v. 23.2.2005 – I R 44/04, BStBl. II 2005, 522 = FR 2005, 802 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2005, 783 m. Anm. Mildner. 9 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, GmbHR 2006, 209 m. Anm. Roser = FR 2006, 373 = BFH/NV 2006, 426; v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 10 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, GmbHR 2006, 209 m. Anm. Roser = FR 2006, 373 = BFH/NV 2006, 426. 11 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, GmbHR 2006, 209 m. Anm. Roser = FR 2006, 373 = BFH/NV 2006, 426. 12 BFH v. 23.2.2005 – I R 44/04, BStBl. II 2005, 522 = FR 2005, 802 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2005, 783 m. Anm. Mildner; v. 15.10.1997 – I R 80/96, GmbHR 1998, 750 = BFH/NV 1998, 624. 13 BFH v. 14.3.2011 – I R 40/10, BStBl. II 2012, 281 = FR 2011, 902 = GmbHR 2011, 997; v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159.
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Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 40–45 § 8
lungsstufe – den Gewinn nicht erhöhen, sodass eine dem § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG entsprechende Korrekturnorm für diese Fälle nicht erforderlich ist (s. Rz. 411). Einlagen erhöhen nicht die steuerliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft und dürfen sich dementsprechend nicht steuererhöhend auswirken. Soweit eine Einlage nicht schon auf der ersten Gewinnermittlungsstufe bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nach § 4 Abs. 1 EStG innerbilanziell gewinnmindernd berücksichtigt wurde (zB Zuführung zur Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 HGB), ist sie daher außerbilanziell bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe wieder abzuziehen.1 e) Steuerfreie Einkünfte Bei der Ermittlung des stpfl. Einkommens bleiben steuerfreie Einkünfte außer Ansatz. Die 41 Steuerfreiheit von Einkünften kann sich zunächst aus den Vorschriften sowohl des EStG als auch des KStG ergeben. Besonders ist die Steuerfreiheit von Einkünften nach § 3 EStG und § 5 KStG zu beachten. Aber auch Steuerbefreiungsvorschriften aus anderen Gesetzen sind bei der Einkommensermittlung einer Körperschaft zu beachten, soweit deren Anwendung nicht ausdrücklich oder aufgrund der Eigenart einer juristischen Person ausgeschlossen ist. Solche Steuerbefreiungen können sich insbesondere aus der Anwendung eines DBA (s. im Ergebnis Rz. 47) oder dem InvZulG (s. im Ergebnis Rz. 29) ergeben. Soweit Ausgaben mit den steuerfreien Einnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dürfen sie nach § 3c Abs. 1 EStG nicht abgezogen werden. Sie sind daher außerbilanziell dem Gewinn hinzuzurechnen, falls sie zuvor gewinnmindernd berücksichtigt wurden (zum in § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG angeordneten Anwendungsausschluss des § 3c Abs. 1 EStG s. § 8b KStG Rz. 483). Nach § 8b Abs. 1 KStG bleiben Bezüge iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG, 42 die eine Körperschaft bezieht, bei der Ermittlung ihres Einkommens außer Ansatz, unabhängig davon, ob sie von einer inländischen oder ausländischen Körperschaft stammen. Zu den steuerbefreiten Bezügen gehören insbesondere offene und verdeckte Gewinnausschüttungen. Im Ergebnis bleiben (bei wirtschaftlicher Betrachtung) aber nur 95 % dieser Bezüge steuerfrei, weil nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG 5 % der Bezüge als nicht abzugsfähige BA gelten. Die Regelung des § 8b Abs. 5 KStG ist nach Auffassung des BVerfG verfassungsgemäß.2 Es ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten, dem Stpfl. die Möglichkeit einzuräumen, niedrigere BA nachzuweisen. Der Steuerbilanzgewinn ist um den steuerfreien Teil der Bezüge iSd. § 8b Abs. 1 KStG zu mindern. Tatsächliche Aufwendungen, die mit den steuerfreien Bezügen iSd. § 8b Abs. 1 KStG im Zusammenhang stehen, dürfen dagegen abgezogen werden, weil nach § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG die Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die Steuerfreiheit des § 8b Abs. 1 KStG ist für Bezüge aus sog. Streubesitz durch § 8b Abs. 4 KStG nF eingeschränkt worden. Mit dem Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09 vom 21.3.20133 ist die nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG bestehende Steuerfreiheit für Bezüge iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG nicht anzuwenden, wenn der Anteilseigner zu weniger als 10 % unmittelbar am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Körperschaft beteiligt ist (sog. Streubesitz). Streubesitzdividenden, die dem Anteilseigner nach dem 28.2.2013 zufließen, sind voll stpfl., sodass eine Korrektur des Steuerbilanzgewinns insoweit unterbleibt (zu § 8b Abs. 4 KStG nF vgl. § 8b KStG Rz. 448).
43
Ebenso bleiben nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG führen können, bei der Ermittlung des Einkommens der veräußernden Körperschaft außer Ansatz (vgl. dazu § 8b KStG Rz. 195). Nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG gelten 5 % des Veräußerungsgewinns als nicht abziehbare BA, sodass der Steuerbilanzgewinn im Ergebnis nur um 95 % des Veräußerungsgewinns zu kürzen ist (vgl. dazu § 8b KStG Rz. 272). § 8b Abs. 4 KStG nF gilt für Veräußerungsgewinne nicht.
44
Der Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns steht das Abzugsverbot gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG für Gewinnminderungen, die iZm. Anteilen iSd. § 8b Abs. 2 KStG stehen, gegen-
45
1 Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 39. 2 BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 = GmbHR 2011, 203 m. Anm. Roser = FR 2010, 1141. 3 BGBl. I 2013, 561.
Intemann
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§ 8 Rz. 45–49
Ermittlung des Einkommens
über. Von dem Abzugsverbot sind insbesondere Veräußerungsverluste und Teilwertabschreibungen auf Anteile iSd. § 8b Abs. 2 KStG betroffen. Auch Gewinnminderungen iZm. Darlehensforderungen oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten eines wesentlich beteiligten Gesellschafters bzw. einer nahestehenden Person unterliegen nach § 8b Abs. 3 Satz 4 und 5 KStG einem Abzugsverbot. Diese Gewinnminderungen sind dem Steuerbilanzgewinn wieder hinzuzurechnen (vgl. dazu § 8b KStG Rz. 122). 46
Das kstpfl. Einkommen ist um die der Körperschaft gewährten Investitionszulagen zu korrigieren. Nach § 13 InvZulG gehört die Investitionszulage nicht zu den Einkünften iSd. EStG. Durch die Generalverweisung des § 8 Abs. 1 KStG ist die Investitionszulage auch bei einer Körperschaft als steuerfrei zu behandeln, sodass diese nicht in das kstpfl. Einkommen einfließt. f) Ausländische Einkünfte
47 Unbeschränkt stpfl. Steuersubjekte unterliegen mit ihrem Welteinkommen der inländischen Besteuerung. Das Welteinkommensprinzip gilt auch für die Besteuerung von Körperschaften.1 Somit erhöhen ausländische Einkünfte das stpfl. Einkommen einer Körperschaft. Allerdings können ausländische Einkommensteile nach einem DBA von der inländischen Besteuerung freigestellt sein. Steht das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte nach einem DBA dem ausländischen Staat zu und erfolgt die Vermeidung der Doppelbesteuerung durch die Freistellungsmethode, fließen diese Einkünfte nicht in das inländische Einkommen der Körperschaft ein.2 Dabei sind aber Besteuerungsvorbehalte zu beachten, nach denen trotz Zuweisung des Besteuerungsrechts an den ausländischen Staat doch eine inländische Besteuerung erfolgen kann (Subjekt-to-tax-Klauseln, Switch-over-Klauseln, Umschaltklauseln oder § 50d EStG, § 50i EStG).3 Aufwendungen, die mit den steuerfreien ausländischen Einkünften in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nach § 3c Abs. 1 EStG nicht als BA abzugsfähig, sodass sie außerbilanziell wieder hinzuzurechnen sind.4 48
Eine Doppelbesteuerung kann statt im Wege der Freistellung durch Anrechnung der im Ausland erhobenen und bezahlten Steuer vermieden werden, insbesondere wenn mit dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, kein DBA besteht. Die ausländische Steuer ist unter den Bedingungen des § 26 Abs. 1 KStG auf die deutsche KSt anzurechnen (vgl. dazu § 26 KStG Rz. 61 ff.). Erfolgt die Vermeidung einer Doppelbesteuerung der Einkünfte weder durch Freistellung noch durch Anrechnung, kommt ein Abzug der ausländischen Steuer iRd. § 26 Abs. 6 KStG iVm. § 34 Abs. 2 EStG in Betracht (vgl. dazu § 26 KStG Rz. 148).
49
Nach § 10 AStG werden Einkünfte von einer ausländischen Zwischengesellschaft beim inländischen Anteilseigner auch ohne Gewinnausschüttung als Hinzurechnungsbetrag der Besteuerung unterworfen. Nach § 10 Abs. 2 AStG gehört der Hinzurechnungsbetrag zu den Kapitaleinkünften iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. zu den Gewinneinkünften. Der Hinzurechnungsbetrag stellt eine „Quasi-Ausschüttung“ dar, welche als Einkünfteerhöhungsbetrag eigener Art5 die Einkünfte außerhalb der Gewinnermittlung erhöht.6 Obwohl der Hinzurechnungsbetrag zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört, ist er nicht nach § 8b Abs. 1 KStG steuerbefreit (vgl. dazu § 8b KStG Rz. 74). Die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift ist nach § 10 Abs. 2 Satz 3 AStG ausdrücklich ausgeschlossen. Somit erhöht der Hinzurechnungsbetrag das Einkommen der Körperschaft in voller Höhe. Für die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags werden die Steuern, die im Ausland auf die nach § 7 Abs. 1 AStG stpfl. Einkünfte erhoben worden sind, abgezogen. Nach § 12 Abs. 1 AStG kann der inländische Stpfl. aber beantragen, dass die nach § 10 Abs. 1 AStG abziehbaren ausländischen Steuern auf die KSt angerechnet werden sollen, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt.7 In diesem Fall ist der Hinzurechnungsbetrag um diese Steuern zu erhöhen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 AStG) und entsprechend in der Einkommensermittlung der Körperschaft zu erfassen.8
1 2 3 4 5
Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 91. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 22. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 33. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 63. BFH v. 11.2.2009 – I R 40/08, BStBl. II 2009, 594 = FR 2009, 921 = GmbHR 2009, 669; v. 7.9.2005 – I R 118/04, BStBl. II 2006, 538 = GmbHR 2006, 104 m. Anm. Roser = FR 2006, 236 m. Anm. Kempermann. 6 Intemann in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 10 AStG Rz. 46. 7 Zu Einzelheiten s. Intemann in Haase, AStG/DBA, 2. Aufl. 2012, § 12 AStG Rz. 7 ff. 8 Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 66.
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Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 50–53 § 8
Schüttet die ausländische Gesellschaft ihren Gewinn später aus, ist die Gewinnausschüttung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung nach § 3 Nr. 41 EStG steuerbefreit, soweit aus derselben Beteiligung Hinzurechnungsbeträge gem. § 10 Abs. 2 AStG der inländischen Besteuerung unterlegen haben.1 Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 41 EStG ist auch auf kstpfl. Anteilseigner anzuwenden; die Vorschrift verdrängt insoweit das Beteiligungsprivileg des § 8b Abs. 1 KStG, sodass die Gewinnausschüttung der ausländischen Zwischengesellschaft vollständig und nicht nur zu 95 % steuerbefreit ist.2 Die nach § 3 Nr. 41 EStG steuerbefreite Gewinnausschüttung ist zur Ermittlung des Einkommens vom StB-Gewinn wieder abzuziehen.
50
Ausländische Verluste sind bei der inländischen Einkommensermittlung zu berücksichtigen, wenn Deutschland das Besteuerungsrecht für die Einkünfte auch unter Berücksichtigung eines DBA zusteht. Die Berücksichtigung ausländischer Verluste kann allerdings nach § 2a EStG eingeschränkt sein (zu Einzelheiten s. Rz. 57). Werden die ausländischen Einkünfte nach einem DBA von der inländischen Besteuerung freigestellt, weil das DBA einem ausländischen Staat das Besteuerungsrecht zuweist, werden auch Verluste nach der sog. Symmetriethese im Inland nicht berücksichtigt.3 Nach der Symmetriethese werden auch Verluste von der inländischen Besteuerung ausgenommen, weil von den Regelungen eines DBA nicht nur positive, sondern auch negative Einkünfte erfasst werden.4
51
Nach der Rspr. des EuGH sind Verluste einer im EU-Ausland belegenen Tochtergesell- 52 schaft oder Betriebsstätte im Inland auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Grundfreiheiten grds. nicht zu berücksichtigen. In der Rs. Marks & Spencer5 hatte der EuGH entschieden, dass es europarechtlich nicht geboten ist, die Nutzung von Verlusten einer ausländischen Tochterkapitalgesellschaft durch die inländische Muttergesellschaft zu ermöglichen. Zwar stelle es eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit der Art. 49, 54 AEUV dar, wenn eine Verrechnung von Verlusten einer inländischen, nicht jedoch jener einer ausländischen Konzerngesellschaft zulässig ist. Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit sei jedoch gerechtfertigt, weil es zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten zulässig ist, dass die Verlustnutzung auf den Staat beschränkt ist, der auch die Gewinne der Tochtergesellschaft besteuern darf. Als weiteren Rechtfertigungsgrund erkennt der EuGH an, dass es den Mitgliedstaaten erlaubt sein muss, eine doppelte Berücksichtigung von Verlusten zu verhindern. Die in der Rs. Marks & Spencer für eine ausländische Tochtergesellschaft aufgestellten Grundsätze hat der EuGH in der Rs. Lidl Belgium6 auch auf Verluste einer ausländischen Betriebsstätte übertragen. Eine Verlustverrechnungsmöglichkeit im Inland ist jedoch geboten, wenn es sich um einen sog. finalen Verlust handelt.7 Der Ausschluss finaler Verluste ist nicht verhältnismäßig. Die grds. gerechtfertigte Verlustverrechnungsbeschränkung über die Grenze geht über das erforderliche Maß hinaus, wenn die ausländische Tochtergesellschaft bzw. Betriebsstätte die im Ansässigkeitsstaat vorgesehene Möglichkeit der Verlustberücksichtigung ausgeschöpft hat.8 Dabei ist es Sache der inländischen Muttergesellschaft bzw. Stammhauses, dies nachzuweisen.9 An der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum Abzug finaler Verluste hat der EuGH trotz Kritik auch in neueren Entscheidungen festgehalten.10
1 Zu Einzelheiten s. Intemann in H/H/R, § 3 Nr. 41 EStG Rz. 8 ff. 2 R 32 Abs. 1 Nr. 1 KStR 2004; glA Intemann in H/H/R, § 3 Nr. 41 EStG Rz. 14; Rättig/Protzen, IStR 2002, 123; aA Desens, IStR 2003, 613; Dötsch in D/P/M, § 3 Nr. 41 EStG Rz. 3; Edelmann in Kraft, AStG, 2009, § 10 AStG Rz. 391. 3 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, GmbHR 2010, 996 = FR 2010, 896 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2010, 1744; v. 17.7.2008 – I R 84/04, BStBl. II 2009, 630 = GmbHR 2006, 1282 = FR 2007, 86 m. Anm. Pezzer. 4 Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, Art. 23A/B OECD-MA Rz. 31. 5 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, FR 2006, 177 = GmbHR 2006, 153 = Slg. 2005, I-10837. 6 EuGH v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, GmbHR 2008, 709 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2008, 831 = Slg. 2008, I-3601. 7 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, FR 2006, 177 = GmbHR 2006, 153 = Slg. 2005, I-10837; v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06 – Lidl Belgium, GmbHR 2008, 709 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2008, 831 = Slg. 2008, I-3601; v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, DStR 2010, 427. 8 EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03 – Marks & Spencer, FR 2006, 177 = GmbHR 2006, 153 = Slg. 2005, I-10837. 9 EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08 – X Holding, DStR 2010, 427; v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, IStR 2013, 239; v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13 – Kommission ./. Vereinigtes Königreich, DStR 2015, 337; BFH v. 5.2.2014 – I R 48/11, BFH/NV 2014, 963. 10 EuGH v. 21.2.2013 – Rs. C-123/11 – A Oy, IStR 2013, 239; v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, IStR 2013, 913; kritisch Mitschke, IStR 2014, 37.
Intemann
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53
§ 8 Rz. 54–56
Ermittlung des Einkommens
54
Es ist aber immer noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Bedingungen ein finaler Verlust anzunehmen ist.1 Kein finaler Verlust liegt nach der Rspr. des EuGH vor, wenn die Verlustnutzung im ausländischen Staat wegen der dort geltenden Steuerrechtsvorschriften nicht möglich ist.2 Hat die fehlende Verlustnutzungsmöglichkeit ihre Ursache in der ausländischen Rechtsordnung, besteht aus europarechtlicher Sicht keine Pflicht, dass der Verlust mit Gewinnen der inländischen Muttergesellschaft bzw. des inländischen Stammhauses verrechnet werden kann. Der Mitgliedstaat, in dem die Muttergesellschaft bzw. das Stammhaus ansässig ist, ist nicht gezwungen, bei der Anwendung seiner eigenen Steuervorschriften den möglicherweise nachteiligen Folgen der Steuervorschriften des anderen Mitgliedstaats Rechnung zu tragen. Es kann nicht Aufgabe des Ansässigkeitsstaats der Muttergesellschaft bzw. des Stammhauses sein, die durch eine gesetzliche Beschränkung endgültig gewordenen ausländischen Verluste zum Abzug zuzulassen. Ein Verlustimport von Verlusten, die aus rechtlichen Gründen endgültig geworden sind, gebietet auch das Europarecht nicht. Auch der BFH hat zwischenzeitlich entschieden, dass Verluste aufgrund einer solchen rechtlichen Finalität nicht in das Inland importiert werden müssen.3
55
Dagegen liegt nach Auffassung des BFH ein finaler Verlust vor, wenn ein Verlust aus tatsächlichen Gründen im ausländischen Staat endgültig nicht mehr abgezogen werden könne.4 Ein Verlust sei iSd. Rspr. des EuGH endgültig, wenn die ausländische Betriebsstätte eingestellt, entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder umgewandelt werde.5 Beruhe die Finalität der ausländischen Verluste auf tatsächlichen Umständen, sei eine Berücksichtigung dieser Verluste bei der Besteuerung des inländischen Stammhauses zulässig.6 Gegen die Rspr. des BFH wird eingewandt, dass es der Stpfl. durch entsprechende Gestaltungen (zB Schließung der Betriebsstätte, Umwandlung oder Liquidation der Tochtergesellschaft) in der Hand habe, die Verlustberücksichtigung im Inland beliebig zu steuern.7 Die Bedenken können nicht überzeugen, denn gerade die Einstellung der Tätigkeit im Ausland durch Veräußerung oder Liquidation stellt den „Grundfall“ dafür dar, dass die Verluste im Ausland nicht mehr genutzt werden können. Würden solche Maßnahmen die Verlustnutzung ausschließen, wäre die Rechtsfigur der finalen Verluste faktisch ohne Bedeutung. Solange wirtschaftliche Gründe für die Einstellung der Tätigkeit im Ausland vorliegen, ist auch eine (vermutete) missbräuchliche Gestaltung nicht gegeben. Einem etwaig vorliegenden Gestaltungsmissbrauch kann sowohl nach der Rspr. des EuGH als auch nach § 42 AO ausreichend begegnet werden. Auch der EuGH selbst sieht die Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit durch Liquidation einer Tochtergesellschaft als mögliche Voraussetzung für die Nutzung eines finalen Verlustes an.8 Die Berücksichtigung finaler Verluste aus Tochter-KapGes. setzt aber zusätzlich voraus, dass ein GAV besteht. Ansonsten liegt bereits keine Diskriminierung vor (s. § 14 KStG Rz. 88 ff.).
56
Zum Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung vertritt der BFH die Auffassung, dass ein Abzug von dem Gewinn der Muttergesellschaft bzw. des Stammhauses erst im dem Jahr möglich sei, in dem der Verlust final geworden sei.9 Eine phasengleiche Verlustberücksichtigung im Inland müsse nicht erfolgen.
1 Mitschke, IStR 2014, 37; Schönfeld, IStR 2012, 368; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 93; s. auch Müller in der Anm. zu EuGH v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ISR 2013, 425; Benecke/Staats, IStR 2013, 919; Goebel/Liedtke/Schmidt, IWB 2010, 173; Braunagel, IStR 2010, 163; Ditz/Plansky, DB 2009, 1669. 2 EuGH v. 23.10.2008 – Rs. C-157/07 – Wannsee, GmbHR 2008, 1285 = IStR 2008, 769; v. 7.11.2013 – Rs. C-322/11 – K, ISR 2013, 425 m. Anm. Müller = IStR 2013, 913. 3 BFH v. 9.6.2010 – I R 100/09, BStBl. II 2010, 1065 = GmbHR 2010, 1001 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2010, 901; glA BMF v. 13.7.2009 – IV B 5 - S 2118 - a/07/10004 – DOK 2009/0407190, BStBl. I 2009, 835. 4 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, GmbHR 2010, 996 = FR 2010, 896 m. Anm. Buciek = BFH/NV 2010 1744; glA Schnitger, IWB 2008, Fach 11, Gruppe 2, 829; von Brocke, DStR 2008, 2201; Gosch, BFH-PR 2010, 274; Ditz/Plansky, DB 2009, 1669; Intemann, IWB 2010, 713; aA BMF v. 13.7.2009 – IV B 5 - S 2118 - a/07/10004 – DOK 2009/0407190, BStBl. I 2009, 835; Fehling/Wichert, NWB 2010, 1835. 5 So ausdrücklich BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744 = GmbHR 2010, 996 = FR 2010, 896 m. Anm. Buciek; v. 5.2.2014 – I R 48/11, BFH/NV 2014, 963; glA bei Veräußerung einer Betriebsstätte: FG Nds. v. 16.6.2011 – 6 K 445/09, IStR 2011, 768. 6 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744 = GmbHR 2010, 996 = FR 2010, 896 m. Anm. Buciek. 7 Mitschke, FR 2011, 24. 8 EuGH v. 3.2.2015 – Rs. C-172/13 – Kommission ./. Vereinigtes Königreich, DStR 2015, 337. 9 BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744 = GmbHR 2010, 996 = FR 2010, 896 m. Anm. Buciek; BMF v. 13.7.2009 – IV B 5 - S 2118 - a/07/10004 – DOK 2009/0407190, BStBl. I 2009, 835.
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Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 57–60 § 8
Die Berücksichtigung von bestimmten ausländischen Verlusten ist darüber hinaus nach § 2a EStG beschränkt, soweit sie aus sog. Drittstaaten – also Staaten außerhalb des EU-/ EWR-Raumes – stammen. Die Verluste iSd. § 2a EStG dürfen nur mit positiven Einkünften derselben Art aus demselben Staat verrechnet werden (per country limitation).1 Eine Verrechnung der im Jahr der Entstehung nicht ausgeglichenen Verluste (verbleibende negative Einkünfte) mit positiven Einkünften derselben Art in den folgenden Wj. ist zulässig (§ 2a Abs. 1 Satz 3 EStG). Die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2a EStG galt bis zur Änderung durch das JStG 20092 auch für Verluste, die aus EU-/EWR-Staaten stammten. Nachdem der EuGH mehrfach entschieden hatte, dass die Regelung die europäischen Grundfreiheiten verletzt3 und die Kommission der EU wegen § 2a EStG aF ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte, beschränkte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich auf Verluste aus Drittstaaten.4 Ausländische Verluste, die dem Verlustverrechnungsverbot des § 2a EStG unterliegen, dürfen das Einkommen der Körperschaft nicht mindern. Erzielt die Körperschaft in den folgenden Wj. positive Einkünfte derselben Art aus demselben Staat, sind die verbleibenden negativen Einkünfte zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns von diesen ausländischen Gewinnen abzuziehen.5
57
g) Auswirkungen einer Organschaft Auch bei Bestehen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sind das Einkommen der OG und das Einkommen des OT in einem ersten Schritt zunächst jeweils gesondert zu ermitteln. Das gesondert ermittelte Einkommen der OG wird dem OT sodann in einem zweiten Schritt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zugerechnet (§ 14 KStG Rz. 477 ff.). Das Einkommen des OT und das Einkommen der OG werden auf der Ebene des OT zusammengerechnet. Ein Ausgleich der positiven und negativen Einkommen ist zulässig, sodass ein Verlust der OG mit Gewinnen des OT verrechnet werden kann.6 Um eine zutreffende Erfassung des von der OG zugerechneten Einkommens auf der Ebene des OT für gewerbesteuerliche Zwecke zu gewährleisten, hat die Zurechnung uE bereits auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe und nicht erst bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte zu erfolgen (s. § 14 KStG Rz. 513 ff.).7 Für Zwecke des § 4h EStG werden OT und OG als ein Betrieb behandelt und § 4h EStG auf Ebene des OT angewandt (s. § 15 KStG Rz. 106 ff.).
58
Bei der OG ist das dem OT zugerechnete – positive bzw. negative – Einkommen außerhalb 59 der Bilanz als Minderungs- bzw. Erhöhungsbetrag zu erfassen.8 Für die Ermittlung des Einkommens der OG sind im Übrigen die besonderen Bestimmungen des § 15 KStG zu beachten (s. § 15 KStG Rz. 51 ff.). Danach sind die Steuerbefreiungen des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG nicht bei der OG anzuwenden. Vielmehr ist die Steuerbefreiung für Dividendeneinnahmen und Veräußerungserlöse iSd. § 8b KStG erst auf der Ebene des OT zu berücksichtigen; Gleiches gilt für die Abzugsbeschränkungen des § 8b Abs. 3 KStG (sog. Bruttomethode).9 h) Hinzurechnungen und Kürzungen bei Umwandlung Bei der Einkommensermittlung sind nach dem Umwandlungssteuerrecht nicht abzugsfähige Übernahmeverluste und nicht steuerpflichtige Übernahmegewinne außerbilanziell auszusondern. Der bei einer Verschmelzung von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft entstehende Übernahmeverlust bleibt nach § 4 Abs. 6 Satz 1 UmwStG außer Ansatz, soweit er auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse als Mitunternehmer der Personengesellschaft entfällt.10 Ein Übernahmegewinn ist gem. § 4 Abs. 7 Satz 1 UmwStG unter Berücksichtigung des § 8b KStG steuerbefreit. Im Falle der Verschmelzung von KapGes. bleibt ein Übernahmeergebnis gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG außer Ansatz.11 1 Zu Einzelheiten s. Herkenroth/Striegel in H/H/R, § 2a EStG Rz. 73 ff. 2 G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2008, 854. 3 EuGH v. 21.2.2006 – Rs. C-152/03 – Ritter-Coulais, FR 2006, 466; v. 18.7.2007 – Rs. C-182/06 – Lakebrink, Slg. 2007, I-6705; v. 29.3.2007 – Rs. C-347/04 – Rewe Zentralfinanz, Slg. 2007, I-2647 = GmbHR 2007, 494. 4 Nach BMF v. 30.7.2008 – IV B 5 - S 2118 - a/07/10014 – DOK 2008/0410093, BStBl. I 2008, 810, ist die Neuregelung auf alle noch offenen Fälle anzuwenden. 5 Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 216. 6 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 43; Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 615. 7 GlA Wassermeyer, DStR 2004, 214; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 15; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 43; aA Pung in D/P/M, § 7 KStG Rz. 10; von Groll, DStR 2004, 1193. 8 Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 615. 9 BMF v. 26.8.2003 – IV A 2 - S 2770 - 18/03, BStBl. I 2003, 437 Tz. 25 ff.; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 80. 10 Zu Einzelheiten s. van Lishaut in R/H/vL2, § 4 UmwStG Rz. 106 ff. 11 Zu Einzelheiten s. Rödder in R/H/vL2, § 12 UmwStG Rz. 62 ff.
Intemann
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§ 8 Rz. 60–64
Ermittlung des Einkommens
Ein Übernahmegewinn ist nach § 8b KStG steuerbefreit, soweit die übernehmende an der übertragenden KapGes. beteiligt ist. Ein Übernahmeergebnis gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist auch in Fällen der sog. Abwärts- oder Seitwärtsabspaltung zu ermitteln, in welchen die übernehmende Körperschaft zuvor nicht an der übertragenden Körperschaft beteiligt war, sodass die Kosten des Vermögensübergangs auch in jenen Fällen nicht als BA abziehbar sind.1 i) Nicht abzugsfähige Aufwendungen 61 Nicht abziehbare Aufwendungen, die nach dem EStG einem Abzugsverbot unterliegen, dürfen auch bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns einer Körperschaft nicht abgezogen werden (zB § 4 Abs. 5 EStG). Das einkommensteuerliche Abzugsverbot gilt allerdings nicht, soweit es wegen der Eigenart der Körperschaft als juristische Person nicht angewendet werden kann. Die Aufwendungen sind wieder dem Gewinn hinzuzurechnen. Neben den einkommensteuerlichen Abzugsverboten schließt auch § 10 KStG einzelne Aufwendungen vom Abzug aus. 62
Zinsaufwendungen einer Körperschaft können seit Einführung der Zinsschranke (§ 8a KStG iVm. § 4h EStG) durch das UntStRefG 20082 ab dem VZ 2008 zu den nicht abzugsfähigen BA gehören. Der Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen wird auf 30 % des steuerlichen EBITDA begrenzt, soweit sie die Zinserträge des Betriebs überschreiten, wobei eine Freigrenze von 3 Mio. Euro, bezogen auf den Zinssaldo, zu beachten ist.3 Bei Körperschaften ist gem. § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG als Ausgangsgröße für die Ermittlung der nicht abzugsfähigen Zinsaufwendung nicht der maßgebliche Gewinn, sondern das Einkommen heranzuziehen.4 Die Zinsaufwendungen, deren Abzug durch die Zinsschrankenregelung des § 8a KStG iVm. § 4h EStG begrenzt wird, müssen zur Ermittlung des Einkommens außerbilanziell wieder hinzugerechnet werden.5 Bei konzernzugehörigen Betrieben kommt die Zinsschranke gem. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG nicht zur Anwendung, wenn ihre Eigenkapitalquote am vorangegangenen Bilanzstichtag gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns, wobei die Besonderheiten des § 8a Abs. 3 KStG zu beachten sind (Escape-Klausel; s. ausführlich § 8a KStG Rz. 227 ff.). Der BFH hat im Rahmen eines Aussetzungsverfahrens erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG geäußert, weil der Gesetzgeber mit der Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs gegen das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Körperschaftsteuerrechts am Gebot der finanziellen Leistungsfähigkeit verstoßen haben könnte (s. ausführlich § 8a KStG Rz. 21).6
63
Nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG können nicht abziehbare Zinsaufwendungen in die folgenden Wj. vorgetragen werden; ein Zinsrücktrag ist ausgeschlossen. Die Regelungen zum Zinsvortrag gelten auch für Körperschaften.7 Der Zinsvortrag kann in den Grenzen der Zinsschranke gem. § 4h Abs. 1 EStG in den folgenden Wj. verbraucht werden, wobei der abzugsfähige Teil des Zinsvortrags außerhalb der StB gewinnmindernd zu berücksichtigen ist.8
64
Spenden stellen in den Grenzen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG auch bei der Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft abziehbare Aufwendungen dar (zu Einzelheiten s. § 9 KStG Rz. 193 ff.). Übersteigen die Spendenzahlungen der Körperschaft die abzugsfähigen Beträge nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG, dürfen sie das Einkommen nicht mindern. Die Vorschrift über den Abzug von Spenden wird von der Rspr. als Gewinnermittlungsvorschrift qualifiziert.9 Diese Einordnung hat zur Folge, dass die abziehbaren Spenden den Gewinn mindern und damit den Verlustabzug erhöhen.10 Insoweit werden die abziehbaren Spenden bei der Einkommensermittlung von Körperschaften anders behandelt als bei natürlichen Personen.11 Spenden natürlicher Personen können nach § 10b EStG als Sonderausgaben abgezogen werden, sodass der Spendenabzug den abziehbaren oder ausgleichsfähigen Verlust nicht erhöht. Die von der FinVerw. vertretene Auffassung, dass die abzugsfähigen Zuwendungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
BFH v. 9.1.2013 – I R 24/12, BFH/NV 2013, 881. G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630. Zu Einzelheiten s. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 20 ff. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 9; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 105. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 152. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. II 2014, 947. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 9. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 546. BFH v. 21.10.1981 – I R 149/77, BStBl. II 1982, 177 = FR 1982, 152. Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 107. Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 35.
354
Intemann
B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 64–67 § 8
nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG erst bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte berücksichtigt werden sollen, überzeugt nicht. Vielmehr sind sie bereits auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe abzuziehen, damit bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für Gewerbesteuerzwecke eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 9 GewStG erfolgen kann.1 j) Berücksichtigung von Verlusten Das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebietet es, dass auch Körperschaften Verluste (periodenübergreifend) nutzen können.2 Verluste können mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden, wenn die Verluste von demjenigen Steuersubjekt geltend gemacht werden, das diese erlitten hat.3 Bei Körperschaften, die gem. § 8 Abs. 2 KStG nur gewerbliche Einkünfte erzielen, findet zwingend nur ein horizontaler Verlustausgleich statt. Lediglich bei Körperschaften, die auch Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten erzielen können (s. dazu Rz. 31), kann neben dem horizontalen auch ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkunftsarten durchgeführt werden. Daneben besteht die Möglichkeit, nicht genutzte Verluste im Wege des Verlustabzugs nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG iVm. § 10d EStG gelten zu machen.
65
Nicht im Entstehungsjahr ausgeglichene Verluste können unter Berücksichtigung des § 10d EStG im Wege des Verlustvortrags oder des Verlustrücktrags von der Körperschaft genutzt werden.4 Der Verlustabzug nach § 10d EStG ist – wie bei natürlichen Personen – vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen. Ein Verlustvortrag kann auch bei einer Körperschaft nur in den Grenzen der sog. Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) erfolgen.5 Dementsprechend kann ein Verlustvortrag nur bis zur Höhe von 1 Mio. Euro unbeschränkt vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Ein weiter gehender Verlustabzug ist nur iHv. 60 % des 1 Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte zulässig. Die Möglichkeit des Verlustvortrags ist auch bei Körperschaften zeitlich nicht beschränkt.6 Der „Sockelbetrag“ von 1 Mio. Euro wird auch bei einem mehrjährigen Besteuerungszeitraum im Falle der Liquidation einer KapGes. (§ 11 Abs. 1 KStG) nur einmal und nicht mehrfach gewährt.7 Daneben besteht auf Antrag des Stpfl. die Möglichkeit, einen Verlust auf das Vorjahr zurückzutragen. Der Verlustrücktrag ist der Höhe nach auf einen Betrag von 511 500 Euro beschränkt (§ 10d Abs. 1 EStG).
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Die mit der Mindestbesteuerung verbundene zeitliche Streckung der Verlustnutzung ist dem Grunde nach verfassungsgemäß.8 Ein Verfassungsverstoß liegt uE allerdings vor, wenn die Verlustnutzung durch die Mindestbesteuerung nicht nur zeitlich gestreckt wird, sondern der Verlust endgültig untergeht.9 Auch der I. Senat ist von der Verfassungswidrigkeit der Mindestbesteuerung gem. § 10d EStG und § 10a GewStG für den Fall überzeugt, dass eine Verlustverrechnung in späteren Wj. nicht mehr möglich ist, wenn auf Grundlage eines inneren Zusammenhangs bzw. einer Ursachenidentität zwischen Verlust und Gewinn der Mindestbesteuerung im Einzelfall („konkret“) eine definitive Wirkung zukommt, und hat daher das BVerfG angerufen.10 In einem Aussetzungsverfahren hatte der I. Senat des BFH bereits zuvor Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung geäußert, wenn die Verlustverrechnung in späteren VZ aus rechtlichen Gründen endgültig ausgeschlossen wird.11 Die FinVerw. gewährt mit Hinweis auf diesen Beschluss des BFH in vergleichbaren Konstel-
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1 GlA Wassermeyer, DStR 2004, 214; Suchanek in H/H/R, § 7 KStG Rz. 15. 2 Klingebiel in D/P/M, § 8 KStG Rz. 202. 3 BFH v. 27.10.1994 – I R 60/94, BStBl. II 1995, 326 = FR 1995, 342 = GmbHR 1995, 396; v. 5.4.2006 – I R 23/05, BFH/NV 2007, 15; v. 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 = FR 2008, 457 m. Anm. Kanzler. 4 BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = GmbHR 2013, 52 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach. 5 BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = GmbHR 2013, 52 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 58. 6 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 58. 7 BFH v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508 = FR 2013, 904 = GmbHR 2013, 489 m. Anm. Bergmann. 8 BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = GmbHR 2013, 52 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach; v. 1.7.2009 – I R 76/08, BStBl. II 2010, 1061 = FR 2010, 92; v. 29.4.2005 – XI B 127/04, BStBl. II 2005, 609; glA Hallerbach in H/H/R, § 10d EStG Rz. 12; Wendt, DStJG 28 (2005), 41; Lambrecht in Kirchhof13, § 10d EStG Rz. 4; Heuermann, FR 2012, 435; aA Hey, StuW 2011, 131; Lang/Englisch, StuW 2005, 3; Eckhoff, DStJG 28 (2005), 11; Lüdicke, DStZ 2010, 434: schon zeitliche Streckung verfassungswidrig. 9 GlA Hallerbach in H/H/R, § 10d EStG Rz. 13; Desens, FR 2011, 745; Schaumburg/Schaumburg, StuW 2013, 61. 10 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 = FR 2014, 1033 = GmbHR 2014, 1099. 11 BFH v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826 = GmbHR 2010, 1265 = FR 2011, 75 m. Anm. Buciek.
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§ 8 Rz. 67–71
Ermittlung des Einkommens
lationen Aussetzung der Vollziehung.1 Der IV. Senat des BFH hält dagegen § 10a GewStG auch für den Fall für verfassungsgemäß, dass es wegen der Begrenzung der Verlustausgleichsmöglichkeit zu einem endgültig nicht mehr verrechenbaren Verlust kommt, und begründet dies mit den Besonderheiten der GewSt sowie der Möglichkeit, in geeigneten Fällen Billigkeitsmaßnahmen zu gewähren.2 68
Die in einer Vielzahl von Fällen bestehenden (quellenbezogenen) Verlustverrechnungsbeschränkungen sind zu beachten. Auch bei Körperschaften kann daher der Verlustabzug unter den Voraussetzungen des § 2a EStG, § 15a EStG, § 22 Nr. 3 iVm. § 23 EStG sowie § 13 Abs. 3 KStG eingeschränkt sein.3 Unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 4 EStG sind Verluste aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung, Verluste aus Termingeschäften und Verluste aus mitunternehmerischen Beteiligungen an KapGes. nicht ausgleichs- und abzugsfähig. Die Verluste können nur mit Gewinnen aus derselben Tätigkeit bzw. derselben Mitunternehmerschaft verrechnet werden.
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Die Möglichkeit, Verluste nach § 10d EStG abzuziehen, kann auch nach § 8c KStG eingeschränkt oder ausgeschlossen sein. Ein nicht genutzter Verlust kann im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs iSd. § 8c Abs. 1 KStG anteilig oder vollständig untergehen (zu Einzelheiten s. § 8c KStG Rz. 66 ff.). Die Regelung des § 8c KStG soll die alte Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 KStG aF ersetzen und die Rechtsanwendung vereinfachen.4 Der Verlustuntergang knüpft nur noch an einen Gesellschafterwechsel (schädlicher Beteiligungserwerb) an, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die wirtschaftliche Identität der Gesellschaft nach einem Anteilseignerwechsel nicht mehr gewahrt sei.5 Nach § 8c Abs. 1 KStG gehen nicht genutzte Verluste anteilig verloren, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % der Anteile, Stimmrechte oder ähnlicher Rechte an einen Erwerber oder eine Erwerbergruppe übertragen wird. Die Verluste gehen bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile sogar vollständig unter (zu Einzelheiten s. § 8c KStG Rz. 124 ff.).
70
Zur Berücksichtigung ausländischer Verluste s. ausführlich Rz. 51. k) Behandlung angeschaffter Verbindlichkeiten
71 Nach der Rspr. des BFH hat der Übernehmer einer Verpflichtung diese mit den AK zu bilanzieren. Ansatzverbote und -beschränkungen, die der ursprünglich Verpflichtete nach steuerlichen Vorschriften zu beachten hatte (zB § 6a EStG bei einer Pensionsrückstellung), finden beim Übernehmer keine Anwendung.6 Im Falle erworbener Verpflichtungen wird die Anwendung von Ansatz- und Bewertungsvorbehalten vom übergeordneten Prinzip der bilanziellen Neutralität von Anschaffungsvorgängen verdrängt. Anschaffungsvorgänge sind grds. erfolgsneutral, wobei der Grundsatz der Erfolgsneutralität auch auf übernommene Passivpositionen anzuwenden ist. Der BFH wollte durch diese Rspr. sicherstellen, dass ein Anschaffungsvorgang keinen „Erwerbsgewinn“ auslöst. Der Gesetzgeber hat auf diese Rspr. mit Einführung des § 5 Abs. 7 EStG nF7 reagiert. Danach hat auch der Übernehmer einer Verpflichtung gesetzlich angeordnete Ansatz- und Bewertungswahlrechte zu beachten. Einen dadurch ggf. entstehenden Gewinn kann der Übernehmer iHv. 14/15 in eine gewinnmindernde Rücklage einstellen. Die Rücklage ist in den folgenden Wj. jeweils mit mindestens mit 1/14 gewinnerhöhend aufzulösen. Eine höhere Auflösung in einzelnen Jahren ist möglich. Dieser Betrag ist bei der Einkommensermittlung einer Körperschaft ebenfalls zu berücksichtigen. Aufseiten desjenigen, der die Verpflichtung „übertragen“ hat, kann die Übertragung zu einem Verlust führen, der nach dem neu eingeführten § 4f EStG nF8 grundsätzlich auf 15 Jahre gestreckt wird. Der durch die Übertragung der Verpflichtung entstandene Aufwand ist im Jahre der Übertragung und in den folgenden 14 Wj. außerbilanziell mit jeweils
1 BMF v. 19.10.2011 – IV C 2 - S 2741/10/10002 – DOK 2010/1012683, BStBl. I 2011, 974; kritisch zum eingeschränkten Anwendungsbereich Sistermann/Brinkmann, DStR 2011, 2230. 2 BFH v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498 = FR 2013, 132 = GmbHR 2013, 96. 3 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 39. 4 BT-Drucks. 16/4871, 75. 5 BT-Drucks. 16/4871, 76. 6 BFH v. 16.12.2009 – I R 102/08, BStBl. II 2011, 566 = FR 2010, 425 m. Anm. Buciek = GmbHR 2010, 382; v. 14.12.2011 – I R 72/10, FR 2012, 407 m. Anm. Prinz = GmbHR 2012, 402 m. Anm. Höhn/Geberth = BFH/NV 2012, 635; v. 12.12.2012 – I R 69/11, FR 2013, 608 m. Anm. Prinz = GmbHR 2013, 425 = BFH/NV 2013, 840; v. 12.12.2012 – I R 28/11, FR 2013, 805 = GmbHR 2013, 429 m. Anm. Hoffmann = DStR 2013, 575. 7 Eingeführt durch das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. 8 Eingeführt durch das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318.
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B. Einkommen der Kçrperschaft (Abs. 1)
Rz. 71–75 § 8
1/15 gewinnmindernd zu berücksichtigen. In § 4f Abs. 1 Sätze 3 bis 5 EStG sind allerdings Ausnahmen von der Verteilungspflicht vorgesehen.
III. Betriebe gewerblicher Art (Abs. 1 Satz 2) 1. Sonderregelung für Betriebe gewerblicher Art Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG setzt die Ermittlung des Einkommens eines BgA weder das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht noch die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr voraus. Satz 2 ist durch das JStG 20091 eingeführt worden. Es wird damit sichergestellt, dass für einen BgA auch ein Einkommen zu ermitteln ist, wenn er nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt.2 Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Satzes 2 auf eine wissenschaftliche Diskussion über die Frage, ob dauerdefizitäre BgA überhaupt einer Körperschaftsteuerpflicht unterliegen3, reagiert.4 Er will mit der Neuregelung für Rechtssicherheit sorgen und erreichen, dass auch Verluste dauerdefizitärer BgA steuerlich weiterhin genutzt werden können.5
72
2. Betriebe gewerblicher Art im Sinne des § 4 KStG Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur mit ihren BgA iSd. § 4 KStG kstpfl. BgA sind nach § 4 Abs. 1 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen, die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person des öffentlichen Rechts wirtschaftlich herausheben und keinen Hoheitsbetrieb iSd. § 4 Abs. 5 KStG darstellen (vgl. dazu § 4 KStG Rz. 15 ff.). Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand soll aus Gründen der Wettbewerbsneutralität besteuert werden,6 denn mit dieser Tätigkeit tritt die juristische Person des öffentlichen Rechts mit privaten Anbietern in Wettbewerb. Eine Steuerfreistellung einer solchen Tätigkeit würde zu einer ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrung führen.7 Zur Abgrenzung der (steuerfreien) hoheitlichen zur (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Tätigkeit stellt der BFH darauf ab, ob die Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten ist.8
73
3. Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr entbehrlich Bei BgA ist die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaft- 74 lichen Verkehr keine Voraussetzung für die Pflicht zur Ermittlung des Einkommens iSd. § 8 Abs. 1 KStG. Abs. 1 Satz 2 trifft damit eine Regelung für die sachliche Steuerpflicht eines BgA.9 Die Regelung ist vor allem für dauerdefizitäre BgA von Bedeutung. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus Gründen der Daseinsvorsorge ihre wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckende Entgelte ausüben, sodass der Betrieb konzeptionell auf die dauerhafte Erzielung von Verlusten angelegt ist. Der Gesetzgeber wollte durch Einführung des § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG sicherstellen, dass auch für dauerdefizitäre BgA ein Einkommen zu ermitteln ist.10 § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG ergänzt die wortgleiche Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG, die bestimmt, dass eine persönliche Steuerpflicht eines BgA auch ohne Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr anzunehmen ist.11 Als Rechtsfolge ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG, dass insbesondere bei dauerdefizitären BgA ein Einkommen zu ermitteln ist.12 Dies entsprach schon in der Vergangenheit der Verwaltungspraxis, die mit der Gesetzesänderung zur Schaffung von Rechtssicherheit auf eine eindeutige gesetzliche Grundlage gestellt werden sollte.13 Die von der Rspr. entwickel1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. BT-Drucks. 16/10189, 69. Seer, DStR 1992, 1790; Seer/Wendt, DStR 2001, 825; Hüttemann, DB 2007, 1603. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 15; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 121. BT-Drucks. 16/10189, 69. BT-Drucks. 7/1470, 336; v. 10.7.1996 – I R 108, 109/95, BStBl. II 1997, 230. Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 5. BFH v. 14.3.1990 – I R 156/87, BStBl. II 1990, 866; v. 29.10.2008 – I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022 = GmbHR 2009, 280 = FR 2009, 481. Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 122. BT-Drucks. 16/10189, 69. Meier/Semelka in H/H/R, § 4 KStG Rz. 35. BT-Drucks. 16/10189, 69. BT-Drucks. 16/10189, 69; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 121.
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§ 8 Rz. 75–78
Ermittlung des Einkommens
ten Liebhabereigrundsätze sollen nicht auf BgA angewendet werden.1 Die Verluste können somit (weiterhin) zur Ergebnisverrechnung genutzt werden.2 76
Die Regelung des Satzes 2 steht darüber hinaus iZm. den neu eingeführten Vorschriften des § 8 Abs. 7 bis 9 KStG, die ebenfalls mit dem JStG 20093 eingeführt worden sind. Der BFH hatte entschieden, dass Verluste einer strukturell dauerdefizitären Eigengesellschaft in der Rechtsform der GmbH ohne Verlustausgleich und ohne angemessenen Gewinnaufschlag zu einer vGA führen, sodass die Verluste nicht mehr berücksichtigt werden konnten.4 Dieser Rspr. sollte durch die Änderungen des § 8 KStG die Grundlage entzogen werden5. Mit § 8 Abs. 8 und 9 KStG wurden Regelungen zum Verlustabzug zusammengefasster BgA geschaffen (zu Einzelheiten s. Rz. 546 ff.).
IV. Einkommensermittlung bei inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (Abs. 1 Satz 3) 77 Inländische öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sind juristische Personen des öffentlichen Rechts (ARD und ZDF), die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Die hoheitliche Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unterliegt keiner Besteuerung.6 Sie werden mit ihrer Tätigkeit nur insoweit besteuert, als sie durch die Veranstaltung von Werbesendungen einen BgA iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 6 iVm. § 4 KStG unterhalten.7 Denn mit dieser Tätigkeit treten die Rundfunkanstalten in Konkurrenz zu privaten Anbietern.8 Die Einkommensermittlung von inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wird für diesen BgA gem. § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG einer pauschalierenden Sonderregelung unterworfen. 78
Abweichend von der allgemeinen Einkommensermittlung für Körperschaften wird das Einkommen inländischer öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen in pauschalierter Form ermittelt. Das Einkommen beträgt 16 % der Entgelte iSd. § 10 Abs. 1 UStG, welche die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt für die Veranstaltung von Werbesendungen vereinnahmt. Die pauschalierende Regelung zur Einkommensermittlung ist wegen der in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten, die Aufwendungen der Rundfunkanstalten dem BgA einerseits und der hoheitlichen Tätigkeit andererseits zuzuordnen, eingeführt worden.9 Systematisch stellt die Vorschrift zwar eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass sich das Einkommen einer Körperschaft nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermittelt.10 Die mit der Ermittlung des Einkommens verbundenen praktischen Schwierigkeiten rechtfertigen als Vereinfachungsnorm aber die Einführung dieser Vorschrift. Der Gesetzgeber ist auch unter Beachtung verfassungsrechtlicher Vorgaben dazu berechtigt, typisierende und pauschalierende Regelungen zu erlassen.11 Die Typisierung ist zulässig, wenn sie realitätsgerecht auf den Regelfall ausgerichtet und verhältnismäßig ist.12 Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nehmen zuvörderst eine hoheitliche Aufgabe wahr, für die sie berechtigt sind, Beiträge zu erheben. Daneben erzielen sie auch Einnahmen aus der Veranstaltung von Werbesendungen, deren Höhe auch von den iRd. hoheitlichen Tätigkeit ausgestrahlten Sendungen beeinflusst wird. Eine Ermittlung der den Werbeeinnahmen einerseits und der hoheitlichen Tätigkeit andererseits zuzuordnenden Ausgaben dürfte wegen der engen Verflechtung beider Bereiche kaum möglich sein. Aus diesem Grund ist der Gesetzgeber uE dazu berechtigt, die pauschalierende Sonderregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG zu erlassen.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
BT-Drucks. 16/10189, 69. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 28. G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = GmbHR 2007, 1275 m. Anm. Schröder = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth. BT-Drucks. 16/10189, 69; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 28; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 822 ff. BT-Drucks. 14/7646, 32. BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391. BFH v. 13.3.1974 – I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 34. BT-Drucks. 14/7646, 32; Klingebiel in D/P/M, § 8 KStG Rz. 181. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 34. ZB BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; s. ausführlich Kirchhof in H/H/R, Einführung ESt Rz. 266. ZB BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1; v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; s. ausführlich Kirchhof in H/H/R, Einführung ESt Rz. 266.
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C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 79–80 § 8
Entgelt iSd. § 10 Abs. 1 UStG ist jede Gegenleistung des Auftraggebers oder eines Dritten 79 für die Veranstaltung der Werbesendung, jedoch abzüglich der USt. Eine konkrete Ermittlung des Einkommens ist nicht vorzunehmen. Die tatsächlich mit dem BgA in Zusammenhang stehenden BA sind nicht zu ermitteln. Weder können Einkommensteile des BgA einnahmemindernd in eine Rücklage eingestellt1 noch können Verluste aus anderen BgA, welche die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ggf. unterhält, bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt werden.2 Der Freibetrag nach § 24 KStG ist zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zu berücksichtigen.3 § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG korrespondiert für die Trägerkörperschaft mit dem besonderen Einkünftetatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 10b Satz 3 EStG. Der Trägerkörperschaft (öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt) werden als Einnahmen aus Kapitalvermögen lediglich 75 % des Einkommens nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG zugerechnet.
C. Fiktion gewerblicher Einkünfte bei bestimmten Körperschaften (Abs. 2) Literatur: Gonnella, Kennt das Körperschaftsteuerrecht eine außerbetriebliche Sphäre der Kapitalgesellschaft?, DB 1967, 873; Vangerow, Zur Einkommen- und Körperschaftsteuer, StuW 1967, Sp. 605; von Wallis, Zum Einkommensbegriff bei Kapitalgesellschaften, FR 1968, 460; Wassermeyer, Einige grundsätzliche Überlegungen zur verdeckten Gewinnausschüttung, DB 1987, 1113; Lohaus, Zur außerbetrieblichen Sphäre der Kapitalgesellschaft, StuW 1989, 358; Jost, Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und § 2 Abs. 3 GewStG als Kriterien für die körperschaftsteuerliche Einkunftsart bei nicht buchführungspflichtigen Körperschaften?, DB 1991, 518; Schuck, Veranlassung und Privatsphäre im Körperschaftsteuerrecht, FR 1992, 537; Thiel/ Eversberg, Die Privatsphäre der Kapitalgesellschaft – Das Atlantis des Körperschaftsteuerrechts, DStR 1993, 1881; Jost, Außerbetriebliche Sphäre der Kapitalgesellschaft?, DB 1994, 910; Rüd, Kapitalgesellschaft und Liebhaberei, DStR 1994, 1875; Weber-Grellet, Das Gestüt im Körperschaftsteuerrecht – Zur Privatsphäre der Körperschaft, DStR 1994, 13; Wassermeyer, Liebhaberei bei Kapitalgesellschaften, in Crezelius/Raupach/Schmidt/Uelner, Steuerrecht und Gesellschaftsrecht als Gestaltungsaufgabe, Freundesgabe für Franz Josef Haas, Herne/Berlin 1996, 401; Pezzer, Körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte jenseits der sieben Einkunftsarten, StuW 1998, 76; Weber-Grellet, Liebhaberei im Ertragsteuerrecht, DStR 1998, 873; Mahlow, Zur betrieblichen Einkünfteerzielung im Körperschaftsteuerrecht, DB 2001, 1450; Gosch, Anmerkung 1 zu BFH v. 7.11.2001 – I R 14/01, GmbHR 2002, 671; Hoffmann, Anmerkung zu BFH v. 15.5.2002 – I R 92/00, GmbHR 2002, 1035; Prinz, Akzentverschiebungen des BFH bei liebhabereigeneigter vGA?, FR 2002, 1171; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 2, 2. Aufl., Köln 2003; Dötsch/Pung, SEStEG: Die Änderungen des KStG, DB 2006, 2648; Fischer, Europarecht und Körperschaftsteuerrecht, DStR 2006, 2281; Hruschka, Die Internationalisierung des KStG nach dem SEStEG, StuB 2006, 631; Hüttemann, Liebhaberei bei Kapitalgesellschaften, in Kirchhof/Schmidt/Schön/Vogel, Steuer- und Gesellschaftsrecht zwischen Unternehmerfreiheit und Gemeinwohl, FS für Arndt Raupach, Köln 2006, 495; Becker/Kretzschmann, Die verdeckte Gewinnausschüttung beim Dauerverlustbetrieb der öffentlichen Hand, DStR 2007, 1421; Hüttemann, Abschied vom kommunalen Querverbund, DB 2007, 2508; Küffner/Eisgruber, Steuergünstige Verteilung des Einkommens bei Überschuss erzielenden Körperschaften nach Änderung des § 8 Abs. 2 KStG durch das SEStEG, GmbHR 2007, 640; Schnitger/Fischer, Einkünfteermittlung bei ausländischen grundstücksverwaltenden Kapitalgesellschaften und Gemeinschaften, DB 2007, 598; Birk, Liebhaberei bei Kapitalgesellschaften, BB 2009, 860; Meier, Der Begriff des „Dauerverlustgeschäfts“ iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG, FR 2010, 168; Strahl, Wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand, DStR 2010, 193; Wassermeyer, Liebhaberei und Spendenabzug bei der Einkommensermittlung im Körperschaftsteuerrecht, DB 2011, 1828; Gosch, Zahlungen für satzungsmäßige Zwecke einer Stiftung sind weder verdeckte Gewinnausschüttungen noch Spenden, BFH/PR 2012, 120; Gosch, Nutzung einer spanischen Ferienimmobilie als vGA, BFH-PR 2013, 452; Briese, Außerbetriebliche Vermögenssphäre bei Kapitalgesellschaften?, FR 2014, 1001; Haase, Nochmals: Besteuerung ohne Leistungsfähigkeit bei selbst genutzten Ferienimmobilien?, DStR 2014, 1481; Piltz, Besteuerung ohne Leistungsfähigkeit? – Das selbst genutzte Ferienhaus, DStR 2014, 684; Weber-Grellet, Die verdeckte Gewinnausschüttung als Instrument der Fehlerkorrektur, BB 2014, 2263. Verwaltungsanweisungen: Körperschaftsteuer-Richtlinien 2004 v. 13.12.2004, BStBl. I 2004, Sondernummer 2/2004, 3 ff.
I. Grundaussagen des Absatzes 2 1. Regelungsgegenstand § 8 Abs. 2 setzt den in Abs. 1 enthaltenen Verweis auf die einkunftsartenspezifischen Beson- 80 derheiten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 u. Satz 2 EStG iVm. §§ 13 bis 16 und §§ 17 bis 23 EStG für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Rechtssubjekte außer Kraft und ordnet die „Einkünfte“ dieser Körperschaften im Wege einer gesetzlichen Fiktion insgesamt den Einkünften aus Gewerbebetrieb iSd. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 1 BMF v. 11.9.2002 – IV A 2 - S 1910 - 194/02, BStBl. I 2002, 935 Tz. 30. 2 Intemann in H/H/R, § 20 EStG Rz. 375. 3 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 131.
Intemann/Berninghaus
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§ 8 Rz. 80–83
Ermittlung des Einkommens
Nr. 2, 15 EStG zu. Da sich die Ermittlung dieser Einkünfte über Abs. 1 nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG iVm. §§ 4 bis 7k EStG richtet,1 führt die Fiktion im Ergebnis dazu, dass bei einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit (zB Vermietung und Verpachtung) abweichend von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG iVm. §§ 8 bis 9a EStG auch die realisierten Wertzuwächse und Wertminderungen des Vermögensstamms (zB aus der Veräußerung des verwalteten Gegenstandes) in die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer einfließen und der sog. „Dualismus der Einkünfteermittlung“2 nicht zur Anwendung kommt. Gegenüber der Situation bei natürlichen Personen und bei den unter §§ 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6, 2 Nr. 1 u. 2 fallenden Steuerpflichtigen ordnet Abs. 2 damit im Ergebnis eine qualitative Erweiterung des Besteuerungsgegenstands an. 81
Entsprechend dem persönlichen Anwendungsbereich des Abs. 2 wirkt sich dies in der Praxis hauptsächlich bei im In- oder Ausland gegründeten KapGes. mit Geschäftsleitung im Inland aus. Stiftungen, Vereine und Zweckvermögen iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 unterliegen der Vorschrift und ihren Fiktionswirkungen dagegen ausdrücklich nicht, was bei der Wahl der Rechtsform berücksichtigt und gestalterisch genutzt werden kann.3 Umstritten ist (dazu ausführlich Rz. 103 ff.), ob Abs. 2 neben der Einkunftsart auch das Vorliegen von „Einkünften“ selbst fingiert, dh. ob von gewerblichen Einkünften iSd. § 15 EStG zB auch bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht auszugehen ist. Die Rechtsprechung hat dies bejaht und die Möglichkeit einer für Steuerzwecke abzugrenzenden Privatsphäre der KapGes. und die Existenz reiner „Liebhaberei“-KapGes. verneint.4 Das bei einer inländischen KapGes. nach Handelsrecht ausgewiesene Vermögen ist danach in der Steuerbilanz ungeachtet des Umstands zu übernehmen, ob es originär der Erzielung von Einkünften iSd. Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 EStG dient. Ob dem sodann ermittelten Einkommen der KapGes. allerdings einzelne Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen aufgrund ihrer „privaten“ Veranlassung als vGA wieder hinzuzurechnen sind, ist eine davon zu trennende Frage (Rz. 126). Auch außerhalb des § 8 Abs. 2 verneint die Rspr. inzwischen die Annahme einer „Liebhaberei“-KapGes. jedenfalls dann, wenn die wirtschaftliche Erfolglosigkeit einer solchen Gesellschaft gerade darauf beruht, dass der Gesellschafter für die Inanspruchnahme von Leistungen der Gesellschaft kein marktangemessenes Entgelt zahlt (zB unentgeltliche Nutzung eines Ferienhauses, das im Eigentum einer nur zu diesem Zweck gegründeten spanischen KapGes. mit ausländischem Verwaltungssitz steht, s. Rz. 121). Aus Sicht des Gesellschafters sind solche Fälle – vorbehaltlich der (Kapital-)Einkünfteerzielungsabsicht des Gesellschafters und der Einkünftequalifikation nach DBA – über das Rechtsinstitut der vGA in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung zu lösen.5 2. Bedeutung und Telos a) Vormals Anknüpfung an die Buchführungspflicht nach HGB
82 Ziel der in Abs. 2 getroffenen Regelung ist die Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen Zivil- und Steuerrecht im Rahmen der Gewinnermittlung. Entsprechend knüpfte ursprünglich der persönliche Anwendungsbereich der Norm an die handelsrechtliche Buchführungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB an. Der Gesetzgeber hatte dabei vor allem die Buchführungspflicht derjenigen Körperschaftsteuersubjekte im Auge, denen die eine Buchführungspflicht auslösende Kaufmannseigenschaft iSd. § 1 ff. HGB kraft gesetzlicher Fiktion zukommt (§ 3 Abs. 1 AktG iVm. § 6 Abs. 1 HGB; § 13 Abs. 3 GmbHG iVm. § 6 Abs. 1 HGB; § 17 Abs. 2 GenG; § 16 Satz 1 VAG). 83
Bereits der RFH hatte allerdings unter Verweis auf die andernfalls entstehenden Unstimmigkeiten mit dem Zivilrecht entschieden, dass „das Einkommen jeder Art bei den zur kaufmännischen Buchführung verpflichteten Erwerbsgesellschaften wie gewerbliches Einkommen ermittelt und steuerlich behandelt wird“6 bzw. für solche Gesellschaften der Grundsatz gelte, dass „ihr Einkommen, aus welcher Einkommensart es auch herrühren mag, so behandelt und ermittelt wird, als ob es gewerblich wäre“7. Hierauf beruhte die erstmals in § 19
1 2 3 4
BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490. Hey in Tipke/Lang21, § 8 Rz. 50 ff.; Musil in H/H/R, § 2 EStG Rz. 522. Zum Einsatz eines Vereins als Grundstücksverwaltungsvehikel Küffner/Eisgruber, GmbHR 2007, 640 ff. BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311; v. 22.12.2010 – I R 47/10, BFH/NV 2011, 1019 = GmbHR 2011, 601. 5 BFH v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, BStBl. II 2013, 1024. 6 RFH v. 19.10.1927 – I A 3/27, RStBl. 1928, 6. 7 RFH v. 13.3.1928 – I A 395/27 S, RStBl. 1929, 521.
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 83–85 § 8
KStDV 19351 geregelte und nach § 23a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b KStG aF in § 19 KStDV 19492 fortgeführte Anordnung, dass „alle Einkünfte“ der nach den Vorschriften des HGB buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb „zu behandeln“ seien. Dies wurde wortgleich in § 16 KStDV 19613/19684 und schließlich in § 8 Abs. 2 in der Fassung des Körperschaftsteuerreformgesetzes 19775 übernommen. Durch die Aufnahme der Regelung in das KStG 1977 wurde den zuvor geäußerten Zweifeln an der Vereinbarkeit des § 16 KStDV mit Art. 80 Abs. 1 GG der Boden entzogen.6 Nach der Rechtsprechung des (dem RFH im Ergebnis folgenden) BFH hätte es dieser Maßnahme allerdings deshalb nicht bedurft, weil der I. Senat des BFH zu dem mit § 8 Abs. 1 KStG 1977 regelungsgleichen § 6 Satz 1 KStG 1959 die Auffassung vertreten hatte, dass eine KapGes. auch ohne entsprechende gesetzliche Anordnung nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen könne, weil eine verfassungskonforme Auslegung der Norm es gebiete, die „Ordnungsstruktur des Zivilrechts“ (hier: die gesetzliche Kaufmannseigenschaft der GmbH mit ihren Rechtsfolgen) auch im Regelungskreis des Steuerrechts zu beachten. Die anderweitige Behandlung der Personenhandelsgesellschaften – so der BFH – rechtfertige sich aus dem Umstand, dass die Ordnungsstruktur des Zivilrechts dort wegen der nur steuerlichen Abbildung von Sonderbetriebsvermögen nicht durchgehend gewahrt werde.7 Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung hatte der neu eingefügte Abs. 2 in der Fassung des KStG 1977 nur deklaratorische Bedeutung. b) Seit 2006: Anknüpfung an die Rechtsform Durch das SEStEG8 wurde die Anknüpfung an die inländische Buchführungspflicht voll- 84 ständig aufgegeben9 und Abs. 2 mit Wirkung ab VZ 2006 im Sinne der heutigen Fassung neu gefasst. Im Zuge der zunehmenden Internationalisierung des Ertragsteuerrechts sollten hierdurch vor allem doppelt ansässige KapGes. (dh. in erster Linie im Ausland gegründete KapGes. mit Geschäftsleitung im Inland), deren wirtschaftliche Bedeutung durch die neue Rspr. des EuGH zur inländischen Zivilrechtsfähigkeit solcher Rechtsträger nach der Gründungstheorie gestiegen war und die durch die gleichzeitige Neufassung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 den im Inland gegründeten KapGes. weitgehend gleichgestellt wurden, zuverlässig dem Regelungsbereich des Abs. 2 unterworfen werden. Die Neufassung des Abs. 2 lässt sich mithin als Folgeänderung der durch das SEStEG in § 1 Abs. 1 vorgenommenen Änderungen verstehen.10 In der vorherigen Fassung des KStG 1977 war Abs. 2 auf Körperschaften, die nur nach 85 ausländischem Recht zur Führung von Büchern verpflichtet waren, nicht entsprechend anwendbar.11 Für den Fall einer Buchführungspflicht nach HGB aus Anlass der Eintragung einer Zweigniederlassung iSd. §§ 13 ff. HGB war seine Anwendung umstritten.12 Durch die nunmehr ausschließliche Bezugnahme auf die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten in- und ausländischen Rechtsformen hat Abs. 2 keine rein deklaratorische Bedeutung mehr, sondern ist zumindest für die betroffenen ausländischen Körperschaften konstitutiv.13 Denn wegen der im Ausland vielfältigen und divergierenden Regelungen zur Buchführungspflicht kann schwerlich noch von einer im inländischen Steuerrecht zu wahrenden „Ordnungsstruktur des Zivilrechts“ gesprochen werden, die für Zwecke der Besteuerung aus verfassungsrechtlichen Gründen zu übernehmen sei und die stets zu gewerblichen Einkünften führen müsse.14 Zudem ist Abs. 2 in der Fassung des SEStEG für Körperschaften, die zwar wegen ihrer Kaufmannseigenschaft nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB zur Führung von Büchern verpflichtet 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
RStBl. I 1935, 163. WiGBl. 1949, 183. BStBl. I 1962, 863. BStBl. I 1969, 158. G v. 31.8.1967, BGBl. I 1976, 2597. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 31. BFH v. 20.10.1976 – I R 139-140/74, BStBl. II 1977, 96. G v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782. Regierungs-E eines SEStEG v. 25.9.2006, BT-Drucks. 16/2710, 30. Dötsch/Pung, DB 2006, 2648 (2656). BFH v. 13.11.1996 – I R 3/96, BFH/NV 1997, 443; v. 21.1.1998 – I R 3/96, BStBl. II 1998, 468; v. 7.11.2001 – I R 14/01, BStBl. II 2002, 861; König in Mössner/Seeger, § 8 Rz. 36. 12 BFH v. 15.12.1999 – I R 16/99, BStBl. II 2000, 404 (zu §§ 13 ff. HGB); v. 20.7.1988 – I R 49/84, BStBl. II 1989, 140 (zu § 53 KWG); aA zB Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 37 mwN unter Verweis auf den Vorrang der objektiven Einkünfteabgrenzung nach § 49 EStG. 13 Lang in D/P/M, § 8 Rz. 3. 14 Vgl. aber noch BFH v. 20.10.1976 – I R 139-140/74, BStBl. II 1977, 96.
Berninghaus
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§ 8 Rz. 85–89
Ermittlung des Einkommens
sind, aber in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 keine Erwähnung finden, seinem Wortlaut nach nicht (mehr) anwendbar (Rz. 98). Die Maßgeblichkeit der unterstellten Ordnungsstruktur ist ohnehin durch Abs. 2 selbst eingeschränkt worden. 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Verhältnis zu Vorschriften des KStG, GewStG und des UStG 86 Als lex specialis zu Abs. 1 wirkt sich Abs. 2 auf der sog. ersten Stufe der Gewinnermittlung der Körperschaft aus und gilt über § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG auch für die Gewerbesteuer.1 Durch das SEStEG wurde das Kriterium der Buchführungspflicht nach dem HGB zwar in Abs. 2, nicht aber in § 7 Abs. 4 aufgegeben. Somit hängt das den Zeitpunkt der Besteuerung bestimmende Wirtschaftsjahr der KapGes. nach wie vor allein von der nach HGB bestehenden Buchführungspflicht ab.2 Für die nach HGB nicht buchführungspflichtigen Körperschaften besteht dadurch nach dem Gesetz keine Möglichkeit, den Besteuerungszeitpunkt durch Bestimmung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs zu verlagern (§ 7 Abs. 4 Satz 2). 87
Die in § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG sinngemäß bereits durch das Gewerbesteuergesetz vom 1.12.19363 angeordnete Gewerbebetriebsfiktion für bestimmte juristische Personen entspricht seit ihrer Fassung durch das SEStEG auf der Tatbestandsebene dem persönlichen Anwendungsbereich des Abs. 2. Danach unterliegt die gesamte Tätigkeit der in Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Körperschaften kraft Fiktion der Gewerbesteuer. Da § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG anders als Abs. 2 seinem Wortlaut nach allerdings nicht an die „Einkünfte“, sondern an den wesentlich weiteren Begriff der „Tätigkeit“ der Körperschaft anknüpft, stellt sich die Frage nach der möglichen Abgrenzung einer Privatsphäre der KapGes. im Rahmen der Gewerbesteuer nicht bzw. wäre dort mit anderen Vorzeichen zu beantworten (vgl. hierzu und zur Fruchtbarmachung der gewerbesteuerrechtlichen Rechtslage als Argument gegen die Anerkennung einer körperschaftsteuerrechtlichen Privatsphäre Rz. 113).
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Der Rechtsfolge des Abs. 2 nicht unähnlich ist die im Umsatzsteuerrecht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG gesetzlich vorgegebene Zuordnung der „gesamten“ gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Unternehmers zu seinem Unternehmen. Diese Vorschrift regelt den sog. umsatzsteuerlichen Grundsatz der Unternehmenseinheit, nach dem der Unternehmer nur ein Unternehmen haben kann, in das seine sämtlichen gewerblichen und beruflichen Tätigkeiten iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG einzubeziehen sind, auch wenn diese zB für Ertragsteuerzwecke getrennt zu betrachten wären.4 Anders als Abs. 2 kennt das Umsatzsteuergesetz damit zwar keine Fiktion der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft bei bestimmten Rechtsformen, ordnet jedoch im Ergebnis ebenfalls eine auf den gesamten Rechtsträger zu erstreckende Ermittlung der steuerrelevanten Umstände und der Steuer an (vgl. § 16 Abs. 1 bis 3 UStG iVm. den jeweils auf den Unternehmer abstellenden Besteuerungstatbeständen). b) Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht
89 Wegen der Erweiterung des Besteuerungsgegenstands für die ansonsten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu ermittelnden Einkünfte benachteiligt Abs. 2 KapGes. und Steuerpflichtige iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 gegenüber Einzelunternehmen und Personengesellschaften, welche die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 EStG nicht erfüllen. Hierin liegt nach allgemeiner Ansicht jedoch keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG.5 Nach der zu § 2 Abs. 2 GewStG6 und § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG7 ergangenen Rechtsprechung des BFH kann die Entscheidung des Gesetzgebers, die Tätigkeit jeder KapGes. als gewerblich einzustufen, mit den Besonderheiten dieser Rechtsform sachlich gerechtfertigt werden. Namentlich die Abschirmung der Vermögenssphäre gegenüber den Anteilseignern und die statutarischen Besonderheiten sollen der KapGes. danach eine „eigene wirtschaftliche Kraft und die damit verbundene Bestimmung zur wirtschaftlichen Betätigung“8 verlei1 2 3 4 5
Schallmoser in H/H/R, § 8 Rz. 30. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 Rz. 28. RGBl. 1936, 979. Stadie in Rau/Dürrwächter, § 2 UStG Rz. 605. Schallmoser in H/H/R, § 8 Rz. 32; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 145; Lang in D/P/M, § 8 Rz. 6; Rengers in Blümich, § 8 Rz. 50. 6 BFH v. 20.10.1976 – I R 148/74, BStBl. II 1977, 10; v. 8.6.1977 – I R 40/75, BStBl. II 1977, 668; v. 3.12.2003 – IV B 192/03, BStBl. II 2004, 303. 7 BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681. 8 BFH v. 20.10.1976 – I R 148/74, BStBl. II 1977, 10 unter 2.b.
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 89–92 § 8
hen. Das BVerfG hat diese Sichtweise nicht beanstandet. Es hat die gegen die Entscheidungen des BFH gerichteten Verfassungsbeschwerden nach § 93a BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen, wobei es sich den Erwägungen des BFH in den zum Teil veröffentlichten Beschlussgründen weitgehend angeschlossen hat.1 Diese Rechtsprechung kann auf Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 übertragen werden. Sämtliche dort genannten Rechtsträger sind durch die für eine KapGes. typische Verselbstständigung der wirtschaftlichen Betätigung gekennzeichnet. Die hieran geknüpfte Fiktion gewerblicher Einkünfte ist zwar keineswegs zwingend. Im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG ist sie jedoch sachlich vertretbar. c) Vereinbarkeit mit Europarecht Der noch an die Buchführungspflicht nach HGB anknüpfende Abs. 2 in der Fassung vor den Änderungen durch das SEStEG beinhaltete eine Benachteiligung im Ausland gegründeter KapGes., die bei doppelter Ansässigkeit (dh. bei gleichzeitiger unbeschränkter inländischer Körperschaftsteuerpflicht aufgrund inländischer Geschäftsleitung nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 in der Fassung vor SEStEG im Falle der Erzielung nicht originär gewerblicher Einkünfte mangels Gewerblichkeitsfiktion zB nicht in den Genuss der Übertragung von Rücklagen nach §§ 6b, 6c EStG kamen, bei rein vermögensverwaltenden Tätigkeiten keine Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 EStG bilden durften und ggf. ungünstigere Abschreibungszeiträume nach § 7 Abs. 4 EStG hinnehmen mussten.2 Entsprechend der Intention des SEStEG3 ist diese Ungleichbehandlung durch die Aufgabe des Buchführungskriteriums ab 2006 für doppelt ansässige KapGes. beseitigt worden. In den Genuss der Vorteile einer Organschaft können allerdings gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG4 nur KapGes. mit Sitz in einem EU-/EWR-Staat und Geschäftsleitung im Inland kommen.
90
Für die mangels inländischer Geschäftsleitung nach § 2 Nr. 1 und 2 nur beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Gesellschaften können sich aus der Unanwendbarkeit des Abs. 2 weiterhin Verstöße gegen die Grundfreiheiten ergeben. Lediglich bei ausländischen Körperschaften, die mit ihren inländischen Einkünften aus der Verwaltung und Veräußerung von Grundstücken und ähnlichen Vermögensgegenständen beschränkt steuerpflichtig sind, sorgt die in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. bb EStG enthaltene Gewerblichkeitsfiktion für Abhilfe. Im Übrigen kann wegen der Unanwendbarkeit des Abs. 2 und der auch für KapGes. geltenden isolierenden Betrachtungsweise nach § 49 Abs. 2 EStG im Einzelfall die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV verletzt sein, sofern und soweit die Besteuerung des erzielten Ergebnisses als gewerbliche Einkünfte vorteilhafter ist.5 Darüber hinaus wird Abs. 2 jedoch allgemein als unionsrechtskonform angesehen.6
91
II. Tatbestand 1. Unbeschränkt Steuerpflichtige iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 a) Unbeschränkte Steuerpflicht Die durch das SEStEG eingeführte Rechtsgrundverweisung auf die Tatbestände und 92 Rechtsbegriffe des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 begrenzt den persönlichen Anwendungsbereich des Abs. 2 einerseits auf den Kreis der unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften und andererseits auf die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten in- und ausländischen Rechtsformen. Da der inländische Sitz (§ 11 AO) und die inländische Geschäftsleitung (§ 10 AO) der im Einzelnen genannten Rechtsträger jeweils alternativ zur unbeschränkten Steuerpflicht führen, gilt Abs. 2 in seiner neuen Fassung über den reinen Inlandsfall hinaus sowohl bei Verlagerung des Verwaltungssitzes einer im Ausland gegründeten KapGes. in das Inland (Zuzugsfall als auch für den Fall, dass zB eine im Inland gegründete AG oder GmbH ihre Geschäftsleitung ins Ausland verlegt (Wegzugsfall).7
1 BVerfG v. 21.3.1977 – 1 BvR 1/77, HFR 1977, 255 (mit Kurzgründen); v. 13.12.1977 – 1 BvR 715/77, HFR 1978, 68 (mit Kurzgründen); v. 19.4.2004 – 1 BvR 549/04 n.v.; v. 22.7.2008 – 1 BvR 1769/08, StE 2008, 532; v. 24.3.2010 – 1 BvR 2130/09, NJW 2010, 2116 (mit ausführlicher Begründung). 2 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 147; Fischer, DStR 2006, 2281 (2286). 3 Regierungs-E eines SEStEG v. 25.9.2006, BT-Drucks. 16/2710, 25. 4 Geändert durch G v. 20.2.2013, BGBl. I 2013, 285; zur Anwendung s. § 34 Abs. 9 Nr. 8 idF des AIFMStAnpG. 5 Schnitger/Fischer, DB 2007, 598 (600 f.); Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 149. 6 Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 32; Lang in D/P/M, § 8 Rz. 6. 7 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 156.
Berninghaus
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§ 8 Rz. 92–93
Ermittlung des Einkommens
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Anders als nach der bis 2005 geltenden Fassung des Abs. 2, deren Anwendung zumindest bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften mit inländischer Zweigniederlassung iSd. §§ 13 ff. HGB erwogen werden konnte, ist Abs. 2 in seiner durch das SEStEG geschaffenen Fassung für beschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften iSd. § 2 weder direkt noch entsprechend anwendbar. Ob die Tätigkeit solcher Rechtsträger nach dem (Steuer-)Recht ihres Gründungsstaats als gewerblich gilt, ist wegen der isolierenden Betrachtungsweise nach § 2 Nr. 1 u. § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 49 Abs. 2 EStG unbeachtlich. Wegen des uneingeschränkten Verweises auf den allgemeinen Einkünftebegriff des EStG sind Vermögensmehrungen oder Vermögensminderungen, die bei einer ausschließlich im Ausland ansässigen KapGes. ohne die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht anfallen (sog. „Liebhaberei“-Einkünfte einer KapGes., s. ausführlich Rz. 103 ff.), nicht nach § 2 steuerpflichtig. Insoweit erkennt auch die Rspr. die Existenz einer außerbetrieblichen Sphäre der im Inland nur beschränkt steuerpflichtigen Rechtssubjekte grds. an.1 Das gilt allerdings nicht, wenn die ausländische KapGes. nur deshalb keine Gewinne erzielt, weil sie in fremdunüblicher Weise auf Leistungsentgelte ihres Gesellschafters verzichtet. In diesen Fällen (zB unentgeltliche private Nutzung einer im Eigentum der Gesellschaft stehenden Ferienimmobilie durch den Gesellschafter, s. Rz. 121) hält die Rspr. die fehlende Gewinnerzielungsabsicht der KapGes. für unbeachtlich und bejaht den Tatbestand einer vGA.2 Gestaltungen, bei denen zur Verwirklichung privater Zwecke eine ausländische KapGes. zwischengeschaltet wird, sind dadurch unattraktiv geworden.
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Der Sache nach richtet sich die Gewerblichkeit der Einkünfte bei beschränkt steuerpflichtigen Rechtsträgern allein nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG.3 Insbesondere der Betriebsstättentatbestand nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und die Fiktion nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG dürften danach in vielen Fällen zum Tragen kommen. Bei den aus Anlass einer Inbound-Investition im Inland nicht originär gewerblichen Tätigkeiten scheidet nach der Neureglung jedenfalls die Anwendung des Abs. 2 aus, wenn der Verwaltungssitz der im Ausland gegründeten Investitionskörperschaft am Sitzort verbleibt. Die zur Vorgängerregelung umstrittene Frage, ob die Begründung einer buchführungspflichtigen Zweigniederlassung iSd. §§ 13 ff. HGB zur Gewerblichkeit nach Abs. 2 führt, ist damit ab 2006 gegenstandslos geworden. Zu beachten ist allerdings, dass das Entstehen einer Betriebsstätte iSd. § 49 Nr. 1 Buchst. a EStG iVm. § 12 AO anders als die Verlagerung des Verwaltungssitzes nicht unbedingt auf einem freien Entschluss beruht, sodass zB bei Unterhaltung einer inländischen Repräsentanz (zB einer Geschäftsstelle iSd. § 12 Satz 2 Nr. 3 AO) der nur im Ausland ansässigen Körperschaft in Inland originäre gewerbliche Einkünfte entstehen können. Umgekehrt (dh. bei Outbound-Investitionen einer im Inland gegründeten KapGes.) bleibt die allein an den Sitz der Körperschaft iSd. § 11 AO anknüpfende Rechtsfolge des Abs. 2 für Zwecke der inländischen Besteuerung erhalten, dh. auch ohne Unterhaltung einer inländischen Betriebsstätte liegen dem Grunde nach (dh. vorbehaltlich der Abgrenzung des Besteuerungssubstrats nach dem einschlägigen DBA) weiterhin im Inland steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte kraft Fiktion vor. Die steuerliche Behandlung im Ausland ist hierfür unbeachtlich.
b) Steuerpflichtige iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 aa) Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1) 93 Durch den Verweis auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 macht sich Abs. 2 den dort durch das SEStEG eingefügten unbestimmten Rechtsbegriff der „Kapitalgesellschaft“ zu eigen, der vom Gesetz in Form eines Klammerzusatzes nur beispielhaft und nicht abschließend4 verwendet wird. Neben der ebenfalls durch ein korporatives Element geprägten Europäischen Aktiengesellschaft5 (Societas Europaea, SE) fallen hierunter nunmehr (s. Rz. 92) auch im Ausland gegründete Rechtsträger, wenn sie einem auf die Organisationsstruktur abstellenden Rechtstypenvergleich mit vergleichbaren inländischen KapGes. (hier: AG, GmbH, KGaA) standhalten.
1 BFH v. 7.11.2001 – I R 14/01, BStBl. II 2002, 861 (keine beschränkt stpfl. Einkünfte der ausländischen KapGes. bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht); kritisch dazu Prinz, FR 2002, 1171 (1172). 2 BFH v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, BStBl. II 2013, 1024; glA Gosch, BFH-PR 2013, 452; Haase, DStR 2014, 1481 (1482); aA Piltz, DStR 2014, 684 (686) mit Verweis auf das Leistungsfähigkeitsprinzip. 3 BFH v. 27.7.2011 – I R 32/10, BFH/NV 2012, 118. 4 Regierungs-E eines SEStEG v. 25.9.2006, BT-Drucks. 16/2710, 30. 5 G zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, 3675.
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 94–97 § 8
bb) Genossenschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2) Seit den Änderungen durch das SEStEG fallen unter den Tatbestand des in § 8 Abs. 2 in Bezug genommenen § 1 Abs. 1 Nr. 2 nicht mehr „Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“, sondern „Genossenschaften“ was auf der entsprechenden Änderung des § 1 GenG beruht,1 unter den seit 2006 auch Sozial- und Kulturgenossenschaften fallen. Ihrer Rechtsform nach sind mit „Genossenschaften“ iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 2 zunächst die nach § 10 Abs. 1 GenG im Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaften mit Sitz im Inland sowie (kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung) auch die Europäischen Genossenschaften2 (Societas Cooperativa Europaea, SCE) gemeint. Hinzu kommen die vormals durch Verleihung entstandenen und nach Art. 163 EGBGB fortbestehenden nicht eingetragenen Genossenschaften. Nach Verwaltungsauffassung ist die Rechtsfähigkeit keine zwingende Voraussetzung.3
94
UE ist § 1 Abs. 1 Nr. 2 trotz der insoweit fehlenden Klarstellung in der Gesetzesbegrün- 95 dung des SEStEG4 unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift den Begriff der „Genossenschaft“ – ebenso wie § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG den Begriff der „Kapitalgesellschaft“ – seit seiner Fassung durch das SEStEG als unbestimmten Rechtsbegriff verwendet und somit auch im Ausland gegründete Rechtsträger mit inländischem Verwaltungssitz unter § 1 Abs. 1 Nr. 2 fallen, die einem Rechtstypenvergleich mit einer inländischen Genossenschaft standhalten.5 Andernfalls könnte es zB bei genossenschaftlich organisierten Geldinstituten mit Sitz im Ausland zu Diskriminierungen kommen. Folgt man der Gegenauffassung und favorisiert eine enge Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 2, so muss man der ausländischen Genossenschaft wegen der aus Verwaltungssicht bestehenden Unerheblichkeit der Rechtsfähigkeit einer unter die Vorschriften fallenden Genossenschaft unabhängig von europarechtlichen Erwägungen einen Anspruch auf Gewährung der ggf. günstigeren Rechtsfolgen des Abs. 2 aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) zuerkennen, denn ein Grund für eine Ungleichbehandlung der angesprochenen Fälle im Verwaltungsvollzug ist nicht ersichtlich. Genossenschaften iSd. GenG zeichnen sich durch ihren nach § 1 Abs. 1 GenG gesetzlich vorgegebenen mitgliederbezogenen Unternehmenszweck aus. Da sie hinsichtlich ihrer Organisation im Übrigen mit KapGes. vergleichbar sind und wegen § 17 Abs. 2 GenG iVm. § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB bereits nach der alten Fassung des Abs. 2 nur gewerbliche Einkünfte erzielen konnten, lag ihre Einbeziehung in den Gesetzestatbestand des Abs. 2 auch nach dem SEStEG nahe. Als Genossenschaften bezeichnete inländische Gebilde, die dem Rechtstypus und der Organisationsform des GenG dagegen nicht entsprechen (zB Deichgenossenschaften, Berufsgenossenschaften und Realgemeinden wie Hauberg-, Wald-, Forst- und Laubengenossenschaften iSd. § 3 Abs. 2 KStG), sind nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, sondern ggf. nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 3 unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Für sie kommt Abs. 2 nicht zu Anwendung.
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cc) Versicherungs- und Pensionsfondsvereine (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) § 1 Abs. 1 Nr. 3 wurde durch das SEStEG nicht geändert und erfasste bereits in der Fassung 97 des KStG 1977 im Inland gegründete Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit iSd. § 15 VAG, die nach § 16 Satz 1 VAG iVm. §§ 1 ff., 238 Abs. 1 Satz 1 HGB ebenfalls als Kaufleute zur Führung von Büchern verpflichtet sind. Durch das EURLUmsG6 wurde § 1 Abs. 1 Nr. 3 um Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit ergänzt, was iZm. der Aufnahme dieser Rechtsträger in den Anwendungsbereich des VAG stand (§§ 112 Abs. 1, 113 Abs. 1 VAG). Da diese den Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit nach § 113 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 VAG im Wesentlichen gleichgestellt sind, lag ihre Aufnahme auch in § 1 Abs. 1 Nr. 3 und in den Anwendungsbereich des Abs. 2 nahe. Der Umstand, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 durch das SEStEG nicht geändert wurde, sowie ferner die Anlehnung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 an die Wortwahl des dem Aufsichtsrecht zuzuordnenden VAG mit dem dortigen Genehmigungsvorbehalt nach §§ 7 Abs. 1, 113 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 VAG sprechen gegen die Einbeziehung im Ausland gegründeter vergleichbarer Rechtsträger in den Anwendungsbereich der Norm. 1 Regierungs-E eines SEStEG v. 25.9.2006, BT-Drucks. 16/2710, 30. 2 G zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts v. 14.8.2006, BGBl. I 2006, 1911. 3 Abschn. 2 Abs. 4 Satz 3 KStR 2008. 4 Vgl. die Erläuterungen zum neuen § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG gegenüber denjenigen zum neuen § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG im Regierungs-E eines SEStEG v. 11.8.2006, BR-Drucks. 542/06, 47 und v. 25.9.2006, BT-Drucks. 16/2710, 30. 5 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 41. 6 G v. 9.12.2004, BGBl. I 2004, 3310.
Berninghaus
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§ 8 Rz. 98–101
Ermittlung des Einkommens
c) Gewerbliche Einkünfte der nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 unbeschränkt steuerpflichtigen Rechtssubjekte 98 Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 unbeschränkt steuerpflichtigen sonstigen Körperschaften und Vermögensmassen gilt die Gewerblichkeitsfiktion des Abs. 2 nicht. Diese Steuersubjekte können daher auch andere Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb erzielen, sofern und soweit sich die Gewerblichkeit nicht aus anderen Vorschriften ergibt (zB bei Beteiligung an einer Personengesellschaft iSd. § 15 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG).1 Bei solchen Einkünften handelt es sich vornehmlich um Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) und aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Einkünfte aus selbstständiger (§ 18 EStG) und nicht selbstständiger (§ 19 EStG) Arbeit können dagegen grundsätzlich nur natürliche Personen erzielen.2 99
Nach dem Wegfall des Buchführungskriteriums durch das SEStEG gilt dieser Grundsatz auch für Steuerpflichtige iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6, die kraft ihrer Kaufmannseigenschaft (§§ 1 bis 7 iVm. § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB) nach dem HGB zur Führung von Büchern verpflichtet sind. Zum einen ist die handelsrechtliche Kaufmannseigenschaft für die steuerliche Qualifizierung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb nicht konstitutiv (vgl. zB den Größenvorbehalt nach § 1 Abs. 2 HGB und den Vorbehalt für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach § 3 Abs. 1 HGB), zum anderen ist die Einkünftequalifikation nach Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG stets tätigkeitsspezifisch vorzunehmen, was zur Folge hat, dass die von der steuerpflichtigen Körperschaft oder Vermögensmasse außerhalb ihres handels- und steuerrechtlichen Gewerbebetriebs erzielten Einkünfte jeweils für sich zu beurteilen sind.
100
Für die Betriebe gewerblicher Art juristischer Personen des öffentlichen Rechts iSd. §§ 1 Abs. 1 Nr. 6, 4 wird allgemein angenommen, dass der Gesetzgeber des SEStEG eine Änderung der bisherigen Rechtslage nicht gewollt hat.3 Die Ausklammerung aus dem nunmehr subjektbezogenen Anwendungsbereich des Abs. 2 eröffnet allerdings auch hier die theoretische Möglichkeit der Erzielung nicht gewerblicher Einkünfte.4 In der Praxis dürften solche indessen kaum vorkommen. –
Zwar ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 steuerpflichtiger Betrieb „gewerblicher“ Art nach § 4 Abs. 1 Satz 2 auch bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht und bei fehlender Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt, was die Annahme originärer gewerblicher Einkünfte des dem Grunde nach steuerpflichtigen Betriebs im Einzelfall verhindern kann, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG nicht erfüllt werden. Die Zuordnung zu einer anderen, ebenfalls zumindest eine Überschusserzielungsabsicht nebst Marktteilnahme voraussetzenden Einkunftsart wird jedoch, wenn überhaupt,5 nur in Ausnahmefällen möglich sein.6
–
Wird eine ohne Gewinnerzielungsabsicht entfaltete Tätigkeit mit einer gewinnbringenden Tätigkeit zum Zwecke des Verlustausgleichs zusammengelegt, so wird für Zwecke der Einkünftezuordnung zumeist eine einheitlich zu beurteilende wirtschaftliche Betätigung anzunehmen sein.7
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Im Übrigen dürfte die Annahme einer „außergewerblichen“ Einkünftesphäre des Betriebs regelmäßig daran scheitern, dass Vermögensgegenstände, die der gewerblichen Tätigkeit iSv. § 4 Abs. 1 nicht dienen, unmittelbar der Trägerkörperschaft zuzurechnen und wegen des begrenzten Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 1 Nr. 6 nicht steuerpflichtig sind.8
101 Sofern eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 dem Grunde nach steuerbefreite Körperschaft oder Vermögensmasse unter § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 fällt und mit ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Körperschaftsteuer unterliegt (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG iVm. § 14 Satz 1 AO), sind in der Praxis überwiegend nur gewerbliche Einkünfte denkbar, da die Tätigkeiten iSd. 1 2 3 4 5
BFH v. 12.10.2011 – I R 102/10, BFH/NV 2012, 517; Gosch, BFH/PR 2012, 120. BFH v. 7.7.1971 – I R 41/70, BStBl. II 1971, 771. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 Rz. 30a. Anders Mahlow, DB 2001, 1450 (1453) mit Verweis auf einen allgemeinen Betriebsbegriff. Verneinend Lang in D/P/M, § 8 Rz. 24; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 44; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 161. 6 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 Rz. 30a. 7 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 Rz. 30a. 8 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 Rz. 30a; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 44.
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 101–104 § 8
§§ 20, 21 EStG den Rahmen einer Vermögensverwaltung i.S.v. § 14 Satz 3 AO nicht überschreiten und insoweit regelmäßig kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegen wird.1 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft können allerdings im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erzielt werden.2 Bei bewirtschafteten Forstbetrieben geht § 8 Abs. 2 gleichwohl ins Leere, da diese nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 steuerbefreit bleiben. Zu den denkbaren Ausnahmen bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht (vgl. § 14 Satz 2 AO) gelten die obigen Erwägungen zu Betrieben gewerblicher Art entsprechend. 2. Alle Einkünfte a) Einkünfte iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG Ohne Zweifel fallen sämtliche Einkünfte der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG in den sachlichen Anwendungsbereich des Abs. 2. Insoweit erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich des Abs. 2 mindestens auf die den Rechtsbegriff der „Einkünfte“ im Sinne des EStG erfüllenden Tätigkeiten. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung des Abs. 2, bei dem es sich um eine rechtsfolgenbezogene Ausnahmevorschrift zu dem ansonsten auf die Regelungen des EStG verweisenden Abs. 1 handelt (Rz. 27). Auf der Tatbestandsebene nimmt Abs. 2 den Regelungsbereich der allgemeinen Vorschrift des Abs. 1 in sich auf.
102
b) Andere „Einkünfte“ aa) Bedeutung Umstritten ist, ob unter den Begriff der „Einkünfte“ iSd. Abs. 2 auch Vermögensmehrungen 103 und Vermögensminderungen fallen, welche die Tatbestandsmerkmale des Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG nicht erfüllen, weil sie ohne die ertragsteuerlich notwendige3 Gewinn- bzw. Einkünfteerzielungsabsicht und damit in sog. Liebhaberei4 erwirtschaftet worden sind. Die in der Literatur hierzu bereits seit Langem geführte Kontroverse, ob eine KapGes. insgesamt (dh. als „Liebhabereikapitalgesellschaft“) oder auch nur zum Teil (dh. innerhalb einer von der übrigen Tätigkeit steuerlich abzugrenzenden „Privatsphäre“ der KapGes.) aus bloßer Liebhaberei heraus handeln kann, ist richtigerweise5 zusammen mit der Frage zu beantworten, welcher Einkünftebegriff dem Tatbestand des Abs. 2 zugrunde liegt. Eine weite, vom hergebrachten einkommensteuerrechtlichen Verständnis losgelöste Auslegung dieses Begriffs, für welche insbesondere sprechen könnte, das § 8 Abs. 2 auf „alle Einkünfte“ der genannten Steuerpflichtigen abstellt, hätte zur Folge, dass Abs. 2 in seiner Rechtsfolge nicht nur den Einkünftedualismus überwinden und die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer um die ansonsten nach Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht steuerbaren Vermögensmehrungen und Vermögensminderungen erweitern (Rz. 80), sondern auch Vermögensmehrungen und Vermögensminderungen steuerlich wirksam werden lassen würde, die bei natürlichen Personen und bei Rechtssubjekten iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 und § 2 mangels Erfüllung des allgemeinen Einkünftetatbestands nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG von vornherein kein Besteuerungssubstrat bilden können. In der Praxis wirkt sich die Beantwortung dieser Frage nicht nur bei der Beurteilung von verlustreichen Tätigkeiten ohne Gewinnerzielungsabsicht (zB Unterhaltung eines Gestüts), sondern auch bei der Betrachtung einzelner Vermögensminderungen und Vermögensmehrungen aus, die aus anderen Gründen außerhalb der Einkünfteerzielung iSd. Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG anfallen (zB verausgabte Spenden6 als Erscheinungsform der „Einkommensverwendung“ sowie vereinnahmte Schenkungen, Spielgewinne und andere Zuflüsse ohne Markteinkommensqualität)7.
1 2 3 4 5
Dieterlen in Lademann, § 8 KStG Rz. 34; ähnlich Mahlow, DB 2001, 1450 (1453). Heger in Gosch2, § 5 Rz. 52. Hey in Tipke/Lang21, § 8 Rz. 132; Musil in H/H/R, § 2 EStG Rz. 428. BFH v. 15.11.1984 – IV R 139/81, BStBl. II 1985, 205; v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190 unter II.2.a.; Wassermeyer in FS Haas, 401 (403); Rüd, DStR 1994, 1874 (1877); aA dagegen Lohaus, StuW 1989, 358 (359), nach dem es sich um eine Frage des Umfangs der „entsprechenden“ Anwendung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften gemäß § 8 Abs. 1 KStG handelt. 6 Jost, DB 1994, 910 f. 7 Zu weiteren Einzelfällen Musil in H/H/R, § 2 EStG Rz. 80.
Berninghaus
367
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§ 8 Rz. 105–106
Ermittlung des Einkommens
bb) Rechtsprechung 105 Zum KStG in den Fassungen vor dem Körperschaftsteuerreformgesetz 1977 (dh. vor Einführung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens nebst Eigenkapitalgliederung) vertraten sowohl der RFH1 als auch der BFH2 die Auffassung, dass einzelne, der Einkünfteerzielung nicht dienliche Aufwendungen wie bei natürlichen Personen einem außerbetrieblichen Bereich der KapGes. zuzuordnen seien und der Betriebsausgabenabzug mit dieser Begründung versagt werden könne. Wörtlich führte der BFH dazu aus:3 „Auch Körperschaften haben bei steuerlicher Betrachtung wie natürliche Personen einen gesellschaftsrechtlich-repräsentativen, privaten und damit erfolgsneutralen Bereich, dessen Pflege den Gesellschaftern, Vorstandsmitgliedern, Aufsichtsratsmitgliedern oder leitenden Angestellten obliegt.“ 106
Nachdem der BFH die Fortgeltung dieses Grundsatzes im Anwendungsbereich des KStG 1977 zunächst in mehreren Entscheidungen dahinstehen lassen konnte,4 gab er ihn im Jahre 1996 endgültig auf und entschied im sog. Segelyacht-Urteil5, dass eine KapGes. steuerlich gesehen nicht über eine außerbetriebliche Sphäre verfüge und ihre Tätigkeit nach Abs. 2 auch insoweit als Gewerbebetrieb gelte, als sie nicht unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG falle. Der Einkünftebegriff des Abs. 2 (in der Fassung des VZ 1982, s. Rz. 82) sei in einem weiten Sinne zu verstehen. Das ergebe sich aus der Diktion der Vorschrift („alle“ Einkünfte) und aus der Maßgeblichkeit der nach § 8 Abs. 2 KStG aF iVm. §§ 238 Abs. 1, 246 HGB sämtliche Vermögensgegenstände der KapGes. ausweisenden Handelsbilanz auch für das Steuerrecht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nur so ließe sich ein Wertungswiderspruch zwischen Abs. 2 und § 2 Abs. 2 GewStG (Rz. 113) vermeiden. Für die Gewinnermittlung natürlicher Personen folge etwas anderes allein aus der Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG, die ihrem Wortlaut nach auf KapGes. nicht anwendbar und auch nicht übertragbar sei. Dies spreche dafür, dass der Gesetzgeber das Vorhandensein einer außerbetrieblichen Sphäre bei KapGes. verneint habe. Nicht zuletzt verbiete sich die Anerkennung einer außerbetrieblichen Sphäre der KapGes. auch deshalb, weil das KStG 1977 keine Vorschriften enthalte, welche die Überführung von WG aus dem Betriebsvermögen in das außerbetriebliche Vermögen und umgekehrt wie eine Ausschüttung/Entnahme bzw. eine Einlage erfassten. Im Gegenteil belegten die Regelungen zum körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren und zur Eigenkapitalgliederung nach §§ 27 ff. KStG 1977, dass die Annahme eines in der Steuerbilanz und damit auch innerhalb des verwendbaren Eigenkapitals iSd. § 29 Abs. 1 KStG 1977 nicht auszuweisenden „Privatvermögens“ der KapGes. bei der internen Überführung entsprechender Eigenkapitalbestandteile, bei der Herstellung der Ausschüttungsbelastung und bei der Anrechnung der Körperschaftsteuer beim Anteilseigner zu einer Gesetzeslücke führen würde. Die Unterhaltung eines Verlust bringenden WG durch eine KapGes. im
1 RFH v. 26.4.1930 – I A 142/30, RStBl. II 1930, 352 Nr. 491 (Jagdaufwendungen einer Aktiengesellschaft; anteilige Versagung des Kostenabzugs im Schätzwege wegen der Ausübung der Jagd auch durch einen Hauptgesellschafter); v. 18.10.1932 – I A 545/31, RStBl. 1932, 1026 Nr. 1026 (Jagdaufwendungen einer GmbH wegen eines vom Geschäftsführer zu dessen „Liebhaberei“ geschlossenen Jagdpachtvertrags); zu Jagdaufwendungen ferner bereits RFH v. 23.3.1927 – I A 30/27, n.v., zitiert in Fn. 1 zu RFH v. 26.4.1930 – I A 142/30, RStBl. II 1930, 352 (353) (Ausübung der Jagd durch Angestellte und Aufsichtsratsmitglieder als deren Liebhaberei). 2 Gutachten v. 17.5.1952 – I D 1/52 S, BStBl. III 1952, 228 (Zahlungen an einen Berufsverband); BFH v. 7.11.1963 – IV 117/60 S, BStBl. III 1964, 181 (Jagdaufwendungen); v. 2.11.1965 – I 221/62 S, BStBl. III 1966, 255 (Unterhaltung eines Gestüts im außerbetrieblichen Bereich); v. 4.3.1970 – I R 123/68, BStBl. II 1970, 470 (Gestüt); v. 7.7.1976 – I R 180/74, BStBl. II 1976, 753 (Auslandsreise des Gesellschafter-Geschäftsführers – Abgrenzung zur vGA); v. 24.9.1980 – I R 88/77, BStBl. II 1981, 108 (Geburtstagsfeier des Gesellschafter-Geschäftsführers – Abgrenzung zur vGA); vgl. zusammenfassend auch Weber-Grellet, DStR 1994, 12 f. 3 BFH (4. Senat) v. 7.11.1963 – IV 117/60 S, BStBl. III 1964, 181; vom 1. Senat aufgegriffen im Urteil v. 2.11.1965 – I 221/62 S, BStBl. III 1966, 255 für den Fall einer überwiegenden Verlustneigung (Liebhaberei). 4 BFH v. 25.11.1987 – I R 126/85, BStBl. II 1988, 220 (Parteispenden); v. 16.5.1990 – I R 80/87, BStBl. II 1990, 920; v. 4.12.1991 – I R 26/91, BStBl. II 1992, 686; v. 24.3.1993 – I R 131/90, BStBl. II 1993, 799 (Kapitalgesellschaft als Erbin); eine Unterscheidung bei der Sphärenabgrenzung zwischen ESt und KSt erstmals in BFH v. 28.11.1991 – IV R 122/90, BStBl. II 1992, 342 unter 4. mit Verweis auf BVerfG v. 23.12.1969 – 1 BvR 752/69, HFR 1970, 128, wonach natürliche und juristische Personen im Rahmen der Ertragsbesteuerung nicht zwingend gleichbehandelt werden müssten, weil Letztere im Vergleich zu natürlichen Personen nicht über eine „Privatsphäre“ verfügten. 5 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190; in BFH v. 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550 und v. 22.8.1990 – I R 67/98, BStBl. II 1991, 250, hatte der I. Senat zuvor für die Gewerbesteuer bereits entsprechend geurteilt.
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 106–109 § 8
Sinne ihres Gesellschafters ohne Vereinbarung eines entsprechenden Aufwendungsersatzanspruchs nebst Gewinnaufschlag sei vielmehr nach den Grundsätzen der vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 zu beurteilen. An der Nichtanerkennung einer außerbetrieblichen Sphäre der KapGes. nach dem Er- 107 gebnis der Segelyacht-Entscheidung hielt der BFH auch nach Wegfall des Anrechnungsverfahrens und der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens ab 2001 fest.1 Zwar sei das Argument des Entstehens einer Gesetzeslücke bei Ausklammerung einer privaten Vermögenssphäre aus dem für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapital iSd. § 29 Abs. 1 KStG 1977 entfallen. Geblieben seien jedoch die Erfassung „aller“ Einkünfte durch Abs. 2, das Fehlen einer außerbetrieblichen Sphäre in der für das Steuerrecht maßgeblichen Handelsbilanz, das Fehlen einer dem § 12 Nr. 1 EStG entsprechenden Vorschrift und der andernfalls entstehende Wertungswiderspruch zwischen Abs. 2 und § 2 Abs. 2 GewStG. Auch unter dem Regime des Halbeinkünfteverfahrens, das im Übrigen ebenso wie das Anrechnungsverfahren auf eine definitive Körperschaftsteuerbelastung ausgelegt sei, existierten keine Regelungen, die eine Überführung von WG der KapGes. von der betrieblichen in die außerbetriebliche Sphäre und umgekehrt als Entnahmen oder Ausschüttungen behandelten. Selbst unter Berücksichtigung der von der Literatur zwischenzeitlich angeführten Einwände überwögen damit die insgesamt für die Sichtweise der Rechtsprechung sprechenden Argumente. Der I. Senat des BFH hat diese Einschätzung auch in neueren Entscheidungen aufrechterhalten2 und geht damit in ständiger Rechtsprechung von der Nichtexistenz einer außerbetrieblichen Sphäre der KapGes. als Rechtsfolge des § 8 Abs. 2 aus. Anstelle einer Ausklammerung entsprechender Tätigkeiten und Aufwendungen aus dem betrieblichen Nexus sind danach die Voraussetzungen einer „liebhabereigeneigten vGA“3 zu prüfen (Rz. 126). Auch in einem Fall, in dem mangels Vorteilsgeneigtheit der Minderung des Unterschiedsbetrags zugunsten des Gesellschafters die Annahme einer vGA nicht in Betracht kam (hier: dauerhafte Erzielung von Verlusten iZm. dem passiven Halten eines zuvor vom Gesellschafter mit Fremdkapital angekauften Grundstücks), verzichtete der BFH auf die Ausklammerung der entsprechenden Tätigkeit aus dem Einkünfteerzielungsbereich der KapGes. und wertete den Sachverhalt als „schlechtes Geschäft im Rahmen einer Investitionsentscheidung“. Das gelte selbst für den Fall eines Totalverlustes.4 Im Gegenzug sind eventuelle Vermögensmehrungen (zB ein Aufwendungsersatz des Gesellschafters) auch ungeachtet einer nicht vorliegenden Gewinnerzielungsabsicht der KapGes. als Betriebseinnahmen zu versteuern.5
108
Eine höchstrichterliche Entscheidung, die sich ausdrücklich mit der durch das SEStEG geänderten Fassung des § 8 Abs. 2 unter der Aufgabe dessen Anknüpfung an die Buchführungspflicht nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB (Rz. 84) beschäftigt, liegt bisher nicht vor. Nach Ansicht des FG Hamburg stellt Abs. 2 auch in seiner neuen Fassung eine Rechtsfolgenverweisung dar.6 Im entschiedenen Fall kam es allerdings auf die Frage nach der steuerlichen Erfassung von Vermögensmehrungen ohne einkommensteuerrechtliche Einkünftequalität nicht an. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 2 verneint der BFH die Annahme einer „Liebhaberei“-KapGes. jedenfalls in den Fällen, in denen die Gewinnlosigkeit darauf beruht, dass die Gesellschaft iSd. vGA-Grundsätze auf ein marktübliches Entgelt des Gesellschafters für empfangene Leistungen verzichtet (s. Rz. 121).7 In den übrigen Fällen (zB bei „echter“, dh. gesellschafterunabhängiger „Liebhaberei“ einer nicht unter § 8 Abs. 2 fallenden ausländischen KapGes.) verneint die Rspr. dagegen grds. die Möglichkeit beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte ohne Einkünfteerzielungsabsicht.8 Ob die wirtschaftliche Erfolglosigkeit der Gesellschaft allerdings mit dem Verhalten des Gesellschafters tatsächlich nichts
109
1 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. 2 BFH v. 8.8.2001 – I R 106/99 (Risikogeschäfte), BStBl. II 2003, 487 = FR 2002, 79; v. 15.5.2002 – I R 92/00, BFH/NV 2002, 1538 (Bootsvercharterung); v. 20.11.2007 – I R 54/05, BFH/NV 2008, 617 (Schadenersatzleistungen als Betriebsvermögensmehrungen); v. 21.9.2009 – I B 39/09, BFH/NV 2010, 148 (Schadenersatzleistungen). 3 Prinz, FR 2002, 1171 (1172). 4 BFH v. 5.3.2008 – I R 45/07, BFH/NV 2008, 1534; kritisch dazu Birk, BB 2009, 860 (866). 5 FG Berlin v. 1.3.2004 – 8 K 8393/99, EFG 2004, 1326 (betr. eine GmbH, die ohne Gewinnerzielungsabsicht gegen Kostenerstattung die Grundstücke ihres Gesellschafters verwaltet). 6 FG Hamburg v. 24.11.2011 – 6 K 22/10, EFG 2012, 351 unter II.2.a. (Rev. BFH I R 2/12). 7 BFH v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, BStBl. II 2013, 1024. 8 BFH v. 7.11.2001 – I R 14/01, BStBl. II 2002, 861 (Teilnahme eines ausländischen Pferdeeigners an inländischen Reitturnieren).
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§ 8 Rz. 109–112
Ermittlung des Einkommens
zu tun hat und eine vGA daher unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt, wird im Einzelfall genau zu prüfen sein. cc) Finanzverwaltung 110 Die FinVerw. folgt im Ergebnis der Auffassung des BFH. Nach dem Schema des Abschn. 29 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004 ist bei „Körperschaften, die nur gewerbliche Einkünfte haben können“, das handelsrechtliche Ergebnis zu übernehmen, dh., eine Bereinigung um handelsrechtlich abgebildete Vermögensmehrungen und Vermögensminderungen, welche die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG nicht erfüllen, findet nicht statt. Die auf der Ebene der Körperschaft „privat“ veranlassten Aufwendungen werden durch den Ansatz entsprechender vGA abgewickelt. Dementsprechend wurde das Urteil des BFH vom 22.8.20071 im Bundessteuerblatt veröffentlicht und beschränkt sich der diesbezügliche Nichtanwendungserlass2 auf die dort ebenfalls angesprochene Problematik des kommunalen Querverbunds. dd) Literatur (1) Rezeption der Rechtsprechung 111 Bereits zum KStG in der Fassung vor 1977 sprach sich ein Teil der Literatur dafür aus, den von der KapGes. in bloßer „Liebhaberei“ ausgeübten Tätigkeiten mit dem Instrument der vGA zu begegnen, anstatt sie mit der Rechtsprechung des RFH und des BFH bereits dem Grunde nach aus der ertragsteuerlich relevanten Sphäre der Gesellschaft auszuklammern. Zur Begründung wurde zum einen der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG und die dadurch bedingte Geltung der handelsrechtlichen Verpflichtung zum Ausweis „sämtlicher Vermögensgegenstände“ nach § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB fruchtbar gemacht und zum anderen darauf hingewiesen, dass eine KapGes. bereits ihrer Natur nach nicht „privat“ handeln könne.3 112
Mit der Einführung des Anrechnungsverfahrens kam zum Verweis auf das eine Privatsphäre der KapGes. ausschließende handelsrechtliche Vollständigkeitsgebot verstärkend das Erfordernis der vollständigen Abbildung des Vermögens für Zwecke der Gliederung des für Ausschüttungen insgesamt verwendbaren Eigenkapitals nach §§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 1 Satz 1 KStG 1977 hinzu.4 Letzterem kam unter den insgesamt vom BFH in seiner Segelyacht-Entscheidung5 angeführten Gründen sogar das größte argumentative Gewicht zu,6 wodurch der I. Senat des BFH auch Teile der Literatur zu überzeugen vermochte, die den übrigen Argumenten (zB der Fruchtbarmachung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes) ansonsten kritisch gegenüberstand.7 Andere Stimmen hielten demgegenüber gerade das auf die §§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 1 Satz 1 KStG 1977 gestützte Argument für wenig überzeugend, da das Anrechnungsverfahren selbst lückenhaft sei (zB bei Steuerausländern)8 und Abs. 2 seinem Regelungsgehalt nach bereits vor der Einführung des Anrechnungsverfahrens existiert habe (Rz. 82). Deshalb könnten die Regelungen der Gliederungsrechnung bei dessen Auslegung nicht herangezogen werden.9 Außerdem bestehe gar kein Bedürfnis für eine Einbeziehung von Einkünften ohne einkommensteuerrechtliche Einkünftequalität in das verwendbare Eigenkapital, da die Zusammensetzung des Einkommens ohnehin vom Jahresabschluss abweichen könne.10 Daneben wurde das vom BFH gefundene Ergebnis (dh. die Neutralisierung der getätigten Aufwendungen, gleich ob als „Nicht-Betriebsausgabe“ oder als vGA) zwar geteilt, zugleich aber kritisiert, dass keiner der vom I. Senat angeführten Gründe die Einbeziehung von Vermögensminderungen ohne Gewinnerzielungsabsicht in den Einkünftebegriff des KStG rechtfertige.11 Kritik wurde auch geübt, soweit das Rechtsinstitut der vGA mangels Vorteilsgeneigtheit der Minderung des Unterschiedsbetrags (Rz. 247) nicht greift und die entsprechenden Ausgaben daher im Ergebnis steuerlich wirksam bleiben (zB bei der Übernahme 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. BMF v. 7.12.2007 – IV B 7 - S 2706/07/0011 – DOK 2007/0570512, BStBl. I 2007, 905. Gonnella, DB 1967, 873 (874); Vangerow, StuW 1967, Sp. 605 (608). Thiel/Eversberg, DStR 1993, 1881 (1882); Wassermeyer in FS Haas, 401 (404). BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190. Vgl. im Vorfeld der Entscheidung den Senatsvorsitzenden Wassermeyer in FS Haas, 401 (404); ferner auch Gosch, GmbHR 2002, 671. Weber-Grellet, DStR 1998, 873 (877). Rüd, DStR 1994, 1874 (1876). Rüd, DStR 1994, 1874 (1877). Pezzer, StuW 1998, 76 (79). Pezzer, StuW 1998, 76 (78).
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C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 112–113 § 8
verlustträchtiger öffentlicher Aufgaben).1 Teilweise wurde aber auch der Ansatz des BFH sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis abgelehnt.2 (2) Aktueller Meinungsstand Auch nach der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens und der Aufgabe des Buchfüh- 113 rungskriteriums in Abs. 2 durch das SEStEG sind die Meinungen gegenwärtig immer noch geteilt: Während Teile der Literatur dem BFH auch heute noch folgen und die streitigen „Liebhaberei“-Tätigkeiten der betrieblichen Sphäre der KapGes. zuordnen bzw. allenfalls im Wege einer vGA korrigieren wollen,3 erkennt ein anderer Teil der Literatur grds. das Vorhandensein einer außerbetrieblichen Betätigungssphäre der KapGes. an.4 Zusammen mit einer weiteren Ansicht, die einer dem Maßgeblichkeitsgrundsatz unterliegenden Körperschaft zwar nur Betriebsvermögen zubilligt, jedoch gleichwohl eine Korrektur der Einkünfte um nicht steuerbare Bestandteile zulässt,5 gelangt diese Auffassung zu einem engeren, an § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG orientierten Einkünfteverständnis. Soweit die zugunsten der Einbeziehung von „Einkünften“ ohne einkommensteuerrechtliche Einkünftequalität angeführten Argumente heute noch aktuell sind, lassen sie sich in Konfrontation mit den entsprechenden Gegenargumenten stichwortartig wie folgt zusammenfassen: –
Das handelsrechtliche Vollständigkeitsgebot nach §§ 238 Abs. 1 Satz 1, 246 Abs. 1 Satz 1 HGB führt über den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG zu einer steuerlichen Verstrickung sämtlicher Vermögensgegenstände.6 Gegenargumente: Kaufleute iSd. § 246 HGB können auch natürliche Personen mit Privatsphäre sein;7 die HGB-Vorschriften dienen in erster Linie dem Gläubigerschutz;8 die Frage der Anerkennung einer Privatsphäre ist von der Frage nach der richtigen Technik zur steuerlichen Eliminierung privat veranlasster Vorgänge zu unterscheiden (Vorschlag einer Korrektur außerhalb9 oder innerhalb10 der Steuerbilanz);11 nach § 8 Abs. 2 idF des SEStEG spielt das Kriterium der handelsrechtlichen Buchführungspflicht keine Rolle mehr.
–
Die Rechtsnatur und die organisatorische Struktur einer KapGes. verbieten die Annahme einer außerbetrieblichen Sphäre. Anders als eine natürliche Person kann eine KapGes. ihr Einkommen nicht verwenden, sondern nur verteilen.12 Deshalb erlaubt das Leistungsfähigkeitsprinzip13 ein weitergehendes Einkünfteverständnis.14 Gegenargumente: Das einheitlich auszulegende Leistungsfähigkeitsprinzip erfordert stets eine Ausklammerung von nicht dem Markteinkommensbegriff entsprechenden Vorgängen;15 das Denken in „Sphären“ ist vom Gesetz nicht vorgesehen, vielmehr ist stets nur der Einkünftetatbestand zu prüfen;16 die vorrangige Anwendung der vGA-Grundsätze durch den BFH führt zu einer unzulässigen Sollertragsbesteuerung;17 im österreichischen Körperschaft-
1 Hüttemann in FS Raupach, 495 (497) mwN. 2 Grundsätzlich zum Einkünftebegriff zB Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 2, 2. Aufl. 2003, 1180. 3 Wassermeyer, DB 2011, 1828 (1831); Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 41; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 63; Lang in D/P/M, § 8 KStG Rz. 32 ff.; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 197; iErg. auch Briese, FR 2014, 1001 (1011). 4 Birk, BB 2009, 860 (866); Weber-Grellet, BB 2014, 2263 (2265); Roser in Gosch2, § 8 Rz. 74; Schulte in Erle/ Sauter3, § 8 Rz. 59; Schwedhelm in Streck8, § 8 Rz. 55; Lang in Ernst & Young, § 8 Rz. 437. 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 37. 6 Gonnella, DB 1967, 873 (874); Vangerow, StuW 1967, Sp. 605 (608); Lohaus, StuW 1989, 358 (361); Thiel/ Eversberg, DStR 1993, 1881 (1882); Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 35. 7 Pezzer, StuW 1998, 76 (78). 8 Hüttemann in FS Raupach, 495 (500). 9 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 189; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 37; Briese, FR 2014, 1001 (1008 ff.). 10 Weber-Grellet, BB 2014, 2263 (2270); Hüttemann in FS Raupach, 495 (500); Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 61. 11 von Wallis, FR 1968, 460 (463); Weber-Grellet, DStR 1994, 12 (16). 12 Hoffmann, GmbHR 2002, 1035 (1036); Schuck, FR 1992, 537 (540); Lohaus, StuW 1989, 358 (359); Wassermeyer, DB 2011, 1828 (1831). 13 Dazu Hey in Tipke/Lang21, § 3 Rz. 40 ff. mwN. 14 Lohaus, StuW 1989, 358 (363); Wassermeyer, DB 2011, 1828 (1831). 15 Piltz, DStR 2014, 684 (686); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 2, 2. Aufl. 2003, 1180. 16 Weber-Grellet, DStR 1994, 12 (16). 17 Hüttemann in FS Raupach, 495 (505); Hüttemann, DB 2007, 2508 (2510).
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371
§ 8 Rz. 113–114
Ermittlung des Einkommens
steuerrecht wird eine außerbetriebliche Sphäre der KapGes. bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht ohne Weiteres anerkannt.1 –
Die Ausklammerung von nicht den Tatbestand des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllenden Vermögensmehrungen und -minderungen führt zu einem Wertungswiderspruch zu § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG, nach dem auch diese der Gewerbesteuer unterliegen.2 Gegenargumente: Der in § 8 Abs. 1 enthaltene Verweis auf den Einkünftebegriff des EStG geht vor;3 die gewerbesteuerlichen Regelungen sind wegen der Wesensverschiedenheit der beiden Steuern nicht analogiefähig;4 aus dem (vermeintlichen) Wertungswiderspruch kann nichts geschlossen werden, da dieser dem Gesetzgeber bei Einfügung des Abs. 2 in das KStG 1977 bekannt war.5
–
Der Wortlaut des § 8 Abs. 2, nach dem „alle“ Einkünfte der betroffenen Stpfl. als gewerblich gelten, spricht für einen eigenständigen und weit auszulegenden Einkünftebegriff.6 Gegenargumente: Aus dem Zusatz „alle“ kann nichts geschlossen werden, da der Schwerpunkt in der Bezugnahme auf die „Einkünfte“ liegt;7 Abs. 2 nimmt den auf das EStG verweisenden Regelungsbereich des Abs. 1 in sich auf;8 in der Gesetzesbegründung zu Abs. 29 hat der Gesetzgeber ausdrücklich auf den Einkünftebegriff des EStG und die Liebhabereiproblematik verwiesen.10
–
Das KStG enthält keine den Vorschriften des § 12 Nr. 1 EStG entsprechende Regelung. Deshalb muss angenommen werden, dass der Gesetzgeber vorausgesetzt hat, dass eine Körperschaft keine „Privatsphäre“ haben kann.11 Gegenargumente: Da diese Argumentation unabhängig von Abs. 2 greift, müsste konsequenterweise auch bei nicht unter diese Vorschrift fallenden Körperschaften eine außerbetriebliche Sphäre abgelehnt werden, was jedoch der hM nicht entspricht;12 § 12 Nr. 1 EStG ist nur für natürliche Personen konzipiert;13 wenn KapGes. nur über eine betriebliche Sphäre verfügen würden, wäre die Begrenzung des Abzugs von Spenden in § 9 Abs. 1 Nr. 2 als Betriebsausgabenabzugsverbot zu sehen, was dogmatisch zweifelhaft ist.14
–
Für den Fall der Überführung eines WG von der betrieblichen in die nicht betriebliche Sphäre existiert keine ausreichende15 gesetzliche Regelung über die notwendige Aufdeckung der stillen Reserven,16 woraus ebenfalls zu schließen ist, dass der Gesetzgeber eine „Privatsphäre“ nicht gewollt haben kann.17 Gegenargumente: Spätestens mit Einführung der Entstrickungsregelungen nach §§ 4 Abs. 1 Satz 3, 4g EStG hat der Gesetzgeber eine Sondersphäre der KapGes. faktisch anerkannt;18 eine Gesetzeslücke besteht nicht, da (entgegen der ganz hM, s. Rz. 153) auch bei KapGes. der Entnahmetatbestand nach § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG greifen soll.19
114 Einstweilen frei. 1 Roser in Gosch2, § 8 Rz. 80. Die mit § 8 Abs. 2 vergleichbare österreichische Vorschrift des § 7 Abs. 3 ÖKStG wird durch die Liebhabereiverordnung (ÖBGBl. Nr. 33/1933 idF ÖBGBl. II Nr. 358/1997) iVm. Abschn. 8.3.1 der Liebhabereirichtlinien 2012 v. 1.1.2012 (BMF 010203-VI/6/2011, Findok-Nr. 57125.1) so verstanden, dass auch eine Kapitalgesellschaft in Liebhaberei handeln kann. 2 Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 41. 3 Jost, DB 1991, 518 (519). 4 Pezzer, StuW 1998, 76 (78); Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 56; Hüttemann in FS Raupach, 495 (501); Gosch, GmbHR 2002, 671. 5 Rüd, DStR 1994, 1874 (1877); Roser in Gosch2, § 8 Rz. 74. 6 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190. 7 Pezzer, StuW 1998, 76 (78); Hüttemann in FS Raupach, 495 (499). 8 Birk, BB 2009, 860 (866). 9 Regierungs-E eines dritten Steuerreformgesetzes v. 9.1.1974, BT-Drucks. 7/1470, 341. 10 Hüttemann in FS Raupach, 495 (499); Weber-Grellet, DStR 1994, 12 (17). 11 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 187. 12 Hüttemann in FS Raupach, 495 (501). 13 Pezzer, StuW 1998, 76 (78); Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 55. 14 Jost, DB 1994, 910 (911). 15 Das „Einfrieren“ des Vermögens entspr. der alten Rspr. zum Übergang von Land- und Forstwirtschaft zur Liebhaberei (BFH v. 6.7.1978 – IV B 59/76, BStBl. II 1978, 626; v. 29.10.1981 – IV R 138/78, BStBl. II 1982, 381) reicht nach Rüd, DStR 1994, 1874 (1876), und Weber-Grellet, DStR 1998, 873 (877), wegen der fortgesetzten Steuerverstrickung – zB nach § 17 EStG – nicht aus. 16 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 Rz. 38; Roser in Gosch2, § 8 Rz. 79. 17 Wassermeyer, DB 2011, 1828 (1831); Roser in Gosch2, § 8 Rz. 79. 18 Roser in Gosch2, § 8 Rz. 78; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 189. 19 Schwedhelm in Streck8, § 8 Rz. 55; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 Rz. 57.
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 115–117 § 8
ee) Eigene Auffassung (1) Historisch-systematische Auslegung Die Bezugnahme des Abs. 2 auf die „Einkünfte“ der Steuerpflichtigen iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 115 3 stellt nach der ursprünglichen Konzeption der Vorschrift eine Rechtsgrundverweisung auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG dar. Der historische Gesetzgeber des Abs. 2 (in der noch an die handelsrechtliche Buchführungspflicht anknüpfenden Fassung des Jahres 1977) setzte die Ausklammerung von „Liebhaberei“-Einkünften bei der Ermittlung des Einkommens der von Abs. 2 betroffenen Körperschaften ausdrücklich voraus. Wörtlich:1 „§ 8 Abs. 2 bestimmt, dass bei Steuerpflichtigen, die nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches Bücher führen müssen, alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbe zu behandeln sind. Die Vorschrift wurde inhaltlich unverändert aus § 16 KStDV übernommen. Die Frage, ob Vermögensmehrungen zu Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes führen können, ist wie bisher nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zu entscheiden. Einnahmen und Ausgaben, die im Rahmen einer als Liebhaberei ausgeübten Tätigkeit anfallen, bleiben danach unberücksichtigt, weil sie keiner der im Einkommensteuergesetz bezeichneten Einkunftsart zuzuordnen sind (vgl. BFH-Urteil vom 4. März 1970 I R 123/68, BStBl. II S. 470).“ Damit zwingt die historisch-systematische Auslegung des Abs. 2 zu einem engen, mit § 2 116 Abs. 1 Satz 1 EStG übereinstimmenden Einkünfteverständnis.2 Die vom BFH im Rahmen der Segelyacht-Entscheidung3 angeführten und für das Regime des Halbeinkünfteverfahrens weitgehend bestätigten4 Einzelargumente zugunsten eines eigenständigen Einkünftebegriffs überzeugen vor diesem Hintergrund zum großen Teil nicht. Die ausdrückliche Bezugnahme des Gesetzgebers auf den einkommensteuerrechtlichen Einkünftebegriff entkräftet die zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens im Jahre 1977 schon bekannten bzw. auf der Hand liegenden Gegenargumente zum handelsrechtlichen Vollständigkeitsgebot (§ 246 Abs. 1 HGB), zur „unprivaten“ Rechtsnatur der KapGes. und zum Verzicht des Gesetzgebers auf die Übernahme einer mit § 12 Nr. 1 EStG vergleichbaren Vorschrift in das KStG. Gleiches gilt für den vermeintlichen Wertungswiderspruch zu § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG. Auch diese Vorschrift existierte zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens im Jahre 1977 bereits und bezog sich, was entsprechend dem Gesetzgeber des KStG 1977 bekannt war, von Anfang an nicht (wie der neue § 8 Abs. 2) nur auf die „Einkünfte“ der betroffenen Rechtsträger, sondern auf deren gesamte „Tätigkeit“. Der Verweis auf § 246 Abs. 1 HGB ist nach der Einbeziehung der nach Handelsrecht nicht buchführungspflichtigen ausländischen Körperschaften in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 ab 2006 (Rz. 84) zudem inzwischen überholt. Auch das vermeintliche Verbot einer gedanklichen Unterscheidung verschiedener „Sphären“ der KapGes.5 wurde vom Gesetzgeber durch die Schaffung der allein an den Verlust des Besteuerungsrechts anknüpfenden Entstrickungsfiktion nach §§ 4 Abs. 1 Satz 3, 4g EStG in der Fassung des SEStEG durchbrochen. (2) Gewandelte Auffassung des Gesetzgebers Spätestens durch die Einführung der Abs. 7 bis 9 des § 8 durch das JStG 20096 (Rz. 1818 ff.) 117 ist allerdings erkennbar, dass sich der Gesetzgeber dem Lösungsansatz des BFH angeschlossen hat. In § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 wird die Existenz einer ohne Gewinnerzielungsabsicht handelnden KapGes., deren laufend erzielte Verluste nach der Rechtsprechung des BFH über Abs. 2 dem Grunde nach in die Besteuerung einfließen und ggf. als vGA außerbilanziell wieder hinzuzurechnen sind,7 gerade vorausgesetzt. Die Vorschrift (dh. der dort geregelte gesetzliche Ausschluss einer vGA bei Verlust bringenden Tätigkeiten der öffentlichen Hand) wäre nicht notwendig gewesen, wenn sich der Gesetzgeber der Auffassung zur Anerkennung einer außerbetrieblichen Sphäre angeschlossen hätte. Da hierin vielmehr eine stillschweigende Anerkennung der BFH-Rechtsprechung liegt,8 ist die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers des KStG 1977, im Rahmen des Abs. 2 den einkommensteuerrechtlichen Einkünfte1 2 3 4 5
Regierungs-E eines dritten Steuerreformgesetzes v. 9.1.1974, BT-Drucks. 7/1470, 341. Gl. A. Hüttemann in FS Raupach, 495 (499). BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190. BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. Vgl. gegen die Erforderlichkeit einer solchen „Sphärenbildung“ bei Qualifizierung des § 8 Abs. 2 KStG als Rechtsfolgenverweisung allerdings Weber-Grellet, DStR 1994, 12 (16). 6 G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 7 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. 8 Meier, FR 2010, 168 (170).
Berninghaus
373
§ 8 Rz. 117–119
Ermittlung des Einkommens
begriff zur Geltung kommen zu lassen, gegenstandslos geworden. Ähnlich aussagekräftig ist auch die faktische Einbeziehung der Kultur- und Sozialgenossenschaften in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 2. Da auch diesen Rechtsträgern typischerweise die Gewinnerzielungsabsicht fehlt,1 spricht ihre Einbeziehung in den Anwendungsbereich des Abs. 2 dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen dieser Vorschrift inzwischen ein weites Einkünfteverständnis voraussetzt. (3) Anerkennung der BFH-Rechtsprechung als richterliche Rechtsfortbildung 118
Die – vom Gesetzgeber inzwischen aufgegriffene – Rechtsauffassung des BFH stellt letztlich das Ergebnis einer richterlichen Rechtsfortbildung dar. Bei Zugrundelegung der Intention des historischen Gesetzgebers, wonach der Einkünftebegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG grundsätzlich auch im Rahmen des Abs. 2 durchschlagen sollte (Rz. 115), begründete die fehlende Schaffung einer gesetzlichen Regelung über die gliederungsrechtliche Behandlung des „Nichteinkünfteerzielungsvermögens“ unter dem Regime des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens eine echte Regelungslücke, die über einen bloßen rechtspolitischen Fehler2 hinausging und deren Schließung in der Segelyacht-Entscheidung3 durch eine extensive Auslegung des Einkünftebegriffs des Abs. 2 angemessen war. Dies gilt umso mehr, als die davor existierende Rechtsprechung zur Anwendung der „Liebhabereigrundsätze“ auf KapGes. in der Literatur erheblicher Kritik ausgesetzt war (Rz. 113). Schon aus Gründen der Praktikabilität war es deshalb angezeigt, nicht etwa die Vorschriften zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung an das Phänomen der Erzielung und Verwendung von „Nichteinkünften“, sondern vielmehr den Einkünftebegriff des Abs. 2 unter Ausschöpfung seines möglichen Wortsinns an das System der Eigenkapitalverwendung ab 1977 anzupassen.
119
Die Rechtsprechung hat auch nach der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens im Jahre 2000 und der Umgestaltung des Abs. 2 im Jahre 2006 weiterhin ihre Berechtigung, da sie bei den von § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 in der Praxis hauptsächlich betroffenen unbeschränkt steuerpflichtigen KapGes. zu einer zutreffenden Anpassung der Besteuerungsgrundlagen der Körperschaftsteuer an das System der Anteilseignerbesteuerung ab 2001 führt: –
Spätestens bei Liquidation einer inlandsansässigen KapGes. fließt deren Vermögen nach § 17 EStG in vollem Umfang in die Besteuerung der Gesellschafter ein,4 wobei zwangsläufig auch Wertveränderungen Berücksichtigung finden, die zwischen dem Zeitpunkt einer vergangenen „Überführung“ eines WG von der betrieblichen in die (angenommene) außerbetriebliche Sphäre und dem Zeitpunkt der Liquidation der Gesellschaft eingetreten sind. § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG spricht insoweit von dem (aktuellen) gemeinen Wert des zugeteilten oder zurückgezahlten „Vermögens“ der KapGes., womit das gesamte, der Gesellschaft vormals zugeführte Vermögen gemeint ist.5 Selbiges umfasst auch das in der Zwischenzeit gegebenenfalls „eingefrorene6“ Liebhabereivermögen.
–
Auch der aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung nach § 17 EStG steuerwirksam entstehende Verlust des Anteilseigners kann zum Teil iZm. einem „außerbetrieblichen“ WG der KapGes. stehen (zB bei nachträglichen Anschaffungskosten des veräußernden Gesellschafters durch Einlage eines WG, das von der Gesellschaft nur zu Anfang der Einkünfteerzielung gewidmet war und sodann, zB bei Eintritt einer dauerhaft negativen Gewinnprognose, in die außerbetriebliche Sphäre „überführt“ wurde).
–
Das gegenwärtige System der Anteilseignerbesteuerung steht der Tätigkeit der ausschüttenden Körperschaft insgesamt gleichgültig gegenüber und behandelt die KapGes. als eine Art „black box“, deren Erträge beim Anteilseigner ungeachtet ihrer Herkunft als besteuerungswürdig eingestuft werden. Nach dem Wortlaut der §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 20 Abs. 2 Nr. 1, 17 EStG unterliegen die aus einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung generierten laufenden Bezüge und einmaligen Veräußerungsgewinne ungeachtet ihres Zusammenhangs mit einer außerhalb des einkommensteuerrechtlichen Einkünftebegriffs stehenden Betätigung der Gesellschaft beim Anteilseigner der Besteuerung. Eine zeitliche Ausnahme gilt nur insoweit, als die Rückgewähr von Einlagen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG selbst nicht steuerbar ist. Wegen der dadurch eintretenden Verminderung
1 2 3 4 5 6
Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 Rz. 158. BFH v. 11.2.2010 – V R 38/08, BStBl. II 2010, 873; Drüen in T/K, § 4 AO Rz. 345. BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190. Rüd, DStR 1994, 1874 (1876); Weber-Grellet, DStR 1998, 873 (877). Eilers/Schmidt in H/H/R, § 17 EStG Rz. 330. BFH v. 6.7.1978 – IV B 59/76, BStBl. II 1978, 626; v. 29.10.1981 – IV R 138/78, BStBl. II 1982, 381.
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 119–123 § 8
der Anschaffungskosten der Beteiligung wird jedoch auch dieser Sachverhalt im Veräußerungs- oder Liquidationsfall steuerlich relevant. Es ist zweckmäßig und vor dem Hintergrund der großzügigen Handhabung des BVerfG zur 120 Ungleichbehandlung von KapGes. (Rz. 89) auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn – in Ermangelung eines Gesetzestatbestands zur „Entstrickung“ von Gegenständen der KapGes. bei ihrer „Überführung“ in den einkünftelosen Bereich – nicht die Begrifflichkeiten der §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 20 Abs. 2 Nr. 1, 17 EStG an das Phänomen der „einkünftelosen“ Vermögensmehrungen und -minderungen der KapGes. angepasst werden, sondern die Auflösung des bestehenden Regelungswiderspruchs zum System der Anteilseignerbesteuerung in einer extensiven Auslegung des Einkünftebegriffs des Abs. 2 gesucht wird. Gegen den Lösungsansatz der Ansicht, die neben dem Vermögen der KapGes. auch den Vermögens- und Gewinnbegriff des § 17 EStG um die auf der Ebene der KapGes. im außerbetrieblichen Bereich eingetretenen Vermögensauswirkungen bereinigen will,1 spricht ihre geringere Praktikabilität. Damit ist das gesamte Vermögen der unter Abs. 2 fallenden Rechtssubjekte als körper- 121 schaftsteuerverstrickt anzusehen. Dass sich die Rechtslage bei den von § 8 Abs. 2 nicht betroffenen beschränkt steuerpflichtigen KapGes. anders darstellt, soweit diese auch der Rspr. des BFH zu vGA bei ausländischen „Ferienhaus“-KapGes.2 nicht unterliegen und soweit daher eine Korrektur der „Liebhaberei-Einkünfte“ ausnahmsweise bereits bei der Einkommensermittlung dieser Rechtsgebilde vorzunehmen ist,3 ist zwar bedenklich, aber deshalb hinnehmbar, weil die Rechtsfolgen der vGA und diejenigen der Ausklammerung von „Nichteinkünften“ bis auf die zusätzliche Berücksichtigung eines geschätzten Gewinnaufschlags bei der vGA weitgehend identisch sind und die problematischen Fälle kommunaler Dauerverlustgesellschaften durch § 8 Abs. 7 bis 9 in der Fassung des JStG 2009 ohnehin eine Sonderbehandlung erfahren haben. Bei ausländischen Anteilseignern sorgt zudem § 2 Nr. 1 iVm. § 17 EStG iVm. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c Doppelbuchst. aa EStG dafür, dass eine Veräußerungsgewinnbesteuerung nur in den Fällen stattfindet, in denen sämtliche „Einkünfte“ der veräußerten KapGes. nach Abs. 2 steuerverstrickt waren. Insoweit ist es Voraussetzung, dass die veräußerte Gesellschaft im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist.
III. Rechtsfolgen 1. Rechtsfolgen bei Einkünften iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG Der Umstand, dass die Einkünfte der Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG nach Abs. 2 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb „zu behandeln“ sind, bedeutet wegen des Verweises des Abs. 1 auf § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG neben der Fiktion gewerblicher Einkünfte zugleich, dass sich bereits die Ermittlung dieser Einkünfte nach den für gewerbliche Einkünfte geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 7k EStG richtet.4 Das gilt selbst dann, wenn und soweit die Einkünftequelle der Körperschaft zusammen mit einem anderen Steuerpflichtigen zuzurechnen ist und dieser andere Steuerpflichtige keine originär gewerblichen Einkünfte erzielt (zB bei den nach §§ 179 Abs. 1, 181 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festgestellten Einkünften aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ohne die Merkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG, bei welcher sowohl eine Körperschaft als auch eine natürliche Person Gesellschafter sind).5 Die Umqualifizierung und Umrechnung der Einkünfte findet in diesem Fall nicht auf der Ebene der einheitlichen und gesonderten Feststellung, sondern auf der Ebene der beteiligten Körperschaft durch das für diese Körperschaft zuständige Veranlagungsfinanzamt statt.6
122
Soweit es sich bei den Einkünften, die von der unter Abs. 2 fallenden Körperschaft erzielt werden, bei Hinwegdenken der Gewerblichkeitsfiktion des Abs. 2 um solche aus Land- und Forstwirtschaft iSd. Abs. 1 iVm. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 13 ff. EStG handeln würde, sieht Abschn. 34 KStR 2004 vor, dass die für land- und forstwirtschaftliche Einkünfte geltenden
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1 Hüttemann in FS Raupach, 495 (514). 2 BFH v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, BStBl. II 2013, 1024. 3 Kritisch hierzu noch Pezzer, StuW 1998, 76 (80); Prinz, FR 2002, 1171 (1172); Gosch, DStR 2002, 671: gestalterische Umgehung durch Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland. In den von der neueren „Ferienhaus“-Rspr. (BFH v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, BStBl. II 2013, 1024; betroffenen Fällen ist dieser Umgehungsmöglichkeit jedoch inzwischen der Boden entzogen. 4 BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490. 5 Schwedhelm in Streck8, § 8 Rz. 49; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 57. 6 BFH v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679.
Berninghaus
375
§ 8 Rz. 123–126
Ermittlung des Einkommens
Begünstigungen (namentlich die Vergünstigungen des § 6b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei Veräußerung von Aufwuchs etc. sowie bestimmte Vereinfachungsregeln) im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung im Billigkeitswege (dh. nach § 163 AO) entsprechend angewendet werden können, sofern sich der Betrieb auf die Land- und Forstwirtschaft beschränkt oder der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als organisatorisch verselbstständigter Teilbetrieb geführt wird. 124
Die allgemeinen Rechtsfolgen der nach Abs. 2 angeordneten Gewerblichkeit sollten bei der Rechtsformwahl erwogen werden. Neben den Gestaltungsmöglichkeiten, die sich wegen der Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die korporativen Rechtsformen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 einerseits (dazu Rz. 93 ff.) und auf deren inländische unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht andererseits eröffnen (dazu Rz. 92), sollten die Rechtsfolgen im Falle der Veräußerung, Umwandlung oder Liquidation des Rechtsträgers bedacht werden (zur Veräußerungsgewinnbesteuerung Rz. 119). Die allgemein vertretene These, nach der bei einem nur vermögensverwaltend tätigen Vermietungs- und Verpachtungsbetrieb im Falle des Eingreifens eines umwandlungsbedingten Realisationstatbestands1 ein gesonderter Geschäfts- oder Firmenwert nur in Ausnahmefällen angesetzt werden kann,2 muss auch dann zum Tragen kommen, wenn die fragliche Tätigkeit in der Rechtsform einer von den Fiktionswirkungen des Abs. 2 betroffenen inländischen KapGes. ausgeübt wird. Auch insoweit können allein die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich sein. Ein problematischer und zugleich praxisrelevanter Anwendungsfall ist hier der Formwechsel einer originär vermögensverwaltenden inländischen KapGes. in eine nicht gewerblich geprägte Personengesellschaft.3 2. Rechtsfolgen bei sonstigen „Einkünften“ der Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG a) Fiktion von Einkünften iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG
125 Nach der Rechtsprechung des BFH (Rz. 107) und der hier vertretenen Auffassung (Rz. 114) erzielen die in den persönlichen Anwendungsbereich des Abs. 2 fallenden Körperschaften gewerbliche Einkünfte auch insoweit, als Vermögensmehrungen und -minderungen iZm. einer Tätigkeit stehen, welche die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG nicht erfüllt. Betroffen ist hierbei sowohl die Ausgabenebene (etwa ohne Gewinn- bzw. Einkünfteerzielungsabsicht getätigte Aufwendungen – zB für die Unterhaltung eines Gestüts –, aber auch Verausgabung von Spenden) als auch die Erzielung von Einnahmen außerhalb des Markteinkommensbegriffs4 (zB Spiel- und Lotteriegewinne sowie Erbschaften und Schenkungen. Ist eine KapGes. zB Empfängerin einer Erbschaft oder Schenkung von dritter Seite, so bedingt die weite Auslegung des Einkünftebegriffs nach Abs. 2 auch insoweit eine steuerbare Vermögensmehrung der KapGes.5 Handelt es sich allerdings um eine Erbschaft oder Schenkung des Gesellschafters, so ist der Vermögensanfall als Einlage zu behandeln.6 Durch die Einkünftefiktion sind trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht bzw. fehlender nachhaltiger Erzielung von Markteinkünften dem Grunde nach auch die Regelungen zum Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG und zur Investitionszulage nach dem InvZulG anwendbar.7 b) Ansatz „liebhabereigeneigter“ vGA 126 Unterhält eine Körperschaft iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (dh. in der praktischen Anwendung idR eine unbeschränkt steuerpflichtige KapGes.) im Interesse ihres Anteilseigners ein WG und entstehen ihr aus diesem Anlass Verluste, ohne dass sich der Anteilseigner zu einem Verlustausgleich zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags verpflichtet hat, so liegt in Höhe des im jeweiligen Veranlagungszeitraum erzielten Verlustes zuzüglich des im Schätzwege8 zu ermittelnden angemessenen Gewinnaufschlags eine vGA iSd. § 8 Abs. 3
1 Bei Nichteingreifen des Aktivierungsverbots nach § 5 Abs. 2 EStG, s. zB Trossen in R/H/vL2, § 8 Rz. 25 f. 2 Widmann in W/M, § 3 UmwStG Rz. R 522; vgl. zum gleichwohl möglichen Ansatz geschäftswertähnlicher WG allerdings Anzinger in H/H/R, § 5 EStG Rz. 1700. 3 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/0/8/10001 – 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 03.05 iVm. 03.16 und 08.03. 4 S. die Beispiele bei Musil in H/H/R, § 2 EStG Rz. 80. 5 Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 43. 6 BFH v. 24.3.1993 – I R 131/90, BStBl. II 1993, 799. 7 Als logische Konsequenz aus der Segelyacht-Entscheidung für die Investitionszulage so gesehen von Weber-Grellet, DStR 1998, 873 (877). 8 Birk, BB 2009, 860 (866).
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Berninghaus
C. Fiktion gewerblicher Einknfte (Abs. 2)
Rz. 126–127 § 8
Satz 2 vor (s. auch Rz. 902 ff.).1 Das gilt auch dann, wenn die gesamte Tätigkeit der KapGes. oder ein im Rahmen des Betriebs selbstständiger (dh. „segmentierter“) Tätigkeitsbereich den privaten Neigungen und Interessen des Anteilseigners dient.2 Ob eine KapGes. eine verlustreiche Tätigkeit im Gewinninteresse oder allein im Interesse ihres Anteilseigners ausübt, ist nach den Kriterien zu beurteilen, welche die Rechtsprechung für Zwecke des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG zur Abgrenzung der zur Einkünfteerzielung ausgeübten Tätigkeit von bloßer „Liebhaberei“ ohne Einkünfteerzielungsabsicht entwickelt hat.3 Ob diese Kriterien greifen, ist eine in jedem Einzelfall zu entscheidende Tat- und Beweisfrage. Zur Prüfung der Liebhabereigrundsätze ist im Rahmen einer zweistufigen Prüfung festzustellen, ob gemäß einer aus der damaligen Perspektive heraus anzustellenden Zukunftsprognose im Zeitraum von der Gründung des Unternehmens oder Unternehmensteils an bis zu dessen Aufgabe, Veräußerung oder Liquidation mit einem positiven Gesamtergebnis in Gestalt eines Totalgewinns bzw. Totalüberschusses zu rechnen war und ob aus den im Einzelfall objektiv vorliegenden Beweisanzeichen auf das subjektive Vorliegen einer entsprechenden Absicht des Steuerpflichtigen zur Erzielung eines Totalgewinns bzw. Totalüberschusses geschlossen werden kann.4 Bei der Übertragung der hierzu (zahlreich) entwickelten Fallgruppen5 auf die Situation einer KapGes. sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen: –
Keine allzu großen Schwierigkeiten dürfte in der Praxis die Frage bereiten, ob die KapGes. ein ganz bestimmtes verlustbringendes Geschäft (zB die Anschaffung und weitere Unterhaltung eines freizeitbezogenen WG, zB eines Segelbootes) im Interesse ihres Gesellschafters getätigt hat und aus diesem Grund die Hinzurechnung der jährlichen Verluste zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags als vGA gerechtfertigt ist. Geschäfte, welche die Gefahr erheblicher Verluste in sich tragen, bedingen allerdings – entgegen der Ansicht der FinVerw.6 – für sich noch keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung (zB bei riskanten Wertpapiergeschäften trotz diesbezüglicher Neigung des beherrschenden Gesellschafters).7
–
Da zwischen den besonderen Abzugsverboten nach § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 4 Abs. 5 EStG und den Vorschriften zur vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 kein Rangverhältnis besteht, sind diese Vorschriften auf der Ebene der KapGes. so lange nebeneinander anzuwenden, wie ihre Rechtsfolgen nicht voneinander abweichen.8 Zum Rangverhältnis s. Rz. 156 ff. Unterschiede ergeben sich insoweit, als im Rahmen der vGA nach der Rechtsprechung in jedem Fall auch ein angemessener Gewinnaufschlag zu berücksichtigen ist. Im Übrigen unterliegt die vGA auf Anteilseignerebene der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. S. dazu Rz. 149 ff.
–
Ob in Anwendung der für die Betätigung natürlicher Personen entwickelten Liebhabereigrundsätze im Einzelfall davon auszugehen ist, dass der gesamte Betrieb der Gesellschaft oder ein zuvor als abgrenzbar identifizierter Betriebsteil von der KapGes. mit dem Ziel unterhalten wird, für die Dauer seines Bestehens einen Totalgewinn bzw. Totalüberschuss zu erzielen oder nicht, wird regelmäßig nicht ohne Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Rechtsbeziehungen möglich sein. So dürfen für unentgeltliche Dienstleistungen des Gesellschafters im Rahmen der Totalgewinnprognose keine fiktiven Entgelte angesetzt
1 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190 (sog. Segelyacht-Entscheidung, s. Rz. 106); v. 8.8.2001 – I R 106/99, BStBl. II 2003, 487 (Abgrenzung, Risikogeschäfte); v. 17.11.2004 – I R 56/03, BFH/NV 2005, 749 (Einfamilienhaus); FG Düsseldorf v. 19.3.2002 – 6 K 7786/99 K, DStRE 2002, 960 (Dressurpferd). 2 BFH v. 8.7.1998 – I R 123/97, BFH/NV 1999, 269 (Risikogeschäfte); v. 15.5.2002 – I R 92/00, BFH/NV 2002, 1538 (Segelyacht). 3 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190; v. 16.2.2005 – I B 154/04, BFH/NV 2005, 1377; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 2440. 4 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 5 Zu den einzelnen Kriterien Musil in H/H/R, § 2 EStG Rz. 345 ff.; Kirchhof in Kirchhof13, § 2 EStG Rz. 57 ff.; Weber-Grellet in Schmidt33, § 15 Rz. 24 ff. 6 BMF v. 19.12.1996 – IV B 7 - S 2742 - 57/96, BStBl. I 1997, 112; v. 20.5.2003 – IV A 2 - S 2742 - 26/03, BStBl. I 2003, 333. 7 BFH v. 8.8.2001 – I R 106/99, BStBl. II 2003, 487; v. 11.2.2003 – I B 159/01, BFH/NV 2003, 1093; v. 31.3.2004 – I R 83/03, GmbHR 2004, 1230 = BFH/NV 2004, 1482. 8 BFH v. 7.2.2007 – I R 27-29/05, BFH/NV 2007, 1230.
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§ 8 Rz. 127–128
Ermittlung des Einkommens
werden.1 Ferner kann es keinen Unterschied machen, ob die KapGes. mit einem fremden Dritten oder mit ihrem Gesellschafter ein „schlechtes Geschäft“ gemacht hat.2 –
Ob die für die wirtschaftliche Tätigkeit einer natürlichen Person entwickelten Liebhabereigrundsätze im Übrigen in allen Punkten auf die Situation einer KapGes. übertragen werden können, kann im Einzelfall zweifelhaft sein. Soweit die Rechtsprechung bei natürlichen Personen auch im Falle einer typischen gewerblichen Aktivität bei objektiv feststehender negativer Gewinnprognose (1. Stufe der Prüfung) keine hohen Anforderungen an die Feststellung von Tatsachen zum Überwiegen persönlicher Motive stellt (2. Stufe der Prüfung),3 kann dies für vergleichbare Tätigkeiten einer KapGes. nicht uneingeschränkt gelten.4 Insoweit verlangen das bei natürlichen Personen nicht geltende Trennungsprinzip und die bei Pflichtverletzungen des Gesellschafter-Geschäftsführers zumindest theoretisch eingreifende Schadenersatzpflicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG entsprechend substanziierte Feststellungen. Das gilt auch für die zur Verifizierung der Totalüberschussprognose zu prüfenden Einzelkriterien, namentlich zum Umfang und zur Dauer der noch hinnehmbaren Anlaufverluste, zur Unbeachtlichkeit später eingetretener Erkenntnisse und zu den in der Verlustphase typischerweise zu ergreifenden Gegenmaßnahmen.5 Spätestens im finanzgerichtlichen Verfahren müssen die hierzu erforderlichen Feststellungen substanzieller Art sein. Fehlt der KapGes. allerdings von Anfang an ein brauchbares wirtschaftliches Konzept (zB zweifelhaft bei der unsystematischen Sammlung von Kraftfahrzeugen zur späteren Wertsteigerung als Oldtimer ohne Abwägung der Kriterien für eine voraussichtliche Wertsteigerung)6, kann dies für die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Verlust bringenden Tätigkeit sprechen.7
c) Dauerverlustkapitalgesellschaften der öffentlichen Hand 128 Zum Ansatz von vGA kommt es dem Grunde nach auch bei einer KapGes., die im Daseinsvorsorgeinteresse einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft als Anteilseignerin einen strukturell defizitären Geschäftsbetrieb unterhält und mit diesem auch auf Dauer keine Gewinne erzielen kann (zB bei Ausgliederung eines an öffentlich-rechtliche Vorgaben gebundenen kommunalen Bäderbetriebs auf eine kommunale GmbH).8 Das für die Annahme einer vGA notwendige Merkmal der Vorteilsgeneigtheit (Rz. 247 ff.) ist nach Ansicht des BFH in diesem Fall in dem Umstand zu sehen, dass die Kommune zumindest vorübergehend von Aufwendungen freigestellt wird, die sie andernfalls unmittelbar selbst zu tragen hätte.9 Der Gesetzgeber hat auf diese Rechtsprechung reagiert und die Rechtsfolge der vGA für den Großteil der betroffenen Fälle durch § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 u. Satz 2 idF des JStG 200910 per gesetzlicher Anordnung außer Kraft gesetzt (dazu Rz. 1818 ff.).11 Die in der Literatur streitig gebliebene Frage, ob im Rahmen einer entsprechenden vGA ein angemessener Gewinnaufschlag anzusetzen ist,12 stellt sich hiernach in der Praxis nicht mehr.
D. Verdeckte Gewinnausschüttungen (Abs. 3 Sätze 1 und 2 Alt. 1) Literatur: Wassermeyer, Der Fremdvergleich als Tatbestandsmerkmal der verdeckten Gewinnausschüttung, DB 1994, 1105; Ammelung, Umsatztantiemen für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, INF 1995, 332; Hoffmann, (Verdeckte) Entnahmen, verdeckte Gewinnausschüttungen, Schadensersatzforderungen und Wettbewerbsverbot als bemerkenswerte Konjunktion am aktuellen Steuerhimmel, DStR 1995, 1620; Hoffmann, Der wirtschaftliche Vorteil für die Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung, DStR 1996, 729; Neumann, Tantiemevereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH (I), GmbHR 1996, 741; Neumann, Tantiemevereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH (II), GmbHR 1996, 822; Wassermeyer, Replik auf Hoffmann, Der wirtschaftliche Vorteil für die Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung, DStR 1996, 729, DStR 1 BFH v. 15.5.2002 – I R 92/00, BFH/NV 2002, 1538. 2 Vgl. BFH v. 5.3.2008 – I R 45/07, BFH/NV 2008, 1534, für die an einen Gesellschafter gezahlten Zinsen aus der Anschaffung eines in dessen Interesse gehaltenen WG zu einem überhöhten Kaufpreis. 3 BFH v. 19.11.1985 – VIII R 4/83, BStBl. II 1986, 289; v. 17.11.2004 – X R 62/01, BStBl. II 2005, 336. 4 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 66. 5 Hoffmann, GmbHR 2002, 1035 (1037). 6 Vgl. BFH v. 27.1.2011 – V R 21/09, BStBl. II 2011, 524. 7 Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 42. 8 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. 9 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961; zur hiergegen gerichteten Kritik s. Becker/Kretzschmann, DStR 2007, 1420 (1421) mwN. 10 G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 11 Strahl, DStR 2010, 192 (195). 12 Kritisch zB Hüttemann, DB 2007, 2508 (2510 f.).
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Berninghaus/Neumann
§8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
1996, 733; Wichmann, Der Rückgewähranspruch nach verdeckter Gewinnausschüttung, BB 1996, 721; Wuttke, Verdeckte Gewinnausschüttung – Bilanz – Bestandskraft, DStR 1996, 485; Goette, Zum Verstoß gegen Kapitalerhaltungsregeln durch verdeckte Gewinnausschüttung sowie zur Abgrenzung von Unterbilanz und Überschuldung, DStR 1997, 1218; Rödder, Aktuelle Problemfälle verdeckter Gewinnausschüttung im Konzern, StbJb 1997/98, 115; Gosch, Zur Rolle des Betriebsrentengesetzes für den Fremdvergleich – Duplik auf Neumann, Taugt das Betriebsrentengesetz für einen Fremdvergleich bei Leistungen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer?, FR 1997, 306, FR 1997, 640; Gosch, Über das Rückwirkungsverbot beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, FR 1997, 438; Gosch, Verzicht auf eine Einlageforderung und Übernahme der eigenen Gründungskosten der Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung, StBp 1997, 192; Gosch, Mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung an nahestehende Personen des Gesellschafters, StBp 1997, 136; Neumann, Taugt das Betriebsrentengesetz für einen Fremdvergleich bei Leistungen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer?, FR 1997, 603; Paus, Liegt in Börsenspekulationen der GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung?, FR 1997, 565; Wassermeyer, Risikogeschäfte durch den Gesellschafter-Geschäftsführer für Rechnung der Kapitalgesellschaft, FR 1997, 563; Wassermeyer/Braun, Verdeckte Gewinnausschüttung und Zufluss von Beteiligungserträgen, GmbHR 1997, 804; Wichmann, Die sog. genehmigte verdeckte Gewinnausschüttung und deren bilanzielle Behandlung, INF 1997, 483; Brenner, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Rückgängigmachung einer Zuwendung und bei Ersatz- oder Rückforderungsanspruch, DStZ 1998, 843; Gosch, Verdeckte Gewinnausschüttung bei bestehenden Schadensersatzansprüchen, DStR 1998, 1550; Gosch, Zur steuerlichen Anerkennung der Zinsabrede für ein vom beherrschenden Gesellschafter gewährtes Darlehen; StBp 1998, 166; Gosch, Zum Fremdvergleich bei einer Pensionszusage an den Geschäftsführer einer GmbH, StBp 1998, 108; Schön, Die verdeckte Gewinnausschüttung – eine Bestandsaufnahme, FS für Flume, 1998, 265; Hoffmann, Zahlungen aufgrund mehrdeutiger Regelung – vGA?, GmbH-StB 1999, 331; Rose, Verdeckte Gewinnausschüttung iZm. eigenen GmbH-Anteilen, GmbHR 1999, 373; Schlagheck, Bilanzierung bei verdeckten Gewinnausschüttungen, BBK 7/1999 Fach 14, 7231; Wassermeyer, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei einer GmbH & Co KG, GmbHR 1999, 18; Wichmann, Die Frage nach der zutreffenden Reichweite der steuerlichen verdeckten Gewinnausschüttung, BB 1999, 2435; Drüen, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Ratenzahlung eines überhöhten Kaufpreises, SteuStud 2000, 172; Füger/Rieger, Verdeckte Einlage und verdeckte Gewinnausschüttung bei Umwandlungen – ein Problemabriss anhand typischer Fallkonstellationen, FS für Widmann, 2000, 287; Gosch, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Kapitalerhöhungskosten, StBp 2000, 156; Gosch, Spenden als verdeckte Gewinnausschüttungen, StBp 2000, 125; Gosch, Zur Behandlung von Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttungen, StBp 2000, 30; Neumann, Finanzierbarkeit von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbH-StB 2000, 49; Neumann, Gewinnausschüttung vor und nach dem Systemwechsel, EStB Sonderheft 2000, 3; Neumayer, Steuerklauseln, Hinweise zur Form und steuerlichen Anwendung, EStB 2000, 144; Schiffers, Die vGA im Halbeinkünfteverfahren, GmbH-StB 2000, 242; Weber-Grellet, Rückzahlung einer verdeckten Gewinnausschüttung als nachträgliche Anschaffungskosten; keine negativen Einnahmen, FR 2000, 1340; Gosch, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Gehaltsverzicht und „stehen gelassener“ Gewinntantieme, BFH-PR 2001, 258; Gosch, Verdeckte Gewinnausschüttung auf dem Gebiet der Konzernverrechnungspreise, StBp 2001, 361; Hey, Bedeutung der Besteuerungsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung nach der Unternehmenssteuerreform, GmbHR 2001, 1; Neumann, Besonderheiten der vGA bei beherrschenden Gesellschaftern, GmbH-StB 2001, 51; Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung – Lizenzgebühr für Nutzung des Konzernnamens, FR 2001, 248; Schlagheck, Verdeckte Gewinnausschüttungen und die ertragsteuerliche Organschaft, StuB 2001, 164; Wassermeyer; Verdeckte Gewinnausschüttung: Veranlassung, Fremdvergleich und Beweisrisikoverteilung; DB 2001, 2465; Wassermeyer; Einkünftekorrekturnormen im Steuersystem, IStR 2001, 633; Brass, Mehrfachanstellung von Gesellschafter-Geschäftsführern bei verbundenen Unternehmen – Einzel- oder Gesamtbetrachtung – Auswirkungen auf Nur-Pension und NurTantieme, BB 2002, 1724; Frotscher, „Zweistufige Gewinnermittlung“ und Korrektur der verdeckten Gewinnausschüttung (Replik auf Wassermeyer), FR 2003, 230; Frotscher, Korrektur der verdeckten Gewinnausschüttung außerhalb der Steuerbilanz, FR 2002, 859; Gosch, Zur Gewerbesteuerumlage im Organkreis als verdeckte Gewinnausschüttung, StBp 2002, 149; Gosch, Erfordernis und Dauer der Probezeit bei Erteilung einer Pensionszusage, BFH-PR 2002, 424; Gosch, Objektive Feststellungslast und Sachverhaltsfeststellung bei Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung, BFH-PR 2002, 351; Haßelberg, Steuerliche Überlegungen zur Pensionszusage des Gesellschafter-Geschäftsführers bei Veräußerung der GmbH, DStR 2002, 1803; Neumann, Korrektur einer vGA außerhalb der Bilanz, GmbH-StB 2002, 204; Punken/Vollert, Zur verdeckten Gewinnausschüttung bei VVaG, VW 2002, 27; Wassermeyer, Neues zur Definition der verdeckten Gewinnausschüttung, DB 2002, 2668; Wassermeyer, Korrektur verdeckter Gewinnausschüttungen außerhalb der Steuerbilanz, GmbHR 2002, 617; Wassermeyer, Verdeckte Gewinnausschüttung – BFH vs. FinVerw., GmbHR 2002, 1; Aigner, Die verdeckte Gewinnausschüttung im DBA-Recht, IStR 2003, 154; Berg/ Schmich, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei Gewerbesteuerumlagen nach der Belastungsmethode in „Alt“-Fällen?, FR 2003, 11; Binnewies, Verdeckte Gewinnausschüttungen im (Steuer)Recht der Aktiengesellschaft, DStR 2003, 2105; Gosch, Honorarzahlungen an Alleingesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen, StBp 2003, 364; Gosch, Angemessenheit der Gesellschafter-Geschäftsführervergütungen bei Bestellung mehrerer Geschäftsführer, StBp 2003, 223; Herlinghaus, Das Verhältnis des § 22 KStG zur verdeckten Gewinnausschüttung, DStZ 2003, 865; Hoffmann, Schadensersatzansprüche gegen Gesellschafter-Geschäftsführer als vGA?, GmbH-StB 2003, 238; Jahndorf, Überpreisverkauf von Beteiligungen und Kaufpreisverzicht zwischen Schwestergesellschaften, DB 2003, 1759; Neu, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Erwerb einer überschuldeten GmbH, EFG 2003, 1652; Neumann, Betriebsprüfungsprobleme bei der GmbH im neuen Recht, Harzburger Steuerprotokoll 2003, 205; Neumann, Das Altersvermögensund Versorgungsänderungsgesetz, GmbH-StB 2003, 13; Wassermeyer, Zur Bewertung von Nutzungsentnahmen und Leistungsentnahmen, DB 2003, 2616; Wassermeyer; Korrektur der verdeckten Gewinnaus-
Neumann
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Ermittlung des Einkommens
schüttung, FR 2003, 234; Gosch, Wertpapiergeschäfte einer GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung, BFH-PR 2004, 443; Gosch, Tatbestandsmerkmale einer Übermaßrente, BFH-PR 2004, 442; Gosch, Kostenübernahme für Geburtstagsfeiern als verdeckte Gewinnausschüttung, StBp 2004, 309; Gosch, Zur Zusage einer dienstzeitunabhängigen Invaliditätsversorgung als vGA, StBp 2004, 179; Gosch, Verdeckte Gewinnausschüttung durch Überlassung eines schweizer Ferienhauses an den Gesellschafter, StBp 2004, 84; Gosch, Schriftform zur steuerlichen Anerkennung einer Pensionszusage, StBp 2004, 83; Briese, Verständnis und grundlegende Rechtsfragen der verdeckten Gewinnausschüttung, GmbHR 2005, 597; Briese, Unterstellte Privatnutzung eines Betriebs-Pkw durch den Gesellschafter-Geschäftsführer: Lohn oder verdeckte Gewinnausschüttung? GmbHR 2005, 1271; Gosch, In welchen Fällen wird durch Nichtteilnahme an einer Kapitalerhöhung eine verdeckte Gewinnausschüttung begründet? (Entscheidungsbesprechung), BFH-PR 2005, 214; Gosch, Zur Annahme einer vGA bei Nichtteilnahme an einer Kapitalerhöhung, StBp 2005, 151; Gosch, Voraussetzungen für das Vorliegen einer sog. Übermaßrente sowie zur Versorgungsanwartschaft aufgrund Barlohnumwandlung als vGA, StBp 2005, 92; Gosch, § 27 Abs. 3 S. 2 KStG aF setzt einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus, BFH-PR 2005, 20; Wassermeyer, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei der Verschmelzung einer Mutterkapitalgesellschaft auf ihre Tochterkapitalgesellschaft mit Schuldenüberhang, DK 2005, 424; Wassermeyer, Nochmals: Rückgängigmachung verdeckter Gewinnausschüttungen, GmbHR 2005, 149; Briese, Fragwürdige Korrespondenz bei verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen durch den Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 2007, BB 2006, 2110; Hoffmann, Aufhebung des Nichtanwendungserlasses zur Finanzierbarkeit von Pensionszusagen, GmbH-StB 2006, 21; Klöpping/Ball, Die ertragsteuerliche Behandlung von IPO-Kosten, BB 2006, 466; Rödder/Wochinger, Down-Stream-Merger mit Schuldenüberhang und Rückkauf eigener Anteile, DStR 2006, 684; Rüd, Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) als Steuersparmodell? – Bemerkenswerte Konsequenz der aktuellen Doktrin, FR 2006, 461; Thiel, Kann die Korrektur der verdeckten Gewinnausschüttung einer Organgesellschaft zu einem Verlust der Muttergesellschaft führen?, DB 2006, 633; Wassermeyer, Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf Auskehrungen von Stiftungen, DStR 2006, 1733; Wassermeyer, Teilwertabschreibung auf eine zinslose Darlehensforderung des Gesellschafters gegen seine Gesellschaft; Anm. zu BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, DB 2006, 296; Wassermeyer, Das System der zweistufigen Gewinnermittlung in der Rechtsprechung des BFH, FS für Raupach, 2006, 565; Becker/Kretzschmann, Die verdeckte Gewinnausschüttung beim Dauerverlustbetrieb der öffentlichen Hand, DStR 2007, 1421; Beuthien, Sind Vorzugskonditionen für Genossenschaftsmitglieder eine verdeckte Gewinnausschüttung?, DStR 2007, 1847; Dörfler/Heurung/Adrian, Korrespondenzprinzip bei verdeckter Gewinnausschüttung und verdeckter Einlage, DStR 2007, 514; Erhart/Lücke, Vorstandsbezüge als verdeckte Gewinnausschüttung? BB 2007, 183; Fleischer, Zweifelsfragen der verdeckten Gewinnausschüttung im Aktienrecht, WM 2007, 909; Freikamp, Verdeckte Gewinnausschüttung iZm. einer verbilligten Übertragung eines Mitunternehmeranteils, DB 2007, 2220; Geiermann, Zufluss von Arbeitslohn durch Ablösung einer Pensionszusage, StJ 2007 Nr. 13, 9; Gosch, Abzugsverbot bei Aufwendungen einer GmbH für eine Segeljacht und Oldtimer-Flugzeuge, BFH-PR 2007, 257; Grützner, Rückstellung für drohende Kapitalersatzansprüche einer Schwestergesellschaft zugleich verdeckte Gewinnausschüttung? (Entscheidungsbesprechung), StuB 2007, 582; Günkel, Zuwendungen an den Gesellschafter im Spannungsverhältnis zwischen verdeckter Gewinnausschüttung und Sponsoring, JbFStR 2005/2006, 693; Hoffmann, Gesellschafterforderungen und verdeckte Gewinnausschüttung, GmbH-StB 2007, 293; Husken/Siegmund, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei der Teilnahme von Gesellschafter-Geschäftsführern an Lebensarbeitszeitmodellen?, StuB 2007, 696; Intemann, JStG 2007: Die korrespondierende Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen, GStB 2007, 341; Janssen, Angemessenheit der Gesamtvergütung von Gesellschafter-Geschäftsführern, DStZ 2007, 483; Janssen, Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Ltd., Ltd. & Co. KG und der Ltd. & Still, GStB 2007, 178; Kohlhepp, Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung, DB 2007, 2446; Kohlhepp, Das Korrespondenzprinzip der verdeckten Gewinnausschüttung, DStR 2007, 1502; Kort, Zur Bemessung der Vorstandsvergütung, EWiR 2007, 481; Lehr, Ende des vGA-Dilemmas, GmbH-Stpr. 2007, 129; Neu, Überversorgung und verdeckte Gewinnausschüttung bei Pensionszusage, EFG 2007, 1813; Neu, „Erdienbarkeit“ von Pensionszusagen, EFG 2007, 1632; Neu, Schriftformerfordernis nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG bei Übernahme der Pensionszusage im Falle eines Unternehmenswechsels des Geschäftsführers, EFG 2007, 1426; Neu, Rückgewähr einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Grund Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, EFG 2007, 927; Neumann, Neuregelung für vGA und verdeckte Einlagen, GmbH-StB 2007, 112; Neumann, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei einer GmbH & Co. KG, GmbH-StB 2007, 17; Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung durch Geldentnahme eines GmbH-Geschäftsführers, der Angehöriger eines Gesellschafters ist, ist möglich, FR 2007, 1160; Pezzer, Aufwendungen einer GmbH für eine Segeljacht und Oldtimer-Flugzeuge, FR 2007, 890; Pohl/Raupach, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen nach dem JStG 2007, FR 2007, 210; Prost/Rethmeier, Schuldbefreiende Übernahme von Zusagen auf betriebliche Altersversorgung bei Einstellung der Betriebstätigkeit mit nachfolgender Liquidation – Grundlagen und praktische Erfahrungen, DB 2007, 1945; Rainer, Einstufung der Zahlung von Darlehenszinsen als verdeckte Gewinnausschüttung, IStR 2007, 440; Rehm/Nagler, Zur Frage der Bewertung von Darlehenszinsen als verdeckte Gewinnausschüttung bei Gewährung an eine in einem Drittstaat ansässige Gesellschaft als Darlehensgeberin und Anteilseignerin, GmbHR 2007, 776; Schlagheck, Bilanzierung verdeckter Gewinnausschüttungen, BBK 13/2007 Fach 13, 5027; Schuhmann, Umsatztantieme: Muss sie immer verdeckte Gewinnausschüttung sein?, GmbHR 2007, 977; Tetzlaff/Schallock, Neuregelung des Besteuerungsverfahrens bei verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, StuB 2007, 51; Walter/Stümper, Verzinsung von Verlustausgleichsansprüchen aus Ergebnisabführungsverträgen, GStB 2007, 262; Westerfelhaus, Die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. verdeckten Entnahme an Gesellschafter, DB 2007, 876; wfr, Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen durch eine dem Gesellschafter nahestehende Person, DB 2007, 1956; Wilhelmy, Lösung für das Problem der verdeckten Gewinnausschüttung, FR 2007, 470; Zimmers, Betriebsfest, GmbH-Stpr. 2007, 193; Altendorf,
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Konsequenzen von Zufluss- und Zuflussfiktionen bei Pensionszusagen, GmbH-StB 2008, 334; Binz, Verdeckte Gewinnausschüttungen – gestern und morgen, DStR 2008, 1820; Brandis, Aktuelle Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung, Ubg 2008, 365; Bohne, Teilwertabschreibung auf eine unverzinsliche Darlehensforderung gegen den Gesellschafter im Kontext der vGA-Grundsätze, DStR 2008, 2444; Briese, Aktuelles zur steuerlichen Behandlung von Pensionszusagen, StuB 2008, 857; Crezelius, Verdeckte Gewinnausschüttungen zwischen Zivilrecht, Ertragsteuerrecht und Schenkungsteuerrecht, ZEV 2008, 268; Dörfler/ Adrian, Anwendungsfragen und Wirkungen des Korrespondenzprinzips bei verdeckter Gewinnausschüttung und verdeckter Einlage, Ubg 2008, 373; Fischer, Keine Verletzung von grundrechtsgleichen Rechten durch Verurteilung eines beherrschenden GmbH-Gesellschafters wegen Hinterziehung von Ertragsteuern unter Zugrundelegung einer verdeckten Gewinnausschüttung iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, jurisPR-SteuerR 43/2008 Anm. 1; Gosch, vGA bei irrtümlicher Annahme einer Leistungspflicht, BFH-PR 2008, 434; Haas, Liebhaberei im Körperschaftsteuerrecht: Der angemessene Gewinnaufschlag bei der Bemessung der vGA, DStR 2008, 1997; Harle, Verdeckte Gewinnausschüttung: Korrektur innerhalb oder außerhalb der Bilanz?, GmbHR 2008, 1257; Heger, Eigenkapitalersatzrechtliche Erstattungsverpflichtungen gegenüber Schwestergesellschaft als vGA, jurisPR-SteuerR 48/2008 Anm. 6; Heger, Verdeckte Gewinnausschüttung bei irrtümlicher Annahme einer Leistungspflicht durch Geschäftsführer einer GmbH, jurisPR-SteuerR 38/2008 Anm. 5; Heuermann, Verdeckte Gewinnausschüttung bei vertragswidriger privater Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer, StBp 2008, 178; Heuermann, Eigenkapitalersatzrechtliche Erstattungsverpflichtungen gegenüber Schwestergesellschaft als vGA, StBp 2008, 328; Heuermann, Verdeckte Gewinnausschüttung bei irrtümlicher Annahme einer Leistungspflicht, StBp 2008, 267; Hoffmann, Zur Frage der Voraussetzungen einer Bilanzberichtigung oder Bilanzänderung durch nachträgliche Bildung von Rückstellungen, GmbHR 2008, 772; Hoffmann, Zur Frage der steuerlichen Behandlung von schenkweisen Abtretungen von Darlehensteilforderungen eines beherrschenden GmbH-Gesellschafters an seine minderjährigen Kinder, GmbHR 2008, 328; Hoffmann, Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als aktiver Rentner, GmbH-StB 2008, 313; Janssen, Erhöhung von Pensionszusagen, NWB 18/2008 Fach 4, 5287; Janssen, Vierecksfälle bei der formellen und materiellen Korrespondenz bei vGA und verdeckten Einlagen, GStB 2008, 413; Janssen, Dreiecksfälle bei der formellen und materiellen Korrespondenz bei vGA und verdeckten Einlagen, GStB 2008, 295; Janssen, Berater- oder Subunternehmervertrag des Gesellschafters mit seiner GmbH zulässig, GStB 2008, 180; Kamps, Zur Frage des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung im Falle einer irrtümlichen Zahlung an den vormaligen Gesellschafter, GmbHR 2008, 943; Kempf/ Schmidt, Unsystematik in der Systematik der (verdeckten) Gewinnausschüttungen?, DStZ 2008, 410; Kohlhepp, Überblick über die Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung im Zeitraum 2007/2008, DB 2008, 1523; Kolbe, Pensionszusage – Keine Gewinnkorrektur bei nicht aufgedeckter verdeckter Gewinnausschüttung, StuB 2008, 258; Kollruss, Abgeltungsteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen trotz Nichtbesteuerung der verdeckten Gewinnausschüttung auf Gesellschaftsebene, BB 2008, 2437; Kuhfus, Verdeckte Gewinnausschüttung durch auch das Entgelt für die Anteilsveräußerung an den verbleibenden Geschäftsführer beinhaltende Abfindungszahlung an den ausscheidenden Gesellschafter-Geschäftsführer, EFG 2008, 722; Nestler, Ermittlung von Lizenzentgelten, BB 2008, 2002; Neu, Angemessenheit der Geschäftsführervergütung bei mehrfacher Geschäftsführung, EFG 2008, 1662; Neu, Umsatzbeteiligungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung, EFG 2008, 323; Neu, Verdeckte Gewinnausschüttung und Stiftungsleistungen, EFG 2008, 636; Neu, Verdeckte Gewinnausschüttung: Ernstlichkeit einer Zinsvereinbarung, EFG 2008, 157; Ortmann-Babel, Verdeckte Gewinnausschüttung – Einbeziehung von Jahresfehlbeträgen in die Bemessungsgrundlage der Gewinntantieme eines Gesellschafter-Geschäftsführers, BB 2008, 877; Pezzer, Die „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ als Maßstab im Steuerrecht, FR 2008, 1025; Schnitger/Rometzki, Die Anwendung des Korrespondenzprinzips auf verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nach dem JStG 2007, BB 2008, 1648; Schuhmann, Die nahestehende Person – Bindeglied zur verdeckten Gewinnausschüttung?, GmbHR 2008, 1029; Staats, Verdeckte Gewinnausschüttung an nahestehende Person und Schenkungsteuer, BB 2008, 1550; Steinhauff, Unterschlagung eines GmbH-Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung, NWB 4/2008 Fach 4, 5233; Wilk, Bilanzberichtigung und verdeckte Gewinnausschüttung, EFG 2008, 639; Wilk, Sperrwirkung des Art. 9 OECD-MA gegenüber § 8 Abs. 3 KStG, EFG 2008, 164; Bareis, Korrektur verdeckter Gewinnausschüttungen außerhalb der Bilanz?, GmbHR 2009, 813; Bareis, „Belastungswirkungen“ verdeckter Gewinnausschüttungen, DStR 2009, 600; Breier, Schenkungsteuer bei verdeckter Einlage und verdeckter Gewinnausschüttung, Ubg 2009, 417; Briese, Wechselwirkungen von Betriebsrentenrecht und Steuerrecht bei Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, DB 2009, 2346; Briese, Rechtssystematische Aspekte der verdeckten Gewinnausschüttung, FR 2009, 991; Briese, Zu den Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei unterlassener Wertberichtigung einer nicht vollwertigen Darlehensforderung gegen eine dem Gesellschafter nahestehende Personengesellschaft, GmbHR 2009, 326; Binnewies, Steuerrechtliche Behandlung von Gewinnausschüttungen, GmbH-StB 2009, 255; Fuhrmann/Demuth, Verdeckte Gewinnausschüttungen: Neue Rechtsentwicklungen und Beratungsstrategien, KÖSDI 2009, 16613; Gosch, Verdeckte Gewinnausschüttung iZm. Pensionszusagen an beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, BFH-PR 2009, 429; Gosch, Erdienenszeitraum von zehn Jahren für Versorgungszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, BFH-PR 2009, 427; Harle, Die eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung und vGA, GmbHR 2009, 1093; Harle, Nochmals: Korrektur verdeckter Gewinnausschüttungen außerhalb der Bilanz?, GmbHR 2009, 816; Hauck, Zur Reichweite des internationalen Korrespondenzprinzips, FS für Schaumburg, Steuerzentrierte Rechtsberatung, 2009, 741; Hoffmann, Das Risiko der Up-Stream-Finanzierung, GmbH-StB 2009, 266; Hoffmann, Die „Verdoppelung“ des ordentlichen Geschäftsführers auf dem Rückzug, GmbH-StB 2009, 265; Hohage, Erwerb eigener Anteile, Einziehung, Aufstockung und vGA bei der GmbH, DB 2009, 1033; Horst, Materielle Korrespondenz, NWB 2009, 3022; Kempf, Korrespondenzprinzip bei internationalen verdeckten Gewinnausschüttungen und ver-
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Ermittlung des Einkommens
deckten Einlagen, StbJb 2008/2009, 147; Kohlhaas, Keine Änderung des Körperschaftsteuerbescheids trotz verdeckter Gewinnausschüttung, GmbHR 2009, 182; Kohlhepp, Rechtssystematische Aspekte der verdeckten Gewinnausschüttung: Replik zu Briese, FR 2009, 991, FR 2009, 996; Kohlhepp, Überblick über die Rechtsprechung zur vGA im Zeitraum 2008/2009 unter Einbeziehung wichtiger Entscheidungen der FG im Berichtszeitraum, DB 2009, 1487; Kohlhepp, Gewinnaufschlag bei vGA – Untersuchung der Rechtsprechung und Entwicklung eines Lösungsvorschlags, DStR 2009, 357; Kratzsch, Private Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, StB 2009, 20; Kroppen, Fremdvergleichsgrundsatz bei Konzernfinanzierungsgesellschaften, JbFStR 2008/2009, 783; Kuhfus, Steuerrechtliche Einordnung der Abfindung einer Pensionszusage, EFG 2009, 1782; F. Lang, Die Zurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen, Ubg 2009, 468; Looks/Steinert/Müller, Der Fremdvergleichsgrundsatz – Zur Frage der Maßgeblichkeit des § 1 Abs. 3 AStG für andere Berichtigungsvorschriften, BB 2009, 2348; Melan/Karrenbrock, Die Durchführung des Gewinnabführungsvertrags als Ernstlichkeits- und Veranlassungsprüfung und die Folgen für die Gestaltungspraxis, FR 2009, 757; Mertes, Tantieme-Gestaltung, GmbH-Stpr. 2009, 108; Müller-Potthoff/ Lippke/Müller, Angemessenheit von Tantiemen für Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbHR 2009, 867; Neu, Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bei nicht beherrschendem Gesellschafter im Fall der nicht vertragsgemäßen Durchführung von Verträgen, EFG 2009, 435; Neufang, Ablösung bzw. Übertragung der Pensionszusage, StB 2009, 117; Neumann, Neue insolvenzrechtliche Anforderungen an den Rangrücktritt, GmbH-StB 2009, 192; Ossola-Haring, Die vGA im Gesellschaftsrecht, GmbH-Stpr. 2009, 338; Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung an eine dem Gesellschafter nahestehende Kapitalgesellschaft, FR 2009, 587; Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung bei irrtümlicher Annahme einer Leistungspflicht, Anm. zu BFH v. 29.4.2008 – VIII R 75/05, FR 2009, 32; Podewils, Risiken verdeckter Gewinnausschüttungen bei Darlehensgewährung und „Cash Management“ im Konzernverbund, GmbHR 2009, 803; Pradl/Uckermann, Gesellschafter-Geschäftsführer im Ruhestand: Pension und Gehalt gleichzeitig möglich, GStB 2009, 431; Rüd, Verdeckt ausschütten (vGA), ohne auszuschütten?, FR 2009, 703; Schmitz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Irrtum, GmbHR 2009, 910; Schwedhelm, Die Gestaltung der GmbH-Satzung unter steuerlichen Gesichtspunkten, SAM 2009, 212; Siegel, Die aufgedeckte verdeckte „Gewinn“-Ausschüttung als Darlehensgewährung, DB 2009, 2116; Wellisch/Gahl, Zweifelsfragen bei der körperschaftsteuerlichen Anerkennung von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, BB 2009, 2340; Zimmers, DienstwagenPrivatgebrauch, GmbH-Stpr. 2009, 267; Bareis, Ordnungsmäßige Buchführung für vGA anstelle „außerbilanzieller Korrekturen“, DB 2010, 2637; Bareis, Irrungen und Wirrungen bei verdecktem Einkommen (vGA) – Ein Gegenentwurf zur herrschenden Lehre, FS für Krawitz, Besteuerung, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 2010, 3; Bergkemper, Abgrenzung zwischen Arbeitslohn und verdeckter Gewinnausschüttung bei privater Nutzung eines betrieblichen Pkw, FR 2010, 625; Brandis, Besteuerung verdeckter Gewinnausschüttungen bei verbundenen Unternehmen, FS für Joachim Lang, Gestaltung der Steuerrechtsordnung, 2010, 719; Brete, Hinzuschätzung als verdeckte Gewinnausschüttung bei der GmbH und beim Gesellschafter, GmbHR 2010, 911; Breuninger, Umwandlungen und Verschmelzungen in der Krise, JbFStR 2009/2010, 355; Fleischer/Hupka, Zur Regulierung der Vorstandsvergütung durch das Steuerrecht, DB 2010, 601; Fuhrmann, Steuerliche Fallstricke bei Pensionszusagen, StbJb 2009/2010, 291; Geserich, Vertragswidrige private Pkw-Nutzung des GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers, BFH v. 3.12.2009 – VI R 4/08, HFR 2010, 464; Geserich, Private Fahrzeugnutzung als Arbeitslohn oder verdeckte Gewinnausschüttung, NWB 2010, 1033; Große, Bilanzielle Behandlung von Genussrechten bei Kapitalgesellschaften in Handels- und Steuerbilanz, DStR 2010, 1397; Heger, Abfindung und Ablösung von (überversorgenden) Pensionsrückstellungen für Gesellschafter-Geschäftsführer anlässlich der Veräußerung der Kapitalgesellschaft, DB 2010, 1617; Helios/Philipp, Kapitalertragsteuerliche Praxisfragen im Kapitalgesellschaftskonzern, Ubg 2010, 563; Hennigfeld, Vorzeitige Auszahlung einer Pension als verdeckte Gewinnausschüttung?, EFG 2010, 1723; Horst, Verdeckte Gewinnausschüttungen und Abgeltungsteuer, NWB 2010, 982; von Ilberg/Tschesche, Rechtliche und steuerliche Betrachtung des Rückkaufs von Schulden (Debt-Buy-Back), BB 2010, 259; Janssen, Internationale verdeckte Gewinnausschüttung, NWB 2010, 3058; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttung und Spendenabzug, DStZ 2010, 170; Klose, Ordnungsgeldfestsetzung gem. § 335 HGB und verdeckte Gewinnausschüttung, StBW 2010, 189; Kohlhepp, Überblick über die Rechtsprechung zur vGA im Zeitraum 2009/2010, DB 2010, 1480; Kohlhaas, Das Korrespondenzprinzip des § 32a KStG, GmbHR 2010, 748; Kuhfus, Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Anschaffung bzw. bei dem Unterhalt eines Wirtschaftsguts im Gesellschafterinteresse bzw. bei dessen Nutzung durch den Gesellschafter, EFG 2010, 1406; Kuhfus, Kein zwangsläufiger Wegfall des Pensionsanspruchs bei vorübergehendem Gehaltsverzicht, EFG 2010, 891; Martini/Valta, Verdeckte Gewinnausschüttungen durch den Erwerb aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter, DStR 2010, 2329; Neu, Finanzierbarkeit einer Pensionszusage, EFG 2010, 808; Oelke/Wöhlert/ Degen, Debt Mezzanine Swap – Königsweg für die Restrukturierungsfinanzierung?, BB 2010, 299; Pyszka, Abzugsfähigkeit von Aufwendungen der Muttergesellschaft für den Unternehmenskauf durch eine nachgeordnete Konzerngesellschaft, DStR 2010, 1468; Rüd, DBA und Rechtsanwendungsmethodik – verdeckte Gewinnausschüttung und treaty overriding, IStR 2010, 725; Schönwald, Gesellschaftliche Vermögensmehrungen und -minderungen, StBp 2010, 307; Schwedhelm, Verdeckte Gewinnausschüttungen, GmbH-StB 2010, 236; Siegel, Eine „halbe Fiktionstheorie“ als Wurzel der Fehlbehandlung verdeckter Gewinnausschüttungen, BB 2010, 3122; Tolksdorf, Schenkungsteuer bei disquotalen Einlagen und Gewinnausschüttungen, DStR 2010, 423; Wassermeyer, Der Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen innerhalb oder außerhalb der Steuerbilanz, DB 2010, 1959; Weitemeyer, Spenden als verdeckte Gewinnausschüttungen?, FS für Reuter, 2010, 1201; Werner, Kompensation einer vGA durch Bilanzberichtigung?, StBW 2010, 504; Winter, Verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten nahestehender Personen, GmbHR 2010, 1073; Zimmers, GmbHChefgehälter 2010, GmbH-Stpr. 2010, 33; Becker, Die private Nutzung im Betriebsvermögen befindlicher Kraftfahrzeuge, StBp 2011, 218; Binnewies, Spaßfaktor im Steuerrecht – Das Prinzip der Freude als steuerrelevantes Moment?, FS für Streck, 2011, 31; Breier/Sejdija, Ertragsteuerliche Zurechnung von verdeckten
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Neumann
§8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Gewinnausschüttungen, GmbHR 2011, 290; Crezelius, Disquotale Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen – Bemerkungen zu einem Gesetzentwurf, ZEV 2011, 393; Gebel/Merz, Die Unterhaltung von Wirtschaftsgütern im privaten Interesse des Gesellschafters, DStZ 2011, 145; Gehm, Patente und Erfindungen im Steuerrecht – ein Überblick, Mitteilungen deutscher Patentanwälte 2011, 410; Hennigfeld, Aufwendungen für Firmenjubiläum/runden Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers als vGA, EFG 2011, 2013; Janssen, Pensionszusagen: Rechtsfolgen bei Verletzung der Probezeit, NWB 2011, 826; Janssen, Neue Wege zur Beseitigung einer Pensionszusage eines Gesellschafter-Geschäftsführers, NWB 2011, 562; Janssen, Angemessenheit des Gehalts mit Hilfe von Gehaltsstrukturuntersuchungen beweisen, GStB 2011, 363; Janssen, „VGA-Fallen“ beim Geschäftsführergehalt: Die Tantieme darf nicht unangemessen hoch sein, GStB 2011, 105; Kohlhepp, Überblick über die Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung im Zeitraum 2010/2011, DB 2011, 1598; Kohlhepp, Handelsbilanzielle Vorwirkung bei vGA durch Erwerb von Aktiva zum Überpreis?, DStR 2011, 702; Kuhfus, Berücksichtigung einer vGA bei der Körperschaftsteuer und Einkommensteuer, EFG 2011, 627; Martini, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Versagen des Fremdvergleichs – Kriterienbildung am Beispiel, FR 2011, 562; Martini/Valta, Duplik auf Kohlhepp, Handelsbilanzielle Vorwirkung bei vGA durch Erwerb von Aktiva zum Überpreis?, DStR 2011, 702, DStR 2011, 705; Mertens, Angemessene Gesamtvergütung bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern, GmbH-Stpr. 2011, 293; Kuhfus, Zur Fremdüblichkeit von Vergütungen für drei Gesellschafter-Geschäftsführer einer mittelgroßen Familien-GmbH, EFG 2011, 1544; Otto, Zu den zu früh erteilten Direktzusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, DStR 2011, 106; Pust, Anmerkungen zur neueren Rechtsprechung des BFH zur „verbotswidrigen“ Privatnutzung, FS für Spindler, 2011, 721; Rath/Zimmers, Neue Orientierungswerte für den Gehaltsvergleich 2011, GmbH-Stpr. 2011, 1; Schaden/Wild, Die Kosten des grenzüberschreitenden Unternehmenserwerbs als verdeckte Gewinnausschüttung, Ubg 2011, 337; Schnorberger/Billau, Wer ist fremd beim Fremdvergleich?, DK 2011, 511; Schreiber/Syre, Gewinnminderungen iZm. „Up-stream“-Darlehen, DStR 2011, 1254; Teschke/Sundheimer, Steuerwirksamkeit von Teilwertabschreibungen auf Darlehen, DStR 2011, 2021; Wassermeyer, Liebhaberei und Spendenabzug bei der Einkommensermittlung im Körperschaftsteuerrecht, DB 2011, 1828; Wassermeyer, Die Besteuerung des Gewinnanteils des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA, FS für Streck, 2011, 259; Wellisch/Quiring/Siebert, Wertgleiche Umstellung von Pensionszusagen zur Befreiung von Finanzierungsrisiken, BB 2011, 2859; Böhmer, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei Überschusseinkünfte erzielenden Körperschaften, DStR 2012, 1995; Geist, Verdeckte Gewinnausschüttungen an mittelbar Beteiligte, BB 2012, 2339; Günther, Zufluss von vGA, EStB 2012, 91; Haas, Überführung der Pensionszusage in eine Unterstützungskasse, DStR 2012, 987; Hahn, Internationales Steuerrecht: Verdeckte Gewinnausschüttung wegen Nichteinhaltung formaler Anforderungen, jurisPRSteuerR 14/2012 Anm. 2; Hennigfeld, Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung keine vGA, EFG 2012, 1145; Kohlhepp, Überblick über die Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung im Zeitraum 2011/2012, DB 2012, 2360; Kuhfus, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei Aktiengesellschaften, EFG 2012, 875; van Lishaut/Ebber/Schmitz, Die schenkung- und ertragsteuerliche Behandlung disquotaler Einlagen und disquotaler Gewinnausschüttungen Ubg 2012, 1; Rath/Zimmers, GeschäftsführerGehälter 2012, GmbH-Stpr. 2012, 1; Reich, Die grenzüberschreitende verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten einer nahestehenden Person als schenkungsteuerliches Gestaltungsinstrument, ZEV 2012, 582; Sabel/Knebel/Schmidt, Sicherheitengestellung im Konzern, IStR 2012, 42; Schothöfer, Pensionsverzicht: Beschränkung von verdeckter Einlage und Zufluss auf den Rückstellungsbetrag, DStR 2012, 548; Schwetlik, vGA-Problematik bei LBO-Transaktionen, StBp 2012, 80; Stollenwerk/Willems, Börsenspekulationen einer GmbH, GmbH-StB 2012, 81; Tiede, Langfristige unentgeltliche Darlehen an Gesellschafter, StuB 2012, 506; Altenburg, Der Rückkauf eigener Wandelanleihen, ein steuerneutraler Aufwand? DStR 2013, 5; Altendorf, Nur-Pensionszusagen und Probezeit bei Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbH-StB 2013, 80; Bareis, Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Darlehensforderung gegen eine Tochtergesellschaft, FR 2013, 170; Birnbaum, Eine VGA ist keine Schenkung – Anmerkung zu BFH v. 30.1.2013 – II R 6/12, BB 2013, 1371; Breuninger, Sicherheitengestellung im Konzern – können Sicherheiten negative steuerliche Konsequenzen auslösen? JbFStR 2012/2013, 258; Crezelius, Zum Verhältnis der ertragsteuerrechtlichen verdeckten Gewinnausschüttung zum schenkungsteuerrechtlichen Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – Anm. zu BFH v. 30.1.2013 – II R 6/12, FR 2013, 557 m. Anm. Keß = GmbHR 2013, 486 = DB 2013, 1032, ZEV 2013, 286; Eschborn/Immenkötter/Frohn, Angemessenheit des Verrechnungspreises als entscheidendes Indiz des Fremdvergleichs (nicht nur) in DBA-Fällen – Zugleich Anm. zu BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, DB 2013, 266, DB 2013, 524; Gosch, Verdeckte Gewinnausschüttung: Sperrwirkung von Art. 6 Abs. 1 DBA Niederlande 1959 (Art. 9 Abs. 1 OECD-MA) gegenüber Sonderbedingungen bei beherrschenden Gesellschaftern, BFH-PR 2013, 88; Herzig/Joisten, Körperschaftsteuerliche Behandlung des Rückkaufs von Wandelanleihen, DB 2013, 954; Hoffmann, VGA im Dreiecksverhältnis, GmbH-StB 2013, 30; Janssen, „Steuerfalle“ verdeckte Gewinnausschüttungen und Schenkung in Konzernfällen, GStB 2013, 23; Krudewig, Firmenwagen beim GmbH-Gesellschafter: Arbeitslohn, Miete oder verdeckte Gewinnausschüttung, BB 2013, 220; Kuhfus, Verdeckte Gewinnausschüttung trotz Zuständigkeit des Beirats der GmbH für die Festlegung der Geschäftsführer-Bezüge, EFG 2013, 520; Kuhfus, Steuerliche Anerkennung einer nicht vom Ausscheiden des Geschäftsführers aus den Diensten der Gesellschaft abhängigen Pensionszusage – Voraussetzungen für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bei paralleler Zahlung von Aktivgehalt und Pension, EFG 2013, 72; Kircher/Moll, BFH bestätigt Sperrwirkung des abkommensrechtlichen Fremdvergleichsmaßstabs gegenüber nationalen Sonderbedingungen, DStR 2013, 1111; van Lishaut, Schenkungsteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen, FR 2013, 891; Loose, Schenkung mittels verdeckter Gewinnausschüttung? DB 2013, 1080; Madauß, Verdeckte Gewinnausschüttung und Steuerhinterziehung, NZWiSt 2013, 207; Pradl, Die Abfindung von Pensionszusagen: Schuldbefreiung mittels Kapitalisierung, GStB 2013, 168; Rätke, Unverzinsliche Darlehen zwischen GmbH und Gesellschafter, BBK 2013, 586; Siebert/Wellisch, Finanzierung von Pensionszusagen mittels Entgeltumwandlung: körperschaftsteuerliche
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§8
Ermittlung des Einkommens
Angemessenheitsprüfung bei Gesellschafter-Geschäftsführern, BB 2013, 427; Wälzholz, Vertragsklauseln für vGA in der Gestaltungspraxis, GmbH-StB 2013, 120; Bareis, Kapitalabfindung für Pensionszusage als verdeckte Gewinnausschüttung?, FR 2014, 493; Behrens, Zinslose Darlehen zwischen Tochterkapitalgesellschaften – Verbrauch des Nutzungsvorteils als nicht abziehbare Betriebsausgabe, BB 2014, 1887; Bierenstiel, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei Familienaktiengesellschaften und „kleinen“ Aktiengesellschaften, StBp 2014, 168; Biesgen, Steuerliche Folgen der Übernahme von Strafverteidigungskosten durch Unternehmen, SAM 2014, 158; Binnewies/Wollweber, Private Feriendomizile in der Steuerfalle? – Zu den ertragsteuerlichen Fallstricken selbst genutzter Auslandsimmobilien, DStR 2014, 628; Birnbaum/Escher, Inkongruente Gewinnverteilung bei Kapital- und Personengesellschaften, DStR 2014, 1413; Briese, Verdeckte Gewinnausschüttungen: Zweifelsfragen bei der Gewinnermittlung von Kapitalgesellschaften, DB 2014, 2610; Briese, Verdeckte Gewinnausschüttung: 20 Jahre außerbilanzielle BFH-Dogmatik versus Steuerbilanzrecht, BB 2014, 1943; Briese, Verdeckte Gewinnausschüttung bei Pensionsabfindungen: Zur BFH-Kreation einer gleichzeitigen verdeckten Einlage, BB 2014, 1567; Briese, Außerbetriebliche Vermögenssphäre bei Kapitalgesellschaften, FR 2014, 1001; Broemel/Endert, Buchungsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung, BBK 2014, 115; Bruschke, Umsatztantiemen als verdeckte Gewinnausschüttung, DStZ 2014, 856; Dannecker, Verdeckte Gewinnausschüttungen im deutschen Steuer-, Gesellschafts- und Bilanzrecht, SWK 2014, 961; Golombek, Verdeckte Gewinnausschüttung bei unentgeltlicher Überlassung einer spanischen Ferienimmobilie – wirklich nur bis 2012 relevant?, BB 2014, 855; Gosch, (Mindest-)Pensionsalter bei Versorgungszusage an beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, BFH-PR 2014, 198; Gosch, VGA durch Rentenzahlung gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach Eintritt des Versorgungsfalls trotz Fortführung des Dienstverhältnisses, BFH-PR 2014, 196; Gosch, VGA durch Kapitalabfindung der Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, BFH-PR 2014, 192; Haussmann, Verdeckte Gewinnausschüttungen im Dreiecksverhältnis und wirtschaftliche Betrachtungsweise, StuW 2014, 305; Heger, „Vordienstzeiten als verdeckte Gewinnausschüttung“, BB 2014, 241; Heidl/Miller, Erdienbarkeit einer Pensionszusage bei vorzeitigem Ausscheiden eines Gesellschafter-Geschäftsführers, NWB 2014, 1428; Hoffmann, Abwicklung der Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer, StuB 2014, 313; Huth, Arbeits- und steuerrechtliche Aspekte zur Abfindung von Pensionszusagen, BetrAV 2014, 110; Jakob/Zorn, „Nichtausscheiden“ als Damoklesschwert für nicht ausfinanzierte Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer?, DStR 2014, 77; Kamps/Gomes, Nacherhebung und Erstattung von Kapitalertragsteuer bei verdeckter Gewinnausschüttung in DBA-Fällen, AG 2014, 620; Kohlhepp, Überblick über die Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung im Zeitraum 2013/2014, DB 2014, 2910; Kuhfus, Verdeckte Gewinnausschüttung durch nicht kostendeckende Wohnraumüberlassung, EFG 2014, 1142; Kümpel, Leistungsbeziehungen zwischen verbundenen gemeinnützigen Körperschaften, FR 2014, 51; Löber/Lozano, Über Sinn und Unsinn der spanischen Immobilien-S.L., IWB 2014, 528; Otto, Aktuelle Urteile des BFH zu Direktzusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbHR 2014, 617; Pezzer, Kapitalabfindung der Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, FR 2014, 518; Scharpf/Tissen, Klarheit zur steuerrechtlichen Behandlung des Erwerbs eigener Anteile durch neues BMF-Schreiben, AG 2014, 197; Schmidtmann, Steuerplanung bei Kapitalgesellschaften mittels inkongruenter Gewinnausschüttungen nach dem BMF-Schreiben vom 17.12.2013, Ubg 2014, 502; Schmidtmann, Vorteilsgewährung beim Erwerb und der Veräußerung eigener Anteile, Ubg 2014, 326; Schulz, Rückgängigmachung der verdeckten Gewinnausschüttung bei späterer Rückgewähr, DStR 2014, 2165; Skalecki, Zufluss von Tantiemen beim Gesellschafter-Geschäftsführer, NWB 2014, 3548; Weber-Grellet, Die verdeckte Gewinnausschüttung als Instrument der Fehlerkorrektur, BB 2014, 2263; Demuth/Müller, Verdeckte Gewinnausschüttung ist keine Schenkung, BeSt 2015, 5. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218; BMF v. 16.5.1994 – IV B 7 - S 2742 - 14/94, BStBl. I 1994, 868; BMF v. 21.12.1995 – IV B 7 - S 2742 - 68/95, BStBl. I 1996, 50; BMF v. 9.2.1998 – IV B 7 - S 2744 - 2/98, BStBl. I 1998, 209; BMF v. 1.11.2000 – A 6 - S 2134 - 9/00, BStBl. I 2000, 1510; BMF v. 7.12.2000 – IV A 2 - S 2810 - 4/00, BStBl. I 2001, 47; BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, BStBl. I 2002, 219; BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603; BMF v. 12.9.2002 – IV A 2 - S 2742 58/02, juris; BMF v. 27.9.2002, IV A 2 - S 2744 - 5/02, BStBl. I 2002, 940; BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 62/02, BStBl. I 2002, 972; BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393; BMF v. 13.5.2003 – IV A 2 - S 2742 - 27/03, BStBl. I 2003, 300; BMF v. 20.5.2003 – IV A 2 - S 2742 - 26/03, BStBl. I 2003, 333; BMF v. 4.6.2003 – IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, 366; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, GmbHR 2004, 143; BMF v. 26.2.2004 – IV B 4 - S 1300 - 12/04, BStBl. I 2004, 270; OFD Düsseldorf v. 17.6.2004 – S 2742 - 88 - St 131-K, DStR 2004, 1386; BMF v. 28.1.2005 – IV B 7 - S 2742 - 9/05, BStBl. I 2005, 387; BMF v. 6.9.2005 – IV B 7 S 2742 - 69/05, BStBl. I 2005, 875; BMF v. 2.4.2007 – IV B 2 - S 2144/0 – DOK 2007/0139659, BStBl. I 2007, 441; BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/100001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718; FinMin NRW v. 17.12.2009 – S 2743 - 10 - V B 4, juris; BMF v. 6.7.2010 – IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl. I 2010, 614; OFD Karlsruhe v. 17.9.2010 – S 274.2/107 - St 221, juris; FinMin Schl.-Holst. v. 1.11.2010 – VI 3011 - S 2742 – 121, juris; OFD Frankfurt v. 4.11.2010 – S 2742 A - 10 - St 510, juris; BMF v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2012, 331; BMF v. 3.4.2012 – IV C 2 - S 2742/08/10001, BStBl. I 2012, 478; BMF v. 14.12.2012 – IV C 2 - S 2742/10/10001, BStBl. I 2013, 58; BMF v. 24.7.2013 – IV C 3 - S 2015/11/10002, IV C 5 - S 2333/09/10005, BStBl. I 2013, 1022; BMF v. 6.1.2014 – IV C 2 - S 2701/10/10002, BStBl. I 2014, 111; FinMin Schl.-Holst. v. 3.9.2014 – VI 3011 - S 2741 - 104, juris.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 129–133 § 8
I. Grundaussagen des Absatzes 3 Sätze 1 und 2 Alt. 1 1. Überblick § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Kernvorschrift der Einkommensermittlung. Sie dient der Bereinigung des nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermittelten Einkommens um Vorgänge, die dem Bereich der Einkommensverwendung zuzurechnen sind. Zunächst bestimmt Satz 1, dass es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung ist, ob das Einkommen verteilt wird. Dh., dass Vorgänge der Einkommensverteilung keine einkommensmindernde Auswirkung haben dürfen. Dies verbietet das zwischen KapGes. und Gesellschafter bestehende Trennungsprinzip, wonach eine Körperschaft und deren Gesellschafter als eigenständige Steuersubjekte mit ihrem jeweiligen Einkommen besteuert werden.1 Das Einkommen der KapGes. wird dementsprechend zunächst mit KSt und GewSt belastet. Der Anteilseigner versteuert unmittelbar keinen Gewinn aus der Tätigkeit der KapGes. Ein Durchgriff ist nicht zulässig.2
129
Wird das durch die KapGes. erwirtschaftete Einkommen allerdings verteilt, dann wird es auf der Gesellschafterebene nachgelagert als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterworfen, sobald der Gesellschafter darüber verfügen kann. Dies gilt gleichermaßen für offene wie auch für verdeckte Gewinnausschüttungen. Während oGA das Einkommen ohnehin nicht mindern, weil sie bereits den steuerbilanziellen Jahresüberschuss nicht beeinflusst haben, werden vGA idR in eine schuldrechtliche Vereinbarung gekleidet und dadurch verdeckt. Die Einkommensverteilung darf das Einkommen aber auch dann nicht mindern, wenn sie verdeckt erfolgt und eben nicht auf einem ordnungsmäßigen Gewinnverteilungsbeschluss beruht.
130
Folge des Trennungsprinzips ist auch, dass Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und der KapGes. sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich grundsätzlich anerkannt werden. Durch die Vereinbarung von Leistungsentgelten besteht – anders als zB im Bereich der Personengesellschaften (Transparenzprinzip) – die Möglichkeit, Gewinne zu verlagern. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zielt nun in erster Linie darauf ab, schuldrechtliche Vereinbarungen auf ihren Veranlassungsgehalt hin zu untersuchen. Sind die dem Gesellschafter zugutekommenden Aufwendungen der Körperschaft in erster Linie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und nur nachrangig durch den Betrieb der Körperschaft, dann sind sie als Einkommensverwendung zu behandeln. Das um diese Beträge geminderte Einkommen der Körperschaft ist folglich zu korrigieren. Die Korrektur erfolgt außerhalb der Bilanz auf der sog. zweiten Gewinnermittlungsstufe. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hat nur Auswirkung auf die Körperschaft, also auf deren Einkommensermittlungsebene.
131
Die Besteuerungsebene des Gesellschafters ist nicht Regelungsgegenstand des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Der Körperschaftsteuerbescheid ist hinsichtlich der Annahme einer vGA kein Grundlagenbescheid für den ESt-Bescheid des Gesellschafters. Dies gilt auch nach Einführung des sog. Korrespondenzprinzips.3 Wird eine auf einer schuldrechtlichen Vereinbarung beruhende Zahlung an den Gesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung erkannt, so hat der Gesellschafter zwar den ihm zufließenden Ausschüttungsbetrag als Kapitalertrag gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (sonstiger Bezug) zu versteuern. Die diesbezügliche Prüfung erfolgt jedoch auf der Gesellschafterebene. Es besteht keine zwingende betragsmäßige Übereinstimmung zwischen der Einkommenskorrektur bei der GmbH – also § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG – und der Höhe des Vorteils, der dem Gesellschafter zufließt.4 Ein Beispiel hierfür ist die gesellschaftsrechtlich veranlasste Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH.
132
2. Bedeutung und Telos Ziel des Abs. 3 Satz 2 ist es, das Einkommen der Körperschaft iSd. Abs. 1 zutreffend zu ermitteln. Der nach § 4 Abs. 1 Satz. 1 EStG ermittelte Gewinn (Unterschiedsbetrag) muss um Vorgänge bereinigt werden, die durch die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft veranlasst sind und deshalb dem Bereich der Einkommensverteilung zugeordnet werden müssen (s. Rz. 129 ff.). Da Entnahmen iSd. § 4 Abs. 1 Satz 2
1 Vgl. dazu Hey in Tipke/Lang21, § 11 Rz. 1. 2 BFH v. 27.3.2007 – VIII R 64/05, BStBl. II 2007, 639 = FR 2007, 1073 = GmbHR 2007, 888. 3 BFH v. 18.9.2012 – VIII R 9/09, GmbHR 2013, 107 = BFH/NV 2013, 278; ebenso Lang in D/P/M, § 32a KStG Rz. 8 ff.; aA Briese, BB 2006, 2110. 4 BFH v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307.
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133
§ 8 Rz. 133–137
Ermittlung des Einkommens
EStG bei einer KapGes. nicht denkbar sind (s. Rz. 134), stellen solche Vorgänge stets vGA dar. 134
Da eine KapGes. nicht über eine außerbetriebliche Sphäre verfügt,1 sind alle Aufwendungen der KapGes. – auch wenn sie im Interesse des Gesellschafters getätigt werden – zunächst in der Handels- und Steuerbilanz als Betriebsausgaben abziehbar. Sie mindern den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Soweit allerdings eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung dieser Aufwendungen besteht, überlagert dieser Veranlassungszusammenhang die betriebliche Verursachung mit der Folge, dass die entsprechenden Aufwendungen außerhalb der Steuerbilanz (auf der sog. 2. Gewinnermittlungsstufe) als vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG wieder hinzuzurechnen sind.2 Bei § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG handelt es sich also um eine Gewinnkorrekturvorschrift, die aber außerhalb der Steuerbilanz ansetzt und durch eine Hinzurechnung zum Steuerbilanzgewinn erst die Einkommensermittlungsebene betrifft.3
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Gegenstand der Betrachtung im Hinblick auf eventuelle vGA sind in erster Linie schuldrechtliche Beziehungen zwischen einer Körperschaft und ihren Gesellschaftern oder (bei der sog. Einmann-GmbH) ihrem Gesellschafter. Die Beziehungen sind danach abzugrenzen, ob sie betrieblichen oder gesellschaftsrechtlichen Charakter haben. Liegen ausschließlich betrieblich veranlasste schuldrechtliche Beziehungen vor, werden diese Beziehungen wie unter Fremden dem Besteuerungsverfahren ohne Einschränkung zugrunde gelegt. Der für diese Abgrenzungen erforderliche innere Veranlassungszusammenhang kann nur anhand äußerer Merkmale festgestellt werden. Instrumentarium hierfür ist der sog. Fremdvergleich als Kriterium des Veranlassungsprinzips, welches die dogmatische Grundlage der vGA darstellt.4 Mangels außerbetrieblicher Sphäre (s. Rz. 134) ist klar, dass eine Sphärenabgrenzung zwischen KapGes. und Anteilseigner immer zwingend den Bereich der vGA berührt und nicht etwa nur zu nicht abziehbaren Ausgaben oder gar Entnahmen führen kann. Deshalb sind alle Aufwendungen einer KapGes. zunächst Betriebsausgaben, weil die Gesellschaft eben nur eine betriebliche Sphäre hat. Soweit daneben eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung besteht, überlagert dieser Veranlassungszusammenhang die betriebliche Veranlassung mit der Folge, dass die entsprechenden Aufwendungen auf der zweiten Gewinnermittlungsebene (Korrekturebene außerhalb der Steuerbilanz) gem. § 8 Abs. 3 KStG hinzuzurechnen sind. Die Prüfung der vGA vollzieht sich also erst auf der sog. zweiten Gewinnermittlungsstufe. Die zweite Gewinnermittlungsstufe ist eine reine Korrekturebene, auf der das Bilanzrecht keine Anwendung mehr findet.5
136
Dies bedeutet auf der anderen Seite, dass eine vGA ausgeschlossen ist, wenn sich die Gewinnerhöhung bereits auf der ersten Gewinnermittlungsstufe (innerhalb der Steuerbilanz) vollzieht. Wenn sich der bilanzielle Jahresüberschuss erhöht, weil zB ein Anspruch gegen den Gesellschafter zu aktivieren ist, so schließt diese Aktivierung die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG grundsätzlich aus. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Anspruch gegen den Gesellschafter nur der Rückgängigmachung einer bereits vollzogenen vGA dient. In diesem Fall ist bereits das dem Rückgewähranspruch zugrunde liegende Rechtsgeschäft eine vGA. Die Erfüllung des Rückgewähranspruchs ist als verdeckte Einlage anzusehen. Der Verzicht auf den Rückgewähranspruch löst keine erneute vGA aus.6
137
§ 8 Abs. 3 KStG ist die Rechtsgrundlage für eine (steuerliche) Entgeltskorrektur. Das vereinbarte Entgelt zwischen Gesellschaft und Gesellschafter wird also durch das fremdübliche Entgelt ersetzt. Die Entgeltskorrektur bezieht sich immer auf den einzelnen Geschäftsvorfall7 und wird außerhalb der Steuerbilanz durchgeführt, denn in der Handels- und Steuerbilanz muss grundsätzlich das tatsächlich vereinbarte Entgelt ausgewiesen werden, wenn der zivilrechtliche Anspruch sich darauf beschränkt. Da die Korrektur bei dem einzelnen Geschäftsvorfall anknüpft, erfolgt sie unterjährig, also nicht erst zu dem nachfolgenden Bilanzstichtag, auch wenn die Hinzurechnung faktisch erst im Zuge der Einkommensermittlung, also der Erstellung der Steuererklärung vorgenommen wird. 1 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, FR 1997, 311 = GmbHR 1997, 317; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth = GmbHR 2007, 1275; so zB auch Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Liebhaberei“; aA Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 59. 2 Vgl. Wassermeyer, GmbHR 2002, 1. 3 BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, FR 1994, 833 = GmbHR 1994, 894. 4 Vgl. Wassermeyer, StbJb 1998/99, 161; Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 41. 5 Wassermeyer, IStR 2001, 633. 6 BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 362; v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815. 7 S. Gosch2, § 8 KStG Rz. 398.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 138–140 § 8
Für den Bereich der ESt hat der Große Senat des BFH es mit Beschluss vom 21.9.20091 – in Abkehr von der vormaligen ständigen Rspr. – abgelehnt, § 12 Nr. 1 S. 2 EStG als striktes Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen anzusehen.2 Es sei vielmehr eine sachgerechte Aufteilung der Kosten erforderlich. Gänzlich nicht abziehbar bleiben aber Aufwendungen, die sich ihrer Art nach nicht trennen ließen und solche Aufwendungen, die man zwar zeitanteilig aufteilen könne, die aber bereits durch den Grundfreibetrag abgegolten seien. Diese einkommensteuerliche Sichtweise tangiert grundsätzlich auch den Bereich der KSt.3 In Bezug auf Repräsentationsaufwendungen, Feierlichkeiten, Bewirtungen uÄ bleibt es danach zwar auch für die KSt bei einem einheitlichen Abzugsverbot, wenn die betriebliche und die private Veranlassung so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist, es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung fehlt. Für aufteilbare und abgrenzbare Aufwendungen (objektiver Aufteilungsmaßstab) ist infolge der oa. Entscheidung des Großen Senats aber auch für die KSt eine Aufteilung vorzunehmen.4 Grund hierfür ist die vom I. Senat des BFH in der Entscheidung vom 6.4.20055 geforderte Rechtsformneutralität. Bei nur untergeordneter privater Mitveranlassung liegen insgesamt abziehbare Betriebsausgaben vor,6 bei untergeordneter betrieblicher Veranlassung sind insgesamt vGA anzunehmen. Bei gemischt veranlassten Aufwendungen (zB Reisen oder Betriebsfeiern) ist auch für Zwecke der vGA eine Aufteilung nach den Grundsätzen den BMF-Schreibens vom 6.7.20107 vorzunehmen.
138
Die steuerliche Erfassung von vGA dient der zutreffenden Erfassung des Einkommens der ausschüttenden KapGes. Eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit setzt bei der KapGes. voraus, dass alle unversteuert auf den Gesellschafter übertragenen Gewinne in der Einkommensermittlung der Gesellschaft nacherfasst werden müssen. Hierunter fallen alle Gewinne, die aus einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung heraus gemindert wurden oder nicht entstanden sind und zwar unabhängig davon, ob und inwieweit der Gesellschafter bereits in den Genuss dieser Gewinne gekommen ist. Die vGA ist also ein Korrekturinstrument, das dazu dient, zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung auf der Ebene der KapGes. zu unterscheiden.
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Eine Definition der vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 enthält das Gesetz nicht. Im Laufe der Jahre wurde eine Definition allerdings durch die Rspr. entwickelt und zunehmend weiter konkretisiert. Der BFH8 hat in ständiger Rspr. folgende Tatbestandsmerkmale einer vGA herausgearbeitet:9
140
–
Bei der KapGes. liegt eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung vor.10
–
Der Vorgang ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.11
1 BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 = FR 2010, 225 m. Anm. Kempermann; für den Bereich der ESt hat das BMF mit Schr. v. 6.7.2010 – IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl. I 2010, 614, zur Anwendung des BFH-Beschl. Stellung genommen. 2 Der BFH ließ damit erstmals bei einer doppelt motivierten Reise eine Aufteilung der Kosten nach Zeitanteilen zu. Nimmt ein Stpfl. auf Weisung seines Arbeitgebers einen beruflichen Auswärtstermin wahr, so können die Kosten der Hin- und Rückreise nach der Entscheidung des BFH auch dann in vollem Umfang beruflich veranlasst sein, wenn der Stpfl. den beruflichen Pflichttermin mit einem Privataufenthalt verbindet. 3 So BFH v. 6.4.2005 – I R 86/04, BStBl. II 2005, 666 = FR 2005, 987 = GmbHR 2005, 1065; v. 9.3.2010 – VIII R 32/07, FR 2010, 1052 = BFH/NV 2010, 1330. 4 Zu Reiseaufwendungen s. bereits BFH v. 6.4.2005 – I R 86/04, BStBl. II 2005, 666 = FR 2005, 987 = GmbHR 2005, 1065 und v. 7.7.1976 – I R 180/74, BStBl. II 1976, 753, wo trotz „gemischter“ Veranlassung eine Aufteilung der Aufwendungen für vGA-Zwecke zugelassen wurde. 5 BFH v. 6.4.2005 – I R 86/04, BStBl. II 2005, 666 = GmbHR 2005, 1065 m. Anm. Hoffmann = FR 2005, 987. 6 ZB offizielles Firmenjubiläum, an dem auch dem Gesellschafter nahestehende Personen teilnehmen; so bereits ähnlich BFH v. 16.12.1981 – I R 140/81, BStBl. II 1982, 465 = FR 1982, 283. 7 BMF v. 6.7.2010 – IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl. I 2010, 614. 8 BFH v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307. 9 Zu den Voraussetzungen einer vGA iSd. 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 KStG s. Rz. 351 ff. 10 Dh., ohne die vGA wäre das Vermögen der GmbH höher, als es infolge der vGA tatsächlich ist. Eine Vermögensminderung ist anzunehmen, wenn das in der StB ausgewiesene Vermögen der KapGes. gemindert wurde. Von einer verhinderten Vermögensmehrung ist auszugehen, wenn die KapGes. es unterlassen hat, ihr steuerbilanzielles Vermögen zu erhöhen. 11 Hierzu bedarf es eines Fremdvergleichs am Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Dieser Fremdvergleich ist ein Instrument zur Erforschung des Veranlassungszusammenhangs.
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§ 8 Rz. 140–143
Ermittlung des Einkommens
–
Die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung muss sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG ausgewirkt haben.
–
Die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft muss (zumindest im Grundsatz) die Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (sog. Grundsatz der Vorteilsgeneigtheit).1 Der Zufluss beim Gesellschafter muss nicht zeitgleich mit der vGA stattfinden und auch nicht mit dieser betragsmäßig übereinstimmen. Es reicht aus, dass ein Zufluss grundsätzlich denkbar ist. So kann eine Zuführung zu einer Pensionsrückstellung als vGA zu behandeln sein, denn der Gesellschafter-Geschäftsführer wird voraussichtlich nach Erreichen der Altersgrenze ein Ruhegehalt beziehen.
–
Es darf kein Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung bestehen.
141 Von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ist auch dann auszugehen, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte. Dies ist auch dann der Fall, wenn der vertraglich vereinbarten Leistungsbeziehung die Ernsthaftigkeit fehlt. Davon ist zB auch dann auszugehen, wenn über Vergütungen an den beherrschenden Gesellschafter bzw. an eine diesem nahestehende Person nicht von vornherein – also vor Beginn des Wj., für das die Leistung erbracht wird – klare und eindeutige Vereinbarungen über Leistung und Entgelt getroffen werden (s. Rz. 267 ff.).2 Im Fall einer unmittelbaren Vorteilzuwendung an einen Gesellschafter ist die Beteiligungshöhe für die Annahme einer vGA allerdings nicht von Bedeutung.3 142
Typische Anwendungsfälle der vGA sind dementsprechend (1) unangemessen hohe Leistungen an den Gesellschafter, (2) fehlende oder nicht wertentsprechende Gegenleistungen des Gesellschafters, (3) fehlende klare und eindeutige Vereinbarungen über Leistung und Entgelt im Verhältnis zu einem beherrschenden Gesellschafter,4 (4) unzureichende Durchführung einer Vereinbarung zwischen einer KapGes. und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (sog. Durchführungsgebot) und (5) zivilrechtlich unwirksame Vereinbarung zwischen einer KapGes. und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer. 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Verhältnis zu § 38 Abs. 1 Satz 3 und § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG (Abfluss der vGA)
143 Bei § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG handelt es sich um eine Gewinnkorrekturvorschrift, die außerhalb der Steuerbilanz ansetzt und durch eine Hinzurechnung zum Steuerbilanzgewinn erst die Einkommensermittlung beeinflusst.5 Ansatzpunkt ist die Minderung des Unterschiedsbetrages iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Herstellung der Ausschüttungsbelastung war bereits im früheren Anrechnungsverfahren nicht automatisch Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Hierzu bedurfte es immer eines Abflusses der vGA. Nach Abschaffung der ausschüttungsabhängigen Körperschaftsteuerminderung (§ 37 KStG aF) und der ausschüttungsabhängigen Körperschaftsteuererhöhung (§ 38 KStG aF) hat der Abflusses der vGA ab 2007 nur noch in Ausnahmefällen unmittelbare steuerliche Auswirkungen auf die Höhe der KSt der KapGes.6 Wird aber durch die vGA das steuerliche Einlagekonto iSd. § 27 KStG verwendet, so ist für den Zeitpunkt der Minderung des Einlagekontos nach wie vor der Abfluss der vGA bei der Körperschaft maßgebend.7 Dies ist idR der Zahlungstag, der auch in der Steuerbescheinigung anzugeben ist.8 1 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 m. Anm. Rohde = BFH/NV 2003, 124. 2 Vgl. ua. BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121; v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307 mwN; v. 27.7.2009 – I B 45/09, BFH/NV 2009, 2005. 3 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = GmbHR 2009, 323 m. Anm. Briese = FR 2009, 583. 4 Vgl. ua. BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121; v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307 mwN. 5 BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, FR 1994, 833 = GmbHR 1994, 894. 6 Körperschaftsteuererhöhungen nach § 38 KStG erfolgen letztmals bei Leistungen, die vor dem 1.1.2007 bei der KapGes. abgeflossen sind. Die Regelung hat nur für bestimmte Unternehmen der Wohnungswirtschaft weiter Gültigkeit, wenn sie nach § 34 Abs. 14 KStG eine Weitergeltung des § 38 KStG beantragt haben. 7 BMF 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603, BFH v. 31.10.1990 – I R 47/88, GmbHR 1991, 333 = BStBl. II 1991, 255; v. 8.6.2011 – I R 69/10, GmbHR 2011, 1108 = BFH/NV 2011, 1921. 8 Vgl. Lornsen-Veit in Erle/Sauter3, § 27 KStG Rz. 83.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 144–147 § 8
Die zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung führende abgeflossene vGA wurde im Anrechnungsverfahren (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 1999) als sog. andere Ausschüttung bezeichnet.1 Die Definition der anderen Ausschüttung unterscheidet sich von der Definition der vGA dadurch, dass es nicht auf die Minderung des Unterschiedsbetrags, sondern auf den Mittelabfluss ankommt. Die Rspr.2 definierte eine andere Ausschüttung iSd. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG aF dementsprechend als eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, nicht iZm. einer Ausschüttung iSd. § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1977 steht und sich in Form des Mittelabflusses konkretisiert. Eine Einkommensminderung war im Gegensatz zur vGA nicht Wesensmerkmal der sog. anderen Ausschüttung iSd. § 27 Abs. 3 KStG aF. Sie setzte aber zusätzlich zu der Vermögensminderung einen Mittelabfluss voraus, der jedoch nicht zwingend gleichzeitig den Zufluss eines Beteiligungsertrags beim Gesellschafter (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) auslösen musste.3 Es kam folglich auch nicht darauf an, ob die abgeflossene, gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderung zuvor als vGA hinzugerechnet wurde.
144
Diese für Zwecke der Herstellung der Ausschüttungsbelastung geltenden Grundsätze gelten uE auch nach Abschaffung des Anrechnungsverfahrens weiterhin für Zwecke der § 38 Abs. 1 Satz 3 und § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG.4 Dies entspricht wohl auch der Ansicht der FinVerw.5 Die Grundsätze gelten gleichermaßen auch für Fälle der verhinderten Vermögensmehrung, denn auch hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Leistung iSd. §§ 27, 38 KStG.6 Der Vermögensabfluss tritt in diesem Fall in dem Zeitpunkt ein, in dem sich die verhinderte Vermögensmehrung bei einer unterstellten angemessenen Entgeltsvereinbarung nach allgemeinen Realisationsgrundsätzen gewinnerhöhend ausgewirkt hätte.7 Grundsätzlich besteht eine sachliche Verknüpfung zwischen § 8 Abs. 3 Satz 2 und § 38 Abs. 1 Satz 3 bzw. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG, weil die materiell-rechtliche Entscheidung über die „Verursachung durch das Gesellschaftsverhältnis“ in zwei Steuerbescheiden desselben Steuersubjekts korrespondieren muss.
145
Auch im heutigen Teileinkünfteverfahren ist es aber denkbar, dass die Einkommenshinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und die durch den Abfluss der vGA ausgelöste Körperschaftsteuererhöhung iSd. § 38 Abs. 1 KStG bzw. die ausschüttungsbedingte Minderung des Einlagekontos nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG in unterschiedlichen VZ und damit in unterschiedlichen Steuerbescheiden erfolgen, denn die Auswirkung auf das Einkommen der KapGes. und der Abfluss des Ausschüttungsbetrags an den Gesellschafter fallen in vielen Fallgestaltungen auseinander. Als Beispiel für ein zeitliches Auseinanderfallen wäre eine Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer zu nennen, die in der Anwartschaftsphase als vGA behandelt, also dem Einkommen hinzugerechnet wird, aber erst in späteren Jahren durch die Pensionszahlungen an den Gesellschafter bei der KapGes. abfließt. Verstirbt der Gesellschafter-Geschäftsführer vor Erreichen der Altersgrenze, so kommt es letztlich nie zum Abfluss der vGA.
146
Auch sind Sachverhalte denkbar, die jeweils nur eine Einkommenszurechnung oder nur 147 eine Herstellung der Ausschüttungsbelastung auslösen. Ein Abfluss (also eine „Leistung“) einer vGA (§ 27 Abs. 1 Satz 3 oder § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG) ist auch ohne entsprechende Einkommenskorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG möglich. Hier sind zB folgende Fallkonstellationen zu nennen: –
Zuwendung von Barmitteln an den Gesellschafter ohne Gewinnverteilungsbeschluss zulasten der offenen Rücklagen. Diese – handelsrechtlich unzulässige – Vermögensminderung wirkt sich erfolgsmäßig bei der KapGes. nicht aus, obwohl hier eine andere Ausschüttung abgeflossen ist.
1 BFH v. 11.10.1989 – I R 12/87, BStBl. II 1990, 89 = FR 1990, 196 = GmbHR 1990, 313. 2 BFH v. 11.10.1989 – I R 12/87, BStBl. II 1990, 89 = FR 1990, 196 = GmbHR 1990, 313. 3 BFH v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82 und v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460 = FR 1988, 198; Abschn. 77 Abs. 6 KStR 1995 und Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 134 mit umfangreicher Rspr.- und Literaturübersicht. 4 Hey, GmbHR 2001, 1. 5 BMF v. 4.6.2003 – IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, 366 Rz. 26 und 42. 6 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 38 KStG Rz. 17; Bauschatz in Gosch2, § 38 KStG Rz. 38; aA Lang, DB 2001, 2110. 7 S. BFH v. 23.6.1993 – I R 72/92, BStBl. II 1993, 801 = FR 1993, 720 unter Nr. 5 der Gründe.
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§ 8 Rz. 147–150
148
Ermittlung des Einkommens
–
Die GmbH erwirbt von ihrem Gesellschafter ein Wirtschaftsgut zu einem überhöhten Kaufpreis. Hier darf die GmbH von vornherein nur den angemessenen Kaufpreisanteil aktivieren, denn der darüber hinausgehende Betrag wird nicht zur Erlangung des Wirtschaftsguts aufgewendet, sondern unmittelbar im Interesse des Gesellschafters verausgabt.1 Eine Einkommenskorrektur erfolgt hier, wenn überhaupt, erst später, nämlich durch Hinzurechnung evtl. überhöhter AfA-Beträge. Bereits beim Erwerb des Wirtschaftsguts kommt es aber zum Abfluss und zum Zufluss einer vGA iHd. unangemessenen (überhöhten) Kaufpreisanteils.
–
Die GmbH erwirbt von ihrem Gesellschafter ein Wirtschaftsgut zu einem überhöhten Kaufpreis, der in Raten gezahlt wird. Das Wirtschaftsgut wird zunächst mit den überhöhten Anschaffungskosten aktiviert. Nach der Rspr.2 ist hier die Ausschüttungsbelastung erst herzustellen, wenn die Raten den angemessenen Teil des Kaufpreises überschreiten.
–
Ein weiterer – allerdings eher theoretischer – Fall ist der in der Literatur diskutierte sog. „Tigerfall“, bei dem eine GmbH (Zoohandlung) ihrem beherrschenden Gesellschafter zum Geburtstag einen jungen Tiger schenken will. Das Tier verendet auf dem Transport zum Gesellschafter. ME ist hier eine Einkommenszurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorzunehmen. Die GmbH hatte im Anrechnungsverfahren keine „Ausschüttungsbelastung“ herzustellen, da das Wirtschaftsgut ihren Machtbereich nicht verlassen hat.3 Die vGA ist also in diesem Fall nicht abgeflossen.
Die Besteuerung der vGA auf der Gesellschafterebene knüpft – ebenso wie die KapESt – nicht an den Abfluss bei der KapGes., sondern an den Zufluss beim Gesellschafter an. Abweichungen zwischen Abfluss und Zufluss sind – insbesondere zeitlich gesehen – denkbar.4 b) Verhältnis zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
149 Die Eignung der Unterschiedsbetragsminderung, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, ist nach der Rspr. des BFH5 eine Grundvoraussetzung für die Annahme einer vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Es besteht allerdings keine zwingende betragsmäßige Übereinstimmung zwischen der Einkommenskorrektur bei der GmbH – also § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG – und der Höhe des Vorteils, der dem Gesellschafter tatsächlich zufließt.6 So werden zB Versorgungszusagen bei der Angemessenheitsprüfung des Geschäftsführergehalts nicht mit der Zuführung zur Pensionsrückstellung, sondern mit der fiktiven Jahresnettoprämie in Ansatz gebracht. Insbesondere in dem Jahr, in dem die Pensionszusage erteilt wird, ist es denkbar, dass die Zuführung zur Rückstellung die fiktive Jahresnettoprämie deutlich übersteigt. Wenn die Geschäftsführervergütung (Gesamtausstattung) nun um den Vorteil aus der Pensionszusage überhöht ist, so wird die Höhe der vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (also die Hinzurechnung bei der Gesellschaft) nicht mit der fiktiven Jahresnettoprämie, sondern mit der (höheren) Zuführung zur Rückstellung in Ansatz gebracht.7 150
Eine betragsmäßige Übereinstimmung besteht allerdings zwischen der „Leistung“ gem. § 27 Abs. 1 KStG (also dem an den Gesellschafter abgeflossenen Vorteil, s. Rz. 143 ff.) und der diesem Gesellschafter zugeflossenen vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die geleistete (abgeflossene) vGA muss beim Gesellschafter auch in gleicher Höhe als Beteiligungsertrag ankommen können.8 Eine zeitliche Kongruenz mit der Folge, dass der Mittelabfluss bei der GmbH gleichzeitig den Zufluss des Beteiligungsertrags beim Gesellschafter (§ 20
1 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, GmbHR 2002, 606 = BStBl. I 2002, 603 Tz. 42; ebenso Wassermeyer, FR 1993, 793 und so auch Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 220 mwN. 2 BFH v. 20.1.1999 – I R 32/98, BStBl. II 1999, 369 = FR 1999, 655 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 630; FG München v. 13.12.1993 – 15 K 2874/90, EFG 1994, 998 (rkr.) und FG Nürnberg v. 20.1.1998 – I 365/95, GmbHR 1998, 652 (nachgehend BFH v. 20.1.1999 – I R 32/98, BStBl. II 1999, 369 = FR 1999, 655 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 630). 3 So zB Wassermeyer, DStR 1990, 158; aA Scholz, FR 1990, 350, der eine vGA iSd. § 8 Abs. 3 KStG verneint. 4 Lornsen-Veit in Erle/Sauter3, § 27 KStG Rz. 83; Antweiler in Ernst & Young, § 27 KStG Rz. 137; BFH v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82; v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460 = FR 1988, 198 = GmbHR 1988, 201. 5 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118. 6 BFH v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307. 7 Vgl. auch FG Bdb. v. 19.9.2001 – 2 K 1437/99 K, EFG 2001, 1568 = GmbHR 2002, 121 (rkr.). 8 BFH v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 150–153 § 8
Abs. 1 Nr. 1 EStG) auslösen muss, besteht allerdings auch hier nicht.1 Zeitliche Abweichungen sind zB bei beherrschenden Gesellschaftern denkbar. Beispiel: Der beherrschende Gesellschafter A erhält eine unangemessen hohe Tantieme für 2011. Vereinbarter Fälligkeitszeitpunkt ist der 1.9.2012. Die GmbH zahlt die Tantieme erst am 1.2.2013 aus. Lösung: Die überhöhte Tantieme stellt eine vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dar. Der (tatsächliche) Abfluss erfolgt im Jahr 2013. Die Ausschüttung wird mit dem festgestellten Einlagekonto (§ 27 KStG) zum 31.12.2012 verrechnet. Der Zufluss beim Gesellschafter ist bereits in 2012 erfolgt. Hat der Gesellschafter nämlich eine beherrschende Stellung, so gelten Beträge, welche die GmbH ihm schuldet, bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit als zugeflossen.2
Es existiert auch nach Einführung des sog. Korrespondenzprinzips keine Bindungswirkung im Sinne einer Grundlagenfunktion des KSt-Bescheides für den ESt-Bescheid des Anteilseigners. Über die Zuflussfrage und damit auch über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ist bei der Einkommensbesteuerung des Gesellschafters zu entscheiden.3 Auch nach Einführung des sog. Korrespondenzprinzips in §§ 32a KStG, 8b Abs. 1 Sätze 2 bis 4 KStG, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG, jeweils idF des JStG 2007,4 hat sich daran nichts geändert.5
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Allerdings besteht wegen des Grundsatzes der sachlichen Kongruenz der bei der GmbH abgeflossenen vGA und der Einnahmen aus Kapitalvermögen beim Gesellschafter gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG regelmäßig eine materielle Verknüpfung. Unter den Begriff „Gewinnausschüttung“ kann nur eine solche Vorteilszuwendungen der KapGes. an ihre Anteilseigner fallen, die die Eignung hat, Einnahmen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG zu sein.6 Ist der Gesellschafter eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft, an der wiederum natürliche Personen beteiligt sind, so unterliegt die vGA beim Empfänger gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG der Teileinkünftebesteuerung. Sie unterfallen allerdings bei natürlichen Personen, welche die Anteile an der ausschüttenden KapGes. im PV halten, grundsätzlich § 32d Abs. 1 EStG, also dem 25-prozentigen Abgeltungsteuersatz, wenn der Gesellschafter nicht nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG wirksam optiert hat. Ist der Gesellschafter eine Körperschaft, so findet auf die vGA § 8b KStG Anwendung. In diesem Fall entstehen allerdings beim Empfänger gem. § 8b Abs. 5 KStG fiktive nicht abziehbare Ausgaben iHv. 5 % der zugeflossenen vGA.
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c) Verhältnis zu § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG (Entnahmen) § 8 Abs. 1 KStG verweist bezüglich der Gewinnermittlung auf die Vorschriften des EStG. Folglich sind die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften über Einlagen und Entnahmen grundsätzlich auch im KStG anwendbar. Ob § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG bei Körperschaften Anwendung findet, hängt aber im konkreten Fall davon ab, ob eine Entnahme denklogisch möglich ist. Dies setzt voraus, dass die Körperschaft über eine außerbetriebliche Sphäre verfügt. Insbesondere Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG (zB Vereine, Stiftungen) verfügen neben ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben idR auch über ideelle Satzungszwecke und damit über eine außerbetriebliche Sphäre.7 Die im Schrifttum entgegenstehende Auffassung8 würdigt nicht hinreichend, dass eine „außerbetriebliche Sphäre“ letztlich nicht etwa „Privatsphäre“ bedeutet, sondern nur, dass neben gewerblichen Einkünften auch andere Einkunftsarten und im ideellen Bereich auch „einkunftslose“ Betätigungsfelder existieren können. Wenn ein Wirtschaftsgut des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs für ideelle Zwecke genutzt oder in den ideellen Bereich verbracht wird, so liegt eine
1 BFH v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82 und v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460 = FR 1988, 198; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 2010, 134 mwN. 2 Vgl. BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, FR 1984, 401 = BStBl. II 1984, 480, v. 8.5.2007 – VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249; v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597. 3 Vgl. BFH v. 27.10.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569; und v. 21.7.1995 – I B 214/94, GmbHR 1996, 224 = BFH/NV 1996, 103. 4 JStG 2007 v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878 = BStBl. I 2007, 28. 5 BFH v. 18.9.2012 – VIII R 9/09, GmbHR 2013, 107 = BFH/NV 2013, 278; v. 20.3.2009 – VIII B 170/08, BFH/NV 2009, 1029 = GmbHR 2009, 611. 6 BFH v. 12.9.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460. 7 BFH v. 12.10.2011 – I R 102/10, FR 2012, 469 = BFH/NV 2012, 517. 8 Frotscher in Frotscher/Maas, Anhang zu § 8 KStG Rz. 24; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 275; Crezelius, ZRG 1987, 1.
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153
§ 8 Rz. 153–155
Ermittlung des Einkommens
Entnahme iSd. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG vor.1 Liegt die Nutzung im ideellen Bereich allerdings im vorrangigen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesse der Mitglieder (Begünstigung von Mitgliedern im Zuge einer ideellen Veranstaltung, bei der wiederum Wirtschaftsgüter des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Verwendung gelangen), so findet unmittelbar § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG Anwendung (s. ABC der vGA „Vereine und Stiftungen“ in Rz. 1201 f.). UE ist die Entnahmebesteuerung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG der Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht vorgelagert. Ist die Körperschaft dagegen eine KapGes. und verfügt sie infolgedessen nicht über eine außerbetriebliche Sphäre, so tritt die Regelung über die vGA an die Stelle der Entnahmeregelung in § 4 Abs. 1 EStG. Die Bestimmungen über die Einlage bleiben aber aufrechterhalten.2 Die außerbetriebliche Verwendung von Barmitteln, Wirtschaftsgütern, Nutzungen oder Leistungen kann bei KapGes. nur über § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG korrigiert werden.3 d) Verhältnis zu § 4 Abs. 4 EStG (Betriebsausgaben) 154 § 4 Abs. 4 EStG ist gem. R 32 Abs. 1 Nr. 1 KStR über die Generalklausel des § 8 Abs. 1 KStG auch im Geltungsbereich des KStG anzuwenden, und zwar sowohl für KapGes. (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) als auch für sonstige Körperschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 KStG). Die Regelung bestimmt, dass Betriebsausgaben Aufwendungen sind, die durch den Betrieb veranlasst sein müssen. Bereits auf dieser Stufe ist also von einer betrieblichen Veranlassung die Rede. Folglich muss bereits innerhalb der Steuerbilanz eine kausale Abgrenzung vorgenommen werden. Es ist zu prüfen, ob die Aufwendungen in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen.4 Wird dies im Einzelfall bejaht, so bestimmt § 4 Abs. 4 EStG, dass die Ausgaben in der Steuerbilanz der Körperschaft abgezogen werden können. Dies bedeutet aber nicht, dass die Annahme einer vGA bei nach § 4 Abs. 4 EStG abziehbaren Betriebsausgaben bereits ausgeschlossen ist. Während die frühere BFH-Rspr. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als lex specialis zu § 4 Abs. 4 EStG ansah und bei gesellschaftsrechtlich veranlassten Ausgaben eine die Vorschriften über den Betriebsausgabenabzug (§ 4 Abs. 4 bis 6 EStG) verdrängende Wirkung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG annahm,5 entwickelte der BFH die Rspr. mit den Jahren fort.6 Heute geht der BFH von einer parallelen Anwendung beider Vorschriften aus, mit der Folge, dass zunächst ein Betriebsausgabenabzug innerhalb der Steuerbilanz nach § 4 Abs. 4 EStG erfolgt und sodann auf der sog. zweiten Stufe der Gewinnermittlung eine Korrektur des Einkommens nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorgenommen wird.7 Diese Sichtweise ist entscheidend geprägt durch die (im Interesse eines Gleichlaufs mit der Gewerbesteuer) zutreffende Annahme, dass eine KapGes. infolge der ausdrücklichen Anweisung in § 8 Abs. 2 KStG nicht über eine außerbetriebliche Sphäre verfügt.8 Demzufolge sind alle Ausgaben der KapGes. zunächst Betriebsausgaben. Da in diesen Fällen aber der Maßgeblichkeitsgrundsatz zu beachten ist und das Handelsrecht eine veranlassungsbezogene Bilanzierung nicht kennt, kommt eine Korrektur gesellschaftsrechtlich veranlasster Aufwendungen innerhalb der Steuerbilanz nicht in Betracht. 155
Die in § 4 Abs. 4 EStG angeordnete Veranlassungsprüfung innerhalb der Steuerbilanz kommt also auf der ersten Stufe immer zu dem Ergebnis, dass die Ausgaben durch den Betrieb veranlasst sind. Eine innerbilanzielle Korrektur läuft ins Leere. Erst auf der nächsten Stufe (der sog. zweiten Gewinnermittlungsstufe) wird dann geprüft, ob zusätzlich eine (die betriebliche Veranlassung überlagernde) gesellschaftsrechtliche Veranlassung anzunehmen ist und demzufolge eine Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu erfolgen hat.9 Nach dieser Rspr. werden Aktiv- und Passivposten auch dann in der Bilanz der KapGes. ausgewiesen, 1 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 (354) = GmbHR 1988, 159 = FR 1988, 160; Lang/Seer, FR 1994, 521. 2 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 (354) = GmbHR 1988, 159 = FR 1988, 160. 3 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 (354) = GmbHR 1988, 159 = FR 1988, 160. 4 Bode in Kirchhof13, § 4 EStG Rz. 161. 5 BFH v. 24.9.1980 – I R 88/77, BStBl. II 1981, 108 = FR 1981, 49 = GmbHR 1981, 23. 6 Mit Urt. v. 13.7.1994 – I R 43/94, BFH/NV 1995, 548, ließ der BFH das Konkurrenzverhältnis zwischen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 4 Abs. 4 EStG offen. 7 BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366 = FR 1994, 833 = GmbHR 1994, 894. 8 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = GmbHR 2007, 1275 m. Anm. Schröder = FR 2007, 1160; und v. 15.2.2012 – I B 97/11, GmbHR 2012, 528 m. Anm. Knoke = FR 2012, 531 = DStR 2012, 554. 9 BFH v. 12.10.1995 – I R 27/95, BStBl. II 2002, 367 = FR 1996, 104 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 221; v. 8.11.2000 – I R 70/99, FR 2001, 631 = GmbHR 2001, 396; v. 24.1.2001 – I R 14/00, BFH/NV 2001, 1147; und v. 7.11.2001 – I R 79/00, FR 2002, 207 = GmbHR 2002, 118 = DB 2002, 123. Die FinVerw. hat sich dieser Sichtweise mit BMF-Schr. v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, GmbHR 2002, 606, angeschlossen.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 155–158 § 8
wenn ihnen eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung zukommt. Dies gilt zB für gesellschaftsrechtlich veranlasste Tantieme- oder Pensionsverpflichtungen wie auch für Gegenstände, die ausschließlich der Freizeitgestaltung der Gesellschafter dienen. Erst wenn (und soweit) sich Auswirkungen auf den Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ergeben (zB durch Zuführungen zur Rückstellung, Abschreibungen auf das privaten Zwecken dienende Wirtschaftsgut oder sonstige Aufwandsbuchungen), kommt die Annahme einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Betracht. e) Verhältnis zu § 4 Abs. 5 EStG (nicht abziehbare Betriebsausgaben) Die Regelungen zu den nicht abziehbaren Betriebsausgaben in § 4 Abs. 5 EStG sind in erster 156 Linie auf natürliche Personen zugeschnitten und beschränken den Abzug von Aufwendungen, die potenziell geeignet sind, die private Lebensführung des Stpfl. zu berühren. Zwar gilt § 4 Abs. 5 KStG gem. § 8 Abs. 1 KStG auch für Körperschaften. Gemäß R 32 Abs. 1 KStR gilt dies aber nur für § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4 (Geschenke, Bewirtungskosten, Aufwendungen für Gästehäuser, Jagd, Fischerei, Segeljachten, Motorjachten), 7 bis 10 (unangemessen hohe Aufwendungen, die die Lebensführung berühren, Geldbußen, Ordnungsgelder, Verwarnungsgelder, Hinterziehungszinsen, Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteilseigner in Organschaftsfällen, Bestechungs- und Schmiergelder) und Satz 2. Auf Körperschaften nicht anwendbar sind somit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 (Mehraufwendungen für Verpflegung), Nr. 6 (Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte) und Nr. 6a (Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer). Nicht in den KStR erwähnt, aber auf Körperschaften übertragbar sind § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 11 (Tonnagesteuer) und Nr. 12 (Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO). Es ist in Einzelfällen denkbar, dass die in § 4 Abs. 5 EStG genannten Aufwendungen bei 157 der Körperschaft nicht abziehbare Betriebsausgaben sind und – im Falle gesellschaftsrechtlicher Veranlassung – zugleich vGA darstellen. So sind Repräsentationsaufwendungen im Interesse der GmbH grundsätzlich abzugsfähige Betriebsausgaben der GmbH. Sie können als Bewirtungsaufwendungen nicht abziehbare Aufwendungen iSd. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG sein, die teilweise vom Abzug ausgeschlossen werden. Aufwendungen zur Feier persönlicher Anlässe des Gesellschafter-Geschäftsführers sind dagegen regelmäßig vGA und können gleichzeitig (teilweise) nicht abziehbare Ausgaben sein.1 Aufwendungen für eine Segeljacht sind in voller Höhe nicht abziehbare Ausgaben iSd. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG und idR ebenfalls in voller Höhe vGA. Allerdings ist bei Annahme einer vGA zusätzlich zur Hinzurechnung der Ausgaben ein Gewinnzuschlag erforderlich, wodurch sich die vGA und nicht abziehbare Ausgaben der Höhe nach unterscheiden. Die Frage, nach welcher Vorschrift in diesen Fällen zu korrigieren ist, hat der BFH mit Urteil vom 4.12.19962 wie folgt entschieden: „Es besteht weder ein Vorrang des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 KStG gegenüber § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG noch umgekehrt ein solcher des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gegenüber § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG. Deshalb sind nicht beide Vorschriften kumulativ anzuwenden. Vielmehr überlagern sie sich in dem Sinne, dass sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrigt, wenn sie bereits nach der anderen Vorschrift vollzogen wurde. Solange die Rechtsfolgen der Vorschriften nicht voneinander abweichen, kann der Rechtsanwender wählen, welche von ihnen er vorrangig prüft.“
Er entschied aber ebenso, dass auch dann, wenn die Gewinnkorrektur nach § 4 Abs. 5 EStG erfolge, eine andere Ausschüttung (Vermögensabfluss der vGA) denkbar sei, durch die es zu einer KSt-Erhöhung iSd. § 38 KStG komme. Folglich sei es auch denkbar, auf Gesellschafterebene eine vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG anzunehmen, wenn die Korrektur auf Ebene der KapGes. nach § 4 Abs. 5 EStG erfolgt ist. Für die Gesellschafterebene ist die Frage, welche Regelung Vorrang genießt, also ohne Belang. Dies gilt auch für die Pflicht zur Einbehaltung von KapESt.3 Der Lösungsansatz des BFH ist richtigerweise so zu verstehen, dass eine Betriebsausga- 158 be, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 EStG erfüllt, dann durch eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu korrigieren ist, wenn die Rechtsfolge der vGA weiter geht, zB wegen des bei der vGA erforderlichen
1 BFH v. 31.7.1990 – I R 62/88, BFHE 162, 45 = GmbHR 1991, 130; v. 28.11.1991 – I R 13/90, BStBl. II 1992, 359 = GmbHR 1992, 312; v. 14.7.2004 – I R 57/03, FR 2004, 1277 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1350 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2004, 1603; zu VIP-Logen s. BMF v. 9.8.2005 – IV B 2 - S 2144 - 40/05, BStBl. I 2005, 845 und ergänzend BMF v. 11.7.2006 – IV B 2 - S 2144 - 53/06, BStBl. I 2006, 447. 2 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311. 3 AA wohl Kohlhepp, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 2008, 91.
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§ 8 Rz. 158–161
Ermittlung des Einkommens
Gewinnaufschlags.1 Die Frage des BFH nach den gleichen Rechtsfolgen ist also nicht im Sinne von „soweit“, sondern im Sinne von „wenn“ zu verstehen. Ansonsten würde die Lösung des BFH es ermöglichen, die Differenz zwischen dem fremdüblichen Marktpreis und der Höhe der entstandenen Kosten als vGA anzusehen, die Kosten aber nach § 4 Abs. 5 EStG hinzuzurechnen.2 In einem solchen Fall sollte also uE ein Vorrang des (weiter gehenden) § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor § 4 Abs. 5 EStG anzunehmen sein.3 f) Verhältnis zum Handelsrecht 159 Auch das Handelsrecht kennt den Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung, verfolgt damit allerdings eine völlig andere Zielrichtung.4 Während § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Besteuerung der KapGes. und des Gesellschafters nach der Leistungsfähigkeit anstrebt, zielen die handelsrechtlichen Regelungen zum Verbot der Rückgewähr von Einlagen auf einen Schutz der Gesellschaft und deren Gläubigern und auf einen Schutz der übrigen Gesellschafter (verbotene Ungleichbehandlung der Gesellschafter).5 So verbietet § 57 AktG die Rückgewähr jeglicher Einlagen an die Aktionäre, es sei denn, die Zahlung ist durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt. Bei der GmbH verbietet § 30 GmbHG die Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der Gesellschaft, es sei denn, es besteht ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter. Erfolgt die vGA aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen, so entsteht ein Rückzahlungsanspruch nach § 31 GmbHG. Diese Ansprüche sind unverzüglich zu erfüllen. Sie dürfen dem Gesellschafter nicht erlassen werden.6 Unabhängig von einem Verstoß gegen § 30 GmbHG ist der Gesellschafter ggf. auch ungerechtfertigt bereichert, sodass er den erlangten Vorteil nach § 812 BGB zurückgewähren muss.7 Im Geschäftsjahr der Vorteilsgewährung (Zufluss beim Gesellschafter) ist ein Rückforderungsanspruch in HB und StB zu aktivieren.8 160
Die Begriffsdefinition der vGA im Handelsrecht ähnelt der steuerrechtlichen Begriffsbestimmung.9 Der BGH10 hat die handelsrechtliche vGA wie folgt definiert: „Ein Austauschvertrag kann eine unzulässige Auszahlung von Gesellschaftsvermögen bewirken, wenn der Leistung der Gesellschaft keine gleichwertige Leistung des Gesellschafters gegenübersteht. Ob ein normales Austauschgeschäft oder eine verdeckte Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen vorliegt, richtet sich danach, ob ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer den Vertrag unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte, ob die Leistung also aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt ist.“
Diese Definition hat die Rspr. auch für das Steuerrecht übernommen, allerdings mit der Einschränkung, dass die „Auszahlung“ im Steuerrecht nicht Voraussetzung für die Annahme einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist. 161
Allerdings ist der grundsätzliche vGA-Begriff im Handels- und Steuerrecht nicht deckungsgleich. Der steuerrechtliche Begriff der vGA geht weiter und umfasst zB im Gegensatz zum Handelsrecht auch das Rückwirkungsverbot beim beherrschenden Gesellschafter,11 sodass steuerrechtlich vGA (bzw. andere Ausschüttungen) auch dann vorliegen können, wenn dies handelsrechtlich nicht der Fall ist. Eine rückwirkend vereinbarte, aber der Höhe und dem Grunde nach angemessene Vergütung an den Gesellschafter ist handelsrechtlich zulässig. 1 S. Gosch2, § 8 KStG Rz. 184. 2 Klingebiel in D/P/M, Anh zu § 8 Abs. 3 KStG Rz. 7. 3 Zutreffend Wilk, EFG 1997, 1628; aA Kohlhepp, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 2008, 58, der stets von einem systematischen Vorrang des § 4 Abs. 5 EStG ausgeht. 4 Vgl. Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 264. 5 So BFH v. 22.11.1983 – VIII R 133/82, BFHE 140, 69 = FR 1984, 183 = GmbHR 1984, 110 mwN. 6 BGH v. 24.11.2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = GmbHR 2004, 302. 7 Ossola-Haring, GmbH-Stpr. 2009, 338. 8 Schulze/Osterloh in Baumbach/Hueck18, § 42 GmbHG Rz. 170. 9 So BGH v. 1.12.1986 – II ZR 306/85, GmbHR 1987, 187 = NJW 1987, 1194 mwN; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 55 ff. und 98 ff.; Hueck/ Fastrich in Baumbach/Hueck18, § 29 GmbHG Rz. 68; Zacher, DStR 1994, 138; differenzierend Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 19 ff. 10 BGH v. 1.12.1986 – II ZR 306/85, NJW 1987, 1194 = GmbHR 1987, 187. 11 Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 113 und 115; zum Rückwirkungsverbot vgl. ua. BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121; v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307 mwN; v. 27.7.2009 – I B 45/09, BFH/NV 2009, 2005.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 162–165 § 8
Eine Ausschüttung bedarf aber handelsrechtlich bei einer GmbH eines wirksamen Gewinnverteilungsbeschlusses.1 Liegt ein Gesellschafterbeschluss – wie bei einer vGA nun einmal üblich – nicht vor, so erfolgt die Vorteilsgewährung an den Gesellschafter ohne Rechtsgrund und ist nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückzugewähren.2 Dies gilt zumindest dann, wenn zugleich gegen das Gleichbehandlungsgebot oder gesellschaftsrechtliche Treuepflichten verstoßen wird. Es ist also auch dann eine handelsrechtliche vGA denkbar, wenn kein Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegt. Gerade in solchen Fällen bedarf es aber der Feststellung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Zahlung, denn eine schuldrechtlich veranlasste Leistung fällt nicht unter § 29 GmbHG und bedarf keines Gesellschafterbeschlusses.
162
Die gesellschaftsrechtliche vGA kann also nicht auf Fälle des § 30 GmbHG beschränkt werden, weil § 30 GmbHG nur ein Auszahlungsverbot – also die gesellschaftsrechtlichen Grenzen der Zulässigkeit von Gewinnausschüttungen – regelt (also die Frage des Rückgewähranspruchs), die Frage der gesellschaftsrechtlichen Wertung des schuldrechtlichen Vorgangs jedoch unberührt lässt. Ob aber die „gesellschaftsrechtliche vGA“ zB ein Auszahlungsverbot gem. § 30 GmbHG auslöst oder wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zurückzugewähren ist, ist nur Rechtsfolge, nicht aber Tatbestandsmerkmal und taugt deshalb nicht zur Abgrenzung zwischen normalem Austauschgeschäft und verdeckter Einlagerückgewähr. Die Frage der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit einer vGA berührt nicht die gesellschaftsrechtliche Definition selbst. Hierzu bedarf es der Prüfung, ob für eine Leistung an den Gesellschafter die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen ursächlich waren oder ob ein ernsthaft vereinbarter und wie unter fremden Dritten abgewogener schuldrechtlicher Vertrag vorliegt. Diese Veranlassungsprüfung ist nach der Rspr. des BGH3 – wie im Steuerrecht – das Ergebnis einer Fremdvergleichsprüfung am Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers. Erst auf der nächsten Stufe ist dann zu untersuchen, ob die Auszahlung einen Rückgewähranspruch oder einen Schadenersatzanspruch auslöst. Steuerlich ist ein solcher Anspruch idR ein Einlageanspruch (s. dazu Rz. 207).
163
Eine völlig andere Frage ist die vollständige Übertragung handelsrechtlicher Wertungen (zB Auszahlungsverbote und Rückgewähransprüche) in das steuerliche Rechtsinstitut der vGA und umgekehrt. Hier ist wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen (s. Rz. 159) Vorsicht geboten. Die Beantwortung der Frage, ob infolge einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Leistung ein Erstattungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter besteht (zB nach § 31 GmbHG), gibt für die Qualifikation als steuerliche vGA nichts her. Nicht jeder handelsrechtliche Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsverbot führt zur Annahme einer steuerlichen vGA und nicht jede steuerliche vGA führt zur einem Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Regelungen. Dies zeigt sich insbesondere am Beispiel der Einmann-GmbH, bei der gesellschaftsrechtlich eher ein geringes und steuerlich eher ein hohes Abgrenzungsbedürfnis in Bezug auf Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter besteht.4
164
g) Verhältnis zu § 1 AStG § 1 AStG, der die Einkommensabgrenzung bei Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen im Ausland zum Gegenstand hat, enthält eine gesetzliche Regelung des sog. „Dealingat-arm’s-length-Prinzips“, das zumindest bei der Definition des Fremdvergleichs mit den zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG entwickelten Grundsätzen übereinstimmt, allerdings im Unterschied zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG diesen Fremdvergleichsgrundsatz im Gesetz tatbestandlich definiert. Beide Vorschriften (§ 1 AStG und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) setzen bei dem einzelnen Geschäftsvorfall an, der sich als Gewinnverlagerung auf den Gesellschafter darstellt. Der Gewinn aus einer einzelnen Geschäftsbeziehung ist so zu ermitteln, als seien fremdübliche angemessene Entgelte vereinbart worden.5 Die technische Abwicklung der Rechtsfolgen erfolgt bei beiden Vorschriften außerhalb der Steuerbilanz durch eine Korrektur des Gewinns um den unangemessenen Teil des Entgelts.6
1 Rodewald in GmbH-Handbuch, Rz. I 1240, Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff18, § 29 GmbHG Rz. 48; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck18, § 29 GmbHG Rz. 75. 2 Rodewald in GmbH-Handbuch, Rz. I 1241. 3 BGH v. 1.12.1986 – II ZR 306/85, GmbHR 1987, 187 = NJW 1987, 1194. 4 Vgl. hierzu Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Anm. 20 f.; Baumbach/Hueck18, § 29 GmbHG Rz. 71. 5 BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490 = FR 2000, 1135 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2000, 1115. 6 BFH v. 30.5.1990 – I R 97/88, BStBl. II 1990, 875 = GmbHR 1991, 45.
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165
§ 8 Rz. 166–170 166
Ermittlung des Einkommens
Im Detail unterscheiden sich die beiden Vorschriften, die durchaus denselben Grundfall im Auge haben, aber erheblich. Entscheidende Unterschiede sind folgende: –
§ 1 AStG ist anders als § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nur auf Auslandsbeziehungen anwendbar;
–
§ 1 AStG fordert im Gegensatz zu § 8 Abs. 3 KStG eine „Geschäftsbeziehung“;
–
§ 1 AStG kennt keine besonderen formalen Anforderungen an die Vereinbarungen mit beherrschenden Gesellschaftern;
–
§ 1 AStG greift nur bei einer Beteiligung von mindestens 25 %, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG greift unabhängig von der Beteiligungshöhe;
–
§ 1 AStG definiert nahestehende Personen ausdrücklich; der Begriff der nahestehenden Person im Bereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist deutlich weiter;
–
anders als § 1 AStG, der auf Vereinbarungen abstellt, kann eine vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auch durch eine Handlung ohne vorherige Vereinbarung ausgelöst werden;
–
§ 1 AStG führt nicht zur Festsetzung von KapESt;
–
§ 1 AStG regelt keine Besteuerungsfolgen auf Ebene des Gesellschafters (keine Kapitalerträge).
167 Der BFH1 hatte sich wie die FinVerw.2 für einen Vorrang des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor § 1 AStG ausgesprochen, dh., bei unangemessenen Vergütungen an eine ausländische Muttergesellschaft richten sich die Rechtsfolgen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Diese Subsidiarität des § 1 AStG wurde durch das UntStRefG 2008 in § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG ausdrücklich gesetzlich klargestellt. Wenn allerdings § 1 AStG zu einer weiter gehenden Berichtigung führt als § 8 Abs. 3 KStG, so ist die Einkommenskorrektur des § 1 AStG neben den anderen Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG durchzuführen. Es ist also stets die weiter gehende Berichtigung durchzuführen.3 Diese gesetzliche Regelung wird in der Gesetzesbegründung als „klarstellend“ bezeichnet, sie ist also auch für zurückliegende Zeiträume anzuwenden.4 168
Zu den Unterschieden bei der Bewertung der Einkommenskorrekturen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 1 AStG s. Anhang Verrechnungspreise in Rz. 1521.
169
Auf der Rechtsfolgenebene unterscheiden sich § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 1 AStG durch unterschiedliche Behandlung des Abflusses und Zuflusses. Zahlt zB eine inländische Tochtergesellschaft aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen überhöhte Preise an ihre im Ausland ansässige Muttergesellschaft, dann ist die vGA mit der Kaufpreiszahlung abgeflossen. Auf eventuelle gesellschaftsrechtliche Erstattungsansprüche kommt es nicht an, denn solche Ansprüche stellen Einlageforderungen dar, welche die abgeflossene vGA nicht ungeschehen machen können. Nach Abschaffung der ausschüttungsbedingten Besteuerung des Alt-EK 02 spielt die Frage der Abflussbesteuerung jedoch in der Praxis keine Rolle mehr (Ausnahme: Abgrenzung zur Einlagerückgewähr). Allerdings ist auf der Gesellschafterebene eine Zuflussbesteuerung durchzuführen. Dies kann in grenzüberschreitenden Fällen ggf. dazu führen, dass durch die vGA KapESt ausgelöst wird. Im Falle einer Korrektur (nur) nach § 1 AStG fällt dagegen keine KapESt an, weil sich die Rechtsfolgen hier in der Einkommenskorrektur erschöpfen. h) Verhältnis zu Art. 9 OECD-MA
170 Art. 9 Nr. 1 OECD-Musterabkommen (OECD-MA), dem die meisten DBA nachgebildet sind, enthält eine grenzüberschreitende Gewinnkorrekturklausel für den Fall, dass zwischen einer deutschen Tochtergesellschaft und einer ausländischen Muttergesellschaft Bedingungen vereinbart werden, die einem Fremdvergleich nicht standhalten. Ist dies der Fall, so bestimmt das betreffende DBA, dass der Fremdvergleichsmaßstab in beiden betroffenen Staaten übereinstimmend angewendet wird. Art. 9 OECD-MA lautet: „… und in diesen Fällen die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne
1 BFH v. 17.2.1993 – I R 3/92, BStBl. II 1993, 457 = FR 1993, 375 = GmbHR 1993, 446. 2 BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218 Tz. 1.1.3 (sog. Verwaltungsgrundsätze) und v. 14.5.2004 – IV B 4 - S 1340 - 11/04, BStBl. Sondernummer 1/2004, 3. 3 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 622. 4 BT-Drucks. 16/4841, 85; s. auch Looks/Steinert/Müller, BB 2009, 2348 (2349).
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 170–174 § 8
diese Beziehungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden.“
Bei isolierter Anwendung innerstaatlichen Rechts (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) können sich im übrigen Kollisionen mit den geltenden DBA ergeben, die im Einzelfall möglicherweise durch ein Verständigungsverfahren zwischen den beteiligten Staaten zu lösen sind.
171
Das BMF-Schr. v. 23.2.19831 regelt unter Tz. 1.2.1, dass die Abgrenzungskriterien des nationalen deutschen Steuerrechts in den Fällen anwendbar bleiben, die in den Abgrenzungsklauseln der DBA nicht genannt sind. Tz. 1.4.1 des BMF-Schreibens hält die körperschaftsteuerlichen Grundsätze des sog. Rückwirkungsverbots im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter auch bei grenzüberschreitenden Beziehungen für anwendbar. Die DBA regeln nach diesem Verständnis nur eine international übereinstimmende Zuteilung von Einkünften, nicht jedoch eine international übereinstimmende Rechtsanwendung.
172
Nach hM2 entfaltet allerdings Art. 9 Nr. 1 OECD-MA eine Sperrwirkung in dem Sinne, 173 dass weiter gehende Gewinnberichtigungen – etwa durch die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zu § 8 Abs. 3 KStG – unzulässig sind, wenn sie von der Abkommensregelung nicht erfasst werden. Dies gilt insbesondere für Fragen des Durchführungsgebots, des Rückwirkungsverbots und der Ernsthaftigkeit bei Leistungsbeziehungen zwischen einer inländischen Tochter- und einer ausländischen Muttergesellschaft. Während nach ständiger Rspr. des BFH im innerstaaatlichen Recht eine vGA im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter (bzw. zur Muttergesellschaft) auch dann anzunehmen ist, wenn keine klaren und eindeutigen Vereinbarungen vorliegen oder die Beteiligten nicht entsprechend einer klaren und eindeutigen Vereinbarung verfahren,3 ist eine Einkommenskorrektur aufgrund formaler Mängel in grenzüberschreitenden Fällen nach der Rspr. der FG wegen des oa. DBA-Rechts unzulässig.4 Die erforderliche Prüfung der vereinbarten Bedingungen beschränke sich folglich auf die Frage der Angemessenheit der Höhe nach. Der BFH hat sich dem angeschlossen.5 Zu der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der daraus resultierenden Inländerdiskriminierung s. Gosch6. Beispiel: Die englische Muttergesellschaft M-Ltd. gibt der von ihr beherrschten inländischen Tochtergesellschaft T-GmbH ein Darlehen, das angemessen verzinst wird. Die Darlehensvereinbarungen entsprechen dem unter fremden Dritten Üblichen. Die T-GmbH ist zwar ausreichend liquide, zahlt aber dennoch die jeweils zum 31.12. fällig werdenden Zinsen nur sporadisch und mit teilweise jahrelanger Verzögerung. Lösung: Nach ständiger Rspr. des BFH ist eine vGA im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter auch dann anzunehmen, wenn zwar klare und eindeutige Vereinbarungen vorliegen, die Beteiligten aber nicht entsprechend dieser Vereinbarung verfahren.7 Dieser Grundsatz gilt immer dann, wenn das Fehlen der tatsächlichen Durchführung – was zumindest in extremen Fällen die Regel ist – darauf schließen lässt, dass die abgeschlossene Vereinbarung nicht ernst gemeint ist und lediglich die Unentgeltlichkeit der Leistung des Gesellschafters verdecken soll. Dies gilt insbesondere für nicht oder nur sehr unregelmäßig ausgezahlte Vergütungen an den beherrschenden Gesellschafter, und zwar auch dann, wenn die Leistungen klar und eindeutig vereinbart und der Höhe nach angemessen sind. Allerdings verbietet Art. 9 OECD-MA eine Berichtigung, wenn die vereinbarten Bedingungen der Höhe nach fremdüblich und angemessen sind.
Die oa. Rspr. bedeutet aber nicht, dass künftig bei grenzüberschreitenden Verrechnungspreisen auf Preisvereinbarungen und eine verwertbare Dokumentation nach den Vorgaben der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) verzichtet werden kann.8 Die oa. Rspr. entbindet den Rechtsanwender nicht von der Durchführung eines Fremdvergleichs
1 BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218 – sog. Verwaltungsgrundsätze zur Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen. 2 Gosch2, § 8 KStG Rz. 188; Eigelshoven in V/L5, Art. 9 OECD-MA Rz. 27, Frotscher in Frotscher/Maas, Anhang zu § 8 KStG Rz. 31a und 173; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 79; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2011, Rz. 16.289 ff.; Baumhoff/Greinert, IStR 2008, 353; Mank/Nientimp, DB 2007, 2163; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 252. 3 Vgl. BFH v. 20.9.1967 – I 67/64, BStBl. II 1968, 49; v. 2.5.1974 – I R 194/72, BStBl. II 1974, 585; v. 23.10.1985 – I R 247/81, BStBl. II 1986, 195 = FR 1986, 151 = GmbHR 1986, 277; v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121; und v. 29.7.1992 – I R 28/92, BStBl. II 1993, 247. 4 So FG Köln v. 22.8.2007 – 13 K 647/03, EFG 2008, 161 (rkr.) und FG Hamburg v. 31.10.2011 – 6 K 179/10, IStR 2012, 190 (nachgehend BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, ISR 2013, 54 m. Anm. Ditz = FR 2013, 415 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2013, 157 = BFH/NV 2013, 324). 5 BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046 = ISR 2013, 54 m. Anm. Ditz = FR 2013, 415 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2013, 157. 6 Gosch, BFH-PR 2013, 88 f. 7 BFH v. 29.7.1992 – I R 28/92, BStBl. II 1993, 247 mwN. 8 So wohl auch Kircher/Moll, DStR 2013, 1111.
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§ 8 Rz. 174–178
Ermittlung des Einkommens
bei Geschäftsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. Zwischen fremden Dritten werden nämlich die wesentlichen Parameter einer geschäftlichen Beziehung nachvollziehbar kalkuliert und durch Vertrag geregelt. Geschieht dies nicht, so kann indiziell im Einzelfall schon deshalb von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Geschäftsbeziehung auszugehen sein. 175
Die sog. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren1 enthalten Regelungen zur Anerkennung nachträglicher Preisfestlegungen bzw. -anpassungen. Nach Abschluss eines Geschäfts vorgenommene nachträgliche Preisermittlungen (Konkretisierung des Preises in absoluter Höhe) sind dem Grunde nach nur dann für die Besteuerung anzuerkennen, wenn im Vorhinein sowohl ein entgeltliches Leistungsverhältnis als auch alle Preisbestimmungsfaktoren vereinbart wurden. Fraglich ist, ob diese Grundsätze infolge der oa. BFH-Rspr. nicht mehr gelten.2 Dies ist uE zu verneinen, denn Leistungen an den beherrschenden Gesellschafter ohne Vereinbarung werden von der Sperrwirkung des Art. 9 OECD-MA überhaupt nicht erfasst, weil es in diesem Fall „vereinbarte oder auferlegte Bedingungen“ gar nicht gibt. Wer dies anders sieht, sollte aber zumindest bedenken, dass eine Zahlung ohne vorherige Vereinbarung nicht zu Bedingungen erfolgt, die „unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden“. Fremde Dritte würden (Nach-)Zahlungen ohne Rechtsgrund auch der Höhe nach kaum akzeptieren. Schon deshalb wird der Nachzahlungsbetrag in den meisten Fällen der Höhe und dem Grunde nach unangemessen sein. i) Verhältnis zu § 42 AO
176 Das Verhältnis zu § 42 AO ist insbesondere in solchen Fallkonstellationen von Interesse, in denen entweder ein Sachverhalt bewusst so gestaltet wird, dass er eine (ggf. von den Steuerwirkungen her vorteilhafte) vGA auslöst oder der angemessene Sachverhalt durch gekünstelte Gestaltungen verschleiert wird und hierdurch wiederum eine vGA ausgelöst wird. 177
§ 42 AO findet aber nicht schon deshalb Anwendung, weil eine gewählte Gestaltung dem Ziel dient, Steuern zu sparen. Es muss hinzukommen, dass hierfür ein ungewöhnlicher Weg gewählt wird, auf dem nach den Wertungen des Gesetzes das durch die Gestaltung erreichte Ziel nicht erreichbar sein soll.3 Wenn der Empfänger einer Leistung zB eine funktionslose Gesellschaft ist, für deren Zwischenschaltung keine wirtschaftlich beachtlichen Gründe bestehen, ist es denkbar, dass die Leistungen an diese Gesellschaft in Anwendung des § 42 AO so zu behandeln sind, als seien sie unmittelbar an die dahinter stehenden Personen erbracht worden. In diesem Fall ist bei der Angemessenheitsprüfung für vGA-Zwecke auf die durch die dahinter stehenden Personen erbrachten Leistungen abzustellen.4
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§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 42 AO sind keine konkurrierenden Regelungen zur Missbrauchsverhinderung. Vielmehr bleiben die vGA-Grundsätze auch in Fällen des § 42 AO uneingeschränkt weiter anwendbar. Führt die Anwendung des § 42 AO im Einzelfall zur Annahme eines wirtschaftlich angemessenen Sachverhalts, so ist dieser angemessene Ersatzsachverhalt der Einkommensermittlung zugrunde zu legen. Dabei kann es sodann nach allgemeinen Grundsätzen zu einer Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kommen, wenn sich die Leistung der KapGes. als gesellschaftsrechtlich veranlasst erweisen sollte.5 Folglich geht die Prüfung der Anwendung des § 42 AO der Annahme einer vGA der Reihenfolge nach vor,6 weil man zunächst entscheiden muss, welcher Sachverhalt nach Umqualifizierung bzw. Nichtbeachtung der missbräuchlichen Handlung der Besteuerung zugrunde zu legen ist bzw. wem – ggf. nach Anwendung des § 42 AO – die Einkünfte zuzurechnen sind. Erst danach kann man die Frage beantworten, ob der dann besteuerungserhebliche (Rest-)Sachverhalt einem Fremdvergleich standhält. Verneint man dies, so kommt es ggf. nach Anwendung des § 42 AO zur Annahme einer vGA. 1 2 3 4
BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05, BStBl. I 2005, 570 Tz. 3.4.12.8. So Schnorberger/Becker, IStR 2013, 109. BFH v. 17.12.2003 – IX R 56/03, BStBl. II 2004, 648 = FR 2004, 718 m. Anm. Fischer. Ähnlich BFH v. 15.2.2012 – I R 19/11, FR 2012, 690 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2012, 585 = DStR 2012, 745, der allerdings im Urteilsfall nicht zur Anwendung des § 42 AO kam, weil für die Zwischenschaltung beachtliche wirtschaftliche Gründe bestanden. 5 BFH v. 1.2.2001 – IV R 3/00, BStBl. II 2001, 520 = GmbHR 2001, 528 m. Anm. Hoffmann = FR 2001, 635; FG Köln v. 11.3.1999 – 13 K 1337/92, EFG 1999, 922 (nachgehend BFH v. 20.3.2002 – I R 63/99, BStBl. II 2003, 50 = FR 2002, 1077 m. Anm. Fischer = GmbHR 2002, 862); FG München v. 22.2.2011 – 6 K 1451/08, EFG 2011, 1086; s. dazu Rose/Rose, DB 2003, 409; Hoffmann, DStR 2004, 293. 6 BFH v. 20.3.2002 – I R 63/99, BStBl. II 2003, 50 = GmbHR 2002, 862 = FR 2002, 1077; ebenso Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 76 und auch wohl Gosch2, § 8 KStG Rz. 192 f.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 179–182 § 8
j) Verhältnis zu § 4h EStG und § 8a KStG (Zinsschranke) Anders als noch § 8a KStG idF des „Korb II-Gesetzes“1 (Gesellschafterfremdfinanzierung), dessen Wirkungsweise auf die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen abzielte, ist die sog. Zinsschranke (§ 8a KStG iVm. § 4h EStG idF des UntStRefG 20082) nicht mehr davon abhängig, an wen die Finanzierungsentgelte gezahlt werden. Auch Entgelte an Nichtgesellschafter können den Beschränkungen des § 4h EStG unterliegen. Die Rechtsfolge erschöpft sich in einem Abzugsverbot, das wegen der Möglichkeit des Vortrags auf spätere Wj. aber im Einzelfall nur temporär wirkt.
179
Allerdings ist zu beachten, dass Schuldzinsen einer KapGes., die an den Anteilseigner ge- 180 zahlt werden, ganz oder teilweise gesellschaftsrechtlich veranlasst sein können. Nach Auffassung der FinVerw. hat § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG Vorrang vor 4h EStG, dh., die als vGA zugerechneten Zinsen sind nach dieser Ansicht keine Zinsaufwendungen iSd. § 4h EStG.3 Diese Reihenfolgebetrachtung ist im Hinblick auf die in Rz. 156 ff. dargestellte Rspr. des BFH zum Verhältnis zwischen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und den Regelungen über nicht abziehbare Ausgaben nicht ganz zweifelsfrei. Sie ist im Hinblick auf die besondere Systematik des § 4h EStG, der einen Zinsvortrag vorsieht, aber sachgerecht, denn bei umgekehrter Anwendungsreihenfolge ergäbe sich hinsichtlich des unangemessenen Teils der Zinsaufwendungen eine Art „vGA-Vortrag“. Es ist deshalb geboten, den Wortlaut „Zinsaufwendungen eines Betriebs“ teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass es nur auf Zinsaufwendungen ankommen kann, die bei Außerachtlassung des § 4h EStG das Einkommen mindern dürften. k) Verhältnis zum ErbStG aa) Schenkungsteuerpflicht verdeckter Gewinnausschüttungen Umstritten ist, ob ein- und derselbe Sachverhalt sowohl eine vGA auslösen als auch schen- 181 kungsteuerliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Nach Ansicht der FinVerw.4 kann eine vGA an eine nahestehende Person des Gesellschafters als Schenkung der KapGes. an die nahestehende Person anzusehen sein, und zwar grundsätzlich gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Voraussetzung ist, dass der Empfänger objektiv auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist und dem Zuwendenden die (teilweise) Unentgeltlichkeit bewusst ist.5 Bei der Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung bei gegenseitigen Verträgen reicht regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; auf die Kenntnis des genauen Wertunterschieds kommt es nicht an.6 Der Wille zur Unentgeltlichkeit liegt bereits dann vor, wenn sich der Zuwendende darüber im Klaren ist, dass er keine mit seiner Leistung in einem kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung erhält.7 Nach dieser Verwaltungsansicht ist es denkbar, dass zB auch überhöhte Gehaltszahlungen an eine nahestehende Person des GmbH-Gesellschafters eine Schenkung der GmbH an die begünstigte Person auslösen. Bereits nach früherer, in H 18 ErbStH 2003 („inkongruente Gewinnausschüttung“)8 vertretenen Ansicht ging die FinVerw. in Fällen inkongruenter vGA davon aus, dass eine Schenkung des quotal benachteiligten Gesellschafters an den bzw. an die quotal begünstigten Gesellschafter anzunehmen sei. Dies entsprach einer auch im Schrifttum vertretenen Ansicht.9 Die ErbStR 2003 ließen diese Frage in R 18 Abs. 8 allerdings offen und äußerten sich nicht zu der Frage, wer in solchen Fällen der Schenker ist. Nach der Rspr. des BFH10 stellt eine vGA einer GmbH an eine nahestehende Person des Gesellschafters entgegen der früheren Verwaltungspraxis keine Schenkung des Gesellschafters an die nahestehende Person dar. Daraus wurde geschlossen, dass in solchen Fällen wohl
1 G zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermitttlungsempfehlung zum StVergAbG v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2840. 2 G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 3 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/100001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 18; ebenso Förster in Gosch2, § 4h EStG Exkurs Rz. 19. 4 BMF v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2012, 331 Rz. 6.1. 5 Subjektives Tatbestandsmerkmal. 6 BFH v. 21.10.1981 – II R 176/78, BStBl. II 1982, 83; v. 12.7.2005 – II R 8/04, BStBl. II 2005, 845 = FR 2006, 93 = FR 2006, 145 = GmbHR 2005, 1575. 7 BFH v. 2.3.1994 – II R 59/92, BStBl. II 1994, 366. 8 Damit waren auch inkongruente vGA gemeint; kritisch dazu Berizzi/Guldan, BB 2011, 1052. 9 Götz, INF 2005, 741; Zimmermann, DB 2005, 1650. 10 BFH v. 7.11.2007 – II R 28/06, BStBl. II 2008, 258 = GmbHR 2008, 334 = FR 2008, 585.
Neumann
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182
§ 8 Rz. 182–186
Ermittlung des Einkommens
eine Schenkung der GmbH an die nahestehende Person vorliegen könne, was erhebliche Auswirkungen auf die Steuerklasse und den Freibetrag hätte.1 § 15 Abs. 4 ErbStG idF des BeitrRLUmsG2 entschärft diese Problematik insoweit, als nach dieser Regelung für Zwecke der Steuerklasse und des Freibetrags darauf abzustellen ist, in welchem Verhältnis der Empfänger der Schenkung zu derjenigen natürlichen Person steht, die als mittelbar oder unmittelbar an der KapGes. beteiligte Gesellschafterin die Schenkung veranlasst hat. Diese Regelung gilt allerdings gem. § 37 Abs. 7 ErbStG erst für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13.12.2011 entsteht. 183
Die Verwaltungsanweisungen zu dieser Thematik sind relativ unübersichtlich. Die Grundsätze zu den erbschaftsteuerlichen Folgen einer vGA wurden zunächst in einem koordinierten Ländererlass vom 20.10.20103 geregelt, der dann allerdings mit Einführung der ErbStR 2011 ausdrücklich wieder aufgehoben wurde. Mit gleichlautenden Erlassen vom 14.3.20124 hatte die FinVerw. die Grundsätze zur Schenkung unter Beteiligung von KapGes. erneut in einer umfassenden Verwaltungsanweisung zusammengefasst, in der dann auch Einzelfragen zu § 7 Abs. 8 und § 15 Abs. 4 ErbStG idF des BeitrRLUmsG5 geregelt wurden. Die freigebigen Zuwendungen einer KapGes. an nahestehende Personen des Gesellschafters sind danach abzugrenzen von Leistungen, die ausschließlich auf das Gesellschaftsverhältnis zurückzuführen sind, also von offenen oder verdeckten Gewinnausschüttungen, die entsprechend der Beteiligungsquote kongruent vorgenommen werden.
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Nach Ansicht der FinVerw.6 führen überhöhte Vergütungen nur insoweit zu Schenkungen, als sie vom Beteiligungsverhältnis abweichen. Nur soweit die Zuwendung die Beteiligungsquote überschreite, erfolge die Auszahlung nicht in Erfüllung des Gesellschaftszwecks. Im Falle einer sog. Einmann-GmbH scheidet die Annahme einer vGA wegen überhöhter Vergütungen an den Gesellschafter also aus. Dies entspricht der bisherigen Sichtweise im Schrifttum.7
185
Eine gesetzliche Bestimmung, die in solchen Fällen entsprechend dem obiter dictum des BFH vom 7.11.20078 eine Schenkung der KapGes. an die nahestehende Person annimmt, fehlt allerdings auch nach den Änderungen durch das BeitrRLUmsG9. Ob diese Frage (Bestimmung des Schenkers) mit § 15 Abs. 4 ErbStG kodifiziert wurde, ist zweifelhaft, denn diese Regelung betrifft nur die Rechtsfolge der Annahme einer Schenkung, nicht aber deren Tatbestand.10 Die grundsätzliche Frage, ob nämlich eine vGA überhaupt eine Schenkung darstellen kann, ist auch nach Einführung des § 15 Abs. 4 ErbStG umstritten.11
186
Der BFH12 hat nun indessenmit Urteil vom 30.1.2013 entschieden, dass entgegen der Ansicht des FG und der FinVerw. die Gewährung eines unangemessenen Vermögensvorteils durch eine KapGes. an einen ihrer Gesellschafter nur unter dem ertragsteuerrechtlichen Gesichtspunkt einer vGA gewürdigt, nicht aber zusätzlich als freigebige Zuwendung iSd. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG angesehen werden könne. Die FinVerw. wendet das Urteil nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus an.13 Welche Reichweite das Urteil vom 30.1.2013 hat, wird noch zu diskutieren sein. Es ist zum einen zu beachten, dass es in dem oa. Urteilsfall nicht um eine Zuwendung an eine (nur) nahestehende Person, sondern um eine Zuwendung an einen (mittelbaren) Gesellschafter ging. Damit ist noch nicht die Frage beantwortet, ob eine Zuwendung an einen Nichtgesellschafter, die im Verhältnis zwischen KapGes. und Gesellschafter als vGA gewürdigt wird, als Schenkung angesehen werden kann. Zum anderen 1 Berizzi/Guldan, BB 2011, 1052; Neufang/Merz, BB 2011, 2397; gem. § 16 Abs. 1 ErbStG ergäbe sich ein Freibetrag von 20 000 Euro und gem. § 19 Abs. 1 ErbStG ein Steuersatz von 30 %; bei Schenkungen im Wert von über 6 Mio. Euro sogar von 50 %. 2 G v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. 3 BMF v. 20.10.2010 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2010, 1207. 4 BMF v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2012, 331. 5 G v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. 6 BMF v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2012, 331 Rz. 2.6.2. 7 Viskorf/Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck, ErbStG, BewG, 3. Aufl. 2010, § 7 ErbStG Rz. 189. 8 BFH v. 7.11.2007 – II R 28/06, BStBl. II 2008, 258 = GmbHR 2008, 334 = FR 2008, 585. 9 G v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. 10 Christ, ZEV 2011, 10; Birnbaum, DStR 2011, 252. 11 Ablehnend Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 7 Rz. 220; Benz/Böing, DStR 2010, 1157 (1158); Crezelius, ZEV 2008, 268; St. Viskorf, DStR 2011, 607; Wälzholz, ZEV 2008, 273. 12 BFH v. 30.1.2013 – II R 6/12, BStBl. II 2013, 930 = FR 2013, 557 m. Anm. Keß = GmbHR 2013, 486; ebenso im Grundsatz auch BFH v. 27.8.2014 – II R 44/13, BFH/NV 2014, 2000 = GmbHR 2014, 1332, unter II.4.b) der Gründe. 13 Koordinierter Ländererlass v. 5.5.2013 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2013, 1465.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 186–189 § 8
darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der entschiedene Fall das Streitjahr 2005 betraf und daher § 15 Abs. 4 und § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG noch nicht anwendbar waren. Durch das BeitrRLUmsG1 wurde die oa. Problematik durch Einführung des § 15 Abs. 4 ErbStG entschärft, indem für Zwecke der Steuerklasse und des Freibetrags darauf abzustellen ist, in welchem Verhältnis der Empfänger der Schenkung zu derjenigen natürlichen Person steht, die als mittelbar oder unmittelbar an der KapGes. beteiligte Gesellschafterin die Schenkung veranlasst hat. § 7 Abs. 8 ErbStG betrifft dagegen die Schenkungsteuerpflicht einer disquotalen vGA im Konzern. Diese beiden Regelungen sind erst auf Zuwendungen nach dem 13.12.2011 anwendbar. Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, die in vGA-Fällen eine Schenkung der KapGes. an die nahestehende Person annimmt, fehlt zwar auch nach Einführung des § 15 Abs. 4 ErbStG durch das BeitrRLUmsG2. Allerdings geht das Gesetz hier und auch in den Fallkonstellationen des § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG erkennbar davon aus, dass eine vGA schenkungsteuerliche Folgen haben kann.3 Es ist kaum anzunehmen, dass § 15 Abs. 4 und § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG keinen Anwendungsbereich haben.4 bb) Problem der doppelten Besteuerung mit ErbSt und ESt Folgt man dem BFH5 und nimmt bei Zuwendungen an den Gesellschafter keine Schenkung an, so verbleibt die noch zu klärende Frage, ob eine als vGA zu wertende Vorteilszuwendung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person, die nicht selbst an der KapGes. beteiligt ist, schenkungsteuerliche Konsequenzen auslösen kann. Eine „Doppelbesteuerung“ mit ESt und ErbSt kann aber uE nur anzunehmen sein, wenn Schenker und Beschenkter dieselben Personen sind wie der Leistende der vGA (ausschüttende KapGes.) und der Empfänger der vGA. Erhält dagegen die nicht selbst beteiligte nahestehende Person den Vorteil, so ist ertragsteuerlich davon auszugehen, dass der Gesellschafter die vGA „veranlasst hat“.6 In diesem Fall leitet der Gesellschafter aus ertragsteuerlicher Sicht die ihm zugeflossene und auch durch ihn versteuerte vGA unentgeltlich an die nahestehende Person weiter. Diese Weiterleitung ist aus ertragsteuerlicher Sicht Einkommensverwendung, weshalb nichts dagegen spricht, den Vorgang mit Schenkungsteuer zu belegen. Denn der Beschenkte versteuert den unentgeltlichen Erwerb nicht mit ESt, weil ihm die vGA ertragsteuerlich gar nicht zugerechnet wird.
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Eine „doppelte“ Besteuerung, also zum einen mit Schenkungsteuer und zum anderen mit 188 Einkommensteuer ist nur dann denkbar, wenn der Schenker und der Begünstigte einkommensteuerlich und schenkungsteuerlich dieselben Personen sind. Dies wäre insbesondere dann möglich, wenn man eine vGA an eine selbst an der GmbH beteiligte Person (A) annimmt (Minderheitsgesellschafter) und diese Person (A) zugleich einem Mehrheitsgesellschafter (B) nahesteht. Eine doppelte Besteuerung ergibt sich dann, wenn die vGA ertragsteuerlich (s. dazu Rz. 369) und auch schenkungsteuerlich dem A zugerechnet wird. Da A aber selbst Gesellschafter ist, kommt die Annahme einer Schenkung nach der Rspr. des BFH7 nicht in Betracht, sodass sich das Doppelbesteuerungsproblem letztlich nicht stellt. cc) Vereinbarung von Rückzahlungsansprüchen Im Schrifttum wurde teilweise empfohlen, zur Vermeidung schenkungsteuerlicher Auswirkungen Rückzahlungsverpflichtungen zu vereinbaren, damit eine Schenkungsteuerpflicht der vGA aufgrund von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (rückwirkender Entfall der Schenkungsteuer aufgrund eines Rückforderungsrechts) mit Wirkung für die Vergangenheit entfällt.8 Das BMF v. 14.3.20129 enthält zwar iZm. Zuwendungen an nahestehende Personen eines Gesellschafters die folgende Aussage: „Etwaige Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen die handelnden Organe oder den veranlassenden Gesellschafter schließen eine Freigebigkeit nicht aus.“ Dies steht allerdings nicht im Widerspruch zu § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, wonach nur bei tatsächlicher Rückgabe der gewährten Leistung aufgrund einer Rückgewährverpflichtung ein Erlöschen der Steuer anzunehmen ist. Die FinVerw. hat die Anwendung des § 29 Abs. 1
1 2 3 4 5 6 7 8 9
G v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. G v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. S. van Lishaut, FR 2013, 891 (896); aA Crezelius, ZEV 2013, 286 und Loose, DB 2013, 1080 (1081). S. van Lishaut, FR 2013, 891 (896). BFH v. 30.1.2013 – II R 6/12, FR 2013, 557 m. Anm. Keß = GmbHR 2013, 486 = BFH/NV 2013, 846. BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2009, 323. BFH v. 30.1.2013 – II R 6/12, FR 2013, 557 m. Anm. Keß = GmbHR 2013, 486 = BFH/NV 2013, 846. Vgl. Christ, ZEV 2011, 14. BMF v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2012, 331 Rz. 2.6.1.
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§ 8 Rz. 189–190
Ermittlung des Einkommens
Nr. 1 ErbStG iZm. der Rückgewähr von vGA ausdrücklich bestätigt.1 Soll dies gelingen, so muss allerdings der Vertrag über die Leistungsbeziehung mit der nahestehenden Person (Anstellungsvertrag, Mietvertrag, Darlehensvertrag etc.) eine Klausel zur Rückgewähr von vGA enthalten.2 Vor dem Hindergrund der oa. neuen BFH-Rspr.3 erscheint es indes kaum noch ratsam, derartige Rückgewähransprüche vertraglich zu vereinbaren. Hierbei ist auch zu bedenken, dass eine solche Vereinbarung über die Rückgewähr einer als vGA behandelten Leistung für ertragsteuerliche Zwecke ungeeignet ist, die Annahme einer vGA zu verhindern. Ferner ist zu beachten, dass der gewünschte schenkungsteuerliche Effekt nur eintritt, wenn die Mittel tatsächlich zurückgewährt werden. Soll dieser Liquiditätsentzug nach erfolgter Rückführung an die nahestehende Person zurückgewährt werden, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eine erneute Ausschüttung der zurückgewährten Mittel möglicherweise eine erneute Teileinkünftebesteuerung beim Gesellschafter auslöst (Liquiditätsnachteil). Dies ist immer dann der Fall, wenn nach der Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG nicht auf das steuerliche Einlagekonto zurückgegriffen werden kann. dd) VGA im Konzern als Schenkung 190 Mit dem BeitrRLUmsG4 hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine Regelung eingeführt, nach der auch die Werterhöhung von Anteilen infolge disquotaler verdeckter Einlagen als Schenkung gilt (s. Rz. 1293 ff.). Gleichzeitig wurde durch Einfügung des § 15 Abs. 4 ErbStG die mögliche Belastung von vGA mit ErbSt nach der Steuerklasse III abgemildert. Beide Vorschriften sind gem. § 37 Abs. 7 ErbStG erstmals auf Erwerbe anzuwenden, für welche die Steuer nach dem 13.12.2011 entsteht. § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG enthält eine Regelung für innerkonzernliche Zuwendungen zwischen KapGes. Anders als Satz 1 setzt Satz 2 allerdings voraus, dass die Zuwendungen in der Absicht getätigt werden, Gesellschafter zu bereichern und dass an den Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind. Diese Zuwendungen sind ertragsteuerlich idR vGA im Dreiecksverhältnis. Letztlich wird durch § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG konstitutiv geregelt, dass Vorteilszuwendungen von einer KapGes. an eine andere KapGes. für sich genommen keine schenkungsteuerlichen Folgen auslösen können, solange es nicht zur disquotalen Bereicherung der Gesellschafter kommt. Beispiel: Vater (V) und Sohn (S) sind zu jeweils 50 % an der VS-GmbH beteiligt. V ist gleichzeitig 100-prozentiger Gesellschafter der V-GmbH. Die V-GmbH veräußert ein Grundstück mit gemeinem Wert (= TW) von 2 Mio. Euro zum Kaufpreis von 400 000 Euro an die VS-GmbH. Der gemeine Wert der Beteiligung an der VS-GmbH erhöht sich dementsprechend um 1,6 Mio. Euro. Lösung: Ertragsteuerlich stellt der Verkauf zu einem unangemessen niedrigen Preis eine vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung auf Ebene der V-GmbH dar. Das Einkommen der V-GmbH ist nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 1,6 Mio. Euro zu erhöhen. Die vGA ist bei der V-GmbH im Zeitpunkt der verhinderten Vermögensmehrung abgeflossen und zeitgleich beim Gesellschafter V zugeflossen.5 V muss den Bezug iHv. 1,6 Mio. Euro nach § 32d Abs. 1 EStG mit 25 % besteuern, sofern nicht eine Option zur tariflichen ESt nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG ausgeübt wurde. Würde die vGA weder auf Ebene der V-GmbH nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG noch auf Ebene der VS-GmbH nach § 8 Abs. 3 Satz 4 bis 6 KStG zutreffend besteuert, so wäre die vGA bei V zwingend nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG von der Abgeltungsteuer ausgeschlossen. IRd. der tariflichen ESt wäre sie dann wegen § 3 Nr. 40 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG vom Teileinkünfteverfahren ausgeschlossen. Gleichzeitig ist auf Ebene der VS-GmbH eine Korrektur der AK des Grundstücks infolge der vE vorzunehmen. Das Grundstück ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit den AK zzgl. des TW der Einlage nach § 8 Abs. 1 KStG iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG zu bewerten.6 Der aus der Erhöhung des Buchwerts resultierende Ertrag ist nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG iRd. Einkommensermittlung zu neutralisieren. Aus der vE entstehen bei V und bei S nachträgliche AK auf die Beteiligung iHv. jeweils 800 000 Euro. Der Umstand, dass V und S einander nahestehen, indiziert, dass der Minderkaufpreis für das Grundstück zu 50 % zugleich auf Rechnung des S eingelegt wurde und V damit die zugeflossene vGA zunächst im Rahmen der ertragsteuerlich unbeachtlichen Einkommensverwendung zu 50 % dem S zugewen-
1 BMF v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2012, 331 Rz. 2.6.3. 2 S. Janssen, BB 2008, 928; eine Rückgewährklausel in der Satzung macht keinen Sinn, wenn die begünstigte nahestehende Person gar nicht Gesellschafter ist. 3 BFH v. 30.1.2013 – II R 6/12, FR 2013, 557 m. Anm. Keß = GmbHR 2013, 486 = BFH/NV 2013, 846. 4 G v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. 5 Vgl. BFH v. 14.7.2004 – I R 16/03, BStBl. II 2004, 1010 = FR 2004, 1281 = GmbHR 2004, 1402. 6 BFH v. 28.1.1992 – VIII R 207/85, BStBl. II 1992, 605 = FR 1992, 417 = GmbHR 1992, 472; Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 333.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 190–195 § 8
det hat.1 Schenkungsteuerlich erfüllt die Werterhöhung der Anteile des S an der VS-GmbH iHv. 800 000 Euro den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als Zuwendung der V-GmbH an S. Die in § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG geforderte Beteiligungsidentität ist nicht gegeben. Für die Berechnung der ErbSt (Steuerklasse und Freibetrag) ist der Vorgang gem. § 15 Abs. 4 ErbStG so zu behandeln, als wäre die Zuwendung iHv. 800 000 Euro direkt von V an S erfolgt. Die Zuwendung unterliegt damit der Steuerklasse I.
Unklar ist, ob § 29 Abs. 1 ErbStG auch auf Fälle des § 7 Abs. 8 Anwendung findet. Die FinVerw.2 äußert sich hierzu nicht ausdrücklich. Fraglich ist auch, wie man in diesen Fällen das herauszugebende „Geschenk“ iSd. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bestimmt, denn Schenkungsgegenstand ist hier die Werterhöhung der Anteile.
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4. Rechtsentwicklung Die vGA ist ein durch die Rspr. entwickeltes Rechtsinstitut, das geschaffen wurde, um der eigenständigen Steuersubjekteigenschaft einer Körperschaft und damit dem Trennungsprinzip Rechnung zu tragen. Nach Schulte3 finden sich die Ursprünge der vGA schon in der Rspr. des PreußOVG, die durch die Rspr. des RFH weiterentwickelt worden sei.
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Gesetzlich wurde die vGA erstmals in § 6 Satz 2 des KStG 19344 angesprochen, aber – wie im heutigen Recht – nicht definiert. Das Gesetz sah nur eine Berücksichtigung bei der Einkommensermittlung vor („Hierbei sind auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen“). Diese Formulierung findet sich auch noch in § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG 19695. § 19 KStDV 19696 enthielt eine beispielhafte Auflistung von zehn typischen vGA-Sachverhalten, wie zB: „(1.) Ein Gesellschafter führt Vorstandsgeschäfte und erhält dafür ein unangemessen hohes Gehalt.“ oder „(4.) Ein Gesellschafter erhält von der Gesellschaft ein Darlehen, obwohl schon bei Hingabe mit der Uneinbringlichkeit gerechnet werden muss.“ oder „(5.) Ein Gesellschafter gibt der Gesellschaft ein Darlehen zu einem außergewöhnlich hohen Zinsfuß.“ Die KStR 1969 äußerten sich zu vGA nicht.
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Mit dem KStG 19777 wurde dann bereits der heute noch aktuelle Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KStG in das Gesetz eingeführt. Jedoch erst die KStR 1977 enthielten in Abschn. 31 Ausführungen zur vGA.
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Die BFH-Rspr. entwickelte den unbestimmten Begriff der vGA und entwickelte ihn kontinuierlich fort.8 Nach dem Urteil des BFH v. 1.4.19529 setzte eine Gewinnausschüttung noch voraus, dass Werte aus dem Vermögen der Gesellschaft den Gesellschaftern oder ihnen nahestehenden Personen übertragen werden. Bereits mit Urteil vom 11.10.195510 hat der BFH die Grundlagen des sog. Rückwirkungsverbots gelegt, indem er entschied, dass für Gesellschafter-Geschäftsführer eine Vereinbarung, die für die zurückliegende Zeit Gehaltsnachzahlungen ausspricht, steuerlich nicht anerkannt werden könne. Mit Urteil vom 16.3.196711 stellte der BFH dann klar, dass die Übertragung eines Vermögenswerts von der Gesellschaft auf den Gesellschafter ihre wirtschaftliche Ursache in dem Gesellschaftsverhältnis haben muss. Das sei der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Person, die nicht Gesellschafter ist, den Vorteil nicht gewährt hätte. Nach einem Urteil vom 23.5.198412 ist eine vGA jeder Vorteil, den eine Körperschaft ihren Mitgliedern und/oder diesen nahestehenden Personen mit Rücksicht auf die Mitgliedschaft (societatis causa) verdeckt unmittelbar und/oder mittelbar unentgeltlich außerhalb eines gesellschaftsrechtlich wirksamen Gewinnverteilungsbeschlusses zuwendet, den sie aber Dritten nicht einräumen würde.
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1 Vgl. BFH v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830 = FR 2007, 1157 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 1051 m. Anm. Schröder. 2 BMF v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6, BStBl. I 2012, 331 Rz. 2.6.1. 3 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 73. 4 RStBl. 1934, 1031. 5 G v. 13.10.1969, BGBl. I 1969, 1869. 6 Verordnung v. 26.3.1969, BGBl. I 1969, 270. 7 G v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597. 8 Zur Definition der vGA s. Westerfelhaus, GmbHR 1994, 224; Thiel, StbJb 1963/64, 204; Scholtz, FR 1990, 386 Fn. 2. 9 BFH v. 1.4.1952 – I 2/52 U, BStBl. III 1952, 148. 10 BFH v. 11.10.1955 – I 47/55 U, BStBl. III 1955, 397. 11 BFH v. 16.3.1967 – I 261/63, BStBl. III 1967, 626. 12 BFH v. 23.5.1984 – I R 294/81, BStBl. II 1984, 673 = FR 1984, 507 = GmbHR 1984, 323.
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§ 8 Rz. 196–201
Ermittlung des Einkommens
196
Grundlegend definiert hat der BFH die vGA dann mit Urteil vom 22.2.19891. Maßgebende Kriterien waren nach dieser Entscheidung (1) eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung (2), eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, (3) eine Auswirkung auf das Einkommen und (4) kein Zusammenhang mit einer oGA. Nachdem der BFH also zunächst eine Auswirkung auf das Einkommen der Körperschaft als tatbestandsmäßig ansah,2 ging er in der späteren Rspr. davon aus, dass sich die bei der Gesellschaft eingetretene Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG ausgewirkt haben müsse.3
197
Erst in der jüngeren Rspr. ergänzte der BFH dann die vGA-Definition um ein weiteres Merkmal, nämlich das der sog. Vorteilsgeneigtheit.4 Die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft müsse (zumindest im Grundsatz) die Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.
II. Systematik und Grundlagen 1. Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung a) Vermögensminderung 198 Ein grundlegendes Tatbestandsmerkmal der vGA ist nach der Rspr. des BFH5 die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung. Dies bedeutet, dass das Vermögen der KapGes. ohne die vGA höher wäre als es infolge der vGA tatsächlich ist. Vermögensverschiebungen zwischen den Gesellschaftern sind dagegen nicht relevant.6 Eine Vermögensminderung ist anzunehmen, wenn das in der Steuerbilanz ausgewiesene Vermögen der KapGes. gemindert wurde. Von einer verhinderten Vermögensmehrung ist auszugehen, wenn die KapGes. es unterlassen hat, ihr steuerbilanzielles Vermögen zu erhöhen. Abzustellen ist also auf die ordnungsmäßige StB (§ 60 Abs. 2 EStDV), die unter Anwendung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 EStG) und unter Beachtung steuerbilanzieller Sondervorschriften aufgestellt wurde. 199
Eine handelsbilanziell wegen voraussichtlich dauernder Wertminderung nach § 253 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 HGB vorgenommene, aber nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 Satz 2 EStG (steuerliches Wahlrecht) in der Steuerbilanz zulässigerweise unterlassene Teilwertabschreibung7 ist demnach keine Vermögensminderung iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Hat die Körperschaft eine an sich gebotene Teilwertabschreibung im Jahr der Wertminderung unterlassen und die Wertberichtigung aufgrund des Grundsatzes des formellen Bilanzzusammenhangs erst in einem späteren VZ nachgeholt, so ist erst in diesem späteren Jahr von einer Vermögensminderung und dementsprechend von einer vGA auszugehen. Dies gilt zumindest dann, wenn das Jahr, in dem die Wertminderung an sich eingetreten war, schon bestandskräftig veranlagt ist. Erst durch die spätere Korrektur mit Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 EStG wird dann auch die vGA verwirklicht.8
200
Eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung ist nicht anzunehmen, wenn ein Vorteilsausgleich vorliegt, der das nachteilige Geschäft ausgleicht (s. Rz. 214 ff.).
201
Die Weitergabe eines durchlaufenden Postens ist keine vGA, denn die Annahme einer Vermögensminderung setzt voraus, dass die durchgeleiteten Beträge zu irgendeinem Zeit1 BFH v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307. 2 BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94, FR 1995, 383 = GmbHR 1995, 385 = BStBl. II 1995, 549, v. 18.2.1999 – I R 62/98, GmbHR 1999, 993. 3 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann; v. 27.2.2003 – I R 46/01, FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214 m. Anm. Schröder = BStBl. II 2004, 132; v. 15.4.2003 – I B 81/02, BFH/NV 2003, 1612. 4 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 = BFH/NV 2003, 124. Der Zufluss beim Gesellschafter muss nicht zeitgleich mit der vGA stattfinden und auch nicht mit dieser betragsmäßig übereinstimmen. Es reicht, wenn ein Zufluss grundsätzlich denkbar ist. So kann eine Zuführung zu einer Pensionsrückstellung als vGA zu behandeln sein, denn der Gesellschafter-Geschäftsführer wird voraussichtlich nach Erreichen der Altersgrenze ein Ruhegehalt beziehen. 5 BFH v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307. 6 BFH v. 24.9.1974 – VIII R 64/69, BStBl. II 1975, 230. 7 S. dazu BMF v. 12.3.2010 – IV C 6-S 2133/09/10001, 2010/0188935, BStBl. I 2010, 239, Rz. 15, wonach auf die Abschreibung wegen des eigenständigen steuerlichen Wahlrechts auch verzichtet werden kann. 8 BFH v. 18.2.1999 – I R 62/98, GmbHR 1999, 993; BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = GmbHR 2009, 323 m. Anm. Briese = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer.
404
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 201–205 § 8
punkt zum Vermögen der KapGes. gehört haben. Dies ist nicht der Fall, wenn die durchlaufenden Entgelte im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG).1 Die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung ist immer anhand des einzelnen Geschäftsvorfalls zu betrachten.2 Hier besteht eine Übereinstimmung mit § 1 AStG. Eine Vermengung mehrerer Geschäftsvorfälle ist ausnahmsweise dann möglich, wenn ein anzuerkennender Vorteilsausgleich besteht (s. Rz. 214 ff.). Wenn sich Leistung und Gegenleistung aus einem einzelnen Geschäftsvorfall ausgleichen, so wird das steuerbilanzielle Vermögen dadurch nämlich streng genommen gar nicht vermindert.
202
Dennoch hat die Rspr. bei Leistungsbeziehungen mit beherrschenden Gesellschaftern insbesondere dann eine vGA angenommen, wenn bestimmte formelle Voraussetzungen (zivilrechtliche Wirksamkeit,3 klare und eindeutige Vereinbarungen im Voraus,4 tatsächliche Durchführung5) nicht erfüllt sind (s. dazu Rz. 267 ff.). In diesen Fällen sind Leistung und Gegenleistung voneinander zu trennen. Dies gilt auch dann, wenn die Art der Leistung der Körperschaft dem Grunde nach einem Fremdvergleich nicht standhält.
203
Hält zB die Abfindung einer Pensionsanwartschaft an einen Gesellschafter-Geschäftsführer wegen eines im Anstellungsvertrag individualvertraglich vereinbarten Abfindungsverbots einem Fremdvergleich nicht stand, dann ist selbst dann eine vGA anzunehmen, wenn sich Leistung (Übertragung der Rückdeckungsversicherung an den Gesellschafter-Geschäftsführer) und Gegenleistung (Verzicht auf die Anwartschaft) der Höhe nach entsprechen und auch die Pensionszusage für sich genommen steuerlich nicht zu beanstanden war. Nach der Rspr. des BFH6 muss der Sachverhalt in zwei getrennte Vorgänge zerlegt werden. Zum einen führt der Verzicht auf die (werthaltige) Pensionsanwartschaft zu einem Zufluss von Arbeitslohn beim Gesellschafter-Geschäftsführer und zugleich zu einer vE in die KapGes. Die Abfindung (in Gestalt der Übertragung der Rückdeckungsversicherung auf den Gesellschafter-Geschäftsführer) führt zu Lohnaufwand bei der KapGes., der aber über § 8 Abs. 3 KStG wieder zu korrigieren ist. Die Übertragung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an den Gesellschafter ist separat zu würdigen und führt bei der GmbH zu einer Vermögensminderung und damit zu einer vGA. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer fließen in Gestalt der vGA Einkünfte aus Kapitalvermögen zu.7
204
In die gleiche Richtung geht die Frage, ob eine Vermögensminderung vorliegt, wenn die KapGes. von ihrem beherrschenden Gesellschafter ein Wirtschaftsgut ankauft, die Kaufpreisvereinbarung mangels klarer und eindeutiger Vereinbarungen den formellen Anforderungen aber nicht genügt (s. Rz. 267 ff.).
205
Beispiel: Die GmbH erwirbt von ihrem Gesellschafter ein Grundstück im Wert von 100. Der Kaufpreis soll sich nach der Entwicklung der wirtschaftlichen Lage der Erwerberin in den nächsten zwei Jahren richten und zwischen 50 und 150 liegen. Am Ende ergibt sich (zufällig) ein Kaufpreis von 100. Da der Vertrag den Anforderungen an eine klare und eindeutige Vereinbarung nicht genügt, ist davon auszugehen, dass die Entgeltsvereinbarung nicht schuldrechtlich, sondern gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.8 Die Übereignung des Grundstücks ist also von der Kaufpreiszahlung zu trennen. Das Grundstück wird im Wege der vE auf die Gesellschaft übertragen und die Ausschüttung ist ein außerbilanziell zu korrigierender Aufwand.9
1 FG Köln v. 3.9.1996 – 13 K 2134/96, EFG 1997, 370 und nachgehend BFH v. 13.8.1997 – I R 85/96, BStBl. II 1998, 161 = FR 1998, 283. 2 BFH v. 9.7.2003 – I R 100/02, GmbHR 2003, 1497 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 33 = BFH/NV 2003, 1666; BFH v. 28.4.2010 – I R 78/08, GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 251, 264; Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 108. 3 BFH v. 22.9.1976 – 1 R 68/74, BStBl. II 1977, 15; v. 17.9.1992 – 1 R 89–98/91, BStBl. II 1993, 141 = FR 1993, 18 = GmbHR 1993, 45; v. 13.7.1994 – I R 43/94, BFH/NV 1995, 548 = GmbHR 1995, 746; v. 30.8.1995 – I R 128/94, DStR 1995, 1791; v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72; v. 2.3.1994 – I B 189/93, GmbHR 1994, 722 = BFH/NV 1994, 661; v. 23.10.1996 – 1 R 71/95, BStBl. II 1999, 35 = FR 1997, 20 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 34. 4 Vgl. ua. BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121; v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307 mwN; v. 27.7.2009 – I B 45/09, BFH/NV 2009, 2005. 5 Vgl. BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301; v. 2.12.1992 – I R 54/91, BStBl. II 1993, 311 = FR 1993, 238 = GmbHR 1993, 232; v. 25.7.1991 – XI R 30, 31/89, BStBl. II 1991, 842 = FR 1991, 659. 6 BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2006, 1515. 7 Rund, GmbHR 2001, 419. 8 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 75. 9 Ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 398.
Neumann
405
§ 8 Rz. 206–209
Ermittlung des Einkommens
206
Die Frage der Vermögensminderung stellt sich auch, wenn die KapGes. auf dem von ihr angemieteten Grundstück ihres Gesellschafters ein Gebäude errichtet. In diesem Fall sind die von ihr aufgewandten Herstellungskosten grundsätzlich zu aktivieren. Dadurch fehlt es zunächst an der für die Annahme einer vGA notwendigen Vermögensminderung.1 In dem Zeitpunkt, in dem die Nutzungsbefugnis der KapGes. endet, ist sie allerdings nicht mehr aktivierbar und daher auszubuchen. In diesem Zeitpunkt entstehen bei der GmbH aber gesetzliche Ausgleichsansprüche nach §§ 812, 951 BGB gegen ihren beherrschenden Gesellschafter, die auch entsprechend zu aktivieren sind. Eine Vermögensminderung ist erst dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft auf die Realisierung dieser Ansprüche verzichtet.2
207
Dieser Grundsatz ist bei allen gesellschaftsrechtlich veranlassten Vermögensverlagerungen zu beachten. Unbestrittene3 zivilrechtliche Ansprüche einer KapGes. gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, die in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren sind, können nicht gleichzeitig die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auslösen.4 Hier fehlt es an einer steuerbilanziellen Vermögensminderung, soweit eine KapGes. nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung eine Forderung gegen den Gesellschafter erfolgswirksam aktivieren muss.5
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Etwas anderes gilt aber dann, wenn die der Forderung zugrunde liegende Handlung und die durch diese Handlung ausgelöste Vermögensminderung der GmbH bereits als eine vGA zu beurteilen war.6 Die vGA kann nämlich durch den Ersatzanspruch nicht rückabgewickelt werden. Die Rückzahlung ist nach der Rspr. des BFH nur die Kehrseite der vGA und ebenso durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.7 In diesem Fall stellt die nachfolgende Schadenersatzforderung, die ja dann der Rückgängigmachung einer vollendeten vGA dient, eine (steuerneutrale) Einlageforderung dar. Der spätere Verzicht auf eine solche Einlageforderung kann daher nicht erneut als vGA anzusehen sein.8 Es kommt nicht darauf an, auf welchem Rechtsgrund (gesetzliche Verpflichtung,9 Satzungsklausel10 oder Verstoß gegen gesellschaftsvertragliche Treuepflicht11) der Rückgewähranspruch bzw. der Schadenersatzanspruch beruht.12 Im Ergebnis ist also nur maßgebend, ob bereits das schadenstiftende Ereignis oder erst der Verzicht auf den Ersatzanspruch gesellschaftsrechtlich veranlasst war.
209
Nach den oa. Grundsätzen ist in Fällen einer Darlehenshingabe der KapGes. an den Gesellschafter keine Vermögensminderung gegeben, solange die KapGes. eine Darlehensforderung aktivieren kann. Steht dagegen von vornherein fest, dass ein ernsthaftes Darlehen gar nicht gewollt war, also eine Rückzahlungsverpflichtung nicht begründet werden sollte, so liegt ausnahmsweise bereits in der Hingabe des Darlehens eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderung.13
1 BFH v. 30.7.1997 – I R 65/96, BFHE 184, 297 = FR 1998, 161 = GmbHR 1998, 47. 2 BFH v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = FR 1995, 112 = GmbHR 1995, 234. 3 Bestrittene Forderungen aufgrund einer Vertragsverletzung oder einer unerlaubten Handlung können erst am Schluss desjenigen Wj. angesetzt werden, in dem sie anerkannt sind oder in dem über sie rechtskräftig entschieden ist; BFH v. 17.9.2003 – I R 91, 92/02, GmbHR 2004, 190 = BFH/NV 2004, 182. 4 BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 362. 5 BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 609 und v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = FR 1995, 112 = GmbHR 1995, 234. 6 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach; v. 17.9.2003 – I R 91, 92/02, GmbHR 2004, 190 = BFH/NV 2004, 182; v. 29.4.2008 – I R 67/06, GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2009, 29 m. Anm. Pezzer = BFH/NV 2008, 1621. 7 Vgl. BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, BStBl. II 2001, 226 = FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997; v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815. 8 BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 362; glA Frotscher in Frotscher/Maas, Anhang zu § 8 KStG Rz. 92c. 9 BFH v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach. 10 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, BStBl. II 2001, 226 = FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997. 11 BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, DStR 2009, 2142. 12 GlA Gosch2, § 8 KStG Rz. 516f; Klingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1701; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 835; aA Schwedhelm/Binnewies, GmbHR 2005, 151. 13 BFH v. 22.3.2010 – VIII B 204/09, BFH/NV 2010, 1112; v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann.
406
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 210–213 § 8
b) Verhinderte Vermögensmehrung Eine vGA kann auch durch eine verhinderte Vermögensmehrung ausgelöst werden. Eine 210 verhinderte Vermögensmehrung ist anzunehmen, wenn die KapGes. ihr steuerbilanzielles Vermögen hätte erhöhen können, dies aber unterlassen hat. Ein solcher Fall ist zB gegeben, wenn die Gesellschaft für erbrachte Leistungen oder veräußerte Wirtschaftsgüter ein zu geringes Entgelt vereinbart hat. Die verhinderte Vermögensmehrung wird errechnet, indem man die aufgestellte Steuerbilanz (bzw. die HB mit Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV) mit der Steuerbilanz vergleicht, die ohne die vGA aufzustellen gewesen wäre.1 Beispiele aus der Rspr.: KapGes. verzichtet auf angemessene Zinsen bei Vorauszahlungen auf Tantiemen;2 KapGes. verbürgt sich für ein Bankdarlehen des Gesellschafters und verzichtet auf die Vereinbarung einer angemessenen Avalprovision;3 GmbH ist neben ihrem Gesellschafter an einer anderen GmbH beteiligt und nimmt an einer Kapitalerhöhung nicht teil, obwohl das Bezugsrecht einen Marktwert hatte;4 T1-GmbH gibt ihrer Schwestergesellschaft T2 ein zinsloses Darlehen, wodurch iHd. gemeinen Werts der Nutzung eine vGA an den Gesellschafter ausgelöst wird;5 GmbH überlässt eine sich ihr bietende Geschäftschance unentgeltlich an den Gesellschafter;6 GmbH unterlässt es, die Herausgabe von Schmiergeldern zu fordern, die der Gesellschafter auf seinem Privatkonto vereinnahmt hat;7 GmbH unterhält eine Segeljacht im Interesse des Gesellschafters.8
211
Im Schrifttum9 wird kritisiert, dass sich die verhinderte Vermögensmehrung nicht aus der Bilanz ableiten lasse und dementsprechend auch keine unmittelbare Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Nr. 1 EStG habe. Sie sei daher durch § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht unmittelbar erfasst. Die Rspr. habe hier eine Gesetzeslücke durch Analogie schließen müssen. Dem ist nicht zuzustimmen, denn auch in den Fällen der verhinderten Vermögensmehrung ist das Steuerbilanzkapital aus gesellschaftsrechtlichen Gründen zu niedrig.10 Das liegt daran, dass die Gesellschaft Aufwendungen getätigt hat, die einem fremden Dritten im Geschäftsverkehr mit einem angemessenen Gewinnzuschlag weiterberechnet worden wären. Wird das Geschäft dagegen gegen ein unüblich niedriges Entgelt mit dem Gesellschafter abgewickelt, so kommt es iHd. Differenz zum fremdüblichen Preis (entgangener Gewinn) zu einem Vermögensschaden bei der Gesellschaft. Der Gesellschaft entgeht also das Gewinnpotenzial.
212
Beispiel: Die A-GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks, das einen Buchwert von 300 und einen gemeinen Wert von 800 hat. Sie veräußert das Grundstück für 200 an den Gesellschafter A. In der Steuerbilanz kommt es infolge der Veräußerung zu einer Vermögensminderung von 100 (Veräußerungsverlust) und zu einer verhinderten Vermögensmehrung (entgangener Veräußerungsgewinn) von weiteren 500. Dem Einkommen ist eine vGA von 600 hinzuzurechnen. Insoweit wurde das Vermögen der GmbH gemindert. Sähe man dies anders, so blieben die stillen Reserven von 500 unbesteuert, wohingegen der Gesellschafter iHv. 600 im Wege der Ausschüttung einen Vermögensvorteil erlangen würde. Die Vermögensminderung ist also der Verlust an offenen Reserven, während die verhinderte Vermögensmehrung als Verlust der stillen Reserven definiert werden kann. Zwar kann man die Vermögensminderung von 100 in der Tat unmittelbar aus der Bilanz ablesen, ob aber diese 100 im Fremdvergleich zu niedrig sind, muss ebenso durch Schätzung des im Fremdvergleich angemessenen Preises ermittelt werden. Der Unterschied zur Schätzung der verhinderten Vermögensmehrung liegt nur darin, dass man sich bei der Frage, ob die Minderung von 100 angemessen ist, nicht mehr im Bereich der Ermittlung der Vermögensminderung, sondern im Bereich der Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung dieser Minderung bewegt.
Eine andere Interpretation hieße, eine verdeckte Sachausschüttung von einer verdeckten 213 Barausschüttung zu unterscheiden. Dementsprechend hat der BFH eine verhinderte Vermögensmehrung einer Vermögensminderung seit jeher gleichgestellt.11 Dies entspricht auch der Besteuerung auf Gesellschafterebene. Dort ist der gemeine Wert des zugeflossenen Vor-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 71. BFH v. 22.10.2003 – I R 36/03, BStBl. II 2004, 307 = GmbHR 2004, 369 = FR 2004, 462. BFH v. 26.2.1992 – I R 23/91, BStBl. II 1992, 846 = FR 1992, 555 = GmbHR 1992, 681. BFH v. 15.12.2004 – I R 6/04, BStBl. II 2009, 197 = GmbHR 2005, 633 m. Anm. Fritsche = FR 2005, 843; s. dazu Gosch, BFH-PR 2005, 214; Wassermeyer, DK 2005, 424 und Buciek, DStZ 2005, 279. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, FR 1995, 905 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 58. BFH v. 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733 = FR 1987, 456 = GmbHR 1987, 492. BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311; v. 7.2.2007 – I R 27–29/05, GmbHR 2007, 660 = FR 2007, 888. Gosch2, § 8 KStG Rz. 254; Schön in FS Flume, 263 (268). S. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 70a. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159.
Neumann
407
§ 8 Rz. 213–218
Ermittlung des Einkommens
teils als Kapitalertrag iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in Ansatz zu bringen. Dieser umfasst gerade auch die bei der Gesellschaft hinzuzurechnende verhinderte Vermögensmehrung. Diese Lösung ist nicht zuletzt dem Kohärenzgedanken geschuldet, denn die vGA der KapGes. führt letztlich ja auch zu einem Kapitalertrag des Gesellschafters. c) Vorteilsausgleich 214 Wenn sich Gesellschafter und Gesellschaft Ansprüche aus gegenseitigen Veträgen einräumen, dann bedarf es keines besonderen Vorteilsausgleichs, um Leistung und Gegenleistung miteinander zu verrechnen.1 Sind die Ansprüche gleichwertig und ausgewogen und wird der Vertrag auch ansonsten in drittüblicher Weise abgewickelt, dann ist die Annahme einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung grundsätzlich ausgeschlosssen (Ausnahme s. Rz. 203). 215
Wenn sich eine KapGes. und ihr Gesellschafter dagegen gegenseitig Vorteile aus unterschiedlichen Rechtsbeziehungen gewähren und diese wirtschaftlich als einheitliches Geschäft anzusehen sind, kommt die Annahme einer vGA ebenfalls grundsätzlich nicht in Betracht, weil auch hier die gegenseitigen Vorteile zu saldieren sind.2 Unbeachtlich ist, ob die Gegenleistung des Gesellschafters ein einlagefähiger Vermögensvorteil oder nur ein Nutzungsvorteil ist.3
216
Liegen dagegen mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Rechtsgeschäfte vor, dann greifen die Regeln über den sog. Vorteilsausgleich. Hier ist anzunehmen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei der Bemessung der Entgelte auch die sonstigen zu erwartenden Vorteile berücksichtigt hätte. Allerdings kommt ein Vorteilsausgleich nur dann in Betracht, wenn die gegenläufigen Ansprüche jeweils auf schuldrechtlicher Grundlage erbracht werden.4 Des Weiteren müssen die gegenläufigen Ansprüche zwischen der KapGes. und dem Gesellschafter bestehen. Nur auf dieser unmittelbaren gesellschaftlichen Ebene ist ein Vorteilsausgleich möglich.5 Unbeachtlich ist, wenn sich Gesellschafter auf der mittelbaren Ebene ausgleichende Vorteile zuwenden.
217
Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung bei einem beherrschenden Gesellschafter ist jedoch, dass gerade dieser Vorteilsausgleich im Voraus klar und eindeutig vereinbart wurde.6 Bei gegenläufigen Geschäften zwischen einer KapGes. und ihrem nicht beherrschenden Gesellschafter ist eine solche klare und eindeutige Vereinbarung ggf. entbehrlich. Hier ist nur darauf abzustellen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die gegenläufigen Vorteile bei der Vertragsabfassung in die Ermittlung der Entgelte einbezogen hätte.7
218
Der Vorteilsausgleich muss darüber hinaus (auch bei einem nicht beherrschenden Gesellschafter) einem Fremdvergleich standhalten.8 Es ist zu prüfen, ob der Vorteilsausgleich unter sonst gleichen Umständen auch mit einem Nicht-Gesellschafter zustande gekommen wäre. Dies erfordert zum einen, dass der Gegenanspruch gleichwertig ist und dem Grunde und der Höhe nach gesichert erscheint.9 Zum anderen muss der Vorteilsausgleich dem im Fremdvergleich Üblichen entsprechen. Im Einzelfall kann eine rechtlich ungesicherte unternehmerische Erwartung ausreichen. So kann zB eine konkrete Geschäftschance durchaus Gegenstand eines Vorteilsausgleichs sein. Maßgebend ist, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei Abschluss des ungünstigen Geschäfts konkret darauf hoffen durfte, dass der Vorteil aus dem gegenläufigen Geschäft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintritt. Kein Vorteilsausgleich ist anzunehmen, wenn das mit dem Gesellschafter abgeschlossene Geschäft unüblich und nicht ernsthaft vereinbart ist und deshalb einem Fremdvergleich nicht standhält.
1 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 283. 2 BFH v. 8.6.1977 – I R 95/75, BStBl. II 1977, 704 = GmbHR 1977, 290; v. 27.2.2003 – I R 80, 81/01, BFH/NV 2003, 1346 = GmbHR 2003, 1071. 3 BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649 = GmbHR 1990, 566. 4 BFH v. 8.6.1977 – I R 95/75, BStBl. II 1977, 704; v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649; v. 27.7.2010 – I B 61/10, BFH/NV 2010, 2119. 5 BFH v. 1.8.1984 – I R 99/80, BStBl. II 1985, 18 = FR 1985, 53 = GmbHR 1985, 36; v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = FR 2007, 1160 = GmbHR 2007, 1275. 6 BFH v. 19.1.1994 – I R 67/92, BStBl. II 1996, 770 = FR 1994, 435 = GmbHR 1994, 410. 7 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 287. 8 BFH v. 8.6.1977 – I R 95/75, BStBl. II 1977, 704 = GmbHR 1977, 290. 9 BFH v. 8.6.1977 – I R 95/75, BStBl. II 1977, 704 = GmbHR 1977, 290.
408
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 218–220 § 8
Beispiel 1: Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer A erhält – wie in den Vorjahren – am 1.5.2012 eine steuerlich nicht anzuerkennende Umsatztantieme (s. dazu Rz. 1149 f.) für 2011 iHv. 300 000 Euro ausbezahlt. Die Gehaltsvereinbarung stammt vom 1.1.2009. Die Vergütung von 300 000 Euro ist klar und eindeutig vereinbart und der Höhe nach angemessen. Lösung: Die Umsatztantieme ist als vGA zu behandeln, obgleich die Arbeitsleistung des Gesellschafters der gezahlten Vergütung im Wert entspricht. Eine Aufrechnung nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs kommt nicht in Betracht, weil eine umsatzabhängige Vergütung mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht zu vereinbaren ist. Deshalb ist das Entgelt eine Vermögensminderung. Beispiel 2: Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer A erhält – wie in den Vorjahren – am 1.5.2012 eine nach vGA-Grundsätzen nicht anzuerkennende Umsatztantieme (s. dazu Rz. 1149 f.) für 2011 iHv. 300 000 Euro ausbezahlt. Die Gehaltsvereinbarung stammt vom 1.1.2009. Zur gleichen Zeit (notarieller Kaufvertrag v. 2.5.2012) überträgt er ein Grundstück an die GmbH zum Kaufpreis von 200 000 Euro, obwohl der gemeine Wert 500 000 Euro beträgt. Lösung: Es ist kein Vorteilsausgleich anzunehmen, obwohl sich die Werte der beiden Leistungen entsprechen. Es handelt sich nicht um ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft, da der Gesellschafter ursprünglich seine Arbeitskraft als Gegenleistung erbringen wollte. Die Vereinbarung über die Umsatztantieme stammt im Übrigen vom 1.1.2009, während die Gegenleistung erst am 2.5.2012 vereinbart wurde. Beispiel 3: Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH erhält am 1.1.2012 erstmals eine Tantiemezusage iHv. 10 % des Jahresüberschusses. Die Tantieme beläuft sich nach vorsichtiger Gewinnprognose voraussichtlich auf rund 300 000 Euro. Der Gesellschafter-Geschäftsführer verzichtet im Gegenzug für die Zukunft auf das ihm bisher zustehende (angemessene) Festgehalt von 300 000 Euro. Er bezieht fortan – ohne zeitliche Begrenzung – eine sog. Nur-Tantieme. Lösung: Es liegt auch in diesem Fall kein anzuerkennender Vorteilsausgleich vor. Der Vorteilsausgleich ist unüblich. Nur-Tantiemen (also Tantiemen als ausschließliche Vergütung) sind unüblich und in aller Regel bereits dem Grunde nach gesellschaftsrechtlich veranlasst, insbesondere dann, wenn sie ohne zeitliche Begrenzung vereinbart werden (s. Rz. 1150).1 Der Vorteilsausgleich hält also einem Fremdvergleich nicht stand. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde außerdem Vorteile im Hinblick auf künftige Gegenvorteile nur gewähren, wenn diese im Zeitpunkt der Gewährung dem Grunde und der Höhe nach gesichert sind. Beispiel 4: Der beherrschende Gesellschafter A gewährt seiner A-GmbH zinslose Darlehen. Zum Ausgleich wird ein niedrigerer Mietzins für eine von der KapGes. an den Gesellschafter vermietete Wohnung vereinbart. Leistung und Gegenleistung werden in einer Vereinbarung bewusst gegeneinander aufgerechnet. Lösung: In der Vereinbarung eines zu niedrigen Mietzinses liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung, da sich Vorteil und Gegenvorteil ausgleichen. Dabei ist eine im Voraus getroffene Vereinbarung ausreichend, welche die Zinslosigkeit der Darlehen als Rechtsgrund für den niedrigen Mietzins angibt.2
Ein Vorteilsausgleich ist zB auch dann nicht möglich, wenn neben der Gesamtvergütung auch einzelne Vergütungsbestandteile auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen sind. Da das Gehalt eines Gesellschafter-Geschäftsführers idR aus mehreren Gehaltsbestandteilen besteht, sind in die zu überprüfende Gesamtausstattung neben dem Festgehalt auch Tantiemen, Direktversicherungsbeiträge, Versorgungszusagen und Nebenleistungen, wie zB kostenfreie Wohnung und Kfz-Benutzung, sowie sonstige Sachbezüge (nicht Auslagenersatz) einzubeziehen. Ein Vorteilsausgleich zwischen den einzelnen Vergütungskomponenten ist dann nicht möglich, wenn die einzelne Komponente ansonsten einem Fremdvergleich nicht mehr standhält. Als Beispiele wären hier zB zu nennen: die Nur-Pension (s. ABC in Rz. 1015), die überversorgende Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer (s. ABC in Rz. 1009), die Nur-Tantieme (s. ABC in Rz. 1146), die im Verhältnis zum Festgehalt überhöhte Tantieme (s. ABC in Rz. 1142 ff.), die private Pkw-Nutzung durch den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Regelung im Anstellungsvertrag (s. ABC in Rz. 1069), die Pensionsabfindung trotz bestehenden Abfindungsverbots (s. ABC in Rz. 1047).
219
Die FinVerw.3 hat für den Vorteilsausgleich bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen folgende Grundsätze aufgestellt: Der Vorteilsausgleich setze voraus, dass die Geschäfte in einem inneren Zusammenhang stehen, der den Schluss zulässt, dass die Geschäfte auch unter Fremdbedingungen von dem Stpfl. mit derselben Person abgeschlossen worden wären, die Vor- und Nachteile bei den einzelnen Geschäften mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters quantifiziert werden können und die Vorteilsverrechnung vereinbart
220
1 BFH v. 18.3.2002 – I B 156/01, GmbHR 2002, 793. 2 BFH v. 8.6.1977 – I R 95/75, BStBl. II 1977, 704 = FR 1977, 502. 3 BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.3.3. (Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen).
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§ 8 Rz. 220–222
Ermittlung des Einkommens
war oder zur Geschäftsgrundlage des nachteiligen Geschäfts gehörte1. Seien die nachteiligen Bedingungen nicht während des Wj., in dem sie sich ausgewirkt haben, ausgeglichen worden, so sei ein Ausgleich nur zulässig, wenn spätestens zum Ende dieses Wj. bestimmt ist, wann und durch welche Vorteile die Nachteile ausgeglichen werden. Die Nachteile müssen innerhalb der drei folgenden Wj. ausgeglichen sein. Ein Ausgleich ist auch dann gegeben, wenn die den Vorteil einbringende Leistung aktiviert wird. Fraglich ist, ob diese Grundsätze – insbesondere die dreijährige Ausgleichsregelung – eine Rechtsgrundlage haben, denn hierbei handelt es sich um eine rein pauschale Betrachtung, die dem Erfordernis des inneren Zusammenhangs der beiden verbundenen Rechtsgeschäfte nicht gerecht wird.2 Dies bedeutet aber zugleich, dass ein Ausgleich innerhalb der genannten Frist unbeachtlich sein muss, wenn ein innerer Zusammenhang fehlt. 2. Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag 221
In seiner früheren Rspr. sah der BFH es als erforderlich an, dass sich die vGA auf das Einkommen der KapGes. ausgewirkt haben musste.3 Erst im Jahr 20014 präzisierte er seine Rspr. dahingehend, dass die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG ausgewirkt haben muss. Dies bedeutet in aller Regel, dass der Steuerbilanzgewinn durch eine entsprechende Aufwandsbuchung gemindert wurde (zu einem Sonderfall s. Rz. 359). Die Unterschiedsbetragsminderung iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, die idR mit einer Gewinnauswirkung in der Steuerbilanz einhergeht (sog. 1. Gewinnermittlungsstufe), ist zum einen Voraussetzung für die Annahme einer vGA dem Grunde nach, zum anderen aber auch für die Bestimmung der vGA der Höhe nach. Letzteres ist nicht nur dann der Fall, wenn die vGA auf einer Vermögensminderung beruht, sondern auch dann, wenn eine verhinderte Vermögensmehrung für die Annahme der vGA ursächlich ist. Außerbilanzielle Korrekturen wirken sich folglich auf die Feststellung einer vGA dem Grunde nach nicht aus. Das Abstellen auf den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG führt dazu, dass es auch dann zu einer vGA kommen kann, wenn sich die Minderung auf das Einkommen gar nicht auswirken kann.
222
Dies hat vor allem dann Bedeutung, wenn die Einkünfte, die Gegenstand der vGA sind, einer Steuerbefreiung unterliegen. Als Beispiel wären hier zB zu nennen: die verbilligte Veräußerung einer § 8b-Beteiligung oder einer ausländischen DBA-Betriebsstätte (bzw. von Wirtschaftsgütern einer solchen Betriebsstätte) an den Gesellschafter. In diesen Fällen hat sich der als vGA hinzuzurechnende Betrag auf den steuerbilanziellen Jahresüberschuss (dieser entspricht idR dem Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG; zu einer Ausnahme s. Rz. 359) mindernd ausgewirkt. Erst auf der nächsten Stufe (sog. 2 Gewinnermittlungsstufe) ist die steuerbilanzielle Gewinnminderung dem Einkommen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG wieder hinzuzurechnen. Diese Hinzurechnung ist dann allerdings (gewissermaßen auf einer 3. Stufe) nach dem einschlägigen DBA oder nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei zu stellen.5 Die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorgenommene Hinzurechnung wird also sogleich wieder gekürzt. Diese Auffassung wird auch von der FinVerw. geteilt.6 Soweit infolge der Hinzurechnung ein Gewinn (zB Veräußerungsgewinn) entsteht, findet § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG Anwendung und dies führt zum Ansatz fiktiver nicht abziehbarer Ausgaben iHv. 5 % dieses Gewinns. Beispiel: Die T-GmbH veräußert die 100-prozentige Beteiligung an der E-GmbH zum Kaufpreis von 100 an ihren Gesellschafter A. Der Buchwert der Anteile beläuft sich auf 200, der gemeine Wert auf 1000. Lösung: Die verbilligte Veräußerung der Anteile stellt eine vGA dar. Die T-GmbH weist einen steuerbilanziellen Buchverlust (Vermögensminderung) von 100 aus. Die verhinderte Vermögensmehrung beläuft sich auf 800. Die Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG beträgt also insgesamt 900. In Höhe von 900 kommt es also auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe zu einer geschäftsvorfallbezogenen Entgeltskorrektur. Dieser Betrag wird gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen hinzugerechnet. Dadurch ergibt sich ein Veräußerungsgewinn von 800, der unter § 8b Abs. 2 KStG fällt, weil er bei der Ver-
1 BFH v. 8.6.1977 – I R 95/75, BStBl. II 1977, 704. 2 Ebenso Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 288; und Gosch2, § 8 KStG Rz. 265. 3 BFH v. 1.2.1989 – I R 73/85, BStBl. II 1989, 522 = FR 1989, 340 = GmbHR 1989, 390; v. 5.10.1994 – I R 50/94, FR 1995, 383 = GmbHR 1995, 385 = BStBl. II 1995, 549; v. 18.2.1999 – I R 62/98, GmbHR 1999, 993. 4 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann; v. 27.2.2003 – I R 46/01, FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214 m. Anm. Schröder = BStBl. II 2004, 132; v. 15.4.2003 – I B 81/02, BFH/NV 2003, 1612. 5 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 146; Gosch2, § 8 KStG Rz. 169. 6 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, GmbHR 2003, 603 Tz. 21.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 222–226 § 8
äußerung eines Anteils entstanden ist.1 Es werden gem. § 8b Abs. 3 KStG nicht abziehbare Ausgaben von (5 % × 800) 40 in Ansatz gebracht. Die dem Gesellschafter zufließende vGA beläuft sich auf 900. Dies ist auch die Bemessungsgrundlage für die KapESt.
Anders stellt sich die Situation dar, wenn zB eine nach § 8b KStG steuerbefreite Divi- 223 dende oder eine steuerfreie Investitionszulage durch die empfangende KapGes. gar nicht als Ertrag verbucht und unmittelbar auf das Konto des Gesellschafters weitergeleitet wird. In diesem Fall handelt es sich zwar dem Grunde nach um eine vGA. Es ist aber zunächst erforderlich, die Steuerbilanz und damit den Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG geschäftsvorfallbezogen zu berichtigen, denn es handelt sich hier schließlich um bei der Gesellschaft richtigerweise zu erfassende Einnahmen (1. Geschäftsvorfall). Diese Einnahmen werden dann nach allgemeinen Grundsätzen in einem zweiten Schritt bei der Einkommensermittlung steuerfrei gestellt. Die erfolgte Weiterleitung an den Gesellschafter (2. Geschäftsvorfall) mindert aber den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Diese Unterschiedsbetragsminderung ist sodann nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG wieder zu korrigieren. Der Gesellschafter hat die vGA als Einnahme iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 iVm. § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG dem Teileinkünfteverfahren zu unterwerfen. Ob sich eine Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag ergibt, ist grundsätzlich in dem VZ zu entscheiden, in dem sich die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung steuerbilanziell ausgewirkt hat. Es kommt auf die konkrete steuerbilanzielle Aufwandsbuchung bzw. auf die unterlassene Ertragsbuchung an. Wenn die Körperschaft die Aufwandsbuchung unterlassen hat und diese Buchung wegen Bestandskraft des Steuerbescheids für das „richtige Jahr“ erst in einem späteren Jahr zulässigerweise nachgeholt wird, dann wird die vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erst durch die spätere Korrektur mit Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG verwirklicht.2 Erst im Jahr der tatsächlichen Minderung des Unterschiedsbetrags kommt es also zu einer außerbilanziellen Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
224
3. Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis a) Grundlagen der societatis causa Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (societatis causa) ist ein zentrales 225 Merkmal der vGA.3 Das Merkmal hat den dogmatischen Ansatz, die Einkommensverwendung von der Einkommenserzielung zu trennen und so dem Trennungsprinzip Geltung zu verschaffen.4 Hierzu müssen die Umstände erforscht werden, die das zu wertende Rechtsgeschäft ausgelöst haben.5 Es reicht nicht aus, den konkreten Vertrag zu untersuchen. Vielmehr bedarf es der Entscheidung, ob die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung trotz der Gesellschafterstellung des Leistungsempfängers oder wegen der Gesellschafterstellung des Leistungsempfängers ausgelöst bzw. in Kauf genommen (veranlasst) wurde. Nur in der zweiten Alternative kommt die Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung in Betracht, denn das Gesellschaftsverhältnis muss Auslöser für die Maßnahme gewesen sein. Es bedarf der Feststellung, dass die Gesellschaft das Ergebnis herbeigeführt hat, weil der Gesellschafter daran ein Interesse hatte. Dies kann nur gelingen, indem man feststellt, dass die Gesellschaft den gleichen Vorteil 226 einem Fremden nicht eingeräumt hätte. Das Instrument hierfür ist der Fremdvergleich.6 Dabei handelt es sich nicht etwa um ein mit dem Veranlassungsgrundsatz konkurrierendes Prinzip,7 sondern um eines von mehreren Instrumenten zur Überprüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung.8 Alleine der Umstand, dass der fremdübliche Preis höher ist als der von der KapGes. berechnete Preis, führt noch nicht zur Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Er liefert hierfür nur einen Anhaltspunkt.9 Vielmehr bedarf es darüber hinaus der Feststellung, dass der Empfänger der Leistung an der Gesellschaft beteiligt 1 Zutr. Wassermeyer, GmbHR 2002, 1. 2 BFH v. 18.2.1999 – I R 62/98, GmbHR 1999, 993; v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = GmbHR 2009, 323 m. Anm. Briese = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer. 3 Hierzu bedarf es eines Fremdvergleichs am Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Dieser Fremdvergleich ist ein Instrument zur Erforschung des Veranlassungszusammenhangs. 4 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 120. 5 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 29. 6 Gosch2, § 8 KStG Rz. 290. 7 So aber Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttungen und Fremdvergleich im Steuerrecht, 2001, 44. 8 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 37 ff. 9 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 39.
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§ 8 Rz. 226–231
Ermittlung des Einkommens
ist oder einem Gesellschafter nahesteht. Darüber hinaus muss festgestellt werden, dass der Gesellschafter der KapGes. keinen gegenläufigen Vorteil eingeräumt hat. Ferner ist zu untersuchen, ob der Vermögensschaden der KapGes. überhaupt als Vorteil beim Gesellschafter „ankommen“ kann. Erst die Summe aller Mosaiksteine berechtigt also zu dem Schluss, dass die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. 227
Von einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist dann nicht auszugehen, wenn die Leistung der KapGes. auf einem Rechtsirrtum beruht.1 Etwas anderes gilt – wie Gosch2 herausgestellt hat – aber dann, wenn sich der Irrtum lediglich auf die zivilrechtliche Leistungspflicht, nicht aber auf deren Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bezieht. Kurz gesagt: Wenn die Gesellschaft eine Leistung erbringt, die zweifelsfrei im persönlichen Interesse des Gesellschafters liegt, die konkrete Zuwendung aber in dem Irrglauben erbracht wird, (obendrein) zur Zahlung vertraglich verpflichtet zu sein, so ist von einer vGA auszugehen. Beispiel: Die A-GmbH zahlt dem Gesellschafter-Geschäftsführer A ein Jahresgehalt von 500 000 Euro in dem Glauben, eine Vergütung in dieser Höhe schriftlich vereinbart zu haben. Tatsächlich bestimmt der Gesellschaftsvertrag aber nur ein Vergütung von 200 000 Euro. Die Obergrenze für die Angemessenheit liegt bei 200 000 Euro. In diesem Fall ist trotz der rechtsirrtümlichen Zahlung von einer vGA iHv. 300 000 Euro auszugehen. Etwas anderes gilt aber, wenn die Angemessenheitsobergrenze bei 500 000 Euro läge.
b) Fremdvergleich 228 Der Fremdvergleich ist also eine Art Hilfsinstrument und dient – zusammen mit anderen Instrumenten – der Klärung der Frage, ob eine bestimmte Handlung einer GmbH durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Der BFH hat eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis immer dann angenommen, wenn die KapGes. ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.3 Dies ist dann der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte. 229
Gosch4 weist zutreffend darauf hin, dass der Fremdvergleich immer nur ein abstrakter und möglichst objektiver sein kann. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter ist dabei nicht etwa eine „virtuelle Lichtgestalt“, die alle denkbaren (auch unbekannten) Umstände durchleuchten kann, sondern eine Person, die nach ihrem konkreten Erkenntnisstand abgewogen handelt und sich dabei in verkehrsüblicher Weise wirtschaftlich vernünftig verhält. Ihm steht ein „normaler“ unternehmerischer Ermessensspielraum zu.5
230
Die unterschiedlichen Arten des Fremdvergleichs stehen nebeneinander und können auch gleichzeitig in ein und demselben Fall Anwendung finden. Zum einen kann ein tatsächlicher Fremdvergleich geführt werden, indem vergleichbare Vereinbarungen vorgelegt werden, die aber mit Nichtgesellschaftern abgeschlossen wurden.
231
Dieser tatsächliche Fremdvergleich kann zB als interner Fremdvergleich geführt werden, in dem auf Vereinbarungen verwiesen wird, die mit anderen Arbeitnehmern der KapGes. oder mit anderen (konzernexternen) Lieferanten abgeschlossen wurden.6 So hat der BFH einen Fremdvergleich als geführt angesehen, weil dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Tantieme gezahlt wurde, die der Höhe nach dem entsprach, was er vor dem Zeitpunkt seiner Beteiligung an der KapGes. von dieser Gesellschaft als Fremdgeschäftsführer erhalten hatte.7 Alleine der Umstand, dass die KapGes. auch fremden Dritten gegenüber unüblich (wirtschaftlich unvernünftig) handelt, ist allerdings kein Indikator für die Fremdüblichkeit dieses Handelns.8 Kann dies festgestellt werden, ist zusätzlich eine andere Fremdvergleichsmethode durchzuführen, um einen möglichst objektiven Maßstab zu erhalten. 1 BFH v. 29.4.2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55 = GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2009, 29 m. Anm. Pezzer. 2 BFH-PR 2008, 434. 3 BFH v. 16.3.1967 – I 261/63, BStBl. III 1967, 626; v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = GmbHR 2003, 118 m. Anm. Rohde = FR 2003, 132; v. 28.6.2006 – I R 108/05, GmbHR 2006, 1339 = BFH/NV 2007, 107. 4 Gosch2, § 8 KStG Rz. 292; aA Pezzer, DStZ 2002, 850. 5 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 181. 6 BFH v. 6.4.2005 – I R 22/04, BStBl. II 2007, 658 = FR 2005, 1030 = GmbHR 2005, 1139. 7 BFH v. 9.7.2003 – I R 36/02, GmbHR 2004, 136 = BFH/NV 2004, 88. 8 Gosch2, § 8 KStG Rz. 292.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 232–236 § 8
Eine andere Art des tatsächlichen Fremdvergleichs ist der externe Fremdvergleich. Hierbei werden für Zwecke der vergleichenden Betrachtung nicht die Leistungsbeziehungen der konkret zu beurteilenden KapGes. zu externen Personen, sondern vielmehr die Art und Höhe der Leistungen und Gegenleistungen anderer Betriebe im allgemeinen Geschäftsverkehr als Maßstab herangezogen. Auf solch externen Vergleichswerten beruhen zB auch Gehaltsstrukturuntersuchungen. Sie sind (unter Berücksichtigung einer Bandbreitenbetrachtung) als betriebsexterne Vergleichswerte einem Fremdvergleich auch dann zugrunde zu legen, wenn die Daten nicht in jeder Hinsicht mit denen des Streitfalles übereinstimmen,1 nicht jedoch, wenn der konkret zu beurteilende Fall Besonderheiten aufweist, die eine nicht unerhebliche Abweichung von den empirischen Untersuchungsergebnissen rechtfertigen.2
232
Neben einem tatsächlichen (internen oder externen) Fremdvergleich ist auch ein sog. hypothetischer Fremdvergleich möglich.3 Hierbei ist auf die Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters abzustellen. Diese Fremdvergleichsmethode ergänzt den tatsächlichen Fremdvergleich schon deshalb, weil es einen tatsächlich bis ins Detail vergleichbaren Fall idR gar nicht gibt.4 Es ist nämlich erforderlich, herauszufinden, ob sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter in einer vergleichbaren Lage tatsächlich ebenso verhalten hätte. So ist der BFH zB zu der Ansicht gelangt, dass sich Überstundenvergütungen – auch wenn sie der Höhe nach angemessen sind – nicht mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers vereinbaren lassen, und zwar deshalb, weil die tatsächlich abgeleistete Arbeitszeit nicht Grundlage für die Entlohnung des Geschäftsführers sein kann, denn dieser muss in erster Linie am Gesamterfolg des Unternehmens interessiert sein.5 Auch hierbei kann es sich aber letztlich immer nur um eine widerlegbare Vermutung handeln, die der Stpfl. durch Nachweis betrieblicher Besonderheiten entkräften kann.6
233
Der Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers ist eine Denkfigur, die helfen soll, die Veranlassung einer Leistung an den Gesellschafter objektiv zu beurteilen.7 Dieser Maßstab ist anwendbar, wenn die zu beurteilende Rechtsbeziehung ihrer Art nach auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen werden könnte. Auf die Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters kann aber nicht abgestellt werden, wenn zB ein Rechtsverhältnis zu beurteilen ist, das iRd. Erstausstattung einer KapGes. zustande gekommen ist.8 Dies betrifft insbesondere auch alle statutarischen Fragen, wie zB den Unternehmensgegenstand oder die Höhe des Stammkapitals.
234
Der GmbH zuzurechnende Rechtshandlungen sind nicht nur Rechtshandlungen der Geschäftsführer9 bzw. der Gesellschafterversammlung, sondern auch Handlungen der beherrschenden Gesellschafter, die diese – ggf. auch unter Überschreitung ihrer Kompetenzen – für die GmbH vornehmen.10 Auch diese Handlungen sind am Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu messen. In besonders extremen Fällen (zB unübliches Verhalten über einen sehr langen Zeitraum) kann eine fehlende Ernsthaftigkeit einer Vereinbarung auch im Verhältnis zu einem nicht beherrschenden Gesellschafter anzunehmen sein.11
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Eine vGA infolge fremdunüblichen Verhaltens kann nach der Rspr. des BFH auch vorliegen, wenn eine KapGes. mit ihrem Gesellschafter eine an sich für sie günstige Vereinbarung trifft, ein gedachter fremder Dritter aber einer solchen Vereinbarung nie zugestimmt hätte. Daher sei der Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftslei-
236
1 BFH v. 27.8.2008 – I B 66/08, juris. 2 BFH v. 27.2.2003 – I R 46/01, BStBl. II 2004, 132 = GmbHR 2003, 1214 m. Anm. Schröder = FR 2003, 1020; v. 17.2.2010 – I R 79/08, GmbHR 2010, 828 = BFH/NV 2010, 1307. 3 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 132. 4 So zutr. Gosch2, § 8 KStG Rz. 300a. 5 BFH v. 19.3.1997 – I R 75/96, BStBl. II 1997, 577 = FR 1997, 683 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 711; v. 8.4.1997 – I R 66/96, GmbHR 1997, 1167 = BFH/NV 1997, 804; v. 27.3.2001 – I R 40/00, BStBl. II 2001, 655 = FR 2001, 952 = GmbHR 2001, 777. 6 OFD Düsseldorf v. 7.7.2005 – S 2343 A - St 22, FR 2005, 816 = GmbHR 2005, 1011. 7 Vgl. Gosch2, § 8 KStG Rz. 310. 8 BFH v. 23.5.1984 – I R 294/81, BStBl. II 1984, 673 = GmbHR 1984, 323 = FR 1984, 507. 9 BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266; und v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, FR 2007, 1157 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 1051. 10 BFH v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352 = GmbHR 1993, 171. 11 BFH v. 6.12.1995 – I R 88/94, BStBl. II 1996, 383 = FR 1996, 393 m. Anm. Pezzer, FR 1996, 379 = GmbHR 1996, 464; v. 15.3.2000 – I R 74/99, FR 2000, 1275 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2000, 1158; dazu Paus, GmbHR 2001, 328.
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§ 8 Rz. 236–238
Ermittlung des Einkommens
ters nur ein Teilaspekt des Fremdvergleichs. Ein fremder Dritter würde sich auf eine für die KapGes. einseitig vorteilhafte Vereinbarung nicht einlassen.1 Ein Beispiel hierfür ist die sog. Nur-Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer. Diese Einbeziehung des Vertragspartners wird im Schrifttum auch als sog. doppelter Fremdvergleich bezeichnet.2 Es handelt sich also um eine Art Angemessenheitsprüfung aus Sicht des benachteiligten Gesellschafters. Letztlich kann der „doppelte Fremdvergleich“ uE aber nur dann eine Rolle spielen, wenn die Vereinbarung ihrer Art nach völlig unüblich ist (s. dazu Rz. 239).3 Die BFHRspr. gibt zwar zu einer gewissen Verwirrung Anlass. Dennoch scheint pauschale Kritik4 an den genannten Grundsatzentscheidungen des BFH nicht gerechtfertigt zu sein. UE ist die Rspr. des BFH nämlich eher als Ausweitung des Kriteriums der Unüblichkeit zu verstehen und weniger als die „Erfindung“ eines neuen Betrachtungsblickwinkels. Die einseitige Vereinbarung einer Nur-Pension als Entlohnung für einen Geschäftsleiter dürfte in der Praxis zwischen fremden Dritten nicht vorkommen. Deshalb stellt eine solche „Gesamtvereinbarung“ indiziell die Ernstlichkeit des gesamten Anstellungsvertrags infrage. Eines zusätzlichen Kriteriums der „einseitigen Benachteiligung des Gesellschafters“ bedarf es uE nicht. Offenbar um derartigen Diskussionen vorzubeugen, hat der BFH später ausdrücklich klargestellt, dass der doppelte Fremdvergleich nicht etwa zur Folge hat, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer Gefahr läuft, eine vGA zu provozieren, wenn er mit seiner GmbH ein „unangemessen“ niedriges Gehalt vereinbart oder in sonstiger Weise gerade wegen der steuerlichen Risiken bei der Bemessung der Vergütung „zu vorsichtig“ agiert.5 Es bleibt dem Gesellschafter aus ertragsteuerlicher Sicht nach wie vor unbenommen, für seine KapGes. teilentgeltlich oder unentgeltlich tätig zu werden. 237
Bei der Entscheidung der Frage, ob eine Leistungsvereinbarung dem Fremdvergleich standhält, kommt es grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses der vertraglichen Vereinbarung an. Leistungen einer GmbH an den Gesellschafter können folglich auch dann vGA darstellen, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt des Zuflusses gar nicht mehr Gesellschafter ist.6
238
Die Feststellungslast für das im Fremdvergleich Übliche obliegt grundsätzlich dem FA.7 Etwas anderes gilt dann, wenn der Stpfl. seine Mitwirkungspflicht verletzt hat.8 Zur Durchführung des Fremdvergleichs kann das FA die Höhe des fremdüblichen Entgelts (gemeiner Wert) im Wege der Schätzung ermitteln, wenn sich der Betrag auch mit Hilfe des Stpfl. nicht exakt quantifizieren lässt. Wegen der Beweisrisikozuordnung hat der BFH9 allerdings entschieden, dass sich eine Schätzung der Unterschiedsbetragsminderung (vGA) der Höhe nach an dem für den Stpfl. günstigsten Wert der Bandbreite von möglichen Fremdvergleichswerten orientieren muss. Nur soweit dieser äußere Wert der Bandbreite überschritten wird, kann man zur Annahme einer vGA gelangen.10 Wenn der Gesellschafter zB ein Grundstück an seine GmbH zu einem überhöhten Kaufpreis veräußert, kann der gemeine Wert aus entsprechenden Sachverständigengutachten abgeleitet werden. Wenn mehrere Gutachten existieren, ist nach den Grundsätzen der Bandbreitenrechtsprechung das für den Stpfl. günstigste Gutachten maßgebend, wenn es sachlich fehlerfrei ist.11 Andere Grundsätze können dann gelten, wenn die KapGes. gegenüber fremden Dritten grundsätzlich andere Preise erzielt als in ihren Geschäftsbeziehungen zu verbundenen Unternehmen. Es bedarf keiner bandbreiten1 BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 = FR 1995, 833 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1996, 906; v. 19.5.1998 – I R 36/97, BStBl. II 1998, 689 = GmbHR 1998, 944 = FR 1998, 902. 2 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 189. 3 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 386. 4 Kohlhepp, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 2008, 114; Frotscher, GmbHR 1998, 23; Hoffmann, DStR 1996, 729. 5 So ausdrücklich BFH v. 6.4.2005 – I R 27/04, GmbHR 2005, 1143 unter II./4./b. der Gründe. 6 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359. 7 BFH v. 26.2.2003 – I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221 = GmbHR 2003, 1150. 8 BFH v. 15.2.1989 – X R 16/86, BStBl. II 1989, 462 = FR 1989, 375. 9 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163; v. 27.2.2003 – I R 46/01, BStBl. II 2004, 132 = FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214. 10 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163; v. 17.12.2003 – I R 25/03, GmbHR 2004, 744 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2004, 819 = GmbHR 2004, 744; v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = GmbHR 2003, 1497 = BFH/NV 2003, 1666; v. 4.6.2003 – I R 24/02, FR 2003, 1233 = GmbHR 2003, 1365 = BStBl. II 2004, 136; v. 4.6.2003 – I R 38/02, FR 2003, 1173 = GmbHR 2003, 1369 = BStBl. II 2004, 139; v. 27.2.2003 – I R 80, 81/01, GmbHR 2003, 1071 = BFH/NV 2003, 1346; v. 27.2.2003 – I R 46/01, FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214 = BStBl. II 2004, 132; ebenso BMF v. 26.2.2004 – IV B 4 - S 1300 12/04, BStBl. I 2004, 270 unter 2./c. 11 FG Berlin v. 11.11.2003 – 7 K 7072/02, GmbHR 2004, 810 = EFG 2004, 370 (rkr.).
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 238–243 § 8
orientierten Schätzung, wenn der Fremdpreis anhand von Drittverkäufen zweifelsfrei ermittelbar ist.1 Werden im Rahmen einer Leistungsbeziehung (zB Anstellungsvertrag mit dem Gesell- 239 schafter-Geschäftsführer) mehrere Vergütungskomponenten gewährt (wie zB Festgehälter, Überstundenvergütungen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Tantiemen, Gratifikationen, Pensionszusagen, Fahrzeugüberlassung, private Telefonnutzung), so kann es erforderlich sein, sowohl die Gesamtvergütung im Hinblick auf die Angemessenheit einer Fremdvergleichsprüfung zu unterziehen und daneben auch zusätzlich die Einzelkomponenten im Hinblick auf ihre Fremdüblichkeit dem Grunde und der Höhe nach zu untersuchen. Nach Ansicht der FinVerw. ist zuerst der einzelne Vergütungsbestandteil und danach erst die Angemessenheit der steuerlich anzuerkennenden Gesamtvergütung zu prüfen. Dies entspricht im Grundsatz auch der Sichtweise des BFH.2 Die FinVerw.3 führt hierbei die Fremdvergleichsprüfung nach folgendem Schema durch: (1) Prüfung der Einzelkomponenten im Hinblick auf ihre Angemessenheit dem Grunde nach (zB Pensionszusage ohne Wartezeit oder Überstundenvergütung an den Gesellschafter-Geschäftsführer), (2) Angemessenheit der Einzelkomponenten der Höhe nach (zB überversorgende Pensionszusage oder Nur-Tantieme) und (3) Angemessenheit der Gesamtausstattung (ohne Berücksichtigung der bereits auf Stufe (1) oder (2) als vGA behandelten Beträge). Dem Grunde oder der Höhe nach unangemessenen Teilkomponenten werden bei der Prüfung der Angemessenheit der Gesamtausstattung nicht mehr berücksichtigt. Sind die einzelnen Vergütungsbestandteile nicht zeitgleich vereinbart worden und übersteigt die Vergütung die Angemessenheitsgrenze, ist der unangemessene Betrag in der Regel dem bzw. den zuletzt vereinbarten Bestandteilen zuzuordnen. Die zuletzt vereinbarte Vergütung wäre also als vGA zu behandeln. Dies ist zumindest dann denklogisch ohne Alternative, wenn die gesamte zuletzt vereinbarte Vergütung oberhalb der Angemessenheitsgrenze liegt.
240
Die Feststellung der Angemessenheit, also die Durchführung des Fremdvergleichs, obliegt in aller Regel dem FG und ist einer revisionsrechtlichen Überprüfung durch den BFH nur begrenzt zugänglich.4
241
c) Üblichkeit, Ernsthaftigkeit Ein Kriterium, das der Fremdvergleichsprüfung dient, ist zB auch die Unüblichkeit einer Vereinbarung. Auch hierfür ist das Verhalten des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters der Beurteilungsmaßstab. Die Unüblichkeit einer Vereinbarung mit dem Gesellschafter ist aber nur ein Indiz für deren mangelnde Ernsthaftigkeit und damit für eine Verursachung durch das Gesellschaftsverhältnis. Sie ist kein eigenständiges Prüfkriterium der vGA.5 Aus dem Begriff der mangelnden Ernsthaftigkeit ist nicht etwa zu schließen, dass in diesen Fällen ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) anzunehmen ist. Das vertraglich Vereinbarte ist idR durchaus gewollt und die Vertragsbeteiligten wollen das Ergebnis der Vereinbarung auch eintreten lassen. Jedoch hätten einander nicht nahestehende Personen eine vergleichbare Vereinbarung in dieser Form nicht getroffen oder nicht in dieser Weise durchgeführt.6 Auch die Durchführung kann Rückschlüsse in Bezug auf eine fehlende Ernsthaftigkeit ermöglichen. Folglich geht es bei der Prüfung der Ernstlichleit darum, die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Vereinbarung festzustellen.
242
Bei einer unüblichen Vereinbarung ist allerdings ein tatsächlicher Fremdvergleich kaum möglich, weil es vergleichbare Vereinbarungen nun einmal zwischen fremden Dritten nicht gibt. Deshalb kann in solchen Fällen nur ein hypothetischer Fremdvergleich weiterführen. So entschied der BFH, dass Einkommensminderungen aufgrund einer Vereinbarung, nach der sich der Tantiemeanspruch des Gesellschafter-Geschäftsführers erhöht, wenn der An-
243
1 S. auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 312; Baumhoff in F/W/B, § 1 AStG Rz. 152. 2 BFH v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580 m. Anm. Schröder; v. 5.10.1994 – I R 50/94, BStBl. II 1995, 549; v. 12.10.1995 – I R 4/95, GmbHR 1996, 554 = BFH/NV 1996, 437; v. 26.1.1999 – I B 119/98, BStBl. II 1999, 241 = FR 1999, 381 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 415; v. 4.6.2003 – I R 24/02, BStBl. II 2004, 136 = GmbHR 2003, 1365 m. Anm. Hoffmann = FR 2003, 1233. 3 BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972. 4 BFH v. 24.8.2011 – I R 5/10, GmbHR 2012, 223 = BFH/NV 2012, 271; v. 22.12.2010 – I R 47/10, GmbHR 2011, 601 = BFH/NV 2011, 1019. 5 BFH v. 6.4.2005 – I R 27/04, GmbHR 2005, 1143; Gosch2, § 8 KStG Rz. 310. 6 Wassermeyer, GmbHR 1998, 157; Frotscher in Frotscher/Maas, § 13 UmwStG Rz. 113.
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§ 8 Rz. 243–246
Ermittlung des Einkommens
spruchsberechtigte Empfänger einer vGA ist, unüblich sind und deshalb grundsätzlich einem Fremdvergleich nicht standhalten.1 244
Wenn eine Vereinbarung unüblich ist und zwischen fremden Dritten idR in vergleichbarer Form nicht vorkommt, dann spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine gewisse Nähe zur Gewinnverteilung. Erst im nächsten Schritt ist dann kritisch zu prüfen, ob tatsächlich eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung gegeben ist.2 Allerdings kann sich dann die Beweislast umkehren.3 Der Stpfl. hat die Möglichkeit, betriebliche oder sogar branchentypische Besonderheiten vorzutragen, welche die betriebliche Veranlassung im konkreten Einzelfall trotz der Unüblichkeit belegen.4 Bei der Entscheidung über die gesellschaftsrechtliche Veranlassung sind nämlich immer alle Umstände des konkreten Einzelfalls zu würdigen.5
245
Die Rspr. hat zahlreiche typische Vertragskonstellationen, insbesondere solche zwischen einer KapGes. und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer, überprüft und dabei viele unübliche Fallvarianten herausgearbeitet. Beispielhaft seien folgende Fallkonstellationen genannt: eine für sechs Jahre unkündbare Vereinbarung mit einem 76-jährigen Gesellschafter-Geschäftsführer,6 Zuschläge für Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit an den Gesellschafter-Geschäftsführer,7 fehlende Erdienbarkeit bei Pensionszusagen innerhalb von zehn Jahren vor dem Ruhestand,8 Überstundenvergütung an Gesellschafter-Geschäftsführer,9 unregelmäßige Auszahlung des Geschäftsführergehalts,10 Tantieme iHv. mehr als 50 % des Gewinns,11 Nur-Tantiemen an den Gesellschafter-Geschäftsführer,12 Umsatztantiemen an Gesellschafter-Geschäftsführer,13 Tantiemen im Verhältnis zur Beteiligungsquote,14 Pensionszusage an eine nicht eheliche Lebensgefährtin des Gesellschafter-Geschäftsführers,15 Pensionszusage an einen im Zusagezeitpunkt über 60 Jahre alten Gesellschafter-Geschäftsführer,16 die gleichzeitige Zahlung von Rente und Gehalt aus demselben Dienstverhältnis17 und zahlreiche kurz aufeinanderfolgende Gehaltserhöhungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer.18
246
Wenn die Unüblichkeit der Leistungsbeziehung im Einzelfall auf die mangelnde Ernsthaftigkeit der Vereinbarung schließen lässt und eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung festgestellt werden kann, so hält die gesamte Vergütung dem Fremdvergleich nicht stand (vGA dem Grunde nach). Auf die Angemessenheit der Höhe nach kommt es in diesem Fall nicht an, denn ein fremder Dritter hätte eine vergleichbare Leistung in einer vergleichbaren Situation nicht vergütet.19
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11
12 13 14 15 16 17 18 19
BFH v. 26.2.1992 – I R 124/90, BStBl. II 1992, 691 = GmbHR 1992, 540 = FR 1992, 486. Zutr. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 196. BFH v. 11.2.2003 – I B 159/01, BFH/NV 2003, 1093. BFH v. 12.10.2010 – I B 45/10, BFH/NV 2011, 258. BFH v. 28.1.2004 – I R 21/03, BStBl. II 2005, 841 = FR 2004, 705 m. Anm. Schimmele/Wardemann = GmbHR 2004, 804 m. Anm. Schröder; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 112. FG München v. 19.7.2010 – 7 K 2384/07, GmbHR 2010, 1113 (rkr.). BFH v. 14.7.2004 – I R 111/03, BStBl. II 2005, 307 = FR 2004, 1280 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1397 m. Anm. Hoffmann; v. 3.8.2005 – I R 7/05, GmbHR 2005, 1632 = BFH/NV 2006, 131; v. 12.10.2010 – I B 45/10, BFH/NV 2011, 258. BFH v. 24.1.1996 – I R 41/95, BStBl. II 1997, 440 = FR 1996, 637 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 701. BFH v. 27.3.2001 – I R 40/00, BStBl. II 2001, 655 = FR 2001, 952 = GmbHR 2001, 777. BFH v. 13.11.1996 – I R 53/95, GmbHR 1997, 414 m. Anm. Gosch = BFH/NV 1997, 622; v. 21.3.2001 – I B 31/00, GmbHR 2001, 678. BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94, BStBl. II 1995, 549 = FR 1995, 383 = GmbHR 1995, 385; v. 12.10.1995 – I R 4/95, GmbHR 1996, 554 = BFH/NV 1996, 437; v. 27.3.2001 – I R 27/99, FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580; v. 27.4.2000 – I R 88/99, GmbHR 2001, 115; v. 4.6.2003 – I R 24/02, FR 2003, 1233 = GmbHR 2003, 1365 m. Anm. Hoffmann = BStBl. I 2004, 136. Vgl. BFH v. 18.3.2002 – I B 156/01, GmbHR 2002, 793 = BFH/NV 2002, 1178; v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580. BFH v. 9.7.2007 – I B 123/06, BFH/NV 2007, 2148; v. 6.4.2005 – I R 10/04, GmbHR 2005, 1442 = BFH/NV 2005, 2058. BFH v. 11.12.1985 – BFH/NV 1986, 637 unter 1./d) und e) der Gründe; v. 30.7.1997 – I R 65/96, BStBl. II 1998, 402 = FR 1998, 161 = GmbHR 1998, 47. BFH v. 29.11.2000 – I R 90/99, FR 2001, 532 = DStR 2001, 392 = GmbHR 2001, 304. BFH v. 16.12.1998 – I R 96/95, GmbHR 1999, 667; v. 9.11.2005 – I R 94/04, BFH/NV 2006, 616. BFH v. 2.12.1992 – I R 54/91, BStBl. II 1993, 311 = FR 1993, 238 = GmbHR 1993, 232. BFH v. 6.4.2005 – I R 27/04, GmbHR 2005, 1143 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2005, 1633. S. Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 155; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 377.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 247–250 § 8
4. Vorteilsgeneigtheit der vGA Der BFH hat die vGA-Definition um ein weiteres Merkmal erweitert, die sog. Vorteilsgeneigtheit.1 Die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft müsse (zumindest im Grundsatz) die Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 9 oder 10 EStG auszulösen.2 Dies kann denklogisch nicht anders sein, denn eine vGA ist schließlich eine (gesellschaftsrechtlich veranlasste) Ausschüttung, welche natürlich dem Gesellschafter zufließen muss. Fließt sie einem Dritten mit Einverständnis des Gesellschafters zu, so handelt es sich auf Gesellschafterebene um Einkommensverwendung, weil der Gesellschafter den erhaltenen Vorteil an den Dritten weiterleitet. In beiden Fällen muss die Ausschüttung aber beim Gesellschafter ankommen. Dies ist keine Negierung des Trennungsprinzips, sondern gerade eine Bestätigung desselben. Eine Gewinnausschüttung auch in Gestalt einer vGA zeichnet sich gerade dadurch aus, dass Vermögensgegenstände die Sphäre der KapGes. verlassen, um in die Sphäre des Gesellschafters zu gelangen. Die Gleichstellung von offenen und vGA macht eine solche Betrachtung erforderlich.3 Wenn die Ausschüttung beim Gesellschafter denklogisch nicht ankommen kann, dann handelt es sich begrifflich nicht um eine Ausschüttung. Es gilt also in Zweifelsfällen, die bloße Schädigung der Gesellschaft von der Schädigung im (Vermögens-)Interesse des Gesellschafters abzugrenzen.
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Der Zufluss beim Gesellschafter muss nicht zeitgleich mit der vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG stattfinden und auch nicht mit dem Hinzurechnungsbetrag der Höhe nach übereinstimmen. Es reicht aus, wenn ein Zufluss beim Gesellschafter infolge der vGA grundsätzlich denkbar ist. Daher kann bereits eine Zuführung zur Pensionsrückstellung als vGA zu behandeln sein, denn der Gesellschafter-Geschäftsführer wird voraussichtlich nach Erreichen der Altersgrenze ein Ruhegehalt beziehen. Der Umstand, dass der Zufluss im unwahrscheinlichen Fall des vorzeitigen Ablebens tatsächlich nicht stattfindet, steht der Annahme einer vGA nicht entgegen. Auch hat der BFH mehrfach entschieden, dass eine Teilwertabschreibung auf ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasstes Darlehen eine vGA darstellen kann,4 obwohl es zum Abfluss der vGA und zum Zufluss auf Gesellschafterebene erst kommt, wenn die Forderung entweder tatsächlich ausfällt oder die KapGes. auf sie verzichtet, nicht dagegen, solange die Forderung zivilrechtlich noch besteht.5
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Letztlich ist bei dem Merkmal der Vorteilsgeneigtheit darauf abzuheben, ob die Vermögensminderung im Gesellschafterinteresse (und zwar letztlich in dessen „Vermögensinteresse“) erfolgt, also für den Gesellschafter einen wie auch immer gearteten vermögenswerten Vorteil mit sich bringt. Der Gesellschafter erhält voraussichtlich irgendwann einen konkreten Vermögenswert oder er erspart voraussichtlich (irgendwann) Aufwendungen.6 Dies ist auch dann der Fall, wenn die Gesellschaft ausschließlich ein ideelles Interesse des Gesellschafters befriedigt, denn auch hierdurch erspart der Gesellschafter eigene Aufwendungen iZm. der Verfolgung dieser eigenen Interessen.7 In Einzelfällen gilt es aber abzugrenzen, ob das Eigeninteresse des Gesellschafters hinter das betriebliche Interesse der Gesellschaft zurücktritt.
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Ein in der Rspr. behandelter Grenzfall ist die Anschaffung und Unterhaltung eines unbebauten Grundstücks durch eine KapGes. im Interesse ihres Gesellschafters.8 Das Grundstück sollte als Investition dauerhaft gehalten und nicht weiterveräußert werden. Dabei entstanden laufende Kosten, die das FA als vGA behandelte. Der BFH sah in dem Ankauf des Grundstücks durch die KapGes. von ihrem Gesellschafter eine schlichte Investitionsentscheidung der KapGes. Da der Gesellschafter das nunmehr der KapGes. gehörende Objekt nicht nutzte, sah der BFH den laufenden Unterhaltungsaufwand zutreffend als nur durch die unternehmerische Entscheidung veranlasst an, das erworbene Grundstück als Vermögensanlage zu behalten. Die von der GmbH getragenen Unterhaltskosten waren damit auch objek-
250
Zu der „neuen“ Begrifflichkeit s. Prinz, FR 2002, 1171 und Rose, DB 2005, 2596; Gosch2, § 8 KStG Rz. 170. BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 = BFH/NV 2003, 124. Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 20. BFH v. 21.7.2011 – I B 27/11, BFH/NV 2011, 2116. BFH v. 14.7.2004 – I R 16/03, BStBl. II 2004, 1010 = FR 2004, 1281 = GmbHR 2004, 1402. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 200. BFH v. 15.5.2002 – I R 92/00, FR 2002, 1175 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2002, 1033 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 1538; v. 14.7.2004 – I R 57/03, FR 2004, 1277 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1350 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2004, 1603. 8 BFH v. 5.3.2008 – I R 45/07, BFH/NV 2008, 1534.
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§ 8 Rz. 250–255
Ermittlung des Einkommens
tiv nicht geeignet, beim Gesellschafter einen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. 251
Wenn es an jeglichem finalen Zuwendungswillen in Richtung eines Vermögenstransfers zulasten der Gesellschaft und zugunsten des Gesellschafters fehlt, ist nicht von einer vGA auszugehen.1 Zwar ist ein subjektives Handlungserfordernis nicht Tatbestandsmerkmal der vGA. Jedoch dürfte in diesem Fall die Vorteilsgeneigtheit der Unterschiedsbetragsminderung infrage zu stellen sein.
252
Die Vorteilsgeneigtheit muss nämlich nur im Zeitpunkt der Vermögensminderung bzw. Unterschiedsbetragsminderung vorliegen. Spätere Entwicklungen bleiben außer Betracht.2 Es kommt nicht darauf an, ob der Vorteil dem Gesellschafter tatsächlich später zufließt.3 Auch gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderungen, die tatsächlich niemals beim Gesellschafter ankommen, erfüllen also die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.4 Ein typischer Fall ist eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer, die in der Anwartschaftsphase wegen der erforderlichen Zuführungen zur Pensionsrückstellung Betriebsausgaben verursacht und später, wegen vorzeitigen Versterbens des Begünstigten, nie zur Auszahlung gelangt.
253
Auch bedeutet Vorteilsgeneigtheit nicht, dass die Unterschiedsbetragsminderung auch in der exakt gleichen Höhe beim Gesellschafter ankommen muss.5 Insbesondere bei Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer ergeben sich hier typischerweise immer Abweichungen, wenn die Zuführung zur Pensionsrückstellung wegen Unangemessenheit der Bezüge als vGA hinzugerechnet wird (s. dazu Rz. 149).
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Wenn man die Vorteilsgeneigtheit der Vermögen- und Unterschiedsbetragsminderung überprüft, so ist nicht darauf abzuheben, ob der bei der Gesellschaft verbuchte Aufwand den Zufluss auslöst. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Sachverhalt (idR die vertragliche Vereinbarung mit dem Gesellschafter) insgesamt geeignet ist, beim Gesellschafter Kapitalerträge zu begründen. In diesem Zusammenhang entschied der BFH, dass eine Teilwertabschreibung auf eine Forderung der KapGes. gegen den Gesellschafter bei der KapGes. nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen als vGA hinzuzurechnen ist, obwohl der Aufwand erst abfließt, wenn die Forderung entweder tatsächlich ausfällt oder auf sie verzichtet wird, nicht dagegen, solange sie zivilrechtlich noch besteht.6 Ggf. kommt auch ein Zufluss durch Verjährung7 in Betracht. Es ist nicht zweifelsfrei, ob in einem solchen Fall bereits die Abschreibung der Forderung die Eignung haben kann, einen sonstigen Bezug auf Gesellschafterebene auszulösen, denn die Hingabe des unbesicherten Darlehens an den Gesellschafter „in guter Zeit“ (also der Abfluss liquider Mittel) stellt unstreitig noch keine vGA dar. Erst die später infolge der fehlenden Besicherung erforderliche Abwertung der Forderung führt zur Annahme einer vGA und damit zur Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
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Auch hierdurch wird allerdings der vGA-Zufluss auf Gesellschafterebene nicht ausgelöst. Dies geschieht erst durch Verzicht oder Verjährung, also durch Befreiung des Gesellschafters von seiner zivilrechtlichen Verpflichtung. Dadurch kommt es zwar zu einem Zufluss auf Gesellschafterebene. Wenn man den zufließenden Vorteil aus der vGA allerdings mit dem abgeschriebenen Restwert bewertet, dann wird der Zufluss regelmäßig 0 Euro betragen. Der Betrag der Teilwertabschreibung kann dabei streng genommen gar nicht zufließen, weil ja genau dieser Teil des Werts nicht mehr existiert. Dennoch kommt der BFH auch in jüngerer Rspr. zu dem Ergebnis, dass eine Vorteilsgeneigtheit bereits durch die „Hingabe eines dem Fremdvergleich nicht standhaltenden Darlehens“ angenommen werden könne.8 Dies ist sachlogisch nur zu erklären, wenn man im Falle des späteren Verzichts von einem Zufluss in Höhe des Nominalwerts der Forderung ausgeht, weil der Gesellschafter ja in Höhe dieses Nominalwerts von einer Verpflichtung befreit wird. Dies setzt im Weiteren die Entscheidung voraus, dass die Befreiung von der Verpflichtung in vollem Umfang (also auch in Höhe des 1 2 3 4 5 6
BFH v. 29.4.2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55 = GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2008, 29. Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 20. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 200. Gosch2, § 8 KStG Rz. 170. BFH v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307. BFH v. 14.7.2004 – I R 16/03, BStBl. II 2004, 1010 = GmbHR 2004, 1402 = FR 2004, 1281; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 273. 7 S. dazu Klose, GmbHR 2012, 1288. 8 BFH v. 21.7.2011 – I B 27/11, BFH/NV 2011, 2116.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 255–260 § 8
nicht werthaltigen Teils) gesellschaftsrechtlich veranlasst ist und deshalb zu Einnahmen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG führt. Das Merkmal der Vorteilsgeneigtheit ist auch dann erfüllt, wenn die Vermögensminderung bei der KapGes. durch eine Vereinbarung mit einer nahestehenden Person des Gesellschafters ausgelöst wird. Es reicht aus, dass der tatsächliche Mittelzufluss (auch wenn er erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt) bei der nahestehenden Person möglich ist und ursächlich mit dem Nahestehen zusammenhängt und deshalb dem Gesellschafter zugerechnet werden muss.1 Der Kapitalertrag wird in diesem Fall beim Gesellschafter erst dann besteuert, wenn die nahestehende Person den Vorteil tatsächlich erhält. Auch Unterschiedsbetragsminderungen, die Einkünfte iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 9 oder 10 EStG auslösen, erfüllen das Merkmal der Vorteilsgeneigtheit.2
256
Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Pflichten verletzt (§ 43 GmbHG) und damit der Gesellschaft einen Vermögensschaden zufügt, ohne ein eigenes Interesse an der schädigenden Handlung zu haben (kein eigener Vermögensvorteil) und ohne eine ihm nahestehende Person zu begünstigen, so kommt eine vGA zunächst nicht in Betracht. Alleine die schädigende Handlung hat nämlich noch keine Eignung, beim Gesellschafter Einkünfte iSd. § 20 Abs. 1 EStG zu begründen. Wenn die KapGes. aber infolge der Pflichtverletzung einen Schadenersatzanspruch gegen den Gesellschafter hat und auf diesen Anspruch verzichtet, dann liegt insoweit eine vGA vor; dies allerdings erst dann, wenn der Verzicht rechtswirksam ausgesprochen wird.3
257
Wenn eine KapGes. Erbe ihres Gesellschafters ist und bei überschuldetem Nachlass die Erbschaft nicht ausschlägt, so stellt sich die Frage, ob die Vermögensminderung infolge des Erbschaft eine vGA auslösen kann. Der BFH hat dies grundsätzlich bejaht.4 Die Vorteilsgeneigtheit ist in diesem Fall unklar, weil die Vermögensminderung naturgemäß erst nach dem Ableben des Gesellschafters eintreten kann. Insbesondere wenn die Gesellschaftsanteile aber durch einen Nachlassverwalter an einen fremden Dritten veräußert werden, scheidet die Erfassung einer vGA beim Erwerber der Anteile uE aus. Werden die Anteile dagegen zusammen mit dem übrigen Vermögen vererbt, so spricht der Umstand, dass es aus Sicht des Erben insgesamt zu einer Vermögensumschichtung kommt, für das Vorliegen einer Vorteilsgeneigtheit der vGA.5
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Ein in Bezug auf die fehlende Vorteilsgeneigtheit typischer Fall ist die Refinanzierung einer vGA.
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Beispiel: Die A-GmbH erwirbt ein Grundstück zum Preis (= gemeiner Wert) von 500 000 Euro und „schenkt“ das Objekt ihrem Gesellschafter. Sie finanziert die 500 000 Euro über einen Bankkredit und zahlt jährliche Zinsen von 30 000 Euro. Lösung: Wenn die KapGes. einen verzinslichen Kredit aufnimmt, um die vGA zu finanzieren, so stellen die Zinsaufwendungen keine weitere vGA dar, weil sie schon dem Grunde nach keine Eignung haben, beim Gesellschafter Einnahmen iSd. § 20 EStG zu begründen.6 Empfänger der Zinsen ist die Bank und eben nicht der Gesellschafter. Alleine der Umstand, dass die Gesellschaft mangels eigener Liquidität gezwungen ist, die Vermögenszuwendung an den Gesellschafter zu refinanzieren, ist im Beispielsfall auf Gesellschafterebene kein neben der vGA in Gestalt des Vermögensvorteils von 500 000 Euro zufließender weiterer Vorteil von p.a. 30 000 Euro. Hätte der Gesellschafter eine ordnungsgemäße Barausschüttung von 500 000 Euro erhalten, so hätte er das Grundstück damit zum gemeinen Wert von 500 000 Euro am Markt erwerben können, ohne dafür Refinanzierungskosten aufwenden zu müssen. Da die Finanzierungsmaßnahme der Gesellschaft dem Gesellschafter also keinen (zusätzlichen) Vorteil verschafft, ist sie auch nicht geeignet, bei der KapGes. eine vGA auszulösen.7
Die mit dem JStG 2007 eingeführten formellen und materiellen Korrespondenzregelungen (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG, §§ 8b Abs. 1, 32a KStG) lassen das Merkmal der Vorteilsgeneigtheit unberührt.8 Die Vorteilsgeneigtheit setzt schon beim Tatbestand der vGA an. Wird sie verneint, so kommt die Annahme einer vGA bereits dem Grunde nach nicht in 1 2 3 4 5 6 7 8
BFH v. 30.11.2010 – VIII R 19/07, GmbHR 2011, 322. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 200. Gosch2, § 8 KStG Rz. 249; Wassermeyer, DB 1998, 1997. BFH v. 24.3.1993 – I R 131/90, BStBl. II 1993, 799 = FR 1993, 645 = GmbHR 1993, 754; kritisch Thiel/Eversberg, DStR 1993, 1881. Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 183 f. BFH v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1366; Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 113. Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 113; Buciek, DStZ 2003, 87. Zutr. Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 113.
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§ 8 Rz. 260–265
Ermittlung des Einkommens
Betracht. Nur wenn eine vGA dem Grunde nach bejaht werden kann, muss auf Gesellschafterebene nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG bzw. § 8b Abs. 1 Satz 2 ff. KStG geprüft werden, ob eine teilweise oder vollständige Steuerbefreiung der zugeflossenen vGA in Betracht kommt. Dies hängt nach den oa. „Korrespondenzregelungen“ idR davon ab, ob die vGA im KSt-Bescheid der KapGes. hinzugerechnet wurde oder nicht. 5. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Veranlassungsprüfung 261 Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung als wesentliches Tatbestandsmerkmal der vGA kann nur durch einen Fremdvergleich am Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters festgestellt werden. Dies gelingt indes nur dann, wenn festgestellt werden kann, dass die KapGes. einem fremden Dritten gegenüber anders gehandelt hätte. Im Zuge dieser Prüfung ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses der vertraglichen Vereinbarung abzustellen, denn ab diesem Zeitpunkt sind die Beteiligten zivilrechtlich gebunden, den Vertrag wie vereinbart abzuwickeln.1 Wenn sich die tatsächlichen Umstände bis zum Zeitpunkt der Leistungserbringung geändert haben, so kann dies für die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs keine Rolle spielen. Eine ursprünglich fremdübliche Vereinbarung wird nicht fremdunüblich, wenn der Vertrag später wie vereinbart abgewickelt wird. 262
Etwas anderes gilt dann, wenn die KapGes. die Möglichkeit hat, den für sie nachteiligen Vertrag zu kündigen, dies aber im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis unterlässt.2 In diesem Fall ist die Fremdvergleichsprüfung auf den Zeitpunkt einer möglichen Vertragskündigung durchzuführen. Es ist also zu untersuchen, welche Vertragsanpassung (oder Kündigung) fremde Dritte in derselben Situation vorgenommen hätten und ob betriebliche Gründe einer solchen möglichen Vertragsanpassung (bzw. Kündigung) entgegenstehen.3 Bei Geschäftsführer-Anstellungsverträgen ist allerdings zu beachten, dass es Ausfluss der besonderen Treuepflicht eines Geschäftsführers sein kann, die Vergütungsvereinbarung in angemessener Weise an die wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen.4 In extremen Fällen kann die Nichtanpassung eine vGA begründen. Abzustellen ist in diesem Fall auf den Zeitpunkt, zu dem eine Anpassung der Vergütung hätte verlangt werden können.
263
Weil grundsätzlich auf den Vereinbarungszeitpunkt abzustellen ist, können Leistungen einer GmbH an den Gesellschafter ausnahmsweise sogar dann vGA darstellen, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt des Zuflusses gar nicht mehr Gesellschafter ist, der Vorteil aber noch durch seine frühere Gesellschafterstellung veranlasst war.5
264
Wenn die Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter und der KapGes. zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wird, zu dem die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen unklar waren, so kann alleine dieser Umstand keine fehlende Ernsthaftigkeit einer Vereinbarung indizieren, wenn die Beteiligten den Vertrag unter fachkundiger Beratung geschlossen und auch tatsächlich entsprechend durchgeführt haben. Werden die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen später zB durch eine Entscheidung des BGH geklärt, so wirkt diese erhellende Erkenntnis nicht auf den Zeitpunkt der Vereinbarung zurück.6
265
Soll eine vGA angenommen werden, weil es sich um einen Verstoß gegen das für beherrschende Gesellschafter geltende Durchführungsgebot handelt, so muss die beherrschende Stellung grundsätzlich im Zeitpunkt der Durchführung der zu beurteilenden Vorteilszuwendung vorliegen.7 Vergütungen, die eine KapGes. an einen beherrschenden GesellschafterGeschäftsführer für eine zurückliegende Zeit gewährt, sind bei fehlender Vereinbarung auch vGA, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zeit, in der er seine Arbeitsleistung erbrachte, noch nicht beherrschender Gesellschafter war, im Zeitpunkt der Zahlung der Ver-
1 BFH v. 22.4.1971 – I R 114/70, BStBl. II 1971, 600; v. 27.2.2003 – I R 46/01, BStBl. II 2004, 132 = FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214 m. Anm. Schröder; v. 8.11.2000 – I R 70/99, BStBl. II 2005, 653 = FR 2001, 631 = GmbHR 2001, 396 m. Anm. Hoffmann. 2 BFH v. 5.2.1986 – I S 15/85, GmbHR 1987, 69 = BFH/NV 1986, 563; v. 9.4.1975 – I R 166/73, BStBl. II 1975, 617; v. 13.10.1983 – I R 4/81, FR 1984, 73 = GmbHR 1984, 108 = BStBl. II 1984, 65. 3 BFH v. 29.10.1974 – I R 83/73, BStBl. II 1975, 366. 4 Vgl. BGH v. 15.6.1992 – II ZR 88/91, GmbHR 1992, 605; BFH v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580; einschränkend BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 16. 5 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359. 6 BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72. 7 Zutr. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 210.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 265–269 § 8
gütung aber schon.1 Die beherrschende Stellung muss in diesem Fall also im Zeitpunkt der „Nachzahlung“ vorliegen. Ob mit der Zahlung Leistungen für eine Zeit entlohnt werden, in welcher der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer noch nicht Gesellschafter war, ist ohne Bedeutung. Liegt dagegen eine im Voraus abgeschlossene Vereinbarung vor und fehlt dieser Vereinbarung nur die nötige Klarheit und Eindeutigkeit, so muss hinsichtlich der Frage der beherrschenden Stellung auf den Zeitpunkt der Vertragabfassung abgestellt werden. Die vGA ist auch der Höhe nach ausschließlich aus dem Blickwinkel des Zeitpunkts der 266 Vereinbarung zu bestimmen, wenn der Vorteil dem Gesellschafter bereits in diesem Zeitpunkt unentziehbar zusteht. Wird zB der GmbH aus gesellschaftsrechtlichen Gründen eine Geschäftschance entzogen, so liegt in diesem einmaligen Akt eine vGA. Ohne Bedeutung ist, dass der begünstigte Gesellschafter den Vorteil aus dem Geschäft erst später realisiert.2 Dies gilt auch dann, wenn die Geschäftschance in einem Dauerrechtsverhältnis besteht. Es muss also im Zeitpunkt der Vereinbarung einmalig der Wert des Vorteils (Marktwert der Geschäftschance im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses) ermittelt und als „einmalige vGA“ in Ansatz gebracht werden. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die vGA in einer verbilligten Überlassung eines Wirtschaftsguts besteht und der Vertrag angepasst oder kurzfristig gekündigt werden kann. In diesem Fall liegt der Vorteil in der (monatlichen) Überlassung. 6. Besonderheiten bei beherrschenden Gesellschaftern (formeller Fremdvergleich) a) Grundsätze des Rückwirkungs- und Nachzahlungsverbots Leistungsbeziehungen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter unterliegen nach der Rspr. des BFH neben dem „normalen“ – auch hier durchzuführenden Fremdvergleich – noch einem besonderen formellen Fremdvergleich. Dadurch soll vermieden werden, dass GmbH und Gesellschafter nach Belieben für zurückliegende Zeiträume ergebniswirksame Vergütungen vereinbaren und damit das steuerliche Ergebnis nachträglich durch Leistungen an die Gesellschafter manipulieren.3 Wenn zwischen den Vertragsparteien Interessengegensätze fehlen, ist es erforderlich, an die Drittüblichkeit der gesamten Rahmenbedingungen einer Vereinbarung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft besondere Anforderungen zu stellen. Dies gilt auch dann, wenn die Vergütung nach Art und Umstand des Einzelfalls schuldrechtlichen Charakter hat.4
267
Erforderlich sind in diesen Fällen zum einen klare und eindeutige Vereinbarungen im Voraus,5 die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vereinbarten und die tatsächliche Durchführung der geschlossenen Verträge. Erst dann kann eine schuldrechtliche Veranlassung der Vereinbarung indiziell vermutet werden.6
268
„Im Voraus“ bedeutet, dass eine Vereinbarung bestehen muss, bevor der Gesellschafter seine Leistung erbringt und nicht erst bevor er seine Vergütung erhält.7 Dh., dass spontan gezahlte „Prämien“ und „Belohnungen“ an beherrschende Gesellschafter steuerlich idR als vGA zu behandeln sind, wenn sie für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen oder erreichte Ziele gezahlt werden.8 Dabei ist irrelevant, ob anderen leitenden Angestellten die gleiche Vergütung ebenfalls rückwirkend zugesprochen wird.9 Die steuerliche Nichtanerkennung rückwirkender Vergütungen ist mit Art. 3 GG vereinbar.10 Die Nachzahlung ist ausnahmsweise dann unschädlich, wenn es im besonderen Einzelfall ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar schwierig war, die Vereinbarungen im Voraus klar festzulegen.11
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1 BFH v. 4.3.1974 – I R 241/71, BStBl. II 1974, 497; v. 2.7.1986 – I R 144/85, BFH/NV 1987, 398. 2 Vgl. Wassermeyer, DStR 1997, 684; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1185.30; BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315. 3 BFH v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928 = GmbHR 2006, 943 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 929. 4 Ebenso Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 205; aA Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 147. 5 BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121; v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307 mwN. 6 Gosch2, § 8 KStG Rz. 318. 7 Gosch2, § 8 KStG Rz. 325. 8 BFH v. 15.9.2004 – I R 62/03, GmbHR 2005, 180 = BStBl. II 2005, 176 = FR 2005, 246; zu möglichen Alternativen s. Gosch, BFH-PR 2005, 103. 9 BFH v. 10.7.1974 – I R 205/72, BStBl. II 1974, 719. 10 BVerfG v. 11.7.1967 – 1 BvR 495/63, 1 BvR 325/66, NJW 1967, 1747. 11 BFH 6.4.1979 – I R 39/76, BStBl. II 1979, 687; v. 28.4.1982 – I R 51/76, FR 1982, 416 = GmbHR 1982, 218 = BStBl. II 1982, 612; v. 10.3.1971 – I R 178/69, BStBl. II 1971, 566.
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§ 8 Rz. 270–277
Ermittlung des Einkommens
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Im Grundsatz ist es aber zur Vermeidung einer vGA an den beherrschenden Gesellschafter unerlässlich, Vergütungen von vornherein so klar und eindeutig festzulegen, dass die Höhe und die Bedingungen allein durch Rechenvorgänge genau zu ermitteln sind.1 Eine im Voraus getroffene, klare und eindeutige Vereinbarung kann nach der Rspr. des BFH allerdings auch ausnahmsweise dann anzunehmen sein, wenn sich der Inhalt der Vereinbarung erst im Wege der Auslegung ermitteln lässt.2 Der BFH ist dabei revisionsrechtlich idR an die Vertragsauslegung durch das FG gebunden.3 Fehlt zB einer Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, die nach den vertraglichen Vereinbarungen aus einer genau bestimmten Jahresnettoprämie zu errechnen ist, der erforderliche Rechnungszinsfuß, so kann dieser auch durch Auslegung anhand des üblichen Rechnungszinsfußes ermittelt werden. Der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ ist zu beachten.4
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Ermessensakte der Gesellschafterversammlung dürfen auf die Höhe der Vergütung allerdings keinen Einfluss haben. Ein diesbezüglicher Mangel in der Vergütungsvereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer kann grundsätzlich nicht durch eine gleichmäßige tatsächliche Durchführung des Dienstvertrags geheilt werden.
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Gesetzliche Ausgleichsansprüche der KapGes. gegen ihren beherrschenden Gesellschafter müssen dagegen nicht klar und eindeutig vereinbart werden.5 Die Rspr. des BFH, wonach klare und eindeutige Vereinbarungen zwischen einer KapGes. und ihrem beherrschenden Gesellschafter erforderlich sind, hat ausschließlich den Zweck, im Einzelfall eindeutig abgrenzen zu können, ob der Gesellschafter gegenüber der KapGes. auf schuldrechtlicher oder gesellschaftsrechtlicher Grundlage tätig wird.
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Anders verhält es sich deshalb bei gesetzlichen Ausgleichsansprüchen des Gesellschafters gegen seine KapGes. Zur Vermeidung von vGA bedarf es hier einer im Voraus geschlossenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung zwischen der KapGes. und dem beherrschenden Gesellschafter auch dann, wenn ein gesetzlicher Anspruch besteht, denn es steht dem Gesellschafter frei, auf gesellschaftsrechtlicher oder auf schuldrechtlicher Basis tätig zu werden.
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Die besonderen formellen Anforderungen treffen neben den genannten beherrschenden Gesellschaftern auch nahestehende Personen beherrschender Gesellschafter und Minderheitsgesellschafter, die wegen gleich gerichteter Interessenlage zusammenwirken und deshalb den beherrschenden Gesellschaftern gleichzustellen sind.6
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Das Fehlen klarer, eindeutiger, wirksamer und im Voraus geschlossener Vereinbarungen ist allerdings kein unwiderlegbares Merkmal einer vGA, sondern nur ein für eine vGA sprechendes – allerdings gewichtiges – Beweisanzeichen.7 So ist es zB vom Einzelfall abhängig, inwieweit eine vertragliche Tantiemeformulierung den Ansprüchen an eine klare und eindeutige Vereinbarung noch genügt. Wenn zB nur eine eindeutige Definition des maßgeblichen Gewinns (als Bemessungsgrundlage) fehlt, ist im Wege der Auslegung vom handelsrechtlichen Jahresüberschuss unter Berücksichtigung von Verlustvorträgen auszugehen. KSt und Gewerbesteueraufwand sind abzusetzen.8
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Fehlt eine klare und eindeutige schriftliche Vereinbarung, so ist es denkbar, dass dennoch eine mündliche Vereinbarung zwischen den Parteien vorliegt, die den oa. Anforderungen genügt. Dies setzt allerdings voraus, dass das Vorliegen einer solchen mündlichen Abrede auch für einen Außenstehenden zweifelsfrei erkennbar ist (s. Rz. 286). b) Beherrschende Stellung des Gesellschafters
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Die Annahme einer beherrschenden Stellung erfordert, dass der betreffende Gesellschafter über die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung verfügt.9 Wenn laut 1 BFH v. 11.12.1991 – I R 49/90, BStBl. II 1992, 434 = FR 1992, 345 = GmbHR 1992, 386. 2 BFH v. 25.1.2012 – I B 17/11, BFH/NV 2012, 1003; v. 24.3.1999 – I R 20/98, BStBl. II 2001, 612 = FR 1999, 1056 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 987 m. Anm. Fritsche; v. 4.4.2001 – XI R 60/00, BStBl. II 2001, 726; v. 11.8.2004 – I R 40/03, GmbHR 2005, 111 = BFH/NV 2005, 248. 3 BFH 25.1.2012 – I B 17/11, BFH/NV 2012, 1003. 4 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 152 mwN. 5 BFH v. 30.7.1997 – I R 65/96, FR 1998, 161 = GmbHR 1998, 47. 6 BFH v. 1.4.2003 – I R 78, 79/02, GmbHR 2003, 1502 m. Anm. Fritsche = BFH/NV 2004, 86. 7 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647 = DStR 1998, 847. 8 BFH v. 25.4.1990 – I R 59/89, BFH/NV 1991, 269 = GmbHR 1992, 515. 9 Vertragliche Stimmrechtsbindungen sind zu beachten; vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 129.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 277–283 § 8
Satzung höhere Mehrheiten erforderlich sind, muss der Gesellschafter diese Mehrheiten erreichen, um als beherrschend zu gelten.1 Dabei kommt der Vorschrift des § 47 Abs. 4 GmbHG über einen Stimmrechtsausschluss des Gesellschafters bei Rechtsgeschäften zwischen ihm und der Gesellschaft keine Bedeutung zu.2 Eine faktische Beherrschung reicht nicht aus. Eine mittelbare Beteiligung steht einer unmittelbaren gleich.3 Allerdings wird dem Gesellschafter eine mittelbare Beteiligung nur dann zugerechnet, wenn er auch an dieser Gesellschaft eine beherrschende Stellung hat und dort seinen Willen durchsetzen kann. Es erfolgt also keine quotale Berechnung.4 Eine Beteiligung von nicht mehr als 50 % kann eine beherrschende Stellung nur dann begründen, wenn besondere Umstände hinzutreten (zB schuldrechtliche Vereinbarungen, Stimmrechtsbindungsverträge).
278
Beherrschender Gesellschafter ist auch, wer zwar selbst nicht über die erforderliche Mehrheit der Stimmrechte verfügt, aber im Zusammenwirken mit anderen Gesellschaftern über eine gleich gerichtete Interessenlage verfügt,5 und wenn die Addition der Anteile der „begünstigten“ Gesellschafter insgesamt eine Beherrschung ergibt. Eine solche gleich gerichtete Interessenlage liegt zB vor, wenn und soweit gleichzeitig die Gehaltsbezüge mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer erhöht werden, alle Gesellschafter also indiziell an der Vereinbarung oder Vertragsänderung interessiert sind. Die gleich gerichtete Interessenlage ist allerdings nur eine punktuelle; sie bezieht sich auf den konkreten Geschäftsvorfall.
279
Wird eine rückwirkende Gehaltserhöhung vereinbart, so können uE auch Anteile von Ge- 280 sellschafter-Geschäftsführern mit denen von anderen (nur) angestellten Gesellschaftern zusammengerechnet werden, wenn beide Personen zB durch nachträgliche Tantiemen an der Vereinbarung partizipieren. Hier ist eine Zusammenrechnung vorzunehmen, weil die Vorteilszuwendung in Ausnutzung der Gesellschafterstellung und nicht etwa der Geschäftsführerstellung erfolgt.6 Für die Frage der Zusammenrechnung kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschafter in exakt derselben prozentualen Höhe an der GmbH beteiligt sind,7 ob die GmbH ihren Gewinn teilweise oder voll ausgeschüttet hat8 und ob die Gesellschafter unterschiedlich hohe Vergütungen (bzw. unterschiedlich hohe „Nachzahlungen“) erhalten.9 Auch ist es unerheblich, ob die begünstigten Gesellschafter gleiche Verantwortlichkeiten haben und im gleichen Maße zum Unternehmenserfolg beitragen.10 Allerdings muss sich die Vorteilszuwendung für alle Gesellschafter im Ergebnis als Vorteil darstellen und dadurch ein bewusstes Zusammenwirken nachvollziehbar sein.
281
Sog. Zwerganteile11 sind für die Frage der Beherrschung nicht mit anderen Anteilen zusammenzurechnen. ME ist bei einer GmbH ein Zwerganteil anzunehmen, wenn die Beteiligung unter 10 % liegt.12
282
Alleine der Umstand, dass die Gesellschafter nahe Angehörige (zB Eheleute, volljährige 283 Kinder) sind, reicht nicht aus, um gleich gerichtete Interessen anzunehmen; vielmehr müs-
1 2 3 4 5 6
7
8 9 10 11 12
BFH v. 13.12.1989 – I R 45/84, BFH/NV 1990, 455. Vgl. BFH v. 26.1.1989 – IV R 151/86, BStBl. II 1989, 455 = FR 1989, 456 = GmbHR 1989, 386. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 130; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 199. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 215 mwN; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 152. BFH v. 21.7.1976 – I R 223/74, BStBl. II 1976, 734; v. 3.2.2011 – VI R 4/10, GmbHR 2011, 490 = FR 2011, 576 m. Anm. Bergkemper = BFH/NV 2011, 904. Ebenso FG Münster v. 15.6.1972 – VI 1792/71 K, EFG 1972, 605 (rkr.); FG Hamburg v. 17.3.1997 – II 147/95, EFG 1997, 1051 = GmbHR 1997, 806 (rkr.); Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 158; Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 147; aA Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Anm. 137. Krasse Abweichungen stehen einer gleich gerichteten Interessenlage aber idR entgegen; vgl. Gosch2, § 8 KStG Rz. 223; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 136, will dagegen bei ungleicher Beteiligungshöhe der Gesellschafter keine gleich gerichteten Interessen annehmen, wenn ein Gesellschafter zugunsten der anderen Gesellschafter eine Benachteiligung in Kauf nimmt. BFH v. 2.7.1986 – I R 144/85, BFH/NV 1987, 398; aA Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 136. BFH v. 27.10.1998 – I B 48/98, GmbHR 1999, 666. BFH v. 29.7.2009 – I B 12/09, BFH/NV 2010, 66. BFH v. 29.7.1970 – I R 24/69, BStBl. II 1970, 761 = FR 1971, 249. Zur Abgrenzung vgl. Neumann, DStZ 1995, 331; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 138, will die Grenze bei 5 % ziehen; § 32a GmbHG idF vor MoMiG zog die Grenze ebenfalls bei 10 %.
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§ 8 Rz. 283–285
Ermittlung des Einkommens
sen weitere Anhaltspunkte hinzutreten,1 die insbesondere dann gegeben sind, wenn die an der Gesellschaft beteiligten Angehörigen gleichzeitig eine (erhöhte) Vergütung erhalten. Ansonsten stehen nahestehende Personen den Gesellschaftern grundsätzlich gleich. Die Anteile minderjähriger Kinder können dagegen demjenigen zugerechnet werden, der das Sorgerecht hat.2 284
Zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt die beherrschende Stellung des begünstigten Gesellschafters vorliegen muss, s. Rz. 264.
285
Die nachfolgenden Beispielsfälle betreffen Abgrenzungsfragen in Bezug auf die beherrschende Stellung des Gesellschafters. Beispiel 1: Der Gesellschafter-Geschäftsführer A erhält am 1.12.2012 eine (angemessene) Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld) für 2012 iHv. 120 000 Euro. Die Vereinbarung über die Weihnachtsgeldzahlung datiert vom 30.11.2012. Lösung: Wird über eine Sondervergütung an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer erst im Laufe des Jahres entschieden, ist die Zahlung für den bereits abgelaufenen Zeitraum des Jahres als vGA zu behandeln.3 Die Vergütung ist somit – unabhängig von der Angemessenheit der Höhe nach – iHv. 11/12 – also 110 000 Euro – als vGA zu behandeln. Beispiel 2: Gesellschafter der GmbH sind A zu 70 % und B zu 30 %. A und B sind beide Geschäftsführer und erhalten beide eine rückwirkende (angemessene) Sonderzuwendung. Sie stehen einander nicht nahe. Lösung: Die beiden Gesellschafter handeln in Ausübung gleich gerichteter Interessen. Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligungshöhe differiert und das Interesse an der Sondervergütung deshalb unterschiedlich ausgeprägt ist.4 Die Sonderzuwendungen an beide Gesellschafter-Geschäftsführer sind als vGA zu behandeln. Ganz zweifelsfrei ist diese Lösung indes nicht, weil der Vorteil für den Gesellschafter B im Zweifel höher ausfällt, da die „Entwertung“ der GmbH-Anteile, an der B nur zu 30 % beteiligt ist, bei ihm geringer ist.5 Außerdem kann A auch ohne B seine Vergütung durchsetzen. Er ist auf die Mitwirkung des B nicht angewiesen.6 Zur BFH-Rspr. in diesem Zusammenhang s. aber die Lösung zu Beispiel 5. Beispiel 3: Gesellschafter der GmbH ist Ehemann M zu 100 %. Die nicht selbst an der GmbH beteiligte Ehefrau F ist alleinige Geschäftsführerin. F erhält eine rückwirkende (angemessene) Sonderzuwendung. Lösung: Die beherrschende Stellung des Gesellschafters strahlt auch auf nahestehende Personen ab.7 Die Sonderzuwendung an F ist deshalb infolge der rückwirkenden Vereinbarung als vGA zu behandeln. Die vGA ist dem Gesellschafter M zuzurechnen. Beispiel 4: Gesellschafter der GmbH sind die Eheleute M zu 50 % und F zu 50 %. F ist alleinige Geschäftsführerin und erhält eine rückwirkende (angemessene) Sonderzuwendung. Lösung: Da nur F eine Sonderzuwendung erhält, kommt eine Annahme gleich gerichteter Interessen nicht in Betracht. Eine Zusammenrechnung der Ehegattenanteile erfolgt nicht, es sei denn, es liegen für die Annahme gleich gerichteter Interessen weitere Anhaltspunkte vor.8 Beispiel 5: Gesellschafter der GmbH sind die Eheleute M zu 51 % und F zu 49 %. F ist alleinige Geschäftsführerin und erhält eine rückwirkende (angemesene) Sonderzuwendung. Lösung: Da nur F eine Sonderzuwendung erhält, kommt eine Annahme gleich gerichteter Interessen nicht in Betracht. Allerdings ist F nahestehende Person des beherrschenden Mitgesellschafters (und Ehemannes) M.9 Da jedoch F selbst Gesellschafterin der KapGes. ist, könnte man vertreten, dass hier das unmittelbare Beteiligungsverhältnis der F ihrer Stellung als nahestehende Person des M vorgeht und sie die
1 Vgl. BVerfG v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BStBl. II 1985, 475 = GmbHR 1985, 232; BFH v. 1.2.1989 – I R 73/85, BStBl. II 1989, 522 = FR 1989, 340 = GmbHR 1989, 390; v. 3.2.2011 – VI R 4/10, GmbHR 2011, 490 = FR 2011, 576 m. Anm. Bergkemper = BFH/NV 2011, 904. 2 BFH v. 5.7.1966 – I 30/64, BStBl. III 1966, 604 = FR 1967, 34. 3 Vgl. BFH v. 11.12.1991 – I R 49/90, BStBl. II 1992, 434 = FR 1992, 345 = GmbHR 1992, 386; FG Saarl. v. 15.11.1989 – 1 K 106/88, EFG 1990, 200 (rkr.). 4 BFH v. 2.7.1986 – I R 144/85, BFH/NV 1987, 398; anders zuvor BFH v. 11.12.1985 – I R 164/82, BStBl. II 1986, 469 = FR 1986, 331 = GmbHR 1986, 445. 5 So wohl auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 223. 6 Kingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 536. 7 Vgl. BFH v. 29.4.1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 = FR 1987, 537 = GmbHR 1987, 493; v. 2.3.1988 – I R 103/86, BStBl. II 1988, 786 = FR 1988, 480 = GmbHR 1988, 363; v. 22.2.1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631 = FR 1989, 562 = GmbHR 1989, 430. 8 BVerfG v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BStBl. II 1985, 475 = GmbHR 1985, 232 = FR 1985, 501. 9 S. zu dieser Problematik BFH v. 29.4.1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 = FR 1987, 537 = GmbHR 1987, 493; v. 2.3.1988 – I R 103/86, BStBl. II 1988, 786 = FR 1988, 480 = GmbHR 1988, 363; v. 22.2.1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631 = FR 1989, 562 = GmbHR 1989, 430.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 285–287 § 8
Nachzahlung in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin erhalten hat.1 Dies wird man zumindest dann bejahen müssen, wenn die Vorteilszuwendung in Unkenntnis des beherrschenden Gesellschafters erfolgt. In diesem Fall läge keine vGA vor.2 Wenn dagegen der Umstand, dass der Ehemann M die Gesellschaft beherrschen kann, ursächlich für die rückwirkende Sonderzuwendung ist, dann ergäbe sich hier auch in Bezug auf die Vergütung an die Ehefrau eine vGA wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot.3 Allerdings hat der BFH4 in einem Fall, in dem der Vater V zu 70 % und der Sohn S zu 30 % an einer GmbH beteiligt waren, eine nicht klar und eindeutig vereinbarte Tantieme an beide Gesellschafter-Geschäftsführer als vGA behandelt, weil die beiden Gesellschafter bei der Beschlussfassung über die Tantieme gleich gerichtete Interessen verfolgt haben. Der BFH hätte diese Frage bei Zugrundelegung der vorstehend dargestellten Auffassung gar nicht prüfen müssen, weil der Vater V die GmbH beherrschte und Sohn S dem Vater nahestand. Es ist deshalb wohl davon auszugehen, dass auch der BFH im Falle der Verneinung gleich gerichteter Interessen hinsichtlich der Tantieme an S nicht von einer vGA ausgegangen wäre. Beispiel 6: An der X-GmbH sind beteiligt Ehemann M zu 5 %, Ehefrau F zu 50 % und die Tochter T zu 45 %. F (59 Jahre alt) und T (35 Jahre alt) erhalten zeitgleich eine Pensionszusage auf das 65. Lebensjahr, allerdings in unterschiedlicher Höhe. Lösung: Nach Auffassung des BFH5 ist F (50 %) nicht als beherrschende Gesellschafterin zu behandeln, weil sie zur Durchsetzung ihrer Interessen zwar nur die Stimmen des zu 5 % beteiligten M benötigt, dieser aber keine Pensionszusage erhalten hat (insoweit keine gleich gerichteten Interessen). Dagegen könnte T (45 %) durchaus als beherrschende Gesellschafterin angesehen werden, da sie bei Zusage der Pension auf die Stimmen der F, die gleichzeitig eine Pensionszusage erhalten hatte, angewiesen war. ME ist diese Auslegung des BFH unzutreffend. Sie berücksichtigt nicht, dass die Interessengleichheit mit M im Streitfall nicht einfach unterstellt werden kann,6 denn M hatte eben gerade keine Pensionszusage erhalten. Demzufolge kommt uE nur eine Zusammenrechnung der Anteile von F (50 %) und T (45 %) in Betracht. Im Beispielsfall ist mE auch F (50 %) als beherrschende Gesellschafterin zu behandeln, da sie bei Erteilung der Pensionszusage nur mit T (45 %), die ebenfalls eine Pensionszusage bekam, zusammenwirken konnte.
c) Zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung aa) Grundsätze Die steuerliche Anerkennung einer Vereinbarung zwischen einer KapGes. und ihrem beherrschenden Gesellschafter setzt die zivilrechtliche Wirksamkeit der Abrede voraus. Dieses Kriterium dient dazu, Gewinnausschüttungen und Leistungen aufgrund schuldrechtlicher Verpflichtungen voneinander abzugrenzen.7 Eine unwirksame Vereinbarung indiziert die mangelnde Ernstlichkeit des Vereinbarten.8 Sie ist demnach nicht schuldrechtlich, sondern gesellschaftsrechtlich veranlasst.9
286
Dies ist auf den ersten Blick ein Widerspruch zu § 41 AO, wonach die Unwirksamkeit ei- 287 nes Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich ist, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen lassen.10 Gosch11 sieht hierin keinen Widerspruch, denn es sei davon auszugehen, dass die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis letztlich aus gesellschaftsrechtlichen Gründen zu akzeptieren hätten. Letzteres sei aber für die Veranlassungsprüfung der maßgebliche Anknüpfungspunkt. Dies ist zutreffend. Allerdings darf man nicht verkennen, dass die Unwirksamkeit der Vereinbarung in aller Regel in 1 Nach dem BFH-Urt. v. 29.9.1981 – VIII R 8/77, GmbHR 1982, 99 = BStBl. II 1982, 248, stellt eine Zuwendung an einen Minderheitsgesellschafter keine mittelbare Zuwendung an den nahestehenden Mehrheitsgesellschafter dar. Dieser Fall betraf allerdings nicht das Rückwirkungsverbot für beherrschende Gesellschafter. 2 So auch Breier/Sejdija, GmbHR 2011, 290 (296). 3 So Gosch2, § 8 KStG Rz. 322; Winter, GmbHR 2010, 1073; Breier/Sejdija, GmbHR 2011, 290 (297); Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 221. 4 BFH v. 1.4.2003 – I R 78, 79/02, BFH/NV 2004, 86 = GmbHR 2003, 1502. 5 BFH v. 18.2.1999 – I R 51/98, GmbHR 1999, 990 = BFH/NV 1999, 1384. 6 BVerfG v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BStBl. II 1985, 475 = GmbHR 1985, 232 = FR 1985, 501; v. 1.2.1989 – I R 73/85, BStBl. II 1989, 522 = FR 1989, 340 = GmbHR 1989, 390. 7 BFH 15.10.1997 – I R 19/97, GmbHR 1998, 546 = BFH/NV 1998, 746. 8 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 330; BFH v. 15.10.1997 – I R 19/97, GmbHR 1998, 546 = BFH/NV 1998, 746; zur indiziellen Bedeutung unwirksamer Vereinbarungen zwischen Angehörigen im ESt-Recht s. BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BStBl. II 2007, 294 = FR 2007, 91 und BMF v. 2.4.2007 – IV B 2 - S 2144/0 – DOK 2007/0139659, BStBl. I 2007, 441; FG Hess. v. 13.4.2011 – 4 V 1964/10, juris (rkr.). 9 BFH v. 22.9.1976 – 1 R 68/74, BStBl. II 1977, 15; v. 17.9.1992 – 1 R 89–98/91, BStBl. II 1993, 141 = FR 1993, 18 = GmbHR 1993, 45; v. 13.7.1994 – I R 43/94, GmbHR 1995, 746 = BFH/NV 1995, 548; v. 30.8.1995 – I R 128/94, DStR 1995, 1791; v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72; v. 2.3.1994 – I B 189/93, GmbHR 1994, 722 = BFH/NV 1994, 661; v. 23.10.1996 – 1 R 71/95, BStBl. II 1999, 35 = FR 1997, 20 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 34; so auch H 36 KStH 2008. 10 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 165a; Tipke in T/K, § 41 AO Rz. 41. 11 S. Gosch2, § 8 KStG Rz. 327.
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§ 8 Rz. 287–292
Ermittlung des Einkommens
Unkenntnis der Rechtslage und eben nicht aus gesellschaftsrechtlichen Gründen akzeptiert wird. So wird das Geschäftsführergehalt auch bei Verstoß gegen § 181 BGB gezahlt, weil es vereinbart und angemessen ist und nicht, weil die Gesellschaft dem Gesellschafter ein Gehalt zahlen will, obwohl sie ihm angesichts der unwirksamen Vereinbarung eigentlich gar nichts schuldet. Im Übrigen ist für die Veranlassungsprüfung stets auf den Zeitpunkt der Vereinbarung abzustellen. Niemand wird bewusst eine unwirksame Vereinbarung abschließen, nur weil der Vertragspartner ihm nahesteht. Dies lässt das formale Abstellen auf die zivilrechtliche Wirksamkeit zumindest fragwürdig erscheinen. Da eine fehlende zivilrechtliche Wirksamkeit allerdings nur indizielle Bedeutung für die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung hat, ist wohl der richtige Weg, die gesellschaftsrechtliche Veranlassung im Einzelfall zu prüfen und die Vereinbarung trotz zivilrechtlicher Vertragsmängel dann anzuerkennen, wenn an ihrer Ernsthaftigkeit aufgrund einer Gesamtwürdigung keine Zweifel bestehen. In diesem Zusammenhang hat der BFH mit Urteil vom 31.5.19951 zurecht entschieden, dass eine im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unklare Zivilrechtslage dann nicht die fehlende Ernsthaftigkeit einer Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer indiziert, wenn die Beteiligten den Vertrag unter fachkundiger Beratung geschlossen und auch tatsächlich entsprechend durchgeführt haben. In diesem Fall ist eine im Vertrauen auf die fachliche Beratung abgeschlossene Vereinbarung steuerlich anzuerkennen, weil hier die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung trotz Unwirksamkeit nicht angezweifelt werden kann. 288
Die Voraussetzung der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Vereinbarung mit dem beherrschenden Gesellschafter steht unabhängig neben dem Erfordernis einer klaren und eindeutigen Vereinbarung.2 Sie ist ein Prüfkriterium für den sog. hypothetischen Fremdvergleich, weil davon auszugehen ist, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer keine Leistungen aufgrund einer unwirksamen Vereinbarung erbracht hätte. Die unwirksame Vereinbarung zwingt in aller Regel dazu, Leistungsbeziehungen der gesellschaftlichen Ebene zuzuordnen, weil hierdurch eine fehlende Ernsthaftigkeit der schuldrechtlichen Leistungsverpflichtung indiziert wird.3
289
Eine zivilrechtlich unwirksame Vereinbarung kann im Einzelfall unschädlich sein, wenn die Beteiligten glaubhaft darlegen können, dass sie nach der unwirksamen schriftlichen Vereinbarung noch eine mündliche Vereinbarung getroffen haben, die den zivilrechtlichen Anforderungen genügt. An den Nachweis einer solchen Glaubhaftmachung werden in der Praxis allerdings strenge Anforderungen zu stellen sein.
290
Bestimmte Rechtsgeschäfte, insbesondere solche zwischen einer GmbH und ihrem Alleingesellschafter, müssen zwingend protokolliert werden (§§ 35 Abs. 4, 48 Abs. 3 GmbHG). Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung führt indes nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts, wenn der Nachweis über das Rechtsgeschäft auch in anderer Weise erbracht werden kann.4 bb) Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB)
291 Eine Vereinbarung zwischen GmbH und Gesellschafter ist zivilrechtlich (schwebend) unwirksam und damit grundsätzlich steuerlich nicht als eine klare und eindeutige Vereinbarung anzuerkennen, wenn sie unter Verletzung des Selbstkontrahierungsverbots (§ 181 BGB) zustande gekommen ist. Eine auf einem solchen unwirksamen Vertrag beruhende Zahlung stellt grundsätzlich eine vGA dar. 292
Für den Alleingesellschafter ist gem. § 35 Abs. 4 GmbHG eine entsprechende Befreiung sowohl in genereller Weise als auch für den Einzelfall nur in der Satzung möglich.5 Die Befreiung ist (allerdings nur mit deklaratorischer Wirkung)6 in das Handelsregister einzutragen. Eine wirksam erteilte Befreiung des Alleingesellschafters gilt grundsätzlich auch im Li1 BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, BStBl. II 1996, 246 = FR 1996, 72. 2 BFH v. 17.9.1992 – I R 89–98/91, BStBl. II 1993, 141 = FR 1993, 18 = GmbHR 1993, 45; v. 2.3.1994 – I B 189/93, GmbHR 1994, 722 = BFH/NV 1994, 661; ebenso H 36 KStH 2008. 3 BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72, ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 327, kritisch Frotscher in Frotscher/ Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 165. 4 BGH v. 27.3.1995 – II ZR 140/93, GmbHR 1995, 373 = DStR 1995, 774; Goette, DStR 1995, 776. 5 BGH v. 6.10.1960 – II ZR 215/58, BGHZ 33, 189; v. 28.2.1983 – II ZB 8/82, GmbHR 1983, 269; v. 8.4.1991 – II ZB 3/91, GmbHR 1991, 261 (262); BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72 m. Anm. Pezzer = BStBl. II 1996, 246; v. 30.8.1995 – I R 128/94, BFH/NV 1996, 363; v. 15.10.1997 – I R 19/97, GmbHR 1998, 546 = BFH/NV 1998, 746. 6 BFH v. 15.10.1997 – I R 19/97, GmbHR 1998, 546 = BFH/NV 1998, 746.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 292–295 § 8
quidationsstadium der Gesellschaft.1 Die bloße Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB in einem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ist unzureichend. Im Falle des Nicht-Alleingesellschafters (mehrgliedrige GmbH) ist das Erfordernis einer Satzungsregelung unklar.2 Die FinVerw. verlangt nur für den Alleingesellschafter ausdrücklich eine Satzungsregelung und eine Eintragung in das Handelsregister.3 Verwandelt sich eine mehrgliedrige GmbH in eine Einmann-GmbH, so bleibt eine einmal erteilte Befreiung wirksam.4 Nur deklaratorische Bedeutung hat in jedem Fall auch hier die entsprechende Handelsregistereintragung.5 Eine einmal wirksam erteilte Befreiung bleibt auch in der Liquidation bestehen.6 Nach der Rspr. des BFH7 ist es allerdings unschädlich, wenn die Befreiung erst nachträglich – also nach Abschluss des In-sich-Geschäfts – in der Satzung geregelt und im Handelsregister eingetragen wird. Die In-sich-Geschäfte sind dann als nachträglich genehmigt anzusehen. Die nachträgliche Genehmigung heilt nach der Rspr. des BFH den im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung noch bestehenden formalen Mangel. Das steuerrechtliche Rückwirkungsverbot steht dem nur dann nicht entgegen, wenn den In-sich-Geschäften selbst klare und im Voraus abgeschlossene Vereinbarungen zugrunde liegen.8 Ein Verstoß gegen das Selbstkontrahierungsverbot ist damit immer im Nachhinein steuerlich heilbar, wenn der Vertrag selbst hinreichend eindeutig ist, also trotz zivilrechtlicher Unwirksamkeit der Vereinbarung keine Zweifel an der betrieblichen Veranlassung der Leistung bestehen.9 Da eine Heilung im Extremfall sogar noch im Klageverfahren möglich ist, stellt § 181 BGB kein praxisrelevantes Problem mehr dar. Ist die Veranlagung für das Jahr, in dem die Vereinbarung abgeschlossen wurde, bereits bestandskräftig, so führt eine nachträgliche Genehmigung ggf. zur Änderung des KSt-Bescheids nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO.10
293
cc) Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung Grund für die zivilrechtliche Unwirksamkeit einer Vereinbarung zwischen KapGes. und Gesellschafter kann ein Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Kompetenzregeln sein. Der Abschluss, die Änderung und die Beendigung eines Dienstvertrags zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bedarf – soweit die Satzung keine anderweitigen Zuständigkeiten bestimmt – nach der Rspr. des BGH11 einer Vereinbarung zwischen der Gesellschafterversammlung und dem betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer. Dem ist auch die FinVerw. gefolgt.12 Den zivilrechtlichen Erfordernissen ist Genüge getan, wenn bezüglich der Vergütung an den Gesellschafter-Geschäftsführer ein Gesellschafterbeschluss gefasst wird, an dem der betroffene Geschäftsführer als beherrschender Gesellschafter mitgewirkt hat,13 oder der Gesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschafterversammlung vorab zur Änderung des Dienstvertrags ermächtigt worden ist.14
294
Bei einer „Einmann-GmbH“ dürfte der Nachweis der Existenz eines Beschlusses der Ge- 295 sellschafterversammlung geführt sein, wenn der Alleingesellschafter den Anstellungsvertrag unterschrieben hat. Bei einer mehrgliedrigen GmbH gilt Entsprechendes, wenn alle Gesellschafter den Anstellungsvertrag unterzeichnet haben. Haben einzelne Mitgesellschafter den Anstellungsvertrag nicht unterschrieben, so fehlt zunächst ein Nachweis über den entsprechenden Gesellschafterbeschluss. Wenn keine Vollmachten15 oder Einverständniserklärun1 BFH v. 12.7.2001 – VII R 19, 20/00, BStBl. II 2002, 67 = GmbHR 2001, 927. 2 Bejahend KG v. 21.3.2006 – 1 W 252/05, GmbHR 2006, 653; Theusinger/Liese, EWiR 2006, 683; verneinend Baumbach/Hueck18, § 35 GmbHG Rz. 75; Lutter/Hommelhoff18, § 35 GmbHG Rz. 21. 3 R 36 Abs. 1 KStR 2004 „Zivilrechtliche Wirksamkeit“. 4 BFH v. 13.3.1991 – I R 1/90, BStBl. II 1991, 597 = FR 1991, 397 = GmbHR 1991, 332. 5 BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72. 6 BFH v. 12.7.2001 – VII R 19, 20/00, BStBl. II 2002, 67 = GmbHR 2001, 927 m. Anm. Neusel. 7 BFH v. 23.10.1996 – I R 71/95, BStBl. II 1999, 35 = FR 1997, 20 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 34; v. 3.12.1996 – I R 121/95, GmbHR 1997, 266; v. 11.2.1997 – I R 58/96, GmbHR 1997, 907 = BFH/NV 1997, 803; v. 11.2.1997 – I R 48/96, BFH/NV 1997, 802; v. 12.6.1997 – I R 34/96, GmbHR 1997, 1167 = BFH/NV 1997, 805; v. 15.10.1997 – I R 19/97, GmbHR 1998, 546 = BFH/NV 1998, 746. 8 BFH v. 15.10.1997 – I R 19/97, GmbHR 1998, 546 = BFH/NV 1998, 746. 9 BFH v. 16.12.1998 – I R 96/95, GmbHR 1999, 667 = BFH/NV 1999, 1125. 10 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 155. 11 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 169/90, NJW 1991, 1680 = GmbHR 1991, 363. 12 BMF v. 16.5.1994 – IV B 7 - S 2742 - 14/94, BStBl. I 1994, 868; v. 21.12.1995 – IV B 7 - S 2742 - 68/95, BStBl. I 1996, 50. 13 BFH v. 11.12.1991 – I R 49/90, BStBl. II 1992, 434 = FR 1992, 345 = GmbHR 1992, 386 mwN. 14 S. Tillmann/Schmidt, GmbHR 1995, 796. 15 BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, BStBl. II 1996, 246 = FR 1996, 72 m. Anm. Pezzer; dazu Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2010, § 47 GmbHG Rz. 85.
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§ 8 Rz. 295–298
Ermittlung des Einkommens
gen1 dieser Gesellschafter vorliegen, ist nur die Existenz eines schriftlichen Anstellungsvertrags bewiesen. Kann ein Gesellschafterbeschluss nicht anderweitig nachgewiesen werden, so ist davon auszugehen, dass die Gesellschafterversammlung dem Anstellungsvertrag spätestens mit der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 46 Abs. 1 GmbHG) zugestimmt hat. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist dann wohl von einem wirksamen Anstellungsvertrag auszugehen. d) Mündliche Vereinbarungen zwischen Gesellschafter und GmbH 296
Vereinbarungen über Leistungsbeziehungen zwischen einer KapGes. und ihrem Gesellschafter unterliegen keinen besonderen Formerfordernissen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Schriftform ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist (zB § 311b BGB für Verträge über Grundstücke, § 766 BGB für Bürgschaftserklärungen, §§ 780, 781 BGB für ein Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis, § 925 BGB für eine Auflassung usw.). Besteht dagegen nur ein steuerliches Formerfordernis (zB für Pensionszusagen gem. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG), so hindert eine fehlende Schriftform die Anerkennung der Vereinbarung nicht. Allerdings sind in diesem Fall die in den Steuergesetzen geregelten Rechtsfolgen zu beachten (Passivierungsverbot für die Pensionsrückstellung bei fehlender Schriftform).
297
Auch mündliche Vereinbarungen sind somit im Grundsatz uneingeschränkt möglich. Enthält der (schriftlich abgefasste) Vertrag zwischen KapGes. und Gesellschafter eine „einfache“ Schriftformklausel („Vertragsänderungen bedürfen der Schriftform“), so kann auch eine solche Klausel mündlich aufgehoben werden und an die Stelle der schriftlichen Vereinbarung kann eine davon abweichende mündliche Vereinbarung treten. Eine solche mündliche Änderungsabrede kann der Besteuerung aber nur dann zugrunde gelegt werden, wenn ein die Schriftform aufhebender Wille erkennbar ist.2 Dies festzustellen obliegt im Einzelfall dem FG.3 Dabei reicht der Wille, den Vertrag neu zu regeln, dann nicht aus, wenn die Beteiligten das Schriftformerfordernis und damit auch dessen Abbedingung gar nicht im Bewusstsein hatten.4 Nach der Rspr. des BFH ist ein konkludenter Aufhebungswille zu verneinen, wenn sich die Beteiligten – angesichts mehrfacher schriftlicher Vertragsergänzungen – stets erkennbar an die Schriftform gebunden gefühlt haben. Dies führt in der Praxis zu kuriosen Ergebnissen. Beispiel: Der Anstellungsvertrag zwischen der A-GmbH und dem Gesellschafter-Geschäftsführer A enthält eine sog. einfache Schriftformklausel (Wortlaut: Änderungen des Anstellungsvertrags bedürfen der Schriftform). In den Jahren 2004 bis 2013 wird das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers zehnmal erhöht. Außer für die Gehaltsanpassung 2010 kann iRd. Betriebsprüfung keine weitere schriftliche Vereinbarung vorgelegt werden. Lösung: Eine Schriftformklausel im Anstellungsvertrag mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH kann grundsätzlich mündlich aufgehoben werden, weil der gesamte Anstellungsvertrag prinzipiell keinem Schriftformzwang unterliegt. Die Gehaltserhöhungen stellen aber keine vGA dar, weil durch die nahezu ausnahmslos fehlenden schriftlichen Vereinbarungen ein konkludenter Aufhebungswille in Bezug auf die Schriftformklausel erkennbar ist. Abwandlung: Die Beteiligten legen dem Betriebsprüfer für neun Vertragsanpassungen schriftliche Vereinbarungen vor. Nur für das Jahr 2010 fehlt eine schriftliche Abrede. Das Dokument ist nicht auffindbar. Lösung: Die Gehaltserhöhung für 2010 führt zu einer vGA. Da sich die Beteiligten erkennbar an die Schriftformklausel gebunden gefühlt haben, ist hinsichtlich der Schriftformklausel kein konkludenter Aufhebungswille erkennbar. Die mündliche Vertragsanpassung für 2010 ist wegen der nach wie vor existenten Schriftformklausel zivilrechtlich unwirksam und führt zur Annahme einer vGA.
298
Enthält der Geschäftsführervertrag dagegen eine sog. qualifizierte (doppelte) Schriftformklausel, die besagt, dass Vertragsänderungen der Schriftform bedürfen und eine nur mündlich vereinbarte Aufhebung des Schriftformzwangs unwirksam sein soll, so ist nach nicht unumstrittener5 Ansicht des BFH6 von der zivilrechtlichen Unwirksamkeit einer nur mündlich vereinbarten Gehaltsanpassung auszugehen. Unklar ist, ob der BFH durch seinen
1 BFH v. 22.11.1995 – I R 168/94, GmbHR 1996, 947 = BFH/NV 1996, 644. 2 BFH v. 24.7.1996 – I R 115/95, BStBl. II 1997, 138 = GmbHR 1997, 133 = FR 1997, 109; BGH v. 30.9.1992 – VIII ZR 196/91, NJW 1993, 64. 3 FG Düsseldorf v. 3.2.2009 – 6 K 2686/07 K, G, EFG 2010, 1531 (rkr.; NZB s. BFH v. 27.7.2009 – I B 45/09, BFH/NV 2009, 2005). 4 FG Köln v. 19.6.2007 – 7 K 2270/06, EFG 2008, 136. 5 Kritisch dazu Depping/Voß, DStR 1992, 341; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 155; Tiedke, DStZ 1992, 195. 6 BFH v. 31.7.1991 – I S 1/91, BStBl. II 1991, 933 = GmbHR 1992, 119.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 298–300 § 8
Hinweis im Urteil vom 24.7.19961 auf das BGH-Urt. v. 17.4.19912 von seiner in diesem Punkt restriktiven Meinung abrücken wollte. Für die Praxis bleibt hier nur der Hinweis, dass Schriftformklauseln nach Möglichkeit ersatzlos entfernt werden sollten, um Problemen mit der zivilrechtlichen Unwirksamkeit eventueller Vertragsänderungen aus dem Weg zu gehen. Hierdurch verbleibt die Möglichkeit, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, jederzeit eine steuerlich anzuerkennende mündliche Vereinbarung zu treffen. Ein häufiger Streitpunkt in der Betriebsprüfungspraxis ist die steuerliche Anerkennung behaupteter mündlicher (Änderungs-)Vereinbarungen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter. Dies insbesondere dann, wenn entweder bereits die ursprünglich schriftliche Vereinbarung nicht hinreichend klar und eindeutig war oder weil nicht entsprechend einer klaren schriftlichen Vereinbarung verfahren wurde. Zwar kann eine fehlende, unklare oder zivilrechtlich unwirksame schriftliche Vereinbarung mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich durch eine klare und eindeutige mündliche Vereinbarung ersetzt werden. Auch kann eine klare und eindeutige schriftliche Vereinbarung durch eine davon abweichende mündliche Vereinbarung ersetzt werden. In allen Fällen ist aber eine solche mündliche Änderungsabrede nur dann als hinreichend klar anzusehen, wenn ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, dass die Leistungen aufgrund einer entsprechenden (mündlichen) Vereinbarung mit dem Gesellschafter erbracht werden. Dh., der tatsächliche Geschehensablauf muss für eine solche Änderungsvereinbarung sprechen. Aus dem tatsächlichen Verhalten muss auf die Vereinbarung rückgeschlossen werden.3 Fehlende Nachweise wirken sich zulasten desjenigen aus, der sich auf die mündlichen Vereinbarungen beruft.4
299
Während entsprechende Nachweise bei monatlich wiederkehrenden Gehaltszahlungen 300 durch pünktliche Auszahlung, ordnungsmäßige Verbuchung und regelmäßige Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen von Beginn an relativ leicht zu führen sind,5 wird dies bei nur jährlich anfallenden Sondervergütungen schwieriger. Aber auch zB bei Tantiemezahlungen (Leistungen aufgrund eines Dauerschuldverhältnisses) kann aus einer jahrelangen Übung eine klare Vereinbarung abgeleitet werden, wenn die Beträge nach einer einheitlichen Formel ermittelt, zu festen Zeitpunkten ausgezahlt und in den Büchern der GmbH nachweislich festgehalten werden.6 Dies gilt aber erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die klare Vereinbarung objektiv nach außen – für einen fremden Dritten erkennbar – in Erscheinung tritt.7 Behaupten die Beteiligten, eine mündliche Tantiemevereinbarung abgeschlossen oder eine schriftliche Tantiemevereinbarung mündlich abgeändert zu haben, so wird die aufgrund der mündlichen Vereinbarung gezahlte Tantieme in aller Regel zumindest im Erstjahr als vGA zu behandeln sein, weil nicht auszuschließen ist, dass sich die Beteiligten erstmals bei der Bilanzaufstellung über den neuen Berechnungsmodus geeinigt haben.8 Auch für die Zeit bis zur Bilanzaufstellung im Folgejahr kann wegen des Rückwirkungsverbots nichts anderes gelten. Liegen keine geeigneten Zeugenaussagen vor, die erkennen lassen, ab wann die Willensbildung der Gesellschafter erstmals nach außen in Erscheinung getreten ist, wird die objektive Unklarheit erst nach mehreren Jahren beseitigt sein. Nach diesen Grundsätzen kann eine konsequente Vertragsdurchführung – zumindest in den Anfangsjahren – die Annahme einer vGA nicht verhindern, wenn die schriftliche Gehaltsvereinbarung den steuerlichen Anforderungen nicht genügt. Die Beseitigung der objektiven Unklarheit wirkt nur ex nunc.
1 BFH v. 24.7.1996 – I R 115/95, BStBl. II 1997, 138 = GmbHR 1997, 133 = FR 1997, 109. 2 BGH v. 17.4.1991 – XII ZR 15/90, NJW-RR 1991, 1289 = WM 1991, 1398 betr. den Fall einer qualifizierten Schriftformklausel. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 150f. 4 BFH v. 17.10.1990 – I R 47/87, BFH/NV 1991, 773. 5 Vgl. BFH v. 24.1.1990 – I R 157/86, BStBl. II 1990, 645; v. 26.2.1992 – I R 39/91, GmbHR 1993, 448 = BFH/NV 1993, 385. 6 BFH v. 25.10.1995 – I R 9/95, FR 1996, 220 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 299 = DStR 1996, 339. 7 BFH v. 4.12.1991 – I R 63/90, BStBl. II 1992, 362 = GmbHR 1992, 389; v. 25.10.1995 – I R 9/95, FR 1996, 220 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 299 = DStR 1996, 339. 8 BFH v. 4.12.1991 – I R 63/90, BStBl. II 1992, 362 = GmbHR 1992, 389 unter Nr. 4 der Gründe. Im Urteilsfall hatten die Gesellschafter anlässlich der Bilanzbesprechung die Auffassung eines an der mündlichen Vereinbarung nicht beteiligten Zeugen diesem gegenüber als richtig bestätigt. Zur Kritik s. Flume, DB 1992, 1697.
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§ 8 Rz. 301–304
Ermittlung des Einkommens
e) Durchführungsgebot 301 Die steuerliche Anerkennung einer Vereinbarung zwischen einer KapGes. und ihrem beherrschenden1 Gesellschafter setzt neben den oa. Formanforderungen auch voraus, dass die Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird. Ein in diesem Zusammenhang typischer Fall ist die nicht vereinbarungsgemäße Auszahlung der Vergütungen.2 Ein Verstoß gegen das Durchführungsgebot ist ein Indiz (kein Tatbestandsmerkmal) für die fehlende Ernsthaftigkeit der Vereinbarung und somit für deren gesellschaftsrechtliche Veranlassung.3 Ein mangelhafter tatsächlicher Vollzug führt nur dann zu einer vGA, wenn das Fehlen der tatsächlichen Durchführung lediglich die Unentgeltlichkeit der Leistung verdecken soll.4 Bei monatlich fälligen Vergütungen reicht eine Zahlung oder Aufrechnung nach Ablauf des Wj. nicht aus, sondern führt zu vGA.5 302
Die vertraglich vereinbarten Vergütungen müssen pünktlich zu den vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten und in zutreffender Höhe bezahlt werden oder einvernehmlich – zB durch Verbuchung auf einem für die Gehaltszahlung eingerichteten und für den Gesellschafter frei verfügbaren Verrechnungskonto – in Darlehensansprüche umgewandelt werden.6 Bei einer Verbuchung auf einem Verrechnungskonto kommt es im Übrigen darauf an, ob der Gesellschafter über dieses Konto frei bestimmen kann. Es reicht nicht aus, wenn eine Verbuchung der geschuldeten Beträge erst iRd. Bilanzaufstellung vorgenommen wird.7 Erfolgt auf dem Verrechnungskonto allerdings weder eine zeitnahe Aufrechnung mit Gegenforderungen noch eine Verzinsung, so liegt in der reinen Verbuchung auf dem Verrechnungskonto keine vertragsgemäße Durchführung der Vergütungsvereinbarung.8
303
Eine bestehende Aufrechnungslage, also die Existenz gleichwertiger Gegenansprüche, ist kein Umstand, der es erlaubt, von einer tatsächlichen Erfüllung abzusehen. Im Gegenteil, die unterlassene tatsächliche Aufrechnung dokumentiert eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Leistungsbeziehung zwischen GmbH und Gesellschafter. Die Erfüllung durch Aufrechnung setzt eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) voraus.9 Zumindest muss aber bei nicht ausdrücklich abgegebener Erklärung der Aufrechnungswille klar erkennbar sein.10
304
Eine schlichte Stundung der fälligen Vergütung (also ein reines Hinausschieben der Fälligkeit) ist uE nicht mit einer Schuldnovation gleichzusetzen und deshalb prinzipiell als Durchführungsmangel anzusehen.11 Etwas anderes gilt aber dann, wenn betriebliche Gründe für die Stundung ursächlich waren. Eine echte Schuldnovation ist dagegen eine Verfügung über die Forderung und deshalb unzweifelhaft einer Auszahlung gleichzusetzen. Sie muss allerdings Gegenstand einer besonderen und ausdrücklichen Vereinbarung sein, wenn sie steuerlich anerkannt werden soll.12 Es reicht nicht aus, die ausstehenden Beträge nur buchungstechnisch als Verbindlichkeit oder gar Rückstellung auszuweisen.
1 Das Durchführungsgebot gilt, von Extremfällen abgesehen, nur für beherrschende Gesellschafter; s. aber zu einem Ausnahmefall BFH v. 6.12.1995 – I R 88/94, BStBl. II 1996, 383 = FR 1996, 393 m. Anm. Pezzer, FR 1996, 379 = GmbHR 1996, 464 betr. eine nicht vereinbarungsgemäße Durchführung eines Vertrags mit einem nicht beherrschenden Gesellschafter über einen Zeitraum von mehr als elf Jahren. 2 BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 mwN. 3 BFH v. 29.6.1994 – I R 11/94, BStBl. II 1994, 952 = GmbHR 1994, 893 = FR 1994, 832; v. 13.11.1996 – I R 53/95, GmbHR 1997, 414 m. Anm. Gosch = BFH/NV 1997, 622; v. 21.3.2001 – I B 31/00, GmbHR 2001, 678 = BFH/NV 2001, 1143. 4 BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301. 5 FG München v. 5.5.2011 – 7 K 1349/09, GmbHR 2011, 839 (rkr.). 6 BFH v. 2.12.1992 – I R 54/91, BStBl. II 1993, 311 = FR 1993, 238 = GmbHR 1993, 232. 7 BFH v. 12.4.1989 – I R 142, 143/85, BStBl. II 1989, 636 = FR 1989, 563 = GmbHR 1989, 433. 8 FG BW v. 12.1.2000 – 3 K 70/96, GmbHR 2000, 343 (rkr.; NZB s. BFH v. 21.3.2001 – I B 31/00, GmbHR 2001, 678). 9 BFH v. 21.3.2001 – I B 31/00, GmbHR 2001, 678 = BFH/NV 2001, 1149. 10 Palandt73, § 388 BGB Rz. 1. 11 AA FG München v. 2.6.2008 – 6 V 523/08, EFG 2009, 38 (rkr.) unter Verweis auf BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BStBl. II 1999, 223 = GmbHR 1999, 304 = FR 1999, 302, welches jedoch zur Frage der Zuflussfiktion beim beherrschenden Gesellschafter ergangen ist und auf das vorliegende Problem nicht übertragen werden kann; zutr. dagegen FG Hess. v. 16.8.2000 – 4 K 5124/99, DStRE 2003, 161 (rkr.). Das FG Hamburg (v. 28.6.2012 – 2 K 199/10, SteuK 2012, 469 [rkr.]) hält zumindest Stundungen ohne zeitliche Befristungen oder Festlegung von Überprüfungszeiträumen für einen Durchführungsmangel. 12 BFH v. 20.7.1988 – I R 136/84, BFH/NV 1990, 64; v. 25.7.1991 – XI R 30–31/89, BStBl. II 1991, 842 = FR 1991, 659; v. 13.11.1996 – I R 53/95, GmbHR 1997, 414 m. Anm. Gosch = BFH/NV 1997, 622.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 305–307 § 8
Ungewöhnliche Verzögerungen bei der Auszahlung der vereinbarten Vergütungen können den Schluss zulassen, dass das Vereinbarte nicht ernsthaft gelten soll.1 Für Monatsgehälter2 oder monatliche Pachtzahlungen3 gilt der Grundsatz, dass sie auch monatlich ausbezahlt werden müssen. Selbst kurzfristige Verzögerungen in der Auszahlung können im Einzelfall auf eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung hindeuten.4 Dies ist besonders dann der Fall, wenn es für die Auszahlungsmängel keine betriebliche Veranlassung gibt und die „Verstöße“ häufiger vorkommen, also das Gesamtbild an der Ernstlichkeit Zweifel aufkommen lässt.
305
Der Dienstvertrag mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kann ausnahmsweise trotz Nichtauszahlung der Gehälter als durchgeführt angesehen werden, wenn die Gesellschaft nicht zahlungsfähig ist. Ob eine wirtschaftliche Krise bzw. vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten im Fälligkeitszeitpunkt ausreichen, ist durch den BFH bisher nicht einheitlich, sondern sehr einzelfallabhängig beantwortet worden.5 Der Umstand, dass die Vergütung auf Gesellschafterebene ggf. schon im Zeitpunkt der Fälligkeit als zugeflossen gilt, solange keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt,6 hat damit nichts zu tun. Bei der Frage des Durchführungsgebots geht es darum, ob die KapGes. sich bei der Auszahlung der Vergütungen fremdüblich verhält. Bei der Zuflussbesteuerung im Fälligkeitszeitpunkt geht es dagegen darum, ob der Gesellschafter angesichts seiner beherrschenden Stellung die Möglichkeit hätte, die sofortige Auszahlung zu erzwingen. Das Durchführungsgebot soll dagegen gerade sicherstellen, dass die – jederzeit mögliche – Auszahlung auch tatsächlich erfolgt. In der Praxis wird es also erforderlich sein, dem FA nachzuweisen oder glaubhaft darzulegen, dass in der Zeit zwischen Fälligkeit und Auszahlung tatsächlich eine finanzielle Notlage bestanden hat. Hat die GmbH in dem betreffenden Zeitraum auch andere Gläubiger nicht oder verspätet befriedigt, so sollte dies im Zweifel ausreichen, die verspätete Gehaltszahlung an den Gesellschafter-Geschäftsführer als nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst zu qualifizieren. Allerdings müssen die Zahlungsschwierigkeiten auf Umständen beruhen, die erst nach Abschluss der Vereinbarung eingetreten sind.7 Wenn die Krise bereits bei Abschluss der Vereinbarung absehbar war, kann ein Durchführungsmangel nicht mit Liquiditätsproblemen begründet werden.
306
Es ist unschädlich, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Krise auf künftige Ge- 307 haltsforderungen gegen seine GmbH unter der auflösenden Bedingung verzichtet, dass im Besserungsfall die Forderung rückwirkend wiederaufleben soll.8 Die Besserungskonditionen sollten allerdings detailliert festgelegt werden.9 Die Zahlungen auf den Besserungsschein sind idR keine vGA.10 Sie können im Einzelfall ausnahmsweise gesellschaftsrechtlich veranlasst sein, wenn der Forderungsverzicht mit Besserungsschein im Zuge der Veräußerung der Anteile ausgesprochen wird, der Anteilserwerber den Besserungsschein mit erwirbt und ausnahmsweise eine missbräuchliche Gestaltung vorliegt.11 Dies ist indes kein Durchführungsproblem, sondern eine Frage des Fremdvergleichs in Bezug auf die gesamten Ver-
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BFH v. 28.7.1993 – I B 54/93, GmbHR 1994, 416 = BFH/NV 1994, 345. S. dazu BFH v. 13.11.1996 – I R 53/95, GmbHR 1997, 414 m. Anm. Gosch = BFH/NV 1997, 622. S. dazu FG BW v. 2.11.1995 – 6 K 65/93, GmbHR 1996, 708 = EFG 1996, 342 (rkr.). FG Hamburg v. 12.9.2012 – 6 K 110/10, juris (rkr.). BFH v. 12.12.1973 – I R 183/71, BStBl. II 1974, 179, wonach finanzielle Schwierigkeiten nicht ausreichen; v. 2.5.1974 – I R 194/72, BStBl. II 1974, 585, wonach – unter Hinweis auf I R 183/71 – finanzielle Schwierigkeiten ausreichen sollen; v. 2.3.1988 – I R 103/86, BStBl. II 1988, 786 = FR 1988, 480 = GmbHR 1988, 363, wonach eine dauernde Krise nicht genügt; v. 13.12.1989 – I R 99/87, BStBl. II 1990, 454 = FR 1990, 517, wonach bei vorübergehenden Liquiditätsschwierigkeiten verzögerte Gehaltszahlungen nicht zwingend zu vGA führen; v. 25.7.1991 – XI R 30, 31/89, BStBl. II 1991, 842 = FR 1991, 659, wonach allerdings bei einem Ehegattenarbeitsverhältnis Liquiditätsschwierigkeiten kein Grund für eine verzögerte Auszahlung sind; v. 13.11.1996 – I R 53/95, GmbHR 1997, 414 m. Anm. Gosch = BFH/NV 1997, 622, wonach Liquiditätsschwierigkeiten ausreichen. S. zu dieser Problematik BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, FR 1984, 401 = BStBl. II 1984, 480; v. 8.5.2007 – VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249; v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597. BFH v. 13.12.1989 – I R 99/87, BStBl. II 1990, 454 = FR 1990, 517. BFH v. 18.12.2002 – I R 27/02, GmbHR 2003, 546 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2003, 824. Ebenso Schlagheck, StBp 1998, 92; Neu, EFG 2002, 1117; aA Gosch2, § 8 KStG Rz. 324. BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588 = GmbHR 1991, 73; v. 18.12.2002 – I R 27/02, GmbHR 2003, 546 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2003, 824; v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901. S. dazu FG München v. 22.2.2011 – 6 K 1451/08, EFG 2011, 1086; ebenso zuvor BFH v. 1.2.2001 – IV R 3/00, BStBl. II 2001, 520 = FR 2001, 635 = GmbHR 2001, 528; anders dagegen BFH v. 30.1.2002 – I R 13/01, GmbHR 2002, 748 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 1172; nunmehr auch und nachgehend BFH v.
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§ 8 Rz. 307–310
Ermittlung des Einkommens
einbarungen unter Einbeziehung des Anteilsverkaufs (s. ABC in Rz. 550 ff. „Besserungsleistungen“). Allerdings hat der BFH dem Missbrauchsgedanken eine Absage erteilt.1 308
Auch ein eventuelles Auszahlungsverbot nach § 30 Abs. 1 GmbHG wegen Unterbilanz der GmbH darf die Auszahlung der (angemessenen) Geschäftsführergehälter nicht hindern, weil sich diese Vorschrift nur auf Leistungen an Gesellschafter in dieser Eigenschaft bezieht, nicht jedoch auf Rechtsverhältnisse, die der Gesellschafter wie ein außenstehender Dritter mit der GmbH abschließt.2
309
Soll der Vertrag mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer steuerlich anerkannt werden, so muss er grundsätzlich während seiner gesamten Dauer vollständig durchgeführt werden.3 Dabei ist nicht ausschließlich auf den zu beurteilenden VZ abzustellen. Auch zeitlich danach eintretende Durchführungsmängel können in die Betrachtung mit einzubeziehen sein und auf das Vorjahr mit „ausstrahlen“.4
310
Fraglich ist, ob eine nur teilweise Nichtdurchführung des Anstellungsvertrags alle Gehaltszahlungen in vGA umqualifiziert oder ob hiervon nur diejenigen Beträge betroffen sind, die nicht rechtzeitig ausbezahlt wurden. Mit Urteil vom 28.11.20015 entschied der BFH, dass eine nur zeitweise Darlehensdurchführung denkbar und für die durchgeführten Zeiträume ggf. steuerlich anzuerkennen ist. Allerdings handelte es sich in dem Urteilsfall des BFH um einen 30-monatigen zusammenhängenden Zeitraum. Der BFH ließ ausdrücklich offen, ob die Bejahung einer zeitweisen Durchführung eine gewisse Dauer der Zeitspanne voraussetzt und wie diese ggf. zu bemessen ist. UE ist eine teilweise Anerkennung der Vereinbarung zumindest dann nicht möglich, wenn zB Gehaltszahlungen innerhalb eines Jahres derart unregelmäßig verlaufen, dass von einer vertragsgemäßen Durchführung des gesamten Anstellungsvertrags nicht mehr ausgegangen werden kann.6 In solchen Fällen ist keineswegs – wie im Schrifttum teilweise vertreten wird7 – nur der Zuflusszeitpunkt zu korrigieren, denn der Gesellschafter wird bei groben Durchführungsverstößen indiziell nicht in erster Linie auf schuldrechtlicher, sondern auf gesellschaftsrechtlicher Basis für die KapGes. tätig.8 Auch ist die vGA nicht auf den Betrag beschränkt, der einen etwaigen dienstvertraglichen Mindestanspruch übersteigt. Vielmehr stellen die gesamten Gehaltszahlungen vGA dar. Beispiel: Die X-GmbH verspricht ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer im Anstellungsvertrag ein jeweils zum Monatsende fälliges Gehalt von 10 000 Euro (in der Jahressumme also 120 000 Euro). Im Jahr 2012 wird wie folgt gezahlt: Am 31.1., 28.2., 31.3. je 6000 Euro, am 30.4., 31.5. je 10 000 Euro, am 15.9. 30 000 Euro und am 31.12. 52 000 Euro. Lösung: Obwohl in den ersten drei Monaten jeweils 6000 Euro (4000 Euro weniger als vereinbart) pünktlich ausgezahlt wurden und die Summe der Gehaltszahlungen im Kalenderjahr (wie vereinbart) 120 000 Euro betrug, ist der Vertrag wegen mangelhafter tatsächlicher Durchführung als nicht ernsthaft anzusehen. Es liegen uE vGA von insg. 120 000 Euro vor, weil eine einheitliche Vertragsdurchführung nicht erkennbar ist. Abwandlung: Das Gehalt wird wie folgt gezahlt: Januar bis Oktober zum vereinbarten Lohnzahlungszeitpunkt je 10 000 Euro, im November und Dezember zum vereinbarten Lohnzahlungszeitpunkt je 3000 Euro. Lösung: Der Vertrag ist zumindest für die Monate Januar bis Oktober als tatsächlich durchgeführt anzusehen.9 Ob die Gehälter für die Monate November und Dezember als vGA zu qualifizieren sind, hängt davon ab, ob es für die verringerten Gehaltszahlungen nachvollziehbare betriebliche Gründe gibt oder gar eine mündliche Änderungsvereinbarung abgeschlossen wurde. Existiert keine Änderungsabrede, so sind die Gehaltsaufwendungen für November und Dezember in der vertraglich vereinbarten Höhe einzubuchen und sodann als vGA dem Einkommen hinzuzurechnen (s. ABC der vGA in Rz. 933 ff. „Nicht vollzogener Vertrag“).
1 2 3 4 5 6 7 8 9
12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901; s. zur bisherigen Verwaltungsansicht BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, GmbHR 2004, 143. BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck19, § 30 GmbHG Rz. 29f. BFH v. 30.3.1994 – I B 185/93, GmbHR 1995, 236 = BFH/NV 1995, 164. BFH v. 29.6.1994 – I R 11/94, BStBl. II 1994, 952 = GmbHR 1994, 893 = FR 1994, 832. BFH v. 28.11.2001 – I R 44/00, GmbHR 2002, 272 = BFH/NV 2002, 543. GlA Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 160 und Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 281. Meyer-Arndt, DB 1989, 66. BFH v. 20.10.2004 – I R 4/04, GmbHR 2005, 494 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2005, 723; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 331. BFH v. 28.11.2001 – I R 44/00, GmbHR 2002, 272 = BFH/NV 2002, 543.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 311–315 § 8
Werden die Lohnzahlungen vor dem vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt, aber nach Abfassung der Vereinbarung im Einzelfall als Lohnvorauszahlung/Abschlagszahlung geleistet, so sollte dies unschädlich sein, wenn die Vorläufigkeit der Abschlagszahlung eindeutig zum Ausdruck kommt.
311
Die tatsächliche Durchführung setzt auch eine zutreffende Bilanzierung der Vergütungsansprüche bei der verpflichteten KapGes. voraus. Eine schuldhaft unzutreffend gebildete Pensionsrückstellung ist nach der Rspr. des BFH Teil der Durchführung des Pensionsvertrags und kann indiziell gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung sprechen.1 Bei Pensionsverträgen leuchtet dies ein, weil hier die Durchführung während der Anwartschaftsphase nur an der Passivierung gemessen werden kann. Auf Vergütungen aufgrund eines anderen Dauerrechtsverhältnisses sind dieses Grundsätze nicht ohne Weiteres übertragbar. Insbesondere wenn der Vertrag (zB Tantieme, Miete, Gehalt einschließlich Nebenpflichten) im Übrigen pünktlich und in zutreffender Höhe erfüllt wird, kann die Passivierung uE keine ausschlaggebende Rolle spielen. Auf der anderen Seite reicht die zutreffende Passivierung einer Verbindlichkeit nicht aus, eine ordnungsgemäße Durchführung anzunehmen, wenn die Vertragserfüllung im Übrigen erhebliche Mängel aufweist.2
312
Auch ein insgesamt nicht vollzogener Vertrag kann uE eine vGA auslösen.3 Die Vermögensminderung bestimmt sich nämlich nach Maßgabe der zutreffend aufzustellenden Steuerbilanz unter Beachtung der GoB.4 Wird also eine Tantiemevereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer schlicht vergessen, besteht sie aber zivilrechtlich fort, so ist zunächst die Bilanz durch Einbuchung der Verbindlichkeit bzw. Rückstellung zu korrigieren und der dabei entstehende Aufwand sodann außerbilanziell gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu korrigieren (s. ABC in Rz. 936).
313
Nicht jeder Durchführungsmangel führt zur Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der gesamten Vereinbarung. Die oa. Grundsätze sind also mit „Augenmaß“ anzuwenden. Es bedarf mindestens der mehrmaligen Nichtdurchführung des Vereinbarten, um eine Vereinbarung zwischen KapGes. und Gesellschafter als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen. Wenn zB das Gehalt ein- oder zweimal um wenige Wochen verspätet ausgezahlt wird, so ist dies noch keine ins Gewicht fallende fremdunübliche Vertragsabweichung.5 Auch reine Berechnungsfehler stellen keinen Durchführungsmangel dar.6
314
7. Rechtsfolgen der vGA a) Außerbilanzielle Korrektur der vGA aa) Systematische Grundlagen Die Frage, ob die Hinzurechnung einer vGA innerhalb oder außerhalb der Steuerbilanz durchzuführen ist, war lange Zeit umstritten. Der BFH hatte die Rechtsfrage mit Urteil vom 29.6.19947 erstmals dahingehend entschieden, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Korrektur außerhalb der Steuerbilanz nach sich zieht. Auf der sog. ersten Stufe der Gewinnermittlung wird dabei zunächst der Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG unter Beachtung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes ermittelt („Steuerbilanzgewinn“). Auf dieser Stufe sind zunächst alle Ausgaben (auch wenn sie gesellschaftsrechtlich veranlasst sind) Betriebsausgaben, denn eine KapGes. verfügt nicht über eine außerbetriebliche Sphäre. Der so ermittelte steuerbilanzielle Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG – also der ersten Gewinnermittlungsstufe – wird sodann auf einer gedanklichen zweiten Stufe der Gewinnermittlung durch Hinzurechnungen und Kürzungen korrigiert. Die dort vorzunehmenden Korrekturen sind steuerfreie Einnahmen (§ 8b KStG oder DBA), Einlagen, nicht abziehbare Betriebsausgaben, Korrekturen nach § 1 AStG und vGA8. Dies hat seinen Grund ua. darin, dass auch das Gewerbesteuerrecht an den „Gewinn“ aus Gewerbebetrieb anknüpft, die oa. Korrekturen aber auf diese gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage durchschlagen.9 Der BFH wen1 2 3 4 5 6 7 8
BFH v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928 = GmbHR 2006, 943 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 929. BFH v. 2.3.1988 – I R 103/86, BStBl. II 1988, 786 = FR 1988, 480 = GmbHR 1988, 363. AA FG Köln v. 19.2.1997 – 12 K 4819/91, GmbHR 1997, 510 (rkr.); krit. Wassermeyer, GmbHR 1997, 804. Gosch2, § 8 KStG Rz. 247. Neumann, GmbH-StB 2006, 40; ebenso wohl Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 160. BFH v. 24.3.1999 – I R 20/99, BStBl. II 2001, 612. BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366 = FR 1994, 833 = GmbHR 1994, 894. Vgl. Wassermeyer, IStR 2001, 633; Wassermeyer, GmbHR 2002, 1; Wassermeyer, DB 2010, 1959; aA Bareis, GmbHR 2009, 813; Bareis, DStR 2009, 600. 9 Vgl. VG Koblenz v. 17.5.2010 – 3 K 1016/09, DStR 2010, 1959 (1960) m. Anm. Hartmann.
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§ 8 Rz. 315–318
Ermittlung des Einkommens
det die Korrekturvorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG deshalb auf der sog. zweiten Stufe der Gewinnermittlung an. Diese Korrekturstufe geht der Ermittlung des Einkommens nach § 2 Abs. 4 EStG um eine Stufe vor. Diese Rspr. des BFH kann nach mehreren Folgeentscheidungen als gefestigt angesehen werden.1 Die FinVerw. hat sich in allen wesentlichen Fragen der Rspr. des BFH angeschlossen.2 Das BMF-Schreiben enthält die eindeutige Aussage, dass eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG stets außerhalb der Steuerbilanz erfolgt und die Höhe des steuerbilanziellen Vermögens und damit auch des steuerbilanziellen EK iSd. § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG nicht berührt. bb) Hinzurechnung bei fehlerhafter Verbuchung im „Ursprungsjahr“ 316
Allerdings ist diese Hinzurechnug eine Korrektur des steuerbilanziellen Unterschiedsbetrags. Sie ist nicht zwingend in dem Jahr vorzunehmen, in dem der Aufwand entstanden ist, sondern in dem Jahr, in dem der Aufwand den Unterschiedsbetrag tatsächlich gemindert hat. Wurde zB eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Aufwandsbuchung (Teilwertabschreibung) im zutreffenden Jahr unterlassen und kann die insoweit unzutreffende Ursprungsbilanz wegen Bestandskraft der Veranlagung nicht mehr berichtigt werden, so ist es denkbar, dass die Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in einem anderen Jahr erfolgt. Wird die Aufwandsbuchung nämlich in einem nachfolgenden VZ nachgeholt, so kann nach der Rspr. des BFH in diesem nachfolgenden VZ der Ansatz einer vGA und damit eine außerbilanzielle Hinzurechnung erfolgen.3 Es ist also immer auf das Jahr der Minderung des Unterschiedsbetrags iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG abzustellen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung in dem Folgejahr nach Bilanzrecht auch erfolgen darf. cc) Unterbliebene Hinzurechnung im Ursprungsjahr
317 Die Problematik der Korrektur auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe (also außerhalb der Steuerbilanz) wirft aber auch verfahrensrechtliche Fragen auf, zu denen die FinVerw. mit BMF-Schr. v. 28.5.20024 Stellung genommen hat. Soweit eine Hinzurechnung der vGA in dem Wirtschaftsjahr, in dem die vGA das Einkommen der KapGes. gemindert hat, aus verfahrensrechtlichen Gründen unmöglich ist, unterbleibt eine Erfassung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG endgültig. Eventuelle in einer Rückstellung erfasste Beträge können demzufolge auf der Ebene der KapGes. nicht mehr als vGA erfasst werden. Eine Nachholung – also eine außerbilanzielle Hinzurechnung – der vGA in späteren Jahren ist unzulässig. Insoweit folgt der BFH der Verwaltungsauffassung5 Dies betrifft den in der Praxis nicht untypischen Fall, dass eine Betriebsprüfung die gesellschaftsrechtlich veranlasste Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht im Erstjahr, sondern erst in einem späteren VZ – nach Bestandskraft des Erstjahres – beanstandet. dd) Spätere Rückstellungsauflösung (1) Die Teilbeträge I und II zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen 318
Wenn Aufwendungen, die vGA darstellen, aufwandswirksam in eine Rückstellung eingestellt wurden, könnte es zu einer Doppelbesteuerung kommen, wenn im Jahr der Aufwandsbuchung eine außerbilanzielle Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfolgt ist und später die Rückstellung gewinnwirksam aufgelöst wird. In diesem Fall ist es erforderlich, den Gewinn des Jahres der Rückstellungsauflösung im Wege einer Gegenkorrektur um die in den Vorjahren tatsächlich erfassten vGA außerbilanziell zu kürzen.6 Hierzu hat die FinVerw. mit BMF-Schr. v. 28.5.20027 bestimmt, dass der insoweit zu ermittelnde Kürzungsbetrag im Wege einer Nebenrechnung zu ermitteln ist, in der die folgenden Teilbeträge dokumentiert werden: 1 BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366 = FR 1994, 833 = GmbHR 1994, 894; v. 12.10.1995 – I R 27/95, BStBl. II 2002, 367 = FR 1996, 104 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 221; v. 8.11.2000 – I R 70/99, FR 2001, 631 = GmbHR 2001, 396; v. 24.1.2001 – I R 14/00, BFH/NV 2001, 1147; v. 7.11.2001 – I R 79/00, FR 2002, 207 = DB 2002, 123 = GmbHR 2002, 118. 2 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, GmbHR 2002, 606. 3 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2009, 323. 4 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, GmbHR 2002, 606. 5 Ausdrückliche Bestätigung des BMF-Schr. v. 28.5.2002 (IV A 2 - S 2742 - 32/02, GmbHR 2002, 606) durch BFH v. 21.8.2007 – I R 74/06, BStBl. II 2008, 277 = FR 2008, 326 = GmbHR 2008, 44. 6 BFH v. 21.8.2007 – I R 74/06, BStBl. II 2008, 277 = FR 2008, 326 = GmbHR 2008, 44. 7 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 = GmbHR 2002, 606; ebenso BFH v. 21.8.2007 – I R 74/06, BStBl. II 2008, 277 = FR 2008, 326 = GmbHR 2008, 44 m. Anm. Hoffmann.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 318–321 § 8
–
Teilbetrag I = gesellschaftsrechtlich veranlasster Teil der Rückstellung (bzw. Verbindlichkeit); der Teilbetrag I muss insbesondere dann in der Nebenrechnung festgehalten werden, wenn nicht die gesamte Rückstellung gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.
–
Teilbetrag II = tatsächliche Hinzurechnung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG; der Teilbetrag II wird benötigt, wenn eine außerbilanzielle Hinzurechnung der Rückstellungszuführungen aus verfahrensrechtlichen Gründen ganz oder teilweise unterblieben ist.
Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wird der Gewinn um den eigens zu diesem Zweck ermittelten Teilbetrag II gekürzt. Hierbei handelt es sich uE um eine abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen.1 Die Korrektur ist nicht durch eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu erreichen. Eine gesetzliche Regelung zur außerbilanziellen Kürzung enthält § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG schon im Ansatz nicht. Die Vorschrift zielt vielmehr ausschließlich auf vGA ab, die nach dem Gesetzeswortlaut das Einkommen nicht mindern dürfen. Würde man § 8 Abs. 3 KStG auf gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensmehrungen oder verhinderte Vermögensminderungen anwenden (hier Auflösung der Rückstellung), so müssten zB auch verhinderte Vermögensminderungen, die durch eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung des Gesellschafters entstehen, über § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG korrigiert werden. Die Rechtsgrundlage der Gegenberichtigung einer vGA aus § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG herzuleiten hieße, ein verfahrensrechtliches Änderungsverbot (in Bezug auf den Steuerbescheid des Jahres der Rückstellungsbildung) als materielle Rechtsgrundlage für die Bemessung des Einkommens im Jahr der Rückstellungsauflösung heranzuziehen. Der BFH hat diese Frage im Urteil v. 21.8.20072 ausdrücklich offengelassen.
319
(2) Hauptproblemfeld Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer Besondere Probleme ergeben sich in der Praxis bei ganz oder teilweise gesellschaftsrechtlich 320 veranlassten Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer. Soweit die gewinnmindernden Zuführungen zu der betreffenden Pensionsrückstellung (teilweise) in Jahren stattgefunden haben, die bereits bestandskräftig veranlagt sind und die materiell-rechtlich erforderliche Einkommenszurechnung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (außerhalb der Steuerbilanz) in einigen oder allen Jahren unterblieben ist, stellt sich die Frage, welche steuerlichen Auswirkungen in späteren Jahren (nach Eintritt des Versorgungsfalles) die Auflösung der Rückstellung bzw. Verbindlichkeit nach sich zieht. Nach dem BMF-Schreiben v. 28.5.20023 ist in diesen Fällen wie folgt zu verfahren: Der Gesellschafter versteuert die zugeflossene „vGAPension“ selbst dann einheitlich nach dem Teileinkünfteverfahren, wenn eine Einkommenszurechnung auf der Ebene der GmbH verfahrensrechtlich nicht mehr möglich ist. Wird die Pensionsrückstellung später aufgelöst, so ist der dadurch entstehende Ertrag grundsätzlich stpfl. Soweit aber in der Anwartschaftsphase Hinzurechnungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorgenommen wurden (Teilbetrag II), ist der Ertrag aus der Rückstellungsauflösung bis zur Höhe der vorher durchgeführten außerbilanziellen Hinzurechnung zu kürzen. Nach Eintritt des Versorgungsfalls (Leistungsphase) ist die Differenz zwischen dem Ertrag aus Rückstellungsauflösung und dem Aufwand infolge der Pensionszahlung dem Einkommen hinzuzurechnen. Eine Hinzurechnung unterbleibt bis zur Höhe des Betrags, der in der Ansparphase als vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen hinzugerechnet wurde. Der steuerlich zulässige Rückstellungsbetrag bestimmt sich ausschließlich nach den Grundsätzen des § 6a Abs. 3 EStG. Dieser Betrag darf (von Ausnahmen abgesehen) grundsätzlich auch dann passiviert werden, wenn die Pensionszusage eine vGA darstellt. Soweit eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG im Einzelfall verfahrensrechtlich nicht mehr möglich ist, erfolgt also eine nachgelagerte steuerliche Neutralisierung des gesellschaftsrechtlich veranlassten Aufwands (also bis zur Höhe des Teilbetrags II) erst in späteren Jahren, wenn die Rückstellung aufgelöst wird. (3) Auflösung einer Pensionsrückstellung vor Eintritt des Versorgungsfalls Im Falle der Auflösung einer Pensionsrückstellung vor Eintritt des Versorgungsfalles ist wie folgt zu verfahren: Fällt die ganz oder teilweise gesellschaftsrechtlich veranlasste Verpflichtung in der Anwartschaftsphase weg, so entsteht ein Ertrag, dessen steuerliche Erfas1 B. Lang, DStZ 2003, 219 und Neumann, GmbH-StB 2002, 204 unter II./2./b); aA Wassermeyer, GmbHR 2002, 617; Gosch2, § 8 KStG Rz. 408, der den Rechtsgrund der Gegenberichtigung in einer analogen Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sieht. 2 BFH v. 21.8.2007 – I R 74/06, BStBl. II 2008, 277 = FR 2008, 326 = GmbHR 2008, 44. 3 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 = GmbHR 2002, 606; BFH v. 21.8.2007 – I R 74/06, BStBl. II 2008, 277 = FR 2008, 326 = GmbHR 2008, 44.
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§ 8 Rz. 321–323
Ermittlung des Einkommens
sung zu einer Doppelbesteuerung führen würde, wenn der Aufbau der Rückstellung zuvor außerbilanzielle Hinzurechnungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ausgelöst hat. Beispiel (Grundfall): Gesellschafter-Geschäftsführer A hat in 01 eine Pensionszusage von seiner A-GmbH erhalten. Die Pensionsrückstellung zum 31.12.15 beträgt 100 000 Euro. Die Pensionszusage ist gesellschaftsrechtlich veranlasst. Eine Betriebsprüfung im Jahr 16 stellt die vGA fest, kann aber nur 14 000 Euro dem Einkommen hinzurechnen, weil die KSt-Bescheide 1 bis 11 bereits bestandskräftig sind. Am 1.1.2016 verstirbt der Gesellschafter-Geschäftsführer. Lösung: Der Teilbetrag I beläuft sich auf 100 000 Euro, der Teilbetrag II auf 14 000 Euro. Die Pensionsrückstellung ist gewinnerhöhend auszubuchen. Der dabei entstehende Ertrag von 100 000 Euro ist um 14 000 Euro (= Teilbetrag II) außerhalb der Bilanz zu mindern, weil ansonsten eine Doppelbesteuerung eintreten würde.1
(4) Auflösung einer Pensionsrückstellung nach Eintritt des Versorgungsfalls 322 Im Falle der Auflösung einer Pensionsrückstellung nach Eintritt des Versorgungsfalles ergibt sich dagegen Folgendes: Wenn eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Pensionszusage nach Eintritt des Versorgungsfalles (in der Leistungsphase) vertragsgemäß fortgeführt wird, so erfolgt gem. § 6a Abs. 3 Nr. 2 EStG eine jährliche Neubewertung der Pensionsrückstellung. Der Pensionsaufwand (laufende Pensionszahlung) übersteigt regelmäßig den Ertrag aus der Rückstellungsabwertung. Wenn die Pensionszusage gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, muss der durch die Pensionszahlung entstandene Aufwand grundsätzlich gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerhalb der Bilanz hinzugerechnet werden. Dagegen ist der Ertrag aus der Rückstellungsauflösung (vorausgesetzt, man verneint eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) grundsätzlich in vollem Umfang steuerpflichtig. Eine Korrektur (außerbilanzielle Kürzung) dieses Ertrags kommt nur in Betracht, soweit die Zuführungen zur Pensionsrückstellung (in der Anwartschaftsphase) gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als vGA behandelt wurden. 323
Nach dem BMF-Schr. v. 28.5.20022 soll in der Leistungsphase nur die Differenz zwischen Pensionszahlung und Rückstellungsauflösung als Einkommensminderung iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG angesehen und dem Einkommen hinzugerechnet werden. Durch diese Verfahrensweise läuft die aufwendige Ermittlung der Teilbeträge letztlich ins Leere. Beispiel (Abwandlung): Am 1.1.2016 tritt planmäßig der Versorgungsfall ein. Als laufende Pension an den ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer werden monatlich 1000 Euro ausbezahlt. Die Pensionsrückstellung zum 31.12.16 beläuft sich auf 90 000 Euro. Die Rückstellung wird also um 10 000 Euro aufgelöst. Lösung nach BMF-Schreiben:3 Der Ertrag von 10 000 Euro steht iZm. einem vormals gesellschaftsrechtlich veranlassten Aufwand. IRd. Einkommensermittlung für das Jahr 16 erfolgt deshalb ein Abzug bis zur Höhe des in früheren Jahren als vGA hinzugerechneten Betrags (max. 14 000 Euro). Es ist also grundsätzlich iHd. vollen 10 000 Euro im Jahr 16 ein Abzug vom Einkommen vorzunehmen. Der Restbetrag von 4000 Euro ist als Merkposten fortzuführen. Der Aufwand aus der Pensionszahlung iHv. 12 000 Euro ist ebenfalls gesellschaftsrechtlich veranlasst. Der saldierte Aufwand ist nach den Grundsätzen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz hinzuzurechnen. Im Saldo ergibt sich im Jahr 16 eine Hinzurechnung von 2000 Euro. Die Berechnung für das Jahr 16 stellt sich wie folgt dar: Teilbetrag I = 100 000 ¤ Teilbetrag II = 14 000 ¤ Ertrag Auflösung Rückstellung Aufwand Pensionszahlung Saldo Aufwand
10 000 ¤ ./. 12 000 ¤ ./. 2 000 ¤
Berechnung nach BMF v. 28.5.2002: Ertrag Auflösung Rückstellung Abzug vom Ertrag (Teilbetrag II) stpfl. Ertrag (Rückstellungsauflösung)
10 000 ¤ ./. 10 000 ¤ 0¤
Pensionszahlung gesellschaftsrechtlich veranlasst abzüglich stpfl. Restertrag aus Auflösung Rückstellung Hinzurechnung als vGA Abzugsbetrag vom Ertrag Saldo aus Abzug und Hinzurechnung
12 000 ¤ 0¤ + 12 000 ¤ ./. 10 000 ¤ 2 000 ¤
1 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 = GmbHR 2002, 606 Rz. 38. 2 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 = GmbHR 2002, 606. 3 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 = GmbHR 2002, 606.
436
Neumann
Rz. 323–326 § 8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Im vorstehenden Beispielsfall wird der Ertrag aus der Rückstellungsauflösung (10 000 Euro) in vollem Umfang außerbilanziell gekürzt. Die Pensionszahlung von 12 000 Euro wird gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als vGA behandelt. Im Ergebnis kommt es zutreffend zu einer Hinzurechnung von 2000 Euro. Dies entspricht zugleich dem Saldo aus der Rückstellungsauflösung und Pensionszahlung. Fortführung der Abwandlung: Im Jahr 17 erfolgen ebenfalls Pensionszahlungen von 12 000 Euro. Die Rückstellung zum 31.12.17 beläuft sich auf 80 000 Euro. Lösung: Die Rückstellung wird im Jahr 17 um weitere 10 000 Euro aufgelöst. Der Ertrag aus der Rückstellungsauflösung steht iZm. einem vormals gesellschaftsrechtlich veranlassten Aufwand. IRd. Einkommensermittlung für das Jahr 17 erfolgt ein Abzug bis zur Höhe des restlichen Merkpostens, also 4000 Euro. Die Einkommenserhöhung durch die Verminderung des Rückstellungswerts beträgt also 4000 Euro. Die verbleibende Einkommenserhöhung von 6000 Euro ist uneingeschränkt stpfl. Für eine Kürzung im Billigkeitswege besteht kein Raum, denn die vGA ist seinerzeit insoweit steuerlich nicht dem Einkommen hinzugerechnet worden. Der Aufwand aus der Pensionszahlung iHv. 12 000 Euro ist in vollem Umfang gesellschaftsrechtlich veranlasst. Der Aufwand ist nach den Grundsätzen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz hinzuzurechnen. Nach dem BMF-Schr. v. 28.5.20021 (dortiges Beispiel 7) wird aber maximal die saldierte Gewinnauswirkung (Rückstellungsauflösung ./. Pensionszahlung = ./. 2000 Euro) steuerlich dem Einkommen hinzugerechnet. Die Berechnung für das Jahr 17 stellt sich wie folgt dar: Teilbetrag I = 100 000 ¤ Teilbetrag II = 4000 ¤ (Rest) Ertrag Auflösung Rückstellung Aufwand Pensionszahlung Saldo Aufwand
10 000 ¤ ./. 12 000 ¤ ./. 2 000 ¤
Berechnung nach BMF v. 28.5.2002: Ertrag Auflösung Rückstellung Abzug vom Ertrag (Teilbetrag II) stpfl. Ertrag (Rückstellungsauflösung)
10 000 ¤ ./. 4 000 ¤ 6 000 ¤
Pensionszahlung gesellschaftsrechtlich veranlasst abzüglich stpfl. Restertrag aus Auflösung Rückstellung Hinzurechnung als vGA Abzugsbetrag vom Ertrag Saldo aus Abzug und Hinzurechnung
12 000 ¤ ./. 6 000 ¤ + 6 000 ¤ ./. 4 000 ¤ 2 000 ¤
Bei dieser Berechnung wird deutlich, dass die in der Praxis mit großem Aufwand verbundene Billigkeitsregelung letztlich ins Leere läuft.2 Der Ertrag aus der Rückstellungsauflösung ist grundsätzlich (zumindest iHd. restlichen 6000 Euro) stpfl. Dieser Effekt bleibt allerdings aus, weil laut dem BMF-Schreiben höchstens der Saldo aus Pensionsaufwand und Ertrag aus der Rückstellungsauflösung und nicht der volle Pensionsaufwand von 12 000 Euro gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen ist. Das Beispiel macht deutlich, dass es letztlich nicht mehr darauf ankommt, inwieweit in der Ansparphase eine außerbilanzielle Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfolgt ist. Würde man Aufwand und Ertrag einer getrennten Betrachtung unterziehen, so müsste über den vorstehenden Saldo hinaus der steuerpflichtige Teil der Rückstellungsauflösung von 6000 Euro zusätzlich in Ansatz gebracht werden. Die Lösung des BMF-Schreibens (zusammengefasste Betrachtung) ist letztlich immer günstiger, obwohl die beabsichtigte außerbilanzielle Kürzung der Rückstellungsauflösung praktisch nicht greift. Der Grund dafür ist die Vorstellung, dass nur die Differenz zwischen Pensionszahlung und Rückstellungsauflösung als gesellschaftsrechtlich veranlasste Einkommensminderung iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG einer Hinzurechnung unterliegt.3
324
b) Bilanzielle Wirkungen der vGA Die bilanzielle Behandlung einer vGA gilt es insbesondere in solchen Konstellationen zu untersuchen, in denen Aktiv- und Passivposten Gegenstand der Vermögensminderung bzw. der verhinderten Vermögensmehrung sind. Dies sind Fallkonstellationen, in denen die KapGes. Wirtschaftsgüter über oder unter Preis von ihrem Gesellschafter erwirbt oder an den Gesellschafter veräußert (s. dazu ABC in Rz. 878 ff. „Kaufverträge“).
325
Veräußert die KapGes. ein Wirtschaftsgut gegen ein zu niedriges Entgelt an den Gesellschafter, so erfolgt die Korrektur bei der KapGes. nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf der zwei-
326
1 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 = GmbHR 2002, 606. 2 GlA B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 699.5. 3 GlA Wassermeyer, GmbHR 2002, 617.
Neumann
437
§ 8 Rz. 326–329
Ermittlung des Einkommens
ten Gewinnermittlungsstufe, also außerhalb der Bilanz.1 Der erwerbende Gesellschafter bilanziert das Wirtschaftsgut allerdings mit seinen Anschaffungskosten. Dazu gehört zum einen der tatsächlich gezahlte (zu niedrige) Kaufpreis und zum anderen – nach den Grundsätzen der sog. Verbrauchstheorie – die zugeflossene vGA, die der Gesellschafter zusätzlich verwendet, um das Wirtschaftsgut anzuschaffen. Auf Gesellschafterebene wirkt die vGA damit also letztlich innerhalb der Bilanz.2 327
Erwirbt die KapGes. dagegen ein Wirtschaftsgut zu einem unangemessen hohen Preis von ihrem Gesellschafter, so bilanziert die KapGes. nach hM3, Rspr.4 und FinVerw.5 nur den angemessenen Teil des Kaufpreises. Der überhöhte Teil des Kaufpreises ist bei dieser Sichtweise eine Betriebsausgabe, die außerhalb der Bilanz wieder hinzuzurechnen ist. Kohlhepp6 ist dieser Sichtweise mit dem Argument entgegengetreten, im hier maßgeblichen Handelsrecht sei auch ein überhöhter Anschaffungspreis zu aktivieren. UE ist der hM im Grundsatz zu folgen, weil Aufwendungen nach § 255 HGB nur insoweit zu aktivieren sind, als sie getätigt werden, um den Vermögensgegenstand zu erwerben. Zahlungen, die aus gesellschaftsrechtlicher Veranlassung geleistet werden, können diesem Anschaffungsvorgang zumindest dann nicht zugeordnet werden, wenn die Beteiligten in dem Bewusstsein handeln, eine überhöhte, also nicht für den Vermögensgegenstand bestimmte Zahlung zu leisten.
328
Hat eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vereinbarung mit dem Gesellschafter zu einer Passivierung geführt, so ist der Passivposten in der Bilanz auszuweisen. Alleine die diesbezügliche Gewinnauswirkung ist auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG zu korrigieren.
329
Verzichtet die Gesellschaft auf eine Forderung gegen den Gesellschafter, so ist bilanziell die Forderung gegen Aufwand auszubuchen. Eine Korrektur des Aufwands als vGA erfolgt dann allerdings erst auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe. Der Gesellschafter wird von seiner Verpflichtung befreit. Damit fließt ihm die vGA zu. Wenn es sich allerdings bei der Forderung gegen den Gesellschafter um eine Einlageforderung handelt, so ist die Annahme einer vGA ausgeschlossen. Der BFH begründet dies mit dem Umstand, dass die Nichtgeltendmachung einer solchen Forderung bzw. der Verzicht auf eine solche Forderung zu keiner Gewinnminderung führe, was für die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG unabdingbare Voraussetzung sei.7 Diese Begründung ist uE nicht tragfähig, denn auch eine Einlageforderung ist idR auf der ersten Gewinnermittlungsstufe erfolgswirksam eingebucht worden, folglich löst auch die Ausbuchung der Forderung auf der ersten Gewinnermittlungsstufe zunächst einen Aufwand aus. Der Fall unterscheidet sich auf Ebene der KapGes. von der „Rückzahlung“ einer „vollendeten“ vE nur dadurch, dass in dem hier beschriebenen Fall noch kein Einlagekonto entstanden ist. Dennoch ist die Entscheidung des BFH im steuerlichen Ergebnis richtig, denn die Gewinnminderung (Buchung Aufwand an Forderung) ist nicht geeignet, einen Kapitalertrag auf Gesellschafterebene auszulösen. Der Gesellschafter hätte nämlich bei Erfüllung der Einlageverpflichtung nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung getätigt. Diese Anschaffungskosten sind aber infolge des Verzichts nun gar nicht entstanden. Es kommt nicht zu einem Kapitalertrag iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Der Verzicht auf die Einlageforderung muss deshalb das Korrektiv zur vE sein. Es hat daher uE auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe eine Korrektur (Hinzurechnung) der innerbilanziellen Aufwandsbuchung nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG zu erfolgen (reziproke Anwendung der Einlagegrundsätze), mit der sichergestellt wird, dass der gesamte Vorgang (Einlageversprechen und Verzicht auf eben dieses Versprechen) steuerlich neutralisiert wird.
1 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttung, Diss., 2004, 258 f.; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 288. 2 Vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 219. 3 Gosch2, § 8 KStG Rz. 460; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 220 mwN; ebenso Schiffers, GmbHR 2001, 885 (888); Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 328; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Anschaffungskosten“ Rz. 4; Wassermeyer, FR 1993, 793; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 706.3, Martini/Valta, DStR 2010, 2329; Martini/Valta, DStR 2011, 705. 4 BFH v. 20.1.1999 – I R 32/98, BStBl. II 1999, 369 = FR 1999, 655 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 630. 5 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 Tz. 43 = GmbHR 2002, 606. 6 Kohlhepp, DStR 2011, 702 mwN. 7 BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, GmbHR 1997, 609 = FR 1997, 537 = BFH/NV 1997, 355 unter II./3./d) der Gründe.
438
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 330–331 § 8
c) Steuerliche Auswirkungen der vGA aa) Gesellschafter sind natürliche Personen (1) Allgemeines Die steuerlichen Belastungswirkungen der vGA hängen davon ab, ob der Gesellschafter eine natürliche Person (bzw. eine Personengesellschaft mit dahinter stehenden natürlichen Personen) oder eine KapGes. ist. Ist der begünstigte Gesellschafter eine natürliche Personen, so ist die Steuerbelastung idR höher als im Falle einer vGA zwischen KapGes. Die nachstehenden Berechnungen gehen davon aus, dass die vGA in einem VZ ab 2009 erfolgt. Hier ist zu beobachten, dass die Belastungswirkungen durch die Steuersatzänderungen nach dem UntStRefG 2008 abgemildert wurden, wenn sich die Gesellschaftsanteile im PV befinden. Hier wurde das vGA-Problem zumindest dann spürbar entschärft, wenn der Gesellschafter einen hohen persönlichen Steuersatz hat. Je nach Höhe des maßgebenden Gewerbesteuerhebesatzes können die Wirkungen allerdings erheblich differieren. Bei den Belastungswirkungen ist ferner zu unterscheiden, ob eine Leistungsvergütung in eine vGA umqualifiziert wurde oder ob die vGA eine erstmalige Zuflussbesteuerung auf der Gesellschafterebene auslöst.
330
(2) Umqualifizierung von Leistungsentgelt (zB Gehalt) in vGA Beispiel 1: Die Betriebprüfung behandelt eine Gehaltszahlung an einen beherrschenden GesellschafterGeschäftsführer iH von 100 Punkten als vGA. Bei der GmbH erfolt eine Hinzurechnung des Lohnaufwands nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer wird der erfolgte Zufluss von Einkünften iSd. § 19 EStG in Einkünfte iSd. § 20 EStG umqualifiziert. Der Gesellschafter hat nicht zum Teileinkünfteverfahren optiert. Der Gewerbesteuerhebesatz beläuft sich auf 350 %. Auswirkung bei GmbH im VZ 2011 vGA wegen überhöhten Gehalts KSt (GewSt als nicht abziehbare BA) GewSt (100 × 3,5 % × 350 %) SolZ Zusatzbelastung bei der GmbH Auswirkung beim Anteilseigner im VZ 2011 Minderung Arbeitslohn § 19 EStG ESt 45 % vor vGA SolZ vor vGA Einkünfte § 20 EStG nach vGA ESt 25 % pauschal nach § 32d EStG SolZ zur ESt Erstattung beim Gesellschafter
Einkommenskorrektur 100,00
steuerliche Auswirkungen + 15,00 + 12,25 + 0,83 + 28,08
./. 100,00 ./. 45,00 ./. 2,48 100,00 + 25,00 + 1,38 ./. 21,10
Zusatzbelastung durch die vGA insgesamt
6,98
Abwandlung 1: Wie vorhergehendes Beispiel, aber der Gewerbesteuerhebesatz beläuft sich auf 490 %. Auswirkung bei GmbH im VZ 2011 vGA wegen überhöhten Gehalts KSt (GewSt als nicht abziehbare BA) GewSt (100 × 3,5 % × 350 %) SolZ Zusatzbelastung bei der GmbH Auswirkung beim Anteilseigner im VZ 2011 Minderung Arbeitslohn § 19 EStG ESt 45 % vor vGA SolZ vor vGA Einkünfte § 20 EStG nach vGA ESt 25 % pauschal gem. § 32d EStG SolZ zur ESt Erstattung beim Gesellschafter
Einkommenskorrektur 100,00
steuerliche Auswirkungen + 15,00 + 17,15 + 0,83 + 32,98
./. 100,00 ./. 45,00 ./. 2,48 100,00 + 25,00 + 1,38 ./. 21,10
Zusatzbelastung durch die vGA insgesamt
+ 12,23
Liegt der persönliche Steuersatz des Gesellschafters deutlich unterhalb des Spitzensteuersatzes, so ist die Mehrbelastung durch eine vGA sichtbar höher. Dies liegt daran, dass sich der Entlastungseffekt auf der Gesellschafterebene, der sich durch Umqualifizierung des Arbeitslohns in eine Dividende ergibt, mit sinkenden persönlichen Steuersätzen verringert. Dieser Effekt gleicht sich allerdings wieder teilweise aus, wenn der Gesellschafter nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zum Teileinkünfteverfahren optiert.
Neumann
439
331
§ 8 Rz. 331–332
Ermittlung des Einkommens
Abwandlung 2: Der Gewerbesteuerhebesatz beträgt 490 % und der persönliche Steuersatz des Gesellschafters 35 %. Der Gesellschafter hat zum Teileinkünfteverfahren optiert. In der Alternative unterliegt die vGA beim Gesellschafter der Abgeltungsteuer. Auswirkung GmbH im VZ 2011
Einkommenskorrektur
vGA wegen überhöhten Gehalts KSt (GewSt als nicht abziehbare BA) GewSt (100 × 3,5 % × 350 %) SolZ Zusatzbelastung bei der GmbH Auswirkung beim Anteilseigner im VZ 2011
steuerliche Auswirkung
100,00 + 15,00 + 17,15 + 0,83 + 32,98 Einkommenskorrektur
Minderung Arbeitslohn § 19 EStG ESt 35 % vor vGA SolZ vor vGA Einkünfte § 20 EStG nach vGA ESt 35 % ESt 25 % pauschal gem. § 32d EStG SolZ zur ESt Erstattung beim Gesellschafter
steuerliche Auswirkung Teileinkünfteverfahren
Einkommenskorrektur
./. 100,00
./. 100,00 ./. 35,00 ./. 1,92
+ 60,00
Zusatzbelastung durch die vGA insgesamt
steuerliche Auswirkung Abgeltungsteuer
./. 35,00 ./. 1,92 + 100,00
+ 21,00
+ 1,15 ./. 14,77
+ 25,00 + 1,38 ./. 10,54
+ 18,21
+ 22,44
Wenn dagegen Zinsen auf ein Gesellschafterdarlehen in vGA umqualifiziert werden, so ist die Gesamtsteuerbelastung der vGA deutlich höher, wenn die Zinsen ausnahmsweise der Abgeltungsteuer unterlegen haben und deshalb im Falle der Umqualifizierung in eine vGA auf Gesellschafterebene überhaupt kein Entlastungseffekt eintritt, wenn auch die vGA der Abgeltungsteuer unterliegt. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn der darlehensgebende Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person zu mindestens 10 % an der KapGes. beteiligt ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c EStG).
(3) Noch nicht zugeflossene Vergütung (zB Pensionsanwartschaft) als vGA 332 Eine insgesamt beträchtlich höhere Gesamtbelastung der vGA tritt dann ein, wenn es noch gar nicht zu einem Zufluss und damit zu einer Versteuerung des Leistungsentgelts auf Gesellschafterebene gekommen ist. Wird zB eine Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als vGA behandelt, so beschränkt sich die Auswirkung der vGA zunächst auf die Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Dadurch ergibt sich eine höhere Momentanbelastung. Beispiel: Eine Zuführung zur Pensionsrückstellung von 100 wird als vGA behandelt. Der GesellschafterGeschäftsführer ist noch aktiv tätig und noch weit vom Pensionsalter entfernt. Der Gewerbesteuerhebesatz der Sitzgemeinde beträgt 490 %. Auswirkung bei GmbH im VZ 2011 vGA wegen überhöhten Gehalts KSt (GewSt als nicht abziehbare BA) GewSt (100 × 3,5 % × 490 %) SolZ Zusatzbelastung bei der GmbH
Einkommenskorrektur 100,00
Auswirkung beim Anteilseigner im VZ 2011 Ansatz Arbeitslohn bisher Einkünfte § 20 EStG nach vGA Erstattung beim Gesellschafter
Einkommenskorrektur
Zusatzbelastung durch die vGA insgesamt
steuerliche Auswirkung + 15,00 + 17,15 + 0,83 + 32,98 steuerliche Auswirkung 0 0 0 + 32,98
Auf der Gesellschafterebene ergibt sich zunächst keine Entlastung. Die späteren Pensionszahlungen unterliegen dann allerdings als Ausschüttungen nur der 25-prozentigen Abgeltungsteuer oder (im Falle der Option) der Teileinkünftebesteuerung.
440
Neumann
Rz. 333–334 § 8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2) (4) Zugeflossene vGA, die aber erstmals steuerlich erfasst wird
In Fällen, in denen es zwar zu einem Zufluss kommt, die Einnahmen beim Gesellschafter aber bisher nicht steuerlich erfasst waren, ergeben sich infolge der vGA nach wie vor erhebliche steuerliche Mehrbelastungen. Wenn – etwa bei einem Geschenk an den Gesellschafter – die als vGA zu qualifizierenden Einnahmen bisher nicht steuerlich erfasst wurden, kommt es auch auf der Gesellschafterebene zu Steuernachzahlungen wegen der vGA. Gleiches gilt, wenn zB die KapGes. ein Wirtschaftsgut von dem Gesellschafter erwirbt und dafür einen überhöhten Preis zahlt.
333
Beispiel: Die KapGes. erwirbt von ihrem Gesellschafter ein unbebautes Grundstück. Der Kaufpreis ist um 100 Punkte überhöht. Der ESt-Satz des Gesellschafters beträgt 35 %. Auswirkung bei KapGes. im VZ 2011 vGA Umqualifizierung AK in Barausschüttung KSt GewSt SolZ Zusatzbelastung bei der GmbH
Einkommenskorrektur
Auswirkung beim Anteilseigner im VZ 2011
Einkommenskorrektur
Einkünfte § 20 EStG nach vGA ESt 35 % ESt 25 % pauschal gem. § 32d EStG SolZ zur ESt Zusatzbelastung beim Gesellschafter
steuerliche Auswirkung
0 0 0 0 0 steuerliche Auswirkung Teileinkünfteverfahren
+ 60,00
Zusatzbelastung durch die vGA insgesamt
Einkommenskorrektur
steuerliche Auswirkung Abgeltungsteuer
+ 100,00 + 21,00
+ 1,15
+ 25,00 + 1,38
+ 22,15
+ 26,38
+ 22,15
+ 26,38
bb) Gesellschafter sind Kapitalgesellschaften Die Auswirkungen verdeckter Gewinnausschüttungen zwischen KapGes. beschränken sich idealtypisch auf die Auswirkungen des § 8b Abs. 5 KStG beim Empfänger der vGA. Dies setzt allerdings ab dem 1.3.2013 nach § 8b Abs. 4 KStG nF voraus, dass die Beteiligung mindestens 10 % beträgt.1 Grundsätzlich ist eine vGA – ebenso wie eine oGA – auf Ebene des empfangenden Gesellschafters nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Wenn iRd. vGA das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt, richtet sich die Steuerbefreiung für den Teil der Ausschüttung, der den Beteiligungsbuchwert übersteigt, nach § 8b Abs. 2 KStG.2 Beispiel: Die MG-GmbH gibt ihrer TG-GmbH ein langfristiges Darlehen. Der durch die TG-GmbH zu zahlende Zins ist pro Jahr um 100 überhöht. MG und TG verfügen über ein positives Einkommen. Es liegt eine vGA von TG an MG vor, welche die folgende steuerliche Auswirkungen nach sich zieht. Der Gewerbesteuerhebesatz beider Sitzgemeinden beträgt 490 %.
1 KSt-Pflicht für Streubesitzdividenden nach § 8b Abs. 4 KStG idF des EuGHDivUmsG, BGBl. I 2013, 561. Die Neuregelung gilt für Dividenden, die dem Gesellschafter nach dem 28.2.2013 zufließen; gewerbesteuerlich wird das Schachtelprivileg nach wie vor nur gewährt, wenn die Beteiligung zu Beginn des EZ mindestens 15 % beträgt. 2 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 6; s. auch BFH v. 28.10.2009 – I R 116/08, BStBl. II 2011, 898 = GmbHR 2010, 323 = FR 2010, 578, der allerdings ausdrücklich offenlässt, ob die Steuerfreistellung gem. § 8b Abs. 2 KStG ggf. erst in Bezug auf die späteren Veräußerungsgewinne erfolgt.
Neumann
441
334
§ 8 Rz. 334–337 Auswirkung bei der Muttergesellschaft Zinserträge (bisher versteuert) Ansatz der vGA von 100 (steuerfrei nach § 8b Abs. 1 KStG) nicht abziehbare Ausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG Zwischensumme KSt GewSt SolZ Mindersteuern durch vGA bei MG Auswirkungen bei der Tochtergesellschaft Zinsaufwendungen Hinzurechnung gem. § 8 Abs. 3 KStG KSt (100 × 15 %) GewSt Entfall Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG (100 × 1/4) Erhöhung Hinzurechnung vGA Saldo Auswirkung GewSt Mehrsteuern durch vGA bei TG
Ermittlung des Einkommens Einkommenskorrektur ./. 100 +
steuerliche Auswirkung
0
+ 5 ./. 95 ./. 14,25 ./. 16,29 ./. 0,78 ./. 31,23
+ 100 + 15,00
./. 25 + 100 + 75 + 12,86 + 27,86
Saldo Mutter- und Tochtergesellschaft
./. 3,37
In dem vorstehenden Fall führt die Anwendung der vGA-Grundsätze also zu einem günstigeren Ergebnis als die steuerliche Anerkennung des Darlehensvertrags. Dieser Effekt wird durch den Entfall der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG ausgelöst. Die Zinsen sind zwar bei der Tochtergesellschaft zu 25 % (ab EZ 2008) dem Gewerbeertrag hinzugerechnet worden, bei der empfangenden Muttergesellschaft aber in vollem Umfang der GewSt unterworfen worden. Diese 1,25-fache Belastung mit GewSt wird durch Umqualifizierung in eine vGA im Ergebnis durch eine 1,05-fache Belastung (Ansatz nach § 8b Abs. 5 KStG) ersetzt.1
335
Wenn die Muttergesellschaft oder die Tochtergesellschaft allerdings kein positives Einkommen erwirtschaftet, können sich im Einzelfall hiervon abweichende Effekte einstellen. Wenn die Muttergesellschaft Verluste erwirtschaftet, beläuft sich die Gesamtauswirkung der vGA im obigen Beispielsfall auf + 27,86. Erwirtschaftet die Tochtergesellschaft Verluste, so läuft die Hinzurechnung der vGA letztlich (zumindest temporär) ins Leere. Hier ergäbe sich eine Erstattung von 31,23 %.
336
In grenzüberschreitenden Konstellationen (vGA einer inländischen Tochtergesellschaft an ihre im Ausland ansässige Muttergesellschaft) beschränkt sich die Auswirkung der vGA im Inland auf die Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und auf die KapESt.
337
Wenn die vGA durch die verbilligte Veräußerung eines Wirtschaftsguts ausgelöst wird, dann treten die in dem vorstehenden Fallbeispiel beschriebenen Entlastungseffekte auf Ebene der ausschüttungsempfangenden Muttergesellschaft zunächst nicht ein. Beispiel: Die MG-AG erwirbt von ihrer Tochtergesellschaft TG-GmbH ein unbebautes Grundstück im Wert von 200. Der Kaufpreis beträgt nur 100. Es liegt eine vGA von T an M von 100 vor. Auswirkungen bei der Muttergesellschaft vGA (steuerfrei gem. § 8b Abs. 1 KStG) Anschaffungskosten GruBo Mehrsteuer
(+ 100) (+ 100) 0
Auswirkungen bei der Tochtergesellschaft Einkommen gem. § 8 Abs. 3 KStG KSt GewSt SolZ Mehrsteuern durch vGA
+ 100,00 15,00 + 17,15 + 0,83 + 32,98
Allerdings ergibt sich infolge der „Verbrauchstheorie“ eine gegenläufige Auswirkung, wenn die MG das erworbene Grundstück weiterveräußert (geringerer Veräußerungsgewinn wegen höherer Anschaffungskosten).
1 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 114.
442
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 338–341 § 8
d) Verbrauchstheorie/Fiktionstheorie Die Rechtsfolgen der vGA sind geschäftsvorfallbezogen zu ziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Vorteil tatsächlich beim Gesellschafter angekommen ist. Wenn es sich um einen laufenden Geld- oder Nutzungsvorteil handelt, dann ist zu prüfen, ob der Gesellschafter die zugeflossene Ausschüttung auch wieder verausgabt. In der früheren Rspr. hatte der BFH die sog. „Fiktionstheorie“ entwickelt. Diese Rspr. hatte die Zielsetzung, bei einer vGA die Besteuerung der KapGes. und ihrer Anteilseigner im Wesentlichen „fiktiv“ so durchzuführen, als ob ein Leistungsaustausch zu angemessenen Bedingungen und gleichzeitig eine entsprechende oGA stattgefunden hätte1.
338
Im heutigen Rechtsverständnis geht man dagegen nicht mehr von einer Besteuerung fik- 339 tiver Sachverhalte aus. Die heutige Lehre hat den Terminus „Fiktionstheorie“ gewissermaßen aus dem körperschaftsteuerlichen Sprachgebrauch verbannt.2 Nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 26.10.19873 können Einkunftstatbestände nur durch ein tatsächliches oder rechtliches, nicht aber durch ein fiktives Geschehen verwirklicht werden.4 Eine Fiktion bedürfe einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage.5 Wie das nachfolgende Beispiel zeigt, wird die Fiktionstheorie bei vGA wegen fehlender bzw. unangemessen niedriger Entgeltvereinbarungen zwar noch als Denkhilfe eingesetzt. Hierbei geht die Rspr. allerdings gerade nicht mehr von fiktiven Sachverhalten aus, sondern berücksichtigt, dass eine vGA in Gestalt eines Geld- oder Nutzungsvorteils (geschäftsvorfallbezogen) beim Gesellschafter mit ihrem fremdüblichen Wert ankommt und der Gesellschafter diesen Vorteil entweder für private Zwecke oder zur Einkunftserzielung einsetzt (Verbrauch der vGA). Beispiel: Eine GmbH gibt ihrem Gesellschafter ein Darlehen zum Jahreszins von 100. Angemessener Jahreszins wäre 200. Es liegt eine vGA von 100 vor (verhinderte Vermögensmehrung bei der GmbH). Der Gesellschafter kann aber, wenn das Darlehen für den betrieblichen Bereich verwendet wird, Betriebsausgaben iHv. 200 in Ansatz bringen.6 Die ihm zugeflossene vGA hat sich nämlich im betrieblichen Bereich verbraucht, in dem der Gesellschafter die Mittel eingesetzt hat, um betriebliche Wirtschaftsgüter zu finanzieren. Abwandlung: Sachverhalt wie oben, aber der Gesellschafter verwendet das Darlehen zur Finanzierung eines privaten Einfamilienhauses. Auch hier ist eine vGA iHv. 100 bei der Einkommensermittlung der GmbH hinzuzurechnen. Allerdings hat der Gesellschafter den Zinsvorteil nicht zur Erzielung von Einkünften eingesetzt, sondern die vGA in der privaten Vermögenssphäre verbraucht.
Wenn die vGA in einer unangemessenen Vergütung (zB Geschäftsführergehalt) besteht, so erzielt der Gesellschafter iHd. tatsächlichen Gehalts Einkünfte gem. § 19 EStG und iHd. überhöhten Teils eine Dividende iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Es wird also auch hier nicht etwa eine fiktive Dividende besteuert, sondern vielmehr die tatsächlich vereinbarte Leistungsvergütung in den schuldrechtlich veranlassten Teil (angemessenes Gehalt) und den gesellschaftsrechtlich veranlassten Teil (überhöhte Zahlung) aufgeteilt und demzufolge entsprechend dem tatsächlichen Geschehensablauf besteuert.
340
e) Auswirkungen der vGA „im Dreieck“ aa) Grundlagen Der vorstehend in Rz. 338 ff. beschriebenen Verbrauchstheorie kommt besondere Bedeutung zu, wenn der Vorteil nicht unmittelbar dem Gesellschafter, sondern einer Schwestergesellschaft der leistenden Körperschaft zugutekommt. Eine vGA ist nämlich auch anzunehmen, wenn der Vorteil nicht dem Gesellschafter, sondern einer nahestehenden Person gewährt wird. Da die vGA durch den gemeinsamen Gesellschafter veranlasst wird und die Wertzuwendung an die Schwestergesellschaft dem gemeinsamen Gesellschafter zugutekommt, handelt es sich um eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderung.7 Die Annahme einer solchen „Dreiecks“-vGA setzt nicht voraus, dass der Gesellschafter in der vorteilsgewäh-
1 2 3 4
Vgl. noch BFH v. 14.8.1975 – IV R 30/71, BStBl. II 1976, 88. Wassermeyer, DB 1994, 1105 (1109); Wassermeyer in GS Knobbe-Keuk, 548. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. Vgl. auch Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 138. 5 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 259. 6 Vgl. Klingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 438. 7 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann = FR 2001, 599.
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341
§ 8 Rz. 341–342
Ermittlung des Einkommens
renden oder der empfangenden KapGes. eine beherrschende Stellung innehat.1 Die Rechtsfolgen der vGA treten in diesem Fall allerdings auf mehreren Stufen ein. Zunächst ist die vGA dem gemeinsamen Gesellschafter als Kapitalertrag zuzurechnen. Da der Gesellschafter die vGA allerdings nicht unmittelbar erhalten hat, muss er die ausgeschütteten Mittel weitergeleitet haben. Die steuerlichen Auswirkungen dieser Weiterleitung (= Verbrauch der vGA) sind danach zu unterscheiden, ob er den Vorteil in die Schwestergesellschaft eingelegt hat oder sich der (nicht einlagefähige) Vorteil auf seiner Ebene als Aufwand verbraucht hat. bb) Einlagefähiges Wirtschaftsgut als Gegenstand der vGA 342 Überträgt eine KapGes. (T1) ein Wirtschaftsgut (materielles Wirtschaftsgut bzw. erworbenes oder selbst geschaffenes Wirtschaftsgut) unentgeltlich auf eine Schwestergesellschaft (T2) und zahlt diese hierfür ein zu niedriges oder kein Entgelt, so ist zunächst eine vGA an die gemeinsame Muttergesellschaft und anschließend eine verdeckte Einlage in die empfangende Schwesterkapitalgesellschaft zu beurteilen2 (s. auch ABC in Rz. 774 „Firmenwert“). Die Muttergesellschaft verwendet also die erhaltene vGA, um damit Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der vorteilsempfangenden Schwestergesellschaft zu tätigen. Die steuerliche Behandlung ist eine etwas andere, wenn T2 iRd. Übertragung einen überhöhten Preis an die T1 zahlt. Beispiel (Übertragung unter Wert): T1 überträgt ein Wirtschaftsgut unentgeltlich auf die T2. Das Wirtschaftsgut hat einen Buchwert von 100 und einen gemeinen Wert von 1000. Die gemeinsame Muttergesellschaft ist M. Alle beteiligten Gesellschaften sind im Inland unbeschränkt steuerpflichtig.
M-GmbH
T1-GmbH Steuerfolgen bei T1 Einkommenserhöhung + 1000
Steuerfolgen bei M VGA 1000 steuerfrei + 0 §___________________________________________ 8b Abs. 5 KStG + 50 Auswirkung Einkommen
+
50
AK T2
+ 1000
T2-GmbH Steuerfolgen bei T2 Zugang Wirtschaftsgut + 1000 verdeckte Einlage ./. 1000 ___________________________________________ Saldo
0
Lösung: Das Einkommen der T1 wird gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 1000 erhöht (Vermögensminderung iHv. 100 zzgl. verhinderter Vermögensmehrung von 900). M bezieht eine vGA von 1000, die zwar gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei ist, aber nicht abziehbare Ausgaben iSd. § 8b Abs. 5 KStG iHv. 50 auslöst. T2 muss das erhaltene Wirtschaftsgut erfolgswirksam mit 1000 aktivieren. Die Gewinnauswirkung der erfolgswirksamen Aktivierung wird allerdings außerhalb der Bilanz gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG wieder korrigiert, da es sich hier um eine vE der M handelt. Dies ist nicht etwa eine Abkehr vom Anschaffungskostenprinzip.3 Vielmehr hat T2 den ihr zugeleiteten Vermögensvorteil zur Anschaffung des Wirtschaftsguts verwendet (geschäftsvorfallbezogene Entgeltskorrektur). T2 kann das im Wege der vE erhaltene Wirtschaftsgut mit steuerlicher Wirkung abschreiben. Dadurch wird die steuerliche Auswirkung der vGA über den Zeitraum der Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts wieder neutralisiert. Abwandlung (überhöhter Kaufpreis): T1 veräußert das Wirtschaftsgut entgeltlich auf die T2. Das Wirtschaftsgut hat einen Buchwert von 100 und einen gemeinen Wert von 100. T2 zahlt für das Wirtschaftsgut einen um 900 überhöhten Kaufpreis von 1000. Die gemeinsame Muttergesellschaft ist M. Alle beteiligten Gesellschaften sind im Inland unbeschränkt steuerpflichtig.
1 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = GmbHR 2009, 323 m. Anm. Briese = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer. 2 BFH v. 28.1.1992 – VIII R 207/85, BStBl. II 1992, 605 = FR 1992, 417 = GmbHR 1992, 472 mwN. 3 So Frotscher Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 219.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
M-GmbH
T1-GmbH Steuerfolgen bei T1 verdeckte Einlage
Rz. 342–344 § 8
Steuerfolgen bei M VGA 900 steuerfrei + 0 §___________________________________________ 8b Abs. 5 KStG + 45 Auswirkung Einkommen
+
45
AK T1
+ 900
T2-GmbH
./. 900
Steuerfolgen bei T2 Verminderung AK Wirtschaftsgut ./. 900 vGA + 900 ____________________________________________ Saldo
0
Lösung: T2 darf das Wirtschaftsgut in der Handels- und Steuerbilanz nur mit 100 in Ansatz bringen. Der Überpreis von 900 wurde nicht zur Erlangung des Wirtschaftsguts aufgewandt, sondern im Interesse des Gesellschafters M verausgabt. Insoweit liegt auch nach handelsrechtlichen Grundsätzen eine Ausschüttung (= sofortiger Abfluss) und kein Anschaffungsgeschäft iSd. § 255 HGB vor, denn der überhöhte Differenzbetrag von 900 wird auch nach handelsrechtlichen Grundsätzen nicht zum Erwerb des Vermögensgegenstands, sondern für eine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter verwendet.1 Die Richtigstellung des Vorgangs erfolgt also innerhalb der Bilanz. Die Buchung Wirtschaftsgut 1000 an Geldkonto 1000 wird ersetzt durch die Buchung Wirtschaftsgut 100 und Aufwand 900 an Geldkonto 1000. Dieser gedankliche Aufwand muss dann allerdings über § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG wieder korrigiert werden. Die M erhält eine vGA, die gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei ist, aber gem. § 8b Abs. 5 KStG iHv. 5 % von 900 nicht abziehbare Ausgaben generiert. Die erhaltene vGA gilt als in die T1 eingelegt und führt bei M zu einer Erhöhung des Beteiligungsbuchwerts an der T1. Der bei T1 bilanziell abgebildete Veräußerungsgewinn von 900 stellt somit eine Einlage der M dar und wird deshalb außerbilanziell wieder in Abzug gebracht. Wenn T1 nach Fälligkeit auf den Überpreis verzichtet, so handelt es sich hierbei um den Verzicht auf eine Einlageforderung. Eine erneute vGA wird hierdurch nicht ausgelöst.2 Die dargestellten Auswirkungen ergeben sich gleichermaßen, wenn es sich um einen mehrstufigen Konzern handelt und die vGA bzw. vE gedanklich durch eine Vielzahl von KapGes. durchgeleitet werden muss.
cc) Nutzungsvorteil oder Nutzungsrecht als Gegenstand der vGA Anders stellen sich die Auswirkungen dar, wenn die Gewährung eines unentgeltlichen oder verbilligten Nutzungsvorteils oder eines Nutzungsrechts Gegenstand der vGA ist. Zwar fließt auch hier der gemeinsamen Muttergesellschaft eine vGA zu. Diese vGA ist bei der empfangenden Muttergesellschaft gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Sie generiert allerdings 5 % nicht abziehbare Ausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG. Zu einer vE bei der Schwestergesellschaft (T2) kommt es in diesem Fall nicht, weil Nutzungsrechte und Nutzungsvorteile keine einlagefähigen Vermögensvorteile darstellen (s. Rz. 1279 ff. „Verdeckte Einlage“).3 Dennoch ist zu berücksichtigen, dass sich der gewährte Vorteil bei der Muttergesellschaft verbraucht haben muss. Aus diesem Grund steht im Falle unentgeltlicher Übertragung von Nutzungsrechten und unentgeltlicher Gewährung von Nutzungsvorteilen an eine Schwestergesellschaft der vGA bei der Muttergesellschaft ein gleich hoher Aufwand gegenüber. Dieser Aufwand ist grundsätzlich uneingeschränkt steuerlich abzugsfähig. § 3c Abs. 1 EStG findet gem. § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG keine Anwendung.4
343
Die Grundsätze gelten auch, wenn der gemeinsame Anteilseigner die Anteile im PV hält. Hier ist der Verbrauch der vGA ggf. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Dies ist allerdings nur möglich, wenn der Gesellschafter gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG rechtzeitig, also bis zur Abgabe der ESt-Erklärung zum Teileinkünf-
344
1 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 249 f.; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Anm. 220 mwN; Wassermeyer, BB 1989, 1382; Wassermeyer, FR 1993, 793. 2 So auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 235. 3 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 4 Etwas anderes galt allerdings in den Jahren 2002 und 2003; s. FG Schl.-Holst. v. 22.3.2012 – 1 K 264/08, EFG 2012, 1585 (Rev. I R 32/12).
Neumann
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§ 8 Rz. 344–346
Ermittlung des Einkommens
teverfahren optiert hat und dadurch das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG keine Anwendung findet. 345
Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht die steuerlichen Auswirkungen einer verbilligten Nutzungsüberlassung an eine Schwestergesellschaft. Beispiel Die T1-GmbH gibt ihrer Schwestergesellschaft T2-GmbH ein zinsverbilligtes Darlehen. Es wird ein Zins iHv. 100 vereinbart. Der unter fremden Dritten angemessene Zins beläuft sich auf 200. Die gemeinsame Muttergesellschaft ist M. Alle beteiligten Gesellschaften sind im Inland unbeschränkt steuerpflichtig.
M-GmbH
Steuerfolgen bei M VGA 100 steuerfrei + 0 Betriebsausgabe (Verbrauch) – 100 §___________________________________________ 8b Abs. 5 KStG + 5 Auswirkung Einkommen
T1-GmbH Steuerfolgen bei T1 Einkommenserhöhung + 100
–
95
=
0
T2-GmbH Steuerfolgen bei T2
Lösung: Bei T1 ist eine vGA in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung von 100 in Ansatz zu bringen. Die vGA fließt der gemeinsamen Muttergesellschaft M-GmbH zu und ist dort gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Nach § 8b Abs. 5 KStG sind allerdings nicht abziehbare Ausgaben iHv. 5 % der zugeflossenen steuerfreien vGA dem Einkommen hinzuzurechnen. Gleichzeitig ist bei M der Verbrauch der vGA von 100 als Betriebsausgabe in Abzug zu bringen. Damit beschränkt sich die steuerliche Gesamtbelastung der vGA auf die Besteuerung der nicht abziehbaren Ausgaben iSd. § 8b Abs. 5 KStG. Andere Auswirkungen ergeben sich natürlich dann, wenn T1 und/oder M nicht über ein positives Einkommen verfügen.
dd) Grenzüberschreitende vGA „im Dreieck“ (1) Allgemeines 346 In grenzüberschreitenden Fallgestaltungen treten ggf. Verwerfungen auf, welche die eigentliche Zielrichtung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG – gesellschaftsrechtlich veranlasste Gewinnverlagerungen steuerrechtlich zu ignorieren und dadurch eine der Leistungsfähigkeit der KapGes. entsprechende Besteuerung zu ermöglichen – ad absurdum führen.1 Diese Verwerfungen ergeben sich insbesondere bei Nutzungsvorteilen. Nach der Rspr. des Großen Senats des BFH2 fließt in solchen Fällen der Muttergesellschaft eine vGA zu. Dieser vGA steht allerdings (wie bereits in Rz. 343 beschrieben) ein gleich hoher Aufwand gegenüber, der auf der Ebene der Muttergesellschaft als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Zu einer verdeckten Einlage bei der Schwestergesellschaft kommt es in Fällen der unentgeltlichen oder verbilligten Nutzungsüberlassung nicht. Bei der begünstigten Schwestergesellschaft ergeben sich keine steuerlichen Auswirkungen, weil die verdeckte Gewinnausschüttung bei ihr nicht ankommt. Durch den unentgeltlichen Nutzungsvorteil wird sie aber einen höheren laufenden Gewinn erzielen, der dann uneingeschränkt der Besteuerung unterliegt. Verdeckte Gewinnausschüttungen im Dreiecksverhältnis lösen auf unterschiedlichen Ebenen teilweise gegenteilige Wirkungen aus, deren Ergebnis aber eine dem Leistungsfähigkeitsprinzip genügende einmalige Zurechnung von erwirtschafteten Einkünften sein muss. Wenn nun eine oder mehrere beteiligte Gesellschaften im Ausland ansässig sind, können auf einem einheitlichen Vorgang beruhende korrespondierende Wirkungen nicht in zufriedenstellender Weise hergestellt werden. Die nachfolgenden Beispiele sollen die unterschiedlichen Konstellationen verdeutlichen. Die Verwerfungen werden allerdings durch das sog. Korrespondenzprinzip (§ 8b Abs. 2 Satz 2 und 4 KStG, § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG, § 3 Nr. 40 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG) wieder teilweise neutralisiert.
1 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 3. 2 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159.
446
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 347–348 § 8
(2) Geber und Empfänger des Vorteils im Ausland Verwerfungen ergeben sich, wenn die leistende T1 und die den Nutzungsvorteil empfangende T2 im Ausland ansässig sind. In dieser Konstellation unterliegen die steuererhöhenden Wirkungen der vGA nicht dem Zugriffsrecht des deutschen Fiskus, während die steuerentlastenden Wirkungen im Inland auf der Ebene der Muttergesellschaft eintreten, die an dem eigentlichen Vorgang gar nicht unmittelbar beteiligt ist.
347
Beispiel: Die ausländische Tochter T1 gewährt einer anderen ausländischen Tochter T2 einen Nutzungsvorteil iHv. 100. Die gemeinsame Muttergesellschaft M-GmbH ist im Inland unbeschränkt steuerpflichtig. Der ausländische Fiskus nimmt bei T1 keine Einkommenskorrektur vor. Lösung: Die Nutzungsüberlassung stellt zunächst eine vGA von T1 an die gemeinsame inländische Muttergesellschaft M-GmbH dar. Die vGA ist auf der Ebene der ausschüttungsempfangenden M-GmbH gem. § 8b Abs. 1 KStG grundsätzlich steuerfrei. In Bezug auf die steuerfreie vGA gilt auf der Ebene der M-GmbH § 8b Abs. 5 KStG, dh., iHv. 5 % der zugeflossenen vGA wird eine nicht abziehbare Ausgabe fingiert. Da die verhinderte Vermögensmehrung allerdings das Einkommen der T1 nicht erhöht hat, findet § 8b Abs. 2 Satz 2 und 3 KStG Anwendung, weshalb die vGA bei M nicht gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei ist. Nach zutr. Ansicht hat die vGA auch dann das Einkommen „nicht gemindert“, wenn eine verhinderte Vermögensmehrung nicht in Ansatz gebracht wurde.1 Dementsprechend findet allerdings auch die Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG nicht statt. Bei der M-GmbH steht der vGA ein gleich hoher Aufwand gegenüber (Verbrauch der vGA).
M-GmbH
Steuerfolgen bei M VGA stpflichtig § 8b Abs. 2 S. 2 KStG + 100 § 8b Abs. 5 KStG + 0 Betriebsausgabe (Verbrauch) ./. 100 _________________________________________________ Auswirkung Einkommen
T1-Ltd.
./.
0
T2-Ltd.
unentgeltlicher Nutzungsvorteil im Wert von 100
Die Frage, ob der Vorteilsverbrauch bei der M-GmbH steuerlich abziehbar ist, setzt zunächst voraus, dass der Nutzungsvorteil kein einlagefähiges Wirtschaftsgut darstellt. Bei Nutzungsüberlassungen an eine im Ausland ansässige Gesellschaft richtet sich die Aktivierbarkeit der Nutzung allerdings nach dem Bilanzrecht des Sitzstaates der Empfängerin des Nutzungsvorteils.2 Sieht der Ansässigkeitsstaat der T2-GmbH den Nutzungsvorteil als ein einlagefähiges Wirtschaftsgut an (was insbesondere bei Nutzungsrechten der Fall sein kann), dann kommt ein Abzug des Vorteilsverbrauchs von vornherein nicht in Betracht. Vielmehr müsste in diesem Fall der empfangende Vorteil bei der M dem Beteiligungsbuchwert der T2 zugeschlagen werden. Liegt dagegen kein einlagefähiges Wirtschaftsgut vor, wäre allerdings noch die Frage zu diskutieren, ob der Vorteilsverbrauch bei der M-GmbH iHv. 100 abzugsfähig ist oder diesbezüglich wiederum eine Korrektur nach § 1 AStG erfolgt.3 Dies deshalb, weil der Nutzungsvorteil bei der M-GmbH zunächst als solcher ankommt und an die T2 weitergereicht wird. Der Fall wird also auf der Rechtsfolgenebene der vGA so behandelt, als habe die M-GmbH die (grenzüberschreitende) Geschäftsbeziehung zu T2 unterhalten und den entsprechenden Vorteil durchgeleitet.
(3) Vorteilszuwendende Körperschaft im Ausland Die gleichen Auswirkungen wie unter (2) ergeben sich grundsätzlich auch dann, wenn nur die vorteilszuwendende T1 im Ausland, alle anderen beteiligten Gesellschaften aber im Inland ansässig sind. Unterschiede bestehen aber insoweit, als ein Nutzungsvorteil nach der oa. Rspr. des Großen Senats des BFH4 bei einer inländischen T2 nicht einlagefähig ist. Auch 1 Gosch2, § 8b KStG Rz. 148; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8b KStG Rz. 29. 2 BFH v. 20.8.1986 – I R 41/82, BStBl. II 1987, 65; nachfolgend BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 3 Der Nutzungsvorteil aus einer grenzüberschreitenden zinsgünstigen Darlehensgewährung fällt grds. unter § 1 AStG; vgl. BFH v. 25.6.2014 – I R 88/12, BFH/NV 2015, 57 = GmbHR 2015, 45. 4 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159.
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348
§ 8 Rz. 348–351
Ermittlung des Einkommens
das vorstehend in Rz. 347 angesprochene Problem iZm. der Anwendung des § 1 AStG stellt sich nicht. (4) Vorteilsempfangende Körperschaft im Ausland 349 Ist nur die vorteilsempfangende T2 im Ausland, T1 und M aber im Inland ansässig, so ist (wie in Rz. 343 und 1279 ff. beschrieben) die Einlagefähigkeit des Wirtschaftsguts nach dem Bilanzrecht des Sitzstaates der T2 zu prüfen. Ferner ist zu prüfen, ob § 1 AStG (s. dazu Rz. 347) auf den Vorteilsverbrauch bei M Anwendung findet. Falls beide Fragen verneint werden können, ergeben sich die gleichen Auswirkungen wie im reinen Inlandsfall (s. dazu den Beispielsfall in Rz. 345). (5) Muttergesellschaft im Ausland 350
Wenn dagegen nur die Muttergesellschaft im Ausland, die vorteilszuwendende T1 und die vorteilsempfangende T2 aber im Inland ansässig sind, so werden die Rechtsfolgen der vGA nur bei T1 umgesetzt. Es erfolgt eine Einkommenserhöhung iHd. Nutzungsvorteils (verhinderte Vermögensmehrung). Beispiel: Die inländische T1 gibt ihrer inländischen Schwestergesellschaft T2 ein zinsloses Darlehen. Der unter fremden Dritten angemessene Zins beläuft sich auf 100. Die Muttergesellschaft hat ihren Sitz der Geschäftsleitung im Ausland.
M-Ltd.
T1-GmbH Steuerfolgen bei T1 VGA
T2-GmbH Steuerfolgen bei T2 =
0
+ 100
unentgeltlicher Nutzungsvorteil im Wert von 100
Lösung: Das Einkommen der T1-GmbH wird gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 100 erhöht. Weitere Korrekturen erfolgen nicht. Bei T2 wird die Verbindlichkeit infolge der Unverzinslichkeit gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abgezinst.1 Dadurch entsteht insoweit bei T2 ein Ertrag, der keine vE darstellt.2 Die steuerliche Behandlung bei der im Ausland ansässigen M-Ltd. ist für die Behandlung bei T1 und T2 ohne Bedeutung. Die gesetzlichen Regelungen zum sog. Korrespondenzprinzip in § 8b Abs. 2 Satz 2 und 4 KStG, § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG, § 3 Nr. 40 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG erfassen diesen Fall nicht.
8. Erfassung der vGA beim Gesellschafter a) Korrespondenz zur Behandlung auf Ebene der Kapitalgesellschaft 351 Eine vGA ist beim Gesellschafter grundsätzlich unabhängig davon als Kapitalertrag iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 KStG in Ansatz zu bringen, ob sie auf Ebene der Gesellschaft als solche erfasst, also dem Einkommen hinzugerechnet wurde.3 Dies bedeutet, dass die vGA-Voraussetzungen im ESt-Bescheid des Gesellschafters grundsätzlich selbstständig geprüft werden können. Eine Bindungswirkung des KSt-Bescheids für den ESt-Bescheid des An1 BMF v. 26.5.2005 – IV B 2 - S 2175 – 7/05, BStBl. I 2005, 699, Tz. 21; ebenso BFH v. 27.1.2010 – I R 35/09, FR 2010, 519 m. Anm. Buciek = GmbHR 2010, 438, die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen. 2 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618 = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = GmbHR 2006, 158. 3 Vgl. BFH v. 27.10.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569; v. 21.7.1995 – I B 214/94, GmbHR 1996, 224 = BFH/ NV 1996, 103; ebenso BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 = GmbHR 2002, 606 Rz. 6.
448
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 351–355 § 8
teilseigners existiert nicht (s. dazu Rz. 151). Dies gilt selbst nach Einführung des sog. Korrespondenzprinzips durch das JStG 2007. Die materiell-rechtlichen Beurteilungskriterien für die Frage der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Vorteilszuwendung sind allerdings hier wie dort gleich. Unterschiede ergeben sich aber in Bezug auf die Höhe und den Zeitpunkt der Erfassung beim Gesellschafter (s. dazu Rz. 149 ff.). Im JStG 20071 wurde erstmals eine steuerliche Korrespondenz verdeckter Gewinnausschüttungen und verdeckter Einlagen auf der Gesellschafts- und auf der Gesellschafterebene geregelt. Während § 32a KStG formale Änderungsvorschriften für den Steuerbescheid des Gesellschafters enthält, wurde in § 8b Abs. 1 Satz 2 und 4 KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG eine materiell-rechtliche Korrespondenznorm für vGA und in § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG eine materiell-rechtliche Korrespondenznorm für vE verankert (s. dazu Rz. 1475 ff.).
352
Die materielle Korrespondenzregelung für vGA gilt beim Gesellschafter erstmals für vGA, die diesem nach dem 18.12.2006 zugeflossen sind. Die Neuregelung wirkt allerdings nur einseitig in Bezug auf den Steuerbescheid des Gesellschafters, nicht aber in Bezug auf den Körperschaftsteuerbescheid der ausschüttenden Körperschaft. VGA sind danach auf der Ebene des Gesellschafters gem. § 8b Abs. 1 S. 2 KStG bzw. § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG nF nur dann ganz oder teilweise steuerbefreit, „soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben“. Die Regelung erfasst Vermögensminderungen und (über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus) auch verhinderte Vermögensmehrungen.2
353
Im idealtypischen Grundanwendungsfall finden die Aufwandsbuchung und der vGA-Zufluss im demselben Jahr statt und sind der Höhe nach deckungsgleich.
354
Beispiel: Die T-GmbH verkauft eine Maschine an ihre Muttergesellschaft. Das Entgelt (40) liegt um 60 unter dem gemeinen Wert (100). Die Veranlagung der T-GmbH kann nicht mehr geändert werden. Die Steuerbescheide der M-GmbH stehen noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
M-GmbH
Verkauf Maschine Kaufpreis = 40 Gem. Wert = 100
T-GmbH
Lösung: Die Muttergesellschaft erzielt einen Beteiligungsertrag von 60, der bei ihr nicht unter § 8b Abs. 1 KStG fällt, sondern voll stpfl. ist, weil der entsprechende Betrag das Einkommen der T-GmbH gemindert hat (Veräußerungsverlust bzw. verminderter Veräußerungsgewinn). Die Anschaffungskosten der M-GmbH im Bezug auf die Maschine betragen ungeachtet dessen 100, weil M auch die erhaltene vGA aufgewandt hat, um das Wirtschaftsgut zu erwerben.
Die Korrespondenzregelung führt also zu einer bewusst fehlerhaften Erfassung auf bei- 355 den Besteuerungsebenen. Wenn eine vGA bei der GmbH fehlerhaft nicht berücksichtigt wurde, dann wird sie auch beim Gesellschafter (fehlerhaft) nicht als solche berücksichtigt. Damit soll sichergestellt werden, dass es weder zu einer Doppelbesteuerung noch zu einer Doppelentlastung kommt. Die Regelung zur „formellen Korrespondenz“ in § 32a KStG hilft hier nicht weiter, denn die Erfassung einer zugeflossenen vGA auf der Gesellschafterebene führt nicht zu einer Korrekturmöglichkeit – also zur Hinzurechnung der zutreffenden vGA – bei der ausschüttenden Körperschaft.3 § 8b Abs. 1 S. 2 KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG nF schlagen gem. § 7 GewSt auch auf die GewSt durch.4
1 2 3 4
BGBl. I 2006, 2878. Gosch2, § 8 KStG Rz. 148. Zutr. Trossen, DStR 2006, 2295 (2297). Dötsch/Pung, DB 2007, 11 (12).
Neumann
449
§ 8 Rz. 356–360
Ermittlung des Einkommens
356
Erhebliche praktische Umsetzungsprobleme ergeben sich bei Pensionszusagen, die als vGA zu werten sind. In der Anwartschaftsphase ist eine korrespondierende Erfassung auf der Gesellschafterebene natürlich noch nicht erforderlich, weil die vGA dem Gesellschafter zunächst noch nicht zufließt. In der Leistungsphase wird dann nach Ansicht der FinVerw.1 nur noch die Differenz zwischen Pensionszahlung und Rückstellungsauflösung als vGA iSd. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG behandelt. In diesen Fällen ist zu entscheiden, in welcher Höhe die jeweilige Pensionszahlung, die ja erst nach Erreichen des Ruhestandsalters erfolgt, „das Einkommen der GmbH gemindert“ hat. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, inwieweit das Einkommen der KapGes. in der Anwartschaftsphase gemindert bzw. nicht gemindert wurde.2
357
Im Schrifttum sind in Bezug auf die Korrespondenzregelungen verfassungsrechtliche3 und europarechtliche4 Bedenken geäußert worden.
358
Zu weiteren Einzelfragen zu mehrstufigen und grenzüberschreitenden vGA s. § 8b KStG Rz. 133 ff. b) Erfassung einer vGA beim Gesellschafter ohne Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Kapitalgesellschaft?
359 Eine vGA kann auf Ebene des Gesellschafters auch dann als Kapitalertrag iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfasst werden, wenn sich das Einkommen der KapGes. nicht gemindert hat. Im früheren Anrechnungsverfahren wurden solche Fälle als sog. andere Ausschüttungen bezeichnet (s. dazu Rz. 145 f.). Ein typischer Anwendungsfall wäre zB eine Barausschüttung ohne wirksamen Gewinnverteilungsbeschluss. Fraglich ist, ob hier die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt sind. Wenn man eine solche Barausschüttung mit unwirksamem Gewinnverteilungsbeschluss dagegen auf der ersten Gewinnermittlungsstufe als Aufwand behandelt,5 so muss dieser Aufwand auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe über § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG korrigiert werden. Da die Einkommensminderung allerdings nach jüngerer Rspr. des BFH für die vGA nicht mehr tatbestandsmäßig ist (s. Rz. 221 ff.) ist nach richtiger Auffassung nur zu untersuchen, ob infolge der Barausschüttung der Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG gemindert wurde. Da dies wohl unstreitig der Fall ist, dürfte klar sein, dass schon deshalb die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt sind.6 Diese rein technische Frage der Korrektur auf Ebene der KapGes. (steuerbilanzielle Aufwandsbuchung oder Differenzrechnung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) kann sich nicht auf die Besteuerung des Gesellschafters auswirken. Er versteuert die zugeflossene Ausschüttung als Kapitalertrag.7 Es dürfte also unstreitig sein, dass eine solche „verdeckte Barausschüttung“ beim Gesellschafter unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG fällt. 360
Allerdings stellt sich nun die Frage, ob der Gesellschafter eine vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG versteuern muss, wenn die Einkommenskorrektur bei der KapGes. nicht auf § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gestützt wird. Wenn eine Betriebsausgabe gleichzeitig unter § 4 Abs. 5 EStG und unter § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG fällt (s. dazu Rz. 157), kann der Rechtsanwender nach dem BFH-Urt. v. 4.12.19968 wählen, welche Hinzurechnungsnorm er anwendet. Dies gilt allerdings nur, solange die Rechtsfolgen auf Ebene der KapGes. nicht voneinander abweichen. Indessen: Unabhängig davon ist für die Frage der Erfassung der vGA auf der Gesellschafterebene nur zu prüfen, ob ein Zufluss gegeben ist und in Bezug auf diesen zugeflossenen Ausschüttungsbetrag die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegen. Ist dies der Fall, dann ist beim Gesellschafter eine vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann zu erfassen, wenn die Korrektur auf Ebene der KapGes. tatsächlich nach § 4 Abs. 5 EStG erfolgt ist. Die Frage, welche Regelung bei der KapGes. Vorrang genießt, ist also für die Gesellschafterebene ohne Bedeutung. Dies gilt auch für die Pflicht zur Einbehaltung von KapESt.9 1 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - 32/02, GmbHR 2002, 606 Tz. 30; s. dazu Neumann, GmbH-StB 2002, 204; Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 37 ff. 2 S. dazu Neumann, GmbH-StB 2007, 112 mit Fallbeispielen. 3 Kohlhepp, DStR 2007, 1502; Becker/Kempf/Schwarz, DB 2008, 370. 4 Dörfler/Heurung/Adrian, DStR 2007, 514 (517); Kohlhepp, DStR 2007, 1502 (1506); Watermeyer in H/H/R, § 8b KStG Rz. J 06-3; Frase, BB 2008, 2713 (2714). 5 So Gosch2, § 8 KStG Rz. 389; Wassermeyer, DB 2002, 2670; Wassermeyer, IStR 2001, 635. 6 Zutr. Briese, FR 2009, 991. 7 Gosch2, § 8 KStG Rz. 400. 8 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311. 9 AA wohl Kohlhepp, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 2008, 91.
450
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 360–363 § 8
Unklar ist in diesem Zusammenhang jedoch die Aussage des BFH im Urteil vom 7.2.20071, wonach bei Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG die Annahme anderer Ausschüttungen iSd. § 27 Abs. 1 KStG aF und die Herstellung der Ausschüttungsbelastung ausscheide.2 Obwohl der BFH damit offenbar nur die fehlende Verböserungsmöglichkeit im konkreten Einzelfall zum Ausdruck bringen wollte, ist diese Aussage irritierend. Wäre nämlich die Herstellung der Ausschüttungsbelastung von der Hinzurechnungsnorm abhängig, dann hätte dies – zumindest materiell-rechtlich – auch auf die Ebene des anrechnungsberechtigten Gesellschafters durchschlagen müssen. Dies ist uE indes nicht der Fall, weil der KSt-Bescheid der Gesellschaft keine Grundlagenfunktion für die Gesellschafterbesteuerung hat. Es bleibt also dabei, dass die Frage, ob eine vGA auf Gesellschafterebene vorliegt, grundsätzlich selbstständig geprüft werden muss. Siehe zu dieser Problematik ausführlich § 8b KStG Rz. 133 ff. (Rechtslage von Inkrafttreten des AmtshilfeRLUmsG3) und Rz. 151 ff. (geänderte Rechtslage durch das AmtshilfeRLUmsG). c) Zeitpunkt der Erfassung einer vGA Die Besteuerung der vGA auf der Gesellschafterebene knüpft – ebenso wie die Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG) – nicht an den Abfluss bei der KapGes., sondern an den Zufluss beim Gesellschafter an. Bei einem nicht beherrschenden Gesellschafter stimmt der Zeitpunkt des Abflusses bei der KapGes. mit dem Zufluss des Beteiligungsertrags beim Gesellschafter (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) überein. Abweichungen sind hier nur in Ausnahmefällen denkbar.4 Die Einnahmen gelten beim Gesellschafter als zugeflossen, sobald er darüber wirtschaftlich verfügen kann (Auszahlung, Gutschrift, Novation oder Verrechnung).5
361
Hat der Gesellschafter allerdings eine beherrschende Stellung, so gelten Beträge, welche die GmbH ihm schuldet, bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit als zugeflossen.6 Hier nimmt die Rspr. einen fiktiven Zufluss an, weil der Gesellschafter angesichts seiner beherrschenden Stellung ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit die Möglichkeit hätte, die sofortige Auszahlung der Mittel zu erzwingen. Tut er dies im eigenen Interesse nicht, so lässt er die ausgeschütteten Mittel bei der Gesellschaft stehen. Etwas anderes gilt dann, wenn die Gesellschaft illiquide ist und objektive Umstände einer Zahlung entgegenstehen. Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten reichen hier nicht aus. Der BFH stellt darauf ab, ob die KapGes. zahlungsunfähig ist, verneint dies aber, solange ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gestellt wurde. Ein Zufluss kann allerdings nicht unterstellt werden, wenn der KapGes. ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Dies ist zB dann der Fall, wenn die Vergütung an den Gesellschafter nur unter Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot (§ 30 GmbHG) ausgezahlt werden kann.7 UE ist darüber hinaus auch dann nicht von einem Zufluss auszugehen, wenn die Auszahlung der Vergütung im konkreten Einzelfall eine anfechtbare Rechtshandlung darstellen würde. Ein Zufluss kann ferner dann nicht angenommen werden, wenn die Gesellschaft die Zahlungsverpflichtung bestreitet.8 Wenn eine Buchung auf dem Verrechnungskonto erfolgt, so handelt es sich dabei nicht um einen Zufluss, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig ist.9
362
Allerdings hat der VI. Senat des BFH10 entschieden, dass durch die Zuflussfiktion für beherrschende Gesellschafter nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst würden, die sich bei der Ermittlung des Einkommens ausgewirkt haben. Würde man diese Rspr. (zur Kritik daran s. ABC in Rz. 933) auf vGA übertragen, dann liefe die Zuflussfiktion für beherr-
363
1 BFH v. 7.2.2007 – I R 27–29/05, GmbHR 2007, 660 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 888 m. Anm. Pezzer = BFH/NV 2007, 1230. 2 Kritisch dazu Pezzer, FR 2007, 890. 3 G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. 4 Lornsen-Veit in Erle/Sauter3, § 27 KStG Rz. 83; Antweiler in Ernst & Young, § 27 KStG Rz. 137; BFH v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82; und v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460 = FR 1988, 198; Abschn. 77 Abs. 6 KStR 2004. 5 BFH v. 8.10.1991 – VIII R 48/88, BStBl. II 1992, 174 = FR 1992, 108. 6 Vgl. BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, FR 1984, 401 = BStBl. II 1984, 480; v. 8.5.2007 – VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249; und v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597. 7 FG Rh.-Pf. v. 17.5.1994 – 6 K 1673/92, EFG 1997, 173 (nachgehend BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415); FG München v. 1.3.2011 – 13 K 1934/08, DK 2012, 219 (nachgehend bestätigt durch BFH v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597). 8 BFH v. 16.11.1993 – VIII R 33/92, BStBl. II 1994, 632 = FR 1994, 543 = GmbHR 1994, 639. 9 BFH v. 22.5.1973 – VIII R 97/70, BStBl. II 1973, 815 = FR 1973, 531. 10 BFH v. 3.2.2011 – VI R 4/10, GmbHR 2011, 490 = FR 2011, 576 m. Anm. Bergkemper = BFH/NV 2011, 904.
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§ 8 Rz. 363–366
Ermittlung des Einkommens
schende Gesellschafter bei vGA immer gänzlich ins Leere, weil sich vGA ja gerade nicht auf das Einkommen auswirken. 364
Bei offenen Gewinnausschüttungen an beherrschende Gesellschafter wird bereits ein Zufluss im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses angenommen.1 Hält der beherrschende Gesellschafter die Anteile im BV, so kommt eine zeitkongruente Aktivierung eines Ausschüttungsanspruchs auf das Ende des Wirtschaftsjahres nicht in Betracht.2
365
Das Entstehen eines Rückgewährungsanspruchs infolge der vGA kann den Zufluss der Kapitalerträge aus der Gewinnausschüttung nicht ungeschehen machen. Der Anspruch entsteht erst eine logische Sekunde nach Zufluss der vGA und ist (steuerneutral) als Einlageanspruch zu erfassen. Auf den Rechtsgrund der Rückzahlung kommt es nicht an. Weder gesetzliche Verpflichtungen3 noch Satzungsklauseln4 noch Rückgewähransprüche wegen Verstoßes gegen gesellschaftliche Treuepflichten5 führen zur Rückabwicklung der vGA. Sie machen den vorherigen Zufluss eines Kapitalertrags nicht ungeschehen.6 d) Nahestehende Person des Gesellschafters als Begünstigte der vGA aa) Grundsätze des Nahestehens
366 Nicht nur Zuwendungen an Gesellschafter können den Tatbestand des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllen. Auch eine Zuwendung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person kann als vGA beurteilt werden. Der Kreis der nahestehenden Personen wurde durch die Rspr. stets sehr weit gefasst. Dies ist dadurch begründet, dass zunächst eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung objektiv festgestellt wird und erst in einem zweiten Prüfschritt der Grund für die Vermögensminderung zu erforschen ist. Sie wird sich bei einem fremdunüblichen Geschäft idR nur durch die Beziehung des Gesellschafters zu dem Begünstigten der vGA erklären lassen. Das Nahestehen indiziert also die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Vorteilszuwendung.7 Nahestehende Personen können sein: Angehörige (auch wenn sie nicht unter § 15 AO fallen),8 enge persönliche Freunde des Gesellschafters,9 ein Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft,10 eine Personenhandelsgesellschaft,11 ein Verein12 oder eine KapGes. (Schwestergesellschaft).13 Auch können schuldrechtliche oder rein tatsächliche Beziehungen zwischen dem Gesellschafter und dem Empfänger des Vorteils ein Nahestehensverhältnis begründen14. Es reicht für ein Nahestehen allerdings idR nicht aus, dass der Gesellschafter mit der begünstigten Person eine GbR unterhält15. Die Vorteilszuwendung an eine eigene Tochtergesellschaft ist nach Ansicht des FG Nürnberg keine Vorteilszuwendung an den eigenen Gesellschafter, weil dieser auch an der Tochtergesellschaft beteiligt ist. Gewährt danach eine Muttergesellschaft (M), deren Alleingesellschafter GM ist, ihrer Tochtergesellschaft (T), an der sowohl GM als auch M beteiligt sind, ein unverzinsliches Darlehen, so liegt nach dieser Ansicht keine vGA von M an GM vor. Im Streitfall hatte M allerdings auch ein eigenbetriebliches Interesse an der Vorteilszuwendung.16
1 H 20.2 EStH 2011 „Zuflusszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen“. 2 BFH v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632 = GmbHR 2000, 1106 m. Anm. Hoffmann = FR 2000, 1126; BMF v. 1.11.2000 – A 6 - S 2134 - 9/00, BStBl. I 2000, 632 = GmbHR 2000, 1218. 3 BFH v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach. 4 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, BStBl. II 2001, 226 = FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997. 5 BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815. 6 H 20.2 EStH 2011 „Rückgängigmachung einer vGA“. 7 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359. 8 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359. 9 BFH v. 25.10.1963 – I 325/61 S, BStBl. III 1964, 17 = FR 1964, 199; v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359. 10 BFH v. 29.11.2000 – I R 90/99, BStBl. II 2001, 204 = FR 2001, 532 = GmbHR 2001, 304. 11 BFH v. 1.10.1986 – I R 54/83, BStBl. II 1987, 459 = FR 1987, 208 = GmbHR 1987, 320. 12 BFH v. 6.12.1967 – I 98/65, BStBl. II 1968, 322. 13 BFH v. 21.12.1972 – I R 70/70, BStBl. II 1973, 449 = FR 1973, 514. 14 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359. 15 BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841. 16 FG Nürnberg v. 25.3.2010 – 4 K 857/2009, GmbHR 2010, 831 = EFG 2010, 1524 (rkr.).
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 367–369 § 8
bb) Begünstigter steht einem Minderheitsgesellschafter nahe Für die Annahme einer vGA bei Leistungen an eine nahestehende Person (die nicht selbst an der Gesellschaft beteiligt ist) ist es nicht erforderlich, dass der Gesellschafter, dem der Empfänger der Leistung nahesteht, an der vorteilsgewährenden Gesellschaft beherrschend beteiligt ist.1 Auch im Falle einer Minderheitsbeteiligung ist indiziell von der Ursächlichkeit des Nahestehens auszugehen. Diese Ursächlichkeit kann im Einzelfall widerlegt werden.
367
cc) Die nahestehende Person ist nicht Gesellschafter Ertragsteuerlich wird die vGA – also der Kapitalertrag iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG – nicht der nahestehenden Person, sondern dem Gesellschafter zugerechnet (s. allerdings Rz. 369). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gesellschafter durch die Vorteilszuwendung einen eigenen Vermögensvorteil erlangt.2 Der Gesellschafter sollte aber von der Zuwendung an den Angehörigen zumindest Kenntnis haben. Ist dies zB bei widerrechtlichen eigenmächtigen Geldentnahmen durch einen Angehörigen des Gesellschafters nicht der Fall, so kommt die Annahme einer vGA grundsätzlich nicht in Betracht, weil die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses nicht einfach unterstellt werden kann.3 Wenn sich zB ein Geschäftsführer, der zugleich eine nahestehende Person eines beherrschenden Gesellschafters ist, widerrechtlich Vorteile zulasten der GmbH verschafft, so kann eine vGA allenfalls dann angenommen werden, wenn der Gesellschafter von der Zuwendung wusste, sie duldete oder ihr zustimmte. Dies kann zB auch der Fall sein, wenn der im Namen der KapGes. handelnde, aber an der KapGes. weder beteiligte noch in einem Anstellungsverhältnis zu ihr stehende Ehemann der beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführerin Schwarzgeschäfte zu seinen Gunsten tätigt.4
368
dd) Die nahestehende Person ist selbst Gesellschafter Wenn der begünstigte Gesellschafter selbst ein Minderheitsgesellschafter ist, aber einem 369 beherrschenden Mitgesellschafter nahesteht, so stellt sich die Frage, wem die vGA einkommensteuerlich zuzurechnen ist. In diesen Fällen ist uE grundsätzlich der tatsächlich begünstigte (Minderheits-)Gesellschafter aus ertragsteuerlicher Sicht unmittelbarer Empfänger der VGA, soweit ihm nicht sein beherrschender Mitgesellschafter etwas zuwenden wollte. Dies entspricht der hM5 und der BFH-Rspr.6 In diesem Fall gibt es idR keinen Beweis des ersten Anscheins dahingehend, dass das Gesellschaftsverhältnis zu dem beherrschenden Mitgesellschafter für die vGA an den Minderheitsgesellschafter ursächlich war. Das eigene unmittelbare Gesellschaftsverhältnis des nahestehenden Minderheitsgesellschafters kann gleichermaßen ursächlich für die Zuwendung des Vorteils sein.7 Eine Zurechnung der vGA zu dem nahestehenden Mehrheitsgesellschafter ist nach der Rspr. des BFH nur dann möglich, wenn andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen auszuschließen sind. Nur dann spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die nahestehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum Gesellschafter nicht erhalten hätte.8 Ist der unmittelbar Begünstigte aber selbst Gesellschafter der KapGes. und in nicht unerheblichem Maße beteiligt,9 so kann von einer ausschließlichen Ursächlichkeit der Beziehung zu dem Mehrheitsgesellschafter idR nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Die Richtigkeit dieser Überlegungen zeigt der Umstand, dass im Fall einer unmittelbaren Vorteilzuwendung an einen Gesellschafter dessen Beteiligungshöhe für die Annahme der vGA ohne Bedeutung ist.10 Wenn man aber im Falle einer „normalen“ Vermögensminderung, die einen Minderheitsgesellschafter begünstigt, indiziell von einer Veranlassung durch eben dieses (Minderheits-)
1 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2009, 323. 2 BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266. 3 BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266; v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830 = FR 2007, 1157 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 1051. 4 FG Köln v. 19.12.2012 – 10 K 1172/10, EFG 2013, 725 (rkr.). 5 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Nahestehende Person“; Gosch2, § 8 KStG Rz. 227; Klingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 536; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 770.3; aA Breier/Sejdija, GmbHR 2011, 290. 6 BFH v. 29.9.1981 – VIII R 8/77, GmbHR 1982, 99 = BStBl. II 1982, 248; v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830 = GmbHR 2007, 1051 m. Anm. Schröder = FR 2007, 1157. 7 FG Nürnberg v. 25.3.2010 – 4 K 857/2009, GmbHR 2010, 831 = EFG 2010, 1524 (rkr.). 8 BFH v. 6.12.2005 – VIII R 70/04, GmbHR 2006, 387 = BFH/NV 2006, 722; v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830 = FR 2007, 1157 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 1051 m. Anm. Schröder. 9 UE sollte mindestens eine 10-prozentige Beteiligung vorliegen. 10 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = GmbHR 2009, 323 m. Anm. Briese = FR 2009, 583.
Neumann
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§ 8 Rz. 369–372
Ermittlung des Einkommens
Beteiligungsverhältnis ausgeht, ist nicht ersichtlich, warum etwas anderes gelten sollte, wenn der begünstigte Minderheitsgesellschafter einem beherrschenden Gesellschafter nahesteht. 370
Die oa. Grundsätze gelten dann nicht, wenn festgestellt werden kann, dass die Gesellschafterstellung eines anderen (ggf. beherrschenden) Gesellschafters für die vGA ursächlich war. Bei der Bemessung des Gehalts eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist zu berücksichtigen, dass die Gesellschafterversammlung für den Abschluss des Anstellungsvertrags zuständig ist und der (beherrschende) Mitgesellschafter deshalb an der Vorteilszuwendung aktiv mitgewirkt hat.1 Zu den davon ggf. abweichenden Rechtsfolgen im Schenkungsteuerrecht s. Rz. 181 ff. ee) Der Begünstigte steht mehreren Gesellschaftern nahe
371 Wenn der durch die Vorteilszuwendung Begünstigte nicht selbst Gesellschafter der KapGes. ist, aber mehreren Gesellschaftern nahesteht, so muss geprüft werden, welches unmittelbare Gesellschaftsverhältnis für die Vorteilszuwendung ursächlich war.2 Sind zB die Eheleute A und B an der AB-GmbH zu je 50 % beteiligt und wird der gemeinsame Sohn C begünstigt, so ist eine je 50-prozentige Zurechnung der vGA an A und B vorzunehmen, wenn andere Veranlassungszusammenhänge nicht erkennbar sind.3 Ist dagegen nur A Geschäftsführer und ist die Zuwendung ohne Beteiligung der B erfolgt, so ist die gesamte vGA bei A zu erfassen.4 Die Veranlassungsprüfung ist auch bei unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen der Gesellschafter nicht entbehrlich. Eine Zurechnung an den jeweils höchstbeteiligten nahestehenden Gesellschafter ist nicht ohne Weiteres gerechtfertigt, weil auch eine Vorteilszuwendung an eine einem Minderheitsgesellschafter nahestehende Person eine vGA auslösen kann.5 ff) VGA-Zurechnung bei Verstößen gegen das Rückwirkungs- und Nachzahlungsverbot 372 Wenn ein an der KapGes. beteiligter Minderheitsgesellschafter, der einem beherrschenden Gesellschafter nahesteht, eine Leistungsvergütung erhält, kann eine vGA vorliegen, wenn die Zahlung gegen das sog. Rückwirkungs- und Nachzahlungsverbot für beherrschende Gesellschafter verstößt (s. dazu Rz. 267 ff.). Fraglich ist, wem in einem solchen Fall die vGA als Einnahme iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen ist. Beispiel: Gesellschafter der GmbH sind die Eheleute M zu 51 % und F zu 49 %. F ist Geschäftsführerin und erhält eine rückwirkende (angemesene) Sonderzuwendung. Gleich gerichtete Interessen liegen nicht vor. M hat die rückwirkende Vereinbarung mit unterzeichnet. Lösung: F ist nahestehende Person des beherrschenden Mitgesellschafters (und Ehemannes) M.6 In der Zahlung liegt deshalb ein Verstoß gegen das sog. Rückwirkungsverbot.7 Hier ist die beherrschende Position des Ehemannes M ursächlich für die Annahme einer vGA. Deshalb erscheint es gerechtfertigt, in diesem Fall, abweichend von dem Fall der direkten Vorteilszuwendung an einen nahestehenden Minderheitsgesellschafter (s. Rz. 369), die volle vGA dem M als Einnahme iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen.8
Wenn die Beteiligung des nahestehenden beherrschenden Mitgesellschafters für die Annahme der vGA ursächlich ist, ist es ausnahmsweise gerechtfertigt, diesem die vGA in Gänze als Kapitalertrag zuzurechnen. Da der Minderheitsgesellschafter, dem die Vergütung gewährt wird, es grundsätzlich nicht in der Hand hat, Art und Umfang der Vergütung im Nachinein zu beeinflussen, spricht der Beweis des ersten Anscheins in diesem Fall dafür, dass er den „Vorteil“ ohne seine Beziehung zum Mehrheitsgesellschafter nicht erhalten hätte.
1 BGH v. 25.3.1991 – II ZR 169/90, NJW 1991, 1680 = GmbHR 1991, 363; BMF v. 16.5.1994 – IV B 7 - S 2742 14/94, BStBl. I 1994, 868; v. 21.12.1995 – IV B 7 - S 2742 - 68/95, BStBl. I 1996, 50; Tillmann/Schmidt, GmbHR 1995, 796. 2 BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266. 3 Breier/Sejdija, GmbHR 2011, 290 (295); Lang, Ubg 2009, 468 (469). 4 BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266; Kohlhepp, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 2008, 95. 5 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = GmbHR 2009, 323 m. Anm. Briese = FR 2009, 583. 6 S. zu dieser Problematik BFH v. 29.4.1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 = FR 1987, 537 = GmbHR 1987, 493; v. 2.3.1988 – I R 103/86, BStBl. II 1988, 786 = FR 1988, 480 = GmbHR 1988, 363; v. 22.2.1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631 = FR 1989, 562 = GmbHR 1989, 430. 7 So Gosch2, § 8 KStG Rz. 322; Winter, GmbHR 2010, 1073; Breier/Sejdija, GmbHR 2011, 290 (297); Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 221. 8 Breier/Sejdija, GmbHR 2011, 290 (296); Klingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 536; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 770.3.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 373–376 § 8
e) Zurechnung zum wirtschaftlichen Eigentümer Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG erzielt gem. § 20 Abs. 5 EStG der Anteilseigner. Anteilseigner in diesem Sinne ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an der KapGes. zuzurechnen sind, also der wirtschaftliche Eigentümer. Wenn ein steuerlich zu berücksichtigendes Treuhandverhältnis besteht1 und der Anteil an der KapGes. dem Treuhänder nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO wirtschaftlich nicht zuzurechnen ist, fließt ihm eine vGA gem. § 20 Abs. 5 EStG nicht zu.2 Die Kapitaleinkünfte sind in diesem Fall grundsätzlich bei dem Treugeber zu erfassen. Etwas anderes gilt uE aber dann, wenn der Treuhänder eine unmittelbare Vorteilszuwendung erhält und er einem anderen Gesellschafter, der nicht der Treugeber der Anteile ist, nahesteht. In diesem Fall ist die vGA diesem anderen Gesellschafter zuzurechnen (s. Rz. 368).
373
f) Künftiger Gesellschafter als Empfänger der vGA Als Empfänger einer verdeckten Gewinnausschüttung kommt grundsätzlich auch ein zukünftiger Gesellschafter in Betracht, wenn die Leistung der Gesellschaft zwar vor Begründung des Gesellschaftsverhältnisses erbracht wird, ihren Grund aber bereits in einem konkret geplanten Gesellschaftsverhältnis hat. Das gilt nach der Rspr. des BFH3 jedenfalls dann, wenn die Leistung in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses steht und der Empfänger der Leistung danach auch tatsächlich Gesellschafter wird. Diese Auffassung des BFH wird in der Literatur zwar überwiegend befürwortet,4 teilweise aber auch mit guten Gründen abgelehnt.5 Es wird insbesondere eingewandt, ein zukünftiger Gesellschafter könne noch keine Einkünfte iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beziehen, weil hierunter nur Gewinnanteile aus einer Gesellschaftsbeteiligung fallen könnten. Außerdem könne ein Noch-nicht-Gesellschafter auch noch nicht Empfänger einer oGA sein. Die oa. BFH-Rspr. ist uE aus anderen Gründen zu kritisieren. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine KapGes. ihren Gesellschaftern außerhalb eines gesellschaftsrechtlich wirksamen Gewinnverteilungsbeschlusses einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Bei der Beurteilung der gesellschaftlichen Veranlassung einer Leistungsbeziehung ist immer auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Vereinbarung der Leistungsbeziehung) abzustellen.6 Alleine aus diesem Grund kann zB ein ausgeschiedener Gesellschafter noch Empfänger einer vGA sein, für die in früherer Zeit ein Rechtsgrund gelegt wurde.
374
Ist der Empfänger der vGA im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht oder noch nicht 375 Gesellschafter, dann kann er nach diesen Grundsätzen auch nicht Empfänger einer vGA werden. Allerdings kann der künftige Gesellschafter durchaus nahestehende Person eines anderen Gesellschafters sein, wenn aufgrund schuldrechtlicher Vorverträge gesichert ist, dass er die Anteile des anderen Gesellschafters (bzw. des wirtschaftlichen Eigentümers) erwirbt. In diesem Fall ist die vGA aber dem Noch-Gesellschafter zuzurechnen, denn der Noch-nicht-Gesellschafter ist durch die bestehende schuldrechtliche Vereinbarung als nahestehende Person des Noch-Gesellschafters zu behandeln. Ein künftiger Gesellschafter kann ausnahmsweise dann Empfänger einer vGA sein, wenn die Vorteilszuwendung in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile erfolgt.7 Hier sind insbesondere Fallgestaltungen denkbar, in denen der „Noch-nicht-Gesellschafter“ kollusiv mit den übrigen Gesellschaftern zusammenwirkt und deshalb seine künftige Anteilseignerstellung für die Vorteilsgewährung ursächlich ist. Ein praxistypischer Anwendungsfall wäre zB die Erteilung einer Pensionszusage an einen Geschäftsführer einer GmbH, der unmittelbar nach Erhalt der Zusage die Geschäftsanteile an der Gesellschaft erwirbt.8 Hier kann § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG durchaus Anwendung finden, auch wenn der künftige Gesellschafter im Zeitpunkt der Pensionsverein1 S. dazu BFH v. 24.11.2009 – I R 12/09, BStBl. II 2010, 590. 2 BFH v. 6.8.2013 – VIII R 10/10, GmbHR 2013, 1222 m. Anm. Milatz/Wegmann, DStR 2013, 2175. 3 BFH v. 24.1.1989 – VIII R 74/84, BStBl. II 1989, 419 = FR 1989, 283 = GmbHR 1989, 268; v. 29.1.2010 – I B 88/09, BFH/NV 2010, 1125. 4 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 123; Gosch2, § 8 KStG Rz. 211; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 42; mit Einschränkung bejahend Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 57. 5 Wichmann, DB 1994, 2101. 6 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359. 7 BFH v. 24.1.1989 – VIII R 74/84, BStBl. II 1989, 419 = FR 1989, 283 = GmbHR 1989, 268. 8 BFH v. 29.1.2010 – I B 88/09, BFH/NV 2010, 1125.
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376
§ 8 Rz. 376–381
Ermittlung des Einkommens
barung noch nicht Eigentümer der Gesellschaftsanteile ist. Kommt es allerdings ausnahmsweise vor dem Anteilserwerb zu einem Abfluss/Zufluss der vGA, so kann die vGA nur einem „echten“ Gesellschafter zugerechnet werden, der die vGA dann an den späteren Anteilserwerber (als nahestehende Person) weiterleitet. g) Ausgeschiedene Gesellschafter als Empfänger der vGA 377 Wenn der Begünstigte der vGA zwar im Zeitpunkt der Vereinbarung (also der Veranlassung) des Vorteils Gesellschafter der KapGes. war, im Zeitpunkt des Zuflusses der Vergütung aber nicht mehr, so ist ihm die vGA dennoch als Kapitalertrag iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen.1 Dies gilt auch dann, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt des Zuflusses einem anderen Gesellschafter nahesteht.2 Bei der Entscheidung der Frage, ob eine Leistungsvereinbarung dem Fremdvergleich standhält, kommt es grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses der vertraglichen Vereinbarung an. Leistungen einer GmbH an den Gesellschafter können folglich auch dann vGA darstellen, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt des Zuflusses nicht mehr Gesellschafter ist.3 Dies bedeutet nicht, dass Gewinne an jeden ehemaligen Gesellschafter verdeckt iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschüttet werden können. Jedoch verlieren Vermögensabflüsse, für die während der Gesellschafterstellung ein Rechtsgrund gelegt wurde, nicht deswegen das Merkmal einer (verdeckten bzw. anderen) Gewinnausschüttung, weil der Gesellschafter im Zeitpunkt des Abflusses/Zuflusses bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.4 Es kommt ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses des bindenden Rechtsgeschäfts an, auf dem der Vorteil beruht.5 Dies gilt auch, wenn ein „Vorgesellschafter“ vor Eintragung der Vorgesellschaft in das Handelsregister ausscheidet.6 378
Bei gesellschaftsrechtlich veranlassten Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer ist dieser Fall sogar praxistypisch, weil die Auszahlung der Pension nach Zuruhesetzung des Geschäftsführers erfolgt und zu diesem Zeitpunkt meist auch die Anteile an einen neuen Gesellschafter veräußert oder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen wurden. War die Pensionszusage im Zeitpunkt der Vereinbarung gesellschaftsrechtlich veranlasst, so fließen dem „Rentner“ Einkünfte iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu.7
379
Die gleichen Grundsätze gelten, wenn es für die Entscheidung, ob eine Vorteilszuwendung an einen Gesellschafter als vGA zu qualifizieren ist, darauf ankommt, ob der Gesellschafter die GmbH beherrscht (zB wegen des Gebots klarer und eindeutiger, im Voraus getroffener Vereinbarungen). Um eine vGA zu bejahen, muss die beherrschende Stellung im Zeitpunkt der Vereinbarung der zu beurteilenden Vorteilszuwendung vorgelegen haben.8
380
In Anwendung dieser Grundsätze werden auf der anderen Seite Vergütungen, die eine KapGes. an einen neu eingetretenen beherrschenden Gesellschafter für eine zurückliegende Zeit gewährt, mangels einer im Voraus getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung auch dann steuerlich nicht anerkannt, wenn der Gesellschafter zu der Zeit, in der er seine Leistung erbrachte (für die also die Zahlung geleistet wird), noch nicht – beherrschender – Gesellschafter war.9 Eine Ausnahme bilden die in Rz. 372 erwähnten Fallkonstellationen. 9. Verfahrensfragen bei vGA
381 Bis zum VZ 2006 bestanden erhebliche verfahrensrechtliche Hindernisse bei der korrespondierenden Erfassung verdeckter Gewinnausschüttungen auf Ebene der KapGes. und des Gesellschafters. Nach ständiger Rspr. des BFH ist über die Frage des Zuflusses einer vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) bei der Einkommensbesteuerung des Gesellschafters unab-
1 2 3 4 5 6 7
Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 39 ff. Breier/Sejdija, GmbHR 2011, 290 (296). BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359. BFH v. 22.6.1977 – I R 171/74, BStBl. II 1978, 33. BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350. BFH v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352 = GmbHR 1993, 171. BFH v. 28.4.1982 – I R 51/76, BStBl. II 1982, 612 = GmbHR 1982, 218; v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359. 8 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359; ebenso Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 44. 9 BFH v. 4.3.1974 – I R 241/71, BStBl. II 1974, 497.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 381–384 § 8
hängig von der Behandlung bei der GmbH zu entscheiden.1 Die im Anrechnungsverfahren noch bestehenden besonderen Probleme in Bezug auf die Anrechnung der KSt (Änderung der Anrechnungsverfügung nach § 130 AO) sind allerdings mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens entfallen. Im früheren Halb- bzw. heutigen Teileinkünfteverfahren führt die nur hälftige bzw. 60-prozentige Erfassung der vGA (§ 3 Nr. 40 EStG) auf der Ebene des Gesellschafters in den meisten Fällen zu einer Minderung des Einkommens und damit der ESt, weil die als vGA umzuqualifizierende Leistungsvergütung (Gehalt, Miete, Zins) vorher als voll stpfl. Einnahme angesetzt wurde. Der ESt-Bescheid des Gesellschafters muss also im Falle der erstmaligen Erfassung einer vGA in aller Regel zugunsten des Gesellschafters berichtigt werden. Bei bestandskräftigem ESt-Bescheid ergaben sich dabei bis VZ 2006 verfahrensrechtliche Schwierigkeiten, weil § 175 Abs. 1 Satz 1 AO mangels Grundlagenfunktion keine Anwendung fand. Auch § 175 Abs. 1 Satz 2 AO fand keine Anwendung, da kein rückwirkendes Ereignis vorlag, sondern nur entweder ein neuer Sachverhalt bekannt oder ein bekannter Sachverhalt rechtlich anders beurteilt wurde. Diese verfahrensrechtlichen Hindernisse wurden (mit erstmaliger Wirkung für nach dem 18.12.2006 erlassene KSt-Änderungsbescheide) durch Einführung des § 32a Abs. 1 KStG teilweise beseitigt (s. die Kommentierung zu § 32a KStG). Es handelt sich um eine formelle Berichtigungsnorm,2 die allerdings nur in eine Richtung wirkt. Im umgekehrten Fall, nämlich der Erfassung einer vGA auf Gesellschafterebene, besteht nach wie vor häufig keine Korrekturmöglichkeit bei der ausschüttenden KapGes., wenn der KSt-Bescheid nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.3 Für diesen Fall regeln § 8b Abs. 2 Satz 2 und 4 KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG allerdings ein materiell-rechtliches Korrespondenzprinzip (s. Rz. 351 ff.).
382
10. Beweislast bei vGA Aufwendungen der KapGes. stellen auch dann, wenn sie gesellschaftsrechtlich veranlasst sind, grundsätzlich Betriebsausgaben dar. Auf der ersten Gewinnermittlungsstufe, also innerhalb der Bilanz bzw. GuV, sind zunächst alle Ausgaben – auch wenn sie gesellschaftsrechtlich veranlasst sind – Betriebsausgaben, denn eine KapGes. verfügt nicht über eine außerbetriebliche Sphäre. Die KapGes. trägt nun die Beweislast dafür, dass die Ausgaben tatsächlich entstanden sind bzw. verausgabt wurden. Sodann geht es aber auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe darum, den Betriebsausgabenabzug durch eine Hinzurechnung außerhalb der Bilanz nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG rückgängig zu machen.
383
§ 4 Abs. 4 EStG und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sind zwei voneinander unabhängige Tatbestände.4 Für die steuererhöhenden bzw. steuerbegründenden Umstände (Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) trägt grundsätzlich das FA die Feststellungslast.5 Dies gilt auch für die Feststellung einer verhinderten Vermögensmehrung.6 Das FA hat dabei die Amtsermittlungspflichten (§ 88 AO) auszuschöpfen, während der 384 Stpfl. seine Mitwirkungspflichten (§ 90 AO) nicht verletzen darf. Spricht aber der festgestellte Sachverhalt dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt sind, wobei umstritten ist, ob es sich dabei um einen prima-facie-Beweis, eine tatsächliche Vermutung oder ein schlichtes Indiz handelt,7 kann es Sache des Stpfl. sein, den dadurch gesetzten Anschein zu widerlegen.8 Eine bloße Abweichung von dem, was fremde Dritte vereinbart haben (unübliche Vereinbarung), führt noch nicht ohne Weiteres zur Annahme einer vGA, aber sie erzeugt eine Beweisvermutung mit indizieller Wirkung für eine vGA. Hierdurch tritt noch keine uneingeschränkte Beweislastumkehr ein. Vielmehr 1 BFH v. 27.10.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569; v. 21.7.1995 – I B 214/94, GmbHR 1996, 224 = BFH/NV 1996, 103; v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82; v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460 = FR 1988, 198 = GmbHR 1988, 201. 2 Änderungsnorm iSd. § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO. 3 Zu den verfahrensrechtlichen Einzelfragen außerhalb des Korrespondenzprinzips s. Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 490 ff. 4 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 192. 5 BFH v. 15.10.1997 – I R 42/97, BStBl. II 1999, 316 = FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340; v. 27.10.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569 = GmbHR 1993, 366; v. 3.11.2005 – VIII B 12/05, BFH/NV 2006, 250; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 806. 6 Gosch2, § 8 KStG Rz. 496. 7 Eingehend dazu Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 183 ff.; Gosch2, § 8 KStG Rz. 497. 8 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163; v. 4.4.2002 – I B 140/01, GmbHR 2002, 934.
Neumann
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§ 8 Rz. 384–389
Ermittlung des Einkommens
muss das FA darlegen, dass einer unüblichen Vereinbarung die Ernsthaftigkeit fehlt und infolgedessen ein gesellschaftsrechtlicher Veranlassungszusammenhang vorliegt. 385
Bei der Feststellung einer vGA gelten allerdings die Grundsätze der sog. Beweisrisikoverteilung. Der BFH1 differenziert danach, ob die Mitwirkungspflichten des Stpfl. die Tatbestandsvoraussetzungen oder die Rechtsfolgen der vGA betreffen. Wenn sich ein Sachverhalt nicht ohne Weiteres von Amts wegen aufklären lässt, so muss der Stpfl. an der Aufklärung mitwirken, wenn es ihm möglich ist. Kann er nichts zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen, so hängt die Beweislastverteilung letztlich auch davon ab, ob er zur Beweisvorsorge verpflichtet gewesen ist.
386
Wenn der Stpfl. Fragen, die in seinen Beweisrisikobereich fallen (zB wirtschaftliche und rechtliche Grundlagen einer Leistungsbeziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter), nicht hinreichend beantwortet, also seinen allgemeinen Mitwirkungspflichten (§ 90 AO) nicht hinreichend nachkommt, kann das FA das aufzuklärende Tatbestandsmerkmal anhand typisierender Indizien widerlegbar vermuten, weil das Beweismaß in diesem Fall reduziert ist.2 Allerdings darf das FA die besteuerungserheblichen Umstände nicht einfach schätzen. Dies gilt insbesondere für die gesellschaftsrechtliche Veranlassung dem Grunde nach.
387
Bei den Rechtsfolgen der vGA (zB Schätzung der Höhe eines angemessenen Geschäftsführergehalts) obliegt die Feststellungslast nach Ansicht des BFH dagegen grundsätzlich dem FA. Wegen dieser Beweisrisikozuordnung hat der BFH mit Urt. v. 17.10.20013 entschieden, dass sich eine Schätzung der Unterschiedsbetragsminderung (vGA) der Höhe nach an dem für den Stpfl. günstigsten Wert der Bandbreite von Fremdvergleichswerten orientieren muss (s. Rz. 238).
388
Gosch4 kritisiert, dass die Betriebsprüfungspraxis regelmäßig in umgekehrter Weise vorgehe, indem sie zunächst die Unangemessenheit der Höhe nach feststelle und sodann in einem zweiten Schritt die Frage der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung einfach unterstelle.5 Diese Kritik ist mE nicht berechtigt, denn was, außer einer der Höhe nach eklatant fremdunüblichen Vereinbarung, soll eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung im ersten Schritt indizieren? Dabei hat die FinVerw. die oa. Bandbreitenrechtsprechung des BFH6 durchaus anerkannt.7 Nur wenn es für ein Überschreiten der Bandbreite keine nachvollziehbare Erklärung gibt, wird darin ein Indiz für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung gesehen. Hier kommt nun die Beweisrisikoverteilung ins Spiel. Wenn der Stpfl. an der Aufklärung der krassen Abweichung von dem fremdüblichen Preis nicht mitwirkt oder dafür keine plausible Erklärung hat, wird eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vermutet werden müssen, denn die Gründe für ein fremdunübliches Verhalten können nur in der Sachsphäre des Stpfl. zu finden sein. Der Stpfl. muss also nicht etwa den richtigen Preis beweisen. Er muss nur einen nachvollziehbar „unrichtigen“ Preis mit vernünftigen wirtschaftlichen Gründen „erklären“.
389
Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Verteilung des Beweisrisikos ist die sog. Beweisnähe. Kann der Stpfl. Zweifel, die für die Annahme von vGA sprechen, durch entsprechende, in seinen Kenntnisbereich fallende Auskünfte ausräumen, so fällt das Beweisrisiko (Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts) für diesen Punkt in seine Sphäre.8 Beispiel: Der Gesellschafter-Geschäftsführer erhält ein Gehalt von 400 000 Euro pa. Nach den einschlägigen Vergütungsstudien liegt der obere Bandbreitenwert bei 250 000 Euro pa. Lösung: Das Geschäftsführergehalt ist dem Grunde nach unstreitig betrieblich veranlasst, wenn ein Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit einer klaren und eindeutigen Gehaltsvereinbarung existiert. Wenn
1 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163. 2 Wassermeyer, DB 2001, 2465; Gosch2, § 8 KStG Rz. 497f; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 498. 3 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163. 4 Gosch2, § 8 KStG Rz. 503. 5 BMF v. 26.2.2004 – IV B 4 - S 1300 - 12/04, BStBl. I 2004, 270. 6 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163; v. 17.12.2003 – I R 25/03, GmbHR 2004, 744 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2004, 819; v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = GmbHR 2003, 1497 = BFH/NV 2003, 1666; v. 4.6.2003 – I R 24/02, FR 2003, 1233 = GmbHR 2003, 1365 = BStBl. II 2004, 136; v. 4.6.2003 – I R 38/02, FR 2003, 1173 = GmbHR 2003, 1369 = BStBl. II 2004, 139; v. 27.2.2003 – I R 80, 81/01, GmbHR 2003, 1071 = BFH/NV 2003, 1346; v. 27.2.2003 – I R 46/01, FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214 = BStBl. II 2004, 132. 7 BMF v. 26.2.2004 – IV B 4 - S 1300 - 12/04, BStBl. I 2004, 270 unter 2./c. 8 BFH v. 4.4.2002 – I B 140/01, GmbHR 2002, 934.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 389–394 § 8
das FA nun die Betriebsausgaben teilweise vom Abzug ausschließen will, trägt es für die Anwendung der steuerbegründenden Spezialvorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG die Beweislast. Dieser Beweislast kommt das FA nach, indem es seine Schätzung durch empirische Untersuchungen belegt. Da in eine solche Schätzung aber immer auch betriebsspezifische Besonderheiten einfließen müssen (zB besondere Qualifikation des Gesellschafter-Geschäftsführers bzw. außergewöhnliche Personenbezogenheit usw.), muss der Stpfl. insoweit gem. § 90 AO im Rahmen seiner Möglichkeiten mitwirken. Für den Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung der (nun steuermindernden) betriebsspezifischen Besonderheiten trägt er die Feststellungslast, weil es sich um Tatsachen handelt, die nach dem Grundsatz der Beweisnähe in seiner Sphäre anzusiedeln sind.1
In Sonderfällen ist die Grenzziehung oft schwierig. Werden zB im Privatbereich des 390 Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH ungeklärte Vermögenszuflüsse festgestellt, so muss das FA grundsätzlich beweisen, dass die Mittel aus Geschäften der GmbH stammen.2 Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Buchführung der GmbH aufgrund fehlerhafter Verbuchung von Verkaufserlösen der GmbH auf dem Privatkonto des Klägers nicht ordnungsgemäß war. Werden im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einer GmbH wegen festgestellter Kassenfehlbeträge Einnahmen hinzugeschätzt, so muss das FA nachweisen, dass in der hinzugeschätzten Höhe eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vorteilszuwendung an den Gesellschafter erfolgt ist.3 Je nach Lage der Gesamtumstände kann sich die Beweislast aber umkehren (s. dazu ausführlich ABC in Rz. 743 ff. „Einnahmezuschätzungen“).4 11. Bewertung von vGA Die Höhe der vGA entspricht der Vermögensminderung bzw. verhinderten Vermögensmehrung. Ihre Bewertung hat aus dem Blickwinkel der leistenden Körperschaft zu erfolgen. Die Höhe des Vorteils auf Gesellschafterebene ist für die Bewertung der vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ohne Bedeutung.5 Bei der Bewertung der vGA ist zwischen vGA dem Grunde nach und solchen der Höhe nach zu unterscheiden.6 In diesem Zusammenhang gelten folgende allgemeine Grundsätze:
391
Ist ein Rechtgeschäft zwischen Gesellschafter und GmbH zB wegen formeller Mängel 392 (Verstoß gegen das Durchführungsgebot, Verstoß gegen das sog. Rückwirkungs- bzw. Nachzahlungsverbot, fehlende zivilrechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts) oder mangelnder Ernsthaftigkeit der Vereinbarung bereits dem Grunde nach als vGA anzusehen, sind alle Leistungen aus dem Rechtsgeschäft – unabhängig von ihrer Angemessenheit – als vGA anzusehen.7 Dies gilt auch dann, wenn das vereinbarte Entgelt einem Fremdvergleich standhält, also der Höhe nach angemessen ist. Die vGA ist mit der gesamten Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung aus dem Rechtsgeschäft in Ansatz zu bringen. Ist das Rechtsgeschäft dagegen dem Grunde nach schuldrechtlich veranlasst, der Höhe nach aber unangemessen, so ist nur der überhöhte Anteil als vGA in Ansatz zu bringen.8 Der angemessene Teil der Leistung ist bei einer Entgeltsvereinbarung in unüblicher Höhe also steuerlich anzuerkennen. Die vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG entspricht der Differenz zwischen dem vereinbarten Entgelt und dem Entgelt, das ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter für die Leistung gezahlt bzw. gefordert hätte. Im Ergebnis besteht sie also in dem Vermögensnachteil, den die KapGes. aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erlitten hat. Die Höhe des Vermögensabflusses bei der Gesellschaft oder die Höhe des Zuflussbetrags beim Gesellschafter kann sich allerdings nach anderen Bewertungskriterien richten.9
393
Die Höhe der vGA muss das FA schätzen (§ 162 Abs. 1 AO), da ihm die diesbezügliche Feststellungslast obliegt. Es darf sich dabei statistischer Erhebungen und Datenbanken be-
394
1 Vgl. auch Lang in Ernst & Young, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, § 8 KStG Rz. 815. 2 BFH v. 26.2.2003 – I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221 = GmbHR 2003, 1150. 3 BFH v. 9.8.2000 – I R 82/99, DStRE 2000, 1201 = GmbHR 2001, 208. 4 BFH v. 22.9.2004 – III R 9/03, BStBl. II 2005, 160 = FR 2005, 249 = GmbHR 2005, 246; v. 18.5.2006 – III R 25/05, FR 2006, 882 = GmbHR 2006, 884; v. 2.12.2008 – X B 68/08, juris; FG Nds. v. 7.12.2010 – 15 K 458/07, juris (Rev. VIII R 54/10); FG Hamburg v. 15.2.2008 – 2 K 164/06, juris (rkr.). 5 Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Diss., 2004, 233; Gosch2, § 8 KStG Rz. 380; Wassermeyer, DStR 1990, 158. 6 Gosch2, § 8 KStG Rz. 381. 7 Gosch2, § 8 KStG Rz. 380; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 242. 8 BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94, BStBl. II 1995, 549 = FR 1995, 383 = GmbHR 1995, 385. 9 BFH v. 14.3.1989 – I R 8/85, BStBl. II 1989, 633 = FR 1989, 464.
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§ 8 Rz. 394–399
Ermittlung des Einkommens
dienen. Die Beweiskraft solcher Daten muss überprüfbar sein.1 Wenn eine Überprüfung aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht gelingt, so wird der Beweiswert der Vergleichsdaten dadurch gemindert. 395
IRd. Beweisrisikozuordnung hat der BFH entschieden, dass sich eine Schätzung der Unterschiedsbetragsminderung (vGA) der Höhe nach an dem für den Stpfl. günstigsten Wert der Bandbreite von Fremdvergleichswerten orientieren muss (s. dazu Rz. 238, 387, 461, 524 und 1516).2 Die Schätzung wird quasi letztinstanzlich durch das FG überprüft, denn der BFH ist insoweit gem. § 118 Abs. 2 FGO an die tatsächlichen Erkenntnisse des FG gebunden.
396
Je nach Tatbestand sind für die Bewertung der vGA iSd. § 8 Abs. 3 KStG auf der Ebene der Gesellschaft unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe anzulegen.
397
Bei der Hingabe von Wirtschaftsgütern ist idR auf den gemeinen Wert der Wirtschaftsgüter abzustellen.3 Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Anders als in § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG sind ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse allerdings bei der Wertfindung zu berücksichtigen,4 es sei denn, gerade diese ungewöhnlichen Verhältnisse sind durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht.
398
Bei Nutzungsüberlassungen ist die vGA nach der am Markt erzielbaren Vergütung (durchsetzbarer Preis) zu bestimmen. Dabei ist richtigerweise zu berücksichtigen, welchen Preis die konkret zu beurteilende Gesellschaft unter Berücksichtigung ihres Satzungszwecks und ihres Marktumfeldes erzielen könnte.5 Die erzielbare Vergütung ist also kein abstrakter Preis, der ohne Einbeziehung des Leistenden festgestellt werden kann. Ein Gewinnaufschlag, der in der erzielbaren Vergütung enthalten ist, muss also die konkrete fallbezogene Durchsetzbarkeit eines höheren Preises berücksichtigen.6 Die „marktübliche“ Vergütung ist ggf. durch Schätzung unter Beachtung der oa. Bandbreitengrundsätze (s. Rz. 238) zu ermitteln. Ist zB die private Kfz-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer als vGA zu behandeln,7 so ist die vGA mit der erzielbaren Vergütung zu bemessen. Die Mietraten eines professionellen Fahrzeugvermieters können dabei laut BFH nur grobe Orientierungspunkte liefern, wenn die vorteilsgewährende KapGes. kein Pkw-Vermieter ist und deshalb entsprechende Mietpreise am Markt nicht durchsetzen könnte. In solchen Fällen will der BFH auf Kostenbasis abrechnen und etwaige Gewinnaufschläge anteilig in Ansatz bringen.8 Dies ist im Einzelfall problematisch, wenn sich dieser Preis uU völlig vom Markpreis entfernt, und kann ggf. dazu führen, dass ein Gewinnzuschlag ganz oder teilweise entfällt, nicht aber, dass die vGA unter den Selbstkosten liegt.
399
Bei Dienstleistungen ist ebenfalls auf das erzielbare Entgelt abzustellen. Sofern vorhanden, kann ein Wert laut Gebührenordnung zugrunde gelegt werden.9 Kann ein Marktpreis nicht festgestellt werden, so ist ggf. auf den Personalaufwand und die sonstigen Kosten (Vollkosten) zzgl. eines Gewinnaufschlags abzustellen.10
1 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann = FR 2002, 154. 2 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann = FR 2002, 154; v. 17.12.2003 – I R 25/03, GmbHR 2004, 744 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2004, 819; v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = GmbHR 2003, 1497 = BFH/NV 2003, 1666; v. 4.6.2003 – I R 24/02, FR 2003, 1233 = GmbHR 2003, 1365 = BStBl. II 2004, 136; v. 4.6.2003 – I R 38/02, FR 2003, 1173 = GmbHR 2003, 1369 = BStBl. II 2004, 139; v. 27.2.2003 – I R 80, 81/01, GmbHR 2003, 1071 = BFH/NV 2003, 1346; v. 27.2.2003 – I R 46/01, FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214 = BStBl. II 2004, 132; dazu auch BMF v. 26.2.2004 – IV B 4 - S 1300 - 12/04, BStBl. I 2004, 270. 3 BFH v. 27.11.1974 – I R 250/72, BStBl. II 1975, 306. 4 S. auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 383. 5 BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649. 6 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 142; Briese, DStR 2004, 249 (252). 7 S. dazu BMF v. 3.4.2012 – IV C 2 - S 2742/08/10001, BStBl. I 2012, 478. 8 BFH v. 23.2.2005 – I R 70/04, BStBl. II 2005, 882 = GmbHR 2005, 775 m. Anm. Hoffmann = FR 2005, 890; ebenso zuvor schon BFH v. 22.10.2003 – I R 36/03, BStBl. II 2004, 307 = GmbHR 2004, 369 = FR 2004, 462 zu Darlehensverhältnissen. 9 BFH v. 23.6.1993 – I R 72/92, BStBl. II 1993, 801 = GmbHR 1993, 748. 10 BFH v. 23.6.1993 – I R 72/92, BStBl. II 1993, 801 = FR 1993, 720; v. 4.12.1996 – I R 54/95, FR 1997, 311 = GmbHR 1997, 317.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 400–406 § 8
Liebhabereiverlust im Interesse des Gesellschafters, zB durch das Unterhalten einer Segeljacht, stellt eine vGA iHd. eingetretenen Vermögensverlustes bei der GmbH zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags dar.1
400
Bei Warengeschäften mit Gesellschaftern ist eine Bewertung nach den einschlägigen Verrechnungspreismethoden durchzuführen (s. Rz. 1513 ff.).
401
Bei Miet- und Pachtverträgen ist die ortsübliche Miete als Vergleichswert in Ansatz zu bringen. Bei Vermietung eines der KapGes. gehörenden aufwendigen Einfamilienhauses an den Gesellschafter hat der BFH einen Mittelwert zwischen erzielbarer Miete und der Kostenmiete in Ansatz gebracht.2 Dies ist aber nur sachgerecht, wenn nicht auf eine ausreichend große Zahl von Vergleichsobjekten zurückgegriffen werden kann.3
402
Wird ein ganzer Betrieb verpachtet, so bestimmt sich der angemessene Pachtzins, den eine GmbH für die Pacht eines Betriebs zu zahlen hat, grundsätzlich danach, ob der GmbH eine angemessene Verzinsung des Kapitals und eine ausreichende Risikovergütung verbleibt.4
403
Wird ein ganzer Betrieb oder ein Teilbetrieb auf den Gesellschafter oder auf eine Schwestergesellschaft übertragen, so ist auf den TW abzustellen. Dieser entspricht der Summe der TW der veräußerten Wirtschaftsgüter zzgl. eines Geschäftswerts.5 Dabei ist der Geschäftswert im Falle einer Teilbetriebsübertragung nicht mit einem bestimmten Bruchteil des Geschäftswerts des Gesamtunternehmens anzunehmen, sondern mit dem Betrag anzusetzen, um den der Teilbetrieb mehr wert ist als der Saldo aus der Summe der Einzelwirtschaftsgüter abzgl. der Verbindlichkeiten einschließlich der stillen Lasten.
404
Gibt die KapGes. ein unverzinsliches oder niedrigverzinsliches Darlehen an den Gesellschafter, so liegt der angemessene Zins zwischen dem banküblichen Habenzins als Untergrenze und dem banküblichen Sollzins als Obergrenze, wenn die KapGes. keine eigenen Refinanzierungsaufwendungen hatte (s. ABC in Rz. 1233 f. „Zinsen auf Gesellschafterdarlehen“).6 Bei Arbeitgeberdarlehen sind Besonderheiten zu beachten.7 Bei refinanzierten Krediten geht der BFH von banküblichen Sollzinsen zzgl. einer Vergütung für Haftungsrisiken und Verwaltungskosten aus.8 Fehlende Sicherheiten wirken sich zinserhöhend aus.9 In der Praxis gilt bei Darlehen an die KapGes. regelmäßig der bankübliche Sollzins als angemessen, weil die KapGes. meist ohne Schwierigkeiten glaubhaft machen kann, dass sie von dritter Seite einen Kredit nur zu banküblichen Darlehenskonditionen bekommen hätte.10 S. zu der gesamten Thematik im Einzelnen ABC in Rz. 1233 ff. „Zinsen auf Gesellschafterdarlehen“.
405
Wenn die KapGes. an den Gesellschafter eine Leistung erbringt, die nicht zu ihrem eigentlichen Unternehmensgegenstand gehört und deshalb nicht in der Lage wäre, den allgemein üblichen Marktpreis zu erzielen, kann der Marktpreis kein sachgerechter Maßstab sein. Hier wird man prüfen müssen, ob der Marktpreis überhaupt erzielbar ist (s. Rz. 238). In solchen Fällen ist es denkbar, dass die Kosten, die der Gesellschaft entstehen, das erzielbare marktübliche Entgelt übersteigen. In diesem Fall sind mindestens die der KapGes. entstandenen Kosten in Ansatz zu bringen.11
406
Beispiel: X ist beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Vertrieb von Regenschirmen ist. Der Hausgärtner der GmbH mäht unentgeltlich den 1 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311; v. 5.3.2008 – I R 45/07, BFH/NV 2008, 1534; v. 15.5.2002 – I R 92/00, FR 2002, 1175 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2002, 1033 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 1538; v. 22.12.2010 – I R 47/10, GmbHR 2011, 601 = BFH/NV 2011, 1019; s. auch Gosch, BFH-PR 2002, 427; H. Neu, EFG 2003, 1407. 2 BFH v. 19.4.1972, BStBl. II 1972, 594. 3 BFH v. 20.6.2005 – I B 181/04, GmbHR 2005, 1444 = BFH/NV 2005, 2062. 4 BFH v. 4.5.1977 – I R 11/75, BStBl. II 1977, 679 = FR 1977, 449. 5 BFH v. 7.10.1970 – I R 1/68, BStBl. II 1971, 69 = FR 1971, 444. 6 BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649 = GmbHR 1990, 566; v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 = FR 1994, 367; ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Zinsen“; kritisch dazu Gosch2, § 8 KStG Rz. 693. 7 Vgl. OFD Hannover v. 2.11.1998 – S 2742 - 207 - StH 231, S 2742 - 112 - StO 214, DStR 1998, 1964. 8 BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649 = GmbHR 1990, 566; v. 26.2.1992 – I R 23/91, BStBl. II 1992, 846 = FR 1992, 555 = GmbHR 1992, 681. 9 BFH v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 = FR 1994, 367 unter Nr. 4 der Gründe. 10 GlA, aber mit anderer Begründung Dahnke, IStR 1997, 490. 11 So zu einer Kreditgewährung an den Gesellschafter BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649. Zu einem weiteren Gewinnzuschlag kommt es hier allerdings nicht, wenn eine solche Gegenleistung am Markt nachweislich nicht erzielbar wäre.
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§ 8 Rz. 406–409
Ermittlung des Einkommens
10 000 qm großen privaten Rasen des Gesellschafter-Geschäftsführers. Die Arbeitszeit beträgt acht Stunden, der anteilige Personalaufwand 200 Euro. Ein Gärtnerbetrieb würde 800 Euro zzgl. 128 Euro USt (= 928 Euro) für eine entsprechende Dienstleistung verlangen. Die übliche Netto-Gewinnmarge des Gärtnereibetriebes läge bei 600 Euro. Fraglich ist, in welcher Höhe eine Hinzurechnung gem. § 8 Abs. 3 KStG zu erfolgen hat und wie hoch die dem Gesellschafter zugeflossene vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist. Lösung: Maßstab für die Höhe der vGA ist bei Dienstleistungen der fremdübliche Marktpreis für eine vergleichbare Dienstleistung. Im Beispielsfall ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Gartenpflege nicht zu den satzungsmäßigen Aufgaben der X-GmbH gehört. Wenn die GmbH dennoch eine solche Leistung an den Gesellschafter-Geschäftsführer erbringt, so ist davon auszugehen, dass sich die GmbH und der Gesellschafter die übliche Gewinnmarge, die ein Gärtnereifachbetrieb erzielen würde, teilen,1 und zwar nicht, weil eine Margenteilung allgemein ein anerkannt übliches Geschäftsgebahren wäre, sondern weil die GmbH den üblichen Markpreis eines autorisierter Fachbetriebs kaum durchsetzen könnte, wenn die Gartenpflege nicht zu ihren Satzungsaufgaben gehört. Im Beispielsfall ergäbe sich damit eine erzielbare Vergütung von 500 Euro, die sich in Kosten iHv. 200 Euro (= Vermögensminderung) zzgl. hälftiger Marge eines Fachbetriebs iHv. 300 Euro (= verhinderte Vermögensmehrung) aufteilt. Die vGA von 500 Euro zzgl. 80 Euro USt ist somit nach § 8 Abs. 3 KStG dem Gewinn außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen.
III. Einzelnachweise (ABC der verdeckten Gewinnausschüttungen) Abfindung 1. Abfindung an einen lästigen Gesellschafter wegen Beendigung der Gesellschafterstellung 407 Erwirbt die Kapitalgesellschaft von einem lästigen Gesellschafter dessen Anteile, liegt aus Sicht der GmbH grundsätzlich ein Anschaffungsgeschäft bzw. eine Kapitalherabsetzung vor, je nachdem, ob der Erwerb der eigenen Anteile vor oder innerhalb des Anwendungsbereichs des BilMoG erfolgt (s. „Eigene Anteile“ in Rz. 330 ff. u. 340 ff.). Liegt der vereinbarte Kaufpreis wegen der Lästigkeit des ausgeschiedenen Gesellschafters über dem Wert der Gesellschaftsanteile, so ist dieser übersteigende Teil des Kaufpreises (dh. die Abfindung für die Lästigkeit) nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen gewinnmindernd zu verbuchen, dh. es liegen insoweit keine zu aktivierenden Anschaffungskosten für die erworbenen GmbH-Anteile vor und es kommt zu einer Minderung des Steuerbilanzgewinns der ersten Stufe.2 Diese ursprünglich im Personengesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze sind auch beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften anwendbar.3 Diese Grundsätze gelten auch im Anwendungsbereich des BilMoG uneingeschränkt weiter, weil der Mehrpreis wegen Lästigkeit nicht für den – nach den Grundsätzen der Kapitalherabsetzung – zu wertenden Erwerb der eigenen Anteile gezahlt wird, sondern eine kausale Veranlassung in der Verdrängung des lästigen Gesellschafters hat. 408
Hiervon abweichend will Klingebiel den Mehrpreis wegen Lästigkeit als Anschaffungskosten der Anteile berücksichtigen und über eine Teilwertabschreibung erfassen. Dieser Lösungsansatz würde konsequenterweise dazu führen, dass der Aufwand über § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG steuerlich nicht abzugsfähig wäre.4 Aus der maßgebenden BFH-Rechtsprechung zur Behandlung der Mehrabfindung wegen Lästigkeit ergibt sich indes eindeutig, dass der Mehrpreis nicht final für die erworbenen Wirtschaftsgüter aufgewendet wird. Eine Behandlung als Anschaffungskosten kommt mithin nicht in Betracht, dh. der Mehrpreis mindert als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben das Einkommen der GmbH.5
409
Vorrangig muss jedoch geklärt werden, ob der abgefundene Gesellschafter nach den oa. Rechtsprechungskriterien tatsächlich als lästiger Gesellschafter zu qualifizieren ist. Lästigkeit ist dabei grundsätzlich nur denkbar, wenn der abgefundene Gesellschafter wesentlich beteiligt ist. Ein nicht wesentlich beteiligter Anteilseigner kann lästig sein, wenn seine Beteiligung mit Sonderrechten ausgestattet ist.6
1 BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649 = GmbHR 1990, 566; v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 = FR 1994, 367 zu Darlehensgewährungen der KapGes. an den Gesellschafter. 2 Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Lästiger Gesellschafter“ Rz. 5. 3 BFH v. 11.7.1961 – I 226/60 U, BStBl. III 1961, 463; v. 16.7.1965 – VI 71/64, BStBl. III 1965, 618; v. 26.10.1995 – I B 50/95, BFH/NV 1996, 438; FG Berlin-Bdb. v. 7.5.2008 – 12 K 8065/06 B, EFG 2008, 1408. 4 Übertragen auf die BilMoG-Zeit würde dies bedeuten, dass auch der Mehrpreis nach Kapitalherabsetzungsgründen gewinn- und einkommensneutral mit dem EK zu verrechnen wäre. 5 So auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 553. 6 Streck in Streck7, Anh. zu § 8 KStG Rz. 782; aA Martini, FR 2011, 562 (566), der die Grundsätze des lästigen Gesellschafters auch auf die Abfindung eines Kleinstaktionärs anwenden will.
462
Neumann/Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 410–415 § 8
Ist die Lästigkeit Folge der Ausübung der Geschäftsführertätigkeit, so wird man ebenfalls bei einer Beteiligung von unter 50 % von keinem lästigen Gesellschafter im oa. steuerlichen Sinne ausgehen können, weil die Gesellschafterversammlung bei derartigen Beteiligungsverhältnissen den Geschäftsführer regelmäßig abberufen könnte.1
410
Auf der zweiten Stufe der steuerlichen Gewinnermittlung ist sodann zu prüfen, ob durch 411 die Abfindung eine vGA zugunsten der verbleibenden Gesellschafter bewirkt wird und folglich der Mehrpreis wegen Lästigkeit nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen ist. Hierfür kommt es darauf an, ob der ausgeschiedene Gesellschafter vorrangig der GmbH oder den anderen Gesellschaftern lästig war. Eine primäre Lästigkeit gegenüber der GmbH wird zu bejahen sein, wenn der ausscheidende Gesellschafter den Betrieb der GmbH selbst in entscheidender Weise nachteilig beeinflusst hat (zB durch verbotene Konkurrenzgeschäfte, Kundenabwerbung oder nachhaltige Rufschädigung) und daher eine erhebliche Belastung für die Körperschaft darstellt. Ist dies der Fall, so mindert der Überpreis – also der Kaufpreisanteil, der den inneren Wert der Anteile übersteigt – auch das Einkommen der GmbH. Häufig wird es aber schwierig sein abzugrenzen, ob die Abfindung des lästigen Gesell- 412 schafters vorrangig im Interesse der GmbH oder der verbleibenden Gesellschafter erfolgt. Vielfach wird ein beidseitiges Interesse bestehen, was wegen der für die Annahme einer vGA bereits ausreichenden gesellschaftsrechtlichen Mitveranlassung für die Annahme einer vGA sprechen könnte. Eine Aufteilung in abziehbare Betriebsausgabe und vGA muss jedenfalls ausscheiden, weil es sich hier um eine Veranlassungsfrage und nicht um eine Bewertungsfrage handelt. Andererseits ist die Entscheidung der GmbH, die Anteile des Gesellschafters zu erwerben, im Grundsatz eine betriebliche Entscheidung, da eine Kapitalgesellschaft über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt. Auch hätten die übrigen Gesellschafter, wenn sie anstelle der Kapitalgesellschaft die Anteile erworben hätten, einen entsprechenden Mehrpreis an den lästigen Mitgesellschafter entrichten müssen. Vor diesem Hintergrund überzeugt die im steuerlichen Schrifttum vertretene Sichtweise, dass eine betriebliche Veranlassung und keine vGA in den Sachverhalten anzunehmen sind, in denen die Lästigkeitsdifferenz null beträgt, dh., der ausscheidende Gesellschafter gleichermaßen der Gesellschaft selber und den Mitgesellschaftern lästig ist.2 Eine Einstufung als vGA kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn die Lästigkeit gegenüber den Mitgesellschaftern überwiegt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Lästigkeit ihren Ursprung in persönlichen Streitigkeiten der Gesellschafter hat. Befreit die Kapitalgesellschaft ihren verbleibenden Gesellschafter von der Last des lästigen Mitgesellschafters dadurch, dass sie dem ausscheidenden Gesellschafter ohne sonstige Gegenleistung eine Abfindung zahlt (= Mehrpreis wegen Lästigkeit), so tätigt sie Aufwendungen im Interesse ihrer Gesellschafter und bewirkt damit eine vGA an diese Gesellschafter.3 Erwirbt ein Mitgesellschafter die Anteile des Lästigen zu einem überhöhten Preis, so kann der Mehrpreis wegen Lästigkeit dem Grunde nach nur dann als Werbungskosten bei den Einkünften iSv. § 20 EStG abgezogen werden, wenn auch eine Lästigkeit gegenüber der Kapitalgesellschaft besteht und der Gesellschafter folglich Ausgaben im Interesse seiner Kapitalgesellschaft tätigt. In diesem Fall übernimmt der erwerbende Mitgesellschafter die Abfindungszahlung im Interesse der GmbH. Die Aufwendungen sind sofort abzugsfähig. Mangels Vorliegen einer verdeckten Einlage handelt es sich nicht um nachträgliche Anschaffungskosten auf die erworbene Beteiligung. Dies deshalb, weil die Kapitalgesellschaft hier nicht von einer Verpflichtung befreit wird und mithin kein einlagefähiger Vermögensvorteil gegeben ist. Dies bestimmt sich ausschließlich nach Bilanzrecht.4
413
Sind die Gründe für die Lästigkeit hingegen in der privaten Sphäre der Gesellschafter zu finden, ist der vom erwerbenden Gesellschafter aufgewendete Mehrpreis nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig.
414
Beim lästigen Gesellschafter zählt auch der wegen der Lästigkeit erzielte Mehrpreis zum Veräußerungspreis für die veräußerten Anteile.5
415
1 In diesem Sinne auch Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Lästiger Gesellschafter“ Rz. 2. 2 Martini, FR 2011, 562, der zur weiteren Bestimmung der Lästigkeitsdifferenz auf die Art der vereinbarten Hauptleistung, die Bezugsperson der Lästigkeit, die Beteiligungshöhe des abgefundenen bzw. der verbleibenden Gesellschafter und die Prognose der Folgen eines Verbleibs des Gesellschafters für die Gesellschaft abstellt. 3 BFH v. 16.7.1965 – VI 71/64 U, BStBl. III 1965, 618. 4 BFH v. 22.11.1983 – VIII R 37/79, FR 1984, 236 = GmbHR 1984, 163. 5 Weber-Grellet in Schmidt33, § 17 EStG Rz. 141.
Stimpel
463
§ 8 Rz. 416–422
Ermittlung des Einkommens
2. Abfindung an den Gesellschafter-Geschäftsführer wegen Beendigung des Dienstverhältnisses 416 Ob Abfindungen an Gesellschafter-Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses eine vGA begründen, hängt entscheidend davon ab, ob Gründe für die Auflösung des Dienstverhältnisses betrieblicher oder gesellschaftsrechtlicher Natur sind. 417
Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Vertragsauflösung von der GmbH als Arbeitgeber ausgegangen ist, weil sie die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Dienstverhältnisses gesetzt hat und dem ausscheidenden Arbeitnehmer im Hinblick auf dieses Verhalten eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist.1 Einen betriebsexternen Fremdvergleich, der auf die Branchenüblichkeit von Abfindungszahlungen abstellt, lehnt der BFH ausdrücklich ab. Wenn das Ausscheiden (als Arbeitnehmer) dagegen in erster Linie der Interessenlage des Gesellschafter-Geschäftsführers entspricht, sind betriebliche Gründe für die Abfindungszahlung in aller Regel nicht anzunehmen. Insbesondere, wenn der ausscheidende Gesellschafter-Geschäftsführer eine beherrschende Stellung innehat oder eine nahestehende Person des beherrschenden Gesellschafters ist, dürfte dies nur in absoluten Ausnahmefällen denkbar sein.2
418
Liegen ausnahmsweise betriebliche Gründe vor, so ist zu prüfen, in welcher Höhe die Abfindung einem Fremdvergleich standhält. Diese Prüfung erfolgt nach Maßgabe des betriebsinternen Fremdvergleichs. Einen betriebsexternen Fremdvergleich, der auf die Branchenüblichkeit von Abfindungszahlungen abstellt, lehnt der BFH ausdrücklich ab. Wäre es der GmbH aus rechtlichen Gründen möglich gewesen, das Arbeitsverhältnis ohne Zahlung einer Abfindung zu beenden, ist die tatsächlich gezahlte Abfindung vollumfänglich als vGA zu qualifizieren.3
419
Nach Ansicht des FG Nürnberg4 ist ein Betrag von 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr die absolute Obergrenze für eine Gehaltsabfindung. Voraussetzung für die grundsätzliche Anerkennung der Abfindungszahlung an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist zudem die vorherige arbeitsvertragliche Vereinbarung eines solchen Anspruchs auf Abfindung. Dem Rückwirkungsverbot ist allerdings bereits dann Genüge getan, wenn die Höhe des dem Grunde nach bestehenden Abfindungsanspruchs anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses vereinbart wird.5
420
Eine arbeitsvertragliche Abfindungsregelung, wonach der ausscheidende GesellschafterGeschäftsführer nur dann eine Abfindung erhalten soll, wenn ihm auf Veranlassung des Arbeitgebers gekündigt wurde, begründet regelmäßig keinen Abfindungsanspruch, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses noch beherrschender Gesellschafter war. In diesem Fall hat der Gesellschafter es in der Hand, alle Beschlüsse der GmbH zu blockieren und eine Beendigung des Dienstverhältnisses oder eine Änderung des Anstellungsvertrages zu seinen Ungunsten zu verhindern. Bei dieser Sachlage erfolgt die Kündigung nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern auf eigene Veranlassung des Gesellschafter-Geschäftsführers.6
421
Die Höhe der Abfindung muss sich zudem aus der Vereinbarung betragsmäßig eindeutig ergeben. Bleibt bei der Berechnung der Abfindung ein Ermessensspielraum, führt dies wegen Missachtung des bei beherrschenden Gesellschaftern (und ihnen nahestehenden Personen) zu beachtenden Klarheitsgebots zur Annahme einer vGA in Höhe der gesamten Abfindung.7
422
Gibt der ausscheidende Gesellschafter-Geschäftsführer allerdings gleichzeitig mit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses seine Gesellschafterstellung auf, so ist eine Abfindung anlässlich der Kündigung des Arbeits-(Geschäftsführer-)Verhältnisses regelmäßig eine vGA, sofern der abgefundene Gesellschafter-Geschäftsführer nicht die oben dargestellten
1 BFH v. 14.4.2000 – I B 1/98, BFH/NV 2000, 1364. 2 FG Köln v. 5.9.2002 – 13 K 521/02, EFG 2003, 118 (rkr.); Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 552. 3 FG Düsseldorf v. 18.6.2008 – 6 K 1496/06 K, juris (rkr.), unter Bezugnahme auf FG Köln v. 5.9.2002 – 13 K 521/02, EFG 2003, 118 (rkr.). 4 FG Nürnberg v. 9.11.1999 – I 333/92, GmbHR 2000, 189 (rkr.). 5 FG Münster v. 23.3.2009 – 9 K 319/02 K, G, F, EFG 2009, 1779 (rkr.). 6 Vgl. Centrale-Gutachten in GmbHR 2000, 423. 7 BFH v. 22.4.2009 – I B 162/08, BFH/NV 2009, 1458.
464
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 422–428 § 8
Kriterien der „Lästigkeit“ erfüllt. In diesem Fall ist auslösendes Moment der auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene zu verortende Vorgang der Anteilsübertragung.1 Zu Abfindungen von Pensionsanwartschaften s. „Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer“ (Rz. 110 ff.).
423
Beim ausscheidenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist die Abfindung nach der Rspr. des BFH idR tarifbegünstigt nach § 34 EStG iVm. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.2
424
AfA als vGA Erwirbt eine Kapitalgesellschaft von ihrem Gesellschafter ein Wirtschaftsgut zu einem überhöhten Preis, so stellt sich zunächst die Frage, wie hoch die Anschaffungskosten und mithin der bilanzielle Zugangswert des erworbenen Wirtschaftsguts sind. Da Anschaffungskosten nach dem insoweit übereinstimmenden Verständnis im Handels- und Steuerrecht (§ 255 Abs. 1 HGB bzw. § 6 EStG) nur in dem Umfang anzunehmen sind, in dem die Aufwendungen final zum Erwerb des betreffenden Wirtschaftsguts getätigt worden sind, darf die GmbH nur den angemessenen Teil des Kaufpreises als Anschaffungskosten aktivieren. Dies entspricht der einhelligen Auffassung von Literatur, Rechtsprechung und Finanzverwaltung (s. auch Rz. 147 [vGA allgemein] mwN). Der unangemessene Teil des Kaufpreises ist folglich gewinnmindernd zu verbuchen und im Rahmen der Einkommensermittlung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen. Ist das Wirtschaftsgut abnutzbar, so erfolgt die Ermittlung der jährlichen AfA auf der Grundlage des angemessenen Teils des Kaufpreises. Der AfA-Betrag kann demnach nicht als vGA hinzugerechnet werden (s. hierzu auch „Kaufverträge mit Gesellschaftern“, Rz. 878 ff.).
425
Aktiviert die GmbH das Wirtschaftsgut unzutreffend mit einem überhöhten Wert, so ist im ersten offenen Jahr eine gewinnwirksame Bilanzberichtigung durchzuführen. Das Wirtschaftsgut ist hierbei auf den Wertansatz abzustocken, mit dem es bei zutreffender Bilanzierung zum Jahresanfang zu Buche gestanden hätte. Die Gewinnminderung aufgrund der Durchführung der Bilanzberichtigung stellt eine vGA dar, die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen ist. Dies deshalb, weil es aufgrund des zu beachtenden formellen Bilanzenzusammenhangs in diesem Jahr zur (gesellschaftsrechtlich veranlassten) Minderung des Unterschiedsbetrags iSv. § 4 Abs. 1 EStG kommt.3
426
Beispiel: Die GmbH erwirbt am 4.1.2009 von ihrem Alleingesellschafter eine Maschine für 300 000 Euro (gemeiner Wert 200 000 Euro). Die Maschine (Restnutzungsdauer vier Jahre) wurde mit 300 000 Euro aktiviert und jährlich mit 75 000 Euro abgeschrieben. Die Steuerfestsetzungen bis einschließlich 2009 sind bestandskräftig und können nach den Vorschriften der AO nicht mehr geändert werden. Die AfA 2009 hat auch das Einkommen der GmbH gemindert. Lösung: In 2010 ist der Bilanzansatz der Maschine von 225 000 Euro gewinnmindernd auf 150 000 Euro zu mindern. Dieser Aufwand ist als vGA hinzuzurechnen. Die AfA für 2010 bis 2012 beträgt jeweils 50 000 Euro. Infolge der fehlerhaften Sachbehandlung im bestandskräftigen Jahr 2009 kann im Ergebnis ein vGA-Betrag von 25 000 Euro (überhöhte AfA 2009) nicht hinzugerechnet werden.
Kommt es zu Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen gegenüber dem Gesellschafter, so kann dieser AfA-Betrag unter bestimmten Voraussetzungen als vGA zu qualifizieren sein (s. hierzu „Darlehen“, Rz. 236 ff.).
Altersversorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer 427
Siehe „Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer“ (Rz. 955 ff.).
Aktiengesellschaft und vGA Rechtsgeschäfte zwischen einer AG und ihren Aktionären können unter Zugrundelegung der allgemeinen Rechtsgrundsätze des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zur Annahme einer vGA führen. Mit anderen Worten, bei einer AG bestehen im Vergleich zu einer GmbH grundsätzlich keine Besonderheiten.
1 Vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 302 „Abfindung“; FG Berlin-Bdb. v. 16.1.2008 – 12 K 8354/03 B, EFG 2008, 719 (rkr.). 2 BFH v. 4.9.2002 – XI R 53/01, BStBl. II 2003, 177; v. 11.12.2002 – XI R 41/01, BFH/NV 2003, 607; v. 10.4.2003 – XI R 32/02, BFH/NV 2004, 17; v. 10.4.2003 – XI R 4/02, BStBl. II 2003, 748 = FR 2003, 1025. 3 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62.
Stimpel
465
428
§ 8 Rz. 429–434
Ermittlung des Einkommens
429
Allerdings gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Sonderkriterien für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht einschränkungslos auch für Mehrheitsaktionäre von Aktiengesellschaften, die zugleich Vorstände sind. Hier bestehen strukturelle gesellschaftsrechtliche Unterschiede, aufgrund derer bei der Prüfung von vGA nicht dieselben Maßstäbe angelegt werden können.1 So entfällt bei der AG in Bezug auf den Vorstands-Dienstvertrag der Problemkreis des Selbstkontrahierens, weil die AG beim Vertragsabschluss immer vom Aufsichtsrat vertreten wird und Vorstände dem Aufsichtsrat nicht angehören dürfen.
430
Außerdem unterliegt der Aufsichtsrat, der nur für eine beschränkte Zeit bestellt werden kann, hinsichtlich der Bemessung der Bezüge des Vorstandes gewissen Bindungen. Die im Falle einer vom Willen des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers abhängigen GmbH typischerweise bestehende Gefahr des Missbrauchs freier Gestaltungsmöglichkeiten zum Zwecke der Gewinnmanipulation ist bei der AG deutlich geringer, weil die Vorstandsmitglieder, im Gegensatz zum Gesellschafter-Geschäftsführer, ihre Interessen nicht zugleich als Bedienstete und als Mehrheitsaktionäre regeln können. Der Aufsichtsrat als selbstständiges Organ der Gesellschaft ist ausschließlich der Gesellschaft gegenüber verantwortlich und weder an Weisungen des Vorstands noch an Weisungen der Hauptversammlung gebunden.
431
Der Vorstand einer AG kann – auch wenn er Mehrheitsaktionär ist – sein Gehalt nicht nach freiem Belieben rückwirkend beeinflussen. Das für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs entwickelte sog. Rückwirkungs- bzw. Nachzahlungsverbot ist deshalb auf Aktiengesellschaften nur ausnahmsweise anwendbar, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass der Mehrheitsaktionär den Aufsichtsrat beherrscht bzw. gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern seinen Willen durchsetzen kann.2 Dies ist der Fall, wenn der Mehrheitsaktionär zugleich Einfluss auf die Mehrheit der Aufsichtsräte ausüben kann.3 Diesbezüglich ist das Finanzamt nachweispflichtig. Es ist allerdings regelmäßig Sache der AG, die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass für die vertragliche Regelung einer nachträglichen Erhöhung oder Gewährung von Bezügen nicht die Machtstellung als Mehrheitsaktionär maßgebend war.4 Die finanzgerichtliche Rechtsprechung stellt an die Qualität dieses Nachweises jedoch keine allzu hohen Anforderungen. So hat das FG Berlin-Brandenburg5 einen beherrschenden Einfluss eines Vorstands und Mehrheitsaktionärs bereits deshalb als entkräftet angesehen, weil es sich bei den Aufsichtsratsmitgliedern um Persönlichkeiten der Wirtschaft gehandelt hat, die keine nahestehenden Personen des Mehrheitsaktionärs waren und weder im Hinblick auf ihre Reputation noch in finanzieller Hinsicht auf die Aufsichtsratstätigkeit angewiesen waren.
432
Bei Alleinaktionären, die zugleich Vorstand sind, muss regelmäßig unterstellt werden, dass sie die ihnen gegebenen Einflussmöglichkeiten bei der Regelung von Rechtsverhältnissen mit der Gesellschaft in erster Linie einseitig im eigenen Interesse ausnutzen können.6 Dies gilt zumindest dann, wenn der Aufsichtsrat mehrheitlich mit nahestehenden Personen des Alleinaktionärs besetzt ist.
433
Diskussionswürdig ist zudem, ob nicht die Rechtsprechung des BVerfG zum Verbot der Zusammenrechnung von Ehegattenanteilen gegen die Vermutung gleich gerichteter Interessen von Aktionärs-Vorstand und Ehegatten-Aufsichtsrat spricht.7 Allerdings kann eine vertragliche Gestaltung im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Vorstandsmitglied, das zugleich Mehrheitsaktionär ist, einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds ausgerichtet sein und dadurch nach allgemeinen Grundsätzen zu einer vGA führen.8
434
Denkbar ist auch die Fallkonstellation, dass der beherrschende Gesellschafter als Aufsichtsrat tätig ist und eine ihm gezahlte Vergütung nach den für beherrschende Gesellschafter geltenden Sonderkriterien (sog. formeller Fremdvergleich) als vGA zu qualifizieren ist.
1 BFH v. 15.12.1971 – I R 5/69, BStBl. II 1972, 438. 2 BFH v. 18.12.2002 – I R 93/01, BFH/NV 2003, 946; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Aktiengesellschaft“ mwN. 3 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 566. 4 BFH v. 15.12.1971 – I R 5/69, BStBl. II 1972, 438. 5 FG Berlin-Bdb. v. 9.11.2011 – 12 K 12174/08, EFG 2012, 873 (rkr.). 6 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 566. 7 BVerfG v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BStBl. II 1985, 475 = FR 1985, 501. 8 BFH v. 18.12.2002 – I R 93/01, BFH/NV 2003, 946.
466
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 434–438 § 8
So hat das Hessische FG1 in einem solchen Fall Zahlungen aufgrund eines wegen fehlender Zustimmung der Hauptversammlung nichtigen Beratervertrags (§§ 113, 134 AktG) aufgrund des formellen Fremdvergleichs als vGA qualifiziert.
Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern 1. Grundlagen der Gehaltsvereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer Der Geschäftsführer der GmbH ist ertragsteuerlich regelmäßig Arbeitnehmer und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Fremdgeschäftsführer oder um einen an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer handelt. Nach alter – inzwischen überholter – BFH-Rspr. wurde der GmbH-Geschäftsführer stets als Arbeitnehmer qualifiziert, da er aufgrund seiner Organstellung in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und er den Weisungen der Gesellschafter, die sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer, aus dem Anstellungsvertrag und aus den Gesellschafterbeschlüssen ergeben können, zu folgen hat.2 Inzwischen geht der BFH aber in gefestigter Rspr.3 (und ihm folgend die FinVerw.)4 davon aus, dass bei Vertretern juristischer Personen zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis zu unterscheiden ist. Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung selbstständiger von nicht selbstständiger Tätigkeit. Abzustellen ist deshalb auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalls und nicht auf dessen organschaftliche Stellung. Der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist mit der Begriffsbestimmung im Arbeitsrecht5 oder Sozialversicherungsrecht6 nicht identisch. So liegt sozialversicherungsrechtlich keine abhängige Beschäftigung vor, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund einer Sperrminorität oder aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung in der Lage ist, ihm nicht genehme Entscheidungen zu verhindern.7 Dies ist für die Annahme eines steuerlichen Arbeitnehmerverhältnisses nicht entscheidungserheblich.8
435
Die Vergütungen für die Geschäftsführertätigkeit unterliegen daher im Regelfall (dh. Qualifizierung als Arbeitnehmer) wie bei jedem normalen Arbeitnehmer der Lohnsteuerpflicht.9 Im Einzelfall können Leistungen aufgrund von (freiberuflichen oder gewerblichen) Beraterverträgen erbracht werden (s. „Beratervertrag zwischen Gesellschafter und GmbH“, Rz. 528 ff.).
436
Umsatzsteuerlich erfolgt die Einordnung der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH grds. nach den gleichen Kriterien wie im Ertragsteuerrecht. Der BFH10 hat in Änderung seiner vorherigen Rspr. entschieden, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer trotz seiner Organstellung seine Geschäftsführertätigkeit als Unternehmer iSv. § 2 UStG erbringen kann. Ob im Einzelfall die für die Annahme einer umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft erforderliche Selbstständigkeit gegeben ist, ist nach allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen zu prüfen.11
437
Zuständig für die Festsetzung und die Änderung der Vergütung aufgrund des Anstellungsvertrags ist die Gesellschafterversammlung der GmbH. In der Gehaltsvereinbarung sollte möglichst jeder Gehaltsbestandteil genau fixiert werden. Dies ist zur Vermeidung von Auslegungsproblemen nicht nur bei Gesellschafter-Geschäftsführern, sondern auch bei Fremdgeschäftsführern dringend zu empfehlen.
438
1 FG Hess. v. 13.4.2011 – 4 V 1964/10, juris. 2 BFH v. 9.10.1996 – XI R 47/96, BStBl. II 1997, 255. 3 BFH v. 2.12.2005 – VI R 16/03, GmbHR 2006, 268; v. 23.4.2009 – VI R 81/06, BStBl. II 2012, 262; v. 20.10.2010 – VIII R 34/08, GmbHR 2011, 313; s. dazu Seer, GmbHR 2011, 316 und Seifried/Böttcher, DStR 2011, 1167; Zimmers, GStB 2011, 302; ablehnend Crezelius, JbFStR 2012/2013, 800. 4 H 19.0 LStH 2013 und BMF v. 31.5.2007 – IV A 5 - S 7100/07/0031, BStBl. I 2007, 503 und v. 2.5.2011 – IV D 2 - S 7104/11/10001, BStBl. I 2011, 490. 5 Moll/Reufels in GmbH-Handbuch, Rz. IV 71 ff. 6 Brand in GmbH-Handbuch, Rz. IV 1309 ff. 7 BSG v. 24.11.2005 – B 12 RA 1/04 R, GmbHR 2006, 367. 8 BFH v. 20.10.2010 – VIII R 34/08, GmbHR 2011, 313. 9 H 19.0 LStH 2013. 10 BFH v. 10.3.2005 – V R 29/03, BStBl. II 2005, 730; EuGH v. 18.10.2007 – Rs. C-355/06 – J.A. van der Steen ./. Inspecteur van de Belastingdienst Utrecht-Gooi, DStR 2007, 1958; dazu Küffner/Zugmair, DStR 2007, 1241; BMF v. 31.5.2007 – IV A 5 - S 7100/07/0031, BStBl. I 2007, 503; v. 21.9.2005 – IV A 5 - S 7104 - 19/05, BStBl. I 2005, 936; Abschn. 2.2 Abs. 2 UStAE 2012/2013. 11 UStAE v. 1.10.2010, BStBl. I 2010, 846 § 2.2. „Selbständigkeit“ Abs. 1.
Stimpel
467
§ 8 Rz. 439–442 439
Ermittlung des Einkommens
Die Vergütung des Geschäftsführers setzt sich in der Regel aus mehreren Komponenten zusammen. In der Vergütungspraxis sind folgende Gehaltsbestandteile immer wieder anzutreffen: –
festes Monatsgehalt
–
Tantieme
–
Weihnachtsgeld
–
Urlaubsgeld
–
Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall
–
Zuschüsse zur Sozialversicherung bzw. einer privaten Kranken- oder Unfallversicherung
–
Dienstwagen
–
Aufwandsersatz (zB Reisekosten)
–
Gewährung zinsgünstiger Kredite
Es ist sinnvoll, sich bei der Abfassung des Anstellungsvertrags an einschlägigen Musterverträgen zu orientieren.1 440
Während bei Fremdgeschäftsführern insbesondere auf vertragliche Vereinbarungen über Geschäftsleitungskompetenz, Wettbewerbsverbot und Kündigungsmöglichkeiten zu achten ist, muss beim Gesellschafter-Geschäftsführer wegen fehlender Interessengegensätze insbesondere auf sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Anforderungen Rücksicht genommen werden.
441
Anders als bei Gesellschafter-Geschäftsführern unterliegt der Anstellungsvertrag mit einem Fremdgeschäftsführer (Nichtgesellschafter) nicht der besonderen steuerlichen Prüfung in Bezug auf eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Vergütungsvereinbarung. Insbesondere ist eine klare und eindeutige, im Voraus getroffene Vereinbarung aufgrund eines zivilrechtlich wirksamen Anstellungsvertrages nicht Voraussetzung der steuerlichen Anerkennung der Vergütung. Auch die vertragsgemäße tatsächliche Durchführung des Vereinbarten ist bei Fremdgeschäftsführern grundsätzlich steuerunschädlich. Ebenso ist es steuerlich ohne Bedeutung, ob die Vergütung des Fremdgeschäftsführers der Höhe nach angemessen oder der Art nach üblich oder unüblich ist. Dementsprechend können auch unübliche Vergütungsbestandteile, wie zB eine Umsatztantieme, mit einem Fremdgeschäftsführer ohne negative steuerliche Folgen vereinbart werden, es sei denn, bei dem Fremdgeschäftsführer handelt es sich um eine nahestehende Person eines Gesellschafters. Die nachfolgend dargestellten Problemkreise betreffen die Vergütungsvereinbarung gegenüber einem (echten) Fremdgeschäftsführer daher nicht.
442
Bei Vergütungsvereinbarungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern ist dagegen stets zu prüfen, ob die Vergütung gesellschaftsrechtlich veranlasst ist und folglich eine Umqualifizierung in eine vGA vorzunehmen ist. Dies ist oft im Rahmen von steuerlichen Betriebsprüfungen Gegenstand streitiger Auseinandersetzungen. Unabhängig davon, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer eine beherrschende Stellung innehat oder nicht, können insbesondere folgende Problemkreise zu vGA führen: –
Unangemessenheit der Gesamtausstattung
–
unübliche Vereinbarungen, wie zB Umsatztantiemen oder Überstundenvergütungen oder fehlende Ernsthaftigkeit (Rz. 86 ff.)
–
nicht anzuerkennende Tantiemevereinbarung
–
nicht anzuerkennende Pensionszusage
–
Bestellung eines Geschäftsführers ohne Fachkompetenz2
1 Fuhrmann in GmbH-Handbuch, M 272, S. V 680/6 (Fremdgeschäftsführer) und S. V 684/4 (GesellschafterGeschäftsführer). 2 BFH v. 29.10.97 – I B 9/97, GmbHR 1998, 750.
468
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 443–449 § 8
2. Grundlagen der Angemessenheitsprüfung a) Formeller Fremdvergleich bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern können darüber hinaus auch folgende Verstöße verdeckte Gewinnausschüttungen auslösen: –
fehlende klare und eindeutige Vereinbarung im Voraus
–
zivilrechtliche Unwirksamkeit der Gehaltsvereinbarung oder Gehaltsanpassung
–
Verstoß gegen das Selbstkontrahierungsverbot
–
Verstoß gegen das (vertragliche) Erfordernis der Schriftform
–
Missachtung der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung
–
mangelhafte tatsächliche Durchführung des Anstellungsvertrags
Diese Formalien sind bei einer Gehaltsvereinbarung mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH stets ein gewichtiges Indiz für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung (wegen näherer Einzelheiten s. Rz. 267 ff.).
443
444
b) Materieller Fremdvergleich im Rahmen einer mehrstufigen Prüfung Besteht die Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers aus mehreren Vergütungsbestandteilen (dies ist der Regelfall), so erfolgt die Überprüfung der Angemessenheit in einem mehrstufigen Prüfungsverfahren. Hierbei unterzieht die Finanzverwaltung1 die Vergütung der nachfolgend dargestellten dreistufigen Prüfung:
445
Erster Prüfschritt: Sind einzelne Vergütungsbestandteile dem Grunde nach als vGA zu behandeln? Beispiele: Umsatztantiemen, Nur-Tantiemen, Pensionszusage ohne Probezeit, Überstundenvergütung.
446
Zweiter Prüfschritt: Sind einzelne Vergütungsbestandteile der Höhe nach als vGA zu behandeln? Beispiele: Überversorgung bei über 75-prozentigem Pensionsanspruch, Überhöhte Pension wegen Nichtanrechnung weiterbezogener Aktivbezüge oder Tantieme von mehr als 50 % des Gewinns.
447
Dritter Prüfschritt: Ist die Gesamtvergütung in der Summe unangemessen? In diese 448 Prüfung werden nur diejenigen Vergütungsbestandteile einbezogen, die im Rahmen der beiden ersten Prüfungsschritte nicht bereits als vGA qualifiziert worden sind (s. hierzu auch Rz. 240). 3. Einzelheiten der Angemessenheitsprüfung a) Grundlagen der Schätzung Die Beurteilung der Angemessenheit der Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers ist immer das Ergebnis einer sachgerechten Schätzung, bei der alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind. Hierfür gibt es keine festen Regeln.2 Die Angemessenheit der Gesamtausstattung muss grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung vorgelegen haben.3 Die Frage nach der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts ist im Kern eine Tatfrage und keine Rechtsfrage. Es handelt sich insoweit um eine Schätzung, dh. um eine Schlussfolgerung tatsächlicher Art, die einer revisionsrechtlichen Überprüfung durch den BFH in aller Regel nicht zugänglich ist.4 Folglich werden die Streitfragen rund um Fragen der Angemessenheit in der Regel im erstinstanzlichen Finanzgerichtsverfahren abschließend geklärt.5 Diesbezüglich angestrengte Nichtzulassungsbeschwerden sind vom BFH in der jüngeren Vergangenheit durchweg als unzulässig verworfen worden.6
1 BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972, in weitestgehender Übereinstimmung mit der Rspr. des BFH; s. hierzu Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 796–798 und 803. 2 BFH v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598. 3 BFH v. 4.6.2003 – I R 24/02, FR 2003, 1233 = BFH/NV 2003, 1501. 4 BFH v. 18.3.2002 – I B 35/01, BFH/NV 2002, 1176; v. 24.8.2011 – I R 5/10, GmbHR 2012, 223. 5 BFH v. 24.8.2011 – I R 5/10, BFH/NV 2012, 271 = GmbHR 2012, 223. 6 BFH v. 26.7.2000 – XI B 22/00, BFH/NV 2001, 181; v. 2.11.2006 – I B 22/06, BFH/NV 2007, 464; v. 22.8.2007 – I B 5/07, BFH/NV 2007, 2355; v. 9.2.2011 – I B 111/10, GmbHR 2011, 838.
Stimpel
469
449
§ 8 Rz. 450–456
Ermittlung des Einkommens
b) Rahmenbedingungen der Schätzung aa) Halbteilungsgrundsatz 450 Die FinVerw.1 geht im Regelfall von der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung aus, wenn der Gesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütungen noch ein Jahresüberschuss vor Ertragsteuern in mindestens gleicher Höhe wie die Geschäftsführervergütungen verbleibt. Bei mehreren Geschäftsführern ist hierbei auf die Gesamtsumme der diesen gewährten Vergütungen abzustellen. 451
Dieser sog. Halbteilungsgrundsatz kann aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Annahme einer vGA nur dann droht, sofern der bei der GmbH verbleibende Gewinn niedriger ist als die Summe der Geschäftsführervergütungen. Die Regelung will letztlich nur aufzeigen, dass es ein Indiz für die Angemessenheit sein kann, wenn der Gewinn der GmbH nach Abzug der Geschäftsführer-Gehälter, aber vor Abzug der KSt und GewSt, mindestens so hoch ist wie die Geschäftsführervergütungen. Hiermit ist seitens der Finanzverwaltung2 aber auch keine Nichtaufgriffsgrenze für ertragstarke GmbHs intendiert. Dies wäre auch nicht sachgerecht, weil ein so verstandener Halbteilungsgrundsatz rechtlich nicht begründet wäre.3 So hebt der BFH in seiner Rechtsprechung zu erfolgsabhängigen Vergütungsbestanteilen ausdrücklich hervor, dass sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht darauf einlassen würde, die in der Zukunft erzielbaren Gewinne dauerhaft mit einem Dritten zu teilen.4
452
Einstweilen frei. bb) Verzinsung des Eigenkapitals
453 Eine angemessene Eigenkapitalverzinsung der GmbH ist noch kein ausreichendes Indiz für die Angemessenheit der Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers.5 Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird nicht bereit sein, den gesamten über die Kapitalverzinsung hinausgehenden wirtschaftlichen Erfolg an den Geschäftsführer auszukehren.6 Ist infolge eines hohen Geschäftsführergehalts eine angemessene Kapitalverzinsung auf Sicht nicht zu erreichen, so ist indiziell von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der (gewinnabsaugenden) Vergütung auszugehen. Auf der anderen Seite ergibt sich eine steuerliche Anerkennungsfähigkeit der Vergütung nicht allein aus der angemessenen oder sogar überdurchschnittlichen Verzinsung des eingesetzten Kapitals. 454
Einen Grenzwert für eine Mindestverzinsung ziehen einzelne FG pauschal bei ca. 10 % des eingesetzten Kapitals7 bzw. fordern aufgrund einer typisierten Betrachtung eine Mindestverzinsung des gesamten Eigenkapitals iHv. mindestens 25 %8. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Eigenkapitalverzinsung ist nicht auf das bilanzielle, sondern auf das tatsächliche Eigenkapital unter Ansatz der Verkehrswerte (dh. inkl. stiller Reserven) abzustellen.9 c) Schätzungsmethoden
455 Die bei Ermittlung der angemessen Gesamtvergütungen des Gesellschafter-Geschäftsführers anzustellende Fremdvergleichsprüfung kann nach gefestigter BFH-Rechtsprechung nach Maßgabe des internen und/oder des externen Fremdvergleichs erfolgen.10 aa) Interner Betriebsvergleich 456 Der innerbetriebliche Fremdvergleich wird in der Mehrzahl der Fälle nicht zielführend sein, da die GmbH über keinen dem Gesellschafter-Geschäftsführer vergleichbaren Arbeitnehmer verfügt. Denkbar wären Fälle, in denen die GmbH neben dem Gesellschafter-Geschäftsführer einen weiteren Fremdgeschäftsführer mit vergleichbarem Verantwortungsbereich be1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 16. BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 17. Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 805; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 392. BFH v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer. BFH v. 5.10.1977 – I R 230/75, BStBl. II 1978, 234. BFH v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598. FG Saarl. v. 13.10.1997 – 1 K 188/95, GmbHR 1998, 102 (rkr.). FG Nds. v. 21.9.1999 – 6 K 166/97, GmbHR 2000, 779 (rkr.). So auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 809. BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 = FR 1995, 833 m. Anm. Kempermann; BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 19 ff.
470
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 456–461 § 8
schäftigt. Hier kann das Gehalt des Fremdgeschäftsführers als Ausgangswert für die angemessene Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers herangezogen werden. Allerdings ist nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung dem Umstand, dass einem Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig eine höhere Vergütung als einem Fremdgeschäftsführer gezahlt werden kann, durch einen entsprechenden Zuschlag Rechnung zu tragen.1 Ob dies tatsächlich so gesehen werden kann, muss bezweifelt werden, da die zusätzliche Finanzierungsverantwortung des Gesellschafter-Geschäftsführers ausschließlich Ausfluss seiner Gesellschafterstellung ist. Ein pauschaler Sicherheitszuschlag von mehr als 20 % dürfte kaum zu rechtfertigen sein. Handelt es sich bei dem als Vergleichsmaßstab herangezogenen Arbeitnehmer dagegen nur um einen leitenden Angestellten unterhalb der Geschäftsführerebene oder um einen resortleitenden Geschäftsführer, so darf der allzuständige Gesellschafter-Geschäftsführer unzweifelhaft höher entlohnt werden.2 Pauschalierungen sind hier allerdings nicht zulässig.3
457
bb) Externer Betriebsvergleich In der Mehrzahl der Fälle erfolgt der Fremdvergleich auf der Grundlage des externen Betriebsvergleichs unter Heranziehung von Gehaltsstrukturuntersuchungen (zB BBE-Studie, Kienbaum-Vergütungsberatung, Grätz-Gehaltsreport usw.). Die Prüfung der Angemessenheit unter Zuhilfenahme solcher Gehaltsstrukturuntersuchungen wird vom BFH in ständiger Rechtsprechung befürwortet4 und auch von der Finanzverwaltung praktiziert.5 Hierbei wird toleriert, dass in die empirischen Untersuchungen weit überwiegend Daten von Gesellschafter-Geschäftsführern und nur in geringem Umfang Daten von Fremdgeschäftsführern eingeflossen sind.
458
Die oa. Gehaltsuntersuchungen basieren in erster Linie auf den Einflussfaktoren Branche, Umsätze, Gewinne und Zahl der Mitarbeiter. Darüber hinaus ist es allerdings erforderlich, auch unternehmensspezifische Besonderheiten, wie zB die betriebsinterne Gehaltsstruktur, Umfang des Kundenkreises, persönliche Qualifikationen und Erfahrungen des Gesellschafter-Geschäftsführers, Risikobereitschaft und Art und Umfang der Tätigkeit, zu berücksichtigen. Dabei ist der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mit anderen leitenden Mitarbeitern desselben Betriebes zu vergleichen, denn an einen Gesellschafter-Geschäftsführer wird in der Regel ein deutlich höheres Gehalt gezahlt als an den höchstbezahlten leitenden Angestellten.6 Dies bestätigen auch die einschlägigen Vergütungsstudien. Feste Pauschalierungen sind hier allerdings nicht möglich,7 weil sich das Gehaltsgefälle je nach Branche bzw. je nach Funktion und Verantwortung der leitenden Angestellten sehr unterschiedlich darstellt. Eine als Faustregel mitunter vertretene Verdreifachung8 erscheint jedoch überzogen.
459
Die Finanzverwaltung9 vermeidet bewusst die Verwendung konkreter Zahlen im Zusammenhang mit der Angemessenheitsprüfung. Dies deshalb, weil sie von dieser Prüfung unter keinen Umständen aus Vereinfachungsgründen im Rahmen konkreter Oder- oder Untergrenzen absehen will.10 Die vormaligen großzügigen Nichtaufgriffsgrenzen der Finanzverwaltung in Baden-Württemberg wurden außer Kraft gesetzt.11
460
d) Bandbreitenbetrachtung Bei der Höhe eines angemessenen Geschäftsführergehalts obliegt die Feststellungslast dem Finanzamt. Wegen dieser Beweisrisikozuordnung hat sich die Ermittlung der vGA nach inzwischen gefestigter BFH-Rechtsprechung der Höhe nach an dem für die GmbH günstigs1 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 808. 2 Haun/Stelzer in Ernst & Young, VGA und verdeckte Einlagen, Fach 4 „Geschäftsführervergütungen“ Rz. 50. 3 FG Hess. v. 18.1.2000 – 4 K 3248/99, GmbHR 2000, 1163 (rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 7.2.2001 – I B 68/00, juris, als unzulässig verworfen). 4 BFH v. 24.3.1987 – I B 117/86, BStBl. II 1987, 508 = FR 1987, 316; v. 14.7.1999 – I B 91/98, StuB 1999, 1107; v. 18.3.2002 – I B 35/01, BFH/NV 2002, 1176; v. 17.2.2010 – I R 79/08, GmbHR 2010, 828. 5 BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 21. 6 BFH v. 16.10.1991 – 1 B 227/90, 1 B 228/90, GmbHR 1992, 683; v. 11.12.1991 – I R 152/90, BStBl. II 1992, 690 = FR 1992, 486; FG München v. 9.2.2000 – 7 K 3746/98, EFG 2000, 700 (rkr.). 7 FG Hess. v. 18.1.2000 – 4 K 3248/99, GmbHR 2000, 1163 (rkr.); Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 412. 8 Schwedhelm in Streck7, Anh. zu § 8 KStG Rz. 286. 9 BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972. 10 BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 23. 11 OFD Stuttgart v. 5.5.1995, BB 1997, 243.
Stimpel
471
461
§ 8 Rz. 461–467
Ermittlung des Einkommens
ten Wert der Bandbreite von Fremdvergleichswerten zu orientieren.1 Eine mittelwertorientierte Schätzung ist nicht gerechtfertigt.2 Die ursprünglich für die Beurteilung von Verrechnungspreisen entwickelte Bandbreitenbetrachtung wird inzwischen auch bei der Angemessenheitsprüfung der Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers angewendet. Dies bedeutet bei der Verwendung von Gehaltsstrukturuntersuchungen im Rahmen des externen Betriebsvergleichs, dass grundsätzlich auf die Werte im oberen Quartil abzustellen ist.3 462
Fraglich ist aber, ob ferner noch ein Sicherheitszuschlag (idR 20 %) gerechtfertigt ist, wenn sich die Schätzung des FA am obersten (für den Stpfl. günstigsten) Rand der Schätzungsbandbreite bewegt. Die Finanzverwaltung tendiert in der Praxis zunehmend dazu, einen Sicherheitszuschlag bei einer Schätzung am oberen Rand der Bandbreite nicht mehr zuzulassen. Dies ist auch sachgerecht, weil die Ausschöpfung der Schätzungsbandbreite bis an den oberen Rand bereits alle Schätzungsunsicherheiten mit abdecken dürfte. Abweichend hiervon lässt das FG MV4 einen zusätzlichen Sicherheitsabschlag von 20 % zu.
463
Eine im Rahmen einer Betriebsprüfung erfolgte tatsächliche Verständigung über die Angemessenheit der Gehaltsvereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer ist zwar in der Praxis eher unüblich, aber grundsätzlich zulässig und bindet die Finanzverwaltung auch über den Prüfungszeitraum hinaus, sofern die tatsächliche Verständigung auch eine Angemessenheitsgrenze für die folgenden Veranlagungszeiträume festlegt.5 e) Zuordnung der vGA bei mehreren Vergütungsbestandteilen
464 Besteht – so der Regelfall – das Gehalt eines Gesellschafter-Geschäftsführers aus mehreren Gehaltsbestandteilen, so sind in die zu überprüfende Gesamtausstattung neben dem Festgehalt auch Tantiemen, Direktversicherungsbeiträge, Versorgungszusagen und Nebenleistungen, wie zB kostenfreie Wohnung und Kfz-Benutzung sowie sonstige Sachbezüge (nicht Auslagenersatz), einzubeziehen. Auch die Einzelbestandteile (Tantieme, Pensionszusage, Kfz-Kostenerstattung) müssen ihrerseits einer eigenen Angemessenheitsprüfung standhalten. Ein Vorteilsausgleich zwischen den einzelnen Vergütungskomponenten ist nicht möglich, soweit aufgrund des dreistufigen Prüfverfahrens (s. Rz. 240) bereits die beiden ersten Prüfschritte bzgl. einer Einzelvergütung zur Annahme einer vGA führen.6 465
Versorgungszusagen sind bei der Angemessenheitsprüfung der Gesamtbezüge nicht mit der Zuführung zur Pensionsrückstellung, sondern mit der fiktiven Jahresnettoprämie (ohne Abschluss- und Verwaltungskosten) in Ansatz zu bringen. Insbesondere im Jahr der Zusage ist es denkbar, dass die Zuführung zur Rückstellung die fiktive Jahresnettoprämie bei Weitem übersteigt. Ist die Gesamtausstattung unangemessen hoch, so muss die Höhe der vGA – also die Höhe der Einkommenskorrektur – bestimmt werden. Bei dieser Bewertung ist die Pensionszusage dann – im Gegensatz zur vorgeschalteten Angemessenheitsprüfung – nicht in Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie, sondern mit dem Zuführungsbetrag zur Pensionsrückstellung in Ansatz zu bringen. Dieser Zuführungsbetrag ist nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen hinzuzurechnen.7
466
Von der GmbH geleistete Prämien für eine Direktversicherung sind in die Prüfung der Angemessenheit einzubeziehen. Bei Leistung einer Einmalprämie ist dieser Betrag rechnerisch auf die Zeit bis zur Fälligkeit der Versicherung zu verteilen.8
467
Ist die Summe der dem Gesellschafter-Geschäftsführer versprochenen Gehaltsbestandteile (Gesamtausstattung) unangemessen hoch, so liegen in Höhe des unangemessenen Teils (nicht in Höhe der gesamten Vergütungen) vGA vor. Erhält die Gesamtausstattung mehrere Vergütungsbestandteile, so ist eine Zuordnung der vGA zu den einzelnen Vergütungsbe-
1 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154; v. 4.6.2003 – I R 38/02, BStBl. II 2004, 139 = FR 2003, 1173; v. 17.2.2010 – I R 79/08, BFH/NV 2010, 1307; v. 24.8.2011 – I R 5/10, GmbHR 2012, 223. 2 BFH v. 4.6.2003 – I R 38/02, BStBl. II 2004, 139 = FR 2003, 1173. 3 FG Sachs. v. 14.4.2010 – 8 K 1786/04, GmbHR 2010, 1115 (rkr.); FG München v. 14.7.2008 – 6 V 152/08, DStRE 2009, 1194 (rkr.); FG MV v. 12.3.2008 – 1 K 97/05, juris (rkr.); aA FG Saarl. v. 26.1.2011 – 1 K 1509/07, GmbHR 2011, 1049 (rkr.), wonach vorrangig immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall für die Bestimmung der maßgeblichen Bandbreite entscheidend seien. 4 FG MV v. 14.11.2007 – 1 K 2/04, juris (rkr.). 5 BFH v. 13.8.1997 – I R 12/97, GmbHR 1998, 249. 6 So auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 386. 7 FG Berlin-Bdb. v. 19.9.2001 – 2 K 1437/99 K, EFG 2001, 1568 (rkr.). 8 BFH v. 22.8.2007 – I B 5/07, BFH/NV 2007, 2355.
472
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 467–472 § 8
standteilen erforderlich. Die Finanzverwaltung1 nimmt diese Zuordnung primär nach zeitlichen Gesichtspunkten vor. Sind die einzelnen Vergütungsbestandteile nicht zeitgleich vereinbart worden und übersteigt die Vergütung die Angemessenheitsgrenze, ist der unangemessene Betrag hiernach dem zuletzt vereinbarten Bestandteil zuzuordnen. Dies ist dann sachgerecht und praktikabel, wenn die Gesamtausstattung zunächst angemessen war und erst durch die nachträgliche Zusage einer Pension insgesamt unangemessen wurde. Sind alle Vergütungsbestandteile zeitgleich vereinbart worden, nimmt die Finanzverwaltung2 eine quotale Zuordnung der vGA zu den einzelnen Vergütungsbestandteile vor (s. hierzu auch Rz. 84).
468
Die Zuordnungsreihenfolge kann im Einzelfall von erheblicher Bedeutung sein. Soweit die vGA der Pensionszusage zuordnet wird, tritt auf der Gesellschafterebene der durch diese Umqualifizierungs-vGA eintretende Entlastungseffekt3 zunächst noch nicht ein.
469
f) Mehrere Geschäftsführer einer GmbH Eine besondere Zusatzproblematik ergibt sich bei der Angemessenheitsprüfung immer dann, 470 wenn die GmbH über mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer verfügt. Prinzipielle Einigkeit besteht hier dahingehend, dass sich bei Durchführung des externen Betriebsvergleichs die herangezogenen Vergütungswerte der einschlägigen Gehaltsstrukturuntersuchungen auf die Gesamtgeschäftsführung beziehen.4 Diese Werte können nicht einfach mit der Zahl der Gesellschafter-Geschäftsführer multipliziert werden. Fraglich ist indes, wie die bei dem einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich gebotenen Abschläge im Einzelfall zu ermitteln sind. Der BFH5 und die Mehrzahl der FG6 haben sich bei Ermittlung der gebotenen Abschläge einer allzu schematischen Herangehensweise ablehnend gegenüber gezeigt und wollen auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abstellen. Die Vornahme solcher Vergütungsabschläge erfordere es hiernach, im Einzelnen auf die Unterschiede in den Aufgabenstellungen, in der zeitlichen Beanspruchung und auf die für den Betrieb der GmbH zu tragende Verantwortung abzustellen. Vor allem dann, wenn der oder die Geschäftsführer tatsächlich (nur) für solche Aufgabenbereiche zuständig ist (sind), die nicht als typisch geschäftsführend angesehen werden können, oder wenn der eine oder der andere Geschäftsführer keine Gesamt-, sondern nur eine Teilverantwortung trägt, bestehe Grund für einen Gehaltsabschlag. Umgekehrt können in besonders gelagerten Einzelfällen aber auch Gehaltszuschläge gerechtfertigt sein, beispielsweise deshalb, weil die Aufteilung auf mehrere Geschäftsführer eine effektivere Bewältigung der anstehenden Aufgaben ermöglicht, weil besondere zusätzliche Qualifikationen und Erfahrungen eingebracht werden oder auch deshalb, weil die Geschäftsführer zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben Tätigkeiten anderer Arbeitnehmer mitübernehmen.7
471
Zwar verfolgt der BFH bei der Zahlung von Gewinntantiemen insoweit beim Vorhandensein mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer einen pauschalen Ansatz, als Tantiemen in der Summe – unabhängig von der Zahl der tantiemeberechtigten Geschäftsführer – 50 % des maßgeblichen Gewinns nicht übersteigen dürfen (s. „Tantiemen“ in Rz. 1140 ff.).8 Hinsichtlich der Festgehälter hat er einer solchen pauschalen Grenzziehung aber wiederholt eine Absage erteilt. Insbesondere sei es unzulässig, die angemessene Gesamtausstattung aller Gesellschafter-Geschäftsführer durch Addition eines Geschäftsführergehalts und – entsprechend der Anzahl der weiteren Geschäftsführer – eines Angestelltengehalts zu ermitteln.9
472
1 BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 8. 2 In diesem Sinne auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 429; aA Schwedhelm in Streck7, Anh. zu § 8 KStG Rz. 345, welcher der GmbH ein Wahlrecht zubilligt. 3 Versteuerung von nur zu 60 % bzw. 50 % der steuerpflichtigen Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG anstelle von zu 100 % der steuerpflichtigen Einnahmen iSv. § 19 EStG. 4 BFH v. 4.6.2003 – I R 38/02, BStBl. II 2004, 139 = FR 2003, 1173; FG Berlin-Bdb. v. 12.12.2007 – 12 K 8396/05 B, EFG 2010, 517 (rkr.); BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, BStBl. I 2002, 972 Rz. 16. 5 BFH v. 4.6.2003 – I R 38/02, BStBl. II 2004, 139 = FR 2003, 1173; v. 24.10.2006 – I B 138/05, juris; v. 9.2.2011 – I B 111/10, GmbHR 2011, 838; v. 9.10.2013 – I B 100/12, BFH/NV 2014, 385. 6 FG München v. 14.7.2008 – 6 V 152/08, DStRE 2009, 1194 (rkr.); FG Berlin-Bdb. v. 12.12.2007 – 12 K 8396/05 B, EFG 2010, 517 (rkr.); FG MV v. 5.9.2007 – 1 K 296/04, juris (rkr.). 7 In diesem Sinne auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 813 f.; Zimmermann, DB 2003, 786 (788); Engers, DB 2003, 116. 8 BFH v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer. 9 BFH v. 4.6.2003 – I R 38/02, BStBl. II 2004, 139 = FR 2003, 1173.
Stimpel
473
§ 8 Rz. 473–479
Ermittlung des Einkommens
473
Der oa. vom BFH verworfene pauschale Ansatz ist hingegen vom FG Hessen1 verfolgt worden, indem es bei einer GmbH mit zwei Gesellschafter-Geschäftsführern die Summe aus den Gehältern für einen Geschäftsführer und einen leitenden Angestellten als Mindestbetrag zugrunde gelegt hat. Abgesehen von dem in der Praxis sicherlich bestehenden Wunsch nach griffigen Lösungsansätzen ist eine solche Herangehensweise gerade bei kleinen und mittelgroßen GmbHs durchaus sachgerecht. Da diese Gesellschaften üblicherweise von (nur) einem Geschäftsführer geleitet werden, dürfen die Vergütungswerte laut Gehaltsstudien insgesamt nur einmal herangezogen werden. Da sich die restliche vergütete Tätigkeit unterhalb der Führungs- und Leitungsebene bewegt, ist der Ansatz eines normalen Gehalts eines leitenden Angestellten zumindest dann ausreichend, wenn die dem Geschäftsführerstatus anhaftende zusätzliche Verantwortung durch einen Zuschlag abgebildet wird.
474
Ähnliche Erwägungen greifen vielfach auch bei Familienkapitalgesellschaften. Hier ist oft die Konstellation anzutreffen, dass das Unternehmen über einen langen Zeitraum von einem Gesellschafter-Geschäftsführer geführt worden ist und anschließend – bei Weiterbeschäftigung dieses Gesellschafter-Geschäftsführers – dessen Kinder zu annähernd vergleichbaren Konditionen als Geschäftsführer angestellt werden.
475
Einen ebenfalls pauschalen Ansatz wählt das FG Saarland,2 das den Ausgangswert laut Gehaltsstudie mit der Anzahl der Gesellschafter-Geschäftsführer multipliziert und anschließend einen an der Anzahl der Gesellschafter-Geschäftsführer ausgerichteten prozentualen Abschlag (im Urteilsfall iHv. 30 % bei drei vorhandenen Gesellschafter-Geschäftsführern) vornimmt.3 In der Praxis sollte darauf geachtet werden, dass die Gehälter bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern den Aufgaben- und Verantwortungsbereichen entsprechen und dies bei Abfassung der Gehaltsvereinbarungen auch dokumentiert wird. Auf keinen Fall dürfen sich die Vergütungen an der Beteiligungsquote orientieren, weil dies von vornherein eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung indiziert.4 g) Mehrfachgeschäftsführung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer
476 Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gleichzeitig noch als Geschäftsführer für eine oder mehrere andere Kapitalgesellschaften tätig wird, so ist dies bei der Bemessung des Gehalts mindernd zu berücksichtigen. Nach Auffassung des BFH widerspricht es der Lebenserfahrung, dass der Geschäftsführer bei jeder Gesellschaft das jeweils individuell ermittelte Höchstgehalt erhalten würde. Im Übrigen würde eine solche Mehrfachvergütung zu sachwidrigen Ausweichgestaltungen führen.5 477
Dergleichen sind Gehaltsabschläge geboten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer wegen anderweitiger unternehmerischer Tätigkeit nur in eingeschränktem Umfang seiner Geschäftsführertätigkeit bei der GmbH nachgehen kann.6 Ebenso gebietet eine umfangreiche soziale, kulturelle oder politische Nebentätigkeit oder eine Tätigkeit als Verbandsfunktionär einen Abschlag.7
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Die Rechtsprechung lässt wegen der jeweiligen Einzefallbezogenheit regelmäßig offen, wie die Abschläge für Mehrfachgeschäftsführung in der Praxis zu bemessen sind. Hier dürfte sich eine allzu pauschale Herangehensweise verbieten, die Abschläge so pauschal bemisst, dass alle dem Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Vergütungen in der Summe die Angemessenheitsgrenze, die für ein einzelnes Anstellungsverhältnis gelten würde, nicht übersteigen.8
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Die Bemessung der Abschläge wegen Mehrfachgeschäftsführung dürfte in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten, weil im Einzelfall festgestellt werden muss, in welchem Umfang der Gesellschafter-Geschäftsführer die ihm übertragenden Aufgaben vernachlässigt. Wenngleich das zeitliche Kriterium wegen der besonderen Maßstäbe, die an den Geschäftsführer einer GmbH anzulegen sind, nicht überbetont werden kann (s. insbesondere
1 2 3 4 5 6
FG Hess. v. 18.1.2000 – 4 K 3248/99, EFG 2000, 1032 (rkr.). FG Saarl. v. 26.1.2011 – 1 K 1509/07, GmbHR 2011, 1049 (rkr.). Bei zwei Gesellschafter-Geschäftsführern wären es 50 %, bei vier 25 % gewesen. BFH v. 30.7.1997 – I R 65/96, BStBl. II 1998, 402 = FR 1998, 161. BFH v. 27.2.2003 – I R 46/01, BStBl. II 2004, 132 = FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer. Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 816, unter Verweis auf BFH v. 27.2.2003 – I R 46/01, BStBl. II 2004, 132 = FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer; v. 27.2.2003 – I R 80/01, I R 81/01, BFH/NV 2003, 1346. 7 So auch FG Saarl. v. 4.11.1994 – 1 K 253/93, EFG 1995, 173 (rkr.). 8 So auch Böth, StBp 2004, 135 (138).
474
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 479–485 § 8
die Überstundenvergütungen)1, kann man den Umfang der Tätigkeitsreduzierung am ehesten über die Zeitkomponente greifen.2 Kann im Einzelfall die Verteilung der Arbeitszeit auf die verschiedenen GmbHs quantifiziert werden, so können die angemessenen Gehaltsabschläge daher auf dieser Grundlage ermittelt werden. Keine Abschläge sind hingegen geboten, wenn die anderweitige Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers für die GmbH erhebliche Vorteile mit sich bringt.3 Dies muss im Einzelfall aber konkret von der GmbH dargelegt werden. Allein der Vortrag, dass bei der Anbahnung neuer Geschäftsabschlüsse die Möglichkeit bestand, auf die Existenz der anderen GmbH hinzuweisen, genügt nicht.4
480
Ferner kann in den Einzelfällen von Vergütungsabschlägen wegen Mehrfachgeschäftsführung abgesehen werden, in denen sich die Gesamtvergütung bei der betreffenden GmbH unterhalb des oberen Rands der Bandbreite bewegt und der vorhandene Puffer zur Abfederung des geringeren Tätigkeitsumfangs ausreicht.5
481
Das FG MV6 hat in einem Einzelfall die vom Finanzamt berücksichtigten Gehaltsabschlä- 482 ge von 5 % bis 10 % nicht beanstandet. h) Gehaltssteigerungen Der Angemessenheitsprüfung unterliegt grundsätzlich nur die Höhe der Gesamtvergütung, nicht dagegen die Höhe einzelner Gehaltssteigerungen. Auch beträchtliche Gehaltssteigerungen führen nicht zwingend zu vGA. Das gilt insbesondere dann, wenn das Gehalt bisher unter der Angemessenheitsgrenze lag7 oder der Aufgabenbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers erheblich ausgeweitet wurde. Das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers kann im Rahmen der angemessenen Bandbreite angepasst werden, ohne dass dies für sich genommen zur Annahme einer vGA führt.8 Anders verhält es sich, wenn der Anstellungsvertrag zunächst während einer bestimmten Dauer die Möglichkeit einer Gehaltserhöhung ausschließt, die GmbH aber diese für sie vorteilhafte Rechtsposition nicht nutzt und das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers innerhalb von zwei Jahren mehr als verdoppelt.9
483
Gehaltssteigerungen in einer Verlustphase10 und in der Gründungsphase11 können zu vGA führen. Auch mehrere rasch aufeinanderfolgende Gehaltserhöhungen können im Einzelfall ein Indiz für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Vergütung darstellen.12 Die rasche Abfolge der Gehaltserhöhungen deutet möglicherweise auf die Absicht der Gewinnabsaugung hin, wenn keine betrieblichen Gründe erkennbar sind. Hierin kann uU ein Indiz für die fehlende Ernsthaftigkeit der Vereinbarung erblickt werden.13
484
Ungeachtet dessen muss jede über eine normale – den Inflationsausgleich abdeckende – Gehaltserhöhung hinausgehende Vergütungsanpassung gegenüber Gesellschafter-Geschäftsführern nachvollziehbar sachlich belegt sein. So ist zB eine im Vergleich zum Vorjahr über 40-prozentige Vergütungsaufbesserung an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH mit einer Gesetzesänderung im Steuerrecht nicht ausreichend begründbar.14
485
1 BFH v. 19.3.1997 – I R 75/96, BStBl. II 1997, 577 = FR 1997, 683 m. Anm. Pezzer; v. 8.4.1997 – I R 66/96, BFH/NV 1997, 804; v. 27.3.2001 – I R 40/00, BStBl. II 2001, 655 = FR 2001, 952. 2 So auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 818. 3 BFH v. 26.5.2004 – I R 101/03, GmbHR 2004, 1400. 4 FG Berlin-Bdb. v. 17.6.2008 – 6 K 1807/04, EFG 2008, 1660 (rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 2.2.2009 – I B 175/08, juris, als unzulässig verworfen). 5 So auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 819. 6 FG MV v. 14.11.2007 – 1 K 2/04, juris (rkr.). 7 So auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 433. 8 FG Saarl. v. 4.2.1998 – 1 K 184/95, EFG 1998, 686 (rkr.); Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Gehalt“. 9 BFH v. 6.4.2005 – I R 27/04, GmbHR 2005, 1143. 10 BFH v. 28.6.1989 – I R 40/84, BFH/NV 1990, 130; FG München v. 26.7.1990 – 15 K 4596/89, 15 K 2866/90, EFG 1991, 146 (rkr.). 11 FG Saarl. v. 8.2.1994 – 1 K 163/93, EFG 1994, 677 (rkr.). 12 BFH v. 2.2.1994 – I R 18/93, BFH/NV 1995, 440; FG Saarl. v. 8.2.1994 – 1 K 163/93, EFG1994, 677; v. 22.6.1994 – 1 K 53/93, EFG 1994, 937 (rkr.). 13 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 810a. 14 FG Saarl. v. 15.12.1992 – 1 K 50/92, GmbHR 1993, 175 (vom BFH aus formellen Gründen aufgehoben durch Urt. v. 2.2.1994 – I R 18/93, GmbHR 1994, 486).
Stimpel
475
§ 8 Rz. 486–491
Ermittlung des Einkommens
486
Eine extreme Gehaltssteigerung innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Jahren (67 % bzw. 90 %) ist unter fremden Dritten unüblich und aus diesem Grunde gesellschaftsrechtlich veranlasst.1 Es entspricht inzwischen der gängigen finanzgerichtlichen Praxis, häufige und in enger zeitlicher Abfolge vorgenommene Gehaltserhöhungen als vGA zu werten.2 Dies gilt zumindest dann, wenn die wirtschaftliche Situation eine entsprechende Aufstockung der Bezüge der Geschäftsleitung an sich nicht erlaubt hätte.3 Dementgegen vertritt das FG Saarland4 in einer späteren Entscheidung die Ansicht, die Geschäftsführergehälter könnten im Rahmen des Angemessenen erhöht werden, auch wenn die Erhöhung in ungewöhnlichen Gehaltssprüngen erfolge. Dies gelte erst recht, wenn sich die Rahmenbedingungen für die Geschäftsführerentlohnung (zB durch starke Zunahme der Unternehmensgewinne) ändern. In einem solchen Fall könne das Gehalt eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einem Zug auf die Höhe des Gehalts angepasst werden, das in gleicher Situation auch einem fremden Geschäftsführer gezahlt würde. Die ungewöhnliche Höhe des Gehaltssprungs sei in einem solchen Falle kein Indiz für die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Abrede.
487
Eine deutliche Gehaltserhöhung ist unstreitig dann steuerlich zu akzeptieren, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die Leitung eines weiteren Geschäftsbereichs der GmbH übernimmt, der bisher von einem – ausgeschiedenen – Angestellten geführt wurde.5
488
Wenn eine Gewinntantieme infolge stark zunehmender Gewinne sprunghaft ansteigt, ist dies noch kein Indiz für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Tantiemevereinbarung. Ob eine Gewinntantieme angemessen ist, muss aus dem Blickwinkel des Zeitpunkts der Zusage betrachtet werden. Wenn die Tantieme in diesem Zeitpunkt für einen objektiven Betrachter angemessen war, dann führt die absolute Erhöhung der Tantieme nur dann zu vGA, wenn die Kapitalgesellschaft die Vereinbarung zu ihren Gunsten hätte anpassen können und darauf aus gesellschaftsrechtlichen Gründen verzichtet hat.6 Wegen näherer Einzelheiten s. die Ausführungen zu „Tantiemevereinbarungen mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer“ (Rz. 1138 ff.).
489
Bei endgehaltsabhängigen Pensionszusagen schlägt die Erhöhung des Grundgehalts betragsmäßig auch auf die Pensionszusage durch. Dies kann unter dem Blickwinkel der Erdienbarkeit vGA bewirken.7 Siehe hierzu wegen näherer Einzelheiten „Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer“ (Rz. 958). i) Gehaltsschwankungen
490 Häufig wechselnde Vereinbarungen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer über eine entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit können ein Indiz dafür sein, dass Gehaltszahlungen insgesamt nicht durch einen Leistungsaustausch, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind.8 Auch der Höhe nach stark schwankende Gehaltsvereinbarungen können eine Veranlassung der Leistungsbeziehung durch das Gesellschaftsverhältnis indizieren. Daraus sind vGA in Höhe der vollen gezahlten Vergütungen abzuleiten, weil die Beteiligten keine ernsthafte schuldrechtliche Leistungsbeziehung beabsichtigt haben (Rz. 242 ff.), sondern die Gehaltszahlungen in erster Linie zur Steuerung der Gewinnsituation der GmbH einsetzen9. 491
Eine Herabsetzung des Geschäftsführergehalts ist aus steuerlicher Sicht allerdings nicht zu beanstanden, wenn die GmbH illiquide ist und die Weitergewährung der Bezüge im bisherigen Umfang eine schwere Unbilligkeit darstellt. Der Geschäftsführer wäre dann aufgrund seiner Treuepflichten gehalten, einer angemessenen Herabsetzung zuzustimmen, wenn zu er-
1 BFH v. 2.2.1994 – I R 18/93, GmbHR 1994, 486; FG Saarl. v. 15.12.1992 – 1 K 50/92, EFG 1993, 407. 2 FG Sachs. v. 16.8.2005 – 3 K 1318/02, juris (rkr.), hinsichtlich einer Vervierfachung des Gehalts; FG MV v. 12.3.2008 – 1 K 97/05, juris, bei zwei Gehaltserhöhungen von 25 % und 50 % in jeweils kurzer zeitlicher Abfolge nach GmbH-Gründung (rkr.). 3 BFH v. 28.6.1989 – I R 40/84, BFH/NV 1990, 130. 4 FG Saarl. v. 4.2.1998 – 1 K 184/95, EFG 1998, 686 (rkr.). 5 BFH v. 9.9.1998 – I R 104/97, GmbHR 1999, 486. 6 BFH v. 10.7.2002 – I R 37/01, BStBl. II 2003, 418 = FR 2003, 185. 7 BFH v. 23.9.2008 – I R 62/07, FR 2009, 672 = GmbHR 2009, 217. 8 FG Münster v. 18.8.1993 – 9 K 4472/90 K, G, EFG 1994, 117 (dem folgend BFH v. 30.3.1994 – I B 185/93, BFH/NV 1995, 164); Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 825. 9 FG Saarl. v. 8.2.1994 – 1 K 157/93, EFG 1994, 678 (rkr.).
476
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 491–495 § 8
warten ist, dass er dadurch zur wirtschaftlichen Gesundung der in die Krise geratenen Gesellschaft beiträgt.1 j) GmbH in der Aufbauphase Besonderheiten sind bei der Zusammensetzung der Gesamtausstattung bei Gesellschaften zu beachten, die sich in der Aufbauphase bzw. in einer Umstellungsphase befinden. Als Aufbauphase kann hierbei ein Zeitraum von fünf Jahren ab der Gesellschaftsgründung angesehen werden. Auf der einen Seite müssen gewisse Einschränkungen beachtet werden, wie zB Probezeiten vor Erteilung einer Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer. Auf der anderen Seite können in der Aufbauphase auch bestimmte Sondervergütungen, wie beispielsweise Umsatztantiemen2, vereinbart werden, die in bestimmten Fallkonstellationen erst nach Ablauf der Aufbauphase als vGA gewertet werden. Diese Sondervergütungen müssen allerdings vertraglich auf den Zeitraum der Aufbauphase beschränkt werden (s. hierzu „Tantiemevereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer“, Rz. 1150).
492
Was die absolute Höhe der Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers anbetrifft, so ist zweifelhaft, ob die unter Rz. 435 ff. dargestellten Grundsätze auch für die Aufbauphase herangezogen werden können, denn in der Anlaufphase treten idR (planmäßige) Verluste ein, die es unmöglich machen, in dieser Zeit nach Berücksichtigung der Geschäftsführervergütung noch eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu erreichen. Aus diesem Grund wäre es sachgerecht, in der Aufbauphase bei der Gehaltsbemessung von einer in Zukunft zu erwartenden normalen Geschäftslage auszugehen.3 Eine Deckelung der Geschäftsführerbezüge in der Anlaufphase ist gerade deshalb sachlich nicht gerechtfertigt, weil dem Geschäftsführer in dieser Zeit ein besonderes Engagement und auch ein besonderes Risiko abverlangt werden.4
493
Anteilsübertragung 1. Die unterschiedlichen Fallvarianten Anteilsübertragungen können in den nachfolgenden drei Fallkonstellationen zu einer vGA führen. –
494
Fallvariante I Die Kapitalgesellschaft selbst ist nicht Erwerber bzw. Veräußerer von Anteilen. Auf Ebene ihrer Gesellschafter findet ein Anteilserwerb statt, dh. die Anteile der Kapitalgesellschaft sind Gegenstand einer Anteilsübertragung.
–
Fallvariante II Die Kapitalgesellschaft veräußert Anteile an ihren Gesellschafter
–
Fallvariante III Die Kapitalgesellschaft erwirbt Anteile von ihrem Gesellschafter
Zu Fallvariante I: Die Anteilsübertragung als solche kann hier keine vGA auslösen, da sie auf der Ebene der Gesellschafter erfolgt und mithin die Vermögensebene der Kapitalgesellschaft nicht berührt wird. Trägt die Kapitalgesellschaft aber Kosten der Veräußerung oder zahlt sie gar für einen neu eintretenden Gesellschafter den Kaufpreis, so begründet dies eine vGA, weil die Kapitalgesellschaft Kosten ihres Gesellschafters aus gesellschaftsrechtlichen Gründen trägt. Dies gilt auch dann, wenn der veräußernde Gesellschafter lästig ist und infolgedessen eine Mehrabfindung an ihn gezahlt wird. Erfolgt der Anteilserwerb durch einen Gesellschafter, ist es auch dessen Sache, den gesamten erforderlichen Kaufpreis zum Erwerb der Anteile zu leisten.
1 BGH v. 15.6.1992 – II ZR 85/91, BB 1992, 1583; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 825; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 436. 2 BFH v. 20.9.1995 – I R 130/94, GmbHR 1996, 301. 3 FG Nds. v. 21.9.1999 – 6 K 166/97, EFG 2000, 648 (rkr.); Peetz, GmbHR 2001, 699 (704). 4 So auch Peetz, GmbHR 2001, 699 (704).
Stimpel
477
495
§ 8 Rz. 496–501
Ermittlung des Einkommens
496
In der Praxis fallen vielfach im Vorfeld der Anteilsübertragung Gutachterkosten im Rahmen der Kaufpreisfindung an (due diligence). Eine Tragung dieser Kosten durch die Kapitalgesellschaft führt idR zur Annahme einer vGA, da hier Kosten des bzw. der Gesellschafter übernommen werden. Wer Empfänger dieser vGA ist, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. In einem vom BFH1 entschiedenen Fall wurde das Wertgutachten in Vorbereitung einer möglichen Veräußerung durch den Altgesellschafter zur Verifizierung des Anteilswerts in Auftrag gegeben. Da diese Kosten durch den Altgesellschafter zu tragen gewesen wären, ist ihm auch die vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG zuzurechnen. Wird das Gutachten im Zuge einer konkret sich abzeichnenden Anteilsveräußerung zur Ermittlung des Kaufpreises vorgenommen, ist darauf abzustellen, welcher der beiden Vertragspartner der Anteilsveräußerung diese Kosten nach Maßstäben des Fremdvergleichs hätte tragen müssen. Üblicherweise sind Kosten vom Erwerber zu tragen, sodass die vGA dem erwerbenden Neugesellschafter zuzurechnen ist.
497
Rechtsfolge der vGA ist nach den Grundsätzen der sog. Verbrauchstheorie, dass beim Veräußerer in Höhe der vGA Veräußerungskosten im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung und beim Erwerber Anschaffungsnebenkosten für die erworbenen Anteile zu berücksichtigen sind.
498
Ferner kann es in dieser Fallkonstellation zu einer vGA kommen, wenn die Kapitalgesellschaft Aufwendungen tätigt, die den Zweck haben, die Anteilsübertragung zu ermöglichen. So qualifiziert die Rechtsprechung2 von der Kapitalgesellschaft gezahlte Abfindungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer zur Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit als vGA, soweit ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einer Anteilsübertragung besteht. Zu Fallvariante II:
499
Bei der Anteilsübertragung an den Gesellschafter liegt insoweit eine vGA vor, als der Kaufpreis unter dem gemeinen Wert (Verkehrswert) der Anteile liegt.3 Dies gilt nicht nur bei der Übertragung von Anteilen an einer anderen Kapitalgesellschaft, sondern auch bei eigenen Anteilen.4 Zu Fallvariante III:
500
Der Anteilserwerb stellt insoweit eine vGA dar, soweit der von der Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter gezahlte Kaufpreis über dem gemeinen Wert (Verkehrswert) der Anteile liegt (s. „Eigene Anteile“ in Rz. 710 u. 721). 2. Ermittlung des gemeinen Werts (Verkehrswert)
501
Der maßgebliche Verkehrswert der erworbenen oder veräußerten Anteile ist in erster Linie nach dem Ertragswertverfahren (Renditeerwartungen) zu schätzen.5 Der Vermögenswert spielt hierbei grundsätzlich keine Rolle, ist aber als Mindestwert anzusetzen (s. hierzu § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG). Im zeitlichen Zusammenhang erfolgte Anteilsverkäufe zwischen fremden Dritten sind vorrangig zu berücksichtigen.6 Fraglich ist, ob es in jedem Fall ausreicht, einen unabhängigen Gutachter mit der Bewertung der Anteile zu beauftragen. Nach Auffassung des FG Niedersachsen7 ist ein solcher Gutachterwert der Besteuerung immer dann zugrunde zu legen, wenn der Gutachter eine anerkannte Bewertungsmethode anwendet (im Streitfall Ertragswertmethode) und keine erkennbare Fehlbewertung vorliegt. Dies liegt allerdings nicht auf der Linie des BFH8, der vGA durchaus auch dann für möglich hält, wenn die GmbH zur Ermittlung des angemessenen Kaufpreises einen öffentlich bestellten Sachverständigen herangezogen hat. Der BFH hält es für denkbar, dass sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer der GmbH (zB wegen hoher Herstellungskosten, Steigerung der Baukosten und der Grund-
1 BFH v. 17.5.2000 – I R 79/99, BStBl. II 2000, 480 = FR 2000, 1041. 2 FG Berlin-Bdb. v. 16.1.2008 – 12 K 8354/03 B, EFG 2008, 719 (rkr.). 3 FG Hess. v. 15.5.2001 – 4 V 5281/00, EFG 2001, 1163 (rkr.); FG Sachs. v. 16.11.2010 – 8 K 943/07, GmbHR 2011, 218 (rkr.). 4 BFH v. 3.3.2009 – I B 51/08, BFH/NV 2009, 1280; BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615 Rz. 15 sowie die Ausführungen zu „Eigene Anteile“ (Rz. 716 u. 728). 5 FG Hess. v. 15.5.2001 – 4 V 5281/00, EFG 2001, 1163 (rkr.). 6 So ausdrücklich auch BFH v. 3.3.2009 – I B 51/08, BFH/NV 2009, 1280; sowie ausdrücklich auch § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG. 7 FG Nds. v. 11.4.2000 – 6 K 611/93, EFG 2001, 157 (rkr.). 8 BFH v. 11.10.1977 – VIII R 191/74, BStBl. II 1978, 109.
478
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 501–504 § 8
stückspreise und wegen des guten baulichen Zustands des Gebäudes im Zeitpunkt der Veräußerung) eigene vom Gutachten abweichende Vorstellungen über den Wert des Grundstücks bildet und eine zu niedrige Schätzung durch den Gutachter als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer im Verhältnis zu einem fremden Dritten nicht akzeptiert hätte. Auch reine Bewertungsunterschiede können nach diesen Grundsätzen die Annahme einer vGA nicht verhindern, sofern durch die Fehlbewertung eine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter ausgelöst wurde. Bei Ermittlung des gemeinen Werts im Zuge eines Ertragswertgutachtens ist allerdings die sog. Bandbreitenrechtsprechung des BFH1 zu berücksichtigen (s. Rz. 461 und 228 ff. [Allgemeinteil]).
502
Dies gilt auch dann, wenn die Satzung der GmbH (deren Anteile übertragen werden) eine Klausel enthält, wonach die Gesellschafterversammlung einer Anteilsveräußerung zustimmen muss (ähnlich einer Vinkulierung bei Aktien). Nach Ansicht des Hessischen FG2 beeinträchtigt eine solche Klausel den Verkehrswert der Beteiligung nicht, da sie in erster Linie dazu diene, das Eindringen unerwünschter fremder Gesellschafter abzuwehren. Sie wirkt daher eher werterhöhend als wertmindernd. Auch eine Satzungsklausel, wonach der Veräußerungspreis für die Anteile eines ausscheidenden Gesellschafters den nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten vermögensteuerlichen Wert nicht überschreiten darf, habe keinen Einfluss auf den Verkehrswert, weil eine solche Klausel sich immer nur auf Veräußerungen an die GmbH selbst beziehen könne und im Übrigen bei Vorliegen entsprechender satzungsändernder Mehrheiten jederzeit geändert werden könne. Dies liegt auf der Linie der bewertungsrechtlichen Rechtsprechung des BFH, wonach Veräußerungs- und Verfügungsbeschränkungen den persönlichen Verhältnissen der Gesellschafter zuzurechnen sind und deshalb bei der Bewertung der Anteile nicht berücksichtigt werden dürfen.3 Entscheidend für die Nichtberücksichtigung derartiger Verfügungsbeschränkungen ist, dass die Gesellschafter diese Bindungen im eigenen und gegenseitigen Interesse eingegangen sind und sie diese Beschränkungen daher auch jederzeit wieder beseitigen können. Dies gilt einschränkungslos auch für Familien-GmbHs.4
503
3. Anwendung von § 8b KStG bei einer vGA im Zuge einer Anteilsübertragung Das von der Kapitalgesellschaft bei der Anteilsveräußerung (Fallvariante II) erzielte Veräußerungsergebnis ist im Gewinnfall nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei und im Verlustfall nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht abziehbar. Finanzverwaltung5, Rechtsprechung6 und herrschende Meinung im steuerlichen Schrifttum7 fassen den vGA-Betrag übereinstimmend als geschäftsfallbezogene Entgeltskorrektur auf, dh. der um die vGA korrigierte Kaufpreis ist als Veräußerungspreis iSv. § 8b KStG zu berücksichtigen. Dies bewirkt, dass die Einkommenskorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG über § 8b KStG neutralisiert wird und nur im Gewinnfall zu 5 % einkommenswirksam ist. Beispiel: M-GmbH überträgt die ihr gehörende 100-prozentige Beteiligung an der T-GmbH zu einem Kaufpreis von 300 000 Euro auf ihren Alleingesellschafter. Der Buchwert der T-Beteiligung beträgt 800 000 Euro, der gemeine Wert 1 000 000 Euro bzw. alternativ 600 000 Euro. Lösung: Die verbilligte Übertragung der Anteile stellt in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem gemeinen Wert und dem vereinbarten Kaufpreis eine vGA dar (verhinderte Vermögensmehrung). Es kommt zu einer Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG iHv. 700 000 Euro im Grundfall und 300 000 Euro im Alternativfall. Gleichzeitig erhöht sich der Veräußerungspreis iSv. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG auf 1 000 000 Euro bzw. 600 000 Euro.
1 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154; v. 27.2.2003 – I R 46/01, BStBl. II 2004, 132. 2 FG Hess. v. 15.5.2001 – 4 V 5281/00, EFG 2001, 1163 (rkr.). 3 BFH v. 30.3.1994 – II R 101/90, BStBl. II 1994, 503; v. 17.9.1997 – II R 74/94, BFH/NV 1998, 318. 4 BFH. v. 17.6.1998 – II R 46/96, BFH/NV 1999, 17, in Abweichung zu der vorherigen Rechtsprechung (BFH v. 23.7.1971 – III R 41/70, BStBl. II 1972, 4). 5 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 21. 6 BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490 = FR 2000, 1135 m. Anm. Kempermann zur Altfassung von § 8b KStG; und – wenn auch mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassend – zur Neufassung von § 8b KStG BFH v. 27.7.2010 – I B 61/10, BFH/NV 2010, 2119; sowie FG Hess. v. 17.5.2011 – 4 K 2561/09, EFG 2012, 75 (rkr.). 7 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 189; Dötsch/Pung in D/P/M, § 8 KStG Rz. 76; Rättig/Protzen, GmbHR 2001, 495; Wassermeyer, GmbHR 2002, 1; Haun/Winkler, GmbHR 2002, 192.
Stimpel
479
504
§ 8 Rz. 504–507 Auswirkung im Grundfall: Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG Veräußerungsgewinn bzw. -verlust iSv. § 8b Abs. 2 bzw. 3 KStG nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG) Saldo der Einkommenskorrekturen Auswirkung im Alternativfall: Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG Veräußerungsverlust iSv. § 8b Abs. 3 KStG nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG) Saldo der Einkommenskorrekturen
Ermittlung des Einkommens Einkommenskorrekturen (außerbilanziell) vorher nachher – + 700 000 ¤ + 500 000 ¤
./. 200 000 ¤
– + 500 000 ¤
+ 10 000 ¤ + 510 000 ¤
Einkommenskorrekturen (außerbilanziell) vorher nachher – + 300 000 ¤ + 500 000 ¤
+ 200 000 ¤
– + 500 000 ¤
– + 500 000 ¤
Als Veräußerungspreis iSv. § 8b Abs. 2 KStG ist also der um die vGA korrigierte angemessene Anteilskaufpreis anzusetzen. Beim Anteilserwerb zu einem Überpreis (Fallvariante III) mindert die vGA die Anschaffungskosten bzw. den Veräußerungspreis der Anteile.1 Das nachfolgende Beispiel zeigt die Auswirkungen einer Veräußerung von der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft zu einem überhöhten Kaufpreis. Beispiel: Die M-GmbH veräußert eine Beteiligung (Buchwert 100 000 Euro, gemeiner Wert 400 000 Euro) für 600 000 Euro an ihre Tochtergesellschaft T-GmbH. Lösung: Bei der T-GmbH ist die Beteiligung mit 400 000 Euro zu aktivieren. Der Überpreis von 200 000 Euro ist gewinnmindernd zu verbuchen und als vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen. Diese vGA ist bei der M-GmbH als Beteiligungsertrag zu verbuchen, der bei der Einkommensermittlung nach § 8b Abs. 1 iVm. Abs. 5 Satz 1 KStG im Saldo zu 95 % abzuziehen ist. Der ebenfalls im Ergebnis zu 95 % steuerfreie Veräußerungsgewinn iSv. § 8b Abs. 2 KStG beträgt 300 000 Euro (400 000 Euro ./. 100 000 Euro).
Arbeitszeitkonten 1. Funktionsweise und grundsätzliche steuerliche Behandlung 505 In der Literatur wurde wegen der bekannten Problemfelder, die insbesondere bei der Ablösung von Pensionszusagen eintreten, vermehrt vorgeschlagen, die Altersversorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer statt über Pensionszusagen durch Arbeitszeitkonten abzuwickeln.2 Teilweise wurde auch eine Umwandlung bestehender Pensionszusagen in Arbeitszeitkonten als zulässig angesehen.3 Dabei werden Teile des Arbeitslohns des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht ausbezahlt, sondern als Wertguthaben einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben und in Zeiten einer teilweisen oder vollständigen Arbeitsfreistellung vor Beendigung des Dienstverhältnisses ausbezahlt, zB vor Erreichen der Altersgrenze im Rahmen von Altersteilzeitmodellen. 506
Die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Einrichtung derartiger Arbeitszeitkonten ist – vorbehaltlich etwaiger Besonderheiten beim Gesellschafter-Geschäftsführer (s. nachfolgend) – darin zu erblicken, dass bezüglich der dem Arbeitskonto gutgeschriebenen Lohnentgelte erst eine nachgelagerte Besteuerung im Zeitpunkt der Guthabenverwendung stattfindet, während der Arbeitgeber bereits bei Dotierung des Arbeitszeitkontos abzugsfähigen Lohnaufwand unter Beachtung der allgemeinen steuerbilanziellen Grundsätze geltend machen kann. Die Finanzverwaltung4 hat zu den steuerlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit derartigen Arbeitszeitkonten grundlegend Stellung genommen. Sie differenziert hier zwischen Zeitwertkonten, bei denen das erfasste Zeitguthaben bei der vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Arbeitsverhältnisses ausbezahlt wird, und sog. Flexi- oder Gleitzeitkonten, die lediglich der Flexibilisierung der wochentäglichen Arbeitszeit dienen.
507
Bei Zeitwertkonten nimmt die Finanzverwaltung in Übereinstimmung mit der oa. steuerlichen Literatur im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Zeitwertkonto noch keinen Zufluss 1 So auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 192; Dötsch/Pung in D/P/M, § 8b KStG Rz. 76. 2 Wellisch/Quast, DB 2006, 1024; Ziegenhagen/Schmidt, DB 2006, 181; Langohr-Plato/Spieker, INF 2005, 827. 3 Wellisch/Quast, DB 2006, 2139. 4 BMF v. 17.6.2009 – IV C 5 - S 2332/07/0004, BStBl. I 2009, 1286.
480
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 507–510 § 8
von Arbeitslohn an. Zu einem Zufluss kommt es vielmehr erst bei Auszahlung des Guthabens.1 Bei Verwendung des Zeitguthabens für die betriebliche Altersversorgung gilt Entsprechendes, wobei sich der Zuflusszeitpunkt nach dem Durchführungsweg der zugesagten betrieblichen Altersversorgung richtet.2 Bei den Durchführungswegen Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung kommt es mithin zwar zum sofortigen Zufluss. Dieser ist allerdings bis zur Höhe von 1800 Euro multipliziert mit der Anzahl der Dienstjahre gem. § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG steuerfrei.3 2. Besonderheiten beim Gesellschafter-Geschäftsführer Fraglich ist, ob die Einrichtung solcher Zeitwertkonten auch beim Gesellschafter-Geschäfts- 508 führer einer GmbH steuerlich anerkannt werden kann. Die Finanzverwaltung und Teile in der steuerlichen Literatur4 verneinen dies im Ergebnis zutreffend unter Verweis auf die Organstellung des Geschäftsführers, mit dessen Aufgabenbild sich eine Vereinbarung, die im Kern auf die Vergütung geleisteter zeitlicher Mehrarbeit gerichtet ist, nicht verträgt. Diese restriktive Sichtweise liegt auf der Linie der BFH-Rechtsprechung zu Überstundenvergütungen5. Rechtsfolge ist, dass der auf der Ebene der GmbH gewinnmindernd erfasste Aufwand aus der Passivierung der entsprechenden Lohnverpflichtung6 als vGA zu qualifizieren ist und nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Einkommensermittlung hinzuzurechnen ist. Bezüglich des Besteuerungszeitpunkts bei steuerlich nicht anerkannten Zeitwertkonten 509 vertritt die Finanzverwaltung die – stark kritisierte7 – Rechtsauffassung, dass es beim Organ (Geschäftsführer, Vorstand) bereits bei Gutschrift des künftig fällig werdenden Arbeitslohns zum (sofortigen) Zufluss von Arbeitslohn kommt.8 Zwar kommt es beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH aufgrund der oa. gesellschaftsrechtlichen Qualifizierung des Zeitwertkontos nicht zum Zufluss von Arbeitslohn, sondern von Kapitalerträgen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Die Frage des Zuflusses iSv. § 11 EStG und mithin des Besteuerungszeitpunkts ist jedoch bei beiden Einkunftsarten grundsätzlich gleich zu beantworten. Hier geht die Finanzverwaltung vom sofortigen Zufluss der vGA beim Gesellschafter aus, was dadurch an Brisanz gewinnt, dass die Übergangsregelung ausdrücklich nicht für vGA gelten soll.9 Begründen lässt sich die Annahme eines sofortigen Zuflusses nur beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer. Hier nimmt die Rechtsprechung10 stets im Zeitpunkt der Beschlussfassung einen Zufluss der Gewinnausschüttung an. Eine Verschiebung des Auszahlungszeitpunkts in die Zukunft wird steuerlich nicht anerkannt, da es der Gesellschafter wegen seiner beherrschenden Stellung jederzeit in der Hand hat, eine Auszahlung zu bewirken. Beim nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kommt es hingegen erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung des Zeitguthabens zum Zufluss. Der sofortige Zufluss der vGA beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer be- 510 zieht sich auf den geschuldeten Arbeitslohn. Sofern der auf der Ebene der GmbH passivierte Betrag aufgrund steuerbilanzieller Besonderheiten (zB Abzinsung) geringer ist, ist die Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG folglich niedriger als die Einnahme nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Dies ist aber nur ein temporärer Effekt, der über die gesamte Laufzeit kompensiert wird. Daher sollte aus Vereinfachungsgründen bei der Besteuerung des Gesellschafters auf den Differenzbetrag das materielle Korrespondenzprinzip (§ 3 Nr. 40 Buchstb. d Satz 2 EStG) nicht angewendet werden.
1 BMF v. 17.6.2009 – IV C 5 - S 2332/07/0004, BStBl. I 2009, 1286 Abschn. A./II. 2 BMF v. 17.6.2009 – IV C 5 - S 2332/07/0004, BStBl. I 2009, 1286 Absch. A./III. 3 S. auch BMF v. 17.11.2004 – IV C 4 - S 2222 - 177/04, IV C 5 - S 2333 - 269/04, BStBl. I 2004, 1065 Rz. 160, 166. 4 BMF v. 17.6.2009 – IV C 5 - S 2332/07/0004, BStBl. I 2009, 1286 Abschn. A./IV.; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 591; Rupp in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 725; aA Wellisch/Liedtke/Quast, BB 2006, 1989; Wellisch/ Quast, DB 2006, 1024; Ziegenhagen/Schmidt, DB 2006, 181; Langohr-Plato/Spieker, INF 2005, 827. Das FG München hat die Frage der Annahme von vGA bei Zeitwertkonten in seinem Beschl. v. 30.6.2008 (6 V 3516/07, juris [rkr.]) offengelassen. 5 BFH v. 27.3.2001 – I R 40/00, BStBl. II 2001, 655 = FR 2001, 952. 6 Zu bilanziellen Fragen in Zusammenhang mit Zeitwertkonten soll ein separates BMF-Schr. ergehen (Abschn. E des BMF v. 17.6.2009 – IV C 5 - S 2332/07/0004, BStBl. I 2009, 1286). 7 Stellungnahme des IDW v. 30.10.2008, IDW-Fn. 2008, 508. 8 Für bis zum 31.1.2009 eingerichtete und zuvor steuerlich anzuerkennende Zeitwertkonten gewährt die FinVerw. gem. Abschnitt F./II. des BMF v. 17.6.2009 (IV C 5 - S 2332/07/0004, BStBl. I 2009, 1286) eine Übergangsregelung. Die bis zum 31.1.2009 erfolgten Zuführungen sind erst bei Auszahlung zu besteuern. 9 BMF v. 17.6.2009 – IV C 5 - S 2332/07/0004, BStBl. I 2009, 1286 Absch. F./II. 10 BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BStBl. II 1999, 223 = FR 1999, 302.
Stimpel
481
§ 8 Rz. 511–513
Ermittlung des Einkommens
Arztkosten 511 Die Übernahme von Arztkosten und sonstigen Behandlungskosten für einen Gesellschafter führt stets zur Annahme einer vGA. Dies gilt auch dann, wenn ein bestehendes Arbeitsverhältnis ursächlich für diese Krankheitskosten ist. Die Wiederherstellung der persönlichen Gesundheit liegt primär im privaten Interesse des Gesellschafters, sodass eine Kostenübernahme der GmbH stets gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.1
Aufsichtsratsvergütung 512 Sind Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen als Aufsichtsrat oder in einer vergleichbaren Tätigkeit für die GmbH tätig, so stellt der überhöhte (unangemessene) Teil der Vergütung eine vGA dar. Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hat insoweit Vorrang vor § 10 Nr. 4 KStG.2
Aufwendungsersatz 513 Eine Erstattung von Aufwendungen an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bedarf selbst bei Bagatellaufwendungen einer klaren und eindeutigen Vereinbarung im Voraus. Dies gilt nach ständiger BFH-Rechtsprechung3 auch bei gesetzlich begründeten Ansprüchen, deren Entstehung keiner eigenständigen Vereinbarung bedarf. Auch hier fordert die Rechtsprechung ausdrückliche Vereinbarungen, schränkt dies aber bei fehlenden vertraglichen Nebenbestimmungen ein, bei denen sich der Anspruch bereits aus dem Gesetz ergibt.4 Selbst die Erstattung von üblichen Reisekosten muss im Anstellungsvertrag geregelt sein.5 Entsprechendes wird für eine Dienstwagengestellung, die Erstattung von Reisespesen und von Telefonkosten gefordert.6 Hiervon abweichend wird bei derartigem Aufwendungsersatz in Teilen der steuerlichen Literatur7 das Erfordernis einer ausdrücklichen Vereinbarung verneint. Dies wird mit Bezug auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen FG8 damit begründet, dass betrieblich veranlasste Reisekosten (inkl. zusätzlicher Nebenkosten) üblicherweise vom Arbeitgeber ersetzt werden und daher im Verhältnis der Kapitalgesellschaft zu ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer keine ausdrückliche Vereinbarung gefordert werden dürfe. Die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien des formellen Fremdvergleichs bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern dienen der Vermeidung einer erhöhten Manipulationsgefahr wegen fehlendem Interessengegensatz, der in diesem Sachzusammenhang wegen der allgemeinen Üblichkeit des Aufwendungsersatzes nicht gegeben sei. In einer Vielzahl der betroffenen Sachverhalte wird sich diese Problematik dadurch entschärfen, dass der Aufwendungsersatz über einen längeren Zeitraum wiederholt und nach einheitlichen Beträgen (idR die steuerlichen Pauschalsätze für Fahrkosten) erfolgt und mithin vom Vorliegen einer entsprechenden mündlichen Vereinbarung ausgegangen werden kann. Eine Ausnahme von dem Gebot klarer Vorabvereinbarungen gilt für Aufwendungen, die ihrer Art nach nicht voraussehbar sind, wie zB Unfallkosten.9 Eine vGA liegt auch dann vor, wenn der Aufwendungsersatz entgegen einer vertraglichen Vereinbarung geleistet wird.10 Bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern reicht es aus, wenn die erstatteten Aufwendungen betrieblich veranlasst und nachweisbar sind.11
1 So auch zB Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 900 „Arztkosten“; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Arztkosten“; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 380 „Arztkosten“. 2 BFH v. 20.1.1993 – I R 55/92, BStBl. II 1993, 376 = FR 1993, 373. 3 BFH v. 3.11.1976 – I R 98/75, BStBl. II 1977, 172; v. 2.3.1988 – I R 63/82, BStBl. II 1988, 590 = FR 1988, 315; v. 20.10.2004 – I R 4/04, GmbHR 2005, 494. 4 BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, FR 1988, 136; weitere Nachweise bei Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Aufwendungsersatz“. 5 BFH v. 10.8.1983 – I R 254/82, juris; ebenso Schwedhelm in Streck7, § 8 KStG Rz. 150; s. ferner die Ausführungen zu „Reisekosten“ (Rz. 1084 ff.). 6 Zu diesbezüglichen verwendbaren Musterformulierungen s. Schmidt, GmbH-StB 1998, 234. 7 Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 302 „Aufwendungsersatz“; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Auslagenersatz“ Rz. 2. 8 FG Nds. v. 26.6.1999 – VI 110/97, EFG 2000, 235 (rkr.); v. 26.11.2002 – 6 K 302/00, EFG 2003, 1196 (rkr). 9 Vgl. Rengers in Blümich, § 8 KStG Anm. 900. 10 BFH v. 2.9.2005 – I B 227/04, BFH/NV 2006, 132. 11 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 595.
482
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 514–516 § 8
Ausbildungskosten Die Übernahme von Ausbildungskosten zugunsten der Kinder oder anderer nahestehender 514 Personen des Gesellschafters ist nur dann keine vGA, wenn der Aufwendungsersatz sich im verkehrsüblichen Rahmen bewegt und das Kind des Gesellschafter-Geschäftsführers in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zu der GmbH steht.1 Unter Heranziehung der BFH-Rechtsprechung zur Beurteilung derartiger Aufwendungen bei Personenunternehmen dürfte hier regelmäßig eine vGA vorliegen und nur in Ausnahmefällen eine betriebliche Veranlassung anzunehmen sein.2 Trägt die GmbH für ein Kind des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers von Beginn an die Kosten eines technisch-betriebswirtschaftlichen Studiums, so ist diese Kostenübernahme regelmäßig nicht betrieblich, sondern nach den Maßstäben des internen bzw. externen Fremdvergleichs durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Die Förderung als Geschäftsführer-Nachfolger ab Beginn der Ausbildung hält einem Fremdvergleich nicht stand, denn Zuwendungen an Studienanfänger in wirtschaftlichen Ausbildungsgängen sind unüblich.3 Das FG Köln4 hat dies insoweit eingeschränkt, als eine vGA zumindest dann anzunehmen sei, wenn andere Bewerbungen für eine entsprechende duale Ausbildung nicht eingeholt wurden, die Tätigkeit des Auszubildenden im Betrieb der GmbH nicht kontrolliert oder nachweisbar festgehalten wird und für die Durchführung der praktischen betrieblichen Ausbildung in der GmbH keine zumindest gleichwertig ausgebildete Person zur Verfügung steht. VGA liegen auch vor, wenn der bei der GmbH angestellte Sohn des Alleingesellschafters für ein Studium freigestellt wird und während der Studienzeit Gehaltsfortzahlungen erhält.5 Die gleichen Grundsätze gelten im Prinzip auch für Ausbildungskosten für eine betriebliche Weiterqualifikation des Gesellschafter-Geschäftsführers. So werden im mittelständischen Kfz-Gewerbe die von einer GmbH übernommenen Kosten für die Meisterprüfung eines Gesellschafter-Geschäftsführers grundsätzlich als abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt.6 Etwas anderes gilt aber für Kostenzuschüsse in Bezug auf ein Studium oder eine Schulausbildung des Gesellschafter-Geschäftsführers. Derartige Kosten werden für einen fremden Dritten üblicherweise nicht übernommen. Diesbezügliche Leistungen der GmbH stellen vGA dar.
515
Auslandsreise Aufwendungen für eine Auslandsreise des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH kön- 516 nen teilweise Betriebsausgaben und teilweise vGA sein. Das Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, das nach neuerer Rechtsprechung7 bei Reisen mit einer nachweislichen beruflichen Mitveranlassung nicht gilt, findet auf der Ebene einer Kapitalgesellschaft ohnehin keine Anwendung. Wenn sich die Aufwendungen nicht einwandfrei trennen lassen, so müssen sie im Schätzungswege aufgeteilt werden.8 Es ist nur von sekundärer Bedeutung, ob es sich um eine einheitlich zu beurteilende Geschäfts- oder Dienstreise handelt, die Reise also überwiegend betrieblich veranlasst ist. Falls die Reise überwiegend privat veranlasst war, ein sorgfältiger Geschäftsleiter sie aber im Hinblick auf diese teilweise betriebliche Veranlassung angeordnet hätte, so ist eine vGA im Hinblick auf die betrieblich verursachten Kosten zu verneinen.9 Kann allerdings nicht nachgewiesen werden, dass die Reise zumindest in Teilbereichen den betrieblichen Interessen der GmbH dient, stellt die Kostenübernahme durch die GmbH in voller Höhe einer vGA dar.10 Zur Erstattung von Reiseaufwendungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer s. „Reisekosten“ (Rz. 1184 ff.).
1 FG Köln v. 18.5.1999 – 13 K 9456/98, GmbHR 1999, 829 (rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 3.2.2000 – I B 66/99, nv., als unzulässig verworfen). 2 S. BFH v. 29.10.1997 – X R 129/94, BStBl. II 1998, 149 = FR 1998, 282; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Ausbildungskosten“. 3 FG BW v. 7.9.1995 – 3 K 223/91, EFG 1996, 194 (rkr.); ebenfalls in diese Richtung tendierend BFH v. 13.7.1994 – I R 43/94, BFH/NV 1995, 548. 4 FG Köln v. 11.5.2000 – 13 K 765/00, EFG 2000, 811 (rkr.). 5 FG Köln v. 23.1.1995 – 13 K 7639/94, EFG 1995, 541(rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 27.12.1995 – I B 34/95, BFH/NV 1996, 510, als unbegründet zurückgewiesen). 6 FG Nds. v. 18.8.1988 – VI 224/86, juris (rkr.). 7 BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 = FR 2010, 225 m. Anm. Kempermann. 8 BFH v. 9.3.2010 – VIII R 32/07, BFH/NV 2010, 1330; v. 6.4.2005 – I R 86/04, BStBl. II 2005, 666; s. auch Rz. 138. 9 BFH v. 7.7.1976 – I R 180/74, BStBl. II 1976, 753. 10 BFH v. 7.10.2008 – I B 37/07, BFH/NV 2009, 216.
Stimpel
483
§ 8 Rz. 517–521
Ermittlung des Einkommens
Außerbetriebliche Sphäre einer Kapitalgesellschaft 517 Siehe „Liebhaberei“ (Rz. 902 ff.).
Ausstehende Einlagen 518 Das Mindeststammkapital einer GmbH beträgt nach geltender Rechtslage 25 000 Euro (§ 5 Abs. 1 GmbHG). Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG muss jeder einzelne Gesellschafter bei Gründung der GmbH ein Viertel seiner Stammeinlage einzahlen. Der Mindesteinzahlungsbetrag muss gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 GmbHG zudem mindestens 12 500 Euro1 betragen, was bei einer GmbH mit einem Stammkapital von unter 50 000 Euro praktische Bedeutung gewinnt. Die Fälligkeit wird mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags begründet, da ohne Einzahlung eine Anmeldung der GmbH nicht zulässig ist. 519
Gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG können die Anteilseigner von der Verpflichtung zur Leistung der Einlagen nicht befreit werden. Folglich muss die GmbH die nicht erbrachten Stammeinlagen in ihrer Handels- und Steuerbilanz aktivieren. Daher kann die Nichterfüllung der Mindesteinzahlungsverpflichtung keine vGA auslösen, da es infolge der Aktivierung der Einlageforderung an einer sich auf den Unterschiedsbetrag iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkenden Vermögensminderung fehlt. Eine Gewinnminderung iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist anhand der Steuerbilanz zu ermitteln, die ohne Rücksicht auf die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz aufgestellt wird.2 Zivilrechtliche Ansprüche einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, die in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren sind, können nach diesem Grundsatz nicht gleichzeitig die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auslösen.3 Nach Auffassung des BFH fehlt es an einer bilanziellen Vermögensminderung, soweit eine Kapitalgesellschaft nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung eine Forderung gegen den Gesellschafter erfolgswirksam aktivieren muss.4
520
Ein Verstoß gegen die Mindesteinzahlungverpflichtung führt zu einer unmittelbar fälligen Forderung der GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter. Dieses nicht eingezahlte Mindeststammkapital ist vom Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages an zu verzinsen. Die Nichtverzinsung stellt eine vGA dar.5 Dies gilt – nach allerdings streitiger Auffassung – selbst dann, wenn die Gesellschafterversammlung das Aufschieben der Einzahlung der Stammeinlagen beschlossen und die GmbH ihren werbenden Geschäftsbetrieb noch nicht aufgenommen hat.6 Denn auch in diesem Fall besteht gem. § 7 Abs. 2 GmbHG eine gesetzliche Pflicht zur Einforderung der Einlage. Wenn dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wird und der GmbH ein Gewinn dadurch entgeht, dass die Gesellschafter ein Kapital nutzen dürfen, welches die GmbH für sich selbst in Anspruch nehmen müsste, ist von einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Vermögensminderung auszugehen. Einer gesonderten Anforderung durch einen Gesellschafterbeschluss, der die Fälligkeit und damit Verzinslichkeit der ausstehenden Einlage begründet, bedarf es hinsichtlich der Mindesteinlage nicht.
521
Etwas anderes gilt allerdings hinsichtlich der über die Mindesteinlage hinausgehenden ausstehenden Einlagen. Diese werden erst dann fällig, wenn die Gesellschafterversammlung über die Einforderung gem. § 46 Nr. 2 GmbHG gesondert beschließt. Der angesetzte Aktivposten „Ausstehende (noch nicht eingeforderte) Einlagen“ ist jedoch noch keine echte Forderung, sondern nur eine Korrekturposition zum Kapital. Werden diese ausstehenden Einlagen vor dem Einforderungsbeschluss unverzinslich belassen, so liegt hierin noch keine vGA. Ab dem im Einforderungsbeschluss gesetzten Fälligkeitstermin ist die dann entstandene Einlageforderung allerdings zwingend zu verzinsen. Diesbezüglich hat die GmbH gem. § 20 GmbHG einen gesetzlichen Anspruch auf Verzugszinsen für die Zeit ab Fälligkeit der Einlage. Der Verzicht auf die Geltendmachung dieser Verzinsung begründet mithin eine vGA.
1 2 3 4
Die Hälfte des gesetzlichen Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 GmbHG. BFH v. 23.6.1993 – I R 72/92, BStBl. II 1993, 80. BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 362. BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 609; v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = FR 1995, 112. 5 FG Nds. v. 30.11.2006 – 6 K 172/05, EFG 2007, 619 (rkr.). 6 FG Nds. v. 12.10.1989 – VI 474/87, GmbHR 1990, 580 (rkr.); aA (dh. keine vGA) FG Sachs. v. 18.5.2001 – 5 V 2302/00, EFG 2001, 1318 = FR 2001, 1176 m. Anm. Prinz; FG Hess. (nur im summarischen AdV-Verfahren) v. 1.11.2011 – 4 V 741/11, nv.; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 612.
484
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 521–525 § 8
Eine vGA-Problematik kann sich ferner hinsichtlich der nicht eingeforderten Einlagen auch dann ergeben, sofern die GmbH eine – rechtlich mögliche – Einforderung der Einlagen unterlässt und Mittel stattdessen darlehensweise von ihrem Gesellschafter überlassen bekommt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte hier die vorhandene Möglichkeit zur Reduzierung des Zinsaufwandes genutzt.1
Avalprovision Übernimmt eine Kapitalgesellschaft für ihren Gesellschafter eine Bürgschaft oder eine bürgschaftsähnliche Sicherheit gegenüber kreditgebenden Banken, so muss der Gesellschafter hierfür eine angemessene Vergütung im Umfang einer üblichen Avalprovision zahlen. Tut er dies nicht bzw. treffen GmbH und beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer hierüber keine Vereinbarung im Voraus, so ist in der Unentgeltlichkeit eine vGA zu sehen. Es handelt sich um eine gesellschaftsrechtlich veranlasste verhinderte Vermögensmehrung.2 Geht hingegen der Gesellschafter eine Bürgschaft für seine Kapitalgesellschaft ein, so stellt eine an den Gesellschafter gezahlte angemessene Avalprovision keine vGA dar.3 Zur Annahme einer vGA wegen Inanspruchnahme aus der Bürgschaft s. „Bürgschaft“ in Rz. 622 ff.
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BahnCard Eine BahnCard der Deutsche Bahn AG wird auf eine natürliche Person ausgestellt und kann nur von dieser während der Geltungsdauer persönlich für Bahnfahrten genutzt werden. Übernimmt die GmbH die Kosten einer BahnCard eines ihrer angestellten Gesellschafter, führt dies zu keiner vGA, sofern die Kosten der BahnCard die hierdurch eintretenden Reisekostenersparnisse der GmbH nicht unterschreiten. In dieser Konstellation ist die Kostenübernahme für die GmbH vorteilhaft.4 Ist die Finanzierung der BahnCard für die GmbH nachteilig (wegen der überwiegenden privaten Nutzung durch den Gesellschafter), liegt insoweit eine vGA vor. Werden die Kosten der BahnCard hingegen vom Gesellschafter getragen und rechnet er mit der GmbH die vollen Bahnkosten ohne Weiterreichung des Vorteils aus der BahnCard weiter, liegt insoweit eine vGA vor, als die GmbH dem Gesellschafter mehr Kosten erstattet, als sie bei Übernahme der BahnCard und Nutzung des BahnCardRabatts hätte tragen müssen. Ggf. ist auch Arbeitslohn anzunehmen. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern setzt dies aber eine klare und eindeutige Regelung im Anstellungsvertrag voraus.
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Bandbreite der Angemessenheit Siehe „Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern“ (Rz. 461 ff.) sowie Rz. 228 ff. (vGA allgemein).
524
Bauten auf einem Gesellschaftergrundstück Errichtet eine Kapitalgesellschaft auf dem von ihrem Gesellschafter angemieteten Grundstück ein Gebäude, so sind die von ihr aufgewandten Herstellungskosten grundsätzlich zu aktivieren. Die der GmbH zustehende Nutzungsbefugnis ist bilanziell wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln und nach den für Gebäude geltenden Grundsätzen abzuschreiben. Dadurch fehlt es zunächst an der für die Annahme einer vGA notwendigen Vermögensminderung.5 In dem Zeitpunkt, in dem die Nutzungsbefugnis der Kapitalgesellschaft endet, ist sie allerdings nicht mehr aktivierbar und daher auszubuchen. In diesem Zeitpunkt entstehen bei der GmbH aber gesetzliche Ausgleichsansprüche nach §§ 812, 951 BGB gegen ihren Gesellschafter. Eine vGA (bilanzielle Vermögensminderung) ist erst anzunehmen, wenn die Gesellschaft auf die Realisierung dieser Ansprüche verzichtet.6
1 So auch ausdrücklich Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 1080, während der BFH diese vGA-Frage für noch nicht fällige Einlageforderungen noch nicht ausdrücklich entschieden hat; s. diesbezüglich BFH v. 5.5.1995 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532. 2 BFH v. 26.2.1992 – I R 23/91, BStBl. II 1992, 846 = FR 1992, 555. 3 FG Berlin-Bdb. v. 27.9.2007 – 6 K 8215/06 B, EFG 2008, 232 (rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 12.3.2008 – I B 194/07, juris, als unzulässig verworfen). 4 So auch Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „BahnCard“. 5 BFH v. 30.7.1997 – I R 65/96, BStBl. II 1998, 402 = FR 1998, 161. 6 BFH v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = FR 1995, 112.
Stimpel
485
525
§ 8 Rz. 526–531
Ermittlung des Einkommens
Beendigung einer vGA bei Dauertatbeständen 526 VGA können nicht nur bei einzelnen Vorteilszuwendungen, sondern auch bei Dauertatbeständen, wie zB Gehalt, Miete, Pacht, Darlehen usw., in Betracht kommen. Eine solche Vereinbarung kann zumindest im Verhältnis zu beherrschenden Gesellschaftern nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben bzw. an die steuerlichen Anforderungen angepasst werden. Zu einer Beendigung der Dauer-vGA aus einer solchen Vereinbarung kommt es erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Vereinbarung aufgehoben wird. Beispiel: Eine Tantiemevereinbarung zwischen der A-GmbH und ihrem Alleingesellschafter A hält wegen des Missverhältnisses zu den Aktivbezügen einem Fremdvergleich nicht stand. Die Beteiligten erkennen dies am 1.12.01. Sie heben die Vereinbarung auf und passivieren in der Bilanz zum 31.12.01 (zutr.) keine Tantiemeverbindlichkeit mehr. Hier kommt es bezüglich der Tantiemeansprüche für 01 nicht zu einer vGA, weil weder das Einkommen noch das Vermögen der GmbH gemindert wurde. Auch auf der Ebene des Gesellschafters fließt eine vGA mangels realisiertem Anspruch nicht zu.1 Eine neue Tantiemevereinbarung kann allerdings für den Lohnzahlungszeitraum 1.1.01 bis 30.11.01 wegen des Rückwirkungsverbots nicht mehr anerkannt werden.
Beerdigungskosten 527 Hinsichtlich der Kosten für die Beerdigung eines verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers ist wie folgt zu unterscheiden: Wenn der Kapitalgesellschaft anlässlich des Todes eines Gesellschafter-Geschäftsführers eigene Aufwendungen entstehen, bei denen der Art nach eine Zuwendung an die Erben von vornherein nicht in Betracht kommt, dann kann keine vGA anzunehmen sein. Dies wäre zB der Fall bei Kosten einer von der Gesellschaft verfassten Todesanzeige oder für die Ausgaben für einen von der GmbH übersandten Kranz. Übernimmt die GmbH dagegen die Kosten der Trauerfeier, so handelt es sich auch dann um eine vGA, wenn an der Trauerfeier ua. Angestellte und Geschäftsfreunde der GmbH teilnehmen. Der Aufwand ist in der Regel durch das Gesellschaftsverhältnis zu den Erben des verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers veranlasst.2 Die eigentlichen Kosten der Beerdigung sind ebenfalls grundsätzlich von den Erben zu tragen. Übernimmt die Gesellschaft solche Aufwendungen, so liegt darin in aller Regel die Zuwendung eines Vorteils aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses, denn für einen Dritten, der nicht im Gesellschaftsverhältnis steht, würde die Gesellschaft die Beerdigungskosten nicht übernehmen.3
Beratervertrag zwischen Gesellschafter und GmbH 1. Grundlagen 528 Organe juristischer Personen (Vorstände, Geschäftsführer) sind iRd. entgeltlichen Wahrnehmung ihrer Organstellung überwiegend nicht selbstständig und nicht unternehmerisch tätig. Dies ist aber nicht zwingend und obliegt jeweils einer einzelfallbezogenen Prüfung. Wegen näherer Einzelheiten siehe „Angemessenheit der Gehaltsvereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer“ in Rz. 435 ff. 529
Einstweilen frei. 2. Beratungsleistungen neben der Geschäftsführertätigkeit
530 Nimmt der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Geschäftsführungsaufgaben aufgrund eines Anstellungsvertrags gegen Entgelt wahr, kann er die GmbH im Einzelfall daneben gegen Entgelt beraten. Allerdings ist zur Vermeidung steuerlicher Risiken zu beachten, dass die Finanzverwaltung bei entgeltlicher Beratung regelmäßig prüfen wird, ob der GesellschafterGeschäftsführer nicht bereits aus seiner Geschäftsführerstellung heraus verpflichtet gewesen ist, die zusätzlich vergütete Leistung zu erbringen. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Tätigkeit grundsätzlich mit in den originären Aufgabenbereich des Geschäftsführers fällt. Die Verpflichtung zur Leitung der Geschäfte ist dann Ausfluss der Organstellung des Geschäftsführers. 531
Alleine aus der Organstellung lässt sich aber der Umfang der Leistungspflichten des Geschäftsführers nicht abschließend bestimmen.4 Zwar regelt das Gesellschaftsrecht zahlrei1 Anders verhält es sich aber bei einem Verzicht auf einen teilweise erdienten Pensionsanspruch; s. Rz. 1410. 2 BFH v. 31.7.1990 – I R 62/88, GmbHR 1991, 130. 3 BFH v. 17.1.1956 – I 77/55 U, BStBl. III 1956, 94. 4 Baumbach/Hueck, § 35 GmbHG Rz. 7.
486
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 531–539 § 8
che Geschäftsführeraufgaben, wie beispielsweise die Vertretung der GmbH nach außen, die Leitung der Geschäfte, die Erstellung des Jahresabschlusses, die Einberufung der Gesellschafterversammlung und die Ausführung der Gesellschafterbeschlüsse. Die genaue Eingrenzung der Leistungspflichten ist dagegen regelmäßig einem schuldrechtlichen Vertrag (Dienstvertrag) vorbehalten. Abgrenzungsprobleme zwischen selbstständiger und nicht selbstständiger Tätigkeit werden sich immer dann ergeben, wenn die Beratungsleistung in den originären Bereich der Geschäftsleitung fällt. Da die Geschäftsführertätigkeit sowohl die laufenden Tagesgeschäfte als auch die unternehmerischen Leitungsentscheidungen umfasst, sind die diesen Bereichen zuzuordnenden Aufgaben der Geschäftsführertätigkeit zuzuordnen. So ordnet die Rechtsprechung die aufgrund eines Beratervertrags erbrachte Beratung in finanziellen und betriebswirtschaftlichen Belangen der Geschäftsführertätigkeit zu (zu den konkreten Auswirkungen unter dem Blickwinkel der vGA s. Rz. 528 ff.).1
532
Die steuerliche Anerkennung der Beratungsentgelte setzt voraus, dass hinreichend deutlich erkennbar wird, dass und ggf. welche Leistungen von dem Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer oder daneben auf schuldrechtlicher Basis als Berater bzw. als Subunternehmer gegen Entgelt erbracht werden sollen. Die Abrechnungsmodalitäten müssen in einer gesonderten Vereinbarung festgehalten werden.2
533
Es dürfte einleuchten, dass alle Leistungen, die ein Gesellschafter-Geschäftsführer erbringt, insgesamt nur einmal vergütet werden können.3 Wird eine Beratungsleistung neben dem Geschäftsführergehalt gesondert vergütet, so darf das Geschäftsführergehalt die Beratungsleistung nicht mit abdecken. Daher muss bei steuerlich anzuerkennenden Beratungsleistungen regelmäßig darauf geachtet werden, dass das Geschäftsführergehalt wegen der zusätzlich erbrachten Beratungsleistung entsprechend zu mindern ist.4
534
Bei Tätigkeiten, die nicht originär der Geschäftsführertätigkeit zuzuordnen sind, haben es Gesellschafter-Geschäftsführer und GmbH letztlich selber in der Hand, ob die gesamte Tätigkeit über den Anstellungsvertrag vergütet werden soll oder ob die Vergütung anteilig im Rahmen des Anstellungsverhältnisses und daneben über einen Beratervertrag oder eine Subunternehmertätigkeit erbracht werden soll. Beispiele: Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH erbringt seine steuerberatende Tätigkeit auf freiberuflicher Basis, Gesellschafter-Geschäftsführer einer im Baugewerbe tätigen GmbH erbringt als Bauingenieur Subunternehmertätigkeiten als Bauleiter5.
535
Wird in derartigen Fällen die gesamte Tätigkeit zunächst ausschließlich über den Anstellungsvertrag vergütet und soll dann zukünftig eine Trennung in zwei Vertragsverhältnisse erfolgen, so bedarf es einer Absenkung des Geschäftsführergehalts, weil nun Teile der Leistung des Gesellschafters auf der Grundlage eines Beratungsvertrags vergütet werden. Diese Fallkonstellation ist insofern problematisch, als der (im Einzelfall sicherlich entkräftbare) Beweis des ersten Anscheins indiziell für das Vorliegen einer vGA spricht, soweit das Beraterhonorar die Absenkung des Geschäftsführergehalts übersteigt.
536
Wird das Gehalt dagegen der Höhe nach beibehalten, ist eine vGA ausgeschlossen, wenn in der Beratungsleistung eine echte Zusatzleistung des beratenden Gesellschafters liegt. Eine Gehaltsabsenkung ist – auch nach Auffassung des BFH6 – dann nicht erforderlich, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf freiberuflicher Basis Aufgaben übernimmt, die nicht in den ureigenen Aufgabenbereich eines Geschäftsführers fallen und die bisher von einem – ausgeschiedenen – Angestellten erfüllt wurden.
537
Eine echte selbstständige Beratungsleistung (Zusatzleistung außerhalb der Geschäftsführeraufgaben) kann im Übrigen nicht in die Berechnung der maximal angemessenen Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers einbezogen werden. Sie führt bei angemessener Vergütung regelmäßig nicht zu einer vGA.
538
Da es in diesen Fällen zuvorderst auf die genaue Abgrenzung der Leistungspflichten ankommt, sollte stets auf eine eindeutige Abgrenzung der Leistungspflichten nach dem An-
539
1 2 3 4 5 6
Schl.-Holst. FG v. 6.12.2007 – 1 K 147/04, EFG 2008, 637 (rkr.). BFH v. 17.12.2003 – I R 25/03, BFH/NV 2004, 819. Vgl. auch BFH v. 8.4.1997 – I R 39/96, GmbHR 1997, 1070. BFH v. 29.5.1996 – I R 70/95, GmbHR 1997, 184 unter Nr. 2c der Gründe. Fall des BFH v. 8.4.1997 – I R 39/96, GmbHR 1997, 1070. BFH v. 9.9.1998 – I R 104/97, GmbHR 1999, 486.
Stimpel
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§ 8 Rz. 539–543
Ermittlung des Einkommens
stellungsvertrag und dem Beratervertrag geachtet werden.1 Zwar ist dies nach Ansicht des BFH2 nicht in jedem Fall zwingend erforderlich, aber zumindest bei Dauerleistungen unumgänglich. 540
Nach Aufgabe der alten Rechtsprechung zum Wettbewerbsverbot führt eine fehlende Aufgabenabgrenzung zwischen den Tätigkeitsfeldern einer GmbH und eines beherrschenden Gesellschafters nicht bereits zwingend zur Annahme einer vGA. Es genügt nach neuerer Sichtweise des BFH grundsätzlich, dass die Leistungsvereinbarung (zB Beratervertrag) den schuldrechtlichen Charakter hinreichend klar zum Ausdruck bringt.3 Allerdings ist nach der Rechtsauffassung des BFH in den sog. Subunternehmerfällen zu prüfen, ob die entgeltliche Beauftragung des Gesellschafter-Geschäftsführers für die GmbH gewinnmäßig günstiger wäre als die Selbstabwicklung. Hierbei spräche eine fehlende Aufgabenabgrenzung dafür, dass der Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer verpflichtet gewesen sei, die Aufgaben für die GmbH abzuwickeln.4 Eine derartige zusätzliche Abgrenzungsvereinbarung ist aber entbehrlich, wenn der Gesellschafter nur eine vertraglich festgelegte Einzelleistung erbringt. 3. Beratung durch Nur-Gesellschafter (nicht Geschäftsführer)
541 Beraterverträge zwischen GmbH und Gesellschafter sind steuerlich unproblematischer, wenn es sich um Leistungsbeziehungen zu einem Nur-Gesellschafter (nicht Geschäftsführer) handelt, denn in solchen Fällen entfällt die Abgrenzungsproblematik zwischen Anstellungsverhältnis und Beratervertrag. Die Vergütung für die Beratungsleistung ist allerdings der normalen vGA-Prüfung zu unterziehen. Dies beinhaltet zuvorderst die betragsmäßige Angemessenheit der gezahlten Vergütung (materieller Fremdvergleich). Hierbei wird zu prüfen sein, ob der „beratende“ Gesellschafter über die erforderliche Qualifikation verfügt und die vereinbarte Beratungsleistung tatsächlich auch erbringt. Die Beratungsleistung muss für die Gesellschaft einen messbaren Wert darstellen und aus unternehmerischer Sicht erforderlich sein. Ist der „beratende“ Gesellschafter ein beherrschender Gesellschafter, so sind zudem die Kriterien des formellen Fremdvergleichs mit in die Betrachtung einzubeziehen. So muss das Beraterhonorar aufgrund zivilrechtlich wirksamer, klarer und im Voraus abgefasster Vereinbarungen von der GmbH geschuldet werden.5 4. Beratung durch einen pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführer 542 Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer die in der Versorgungszusage bzw. im Geschäftsführeranstellungsvertrag vereinbarte Altersgrenze erreicht, stellt sich die Frage, wie verfahren werden sollte, wenn er über die festgelegte Altersgrenze hinaus weiter für die Gesellschaft tätig sein möchte. Hier bietet sich in der Praxis vielfach der Abschluss eines Beratervertrags an. Dies gilt insbesondere deshalb, weil dem Gesellschafter-Geschäftsführer uU durch die formale Beendigung des Anstellungsverhältnisse und den Abschluss eines Beratervertrags der gleichzeitige Bezug einer Pension und einer laufenden Vergütung ermöglicht wird (Rz. 1037 ff.). Nach der Rechtsprechung des BFH6 schließen sich zumindest der gleichzeitige Bezug von laufendem Gehalt und Pension aus demselben Dienstverhältnis gegenseitig aus, dh., die Pension muss zwecks Vermeidung einer vGA um das weiter bezogene Gehalt gekürzt werden. Diese Frage ist inzwischen aber wieder beim BFH anhängig.7 543
Bei einem pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführer muss aber bei Abschluss eines Beratervertrags darauf geachtet werden, dass die vereinbarte Vergütung der tatsächlichen erbrachten Leistung entspricht. Es ist daher (auch bei nicht wesentlich beteiligten Gesellschaftern) ratsam, über die erbrachten Leistungen des „Beraters“ exakte Nachweise zu führen.8 Wenn der pensionierte Gesellschafter auch nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer eine beherrschende Beteiligung an der GmbH hält, sollte darüber hinaus darauf ge-
1 S. zur Abgrenzungsproblematik auch Koenig, INF 1996, 673. 2 BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315 unter Nr. 4a der Gründe; v. 8.4.1997 – I R 39/96, GmbHR 1997, 1070. 3 BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, FR 1995, 905 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 58; v. 18.12.1996 – I R 26/95, FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 362; v. 8.4.1997 – I R 39/96, GmbHR 1997, 1070. 4 BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315 unter Nr. 4a der Urteilsgründe. 5 FG Hess. v. 13.4.2011 – 4 V 1964/10, juris (rkr.). 6 BFH v. 5.3.2008 – I R 12/07, FR 2008, 1022 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2008, 663. 7 Revisionsverfahren I R 60/12 gegen das Urt. des FG Sa.-Anh. v. 27.6.2012 – 3 K 359/06, EFG 2013, 69. 8 FG BW v. 8.3.2001 – 6 K 44/98, EFG 2001, 777 (rkr.).
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Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 543–548 § 8
achtet werden, dass sein Aufgabenbereich als Berater der GmbH klar vertraglich umrissen ist. Ist der Beratervertrag mit dem pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner 544 Ausgestaltung unüblich, stellt das gesamte Beraterhonorar eine vGA dar. Eine derartige Unüblichkeit nimmt die Rechtsprechung1 an, wenn ohne konkrete Quantifizierung der zu erbringenden Leistungen ein hohes Festhonorar festgelegt wird oder die GmbH den Vertrag nur unter Einhaltung außergewöhnlich langer Kündigungsfristen beenden kann. 5. Typische Fallgestaltungen Beratungsleistung wird man unter den dargestellten Gesichtspunkten in folgenden Fällen dem Grunde nach anerkennen können: –
Der Gesellschafter-Geschäftsführer erbringt neben seiner Geschäftsführertätigkeit in einem abgegrenzten, seine Geschäftsführertätigkeit nicht umfassenden Bereich Leistungen an die GmbH.
–
Der pensionierte Gesellschafter-Geschäftsführer arbeitet den neuen Geschäftsführer auf freiberuflicher Basis ein.
–
Der Nur-Gesellschafter verfügt über technisches Spezialwissen, das er der GmbH für die Entwicklung neuer Produkte zur Verfügung stellt.
–
Der Nur-Gesellschafter ist selbstständiger Unternehmensberater und erbringt gegenüber seiner GmbH konzeptionelle Beratungsleistungen. Entsprechendes gilt für andere Leistungen im Rahmen einer freiberuflichen oder gewerblichen Betätigung.
–
Der Nur-Gesellschafter ist an mehreren Gesellschaften beteiligt, aber nur in einer GmbH als Geschäftsführer angestellt. Er erbringt wirtschaftliche Beratungsleistungen gegenüber den Gesellschaften, in denen er nicht Geschäftsführer ist.
–
Der Nur-Gesellschafter übernimmt Marketing- und Repräsentationsaufgaben für die GmbH, während der angestellte Geschäftsführer sich ausschließlich auf das Tagesgeschäft konzentriert.
545
6. Art und Angemessenheit des Beratungsentgelts Unabhängig von der steuerrechtlichen Qualifizierung der Entgelte aufseiten des Gesellschafters ist die vereinbarte Vergütung bei der GmbH in erster Linie auf ihre Angemessenheit hin zu untersuchen. Das Beratungsentgelt führt keinesfalls von vornherein nur deshalb zu einer vGA, weil die Geschäftsführertätigkeit unzutreffenderweise als freiberufliche Beratung abgerechnet worden ist. Die steuerliche Qualifikation der Beratungstätigkeit als nicht selbstständige Tätigkeit führt vielmehr nur dann und insoweit zu einer vGA, als die als Beratungshonorar deklarierte Vergütung ein angemessenes Geschäftsführerhonorar übersteigt. Dies gilt selbst dann, wenn der „beratende“ Gesellschafter-Geschäftsführer eine beherrschende Stellung innehat, vorausgesetzt, es existiert von vornherein – also vor Beginn des Wirtschaftsjahres, für das die Beratungsleistung erbracht wird – eine klare und eindeutige Vereinbarung über die Leistung und das Entgelt.2
546
Ist die Beratungstätigkeit eine selbstständige Tätigkeit, so ist das Beraterhonorar nach den allgemeinen Regeln des Fremdvergleichs auf seine Angemessenheit hin zu untersuchen. Die für die Bemessung eines Geschäftsführergehalts maßgebenden Einflussfaktoren (zB Branche, Umsatzentwicklung, Gewinnaussichten, Umfang des Kundenkreises, Zahl der Mitarbeiter usw.) spielen hier keine Rolle. Vielmehr ist der allgemeine Marktpreis für die Beratungsleistung (zB Gebührenordnung) das entscheidende Fremdvergleichskriterium.3
547
Die Vereinbarung von Stundenhonoraren oder Tagessätzen ist anzuerkennen, wenn diese Abrechnungsart in der Branche allgemein üblich ist. Allerdings müssen die Abrechnungsmodalitäten im Voraus klar und eindeutig vereinbart sein.4 Die BFH-Rechtsprechung zur Qualifikation von Überstundenvergütungen als vGA5 ist diesbezüglich nicht einschlägig, weil diese Rechtsprechung nur zu dem spezifischen Bereich einer Arbeitszeitregelung für
548
1 FG München v. 19.7.2010 – 7 K 2384/07, GmbHR 2010, 1113 (rkr.). 2 Vgl. ua. BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136; v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 mwN. 3 BFH v. 23.6.1993 – I R 72/92, BStBl. II 1993, 801. 4 BFH v. 17.12.2003 – I R 25/03, BFH/NV 2004, 819; v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = DStRE 2003, 1424. 5 BFH v. 17.12.2003 – I R 25/03, BFH/NV 2004, 819.
Stimpel
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§ 8 Rz. 548–553
Ermittlung des Einkommens
den Geschäftsführer ergangen ist, nicht jedoch zu freiberuflichen Tätigkeiten bzw. Subunternehmertätigkeiten. 549
Beratungshonorare an beherrschende Gesellschafter müssen nach allgemeinen Regeln vereinbarungsgemäß ausbezahlt werden, weil es ansonsten an der tatsächlichen Durchführung des Vertrags mangelt. Für monatliche Leistungsvergütungen gilt der Grundsatz, dass sie auch monatlich ausbezahlt werden müssen. Selbst kurzfristige Verzögerungen in der Auszahlung können steuerlich nur anerkannt werden, wenn sie ihren Grund in den Besonderheiten des Einzelfalles haben und üblich sind.1
Besserungsleistungen der GmbH 550 Verzichtet ein Gesellschafter (oder eine nahestehende Person des Gesellschafters) auf eine Forderung gegen seine GmbH unter der auflösenden Bedingung, dass im Besserungsfall die Forderung wiederaufleben soll, so wird die bei der Gesellschaft ausgewiesene Verbindlichkeit zunächst wie bei einem normalen Schulderlass erfolgswirksam ausgebucht. Es kommt zu einer verdeckten Einlage in Höhe des noch werthaltigen Teils der Forderung. Diese verdeckte Einlage führt auf der sog. zweiten Gewinnermittlungsstufe zu einer Verminderung des Einkommens der GmbH. Der Forderungsverzicht wirkt sich somit, auch wenn die Kapitalgesellschaft ihn als Ertrag verbucht hat, bei dieser in Höhe des werthaltigen Teils steuerlich nicht aus, erhöht aber insoweit das steuerliche Einlagekonto. Der Gesellschafter realisiert seine Forderung in Höhe des werthaltigen Teils und wendet sie der Gesellschaft zu. In Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung bleibt es dagegen auf der Ebene der Gesellschaft bei einem steuerwirksamen Ertrag. Insoweit realisiert der Gesellschafter seine Forderung nicht.2 551
Tritt später die Bedingung (der Besserungsfall) ein, so wird die Verbindlichkeit gegen den Gesellschafter wieder erfolgswirksam eingebucht. Diese Wiedereinbuchung und auch die spätere Erfüllung der Forderung ist keine vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, sondern eine steuerlich anzuerkennende Form der Rückzahlung von Fremdkapital.3 Dies gilt auch dann, wenn der vorherige Forderungsverzicht gesellschaftsrechtlich veranlasst war.4 Durch den Bedingungseintritt lebt der ursprüngliche schuldrechtliche Veranlassungszusammenhang wieder auf und der gesellschaftsrechtliche Zusammenhang entfällt. Das steuerliche Einlagekonto (§ 27 KStG) wird vermindert, soweit es durch den Forderungsverzicht erhöht wurde.
552
Die gleichen Grundsätze gelten zudem, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund einer Besserungsklausel zunächst auf sein Gehalt verzichtet. In Übereinstimmung mit der vereinbarten Besserungsklausel erfolgte Gehaltsnachzahlungen im Besserungsfall stellen keine vGA dar.5 Diese auf der Rechtsprechung des BFH basierende steuerrechtliche Beurteilung der Besserungsabrede wird auch von der Finanzverwaltung6 einschränkungslos geteilt.
553
Soweit der Bedingungseintritt nach den im Voraus getroffenen Vereinbarungen zurückwirkt, können nach Auffassung der Finanzverwaltung auch für die Zeit der Krise steuerwirksam Zinsen entstehen, deren Einbuchung und Zahlung keine vGA auslösen. Es hängt allerdings von der konkreten Vereinbarung ab, ob die Besserungsvereinbarung zurückwirkt oder nicht. Umfasst der Forderungsverzicht mit Besserungsschein auch den Anspruch auf Darlehenszinsen während der Krise, so sind nach Bedingungseintritt Zinsen auch für die Dauer der Krise (also für die Zeitspanne, in der zivil- und steuerrechtlich keine Fremdverbindlichkeit vorlag) als Betriebsausgaben abzuziehen.7 Der Eintritt der auflösenden Bedingung hat in entsprechender Anwendung des § 158 Abs. 2 BGB zur Folge, dass eine durch den auflösend bedingten Forderungsverzicht eingetretene Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis entfällt und der ursprüngliche (schuldrechtliche) Veranlassungszusammenhang wieder auflebt. Wenn allerdings eine klare und eindeutige, im Voraus getroffene Vereinbarung vorliegt, nach welcher der Bedingungseintritt schuldrechtlich auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen werden soll (§ 159 BGB), so liegt im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft 1 BFH v. 13.11.1996 – I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; FG BW v. 2.11.1995 – 6 K 65/93, EFG 1996, 342 (rkr.). 2 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307; vgl. dazu Hoffmann, DStR 1997, 1625; Gosch, StBp 1997, 301; Neu, GmbH-StB 1998, 131; Neumann, FR 1997, 925. 3 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 302 „Besserungsschein“. 5 BFH v. 18.12.2002 – I R 27/02, GmbHR 2003, 546. 6 BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648. 7 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 553–560 § 8
und beherrschendem Gesellschafter kein Verstoß gegen das Nachzahlungsverbot vor. Die steuerliche Anerkennung einer solchen Besserungsvereinbarung im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter setzt aber voraus, dass sie zwischen den Beteiligten ernsthaft vereinbart wurde und dem Erfordernis der klaren und eindeutigen Abmachung genügt. Unschädlich ist, dass bei der Bestimmung des Eintritts einer solchen Besserung bestimmte (enge) kaufmännische Einschätzungsfreiräume gewährt werden. Umstritten ist, ob die Besserungskonditionen detailliert festgelegt sein müssen1 oder ob dies entbehrlich ist2. Aufgrund des Klarheitsgebots muss der Besserungsfall anhand eindeutiger Kriterien ermittelbar sein, da es anderenfalls den Beteiligten offenstünde zu bestimmen, ob und ab welchem Zeitpunkt nach Überwindung der Krise wieder Zinsen entstehen. Es darf kein Zweifel daran bestehen, dass bei Wiederaufnahme der Zahlungen der Besserungsfall tatsächlich eingetreten ist. Ein fremder Dritter würde sich auf eine Besserungsvereinbarung mit Ungewissheiten und Unwägbarkeiten nicht einlassen, sondern zumindest kontinuierliche Prüfungsintervalle verlangen, um sich Klarheit über die wirtschaftliche Situation seines Geschäftspartners zu verschaffen.
554
Zu den Auswirkungen auf die Verlustabzugsbeschränkungen nach § 8 Abs. 4 bzw. § 8c KStG in den Fällen, in denen der Besserungsschein an einen Anteilserwerber veräußert wird, siehe Rz. 1673.
555
Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft 556
Siehe „GmbH & Co. KG“ in Rz. 805 ff.
Beteiligungsveräußerung 557
Siehe „Anteilsübertragung“ in Rz. 494 ff.
Betriebe gewerblicher Art 1. Grundlagen der Leistungsbeziehungen zur Trägerkörperschaft Körperschaften des öffentlichen Rechts sind mit ihren Betrieben gewerblicher Art gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG unbeschränkt steuerpflichtig, dh. für jeden BgA iSv. § 4 KStG ist das Einkommen gesondert zu ermitteln.3 Die KöR und der BgA können Leistungsbeziehungen eingehen, und zwar auf betrieblicher oder auf gesellschaftsrechtlicher (trägerschaftlicher) Ebene. Das Verhältnis zwischen BgA und KöR wird dadurch steuerlich ähnlich behandelt wie das Verhältnis zwischen einer GmbH und ihrem Alleingesellschafter.4
558
Die Grundsätze, die von der Rechtsprechung zu vGA entwickelt wurden, gelten auch für die Beziehungen zwischen BgA und KöR. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass das Einkommen des BgA dem Träger als eigenes Einkommen zugerechnet wird und letztlich ja die Trägerkörperschaft (und nicht etwa der BgA selbst) mit ihren Einkünften aus dem BgA steuerpflichtig ist. Bei der Ermittlung des Einkommens für einen BgA ist nach der Rechtsprechung des BFH so zu verfahren, als ob der BgA ein selbstständiges Steuerrechtssubjekt in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und die Trägerkörperschaft deren Alleingesellschafter wäre.5 Diese Sachbehandlung ergibt sich aus der gesetzlichen Zielrichtung, die öffentliche Hand gegenüber Betrieben der privaten Wirtschaft steuerlich nicht zu begünstigen. Sie findet dort ihre Grenze, wo die Besonderheiten des Betriebs gewerblicher Art eine andere Beurteilung gebieten. Auf diese Besonderheiten ist bei der steuerlichen Beurteilung von Leistungsbeziehungen zwischen BgA und Trägerkörperschaft Rücksicht zu nehmen.6
559
2. Regiebetrieb und Eigenbetrieb Bei kommunalen BgA unterscheidet man zwischen Regiebetrieben und Eigenbetrieben. Als Regiebetrieb wird eine wirtschaftliche Betätigung bezeichnet, die eine öffentliche Verwaltung ohne besondere betriebsbezogene Organisation ausübt. Der Regiebetrieb ist Teil der 1 Schlagheck, StBp 1998, 92; Neu, EFG 2002, 1117; sowie im Grundsatz ebenfalls bejahend BFH v. 18.12.2002 – I R 27/02, GmbHR 2003, 546. 2 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 324. 3 BFH v. 4.12.1991 – I R 74/89, BStBl. II 1992, 432. 4 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412 = FR 2002, 1222; Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489. 5 BFH v. 10.7.1996 – I R 108/95, I R 109/95, BStBl. II 1997, 230 = FR 1997, 108. 6 BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496 = FR 1984, 427.
Stimpel
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560
§ 8 Rz. 560–564
Ermittlung des Einkommens
allgemeinen Verwaltung der KöR und wird in der Regel nach kameralistischen Grundsätzen geführt. Anders als bei Eigenbetrieben werden bei Regiebetrieben im Haushaltsplan nicht die erwirtschafteten Jahresergebnisse, sondern die unsaldierten Einnahmen und Ausgaben ausgewiesen (Unterabschnitt des Einzelplans). Die Gewinnermittlung für den nicht der Eigenbetriebsverordnung unterliegenden Regiebetrieb erfolgt nur für steuerliche Zwecke. 561
Das Einkommen eines BgA kann durch Betriebsvermögensvergleich oder Einnahme-/ Überschussrechnung ermittelt werden. Eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist nach § 4 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 EStG vorzunehmen, soweit eine Buchführungsverpflichtung nach §§ 140, 141 AO besteht oder eine freiwillige „kaufmännische“ Buchführung geführt wird.1 Daneben kann sich eine Buchführungspflicht auch aufgrund der Kaufmannseigenschaft für die wirtschaftliche Tätigkeit gem. §§ 238, 263 HGB ergeben. Liegt keine Buchführungspflicht nach § 140 AO vor, so kann sich eine Buchführungspflicht nach § 141 AO ergeben, wenn bestimmte Umsatz- oder Gewinngrenzen überschritten werden. Ansonsten wird der Gewinn des Regiebetriebs nach § 4 Abs. 3 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und -ausgaben ermittelt.
562
Der kommunale Eigenbetrieb ist dagegen eine organisatorisch und haushaltsmäßig verselbstständigte Einrichtung der KöR, die – mit eigener Verfassung (Betriebssatzung) und eigenem Rechnungswesen (kaufmännisches Rechnungswesen) versehen – als wirtschaftliches Unternehmen auftritt. Der Eigenbetrieb wird in der Vermögensrechnung der Gemeinde als Sondervermögen gebildet und getrennt nachgewiesen. Hierbei wird festgehalten, welche Mittel dem Betrieb aus dem allgemeinen kommunalen Vermögen zugewiesen worden ist. Diesem Sonderausweis des Eigenbetriebsvermögens fehlt allerdings jedwede zivilrechtliche Wirkung hinsichtlich der Haftung gegenüber den Gläubigern der Gemeinde. Das gesondert erfasste Eigenbetriebsvermögen bleibt Vermögen der Gemeinde. Im Haushalt der KöR sind nicht die Einnahmen und Ausgaben des Eigenbetriebs zu veranschlagen, sondern nur die dem erwirtschafteten Jahresergebnis entsprechenden Zuführungen an den Eigenbetrieb bzw. Abführungen des Eigenbetriebs. Rechtsgrundlagen für die Begründung eines Eigenbetriebs einer Gemeinde sind die §§ 107 ff. der Gemeindeordnung. Nach § 140 AO besteht eine steuerliche Buchführungspflicht, soweit bereits eine Buchführungspflicht aufgrund anderer Gesetze vorliegt (zB § 19 Abs. 1 EigenbetriebsVO NRW). 3. Anforderungen an eine Vereinbarung zwischen BgA und Trägerkörperschaft
563
Da das Steuerrecht von einer Verselbstständigung der Betriebe gewerblicher Art ausgeht, können sowohl bei Eigenbetrieben als auch bei Regiebetrieben klar und eindeutig im Voraus getroffene Regelungen steuerrechtlich anerkannt werden (zB Kauf, Darlehen, Konzessionsabgaben). Bei Leistungsbeziehungen zwischen einer Trägerkörperschaft und ihrem BgA müssen allerdings besonders hohe Anforderungen an die Klarheit und Eindeutigkeit der „Vereinbarungen“ gestellt werden.2 Dies gilt in besonderem Maße, weil es sich bei Vereinbarungen mit der KöR nicht um Verträge im zivilrechtlichen Sinne, sondern nur um reine Dokumentationen für steuerliche Zwecke handelt. Solche internen Vereinbarungen zwischen der Trägerkörperschaft und ihrem BgA sind bei der steuerlichen Einkommensermittlung grundsätzlich zu beachten, wenn eine vergleichbare Vereinbarung auch zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschendem Gesellschafter anzuerkennen wäre.3 Dies bedeutet allerdings auch, dass Leistung und Gegenleistung klar und eindeutig im Voraus vereinbart sein müssen. Eine Anerkennung von Vereinbarungen zwischen KöR und BgA scheidet allerdings dann aus, wenn die öffentliche Hand bei der Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit gegenüber privaten Unternehmen steuerlich begünstigt würde. 4. Einzelfragen a) Gewinnerzielungsabsicht, Liebhaberei
564
Ein BgA ist – anders als eine Kapitalgesellschaft – nicht zwingend auf Gewinnerzielung gerichtet. Von einem Liebhabereibetrieb ist im Falle eines BgA nur dann auszugehen, wenn die Einnahmeerzielungsabsicht fehlt.4 Auch ein BgA, der dauernd Verluste macht, die durch die Trägerkörperschaft finanziert werden, tätigt deshalb noch nicht zwingend eine vGA.
1 BMF v. 3.1.2013 – IV C 2 - S 2706/09/10005, BStBl. I 2013, 59, in Ersetzung v. BMF v. 9.2.2012 – IV C 2 - S 2706/09/10005, BStBl. I 2012, 184. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Betriebe gewerblicher Art“. 3 BFH v. 1.9.1982 – I R 44/78, BStBl. II 1982, 783 = FR 1982, 625. 4 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl. I 2009, 1303.
492
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 564–569 § 8
Dies gilt selbst dann, wenn der BgA im Interesse der Trägerkörperschaft Aufgaben übernimmt und diese Aufgaben schon von ihrer konzeptionellen Ausrichtung her nur Verluste einbringen können.1 Alleine der Umstand, dass der BgA nicht kostendeckend arbeitet, reicht demnach nicht aus, um von einer trägerschaftlich veranlassten Vorteilszuwendung an die KöR auszugehen. Diese Grundsätze gelten allerdings nur solange, wie der BgA seine Leistungsbeziehungen zu fremden Dritten unterhält. Darüber hinaus scheidet die Annahme einer vGA bereits dem Grunde nach aus, soweit es sich bei dem Verlustbetrieb um ein Dauerverlustgeschäft iSv. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 iVm. Satz 2 KStG handelt (Rz. 1844 ff.). Entstehen die Verluste allerdings dadurch, dass der BgA Leistungen gegenüber der Trägerkörperschaft erbringt, und wird für diese Leistungen kein angemessenes Entgelt vereinbart, dann ist regelmäßig von einer vGA auszugehen. So hat der BFH2 entschieden, dass ein BgA Wasserwerk, der mit seinen Bediensteten die Daten für den Wasserverbrauch ermittelt und diese Daten der Gemeinde (Trägerkörperschaft des Wasserwerks) für die Erhebung der Abwassergebühren unentgeltlich zur Verfügung stellt, eine vGA in Höhe eines im Geschäftsverkehr üblichen Entgelts bewirkt.
565
b) Zusammenfassung von Gewinn- und Verlustbetrieben als vGA? Wie unter § 4 KStG Rz. 38 dargestellt, hat eine KöR für jeden BgA das Einkommen geson- 566 dert zu ermitteln. Grundsätzlich dürfen aber mehrere BgA zu einem BgA zusammengefasst werden, wenn die BgA gleichartig sind.3 Sind die Betriebe nicht gleichartig, so kommt eine Zusammenfassung ausnahmsweise dann in Betracht, wenn zwischen ihnen objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht.4 Ein typisches Beispiel hierfür ist der Ausgleich des Überdrucks in einem Blockheizkraftwerk durch Erwärmung des Wassers in einem Bäderbetrieb.5 Eine solche Zusammenfassung ist nur körperschaftsteuerlich, nicht aber gewerbesteuerlich möglich, da die Annahme eines Gewerbebetriebs gem. § 2 GewStG Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt, während die Annahme eines BgA iSv. § 4 KStG nur Einnahmeerzielungsabsicht erfordert. Ein dauerdefizitärer BgA (wie zB ein Bäderbetrieb) erfüllt die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs nicht, es sei denn, die Gewinnerzielungsabsicht entsteht durch die Einlage gewinnbringender Beteiligungen.6 Die Finanzverwaltung7 verfährt allerdings in der Praxis anders und lässt eine Zusammenfassung auch für Zwecke der Gewerbesteuer zu, wenn gleichartige BgA vorliegen oder eine gegenseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht und der zusammengefasste BgA eine Gewinnerzielungsabsicht hat. Werden zwei nicht gleichartige BgA zusammengefasst, obwohl eine gegenseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht nicht besteht, so wird die Verrechnung der Gewinne und Verluste nach § 42 AO als Gestaltungsmissbrauch behandelt. Auch eine Zusammenfassung einer hoheitlichen Tätigkeit mit einem BgA oder einer vermögensverwaltenden Tätigkeit mit einem BgA ist unter dem Blickwinkel des § 42 AO unzulässig.
567
Es ist allerdings grundsätzlich möglich, verschiedene BgA innerhalb einer Kapitalgesellschaft zusammenzuführen. Nach Auffassung des BFH findet bei dieser Organisationsform § 42 AO grundsätzlich keine Anwendung. Organisatorische Vorteile und Synergieeffekte durch die Zusammenfassung in einer privatrechtlichen Organisationsform reichen regelmäßig aus, einen Gestaltungsmissbrauch zu verneinen. Der BFH hat offengelassen, ob dies auch dann gilt, wenn durch die Zusammenführung in einer Kapitalgesellschaft Gewinne und Verluste nicht zusammenfassbarer BgA verrechnet werden.
568
Allerdings wird regelmäßig eine vGA anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft ohne angemessenes Entgelt Aufgabenbereiche übernommen hat, die im privaten Interesse ihrer Gesellschafter liegen und bei der Gesellschaft zu Verlusten führen.8 Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wäre nicht bereit, eine dauernde Kostenunterdeckung
569
1 Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Betriebe gewerblicher Art“; Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 40. 2 BFH v. 10.7.1996 – I R 108/95, I R 109/95, BStBl. II 1997, 230 = FR 1997, 108; v. 28.1.2004 – I R 87/02, BFH/NV 2004, 736. 3 R 7 Abs. 1 KStR 2004; BFH v. 12.7.1967 – I 267/63, BStBl. III 1967, 679; kritisch Seer/Wendt, DStR 2001, 825. 4 BFH v. 8.11.1989 – I R 187/85, BStBl. II 1990, 242 = FR 1990, 285; v. 4.9.2002 – I R 42/01, BFH/NV 2003, 511. 5 BFH v. 16.1.1967 – GrS 4/66, BStBl. III 1967, 240. 6 BFH v. 25.7.2002 – I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341. 7 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 98. 8 R 7 Abs. 2 KStR 2004.
Stimpel
493
§ 8 Rz. 569–575
Ermittlung des Einkommens
aus Dienstleistungen hinzunehmen, die an sich ihrem Gesellschafter obliegen. Dies gilt insbesondere auch für dauerdefizitäre Aufgaben der allgemeinen Daseinsvorsorge.1 Dies gilt nicht für Anlaufverluste oder unerwartete lfd. Verluste, wenn die Tätigkeit im Kern auf Gewinnerzielung gerichtet ist.2 570
Zu einer vGA kommt es in der Praxis aber nicht, wenn die öffentliche Hand Betriebe in einer Kapitalgesellschaft zusammenführt, die auch zusammengefasst werden könnte, wenn es sich um BgA handelte.3 So kann zB ein dauerdefizitärer Bäder-BgA in eine gewinnorientierte Stadtwerke-GmbH eingebracht werden, wenn zwischen beiden Betrieben eine gegenseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Auch eine Zusammenfassung eines gewinnorientierten Versorgungsbetriebs mit einem dauerdefizitären Verkehrsbetrieb in einer Kapitalgesellschaft ist danach anzuerkennen.
571
Die Rechtsfolgen einer vGA werden unter den Voraussetzungen von § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG nicht gezogen, obwohl die Übernahme der Verluste keine betrieblichen, sondern gesellschaftsrechtliche Gründe hat.4 Liegt hingegen kein Dauerverlustgeschäft iSv. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vor, gelten die allgemeinen Grundsätze der vGA.5 c) Vermögensübertragungen zwischen BgA als vGA?
572 Werden Vermögensgegenstände ganz oder teilweise unentgeltlich auf einen anderen BgA derselben KöR oder in den hoheitlichen oder vermögensverwaltenden Bereich derselben KöR übertragen, so führt die fiktive Verselbstständigung des BgA folgerichtig zur Annahme einer vGA.6 Rechtsfolge ist zum einen die Aufdeckung der stillen Reserven in dem übertragenen Wirtschaftsgut und zum anderen die Kapitalertragsteuerpflicht des Vorgangs. Die Finanzverwaltung7 wendet bei Vermögensübertragungen auf einen anderen BgA konsequent die Grundsätze an, die für vGA zwischen Schwestergesellschaften gelten. 573
Praxishinweis: Wird ein Wirtschaftsgut, das einem BgA als Betriebsvermögen dient, durch eine einfache Nutzungsänderung (zB Nutzung für einen anderen BgA, für eine Eigengesellschaft der KöR oder den hoheitlichen Bereich der KöR) aus seinem bisherigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang herausgelöst, so kann der BgA das Wirtschaftsgut möglicherweise nicht mehr als Betriebsvermögen aktivieren. Es kommt dadurch ggf. zu einer vGA an die Trägerkörperschaft, bei der KapESt entsteht und die stillen Reserven des an die KöR überführten Wirtschaftsguts aufzudecken sind.
574
Diese Rechtsfolgen sollen auch eintreten, wenn sämtliche Wirtschaftsgüter eines BgA (also der gesamte betriebliche Organismus) auf einen anderen BgA übertragen werden.8 Während § 20 UmwStG hier mangels Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile unstreitig keine Anwendung finden kann, wird im Schrifttum9 auch die Ansicht vertreten, § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG (Zwang zur Buchwertfortführung) finde analoge Anwendung. Die Finanzverwaltung nimmt hier hingegen eine vGA mit anschließender vE an.10
575
Diese Diskussion dürfte allerdings eher theoretischer Natur sein und in der Praxis keine Rolle spielen, denn eine Überführung eines ganzen BgA auf einen anderen BgA ist wohl nahezu ausschließlich in den Fällen der Zusammenfassung mehrerer BgA oder der Übertragung eines BgA auf eine AöR denkbar. Werden aber mehrere – zunächst getrennte – BgA (zulässigerweise) zu einem BgA zusammengefasst, so entsteht dadurch kein völlig anderer BgA. Vielmehr setzt die juristische Person des öffentlichen Rechts mit dem nach der Zusammenfassung bestehenden BgA die bisherigen Tätigkeiten in dem zusammengefassten BgA unverändert fort.11 Die Wirtschaftsgüter werden hier nicht übertragen, sondern unverändert weiter genutzt. Durch die Zusammenfassung kommt es somit weder zu einer Aufdeckung stiller Reserven noch entsteht Kapitalertragsteuer. Es handelt sich nicht um die Überführung oder gar Übertragung aller Wirtschaftsgüter auf einen „anderen“ (zusammengefassten) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
BFH v. 14.7.2004 – I R 9/03, FR 2005, 146 = BFH/NV 2004, 1689. Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 66. R 7 Abs. 2 KStR 2004. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 24–51; s. auch Rz. 1872. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 52. BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412 = FR 2002, 1222; Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489. BMF v. 11.9.2002 – IV A 2 - S 1910 - 194/02, BStBl. I 2002, 935 Rz. 27; OFD Frankfurt v. 15.1.2004 – S 2706 A - 74 - St II 1.04, FR 2004, 856. Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 147. Bauschatz/Strahl, DStR 2004, 489. OFD Frankfurt v. 15.1.2004 – S 2706 A - 74 - St II 1.04, FR 2004, 856. BFH v. 4.12.1991 – I R 74/89, BStBl. II 1992, 432.
494
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 575–578 § 8
BgA. Anderenfalls wären Verluste/Gewinne aus der Zeit vor der Zusammenfassung überhaupt nicht nach § 10d EStG mit Gewinnen/Verlusten aus der Zeit nach der Zusammenfassung verrechenbar. d) Miet- und Pachtverhältnisse zwischen BgA und Trägerkörperschaft Zwar können zwischen einem BgA und einer Trägerkörperschaft keine zivilrechtlich wirksamen Verträge geschlossen werden. Dennoch werden auch Miet- und Pachtvereinbarungen zwischen einem BgA und seiner Trägerkörperschaft steuerlich anerkannt, wenn klare und eindeutige, im Voraus getroffene Vereinbarungen bzw. Beschlüsse existieren.1 Rechtsprechung2 und Finanzverwaltung3 ziehen allerdings eine Grenze bei Vereinbarungen, aufgrund derer eine Trägerkörperschaft ihren Betrieb gewerblicher Art mit Mietzinsen oder Pachtzinsen für solche Wirtschaftsgüter belastet, die der Trägerkörperschaft gehören und die eine wesentliche Grundlage des BgA darstellen. Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen eines BgA können dann auch Grundstücke gehören, die er von der KöR gepachtet hat, wenn die Grundstücke zeitweise dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. In der Praxis scheitert eine klare Abgrenzung in Miet- und Pachtfällen häufig an der Definition der wesentlichen Betriebsgrundlage. Nach der Rechtsprechung des BFH4 gilt ausschließlich die funktionale Betrachtungsweise.
576
e) Darlehen und Kapitalausstattung aa) Grundsätze für die Darlehensvereinbarung Für steuerliche Zwecke wird der BgA einer KöR verselbstständigt. Dies bedeutet auch eine grundsätzliche Anerkennung von Darlehensverhältnissen, wenn die zugrunde liegenden Vereinbarungen klar und eindeutig sind und im Voraus getroffen werden.5 Als Vereinbarungen in diesem Sinne können zB Beschlüsse des Gemeinderats akzeptiert werden, wenn sich hieraus die Tilgungs- und Zinsmodalitäten zweifelsfrei nachvollziehen lassen. Der Ausweis in einem Haushaltsplan der KöR reicht nicht aus.6 Nach dem FG Münster7 können Zinsen, welche die Trägerkörperschaft für eine Gesamtkreditaufnahme zu zahlen hat, auch ohne besondere Regelung in angemessenem Umfang als Betriebsausgaben des BgA behandelt werden. Dies entspricht im Ergebnis der Regelung in R 33 Abs. 3 KStR, wonach allgemeine Ausgaben der KöR ohne eine besondere Regelung in angemessenem Umfang zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen sind.
577
Der BFH8 geht bei Finanzierungskosten allerdings davon aus, dass Darlehensverbind- 578 lichkeiten der KöR nicht ohne eine ausdrückliche klare und eindeutige, im Voraus getroffene Vereinbarung in eine Darlehensverbindlichkeit des BgA umgewidmet werden können. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob interne Darlehensvereinbarungen steuerrechtlich überhaupt zu berücksichtigen sind, wenn sie mit der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher Betriebsgrundlagen des BgA zusammenhängen. Dies ist zu verneinen, weil interne Miet- oder Pachtverträge zwischen einer Trägerkörperschaft und ihrem BgA über wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA nach gefestigter Rechtsprechung des BFH9 ebenfalls steuerlich unberücksichtigt bleiben müssen. Um wettbewerbsverzerrende Wirkungen zu vermeiden, darf es keine Rolle spielen, ob die wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet oder finanziert werden. Überträgt die KöR Wirtschaftsgüter auf ihren BgA, so kann bezüglich des übertragenen Vermögens zwischen KöR und BgA nur dann eine steuerlich anzuerkennende Darlehensvereinbarung geschlossen werden, wenn die Wirtschaftsgüter nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des BgA gehören. Hier treten allerdings dann steuerliche Probleme auf, wenn der BgA ein Regiebetrieb ist.
1 R 33 Abs. 1 KStR 2004. 2 BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496 = FR 1984, 427; v. 3.2.1993 – I R 61/91, BStBl. II 1993, 459 = FR 1993, 372. 3 R 33 Abs. 4 KStR 2004. 4 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412 = FR 2002, 1222. 5 R 33 Abs. 1 KStR 2004. 6 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 146. 7 FG Münster v. 21.2.1997 – 9 K 5796/93 K, EFG 1997, 1134 (rkr.). 8 BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412 = FR 2002, 1222. 9 BFH v. 14.3.1984 – I R 223/80, BStBl. II 1984, 496 = FR 1984, 427; v. 17.5.2000 – I R 50/98, BStBl. II 2001, 558 = FR 2000, 1039.
Stimpel
495
§ 8 Rz. 579–582
Ermittlung des Einkommens
579
Bei einem Regiebetrieb, der weder über eigene Konten noch über eigenes Kapital verfügt, setzt die Anerkennung einer Darlehensvereinbarung mit der KöR voraus, dass zumindest auf der Ebene der KöR Zinsaufwendungen tatsächlich entstanden sind und auch geleistet wurden und diese Zinsaufwendungen dem BgA eindeutig zugeordnet werden können. Die Zuordnung kann über einen vorab gefassten eindeutigen Beschluss des Gemeinderats erfolgen. Wenn dagegen auf das dem BgA zugewendete Vermögen tatsächlich keine Schuldzinsen entfallen, ist es ausgeschlossen, dass der BgA diese (tatsächlich nicht entstandenen) Schuldzinsen als Betriebsausgaben in Ansatz bringt. Es ist nicht möglich, dem BgA aus dem Hoheitsvermögen zugewendete (nicht kreditfinanzierte) Wirtschaftsgüter nur für steuerliche Zwecke als kreditfinanziert zu behandeln.1
580
Ein Eigenbetrieb verfügt im Gegensatz zu einem Regiebetrieb über ein sog. Widmungskapital. Fraglich ist, ob das bereits gewährte Widmungskapital zu einem späteren Zeitpunkt mit steuerlicher Wirkung in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt werden darf, wenn dadurch die schädliche Mindesteigenkapitalquote nicht unterschritten wird. Der BFH2 hat dies zwar im Grundsatz bejaht. Allerdings setzt die Anerkennung einer solchen steuerorientierten Gestaltung voraus, dass vernünftige – nicht nur steuerliche – Gründe für die Maßnahme vorliegen, und der BgA unter Berücksichtigung seiner Liquidität in der Lage gewesen wäre, das herabgesetzte Widmungskapital zurückzuzahlen. Die Rückzahlung von Widmungskapital ist bei kommunalen Eigenbetrieben nur zulässig, wenn dadurch die Aufgabenerfüllung und Entwicklung des Eigenbetriebs nicht beeinträchtigt wird und der Gemeinderat hierüber einen wirksamen Beschluss gefasst hat. Fehlt eine solche Beschlussfassung, dann kommt eine rein fiktive – nur steuerlichen Zwecken dienende – Umwidmung von Eigenin Fremdkapital nicht in Betracht.3 Erfolgt eine solche Beschlussfassung und hat die Herabsetzung vernünftige wirtschaftliche Gründe, so wirkt die Herabsetzung steuerlich nur ex nunc.4 bb) Angemessene Eigenkapitalausstattung
581 Darlehensverträge zwischen BgA und KöR sind allerdings nur der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit der BgA über eine angemessene Eigenkapitalausstattung verfügt. Zinsen für ein Darlehen, das die Trägerkörperschaft dem BgA gewährt, stellen nach diesen Grundsätzen vGA dar, soweit das Eigenkapital des BgA infolge der Darlehensverbindlichkeit einen bestimmten Prozentsatz des Aktivvermögens nicht erreicht.5 Nach Ansicht des BFH6 bestimmt sich der Vomhundertsatz nach der Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen der Privatwirtschaft im maßgebenden Zeitraum. Dies führt bei der Einkommensermittlung der KöR hinsichtlich der BgA zu einer Abweichung gegenüber der Einkommensermittlung bei Kapitalgesellschaften, denn Kapitalgesellschaften können grundsätzlich die Höhe der Eigenfinanzierung ohne negative steuerliche Konsequenzen frei bestimmen, da nach der Rechtsprechung7 verdecktes Gesellschaftskapital nur in Ausnahmefällen denkbar ist. Die Finanzverwaltung8 hat sich der BFH-Rechtsprechung im Grundsatz angeschlossen. 582
Nach Auffassung der Finanzverwaltung9 liegt eine angemessene Eigenkapitalausstattung vor, wenn das Eigenkapital mindestens 30 % des Aktivvermögens beträgt. Dieser Prozentsatz ist allerdings auf eine verwaltungsinterne Erhebung zurückzuführen, die sich auf das Jahr 1980 bezieht. Dies bedeutet allerdings nicht, dass für steuerliche Zwecke Fremdkapitalzinsen von 70 % des Aktivvermögens immer als Betriebsausgabe abziehbar sind. Die Angemessenheitsprüfung muss für jeden Veranlagungszeitraum erfolgen. Die maßgebliche Unterkapitalisierung berechnet sich wie folgt:10
1 FG Münster v. 21.2.1997 – 9 K 5796/93 K, EFG 1997, 1134 (rkr.). 2 BFH v. 6.8.1962 – I 65/60 U, BStBl. III 1962, 450. 3 FG Nds. v. 29.6.1999 – VI 27/96, EFG 1999, 1043 (rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 20.10.2000 – I B 99/99, BFH/NV 2001, 331, zurückgewiesen). 4 BFH v. 3.7.1956 – I 74/54 U, BStBl. III 1956, 238. 5 BFH v. 1.9.1982 – I R 52/78, BStBl. II 1983, 147; zustimmend Klempt, DStZ 1983, 262; kritisch dagegen Schmidt, FR 1993, 49. 6 BFH v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425. 7 S. auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 640. 8 H 33 KStH 2008. 9 R 33 Abs. 2 KStR 2004. 10 BFH v. 1.9.1982 – I R 52/78, BStBl. II 1983, 147 = FR 1983, 47.
496
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 582–585 § 8
Buchwerte der Aktiva zum 1.1. des Beobachtungsjahres ./. Baukostenzuschüsse ./. passivierte Wertberichtigungsposten Aktivvermögen = X Eigenkapital (Widmungskapital und offene Reserven) zum 1.1. des Beobachtungsjahres + Pensionsrückstellungen + unverzinsliche Darlehen der KöR Eigenkapital = Y Eigenkapitalquote = (Y × 100/X) Unterdeckung in % des Aktivvermögens = [30 ./. (Y × 100/X)] Darlehenszinsen auf den als Unterdeckung berechneten Betrag stellen vGA an die Trägerkörperschaft dar. Allerdings darf der zur Abgrenzung des Eigenkapitals von BgA in Anlehnung an die Kapitalausstattung privater Unternehmen zugrunde zu legende Prozentsatz des Aktivvermögens nicht festgeschrieben werden. Er ist nach der Rechtsprechung des BFH1 laufend an die jeweiligen Verhältnisse anzupassen, denn diese Kapitalstruktur privater Unternehmen unterliegt je nach Zeitraum und Branche ständigen Veränderungen. Eine Pauschalierung würde dem Fremdvergleichserfordernis nicht gerecht. Zwar enthält R 33 Abs. 2 KStR nach wie vor die pauschal anzuwendende 30 %-Quote. Die Gerichte sind allerdings an diese pauschale Schätzung nicht gebunden und werden wohl nur dann die Annahme einer vGA bestätigen, wenn des FA anhand empirischer Daten belegen kann, wie hoch die durchschnittliche Eigenkapitalquote der betreffenden Branche im Streitjahr war. Hierzu genügen wohl nicht die gesamtwirtschaftlichen Statistiken in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank, vielmehr müssen auch branchenspezifische Kennzahlen vorliegen, um zu belegen, dass ein BgA mit einer fremdunüblich niedrigen Eigenkapitalquote ausgestattet ist.
583
f) Leistungen an nahestehende Personen der Trägerkörperschaft Die im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter anzuwendenden Regeln 584 über Vorteilszuwendungen an nahestehende Personen der Gesellschafter gelten im Verhältnis zwischen BgA und Trägerkörperschaft nur eingeschränkt.2 So hat der BFH3 Kommunen und Zweckverbände nicht als nahestehende Personen eines Landkreises angesehen. Ein solches Verhältnis werde nicht schon dadurch begründet, dass der Landkreis über die Gemeinden die Rechtsaufsicht führt. Eine gleich gerichtete wirtschaftliche Interessenlage führt noch nicht zur Annahme nahestehender Personen. Vielmehr muss das „Nahestehen“ durch konkrete Umstände belegt werden.4 Die Annahme einer vGA setzt bei Leistungen im Interesse einer nahestehenden Person5 allerdings nicht voraus, dass der Nahestehende einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Gesellschafter hatte oder dass die Vorteilszuwendung in anderer Weise wirtschaftlich dem Gesellschafter zugutekommt. g) Sonstige Einzelfälle –
Angemessene Aufwendungen eines BgA für die gesetzlich vorgesehenen Rechnungs- und Kassenprüfungen durch das Rechnungsprüfungsamt der Kommune (Trägerkörperschaft) sind keine vGA.6
–
Pachtzinsen, die eine Trägerkörperschaft für ein ihrem BgA zur Nutzung überlassenes angepachtetes Grundstück zahlt, mindern das Einkommen des BgA.7
–
Die von einem BgA Wasserwerk an die Trägerkörperschaft gezahlten Nutzungsgebühren für die Wasserentnahme aus auf den Grundstücken der Trägerkörperschaft unterhaltenen Brunnen stellen vGA dar, weil die Grundstücke wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA sind.8
1 2 3 4 5 6
BFH v. 9.7.2003 – I R 48/02, BStBl. II 2004, 425 = FR 2004, 36. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Betriebe gewerblicher Art“. BFH v. 1.12.1982 – I R 69/80, I R 70/80, BStBl. II 1983, 152. BFH v. 17.11.1999 – I R 4/99, BFH/NV 2000, 1502. BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350. BFH v. 28.2.1990 – I R 137/86, BStBl. II 1990, 647, in Abweichung v. 13.3.1985 – I R 75/82, BStBl. II 1985, 435 = FR 1985, 648. 7 BFH v. 3.2.1993 – I R 61/91, BStBl. II 1993, 459 = FR 1993, 372. 8 BFH v. 6.11.1985 – I R 272/81, BFH/NV 1987, 123.
Stimpel
497
585
§ 8 Rz. 585–588
Ermittlung des Einkommens
–
Ein BgA Wasserwerk, der mit seinen Bediensteten die Daten für den Wasserverbrauch ermittelt und diese Daten seiner Trägerkörperschaft für die Erhebung der Abwassergebühren unentgeltlich zur Verfügung stellt, bewirkt eine vGA.1 Ob hierbei die hälftigen Vollkosten berechnet werden können, hat die Rechtsprechung allerdings offengelassen.2
–
Aufwendungen (Planungskosten und Abschreibungen) in Bezug auf ein Blockheizkraftwerk stellen bei Stadtwerken keine vGA an den Gewährträger dar, weil das Blockheizkraftwerk zum notwendigen Betriebsvermögen der Stadtwerke gehört.3
–
Die Zusammenfassung mehrerer Verlust-BgA in der Organisationsform einer Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch iSd. § 42 AO. Die Übernahme der laufenden Verluste durch die GmbH stellt allerdings in den Fällen eine vGA dar, in denen kein Dauerverlustgeschäft iSv. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vorliegt.4
–
Werden Wirtschaftsgüter, die Betriebsvermögen eines BgA sind, ohne entsprechende Gegenleistung in den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft überführt, ist dies als vGA zu beurteilen.5
h) Konzessionsabgaben 586 Konzessionsabgaben, die ein Versorgungs- oder Verkehrs-BgA an die öffentlich rechtliche Gebietskörperschaft für das Recht bezahlt, den Verbraucher zu versorgen, sind als Betriebsausgaben abziehbar, wenn dem BgA ein ausreichend hoher Gewinn verbleibt. Zur Abziehbarkeit von Konzessionsabgaben bei öffentlichen Betrieben, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme (Versorgungsbetriebe) oder dem öffentlichen Personennahverkehr dienen (Verkehrsbetriebe), hat das BMF6 im Einzelnen Stellung genommen. Die dort dargelegten Grundsätze sind erstmals für den Veranlagungszeitraum 1998 anzuwenden. Wenn der dort geforderte Mindestgewinn nicht erreicht wird, nimmt die Finanzverwaltung vGA an. Die Rechtsprechung7 hält eine solche Pauschalierung allerdings für unzulässig. Wenn der Versorgungsbetrieb von einer Personengesellschaft geführt wird, an der die KöR beteiligt ist, so bleibt auch hier die Konzessionsabgabe nach Auffassung der Finanzverwaltung im Rahmen der maßgeblichen Grenzen abziehbar. Es handelt sich nicht um Sonderbetriebseinnahmen der KöR.8 5. Kapitalertragsteuer auf vGA an die Trägerkörperschaft 587 Bei Körperschaften, die ihren Mitgliedern keine Einnahmen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vermitteln, wie zB Vereine, Betriebe gewerblicher Art, Stiftungen und andere Zweckvermögen, unterliegen die steuerpflichtigen Gewinne – wie auch bei Kapitalgesellschaften – dem definitiven Körperschaftsteuersatz von 15 % (bzw. 25 % bis 2007). Bei Leistungen an die Mitglieder/Gewährträger erfolgt – mangels Einkünften iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG – bei diesen keine weitere nachgelagerte Besteuerung der Vermögenszuwendung. Aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung mit Kapitalgesellschaften enthält § 20 EStG verschiedene Einnahmetatbestände, die eine Besserstellung der BgA, Vereine, Stiftungen u.a. gegenüber den Kapitalgesellschaften verhindern sollen. 588
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG führen auch Leistungen von BgA zu Einkünften aus Kapitalvermögen bei der KöR. Hierunter fallen auch vGA, soweit nicht das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt. Die Rechtsfolgen der Steuerpflicht gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG erschöpfen sich in der Kapitalertragsteuer, zu deren Einbehaltung und Abführung der BgA verpflichtet ist (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7b und 7c, 43a Abs. 1 Nr. 5 u. 6 EStG). Hierdurch gilt die Steuer der ausschüttungsempfangenden Trägerkörperschaft als abgegolten (§§ 2 Nr. 2, 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Sie wird definitiv, weil der öffentlich-rechtlichen Trägerkörperschaft eine Anrechnung verwehrt ist. Auch eine hälftige Erstattung gem. § 44c Abs. 2 Nr. 2 EStG kommt nicht in Betracht. Die Kapitalertragsteuer beträgt
1 2 3 4 5 6 7 8
BFH v. 10.7.1996 – I R 108/95, I R 109/95, BStBl. II 1997, 230 = FR 1997, 108. BFH v. 28.1.2004 – I R 87/02, BFH/NV 2004, 736. BFH v. 27.6.2001 – I R 82-85/00, BB 2001, 2201. BFH v. 14.7.2004 – I R 9/03, FR 2005, 146 = DStR 2004, 2052; bzgl. der Problematik des § 8 Abs. 7 KStG s. Rz. 1844 ff. BFH v. 24.4.2002 – I R 20/01, BStBl. II 2003, 412 = FR 2002, 1222. BMF v. 9.2.1998 – IV B 7 - S 2744 - 2/98, BStBl. I 1998, 209; ergänzt durch BMF v. 24.8.2012 – IV C 2 - S 2744/07/10001 :002, BStBl. I 2012, 904. BFH v. 6.4.2005 – I R 15/04, BStBl. II 2006, 196 = FR 2005, 1205. OFD Kiel v. 2.10.2002 – S 2241 A - St 234/S 2706 A - St 261, DB 2003, 240.
498
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 588–592 § 8
–
nach § 43a Abs. 1 Nr. 2 iVm. § 43 Abs. 1 Nr. 7b iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG bei BgA mit eigener Rechtspersönlichkeit (zB Sparkasse) für alle Leistungen 15 % des Kapitalertrags;
–
nach § 43a Abs. 1 Nr. 2 iVm. § 43 Abs. 1 Nr. 7c iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG n.F. bei BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, für alle nicht den Rücklagen zugeführten Gewinne 15 % des Kapitalertrags.
Bei den Regiebetrieben können unmittelbar keine Rücklagen gebildet werden, sodass alle erwirtschafteten Überschüsse in den allgemeinen Haushalt der KöR übergehen.1 Allerdings kann die Gemeinde für bestimmte Zwecke Sonderrücklagen bilden oder eine Erhöhung der allgemeinen Rücklage vornehmen (§ 20 GemHVO). Soweit die Gemeinde infolge eines konkreten Anlasses (zB eine geplante Erneuerung oder Kapazitätsausweitung im BgA) diese Rücklagen erhöht und für Zwecke des BgA separiert und im Haushaltsplan gesondert ausweist, entsteht keine Kapitalertragsteuer iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG, wenn die Rücklage tatsächlich zur Sicherung der Existenz des BgA geboten war. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der BgA die Rücklagen auch in der Steuerbilanz ausweist. Wenn die Trägerkörperschaft die Sonderrücklage allerdings für eigene hoheitliche Zwecke in Anspruch nimmt, kann in der Nichtverzinsung eine vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG liegen.
589
Betriebsaufspaltung Da das Besitzunternehmen und die Betriebskapitalgesellschaft zwei eigenständige Unternehmen sind, gelten für die steuerrechtliche Beurteilung der laufenden Geschäftsbeziehungen dieser beiden Unternehmen die allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätze. Dies wirft wegen der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung eine Reihe von VGA-Fragen auf:
590
1. Laufende Besteuerung a) Klare und eindeutige Pachtvereinbarung im Voraus Wegen der bestehenden personellen Verflechtung sind bei der Beurteilung der Leistungsbeziehung zwischen Besitzunternehmen und Betriebs-GmbH fast ausnahmslos auch die zusätzlichen Kriterien des formellen Fremdvergleichs für beherrschende Gesellschafter einschlägig.2 Folglich müssen Höhe und Fälligkeit des Pachtzinses klar und eindeutig im Voraus vereinbart werden. Schriftform ist zwar nicht zwingend erforderlich, aber in der Praxis aus Nachweisgründen unbedingt zu empfehlen. Wegen des Klarheitsgebots sollte der Pachtvertrag auch Regelungen über die Kostentragung von Reparaturen, sonstige laufende Kosten, Neuinvestitionen und sowie über etwaige Substanzerhaltungsverpflichtungen enthalten.3 Auch das Durchführungsgebot sollte besondere Beachtung finden. So führen erheblich verspätete Pachtzahlungen regelmäßig zu einer vGA, sofern die Zahlungsverzögerungen nicht Ausfluss einer wirtschaftlichen Krise der GmbH sind und nach Maßgabe der BFHRechtsprechung eine verspätete Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Durchführungsgebots noch kein Indiz für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist (s. Rz. 301 ff.).
591
b) Überhöhte Pachtzahlungen Ein typischer Anwendungsfall der vGA in der Betriebsaufspaltung ist die Vereinbarung unangemessen hoher Pachtzinsen. Hier liegen bezüglich des zu hoch bemessenen Teils (= vGA) Betriebseinnahmen des Besitzunternehmens und keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (Subsidiaritätsprinzip). Es bleibt daher auch im Falle einer vGA bei gewerblichen Einnahmen des Anteilseigners, die allerdings nach Maßgabe der Vorschriften des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens teilweise bzw. vollständig steuerfrei sind (§ 3 Nr. 40 Buchst. d EStG bzw. § 8b Abs. 1 KStG).
1 S. hierzu auch BFH v. 11.9.2013 – I R 77/11, BStBl. II 2015, 161 = FR 2014, 119 = GmbHR 2013, 1331; v. 23.1.2008 – I R 18/07, BStBl. II 2008, 573 = FR 2008, 875 = GmbHR 2008, 670 für den umgekehrten Fall der Verlusterzielung. 2 Anders dürfte es sich uU verhalten, wenn eine einzelne Leistungsbeziehung zu einem alleine nicht beherrschenden Gesellschafter zu beurteilen ist und diesbezüglich keine gleich gerichteten Interessen zu den Mitgesellschaftern angenommen werden können. 3 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1309.
Stimpel
499
592
§ 8 Rz. 593–596
Ermittlung des Einkommens
593
Welche Pacht letztlich angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab und ergibt sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen der Interessenlage des Verpächters (Besitzunternehmen), der für sein überlassenes Sachanlagevermögen eine angemessene Rendite erwarten darf, und der Interessenlage des Pächters (Betriebsgesellschaft), der seinen Gewinn maximieren möchte. Pachtet die GmbH einen Betrieb (gesamtes Anlagevermögen) von ihrem Gesellschafter, so muss ein angemessener Pachtzins aus der Sicht des Verpächters auch eine Kapitalverzinsung, den Wertverzehr (lineare AfA nach der tatsächlichen – nicht steuerlichen – Nutzungsdauer) und den Geschäftswert mit abdecken.1 Haben die Beteiligten allerdings vereinbart, dass der Pächter die gepachteten Wirtschaftsgüter erneuern muss (Substanzerhaltungspflicht), dann darf bei der Pachtbemessung keine AfA berücksichtigt werden.2 Andernfalls findet insoweit eine doppelte Gegenleistung an den Verpächter (Gesellschafter) statt. Ein fremder Dritter, der den vollen Wertverzehr der von ihm gepachteten Wirtschaftsgüter wirtschaftlich trägt, würde nur einen weitaus niedrigeren Pachtzins akzeptieren.3 Eine reine Instandhaltungspflicht des Pächters steht dagegen einer Weiterbelastung der AfA im Wege der Pacht noch nicht entgegen. Wurde keine Substanzerhaltungspflicht des Pächters (sondern nur eine reine Instandhaltungspflicht) vereinbart, so können vGA entstehen, wenn der Pächter (Betriebskapitalgesellschaft) auf seine Kosten Investitionen vornimmt, obwohl dies Sache des Verpächters ist.
594
Eine vGA ist in jedem Fall anzunehmen, wenn die Pachtzahlung auf Anlagegüter mit 200 % der steuerlichen Abschreibungsbeträge vereinbart wird.4 Hierdurch wird dem Besitzunternehmen eine unangemessen hohe Kapitalverzinsung verschafft. Die angemessene Kapitalverzinsung des überlassenen Vermögens ist letztlich nichts anderes als die Rendite, die der Verpächter am Markt für seine Kapitalanlage erwarten darf. Welche Kapitalrendite hierbei steuerlich noch akzeptiert wird, hängt wohl von den Umständen des Einzelfalles und vom zum betreffenden Zeitpunkt herrschenden Zinsniveau für langfristige Kapitalanlagen ab. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, die Finanzverwaltung akzeptiere allgemein Zinsquoten für Immobilien von 6 % bis 10 % und ansonsten zwischen 5 % und 8 %.5
595
In jedem Fall muss auch die Ertragslage der Betriebskapitalgesellschaft in die Betrachtung einbezogen werden. Wenn der Gewinn des gepachteten Betriebs bei der Betriebskapitalgesellschaft eine angemessene Verzinsung des eingezahlten Kapitals erreicht oder übersteigt, fehlt es an einem ersten Anschein für das Vorliegen einer vGA.6 Eingesetztes Kapital ist die Summe der Teilwerte aller materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter zzgl. eines mitverpachteten Geschäftswertes7 und abzgl. evtl. mitübernommener Passiva. Eine angemessene Kapitalverzinsung soll nach einer im Schrifttum geäußerten Ansicht bei 10 % bis 15 % des eingezahlten Stammkapitals liegen.8 Eine solche Beschränkung auf das eingezahlte Stammkapital ist indes nicht gerechtfertigt. Vielmehr erfordert eine typisierende Betrachtung eine kalkulatorische Mindestverzinsung iHv. 10 % bis 25 % des gesamten Eigenkapitals (Stammkapital, Rücklagen, stille Reserven) der Betriebsgesellschaft.9
596
Außerdem wird die Betriebskapitalgesellschaft regelmäßig bestrebt sein, durch Vereinbarung eines möglichst niedrigeren Pachtzinses ihre Gewinnerwartungen über das Maß einer angemessenen Kapitalverzinsung hinaus zu steigern, solange dem Verpächter dabei noch Pachteinnahmen in angemessener Höhe verbleiben. Die bewusste Beschränkung der Gewinnerzielungsmöglichkeiten der Betriebskapitalgesellschaft auf eine angemessene Kapitalverzinsung entspricht nicht dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters und führt regelmäßig zur Annahme von vGA.10
1 BFH v. 31.3.1971 – I R 111/69, BStBl. II 1971, 536; v. 14.1.1998 – X R 57/93, FR 1998, 560 m. Anm. WeberGrellet; ebenso FG München v. 12.11.1992 – 15 K 2612/88, EFG 1993, 404 (rkr.); s. auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 651. 2 So auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1320. 3 FG München v. 22.7.2003 – 6 K 1296/01, juris (rkr.). 4 FG München v. 15.7.1992 – 15 V 614/92, EFG 1993, 172 (rkr.). 5 Herden in Ernst & Young, VGA und verdeckte Einlagen, Fach 4, Miet- und Pachtverhältnisse, Rz. 18. 6 BFH v. 4.5.1977 – I R 11/75, BStBl. II 1977, 679. 7 Vgl. hierzu FG Saarl. v. 15.3.2000 – 1 K 92/99, GmbHR 2000, 586; und die Anm. von Schmidt, GmbH-StB 2000, 148; bestätigt durch BFH v. 27.3.2001 – I R 42/00, BStBl. I 2001, 771. 8 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1329. 9 S. FG Nds. v. 21.9.1999 – 6 K 166/97, GmbHR 2000, 799 (rkr.). 10 Ebenso FG Saarl. v. 14.2.1995 – 1 K 113/94, EFG 1995, 538 (rkr.).
500
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 597–601 § 8
Werden im Rahmen einer Betriebsaufspaltung einzelne Wirtschaftsgüter an die Betriebsgesellschaft verpachtet, so soll nach Ansicht des FG München1 unter Berücksichtigung der Interessen des Verpächters wie des Pächters der angemessene Pachtzins aus den Faktoren Kapitalverzinsung und Vergütung für den Wertverzehr ermittelt werden. Bemessungsgrundlage für die Kapitalverzinsung soll dabei die Summe der Teilwerte der verpachteten Einzelwirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Pachtberechnung und nicht deren ursprüngliche Anschaffungskosten oder deren höhere Wiederbeschaffungskosten bilden.
597
Enthält der Pachtvertrag eine Verlustklausel, wonach die Pacht bei Verlusten der Betriebs-GmbH zu ermäßigen ist oder ganz zu entfallen hat, wird der Pachtvertrag von der Rechtsprechung2 insgesamt als fremdunüblich qualifiziert. Sämtliche Pachtzahlungen stellen mithin eine vGA dar. Ausschlagend für diese Wertung sind die Grundsätze des sog. doppelten Fremdvergleichs, nach denen auch eine für die Kapitalgesellschaft vorteilhafte Vereinbarung wegen einer Abweichung vom Fremdüblichen zur Annahme einer vGA führen kann.3 Ein fremder Verpächter hätte aber die Zahlung einer Pacht nicht von der Gewinnsituation des Pächters abhängig gemacht, zumal sich etwaige Gewinnmanipulationen zu seinen Ungunsten ohnehin seiner Überprüfbarkeit entzogen hätten. Dies schließt jedoch nicht aus, dass vorübergehende Pachtreduzierungen infolge einer Krisensituation der Betriebskapitalgesellschaft im Einzelfall steuerlich anerkannt werden können.4
598
c) Unangemessen niedriger Pachtzins Während ein unangemessen hoher Pachtzins eine vGA auslöst, führt ein unangemessen 599 niedriger Pachtzins mangels Vorliegen eines einlagefähigen Wirtschaftsguts nicht zu einer verdeckten Einlage (s. auch die Kommentierung zur vE in Rz. 1279 ff.).5 Zu den Folgewirkungen iZm. der Anwendung des § 3c EStG auf Gesellschafterebene siehe BFH v. 28.2.20136 und BMF v. 23.10.20137. d) Anpassung der Pachtvereinbarung Eine Anpassung der Pacht wird immer dann erforderlich werden, wenn sich der Umfang der verpachteten Wirtschaftsgüter während der Vertragsdauer ändert. Außerdem kann eine Änderungskündigung aus steuerlichen Gründen geboten sein, wenn die Renditeerwartungen der Betriebskapitalgesellschaft weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dies setzt aber voraus, dass die Gesellschaft zivilrechtlich in der Lage war, eine solche Anpassung einem fremden Dritten gegenüber – etwa nach den Grundsätzen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage8 – durchzusetzen.9 Unterlässt die GmbH eine – zivilrechtlich mögliche – Änderungskündigung zu ihren Lasten, so ist eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vorteilszuwendung an den Besitzunternehmer (Gesellschafter) anzunehmen.
600
e) Sonstige Einzelfragen Auch unangemessen hohe (Gesellschafter-)Geschäftsführerbezüge können im Rahmen einer Betriebsaufspaltung zu vGA führen. Die vGA sind in diesen Fällen Betriebseinnahmen des Besitzunternehmens. Der angemessene Teil der Geschäftsführerbezüge ist beim Gesellschafter-Geschäftsführer den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) zuzuordnen. Bei der allgemeinen Angemessenheitsprüfung der Geschäftsführervergütung anhand von Gehaltsstrukturanalysen müssen Umsätze und Gewinne der Besitzgesellschaft wegen der rechtlichen Eigenständigkeit von Besitz- und Betriebsgesellschaft unberücksichtigt bleiben.10
1 FG München v. 15.7.1992 – 15 V 614/92, EFG 1993, 172 (rkr.). 2 FG München v. 21.7.2009 – 6 K 4843/06, juris; und nachfolgend BFH v. 1.2.2010 – I B 118/09, BFH/NV 2010, 1127. 3 BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 = FR 1995, 833 m. Anm. Kempermann. 4 S. hierzu Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1339. 5 H 40 KStH 2008 „Nutzungsvorteile“ mwN. 6 BFH v. 28.2.2013 – IV R 49/11, BStBl. II 2013, 802. 7 BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2013, 1269. 8 S. hierzu FG München vom 12.11.1992 – 15 K 2612/88, EFG 1993, 404 (rkr.). 9 BFH v. 8.11.2000 – I R 70/99, BFH/NV 2001, 866 = FR 2001, 631; v. 29.3.2000 – I R 85/98, BFH/NV 2000, 1247. 10 FG Münster v. 23.3.2006 – 9 K 5432/06 K (nv.); insoweit inhaltlich bestätigt durch BFH v. 9.11.2009 – I B 77/09, BFH/NV 2010, 472, unter Verweis auf BFH v. 21.8.2007 – I B 69/07, BFH/NV 2007, 2278 und v. 18.12.2002 – I R 44/01, BFH/NV 2003, 945.
Stimpel
501
601
§ 8 Rz. 602–606
Ermittlung des Einkommens
602
Nutzen die Gesellschafter der Besitzgesellschaft Teile des an die Betriebs-GmbH überlassenen Grundstücks für private Zwecke, so kommt es entscheidend darauf, ob sich die der Betriebs-GmbH eingeräumte Nutzungsüberlassung auch auf diese Räumlichkeiten erstreckt. Ist dies der Fall, muss die GmbH dem nutzenden Gesellschafter eine angemessene Untermiete berechnen. Unterlässt sie dies, liegt eine vGA vor.1
603
Auch Darlehensverträge, Kaufverträge und Lizenzverträge im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sind regelmäßig (nach allgemeinen Grundsätzen) vGA-gefährdet. 2. Behandlung des Geschäfts- bzw. Firmenwerts
604
Ferner stellen sich bei Betriebsaufspaltungen VGA-Fragen im Zusammenhang mit dem Firmenwert. Hierbei ist zunächst zu klären, ob ein bei Begründung der Betriebsaufspaltung vorhandener Firmenwert im Besitzunternehmen verbleibt oder ob es zu einer Übertragung auf die Betriebs-GmbH kommt.
605
Während die frühere Rechtsprechung2 noch davon ausging, dass der Firmenwert stets beim Besitzunternehmen verbleibt, hat der BFH3 später klargestellt, dass es für die Zuordnung des (nicht teilbaren) Firmenwerts keinen starren Grundsatz gebe. Es hänge vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Firmenwert beim Besitzunternehmen verbleibe oder auf die Betriebskapitalgesellschaft übergehe. Es ist jeweils zu prüfen, wo die firmenwertbildenden Faktoren (zB besonders qualifiziertes Personal, Know-how und sonstige geschützte oder ungeschützte Rechte, spezielle betriebliche Organisation) verbleiben. Sofern die Organisation und Struktur des Betriebs dauerhaft (dh. nicht nur zeitlich begrenzt im Sinne einer Nutzungsüberlassung) auf die Betriebskapitalgesellschaft übergeht, dürfte regelmäßig auch der Firmenwert auf sie übergehen. Bei einer Betriebsverpachtung im Ganzen verbleibt er hingegen stets beim Besitzunternehmen. Es findet hier vielmehr ein sukzessives Abschmelzen des alten Firmenwerts und die Bildung eines neuen Firmenwerts in der Betriebskapitalgesellschaft statt.4
606
Die oa. Grundsätze hat der BFH mit Urteil vom 16.6.20045 bestätigt und ferner unmissverständlich klargestellt, dass der Firmenwert stets auf die Betriebskapitalgesellschaft übergehe, wenn lediglich ein langfristig der Betriebskapitalgesellschaft verpachtetes Grundstück von der Besitzgesellschaft zurückbehalten werde.6 Soweit die Betriebskapitalgesellschaft für die Übertragung des Firmenwerts kein oder nur ein unter dem Verkehrswert liegendes Entgelt zahlt, liegt eine verdeckte Einlage des Firmenwerts in die Betriebskapitalgesellschaft vor. Nach dem Verständnis des BFH wird der Firmenwert (bzw. der Differenzbetrag zu einem zu niedrigen Kaufpreis) aus dem Besitzunternehmen entnommen und anschließend vom Gesellschafter in die Betriebskapitalgesellschaft verdeckt eingelegt. Der Verbleib des Firmenwerts bei Begründung einer Betriebsaufspaltung war auch Gegenstand von weiteren drei Urteilen des BFH7. Im Urteilsfall IV R 79/05 verneinte der BFH den Übergang des Firmenwerts, weil die Betriebskapitalgesellschaft im Streitfall die geschäftswertbildenden Faktoren nicht auf der Grundlage einer verfestigten Rechtsposition dauerhaft nutzen konnte. Der gesamte Betrieb wurde zwar faktisch von der Betriebs-GmbH fortgeführt. Da aber keine tatsächliche Übertragung erfolgt ist, nahm der BFH einen Leihvertrag an, der dem Besitzunternehmen die jederzeitige Rückgabe der verliehenen Gegenstände ermöglicht hätte (§ 604 Abs. 3 BGB). Mangels gesicherter und endgültiger Rechtsposition komme es mithin nicht zum Übergang des Firmenwerts, sondern nur zur faktischen Verlagerung von Gewinnchancen auf die Betriebs-GmbH.8 Um eine Aufdeckung der stillen Reserven des Geschäftswerts bei Begründung der Betriebsaufspaltung zu vermeiden, empfiehlt es sich, lediglich solche Wirtschaftsgüter auf die Betriebsgesellschaft zu übertragen, denen keine geschäfts-
1 2 3 4 5 6 7
BFH v. 9.12.2009 – X R 52/06, BFH/NV 2010, 1246. BFH v. 28.6.1989 – I R 25/88, BStBl. II 1989, 982. BFH v. 27.3.2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, 771 = FR 2001, 1108. Sog. Schrumpfungsmodell, s. hierzu auch Hörger/Pauli, GmbHR 2001, 1139; Lederle, GmbHR 2004, 985. BFH v. 16.6.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378 = FR 2005, 89 m. Anm. Weber-Grellet. S. hierzu auch BFH v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634 = FR 2009, 954 m. Anm. Wendt. BFH v. 5.6.2008 – IV R 79/05, BStBl. II 2009, 15; v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634 = FR 2009, 954 m. Anm. Wendt; v. 26.11.2009 – III R 40/07, BStBl. II 2010, 609 = FR 2010, 480 m. Anm. Kanzler. 8 Maßgebend ist die rechtliche und nicht die faktische Ausgestaltung; s. hierzu auch die Urteilsanmerkungen von Hoffmann, FR 2009, 958, Wendt, GmbHR 2009, 723, und Levedag, NWB 2010, 106.
502
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 606–611 § 8
wertbildende Funktion zukommt (zB Umlaufvermögen, Betriebsfahrzeuge, GWG usw.). Das sonstige Vermögen einschließlich der immateriellen Wirtschaftsgüter und des Geschäftswerts sollte möglichst nur zur pachtweisen Nutzung überlassen werden. Außerdem empfiehlt es sich, zu vereinbaren, dass bei Beendigung der Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen den Betrieb ohne Weiteres fortführen kann. Problematisch ist auch eine Übertragung der Handelsfirma. Ob bereits ein Wechsel der qualifizierten Arbeitnehmerschaft (und damit des Know-how) den Geschäftswert auf die Betriebskapitalgesellschaft übergehen lässt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Während der Firmenwert nicht einzeln an die Betriebs-GmbH verpachtet werden kann, können immaterielle Einzelwirtschaftsgüter Gegenstand einer Verpachtung oder Lizenzierung sein. Nach der Rechtsauffassung des BFH1 kann es sich bei einem Kundenstamm oder dem Know-how um eigenständige Wirtschaftsgüter handeln, die dann nicht Bestandteil des Firmenwerts sein müssen. Dies dürfte aber zuvorderst Sachverhalte betreffen, in denen wegen der Personenbezogenheit des Unternehmens kein Firmenwert existiert.2 Dies könne nach Auffassung des BFH auch bei Handelsunternehmen ausnahmsweise der Fall sein, wenn eine besondere Kundenbindung an die Person des Unternehmers bestehe, nur er Außenwirkung entfalte und die Betriebsorganisation keine wesentliche Bedeutung für den betrieblichen Erfolg habe.
607
a) Pacht für den überlassenen Geschäftswert Ein nach den oa. Grundsätzen im Besitzunternehmen verbliebener Firmenwert gehört fortan zum Verpachtungsgegenstand und kann über die laufende Pacht angemessen vergütet werden. Hierbei kann ggf. auch eine umsatzabhängige Pacht iHv. 0,5 % bis 1,5 % des Umsatzes vereinbart werden.3
608
b) Übergang des Firmenwerts bei Begründung der Betriebsaufspaltung Kommt es nach Maßgabe der oa. Grundsätze zum Übergang des Firmenwerts auf die Betriebs-GmbH, so stellt ein von der Betriebs-GmbH gezahlter Kaufpreis im Rahmen der Angemessenheit keine vGA dar. Ist der Kaufpreis überhöht, liegt eine vGA vor.
609
Verbleibt der Firmenwert im Besitzunternehmen, ist ein von der Betriebs-GmbH entrichteter Kaufpreis selbstverständlich in voller Höhe als vGA zu qualifizieren. c) Beendigung der Betriebsaufspaltung Wird der Geschäftsbetrieb nach Beendigung der Betriebsaufspaltung wieder vom Besitzunternehmen fortgeführt, kommt es zu einer Rückübertragung des Firmenwerts. Dies gilt im Übrigen auch bei ursprünglicher Nichtübertragung des Firmenwerts zumindest für den nachfolgend von der Betriebs-GmbH während der Dauer der Betriebsaufspaltung neu gebildeten Firmenwert. Soweit die Betriebs-GmbH für die Übertragung des Firmenwerts keinen angemessenen Kaufpreis erhält, liegt eine vGA (verhinderte Vermögensmehrung) vor.4
610
Bewirtungsaufwendungen Bewirtungsaufwendungen sind bei einer GmbH nur dann abzugsfähige Betriebsausgaben, wenn ihnen ein konkreter betrieblicher Anlass zugrunde liegt (Besprechung, Vertragsabschluss). Wie bei natürlichen Personen ist auch bei Körperschaften der Abzug von Bewirtungsaufwendungen gem. § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG auf 70 % begrenzt. Die Frage, ob die Bewirtungsaufwendungen anlässlich einer Feierlichkeit oder einer Bewirtung von Gästen dem Grunde nach steuerlich abzugsfähig sind, richtet sich maßgeblich nach der betrieblichen Veranlassung der jeweiligen Veranstaltung (anlassbezogene Betrachtungsweise). Der Geburtstag des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ist kein betrieblicher Anlass. Das gilt selbst dann, wenn der Kreis der Eingeladenen vornehmlich nicht dem Privatbereich
1 BFH v. 26.11.2009 – III R 40/07, BStBl. II 2010, 609 = FR 2010, 480 m. Anm. Kanzler. 2 Ein gedachter Erwerber des Betriebs würde die persönliche Leistung des veräußernden Unternehmers nicht iRd. Kaufpreises für das Unternehmen entgelten. 3 Vgl. auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG nF Rz. 1325. 4 In diesem Sinne auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1354.
Stimpel
503
611
§ 8 Rz. 611–613
Ermittlung des Einkommens
entstammt, sondern aus Geschäftsfreunden besteht, denn die persönliche oder berufliche Verbundenheit zwischen dem Veranstalter der Feierlichkeit und den Eingeladenen taugt nicht zur Bestimmung der Veranlassung.1 Eine betriebliche Mitveranlassung der Bewirtungskosten reicht nicht aus. Dementsprechend qualifiziert die Rechtsprechung Bewirtungskosten im Zusammenhang mit einer Feierlichkeit als vGA, die sowohl anlässlich eines Firmenjubiläums als auch des zeitlichen (runden) Geburtstags des Gesellschafter-Geschäftsführers von der GmbH getragen worden sind.2 Da die vollumfängliche Qualifizierung als durch eine Bezugnahme auf das Aufteilungsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG begründet wird, stellt sich die Frage, ob die Änderung der BFH-Rechtsprechung bezüglich des strikten Aufteilungsverbots im Anwendungsbereich von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG3 auch auf die betragsmäßige Bemessung der vGA durchschlägt (s. hierzu „Geburtstagsfeier für den Gesellschafter-Geschäftsführer“, Rz. 781 ff.).
Bezugsrecht 612 Wird bei einer AG oder einer GmbH das Stammkapital erhöht, so hat jeder Aktionär bzw. Gesellschafter gem. § 186 AktG (gilt analog im GmbH-Recht) Anspruch darauf, dass ihm entsprechend seinem quotalen Anteil das Recht eingeräumt wird, neue Aktien bzw. Gesellschaftsanteile zu erwerben. Verzichten anlässlich einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen die Altaktionäre/Altgesellschafter auf die Ausübung ihres Bezugsrechts, ohne dafür ein angemessenes Entgelt zu erhalten, so liegt darin keine vGA zugunsten derjenigen Aktionäre/Gesellschafter, die das Bezugsrecht ausüben. Durch eine solche verbilligte Aktien- bzw. Anteilsausgabe erleidet die Gesellschaft keine Vermögensminderung, denn die Gesellschaft selbst hat kein eigenes Bezugsrecht.4 Vielmehr werden die Anteile derjenigen Aktionäre, die das Bezugsrecht nicht ausüben, im Wert gemindert (Wertverwässerung), denn es verschieben sich bei unverändertem Gesellschaftsvermögen nur die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter am Gesamtvermögen. Eine solche Vermögensverlagerung wird bei der Kapitalgesellschaft ertragsteuerlich grundsätzlich nicht erfasst, da sich dieser Vorgang ausschließlich auf der Gesellschafterebene abspielt.5 613
Eine vGA-Problematik kann sich indes dann stellen, wenn eine Kapitalgesellschaft selber an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist und bei der letztgenannten Gesellschaft eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen durchgeführt wird. Nimmt die Kapitalgesellschaft hier ihr Bezugsrecht zugunsten ihrer Gesellschafter nicht wahr und erwirbt im Zuge der Kapitalerhöhung keine neuen Anteile, so können die – bezogen auf die Beteiligungsquote – verwässerten Altanteile einen Wertverlust erleiden, soweit im Zuge der Kapitalerhöhung von den teilnehmenden Gesellschaftern bzw. Dritten kein angemessenes Agio geleistet bzw. kein Entgelt für die Übertragung der Bezugsrechte entrichtet wird. Fraglich ist, ob dies eine vGA auslösen kann.
1 BFH v. 28.11.1991 – I R 34-35/90, BFH/NV 1992, 560; v. 8.11.1991 – I R 13/90, BStBl. II 1992, 359; und insbesondere v. 14.7.2004 – I R 57/03, FR 2004, 1277 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1350 mit Anm. Schröder. 2 FG Berlin-Bdb. v. 16.2.2011 – 12 K 12087/07, GmbHR 2011, 1168 (rkr.). 3 BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 = FR 2010, 225 m. Anm. Kempermann. 4 Auch dann nicht, wenn sie über eigene Anteile verfügt; Zöllner in Baumbach/Hueck, § 55 GmbHG Rz. 17. 5 BFH v. 24.9.1974 – VIII R 64/69, BStBl. II 1975, 230.
504
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 613–615 § 8
Beispiel:
B
A
50 %
50 %
M-GmbH
10 %
80 %
T-GmbH
10 %
Stammkapital (bisher) Gemeiner Wert T-GmbH
100 000 € 600 000 €
Kapitalerhöhung Einlageleistung durch A und B (je 50 %)
100 000 € 100 000 €
Lösung: In der Ausgangslage haben die von der M-GmbH gehaltenen Anteile an der T-GmbH einen Wert von 480 000 Euro (80 % × 600 000 Euro). Da sich durch die Nichtteilnahme an der Kapitalerhöhung die Beteiligungsquote auf 40 % reduziert, weist die Beteiligung nur noch einen Wert von 280 000 Euro (40 % × 700 000 Euro) auf. Der eingetretene Wertverlust von 200 000 Euro ist durch die Nichtwahrnehmung der der M-GmbH zustehenden Bezugsrechte zum Erwerb neuer Anteile im Rahmen der Kapitalerhöhung entstanden. Ein vergleichbarer Sachverhalt lag einem vom BFH1 entschiedenen Fall zugrunde. Der BFH hat das vorinstanzliche Urteil2, das im Umfang des Wertverlustes der Anteile der M-GmbH eine vGA an die Gesellschafter A und B annahm, aufgehoben und an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Nach dem allgemeinen Begriffsverständnis erfordert eine vGA eine Vermögensminderung 614 oder eine verhinderte Vermögensmehrung, die sich auf den Unterschiedsbetrag iSv. § 4 Abs. 1 EStG auswirkt. Unstreitig liegt keine Vermögensminderung in diesem Sinne vor, soweit die verbleibende Beteiligung nicht derart im Wert gesunken ist, dass eine Teilwertabschreibung vorzunehmen ist. Die entscheidende Frage ist indes, ob die Nichtverwertung des Bezugsrechts eine verhinderte Vermögensmehrung auslöst. Zwar hält der BFH dies grundsätzlich für möglich, allerdings können die Umstände des Einzelfalls auch gegen die Annahme einer vGA sprechen. Im Urteilssachverhalt war es der M-GmbH nach den Feststellungen der Vorinstanz aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, an der Kapitalerhöhung teilzunehmen. Eine Verwertung des Bezugsrechts war zudem nur sehr eingeschränkt möglich, da der Gesellschaftsvertrag nur eine Veräußerung an die Mitgesellschafter ermöglichte. Dies reichte dem BFH – vorbehaltlich noch ausstehender tatrichterlicher Feststellungen – aus, um das Vorliegen einer vGA zu verneinen. Diese BFH-Entscheidung wird in der steuerlichen Literatur3 zu Recht kritisch gesehen. Durch das Rechtsinstitut der vGA sollen Vermögensverschiebungen zu den Gesellschaftern aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung steuerlich korrigiert werden. Um eben 1 BFH v. 15.12.2004 – I R 6/04, BStBl. II 2009, 197 = FR 2005, 843. 2 FG Münster vom 14.11.2003 – 9 K 4487/99 K, G, F, EFG 2004, 368. 3 Klingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1462a–j; Fritsche, GmbHR 2005, 635; Schwetlik, GmbHStB 2005, 129; Gosch, StBp 2005, 151; Wassermeyer, DK 2005, 424; Buciek, DStZ 2005, 279.
Stimpel
505
615
§ 8 Rz. 615–619
Ermittlung des Einkommens
einen solchen Vorgang handelt es sich, wenn eine GmbH zugunsten ihrer Gesellschafter auf die Verwertung ihrer Bezugsrechte verzichtet. Diesbezüglich kann es auch nicht entscheidungserheblich sein, dass der GmbH einerseits die finanziellen Mittel zur Teilnahme an der Kapitalerhöhung fehlen und andererseits die Gesellschafter nicht zum entgeltlichen Erwerb der Bezugsrechte bereit sind. Denn gerade dies sind gesellschaftsrechtliche Umstände, die bei der Anwendung von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auszublenden sind.1 Daher ist im Beispielsfall insoweit eine vGA anzunehmen, als die M-GmbH gegenüber A und B auf ein Entgelt für die Verwertung der Bezugsrechte verzichtet hat. Dieses sich nach dem eintretenden Wertverlust der Anteile zu bemessene Entgelt führt im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kapitalerhöhung zu einer vGA. Die diesbezügliche Einkommenserhöhung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei.2 Je nach Fallgestaltung können auch schenkungsteuerrechtlich relevante Vorgänge anzunehmen sein (s. Rz. 39).
Buchungsfehler, Buchungsirrtum 616 Buchungsfehler, die sich dem Kenntnisbereich der Geschäftsführer und der Gesellschafter entziehen, können nicht in vGA umqualifiziert werden. Sie erfordern vielmehr eine Berichtigung der Steuerbilanz. In der Bilanz zu aktivierende Ansprüche oder sonstige Wirtschaftsgüter können nicht gleichzeitig die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auslösen.3 Hat zB der Steuerberater in der Bilanz der GmbH irrtümlich ein den Gesellschaftern gehörendes Grundstück aktiviert und in der Folgezeit damit zusammenhängende Belastungen und Aufwendungen in der Buchführung der GmbH erfasst, weil er aufgrund eines ihm vom Notar zugesandten Entwurfs eines Kaufvertrags der Auffassung war, das Grundstück sei nicht von den Gesellschaftern, sondern von der GmbH erworben worden, dann ist das Grundstück zum verfahrensrechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt bilanziell auszubuchen. 617
Soweit die GmbH infolge dieses Buchungsirrtums Kosten der Gesellschafter übernommen hat, müssen in der Bilanz der Gesellschaft entsprechende Ersatzansprüche gegen die Gesellschafter ausgewiesen werden, wenn die Gesellschafter die Forderungen nicht bestreiten. Für die Annahme einer vGA ist hier kein Raum, weil die Ansprüche lediglich der Rückgängigmachung der Bilanzierungs- und Buchungsirrtümer dienen. Zu einer vGA kann es allerdings dann kommen, wenn zwar im Wege der Bilanzberichtigung eine Forderung der Gesellschaft nachträglich berücksichtigt wurde, diese aber später auf ihre Ansprüche zum Vorteil des Gesellschafters verzichtet.
618
Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen einem reinen Buchungsfehler und einer vGA ist mitunter nicht unproblematisch und hängt letztlich vom Einzelsachverhalt ab.4 Handelt es sich nur um einen technischen Buchungsvorgang, der zu keinen Vermögenszuflüssen beim Gesellschafter führt, wird man eine vGA regelmäßig ausschließen können. Dies kann man exemplarisch an einem durch den BFH entschiedenen Fall5 festmachen, in dem für eine dem Grunde und der Höhe nach angemessene Pensionszusage in der Anwartschaftsphase vom Steuerberater wegen der unzutreffenden Einbeziehung von Vordienstzeiten6 eine zu hohe Pensionsrückstellung gebildet worden ist. Hier ging es allerdings nur um Bewertungsdetails, während es in einem anderen Fall7 eine Pensionserhöhung betraf, die bei der Ermittlung der Höhe der Pensionsrückstellung nicht berücksichtigt wurde. Hier nahm der BFH unter Rückgriff auf das Durchführungsgebot eine vGA an, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer diesen Buchungsfehler hätte erkennen müssen, da die (erkennbar) unzutreffende Bilanzposition seine eigene Altersversorgung betraf.8
619
Führt der vermeintliche Buchungsfehler hingegen zu einem Zahlungszufluss beim Gesellschafter, dürfte regelmäßig von einer vGA auszugehen sein. So hat der BFH die Zahlung einer der GmbH zustehenden Versicherungsleistung unmittelbar auf das Privatkonto des Ge1 Bezüglich der wirtschaftlichen Möglichkeiten der GmbH zur Finanzierung der Kapitalerhöhung gilt dies zumindest in Sachverhalten, in denen die betreffenden Gesellschafter über die Mehrheit der Stimmrechte verfügen. 2 BFH v. 23.1.2008 – I R 101/06, BStBl. II 2008, 719 = FR 2008, 969. 3 BFH v. 24.3.1998 – I R 88/97, GmbHR 1998, 1044; FG Saarl. v. 10.7.1997 – 1 K 49/95, GmbHR 1997, 808 (bestätigt durch BFH v. 24.3.1998 – I R 88/97, GmbHR 1998, 1044); FG Düsseldorf v. 17.5.1989 – 6 K 193/81, GmbHR 1990, 57 (rkr.). 4 S. hierzu Assmann, StBp 2007, 321. 5 BFH v. 18.4.2002 – III R 43/00, BStBl. II 2003, 149. 6 Im Streitfall unzulässig, da der Berechtigte beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer war. 7 BFH v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928 = FR 2006, 929. 8 S. hierzu auch Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Buchungsfehler“ Rz. 5.
506
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 619–623 § 8
sellschafter-Geschäftsführers als vGA gewertet.1 Im Urteilsfall ließen es die Umstände des Einzelfalls als unwahrscheinlich erscheinen, dass die Vereinnahmung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer auf ein bloßes Versehen zurückzuführen war. Anders hätte es sich allenfalls dann verhalten können, wenn die Beteiligten aus diesem Sachverhalt selber zeitnah die buchhalterische Konsequenz gezogen hätten und die GmbH umgehend einen Rückforderungsanspruch gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer gewinnerhöhend aktiviert hätte. Ferner hat die Rechtsprechung in Sachverhalten einen Buchungsfehler und keine vGA 620 angenommen, in denen die Fehlbehandlung ausschließlich auf eine fehlerhafte Sachbehandlung durch den Steuerberater zurückzuführen war und der Gesellschafter-Geschäftsführer hiervon keine Kenntnis hatte und sich aufgrund des Volumens des Geschäftsvorfalls eine Überprüfung seinerseits nicht aufdrängte. In diesem Sinne hat das FG Saarland2 einen – eine vGA ausschließenden – reinen Buchungsfehler des Steuerberaters selbst in einem Fall angenommen, in dem der Gewinn aus dem Verkauf eines betrieblich genutzten Wirtschaftsguts statt über das Erlöskonto der GmbH über das Verrechnungskonto des Gesellschafters gebucht wurde. Auch die versehentliche Nichtverzinsung des Gesellschafter-Verrechnungskontos kann nicht zu einer vGA führen, wenn sie auf einer irrtümlichen Fehlbuchung des Steuerberaters beruht.3 Dergleichen kann bei der Verauslagung von Kosten für den Gesellschafter gelten, wenn die GmbH es zunächst versehentlich unterlassen hat, eine Forderung gegenüber dem Gesellschafter erfolgswirksam zu aktivieren. Leistet der Geschäftsführer einer GmbH in der irrtümlichen Annahme einer vertraglichen Leistungspflicht eine Zahlung an einen (im Urteilsfall vormaligen) Gesellschafter, so liegt hierin nach der Rechtsprechung des BFH4 jedenfalls dann eine vGA, wenn die Begründung der nach der Vorstellung des Geschäftsführers bestehenden Leistungspflicht als vGA zu beurteilen wäre. Im Streitfall ging es um eine Verpflichtung, die im Zuge einer vorangegangenen Anteilsübertragung zwischen den alten und neuen Gesellschaftern ausgehandelt wurde und die folglich auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene verortet ist.
621
Bürgschaften Die GmbH kann zivilrechtlich für Schulden des Gesellschafters (bzw. nahestehender Personen ihres Gesellschafters) bürgen. Ist die Bürgschaftsübernahme aber derart risikoreich, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer dieses Wagnis nicht eingegangen wäre, führt eine spätere Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu einer vGA.5 Daher dürfte eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung regelmäßig zu bejahen sein, denn es ist nicht Sache einer GmbH, für einen Gesellschafter unkalkulierbare private Risiken zu übernehmen.6
622
In diesem Sinne hat auch der BFH7 die Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen durch 623 eine GmbH gegenüber einer Tochtergesellschaft des Ehepartners ihres Gesellschafters als vGA qualifiziert. Erwähnens- und erörterungswert an diesem Streitfall ist indes, dass der BFH bereits im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistung aufgrund der Bürgschaftsinanspruchnahme einen Abfluss der vGA (und einen Zufluss von Einnahmen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim Gesellschafter) angenommen hat, während er dies bei gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehensgewährungen im Regelfall ablehnt (s. „Darlehen“ in Rz. 646 ff.). Der BFH nimmt bei Inanspruchnahme aus der Bürgschaftsverpflichtung trotz des zivilrechtlich bestehenden Rückgriffsanspruchs nach § 774 BGB bereits einen Abfluss der vGA an. Dies soll zumindest dann gelten, wenn der Rückgriffsanspruch sowohl im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme als auch im Zeitpunkt der Leistung auf die Bürgschaftsverpflichtung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wertlos war.8 Würde der BFH nur in einer solchen Konstellation einen Ab- bzw. Zufluss der vGA annehmen, wäre eine sachgerechte Gleichbehandlung mit den Darlehensfällen darstellbar, da auch eine Darlehensgewährung (ausnahmsweise) als Ab- und Zufluss einer vGA qualifiziert wird, wenn bereits bei Darlehensgewährung die Rück-
1 2 3 4 5 6 7 8
BFH v. 22.10.2003 – I R 23/03, BFH/NV 2004, 667. FG Saarl. v. 28.1.1994 – 1 K 203/93, GmbHR 1994, 491 (rkr.). BFH v. 5.4.2004 – X B 130/03, BFH/NV 2004, 969; FG Saarl. v. 30.6.2005 – 1 K 386/03, juris (rkr.). BFH v. 29.4.2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55 = FR 2009, 29 m. Anm. Pezzer; kritisch hierzu Paus, DStZ 2008, 585. BFH v. 19.3.1975 – I R 173/73, BStBl. II 1975, 614. So auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 676. BFH v. 7.3.2007 – I R 45/06, GmbHR 2007, 1055. So verhielt es sich offenbar im Urteilsfall, weil die Bürgschaftsverpflichtung kurz vor der Insolvenz des Schuldners eingegangen wurde.
Stimpel
507
§ 8 Rz. 623–628
Ermittlung des Einkommens
zahlung der Darlehensvaluta durch den Gesellschafter subjektiv nicht gewollt oder objektiv von vornherein unmöglich ist.1 Eine derart differenzierte Betrachtung der Bürgschaftsinanspruchnahme ist den Urteilsgründen aber nicht mit hinreichender Klarheit entnehmbar. Auch im Schrifttum besteht insoweit ein indifferentes Meinungsbild. Während Klingebiel2 im Umfang der Werthaltigkeit des Ausgleichsanspruchs keine vGA annimmt, nimmt Gosch3 vollumfänglich eine vGA an, da er den Ausgleichsanspruch als Einlageforderung qualifiziert. 624
Eine Bürgschaftsübernahme kann ausnahmsweise auch betrieblich veranlasst sein, wenn die GmbH in Geschäftsbeziehungen zu ihrem Anteilseigner steht und im Rahmen einer solchen Geschäftsbeziehung eine branchenübliche Bürgschaft übernimmt. In diesem Fall ist auch die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft keine vGA.
625
In der Praxis sind auch Fälle anzutreffen, in denen im Zusammenhang mit Bankdarlehen an nachgelagerte Tochterkapitalgesellschaften die Kreditgeber eine Bürgschaft nicht von der Mutterkapitalgesellschaft, sondern von den dahinter stehenden natürlichen Personen (Gesellschafter der Mutterkapitalgesellschaft) einfordern. Werden die Gesellschafter in dieser Konstellation von ihrer GmbH im Innenverhältnis von den Belastungen einer Bürgschaftsinanspruchnahme freigestellt, liegt ebenfalls keine vGA vor. Die Übernahme der Verpflichtung durch die GmbH hat hier ausschließlich betriebliche Gründe, da es um die Finanzierung ihre Tochterkapitalgesellschaften geht.
626
Ist die Bürgschaftsübernahme zugunsten des Gesellschafters ausnahmsweise dem Grunde nach nicht zu beanstanden, muss allerdings eine angemessene Avalprovision vereinbart werden.4 Verzichtet die GmbH auf eine solche Provision oder ist die Provision unangemessen niedrig, so liegt hierin eine vGA. Dagegen kann der Verzicht auf eine Avalprovision steuerlich anzuerkennen sein, wenn der Gesellschafter ein wichtiger Geschäftspartner der GmbH ist und die unentgeltliche Bürgschaftsübernahme Teil eines einheitlichen Geschäfts ist.5 Die Frage, ob die Nichtvereinbarung der Avalprovision gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, muss von der Frage der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Bürgschaftsübernahme getrennt werden. Hält die Bürgschaftsübernahme dagegen einem Fremdvergleich nicht stand (gesellschaftsrechtlich veranlasste Bürgschaftsübernahme), so führt ein Verzicht auf die Vereinbarung einer Avalprovision nicht zu einer weiteren vGA.6 Übernimmt der Gesellschafter eine Bürgschaft für Schulden der GmbH, so ist die Zahlung einer angemessenen Avalprovision an den Gesellschafter anzuerkennen. Dies gilt selbst dann, wenn es sich um eine kapitalersetzende Bürgschaft (Finanzplanbürgschaft oder Bürgschaft für ein Krisenfinanzierungsdarlehen) handelt. Eine vGA kann aber anzunehmen sein, wenn die vereinbarte Avalprovision, welche die GmbH an den Gesellschafter zahlt, überhöht ist.
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Die Eingehung von Bürgschaftsverpflichtungen durch den Gesellschafter-Geschäftsführer führt – unabhängig von der Vereinbarung einer Avalprovision – nicht dazu, dass im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit seiner Gesamtausstattung eine höhere Bandbreite zu berücksichtigen ist.7
Darlehen 1. Darlehen der GmbH an den Gesellschafter oder eine nahestehende Person (zB Schwestergesellschaft) a) Grundlagen 628 Wegen der Verschiebung der Dividendenbesteuerung auf die Anteilseignerebene ist es – insbesondere wenn die Gesellschafter natürliche Personen sind – steuerlich vorteilhaft, die Gewinne einer GmbH zu thesaurieren und einen etwaigen Liquiditätsbedarf der Gesellschafter durch die Gewährung von Darlehen zu bedienen. Hiergegen bestehen im Grundsatz selbst dann keine Bedenken, wenn der Gesellschafter mit den erhaltenen Fremdmitteln private Anschaffungen tätigt.8
1 2 3 4 5 6 7 8
BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599. Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Bürgschaft“ Rz. 1. Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 676. BFH v. 26.2.1992 – I R 23/91, BStBl. II 1992, 846 = FR 1992, 555. So auch Schwedhelm in Streck7, § 8 KStG Anh. Rz. 235 „Bürgschaft“. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218 Rz. 4.4.2. FG Berlin-Bdb. v. 27.9.2007 – 6 K 8215/06, EFG 2008, 232; nachfolgend BFH v. 12.3.2008 – I B 194/07, juris. Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 686.
508
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 629–632 § 8
b) Zivilrechtliche Anforderungen Unter einem Darlehen versteht man die Hingabe der Darlehensvaluta (idR Geld) zu Eigen- 629 tum an einen Darlehensnehmer und dessen gleichzeitige Verpflichtung zur gleichartigen und gleichwertigen Rückerstattung. Wird die Darlehenstilgung (nicht nur der Rückzahlungszeitpunkt) bereits dem Grunde nach vertraglich in das Belieben des Schuldners gestellt, liegt zivilrechtlich kein Darlehen vor,1 weil hierdurch die einem Darlehen immanente Rückzahlungsverpflichtung ausgehebelt wird. Die bloße Bezeichnung als Darlehen ändert daran nichts. Eine (marktübliche) Verzinsung ist dagegen zivilrechtlich nicht erforderlich.2 Wird eine Rückzahlung dem Grunde nach zwar vereinbart, fehlt aber eine konkrete Bestimmung des Rückzahlungszeitpunkts und werden dem Darlehensgeber (GmbH) keine Sicherheiten eingeräumt, ist allerdings die zivilrechtliche Darlehenseigenschaft je nach Vertragsgestaltung ggf. zu bejahen. Es gelten die §§ 488 ff. BGB. Liegt allerdings bereits zivilrechtlich kein Darlehen vor oder ist der Darlehensvertrag zi- 630 vilrechtlich unwirksam, dann ist steuerrechtlich folglich nicht von einer Darlehensgewährung, sondern von einer Ausschüttung auszugehen. Der Gesellschafter hat den Mittelzufluss als Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu versteuern. c) Bedeutung der Rückzahlungsabsicht Ist der Vertrag so ausgestaltet, dass keine ernsthafte Rückzahlungsabsicht bestand, etwa 631 weil von vornherein absehbar war, dass der Darlehensnehmer (= Gesellschafter oder ihm nahestehende Person) zur Rückzahlung nicht in der Lage sein würde, so stellt sich die Frage, ob nicht von Anfang an eine Ausschüttung anzunehmen ist. Ist angesichts der Gesamtumstände offensichtlich, dass mit der Zuwendung des Geldbetrags trotz der vertraglichen Bezeichnung und des buchmäßigen Ausweises als „Darlehen“ keine Rückzahlungsverpflichtung verbunden ist, so stellt bereits die Hingabe der Darlehensvaluta eine vGA dar.3 Es liegt also tatsächlich kein Darlehen vor. Ein starkes Indiz hierfür wäre gegeben, wenn der Darlehensnehmer von Anfang an nicht über eine ausreichende Bonität verfügt und eine Darlehenstilgung von vornherein objektiv unmöglich ist.4 Hierbei hat der BFH u.a. darin ein Indiz für die fehlende Rückzahlungsabsicht erkannt, dass bereits kurze Zeit nach der Darlehensgewährung auf die Darlehensrückzahlung verzichtet wird. Aber auch ohne einen solchen Verzicht indiziert die unmittelbare vollumfängliche Wertberichtigung der Darlehensforderung bereits eine fehlende Rückzahlungsabsicht. Gibt die GmbH im Bewusstsein der sofortigen Wertlosigkeit ihres Rückforderungsanspruchs ein Darlehen, so tut sie dies offensichtlich gerade nicht in der Erwartung, die ausgereichten Mittel zurückzuerlangen. Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass es sich bei den hier erörterten Fallkonstellationen um Ausnahmefälle handelt. Dies dürfte auch daran liegen, dass man bei Beurteilung der Rückzahlungsmöglichkeiten des Gesellschafters auch den Wert der GmbH-Anteile wertmäßig berücksichtigen muss. Im Regelfall wird das Bestehen der formal durch den Abschluss des Darlehensvertrags 632 bekundeten Rückzahlungsabsicht nicht derart offensichtlich unmöglich sein, dass bereits die Darlehenshingabe steuerrechtlich als vGA zu werten wäre. Alleine die fehlende Besicherung oder wirtschaftliche Schwierigkeiten des Darlehensnehmers führen noch nicht zur Annahme einer vGA.5 Auch unvollständige und lückenhafte Regelungen im Darlehensvertrag, wie beispielsweise auch eine fehlende Festlegung der konkreten Rückzahlungsmodalitäten, reichen noch nicht zu einer Qualifizierung der Darlehensgewährung als vGA aus.6
1 Staudinger12, § 607 BGB Rz. 4; Ermann8, § 607 BGB Rz. 18. 2 Palandt61, § 607 BGB Rz. 3. 3 So auch Lang in D/P/M, § 8 KStG Teil D Rz. 1051; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 688; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Darlehen“. 4 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599; v. 2.2.2005 – VIII B 191/03, BFH/NV 2005, 1318; v. 20.4.2005 – X R 2/03, FR 2005, 1149 = GmbHR 2005, 1193. Im letztgenannten Fall hat der BFH das Verfahren an das FG zurückverwiesen, um tatrichterlich festzustellen, ob tatsächlich eine Darlehensausreichung vorliegt. 5 Schwedhelm in Streck7, Anh. § 8 KStG Rz. 250. 6 Gosch in Gosch2, § 4 KStG Rz. 688; BFH v. 29.10.1997 – I R 24/97, BStBl. II 1998, 573 = FR 1998, 482.
Stimpel
509
§ 8 Rz. 633–637
Ermittlung des Einkommens
633
In bestimmten Ausnahmefällen hat auch der BFH bereits in der Vergangenheit eine vGA bei Hingabe eines Darlehens angenommen. So hat er in älteren Entscheidungen unverzinsliche Darlehen mit ungewöhnlich langer Laufzeit von zB 84 Jahren1 oder 100 Jahren2 mit der Begründung als vGA behandelt, derart lange Laufzeiten seien im Wirtschaftsleben nicht üblich. In den entschiedenen Fällen kam er zu dem Schluss, dass die beteiligten Parteien wirtschaftlich keine Darlehensgewährung gewollt hätten, sondern Vermögenswerte der GmbH endgültig in das Vermögen der beherrschenden Anteilseigner zu überführen beabsichtigten. Gleichwohl kann eine längere Darlehenslaufzeit im Einzelfall auch betrieblich begründet und kein Indiz für eine fehlende Rückzahlungsabsicht sein.3
634
In der vorstehenden Frage gelten bei Darlehen an beherrschende Gesellschafter keine Besonderheiten. Entscheidend ist letztlich nur, ob eine Darlehensrückzahlung ernsthaft beabsichtigt ist. Die Frage, ob hinsichtlich der Darlehenskonditionen (Laufzeit, Tilgung, Verzinsung, Besicherung) klare und eindeutige Vereinbarungen vorliegen, ist allenfalls für die steuerliche Anerkennung der Leistungsvergütungen (Zinsen) von Bedeutung. Fehlen solche Vereinbarungen, so führt dies nicht ohne Weiteres zu einer Behandlung der Darlehenshingabe als vGA.4 d) Steuerliche Rechtsfolgen der Nichtannahme eines Darlehens
635 Ist mangels Vorliegen einer Rückzahlungsabsicht nicht von einem Darlehensverhältnis auszugehen (s. Rz. 631 bis 633 ff.), so führt bereits die als Darlehenshingabe deklarierte Mittelausreichung zu einer vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Wegen der Nichtannahme einer Rückzahlungsabsicht (insbesondere wegen sofortiger Wertlosigkeit eines Rückzahlungsanspruchs) wird man wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG) bereits zivilrechtlich das Vorliegen einer Darlehensforderung verneinen müssen.5 Die GmbH muss folglich die ausgereichten Darlehensmittel gewinnmindernd verbuchen, weil mangels Existenz eines Darlehens bereits dem Grunde nach die Aktivierung einer Darlehensforderung ausscheidet. Dieser Aufwand wird auf der zweiten Stufe der steuerlichen Gewinnermittlung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzugerechnet. e) Verbotene Darlehen nach § 43a GmbHG 636 Eine Darlehensvergabe der GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer ist gem. § 43a GmbHG nur zulässig, wenn die Darlehensvergabe aus den offenen Rücklagen möglich ist. Gibt eine GmbH ihrem Gesellschafter unter Verstoß gegen § 43a GmbHG gleichwohl ein Darlehen, so führt dies jedoch nicht zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit der Vereinbarung. Der Kreditvertrag, die Sicherheitengestellung und auch die Verzinsungsvereinbarung sind wirksam.6 Daher geht die herrschende Meinung zutreffend davon aus, dass ein Verstoß gegen § 43a GmbHG für sich genommen keine vGA auslöst.7 637
Eine zusätzliche Problematik hat sich allerdings für Zeiträume vor Geltung des MoMiG (1.11.2008) aus der Rechtsprechung des BGH8 ergeben. Der BGH wertete eine Darlehensgewährung an den Gesellschafter, die nicht aus Gewinnvorträgen oder Rücklagen finanziert werden konnte, als Verstoß gegen § 30 GmbHG aF. Dies sollte selbst dann gelten, wenn der Rückzahlungsanspruch angesichts der guten Bonität des Darlehensnehmers voll werthaltig war.9 Nach der Wertung des BGH beruht der Rückzahlungsanspruch der GmbH nicht auf dem Darlehensvertrag, sondern auf § 31 Abs. 1 GmbHG aF Davon ausgehend wird teilweise die Auffassung vertreten, dass dieser Verstoß gegen § 30 GmbHG aF die schuldrechtliche Basis überlagert und folglich die Auszahlung des Darlehensbetrags als vGA zu werten ist, während der Rückforderungsanspruch gegen den Gesellschafter einen – die vGA nicht rück-
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BFH v. 10.12.1957 – I 272/56 U, BStBl. III 1958, 69. BFH v. 6.12.1955 – I 103/53 U, BStBl. III 1956, 8. Schwedhelm in Streck7, Anh. zu § 8 KStG Rz. 249. AA Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 687. So auch Neumann, GmbHR 1996, 424; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1057. Baumbach/Hueck, § 43a GmbHG Rz. 5 mwN. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1059 und Gosch in Gosch2, KStG § 8 KStG Rz. 692. BGH v. 24.11.2003 – II ZR 171/01, DStR 2004, 427. S. aber BGH v. 1.12.2008 – II ZR 102/07, GmbHR 2009, 199, in dem der BGH entschieden hat, dass die Gewährung eines unbesicherten, kurzfristig rückforderbaren „upstream-Darlehens“ durch eine abhängige AG an ihre Mehrheitsaktionärin per se kein nachteiliges Rechtsgeschäft iSv. § 311 AktG ist, wenn die Rückzahlungsforderung im Zeitpunkt der Darlehensausreichung vollwertig ist. Unter dieser Voraussetzung liegt auch kein Verstoß gegen § 57 AktG vor.
510
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 637–642 § 8
gängig machenden – Einlageanspruch darstellt.1 Die herrschende Meinung2 verneint dagegen mit guten Gründen das Vorliegen einer vGA. Zwar ist eine vGA auch denkbar, wenn infolge der vGA ein Rückgewähranspruch iSv. § 31 GmbHG aF entsteht. Eine vorherige vGA setzt allerdings auf der Ebene der GmbH eine Vermögensminderung voraus, die eine logische Sekunde vor dem Rückgewähranspruch entsteht. Gegen die Annahme einer solchen vorherigen vGA spricht aber, dass der Darlehensvertrag durch die gesellschaftsrechtlich verbotene Auszahlung nicht zivilrechtlich unwirksam wird. Deshalb kann der Rückgewähranspruch nach § 31 GmbHG aF den Rückzahlungsanspruch aufgrund der Darlehensvereinbarung allenfalls überlagern. Im geltenden Recht stellt sich diese Kapitalerhaltungsproblematik nicht mehr. Nach § 30 Abs. 1 GmbHG idF des MoMiG werden alle das Stammkapital angreifenden Leistungen vom Kapitalerhaltungsverbot ausgenommen, sofern die GmbH einen vollwertigen Gegenleistungs- bzw. Rückgewähranspruch hat.3
638
f) Darlehensgewährung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen Entsprechend den unter Rz. 632 gemachten Ausführungen führen fehlende Sicherheiten und/oder eine unangemessen niedrige Verzinsung regelmäßig nicht bereits dazu, dass das Darlehensverhältnis steuerlich nicht anerkannt wird. Jedoch verleihen fehlende Sicherheiten sowie fehlende Vereinbarungen über die Laufzeit und über die Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens der Darlehenshingabe eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung.4
639
Die Beurteilung, ob eine Darlehensvereinbarung dem Fremdvergleich standhält, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Eine fehlende Besicherung und ein dadurch eintretender Forderungsausfall ist regelmäßig gesellschaftsrechtlich veranlasst.5 Ist dagegen aufgrund der guten Bonität des Gesellschafters im Zeitpunkt der Darlehensgewährung eine Gefährdung des Anspruchs nicht absehbar, muss der spätere Ausfall der Darlehensforderung nicht zwingend gesellschaftsrechtliche Ursachen haben. Dies gilt zumindest bei geringeren Darlehensbeträgen und kürzeren Laufzeiten.6 Von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ist allerdings auszugehen, wenn das (ungesicherte) Darlehen in einer wirtschaftlich günstigen Situation der Kapitalgesellschaft hingegeben wird und die Darlehensvereinbarung bei üblichen Konditionen zunächst betrieblich veranlasst war, die GmbH es bei sich abzeichnender Gefährdung des Darlehensanspruchs aber unterlässt, rechtzeitig (sofern vertraglich möglich) eine Nachbesicherung zu erwirken oder die Kündigung nach § 490 BGB einzuleiten.
640
aa) Besonderheiten bei konzerninternen Darlehen Die bankübliche Besicherungspraxis fingiert einen Konzern in Bezug auf die Eigenmittelaus- 641 stattung regelmäßig als einen Kreditnehmer (§ 19 KWG). Häufig werden sog. Konzernkreditrahmen vergeben, bei denen Bonität und Sicherheiten der einzelnen darlehensnehmenden Konzerngesellschaft nur als Baustein in die Rahmenvereinbarung einfließt. Ungeachtet dessen ist bei Darlehen einer Tochterkapitalgesellschaft an ihre Muttergesellschaft für Zwecke einer Fremdvergleichsprüfung neben einer Rückzahlungsvereinbarung auf Bonität und Sicherheiten der einzelnen Darlehensempfängerin abzustellen. Eine andere Betrachtung würde Aspekte des Fremdvergleichs mit denen gesellschaftsrechtlicher Beziehungen vermischen und damit einen objektive Betrachtung erschweren. Fraglich ist, ob bei konzerninternen Darlehen fehlende Sicherheiten der Darlehenshin- 642 gabe nach den oa. Grundsätzen eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung geben. Hierzu hat der BFH7 für den Fall der Darlehensgewährung an eine nachgeordnete Tochtergesellschaft entschieden, dass eine Besicherung der Darlehensforderung unüblich sei und das Darlehensverhältnis mithin auch bei fehlender Besicherung als fremdüblich (und nicht gesellschaftsrechtlich) qualifiziert werden könne. Der fehlenden Besicherung wird vom BFH keine entscheidende Bedeutung beigemessen, weil der darlehensgewährende beherrschende Gesellschafter es in der Hand hat, jederzeit eine Nachbesicherung zu erwirken. Wegen dieser
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Berg/Schmich, FR 2005, 190. Wienands/Teufel, GmbHR 2004, 1301; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 692. Auch § 57 Abs. 1 AktG ist entsprechend geändert worden. BFH v. 18.2.1999 – I R 62/98, BFH/NV 1999, 1515. BFH v. 18.2.1999 – I R 62/98, BFH/NV 1999, 1515. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1054. BFH v. 21.12.1994 – I R 65/94, FR 1995, 476 = DB 1995, 1312.
Stimpel
511
§ 8 Rz. 642–645
Ermittlung des Einkommens
Einflussmöglichkeit kommt die beherrschende Gesellschafterstellung in ihren Wirkungen einer Besicherung gleich. Dieser Ansatz kann aber im hier erörterten Fall der Darlehensvergabe einer GmbH an ihren Gesellschafter nicht greifen, weil hier die darlehensgebende GmbH gegenüber ihrem beherrschenden Gesellschafter keine die fehlende Sicherheitengestellung wirtschaftlich ersetzenden Rechte hat. So hat auch der BFH in einer Folgeentscheidung1 ausdrücklich klargestellt, dass bei Darlehensgewährungen einer Tochter- an ihre Muttergesellschaft auf eine Besicherung unter Fremdvergleichgesichtspunkten nicht verzichtet werden kann. 643
Dergleichen ist auch bei einer Darlehensvergabe an eine Schwesterkapitalgesellschaft die Besicherung im Regelfall ein essenzielles Kriterium für die Beurteilung der Fremdüblichkeit. Eine solche Sachverhaltskonstellation lag dem BFH-Urteil vom 29.10.19972 zugrunde. Zwar hat der BFH hier entschieden, dass Darlehen im Konzern nicht allein deshalb als vGA beurteilt werden können, weil für sie keine Sicherheit vereinbart wurde. Diese Aussage muss jedoch im konkreten Kontext des Streitfalls gesehen werden, in dem es nur um die Rechtsfrage ging, ob die Zinszahlungen der darlehensnehmenden Schwestergesellschaft wegen der fehlenden Besicherung vGA darstellen. Dies hat der BFH in der Sache zutreffend verneint, da die Schuldnerin unzweifelhaft eine Darlehensverbindlichkeit zu passivieren hatte und die Zinsen angemessen waren. Aus Sicht der darlehensempfangenden GmbH handelte es sich hier um ein Darlehen, das sie von einer nahestehenden Person ihres Gesellschafters erhalten hatte. Hiervon zu trennen ist aber die Frage, wie bei der darlehensgebenden GmbH die Abschreibung einer wertgeminderten Darlehensforderung im Zusammenhang mit der Hingabe eines ungesichertes Darlehen an eine Schwestergesellschaft zu behandeln ist. Auch hier kann aus den oa. Gründen nicht auf die Gestellung von Sicherheiten verzichtet werden, weil die darlehensgebende GmbH nicht selbst über Einflussmöglichkeiten auf ihre Schwestergesellschaft verfügt. Die Einflussmöglichkeiten des gemeinsamen Gesellschafters müssen außer Betracht bleiben, denn seine Interessen gelten in aller Regel dem Wohl der Schuldnerin und der Gläubigerin gleichermaßen. Die darlehensgewährende Schwestergesellschaft hat also keine gesellschaftsrechtliche Machtstellung, die einer Besicherung gleichsteht. Daher indiziert bei Darlehen an Schwestergesellschaften eine fehlende Besicherung regelmäßig eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung.
644
In größeren Konzernen werden typischerweise die von einer Konzerngesellschaft – insbesondere einer konzernintern für das „Cash-Management“ zuständigen Gesellschaft – auf dem Kapitalmarkt aufgenommenen Kreditmittel an andere Konzerngesellschaften, die das Fremdkapital benötigen, weitergereicht. Hier ist die darlehensgewährende Bank berechtigt, nach Möglichkeit alle Konzerngesellschaften in die Haftung für den Kredit einzubinden. In vielen Fällen wird das zentrale „Cash-Management“ sogar mit einer Abrede über einen Saldenausgleich versehen. Dabei wird dem Konzern insgesamt eine bestimmte Kreditlinie eingeräumt. Zu festen Zeitpunkten (zB am Schluss jedes Bankarbeitstages) werden dann die Konten der einzelnen Konzernunternehmen ausgeglichen. Die jeweiligen Salden werden auf einem Zielkonto, das auf die Konzernmutter oder die Finanzierungsgesellschaft lautet, zusammengeführt. In einem solchen „Cash-Management“ oder „Cash-Pool“ ist eine gesonderte Besicherung der durchgeleiteten Kredite zugunsten der Konzernfinanzierungsgesellschaft unüblich und kann daher auch für steuerliche Zwecke nicht gefordert werden. bb) Sonderfall Verrechnungskonto
645
Eine fehlende Sicherheitsleistung bzw. eine fehlende schriftliche Rückzahlungsvereinbarung ist nach der Rechtsprechung des BFH aber unschädlich, wenn die Forderung von vornherein auf einem Gesellschafter-Verrechnungskonto festgehalten wird.3 Durch diese Verbuchung werde eine ernsthafte Rückzahlungsabsicht dokumentiert, denn Verrechnungskonten haben in aller Regel Darlehenscharakter. Es komme zum Ausdruck, dass die Beträge dem Gesellschafter nicht endgültig zugewendet werden sollen. Steigt dagegen der Darlehenssaldo immer weiter an und erfolgt keine ernsthafte Verrechnung mit Gegenansprüchen bzw. keine Tilgung der geschuldeten Beträge, so kann auch hier eine fehlende Besicherung zur gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Darlehenshingabe führen. In diesem Fall wäre
1 BFH v. 18.2.1999 – I R 62/98, BFH/NV 1999, 1515. 2 BFH v. 29.10.1997 – I R 24/97, BStBl. II 1998, 573 = FR 1998, 482. 3 BFH v. 8.10.1985 – VIII R 284/83, BStBl. II 1986, 481 = FR 1986, 322.
512
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 645–649 § 8
eine nachfolgende Teilwertabschreibung auf den Forderungssaldo als vGA zu qualifizieren.1 Sollte nach den in Rz. 631 bis 633 dargelegten Voraussetzungen aufgrund der Vermögenssituation des Gesellschafters eine fehlende Rückzahlungsabsicht zu verneinen sein, liegt bereits im Zeitpunkt der Auszahlung der Mittel eine vGA vor. g) Rechtsfolgen einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehensgewährung aa) Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderung als vGA Für den Fall, dass die Darlehensvereinbarung gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, aber gleichwohl ein zivilrechtlich wirksamer Darlehensvertrag vorliegt, hat die GmbH zunächst eine Darlehensforderung gegenüber ihrem Gesellschafter zu bilanzieren. Solange diese Forderung werthaltig ist und folglich mit den Nominalwert zu aktivieren ist, bleibt für die Annahme einer vGA mangels Minderung des Unterschiedsbetrags iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG kein Raum. Liegen aber nachfolgend die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung auf die Forderung vor, dann ist der Aufwand aus der Forderungsabschreibung nach ständiger BFH-Rechtsprechung und einhelliger Meinung in der steuerlichen Literatur als vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen.2 Die Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG geht einer Hinzurechnung nach § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG vor.3 Zu einer parallelen Einschlägigkeit von § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG kann es dann kommen, wenn die Kapitalgesellschaft das Darlehen einer Tochterkapitalgesellschaft ihres Gesellschafters gewährt.
646
Hat die Körperschaft eine an sich gebotene Teilwertabschreibung im Jahr der Wertminderung unterlassen und erst in einem späteren Wirtschaftsjahr vorgenommen, so ist in diesem späteren Jahr von einer vGA auszugehen. Dies gilt zumindest dann, wenn das Jahr, in dem die Wertminderung an sich eingetreten war, schon bestandskräftig veranlagt ist. Wegen des formellen Bilanzenzusammenhangs sind unterbliebene Abschreibungen in der Schlussbilanz des ersten offenen Jahres nachzuholen. Erst durch die dadurch bewirkte Vermögensminderung und die einhergehende Minderung des Unterschiedsbetrags iSd. § 4 Abs. 1 EStG wird eine vGA ausgelöst.4
647
Wie nachfolgend unter Rz. 650 ausgeführt, kommt es im Jahr der Annahme einer vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf Gesellschafterebene zu keinem Zufluss. Auch steht nicht fest, ob es tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt zu einem Zufluss von Einnahmen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in Höhe des Betrags iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kommen wird. Dieser Umstand steht der Annahme einer vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gleichwohl nicht entgegen, da die im Umfang der Teilwertabschreibung eingetretene Unterschiedsbetragsminderung nur geeignet sein muss, beim Gesellschafter (irgendwann) einen sonstigen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.5 Diese Eignung ist im Falle einer Wertminderung eines ungesicherten Darlehens grundsätzlich gegeben, auch wenn der Zufluss erst durch den späteren Verzicht auf die Forderung eintreten kann und uU der Höhe nach variiert.6
648
bb) Abfluss bei der GmbH und Zufluss beim Gesellschafter Fraglich ist, wann eine vGA aus einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehenshingabe bei der GmbH abfließt (Leistung iSv. §§ 27, 38 KStG) und dem Gesellschafter als Kapitalertrag iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zufließt. Die Frage des Abflusses bei der GmbH hat hierbei seit dem 1.1.2007 isoliert betrachtet keine praktische Bedeutung mehr, da es fortan zu keinen ausschüttungsbedingten Steuererhöhungen kommen kann und auch eine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos aufgrund der Wirkungsweise von § 27 Abs. 5 KStG unmöglich ist (s. „Einlagekonto/Einlagenrückgewähr“ in Rz. 736). Zwar löst der mit dem Ab-
1 So auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1135; tendenziell wohl auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 688. 2 BFH v. 18.2.1999 – I R 62/98, GmbHR 1999, 993; v. 7.3.2007 – I R 45/06, GmbHR 2007, 1055; v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 302 „Darlehen“; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 694; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1054. 3 S. hierzu auch BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 21. 4 BFH v. 7.3.2007 – I R 45/06, GmbHR 2007, 1055. 5 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132. 6 BFH v. 21.7.2011 – I B 27/11, BFH/NV 2011, 2116; v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer.
Stimpel
513
649
§ 8 Rz. 649–651
Ermittlung des Einkommens
fluss der vGA regelmäßig einhergehende Zufluss der vGA beim Gesellschafter grundsätzlich die Pflicht zur Einbehaltung von Kapitalertragsteuer aus, hiervon kann tatsächlich in der Mehrzahl der Fälle aber abgesehen werden (s. „Kapitalertragsteuer bei vGA“ in Rz. 866 ff.). 650
Hoch brisant ist hingegen die untrennbar mit dem Abfluss der vGA zusammenhängende Frage des Zuflusses der vGA beim Gesellschafter. Hierzu hat der BFH1 mehrfach entschieden, dass weder zum Zeitpunkt der Darlehenshingabe noch zum Zeitpunkt der Wertberichtigung der Darlehensforderung die vGA abfließt. Ein Abfluss liege vielmehr erst dann vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Zugehörigkeit der betroffenen Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen endet und sich damit die Vermögensminderung realisiert. Dies sei erst dann der Fall, wenn die Forderung tatsächlich untergeht, nicht hingegen, solange sie zivilrechtlich noch fortbesteht. Für den Zufluss der vGA auf der Ebene des Anteilseigners gelten die gleichen Grundsätze. Der Gesellschafter muss also solange noch keine vGA versteuern, solange er gegenüber der GmbH noch zivilrechtlich zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist. Zu einem Zufluss der vGA beim Gesellschafter kommt es daher erst bei tatsächlichem Verzicht auf die Darlehensforderung durch die darlehensgewährende Kapitalgesellschaft oder beim Eintritt der Verjährung.
651
Fraglich ist aber, mit welchem Wert die vGA bei der Kapitalgesellschaft abfließt und beim Gesellschafter zufließt. Hier kommen einerseits der Nennwert und andererseits der gemeine Wert zum Zeitpunkt des Verzichts in Betracht. Hierbei dürfte zu unterstellen sein, dass der gemeine Wert wegen der Wertlosigkeit der Darlehensforderung 0 Euro beträgt bzw. zumindest deutlich unter dem Nennwert liegt. Für den Nominalbetrag spricht einerseits die Korrespondenz mit der Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf der Ebene der GmbH und der Umstand, dass der Gesellschafter tatsächlich den Nominalbetrag ausbezahlt bekommen hat, ohne ihn im Endergebnis zurückgezahlt zu haben. Er wird letztlich von einer Verbindlichkeit in Höhe des Nominalbetrags befreit.2 Dies muss aber nicht zwingend etwas über den Umfang der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung dieser Entlassung aus der Verbindlichkeit aussagen. Für den Ansatz des gemeinen Werts spricht, dass die vGA iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG mit dem gemeinen Wert im Zeitpunkt des Zuflusses zu bewerten ist. Da die vGA erst im Verzichtszeitpunkt zufließt, muss der damit verbundene Vorteil auch auf diesen Zeitpunkt bewertet werden.3 Die steuerlichen Auswirkungen der Beantwortung dieser gerichtlich noch nicht geklärten Zweifelsfrage können je nach Sachverhaltskonstellation sehr unterschiedlich sein. Bei unmittelbaren Darlehensgewährungen an den Gesellschafter ist der Ansatz des Nominalwerts wegen der damit verbundenen höheren Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG für den Anteilseigner regelmäßig nachteilhaft.4 Bei Darlehensgewährungen zwischen Schwestergesellschaften (Dreiecksfälle) führt dieser Lösungsansatz bei der Muttergesellschaft zu der Folgefrage, ob dort nach den Grundsätzen des Vorteilsverbrauchs eine Gewinn- und Einkommensminderung eintritt. Beispiel: Die Darlehensforderung der T1-GmbH wurde zum 31.12.2009 abgeschrieben. Die Teilwertabschreibung wurde nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als vGA behandelt. In 2011 verzichtet die T1-GmbH auf die wertlose Darlehensforderung.
1 BFH v. 14.7.2004 – I R 16/03, BStBl. II 2004, 1010; v. 20.10.2004 – I R 7/04, GmbHR 2005, 497; v. 7.3.2007 – I R 45/06, GmbHR 2007, 1055. 2 S. hierzu Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 133, der sich für den Zufluss des Nominalbetrags ausspricht und hierbei auf die vom BFH im Urteil v. 14.7.2004 (I R 16/03, BStBl. II 2004, 1010 = FR 2004, 1281) verwendete Formulierung „buchmäßig berücksichtigte Minderungsbeträge“ verweist. 3 Hier besteht eine Parallele zur Bestimmung des Werts der verdeckten Einlage beim Forderungsverzicht des Gesellschafters. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BFH (v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723) ausschließlich auf die Wertverhältnisse im Verzichtszeitpunkt abzustellen. 4 Sieht man es pragmatisch, kann man aber auch diesen Aspekt vernachlässigen, weil der Anteilseigner aufgrund seiner angenommenen Vermögenslosigkeit die anfallenden Ertragsteuern ohnehin nicht bezahlen kann.
514
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 651–652 § 8
M-AG
100 %
T1-GmbH
100 %
Darlehen
T2-GmbH
T1-GmbH erklärt Darlehensverzicht: Nominalwert Buchwert Gemeiner Wert
500 000 € 0€ 0€
Lösung: Der Verzicht der T1-GmbH löst den Zufluss der vGA bei der M-AG aus. Würde man den zufließenden Kapitalertrag iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG mit dem Nominalwert der Darlehensforderung von 500 000 Euro bewerten, käme des bei der M-AG gem. § 8b Abs. 1 iVm. Abs. 5 Satz 1 KStG zu einer Einkommenserhöhung von 25 000 Euro. Da der Vermögensvorteil aus dem Verzicht der T2-GmbH zugutekommt, liegt im Verhältnis der M-AG zur T2-GmbH grundsätzlich eine verdeckte Einlage vor. Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung1 ist aber nur im Umfang der Werthaltigkeit der Darlehensforderung eine verdeckte Einlage anzunehmen. Dies ist hier aber wegen der vollständigen Wertlosigkeit der Darlehensforderung nur ein Betrag von 0 Euro. Bei der T2-GmbH kommt es mithin zu einer Gewinn- und Einkommenserhöhung von 500 000 Euro (Ausbuchung der Darlehensverbindlichkeit) und bei der M-AG zu keinen nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der T2-GmbH. Da der M-AG aber ein Ertrag von 500 000 Euro zugeflossen ist und die Weitereinlage nur 0 Euro beträgt, muss zwangsläufig in Höhe des Differenzbetrags von 500 000 Euro nach den Grundsätzen der Verbrauchstheorie ein Aufwand berücksichtigt werden. Dieser Aufwand wäre steuerlich abzugsfähig, sofern nicht § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG einschlägig wäre. Die Anwendbarkeit von § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG auf diesen Verbrauch ist aber tendenziell zu verneinen, weil es sich aus der Sicht der M-AG nicht um eine Gewinnminderung im Zusammenhang mit einem Darlehen handelt.
Die Finanzverwaltung hat sich zu diesen Rechtsfragen im Rahmen des BMF-Schreibens 652 zur Anwendung von § 1 AStG auf Gewinnminderungen aus Darlehensforderungen geäußert.2 Sie vertritt die Rechtsauffassung3, dass die im Verzichtszeitpunkt dem Gesellschafter der darlehensgewährenden Kapitalgesellschaft zufließende vGA mit dem Nennwert der Darlehensforderung und nicht mit dem (wegen Wertlosigkeit regelmäßig 0 Euro betragenden) gemeinen Wert zu bewerten ist. Kommt es in Dreiecksfällen (Darlehen an Schwesterkapitalgesellschaft) zu einer der vGA nachgelagerten vE, soll auch die vE mit dem Nennwert bewertet werden. Nach der Auffassung der Finanzverwaltung liegt kein Anwendungsfall des Beschlusses des Großen Senats4 vor, da die dem Darlehensverzicht zugrunde liegende Forderung bereits ihrerseits gesellschaftsrechtlich veranlasst sei und es mithin auf die Werthaltigkeit im Verzichtszeitpunkt nicht ankomme. Im Ergebnis projiziert die Finanzverwaltung die in Rz. 635 dargestellten Grundsätze der vGA auf den umgekehrten Fall der verdeckten Einlage. Allerdings sind die Tatbestandsmerkmale von vGA und vE nicht deckungsgleich. So erfordert eine vE einen einlagefähigen Vermögensvorteil, der hier nur im Zeitpunkt des Darlehensverzichts beurteilt werden kann, da aus Sicht der GmbH bis zu diesem Zeitpunkt ein zu passivierendes Darlehen vorliegt. Dies spricht eher gegen die Auffassung der Finanzverwaltung.5
1 2 3 4 5
BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723. BMF v. 29.3.2011 – IV B 5 - S 1341/09/10004, BStBl. I 2011, 277. BMF v. 29.3.2011 – IV B 5 - S 1341/09/10004, BStBl. I 2011, 277 Rz. 31. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723. Siehe auch Kaminski/Strunk, Stbg 2011, 246 (255), und Teschke/Langkau/Sundheimer, DStR 2011, 2021 (2026), die die Auffassung der FinVerw. ablehnen.
Stimpel
515
§ 8 Rz. 653–657
Ermittlung des Einkommens
cc) Unerwartete spätere Wertaufholung oder Darlehensrückzahlung 653 Es ist denkbar, dass eine abgeschriebene Forderung an den Gesellschafter zu einem späteren Zeitpunkt wieder werthaltig wird und dementsprechend in der Bilanz der GmbH eine Wertaufholung erfolgt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Wenn die Forderungsabschreibung als vGA gewertet wurde, muss die spätere Wertaufholung nach Art einer „umgekehrten vGA“ zu einer außerbilanziellen Minderung des Einkommens führen.1 dd) Vorzeitige Tilgung durch den Gesellschafter 654 Hat das Darlehen an den Gesellschafter eine festgelegte Laufzeit und zahlt der Gesellschafter das Darlehen vorzeitig zurück, so liegt darin selbst dann keine vGA, wenn die Tilgungsmöglichkeit in dem ursprünglichen Darlehensvertrag nicht geregelt ist. Vorzeitige Tilgungen sind im Wirtschaftsleben durchaus üblich.2 Die Gesellschaft erleidet hierdurch grundsätzlich keinen wirtschaftlichen Nachteil, da sie die zurückerhaltenen Mittel anderweitig anlegen kann. Eine vGA in Gestalt einer gesellschaftsrechtlich veranlassten verhinderten Vermögensmehrung kann aber anzunehmen sein, wenn eine Zinsfestschreibung für die gesamte Laufzeit vereinbart wurde und die darlehensgewährende GmbH auf eine bankübliche Vorfälligkeitsentschädigung verzichtet. 2. Darlehen des Gesellschafters an die GmbH a) Steuerliche Anforderungen an ein Gesellschafterdarlehen 655 Zunächst ist nach den gleichen in Rz. 628 ff. dargestellten Kriterien zu prüfen, ob der Gesellschafter die der GmbH ausbezahlten Mittel darlehensweise zur Verfügung gestellt hat. Sollte kein wirksamer Darlehensvertrag zustande gekommen sein (zB fehlende Rückzahlungsabsicht)3, läge steuerlich eine verdeckte Einlage vor. Bei der GmbH käme es nicht zur Passivierung eines Darlehens, sondern zu einem Zugang zum steuerlichen Einlagekonto. Gleichwohl gezahlte Zinsen sind als vGA zu qualifizieren. 656
Ein unvollständiger Darlehensvertrag zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter (Darlehensgeber) kann nicht automatisch in eine Zuführung von Eigenkapital umgedeutet werden. Einzelne Kriterien des Fremdvergleichs sind nicht als absolute Tatbestandsmerkmale zu verstehen. Wird zB in einem Darlehensvertrag keine Vereinbarung über einen Rückzahlungszeitpunkt getroffen, so greift die gesetzliche Kündigungsfrist gem. § 489 BGB. Dementsprechend bleibt ein Darlehensvertrag zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter bzw. einer ihm nahestehenden Person auch dann noch ein Darlehensvertrag, wenn eine Rückzahlungsvereinbarung oder eine Besicherung fehlt.4 Die Besicherung hat aus den in Rz. 1241 dargelegten Gründen bei der Beurteilung der Fremdüblichkeit der Darlehensgewährung ohnehin regelmäßig keine Bedeutung.
657
Der Umstand, dass die Darlehensgewährung des Gesellschafters durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (zB wegen der fehlenden Kreditwürdigkeit der GmbH), hat bei dieser Darlehensrichtung während der Darlehenslaufzeit keine steuerliche Relevanz. Während im Fall der Darlehensgewährung durch die GmbH bei einer etwaigen Darlehensabschreibung die Frage einer vGA im Raum steht, ist ein Darlehen, das der Gesellschafter seiner GmbH gewährt, wegen des handelsrechtlichen Imparitätsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) stets zwingend mit dem Rückzahlungsbetrag als Fremdkapital zu passivieren. Es existiert keine Rechtsgrundlage für die Umqualifizierung von Fremd- in Eigenkapital.5 Dies galt gleichermaßen auch für Gesellschafterdarlehen, die nach der bis zum 31.10.2008 geltenden Rechtslage als eigenkapitalersetzende Darlehen zu qualifizieren waren.6
1 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 Rz. 9; s. auch Rz. 318 ff. mwN; bei der parallelen Einschlägigkeit von § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG (s. § 8b KStG Rz. 311 ff.) ergibt sich die Steuerfreiheit des Zuschreibungsertrags auch aus § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG. 2 So auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1064. 3 GmbH ist überschuldet und Gesellschafter verzichtet zeitnah auf die Rückzahlung. 4 BFH v. 29.10.1997 – I R 24/97, BStBl. II 1998, 573 = FR 1998, 482. 5 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = FR 1992, 525. 6 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = FR 1992, 525; BMF v. 16.9.1992 – IV B 7 - S 2742 - 61/92, BStBl. I 1992, 653.
516
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 658–662 § 8
b) Behandlung der Zinsen bei gesellschaftsrechtlich veranlassten (kapitalersetzenden) Darlehen Auch wenn die Darlehenshingabe selbst durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (so insbesondere bei kapitalersetzenden Darlehen), löst das Darlehen eine steuerlich zu beachtende Zinsverbindlichkeit aus. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein unvollständiger Darlehensvertrag Rückschlüsse auf das Fehlen einer ernstlich gemeinten Zinsvereinbarung erlaubt.1 Unabhängig davon ist es bei Zinsvereinbarungen zwischen der GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter immer erforderlich, dass im Voraus klare und eindeutige Zinsvereinbarungen getroffen werden. Die Zinsverbindlichkeit entsteht unabhängig davon, ob die Zinsen im Anwendungsbereich des alten Zivilrechts (bis zum 31.10.2008) nach § 30 GmbHG aF ausgezahlt werden dürfen oder nicht. § 30 GmbHG aF verbietet nur die Erfüllung der Zinsverbindlichkeit und berührt nicht ihre Passivierung. Somit ist eine auf einem eigenkapitalersetzenden Darlehen beruhende Zinsverbindlichkeit in der Handelsbilanz und damit auch in der Steuerbilanz zulasten des Gewinns zu passivieren.2 In der bloßen Passivierung ist noch keine vGA iSd. § 8 Abs. 3 KStG zu sehen.
658
Fraglich ist, ob eine Auszahlung der Zinsen bzw. eine Rückzahlung der Darlehen unter Verstoß gegen §§ 30, 31 GmbHG aF zu einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG führt. Die hM verneint diese Frage, weil davon auszugehen ist, dass die Auszahlung nur eine zivilrechtlich wirksame Erfüllung einer Verbindlichkeit darstellt.3 Die verbotswidrige Zinszahlung werde wie die verbotswidrige Darlehenstilgung nicht von § 134 BGB erfasst.4 Im durch das MoMiG fortentwickelten Gesellschaftsrecht ist das Rechtsinstitut des eigenkapitalersetzenden Darlehens abgeschafft worden und durch Subordinations- und Anfechtungstatbestände für den Fall der Insolvenz ersetzt worden. Für die Auszahlung von Zinsen für Gesellschafterdarlehen bestehen im geltenden Recht vor Eintritt der Insolvenz keinerlei Einschränkungen.
659
c) Rangrücktrittsvereinbarungen Ein vom Gesellschafter erklärter Rangrücktritt kann zwar je nach seiner Ausgestaltung zu 660 einer gewinnerhöhenden Ausbuchung des Gesellschafterdarlehens nach § 5 Abs. 2a EStG in der Steuerbilanz führen.5 Im Grundsatz besteht aber unverändert Fremdkapital, das im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen angemessen verzinst werden kann. Für die Annahme von vGA besteht diesbezüglich daher kein Raum (s. die Kommentierung zur vE in Rz. 1409). d) Forderungsverzicht mit Besserungsschein Siehe „Forderungsverzicht mit Besserungsschein“ (Rz. 1403 ff.). Zur steuerlichen Behandlung der Besserungsleistungen und der Darlehenszinsen s. „Besserungsleistungen der GmbH“ (Rz. 550 ff.).
661
Zur Möglichkeit eines Verzichts mit Besserungsabrede in Bezug auf künftige Gehaltszahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer s. „Gehaltsstundung und Gehaltsverzicht“ (Rz. 786 ff.). e) Tatsächliche Durchführung der Darlehensvereinbarung Wird das Darlehen verzinst und hat der darlehensgewährende Gesellschafter eine beherrschende Stellung, so muss die Verzinsung allerdings klar und eindeutig im Voraus geregelt werden. Möglicherweise lässt die Durchführung der Darlehensvereinbarung – bspw. die zeitnahe gleichmäßige Verbuchung der Tilgung und der Zinsen auf einem Verrechnungskonto6 – Rückschlüsse auf die Vereinbarung zu. Dies macht eine schriftliche Vereinbarung entbehrlich, wenn aus einer langjährigen tatsächlichen Übung auf das mündlich Vereinbarte rückgeschlossen werden kann.7 Liegt eine klare und eindeutige (schriftliche) Darlehens-/Zinsvereinbarung vor, so muss auch entsprechend dieser Vereinbarung verfahren werden. Dies betrifft insbesondere die pünktliche Entrichtung der Zinsen, wobei eine Gutschrift auf dem
1 2 3 4
BFH v. 29.10.1997 – I R 24/97, BStBl. II 1998, 573 = FR 1998, 482. BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = FR 1992, 525. BGH v. 11.5.1987 – II ZR 226/86, GmbHR 1987, 390. Tillmann in GmbH-Handbuch, Teil III, Rz. 465; Thiel, GmbHR 1992, 20; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 692; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1124. 5 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, FR 2012, 582 = GmbHR 2012, 406. 6 S. BFH v. 8.10.1985 – VIII R 284/83, BStBl. II 1986, 481 = FR 1986, 322. 7 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 700.
Stimpel
517
662
§ 8 Rz. 662–668
Ermittlung des Einkommens
Gesellschafter-Verrechnungskonto ausreicht. Verzichtet der Gesellschafter während der Vertragslaufzeit ganz oder teilweise auf seine Darlehensforderung, so ist nicht von einer mangelhaften Vertragsdurchführung auszugehen (wegen weiter gehender Einzelheiten s. Rz. 301 ff.).1 f) Angemessene Verzinsung 663 Zu den Anforderungen an eine angemessene Verzinsung s. „Zinsen bei Darlehensverhältnissen mit dem Gesellschafter“ (Rz. 1233 ff.). g) Abzinsung unverzinslicher Gesellschafterdarlehen 664 Ab Veranlagungszeitraum 1999 sind unverzinsliche Darlehen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag noch mindestens 12 Monate beträgt, gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG in der Steuerbilanz mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Die Abzinsung hat aber nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG zu unterbleiben, wenn das Darlehen verzinslich ist oder die Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt. Wird ein Zinssatz nahe 0 % vereinbart, so prüft die Finanzverwaltung die Anwendung des § 42 AO.2 665
Nach der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung gilt das steuerliche Abzinsungsgebot auch für unverzinsliche (ggf. eigenkapitalersetzende) Darlehen, die eine Kapitalgesellschaft von ihrem Gesellschafter erhält.3 Dies gilt unbeschadet der oa. Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG auch in Fällen, in denen das Darlehen wegen einer unbestimmten Laufzeit innerhalb des nachfolgenden Jahres theoretisch gekündigt werden kann. Während der IV. Senat des BFH4 eine teleologische Reduktion der Vorschrift bei eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen noch für erwägenswert erachtet hat, hat der I. Senat5 die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung vollumfänglich bestätigt. Eine Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG komme demnach auch bei unverzinslichen Gesellschafterdarlehen in Betracht. Bei Darlehen mit unbestimmter Laufzeit sei die Laufzeit für Zwecke der Ermittlung des Abzinsungsfaktors in Anlehnung an die bewertungsrechtlichen Grundsätze (§ 12 Abs. 1 BewG) nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu schätzen. Die Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG führt im Abzinsungsjahr zu einem Ertrag und in der nachfolgenden Aufzinsungsphase zu Aufwand. Dieser Aufwand unterliegt nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG.6
666
Die Unverzinslichkeit eines Gesellschafterdarlehens ist keine vE (s. die Kommentierung zur vE in Rz. 1281 ff.).
667
Gehört die unverzinsliche Darlehensforderung beim Gesellschafter zu dessen Betriebsvermögen, ist die unverzinsliche Darlehensforderung dort steuerlich mit dem Nominalwert bewerten. Die Unverzinslichkeit einer langfristigen Darlehensforderung beeinflusst zwar deren Marktwert.7 Hierbei handelt es sich aber nicht um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung. Ferner könnte die funktionale Bedeutung der Forderung gegen die Verringerung des Teilwerts sprechen. Eine Teilwertabschreibung wegen der Unverzinslichkeit kommt daher im Regelfall nicht in Betracht.8 h) Verzicht auf die Einrede der Verjährung als vGA
668 Hat die Gesellschaft eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter und ist die Forderung des Gesellschafters zivilrechtlich verjährt, so kann die Kapitalgesellschaft die Leistung verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Erst durch die Einrede der Verjährung wird die Gesellschaft (Schuldnerin) von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei und kann die Verbindlichkeit bilanzrechtlich ausbuchen, denn für mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu erfüllende Verbindlichkeiten besteht ein Passivierungsverbot.9 Macht die GmbH die Verjährungseinrede aus gesellschaftsrechtlichen Gründen nicht geltend, so liegt in diesem Unterlassen eine verhinderte Vermögensmehrung. Es kommt also in dem Jahr, in dem erst1 So auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1119; zu weiteren Einzelfragen s. „Tatsächliche Durchführung des Vereinbarten“ (Rz. 301 ff.). 2 BMF v. 23.8.1999 – IV C 2 - S 2175 - 25/99, BStBl. I 1999, 818. 3 BMF v. 26.5.2005 – IV B 2 - S 2175 - 7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 21. 4 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618 = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle. 5 BFH v. 6.10.2009 – I R 4/08, BStBl. II 2010, 177 = FR 2010, 339 m. Anm. Buciek. 6 Einheitlicher Ländererlass v. 4.7.2008 – 1422 - 95 - V B 4 (Az. NRW), BStBl. I 2008, 730 Rz. 12. 7 Kusola in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 457. 8 FG Köln v. 19.11.1998 – 14 K 7699/96, EFG 1999, 374 (rkr.). 9 BFH v. 15.2.2000 – X B 121/99, BFH/NV 2000, 1450; v. 24.2.1994 – IV R 103/92, BFH/NV 1994, 779.
518
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 668–672 § 8
malig die Einrede der Verjährung hätte geltend gemacht werden können, zu einer Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die auf der Ebene der Gewinnermittlung wegen der gebotenen Weiterpassivierung ausbleibende Gewinnerhöhung wird sozusagen auf der Einkommensebene nachgeholt. Dies ist auch folgerichtig, weil es bei fremdüblichem Verhalten im Ergebnis zu einer entsprechenden Gewinnrealisierung gekommen wäre. In besonders gelagerten Einzelfällen kann die Nichtgeltendmachung der Verjährung uU nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst sein, weil auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter zur Fortsetzung einer wichtigen Geschäftsbeziehung von der konsequenten Durchsetzung seiner „formalen Rechtsposition“ abgesehen hätte. Zu einem Abfluss dieser vGA bei der GmbH und zu einem entsprechenden Zufluss beim Gesellschafter kommt es aber erst, wenn die Gesellschaft die verjährte Schuld tilgt oder diese im Wege der Novation auf einen neuen Rechtsgrund stellt. i) Abschreibung des Gesellschafterdarlehens auf der Ebene des Gesellschafters Bei betrieblich beteiligten Gesellschaftern stellt sich zudem die Frage, wie eine nach steuerbilanziellen Grundsätzen zulässige Teilwertabschreibung auf eine Darlehensforderung steuerlich zu behandeln ist. Handelt es sich bei dem darlehensgebenden Gesellschafter ebenfalls um eine Körperschaft, so ist die Gewinnminderung im Zusammenhang mit der Darlehensforderung nach der ab 2008 geltenden Rechtslage unter den Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG nicht abziehbar.1 Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen fallen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich von § 3c Abs. 2 EStG.2
669
Dauerschuldverhältnisse 670
Auch bei Dauerschuldverhältnissen wie –
Darlehen,
–
Dienstverhältnissen,
–
Miete,
–
Pacht,
–
Lizenzvereinbarungen
können vGA anzunehmen sein, wenn die diesbezüglichen Vereinbarungen einem Fremdvergleich aus Angemessenheitsüberlegungen nicht standhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob das zu beurteilende Dauerrechtsverhältnis auch mit einem Dritten zustande gekommen wäre, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Vereinbarung. Ein Rechtsgeschäft, das im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einem Fremdvergleich standhält, bleibt auch dann in Zukunft betrieblich veranlasst, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse später ändern. Die Verhältnisse nach dem Vertragsabschluss bleiben grundsätzlich außer Betracht.3
671
Etwas anderes gilt, wenn es der GmbH zugemutet werden kann und muss, die Vergütung nach Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung kann darin bestehen, dass die Gesellschaft es unterlässt, von einer ihr rechtlich zustehenden Kündigungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Das setzt voraus, dass die Gesellschaft zivilrechtlich in der Lage war, die Vertragsanpassung auch einem fremden Dritten gegenüber durchzusetzen.4 Wenn die Kündigungsmöglichkeit tatsächlich gegeben war und aus gesellschaftsrechtlichen Gründen nicht genutzt worden ist, ist eine vGA anzunehmen. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Kündigung des ungünstigen Vertrags aus anderen betrieblichen Gründen nicht geboten war.5 In diesem Fall besteht der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang fort.
672
1 In Altjahren vor 2008 ist der Aufwand abzugsfähig (BFH v. 14.1.2009 – I R 52/08, FR 2009, 818 = BStBl. II 2009, 674), wobei die FinVerw. bei Auslandsbeteiligungen die Anwendung von § 1 AStG prüft, s. BMF v. 29.3.2011 – IV B 5 - S 1341/09/10004, BStBl. I 2011, 277. 2 BFH v. 28.2.2013 – IV R 49/11, BStBl. II 2013, 802; BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2013, 1269. 3 BFH v. 9.4.1975 – I R 166/73, BStBl. II 1975, 617. 4 BFH v. 8.11.2000 – I R 70/99, FR 2001, 631 = BFH/NV 2001, 866; v. 29.3.2000 – I R 85/98, BFH/NV 2000, 1247. 5 BFH v. 29.10.1974 – I R 83/73, BStBl. II 1975, 366.
Stimpel
519
§ 8 Rz. 673–679
Ermittlung des Einkommens
673
Eine Anpassung der Pacht wird zB immer dann erforderlich werden, wenn sich der Umfang der verpachteten Wirtschaftsgüter während der Vertragsdauer ändert. Unterlässt die GmbH eine – zivilrechtlich mögliche – Änderungskündigung zu ihren Lasten, so ist eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vorteilszuwendung an den Besitzunternehmer (Gesellschafter) anzunehmen.1
674
Auch bei Dienstverhältnissen ist es im Allgemeinen erforderlich, dass die Gesellschaft, wenn sie die zunächst unerwartete Entwicklung erkennt, von ihrem Recht auf Änderungskündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage Gebrauch macht und die Gehaltsvereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer nach unten korrigiert.2
675
Diese Grundsätze gelten auch für Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer. Selbst wenn die Pensionszusage keine Widerrufsklausel enthält, kann nach der Rechtsprechung des BFH3 eine vGA in Betracht kommen, wenn die GmbH eine Herabsetzung der Pensionsbezüge nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage verlangen könnte, dies aber unterlässt.
Dauerverluste 676 Siehe hierzu „Liebhaberei“ (Rz. 902 ff.).
Dealing-at-arm’s-length-Prinzip 677 Siehe hierzu „Verhältnis zu Art. 9 OECD-MA“ (Rz. 170 ff.).
Diebstahl, Unterschlagung oder Untreue durch einen Gesellschafter 678 Die GmbH muss sich die Handlungen ihrer Organe –
Gesellschafter-Geschäftsführer (unabhängig davon, ob er beherrschend beteiligt ist)4 und
–
beherrschende Gesellschafter5
uneingeschränkt zurechnen lassen, auch wenn sie ihre Kompetenzen überschreiten. Daher ist selbst dann von einer vGA auszugehen, wenn der Gesellschafter den Vermögensvorteil durch Untreue oder Unterschlagung erschlichen hat.6 679
Eine vGA lag nach früherer Rechtsprechung nicht vor, wenn die Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung auf einer Handlung eines nicht beherrschenden Gesellschafters beruhte und weder die anderen Gesellschafter noch die Geschäftsführer dieser Handlung zugestimmt hatten. Die tatsächliche Ausnutzung einer nicht beherrschenden Gesellschafterstellung reichte in keinem Fall aus, um die entsprechende Handlung des nicht beherrschenden Gesellschafters, der auch nicht Geschäftsführer war, der Gesellschaft zuzurechnen. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung setzt eine vGA nicht in jedem Fall voraus, dass die Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung auf einer Rechtshandlung der Organe der Kapitalgesellschaft beruht. Auch rein tatsächliche Handlungen können in bestimmten Fällen den Tatbestand der vGA erfüllen. Für die Entscheidung, ob eine Vermögensminderung auf einer tatsächlichen Handlung beruht, die steuerrechtlich der GmbH zuzurechnen ist, kommt es dann nicht auf Handlungen der Organe der GmbH an, wenn die Organe – durch Tun oder Unterlassen – einem Minderheitsgesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person die Möglichkeit verschafft haben, über Vermögen der GmbH zu disponieren.7 Handlungen eines nicht beherrschenden Gesellschafters, der nicht Geschäftsführer ist, muss sich die GmbH also ausnahmsweise dann zurechnen lassen, wenn die 1 Zur diesbezüglichen Anpassung eines Pachtzinses zwischen GmbH und Gesellschafter s. FG München v. 12.11.1992 – 15 K 2612/88, EFG 1993, 404 (rkr.). 2 Vgl. FG Rh.-Pf. v. 6.5.1991 – 5 K 2467/90, GmbHR 1992, 483 (rkr.); kritisch zur Frage der Berücksichtigung günstiger Entwicklungen dagegen Eder, DStR 1995, 665. 3 BFH v. 13.10.1983 – I R 4/81, BStBl. II 1984, 65; v. 8.11.2000 – I R 70/99, BStBl. II 2005, 653. 4 Rengers in Blümich, § 8 KStG Anm. 263; Gosch in Gosch2, § 8 KStG § 4 Rz. 275 u. 705; BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, FR 2005, 199 = GmbHR 2005, 60. 5 BFH v. 18.7.1990 – I R 32/88, BStBl. II 1991, 484 = FR 1991, 276 = GmbHR 1991, 213. 6 BFH v. 13.7.1994 – I R 112/93, BStBl. II 1995, 198 = FR 1995, 113; v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, FR 2005, 199 = GmbHR 2005, 60; Lang in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Untreue“; aA Schwedhelm in Streck7, § 8 KStG Rz. 80. 7 BFH v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352.
520
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 679–680 § 8
anderen Gesellschafter oder die Geschäftsführung die Handlung (uU stillschweigend) gebilligt haben.1 Eine Unterschlagung durch einen nicht an der GmbH beteiligten Geschäftsführer ist zwar der Gesellschaft zuzurechnen, führt aber mangels gesellschaftsrechtlicher Veranlassung nicht zu einer vGA. Etwas anderes kann allerdings dann uU gelten, wenn der Geschäftsführer eine nahestehende Person eines Gesellschafters ist. Hier nimmt der BFH2 aber nur dann eine vGA an, wenn dem Gesellschafter konkret nachgewiesen werden kann, dass er von der Unterschlagung durch den (ihm nahestehenden) Geschäftsführer Kenntnis hatte. Die unzureichende Wahrnehmung der gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte ist nach Auffassung des BFH nicht ausreichend, um eine solche Kenntnis zu unterstellen. Dies deshalb, weil die gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte keine Verpflichtung zur Warhnehmung einer Organfunktion normieren. Die Annahme einer vGA ist daher ausgeschlossen, wenn dem dem Geschäftsführer nahestehenden Gesellschafter die widerrechtlichen eigenmächtigen Maßnahmen des Geschäftsführers nicht bekannt sind und auch nicht in seinem Interesse erfolgen. Allerdings differenziert der BFH in seinem Urteil vom 19.6.20073 bzgl. der Hinzurechnung einer vGA auf Gesellschaftsebene und des Zuflusses auf Gesellschafterebene nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. So könne die Nichtkontrolle des Geschäftsführers durch einen Nahestehenden zwar wegen einer gesellschaftsrechtlichen Mitveranlassung eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG rechtfertigen, für die Zurechnung einer Einnahme beim Gesellschafter nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG reiche diese Mitveranlassung indes nicht aus. Hier müsse vielmehr eine konkrete Kenntnis nachgewiesen werden. Siehe zu dieser Thematik auch die Ausführungen zu „Einnahmehinzuschätzung im Rahmen einer Betriebsprüfung“ (Rz. 743 ff.). Die nachfolgende Tabelle zeigt, bei welchen Fallkonstellationen (Beteiligung/Geschäftsführung) eine unberechtigte Entnahme (Unterschlagung) als vGA zu qualifizieren ist. Dies unter der Prämisse, dass die unberechtigten Entnahmen nur dem Entnehmenden bekannt waren (keine Billigung durch den jeweils anderen bzw. den Geschäftsführer). Gesellschafter stehen einander nahe (Ehegatten) Fall 1 Beteiligung an GmbH Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Ehemann 0% ja ja nein
Ehefrau 49 % nein nein nein
Fall 2 Beteiligung an GmbH Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Ehemann 0% ja ja nein
Ehefrau 51 % nein nein nein
Fall 3 Beteiligung Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Ehemann 20 % ja ja ja
Ehefrau 49 % nein nein nein
Fall 4 Beteiligung Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Ehemann 49 % ja ja ja
Ehefrau 0% nein nein nein
Fall 5 Beteiligung Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Ehemann 49 % nein ja nein
Ehefrau 0% nein nein nein
1 BFH v. 14.10.1992 – I R 14/92, BStBl. II 1993, 351 = FR 1993, 133. 2 BFH v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830. 3 VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830.
Stimpel
521
680
§ 8 Rz. 680–683 Fall 6 Beteiligung Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Ermittlung des Einkommens Ehemann 51 % nein ja ja
Ehefrau 0% nein nein nein
Die Gesellschafter sind keine nahestehenden Personen Fall 1 Beteiligung an GmbH Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Gesellschafter 1 49 % ja ja ja
Gesellschafter 2 51 % nein nein nein
Fall 2 Beteiligung an GmbH Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Gesellschafter 1 49 % nein ja nein
Gesellschafter 2 51 % nein nein nein
Fall 3 Beteiligung Geschäftsführung unberechtigte Entnahme vGA
Gesellschafter 1 49 % nein ja nein
Gesellschafter 2 51 % nein ja ja
Dienstverhältnisse 681 Häufigster Streitpunkt bei Betriebsprüfungen ist die Frage der steuerlichen Anerkennung von Leistungsbeziehungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern im Rahmen von Dienstverhältnissen. Hierbei sind vGA denkbar wegen –
fehlender klarer und eindeutiger Vereinbarungen (s. Rz. 268 ff.)
–
zivilrechtlicher Unwirksamkeit der Gehaltsvereinbarung oder Gehaltsanpassung (s. Rz. 268 ff.),
–
Unangemessenheit der Gesamtausstattung (s. „Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern“ in Rz. 435 ff.),
–
nicht anzuerkennender Tantiemevereinbarung (s. „Tantiemevereinbarungen mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer“ in Rz. 1126 ff.),
–
nicht anzuerkennender Pensionszusage (s. „Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer“ in Rz. 955 ff.),
–
Vereinbarung von Überstundenvergütungen, Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzuschlägen (s. „Überstundenvergütung an Gesellschafter-Geschäftsführer“ in Rz. 1174 ff.),
–
unüblicher Vereinbarungen (zB Vereinbarung der Gehaltsauszahlung, sobald die GmbH dazu in der Lage ist),1
–
Bestellung eines Geschäftsführers ohne Fachkompetenz2 oder
–
mangelhafter tatsächlicher Durchführung des Anstellungsvertrags (s. Rz. 301 ff.).
Dienstwagen 682 Siehe hierzu „Private Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer“ (Rz. 1067 ff.).
Direktversicherung zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers 683 Die Regeln für die Anerkennung von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer gelten im Grundsatz auch für Direktversicherungen. Allerdings ist bei einer Direktversicherung – im Gegensatz zu einer Rückdeckungsversicherung – der Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar aus der Versicherung bezugsberechtigt.
1 BFH v. 13.12.1989 – I R 99/87, BStBl. II 1990, 454 = FR 1990, 517. 2 BFH v. 29.10.1997 – I B 9/97, GmbHR 1998, 750.
522
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 684–688 § 8
Prämienzahlungen für eine Direktversicherung werden in das System der sog. nachgela- 684 gerten Besteuerung einbezogen.1 Die Direktversicherungsbeiträge sind gem. § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei (keine Pauschalierungsmöglichkeit gem. § 40b EStG mehr), wenn die Auszahlung der Versorgungsleistung in Form einer lebenslangen Rente oder in Form eines Auszahlungsplans mit Restverrentung ab dem 65. Lebensjahr erfolgt. Das System der nachgelagerten Besteuerung findet allerdings nur Anwendung, soweit die Beiträge insgesamt im Kalenderjahr 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zzgl. eines Betrags iHv. 1800 Euro nicht übersteigen. Die späteren Versicherungsleistungen werden gem. § 22 Nr. 5 EStG voll besteuert. Die Kapitalleistungen aus einer fälligen Direktversicherung können also nicht mehr steuerfrei vereinnahmt werden. Die von der GmbH (Arbeitgeber) geleisteten Direktversicherungsbeiträge sind unbeschadet der oa. Sachbehandlung auf der Ebene des Gesellschafters grundsätzlich abziehbarer Lohnaufwand. Beim Abschluss einer Direktversicherung für den Gesellschafter-Geschäftsführer spielen die Problemkreise –
Ernsthaftigkeit (an der Ernsthaftigkeit einer Direktversicherung besteht in aller Regel kein Zweifel),
–
maßgebliche Pensionierungsgrenze von 65 Jahren2
–
Erdienbarkeit3 und
–
Probezeit4 keine Rolle.
685
Zu beachten ist allerdings das Verbot der Überversorgung (wegen näherer Einzelheiten s. „Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer“ in Rz. 955 ff.). Der BFH wendet die Überversorgungsgrundsätze in ständiger Rechtsprechung5 auch auf den Aufwand für Direktversicherungen an. Ferner ist die Auswirkung der Direktversicherung auf die Gesamtausstattung sowie das Gebot einer klaren und eindeutigen Vereinbarung beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu beachten. Einmalprämien sind zur Prüfung der Angemessenheit der Bezüge auf die Restlaufzeit des Dienstverhältnisses zu verteilen.6
686
Wird eine Direktversicherung durch die beitragsverpflichtete GmbH wegen Liquiditätsschwierigkeiten vorzeitig gekündigt, so besteht idR ein Anspruch auf den aktuellen Rückkaufswert. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer aus der Direktversicherung unwiderruflich bezugsberechtigt ist, so steht ihm der Anspruch auf den Rückkaufswert zu. Wird der Rückkaufswert dagegen der GmbH gutgeschrieben, so handelt es sich um eine verdeckte Einlage.7
687
Domizilgesellschaften Bei der Frage, ob ein (in erster Linie ausländischer) Zahlungsempfänger als sog. Domizilgesellschaft zu qualifizieren ist, muss geprüft werden, –
ob die Domizilgesellschaft über eigene Büroräume bzw. eine eigene wirtschaftliche Infrastruktur verfügt,
–
ob sie nachweislich eigene wirtschaftliche Aktivitäten ausübt,
–
ob die Gesellschaft einen satzungsmäßigen Geschäftszweck hat, dessen breites Spektrum für Domizilgesellschaften typisch ist,
–
ob der bestellte Repräsentant der potenziellen Domizilgesellschaft diese Funktion ebenso wie die des Verwaltungsrats auch noch für eine Vielzahl von weiteren Firmen ausübt,
1 S. hierzu Maute, GmbHR 2004, 1199. 2 BMF v. 30.5.1980 – IV B 1 - S 2144a - 7/80, BStBl. I 1980, 253; ebenso Streck in Streck7, § 8 KStG Rz. 150 „Direktversicherung“; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 720. 3 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 720. 4 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 720; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Direktversicherung“. 5 BFH v. 21.8.1984 – VIII R 106/81, BStBl. II 1985, 124 = FR 1985, 78; v. 14.7.1989 – III R 97/86, BStBl. II 1989, 969 = FR 1990, 19; v. 16.5.1995 – XI R 87/93, BStBl. II 1995, 873 = FR 1995, 820; ebenso BMF v. 7.1.1998 – IV B 2 - S 2176 - 178/97; FG BW v. 28.3.1997 – 3 K 194/90, DB 1998, 597 (rkr.); aA Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 720 u. 1000. 6 BFH v. 22.8.2007 – I B 5/07, BFH/NV 2007, 2355; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Direktversicherung“; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 720. 7 So auch Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 2002, 427.
Stimpel
523
688
§ 8 Rz. 688–692 –
Ermittlung des Einkommens
ob die Verwaltungsräte der Gesellschaften jeweils ein eigenes Rechtsanwaltsbüro unterhalten, sodass nicht angenommen werden kann, dass sie selbst zu einer wirkungsvollen Geschäftsleitung imstande sind.
689 Fehlen eigene Büroräume und eine erkennbare eigene wirtschaftliche Betätigung, so ist nach der Rechtsprechung des BFH von einer Domizilgesellschaft auszugehen.1 Diese indizielle Wirkung wird verstärkt, wenn eine Person geschäftsführendes Organ ist, die in einer Vielzahl von Gesellschaften eine vergleichbare Funktion ausübt. Eine Domizilgesellschaft, die ausschließlich Leistungen durch Subunternehmer ausführen lässt, übt keine wirtschaftliche Tätigkeit aus und ist selbst nicht wirtschaftliche Empfängerin der an sie geleisteten Zahlungen.2 Sie ist vielmehr nur eine sog. „Durchleitungsgesellschaft“, bei der nicht auszuschließen ist, dass inländische Leistungsträger eingeschaltet wurden.3 Ob das Recht des Ansässigkeitsstaates den Begriff der Domizilgesellschaft kennt, ist dabei unerheblich.4 690
Die Aufgabe, Unterlagen über die Existenz ausländischer Domizilgesellschaften zentral zu sammeln und auszuwerten, obliegt gem. § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG dem Bundeszentralamt für Steuern.5 Dieser Auftrag umfasst insbesondere das Sammeln und Auswerten von Informationen über Domizilgesellschaften im Ausland. Die Finanzämter und die Gerichte dürfen im Rahmen der Tatsachenfeststellung auf die Daten und Erkenntnisse des Bundeszentralamts für Steuern zurückgreifen.6 Sind die Tatsachenfeststellungen im Einzelfall unrichtig, so kann der Stpfl. die Erkenntnisse des Bundeszentralamts für Steuern durch geeignete Nachweise widerlegen.7
691
Bestehen Leistungsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer Domizilgesellschaft, so sind als Empfänger die hinter dieser Gesellschaft stehenden Personen zu werten.8 Gemäß § 90 Abs. 2 AO trifft die Beteiligten bei Auslandssachverhalten eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Sie haben bei Auslandssachverhalten die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Bei Domizilgesellschaften besteht regelmäßig ein hinreichender Anlass, sich bei Aufnahme der Geschäftsbeziehungen oder bei Zahlung der Gelder über den Vertragspartner zu informieren.9 Da bei einer zwischengeschalteten Domizilgesellschaft nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Letztempfänger mit den erhaltenen Mitteln der inländischen Besteuerung unterliegt, ist das Verlangen des Finanzamts, die hinter der Domizilgesellschaft stehenden Personen mit Namen und Adressen zu benennen, in aller Regel nicht ermessensfehlerhaft. Dies gilt jedenfalls immer dann, wenn aufgrund der Lebenserfahrung die Vermutung besteht, dass der Letztempfänger der Zahlung die Einnahme zu Unrecht nicht versteuert hat.10 Das Risiko der Unaufklärbarkeit des wirtschaftlichen Empfängers trifft dann den Steuerpflichtigen, der den Betriebsausgabenabzug begehrt.11
692
Wird die hinter der Domizilgesellschaft stehende Person, also der wahre Empfänger der Vergütung, dem Finanzamt nicht benannt, so ist die Betriebsausgabe bereits nach § 160 AO nicht abziehbar. Ob darüber hinaus eine vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt, hängt davon ab, ob die Zahlungen nachweislich auch gesellschaftsrechtlich veranlasst waren. Bezüglich der Einkommenszurechnung unterscheiden sich die Rechtsfolgen der §§ 160 AO und 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht. Allerdings ist bei der Ermittlung der Höhe der vGA vielfach ein Gewinnzuschlag zu berücksichtigen, während § 160 AO nur den Aufwand vom Abzug ausschließt. Außerdem kann eine abgeflossene vGA im Gegensatz zu einer nicht abziehbaren Ausgabe iSv. 160 AO auch Kapitalertragsteuer auslösen sowie im alten Recht eine KSt-Erhöhung nach § 38 KStG. Es besteht weder ein Vorrang des § 160 AO gegenüber § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG noch ein Vorrang des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gegenüber § 160 AO. Solange die Rechtsfolgen der Vorschriften nicht voneinander abweichen, ist es ohne Bedeutung, welche Vorschrift vorrangig geprüft wird. Wird die Einkommenskorrektur auf § 160 AO gestützt und
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
BFH v. 30.8.1995 – I R 126/94, BFH/NV 1996, 267; v. 12.8.1999 – XI R 51/98, BFH/NV 2000, 299. BFH v. 5.11.2001 – VIII B 16/01, BFH/NV 2002, 312. BFH v. 13.12.1999 – IV B 41/99, BFH/NV 2000, 817. BFH v. 15.10.1998 – IV R 8/98, BStBl. II 1999, 333 = FR 1999, 214. BMF v. 29.4.1997 – IV C 7 - S 1300 - 69/97, BStBl. I. 1997, 541. BFH v. 25.11.1999 – I B 34/99, BFH/NV 2000, 677. BFH v. 25.11.1999 – I B 34/99, BFH/NV 2000, 677. S. Tipke in T/K, § 160 AO Rz. 15; Rüsken in Klein12, § 160 AO Rz. 2. BFH v. 5.11.2001 – VIII B 16/01, BFH/NV 2002, 312; v. 16.11.2011 – X B 61/10, BFH/NV 2012, 374. BFH v. 5.11.2001 – VIII B 16/01, BFH/NV 2002, 312 unter II./3./d. der Gründe. BFH v. 25.11.1986 – VIII R 350/82, BStBl. II 1987, 286; v. 18.9.1997 – X S 7/97, BFH/NV 1998, 279; v. 27.11.2000 – IV B 23/00, BFH/NV 2001, 424.
524
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 692–696 § 8
ist die Zahlung zugleich gesellschaftsrechtlich veranlasst, so kann ohne Weiteres zugleich eine abgeflossene Leistung iSv. § 38 KStG anzunehmen sein.1 Die Beweislast für das Vorliegen einer vGA liegt allerdings beim Finanzamt (s. „Beweislast bei vGA“ in Rz. 383 ff.). Danach ist die Annahme einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ausgeschlossen, wenn das Finanzamt nicht darlegen kann, inwieweit den Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen Vorteile zugewendet wurden.2 Die Anforderungen an die Feststellung einer vGA sind also erheblich höher als an die Feststellung einer nicht abziehbaren Ausgabe iSv. § 160 AO. Auf der anderen Seite kann eine vGA vorliegen, wenn die hinter der Domizilgesellschaft stehenden Personen benannt werden und gerade dadurch eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung festgestellt werden kann.
693
Zahlungen an im Ausland ansässige Domizilgesellschaften können als vGA zu behandeln 694 sein, wenn die Domizilgesellschaft keine wirtschaftlich eigenständige Funktion hat und die Zahlungen infolgedessen einem Fremdvergleich nicht standhalten. Es ist unter Fremden unüblich, einen Vertrag mit einer Gesellschaft abzuschließen, die nur Domizilgesellschaft ist und aufgrund ihrer fehlenden Geschäftsausstattung die vertraglich verabredete Leistung gar nicht erbringen kann.3 Das FG Baden-Württemberg4 hat unter diesem Gesichtspunkt Kommissionsgebühren an eine in Liechtenstein ansässige Company als vGA behandelt, weil diese Gesellschaft im Wesentlichen keine eigene Handelsfunktion hatte und die leistende inländische GmbH aufgrund ihrer eigenen Infrastruktur ohne Weiteres in der Lage war, die verprovisionierten Geschäfte selbst abzuwickeln. Das Gleiche galt nach Ansicht des Gerichts für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Company rechnungsmäßig zwischengeschaltet war und selbst erhebliche Aufschläge berechnete. Das FG wertete die Company nach Würdigung der Gesamtumstände als nahestehende Person. Letztlich ist aber entscheidend, ob die Domizilgesellschaft die berechneten Leistungen tatsächlich erbracht hat, wobei es unerheblich ist, ob sie dabei eigenes Personal eingesetzt oder sich fremder Subunternehmer bedient hat.5 Auch das für Leistungsbeziehungen zu beherrschenden Gesellschaftern geltende Rückwirkungsverbot kann bei Zahlungen an eine Domizilgesellschaft von Bedeutung sein. Mietet zB eine inländische GmbH von einer ausländischen Domizilgesellschaft ein Wirtschaftsgut und ist tatsächlicher Empfänger der Mietzahlungen der hinter der Domizilgesellschaft stehende beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, dann sind die erbrachten Mieten nach Auffassung des FG Nürnberg6 als vGA anzusehen, wenn zwischen dem beherrschenden Gesellschafter und der GmbH keine klaren Vereinbarungen über eine Leistungspflicht der GmbH bestehen. Werden allerdings über einen längeren Zeitraum Mieten an die Domizilgesellschaft geleistet und werden die Zahlungen jeweils an den Gesellschafter (der auch hinter der Domizilgesellschaft steht) weitergeleitet, so ist uU von einer klaren und eindeutigen mündlichen Vereinbarung zwischen der leistenden inländischen Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter auszugehen. Die Annahme einer vGA nur wegen der fehlenden schriftlichen Vereinbarung scheidet in diesem Fall aus. Wird der Gesellschafter als Zahlungsempfänger benannt, so kommt auch die Anwendung des § 160 AO nicht in Betracht.
695
Bei Darlehensverträgen mit Domizilgesellschaften (Domizilgesellschaft als Darlehensgeber) kann allenfalls aus der fehlenden Ernsthaftigkeit der Zinsvereinbarung, die aus den Gesamtumständen abgeleitet werden muss, eine vGA resultieren. Fehlende Sicherheiten und eine ungenaue oder fehlende Rückzahlungsvereinbarung stellen die Ernsthaftigkeit der Darlehensabrede nicht unbedingt in Zweifel. Eine Darlehensvereinbarung zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter bleibt auch dann noch ein Darlehensvertrag, wenn eine Vereinbarung über den Rückzahlungszeitpunkt bzw. über Sicherheiten fehlt. Wenn es an einer vertraglichen Vereinbarung über den Rückzahlungszeitpunkt eines Darlehens fehlt, so greift im Übrigen § 488 Abs. 3 BGB ein. Es ist nach der
696
1 2 3 4
BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, FR 1997, 311 = DStR 1997, 492. FG Berlin-Bdb. v. 16.1.2002 – 7 K 8014/00, EFG 2002, 441 (rkr.). BFH v. 6.12.1995 – I R 40/95, BStBl. II 1997, 118 = FR 1996, 564. FG BW v. 10.6.1999 – 10 K 395/96, EFG 2000, 148 (rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 20.12.2000 – I B 93/99, BFH/NV 2001, 639, als unbegründet zurückgewiesen). 5 FG Rh.-Pf. v. 12.6.2001 – 2 K 1704/99, juris (rkr.; NZB vom BFH mit Beschl. v. 6.8.2002 – I B 130/01, juris, als unzulässig verworfen). 6 FG Nürnberg v. 2.12.1997 – I 254/96, GmbHR 1998, 896 (rkr.).
Stimpel
525
§ 8 Rz. 696–698
Ermittlung des Einkommens
Rechtsprechung des BFH unzulässig, allein wegen des Fehlens irgendwelcher Detailvereinbarungen Fremdkapital in Eigenkapital umzudeuten.1
Dokumentationspflichten 697 Siehe dazu die Kommentierung zu den Verrechnungspreisen in Rz. 1583 ff.
Down-stream-merger 698 In Fällen der Abwärtsverschmelzung ist oft die Ausgangskonstellation anzutreffen, dass die übertragende Mutterkapitalgesellschaft von ihrem Anteilseigner im Vorfeld der Verschmelzung als Transaktionsvehikel begründet worden ist, um den fremdfinanzierten Erwerb der Beteiligung vorzunehmen. Anschließend erfolgt dann eine Verschmelzung von Erwerbs- und Zielgesellschaft,2 um nachfolgend eine Verrechnung der Zinsaufwendungen mit den operativen Ergebnissen der Zielgesellschaft vornehmen zu können.3 Durch diese bei Akquisitionen durch Finanzinvestoren häufig anzutreffende Gestaltung4 wird im Ergebnis die Fremdfinanzierung des erwerbenden Gesellschafters auf die erworbene Gesellschaft abgewälzt. Beispiel:
G-GmbH
100 %
Bilanz zum 31.12.2011 M-GmbH T-Anteile 2 000 000 €
Nennkapital Darlehen
100 000 € 1 900 000 €
100 %
T-GmbH
Lösung: Im Rahmen des down-stream-merger geht ausschließlich die Darlehensverbindlichkeit als einziger (negativer) Vermögensgegenstand auf die T-GmbH über, während die Beteiligung an der T-GmbH im Wege des Direkterwerbs auf die G-GmbH als Anteilseigner der M-GmbH übergeht. Bei der aufnehmenden T-GmbH entsteht in Höhe der Darlehensverbindlichkeit ein Verschmelzungsverlust, der bei der Einkommensermittlung gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG wieder hinzuzurechnen ist. Fraglich ist, ob in dieser gesellschaftsrechtlich veranlassten Übernahme einer Verbindlichkeit eine vGA zu erblicken ist.5 Da der Vorgang auf der Ebene der die Verbindlichkeit übernehmenden Kapitalgesellschaft wegen § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ohnehin einkommensneutral ist, würde die Annahme einer vGA nur auf der Ebene des Anteilseigners steuerliche Rechtsfolgen auslösen. Dem Gesellschafter würden Einnahmen 1 BFH v. 29.10.1997 – I R 24/97, BStBl. II 1998, 573 = FR 1998, 482; s. hierzu auch „Darlehen“ (Rz. 639). 2 In der Regel down-stream-merger, durchführbar aber im Wege eines up-stream-merger (Letzterer vielfach aus grunderwerbsteuerlichen Gründen nachteilig). 3 Diese Ergebniskonsolidierung wäre bei Beibehaltung der gesellschaftsrechtlichen Struktur auch über die Begründung einer Organschaft möglich. 4 S. die Zusammenstellung der betroffenen Unternehmensübernahmen bei Ruthe, StBp 2011, 1 (4–5). 5 So noch Wochinger, FR 1999, 4.
526
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 698–700 § 8
iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zufließen, die je nach Rechtsform des Gesellschafters im Ergebnis zu 60 % oder zu 5 % steuerpflichtig wären.
Während Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage noch nicht vorliegt,1 geht die Finanzverwaltung nach bundeseinheitlich abgestimmter Rechtsauffassung2 vom Vorliegen einer vGA aus, soweit durch den übernommenen Schuldenüberhang das Stammkapital der aufnehmenden Kapitalgesellschaft nach §§ 30, 31 GmbHG angegriffen wird. Bei Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 GmbHG nimmt die Finanzverwaltung keine vGA an, soweit die Schuldübernahme durch das vorhandene Eigenkapital (inkl. Stammkapital) abgedeckt ist. Gegen die Annahme einer vGA sprechen nachfolgende Erwägungen: –
Ob in der vorliegenden Konstellation überhaupt eine unzulässige Leistung iSv. §§ 30, 31 GmbHG vorliegt, ist zunächst gesellschaftsrechtlich höchst umstritten.3
–
Gegen die Einordnung als vGA spricht das Fehlen der nach der Rechtsprechung des BFH4 erforderlichen Vorteilsgeneigtheit. Die Schuldübernahme hat nicht die Eignung, den Zufluss eines Kapitalertrags iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bewirken, weil dem (infolge der Verschmelzung untergehenden) Altgesellschafter kein Vermögensvorteil zugewendet wird. Zwar wird er durch die Verschmelzung von Verbindlichkeiten befreit, allerdings begibt sich der Altgesellschafter im Zuge der Verschmelzung der Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft. Da diese im Regelfall keinen geringeren Wert als den Betrag der Verbindlichkeiten aufweisen wird, wird der Altgesellschafter durch den Umwandlungsvorgang wirtschaftlich nicht bereichert (abgesehen davon, dass er den Umwandlungsstichtag steuerlich nicht mehr überlebt). Der neue Gesellschafter erhält ebenfalls keinen vGA-fähigen Vermögensvorteil, da die Anteile an der aufnehmenden Tochterkapitalgesellschaft, die er für die untergehenden Anteile an der übertragenden Mutterkapitalgesellschaft erhält, wertgleich sind.
–
Es ist problematisch, den Fall nach Fremdvergleichsgrundsätzen aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu betrachten. Dieser Maßstab ist nur dann anwendbar, wenn die zu beurteilende Rechtsbeziehung ihrer Art nach auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen werden könnte. Auf die Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters kann aber nicht abgestellt werden, wenn zB ein Rechtsverhältnis zu beurteilen ist, das im Rahmen der Erstausstattung einer Kapitalgesellschaft zustande gekommen ist.5 Diese Erstausstattungsrechtsprechung ist auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt übertragbar, weil ein Vermögensübergang im Rahmen einer Verschmelzung ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang ist, der nur zwischen Gesellschafter und Gesellschaft vollzogen werden kann.
–
Ferner wäre zu diskutieren, ob die Regelungen zur vGA und zur vE von den spezialgesetzlichen Regelungen des UmwStG verdrängt werden. Soweit das Rechtsverhältnis zwischen übertragendem und übernehmendem Rechtsträger betroffen ist, wäre demnach ausschließlich das UmwStG maßgebend, das die Rechtsfolgen durch die Hinzurechnung des Verschmelzungsverlustes in § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG abschließend regelt.6
Trotzdem verbleibt bei diesem Ergebnis ein „Störgefühl“, weil der Gesellschafter durch die Verschmelzung die eigene Finanzierung auf seine Kapitalgesellschaft abwälzen kann.7 Dies wird in der Praxis in teilweise sehr exzessiver und in volkswirtschaftlich fragwürdiger Weise praktiziert. Insofern verwundert es nicht, dass in Betriebsprüfungen vonseiten der Finanzverwaltung durchaus innovative Lösungsansätze entwickelt werden, um solchen Gestaltungen Einhalt zu gebieten. In diesem Sinne qualifiziert Ruthe8 die von der aufnehmenden Tochterkapitalgesellschaft nach der Verschmelzung getragenen Zinsaufwendungen als vGA,
1 Zwar war eine Abwärtsverschmelzung mit Schuldenüberhang Gegenstand des Urteils des FG Münster v. 20.5.2005 (9 K 3656/03 K, EFG 2005, 1561 (rkr.). Im Urteilsfall ging es aber nicht um die steuerliche Beurteilung des übergehenden Schuldenüberhangs. 2 OFD Koblenz v. 9.1.2006 – S 1978 A - St 33 2, GmbHR 2006, 503; OFD Hannover v. 5.1.2007 – S 1978b - 22 StO 243, DB 2007, 428. 3 S. hierzu Bock, GmbHR 2005, 1023, Wassermeyer, Der Konzern 2005, 424 (426), die dies dezidiert ablehnen. 4 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132. 5 BFH v. 23.5.1984 – I R 294/81, BStBl. II 1984, 673 = FR 1984, 507; s. auch „Erstausstattung“ (Rz. 764 ff.). 6 So Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1320 ff.; BFH v. 9.1.2013 – I R 24/12, GmbHR 2013, 438. 7 Das gleiche Ergebnis lässt sich natürlich durch eine Verschmelzung in der umgekehrten Richtung (upstream) erreichen. 8 StBp 2011, 1.
Stimpel
527
699
700
§ 8 Rz. 700–705
Ermittlung des Einkommens
da diese Aufwendungen im Interesse des Gesellschafters getätigt würden und daher vom Gesellschafter ersetzt werden müssten. Erfolge eine solche Weiterbelastung nicht, liege eine vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor. Eine Kostentragungspflicht seitens des Gesellschafters (im oa. Beispielsfall die G-GmbH) leitet Ruthe aus dem Umstand ab, dass der Beteiligungserwerb in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der gewerblichen Tätigkeit des Gesellschafters stehe und daher primär seinen betrieblichen Interessen diene und zuträglich sei.1 701
Diese Argumentation verkennt indes, dass die Erwerbsgesellschaft den Erwerb der Beteiligung primär im eigenen betrieblichen Interesse tätigt. Dass der Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft gleichlaufende Interessen hat, liegt in der Natur der Sache, da er letztlich aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen die geschäftliche Grundausrichtung der Erwerbsgesellschaft bestimmen kann. Solange die Erwerbsgesellschaft Geschäfte tätigt, die (auch) in ihrem betrieblichen Interesse sind, ist ein Durchgriff auf den Gesellschafter unzulässig, weil er letztlich die rechtliche Selbstständigkeit der Erwerbsgesellschaft infrage stellen würde. Für den Ansatz einer vGA bleibt daher kein Raum.2 Auch durch die nachfolgende Verschmelzung ändert sich an der steuerlichen Beurteilung der Zinsaufwendungen nichts, da die übernehmende Zielgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung der Erwerbsgesellschaft eintritt (§ 12 Abs. 3 UmwStG). Siehe zur Frage der Anerkennung der Zinsaufwendungen auch Rz. 658 und „Zinsen auf vGA“ in Rz. 1231 ff.
Durchführungsgebot 702 Siehe hierzu Rz. 301 ff.
Durchlaufender Posten 703 Die Weitergabe eines durchlaufenden Postens durch die GmbH stellt in keinem Fall eine vGA dar. VGA sind Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen, die sich auf die Höhe des Einkommens auswirken und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung stehen. Die Annahme einer Vermögensminderung setzt voraus, dass die durchgeleiteten Beträge zu irgendeinem Zeitpunkt zum Vermögen der Kapitalgesellschaft gehört haben. Das ist bei einem durchlaufenden Posten nicht der Fall, weil er im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt wird (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG). Bei einem echten durchlaufenden Posten stehen Betrag, Verpflichtung und Wille zur Weiterleitung bereits im Zeitpunkt des Zuflusses fest. Die Vereinnahmung ist daher keine Vermögensmehrung und die Verausgabung keine Vermögensminderung.3 704
Allerdings kann das Vorliegen einer vGA nur dann ausgeschlossen werden, wenn bei von der GmbH vereinnahmten Beträgen tatsächlich eine Verpflichtung zur Weiterleitung an den Gesellschafter besteht bzw. wenn die GmbH bei der Verausgabung von Beträgen zugunsten ihres Gesellschafters aufgrund einer getroffenen Vereinbarung einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Gesellschafter hat. So hat das FG Köln4 im erstgenannten Fall der Vereinnahmung von Beträgen (Rabatten) im Rahmen einer Inkassotätigkeit im Grundsatz durchlaufende Posten angenommen. Es ist allerdings darauf zu achten, dass der GmbH eine angemessene Vergütung zusteht, wenn sie für ihren Gesellschafter das Inkasso übernimmt. Verzichtet die Gesellschaft auf ein Entgelt, so kann hierin eine vGA liegen.5
705
Problematischer dürfte in der Praxis der zweitgenannte Fall der Verausgabung von Beträgen für den Gesellschafter sein. Hierzu ist derzeit unter dem Az. VIII R 45/11 ein Revisionsverfahren gegen das Urteil des Sächsischen FG vom 28.9.20116 anhängig. Im Urteilsfall hat die GmbH private Ausgaben des Gesellschafters über durchlaufende Posten gebucht und diese Beträge bei Erstellung des Jahresabschluss wegen der schlechten Bonität des Gesellschafters gewinnwirksam abgeschrieben. Das FG hat eine vGA und keinen durchlaufenden Posten angenommen, weil es aus der Nichtverbuchung auf dem Verrechnungskonto des Gesellschafters geschlossen hat, dass eine darlehensweise Überlassung der Mittel nicht ver1 Zudem untermauert er seine Argumentation noch durch den Gesamtplangedanken, der hier ebenfalls die Annahme einer vGA rechtfertige. 2 So im Ergebnis auch Schwetlik, StBp 2012, 80. 3 BFH v. 4.12.1996 – I R 99/94, BStBl. II 1997, 404 = FR 1997, 337; v. 13.8.1997 – I R 85/96, BStBl. II 1998, 161 = FR 1998, 283; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Durchlaufender Posten“. 4 FG Köln v. 3.9.1996 – 13 K 2134/96, EFG 1997, 370 (zurückverwiesen durch BFH v. 13.8.1997 – I R 85/96, BStBl. II 1998, 161 = FR 1998, 283). 5 BFH v. 13.8.1997 – I R 85/96, BStBl. II 1998, 161 = FR 1998, 283. 6 FG Sachs. v. 28.9.2011 – 8 K 753/10, juris (Rev. VIII R 45/11).
528
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 705–710 § 8
einbart worden ist. Ob diese Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, mag dahinstehen. Entscheidungserheblich dürfte in diesem Verfahren eher der Umstand sein, dass bereits im Zeitpunkt der Verausgabung der Beträge absehbar war, dass der Gesellschafter diese Beträge wegen seiner Zahlungsunfähigkeit nicht ersetzen kann (s. „Darlehen“ in Rz. 631).
Eigene Anteile Bezüglich der teilweise sehr komplexen steuerrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit eigenen Anteilen ist als Ausgangslage zunächst die handelsbilanzielle Behandlung der eigenen Anteile zu klären. Hier haben sich durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 25.5.20091 einige einschneidende Änderungen ergeben. Die neue handelsrechtliche Rechtslage nach dem BilMoG gilt mit verpflichtender Wirkung erstmals für das nach dem 31.12.2009 beginnende Wirtschaftsjahr. Wahlweise können die Neuregelungen des BilMoG in Gänze bereits für das nach 31.12.2008 beginnende Wirtschaftsjahr angewendet werden (Art. 66 Abs. 3 EGHGB). Im ersten BilMoG-Abschluss sind eigene Anteile, die nach Maßgabe des alten Handelsrechts bilanziert worden sind, mangels ausdrücklicher Beibehaltungsmöglichkeiten nach Maßgabe des neuen Rechts zu bilanzieren (Art. 66 Abs. 3 Satz 1 EGHGB).
706
1. Rechtslage vor BilMoG a) Erwerb eigener Anteile aa) Steuerliche Behandlung des Erwerbsvorgangs Erwirbt eine GmbH im zulässigen Rahmen eigene Anteile zu einem angemessenen Kauf- 707 preis, so handelte es sich hierbei grundsätzlich um ein Anschaffungsgeschäft und nicht um eine Einlagenrückgewähr. Die eigenen Anteile sind nach dem Erwerb nicht automatisch auf einen Teilwert von null abzuschreiben. Sie sind nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (§ 266 Abs. 2 B. III. 2. HGB aF) so lange zu aktivieren und im Umlaufvermögen als Wertpapiere auszuweisen, wie ihre Verwertung beabsichtigt ist und möglich erscheint. Die eigenen Anteile werden also zunächst zwingend mit den tatsächlichen Anschaffungskosten bilanziert. Ob für den Erwerb der Anteile gesellschaftsrechtliche Gründe maßgebend waren, ist für die Beurteilung des Anschaffungsgeschäfts ohne Bedeutung, wenn die Anteile in diesem Zeitpunkt unstreitig werthaltig waren.2 Der auf der Aktivseite angesetzte Betrag für eigene Anteile ist gem. § 272 Abs. 4 HGB aF auf der Passivseite spiegelbildlich in eine Rücklage für eigene Anteile einzustellen (Bilanzierungshilfe), die nur aufgelöst werden darf, soweit die eigenen Anteile ausgegeben, veräußert oder eingezogen wurden oder soweit nach § 253 Abs. 3 HGB aF auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag angesetzt wird.
708
Erfolgt der Erwerb der eigenen Anteile zum Zwecke der Einziehung, so darf in der Handelsbilanz gem. § 272 Abs. 1 Satz 4 HGB aF keine Aktivierung erfolgen. Dies schlägt über den Maßgeblichkeitsgrundsatz auch auf die Steuerbilanz durch, sodass der Erwerbsvorgang sowohl handels- auch steuerbilanziell zu einer Gewinnminderung führt.3
709
bb) Erwerb der eigenen Anteile zu einem unangemessenen Kaufpreis Kauft die GmbH die eigenen Anteile von ihrem Gesellschafter zu einem überhöhten Kauf- 710 preis, so liegt im Erwerbszeitpunkt in Höhe des überhöhten Betrags eine vGA vor.4 Nur der angemessene Teil des Kaufpreises ist als Anschaffungskosten für die eigenen Anteile zu aktivieren. Der überhöhte Anteil ist gewinnmindernd zu verbuchen und als vGA nach § 8 Abs. 3
1 BilMoG v. 25.5.2009, BStBl. I 2009, 650. 2 So auch BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509, bezüglich des Erwerbs eigener Aktien durch eine AG (insoweit keine Abweichungen bei eigenen GmbH-Anteilen). Zwar ist diese Verwaltungsanweisung mit BMF v. 10.8.2010 (IV C 2 - S 2742/07/10009 – DOK 2010/0573786, BStBl. I 2010, 659) zunächst ersatzlos aufgehoben worden, ohne dass die FinVerw. konkrete Aussagen zu den steuerlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit eigenen Anteilen gemacht hätte. Die FinVerw. hat jedoch mit dem BMF-Schr. v. 27.11.2013 (IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615) für Vorgänge vor Geltung des BilMoG die Grundsätze der oa. alten Verwaltungsanweisungen wieder in Kraft gesetzt. 3 BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509 Rz. 21; s. auch Rz. 713 f. 4 So auch BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509 Rz. 17.
Stimpel
529
§ 8 Rz. 710–715
Ermittlung des Einkommens
Satz 2 KStG hinzuzurechnen.1 Sollte der Kaufpreis zu niedrig sein, liegt insoweit eine verdeckte Einlage des Gesellschafters in die GmbH vor.2 cc) Teilwertabschreibung auf die eigenen Anteile 711 Wenn der Teilwert der eigenen Anteile dauerhaft unter die Anschaffungskosten sinkt (voraussichtlich dauernde Wertminderung), ist eine Teilwertabschreibung grundsätzlich zulässig (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 iVm. Nr. 1 Satz 3 EStG). Der BFH3 toleriert die ertragsmindernde Auswirkung einer Teilwertabschreibung auf die eigenen Anteile allerdings nicht, wenn die Wertminderung durch Verluste der GmbH verursacht wurde.4 Er geht grundsätzlich davon aus, dass es nicht Angelegenheit eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters sei, eigene Anteile der Kapitalgesellschaft zu erwerben. Damit fehle im Allgemeinen die betriebliche Veranlassung für den Anteilserwerb. 712
Kommt eine Teilwertabschreibung wegen eigener Verluste der GmbH in Betracht oder werden die eigenen Anteile eingezogen, so löst diese Vermögensminderung nach Ansicht des BFH im Regelfall eine vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG aus.5 Da es nicht zu den Aufgaben eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gehört, eigene Anteile der Kapitalgesellschaft zu erwerben, scheidet nach Auffassung des BFH eine betriebliche Veranlassung im Allgemeinen aus, denn die GmbH erwirbt beim Ankauf eigener Anteile zulasten ihres Vermögens einen Anteil an Werten, die ihr ohnehin schon zustehen. Die durch die Abwertung der Anteile entstehenden Verluste haben regelmäßig bereits das laufende Einkommen der GmbH gemindert6 und dürfen sich deshalb nach Ansicht des Gerichts nicht ein zweites Mal über die Teilwertabschreibung auf die Eigenanteile einkommensmindernd auswirken. Gleiches gilt, wenn sich bei späterer Weiterveräußerung der eigenen Anteile unter Buchwert ein Veräußerungsverlust ergibt. Die Teilwertabschreibung bzw. der Veräußerungsverlust muss nach den Grundsätzen der vorstehenden BFH-Rechtsprechung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerhalb der Bilanz wieder hinzugerechnet werden.
713
Fraglich ist, ob der BFH unter Einbeziehung der zwischenzeitlichen Fortentwicklung seiner Rechtsprechung an dieser Beurteilung festhält. Die Annahme einer vGA setzt demnach zusätzlich voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.7 Diese Eignung besteht in Fällen der Abschreibung eigener Anteile insoweit zwar nicht, als die seinerzeitige Anteilsveräußerung auf der Ebene des Gesellschafters als normale Anteilsveräußerung qualifiziert worden ist, sodass es bei ihm zu keinem Zufluss von Einnahmen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kommen kann. Allerdings ist der korrespondierende Betrag, bezüglich dessen die Annahme einer vGA infrage steht, tatsächlich dem Gesellschafter (als Anteilskaufpreis) zugeflossen. Wegen dieser Besonderheit spricht das Kriterium der Vorteilsgeneigtheit nicht gegen die Qualifizierung der Teilwertabschreibung auf die eigenen Anteile als vGA. Dem folgt soweit ersichtlich auch die Rechtsprechung.8
714
Entsprechendes gilt, wenn die Anteile zum Zwecke der Einziehung erworben werden und sich der Erwerbspreis wegen der Nichtaktivierung gewinnmindernd auswirkt. Auch hier ist dieser Betrag aus den oa. Gründen als vGA bei der Einkommensermittlung hinzuzurechnen.
715
Im Anwendungsbereich des (früheren) Halbeinkünfteverfahrens kann die Frage der Anwendung von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf die Teilwertabschreibung bzw. einen Veräußerungsverlust im Ergebnis letztlich vernachlässigt werden, da die entsprechende Gewinnminderung ohnehin nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht abzugsfähig ist9 und es wegen der abweichenden Sachbehandlung auf der Gesellschafterebene ohnehin nur um die Auswirkung auf das Einkommen der GmbH geht.
1 BMF v. 28.5.2000 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 Rz. 42. 2 Die Bewertung erfolgt unbeschadet § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchstb. b EStG mit dem Teilwert, da die vE nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG einer Veräußerung gleichgestellt wird (R 40 Abs. 4 Satz 2 KStR 2004). 3 BFH v. 6.12.1995 – I R 51/95, BStBl. II 1998, 781 = FR 1996, 291. 4 So auch BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509. 5 BFH v. 6.12.1995 – I R 51/95, BStBl. II 1998, 781 = FR 1996, 291. 6 Bzw. antizipieren zukünftige Verluste, die ebenfalls das Einkommen der GmbH mindern werden. 7 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132. 8 So auch ausdrücklich FG Münster v. 20.5.2005 – 9 K 3656/03 K, EFG 2005, 161 (rkr.); BFH v. 3.3.2009 – I B 51/08, BFH/NV 2009, 1280. 9 Eine Anwendung von § 8b Abs. 7 KStG iZm. eigenen Anteilen ist regelmäßig auszuschließen.
530
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 716–719 § 8
b) Veräußerung eigener GmbH-Anteile an die Gesellschafter Hier handelt es sich um ein normales Veräußerungsgeschäft, das hinsichtlich seiner Kon- 716 ditionen auf seine Fremdüblichkeit zu untersuchen ist. Hierzu hat der BFH mit Beschluss vom 3.3.20101 seine ständige Rechtsprechung2 bestätigt, nach der eine vGA vorliegt, wenn die Kapitalgesellschaft eigene Anteile zu einem unter dem gemeinen Wert liegenden Kaufpreis an einen Gesellschafter veräußert. Die Voraussetzung der Vorteilsgeneigtheit sieht der BFH ungeachtet des Umstands als erfüllt an, dass die Gesellschafter beim verhältniswahrenden Erwerb eigener Anteile bei wirtschaftlicher Betrachtung den Umfang ihrer Beteiligung nicht erhöhen und ihnen bei dieser Betrachtungsweise auch kein Vorteil zufließt. Während die Einkommenserhöhung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der GmbH den Veräußerungsgewinn iSv. § 8b Abs. 2 KStG erhöht, muss der Gesellschafter den Betrag als Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG versteuern. Die Anschaffungskosten der erworbenen Anteile erhöhen sich um die vGA. Mangels Entscheidungserheblichkeit ließ der BFH in seinem Beschluss vom 3.3.2010 ausdrücklich offen, ob die Annahme einer vGA auch dann berechtigt ist, wenn die GmbH die eigenen Anteile nicht an ihre Gesellschafter veräußert, sondern stattdessen die Anteile einzieht und anschließend eine Kapitalerhöhung durchführt.3 Aus den in Rz. 712 genannten Gründen wäre auch in diesem Fall der Aufwand aus der Einziehung der eigenen Anteile als vGA hinzurechnen.4 2. Rechtslage nach BilMoG a) Erwerb eigener Anteile Eigene Anteile sind im Anwendungsbereich des BilMoG ausschließlich auf der Passivseite mit dem Eigenkapital zu verrechnen (§ 272 Abs. 1a Satz 1 HGB). Ob der Erwerb zur Einziehung erfolgt oder nicht, spielt damit für die bilanzielle Behandlung keine Rolle mehr. Der Nennbetrag ist offen von dem Posten „gezeichnetes Kapital“ abzusetzen. Die Differenz zwischen Nennbetrag und Anschaffungskosten ist mit den frei verfügbaren Rücklagen zu verrechnen.5
717
Nach der herrschenden Meinung schlagen diese Neuerungen aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auf die Steuerbilanz durch.6 Hierfür spricht, dass in Ermangelung eigenständiger steuerlicher Ansatzvorschriften der steuerbilanzielle Ansatz bzw. Nichtansatz eigener Anteile gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen hat. Eine Mindermeinung verneint indes einen Anwendungsfall des Maßgeblichkeitsgrundsatzes und spricht sich für eine unveränderte Bilanzierung der eigenen Anteile in der Steuerbilanz aus.7 Für diese Rechtsauffassung ließe sich argumentativ anführen, dass die handelsrechtlichen Neuregelungen eher auf die bilanztechnische Darstellung abzielen und die Wirtschaftsguteigenschaft der Anteile im Grundsatz unberührt bleibt. Die FinVerw.8 hat sich inzwischen der hM angeschlossen und folgt in der steuerrechtlichen Beurteilung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Handelsrechts. Dies bedeutet steuerbilanziell eine Nichtaktivierung eigener Anteile und wird für Zwecke der Anwendung von §§ 27, 28 KStG wie eine Kapitalherabsetzung behandelt.
718
Letztlich kann es aber dahingestellt bleiben, welche dieser beiden Rechtsauffassungen vorzugswürdig ist, da der von der Kapitalgesellschaft aufgewendete Betrag zum Erwerb der eigenen Anteile einkommensneutral ist. Verneint man mit der herrschenden Meinung eine Aktivierung der Anteile auch in der Steuerbilanz, ist der Erwerbsvorgang gewinnneutral über das Eigenkapital zu verbuchen (Kapitalherabsetzungsgrundsätze). Folgt man der Min-
719
1 BFH v. 3.3.2010 – I B 102/09, BFH/NV 2010, 1131. 2 S. auch BFH v. 3.3.2009 – I B 51/08, BFH/NV 2009, 1280, wo der BFH in einem vergleichbaren Sachverhalt ebenfalls die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen hat. 3 Seit MoMiG darf gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG zwischen dem Stammkapital und dem Nennwert der Anteile keine Differenz bestehen. Bei der Einziehung von Anteilen muss die Kapitalgesellschaft entweder ihr Stammkapital herabsetzen, neue Anteile an die verbleibenden Gesellschafter ausgeben oder den Nennwert der noch ausgegebenen Anteile erhöhen. 4 Einnahmen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG hat der Gesellschafter in diesem Fall nicht zu versteuern. 5 Nur die neben dem Kaufpreis gezahlten Anschaffungsnebenkosten (zB Notarkosten) sind Aufwand des laufenden Geschäftsjahres. 6 Blumenberg/Roßner, GmbHR 2008, 1079 (1081); Herzig, DB 2008, 1339 (1342); Mayer, Ubg 2008, 779 (782); Ditz/Tcherveniachki, Ubg 2010, 875 (877); Blumenberg/Lechner, DB 2014, 141; Schiffers, GmbHR 2014, 79. 7 Dötsch in D/P/M, § 8b KStG Rz. 72. 8 BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615 Rz. 8.
Stimpel
531
§ 8 Rz. 719–725
Ermittlung des Einkommens
dermeinung, gelten die in Rz. 712 dargestellten Grundsätze unverändert fort, dh., ein etwaiger Aufwand aus der späteren Abschreibung der zunächst aktivierten eigenen Anteile wäre nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (bzw. zumindest nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG) bei der Einkommensermittlung hinzuzurechnen. aa) Behandlung beim Gesellschafter 720 Auf der Gesellschafterebene liegt – unverändert zur bisherigen Rechtslage – ein normales Veräußerungsgeschäft vor (idR Versteuerung nach § 17 EStG). Die Regelungen des BilMoG schlagen also auch auf die Besteuerungsebene des Gesellschafters nicht durch, sodass der Vorgang des Erwerbs (und der Veräußerung) eigener Anteile bei Kapitalgesellschaft und Gesellschafter steuerlich unterschiedlich gewürdigt wird.1 721
Erfolgt der Anteilserwerb zu einem überhöhten Kaufpreis, liegt insoweit eine vGA vor.2 Dies hängt aber von der vorgelagerten Rechtsfrage ab, wie der überhöhte Kaufpreis für die erworbenen eigenen Anteile von der Kapitalgesellschaft bilanziell abzubilden ist. Würde man auch diesen Teil nach Kapitalherabsetzungsgrundsätzen gewinnneutral mit dem EK verrechnen, läge auf Gesellschaftsebene mangels Minderung des Unterschiedsbetrags iSv. § 4 Abs. 1 EStG keine vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor. Nach der hier vertretenen Auffassung ist aber der unangemessene Teil des Kaufpreises bilanziell gewinnmindernd zu verbuchen und sodann als vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen.3 Es liegen hier zwei in der gesellschaftsrechtlichen Sphäre zu verortende und getrennt zu beurteilende Vorgänge vor, nämlich der Erwerb der eigenen Anteile als solcher und der Umstand, dass der hierfür entrichtete Kaufpreis überhöht ist.4 In jedem Fall ist der überhöhte Teil des Kaufpreises beim Gesellschafter als Kapitalertrag iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu versteuern. Folglich besteht im Grundsatz auch eine Pflicht zur Einbehaltung von KapESt.5 In der Praxis ist das insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Gesellschafter im Ausland ansässig ist (s. KapESt bei vGA in Rz. 870 ff.).
722
Bei einem zu niedrigen Kaufpreis stellt sich die Frage, ob in diesem Umfang der Veräußerungsersatztatbestand nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG (vE) ausgelöst wird. Zwar liegt hier im Grundsatz aus dem Blickwinkel des Gesellschafters eine solche vE vor, nach den Wertungen auf der Ebene der Kapitalgesellschaft (auf deren Ebene nach allgemeinen Grundsätzen über das Vorliegen einer vE zu befinden ist)6 liegt eine solche vE aber gerade nicht vor.
723
Sofern der Gesellschafter hingegen seine gesamten Anteile verbilligt an seine Kapitalgesellschaft veräußert, wirkt sich diese vE iErg. beim Gesellschafter ohnehin nicht steuererhöhend aus, weil die durch die vE eintretende Erhöhung der Anschaffungskosten ihrerseits den Veräußerungsgewinn iSv. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG mindert. Dies dürfte aber eher ein Ausnahmefall.
724
Im Regelfall wird der Gesellschafter aber nur einen Teil seiner Anteile verbilligt an „seine“ Kapitalgesellschaft übertragen. Hier würde die – aus oa. Gründen nicht zweifelsfreie – Annahme einer vE iSv. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG zur Versteuerung eines höheren Veräußerungsgewinns und in entspr. Höhe zu höheren Anschaffungskosten der verbleibenden Anteile führen. Käme der Veräußerungsersatztatbestand nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht zur Anwendung, wäre der verbilligte Anteilsverkauf ein probates Gestaltungsmittel zur Erreichung eines faktischen Direktzugriffs auf das steuerliche Einlagekonto. b) Veräußerung eigener Anteile
725 Das BilMoG versteht die Veräußerung eigener Anteile wirtschaftlich als Kapitalerhöhung, durch welche die durch den Erwerb ausgelöste Kapitalherabsetzung wieder ausgeglichen werden soll. Dies bedeutet, dass durch einen Verkauf das gezeichnete Kapital in Höhe des durch die Anteile repräsentierten Nennbetrags – mithin der Vorspaltenausweis – teilweise
1 S. auch BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615 Rz. 20. 2 BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615 Rz. 7 (in nahtloser Anknüpfung an BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509 Rz. 17). 3 Generell kritisch zur etwaigen Annahme einer vGA Schiffers, GmbHR 2014, 79 (83). 4 Der überhöhte Kaufpreis wird nicht für die Kapitalherabsetzung, sondern für die daneben vollzogene Zuwendung an den Gesellschafter gezahlt. Insoweit gilt das Gleiche wie beim Erwerb eines Wirtschaftsguts zu einem überhöhten Preis, wo auch nur der angemessene Preis zu aktivieren ist und der überhöhte Teil gewinnmindernd zu verbuchen und als vGA hinzuzurechnen ist (s. Rz. 147 mwN). 5 BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615 Rz. 12. 6 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348.
532
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 725–729 § 8
oder vollständig entfallen kann (§ 272 Abs. 1b Satz 1 HGB). Der den Nennbetrag der eigenen Anteile übersteigende Differenzbetrag aus dem Veräußerungserlös ist nach § 272 Abs. 1b Satz 2 HGB bis zur Höhe des mit den freien Rücklagen verrechneten Betrags wieder in die jeweiligen Rücklagen einzustellen. Insoweit wird die ursprüngliche Verrechnung korrigiert. Der die ursprünglichen Anschaffungskosten übersteigende Differenzbetrag aus dem Veräußerungserlös ist nach § 272 Abs. 1b Satz 3 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen. Es wird also kein Gewinn in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen, vielmehr wird dieser Mehrwert als ein Agio wie bei der Kapitalerhöhung betrachtet. Aufwendungen, die Veräußerungsnebenkosten sind, sind Aufwand des Geschäftsjahres (§ 272 Abs. 1b Satz 4 HGB).
726
Wendet man auch hier entsprechend der Mehrheitsmeinung1 den Maßgeblichkeitsgrundsatz an, stellt die Veräußerung der eigenen Anteile eine Einlage (Behandlung als Kapitalerhöhung) und keine Anteilsveräußerung iSv. § 8b Abs. 2 u. 3 KStG dar. Dies hat für den Gewinnfall die vorteilhafte Auswirkung, dass die fünfprozentige Einkommenserhöhung nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG entfällt. Zudem mindern die Veräußerungskosten den steuerlichen Gewinn, da sie nicht mehr – einkommensunwirksamer – Bestandteil des Veräußerungsgewinns iSv. § 8b KStG sind. Folgt man der Mindermeinung, müsste man auf den Veräußerungsgewinn § 8b KStG anwenden. Die Finanzverwaltung folgt auch hier der Mehrheitsmeinung und qualifiziert die Weiterveräußerung der eigenen Anteile nicht als Veräußerungsvorgang, sondern behandelt den Vorgang wie eine Kapitalerhöhung.2 Für den die Anteile erwerbenden Gesellschafter liegt ein normales Anschaffungsgeschäft vor.
727
aa) Veräußerung zu einem unangemessen niedrigen Kaufpreis Unabhängig von der steuerbilanziellen Abbildung des Veräußerungsvorgangs ist die Höhe 728 des vereinbarten Kaufpreises einem Fremdvergleich zu unterziehen. Ist der vereinbarte Kaufpreis unangemessen gering, liegt eine vGA vor (s. Rz. 721).3 Diese vGA entfaltet auf der Ebene der Kapitalgesellschaft keine einkommenserhöhende Wirkung, weil der Veräußerungsvorgang als solcher aus den dargelegten Gründen gewinnneutral als Kapitalerhöhung abzubilden ist.4 Relevant ist diese vGA zuvorderst für die Besteuerung des Gesellschafters, der die vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu versteuern hat. Ferner erhöhen sich in entsprechender Höhe die Anschaffungskosten der erworbenen Anteile. S. zu dieser Problematik Rz. 342. Fraglich ist, ob die Annahme einer vGA auf Gesellschafterebene auch dann berechtigt ist, wenn die GmbH die eigenen Anteile nicht an ihre Gesellschafter veräußert, sondern stattdessen die Anteile einzieht und anschließend eine Kapitalherabsetzung durchführt oder den Nominalwert der Anteile der ausgegebenen Anteile aufstockt. Diese Frage stellt sich seit Geltung des MoMiG zwangsläufig bei der Einziehung eigener Anteile, weil gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG zwischen dem Stammkapital und dem Nennwert der ausgegebenen Anteile keine Differenz bestehen darf. Bei der Einziehung von Anteilen muss die Kapitalgesellschaft entweder ihr Stammkapital herabsetzen, neue Anteile an die verbleibenden Gesellschafter ausgeben oder den Nennwert der noch ausgegebenen Anteile erhöhen. Mangels Entscheidungserheblichkeit ließ der BFH diese Rechtsfrage in seinem Beschluss vom 3.3.20105 ausdrücklich offen. Diese hier letztlich nicht entscheidungserhebliche Rechtsfrage hat der BFH aber in seiner vorangegangenen Rspr.6 dahingehend beantwortet, dass in dieser Konstellation dem Gesellschafter keine vGA zufließt. Nach alter Zivilrechtslage bestand zwar nach hM keine Notwendigkeit zur Anpassung der ausgegebenen Anteile an die nominalen Anteile, gleichwohl konnte die GmbH bei Einziehung von Anteilen den Nennwert der ausgegebenen Anteile aufstocken. Ausgehend von diesem Urteil verneint die hM im steuerlichen Schrifttum die Annahme einer vGA iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.7 Diese Sichtweise ist zutr. Der Gesellschafter bekommt hier keinen Vermögensvorteil zugewendet. Vielmehr erfolgt hier nur eine Kapitalumschichtung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft, die sich in einem
1 Herzig, DB 2008, 1339 (1342); Hoffmann/Lüdenbach, DStR Beihefter zu Heft 30/2008, 49 (58); Mayer, Ubg 2008, 779 (783); Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, BB 2009, 937 (937). 2 BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615 Rz. 13. 3 BMF v. 27.11.2013 – IV C 2 - S 2742/07/10009, BStBl. I 2013, 1615 Rz. 15. 4 Auf der Ebene der GmbH ergäbe sich nur iRd. Mindermeinung (Annahme einer Anteilsveräußerung und keiner Kapitalerhöhung) eine fünfprozentige Auswirkung, sofern unter Einbeziehung der vGA ein Veräußerungsgewinn erzielt werden würde. 5 BFH v. 3.3.2010 – I B 102/09, BFH/NV 2010, 1131. 6 BFH v. 28.10.1966 – VI R 89/65, BStBl. III 1966, 245. 7 Dötsch/Pung in D/P/M, § 20 EStG Rz. 64 und 179 mwN; Hohage, DB 2009, 1033 (1036).
Stimpel
533
729
§ 8 Rz. 729–735
Ermittlung des Einkommens
fortan höheren Nominalwert des Anteils niederschlägt. Bedenkenswert ist auch die vom BFH herangezogene Parallele zu einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, bei der ausgegebene Freianteile nach § 1 KapErhStG beim Gesellschafter zu keinen Einkünften führen. Wenn aber bereits eine Ausgabe neuer Anteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei den Gesellschaftern zu keinen Kapitaleinkünften führt, dann wäre es ein Wertungswiderspruch, wenn man bei einer bloßen Anteilsaufstockung Einkünfte ansetzen würde. Denn hier bekommen die Gesellschafter nicht einmal ein Wirtschaftsgut übertragen. Vielmehr weist der schon vorher besessene GmbH-Anteil nur einen höheren Nennwert auf.
Eigengeschäfte des Gesellschafters 730 S. hierzu „Wettbewerbsverbot, Geschäftschancenlehre“ in Rz. 1217 ff.
Einbauten 731 S. hierzu „Bauten auf einem Gesellschaftergrundstück“ in Rz. 525 ff.
Einfamilienhaus (Nutzung durch den Gesellschafter) 732 Vermietet eine GmbH ein ihr gehörendes Einfamilienhaus an den Gesellschafter, so ist hierin noch keine vGA zu sehen, wenn der vereinbarte Mietzins angemessen ist. Dabei ist grundsätzlich auf die am Markt erzielbare Miete abzustellen.1 Die Anschaffung des Objekts führt noch nicht zu einer vGA, weil die Gesellschaft einen Gegenwert erhält und insoweit keine bilanzielle Vermögensminderung erleidet. 733
Zur Vermeidung einer vGA bedarf es nach der Rechtsprechung des BFH2 aber stets dann der Vereinbarung der Kostenmiete, wenn der Erwerb der Immobilie ausschließlich zum Zweck der Weitervermietung an den Gesellschafter erfolgt ist. In dieser Konstellation tätigt die GmbH Aufwendungen ausschließlich im Interesse ihres Gesellschafters. Hier fordert der BFH stets eine Ersetzung der angefallenen Kosten (zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags; s. auch „Liebhaberei“ in Rz. 910). Wird nur die Marktmiete berechnet, liegt in Höhe der Differenz zur Kostenmiete eine vGA vor. Diese Grundsätze gelten ebenfalls, wenn ein (inländischer) Gesellschafter von seiner im Ausland ansässigen (und nicht nach §§ 1, 2 KStG kstpfl.) Kapitalgesellschaft eine Immobilie nutzt, ohne eine den oa. Betrag erreichende Vergütung zu zahlen.3 Hierbei ist es auch unbeachtlich, wann die ausländische Kapitalgesellschaft nach Maßgabe des für sie einschlägigen ausländischen Rechts eine außerbetriebliche Sphäre hat und die unentgeltliche Immobiliennutzung durch den Gesellschafter dieser außerbetrieblichen Sphäre zugeordnet wird (und mithin keine vGA im Ausland anzunehmen ist). Maßgeblich ist insoweit das deutsche Rechtsverständnis, wobei die Rechtsfolgen der vGA ohnehin nur auf der Ebene des Gesellschafters zu ziehen sind.
734
Muss nach dem Erwerb eine Teilwertabschreibung auf das Einfamilienhaus vorgenommen werden, so kann allenfalls dann eine vGA anzunehmen sein, wenn die Wertminderung im Zeitpunkt des Erwerbs bereits absehbar war und bewusst im Interesse des Gesellschafter-Geschäftsführers in Kauf genommen wurde.4 Ist dagegen auch eine Wertsteigerung möglich, so kann eine spätere (im Erwerbszeitpunkt nicht absehbare) Teilwertabschreibung nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung zu den Risikogeschäften5 keine vGA auslösen.
Einlage/Mindesteinlage 735 S. hierzu „Ausstehende Einlagen“ in Rz. 518 ff.
1 FG Nds. v. 30.4.1991 – VI 288/90, GmbHR 1992, 329 (rkr.); ebenso Henninger-Osgood in Ernst & Young, VGA und verdeckte Einlagen, Fach 4 Rz. 83. 2 BFH v. 17.11.2004 – I R 56/03, FR 2005, 589 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2005, 637. 3 BFH v. 12.6.2013 – I R 109–111/10, DStR 2013, 2100. 4 Enger dagegen Centrale-Gutachtendienst in GmbHR 2000, 1254. 5 BFH v. 8.7.1998 – I R 123/97, FR 1998, 1091 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1998, 1134; v. 8.8.2001 – I R 106/99, BStBl. II 2003, 487; v. 11.2.2003 – I B 159/01, BFH/NV 2003, 1093; v. 31.3.2004 – I R 83/03, FR 2004, 1229 = BFH/NV 2004, 1482; s. auch „Risikogeschäfte“ (Rz. 1093 ff.).
534
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 736–741 § 8
Einlagekonto/Einlagenrückgewähr Die vGA stellt im Wirtschaftsjahr des Abflusses eine Leistung iSv. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG dar. Dh., sie kann ggf. aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden, sodass auf der Ebene des Gesellschafter eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr vorliegen würde. Aufgrund der Wirkungsweise von § 27 Abs. 5 Sätze 1 und 2 KStG ist indes zumindest bei nachträglich festgestellten vGA (Regelfall in der Praxis) eine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos stets auszuschließen (s. hierzu § 27 KStG Rz. 162).
736
Einmann-GmbH 1. Vereinbarungen über Leistungsbeziehungen Für die Beurteilung von Leistungsbeziehungen zwischen einer Einmann-GmbH und ihrem Gesellschafter gelten die gleichen Grundsätze wie für Leistungsbeziehungen zu einem nicht zu 100 % beteiligten beherrschenden Gesellschafter.
737
Eine Besonderheit ist aber bei mündlichen Vereinbarungen zwischen dem Alleingesellschafter und seiner GmbH zu beachten. Grundsätzlich ist auch bei beherrschenden Gesellschaftern die Tatsache, dass eine Vereinbarung nicht durch schriftliche Dokumentationen nach außen erkennbar wird, nach Auffassung des BFH nicht zulasten der Beteiligten auszulegen. Grund hierfür ist der Umstand, dass solche Dokumentationen im Allgemeinen keinen Sinn machen, weil davon ohnehin nur diejenigen Personen erfahren würden, die an den – mündlichen – Gesellschafterbeschlüssen beteiligt waren.1
738
Das GmbH-Gesetz sieht bei der Einmann-GmbH zusätzliche Formerfordernisse vor. So müssen Rechtsgeschäfte zwischen der GmbH und dem Alleingesellschafter unverzüglich nach ihrer Vornahme nach § 35 Abs. 3 Satz 2 GmbHG in eine Niederschrift aufgenommen werden. Ferner muss über Beschlüsse der Gesellschafterversammlung unverzüglich eine unterschriebene Niederschrift erstellt werden (§ 48 Abs. 3 GmbHG). Da eine unterlassene Aufzeichnung solcher Rechtsgeschäfte aber nach herrschender Meinung nicht zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit führt,2 führt die fehlende Niederschrift nach Auffassung der Finanzverwaltung allein nicht zur Annahme einer vGA.3 Andererseits gilt die gesetzliche Protokollierungspflicht ausschließlich bei der Einmann-GmbH, so dass man von einem gewissenhafter Gesellschafter eine Einhaltung dieser zivilrechtlichen Vorgabe erwarten sollte. Die fehlende Aufnahme in die Niederschrift kann daher zumindest ein gewichtiges Indiz für das Nichtvorliegen klarer Vorabvereinbarungen sein, das im jeweiligen Einzelfall im Rahmen der Gesamtabwägung uU den Ausschlag für das Vorliegen einer vGA geben kann. Daher sollte in der Praxis unbedingt darauf geachtet werden, dass bei mündlichen Gesellschafterbeschlüssen einer Einmann-GmbH eine entsprechende Niederschrift erstellt wird.
739
2. Besonderheiten beim Zufluss Besonderheiten sind bei Alleingesellschafter auch in Bezug auf den Zufluss offener Gewinnausschüttungen zu beachten. Für Zwecke der Erfassung der Einnahmen iSv. § 20 EStG ist davon auszugehen, dass dem Alleingesellschafter die offene Gewinnausschüttung bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung zufließt.4 Für die Durchführung des Kapitalertragsteuerabzugs gelten diese Grundsätze allerdings nicht. Hier gilt die Gewinnausschüttung für Zwecke der Einbehaltung von Kapitalertragsteuer gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 EStG als an dem im Ausschüttungsbeschluss bestimmten Auszahlungstag zugeflossen. Dies gilt auch, wenn der Ausschüttungsempfänger Alleingesellschafter der Kapitalgesellschaft ist.5 Fehlt hingegen im Ausschüttungsbeschluss die Festlegung einer konkreten Fälligkeit, gilt die Ausschüttung als am nachfolgenden Tag zugeflossen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 EStG).
740
3. Wettbewerbsverbot und Alleingesellschafter Der Alleingesellschafter einer GmbH unterliegt keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot, solange er nicht der GmbH das zur Deckung des Stammkapitals notwendige Vermögen ent1 BFH v. 11.12.1991 – I R 49/90, BStBl. II 1992, 434 = FR 1992, 345. 2 S. hierzu Baumbach/Hueck, § 48 GmbHG Rz. 29 mwN. 3 FinMin Hess. v. 15.4.1994 – S 2742A - 30 - II B 3a, GmbHR 1994, 576; ebenso Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 745; offenlassend aber BFH v. 25.10.1995 – I B 6/95, BFH/NV 1996, 509. 4 H 20 Abs. 2 EStH 2010 „Zuflusszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen“ unter Bezug auf BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BStBl. II 1999, 223 = FR 1999, 302. 5 BFH v. 18.12.1985 – I R 222/81, BStBl. II 1986, 451 = FR 1986, 354.
Stimpel
535
741
§ 8 Rz. 741–745
Ermittlung des Einkommens
zieht.1 Zu den Konsequenzen beim Entzug einer Geschäftschance durch den Alleingesellschafter s. „Wettbewerbsverbot, Geschäftschancenlehre“ (Rz. 1217 ff.). 4. Zurechnung der Geschäfte der GmbH (Durchgriff) 742 Auch bei einer Einmann-GmbH gilt der Grundsatz der Sphärentrennung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter. Sofern allerdings im Einzelfall die Voraussetzungen des Gestaltungsmissbrauchs iSv. § 42 AO erfüllt sind, ist es denkbar, Rechtsgeschäfte der GmbH dem Alleingesellschafter wie eigene Rechtsgeschäfte zuzurechnen. So hat der III. Senat des BFH in einem Einzelfall2 entschieden, dass ein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen sei, weil ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer ein von ihm erworbenes unaufgeteiltes Mehrfamilienhaus an seine GmbH veräußerte, die dann die entstandenen vier Eigentumswohnungen noch im selben Jahr an verschiedene Erwerber veräußert. Im Streitfall hatte der BFH die Aktivitäten der GmbH dem Anteilseigner zugerechnet, weil er die GmbH zur Aufteilung und Weiterveräußerung der Grundstücke bevollmächtigt hatte und der an den Anteilseigner zu entrichtende Kaufpreis zu einem erheblichen Teil erst aus den Weiterverkaufserlösen zu erbringen war.
Einnahmezuschätzungen im Rahmen einer Betriebsprüfung 743 Fraglich ist, ob Einnahmezuschätzungen, die im Rahmen einer Betriebsprüfung wegen festgestellter Kalkulationsdifferenzen vorgenommen werden, als vGA zu behandeln sind. Diese Frage hat im Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren besondere Bedeutung, weil die Qualifikation als vGA zur Folge hat, dass es neben der körperschaft- und gewerbesteuerwirksamen Hinzurechnung auf der Ebene der GmbH auch zu einer hälftigen bzw. sechzigprozentigen Besteuerung der hinzugeschätzten Einnahmen beim Gesellschafter-Geschäftsführer nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kommt.3 744
Der für körperschaftsteuerliche Rechtsfragen zuständige I. Senat des BFH4 hat entschieden, dass eine vGA in solchen Fällen nicht angenommen werden könne, in denen es am konkreten Nachweis einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Vorteilszuwendung an den Gesellschafter fehle. Die Beweislast für eine solche Vorteilszuwendung liege vollumfänglich beim Finanzamt. Kassenfehlbeträge bzw. Kalkulationsdifferenzen ließen jedoch nicht ohne Weiteres Rückschlüsse auf gesellschaftsrechtlich motivierte Vermögensabflüsse zu. Stehe demnach nicht fest, dass die Beträge dem bzw. den Gesellschaftern zugeflossen sind, lägen in analoger Anwendung von § 160 AO nicht abziehbare Betriebsausgaben vor. Da die Beträge ja unstreitig nicht in der Sphäre der GmbH verblieben sind, ist der Steuerbilanzgewinn der 1. Stufe zwangsläufig entsprechend zu mindern.5 Eine Erhöhung des steuerlichen Einkommens ließe sich nur über die vGA oder eine nicht abziehbare Betriebsausgabe rechtfertigen. Letzteres präferiert der I. Senat des BFH. Bei isolierter Betrachtung der GmbH kann diese Frage zwar dahingestellt bleiben, weil beide Lösungsansätze eine Einkommenserhöhung um den Hinzuschätzungsbetrag zur Folge haben. Die ausschließliche Relevanz dieser Rechtsfrage besteht auf der Ebene des Gesellschafters, der nur bei Annahme einer vGA Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu versteuern hat.
745
Die Rechtsprechung des I. Senats vermag nicht zu überzeugen. Da eine GmbH nicht über eine außerbetriebliche Sphäre verfügt,6 stellen alle getätigten Ausgaben zunächst ohne Einschränkungen Betriebsausgaben dar. Hierzu zählen selbstverständlich auch fehlende Gelder, deren Verbleib nicht aufklärbar ist und die Anlass der streitigen Hinzuschätzungen sind. Ist der Schluss auf zusätzliche Betriebseinnahmen der GmbH gerechtfertigt oder durch eine tatsächliche Verständigung einvernehmlich festgestellt worden, ist es Sache des Geschäftsführers der GmbH darzulegen, wie dieses nicht deklarierte Betriebsvermögen der GmbH tatsächlich verwendet worden ist. Zwar trägt das Finanzamt grundsätzlich die objektive Feststellungslast für das Vorliegen einer vGA.7 Der Gesellschafter-Geschäftsführer der 1 BGH v. 10.5.1993 – II ZR 74/92, GmbHR 1993, 427; BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, FR 1995, 905 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 58. 2 BFH v. 18.3.2004 – III R 25/02, BStBl. II 2004, 787 = FR 2004, 1001. 3 Bei Annahme nicht abziehbarer Betriebsausgaben würde sich die steuerliche Auswirkung in einer Einkommenshinzurechnung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft erschöpfen. 4 BFH v. 9.8.2000 – I R 82/99, GmbHR 2001, 208. 5 Die Korrekturbuchung der Betriebsprüfung müsste insoweit „sonstige betriebliche Aufwendungen an Umsatzerlöse und Umsatzsteuer“ lauten. 6 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, FR 1997, 311 = GmbHR 1997, 317. 7 BFH v. 27.10.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569; v. 3.11.2005 – VIII B 12/05, BFH/NV 2006, 250.
536
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 745–746 § 8
GmbH ist aber nach § 90 AO verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und die in seiner Sphäre und seinem Wissensbereich liegenden Tatsachen zu offenbaren. In welcher Weise nicht verbuchte Einnahmen verwendet worden sind, kann letztlich nur er nachweisen. Zu seinen Pflichten gehört zudem auch die Sicherstellung einer ordnungsmäßigen Buchführung (§ 41 GmbHG). Dies erfordert insbesondere eine entsprechende Organisation, die dem Geschäftsführer die erforderliche jederzeitige Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft ermöglicht.1 Bei ordnungsmäßiger Buchführung und pflichtgemäßer Überwachung sollte der Geschäftsführer also jederzeit in der Lage sein, Kassenfehlbeträge festzustellen. Hat der Gesellschafter-Geschäftsführer faktisch nichts unternommen, um ungeklärten Wertabgängen nachzugehen (Einschaltung der Polizei, eines Detektivs, konkrete Befragung seiner Mitarbeiter), so spricht der erste Anschein für die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Geldabgänge. Kommt der Gesellschafter-Geschäftsführer diesen Verpflichtungen nicht nach oder ist der Verbleib der nicht gebuchten Einnahmen unaufklärbar, ist daher nach Beweislastgründen vom Vorliegen einer vGA auszugehen.2 Im Zweifel ist dann davon auszugehen, dass die zusätzlichen im Schätzungswege ermittelten Einnahmen an die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote ausgekehrt worden sind.3 In diesem Sinne hat der – ohnehin für die Anteilseignerbesteuerung primär zuständige – 746 III. Senats des BFH4 eine Akzentverschiebung in Richtung vGA vorgenommen. Der III. Senat ist hier zu der Überzeugung gelangt, dass Zuschätzungen aufgrund einer Nachkalkulation bei einer Kapitalgesellschaft als vGA an die Gesellschafter zu beurteilen sind, wenn die Nachkalkulation den Schluss zulasse, dass die GmbH Betriebseinnahmen nicht vollständig gebucht habe und diese nicht gebuchten Betriebseinnahmen den Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zugeflossen seien. Lasse sich der Verbleib nicht gebuchter Betriebseinnahmen nicht feststellen, sei im Zweifel davon auszugehen, dass der zusätzliche Gewinn an die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote ausgekehrt worden sei. Nach den Grundsätzen der Beweisrisikoverteilung gehe die Unaufklärbarkeit des Verbleibs zulasten der Gesellschafter. Dieser Rechtsauffassung hat sich auch die nachfolgende finanzgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen.5 Hiernach werden Zuschätzungen aufgrund von Kalkulationsdifferenzen oder Kassenfehlbeträgen unter den nachfolgenden Voraussetzungen als vGA qualifiziert: –
Die Kalkulationsdifferenzen müssen auf nicht vollständig erklärten Betriebseinnahmen der GmbH beruhen (bloße Mängel in der Buchführung oder Zuschätzungen zur Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen sind insoweit nicht ausreichend, ggf. aber ein erster Anhaltspunkt).
–
Die nicht erklärten Betriebseinnahmen sind nicht betrieblich verwendet worden, sondern dem oder den Gesellschaftern zugeflossen. Lassen vom Finanzamt festgestellte Kalkulationsdifferenzen den Schluss zu, dass zusätzliche bislang nicht erklärte Betriebseinnahmen von der GmbH erzielt worden sind, ist es allerdings Sache der GmbH bzw. der Gesellschafter-Geschäftsführer darzulegen, wie dieser Teil des Betriebsvermögens der GmbH verwendet worden ist. Denn ob nicht verbuchte Einnahmen betrieblich verwendet oder den Gesellschaftern zugeflossen sind, können nur diese nachweisen. Nach § 90 AO besteht deren Verpflichtung, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und die in ihrer Sphäre und ihrem Wissen liegenden Umstände offenzulegen. Verweigern die vorgenannten Personen ihre Mitwirkung oder kann der Verbleib nicht gebuchter Betriebseinnahmen nicht aufgeklärt werden, geht dies zu ihren Lasten. Für das Finanzamt, das grundsätzlich die objektive Feststellungslast für das Vorliegen einer vGA trägt, ergibt sich dann eine Reduzierung des Beweismaßes hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA.6
1 2 3 4 5
Kallmeyer, GmbH-Handbuch, Rz. I 2325. In diesem Sinne auch Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG Rz. 4. BFH v. 22.9.2004 – III R 9/03, BStBl. II 2005, 160 = FR 2005, 249. BFH v. 22.9.2004 – III R 9/03, BStBl. II 2005, 160. FG Nds. v. 7.12.2010 – 15 K 458/07, juris (nachfolgend BFH v. 24.6.2014 – VIII R 54/10, BFH/NV 2014, 1501); FG Hamburg v. 11.8.2010 – 5 V 146/08, juris (rkr.). 6 S. zu dieser Thematik auch Sombrowski, StBp 2005, 219.
Stimpel
537
§ 8 Rz. 747–749
Ermittlung des Einkommens
747 In einem fast gleich gelagerten Fall1 hat der III. Senat2 jedoch das Vorliegen von vGA verneint. Allein die Möglichkeit, dass die Arbeitnehmer die Umsätze in die eigene Tasche hätten stecken können, war hier für den BFH ausreichend, um eine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter ohne ausdrücklichen Beweis des Gegenteils auszuschließen.3 Würde man dagegen der Argumentation des I. Senats4 folgen, so könnte eine GmbH eine Versteuerung unstreitig erzielter Betriebseinnahmen immer dann vermeiden, wenn die entsprechenden Beträge am Jahresende in der Kasse fehlen.5 Dieses Ergebnis wäre paradox. Die vom I. Senat des BFH präferierte Lösung, die fehlenden Mittel ggf. über § 160 AO (Nichtbenennung von Zahlungsempfängern) als nicht abziehbare Ausgaben zu behandeln, scheidet aus. Das Verlangen der Finanzbehörde, den Empfänger zu benennen, muss in erster Linie zumutbar sein.6 Kommt man aber – bei Verneinung einer vGA – zu dem Ergebnis, dass die fehlenden Geldmittel nicht in den Machtbereich des Gesellschafters gelangt sind, so unterstellt man zwangsläufig, dass die Wertabgänge unbeabsichtigt waren, es sich also um Fälle von Diebstahl oder Unterschlagung handelt. Zwar ist ein Benennungsverlangen grundsätzlich dann gerechtfertigt, wenn die Vermutung naheliegt, der Zahlungsempfänger habe den Bezug zu Unrecht nicht versteuert. Die Zumutbarkeit des Benennungsverlangens steht aber immer unter dem Vorbehalt, dass der Steuerpflichtige bei entsprechender Beweisvorsorge überhaupt in der Lage ist, Name und Anschrift des Zahlungsempfängers zu benennen. Dies dürfte aber in Diebstahls- und Unterschlagungsfällen gerade nicht möglich sein, denn in diesem speziellen Fall liegt der gesamte Mittelabfluss nicht im Machtbereich des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters der GmbH. Der I. Senat scheint dem hingegen an einer auf § 160 Abs. 1 AO gestützten Hinzurechnung festzuhalten.7 Eine vGA käme nach Auffassung des I. Senats nur dann in Betracht, wenn der Sachverhalt nach finanzgerichtlicher Tatsachenwürdigung den Rückschluss auf nicht erfasste Einnahmen zuließe.8 748
Eine weitere sehr praxisrelevante Modifikation enthält indes das Urteil des VIII. Senats v. 24.6.20149. So kann nach Auffassung des VIII. Senats eine unzureichende Trennung des Bereichs der GmbH von der Privatsphäre des Gesellschafters bei der Frage des Vorliegens einer vGA iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu einer Beweislastumkehr führen. Im Urteilssachverhalt bestand kein Anhaltspunkt dafür, dass Mitarbeiter der GmbH oder Dritte sich die fraglichen Beträge angeeignet haben. Die zur Beweislastumkehr führende fehlende Trennung der Bereiche von GmbH und Gesellschafter leitete der BFH aus dem Umstand ab, dass die Gehaltszahlung an den Gesellschafter-Geschäftsführer über ein Verrechnungskonto abgewickelt und zudem Durchführungsmängel festgestellt wurden.
749
Ungeklärte Vermögenszuwächse beim Gesellschafter-Geschäftsführer rechtfertigen für sich alleine nach gefestigter Rechtsprechung des BFH keine Gewinnhinzuschätzung auf Ebene der GmbH.10 Da die Frage der Herkunft dieser Mittel in den persönlichen Wissensbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers fällt, kann dieses Wissen nicht ohne Weiteres der GmbH zugerechnet werden. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beträge aus der geschäftlichen Aktivität der GmbH herrühren, kann davon ausgegangen werden, dass die GmbH bisher nicht erklärte Gewinne im Wege einer vGA an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer weitergeleitet hat. So dürfte es sich regelmäßig aber verhalten, wenn neben den ungeklärten Vermögenszuwächsen beim Gesellschafter-Geschäftsführer Kassenfehlbestände oder Kalkulationsdifferenzen bei der GmbH bestehen.
1 Auch hier ging des um Kalkulationsdifferenzen im Gaststättengewerbe. 2 BFH v. 18.5.2006 – III R 25/05, FR 2006, 882 = DStR 2006, 1359. 3 In diesem Sinne auch Brete, GmbHR 2010, 911, nach dessen Rechtsauffassung das FA den Zufluss von Einnahmen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim Gesellschafter konkret nachweisen muss. Alleine der Umstand, dass auf der Ebene der GmbH die Voraussetzungen für eine Hinzuschätzung von Einnahmen vorlägen, könne hierfür nicht ausreichen. 4 BFH v. 9.8.2000 – I R 82/99, GmbHR 2001, 208. 5 Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2003, 1385. 6 BFH v. 9.4.1987 – IV R 142/85, BFH/NV 1987, 689; v. 17.12.1980 – I R 148/76, BStBl. II 1981, 333. 7 BFH v. 2.6.2006 – I B 41/05, BFH/NV 2006, 1687. 8 BFH v. 26.2.2003 – I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221. 9 BFH v. 24.6.2014 – VIII R 54/10, GmbHR 2014, 1165. 10 BFH v. 26.2.2003 – I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221; v. 18.6.2003 – I B 178/02, BFH/NV 2003, 1450; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG Rz. 5.
538
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 750–754 § 8
Erbbaurecht Wenn eine GmbH ein Gebäude auf dem Grundstück ihres Gesellschafters errichtet, das ihr 750 selbst vom Gesellschafter aufgrund eines Erbbaurechts überlassen wurde, muss die Gesellschaft bei Beendigung des Erbbaurechts ein angemessenes Entgelt für das in diesem Zeitpunkt zivilrechtlich auf den Gesellschafter übergehende Gebäude verlangen. Ist dieses Entgelt zu niedrig, so kann eine vGA anzunehmen sein.1 Die Angemessenheitsgrenze richtet sich danach, wie viel die GmbH von einem fremden Grundstückseigentümer hätte erzielen können. Hierbei muss im Einzelfall immer geprüft werden, inwieweit die GmbH aufgrund vertraglicher Vereinbarung über durchsetzbare Ansprüche gegen den Gesellschafter verfügt. Eine vGA kommt auch dann in Betracht, wenn die GmbH es unterlässt, das erbbaurechtsbelastete bebaute Grundstück zum gemeinen Wert an einen Dritten zu veräußern und das Objekt stattdessen nach Ablauf des Erbbaurechts zu einem vorher festgelegten niedrigeren Preis auf den Gesellschafter überträgt.2 Auch kann die Unangemessenheit der Erbbauzinsen eine vGA auslösen. Hier gelten die gleichen Kriterien wie für Grundstückspachtverträge. Allerdings muss der Erbbauzins grundsätzlich für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts vereinbart werden (§ 9 ErbbauRVO), wobei allerdings die Vereinbarung von Gleitklauseln zur Anpassung an die allgemeine Wertentwicklung möglich ist.
751
Erbschaft der GmbH Ist eine Kapitalgesellschaft Erbe ihres Gesellschafters, so muss das Nachlassvermögen bei 752 der Kapitalgesellschaft nach Einlagegrundsätzen angesetzt und bewertet werden. Ist der Nachlass überschuldet und schlägt die Kapitalgesellschaft die Erbschaft nicht aus, so ist eine vGA anzunehmen.3 Auf der Empfängerseite ist die vGA demjenigen zuzurechnen, der die Gesellschaftsanteile erbt. Dies kann naturgemäß nicht (in vollem Umfang) die GmbH sein, denn der Erwerb eigener Anteile unterliegt gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen. Werden die Gesellschaftsanteile durch einen Nachlassverwalter an einen fremden Dritten veräußert, so scheidet in diesem Sonderfall die Annahme einer vGA aus. Dies deshalb, weil eine vGA im Grundsatz die Eignung haben muss, beim Gesellschafter (irgendwann) einen Kapitalertrag iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.4 Hieran fehlt es in diesem Sonderfall aber, weil der neue Gesellschafter die Anteile im Rahmen des entgeltlichen Erwerbs von einem Dritten erwirbt und das Gesellschaftsvermögen zu diesem Zeitpunkt bereits um die vom Altgesellschafter geerbten Verbindlichkeiten verringert ist.
Erfindervergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer 1. Grundsätze Dem Gesellschafter steht es grundsätzlich frei, eine eigene Erfindung seiner GmbH gegen Entgelt zu überlassen. Erhält ein Gesellschafter-Geschäftsführer für eine von ihm getätigte Erfindung eine Vergütung von der GmbH, so ist zu prüfen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter GmbH-Geschäftsleiter für die Zurverfügungstellung der Erfindung ebenfalls ein Entgelt gezahlt hätte.
753
Ob eine während eines Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindung in der Entwicklungsphase dem Bereich der nicht selbstständigen Geschäftsführertätigkeit und damit der GmbH oder einer daneben bestehenden selbstständigen Erfindertätigkeit zuzurechnen ist, richtet sich bei Arbeitnehmern danach, ob es sich um eine sog. Diensterfindung handelt oder nicht. Hier ist im Allgemeinen das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG)5 einschlägig, das sich mit der Behandlung von Erfindungen befasst, die patent- oder gebrauchsmusterfähig sind (§ 2 ArbnErfG). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das ArbnErfG auf Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs keine unmittelbare Anwendung findet, denn im Rahmen des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen gilt der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff, der Organmitglieder wie Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften nicht mit
754
1 BFH v. 12.7.1972 – I R 203/70, BStBl. II 1972, 802. 2 BFH v. 12.12.1990 – I R 73/89, BStBl. II 1991, 593 = FR 1991, 323. 3 BFH v. 24.3.1993 – I R 131/90, BStBl. II 1993, 799 = FR 1993, 645; kritisch Thiel/Eversberg, DStR 1993, 1881. 4 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132. 5 Zuletzt geändert durch Zweites Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze (2. PatGÄndG) v. 16.7.1998, BGBl. I 1998, 1827.
Stimpel
539
§ 8 Rz. 754–758
Ermittlung des Einkommens
umfasst. Die steuerliche Einordnung als Arbeitnehmer ist hier nicht von Bedeutung.1 Tätigt ein Gesellschafter-Geschäftsführer eine Erfindung, so handelt es sich also grundsätzlich nicht um eine Diensterfindung, auf die der Arbeitgeber einen Anspruch hat. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass es grundsätzlich nicht zu den vordringlichen Aufgaben des Geschäftsführers als Organmitglied einer GmbH gehört, erfinderisch tätig zu sein. Selbst bei einem technischen Geschäftsführer gehören Erfindungen nicht zum originären Aufgabenrepertoire, sodass regelmäßig unterstellt werden kann, dass die Erfindung bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht seiner nicht selbstständigen Tätigkeit entsprungen ist. Es bestehen daher – von krassen Ausnahmefällen abgesehen – keine Bedenken, Erfindervergütungen an einen Gesellschafter-Geschäftsführer steuerlich anzuerkennen, wenn die Erfindung patentrechtlich geschützt und die Vergütung (bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer) klar und eindeutig im Voraus vereinbart worden ist.2 2. Bewertung der Vergütungen a) Erfindungen als Ausfluss der nicht selbstständigen Tätigkeit 755 Auch bei Erfindungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann ausnahmsweise dann auf die Grundsätze des ArbnErfG zurückgegriffen werden, wenn die Erfindertätigkeit nach dem Anstellungsvertrag und dem Gesamtbild der Verhältnisse zum dienstlichen Aufgabenbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers gehört. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird den angestellten Geschäftsführer nicht für eine geistige Leistung (Erfindung) bezahlen, wenn dieser bereits aus dem Anstellungsvertrag zur Erbringung der Leistung verpflichtet ist und die Leistung somit bereits durch das Gehalt abgegolten war. Zur Vermeidung einer vGA besteht die Möglichkeit, die Anwendung der Grundsätze des ArbnErfG auch im Verhältnis zwischen GmbH und Gesellschafter-Geschäftsführer privatrechtlich zu vereinbaren. 756
Das ArbnErfG unterscheidet zwischen gebundenen Diensterfindungen (§ 4 Abs. 2) und freien sonstigen Erfindungen (§ 4 Abs. 3). Zu den Diensterfindungen gehören solche, die aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb obliegenden Tätigkeit heraus entstanden sind (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 ArbnErfG), und solche, die maßgeblich auf den Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs beruhen. Liegt eine solche Diensterfindung vor, so kann ein Arbeitgeber diese nach §§ 6 ff. ArbnErfG unbeschränkt in Anspruch nehmen. Allerdings hat der Arbeitnehmer nach § 9 ArbnErfG auch bei Diensterfindungen, die der Arbeitgeber uneingeschränkt nutzen darf, einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Für die Bemessung der Vergütung sind die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, die Aufgaben und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie der Anteil des Betriebs an dem Zustandekommen der Diensterfindung maßgebend. Die hierzu herausgegebenen Vergütungsrichtlinien des Bundesarbeitsministeriums stellen einen brauchbaren Maßstab für die Angemessenheit der Vergütungen dar. Vereinbaren der Gesellschafter-Geschäftsführer und die GmbH Erfindervergütungen, die der Höhe nach den Richtlinienwerten entsprechen, so indiziert dies eine Fremdüblichkeit und führt nicht zur Annahme von vGA.3
757
Probleme ergeben sich jedoch, wenn dem Geschäftsführer nach dem Anstellungsvertrag eigene Forschungs- und Entwicklungsaufgaben zugewiesen sind. In diesem Fall ist die Erfindervergütung uU durch das Geschäftsführergehalt abgegolten.4 Weiter gehende Lizenzzahlungen führen hier als Doppelvergütungen ohne Rechtsgrund zu vGA. b) Erfindungen, die nicht Ausfluss der nicht selbstständigen Tätigkeit sind
758 Bei freien – nicht gebundenen – Erfindungen hat der Arbeitgeber im Geltungsbereich des ArbnErfG keinen Herausgabeanspruch. Der Arbeitnehmer hat lediglich die Pflicht, die Erfindung seinem Arbeitgeber anzubieten, bevor er sie während der Dauer des Arbeitsverhältnisses anderweitig verwertet (§ 19 ArbnErfG). Bei freien Erfindungen handelt es sich um solche Erfindungen, die nicht aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb obliegenden Tätigkeit heraus entstanden sind (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 ArbnErfG) und die nicht in maßgeblichem Umfang auf den Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs beruhen. Diese Konstellation dürfte bei Erfindungen von Gesellschafter-Geschäftsführern aus den oa. Gründen die Regel sein.
1 FG Rh.-Pf. v. 20.2.1984 – 5 K 297/83, EFG 1984, 551 (rkr.). 2 Zur Frage, welcher Einkunftsart die Lizenzzahlungen auf der Ebene des Gesellschafter-Geschäftsführers zuzuordnen sind, s. List, DB 2002, 65. 3 So auch Gaul, DB 1990, 671. 4 OLG Düsseldorf v. 10.6.1999 – 2 U 11/98, GmbHR 1999, 1093.
540
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 759–764 § 8
Bei freien Erfindungen muss als Vergütung der Lizenzwert vereinbart werden, den ein freier Erfinder am Markt in vergleichbarer Situation erhalten würde. Es ist zu beachten, dass eine rechtlich ungeschützte Erfindung, die bereits publiziert wurde, grundsätzlich nur noch einen Teilwert von 0 Euro hat.1 Ein Entgelt für die Überlassung einer solchen veröffentlichten Erfindung wäre als vGA zu behandeln.2 Die besonderen Erfahrungen des Erfinders im Zusammenhang mit dem praktischen Einsatz der Erfindung sind in diesem Zusammenhang kein von der Person des Erfinders lösbares selbstständig bewertbares Wirtschaftsgut. Nicht anzuerkennen ist aus den gleichen Erwägungen auch eine Vergütung für eine nicht patentgeschützte Erfindung, sodass hier ebenfalls vGA anzunehmen sind.3
759
Dessen ungeachtet müssen im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter die Krite- 760 rien des formellen Fremdvergleichs beachtet werden. So müssen insbesondere stets klare und eindeutige Vereinbarungen über die Vergütungen vorliegen, dh. ab dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber (GmbH) die Erfindung nutzt. Die Lizenzen müssen so klar und eindeutig bestimmt werden, dass sie dem Grunde und der Höhe nach feststehen bzw. allein durch Rechenschritte ermittelt werden können. Auch die Fälligkeit der Zahlungen muss im Voraus geregelt werden. Anderenfalls liegt ein Verstoß gegen das bei Vereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu beachtende Rückwirkungsverbot vor. Keinesfalls genügt es, zu vereinbaren, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer einen bestimmten Prozentsatz der einem freien Erfinder und Lizenzgeber zu gewährenden Lizenzen erhalten soll.4 Auch ein Hinweis auf die Anwendung des ArbnErfG und die diesbezüglichen Richtlinien zur Vergütung von Diensterfindungen genügen dem Erfordernis einer klaren und eindeutigen Vorabvereinbarung nicht. 3. Maßgeblicher Betrachtungszeitpunkt Stammt die Erfindung aus einer Zeit, in welcher der Erfinder zwar Gesellschafter-Arbeitnehmer, aber noch nicht Geschäftsführer der GmbH war, dann gelten das ArbnErfG und die dort geregelten Vergütungsbestimmungen unmittelbar. Vereinbart der Gesellschafter-Geschäftsführer in diesem Fall eine Lizenz, welche die Vergütung nach § 9 ArbnErfG übersteigt, so kommt es zu einer vGA. Stammt allerdings die Lizenzvereinbarung aus einer Zeit, in welcher der jetzige Gesellschafter-Geschäftsführer noch nicht Gesellschafter war, so scheidet die Annahme einer vGA nach allgemeinen Grundsätzen aus.5
761
Bei der Entscheidung der Frage, ob eine Leistungsvereinbarung dem Fremdvergleich standhält, kommt es grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Abschlusses der vertraglichen Vereinbarung an. Leistungen einer GmbH an den Gesellschafter können folglich auch dann vGA darstellen, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt des Zuflusses gar nicht mehr Gesellschafter ist.6 Dies ist dann denkbar, wenn der Erfinder die Lizenzvereinbarung noch als Gesellschafter der GmbH getroffen hat, die überhöhten Lizenzen aber erst nach Veräußerung der Geschäftsanteile gezahlt werden.
762
Erhöhung der Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers 763
Siehe „Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern“ (Rz. 435 ff.).
Erstausstattung Besonderheiten gelten im Fall der sog. Erstausstattung einer GmbH. Hiervon betroffen ist 764 vor allem die Finanzausstattung einer GmbH im Zuge der Gesellschaftsgründung. Die damit einhergehenden Rechtsgeschäfte können von der Natur der Sache her nur zwischen der GmbH und ihrem Gesellschafter abgeschlossen werden. Der Mechanismus des herkömmlichen Fremdvergleichs, der auf den fiktiven Abschluss des betreffenden Rechtsgeschäfts mit einem Nichtgesellschafter abstellt, muss an dieser Stelle zwangsläufig versagen. Deshalb wendet der BFH in ständiger Rechtsprechung7 auf Rechtsgeschäfte, die der Erstausstat1 2 3 4 5
BFH v. 10.3.1993 – I R 116/91, BFH/NV 1993, 595. Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 761. Ebenso Gaul, DB 1990, 671. So aber wohl Gaul, DB 1990, 671 (673). BFH v. 28.2.1982 – I R 51/76, BStBl. II 1982, 612; v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350. 6 BFH v. 18.12.1997 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301; aA Wichmann, DB 1994, 2101. 7 BFH v. 23.5.1984 – I R 294/81, BStBl. II 1984, 673 = FR 1984, 507; v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598.
Stimpel
541
§ 8 Rz. 764–769
Ermittlung des Einkommens
tung der GmbH zuzuordnen sind, bei der Prüfung einer etwaigen vGA abweichende Maßstäbe an. 765
Der Erstausstattung zuzuordnen ist die Zurverfügungstellung von Kapital im Rahmen der Gesellschaftsgründung, bei welcher der Gesellschafter grundsätzlich in der Entscheidung frei ist, ob er seine GmbH mit Fremd- statt Eigenkapital ausstattet oder ob das erforderliche Sachanlagevermögen an die GmbH verpachtet oder übertragen wird. Allerdings darf die Erstausstattung nicht so gestaltet werden, dass alle Chancen auf den Gesellschafter übertragen werden, während alle Risiken bei der GmbH verbleiben. Eine vGA kommt daher dann in Betracht, wenn die Ausstattung dazu führt, dass die GmbH ihren Gewinn nicht über ein Mindestmaß hinaus steigern kann. Dies gilt unabhängig davon, ob der GmbH mehr als eine Mindestverzinsung des Stammkapitals und eine Vergütung für das nicht eingezahlte Stammkapital verbleibt.1
766
Diese Erstausstattungsgrundsätze müssen konsequenterweise auf Rechtsgeschäfte übertragen werden, die vom wirtschaftlichen Gehalt einer Neugründung gleichstehen. Zu denken ist an Gesellschaften, die zunächst eine reine Vorratsgesellschaft bzw. anderweitig weitestgehend inaktiv sind und nachfolgend eine wirtschaftliche Betätigung aufnehmen und hierfür die erforderliche Kapitalausstattung erhalten. Fraglich ist zudem, ob darüber hinaus auch bei einer Betriebserweiterung die Erstausstattungsgrundsätze anwendbar sind. Dies wird man wohl als zu weitgehend betrachten müssen, weil hier die herkömmlichen Instrumente der Fremdvergleichs nicht per se versagen. Die GmbH ist hier wirtschaftlich und rechtlich bereits existent, sodass sich der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter das für die Betriebserweiterung erforderliche Kapital auch von einem externen Geldgeber zur Verfügung stellen lassen könnte.
767
Nicht unter die Erstausstattungsgrundsätze fallen schuldrechtliche Vereinbarungen, die zwar anlässlich der Gesellschaftsgründung getroffen werden, die aber nicht Bestandteil der erstmaligen Kapitalausstattung der GmbH sind. Dies gilt insbesondere für den Abschluss des Anstellungsvertrags mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer, welcher der klassischen Angemessenheitsprüfung am Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers zu unterwerfen ist.2
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften 1. Grundsätze der vGA 768 Auch bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften findet § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG grundsätzlich Anwendung. Die Frage, ob bei einer Genossenschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung durch das Mitgliedschaftsverhältnis zur Genossenschaft veranlasst ist, ist an dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters der Genossenschaft zu messen. Dabei ist die besondere Aufgabenstellung der Genossenschaft, wie sie sich aus § 1 Abs. 1 GenG ergibt, zu berücksichtigen. Der Zweck einer Genossenschaft ist im Unterschied zur Kapitalgesellschaft nicht zwingend auf Gewinnerzielung gerichtet, denn die Genossenschaft dient nach § 1 GenG in erster Linie der Förderung der Mitglieder. Es reicht daher aus, wenn die Genossenschaft insgesamt kostendeckend arbeitet. Der BFH3 sieht darüber hinaus aber keine Notwendigkeit, speziell für Genossenschaften eine eigenständige Definition der vGA zu entwickeln. 769
So sind Sonderzuwendungen einer Genossenschaft an einzelne Aufsichtsratsmitglieder, die gleichzeitig Mitglieder der Genossenschaft sind, regelmäßig vGA, wenn die Zuwendung nicht durch den Genossenschaftszweck gedeckt ist.4 Entsprechendes gilt für sonstige einem Genossen zugewendete Vorteile, wie beispielsweise Ersatzleistungen für die Teilnahmekosten an einer Generalversammlung.5 Diese vGA führt bei den Mitgliedern der Genossenschaft gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu Einnahmen aus Kapitalvermögen und unterliegt gem. § 3 Nr. 40 EStG dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren. Keine vGA ist hingegen anzunehmen,
1 2 3 4 5
BFH v. 23.5.1984 – I R 294/81, BStBl. II 1984, 673 = FR 1984, 507. BFH v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 770. Urt. v. 20.1.1993 – I R 55/92, BStBl. II 1993, 376 = FR 1993, 373. BFH v. 20.1.1995 – I R 55/92, BStBl. II 1993, 376. Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 776; BMF v. 26.11.1984 – IV B 7 - S 2741 - 16/84, BStBl. I 1984, 591 unter Berufung auf BFH v. 16.12.1955 – I 12/55 U, BStBl. III 1956, 43. Die FinVerw. lässt aber Bewirtungskosten von bis zu 12,79 ¤ (= 25 DM) je Genossen zum Abzug zu und nimmt insoweit keine vGA an.
542
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 769–773 § 8
wenn die Genossenschaft denjenigen Genossen, die Mitglied der Vertreterversammlung sind, die angemessenen Kosten für die Teilnahme an den Vertreterversammlungen ersetzt.1 2. Einzelfragen a) Genossenschaftliche Rückvergütungen Rückvergütungen der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften an ihre Mitglieder sind unter den Voraussetzungen des § 22 KStG als Betriebsausgaben abziehbar. Zwar ist die Rückvergütung durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst, die Annahme einer vGA wird insoweit aber durch die vorrangige Regelung in § 22 KStG verdrängt.2 Diese Sonderbehandlung der genossenschaftlichen Rückvergütungen entspricht dem speziellen Förderzweck der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, der in erster Linie auf den Nutzen der Mitglieder gerichtet ist. Die Abziehbarkeit als Betriebsausgabe ist jedoch nach § 22 KStG bestimmten Voraussetzungen unterworfen. Nicht abziehbare Rückvergütungen werden als vGA behandelt.3 So verhält es sich beispielsweise bei Rückvergütungen aufgrund eines Bonusprogramms, die nicht in primärer Abhängigkeit zu den Umsätzen des einzelnen Genossen stehen, sondern vielmehr eine Verteilung des erzielten Überschusses bezwecken.4
770
b) Preisnachlässe zugunsten der Mitglieder Der Zweck einer Genossenschaft ist gem. § 1 Abs. 1 GenG auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder gerichtet. Dementsprechend reicht es aus, wenn die Genossenschaft die Höhe der von allen Mitgliedern zu erhebenden Leistungsentgelte insgesamt nach dem Kostendeckungsprinzip ermittelt.5 Es ist deshalb keine verhinderte Vermögensmehrung anzunehmen, wenn die Genossenschaft Entgelte ihrer Mitglieder für bestimmte genossenschaftliche Leistungen mindert oder sogar so gestaltet, dass die einzelne Leistungsbeziehung keinen Überschuss bzw. einen Verlust abwirft. Voraussetzung ist, dass unter Einbeziehung der Mitgliederbeiträge insgesamt kein Verlust entsteht.6 Dies gilt allerdings nicht für Sonderzuwendungen an ein einzelnes Mitglied der Genossenschaft. Eine solche Vorteilszuwendung ist unter keinem denkbaren Umstand von der gesetzlichen Aufgabenstellung einer Genossenschaft gedeckt7 und führt dementsprechend zur Annahme einer vGA.
771
Betreibt eine Einkaufsgenossenschaft das Zentralregulierungsgeschäft, so sind Skonti, die ein Mitglied der Einkaufsgenossenschaft für die vorzeitige Begleichung der Rechnung erhält, nicht als vGA anzusehen, weil es Zweck der Zentralregulierung ist, den Einkauf zu verbilligen.
772
Beispiel: Die Genossenschaft X ist Zentralregulierer für den Einzelhandel mit Socken. Sie erhält auf alle Bestellungen einen Sonderrabatt von 5 % und einen Skonto bei Zahlung innerhalb von 60 Tagen iHv. weiteren 3 %. Die Mitglieder (Einzelhändler) erhalten von dem Zentralregulierer bei Zahlung innerhalb von 60 Tagen ebenfalls einen Skonto von 3 %. Dieser Skonto erhöht sich aber um weitere 2 %, wenn das Mitglied bereits innerhalb von 10 Tagen zahlt. Lösung: Der um 2 % erhöhte Nachlass ist ein echter Skonto.8 Der Nachlass entspricht der genossenschaftlichen Aufgabenstellung. Da der Genossenschaft als Zentralregulierer wegen des 5-prozentigen Rabatts insgesamt ein Überschuss verbleibt, stellt der 2-prozentige Sonderskonto an die Genossen auch dann keine vGA dar, wenn er – wie im Beispielsfall – den vom Lieferanten eingeräumten eigenen Skonto des Zentralregulierers übersteigt.
Fiktionstheorie 773
Siehe die Ausführungen in Rz. 338 ff.
1 BFH v. 24.8.1983 – I R 16/79, BStBl. II 1984, 273 = FR 1984, 181; BMF v. 26.11.1984 – IV B 7 - S 2741 - 16/84, BStBl. I 1984, 591. 2 BFH v. 24.4.2007 – I R 37/06, FR 2007, 1020 = DStR 2007, 1251; Herlinghaus, DStZ 2003, 865. 3 BFH v. 24.4.2007 – I R 37/06, FR 2007, 1020 = DStR 2007, 1251 für den Fall einer Arbeitnehmerproduktionsgenossenschaft, bei der die Rückvergütungen nicht aus dem Mitgliedergeschäft iSv. § 22 KStG stammten und folglich vom BFH als vGA qualifiziert wurden. Die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschl. v. 2.7.2008 – 1 BvR 2000/07, nv.). 4 FG Nürnberg v. 6.11.2012 – 1 K 287/11, EFG 2013, 882 (Rev. I R 10/13). 5 S. auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 775. 6 BFH v. 11.10.1989 – I R 208/85, BStBl. II 1990, 88 = FR 1990, 229. 7 BFH v. 20.1.1993 – I R 55/92, BStBl. II 1993, 376 = FR 1993, 373. 8 So zur Umsatzsteuer BFH v. 24.2.1966 – V 77/63, BStBl. III 1966, 471.
Stimpel
543
§ 8 Rz. 774–779
Ermittlung des Einkommens
Firmenwert als Gegenstand einer vGA 774 Überträgt eine GmbH einen Teilbetrieb auf eine bestehende Schwestergesellschaft und erfolgt keine Vergütung für den übertragenen Firmenwert, so ist die Übertragung des Geschäftswerts zunächst als eine vGA an die Muttergesellschaft und anschließend als eine verdeckte Einlage an die empfangende Schwesterkapitalgesellschaft zu beurteilen. Bei der GmbH liegt entweder eine Vermögensminderung (wenn es sich um einen entgeltlich erworbenen und daher aktivierten Firmenwert handelt) oder eine verhinderte Vermögensmehrung (bei einem selbst geschaffenen Firmenwert) vor. Das in § 5 Abs. 2 EStG verankerte Aktivierungsverbot findet im Falle einer verdeckten Einlage eines immateriellen Wirtschaftsguts keine Anwendung.1 Diese Grundsätze gelten auch bei einer Übertragung auf ein Einzelunternehmen des Gesellschafters. 775
Sie gelten allerdings nur, wenn ein organisatorisch geschlossener und selbstständig lebensfähiger Geschäftsbereich, also ein echter Teilbetrieb, übertragen wird. Die Übertragung eines Betriebsteils führt regelmäßig noch nicht zum Übergang des Firmenwerts. Vereinbaren GmbH und Gesellschafter ein Entgelt für einen tatsächlich nicht übertragenen Firmenwert, ist das Entgelt je nach Übertragungsrichtung als vGA bzw. vE zu qualifizieren.2 Die Frage der Lokalisierung des Firmenwerts und die etwaigen Rechtsfolgen bei Übertragungsvorgängen sind insbesondere in Betriebsaufspaltungsfällen problematisch (s. hierzu „Betriebsaufspaltung“ in Rz. 604 ff.).
776
Bei der Übertragung eines Teilbetriebs auf eine Schwestergesellschaft kann die gewinnrealisierende Aufdeckung des Firmenwerts vermieden werden, wenn die Übertragung unter den Voraussetzungen von § 15 UmwStG im Wege einer Abspaltung steuerneutral zum Buchwert erfolgt.
Forderung (Nichtgeltendmachung) 777 Macht die GmbH eine Forderung gegen den Gesellschafter nicht geltend, so resultiert hieraus noch keine vGA, wenn der Anspruch zivilrechtlich fortbesteht und durchsetzbar ist.3 Etwas anderes gilt aber dann, wenn bereits zuvor eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendung eines Vermögensvorteils an den Gesellschafter abgeflossen war und die Forderung der GmbH ihren Rechtsgrund in dieser Vermögenszuwendung hat. In diesem Fall handelt es sich bereits bei Abfluss um eine „vollendete“ vGA. Der zu aktivierende Einlageanspruch ist ein Rückgewähranspruch, der die Rechtsfolgen der vGA nicht neutralisieren kann.4
Formmängel bei Verträgen mit dem Gesellschafter 778 Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden oder nicht beherrschenden Gesellschafter unterliegen grundsätzlich keinem Formzwang. Etwas anderes gilt nur dann, wenn – wie zB bei Grundstücksübertragungen, Anteilsveräußerungen oder Pensionszusagen – die Schriftform bzw. die notarielle Beurkundung unabdingbare Voraussetzung für die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung ist. Mündliche Vereinbarungen können bei Leistungsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter aber nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind und im Übrigen für Dritte erkennbar dokumentiert wird, dass die Beteiligten tatsächlich eine entsprechende klare und eindeutige mündliche Vereinbarung im Voraus geschlossen haben. Zu den besonderen Anforderungen, die an die Anerkennung einer mündlichen Vereinbarung gestellt werden, s. im Einzelnen Rz. 296 ff. (vGA Allgemein).
Freianteile 779 Zu einer Ausgabe von sog. Freianteilen kommt es im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Unter Freianteilen versteht man Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften, deren Gegenwert die ausgebende Kapitalgesellschaft zugunsten der Gesellschafter durch Umwandlung von Gewinnen oder offenen Reserven in Gesellschaftskapital leistet, so-
1 2 3 4
BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 = FR 1987, 229. FG Berlin-Bdb. v. 12.12.2007 – 12 K 8179/04 B, DStRE 2008, 755 (rkr.). BFH v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = FR 1995, 112; v. 13.9.2000 – I R 10/00, BFH/NV 2001, 584. BFH v. 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733 = FR 1987, 456; v. 1.4.2003 – I R 51/02, BStBl. II 2003, 779 = FR 2003, 1026; v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, FR 2005, 199 = GmbHR 2005, 60.
544
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 779–782 § 8
dass die Gesellschafter die neuen Anteilsrechte ohne unmittelbare Gegenleistung erhalten.1 Die einzelnen Voraussetzungen der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei der GmbH sind in §§ 57c ff. GmbHG geregelt (vor 1995: §§ 1 ff. KapErhG). Der Beschluss über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wird als solcher in das Handelsregister eingetragen. Mit der Eintragung dieses Beschlusses ist das Nennkapital handelsrechtlich wirksam erhöht. Bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ändert sich die Zusammensetzung des Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft, nicht aber ihr Betriebsvermögen. Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln hat deshalb keine Auswirkung auf den Gewinn oder das Einkommen der Kapitalgesellschaft. Nach § 1 KapErhStG gehört der Wert der neuen Gesellschaftsanteile bei den Gesellschaftern nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften. Dementsprechend führt die Ausgabe der Gratisanteile auf der Ebene der Kapitalgesellschaft weder zu einer vGA noch zum Abfluss einer Leistung. Wird die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln dagegen nicht in das Handelsregister 780 eingetragen, ist steuerrechtlich von einer sog. Doppelmaßnahme auszugehen, dh., es wird zunächst eine Ausschüttung und eine nachfolgende Einlage des Kapitalerhöhungsbetrags angenommen. Der Gesellschafter hat folglich Kapitalertrag iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern und hat in entsprechender Höhe Anschaffungskosten für die erhaltenen neuen Anteile (wegen weiterer Einzelheiten s. § 28 KStG Rz. 30).
Geburtstagsfeier für den Gesellschafter-Geschäftsführer Aufwendungen zur Feier persönlicher Anlässe – wie zB Geburtstagsfeiern, Hochzeitsfeiern und private Jubiläen – sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und als vGA zu behandeln. Dies gilt selbst dann, wenn an der Feierlichkeit nahezu ausschließlich Geschäftsfreunde teilnehmen und nachweislich Geschäftsanbahnungen stattgefunden haben.2
781
Das FG Baden-Württemberg3 hatte entschieden, dass die betriebliche Veranlassung überwiegt, wenn es sich nach Art und Umfang nicht als eine persönliche Geburtstagsfeier darstellt, wie sie der gesellschaftlichen Stellung und dem menschlichen Bedürfnis einer Einzelperson entspricht. Nach Ansicht des FG handele es sich bei dem Geburtstag nur um eine äußerliche Anknüpfung für den Termin einer betrieblich veranlassten Gemeinschaftsveranstaltung. Dem ist der BFH4 nicht gefolgt. Er stellt entscheidend auf den Anlass der Feierlichkeiten ab. Wenn der Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers in den Einladungen als das zu feiernde Ereignis genannt wird, scheidet eine überwiegend betriebliche Veranlassung aus. Entsprechende Kosten können deshalb auch dann nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zugleich der Förderung des Betriebs oder Berufs dienen.5 Eine Aufteilung hält der BFH für nicht zulässig. Da die vollumfängliche Qualifizierung durch eine Bezugnahme auf das – bei einer Kapitalgesellschaft dem Grunde nach nicht einschlägige – Aufteilungsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG begründet wird, stellt sich die Frage, ob die Änderung der BFH-Rechtsprechung bezüglich des strikten Aufteilungsverbots im Anwendungsbereich von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG6 auch auf die betragsmäßige Bemessung der vGA durchschlägt. Dagegen spricht, dass für die Qualifizierung als vGA bereits eine gesellschaftsrechtliche Mitveranlassung ausreichend ist.7 Andererseits leitete der BFH8 dies unter Bezugnahme auf das bei Personenunternehmen geltende Aufteilungsverbot nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ab, um durch diese Analogie die steuerlichen Rechtsfolgen rechtsformneutral eintreten zu lassen. Daher sollte eine Aufteilung der Aufwendungen zumindest dann möglich sein, wenn neben dem Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers auch ein anderes betriebliches Ereignis (zB Firmenjubiläum oder turnusmäßige Betriebsfeier) gefeiert wird und die Gesamtumstände eine erhebliche betriebliche Mitveranlassung belegen.
782
1 BFH v. 23.1.1959 – VI 68/57 S, BStBl. III 1959, 97. 2 BFH v. 28.11.1991 – I R 13/90, BStBl. II 1992, 359. 3 FG BW v. 11.7.2002 – 3 K 119/99, EFG 2003, 50 (aufgehoben durch BFH v. 14.7.2004 – I R 57/03, BStBl. II 2011, 285 = FR 2004, 1277 = GmbHR 2004, 1350). 4 BFH v. 14.7.2004 – I R 57/03, BStBl. II 2011, 285 = FR 2004, 1277 = GmbHR 2004, 1350 m. Komm. Schröder. 5 So auch BMF v. 3.8.1992 – IV B 2 - S 2144 - 46/92, GmbHR 1992, 774. 6 BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 = FR 2010, 225 m. Anm. Kempermann. 7 BFH v. 20.8.2008 – I R 19/07, BStBl. II 2011, 60 = FR 2009, 331. 8 BFH v. 6.4.2005 – I R 86/04, BStBl. II 2005, 666 = FR 2005, 987.
Stimpel
545
§ 8 Rz. 783–788 783
Ermittlung des Einkommens
In Sachverhalten wie dem im oa. BFH-Verfahren1 wird man daher auch unter Einbeziehung der Auflockerung des Aufteilungsverbots vollumfänglich von einer vGA ausgehen müssen. Ausschließlicher Anlass der Feier war der Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers. Zwar gehörten zu den geladenen 2650 Gästen nur ca. 70 Personen zur örtlichen Geschäftswelt und zum Bekanntenkreis des Gesellschafter-Geschäftsführers, während die übrigen Gäste ausnahmslos Arbeitnehmer bei der GmbH waren. Dies gibt aber den angefallenen Kosten auch nicht teilweise eine betriebliche Veranlassung, da es für die Bestimmung des Veranlassungszusammenhangs ausschließlich auf den Anlass der Veranstaltung ankommt.
Gehaltserhöhung 784 Siehe „Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern“ (Rz. 435 ff.).
Gehaltsschwankungen 785 Siehe „Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern“ (Rz. 435 ff.).
Gehaltsstundung und Gehaltsverzicht mit Besserungsklausel 1. Anforderungen an die Gehaltsdurchführung 786 Vereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bedürfen grundsätzlich der exakten vertragsgemäßen Durchführung. Dies würde auch unter fremden Dritten erwartet. Die Rechtsprechung misst an der tatsächlichen Durchführung des Vereinbarten letztlich dessen Ernsthaftigkeit und damit die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der gesamten Leistungsbeziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter.2 Die Gehaltsvereinbarung darf nicht so ausgestaltet sein, dass der Zahlungsfluss von der wirtschaftlichen Lage der GmbH abhängt.3 Monatsgehälter an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer müssen grundsätzlich monatlich ausbezahlt werden. Geschieht dies nicht, so nimmt die Rechtsprechung regelmäßig einen Verstoß gegen das sog. Durchführungsgebot an. Dies wiederum ist ein Indiz für die mangelnde Ernsthaftigkeit. Auch kleinere Verzögerungen in der Auszahlung können nach diesen Grundsätzen steuerlich nur in Ausnahmefällen anerkannt werden.4 Wegen näherer Einzelheiten s. Rz. 301 ff. 2. Gehaltsverzicht mit Besserungsklausel 787 Wenn eine Gehaltsvereinbarung nicht wie vereinbart durchgeführt und das Gehalt verzögert oder gar nicht ausgezahlt wird, so kann dies indiziell für eine mangelnde Ernsthaftigkeit der Vereinbarung sprechen.5 Fraglich ist, ob der mit einer Besserungsklausel verknüpfte Verzicht auf künftige Gehaltszahlungen steuerlich anerkannt werden kann, denn eine nicht vertragsgemäße Gehaltszahlung stellt eine mangelhafte tatsächliche Durchführung dar und indiziert damit eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung. Nach der Rechtsprechung des BFH6 ist ein auflösend bedingter Verzicht auf künftige, noch nicht entstandene Gehälter grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, dh., eine spätere Gehaltszahlung im Besserungsfall (ggf. inkl. Nachzahlung für die Interimsphase) ist nicht nach den Kriterien des formellen Fremdvergleichs als vGA zu qualifizieren.7 788
Die steuerliche Anerkennung einer solchen Besserungsvereinbarung setzt aber voraus, dass sie zwischen den Beteiligten ernsthaft vereinbart wurde und dem Erfordernis der klaren und eindeutigen Abmachung genügt. Unschädlich ist, dass der Eintritt einer solchen Besserung bestimmte (enge) kaufmännische Einschätzungsfreiräume belässt. Umstritten ist, ob die Besserungskonditionen detailliert festgelegt sein müssen8 oder ob dies entbehrlich ist9. Der ersten Sichtweise ist aufgrund des Klarheitsgebots beizupflichten, dh., der Bes-
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BFH v. 14.7.2004 – I R 57/03, FR 2004, 1277 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1350 mit Komm. Schröder. BFH v. 13.11.1996 – I R 53/95, BFH/NV 1997, 622. BFH v. 13.12.1989 – I R 99/87, BStBl. II 1990, 454 = FR 1990, 517. BFH v. 13.11.1996 – I R 53/95, BFH/NV 1997, 622. BFH v. 30.3.1994, BFH/NV 1995, 164; v. 13.11.1996 – I R 53/95, BFH/NV 1997, 622. Urt. v. 18.12.2002 – I R 27/02, BFH/NV 2003, 824. Lang in D/P/M, § 8 KStG Abs. 3 Teil D Rz. 439, und § 8 KStG Rz. 149 mwN. So Schlagheck, StBp 1998, 92; Neu, EFG 2002, 1117. So Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 324.
546
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 788–793 § 8
serungsfall muss anhand eindeutiger Kriterien ermittelbar sein, da es anderenfalls den Beteiligten freistünde, ab welchem Zeitpunkt wieder Gehälter zu zahlen wären. 3. Gehaltsstundung Ein Fremdgeschäftsführer würde einer Stundung seines Gehalts nur dann zustimmen, wenn die Gesellschaft keine andere Möglichkeit mehr hätte, die erforderlichen Mittel zu beschaffen. Eine Gehaltsstundung kann gerechtfertigt bzw. unter fremden Dritten üblich sein, wenn die Gesellschaft nicht zahlungsfähig ist bzw. eine erhebliche finanzielle Notlage besteht. Wenn die Gesellschaft in dem betreffenden Zeitraum alle andere Gläubiger zeitnah befriedigt, so wird eine Stundung des Geschäftsführergehalts nicht gerechtfertigt sein. Im Falle nachweisbarer Liquiditätsschwierigkeiten bestehen gegen eine Gehaltsstundung keine steuerlichen Bedenken.1 Wegen näherer Einzelheiten s. Rz. 301 ff.
789
Geldstrafen und Geldbußen Eine gegen die GmbH verhängte Geldbuße oder Geldstrafe stellt keine vGA dar. Sie unterliegt dem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG (Geldbußen) bzw. § 10 Nr. 3 KStG (Geldstrafen). Dem Abzugsverbot unterliegen dagegen nicht die damit im Zusammenhang stehenden Gerichts- und Verfahrenskosten.2
790
Die Bezahlung einer Geldstrafe für den Gesellschafter ist dagegen regelmäßig als vGA anzusehen.3 Die Übernahme der Geldstrafe ist keine abzugsfähige Betriebsausgabe bei der GmbH, die Arbeitslohn beim Gesellschafter-Geschäftsführer darstellen könnte.4 Teilweise wird auch die Rechtsauffassung vertreten, dass der Betriebsausgabenabzug bei der GmbH (dh. keine vGA) erhalten bleibt, sofern das Delikt des Gesellschafters einen Bezug zu seinem Dienstverhältnis hatte.5 Da aber auch in dieser Konstellation unzweifelhaft ist, dass die GmbH eine persönliche Schuld des Gesellschafters übernimmt, kann der Entstehungsgrund keine Bedeutung für die Frage der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung haben. Man könnte allenfalls darüber nachdenken, ob Arbeitslohn vorliegt, wenn die Übernahme bestimmter Geldstrafen oder Geldbußen im Anstellungsvertrag geregelt ist. Auch dies ist aber zumindest beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu verneinen, weil eine klare und eindeutige Vereinbarung über Art und Höhe der von der GmbH zu tragenden Strafen oder Geldbußen nicht im Voraus getroffen werden kann.
791
Genossenschaften 792
Siehe hierzu „Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“ (Rz. 768 ff.).
Genussrechte Siehe hierzu Rz. 1248 ff.
Gerichtsentscheidung (Hinnahme eines fehlerhaften Urteils) Wird eine GmbH durch ein arbeitsgerichtliches Urteil zur Zahlung einer Vergütung an den Prokuristen der GmbH verurteilt und nimmt der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH die Gerichtsentscheidung hin, obwohl er sie als fehlerhaft erkennt, so stellen die Vergütungsleistungen uU vGA dar.6
1 BFH v. 2.5.1974 – I R 194/72, BStBl. II 1974, 585; v. 13.12.1989 – I R 99/87, BStBl. II 1990, 454 = FR 1990, 517, v. 25.7.1991 – XI R 30, 31/89, BStBl. II 1991, 842; v. 13.11.1996 – I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; und v. 28.11.2001 – I R 44/00, BFH/NV 2002, 543. 2 R 49 S. 5 KStR 2004. 3 BFH v. 19.12.1990 – X R 40/86, BStBl. II 1991, 234 = FR 1991, 201; FG Nds. v. 7.12.1989 – VI 322/85, GmbHR 1990, 58 (rkr.). 4 So auch Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Strafen“, der allerdings dann Arbeitslohn und keine vGA annimmt, wenn die GmbH den Gesellschafter-Geschäftsführer im betrieblichen Interesse zu der geahndeten Handlung aufgefordert und sich zur Übernahme einer etwaigen Geldstrafe bzw. -buße verpflichtet hat. 5 Schwedhelm in Streck7, Anh. zu § 8 KStG Rz. 1140. 6 BFH v. 25.11.1999 – I B 8/99, GmbHR 2000, 440; der Urteilssachverhalt wies allerdings die Besonderheit auf, dass der Prokurist eine nahestehende Person des Gesellschafters war und die Zahlung bereits aufgrund des zugrunde liegenden Sachverhalts als vGA zu qualifizieren war.
Stimpel
547
793
§ 8 Rz. 794–801
Ermittlung des Einkommens
Geschäftschancenlehre 794 Siehe hierzu „Wettbewerbsverbot, Geschäftschancenlehre“ in Rz. 1217 ff.
Geschenke (Werbegeschenke) 795 Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Stpfl. sind, dürfen den Gewinn gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 35 Euro übersteigen. Geschenke an den Anteilseigner bzw. an eine dem Anteilseigner nahestehende Person stellen dagegen grundsätzlich vGA dar.1 Eine Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für übliche Werbegeschenke an den Anteilseigner bzw. eine dem Anteilseigner nahestehende Person kann aber dann zu bejahen sein, wenn der Gesellschafter oder die nahestehende Person Geschäftsbeziehungen zu der GmbH unterhält und dadurch eine betriebliche Veranlassung der Werbegeschenke nicht auszuschließen ist.2
Gesellschafter, künftiger 796 Siehe hierzu Rz. 374 ff.
Gesellschafter, lästiger 797 Siehe hierzu „Abfindungen“ in Rz. 407 ff.
Gesellschafterversammlung 798 Erstattung von Fahrtkosten, Verpflegungsaufwendungen und Übernachtungskosten, die eine GmbH ihren Gesellschaftern anlässlich einer Gesellschafterversammlung zahlt, sind grundsätzlich vGA. Abzugsfähige Betriebsausgaben sind dagegen anzunehmen, wenn eine Genossenschaft oder ein VVaG den Mitgliedern der Vertreterversammlung die Fahrtkosten im Rahmen der steuerlichen Reisekostenregelungen ersetzt (s. „Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“ in Rz. 768 ff.
Gewerbesteuerumlage im Konzern (Organschaftsumlage) 799 Liegen gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG die Voraussetzungen einer gewerbesteuerlichen Organschaft vor, so gelten die Organgesellschaften für Zwecke der Gewerbesteuer als Betriebsstätten des Organträgers. Der Organträger ist dadurch alleiniger Steuerschuldner für die gesamte Gewerbesteuer des Organkreises. Die vom Organträger geschuldete Gewerbesteuer wird aber durch die Tätigkeit aller Gesellschaften des Organkreises verursacht und ist daher von allen diesen Gesellschaften zu tragen. 800
Die Frage einer vGA wegen Leistung einer überhöhten Gewerbesteuerumlage an die Muttergesellschaft ist ab Veranlagungszeitraum 2002 wegen des Gleichklangs von gewerbeund körperschaftsteuerlicher Organschaft bedeutungslos geworden. Bei körperschaftsteuerlicher Organschaft wirken sich vGA (= verdeckte Abführung) wegen überhöhten Steuerumlagen – bezogen auf das Einkommen des Organkreises – nicht aus (s. „Organschaft und vGA“ in Rz. 941 ff.).
801
Eine Relevanz hatte eine vGA wegen einer überhöhten Gewerbesteuerumlage bis Veranlagungszeitraum 2001 in Fällen einer nur gewerbesteuerlichen Organschaft. Bis Veranlagungszeitraum 2001 konnte es insbesondere dann zu einer vGA kommen, wenn die Gewerbesteuerumlage nach der sog. Belastungsmethode berechnet wurde.3 Nach dieser Methode wird eine Umlage in Höhe des Betrags entrichtet, der bei Nichtbestehen der gewerbesteuerlichen Organschaft auf „Stand-alone-Basis“ entstanden wäre. Kommt es im gewerbesteuerlichen Organkreis insgesamt zu keinem oder zu einem niedrigeren Steueraufwand, so stellt dies zivilrechtlich nach der Rechtsprechung des BGH4 die Zufügung eines Nachteils iSv. §§ 311 AktG dar. Die Position der Finanzverwaltung war unklar bzw. inkonsequent. Einerseits qualifizierte sie eine betriebswirtschaftlich vertretbare Umlagevereinbarung nur dann nicht als vGA, wenn mindestens im Durchschnitt mehrerer Jahre nur die tatsächlich gezahl-
1 2 3 4
So auch Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Geschenke“. BFH v. 10.12.1964 – I 152/62, HFR 1965, 321. Pyszka, GmbHR 1999, 646; Simon, DStR 2000, 431. BGH v. 1.3.1999 – II ZR 312/97, NJW 1999, 1706 = DStR 1999, 724.
548
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 801–805 § 8
ten Gewerbesteuerbeträge umgelegt wurden.1 Dies spräche in diesen Fällen für die Annahme einer vGA. Dem nachfolgenden BMF-Schreiben2 konnte jedoch andererseits entnommen werden, dass die Finanzverwaltung vom Bestehen einer Ausgleichsverpflichtung der Organgesellschaft bei Beendigung ausgeht, sodass unter Einbeziehung dieses Ausgleichs der in der Totalperiode umgelegte Gewerbesteuerbetrag den tatsächlich angefallenen Betrag nicht übersteigt (dh. die Belastungsmethode im Ergebnis steuerlich anzuerkennen ist). Nach der Rechtsprechung des BFH3 konnte die Anwendung der Belastungsmethode bis zur zivilrechtlichen Klärung im Jahr 1999 durch das oa. BGH-Urteil bereits wegen der bis dahin ungeklärten Rechtslage nicht zur Annahme einer vGA führen.4
Gewinnabsaugung Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer GmbH würde dafür Sorge tragen, dass der GmbH ein angemessener Teil des erwirtschafteten Gewinns verbleibt. Vereinbarungen über Vergütungen an den Gesellschafter müssen so ausgestaltet werden, dass keine Gefahr besteht, dass der Gewinn der Gesellschaft durch die Leistungsvereinbarung dauerhaft abgesaugt wird. Andernfalls ist die Vergütung an den Gesellschafter in vollem Umfang (also dem Grunde nach) als vGA zu behandeln.5 Er würde eine Schmälerung des Gewinns der Gesellschaft nur in dem Umfang hinnehmen, in dem für den Geschäftsführer andernfalls keine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit verbleiben würde. Die Angemessenheit der Vergütungsvereinbarungen ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen.
802
Allein eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals ist keine ausreichende Gewinner- 803 wartung für eine Kapitalgesellschaft. Es ist die Aufgabe einer GmbH als eines Erwerbsunternehmens, Gewinne zu erzielen und die Gewinne nach Möglichkeit zu steigern.6 Mit dieser Aufgabenstellung verträgt sich keine Vereinbarung, die der Gesellschaft von vornherein die an sich vorhandene Möglichkeit der Gewinnsteigerung nimmt und die Gewinnerwartung auf eine angemessene Verzinsung des Stammkapitals beschränkt.7
GmbH-Anteile 804
Siehe „Anteilsübertragung als vGA“ in Rz. 494 ff.
GmbH & Co. KG 1. Allgemeines VGA sind bei einer GmbH & Co. KG nur dann denkbar, wenn die KG einem Gesellschafter der Komplementär-GmbH oder einer diesem GmbH-Gesellschafter nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet. Für die Annahme einer vGA bei einer GmbH & Co. KG bleibt demnach kein Raum, wenn die GmbH & Co. KG den Vermögensvorteil einem Kommanditisten zuwendet, der nicht zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist und auch keinem Gesellschafter der Komplementär-GmbH nahesteht. Daher muss bei der Beurteilung der konkreten steuerlichen Auswirkungen nach der Rechtsstellung des begünstigten Gesellschafters differenziert werden. Insgesamt sind drei verschiedene Fallgestaltungen zu unterscheiden: –
Der begünstigte Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist zugleich Mitunternehmer der GmbH & Co. KG.
–
Der begünstigte Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist kein Mitunternehmer der GmbH & Co. KG.
1 2 3 4 5
FinMin NRW v. 19.2.1964, BB 1965, 28; v. 14.12.1964, DB 1965, 13. BMF v. 12.9.2002 – IV A 2 - S 2742 - 58/02, DStR 2002, 1716. BFH v. 7.11.2001 – I R 57/00, BStBl. II 2002, 369 = FR 2002, 512 m. Anm. Pezzer. S. hierzu auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 876–800 mwN. BFH v. 27.4.2000 – I R 88/99, BFH/NV 2001, 342; v. 6.4.2005 – I R 10/04, BFH/NV 2005, 2058; und v. 4.3.2009 – I R 45/08, GmbHR 2010, 105. 6 BFH v. 16.4.1980 – I R 75/78, BStBl. II 1981, 492; v. 10.7.1987 – I R 149/83, BStBl. II 1988, 25; und insbesondere v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598. 7 BFH v. 5.10.1977 – I R 230/75, BStBl. II 1978, 234; v. 23.5.1984 – I R 294/81, BStBl. II 1984, 673 = FR 1984, 507; v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598; und v. 5.6.2002 – I R 69/01, BStBl. II 2003, 329.
Stimpel
549
805
§ 8 Rz. 805–807 –
Ermittlung des Einkommens
Der Begünstigte ist als Fremdgeschäftsführer für die Komplementär-GmbH tätig und ist zugleich Mitunternehmer der GmbH & Co. KG.
2. Die Mitunternehmer der KG sind zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH 806 In der Mehrzahl der in der Praxis anzutreffenden Fälle entsprechen sich der Gesellschafterkreis von KG und Komplementär-GmbH. Bei dieser Konstellation sind vGA durch eine Komplementär-GmbH insbesondere denkbar bei: –
einer Gewinnbeteiligung der GmbH, die nach Kapitaleinsatz, Arbeitsleistung und Risikoübernahme (Haftung) nicht angemessen ist,1
–
Vergütungen für Leistungen, welche die GmbH im Interesse der KG erbringt, sind unangemessen niedrig,
–
einer Änderung der Gewinnverteilung zulasten der GmbH,
–
einer Nichtteilnahme der GmbH an einer Kapitalerhöhung bei der KG2 oder
–
einer unmittelbaren Vorteilsgewährung der KG an die Gesellschafter der GmbH.
a) Gewinnverteilung zulasten der Komplementär-GmbH 807
Hat die „Benachteiligung“ der Komplementär-GmbH ihre Ursache in einer unangemessen niedrigen Gewinnbeteiligung oder in einer verdeckten Gewinnverschiebung zu ihren Lasten, so kommt es in dem Umfang zu einer vGA, als der Gewinnanteil der Komplementär-GmbH hierdurch im Ergebnis gemindert worden ist.3 Der Restbetrag wird steuerrechtlich als verdeckte Entnahme der Kommanditisten behandelt und erhöht seinen Gewinnanteil bei der KG.4 Ist die Komplementär-GmbH am Vermögen und am Gewinn der KG nicht beteiligt, kann sich diese Fallgruppe der vGA nicht ergeben. Beispiel 1: Am Gewinn der A-GmbH & Co. KG sind kapitalmäßig die natürlichen Personen A und B zu je 45 % und die A-GmbH (Komplementär) zu 10 % beteiligt. Im Rahmen der tatsächlichen Gewinnverteilung erhält die A-GmbH nur einen Gewinnanteil von 4 % und die beiden Kommanditisten dafür von je 48 %. Der Gewinn des zu beurteilenden Wirtschaftsjahrs beläuft sich auf 300 000 Euro. Da sich die Tätigkeit der A-GmbH auf die Komplementärstellung bei der A-GmbH & Co. KG beschränkt, sind die Anteile von je 50 % an der A-GmbH dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II von A und B zuzuordnen. Lösung: Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist der Gewinn der GmbH auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe so zu ermitteln, als wenn sie einen Gewinnanteil von 30 000 Euro erhalten hätte. Der Gewinnanteil der A-GmbH ist also um 18 000 Euro zu erhöhen, während der Gewinnanteil der Kommanditisten entsprechend zu mindern ist. Tatsächlich ist dieser Betrag zwar den Kommanditisten zugutegekommen. Diese Einnahme ist ihnen nach der steuerlichen Betrachtungsweise aber als vGA iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zugeflossen, die zu entsprechenden Einnahmen im Sonderbetriebsvermögen führt. Diese Einnahmen sind nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG zu 40 % steuerfrei. vor vGA Korrektur um vGA Einnahme SBV Gewinn nach vGA
KG 300 000 ¤ + 18 000 ¤ 318 000 ¤
A-GmbH 12 000 ¤ + 18 000 ¤ 30 000 ¤
A 144 000 ¤ ./. 9 000 ¤ + 9 000 ¤ 144 000 ¤
B 144 000 ¤ ./. 9 000 ¤ + 9 000 ¤ 144 000 ¤
Da die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung nach der sog. Bruttomethode erfolgt, wird der bei A und B steuerfreie Teil der vGA von jeweils 3600 Euro (40 % von 9000 Euro) erst im Zuge ihrer Einkommensbesteuerung bei Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgezogen. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der KG ist gem. § 7 Satz 4 GewStG ein Gewinn von 310 800 Euro (318 000 Euro ./. 7200 Euro) anzusetzen.5 Dieses Ergebnis ist sachgerecht, weil durch die Korrektur der vGA exakt das Ergebnis der Besteuerung zugrunde gelegt wird, das bei einer angemessenen Gewinnverteilung der KG eingetreten wäre. Dann hätte die A-GmbH einen höheren Gewinnanteil erzielt, den sie anschließend über eine offene Gewinnausschüttung an A und B weitergereicht hätte. Es zeigt sich zugleich, dass die Rechtsfolgen der vGA zwingend im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu ziehen sind.6 Dies deshalb, weil die vGA die Höhe der Gewinnanteile der einzelnen Mitunternehmer beeinflusst und hierüber mit verbindlicher Wirkung im Gewinnfeststellungsbescheid 1 2 3 4 5
BFH v. 27.2.1992 – IV R 69/91, BFH/NV 1993, 386. BFH v. 25.11.1976 – IV R 90/72, BStBl. II 1977, 467. BFH v. 25.7.2000 – VIII R 46/99, FR 2000, 1336 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2000, 1549. BFH v. 6.8.1985 – VIII R 280/81, BStBl. II 1986, 17 = FR 1986, 44. Der mithin im Gewinn iSv. § 7 GewStG enthaltene steuerpflichtige Teil der vGA iHv. 10 800 Euro ist unter den Voraussetzungen von § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzen. 6 So auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 892.
550
Stimpel
Rz. 807–811 § 8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
zu befinden ist. Sollte dies im Einzelfall zu Unrecht unterbleiben, können auf der Ebene der KomplementärGmbH wegen der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids aus der vGA hinsichtlich der Einkommensauswirkung keine Rechtsfolgen gezogen werden.1 Beispiel 2: Es bestehen die gleichen Beteiligungsverhältnisse wie in Beispiel 1 und die Gewinnverteilung erfolgt auch tatsächlich entsprechend der angemessenen Regelung im Gesellschaftsvertrag. Im Laufe des Wirtschaftsjahrs hat die A-GmbH & Co. KG ein unbebautes Grundstück (Buchwert 50 000 Euro, Teilwert 250 000 Euro) für 100 000 Euro an eine GbR veräußert, an der die Ehefrauen von A und B hälftig beteiligt sind. Lösung: Soweit die KG das Grundstück unterhalb des Teilwerts veräußert hat, liegt eine verdeckte Entnahme der beiden Kommanditisten A und B vor. Der hierbei realisierte zusätzliche Gewinn iHv. 150 000 Euro ist grundsätzlich den Kommanditisten zuzurechnen. Dies gilt allerdings nicht im Umfang der Gewinnbeteiligung der Komplementär-GmbH. Insoweit ist der entsprechende Gewinnanteil zunächst der Komplementär-GmbH zuzurechnen, die diesen Betrag dann nachfolgend an ihre Gesellschafter ausschüttet. vor vGA Korrektur um vGA Einnahme SBV Gewinn nach vGA
KG 300 000 ¤ + 150 000 ¤ + 15 000 ¤ 465 000 ¤
A-GmbH 30 000 ¤ + 15 000 ¤ 45 000 ¤
A 135 000 ¤ + 67 500 ¤ + 7 500 ¤ 210 000 ¤
B 135 000 ¤ + 67 500 ¤ + 7 500 ¤ 210 000 ¤
In beiden Beispielsfällen hätte sich keine vGA ergeben, wenn die Komplementär-GmbH am Gewinn und am Vermögen der GmbH & Co. KG nicht beteiligt gewesen wäre.
b) Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers der Komplementär-GmbH ist überhöht Bei der steuerlichen Beurteilung dieser sehr praxisrelevanten Fragestellung muss danach 808 differenziert werden, ob die Kosten des Geschäftsführergehalts wirtschaftlich voll von der Komplementär-GmbH getragen werden oder ob der Komplementär-GmbH die tatsächlich angefallenen Aufwendungen für die Wahrnehmung der Geschäftsführung von der KG im Wege der Kostenerstattung getragen werden. aa) Erstattungsanspruch gegenüber GmbH & Co. KG Hat die Komplementär-GmbH hinsichtlich der Aufwendungen für die Geschäftsführung einen Erstattungsanspruch gegenüber der KG, so ist die – den Gewinn des Gesamthandsbereichs der KG mindernde – Kostenerstattung als Tätigkeitsvergütung iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG der Komplementär-GmbH zu qualifizieren. Die Gehaltszahlung an den Geschäftsführer stellt aber gleichzeitig eine Sonderbetriebsausgabe der GmbH dar, sodass das Gehalt im Rahmen der Gewinnverteilung bei der KG für die GmbH ergebnisneutral ist.
809
Da der Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gleichzeitig auch als Mitunternehmer an der GmbH & Co. KG beteiligt ist, stellt sein Geschäftsführergehalt ebenfalls eine Tätigkeitsvergütung iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG dar.2 Grund hierfür ist der Umstand, dass der Kommanditist, der zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, diese Geschäftsführungsfunktion im Dienst der KG ausübt.3 Beschränkt sich die Tätigkeit der Komplementär-GmbH nicht auf die Führung der Geschäfte der KG, muss eine sachgerechte Aufteilung des Geschäftsführergehalts erfolgen. Eine Tätigkeitsvergütung iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG liegt dann nur auf den Anteil bezogen vor, der auf die Tätigkeit für die KG entfällt.
810
(1) Komplementär-GmbH ist nicht am Gewinn und am Vermögen beteiligt Das überhöhte Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers führt in dieser Fallkonstellation zu keiner vGA, da es an der für die Annahme einer vGA nötigen Minderung des Unterschiedsbetrags iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG fehlt.4 Da der GmbH die gesamten Kosten von der KG ersetzt worden sind, hat sich dieser Vorgang insgesamt nicht auf den Gewinn der
1 Eine mögliche Verringerung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG wäre denkbar, weil diese Rechtsfolge ausschließlich auf der Ebene der Komplementär-GmbH erfolgt. Allerdings dürfte es hier wegen einer fehlenden Steuerbescheinigung nach § 27 Abs. 5 Sätze 1 und 2 KStG ohnehin zu keinem Abgang vom steuerlichen Einlagekonto kommen (s. hierzu § 27 KStG Rz. 162). 2 BFH v. 14.12.1978 – IV R 98/74, BStBl. II 1979, 284; v. 6.7.1999 – VIII R 46/94, BStBl. II 1999, 720 = FR 1999, 1052 m. Anm. Kempermann. 3 S. hierzu BFH v. 7.12.2004 – VIII R 58/02, BStBl. II 2005, 390; und v. 14.2.2006 – VIII R 40/03, FR 2006, 541 m. Anm. Kempermann = BFH/NV 2006, 1198. 4 So auch Neumann, GmbH-StB 2007, 17 (18); Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 891; und Wassermeyer, GmbHR 1999, 18.
Stimpel
551
811
§ 8 Rz. 811–812
Ermittlung des Einkommens
GmbH ausgewirkt. Es liegt also keine vGA an den Kommanditisten, sondern eine verdeckte Entnahme durch den Kommanditisten vor. Vernachlässigt man etwaige Folgewirkungen nach § 15a EStG, die sich aufgrund der Nichtberücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens bei der Anwendung von § 15a EStG ergeben,1 so hat die etwaige Unangemessenheit des Gehalts also keine steuerlichen Auswirkungen. Beispiel: Am Gewinn und am Vermögen der A-GmbH & Co. KG ist der Kommanditist A zu 100 % beteiligt. Er ist ferner zu 100 % an der A-GmbH beteiligt. Die A-GmbH ist Komplementärin der KG und an deren Vermögen und Gewinn nicht beteiligt. Sie erhält für die Führung der Geschäfte eine jährliche pauschale Vorabvergütung von 10 000 Euro zzgl. einer Übernahme der tatsächlich angefallenen Kosten für die Wahrnehmung der Geschäftsführung iHv. 300 000 Euro. Im Wirtschaftsjahr 2012 erzielt die KG einen Gewinn von 200 000 Euro. Die Gewinnverteilung stellt sich wie folgt dar: Gewinn Gesamthandsbilanz Vorabvergütung Verteilung Restgewinn Erstattung Gehalt Zahlung Gehalt steuerlicher Gewinn
KG 200 000 ¤
A-GmbH
A
10 000 ¤ 190 000 ¤ 300 000 ¤ 500 000 ¤
300 000 ¤ ./. 300 000 ¤ 10 000 ¤
300 000 ¤ 490 000 ¤
Das der A-GmbH ersetzte Geschäftsführergehalt des A ist um 100 000 Euro überhöht. Lösung: Die Unangemessenheit des Gehalts hat keine steuerliche Auswirkung, dh. die obige Gewinnverteilung kann im Ergebnis unverändert bleiben. In Höhe des unangemessenen Teils von 100 000 Euro entfällt die Annahme einer Tätigkeitsvergütung. Die korrespondierende Erhöhung des Gesamthandsgewinns ist A zuzurechnen (verdeckte Entnahme). Sein Gewinnanteil beträgt also unverändert 490 000 Euro, speist sich nur in unterschiedlicher Höhe aus dem Gesamthands- und dem Sonderbereich.
(2) Komplementär-GmbH ist am Gewinn und am Vermögen beteiligt 812 Zwar mindert sich auch in dieser Konstellation auf den ersten Blick nicht der Gewinn der GmbH, weil der Gehaltsaufwand auch hinsichtlich des überhöhten Teils durch die volle Kostenübernahme seitens der KG neutralisiert wird. Soweit die Komplementär-GmbH aber an der KG beteiligt ist, mindert die Kostenübernahme der KG auch ihren Gewinnanteil. Insoweit ist mithin eine vGA anzunehmen. Beispiel: Wie das vorangegangene Beispiel (Rz. 811), allerdings ist die A-GmbH zu 20 % am Vermögen und am Gewinn der A-GmbH & Co. KG beteiligt und erhält keine pauschale Vorabvergütung. Die Kosten der Geschäftsführung werden ihr voll von der KG ersetzt. Lösung: Das überhöhte Gehalt von 100 000 Euro ist iHv. 20 000 Euro (20 %) als vGA zu qualifizieren, weil die Kostenübernahme durch die KG insoweit den Gewinnanteil der A-GmbH zugunsten ihres Gesellschafters A gemindert hat. Auch diese vGA muss im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der KG berücksichtigt werden, da die GmbH ihren Gesellschaften einen Teil ihres Gewinnanteils zuwendet, der ihr folglich vorab über die (korrigierte) Gewinnverteilung zugewiesen werden muss.2 Im Umfang der restlichen 80 000 Euro liegt eine verdeckte Entnahme des A vor, die im Ergebnis keine betragsmäßige Veränderung seines Gewinnanteils bewirkt.3 KG Verteilung vor Korrektur des unangemessenen Gehalts: Gewinn GHB 200 000 ¤ Erstattung Gehalt 300 000 ¤ Zahlung Gehalt steuerlicher Gewinn 500 000 ¤ Korrekturen: Erhöhung Gewinn GHB Stornierung Vergütung vGA (SBV) steuerlicher Gewinn
100 000 ¤ ./. 100 000 ¤ 20 000 ¤ 520 000 ¤
A-GmbH
A
40 000 ¤ 300 000 ¤ ./. 300 000 ¤ 40 000 ¤
160 000 ¤
20 000 ¤
80 000 ¤ ./. 100 000 ¤ 20 000 ¤ 460 000 ¤
60 000 ¤
300 000 ¤ 460 000 ¤
1 BFH v. 13.10.1998 – VIII R 78/97, FR 1999, 33 = FR 1999, 265 m. Anm. Paus = BStBl. II 1999, 163; R 15a Abs. 2 EStR 2012. 2 AA Neumann, GmbH-StB 2007, 17 (19). 3 S. hierzu Klingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1220 mwN; Klingebiel will hingegen die Erhöhung des Gewinnanteils der GmbH ausschließlich über eine verdeckte Entnahme bewerkstelligen, ohne insoweit eine vGA anzunehmen. Hierbei lässt er aber unberücksichtigt, dass die GmbH tatsächlich einen zu niedrigen Gewinnanteil erhalten hat.
552
Stimpel
Rz. 812–814 § 8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Der steuerfreie Teil der vGA iHv. 8000 Euro wird auf der Ebene des A bei Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgezogen. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der KG ist gem. § 7 Satz 4 GewStG ein Gewinn iHv. von 512 000 Euro (520 000 Euro ./. 8000 Euro) anzusetzen.1
bb) Kein Erstattungsanspruch gegenüber der GmbH & Co. KG In dieser Konstellation ist die Komplementär-GmbH wirtschaftlich durch das überhöhte Gehalt belastet, das auch in vollem Umfang ihren Gewinn mindert. Es kommt hier zur Annahme einer vGA in voller Höhe des überhöhten Betrags. Diese vGA ereignet sich auf der Ebene der GmbH und ist dort im Rahmen der Einkommensermittlung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu korrigieren, weil es sich um eine (normale) einseitige Vorteilszuwendung der GmbH an ihren Gesellschafter handelt. Über die Höhe der vGA ist in dieser Konstellation daher ausnahmsweise nicht vorgreiflich im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu entscheiden.2 Allerdings ergibt sich eine Rückkoppelung bzw. Folgewirkung auf die Gewinnfeststellung, weil die Qualifizierung als vGA dort eine betragsidentische Kürzung der Sonderbetriebsausgaben der GmbH auslöst. Auch die Konsequenzen auf der Einnahmenseite des Kommanditisten sind im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu ziehen.
813
Beispiel: Wie das vorangegangene Beispiel – nur mit der Ergänzung, dass die GmbH für die Geschäftsführung eine Pauschalvergütung von 100 000 Euro erhält und kein Ersatz der tatsächlichen Kosten erfolgt. Die Gewinnverteilung stellt sich wie folgt dar: Gewinn GHB Vorabvergütung Verteilung Restgewinn Zahlung Gehalt steuerlicher Gewinn
KG 200 000 ¤
200 000 ¤
A-GmbH
A
100 000 ¤ 20 000 ¤ ./. 300 000 ¤ ./. 180 000 ¤
80 000 ¤ 300 000 ¤ 380 000 ¤
Lösung: Das Gehalt stellt iHv. 100 000 Euro eine vGA dar, welche die folgenden Auswirkungen auslöst: Situation vor Korrektur: steuerlicher Gewinn Kürzung Tätigkeitsvergütung vGA (SBV) steuerlicher Gewinn
KG
A-GmbH
A
200 000 ¤
./. 180 000 ¤ + 100 000 ¤
380 000 ¤ ./. 100 000 ¤ 100 000 ¤ 380 000 ¤
100 000 ¤ 300 000 ¤
./. 80 000 ¤
Der steuerfreie Teil der vGA iHv. 40 000 Euro wird auf der Ebene des A bei Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgezogen. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der KG ist gem. § 7 Satz 4 GewStG ein Gewinn von 260 000 Euro (300 000 Euro ./. 40 000 Euro) anzusetzen.3 Diese Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die GmbH am Gewinn und am Vermögen der KG beteiligt ist. Mangels Kostentragung durch die KG hat dieser Vorgang ohnehin keine Auswirkung auf den Gesamthandsgewinn der KG. Fraglich ist, ob auf der Ebene der GmbH auch dann noch eine vGA angenommen werden kann, wenn auch der überhöhte Teil des Gehalts bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung bestandskräftig als Sonderbetriebsausgabe der GmbH festgestellt worden ist und die Rechtsfolgen der vGA dort nicht gezogen worden sind. Aus den oa. Gründen kann gleichwohl bei der GmbH eine Hinzurechnung der vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfolgen. Der Feststellungsbescheid entfaltet insoweit keine Bindungswirkung, da die vGA primär ein Vorgang auf der Ebene der GmbH ist, der hier lediglich eine Folgewirkung für die Gewinnfeststellung entfaltet. Diese Folgewirkung kann auch in dieser Konstellation gezogen werden, weil infolge der Hinzurechnung der vGA bei der GmbH der Gewinnfeststellungsbescheid nach § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG geändert werden kann. Die Änderung kann sich hier auf den Ansatz der vGA als Sonderbetriebseinnahme der Kommanditisten beschränken. Die Kürzung der Sonderbetriebsausgaben der GmbH ermöglicht § 32a KStG nicht. Dies ist auch insoweit nicht erforderlich, weil diese Wirkung bereits durch die Hinzurechnung der vGA auf der Ebene der GmbH ersetzt worden ist. Hierbei tritt allerdings eine gewerbesteuerliche Verschiebung zulasten der GmbH ein.4
cc) Bemessung der Vergütung der Komplementär-GmbH Der Gewinnanteil der Komplementär-GmbH setzt sich in der Regel aus einem Kostenersatz für Personal, Geschäftsausstattung und Verwaltung, einer angemessenen Gewinnbeteili1 Der steuerpflichtige Teil der vGA iHv. 12 000 Euro ist unter den Voraussetzungen von § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzen. 2 So auch Klingebiel in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1234. 3 Der steuerpflichtige Teil der vGA iHv. 60 000 Euro ist unter den Voraussetzungen von § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzen. 4 Die vGA erhöht den Gewerbeertrag der GmbH, während ein höherer Gewinnanteil auf der KG-Beteiligung nach § 9 Nr. 2 GewStG gekürzt worden wäre.
Stimpel
553
814
§ 8 Rz. 814–819
Ermittlung des Einkommens
gung1 und einer Haftungsvergütung zusammen. Als angemessene Haftungsentschädigung (wirtschaftsübliche Avalprovision) wird im Allgemeinen eine Festvergütung iHv. insgesamt 5 % (bei langfristiger Prognose) des Stammkapitals der GmbH (einschließlich Rücklagen) angesehen. Die Rechtsprechung hält sogar eine Haftungsvergütung von 6 % zzgl. des Ersatzes der tatsächlichen Aufwendungen für bedenkenlos.2 Eine niedrige Festsetzung der Haftungsvergütung kommt aber in Betracht, wenn Ertragslage und Bonität der GmbH & Co. KG besonders gut ist und deshalb eine Inanspruchnahme besonders unwahrscheinlich erscheint.3 dd) Verfahrensrechtliche Grundsätze 815 Die Leistungsvergütung der Komplementär-GmbH ist – wie bereits dargestellt – eine Vergütung iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG und folglich Bestandteil des Gewinnanteils aus der Beteiligung an der GmbH & Co. KG. Ist die Leistungsvergütung unangemessen niedrig, erhalten die übrigen Kommanditisten einen in entsprechendem Umfang überhöhten Gewinnanteil. 816
817
Bei einer GmbH als Gesellschafterin einer KG ist über die vGA im Gewinnfeststellungsverfahren zu entscheiden, sofern die Frage nach der vGA untrennbar mit der Höhe des Gewinnanteils bei der KG verbunden ist oder wenn die Anteile an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen der übrigen Gesellschafter der KG gehören.4 Die verfahrensrechtlichen Konsequenzen der bei einer GmbH & Co. KG anzunehmenden vGA5 sind bereits in den vorangegangenen Beispielsfällen dargestellt werden und können nachfolgend nochmals wie folgt zusammengefasst werden: –
Der Gewinnanteil der Komplementär-GmbH ist um den Betrag der vGA zu erhöhen.
–
Die Gewinnanteile der Kommanditisten sind zunächst (entsprechend ihrer Gewinnverteilungsquote) um den der Komplementär-GmbH zugeschlagenen Betrag zu vermindern.
–
Der erhöhte Gewinnanteil bei der Komplementär-GmbH gilt dann als verdeckt an die Kommanditisten ausgeschüttet. Die vGA ist (nach § 3 Nr. 40 EStG zu 40 % steuerfreie) Sonderbetriebseinnahme der Kommanditisten.
Es kommt also (wie auch schon im früheren Anrechnungsverfahren) zunächst zu einer nominalen Doppelerfassung, da der erhöhte Gewinnanteil der GmbH zusätzlich über die vGA zu Sonderbetriebseinnahmen der Kommanditisten führt. Diese Doppelerfassung ist allerdings dem Teileinkünfteverfahren immanent, denn eine vGA unterliegt stets (wie im Übrigen auch die offen ausgeschütteten Gewinne) zunächst einer Besteuerung auf der Ebene der GmbH und nachfolgend einer nachgelagerten Besteuerung auf der Ebene des Anteilseigners unter pauschaler Abgeltung der steuerlichen Vorbelastung der GmbH.6 3. Ein Begünstigter ist Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH, aber nicht Mitunternehmer
818 Anders zu behandeln ist eine Vorteilszuwendung der Komplementär-GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer im Gestalt eines unangemessen hohen Gehalts, wenn dieser nicht zugleich Mitunternehmer der KG ist. In diesem Fall ist der unangemessen hohe Teil des Gehalts beim Gesellschafter-Geschäftsführer als Einnahme iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu erfassen. Gleichzeitig ist auf der Ebene der Komplementär-GmbH eine vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in Ansatz zu bringen. 819
Fraglich ist in diesem Fall die Auswirkung auf die Gewinnfeststellung der GmbH & Co. KG. Auch in dieser Fallkonstellation ist zunächst danach zu differenzieren, ob die KG der Komplementär-GmbH die Kosten für das überhöhte Gehalt ersetzt hat. Erfolgt keine Kostentragung durch die KG, ist die vGA ein Vorgang auf der Ebene der GmbH, der die Gewinnfeststellung nur mittelbar bezüglich der Sonderbetriebsausgaben der KomplementärGmbH betrifft. Die Ausführungen in Rz. 813 gelten entsprechend. 1 2 3 4 5 6
S. hierzu Schwedhelm in Streck7, § 8 KStG Rz. 632 f. BFH v. 3.2.1977 – IV R 122/73, BStBl. II 1977, 346. So auch Neumann, GmbH-StB 2007, 17 (20). BFH v. 23.3.1995 – IV R 94/93, FR 1995, 694 = BStBl. II 1995, 637. BFH v. 24.3.1998 – I R 79/97, BStBl. II 1998, 578 = FR 1998, 844. Im Anrechnungsverfahren durch Anrechnung der KSt-Ausschüttungsbelatung, im geltenden Recht durch Steuerfreistellung von 40 % (bis 31.12.2008: 50 %) der Einnahmen nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG.
554
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 820–823 § 8
Besteht ein Erstattungsanspruch gegenüber der KG, so wird nach einer vorherrschenden Meinung im steuerlichen Schrifttum1 danach unterschieden, ob die (benachteiligten) Kommanditisten der KG ebenfalls Gesellschafter der Komplementär-GmbH sind. –
820
Kommanditisten sind nicht an der Komplementär-GmbH beteiligt Das erstattete Gehalt erhöht unverändert den Gewinnanteil der Komplementär-GmbH, wobei es sich begrifflich im Umfang des unangemessenen Gehalts nicht um eine Tätigkeitsvergütung iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG, sondern um eine verdeckte Entnahme handelt.2 Ein Abzug des überhöhten Teils des Gehalts als Sonderbetriebsausgabe scheidet aus.
–
Kommanditisten sind ebenfalls an der Komplementär-GmbH beteiligt Der überhöhte Teil des Gehalts ist als Gewinnanteil den Kommanditisten zuzurechnen, welche die Beträge aus der KG verdeckt entnahmen und anschließend eine verdeckte Einlage in die Komplementär-GmbH tätigten. Insoweit wird die Tätigkeitsvergütung der Komplementär-GmbH in einen den Kommanditisten zuzurechnenden Gesamthandsgewinn umqualifiziert. Die Sonderbetriebsausgaben der Komplementär-GmbH sind entsprechend zu kürzen. Bei der Einkommensermittlung der GmbH kommt es zur Korrektur der vGA3 und der oa. verdeckten Einlage. Beide Korrekturen neutralisieren sich. Die effektive Gewinnerhöhung trifft in vollem Umfang die Kommanditisten.
4. Der begünstigte Kommanditist ist nur Geschäftsführer (nicht Gesellschafter) der Komplementär-GmbH Ist der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nicht deren Gesellschafter, aber Kommanditist der KG, so sind Vorteilszuwendungen an ihn grundsätzlich als Entnahmen bei der KG und nicht als vGA bei der GmbH zu behandeln. Die Geschäftsführervergütungen sind dann einschließlich des überhöhten Teils Sondervergütungen iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG, keinesfalls Einnahmen iSd. § 19 EStG. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der begünstigte Kommanditist nahestehende Person der anderen Kommanditisten ist und diese anderen Kommanditisten zugleich die GmbH-Anteile halten. In diesem Fall kann ggf. wegen des Nahestehens in Höhe der Benachteiligung der GmbH eine vGA anzunehmen sein.
821
5. Unterpreisveräußerung des Anteils an der GmbH & Co. KG Veräußert eine Kapitalgesellschaft einen Mitunternehmeranteil zu einem zu niedrigen Kaufpreis an ihren Gesellschafter (bzw. eine nahestehende Person des Gesellschafters), so liegt in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Mitunternehmeranteils und dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis eine vGA vor. Streitig ist indes, auf welcher Ebene die einkommenserhöhende Korrektur der vGA vorzunehmen ist. Da der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils Bestandteil der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist, wäre über die vGA im Rahmen der Gewinnfeststellung zu befinden, sofern man in dem Betrag der vGA einen zusätzlichen (entgeltsauffüllenden) Teil des Kaufpreises für den veräußerten Mitunternehmeranteil erblicken würde.
822
Der BFH hat in einem Urteilssachverhalt, in dem es um den Unterpreisverkauf einer KGBeteiligung ging,4 die Einbeziehung der vGA in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der KG verneint. Dies deshalb, weil eine Einbeziehung der vGA in die Gewinnfeststellung nur dann in Betracht komme, sofern die Frage des Vorliegens einer vGA untrennbar mit der Höhe des Gewinnanteils der beteiligten GmbH verbunden sei (s. hierzu Rz. 816). Ein solcher Zusammenhang liege hier nicht vor. Hintergrund dieser Beurteilung dürfte wohl die vom BFH unterstellte Einschlägigkeit der sog. Einheitstheorie sein, nach der bei der teilentgeltlichen Übertragung einer Sachgesamtheit iSv. § 16 EStG stets der tatsächliche (über dem Buchwert liegende)5 Veräußerungspreis der Besteuerung zugrunde zu legen ist.6
823
1 Wassermeyer, GmbHR 1999, 18; Neumann, GmbHR 2007, 17 (21). 2 Die hierdurch eintretende Verschiebung der Ergebnisanteile aus dem Gesamthands- und dem Sonderbereich hat mangels Anwendung von § 15a EStG (Komplementär) keine Auswirkung. 3 In der Wirkung allerdings durch die Kürzung der Sonderbetriebsausgaben vorweggenommen. 4 BFH v. 29.11.2006 – I R 78–80/05, GmbHR 2007, 608. 5 Liegt der Kaufpreis nicht über dem Buchwert, ist grundsätzlich von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen. 6 Zur Einheitstheorie s. BFH v. 10.7.1986 – IV R 12/81, BStBl. II 1986, 811 = FR 1986, 489.
Stimpel
555
§ 8 Rz. 824–829
Ermittlung des Einkommens
824
Diese Rechtsauffassung des BFH hat im steuerlichen Schrifttum1 eine dezidierte Kritik erfahren, der uneingeschränkt beizupflichten ist. So missachtet der BFH in seiner Entscheidung vom 29.11.20062 seine inzwischen gefestigte Rechtsprechung3 zur Wirkungsweise einer vGA. Hiernach handelt es sich bei der Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um eine geschäftsfallbezogene Entgeltskorrektur auf der zweiten Stufe der steuerlichen Gewinnermittlung. Folge ist beim Unterpreisverkauf eine Auffüllung des Veräußerungspreises, sodass sich die Frage der Anwendung der Einheitstheorie beim Unterpreisverkauf eines Mitunternehmeranteils gar nicht stellen kann. Der korrigierte Veräußerungspreis entspricht dem tatsächlichen Wert. Daher ist die vGA nicht erst auf der Ebene der GmbH, sondern bereits im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu berücksichtigen.
825
Dies hat nicht nur verfahrensrechtliche, sondern auch materielle Auswirkungen. Zwar unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen ab Erhebungszeitraum 2002 nach § 7 Satz 2 GewStG der Gewerbesteuer, soweit sie Kapitalgesellschaften zuzurechnen sind. Die Verortung der vGA entscheidet aber darüber, ob dieser zusätzliche Gewerbeertrag auf der Ebene der Personengesellschaft oder der Kapitalgesellschaft anfällt. Dies kann wegen der Verlustverrechnung oder anderer Effekte (zB Hebesätze, Anrechnung nach § 35 EStG)4 definitive Auswirkungen haben. Daneben würde eine Verlagerung der vGA-Korrektur auf die Ebene der Kapitalgesellschaft zur Folge haben können, dass sachliche Steuerfreistellungs- bzw. Steuerbegünstigungstatbestände (zB § 8b KStG und § 6b EStG) infolgedessen nicht einschlägig wären.5
GmbH & Still 1. Grundlagen 826 Ein Gesellschafter einer GmbH kann sich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung als typisch oder atypisch stiller Gesellschafter an seiner GmbH beteiligen. Ob eine typische oder eine atypische GmbH & Still vorliegt, ist Tatfrage. Eine atypisch stille Gesellschaft zur GmbH liegt idR dann vor, wenn der stille Gesellschafter wie ein Mitunternehmer Mitunternehmerinitiative entfalten kann und außerdem ein Mitunternehmerrisiko trägt. Mitunternehmerrisiko liegt vor, wenn der stille Gesellschafter nach den vertraglichen Vereinbarungen auch an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert der GmbH beteiligt ist. 827
Wenn das Mitunternehmerrisiko schwach ausgeprägt ist, kann bei stark ausgeprägter Mitunternehmerinitiative dennoch eine atypisch stille Beteiligung anzunehmen sein.6 Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der beherrschende Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer einer GmbH an dieser auch noch als stiller Gesellschafter mit einer erheblichen Vermögenseinlage beteiligt und gleichzeitig eine entsprechend hohe Gewinnbeteiligung vereinbart und sich verpflichtet, die Belange bestimmter Geschäftspartner persönlich wahrzunehmen. In einem solchen Fall handelt es sich auch ohne Beteiligung an den stillen Reserven um eine atypisch stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft).7
828
Auf der anderen Seite kann ein stiller Gesellschafter, der nur über die Einsichts- und Kontrollrechte verfügt, die einem stillen Gesellschafter nach dem Regelstatut des § 233 HGB zustehen (schwache Mitunternehmerinitiative), atypisch stiller Gesellschafter sein, wenn er am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt ist.8
829
Die typisch stille Gesellschaft ist eine bloße Kapitalüberlassung und wird auch steuerlich so behandelt. Der stille Gesellschafter erzielt Einkünfte iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Unangemessen hohe Gewinnanteile der stillen Gesellschafter können vGA sein.9 1 Freikamp, DB 2007, 2220; kritisch ebenfalls Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „GmbH & Co. KG“. 2 BFH v. 29.11.2006 – I R 78–80/05, GmbHR 2007, 608. 3 BFH v. 23.6.1993 – I R 72/92, BStBl. II 1993, 801; v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490 = FR 2000, 1135 m. Anm. Kempermann. 4 Ein auf der Ebene der Personengesellschaft erfasster gewerbesteuerpflichtiger Veräußerungsgewinn könnte quotal den anderen Mitunternehmern ein Anrechnungspotenzial vermitteln, s. BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 - S 2296 - a/08/10002 – DOK 2007/0220243, BStBl. I 2009, 440 Rz. 25. 5 S. hierzu Freikamp, DB 2007, 2220 (2221). 6 BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, FR 1991, 236. 7 BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = FR 1993, 436. 8 OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241A - 08 - L 221, FR 2003, 1299. 9 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358.
556
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 830–834 § 8
Da die atypische GmbH & Still eine Mitunternehmerschaft ist, sind die steuerlichen Auswirkungen einer vGA hier erheblich komplexer.
830
2. Tätigkeitsvergütungen bei der atypischen GmbH & Still Erhält der „atypisch Stille“ Vergütungen für die Tätigkeit in der GmbH oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, so liegen einkommensmindernde Betriebsausgaben bei der GmbH vor. Allerdings handelt es sich um Vergütungen iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG, die der Stille im Rahmen der Mitunternehmerschaft bezogen hat und daher dem Gesamtgewinn wieder hinzuzurechnen sind. Dies gilt unabhängig davon, ob der atypisch stille Gesellschafter zugleich Anteilseigner der GmbH ist.1 Die Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit werden zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert und sind demzufolge bei der stillen Gesellschaft auch gewerbesteuerpflichtig.2
831
Da die GmbH-Anteile des Stillen regelmäßig Sonderbetriebsvermögen II der atypisch 832 stillen Gesellschaft darstellen,3 stellen offene und verdeckte Gewinnausschüttungen, die der Stille aus seiner gleichzeitigen Anteilseignerstellung heraus erhält, Sonderbetriebseinnahmen dar. Die Beträge sind der Einkommensermittlung der stillen Gesellschaft hinzuzurechnen und auf die Mitunternehmer zu verteilen. Auch der GmbH gewährte Darlehen oder an die GmbH vermietete Immobilen stellen nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung von Mitunternehmerschaften Sonderbetriebsvermögen I des atypisch stillen Gesellschafters dar. Nach Auffassung der OFD Rostock4 soll eine vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG grundsätz- 833 lich dem Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft und nicht dem Einkommen der GmbH außerbilanziell hinzuzurechnen sein. Eine Ausnahme hiervon sei nur denkbar, wenn der atypisch Stille nicht selbst an der GmbH beteiligt ist, den vGA-Tatbestand als Geschäftsführer der GmbH selbst veranlasst hat oder auf einen der GmbH zustehenden Ausgleichsanspruch aus der vGA gegen den Gesellschafter verzichtet hat. Die anteilige Einkommenszurechnung bei der GmbH führt nach Ansicht der OFD-Rostock dazu, dass hier auch nur eine anteilige Einkommenserhöhung erfolgen dürfe, soweit die vGA (nach der Gewinnverteilungsabrede) auf den begünstigten Anteilseigner entfällt. Dem begünstigten Gesellschafter fließe die vGA nur anteilig zu. Die Begründung der OFD Rostock mag zwar etwas verwirrend sein, führt aber – zumin- 834 dest auf der Ebene der Mitunternehmerschaft – grundsätzlich zum richtigen Ergebnis. Es kommt aber nicht hinreichend zum Ausdruck, dass zum einen eine Einkommenszurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ausschließlich bei der GmbH selbst ansetzen kann, denn das Einkommen einer Mitunternehmerschaft kann nicht nach körperschaftsteuerlichen Vorschriften ermittelt werden. Zum anderen kann die Gewinnverteilungsabrede innerhalb der stillen Gesellschaft keinen Einfluss auf die Einkommenszurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bewirken.5 Beispiel 1: Alleiniger Gesellschafter der A-GmbH ist A, der zugleich die Geschäftsführerstellung innehat. B beteiligt sich als (atypisch) stiller Gesellschafter zu 50 % am Gewinn der GmbH. Der Jahresüberschuss der GmbH für 2012 beträgt nach Hinzurechnung des in der Bilanz gewinnmindernd gebuchten Gewinnanteils des Stillen 500 000 Euro Das Einkommen der GmbH vor Gewinnverteilung beläuft sich auf 700 000 Euro. Das Geschäftsführergehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers A (nicht still beteiligt) ist um 500 000 Euro überhöht. Lösung: Das Einkommen der GmbH für 2012 beträgt vor Gewinnverteilung im Rahmen der Innengesellschaft 1 200 000 Euro. Das der GmbH verbleibende Einkommen beläuft sich nach Gewinnverteilung auf 600 000 Euro, auf den nicht selbst an der GmbH beteiligten Stillen B entfällt ebenfalls ein Betrag von 600 000 Euro, wovon der Stille allerdings einen Teilbetrag von 250 000 Euro (Hälfte des überhöhten Gehalts)
1 OFD Rostock v. 19.12.1999 – S 2241 - St 23, DStR 2000, 591; OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241A - 08 - L 221, FR 2003, 1299. 2 Sachlich steuerpflichtig ist die Mitunternehmerschaft, Steuerschuldner der GewSt ist aber der Inhaber des Handelsgeschäfts, also die GmbH; s. hierzu BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244; und R 5.1 Abs. 2 GewStR und R 5. 3 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262. 4 Vfg. v. 19.12.1999 – S 2241 - St 23, DStR 2000, 591. 5 S. hierzu auch die übersichtliche Darstellung in OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A - 08 - L 221, FR 2003, 1299.
Stimpel
557
§ 8 Rz. 834–836
Ermittlung des Einkommens
nicht erhalten hat und gegenüber der GmbH noch zivilrechtlich geltend machen kann. Dieser Betrag ist ihm aber bereits als Gewinnanteil zuzurechnen.1 Der Zufluss der vGA von 500 000 Euro ist aber – entgegen der oa. Ansicht der OFD Rostock und Erfurt – unabhängig davon, dass der GmbH nach Gewinnverteilung nur eine anteilige Hinzurechnung (iHv. 250 000 Euro) aus der vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG verbleibt, dem Gesellschafter A in vollem Umfang zuzurechnen, weil er die vGA aus seiner Gesellschafterstellung heraus erhalten hat und keine zwingende betragsmäßige Kongruenz zwischen der Einkommensauswirkung auf der Ebene der GmbH und der Zuflussbesteuerung beim Gesellschafter besteht. Soweit er aus der vGA heraus gegenüber der GmbH einen Rückgewähranspruch zu erfüllen hat, entsteht dieser erst eine logische Sekunde nach Zufluss der vGA. Der Rückgewähranspruch bewirkt steuerrechtlich – ungeachtet der Zivilrechtsgrundlagen2 – keine Rückabwicklung der vGA, sondern hat steuerrechtlich auf der Ebene der GmbH den Charakter einer Einlageforderung. Er schließt die Annahme einer vorherigen vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht aus. Die Erfüllung des Rückgewähranspruchs führt beim Gesellschafter nicht zu negativen Einnahmen, sondern zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung.3 Andere Auswirkungen ergeben sich, wenn der stille Gesellschafter zugleich Gesellschafter der GmbH ist und eine vGA erhält. Da die GmbH-Anteile Sonderbetriebsvermögen II der Mitunternehmerschaft „GmbH & atypisch still“ darstellen, stellt auch die vGA eine Sonderbetriebseinnahme dar.4 Außerdem hat der Gesellschafter den Teil der überhöhten Vergütung, der ihm bereits als Gewinnanteil zuzurechnen ist, nicht nochmals als vGA zu versteuern.5 Beispiel 2: A ist Alleingesellschafter der A-GmbH und hat zugleich die Geschäftsführerstellung inne. A beteiligt sich zusätzlich als (atypisch) stiller Gesellschafter zu 50 % am Gewinn der A-GmbH. Der Jahresüberschuss der GmbH für 2012 beträgt nach Hinzurechnung des in der Bilanz gewinnmindernd gebuchten Gewinnanteils des Stillen 500 000 Euro. Das Einkommen der GmbH vor Gewinnverteilung beläuft sich auf 700 000 Euro. Das Geschäftsführergehalt des A ist um 500 000 Euro überhöht. Lösung: Die Tätigkeitsvergütung des A erhöht grundsätzlich als Tätigkeitsvergütung iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG seinen Gewinnanteil aus der atypisch stillen Gesellschaft. Dies gilt allerdings nur bezüglich des angemessenen Teils des Gehalts. Soweit das Gehalt überhöht ist, darf es den Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft nicht mindern. Der Gewinn beträgt mithin vor Gewinnverteilung 1 200 000 Euro und entfällt zu jeweils 600 000 Euro auf die A-GmbH und A. Soweit A von seiner GmbH eine vGA zufließt, ist die entsprechende Einnahme in seinem Sonderbetriebsvermögen bei der atypisch stillen Gesellschaft zu berücksichtigen. Dies gilt aber nicht für den Teil des unangemessenen Gehalts, der ihm schon über den Gewinnanteil zuzurechnen ist.6 Die (zu 40 % steuerfreie) vGA beträgt folglich nur 250 000 Euro.
3. Überhöhte Gewinnbeteiligung des atypisch Stillen 835 Probleme mit vGA ergeben sich im Zusammenhang mit stillen Beteiligungen häufig auch dann, wenn die Gewinnbeteiligung des Stillen der Höhe nach unangemessen ist und der Stille zugleich selbst Gesellschafter oder eine nahestehende Person des Gesellschafters ist. 836
Die BFH-Rechtsprechung hat in der Vergangenheit einzelfallbezogene Obergrenzen für die Angemessenheit von Vergütungen an stille Gesellschafter herausgearbeitet. Hierbei wurde insbesondere danach unterschieden, ob eine Verlustbeteiligung eingeräumt wurde und ob (bei Familienpersonengesellschaften) die Vermögenseinlage entgeltlich oder unentgeltlich erworben wurde.7 Der BFH hat allerdings mit Urteil vom 6.2.19808 ausdrücklich klargestellt, dass die Grundsätze, welche die Rechtsprechung zur Prüfung der Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften aufgestellt hat, auf die Prüfung der Angemessenheit der Gewinnverteilung zwischen einer GmbH und stillen Gesellschaftern, die zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH sind, nicht angewendet werden können.9 Allerdings gelten für die Überprüfung der Angemessenheit bei einer atypischen GmbH & Still grundsätzlich dieselben Regeln wie bei einer typischen GmbH & Still.10
1 Etwas anderes kann nach der og. Ansicht der OFD Rostock nur gelten, wenn der Stille im Laufe des Jahres auf seinen Ausgleichsanspruch verzichtet hat und dadurch in Bezug auf die 250 000 Euro eine Änderung der Gewinnverteilungsabrede vorgenommen wurde. 2 BFH v. 19.7.1996 – I B 29/95, BFH/NV 1997, 151. 3 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997. 4 So auch OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241A - 08 - L 221, FR 2003, 1299. 5 So auch OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241A - 08 - L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.2.3 Beispiel 2. 6 Insoweit liegt begrifflich eine verdeckte Entnahme vor, die ihm direkt zuzurechnen ist. 7 BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BStBl. II 1973, 650; v. 16.12.1981 – I R 167/78, BStBl. II 1982, 387 = FR 1982, 331. 8 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358. 9 In diesem Sinne auch FG Berlin-Bdb. v. 8.2.2011 – 6 K 6124/07, EFG 2011, 1335 (rkr.) betr. die stille Beteiligung der Ehefrau des Mehrheitsgesellschafters. 10 FG Bdb. v. 15.5.2002 – 2 K 1964/00, EFG 2002, 1118 (rkr.).
558
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 837–843 § 8
Unter diesen Voraussetzungen sind bei der GmbH & Still folgende Kriterien wertbestim- 837 mend für die Höhe der Gewinnbeteiligung: –
Höhe der erbrachten Kapitalleistung,
–
die Verzinsung der eingesetzten Vermögenseinlage nach Kapitalmarktverhältnissen,
–
die Risiken, die der stille Gesellschafter eingeht (Verlustbeteiligung; Risiko, die Einlage zu verlieren; Risiko der Ertragslosigkeit der Gesellschaft),
–
Arbeitseinsatz des Stillen,
–
Ertragsaussichten des Unternehmens,
–
Dringlichkeit des Kapitalbedarfs und wirtschaftliche Bedeutung der Kapitalzuführung für das Unternehmen.
Maßgebend sind die Wertverhältnisse in dem Zeitpunkt, in dem der Maßstab der Gewinnverteilung von den Gesellschaftern vereinbart worden ist. Die Wertermittlung erfolgt im Übrigen durch eine Gegenüberstellung des Nennwerts der Einlage des stillen Gesellschafters und des echten Werts des Gesamtunternehmens der GmbH.
838
Unabdingbare Voraussetzung für die Begründung einer stillen Gesellschaft ist eine Ver- 839 mögenseinlage. Die Vermögenseinlage muss werthaltig sein. Auch immaterielle Wirtschaftsgüter (zB ein selbstständig bewertbares Know-how) können Gegenstand der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters sein.1 Wird ein kapitalersetzendes – nicht mehr werthaltiges – Darlehen in eine kapitalersetzende stille Einlage umgewandelt, so stellt sich immer die Frage der Werthaltigkeit der Einlage. War das Darlehen bei Begründung der stillen Gesellschaft wertlos, so kommen weder eine Gewinn- noch eine Verlustbeteiligung des Stillen in Betracht. Erfolgt dennoch eine Auszahlung von Gewinnanteilen, so sind vGA anzunehmen. Etwas anderes muss allerdings dann gelten, wenn sich der stille Gesellschafter zunächst mit einer werthaltigen Vermögenseinlage still an seiner GmbH beteiligt und die stille Beteiligung später kapitalersetzend wird und im Wert verfällt. Dieser spätere Wertverfall hat auf die Zuweisung der ursprünglich vereinbarten Verlust- oder Gewinnanteile keinen Einfluss2 und löst daher keine vGA aus.
840
4. Rückwirkungsverbot Bei beherrschenden Gesellschaftern, die sich zusätzlich als stille Gesellschafter an ihrer 841 GmbH beteiligen, gelten im Übrigen die allgemeinen Grundsätze des Nachzahlungsverbots. Es muss eine zivilrechtlich wirksame, klare und eindeutige, im Voraus getroffene Vereinbarung über die stille Beteiligung und die Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters und der GmbH vorliegen (s. hierzu Rz. 286 ff.). Bei Missachtung liegt in der Gewinnzuweisung an den stillen Gesellschafter eine vGA.
Gründergesellschaft 842
Siehe hierzu „Vorgesellschaft“ in Rz. 1211 ff.
Gründungskosten Nach dem BFH3 ist eine vGA anzunehmen, wenn eine GmbH die eigenen Gründungskosten übernimmt, obwohl diese zivilrechtlich (§§ 26 Abs. 2 AktG, 9a GmbHG) von den Gesellschaftern zu tragen sind. Die GmbH hat für diesen Aufwand nur aufzukommen, soweit die Satzung es vorsieht. Soll die GmbH den Gründungsaufwand tragen, muss in der Satzung bestimmt sein, wie weit das gezeichnete Kapital durch Gründungsaufwand vorbelastet ist. Hierzu sind die einzelnen Kosten zusammengefasst als Gesamtbetrag in der Satzung auszuweisen, wobei Beträge, die noch nicht genau beziffert werden können, geschätzt werden müssen.4 Es reicht nicht aus, wenn die Kosten ihrer Art nach bezeichnet werden. Eine nachträgliche Satzungsänderung ist ebenfalls nicht ausreichend.5 Fehlt die Bezifferung des
1 2 3 4 5
BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611. BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BStBl. II 1997, 724 = FR 1997, 820. BFH v. 11.10.1989 – I R 12/87, BStBl. II 1990, 89 = FR 1990, 196. BFH v. 11.2.1997 – I R 42/96, BFH/NV 1997, 711. FG Nds. v. 15.2.2000 – 6 K 305/98, EFG 2000, 811 (rkr.).
Stimpel
559
843
§ 8 Rz. 843–851
Ermittlung des Einkommens
Gründungsaufwands, so ist die gesamte Klausel zivilrechtlich unwirksam.1 Die Kosten sind dann im Innenverhältnis von den Gesellschaftern zu tragen. 844
Dem folgt auch die Finanzverwaltung2, die es zur Vermeidung einer vGA ebenfalls für ausreichend erachtet, wenn die Satzung einen Höchstbetrag ausweist, bis zu dem die GmbH die Kosten selbst zu tragen hat. Nur wenn eine solche Satzungsregelung fehlt, führt die Kostentragung durch die GmbH zu einer vGA. Zur steuerlichen Behandlung von Kapitalerhöhungskosten s. „Kapitalerhöhungskosten“ (Rz. 861 ff.).
Gutachterkosten 845 Lässt eine Kapitalgesellschaft ein Gutachten zur Ermittlung ihres eigenen Unternehmenswerts erstellen, um auf diese Weise ihre eigene Veräußerung vorzubereiten, so stellt die Übernahme der Gutachterkosten eine vGA dar.3 Etwas anderes kann aber gelten, wenn das Gutachten im Rahmen einer anstehenden Kapitalerhöhung erfolgt, bei der ein dringend benötigter Investor als neuer Gesellschafter eintritt.
Handlungen, die der GmbH zuzurechnen sind 846 VGA können nur durch Handlungen ausgelöst werden, die der GmbH zuzurechnen sind. 847
Die GmbH muss sich die Handlungen ihrer Organe uneingeschränkt zurechnen lassen, auch wenn diese ihre Kompetenzen überschreiten. Hierbei handelt es sich um Rechtshandlungen der (Gesellschafter-)Geschäftsführer4 und der beherrschenden Gesellschafter.5 Die Handlungen dieser Personen sind der Gesellschaft auch dann zuzurechnen, wenn die anderen Gesellschafter bzw. die Geschäftsführer der Handlung nicht zugestimmt haben und es sich um unerlaubte Handlungen handelt (s. dazu „Diebstahl, Unterschlagung oder Untreue durch einen Gesellschafter“ in Rz. 867 ff. und zusätzlich Rz. 1060 ff.).
848
Auch tatsächliche Handlungen eines Minderheitsgesellschafters können zu vGA führen, wenn dieser Minderheitsgesellschafter durch Tun oder Unterlassen der beherrschenden Gesellschafter oder des Geschäftsführers in die Lage versetzt wird, sich zulasten der Kapitalgesellschaft einen Vermögensvorteil zu verschaffen.
849
Der Annahme einer vGA steht auch nicht entgegen, dass sie auf einer strafbaren Handlung beruht.6
Incentive-Reisen 850 Wird der GmbH von einem Lieferanten eine Incentive-Reise zugesprochen und überlässt sie diese ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer, so liegt hierin regelmäßig keine vGA, sondern Arbeitslohn (§ 19 EStG). Sollten die Reisen ausschließlich betrieblichen Zwecken der GmbH gedient haben, wäre insoweit beim Gesellschafter-Geschäftsführer kein geldwerter Vorteil zu versteuern.7 851
Der die Reise zuwendende Geschäftspartner der GmbH will durch diese Maßnahme die Qualität der geschäftlichen Beziehung zur GmbH honorieren. Da die GmbH als juristische Person diese Incentive-Reise naturgemäß nicht selbst antreten kann, wird sie diesen Vorteil zwingend an einen Arbeitnehmer oder eine sonstige Person weiterreichen. Dies führt im Verhältnis zu einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer auch im Hinblick auf das Nachzahlungsverbot zu keiner vGA, da die Zuwendung der Incentive-Reise nicht von vornherein absehbar ist und folglich eine vorherige Vereinbarung auch nicht nach den Maßstäben des Fremdvergleichs gefordert werden kann.8 Hierfür spricht insbesondere, dass die Kriterien des formellen Fremdvergleichs kein unwiderlegbares Tatbestandsmerkmal, sondern
1 Bayer in Lutter/Hommelhoff18, § 3 GmbHG Rz. 54. 2 OFD Karlsruhe v. 7.1.1999 – S 2742 A - St 331, GmbHR 1999, 252; OFD Kiel v. 22.9.1999 – S 7242 A - St 141; BFH v. 4.8.1999 – III R 60/97, FR 1999, 1331 = BB 1999, 2340. 3 BFH v. 17.5.2000 – I R 79/99, BStBl. II 2000, 480 = FR 2000, 1041. 4 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, FR 2005, 199 = GmbHR 2005, 60. 5 BFH v. 18.7.1990 – I R 32/88, BStBl. II 1991, 484 = FR 1991, 276. 6 BFH v. 13.9.1989 – I R 41/86, BStBl. II 1989, 102 = FR 1990, 52; v. 14.10.1992 – I R 14/92, BStBl. II 1993, 351 = FR 1993, 133; v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352. 7 FG München v. 14.5.2002 – 6 K 776/01, EFG 2002, 1122 (rkr.). 8 FG Saarl. v. 14.7.1992 – 1 K 91/92, EFG 1992, 765; FG München v. 14.5.2002 – 6 K 776/01, EFG 2002, 1122 (rkr.); Streck in Streck7, § 8 KStG Rz. 997.
560
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 851–857 § 8
nur ein Indiz für das Vorliegen einer vGA sind (Rz. 275). Die restriktive Auffassung der Finanzverwaltung, die bei der Nutzung der Incentive-Reise durch den Gesellschafter-Geschäftsführer stets eine vGA annimmt, vermag daher nicht zu überzeugen.1
Insichgeschäfte 852
Siehe hierzu Rz. 293.
Irrtümliche Vorteilszuwendung Eine rückwirkende Beseitigung der Rechtsfolgen einer vGA ist regelmäßig nicht möglich (s. 853 dazu „Satzungsklauseln/Steuerklauseln“ in Rz. 1103 ff. und „Rückabwicklung von vGA“ in Rz. 1095 ff.). Ist der Tatbestand der vGA verwirklicht, so bleibt es auch dabei. Die Rückabwicklung der vGA wird dann als verdeckte Einlage behandelt.2 Der BFH hat allerdings eine Ausnahme vom sog. Rückabwicklungsverbot nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zugelassen. Dies soll unter folgenden Voraussetzungen gelten: –
Die Beteiligten konnten die Folgen ihres Handelns nicht übersehen.
–
Bei Kenntnis der steuerlichen Auswirkungen hätten sie den Tatbestand zweifelsfrei nicht verwirklicht.
–
Bis zur Aufstellung der Bilanz wird der Sachverhalt in einer zur Verneinung der vGA führenden Weise klargestellt oder rückgängig gemacht.3
–
Die Bilanz wird innerhalb angemessener Zeit nach dem Bilanzstichtag aufgestellt.
Es handelt sich dann um einen Vorgang, dessen abschließende steuerliche Beurteilung bis zur Aufstellung der Bilanz in der Schwebe ist und der seine endgültige Charakterisierung erst durch die Genehmigung der Bilanz erhält.4 Letztlich handelt es sich in den oben beschriebenen Ausnahmefällen um Vorgänge, die eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO rechtfertigen.
854
Die Rechtsprechung behandelt Leistungen dann nicht als vGA, wenn lediglich ein Buchungsirrtum vorliegt, der alsbald berichtigt wird.5
855
Vom sog. Tatbestandsirrtum ist der Rechtsirrtum zu unterscheiden, bei dem die Gesellschaft ihrem Gesellschafter zwar mit Wissen und Wollen ihrer vertretungsberechtigten Organe einen Vorteil zuwendet – den Tatbestand also kennt –, die Beteiligten aber über die steuerrechtliche Wertung des Vorgangs im Irrtum sind. Ein solcher Rechtsirrtum kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Annahme einer vGA nicht verhindern. Zu den Voraussetzungen einer vGA gehört nach der Rechtsprechung weder die Absicht der Kapitalgesellschaft, den Gewinn verdeckt zu verteilen, noch die Einigung der Parteien darüber, dass die Vorteilszuwendung mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis erfolgt.6
856
Jubiläumsfeier Aufwendungen, die eine GmbH tätigt, um ein Firmenjubiläum auszurichten, sind – im Gegensatz zu den Aufwendungen für eine Geburtstagsfeier des Gesellschafter-Geschäftsführers – regelmäßig betrieblich veranlasst. Sie stellen auch dann abzugsfähige Betriebsausgaben dar, wenn sie die private Lebensführung der Gesellschafter dadurch tangieren, dass auch Personen aus dem privaten Umfeld des Gesellschafters an dem Fest teilnehmen. Allerdings ist § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG zu beachten, wonach die Abzugsfähigkeit auf 70 % der Aufwendungen beschränkt ist und außerdem getrennte Aufzeichnungen erforderlich sind. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der Anlass der Veranstaltung und nicht in erster Linie, welchem konkreten Zweck die Aufwendungen zugeordnet werden können.7
1 2 3 4 5
BMF v. 14.10.1996 – IV B 2 - S 2143 - 23/96, BStBl. I 1996, 1192. S. auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 518. BFH v. 24.3.1987 – I B 125/86, BFH/NV 1987, 799. BFH v. 10.4.1962 – I 65/61 U, BStBl. III 1962, 255 = FR 1962, 365. S. BFH v. 5.4.2004 – X B 130/03, BFHReport 2004, 779; s. auch „Buchungsfehler, Buchungsirrtum“ in Rz. 616 ff.). 6 BFH v. 3.12.1969 – I R 107/69, BStBl. II 1970, 229; v. 23.9.1970 – I R 116/66, BStBl. II 1971, 64. 7 BFH v. 14.7.2004 – I R 57/03, BStBl. II 2011, 285 = FR 2004, 1277 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1350; s. auch „Bewirtungskosten“ und „Geburtstagsfeier“ (Rz. 611 u. 781 ff.).
Stimpel
561
857
§ 8 Rz. 858–864
Ermittlung des Einkommens
Kapitalerhöhung 858 Eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen dient der Beschaffung von zusätzlichem Eigenkapital, das der die neuen Anteile übernehmende Gesellschafter in Höhe der Stammeinlage und eines etwaigen – in die Kapitalrücklagen einzustellenden – Agios erbringt. Eine Kapitalerhöhung hat keine Auswirkungen auf die Einkommensebene der GmbH. Ein im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu leistendes Ausgabeaufgeld wird dem steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG) gutgeschrieben. Der Verzicht auf ein (ausreichendes) Ausgabeaufgeld im Rahmen einer Kapitalerhöhung kann zu keiner vGA führen, da dieser Vorgang ausschließlich das Verhältnis der Gesellschafter zueinander betrifft.1 859
Im Gegensatz dazu werden bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln keine neuen Mittel der Gesellschaft zugeführt, sondern als Rücklagen ausgewiesenes Eigenkapital in Nennkapital umgewandelt. Den Altgesellschaftern werden hierdurch Freianteile gewährt. Auch dieser Vorgang ist auf der Ebene der GmbH einkommensneutral und löst keine vGA aus. Wegen näherer Einzelheiten s. „Freianteile“ (Rz. 719 ff.).
860
Eine vGA kann allerdings anzunehmen sein, wenn eine Kapitalgesellschaft, die zusammen mit ihrem Gesellschafter an einer anderen GmbH beteiligt ist, einer Kapitalerhöhung dieser anderen GmbH zustimmt, bei der sie keine, ihr Gesellschafter dagegen alle neuen Stammeinlagen übernimmt. Die GmbH verzichtet hier auf ihr Bezugsrecht und nimmt eine Wertminderung ihrer Anteile zugunsten ihres Gesellschafters in Kauf. S. hierzu „Bezugsrecht“ (Rz. 612 ff.).
Kapitalerhöhungskosten 861 Kosten einer Kapitalerhöhung bzw. Kosten der Ausgabe neuer Anteile sind – anders als Gründungskosten (Rz. 843 ff.) – grundsätzlich seit der Streichung des früheren § 9 Nr. 1 KStG2 im Grundsatz abzugsfähige Betriebsausgaben. Hierbei ist nach der Rechtsprechung des BFH3 wie folgt zu differenzieren: 862
Kosten, die mit der eigentlichen Kapitalerhöhung zusammenhängen, also der Kapitalbeschaffung dienen, stellen auch dann keine vGA dar, wenn eine Satzungsregelung zur Kostentragung fehlt. Die Vorschriften des § 26 Abs. 2 AktG bzw. § 9a GmbHG, die eine Vorbelastung des Grund- bzw. Stammkapitals durch Gründungsaufwand regeln, seien auf den Fall der Kapitalerhöhung nicht übertragbar. Für die steuerliche Einordnung der Kapitalerhöhungskosten gelte ein striktes Veranlassungsprinzip. Zu den echten Kapitalerhöhungskosten zählen zB die Beurkundungs- und Eintragungskosten in Bezug auf die Erhöhung des Nennkapitals, also Kosten in Bezug auf den Kapitalerhöhungsbeschluss, die Kosten der Veröffentlichung der Satzungsänderung und die Steuer- und Rechtsberatungskosten, die unmittelbar mit dem Kapitalerhöhungsvorgang in Zusammenhang stehen.
863
Beurkundungs- und Eintragungskosten in Bezug auf die neuen Gesellschaftsanteile sind dagegen von den Gesellschaftern zu tragen. Die Tatsache, dass die notarielle Beurkundung der Übernahmeerklärung gem. § 55 Abs. 1 GmbHG zwingend vorgeschrieben wird und die Kapitalerhöhung ohne diese Übernahmeerklärung gar nicht wirksam werden kann, hindert den BFH nicht daran, den wirtschaftlich einheitlichen Kapitalerhöhungsvorgang in zwei Vorgänge aufzuspalten.4 Kosten, die mit der Übernahme der neuen Anteile in Zusammenhang stehen, sind nach Ansicht des BFH von den Gesellschaftern zu tragen. Hierzu zählen die Kosten der Beurkundung der Übernahmeerklärung, die damit zusammenhängenden Beratungskosten und offenbar auch anteilige Kosten der Handelsregistereintragung. Letzteres, obwohl die Übernahmeerklärung überhaupt nicht in das Handelsregister eingetragen wird. Die Übernahme derartiger Kosten durch die GmbH führt demnach zu einer vGA.
864
Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind nicht frei von Zweifeln, weil andere Satzungsänderungen im Allgemeinen auch dann als betrieblich veranlasst angesehen werden, wenn der Gesellschafter an der Änderung partizipiert (zB satzungsmäßiger Dispens vom Wettbewerbsverbot). Dennoch sollte man in die Praxis möglichst darauf achten, dass die mit der Übernahmeerklärung der neuen Gesellschafter zusammenhängenden Kosten gesondert
1 Wassermeyer, FR 1993, 532; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 302 „Kapitalerhöhung“; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG Rz. 1452. 2 Änderung erfolgte durch das StEntlG 1984 v. 22.12.1983, BGBl. I 1983, 1583. 3 BFH v. 19.1.2000 – I R 24/99, FR 2000, 512 = GmbHR 2000, 439. 4 Zu Recht kritisch hierzu Tiedtke/Wälzholz, GmbHR 2001, 223.
562
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 864–869 § 8
ausgewiesen werden. Dies ist leichter handhabbar, wenn die Kapitalerhöhung und die Übernahme der neuen Anteile in verschiedene Beschlüsse gekleidet werden.
Kapitalersetzende Darlehen (Tilgung, Verzinsung) 865
Siehe hierzu „Darlehen“ in Rz. 628 ff.
Kapitalertragsteuer bei vGA Kapitalerträge iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG unterliegen gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug. Daher kommt es bei vGA, wenn sie nicht ausnahmsweise aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden und folglich gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG keine Kapitalerträge im obigen Sinne vorliegen, grundsätzlich zur Einbehaltung von Kapitalertragsteuer. Die KapESt beträgt für bis zum 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge 20 % und seit dem 1.1.2009 25 % (jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag).1 Besonderheiten ergeben sich auch bei vGA (und oGA) an eine beteiligte Körperschaft des öffentlichen Rechts. Hier reduziert sich die KapESt gem. § 44a Abs. 8 EStG um die Hälfte.
866
1. Im Inland steuerpflichtige Anteilseigner Wenn der Anteilseigner als Ausschüttungsempfänger im Inland zur Einkommensteuer veranlagt wird, hat das Veranlagungsverfahren Vorrang vor dem Steuerabzugsverfahren, dh., es kann aus Vereinfachungsgründen auf die Erhebung von KapESt verzichtet werden.2 Dies gilt nach Auffassung des BFH nur, wenn keine besonderen (steuerlichen) Gründe für ein anderes Verfahren sprechen. Würde daher die GmbH bei nachträglich im Zuge einer Betriebsprüfung festgestellten vGA von einer Anmeldung der KapESt absehen, so könnte das Finanzamt die KapESt nicht über den Erlass eines Haftungsbescheids festsetzen. Dies wäre nach der oa. BFH-Rspr. wegen des Vorrangs des Veranlagungsverfahrens rechtswidrig. Eine Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers kommt aber dann in Betracht, wenn er die Zahlung der angemeldeten KapESt in vorsätzlicher oder groß fahrlässiger Pflichtverletzung iSv. § 69 AO unterlässt. Dem steht nach der insoweit geänderten bzw. modifizierten Rspr. des BFH3 auch der Vorrang des Veranlagungsverfahrens nicht entgegen.
867
Vor dem Hintergrund der Vollverzinsung nach § 233a AO ist es für den Gesellschafter jedoch regelmäßig günstiger, wenn die GmbH die KapESt nachentrichtet und hierüber eine Steuerbescheinigung iSv. § 45a EStG erteilt. Da die KapESt selbst nicht der Verzinsung nach § 233a AO unterliegt, die beim Gesellschafter anrechenbare KapESt aber dessen Bemessungsgrundlage für die Verzinsung nach § 233a AO vermindert, kann durch diese Vorgehensweise das Entstehen von Nachzahlungszinsen verhindert werden. Allerdings wird eine solche Vorgehensweise von der Finanzverwaltung durchweg nicht akzeptiert. Wegen des Vorrangs des Veranlagungsverfahrens dürfe für nachträglich festgestellte vGA kein Steuerabzug durchgeführt werden, sofern der Gläubiger der Kapitalerträge zu diesem Zeitpunkt bereits zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer veranlagt worden ist.4 Hierbei verkennt die Finanzverwaltung aber, dass die Vorgreiflichkeit des Veranlagungsverfahrens nach der BFH-Rechtsprechung bei der ermessensgebundenen Entscheidung über die Inhaftungnahme der GmbH rechtserheblich ist. Bei der Steuerfestsetzung im Wege der Anmeldung handelt es sich hingegen nicht um eine Ermessensentscheidung. Es ist nicht erkennbar, warum eine innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgte Nachanmeldung von KapESt nicht die Wirkung des § 168 AO entfalten sollte.
868
Fraglich ist, ob der Erlass eines Haftungsbescheids über KapESt auch noch nach Einführung der Abgeltungsteuer (ab 1.1.2009) rechtswidrig ist. Befinden sich die GmbH-Anteile im Privatvermögen des Gesellschafters und ist keine Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zur Besteuerung im Rahmen des Teileinkünfteverfahren vorgenommen worden, so ist die Steuer auf die Kapitalerträge iSv. § 20 EStG durch den Steuerabzug abgegolten. Es erfolgt also grundsätzlich keine Einbeziehung in das Veranlagungsverfahren, das folglich auch nicht mehr die oa. Vorgreiflichkeit entfalten kann. Daher wäre es aufgrund dieser geänderten Ausgangsposition sicherlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Finanzamt die GmbH für die
869
1 Bei Übernahme der KapESt durch die GmbH erhöhen sich die Steuersätze auf 25 % bzw. 33,95 % (s. § 27 KStG Rz. 168), wobei die Übernahme der KapESt eine weitere vGA begründet. 2 BFH v. 28.11.1961 – I 40/60 S, BStBl. III 1962, 107; v. 3.7.1968 – I 191/65, BStBl. II 1969, 4. 3 BFH v. 26.2.2003 – I R 30/02, BFH/NV 2003, 1301. 4 OFD Münster v. 7.11.2007 – S 2408a - 1 - St 22 - 31, FR 2008, 47; BFH v. 20.6.2007 – II R 56/05, FR 2008, 47.
Stimpel
563
§ 8 Rz. 869–876
Ermittlung des Einkommens
einbehaltene KapESt in Haftung nähme.1 Andererseits wäre es auch vertretbar und entspricht der bisherigen tatsächlichen Handhabung durch die Finanzverwaltung, weiterhin die Nacherhebung der Steuer im Veranlagungsverfahren des Gesellschafters vorzunehmen. Nach § 32d Abs. 3 EStG sind Kapitalerträge in die Veranlagung einzubeziehen – und unterliegen dort einem Sondersteuersatz von 25 % –, wenn sie keinem Steuerabzug unterlegen haben. Stellt man hierbei nicht auf die abstrakte Abzugsverpflichtung, sondern auf die tatsächliche Nichtdurchführung des Steuerabzugs ab, könnte die vGA nach § 32d Abs. 3 EStG in die Veranlagung des Gesellschafters einbezogen werden.2 2. Im Inland nicht steuerpflichtige Anteilseigner 870 Ist der Ausschüttungsempfänger ein ausländischer Anteilseigner oder eine steuerbefreite Körperschaft, so ist gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf die vGA zwingend KapESt zu erheben. Dies deshalb, weil diese Ausschüttungsempfänger nicht veranlagt werden und die Steuer auf die vGA nur durch den abgeltend wirkenden Steuerabzug vorgenommen werden kann. 871
Die KapESt beträgt nach der ab 1.1.2009 geltenden Rechtslage 25 % der vGA. Zahlt die GmbH die KapESt selbst, so liegt hierin eine weitere vGA.3 Der KapESt-Satz beträgt in diesem Fall 33,95 % (§ 27 KStG Rz. 168).4
872
Entrichtet die ausschüttende GmbH nach Aufdeckung einer vGA zunächst die KapESt an das Finanzamt, so liegt nur dann keine zusätzliche vGA vor, wenn sie unverzüglich einen Rückforderungsanspruch gegenüber dem betreffenden Gesellschafter geltend macht und darauf auch später nicht verzichtet.5 Dies erfolgt in der Regel durch zeitnahe Belastung des Gesellschafterverrechnungskontos.
873
Die meisten DBA enthalten einen Anspruch auf Ermäßigung oder Befreiung von der KapESt. Hier ist die KapESt zunächst in voller Höhe abzuführen. Ein entsprechender Erstattungsantrag ist an das Bundeszentralamt für Steuern zu richten. Eine Abstandnahme vom KapESt-Abzug ist insbesondere bei vGA an ausländische Anteilseigner nicht möglich, und zwar auch dann nicht, wenn ein Ermäßigungsanspruch nach dem betreffenden DBA besteht. Erfolgt die Ausschüttung allerdings an eine in einem anderen EU-Staat ansässige Muttergesellschaft, die seit mindestens zwölf Monaten zu mindestens 10 % an der inländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, wird die KapESt auf Antrag von vornherein nicht erhoben (§ 43b EStG). 3. Verjährungsfragen
874 Soll nach einer Betriebsprüfung für vGA an einen ausländischen Anteilseigner gem. § 191 Abs. 5 Nr. 1 AO ein KapESt-Haftungsbescheid an die ausschüttende GmbH ergehen, so ist dies nur bei noch nicht eingetretener Verjährung möglich. 875
Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO durch die Außenprüfung bei der inländischen Kapitalgesellschaft greift hinsichtlich der Steuerschuld des Anteilseigners nicht.6 Etwas anderes kann aber gelten, wenn das Finanzamt rechtzeitig Maßnahmen iSv. § 171 Abs. 6 AO ergriffen hat.
876
Allerdings gilt nach der Rechtsprechung des BFH7 die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auch für den Schuldner der Kapitalerträge (Kapitalgesellschaft als anmeldender Entrichtungsschuldner). Danach beginnt die Festsetzungsfrist für KapESt auf vGA abweichend von § 170 Abs. 1 AO regelmäßig erst mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das dem Jahr des Zuflusses der vGA folgt.
1 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 302 „Kapitalertragsteuer“. 2 In diesem Sinne Lang, Ubg 2009, 468 (482). 3 BGH v. 3.3.1993 – 5 StR 546/92, BB 1993, 1930; Dötsch in D/P/M, § 27 KStG Rz. 220; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 27 KStG Rz. 90. 4 BMF v. 16.11.2010 – IV C 1 - S 2252/10/10010, BStBl. I 2010, 1305, in Ergänzung des BMF v. 22.12.2009 – IV C 1 - S 2252/08/10004, BStBl. I 2010, 94 um eine Rz. 183a. 5 BFH v. 25.9.1970 – VI R 122/67, BStBl. II 1971, 53. 6 BFH v. 15.12.1989 – VI R 151/86, BStBl. II 1990, 526. 7 BFH v. 14.7.1989 – I B 151/98, BStBl. II 2001, 556; v. 9.8.2000 – I R 95/99, BStBl. I 2001, 13; v. 13.9.2000 – I R 61/99, BStBl. II 2001, 67; v. 29.1.2003 – I R 10/02, BStBl. II 2003, 687.
564
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 877–879 § 8
Kapitalherabsetzung Wird im Rahmen einer ordentlichen Kapitalherabsetzung das Nennkapital herabgesetzt 877 und an die Gesellschafter ausgezahlt, so erzielt der Gesellschafter grundsätzlich keine Einkünfte aus Kapitalvermögen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG. Verfügt die Kapitalgesellschaft hingegen über einen Sonderausweis iSv. § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG, so wird dieser Sonderausweis vorrangig mit dem Herabsetzungsbetrag verrechnet. Bei den Anteilseignern kommt es insoweit zur Versteuerung des mit dem Sonderausweis verrechneten Herabsetzungsbetrags nach § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG iVm. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Rahmen des Halbbzw. Teileinkünfteverfahrens (s. hierzu § 28 KStG Rz. 3 und § 28 KStG Rz. 87 ff.). Mangels Auswirkung auf das Einkommen der GmbH kommt es zu keiner vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
Kaufverträge mit Gesellschaftern 1. Allgemeines Kaufverträge zwischen einer GmbH und ihrem Anteilseigner müssen – wie sonstige Leistungsbeziehungen – einem Fremdvergleich unterzogen werden. Dabei ist zu entscheiden, ob die Kaufpreiszahlung bzw. die Übertragung des Wirtschaftsguts durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Das Finanzamt kann die Höhe des fremdüblichen Preises im Wege der Schätzung ermitteln, wenn sich der Betrag auch mithilfe des Stpfl. nicht exakt quantifizieren lässt. Hierbei hat sich die Schätzung entsprechend der Bandbreitenrechtsprechung des BFH1 an dem für den Stpfl. günstigsten Wert einer Bandbreite von möglichen Fremdvergleichswerten zu orientieren. Nur wenn dieser äußere Wert der Bandbreite überschritten wird, kann man zur Annahme einer vGA gelangen. Andere Grundsätze können aber dann gelten, wenn die Kapitalgesellschaft gegenüber fremden Dritten grundsätzlich andere Preise erzielt als im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehungen zu verbundenen Unternehmen. Es bedarf keiner bandbreitenorientierten Schätzung, wenn der Fremdpreis anhand von Drittverkäufen eindeutig ermittelbar ist.2 Die Bandbreitenrechtsprechung ist grundsätzlich auch bei Grundstücksveräußerungen zu berücksichtigen.3
878
Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen die Auswirkungen unangemessener Kaufpreise: 2. Anlagevermögen Beispiel zur Veräußerung von Anlagevermögen durch die GmbH an den Gesellschafter: Eine GmbH veräußert an ihren Gesellschafter ein unbebautes Grundstück zum Preis von 100 000 Euro. Der gemeine Wert des Objekts beläuft sich auf 200 000 Euro. Das Grundstück wird Betriebsvermögen des Gesellschafters. Lösung: Es liegt eine vGA iHv. 100 000 Euro vor, denn die GmbH verwendet Gesellschaftsvermögen von 100 000 Euro, um ihrem Gesellschafter einen Vorteil zu verschaffen. Es handelt sich um eine verhinderte Vermögensmehrung, da der erzielbare Marktpreis um 100 000 Euro höher liegt als der vereinbarte Preis. Der Veräußerungsverlust bzw. verminderte Veräußerungsgewinn ist bei der GmbH durch eine Einkommenszurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auszugleichen. Der Gesellschafter erzielt Beteiligungserträge iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Der – betrieblich beteiligte – Gesellschafter hat das Grundstück mit Anschaffungskosten von 200 000 Euro zu bilanzieren, weil er den verdeckt ausgeschütteten Teilbetrag von 100 000 Euro mit zur Anschaffung des Grundstücks aufgewendet hat (s. hierzu Rz. 147).4 Wäre das Grundstück Privatvermögen, so wären – relevant bei einer etwaigen Veräußerung innerhalb der Zehnjahresfrist nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG bzw. bei Gebäuden für die Ermittlung der bei den Einkünften nach § 21 EStG als Werbungskosten abziehbaren AfA – selbstverständlich ebenfalls Anschaffungskosten von 200 000 Euro anzusetzen. Beispiel zur Veräußerung von Anlagevermögen durch den Gesellschafter an die GmbH: Eine GmbH erwirbt von ihrem Gesellschafter ein Grundstück zu einem Preis von 300 000 Euro. Der gemeine Wert beträgt 200 000 Euro.
1 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, GmbHR 2001, 1163; wegen näherer Einzelheiten s. „Angemessenheit der Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführer“ in Rz. 435 ff. 2 S. auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 312; Baumhoff in F/W/B, § 1 AStG Rz. 152. 3 FG Berlin v. 11.11.2003 – 7 K 7072/02, EFG 2004, 370 (rkr.). 4 Keine Fiktion, sondern Verbrauch der vGA, vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 219.
Stimpel
565
879
§ 8 Rz. 879–880
Ermittlung des Einkommens
Lösung: Die GmbH hat das Grundstück mit Anschaffungskosten von 200 000 Euro zu aktivieren. Nur dieser Betrag ist auch Bemessungsgrundlage für künftige Abschreibungen. Der Restbetrag iHv. 100 000 Euro wurde nicht zur Erlangung des Grundstücks aufgewendet, sondern im Interesse des Gesellschafters verausgabt (= sofortiger Abfluss).1 Zu einer Einkommenszurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kommt es nicht, weil die Vermögensminderung keine Auswirkung auf das Einkommen der GmbH hatte. Insoweit liegen auch nach handelsrechtlichen Grundsätzen eine Ausschüttung und kein Anschaffungsgeschäft vor, denn der unangemessene Differenzbetrag wird auch nach handelsrechtlichen Grundsätzen nicht zum Erwerb des Vermögensgegenstandes, sondern für eine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter verwendet. Eine Aktivierung von nur 200 000 Euro ist daher kein Verstoß gegen § 255 HGB. Diese Sichtweise hat ua. den Effekt, dass spätere Wertsteigerungen nicht zu einer steuerpflichtigen Wertaufholung führen können. Tatsächlich kommt es in der Praxis in diesen Fällen aber oft vor, dass unzutreffenderweise Anschaffungskosten von 300 000 Euro aktiviert werden. Kommt es nachfolgend zu gewinnmindernden Abschreibungen, dann ist iHv. 100 000 Euro eine vGA anzunehmen. Abwandlung 1: Der Erwerb erfolgte in 2009 und in der Bilanz zum 31.12.2009 wurde das Grundstück mit 300 000 Euro aktiviert. Die Steuerfestsetzungen sind bestandskräftig. Der Sachverhalt wird vom Finanzamt bei der Betriebsprüfung für 2010 bis 2012 aufgedeckt. Lösung: Im ersten offenen Jahr (2010) hat eine Bilanzberichtigung zu erfolgen, die zu einer Gewinnminderung von 100 000 Euro führt. In entsprechender Höhe ist eine vGA hinzuzurechnen. Sollte sich der Bilanzierungsfehler über eine überhöhte AfA teilweise wieder neutralisiert haben, ist insoweit keine Bilanzberichtigung möglich. Abwandlung 2: Es handelt sich nicht um ein Grundstück, sondern um eine Maschine mit einer Nutzungsdauer von fünf Jahren. In der Steuerbilanz zum 31.12.2009 erfolgte eine Bilanzierung mit 240 000 Euro (300 000 Euro abzgl. 20 % AfA). Lösung: In der Bilanz zum 31.12.2010 (erstes offenes Jahr) ist die Maschine mit 120 000 Euro zu bilanzieren (60 % von 200 000 Euro). Die abziehbare AfA für 2010 beträgt 40 000 Euro. Der Buchwert der Maschine ist also durch eine Bilanzberichtigung iHv. 80 000 Euro gewinnmindernd abzustocken. Diese 80 000 Euro sind als vGA hinzuzurechnen.
3. Umlaufvermögen 880
Beispiel zur Veräußerung von Umlaufvermögen durch die GmbH an den Gesellschafter: Eine GmbH veräußert an ihren Gesellschafter Waren zum Preis von 100 000 Euro. Der gemeine Wert beläuft sich auf 200 000 Euro. Lösung: Die steuerliche Auswirkung einer Veräußerung von Umlaufvermögen zu einem unangemessen niedrigen Kaufpreis an den Gesellschafter entspricht auf der Ebene der Gesellschaft dem oben dargestellten Sachverhalt zur Übertragung von Anlagevermögen. Es ist demzufolge eine vGA von 100 000 Euro anzunehmen. Die Auswirkung beim Gesellschafter ist allerdings dann eine andere als bei Erwerb von Anlagevermögen, wenn die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens bereits durch den betrieblich beteiligten Gesellschafter weiterveräußert wurden. In diesem Fall muss beim Gesellschafter zunächst der Kapitalertrag von 100 000 Euro erfasst werden, der allerdings nach § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG zu 40 % steuerfrei ist. Zum anderen muss der zu hohe Rohgewinn um die erhaltene vGA von 100 000 Euro (= erhöhter Wareneinsatz) vermindert werden. Hier gleichen sich der empfangene Kapitalertrag und der niedrigere Rohgewinn auf der Ebene des Gesellschafters rechnerisch im Ergebnis zwar aus. Da die vGA aber nur dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, mindert sich das Einkommen des Gesellschafters durch die vGA im Ergebnis um 40 000 Euro. Ist der Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, so mindert sich sein Einkommen um 95 000 Euro, weil der nach § 8b Abs. 1 iVm. Abs. 5 Satz 1 KStG im Ergebnis zu 95 % steuerfreien vGA eine Erhöhung des Wareneinsatzes vom 100 000 Euro gegenübersteht, die – da keiner Abzugsbeschränkung unterliegend – im Jahr der Weiterveräußerung der Waren zu einer Gewinnminderung führt. Beispiel zur Veräußerung von Umlaufvermögen durch den Gesellschafter an die GmbH: Eine GmbH erwirbt von ihrem Gesellschafter Waren zu einem Preis von 300 000 Euro. Der gemeine Wert beträgt 200 000 Euro. Lösung: Die Grundsätze zur Behandlung der Anschaffung von Anlagevermögen zum überhöhten Kaufpreis gelten auch hier. Unterschiede ergeben sich, wenn die Gesellschaft das erworbene Umlaufvermögen bereits veräußert hat. In diesem Fall ist der Rohgewinn aus der Weiterveräußerung des Anlagevermögens um 100 000 Euro zu niedrig, weil der Wareneinsatz um 100 000 Euro zu hoch bemessen wurde. Im Rahmen der Einkommensermittlung hat daher eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 100 000 Euro zu
1 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 220; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 985; Wassermeyer, FR 1993, 793; BFH v. 20.1.1999 – I R 32/98, BStBl. II 1999, 369 = FR 1999, 655 m. Anm. Pezzer; BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, BStBl. I 2002, 603 Rz. 43.
566
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 880–885 § 8
erfolgen. Der Gesellschafter (Gewerbebetrieb) erhält eine vGA, die gem. § 3 Nr. 40 EStG zu 40 % steuerbefreit ist. Auf der anderen Seite muss sein Rohgewinn um 100 000 Euro verringert werden, da er diesen Betrag (überhöhten Verrechnungspreis) nicht als Gegenleistung für die Ware, sondern als vGA erhalten hat.
KGaA Fraglich ist das Konkurrenzverhältnis zwischen dem Gewinnanteil des persönlich haften- 881 den Gesellschafter (phG) iSv. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bzw. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG und einer vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Diese von der Rechtsprechung bisher unbeantwortete Rechtsfrage wird in der steuerlichen Literatur uneinheitlich beurteilt. Während Krämer1 der Stellung des phG stets den Vorrang einräumt und folglich überhöhte Vergütungen an den phG unter § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bzw. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG subsumiert, geht die Mehrheitsmeinung tendenziell davon aus, dass eine Aufteilung vorzunehmen ist. Diese Aufteilung wird indes nach unterschiedlichen Kriterien durchgeführt. Nach einer Sichtweise2 wird sachverhaltsbezogen untersucht, ob die Stellung als phG oder die Stellung als Kommanditaktionär die Vorteilszuwendung veranlasst hat. Andere Autoren3 sprechen sich hingegen für eine Aufteilung auf der Grundlage der schuldrechtlichen Gewinnverteilungsabrede aus. Auch wird sogar die Auffassung vertreten, dass Vorteile der hier anzutreffenden Art nicht zu Einnahmen iSv. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG führen und daher sogar dann eine vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG angenommen werden müsse, wenn der phG nicht als Kommanditaktionär an der KGaA beteiligt sei.4 Wegen der steuerlichen Stellung des phG gegenüber der KGaA als Mitunternehmer ist der generelle Vorrang von §§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gegenüber einer vGA im Sinne der erstgenannten Auffassung vorzugswürdig. Auch zivilrechtlich findet sich eine Entsprechung, da für Rechtsgeschäfte zwischen phG und KGaA nach der Rechtsprechung des BGH5 stets eine Genehmigung des Aufsichtsrats erforderlich ist.
Know-how Das Know-how ist ein immaterielles Wirtschaftsgut. Es ist nicht geschützt und daher ohne Weiteres verwertbar. Wird das Know-how preisgegeben, so wird sein Wert erheblich reduziert. In der Praxis sind Lizenzverträge üblich, welche die Überlassung von Wissen im Bereich gewerblich-technischer Verfahren (zB Produktionsverfahren) zum Gegenstand haben. Wird Know-how unentgeltlich auf einen Gesellschafter übertragen, so liegt je nach dem, ob es bilanziert ist oder nicht, eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung vor. Wird Know-how auf eine Schwestergesellschaft übertragen, so ist ein einlagefähiger Vermögensvorteil anzunehmen (s. hierzu die Kommentierung zur vE in Dreieckskonstellationen in Rz. 1374). Sehr problematisch ist im Einzelfall zunächst die Abgrenzung zwischen einer Beratungsleistung und der Übertragung von Know-how, denn ein Technologietransfer erfolgt in aller Regel über beratende Tätigkeiten oder Personalgestellung.
882
Eine ernsthafte Vereinbarung wird man in der Regel nur annehmen können, wenn die vom Vertragspartner zu erbringenden Technologietransferleistungen nach Umfang und Art möglichst genau und vertraglich bindend konkretisiert und vereinbart werden.6
883
Wird ein Entgelt gezahlt, dann dürfte im Einzelfall auch der Fremdvergleich zu erheblichen Schwierigkeiten führen, weil die Kenntnisse und Erfahrungen meist speziell auf den Betrieb der GmbH zugeschnitten sind.
884
Voraussetzung für die Übertragung von Know-how ist allerdings, dass die Wissensübertragung schriftlich fixiert wird und dass hierzu schriftliche Unterlagen und Aufzeichnungen übergeben werden.7 Ein Übergang eines immateriellen Wirtschaftsguts „Know-how“ ist zu
885
1 Krämer in D/P/M, § 9 KStG Rz. 71. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, Anhang zu § 8 KStG Rz. 47 und 302 „KGaA“; Krämer in D/P/M, § 9 KStG Rz. 71, dort Verweis auf Janssen, NWB Fach 18, 3811 (3816). 3 Wassermeyer, GmbHR 1999, 18 (23); Krämer in D/P/M, § 9 KStG Rz. 63, dort Verweis auf Schütz/Bürgers/ Riotte, Die KGaA, 2004, 424. 4 Mahlow, DB 2003, 1540. 5 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 364/02, DStR 2005, 432. 6 FG München v. 16.7.2002 – 6 K 1910/98, EFG 2003, 952 (bestätigt durch BFH v. 9.11.2005 – I R 27/03, BStBl. II 2006, 564). 7 BFH v. 26.4.1995 – XI R 86/94, BStBl. II 1996, 4 = FR 1996, 34 m. Anm. Kanzler.
Stimpel
567
§ 8 Rz. 885–890
Ermittlung des Einkommens
verneinen, wenn die übertragende Kapitalgesellschaft bzw. der übertragende Gesellschafter weiterhin uneingeschränkt über das übertragene Wissen verfügen kann.1 886
Wenn eine Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer einen Preis für die Übertragung seiner persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zahlt, so wird regelmäßig eine vGA anzunehmen sein, da der Geschäftsführer schon aus dem Anstellungsvertrag heraus verpflichtet ist, seine gesamten Kenntnisse und Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Werden für eine befristete Überlassung von Know-how Lizenzgebühren gezahlt, so ist zunächst zu prüfen, ob die Zahlung des Entgelts dem Grunde nach einem Fremdvergleich standhält (s. „Erfindervergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer“ in Rz. 753 ff.). Wenn es sich um nicht geschützte Kenntnisse handelt, so ist eine Überlassung auf Zeit nicht möglich, denn das Know-how ist nach der Preisgabe praktisch entwertet.2 Bei geschützten Erfindungen kann dagegen grundsätzlich eine Lizenz vereinbart werden. Hier ist auf klare und eindeutige Vereinbarungen und auf eine angemessene Höhe zu achten. Üblich ist ein Prozentsatz vom Umsatz oder vom Gewinn.3
Konzernname 887 Zahlt ein konzernverbundenes Unternehmen für die Überlassung des Konzernnamens ein Entgelt, so handelt es sich regelmäßig um eine vGA. Nach Auffassung des BFH4 stellt die Nutzung des Konzernnamens idR einen sog. Konzernrückhalt dar, für den keine eigenständigen Entgelte berechnet werden dürfen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Konzernname zugleich als Markenzeichen oder Markenname geschützt ist und über die einfache Verwendung des Namens hinaus auch die Nutzung eines geschützten Markenlogos gestattet wird. Nur wenn der Konzernname zugleich als Markenname oder Markenzeichen geschützt ist, kommt der überlassenen Marke ein eigenständiger Wert zu.5 Eine hierfür berechnete angemessene Lizenzgebühr stellt daher keine vGA dar.6 Wenn der Konzernname dem Produktnamen entspricht, wird danach wohl regelmäßig eine Vergütung gezahlt werden können.7
Kostenersatz an Gesellschafter-Geschäftsführer 888 Siehe hierzu „Aufwendungsersatz“ in Rz. 513.
Kranken- und Pflegeversicherungszuschuss 889 Leistet die GmbH bei einem der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegenden nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einen Zuschuss zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung (Arbeitgeberanteile), so handelt es sich um nach § 3 Nr. 62 EStG beim Arbeitnehmer steuerfreie Zukunftssicherungsleistungen. Eine klare und eindeutige Vereinbarung im Anstellungsvertrag ist hier entbehrlich. 890
Beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegen nicht der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Bei ihnen fehlt es an einem Abhängigkeitsverhältnis iSv. § 7 SGB IV. Freiwillige Zuschüsse, welche die GmbH zugunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers an die private Kranken- oder Pflegeversicherung leistet, müssen zur Vermeidung von vGA klar und eindeutig im Anstellungsvertrag geregelt sein. Werden die Zuschüsse monatlich gezahlt, so ist es nach einer gewissen Dauer möglich, eine Änderung des Anstellungsvertrags zu unterstellen.8 Die Versicherungszuschüsse zugunsten des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers sind nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei. Eine vGA ist bei Übernahme solcher Leistungen nur vermeidbar, wenn die Lohnvereinbarung auch entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird. An einer tat1 BFH v. 23.3.1995 – IV R 94/93, FR 1995, 694 = BStBl. II 1995, 637. 2 Baumhoff in F/W/B, § 1 AStG Rz. 696. 3 S. hierzu Groß, BB 1995, 885; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 302 „Lizenzen“; Rengers in Blümich, § 8 KStG Anm. 551. 4 BFH v. 9.8.2000 – I R 12/99, BStBl. II 2001, 140 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 150. 5 BFH v. 9.8.2000 – I R 12/99, BStBl. II 2001, 140; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 444. 6 So im Grundsatz auch FG München v. 1.3.2005 (6 K 696/02, juris), das im konkreten Fall allerdings trotz Alleinvertriebsrecht von einer Wertlosigkeit des Markenrechts ausging und folglich vGA annahm. Dieses Urt. wurde vom BFH allerdings aus formellen Gründen (Überraschungsentscheidung) mit Beschl. v. 11.1.2006 – I B 43/05, BFH/NV 2006, 795, aufgehoben. 7 So auch Herlinghaus, GmbHR 2002, 471 (474); Pezzer, FR 2001, 248; s. aber auch BFH v. 17.5.2000 – I R 31/99, FR 2001, 248. 8 FG BW v. 1.2.2001 – 3 K 220/96, StuB 2001, 876 (rkr.).
568
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 890–897 § 8
sächlichen Durchführung mangelt es, wenn die GmbH es versäumt, die Versicherungsbeiträge dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Geht die GmbH unzutreffend von einer gesetzlichen Sozialversicherungspflicht aus und werden der GmbH die zu Unrecht abgeführten Arbeitgeberanteile im Nachhinein erstattet, so stellt die Weiterleitung der erstatteten Beträge an den Gesellschafter-Geschäftsführer eine vGA dar.1
891
Krankheitskosten 892
Siehe hierzu „Arztkosten“ in Rz. 511.
Kündigungsmöglichkeiten, unterlassene Wenn sich ein Dauerrechtsverhältnis zwischen einer GmbH und ihrem Anteilseigner für die Gesellschaft ungünstig entwickelt, muss die GmbH alle sich ihr bietenden Gelegenheiten nutzen, um sich entweder von dem Dauerrechtsverhältnis zu lösen oder günstigere Bedingungen auszuhandeln. Voraussetzung ist aber, dass durch ein gesetzliches2 oder vertragliches Rücktrittsrecht auch tatsächlich rechtliche Möglichkeiten zur Anpassung des Vertrags bestanden haben. Unterlässt es eine GmbH zB, wegen eines geänderten Mietpreisniveaus durch Änderungskündigung einen höheren Mietzins gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter durchzusetzen, so liegt hierin der Verzicht auf eine vermögenswerte Rechtsposition, die als vGA an den Gesellschafter zu qualifizieren ist.3
893
Eine Vertragsanpassung oder Kündigung kann aber nicht erwartet werden, wenn sie die Gesellschaft gegenüber einem fremden Verpächter ebenfalls in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht hätte oder wenn der Verpächter die Möglichkeit gehabt hätte, der GmbH anderweitige Vorteile (unentgeltliche Überlassung eines anderen Grundstücks) im Gegenzug zu entziehen.4 Gleiches gilt, wenn eine GmbH wegen ihrer Kunden- oder Betriebsstruktur darauf angewiesen ist, gerade das angepachtete Objekt zu nutzen, und der vermietende Gesellschafter eine vergleichbare Miete auch anderweitig hätte erzielen können.
894
Kundenstamm, Mandantenstamm Der Kundenstamm oder ein Mandantenstamm einer Körperschaft stellt ein immaterielles Wirtschaftsgut dar. Er kann Gegenstand einer vGA sein, wenn er unentgeltlich oder zu einem Preis, der unter dem gemeinen Wert liegt, auf den Gesellschafter oder eine nahestehende Person des Gesellschafters übertragen wird.5
895
Während der Firmenwert auf dem Zusammenwirken verschiedener erfolgsfördernder Faktoren des Unternehmens, wie zB technischem Know-how, Qualität der Ware, Ruf des Unternehmens, Kundenstamm, effizienter Betriebsorganisation oder qualifiziertem Mitarbeiterstamm, beruht und nur durch Veräußerung des Gesamtunternehmens bzw. eines Teilbetriebs übertragen werden kann, ist ein Kundenstamm auch dann selbstständig verwertbar, wenn er einen Teil des Firmenwerts darstellt.
896
Wenn zB eine Muttergesellschaft den Vertrieb der im Konzern hergestellten Waren für einen abgrenzbaren geografischen Bereich unentgeltlich von ihrer Tochtergesellschaft übernimmt, handelt es sich insoweit um die Übertragung eines geschäftswertähnlichen immateriellen Wirtschaftsguts Kundenstamm oder Belieferungsrecht im Wege einer vGA. Zu einer vGA kommt es selbst dann, wenn der Kundenstamm nicht im Rahmen einer Betriebs- oder Teilbetriebsübertragung auf die Muttergesellschaft übergeht. Im Zeitpunkt der unentgeltlichen Übertragung führt die steuerliche Wertrealisierung des selbst geschaffenen Kundenstamms zu einer außerbilanziellen Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf der Ebene der den Kundenstamm übertragenden Tochtergesellschaft. Die Muttergesellschaft erzielt – grundsätzlich nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfreie6 – Einnahmen iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1
897
1 2 3 4 5 6
BFH v. 26.10.2011 – I B 68/11, BFH/NV 2012, 612. ZB Wegfall der Geschäftsgrundlage: BFH v. 13.10.1983 – I R 4/81, FR 1984, 73 = BStBl. II 1984, 65. BFH v. 7.12.1988 – I R 25/82, BStBl. II 1989, 248 = FR 1989, 146. BFH v. 29.10.1974 – I R 83/73, BStBl. II 1975, 366. BFH v. 9.7.2003 – I B 194/02, GmbHR 2003, 1019; v. 18.3.2004 – VIII B 105/03, BFH/NV 2004, 958. Unter den besonderen Voraussetzungen des § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG (sog. materielles Korrespondenzprinzip) steuerpflichtig.
Stimpel
569
§ 8 Rz. 897–903
Ermittlung des Einkommens
Satz 2 EStG und hat den übernommenen Kundenstamm in Höhe des vGA-Betrags zu aktivieren und abzuschreiben. 898
Nach den Grundsätzen der Fiktionstheorie bzw. Verbrauchstheorie erfolgt in Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Entgeltkorrektur. Das vereinbarte (ggf. fehlende) Entgelt wird dabei durch das fremdübliche Entgelt ersetzt. Die Entgeltskorrektur bezieht sich immer auf den einzelnen Geschäftsvorfall. Der Gesellschafter wendet hierbei die erhaltene vGA auf, um das Wirtschaftsgut zu dem angemessenen Entgelt zu erwerben (Rz. 338).
899
Es ist aber auch denkbar, dass der Gesellschafter den Kunden- oder Mandantenstamm unentgeltlich nutzt, ohne ihn zu erwerben. Dann ist Gegenstand der vGA nicht die Übertragung des Kunden- oder Mandantenstamms, sondern der Verzicht auf ein angemessenes Entgelt für die Überlassung.1
Kurse und Seminare 900 Aufwendungen der GmbH für Kommunikationsseminare und Kurse zur Entwicklung der Persönlichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers können vGA darstellen, wenn nach einkommensteuerlichen Grundsätzen Kosten der allgemeinen Lebensführung anzunehmen wären.2
Lebensversicherungsprämien 901 Siehe hierzu „Teilhaberversicherungen“ in Rz. 1168.
Liebhaberei 902 Dem Bereich der Liebhaberei zuzuordnende Aufwendungen fallen nicht in eine außerbetriebliche Sphäre der Kapitalgesellschaft. Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH hat eine Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre. Schafft eine Kapitalgesellschaft ausschließlich im Interesse ihres Gesellschafters ein Wirtschaftsgut an und entstehen ihr hierdurch Verluste, so muss der Gesellschafter zwecks Vermeidung einer vGA die Verluste zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags ausgleichen. Die Kapitalgesellschaft muss sich also die im Interesse ihres Gesellschafters unternommene Tätigkeit vergüten lassen.3 Die liebhabereibehaftete Tätigkeit liegt bei der Kapitalgesellschaft also nicht auf der – nicht existenten – außerbetrieblichen, sondern auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene.4 903
In der Folge dieser sog. Segelyacht-Entscheidungen hat der BFH5 die konkreten steuerlichen Rechtsfolgen neu beleuchtet. Während er in den oa. vorangegangenen Urteilen hervorgehoben hat, dass kein aufzulösenden Konkurrenzverhältnis zwischen der Annahme einer vGA und nicht abziehbaren Betriebsausgaben iSv. § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG bestehe, modifiziert er mit dem erwähnten Urteil vom 7.2.2007 seine Rechtsprechung dahingehend, dass die Annahme nicht abziehbarer Betriebsausgaben die Annahme einer vGA verdränge, solange die Rechtsfolgen unterschiedlich seien.6 Im konkreten Fall nahm das Finanzamt eine vGA an. Bei Ermittlung der vGA saldierte es die angefallenen Aufwendungen für Segelyacht und Oldtimerflugzeug mit erzielten Chartererlösen und nahm sodann einen Gewinnzuschlag vor. Der BFH wies die Klage im Ergebnis ab, weil die gesamten Kosten bereits nach § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG nicht abziehbar seien.7 Diese Sachbehandlung wäre für die klagende GmbH ungünstiger gewesen, weil der vGA-Betrag wegen der Saldierung mit den erzielten Chartererlösen trotz des Gewinnzuschlags geringer ausfiel. Zudem führte die Herstellung der Ausschüttungsbelastung wohl8 zu keiner KSt-Erhöhung, sodass die vGA-Lösung auch unter diesem Blickwinkel für die klagende GmbH nicht nachteilig war. Hätte aber die GmbH beispielsweise keine Chartererlöse erzielt, wäre eine (uU im Lichte dieses BFH-Urteils insoweit vorrangi-
1 BFH v. 9.7.2003 – I B 194/02, GmbHR 2003, 1019; v. 18.3.2004 – VIII B 105/03, BFH/NV 2004, 958. 2 FG Nürnberg v. 10.9.1999 – I 308/97, EFG 1999, 1249 (rkr.). 3 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, FR 1997, 311 = DStR 1997, 492; v. 8.7.1998 – I R 123/9, DStR 1998, 1749 = FR 1998, 1091 m. Anm. Pezzer; v. 15.5.2002 – I R 92/0, BFH/NV 2002, 1538 = FR 2002, 1175 m. Anm. Pezzer. 4 S. auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 2 KStG Rz. 34. 5 BFH v. 7.2.2007 – I R 27–29/05, FR 2007, 888 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 660. 6 S. hierzu die Urteilsanmerkungen von Pezzer, FR 2007, 890. 7 Auch für das nur zu Werbezwecken genutzte Oldtimerflugzeug greift § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG, weil das Wirtschaftsgut bei typisierender Betrachtung in einer Weise benutzt werden könne, die der Unterhaltung von Geschäftsfreunden und den privaten Neigungen zuträglich sein könne. 8 Eine genaue Beurteilung lassen die Angaben zum Sachverhalt nicht zu.
570
Stimpel
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 903–908 § 8
ge) Qualifizierung als nicht abziehbare Betriebsausgabe steuerlich eindeutig günstiger ausgefallen, weil dann der bei Annahme einer vGA zu berücksichtigende Gewinnzuschlag entfiele. Indem der BFH1 jedoch unter Ziff. II./4. der Urteilsgründe ausführt, dass er nur aus verfahrensrechtlichen Gründen an einer Verböserung gehindert ist, gibt er zumindest tendenziell zu erkennen, dass er dieses Konkurrenzverhältnis zugunsten nicht abziehbarer Betriebsausgaben aufzulösen gedenkt. Fraglich ist jedoch, ob diese rechtliche Beurteilung bei der GmbH auch auf die Ebene des 904 Gesellschafters durchschlägt und hier dazu führt, dass der Gesellschafter keine Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu versteuern hat. Diese Rückschlüsse können wohl aus der BFH-Entscheidung nicht gezogen werden, da die Einkommenskorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und die Zurechnung von Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nach gefestigter BFH-Rechtsprechung losgelöst voneinander zu prüfen sind.2 Problematisch kann im Einzelfall die Beantwortung der Frage sein, ob die Kapitalgesellschaft die jeweilige Tätigkeit tatsächlich im überwiegenden Interesse ihres Gesellschafters oder vielmehr im geschäftlichen Eigeninteresse ausübt. Diese Abgrenzung nimmt der BFH nach den gleichen Regeln vor, nach denen bei natürlichen Personen und Personengesellschaften die steuerliche Einkunftserzielung von der steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei vorzunehmen ist.3 Allerdings muss zuvor untersucht werden, ob die Tätigkeit überhaupt einen sachlichen Bezug zur Privatsphäre des Gesellschafters hat. Dies hat der BFH4 in einem Fall, in dem es um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem unbebauten Grundstück ging, verneint. Der Gesellschafter erwarb im Urteilsfall zunächst ein unbebautes Grundstück zwecks Bebauung mit einem privaten Einfamilienhaus. Nachdem sich diese Absicht zerschlug, veräußerte der Gesellschafter im Jahr 1999 das (ungenutzte) unbebaute Grundstück zu einem überhöhten Preis an seine GmbH. Der Rechtsstreit betraf das Jahr 2001, in dem das Finanzamt in Höhe der bei der GmbH angefallenen Grundstückskosten eine vGA annahm.
905
Der BFH kam hier zu dem Ergebnis, dass keine vGA vorliege. Entscheidend war für den BFH, dass die GmbH nicht im Lebensbereich des Gesellschafters tätig werde. Der Ankauf des Grundstücks beruhe auf einer unternehmerischen Investitionsentscheidung. Selbst wenn sich dies im Nachhinein als schlechtes (da verlustträchtiges) Geschäft für die GmbH herausstelle, könne dies nicht zur Annahme einer vGA führen.
906
Allerdings scheint auch der BFH gewisse Probleme damit zu haben, dass im Urteilsfall der Gesellschafter eine – auf seiner Ebene steuerlich zudem nicht nutzbare – Verlustquelle an seine GmbH durchgereicht hat. Seine diesbezüglichen Hinweise werfen hingegen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben. So hätte nach Auffassung des BFH beim Grundstückskauf durch die GmbH im Jahr 1999 geprüft werden müssen, ob wegen der ausschließlich gesellschaftsrechtlichen Motive dieses Geschäfts nicht der gesamte Kaufpreis (und nicht nur der überhöhte Teil) als vGA zu beurteilen gewesen wäre.5 Auch dränge sich die Prüfung von § 42 AO auf. Diesen auf § 42 AO gestützten Lösungsansatz scheint der BFH hingegen nicht ernsthaft zu verfolgen, denn sonst hätte er auch im Streitjahr 2001 der Klage nicht abhelfen dürfen. Der Rechtsmissbrauch kann ja hier – wenn überhaupt – nur in der Durchreichung der Verlustquelle (Fehlinvestition wird auf GmbH übertragen) gesehen werden. Dann muss die Rechtsfolge des § 42 AO aber darin bestehen, dass die auf Ebene der GmbH hierdurch angefallenen Kosten steuerlich nicht zum Abzug zugelassen werden.6
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Besteht ein Bezug zur Privatsphäre des Gesellschafters, so ist bei einer verlustträchtigen Tätigkeit der GmbH nach den allgemeinen Grundsätzen der Liebhaberei zu untersuchen,
908
1 BFH v. 7.2.2007 – I R 27–29/05, FR 2007, 888 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 660. 2 BFH v. 18.2.1999 – I R 62/98, GmbHR 1999, 993; v. 7.3.2007 – I R 45/06, GmbHR 2007, 1055; v. 8.10.2008 – I R 61/07, BStBl. II 2011, 62 = FR 2009, 583 m. Anm. Pezzer für den Fall der gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehenshingabe an den Gesellschafter. 3 S. auch Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 955. 4 BFH v. 5.3.2008 – I R 45/07, BFH/NV 2008, 1534. 5 Das würde – zu Ende gedacht – bedeuten, dass das Geschäft in eine vE und eine vGA aufzuteilen wäre. Wenn die gesamte Kaufpreiszahlung vGA wäre, müsste die tatsächlich vollzogene Grundstücksübertragung zwangsläufig als vE qualifiziert werden. Die nachfolgenden Grundstückskosten auf der Ebene der GmbH hätten nach der Sichtweise des BFH keine weitere vGA ausgelöst. 6 S. hierzu aber Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 398, der hier wegen der Geschäftsfallbezogenheit der vGA in der Zahlung des Kaufpreises eine vGA erblicken will, wobei die konkrete buchhalterische Abwicklung dieses Vorgangs nicht klar wird.
Stimpel
571
§ 8 Rz. 908–915
Ermittlung des Einkommens
ob die GmbH aus der Tätigkeit unter Zugrundelegung der vereinbarten Konditionen einen Totalgewinn erzielen kann. 909
Eine mehrjährige Verlustphase führt für sich genommen noch nicht zur Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Verluste.1 Allein entscheidend ist, ob von Anfang an ein Konzept existiert, nach dem in überschaubarer Zeit ein Totalgewinn angestrebt wurde bzw. zu erwarten war. Es wird also eine Anlaufphase zugestanden, die nicht pauschal auf drei Jahre beschränkt werden darf.2
910
Ist eine konzeptionelle gewinnorientierte Ausrichtung nicht zu erkennen und liegt die planmäßige Gewinnlosigkeit im Interesse des Gesellschafters, so ist von vGA auszugehen.3 Nach der Rechtsprechung des BFH liegt in dem Verzicht auf die Vereinbarung eines Aufwendungsersatzanspruchs in Höhe der im Veranlagungszeitraum angefallenen Aufwendungen zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags eine vGA iSv. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.4
911
Diese Grundsätze gelten insbesondere auch dann, wenn die Kapitalgesellschaft bereits aufgrund einer Satzungsbestimmung gezwungen ist, dauernd gewinnlos zu arbeiten (s. dazu „Erstausstattung“ in Rz. 764 ff.).
912
Die bewusste Gewinnlosigkeit einer GmbH führt aber ausnahmsweise dann nicht zu vGA, –
wenn der Gesellschafter von der Gewinnlosigkeit nicht konkret profitiert, der Vorteil für den Gesellschafter also nur ein mittelbarer Reflex ist,5 oder
–
die GmbH gesetzlich festgelegte hoheitliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt und in diesem Zusammenhang nicht gewinnorientiert arbeiten darf; hier gilt nach der Rechtsprechung6 nicht das Ertrags-, sondern das Kostendeckungsprinzip.
Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung nur vorliegen kann, wenn die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSv. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.7 Sie wurde inzwischen im Rahmen des JStG 2009 gesetzlich in § 8 Abs. 7 Nr. 2 KStG verankert (s. Rz. 1834 ff.). Siehe zum Thema „Liebhaberei“ auch die Kommentierung zu § 8 Abs. 2 KStG in Rz. 103 ff.
Liquidation und vGA 913 Das KStG sieht in § 11 Abs. 1 KStG für die Liquidation einer Kapitalgesellschaft einen eigenständigen Besteuerungszeitraum vor. Dieser Besteuerungszeitraum entspricht dem Abwicklungszeitraum. Unter „Abwicklung“ versteht man die tatsächliche Verwertung und anschließende Auskehrung des Gesellschaftsvermögens.8 Der Abwicklungszeitraum soll in der Regel drei Jahre nicht überschreiten. Wegen näherer Einzelheiten s. § 11 KStG Rz. 70 ff. 914
Der Schlussbesteuerung der zu liquidierenden Kapitalgesellschaft ist der Gewinn zugrunde zu legen, der sich durch Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ergibt. Das Abwicklungs-Endvermögen ist das Vermögen (zu Teilwerten), welches nach Befriedigung der Gläubiger und nach Veräußerung der Vermögenswerte verblieben ist. Eine Aufdeckung der noch vorhandenen stillen Reserven erfolgt im Zeitpunkt dieser Schlussbesteuerung. Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 KStG erfasst also sämtliche stillen Reserven inkl. der selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter.9
915
Nach der Auflösung der Gesellschaft – also während der Liquidationsphase – sind offene und verdeckte Gewinnausschüttungen formal gesehen nicht mehr möglich.10 Eine Ausnahme bildet die offene Ausschüttung für Wirtschaftsjahre vor der Abwicklung. Diese oGA wer-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
BFH v. 15.5.2002 – I R 92/00, GmbHR 2002, 1033; Prinz, FR 2002, 1171. BFH v. 15.5.2002 – I R 92/00, FR 2002, 1175 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2002, 1033. So auch Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG Rz. 5. Zu Praxisproblemen s. Gosch, NWB F4, 4165; Hoffmann, INF 1997, 362. BFH v. 17.11.1999 – I R 4/99, BFH/NV 2000, 1502. BFH v. 29.3.2000 – I R 32/99, BStBl. II 2000, 496; FG Köln v. 24.3.2004 – 13 K 5107/00, FG Report 2004, 42 (rkr.). BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132. Dötsch/Pung, DB 2003, 1922. Lambrecht in Gosch2, § 11 KStG Rz. 45 ff. Lambrecht in Gosch2, § 11 KStG Rz. 66.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 915–919 § 8
den aber bereits vom Abwicklungs-Anfangsvermögen abgezogen. Alle übrigen Zuwendungen, welche die Anteilseigner während der Liquidation erhalten, sind offene oder verdeckte Liquidationsraten, die genau wie vGA den Liquidationsüberschuss nicht mindern dürfen. Das Abwicklungs-Endvermögen wird deshalb um den gemeinen Wert der verdeckten Liquidationsraten erhöht.1 Für Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft während der Liquidationsphase gelten die gleichen Grundsätze wie außerhalb der Liquidation, denn § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist als Einkommensermittlungsvorschrift auch im Rahmen des § 11 KStG uneingeschränkt anwendbar (§ 11 Abs. 6 KStG). Wurde Vermögen einer Körperschaft im Rahmen einer Liquidation (bzw. im Zuge der Schlussverteilung) an die Gesellschafter bis zum 31.12.2006 ausgekehrt, konnte die Vermögensauskehrung nach § 40 Abs. 4 Satz 1 KStG aF eine KSt-Minderung nach § 37 KStG bzw. eine KSt-Erhöhung nach § 38 KStG auslösen.2 Die Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer trat für den Veranlagungszeitraum ein, in dem die Liquidation endete. Liquidationsraten wurden also wie oGA behandelt. Dies galt selbst dann, wenn es sich um verdeckte Liquidationsraten (= vGA) handelte. Diese Problematik hat sich mit der Umstellung auf eine ratierliche und ausschüttungsunabhängige Abwicklung des KSt-Minderungs- und Erhöhungspotenzials mit Wirkung ab dem 1.1.2007 erledigt.
916
Mandantenstamm Siehe hierzu „Kundenstamm, Mandantenstamm“ (Rz. 895 ff.) und „Praxiswert/Mandantenstamm (Verpachtung)“ (Rz. 1066 ff.).
917
Markenlizenzen/Warenzeichen 1. Geschütztes Markenzeichen Seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1.1.1995 können die aus einer Marke entstandenen Rechte (Markenzeichen) ausdrücklich lizenziert werden. Inhaber des Markenzeichens kann auch eine natürliche Person ohne eigenes Betriebsvermögen sein. Ist die Person ein Gesellschafter, so kann das Markenzeichen gegen Lizenz der Kapitalgesellschaft überlassen werden. Es dürfte unstreitig sein, dass ein Gesellschafter ein Markenzeichen, das auf seinen Namen eingetragen ist und auf das seine Kapitalgesellschaft keinen Anspruch hat, gegen Entgelt der Gesellschaft überlassen kann (s. „Erfindervergütungen an GesellschafterGeschäftsführer“ in Rz. 753 ff.).
918
Ist das Markenzeichen bereits am Markt eingeführt, so würde hierfür auch unter fremden Dritten ein Entgelt gezahlt werden. Fraglich ist, welcher Wert der Überlassung eines neu eingetragenen Markenzeichens zukommt, das am Markt noch nicht mit einem konkreten Produkt in Verbindung gebracht wird.
919
Beispiel: Gesellschafter A ist Alleingesellschafter (nicht Geschäftsführer) der Duftwolke-GmbH. Die Gesellschaft stellt seit Jahren Parfümerieprodukte her und vertreibt diese auch selbst. Der Gesellschafter hat die Idee, einem neuen Rasierwasser den Namen „Yogis Spirit“ zu geben, weil dies ein Synonym für Schönheit und Erfolg sei. Er lässt sich den Namen als Markenzeichen eintragen und überlässt ihn seiner GmbH gegen Lizenzzahlungen von jährlich 500 000 Euro. Lösung: Fraglich ist, ob der Überlassung des noch nicht am Markt bekannten Markennamens ein echter Wert zukommt. Nach hM (s. Rz. 887) ist die Zahlung einer Markenlizenz selbst bei einer noch unbenutzten Marke gerechtfertigt. Nach einer Entscheidung des Bundespatentgerichts3 komme selbst einer noch unbenutzten Marke ein Grundwert (im dortigen Streitfall 22 500 DM) zu, weil ein fremder Dritter das Monopol, eine Marke bundesweit zu nutzen, nicht unentgeltlich überlassen würde. Im Übrigen sei es in der Praxis üblich, Markenlizenzen iHv. 8 % bis 20 % des Umsatzes zu vergüten. Bei der Bestimmung der Angemessenheit von Lizenzgebühren ist darauf abzustellen, ob das Markenzeichen im Zeitpunkt der Überlassung bereits einen messbaren Marktwert hatte. Dies dürfte bei einer reinen Namensidee nur eingeschränkt der Fall sein. Die Lizenzierung eines Markennamens ist auch nicht mit der Lizenzierung einer technischen Erfindung vergleichbar, weil der Lizenznehmer der technischen Erfindung von der Möglichkeit, diese Erfindung zu nutzen, wirtschaftlich abhängt. Der Lizenznehmer eines Markenzeichens kann seine Produkte dagegen auch unter einem anderen Namen verkaufen.
1 Lambrecht in Gosch2, § 11 KStG Rz. 51; Neu, GmbH-StB 1998, 286 (287); Heidemann, INF 1998, 716 (717). 2 Wegen Besonderheiten bei den sich über den 31.12.2006 hinaus erstreckenden Liquidationen s. §§ 37 Abs. 4 Satz 3, 38 Abs. 4 Satz 3 KStG. 3 Bundespatentgericht v. 8.3.1995 – 26 W [pat] 47/94.
Stimpel
573
§ 8 Rz. 919–925
Ermittlung des Einkommens
Es muss aber auf der anderen Seite berücksichtigt werden, dass zum einen ein Marketingunternehmer für die Erfindung eines Produktnamens auch eine – uU beträchtliche – Vergütung erhalten würde. Zum anderen darf man nicht außer Acht lassen, dass die Aufrechterhaltung einer Marke einen erheblichen Aufwand darstellt. Der Inhaber des Markenzeichens muss alle Neuanmeldungen in den einschlägigen Registern daraufhin überwachen, ob möglicherweise andere Marken angemeldet werden, die mit „Yogis Spirit“ verwechselt werden könnten. Der Markeninhaber (Gesellschafter) trägt auch das Kostenrisiko für ein diesbezügliches amtliches Widerspruchsverfahren. Würde die Gesellschaft diese Kosten übernehmen, so lägen daher vGA vor. Dennoch erscheint es unangemessen, ein nicht eingeführtes Markenzeichen mit einer umsatzabhängigen Lizenz zu vergüten, weil hierdurch – gerade in der Phase der Markteinführung – die Gefahr einer Gewinnabsaugung besteht. Wird eine Festvergütung gewählt, so könnte der genaue Marktwert des Markenzeichens durch einen unabhängigen Gutachter (Sachverständiger für Markenbewertungen) ermittelt werden.
2. Überlassung eines als Markenzeichen geschützten Konzernnamens 920 Ist der Name eines Konzerns als Markenname oder Markenzeichen geschützt, so stellt sich die Frage, ob die Konzernobergesellschaft (als Inhaberin des Markenrechts) das Recht zur Nutzung des Markennamens entgeltlich überlassen kann. Insbesondere dann, wenn die Tochtergesellschaft ausschließlich Konzernprodukte vertreibt, ist fraglich, ob hierfür neben den Konzernverrechnungspreisen umsatzabhängige Lizenzgebühren verrechnet werden dürfen (s. hierzu „Konzernname“ in Rz. 887).
Miet- und Pachtverhältnisse 921 VGA bei Miet- und Pachtverhältnissen kommen insbesondere in Betracht, wenn der vereinbarte Miet- oder Pachtzins unangemessen ist. Bei der Prüfung, ob eine Pacht, welche die Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter zahlt, angemessen ist, muss zunächst bei den Interessen des Pächters (Kapitalgesellschaft) angesetzt werden. Möglicherweise gegenläufige Interessen des Verpächters sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie im Verhältnis zwischen fremden Dritten zu einer Korrektur des zunächst ermittelten Ausgangswerts geführt hätten.1 922
Werden einzelne Wirtschaftsgüter gemietet (meist Grundstücke), so liegt ein Indiz für die Unangemessenheit vor, wenn – bei Betrachtung der Gesamtlaufzeit – der Kauf des Objekts für die GmbH günstiger gewesen wäre. Dabei muss allerdings mitberücksichtigt werden, ob nicht andere Gründe – wie zB die Kündigungsmöglichkeiten des Mietvertrags, die Verteilung des Reparaturrisikos und des Risikos des zufälligen Untergangs oder mangelndes Eigenkapital der GmbH – für eine Anmietung sprechen.2 Der angemessene Mietzins orientiert sich an der sog. Marktmiete (erzielbare Vergütung). Eine Weiterberechnung der Kostenmiete reicht im Allgemeinen nicht aus,3 kann aber dann als Anhaltspunkt dienen, wenn ein vergleichbarer Markt fehlt. In diesem Fall muss die Kostenmiete aber noch zwecks Vermeidung einer vGA um einen angemessenen Gewinnzuschlag erhöht werden.4
923
Problematisch ist auch die Vereinbarung einer Mieterhöhung, wenn der Mietvertrag keine Möglichkeit zur Mieterhöhung vorsieht. Eine während der Vertragslaufzeit vereinbarte Mieterhöhung führt zu einer vGA, wenn keine gewichtigen Gründe nachweisbar sind, die eine Mieterhöhung ohne eine vertragliche Möglichkeit rechtfertigen.5 Auf der anderen Seite kann eine vGA vorliegen, wenn sich das Mietpreisniveau erhöht und die Kapitalgesellschaft es versäumt, durch Änderungskündigung einen höheren Mietzins gegenüber ihrem Gesellschafter durchzusetzen.6
924
Zu den Besonderheiten in Betriebsaufspaltungsfällen s. „Betriebsaufspaltung“ in Rz. 590 ff.
Mietereinbauten der GmbH 925 Siehe hierzu „Bauten auf einem Gesellschaftergrundstück“ in Rz. 525. 1 2 3 4
BFH v. 9.7.2003 – I B 183/02, BFH/NV 2004, 87. BFH v. 12.11.1986 – I R 113/83, BFH/NV 1987, 265. FG Nds. v. 30.4.1991 – VI 288/90, GmbHR 1992, 329 (rkr.). BFH v. 17.11.2004 – I R 56/03, FR 2005, 589 = GmbHR 2005, 637; s. „Einfamilienhaus (Nutzung durch den Gesellschafter)“ in Rz. 732 ff. mwN. 5 FG BW v. 4.9.1998 – 6 V 51/97, GmbHR 1999, 87 (rkr.). 6 BFH v. 7.12.1988 – I R 25/82, BStBl. II 1989, 248 = FR 1989, 146.
574
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 926–933 § 8
Mündliche Vereinbarungen zwischen Gesellschafter und GmbH 926
Siehe hierzu Rz. 296 ff.
Nahestehende Person des Gesellschafters als Begünstigter der vGA 927
Siehe hierzu Rz. 366 ff.
Nennkapital, fehlende Einzahlung Gem. § 7 Abs. 2 GmbHG muss jeder Gesellschafter 1/4 seiner Stammeinlage einzahlen (Mindesteinlage). Insgesamt sind von allen Gesellschaftern zusammen mindestens 12 500 Euro einzuzahlen. Der Verzicht auf die Einforderung der Mindesteinlage kann zwar eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderung darstellen.1 Dies gilt allerdings nicht, wenn der Gesellschafter gleichwertige Gegenansprüche geltend machen könnte.2 Der über die Mindesteinlage hinausgehende Teil der ausstehenden Einlagen muss dagegen grds. überhaupt nicht eingefordert werden. Die Nichteinforderung ist folglich keine vGA.3 Die Fälligkeit der Mindesteinzahlung wird mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags begründet.
928
Bei Nichteinzahlung des Mindestbetrags entsteht aufseiten der GmbH gem. § 20 GmbHG ein gesetzlicher Zinsanspruch, dessen Nichterfüllung durch den Gesellschafter eine vGA darstellt.4 Eine vGA wegen Nichtverzinsung ist allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die GmbH über gleichwertige Gegenansprüche gegen den Gesellschafter verfügt.5 Bezüglich des über die Mindesteinlage hinausgehenden Betrags bedarf es einer gesonderten Einforderung im Wege des Beschlusses der Gesellschafterversammlung, welche die Fälligkeit und damit Verzinslichkeit der ausstehenden Einlage begründet. Die Nichtverzinsung des ausstehenden, aber noch nicht eingeforderten Betrags begründet keine vGA.6
929
Nicht abziehbare Aufwendungen, Abgrenzung zur vGA 930
Siehe hierzu Rz. 156 ff.
Nichteinforderung eines Anspruchs auf verdeckte Einlage Auch die Nichteinforderung einer verdeckten Einlage kann iHd. entgehenden Zinseinnahmen zu vGA führen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Kapitalgesellschaft den – zivilrechtlich unstreitigen – Einlageanspruch kannte und bewusst davon abgesehen hat, Zinsen entstehen zu lassen.7
931
Nicht-mehr-Gesellschafter als vGA-Empfänger 932
Siehe hierzu Rz. 377 ff.
Nicht vollzogener Vertrag Verzichtet der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH auf die Auszahlung einer vereinbarten Gewinntantieme und hat die GmbH für die Tantieme außerdem keine gewinnmindernde Rückstellung oder Verbindlichkeit ausgewiesen, dann fehlt es nach Auffassung des FG Köln8 aufseiten der GmbH an einer Einkommensminderung (bzw. nach heutiger Definition an einer Minderung des Unterschiedsbetrags iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) und damit an der entscheidungserheblichen Grundlage für die Annahme einer vGA. Nach Ansicht des FG Köln kommt es hier außerdem weder zu einer sog. anderen Ausschüttung (= Abfluss der vGA) noch fließt dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Beteiligungsertrag
1 Schwedhelm, BB 2000, 693; Schneider, StBp 1994, 16. 2 BFH v. 14.8.1985 – I R 149/81, BStBl. II 1986, 86 = GmbHR 1986, 137 = FR 1986, 72; Gosch2, § 8 KStG Rz. 740. 3 Zutr. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Einlagen, ausstehende“. 4 BFH v. 14.8.1985 – I R 149/81, BStBl. II 1986, 86 = GmbHR 1986, 137 = FR 1986, 72 (Vorinstanz FG Hess. v. 3.4.1981 – IV 329/79, EFG 1981, 588). 5 BFH v. 14.8.1985 – I R 149/81, BStBl. II 1986, 86 = GmbHR 1986, 137 = FR 1986, 72. 6 FG Nds. v. 30.11.2006 – 6 K 172/05, EFG 2007, 619 (rkr.). 7 BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 60. 8 FG Köln v. 19.2.1997 – 12 K 4819/91, GmbHR 1997, 510 (rkr.); bejahend Schwedhelm in Streck8, § 8 KStG Rz. 390; kritisch Wassermeyer, GmbHR 1997, 804.
Neumann
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§ 8 Rz. 933–938
Ermittlung des Einkommens
iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu. Nach unzutreffender Ansicht des FG soll eine (bewusste) komplette Nichtdurchführung eines Vertrags nicht zu einer vGA führen. Diese Sichtweise ist abzulehnen.1 Für die Annahme einer vGA sprechen folgende Gründe: 934
Es dürfte außer Zweifel stehen, dass eine einseitige Nichtdurchführung einer Vereinbarung mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einen gewichtigen Durchführungsmangel begründet, der eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung indiziert. Entscheidungserheblich ist sodann, ob die Vereinbarung trotz Nichtzahlung und Nichtpassivierung der Tantieme tatsächlich existiert hat. Wenn die Vereinbarung insgesamt (mündlich oder schriftlich) aufgehoben wurde, bevor der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Leistung erbracht hatte (also vor Beginn des Wj.), und dies glaubhaft dargelegt werden kann, dann kann die Nichtdurchführung selbstverständlich keine vGA begründen.
935
Wenn KapGes. und Gesellschafter den Vertrag aber nicht vor Beginn des Wj. schriftlich oder mündlich aufgehoben haben, dann kann nicht von einem unvollständig durchgeführten Vertrag, sondern muss von einem einseitig durchgeführten Vertrag ausgegangen werden, wenn die Vergütung weder passiviert noch ausgezahlt wird, die Arbeitsleistung aber erbracht wurde. In diesem Fall entsteht bei der KapGes. eine Tantiemeverbindlichkeit, die bis zum Zeitpunkt eines eventuellen späteren Verzichts weiter anwächst. Die bloße einseitige „Nichtdurchführung“, also die fehlerhafte Nichtpassivierung und die fehlende Auszahlung ändern daran nichts.
936
Wenn eine bilanzsteuerrechtliche Passivierungspflicht besteht, dann löst die zutreffende Passivierung einen Aufwand (und damit eine Unterschiedsbetragsminderung) aus. Die Frage, ob eine Minderung des Unterschiedsbetrags gegeben ist, muss nach objektiven steuerlichen Bilanzierungsgrundsätzen und nicht anhand einer fehlerhaften Bilanz beurteilt werden. Diese quasi nachzubuchende Unterschiedsbetragsminderung bedarf dann aber einer außerbilanziellen Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die vGA fließt dem Gesellschafter zu. Wenn er die KapGes. beherrscht und die KapGes. zahlungsfähig ist, dann ist ein Zufluss bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit anzunehmen (s. Rz. 362). Beim nicht beherrschenden Gesellschafter kann erst im Zeitpunkt eines späteren Verzichts von einem Zufluss ausgegangen werden. Die tatsächliche Passivierung hat nach hier vertretener Ansicht keine Auswirkung auf die Annahme eines Zuflusses beim Gesellschafter. Selbst wenn – was an dieser Stelle nicht problematisiert werden soll – ein Verzicht vor dem Bilanzstichtag stattfände, so würde der Gesellschafter-Geschäftsführer den ihm zivilrechtlich bis dahin zustehenden anteilig erdienten Anspruch realisieren. Zum unterjährigen (vor dem Bilanzstichtag ausgesprochenen) Verzicht auf eine Tantieme s. die Kommentierung zur vE in Rz. 1398 f.
937
Dagegen hat der VI. Senat des BFH2 entschieden, dass ein Verzicht auf eine (tatsächlich) nicht passivierte Lohnverbindlichkeit (vertraglich zugesagtes, aber nicht zur Auszahlung gebrachtes Weihnachtsgeld) durch einen nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH keinen Lohnzufluss auslöse. Dieser Sichtweise ist nicht zuzustimmen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Verbindlichkeit in einer zum Zeitpunkt des Verzichts aufzustellenden Bilanz zu passivieren gewesen wäre.3 Da der Forderungsverzicht keine rückwirkenden Rechtsfolgen auslöst,4 also der einseitige Verzicht auf die Vergütung die Leistungsbeziehung bis zum Zeitpunkt des Verzichts nicht ungeschehen macht, liegt eine verdeckte Einlage vor, die der Höhe nach dem Wert der geschuldeten Vergütung im Verzichtszeitpunkt entspricht.5 Die fehlerhafte Nichtpassivierung ändert nichts daran, dass die Verpflichtung für die KapGes. eine Belastung darstellt und den objektiven Wert der Anteile mindert. Insoweit wird die KapGes. durch den Verzicht bereichert und der Wert der Anteile erhöht.
938
Wenn ein Vertrag nur teilweise durchgeführt wird, so ist nach der Rspr. des BFH nur bezüglich der vertragsgemäß nicht durchgeführten Leistungen von vGA auszugehen (s. Rz. 310).6
1 FG Saarl. v. 5.4.1994 – 1 K 102/93, GmbHR 1994, 334 (rkr.). 2 BFH v. 3.2.2011 – VI R 4/10, GmbHR 2011, 490 = FR 2011, 576 m. Anm. Bergkemper. 3 Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 182. 4 Rieble in Staudinger, BGB, Buch 2, 2012, § 397 BGB Rz. 227. 5 Zutr. Siebert/Ivzhenko-Siebert, FR 2011, 948. 6 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 160.
576
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 939–945 § 8
Noch-nicht-Gesellschafter als vGA-Empfänger 939
Siehe den Allgemeinteil in Rz. 374 ff.
Non-profit-Gesellschaften 940
Siehe hierzu „Liebhaberei“ in Rz. 902 ff.
Organschaft und vGA 1. Vorteilszuwendung an den Organträger Eine OG ist ein selbstständiges Steuersubjekt. Im Körperschaftsteuerrecht gelten für die OG die allgemeinen Einkommensermittlungsgrundsätze, weil die OG anders als im Umsatzsteuerrecht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) und im Gewerbesteuerrecht (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) nicht als Betriebsstätte des OT gilt. Es ist daher denkbar, dass die OG bei bestehender Organschaft „normale“ vGA an den OT bewirkt.1
941
Im Rahmen der Prüfung der vGA-Voraussetzungen gelten die allgemeinen Grundsätze unter Heranziehung des Fremdvergleichs am Maßstab eines sog. ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der ausschließlich die Interessen „seiner“ OG und nicht die des OT wahrzunehmen hat.2 Eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung mit Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag der OG ist also auch bei einer OG eine vGA, auf die § 8 Abs. 3 KStG ohne Einschränkung Anwendung findet.3 Hierbei ist allerdings auf den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, vermindert um Verlustübernahmen und vermehrt um Gewinnabführungen, abzustellen. Verdeckte Gewinnausschüttungen an den OT dürfen also das eigene Einkommen der OG (vor Zurechnung an den OT) nicht mindern.
942
Innerorganschaftliche vGA sind allerdings vorweggenommene Gewinnabführungen,4 dh., 943 dass die Rechtsfolgen des Ab- und Zuflusses einer Ausschüttung nicht gezogen werden. Es ist also weder KapESt einzubehalten5 noch sind beim OT (= vGA-Empfänger) nicht abziehbare Ausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG in Ansatz zu bringen. Die tatsächliche Durchführung des GAV (also die grds.e Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft) wird hierdurch nicht berührt.6 Dennoch ist die Hinzurechnung der vGA zwingend schon bei der Einkommensermittlung der OG vorzunehmen.7 Dies hat zB bei der Berechnung der Spendenhöchstbeträge nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG auch praktische Auswirkungen.8 Kommt es bei dem OT durch die vGA zu einer außerbilanziellen Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und wird das so erhöhte Einkommen dem OT zugerechnet, so muss diese Hinzurechnung auf OT-Ebene wieder neutralisiert werden, wenn dort bisher iZm. dem als vGA behandelten Sachverhalt ein steuerpflichtiger Ertrag erfasst wurde. Dies dient der Vermeidung einer Doppelerfassung der vGA.9
944
Während die FinVerw.10 und die hM11 die Korrektur zutreffend beim OT vornehmen, 945 geht die Rspr.12 von einer Kürzung auf OG-Ebene aus. Es darf allerdings bezweifelt werden, ob die zum Anrechnungsverfahren ergangene Rspr. des BFH, die im Übrigen den Sonderfall einer unentgeltlichen Zuwendung eines Firmenwerts an eine Schwestergesellschaft betraf,
1 Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 290; St. Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 404; Blümich/ Danelsing, § 14 KStG Rz. 217. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 302 „Organschaft“; Schwedhelm in Streck8, § 8 KStG Anh. Rz. 881. 3 Herlinghaus, GmbHR 2002, 989. 4 R 61 Abs. 4 Satz 1 KStR 2004; BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = GmbHR 2007, 1275 m. Anm. Schröder = FR 2007, 1160. 5 Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 292; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 833. 6 R 61 Abs. 4 Satz 1 KStR 2004. 7 Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 292; St. Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 404. 8 Dötsch/Witt in D/P/M, § 14 KStG Rz. 272, 288. 9 Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 293; Dötsch/Witt in D/P/M, § 14 KStG Rz. 288, 336. 10 R 61 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004. 11 Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 293; Dötsch/Witt in D/P/M, § 14 KStG Rz. 288; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 833; aA Olbing in Streck8, § 14 KStG Rz. 136. 12 BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 = FR 1987, 229 = GmbHR 1987, 241; kritisch Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 164.
Neumann
577
§ 8 Rz. 945–948
Ermittlung des Einkommens
im heutigen Recht noch tragfähig ist. Im Übrigen ging der BFH1 damals, anders als in der jüngeren Rspr.2, wohl davon aus, dass die innerorganschaftliche vGA ein „normaler Kapitalertrag“ und keine vorweggenommene Gewinnabführung ist. Beispiel 1: OG gewährt dem OT ein unverzinsliches Darlehen. Der Zinsvorteil beträgt 100 und stellt eine vGA dar. Lösung: Das Einkommen der OG wird um 100 erhöht und dem OT entsprechend zugerechnet. Beim OT, der zuvor steuerpflichtige Zinseinnahmen in Ansatz gebracht hatte, wird nun bei der Ermittlung des eigenen Einkommens ein Abzug von 100 angenommen, um eine Doppelerfassung zu vermeiden.
946
Die gegenläufige Korrektur der vGA ist allerdings immer dann nicht erforderlich, wenn sich beim OT keine Auswirkung auf das eigene Einkommen ergeben hat. Betrachtet man die innerorganschaftliche vGA zB in Gestalt einer „Unterpreisveräußerung“ an den OT (nachstehendes Beispiel 2), so wird deutlich, dass sich in diesem Fall eine Korrektur der hinzugerechneten vGA erübrigt, weil in diesem Fall kein der vGA entsprechender Beteiligungsertrag beim OT erfasst wird.3 Beispiel 2: OG verkauft ein Betriebsgebäude an OT zum Preis von 30. Der gemeine Wert beträgt 100. Lösung: Das Einkommen der OG ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 70 zu erhöhen (verhinderte Vermögensmehrung). Beim OT ist das Betriebsgebäude mit 100 zu aktivieren und abzuschreiben. Ein Abzug wäre nur erforderlich, wenn der OT das Grundstück mit 100 erfolgswirksam aktiviert hat. Da die vGA aber eine vorweggenommene Gewinnabführung ist, erhält OT die stillen Reserven im Wege der Gewinnabführung. Das eigene OT-Einkommen bleibt davon unberührt. Ein außerbilanzieller Korrekturabzug scheidet deshalb aus. Beispiel 3: OT verkauft ein Betriebsgebäude an OG zum Preis von 100. Der gemeine Wert beträgt 30. Lösung: Die OG aktiviert das Betriebsgebäude mit AK von 30 und bucht in der Steuerbilanz einen Aufwand von 70. Das Einkommen der OG ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 70 zu erhöhen (Vermögensminderung). Der Veräußerungsgewinn des OT ist um 70 überhöht, weil es sich insoweit um eine Ausschüttung (vorweggenommene Gewinnabführung) handelt. Beim OT muss also ein Abzug von 70 erfolgen, damit eine Doppelbesteuerung vermieden wird.4 Beim OT ist das Betriebsgebäude mit 100 zu aktivieren und abzuschreiben. Ein Abzug wäre nur erforderlich, wenn OT das Betriebsgebäude mit 100 erfolgswirksam aktiviert hätte. Da die vGA aber eine vorweggenommene Gewinnabführung ist, erhält OT die stillen Reserven im Wege der Gewinnabführung (keine fiktive Anschaffung). Das eigene OT-Einkommen bleibt davon unberührt. Ein außerbilanzieller Korrekturabzug scheidet deshalb aus.
2. Vorteilszuwendungen an außenstehende Anteilseigner 947 Verdeckte Gewinnausschüttungen sind auch gegenüber außenstehenden Anteilseignern denkbar, wenn zB eine Vertragsbeziehung zu dem Außenstehenden einem Fremdvergleich nicht standhält. Gleiches ist auch im Falle überhöhter Ausgleichszahlungen denkbar.5 VGA werden in allen Fallkonstellationen wie „normale“ Ausgleichszahlungen iSd. § 16 KStG behandelt.6 Die vGA mindert dementsprechend nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das Einkommen der OG nicht, sondern ist Teil des der OG verbleibenden eigenen und von ihr selbst zu versteuernden Einkommens. 948
Die vGA an den Außenstehenden stellt die tatsächliche Durchführung des GAV nach hier vertretener Ansicht grds. nicht infrage.7 Zwar wird das handelsrechtliche Ergebnis durch die überhöhte Zahlung gemindert. Dies ändert allerdings nichts daran, dass der Gewinn handelsrechtlich zutreffend ausgewiesen ist und eben dieser Gewinn auch an den OT abgeführt wird. Etwas anderes kann aber gelten, wenn die Ausgleichzahlung auch handelsrechtlich als vGA anzusehen ist (s. „Grundlagen und Systematik“ in Rz. 159 ff.). Hier werden allerdings im Jahr der vGA Rückgewähransprüche zu aktivieren sein. Werden diese Ansprüche nicht
1 BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 = FR 1987, 229 = GmbHR 1987, 241. 2 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 = GmbHR 2007, 1275 m. Anm. Schröder = FR 2007, 1160. 3 Anders allerdings noch BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 = FR 1987, 229 = GmbHR 1987, 241 zum Anrechnungsverfahren. 4 Zutr. Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 294. 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 29. 6 R 61 Abs. 4 Satz 4 KStR 2004; ebenso St. Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 404; Erle/Heurung in Erle/ Sauter3, § 14 KStG Rz. 294; Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 48; aA Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1051. 7 GlA zumindest für vGA in Gestalt überhöhter Ausgleichzahlungen Frotscher in Frotscher/Maas, § 16 KStG Rz. 29; aA St. Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 405; unentschieden Erle/Heurung in Erle/Sauter3, § 14 KStG Rz. 299.
578
Neumann
Rz. 948–950 § 8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
aktiviert und ist dadurch der abgeführte Gewinn im vGA-Jahr zu niedrig, so kann ein Durchführungsmangel anzunehmen sein. 3. Vorteilszuwendung an nicht organschaftlich eingebundene Schwestergesellschaft Bei vGA an nicht organschaftlich eingebundene Konzerngesellschaften ergeben sich regelmäßig steuerliche Auswirkungen, weil sich die Wirkungen nicht im Organkreis aufheben.
949
Beispiel: Die T1-GmbH verkauft ein Grundstück an ihre Schwestergesellschaft T2-GmbH zum Preis von 30. Der Wert des Grundstücks beläuft sich auf 100. T1 ist OG und 100-prozentige Tochter der Organträgerin M-GmbH. Letztere ist wiederum an der nicht organschaftlich eingebundenen T2-GmbH zu 100 % beteiligt.
M-GmbH (OT)
GAV
T1-GmbH (OG)
T2-GmbH
Vorteilszuwendung
Lösung: Die Steuerfolgen ähneln denen einer „normalen“ vGA im Dreiecksverhältnis. Das Einkommen der T1 (OG) ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 70 zu erhöhen (verhinderte Vermögensmehrung). Das um 70 erhöhte Einkommen wird sodann dem OT (M-GmbH) zugerechnet (keine Dividende, keine KapESt, keine Anwendung von § 8b Abs. 5 KStG). Der OT bildet insoweit keinen aktiven Ausgleichsposten (keine Minderabführung), da die Mittel aus dem Organkreis abgeflossen sind (ähnlich wie bei einer nicht abziehbaren Ausgabe). Die M-GmbH bewirkt sodann eine Zuwendung an die T2-GmbH iHv. 70. Die Vorteilszuwendung stellt auf der Ebene der empfangenden T2-GmbH eine einkommensneutrale vE dar. Das Grundstück kann bei der E-GmbH mit 100 aktiviert und entsprechend abgeschrieben werden.
Wenn sonstige Leistungsvergütungen zu einer nicht organschaftlichen Schwestergesellschaft vGA darstellen, läuft die Annahme einer vGA letztlich ins Leere, wenn Gegenstand der vGA eine Nutzung ist, die sich bei der Muttergesellschaft (OT) verbraucht. Beispiel: Die T1-GmbH vermietet ein Grundstück an ihre Schwestergesellschaft T2-GmbH zum Preis von 30. Der ortsübliche Mietzins (Bandbreitenobergrenze) für das Grundstück beläuft sich auf 100. T1 ist OG und 100-prozentige Tochter der Organträgerin M-GmbH. Letztere ist wiederum an der nicht organschaftlich eingebundenen T2-GmbH zu 100 % beteiligt. Lösung: Die Steuerfolgen ähneln auch in diesem Fall denen einer „normalen“ vGA im Dreiecksverhältnis. Das Einkommen der T1 (OG) ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 70 zu erhöhen (verhinderte Vermögensmehrung). Das um 70 erhöhte Einkommen wird sodann dem OT (M-GmbH) zugerechnet (keine Dividende, keine KapESt, keine Anwendung von § 8b Abs. 5 KStG). Der OT bildet insoweit keinen aktiven Ausgleichsposten (keine Minderabführung), da die Mittel aus dem Organkreis abgeflossen sind (ähnlich wie bei einer nicht abziehbaren Ausgabe). Die M-GmbH bewirkt allerdings keine vE in die T2-GmbH iHv. 70, weil die verbilligte Überlassung kein einlagefähiger Vermögensvorteil ist. Allerdings kommt es bei M zu einem Vorteilsverbrauch (abzugsfähiger Aufwand) iHv. 70, auf den § 3c EStG keine Anwendung findet. Abwandlung: Sachverhalt wie vor, aber die T2-GmbH vermietet das Grundstück an die Schwestergesellschaft T1-GmbH (OG) zum Preis von 100. Der ortsübliche Mietzins (Bandbreitenobergrenze) für das Grundstück beläuft sich auf 30. Lösung: Das Einkommen der T1 (OG) ist gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG um 70 zu erhöhen (verhinderte Vermögensmehrung). Das um 70 erhöhte Einkommen wird sodann dem OT (M-GmbH) zugerechnet (keine
Neumann
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950
§ 8 Rz. 950–951
Ermittlung des Einkommens
Dividende, keine KapESt, keine Anwendung von § 8b Abs. 5 KStG). Der OT bildet insoweit keinen aktiven Ausgleichsposten (keine Minderabführung), da die Mittel aus dem Organkreis abgeflossen sind (ähnlich wie bei einer nicht abziehbaren Ausgabe). Die M-GmbH bewirkt sodann eine vE in die T2-GmbH iHv. 70. Bei T2 wird der Mietertrag also in eine steuerneutrale vE umqualifiziert.
4. VGA durch mittelbaren GAV? 951 Für die Annahme einer finanziellen Eingliederung reicht es aus, wenn der OT mittelbar (ggf. auch mittelbar und unmittelbar) mehrheitlich an der OG beteiligt ist. In diesen Fällen ist es also möglich, einen GAV mit steuerlicher Wirkung zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft abzuschließen. In diesem Fall ist die M-GmbH körperschaftsteuerlicher Organträger der E-GmbH.
M-GmbH (OT)
T-GmbH
GAV
E-GmbH (OG)
Die Frage der Annahme von vGA ist nur dann von praktischer Relevanz, wenn zwischen M und T kein GAV abgeschlossen wird. Durch den Abschluss des GAV zwischen E und M entgeht der nicht organschaftlich eingebundenen Zwischenholding T der Gewinnanspruch aus der Beteiligung an der E-GmbH. Besteht dagegen zwischen T und M auch ein GAV, so müsste T den Gewinn der E ohnehin an M abführen. Besteht dagegen zwischen T und M kein GAV, so handelt es sich bei dem Verzicht der T-GmbH auf den Dividendenanspruch um eine verhinderte Vermögensmehrung bei T. Nach hM gehen die Rechtsfolgen des § 14 KStG als speziellere Regelung der Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor. Dieser Vorrang des § 14 KStG ist zwingend, denn im Prinzip wäre schließlich jede organschaftliche Gewinnabführung im Kern eine vGA an den OT. Infolge der Erfassung des Einkommens der E-GmbH (OG) bei dem OT ist die Annahme einer vGA auch bei der nicht organschaftlich eingebundenen T ausgeschlossen.1 Der hM, die auch von der FinVerw. vertreten wird, ist uneingeschränkt zuzustimmen. In dieser mittelbaren Konstellation ist es aus systematischen Gründen zwingend, dass § 14 KStG auch auf die Einkommensermittlung der nicht organschaftlich eingebundenen T ausstrahlt. Die Annahme einer vGA durch T würde nämlich bedeuten, dass T die entgangene Dividende (verhinderte Vermögensmehrung) zunächst als steuerfreie Einnahme ansetzt (letztlich versteuert T damit nur 5 % der erhaltenen vGA als nicht abziehbare Ausgabe gem. § 8b Abs. 5 KStG) und sodann als „normale vGA“ an die M-GmbH weiterleitet. Auch bei M käme es zum Ansatz steuerfreier Beteiligungserträge und 1 St. Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 404; Dötsch in D/P/M, § 14 KStG Rz. 131; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 14 KStG Rz. 235; Walter in Ernst & Young, § 14 KStG Rz. 581; Wassermeyer, DK 2005, 242 (248).
580
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 951–954 § 8
zur Besteuerung von 5 % der vGA nach § 8b Abs. 5 KStG. Eine parallele Anwendung von § 14 KStG würde dazu führen, dass M gleichzeitig das Organeinkommen – welches ihr ja bereits als Dividende zugerechnet wurde – nach § 14 KStG in Ansatz bringt. Dies zeigt, dass hier die Spezialität des § 14 KStG auch auf der mittelbaren Ebene die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 verdrängen muss. 5. Rechtsfolgen einer „verunglückten“ Organschaft Bei körperschaftsteuerlicher Organschaft besteht ein nicht zu unterschätzendes vGA-Risiko. Dieses Risiko besteht aber weniger in der Nichtanerkennung vereinbarter Leistungsbeziehungen, sondern in der möglichen Nichtanerkennung des körperschaftsteuerlichen Organschaftsverhältnisses selbst (sog. verunglückte Organschaft). Zu einer – meist nachträglichen – Nichtanerkennung des Organschaftsverhältnisses kann es zB kommen, wenn der Gewinnabführungsvertrag nicht den formalen Anforderungen des § 17 KStG genügt. Der Gewinnabführungsvertrag muss nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG rechtzeitig bis zum Ende des Wj. der OG, für das erstmals die steuerlichen Folgen angewendet werden sollen, wirksam werden. Ferner muss zwingend eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart werden.1 Außerdem fordert § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG, dass der Vertrag während seiner gesamten Geltungsdauer vereinbarungsgemäß tatsächlich durchgeführt wird. Ein Verstoß innerhalb der ersten fünf Geltungsjahre führt nach R 60 Abs. 8 KStR 2004 dazu, dass der GAV von Anfang an als steuerrechtlich unwirksam anzusehen ist.
952
Wird der GAV wegen formeller Mängel oder wegen unzureichender Durchführung ins- 953 gesamt nicht anerkannt, wurde er infolge zivilrechtlicher Wirksamkeit aber dennoch durchgeführt, so ergeben sich unterschiedliche steuerliche Auswirkungen, je nachdem, ob die OG ein negatives oder ein positives Einkommen hat. Wenn die OG ein positives Einkommen erzielt hat, so versteuert sie dieses selbst, weil die steuerliche Ergebniszurechnung zum Einkommen des OT unterbleibt. Gewinnabführungen stellen eine Ergebnisverwendung dar und werden als vGA behandelt, weil der GAV einem ordnungsmäßigen Gewinnverteilungsbeschluss nicht gleichgestellt werden kann.2 Die vGA sind auf der Ebene des OT steuerfreie Beteiligungserträge (§ 8b Abs. 1 KStG). IHv. 5 % der vGA werden beim OT nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG nicht abziehbare Ausgaben generiert. Die Finanzierungskosten in Bezug auf die Organbeteiligung bleiben abzugsfähig, da § 3c Abs. 1 EStG im Geltungsbereich des § 8b Abs. 1 KStG gem. § 8b Abs. 5 Satz 2 KStG keine Anwendung findet. Ist der OT eine Personengesellschaft, an der natürliche Personen beteiligt sind, so sind die als vGA zu wertenden Gewinnabführungen und die mit der Organbeteiligung zusammenhängenden Aufwendungen nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 3c Abs. 2 EStG jeweils nur zu 60 % zu erfassen. Wenn die OG Verluste erwirtschaftet, so findet eine Zurechnung dieser Verluste zum OT nicht statt. Die Verluste bleiben also in der OG endgültig „gefangen“ und können nicht mit Gewinnen des OT verrechnet werden. Die Verlustübernahmen gem. § 302 AktG sind vE des OT in die OG. Der Buchwert der Organbeteiligungen wird durch die vE erhöht. Diese zusätzlichen AK können allerdings wegen der Beschränkungen des § 8b KStG in aller Regel nicht steuerlich verwertet werden.
Patronatserklärung Patronatserklärungen dienen meist der Durchführung von Kreditgeschäften und ggf. der Absicherung von Lieferbeziehungen. Häufig werden Patronatserklärungen durch Konzernobergesellschaften abgegeben, um durch Hinweis auf die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Mutterunternehmens die Kreditwürdigkeit eines Tochterunternehmens zu erhöhen.3 Patronatserklärungen sind aus dem Blickwinkel des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ähnlich zu werten wie Bürgschaften. Patronatserklärungen unterliegen keinem Formzwang. Es sind inhaltlich aber sehr unterschiedliche Ausprägungen denkbar. Im Extremfall können sie wie Garantieversprechen oder Bürgschaften ausgestaltet sein (sog. harte Patronatserklärung). 1 BFH v. 29.3.2000 – I R 43/99, GmbHR 2000, 949; v. 3.3.2010 – I R 68/09, GmbHR 2010, 661 = BFH/NV 2010, 1132; v. 22.12.2010 – I B 83/10, GmbHR 2011, 328 = FR 2011, 524 = BFH/NV 2011, 528; v. 17.6.2008 – IV R 88/05, BFH/NV 2008, 1705; BMF v. 19.10.2010 – IV C 2 - S 2770/08/10004, BStBl. I 2010, 836. 2 BFH v. 31.1.1974 – I R 104/72, BStBl. II 1974, 323; v. 13.9.1989 – I R 110/88, BStBl. II 1990, 24 = FR 1990, 193 = GmbHR 1990, 144; v. 26.4.1989 – I R 152/84, BStBl. II 1989, 668 = FR 1989, 601 = GmbHR 1989, 526; v. 17.10.2007 – I R 39/06, GmbHR 2008, 444 = BFH/NV 2008, 614; Suchanek, INF 2004, 302; St. Neumann in Gosch2, § 8 KStG Rz. 540 mwN; zur zeitlichen Erfassung dieser vGA s. St. Neumann in Gosch2, § 14 KStG Rz. 546. 3 Vgl. Michalski, WM 1994, 1229; Köhler, WM 1978, 1338.
Neumann
581
954
§ 8 Rz. 954–956
Ermittlung des Einkommens
Bei einer weichen Patronatserklärung existiert dagegen keine schuldrechtliche oder dingliche Sicherung (keine einklagbare Sicherheit) des Kreditgläubigers. Die steuerrechtliche Beurteilung hängt daher sehr stark vom Einzelfall ab. Gibt ein Anteilseigner für seine KapGes. eine Patronatserklärung ab und erhält er dafür von der Gesellschaft ein Entgelt, so ist zu prüfen, ob dieses Entgelt dem Grunde und der Höhe nach angemessen ist. Hierfür ist zum einen bedeutsam, ob die GmbH aus der Patronatserklärung Vorteile in Form entsprechender Bankkredite erlangt hat. Nur in diesem Fall ist eine Entgeltszahlung an den Gesellschafter überhaupt gerechtfertigt. Die marktübliche Höhe des Entgelts kann sich je nach Ausgestaltung der Patronatserklärung und den damit für den Gesellschafter verbundenen Risiken maximal an der Höhe marktüblicher Avalprovisionen orientieren. Ein höheres Entgelt ist aber regelmäßig nicht gerechtfertigt und führt zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung, denn das Risiko aus einer Patronatserklärung übersteigt nie das Risiko einer echten Bürgschaft. IdR sind Patronatserklärungen, die der Gesellschafter abgibt, gesellschaftsrechtlich veranlasst. Sie erhöhen die Bandbreite des Angemessenen in Bezug auf die Höhe der Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht.1 Gibt die Gesellschaft eine Patronatserklärung für ihren Gesellschafter ab und wird sie hieraus in Anspruch genommen, ist regelmäßig von vGA auszugehen.
Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer 1. Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung 955 Insbesondere die ertragsteuerrechtlichen Regelungen zu Pensionszusagen betreffen gleichermaßen den (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführer und den Fremdgeschäftsführer. Die FinVerw. hat im BMF-Schreiben v. 24.7.20132 umfassend zur privaten und betrieblichen Altersversorgung Stellung genommen. Eine Grundvoraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Altersversorgung ist die Abhängigkeit von einem biometrischen Risiko (altersbedingtes Ausscheiden aus dem Dienst, Todesfall oder Invalidität). Mögliche Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung sind die Direktversicherung,3 die Pensionskasse,4 der Pensionsfonds,5 die Unterstützungskasse6 und die Pensionszusage (sog. Direktzusage).7 2. Voraussetzungen der Passivierung nach § 6a EStG a) Voraussetzungen im Einzelnen 956 Die Voraussetzungen einer Pensionszusage sind in § 6a EStG geregelt. Hierbei sind folgende Formvorschriften zu beachten: –
Die Pension muss vor dem Bilanzstichtag nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen rechtsverbindlich zugesagt worden sein.8 Ein bloßes Inaussichtstellen reicht nicht aus.9
–
Die Pensionsleistungen dürfen gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG nicht von künftigen gewinnabhängigen Bezügen (zB Tantiemen) abhängen.10 Gewinntantiemen, die nach Erteilung der Pensionszusage entstehen, dürfen in die Bemessungsgrundlage nicht einfließen.
1 FG Berlin-Bdb. v. 27.9.2007 – 6 K 8215/06 B, EFG 2008, 232 (rkr.). 2 BMF v. 24.7.2013 – IV C 3 - S 2015/11/100002, BStBl. I 2013, 1022. 3 Voll stpfl. Arbeitslohn in der Anwartschaftsphase; ggf. Pauschalversteuerung gem. § 40b EStG; beim Arbeitgeber grds. als Lohnaufwand voll abziehbar; bei Rentenbezug Versteuerung des Ertragsanteils gem. § 22 Nr. 5 Satz 3 iVm. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. 4 Zufluss Arbeitslohn in der Anwartschaftsphase; ggf. steuerfrei nach § 3 Nr. 63 EStG; BA-Abzug nach § 4e Abs. 1 EStG; volle nachgelagerte Versteuerung, soweit in der Ansparphase steuerfrei (§ 22 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG); bei Rentenbezug Ansatz des Ertragsanteils, soweit in der Ansparphase stpfl. 5 Zufluss Arbeitslohn in der Anwartschaftsphase ggf. steuerfrei gem. § 3 Nr. 63 EStG; BA-Abzug nach § 4e Abs. 1 EStG; volle nachgelagerte Versteuerung, soweit in der Ansparphase steuerfrei (§ 22 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG); bei Rentenbezug Ansatz des Ertragsanteils, soweit in der Ansparphase stpfl. 6 Kein Zufluss von Arbeitslohn in der Anwartschaftsphase; Begrenzung des BA-Abzugs durch § 4d EStG; bei Rentenbezug volle nachgelagerte Versteuerung als Versorgungsbezug gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. 7 In der Anwartschaftsphase kein Zufluss von Arbeitslohn; beim Arbeitgeber Zuführung zur Pensionsrückstellung durch § 6a EStG beschränkt; bei Rentenbezug volle nachgelagerte Versteuerung als Versorgungsbezug gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. 8 R 6a Abs. 2 EStR 2012. 9 FG Hamburg v. 13.7.2011 – 1 K 174/10, juris (rkr.). 10 S. dazu BFH v. 3.3.2010 – I R 31/09, FR 2010, 658 m. Anm. Buciek = GmbHR 2010, 546; BMF v. 18.10.2013 – IV C 6 - S 2176/12/10001, BStBl. I 2013, 1268. Die Künftigkeit der gewinnabhängigen Bezüge ist aus dem Blickwinkel der Erteilung der Pensionszusage zu betrachten.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 956–957 § 8
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Der maßgebliche Versorgungsfall muss nach Auffassung der FinVerw. das Ende des Dienstverhältnisses und nicht nur ein bestimmtes Lebensalter sein. Eine Pensionszusage, nach der die versprochenen Leistungen fällig werden, ohne dass das Dienstverhältnis formal beendet ist, stelle keine Zusage auf Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung dar und berechtige daher nach § 6a EStG nicht zum Ausweis einer Pensionsrückstellung in der Bilanz.1 Nach der zutr. Rspr. des BFH genügt es dagegen, wenn für den Eintritt des Versorgungsfalls nur die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres als biometrisches Ereignis vorgesehen ist.2
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Die wichtigsten Berechnungsfaktoren (Zusagezeitpunkt, Art und Höhe3 der Versorgungsleistungen, Leistungsvoraussetzungen, Widerrufsvorbehalte) müssen gem. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG schriftlich in eindeutiger Weise festgelegt sein. Diese Anforderung dient der Beweissicherung.4
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Die Pensionszusage muss vor dem Bilanzstichtag schriftlich erteilt werden. Dazu genügt grds. jede schriftliche Fixierung, in der der Pensionsanspruch nach Art und Höhe festgelegt wird.5 Nachträgliche Gesprächsvermerke reichen allerdings nicht aus.6 Damit wird nur die rechtswirksame, aber für Zwecke des § 6a EStG unzureichende, mündliche Pensionsvereinbarung im Nachhinein dokumentiert.
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Die Pensionszusage darf gem. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG keinen „schädlichen“ Vorbehalt enthalten, nach dem die Anwartschaft oder die Pensionsleistungen gemindert oder entzogen werden können.7 Ein Vorbehalt, der ein Erlöschen der Pensionsansprüche vorsieht, wenn die GmbH-Anteile veräußert werden (sog. Inhaberklausel), ist ebenfalls unzulässig.8
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Dagegen ist ein Vorbehalt zulässig, der einen Widerruf der Pensionszusagen bei wesentlich geänderten Verhältnissen unter verständiger Abwägung der Interessen der Beteiligten ermöglicht. Ein solcher Vorbehalt steht einer Passivierung gem. § 6a EStG nicht im Wege und hat auch auf die Höhe der Pensionsverpflichtung keinen Einfluss. Er verhindert allerdings die Passivierung der Pensionsrückstellung in einer insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz.9
Eine unter Verstoß gegen die Formerfordernisse des § 6a EStG gebildete Pensionsrückstellung ist in der ersten offenen Schlussbilanz erfolgswirksam aufzulösen.10 Gleichwohl stellen aber spätere Pensionszahlungen bei der KapGes. abziehbare Betriebsausgaben und beim Versorgungsempfänger nachträgliche Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit (Versorgungsleistungen) dar. Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer zugleich beherrschender Gesellschafter der GmbH ist. b) Widerrufsklauseln Wenn Pensionszusagen einen „schädlichen“ Vorbehalt enthalten, wonach die Anwartschaft oder der Anspruch jederzeit widerrufen werden kann, so ist eine Passivierung nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Anwartschaftsphase unzulässig. Dies ist dann der Fall, wenn ein verbindlicher Rechtsanspruch nicht besteht oder ein Rechtsanspruch ohne besondere Gründe wieder entziehbar ist.11 In diesen Konstellationen ist eine Rückstellungsbildung erst möglich, sobald der Arbeitnehmer tatsächlich in den Ruhestand tritt (ausfinanzierte Verpflichtung). Ein Vorbehalt ist dagegen zulässig, wenn die Pensionszusage bei geänderten Verhältnissen nur nach Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten nach billigem Ermessen widerrufen werden darf.
1 H 6a Abs. 1 EStH 2012. 2 BFH v. 5.3.2008 – I R 12/07, BFH/NV 2008, 1273 = GmbHR 2008, 663 und BFH v. 23.10.2013 – I R 60/12, BFH/NV 2014, 781 = GmbHR 2014, 495. 3 Zur Angabe der Bemessungsgrundlage vgl. FG Düsseldorf v. 12.11.2013 – 6 K 4199/11 K, F, EFG 2014, 523. 4 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG, BT-Drucks. 7/1281, 38. 5 Vgl. R 6a Abs. 7 EStR 2012. 6 BFH v. 22.10.2003 – I R 37/02, BFH/NV 2004, 269 = FR 2004, 213 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2004, 187; anders vorinstanzlich FG Nds. v. 28.2.2002 – 6 K 256/99, GmbHR 2002, 979. 7 S. dazu die schädlichen „Katalogvorbehalte“ in R 6a Abs. 3 und 4 EStR 2012. 8 R 6a Abs. 6 EStR 2012. 9 Vgl. K. Schmidt in Scholz11, Vor § 64 GmbHG Rz. 30; Haas in Baumbach/Hueck20, § 64 GmbHG Rz. 53. 10 Vgl. R 4.4 Satz 9 EStR 2012. 11 R 6a Abs. 3 EStH 2012.
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§ 8 Rz. 958–961
Ermittlung des Einkommens
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Nach Auffassung der FinVerw. sind Widerrufsvorbehalte nur dann unschädlich, wenn sie eine nachhaltige wesentliche Änderung der bei Erteilung der Zusage maßgeblichen Verhältnisse und die Unzumutbarkeit der weiteren Aufrechterhaltung der zugesagten Pensionsleistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten voraussetzen. Beispiel: „Die Firma behält sich vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn sich die bei Erteilung der Pensionszusage maßgeblichen Verhältnisse nachhaltig so wesentlich geändert haben, dass der Firma die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann.“ Die FinVerw. hat sich in R 6a Abs. 4 EStR dahingehend festgelegt, nur bestimmte Mustervorbehalte steuerlich anzuerkennen, die den seit Ende der fünfziger Jahre geltenden Rechtsgrundsätzen entsprechen.1 Dem ist allerdings zwischenzeitlich die arbeitsrechtliche Grundlage entzogen worden, weil die Rspr. den freien Widerruf auch bei wirtschaftlicher Notlage zumindest für insolvenzgeschützte und für unverfallbare Anwartschaften als unwirksam ansieht.2 Seit dem 1.1.1999 ist der Widerruf von insolvenzgeschützten Versorgungsansprüchen (§ 7 Abs. 1 BetrAVG) und unverfallbaren Anwartschaften (§ 1b BetrAVG) wegen wirtschaftlicher Notlage nicht mehr möglich.3 Dies gilt zumindest für Minderheitsgesellschafter, die dem Regelungsbereich des BetrAVG unterliegen, uneingeschränkt. Dennoch hält die FinVerw. ausdrücklich an der Beschränkung auf die genannten Mustervorbehalte fest. Dies wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.4 Allerdings ist zu bedenken, dass § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht auf die rechtliche Wirksamkeit des Vorbehalts abstellt, sondern nur auf dessen Existenz. In anderem Zusammenhang hat der BFH im Übrigen darauf hingewiesen, dass es dem Gesetzgeber unbenommen sei, tatbestandliche Anforderungen zu formulieren, ohne die Zivilrechtslage zu prüfen und das steuerliche Regelungsverständnis nicht von der Zivilrechtsprechung abhängig zu machen.5
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Ein Mustervorbehalt, der es entsprechend der Regelung in R 6a Abs. 4 EStR 2012 ermöglicht, die Pensionszusage oder deren Höhe nicht aufrechtzuerhalten, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung der Wirtschaftslage des Unternehmens eintritt, führt nach Ansicht des BFH nicht zu einer vGA.6 Der BFH hatte im Urteilsfall, in dem Begünstigter der Ehemann der Alleingesellschafterin war, offenbar keine Bedenken im Hinblick auf das Fehlen einer klaren und eindeutigen Vereinbarung.7 Ein Widerruf kann auch für den Fall eines grob treuwidrigen Verhaltens des Gesellschafter-Geschäftsführers vorbehalten werden.
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Die Ausübung des vereinbarten Widerrufs ist kein gesellschaftsrechtlich veranlasster Verzicht, wenn der Widerruf bereits in der ursprünglichen Pensionsvereinbarung verankert war. Zwar muss die Gesellschaft in diesem Fall die Pensionsrückstellung erfolgswirksam ausbuchen. Dadurch kommt es zu einem Ertrag, der nicht außerbilanziell zu korrigieren ist. Es findet kein Zufluss auf der Gesellschafterebene statt. Dies gilt mE auch dann, wenn die Pensionszusage im Zeitpunkt des Widerrufs noch (teilweise) werthaltig war. Dies ist zB auch in der Krise denkbar, wenn eine Rückdeckungsversicherung besteht und die Ansprüche aus dieser Versicherung beispielsweise für den Insolvenzfall zugunsten des begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführers verpfändet wurden.8 Die GmbH kann dann den Ertrag aus der Auflösung der Rückstellung mit den vorhandenen Verlustvorträgen verrechnen.
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Nachteilig ist allerdings, dass die KapGes. gezwungen ist, von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Tut sie dies trotz erheblicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht, so ist die Aufrechterhaltung der Pensionszusage regelmäßig gesellschaftsrechtlich veranlasst. Die Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind in diesem Fall ab dem Zeitpunkt, ab dem sich die Gesellschaft nach den Grundsätzen des Zivilrechts von ihrer Verpflichtung lossagen könnte, vGA. Ein weiterer erheblicher Nachteil des Widerrufsvorbehalts ist die faktische Aufhebung des Insolvenzschutzes. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern, die ja nicht der Insolvenzsicherung nach § 7 BetrAVG unterliegen, wird häufig eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, die dann für den Insolvenzfall zugunsten 1 Vgl. BFH v. 6.10.1967 – VI 61/64, BStBl. II 1968, 90. 2 Vgl. BAG v. 17.6.2003 – 3 AZR 396/02, MDR 2004, 354. 3 BAG v. 10.12.1971 – 3 AZR 190/71, BAGE 24, 63; v. 24.4.2001 – 3 AZR 402/00, DB 2001, 1787; v. 17.6.2003 – 3 AZR 396/02, DB 2004, 324. 4 Vgl. Gosch in Kirchhof13, § 6a EStG Rz. 20; Förster in Blümich, § 6a EStG Rz. 142. 5 BFH v. 3.3.2010 – I R 68/09, BFH/NV 2010, 1132 mwN = GmbHR 2010, 661. 6 BFH v. 15.10.1997 – I R 42/97, FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340. 7 GlA BMF v. 14.5.1999 – IV C 6 - S 2742 - 9/99, BStBl. I 1999, 512 = GmbHR 1999, 735. 8 Zu den Wirkungen des Pfandrechts s. BGH v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04, DB 2005, 1453; v. 4.3.1993 – IX ZR 169/92, ZIP 1993, 600.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 961–963 § 8
des Gesellschafter-Geschäftsführers verpfändet wird.1 Wird aber nun bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer für den Krisenfall ein Widerrufsvorbehalt vereinbart, so wird der durch die Verpfändung der Rückdeckungsversicherung erreichte Insolvenzschutz indirekt wieder aufgehoben. Wenn die GmbH nach Erteilung der Pensionszusage insolvent wird, hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, die bestehende Pensionszusage aufzuheben und die Rückdeckungsansprüche (auch wenn sie verpfändet waren) zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zu verwerten.2 c) Berücksichtigungsfähige Vordienstzeiten Bei Berechnung der Pensionsrückstellung nach § 6a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist grds. auf den tatsächlichen und nicht auf einen fiktiven früheren Beginn des Dienstverhältnisses abzustellen, es sei denn, es existieren anzurechnende Vordienstzeiten. Dies sind bei der Bemessung der Pensionsrückstellung zu berücksichtigende Zeiten, die der Arbeitnehmer in einem früheren Dienstverhältnis zurückgelegt hat.3 Wird zB ein Betrieb in eine Kapitalgesellschaft eingebracht (Betriebsübernahme gem. § 613a BGB) und war der spätere Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH als Arbeitnehmer (nicht Inhaber) in dem eingebrachten Betrieb tätig, so bleibt als Beginn des Dienstverhältnisses der Dienstantritt bei dem früheren Arbeitgeber (Betrieb) bestehen.4 Voraussetzung ist aber, dass das im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehende „alte“ Dienstverhältnis als Arbeitsverhältnis5 anzusehen war. Unternehmerische Tätigkeiten sind nicht anzurechnen. Bei Gesellschafter-Geschäftsführern sollten allerdings auch in Fällen des Betriebsübergangs Vereinbarungen hinsichtlich der Fortsetzung des Anstellungsvertrags und der Übernahme der Pensionsverpflichtungen getroffen werden.6 Eine Berücksichtigung von Vordienstzeiten der Geschäftsführer ist auch bei Umwandlung einer KG in eine GmbH möglich. Dies gilt allerdings nicht, wenn der später pensionsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Umwandlung Mitunternehmer der KG gewesen ist und die Pensionsleistungen deshalb zu dessen Sondervergütungen iSv. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 iVm. Satz 2 EStG gehört hatten.7 Hier ist auf den tatsächlichen Dienstbeginn bei der GmbH abzustellen. Als Vordienstzeit ist nur der Zeitraum einzubeziehen, in dem der Pensionsberechtigte Angestellter der KG war und dies auch nur dann, wenn das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Umwandlung noch bestand.8 Dies ist sachgerecht, weil (mit-)unternehmerische Vordienstzeiten unberücksichtigt bleiben müssen. Eine Berücksichtigung von Vordienstzeiten kommt nicht in Betracht, wenn das alte Dienstverhältnis im Zeitpunkt der Begründung des neuen Dienstverhältnisses beendet, die Anwartschaft aus dem alten Dienstverhältnis nicht unverfallbar war und hinsichtlich der Zurechnung von Vordienstzeiten keine vertraglichen Abreden bestehen.9 Die unberechtigte Einbeziehung von Vordienstzeiten führt allerdings nur zu einer Korrektur der Pensionsrückstellung der Höhe nach, nicht jedoch zur Annahme einer vGA.10
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3. Fremdvergleichsprüfung, allgemeine Kriterien Die Anerkennung einer Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale des § 6a EStG erfüllt sind und die Zusage betrieblich veranlasst ist. Hierzu bedarf es eines wirksamen Anstellungsvertrags und einer klaren und eindeutigen im Voraus gegebenen schriftlichen Zusage (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Die Schriftlichkeit ist allerdings nur Voraussetzung für die Rückstellungsbildung nach § 6a EStG, nicht aber für die steuerliche Anerkennung dem Grunde nach. Neben den in Rz. 156 genannten allgemeinen Voraussetzungen muss die Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsfüh1 Einzelheiten bei Doetsch, Altersvorsorge für Manager, 1998, S. 59, 69, 86, 116–117, 120, 140; Arteaga, ZIP 1996, 208; Arteaga, ZIP 1998, 276. 2 Vgl. Langohr-Plato, Stbg 2002, 393 (395). 3 R 6a Abs. 10 EStR 2012; zur Anrechnung von Vordienstzeiten s. Ellrott/Rhiel in Beck Bil. Komm., § 249 HGB Rz. 217; Förster in Blümich, § 6a EStG Rz. 373 ff.; Seeger in Schmidt33, § 6a EStG Rz. 54; Höfer in L/B/P, § 6a EStG Rz. 67. 4 Vgl. BFH v. 10.8.1994 – I R 47/93, BStBl. II 1995, 250 = FR 1995, 188; FG Münster v. 15.6.2011 – 9 K 1292/07 K, EFG 2012, 638 (Rev. I R 69/11). 5 BFH v. 10.8.1994 – I R 47/93, BStBl. II 1995, 250 = FR 1995, 188. 6 Heubeck/Schmauck, Altersversorgung der Geschäftsführer in GmbH und GmbH & Co. KG, 4. Aufl. 1998, Rz. 281. 7 BFH v. 9.4.1997 – I R 124/95, BStBl. II 1997, 799 = GmbHR 1997, 566 = FR 1997, 447. 8 BMF v. 22.12.1997 – IV B 2 - S 2176 - 120/97, BStBl. I 1997, 1020. 9 BFH v. 17.5.2000 – I R 25/98, GmbHR 2001, 42. 10 BFH v. 18.4.2002 – III R 43/00, BStBl. II 2003, 149 = FR 2002, 928 = GmbHR 2002, 860 m. Anm. Hoffmann.
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§ 8 Rz. 963–967
Ermittlung des Einkommens
rer zur Vermeidung einer vGA ernsthaft, erdienbar, finanzierbar und angemessen sein.1 Liegen diese Voraussetzungen sämtlich vor, so ist die Pensionszusage an einen GesellschafterGeschäftsführer steuerlich in der Regel anzuerkennen. Zu der Frage, wie eine Pensionszusage in die allgemeine Angemessenheitsüberprüfung einzubeziehen ist, s. Rz. 465. 964
Eine Pensionszusage setzt im Übrigen voraus, dass die KapGes. einen nicht nur geringfügigen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält.2 Die Tatsache, dass andere Betriebsangehörige keine Versorgungszusage erhalten, ist noch kein Indiz für eine Veranlassung der Zusage durch das Gesellschaftsverhältnis.3 Die übereinstimmende Erteilung von Pensionszusagen an mehrere Geschäftsführer, von denen der eine Gesellschafter und der andere Nichtgesellschafter ist, spricht iRd. Fremdvergleichs für die betriebliche Veranlassung beider Zusagen.4
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Es ist grds. nicht zu beanstanden, wenn eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage auch für den Invaliditäts- oder Todesfall verspricht. Eine Hinterbliebenenpension an die Witwe (bzw. den Witwer) eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers unterliegt allerdings gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG im Todesfall der Erbschaftsteuer.5
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Ist in der Versorgungszusage die erste Ehefrau des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers als Begünstigte einer Witwenklausel bedacht und ändert die GmbH die Zusage nach Eintritt des Versorgungsfalls des Geschäftsführers, indem sie statt der 65-jährigen ersten Ehefrau nun die 30-jährige zweite Ehefrau als Berechtigte einsetzt, so sind die dadurch bedingten Erhöhungen der Pensionsrückstellung auf der Ebene der GmbH als vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzusehen.6 Eine Hinterbliebenenpension für den Ehegatten, die nach dessen Versterben inhaltsgleich auf den Lebenspartner des Gesellschafter-Geschäftsführers erteilt wird, ist steuerlich als Neuzusage anzusehen. Die Zusage an die „neue“ Ehefrau beruht nach dem Tode der ersten Ehefrau auf einer freien Entscheidung der GmbH und nicht auf einer zivilrechtlichen Verpflichtung, denn nach dem Tode der ersten Ehefrau entfällt die Versorgungsverpflichtung der GmbH zunächst ersatzlos. Folglich muss diese „Neuzusage“ nach allgemeinen Grundsätzen noch erdienbar sein (idR. zehn Jahre Restdienstzeit),7 denn die Pension sollte dazu bestimmt sein, die künftige Arbeitsleistung des Berechtigten und nicht seine bislang für das Unternehmen erworbenen Verdienste abzugelten. Das FG Nürnberg8 hat dagegen eine solche „neue“ Hinterbliebenenpension nicht grds. abgelehnt und für die Beurteilung einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung die im Betriebsrentenrecht anerkannten sog. Spätehenklauseln oder Altersdifferenzklauseln zugrunde gelegt.9
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Auch eine Pensionszusage an eine nicht eheliche Lebensgefährtin des Gesellschafter-Geschäftsführers ist mE grds. steuerlich berücksichtigungsfähig.10 Insbesondere wenn die Beziehung des Gesellschafter-Geschäftsführers zu seiner Lebensgefährtin schon viele Jahren besteht und der Ehefrau eines Mitgeschäftsführers ebenfalls eine Witwenrente versprochen wurde, bestehen nach neuerer Ansicht des BFH keine Bedenken, die Lebensgefährtin der Ehefrau gleichzustellen. Das BMF11 hat die Zusage einer Pension an den nicht ehelichen Lebenspartner grds. anerkannt. Allerdings werden bestimmte formelle Voraussetzungen gefordert, die in der Praxis beachtet werden sollten. Hier wären zu nennen: eine schriftlich bestätigte Kenntnisnahme des Begünstigten und eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht oder eine gemeinsame Haushaltsführung. Der Versorgungsberechtigte muss im Übrigen in der schriftlichen Zusage mit Namen, Anschrift und Geburtsdatum genannt werden.
1 R 38 Satz 6 KStR 2004. In den KStR ist die Finanzierbarkeit seit 2006 als eigenständiges Prüfkriterium nicht mehr enthalten. 2 Vgl. FG München v. 23.9.2003 – 6 K 3611/01, juris (rkr.). 3 BFH v. 17.5.1995 – I R 105/94, BStBl. II 1996, 423 = FR 1995, 901 = GmbHR 1995, 740. 4 Vgl. BFH v. 22.10.1998 – I R 29/98, BFH/NV 1999, 972 = GmbHR 1999, 487. 5 BFH v. 24.5.2005 – II B 40/04, BFH/NV 2005, 1571. 6 FG Berlin-Bdb. v. 30.1.2013 – 12 K 12227/10, EFG 2013, 949 (Rev. I R 17/13). 7 BFH v. 28.6.2005 – I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252 = GmbHR 2005, 1510; v. 23.9.2008 – I R 62/07, GmbH 2009, 217 = FR 2009, 672. 8 FG Nürnberg v. 14.3.2000 – I 269/97, GmbHR 2000, 583 (rkr.). 9 Vgl. BAG v. 28.7.2005 – 3 AZR 457/04, DB 2006, 2018. 10 BFH v. 29.11.2000 – I R 90/99, FR 2001, 532 = DStR 2001, 392 = GmbHR 2001, 304 mit Komm. Bickenbach. 11 BMF v. 25.7.2002 – IV A 6 - S 2176 - 28/02, BStBl. I 2002, 706 = GmbHR 2002, 939.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 968–970 § 8
4. Klare und eindeutige Vereinbarung im Voraus bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern Bei Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer ist das sog. Rückwirkungsverbot zu beachten (s. Grundlagen und Systematik in Rz. 267 ff.). Zur Vermeidung einer vGA an den beherrschenden Gesellschafter ist es unerlässlich, dass die Pensionszusage von vornherein so klar und eindeutig vereinbart wird, dass die Höhe und die Bedingung für den Eintritt des Versorgungsfalls allein durch Rechenvorgänge genau zu ermitteln ist. Zu vereinbaren sind deshalb die Leistungsvoraussetzungen (maßgebliches Pensionsalter), Leistungshöhe, die Unverfallbarkeitsfristen, Leistungsarten, Voraussetzungen für eine Anpassung der Versorgungsanwartschaft, Voraussetzungen für eine Anpassung der laufenden Leistungen.1 Es muss ausgeschlossen sein, dass bei der Berechnung der Altersversorgung noch ein Ermessensspielraum verbleibt. Dies dient der Vermeidung nachträglicher Manipulationen.2 Eine klare und eindeutige Vereinbarung liegt nach der Rspr. des BFH auch dann vor, wenn in der Versorgungszusage nicht die Altersrente, sondern die fiktive Jahresnettoprämie (exakt) bestimmt ist (beitragsorientierte Zusage). Fehlt einer Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, die nach den vertraglichen Vereinbarungen aus einer genau bestimmten Jahresnettoprämie zu errechnen ist, der erforderliche Rechnungszinsfuß, so kann dieser auch durch Auslegung anhand des üblichen Rechnungszinsfußes ermittelt werden.3 Allerdings verlangt § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG ausdrücklich, dass die Pensionszusage eindeutige Angaben zur Höhe der in Aussicht gestellten zukünftigen Leistungen enthält.4 Nach hier vertretener Ansicht ist es erforderlich, dass sich die in Aussicht gestellte Leistung im Falle einer beitragsorientierten Zusage aus modellhaften Berechnungen ergibt, die sich aus einer Anlage zum Pensionsvertrag ergeben.5 Ist die Höhe der Leistungen daraus nicht eindeutig zu entnehmen, so ist es denkbar, dass eine an die fiktive Jahresnettoprämie anknüpfende beitragsorientierte Pensionszusage zwar steuerlich anzuerkennen ist (keine vGA), eine Rückstellung nach § 6a EStG aber dennoch nicht gebildet werden darf. Die späteren Rentenzahlungen sind dann bei der KapGes. abziehbare Betriebsausgaben und beim pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführer Einkünfte iSd. § 19 Abs. 2 EStG.
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5. Erdienbarkeit der Pensionsanwartschaft a) Grundsätze Die Ernsthaftigkeit einer Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer setzt voraus, dass der Begünstigte den ihm zugesprochenen Rentenanspruch in der ihm verbleibenden Restdienstzeit noch erdienen kann. Zu berücksichtigen sind dabei das Lebensalter des Gesellschafter-Geschäftsführers, die Länge der Wartezeit und die künftige aktive Dienstzeit, nicht aber die Zeit, in der der Geschäftsführer als Inhaber oder Gesellschafter der KapGes. (also ohne Dienstvertrag) für die KapGes. tätig war.6 Die Erdienbarkeit wird auch dann gefordert, wenn die KapGes. im Rahmen eines Unternehmenskaufs dem bisherigen Einzelunternehmer und gleichzeitigen Geschäftsführer der aufnehmenden GmbH eine Pensionszusage erteilt. Allerdings sind Zeiträume, in denen der Begünstigte in dem Einzelunternehmen beschäftigt war, in die Berechnung einzubeziehen.7
969
Da die betriebliche Altersversorgung eine Anerkennung für langjährige Betriebstreue ist, 970 muss eine Pensionszusage an eine solche langjährige Tätigkeit anknüpfen. Andernfalls ist von einer gesellschaftlichen Veranlassung der gesamten Pensionszusage auszugehen. Im Schrifttum wird teilweise die Ansicht vertreten, das Kriterium sei zur Überprüfung des Fremdüblichen gar nicht erforderlich. Es könne letztlich nur auf die Angemessenheit ankommen.8 Für das Kriterium der Erdienbarkeit spricht aber insbesondere der Umstand, dass die Erteilung einer Pensionszusage, anders als die Vereinbarung einer laufenden Vergütung, eine temporä-
1 Nach Beginn der Pension führt eine Anpassung bei beherrschenden Gesellschaftern idR zu vGA. 2 BFH v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928 = GmbHR 2006, 943 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 929. 3 BFH v. 24.3.1999 – I R 20/98, GmbHR 1999, 987; v. 8.12.2004 – I B 125/04, BFH/NV 2005, 1036 = GmbHR 2005, 942. 4 S. auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 1074. 5 So wohl auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 571. 6 Vgl. BFH v. 25.5.1988 – I R 107/84, BStBl. II 1989, 43 = GmbHR 1989, 216. 7 BFH v. 15.3.2000 – I R 40/99, BStBl. II 2000, 504 = GmbHR 2000, 826 = FR 2000, 871. 8 Höfer/Kisters-Kölkes, BB 1989, 1157; Baer, BB 1989, 1529; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 1669; Langohr-Plato, INF 2003, 256; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1098, Letzterer allerdings unter Hinweis auf einen nach seiner Ansicht eingetretenen Paradigmenwechsel infolge Einführung der §§ 1 Abs. 2, 1a BetrAVG.
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§ 8 Rz. 970–973
Ermittlung des Einkommens
re Steuerersparnis bewirkt und deshalb einer besonders kritischen Fremdvergleichsprüfung bedarf, auch wenn sich der Steuerspareffekt nach Abschaffung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens und der Absenkung des KSt-Satzes mittlerweile deutlich relativiert hat. Der BFH hat sich der Kritik im Schrifttum nicht angeschlossen.1 Er geht „im Interesse der Rechtssicherheit“ von typisierenden Vermutungen aus, weil es praktisch nicht möglich ist, den konkreten Erdienenszeitraum in jedem Einzelfall festzustellen.2 Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern fordert der BFH grds. eine zehnjährige Restdienstzeit (s. Rz. 980).3 Bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern muss, wenn die zehnjährige Restdienstzeit nicht erreicht wird, mindestens eine dreijährige Restdienstzeit erreicht werden, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer dem Betrieb seit mindestens zwölf Jahren angehört (s. Rz. 979).4 Die Erdienbarkeit ist ein eigenständiges Kriterium für die steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer. Ist sie nicht gewährleistet, so können unabhängig vom absoluten oder relativen Umfang der Pension vGA anzunehmen sein.5 971
Es muss überdies sichergestellt werden, dass die vereinbarte (Mindest-)Erdienenszeit auch tatsächlich im Unternehmen „abgeleistet“ wird. Scheidet der Gesellschafter-Geschäftsführer vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist aus dem Unternehmen aus, so handelt es sich bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer um einen Durchführungsmangel. Die Zuführungen zur Pensionsrückstellung sind in diesem Fall als vGA zu behandeln.6
972
Für die Berechnung der Restdienstzeit ist grds. der Zeitraum von der Zusage der Pension bis zum vertraglich vereinbarten Ruhestandsalter zugrunde zu legen. Auf den Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrags ist nicht abzustellen, selbst dann, wenn dieser bereits eine Altersversorgung in Aussicht gestellt hat, Art, Beginn und Höhe der Versorgungsansprüche aber nicht regelt.7
973
Der BFH8 leitete die Fristen (s. Rz. 970), innerhalb derer ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH seine Pensionsansprüche erdienen kann, aus dem früheren BetrAVG ab.9 Dies entfaltet indes nur indizielle Wirkung. Die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen im BetrAVG sind allerdings durch das Altersvermögensgesetz (AVmG) vom 26.6.2001 geändert worden. Gem. § 1b BetrAVG ist eine betriebliche Versorgungszusage nunmehr bereits unverfallbar, wenn das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens fünf Jahre bestanden hat. Die zweite Unverfallbarkeitsalternative, die auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit abstellte, ist durch den Gesetzgeber ersatzlos gestrichen worden. Gem. § 30f BetrAVG gilt die geänderte Regelung für ab dem 1.1.2001 zugesagte Leistungen. Die FinVerw.10 lehnt es allerdings zu Recht ab, die durch die Rspr. entwickelten Erdienbarkeitsfristen wegen der Änderungen des BetrAVG zu verkürzen. Ebenso entschied der BFH.11 Gosch kritisiert dies und sieht hierin eine Benachteiligung der Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber „normalen“ Arbeitnehmern.12 Eine Anpassung der Erdienenszeiträume an die neuen Fristen ist nach hier vertretener Ansicht nicht gerechtfertigt. Die Unverfallbarkeitsfristen des BetrAVG haben sachlogisch mit der hier in Rede stehenden Erdienbarkeitsproblematik rein gar nichts zu tun, weshalb die „Anleihe“ des BFH beim BetrAVG in dieser Frage ohnehin verwundert. Dennoch ist es aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen, dass der BFH die Erdienbarkeitszeiträume in typisierender Weise festlegt hat. Im Schrifttum wird auch die Ansicht vertreten, die Erdien1 BFH v. 23.9.2008 – I R 62/07, BFH/NV 2009, 297 = GmbHR 2009, 217 = FR 2009, 672; v. 21.12.1994 – I R 98/93, BStBl. II 1995, 419 = GmbHR 1995, 388 = FR 1995, 418; v. 10.11.1993 – I R 36/93, BFH/NV 1994, 827 = GmbHR 1994, 898; v. 13.12.1961 – I 321/60 U, BStBl. III 1962, 243; v. 20.5.1992 – I R 2/91, BFH/NV 1993, 52 = GmbHR 1993, 184. 2 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, BStBl. II 1995, 419 = FR 1995, 418 = GmbHR 1995, 388. 3 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, BStBl. II 1995, 419 = FR 1995, 418 = GmbHR 1995, 388; v. 24.1.1996 – I R 41/95, FR 1996, 637 = GmbHR 1996, 701. 4 BFH v. 24.1.1996 – I R 41/95, BStBl. II 1997, 440 = FR 1996, 637 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 701. 5 BFH v. 23.9.2008 – I R 62/07, BFH/NV 2009, 297 = FR 2009, 672 = GmbHR 2009, 217; aA vorinstanzlich FG Münster v. 29.6.2007 – 9 K 293/03 K, G, EFG 2007, 1629. 6 BFH v. 25.6.2014 – I R 76/13, FR 2014, 1080. 7 BFH v. 16.12.1998 – I R 96/95, BFH/NV 1999, 1125 = GmbHR 1999, 667. 8 BFH v. 24.1.1996 – I R 41/95, BStBl. II 1997, 440 = FR 1996, 637 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 701. 9 Dort war früher eine Unverfallbarkeitsfrist von zehn Jahren geregelt. Ab 2001 gilt gem. § 1b BetrAVG eine fünfjährige Unverfallbarkeitsfrist. 10 BMF v. 9.12.2000 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, GmbHR 2002, 1262. 11 BFH v. 19.11.2008 – I B 108/08, BFH/NV 2009, 608 = GmbHR 2009, 440. 12 Gosch2, § 8 KStG Rz. 1096; Gosch, BFH-PR 2009, 427.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 973–978 § 8
barkeit dann nicht zu prüfen, wenn das Versorgungsniveau bis zur Überversorgungsgrenze von 75 % aufgestockt wird.1 Dies ist nach hier vertretener Ansicht zumindest für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer wegen des Rückwirkungsverbots bedenklich. Es handelt sich nach der Rspr. des BFH im Übrigen nicht um starre Fristen.2 So führt eine Pensionszusage, die zwei Monate nach Vollendung des 60. Lebensjahres (s. dazu Rz. 978) erteilt wird, nicht zwingend zu vGA, dagegen ist eine Restdienstzeit von sieben Jahren und sieben Monaten definitiv zu kurz.3 Nach Auffassung des BFH4 kann ein Zeitraum von acht Jahren und zehn Monaten ausreichen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer aus nachvollziehbaren Gründen persönlich gehindert war, eine angemessene eigene Altersversorgung aufzubauen.5 Im Falle der Schließung einer Lücke in der Altersversorgung hatte der BFH schon in der Vergangenheit6 ein Abweichen von dem normalen Erdienenszeitraum für möglich erachtet. Dagegen reichen selbst neun Jahre und neun Monate nicht aus, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Zusage lebensbedrohlich erkrankt war. Die FinVerw. ist dagegen der Ansicht, dass außerhalb des betrieblichen Bereichs liegende (persönliche) Gründe des Gesellschafter-Geschäftsführers eine Abkürzung des Erdienenszeitraums nicht rechtfertigen.7 Es ist daher zu empfehlen, ein Pensionierungsalter festzulegen (ggf. über das 65. Lebensjahr, nicht aber über das 70. Lebensjahr hinaus), mit dem die ZehnJahresfrist erreicht wird.
974
Die vorgenannten Fristen müssen in Fällen der Barlohnumwandlung relativiert werden. 975 Weil der Gesellschafter-Geschäftsführer die Pensionsansprüche mit dem einbehaltenen Lohn selbst bezahlt, kann eine Erdienbarkeit der „neuen“ Anwartschaft nach hier vertretener Ansicht nicht verlangt werden.8 Dies gilt insbesondere dann, wenn die umgewandelten Entgelte in eine Rückdeckungsversicherung einbezahlt werden und die zugesagte Pension nicht über die Versicherungsanwartschaft hinausgeht. Wird zB bei Gründung der GmbH mit sofortiger Wirkung eine unverfallbare Zusage auf Altersruhegeld ausgesprochen, die sich aus der Umwandlung des zum gleichen Zeitpunkt erstmals festgesetzten Gehalts finanziert, wird man – wie im Falle einer normalen Pensionszusage – zu prüfen haben, ob die Anwartschaft erdienbar und angemessen ist.9 Da es den Beteiligten freisteht, das Anfangsgehalt gezielt so zu bemessen, dass es für eine Entgeltumwandlung ausreicht, muss die Pensionszusage so ausgestaltet werden, dass sie dem Fremdvergleich standhält. Eine Pension ist nicht mehr erdienbar, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die Al- 976 tersrente auch vorzeitig in Anspruch nehmen kann oder eine Option hat, früher als vertraglich vorgesehen in den Ruhestand zu treten.10 Die gilt allerdings nur, wenn die Option vor Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeübt werden könnte. Mit Urteil v. 11.8.200411 entschied der BFH, eine Pensionszusage sei wegen mangelnder Erdienbarkeit gesellschaftsrechtlich veranlasst, wenn eine GmbH ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pension in einem Zeitpunkt zusage, in dem dieser mit dem Ausbrechen einer lebensbedrohenden Erkrankung rechnen musste. Diese Entscheidung ist nicht nachvollziehbar, weil die GmbH dann erst recht nicht mit einer wirtschaftlichen Belastung durch die Pensionszusage zu rechnen hatte. Etwas anderes gilt mE nur, soweit eine solche Zusage auch eine Witwenversorgung enthält und in erster Linie eine Versorgung der Ehefrau beabsichtigt ist.
977
Eine Versorgungszusage ist nicht mehr erdienbar, wenn der (beherrschende oder nicht beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr be-
978
1 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 728. 2 BFH v. 30.1.2002 – I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055 = GmbHR 2002, 795; v. 24.4.2002 – I R 43/01, BStBl. II 2003, 143 = FR 2002, 1295 = GmbHR 2002, 1145; ebenso FG Münster v. 19.12.2003 – 9 K 491/01 K, G, F, DStRE 2004, 649 und nachfolgend BFH v. 14.7.2004 – I R 14/04, BFH/NV 2005, 245 = GmbHR 2005, 112. 3 BFH v. 14.7.2004 – I R 14/04, GmbHR 2005, 112; ähnlich bereits BFH v. 23.7.2003 – I R 80/02, BStBl. II 2003, 926. 4 BFH v. 24.4.2002 – I R 43/01, BStBl. II 2003, 143 = FR 2002, 1295 = GmbHR 2002, 1145. 5 AA FG Schl.-Holst. v. 5.11.2003 – 1 K 208/03, EFG 2004, 422 = GmbHR 2004, 808. 6 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, BStBl. II 1995, 419 = FR 1995, 418 = GmbHR 1995, 388. 7 BMF v. 13.5.2003 – IV A 2 - S 2742 - 27/03, BStBl. I 2003, 300. 8 Ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1098; Neumann, GmbH-StB 2003, 13 (18). 9 AA Paus, GmbHR 2001, 607. 10 BFH v. 28.6.2005 – I R 25/04, GmbHR 2005, 1510. 11 BFH v. 11.8.2004 – I R 108–110/03, BFH/NV 2005, 385 = GmbHR 2005, 184.
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§ 8 Rz. 978–979
Ermittlung des Einkommens
reits vollendet hatte.1 Gosch spricht hier zu Recht von einem „nahezu unwiderleglichen Indiz“ für die Annahme einer gesellschaftlichen Veranlassung.2 Ein geringfügiges Überschreiten dieser Grenze ist nach der Rspr. des BFH noch unschädlich.3 Liegt die vertraglich vereinbarte Pensionsgrenze allerdings nach Vollendung des 70. Lebensjahres, so endet der Erdienenszeitraum immer mit der Vollendung des 70. Lebensjahres.4 b) Fristen für nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer 979 Nach der Rspr. des BFH5 ist die Zusage einer Pension an einen nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine vGA, wenn der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand weniger als zehn Jahre beträgt oder wenn dieser Zeitraum zwar mindestens drei Jahre beträgt, der Gesellschafter-Geschäftsführer dem Betrieb aber weniger als zwölf Jahre angehört. Die FinVerw. hat diese Grundsätze vereinfacht. Nach ihrer Ansicht6 reicht ein Gesamtzeitraum (Addition von Betriebszugehörigkeit und Restdienstzeit) von zwölf Jahren aus. Dabei ist es unschädlich, wenn die Zusage zB nach sechsjähriger Betriebszugehörigkeit erteilt wird und der Geschäftsführer noch weitere sechs Jahre im Amt bleibt. Wenn der nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer dem Betrieb seit mindestens neun Jahren angehört, reicht also eine Restdienstzeit ab dem Zusagezeitpunkt von drei Jahren aus, um die versprochenen Anwartschaften noch zu erdienen. Da bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern das Rückwirkungsverbot nicht gilt, kann auch eine im Zusagezeitpunkt bereits abgeleistete Dienstzeit mit in die Betrachtung einbezogen werden. Hierbei ist unerheblich, welche Funktion der Gesellschafter-Geschäftsführer in den zurückliegenden Dienstjahren innehatte. In den Erdienbarkeitszeitraum sind auch abgeleistete Zeiten einzurechnen, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer in einem in die GmbH eingebrachten Einzelunternehmen tätig war.7 Voraussetzung ist aber ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang (§ 613a BGB) auf diejenige GmbH, die die Pensionszusage erteilt. Beispiele zur Erdienbarkeit bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern: Alter bei Beginn des Dienstverhältnisses
Alter bei Zusageerteilung
vereinbartes Pensionsalter
steuerliche Anerkennung?
35
45
59
nein8
35
53
65
ja9
35
59
65
ja10
57
59
65
nein11
35
64
70
nein12
1 BFH v. 11.9.2013 – I R 26/12, BFH/NV 2014, 728 = GmbHR 2014, 486; v. 9.11.2005 – I R 94/04, BFH/NV 2006, 616. 2 Gosch2, § 8 KStG Rz. 1094. 3 BFH v. 14.7.2004 – I R 14/04, GmbHR 2005, 112; v. 23.7.2003 – I R 80/02, BStBl. II 2003, 926. 4 Gosch2, § 8 KStG Rz. 1092; ebenso Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in H/H/R, § 8 KStG Rz. 299, gehen ohne nähere Begründung vom vollendeten 74. Lebensjahr als maximaler Altersgrenze aus. 5 BFH v. 24.1.1996 – I R 41/95, BStBl. II 1997, 440 = FR 1996, 637 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 701. 6 BMF v. 7.3.1997 – IV B 7 - S 2742 - 20/97, BStBl. I 1997, 637 = GmbHR 1997, 574. 7 BFH v. 15.3.2000 – I R 40/99, FR 2000, 871 = GmbHR 2000, 826. 8 Ein vereinbartes Pensionsalter unter 60 wird nicht anerkannt (so zum Fall eines nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers BFH v. 9.11.2005 – I R 94/04, BFH/NV 2006, 616). 9 Der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand beträgt mehr als zehn Jahre. 10 Es verbleibt eine mehr als dreijährige Restdienstzeit bei insgesamt mehr als zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit. 11 Zwar wurde eine zweijährige Probezeit eingehalten. Da die Restdienstzeit nur sechs Jahre beträgt, müsste eine Betriebszugehörigkeit bei Zusageerteilung von mindestens sechs Jahren gegeben sein. Dies ist nicht der Fall. 12 Ein Pensionsanspruch ist nicht mehr erdienbar, wenn der (beherrschende oder nicht beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt der Pensionszusage das 60. Lebensjahr überschritten hat; vgl. BFH v. 11.9.2013 – I R 26/12, BFH/NV 2014, 728 = GmbHR 2014, 486; v. 9.11.2005 – I R 94/04, BFH/NV 2006, 616.
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Rz. 980 § 8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2) c) Fristen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer
Für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer wird dagegen grds. immer eine zehnjährige Restdienstzeit gefordert. Bei diesem Personenkreis kann nach Ansicht des BFH1 wegen des Nachzahlungsverbots nicht auf die Dauer der vor Zusageerteilung abgeleisteten Betriebszugehörigkeit abgestellt werden (zur möglichen Abkürzung der Zehn-Jahres-Frist s. Rz. 973). Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung wegen mangelnder Erdienbarkeit eine vGA angenommen, weil eine Pensionszusage auf das 65. Lebensjahr (Pensionierungsalter) zwischen dem 55. und dem 59. Lebensjahr erteilt wurde, so besteht nach der Rspr. des BFH2 zumindest ex nunc noch eine Möglichkeit, die verunglückte Pensionszusage zu heilen. Verpflichtet sich der Gesellschafter-Geschäftsführer später zur Dienstleistung bis zum 70. Lebensjahr (Verlängerung der Erdienensdauer), so ist hierin keine komplette Neuzusage zu sehen. Vielmehr muss die Pensionszusage ab dem Zeitpunkt der Vertragsanpassung steuerlich anerkannt werden.3 Dies gilt aber nur, wenn die vereinbarte (Mindest-)Erdienenszeit auch tatsächlich eingehalten wird. Ansonsten ist ein Durchführungsmangel anzunehmen.4 Beispiel: Im Alter von 58 Jahren wird dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer A von der A-GmbH eine Pensionszusage auf das 65. Lebensjahr erteilt. Als A 64 Jahre alt wird, ändern die Beteiligten den Pensionsvertrag dergestalt, dass die Versorgungsansprüche nur entstehen, wenn A bis zum 69. Lebensjahr weiterarbeitet. Lösung: Die Änderung der Pensionszusage ist steuerlich anzuerkennen (keine Neuzusage). Die Erdienensdauer beträgt elf Jahre. Allerdings ist für die Zeit bis zum Wirksamwerden der Änderung (also bis zum 64. Lebensjahr) die Erdienbarkeit des Versorgungsanspruchs nach Maßgabe der ursprünglichen Zusage zu beurteilen (Erdienensdauer nur sieben Jahre). Die Änderung wirkt steuerlich also nur ex nunc. Die Zuführungen zur Pensionsrückstellung bis zur Vollendung des 64. Lebensjahres stellen ungeachtet der späteren Vertragsänderung vGA dar. Beispiele zur Erdienbarkeit bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern: Alter bei Zusageerteilung
vereinbartes Pensionsalter
steuerliche Anerkennung?
45
59
nein5
53
65
ja
56
65
nein6
59
70
ja7
62
75
nein8
Anders als der BFH sieht die FinVerw. diese Fristen regelmäßig als starre Größen an, die möglichst nicht unterschritten werden sollten. Sie ist der Ansicht, dass außerhalb des betrieblichen Bereichs liegende (persönliche) Gründe des Gesellschafter-Geschäftsführers eine Abkürzung des Erdienenszeitraums idR nicht rechtfertigen.9 Dagegen hält die Rspr. ein Unterschreiten der Fristen in begründeten Ausnahmefällen für zulässig.10 Die Erdienbarkeit der Versorgungsansprüche setzt allerdings immer voraus, dass der Gesellschafter-Ge-
1 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, FR 1995, 418 = BStBl. II 1995, 419 = GmbHR 1995, 388; v. 24.1.1996 – I R 41/95, FR 1996, 637 = GmbHR 1996, 701. 2 BFH v. 19.5.1998 – I R 36/97, BStBl. II 1998, 689 = FR 1998, 902 = GmbHR 1998, 944. 3 BFH v. 23.7.2003 – I R 80/02, BStBl. II 2003, 926. 4 BFH, Urteil vom 25. Juni 2014 – I R 76/13, FR 2014, 1080; s. dazu auch Märtens, jurisPR-SteuerR 41/2014 Anm. 6; Gosch, BFH-PR 2014, 393. 5 Die Pensionszusage wurde nicht mindestens auf das Endalter 60 erteilt. 6 Bei vor dem 8.7.1995 vereinbarten „Altfällen“ noch anzuerkennen. 7 Eine Pensionszusage auf das 70. Lebensjahr ist steuerlich anzuerkennen. Deshalb ist die erforderliche Zehn-Jahres-Frist erfüllt. 8 Für die Berechung der Erdienensdauer werden Zeiträume nach Vollendung des 70. Lebensjahres nicht mehr berücksichtigt. 9 BMF v. 7.3.1997 – IV B 7 - S 2742 - 20/97, FR 1997, 429; v. 13.5.2003 – IV A 2 - S 2742 - 27/03, BStBl. I 2003, 300. 10 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, GmbHR 1995, 388 = FR 1995, 418 = BStBl. II 1995, 419; v. 30.1.2002 – I R 56/01, BStBl. II 2003, 134 = GmbHR 2002, 795; v. 14.7.2004 – I R 14/04, GmbHR 2005, 112 = BFH/NV 2005, 245 und vorinstanzlich FG Münster v. 19.12.2003 – 9 K 491/01 K, G, F, DStRE 2004, 649; aA dagegen FG Schl.-Holst. v. 5.11.2003 – 1 K 208/03, EFG 2004, 422 (Rev. I R 108/03); FG Münster v. 9.1.2004 – 9 K 4626/01 K, G, F, GmbHR 2004, 808 = EFG 2004, 600 (Rev. I R 25/04).
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980
§ 8 Rz. 980–984
Ermittlung des Einkommens
schäftsführer im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (s. auch Rz. 978).1 981
Die Erdienbarkeitsfristen beginnen nicht neu zu laufen, wenn das Dienstverhältnis beendet und danach wieder neu begründet wird (unterbrochene Dienstzeit).2 Die bereits erdiente Frist lebt mit Wiedereintritt in das Dienstverhältnis wieder auf. d) Nachträgliche Erhöhung der Pension
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Fraglich ist, ob eine Pensionszusage (Anwartschaft) gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer erhöht werden darf, wenn die daraus resultierende erhöhte (Zusatz-)Anwartschaft in der verbleibenden Restdienstzeit nicht mehr erdient werden kann. Das Rückwirkungsverbot für Vereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter gilt schließlich auch für spätere Erhöhungen des Ruhegehalts.3 Aus diesem Grund hat der BFH4 zu Recht entschieden, dass für nachträgliche Erhöhungen derselbe Maßstab (also die typisierende Zehn-Jahres-Frist) anzulegen sei wie bei Erstzusagen.5
983
Unter bestimmten Voraussetzungen wird die Erhöhung von Pensionsanwartschaften und sogar von Pensionsansprüchen auch ohne Prüfung der Erdienbarkeit steuerlich anerkannt, wenn die Pensionszusage keine Wertsicherungsklausel enthält und deshalb in der Vergangenheit erforderliche Anpassungen unterblieben sind. Dies gilt zB dann, wenn sie eine Anpassung an erhebliche Steigerungen der Lebenshaltungskosten darstellt,6 wobei der BFH eine Teuerung von 20 % seit der Pensionszusage oder seit der letzten Anpassung als ausreichend angesehen hat.7 Voraussetzung ist in diesem Fall aber, dass auch die gewährten oder erst zugesagten Pensionen der übrigen pensionsberechtigten Arbeitnehmer (soweit vorhanden) angepasst werden.8 Werden die vorhandenen Pensionszusagen der übrigen Arbeitnehmer dagegen nicht angepasst, so spricht die Ungleichbehandlung für eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Besserstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers und damit für eine vGA. Wenn die GmbH allerdings gegenüber anderen Arbeitnehmern nicht zur Zahlung von Pensionen verpflichtet ist, entfällt eine Ungleichbehandlung.9 Die Anpassung der Versorgungszusagen gegenüber anderen Arbeitnehmern ist nur dann unbeachtlich, wenn die Gesellschaft mit der Anpassung eine sich aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ergebende Verpflichtung zur Anpassung erfüllt. Dies ist der Fall, wenn die Steigerung der Lebenshaltungskosten seit der Pensionszusage bzw. seit der letzten Anpassung mindestens 35 bis 40 % beträgt.10 Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für eine nachträglich zugesagte Dynamisierung.
984
Nach hier vertretener Ansicht ist letztlich danach zu differenzieren, ob sich die Pensionserhöhung wirtschaftlich als Neuzusage (zusätzliche Altersversorgung bzw. wesentliche Änderung) oder als angemessene Erhöhung der bestehenden Pensionszusage darstellt.11 Von einer Neuzusage ist auszugehen, wenn die ursprüngliche (nicht wertgesicherte) Pensionszusage später angepasst wird und die Erhöhung über eine angemessene Anpassung der Versorgung des Gesellschafter-Geschäftsführers an die gestiegenen Lebenshaltungskosten hinausgeht. Die mit der Pensionszusage verfolgte Sicherstellung eines bestimmten Lebensstandards des pensionsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers rechtfertigt eine nominelle Anpassung der zugesagten Pensionsbezüge nur dann, wenn sich die im Zeitpunkt der ursprünglichen Pensionszusage gegebenen Verhältnisse entscheidend geändert haben.
1 BFH v. 9.11.2005 – I R 94/04, BFH/NV 2006, 616. 2 BFH v. 30.1.2002 – I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055 = GmbHR 2002, 795; aA vorinstanzlich FG Köln v. 5.12.2000 – 13 K 5425/00, GmbHR 2002, 174 = EFG 2002, 46. 3 BFH v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 = FR 1972, 283. 4 BFH v. 23.9.2008 – I R 62/07, BFH/NV 2009, 297 = FR 2009, 672 = GmbHR 2009, 217; v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928 = GmbHR 2006, 943 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 929; ebenso vorinstanzlich FG Düsseldorf v. 14.9.2004 – 6 K 2701/02, EFG 2005, 1796. 5 Ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1099. 6 BFH v. 28.4.1982 – I R 51/76, BStBl. II 1982, 612 = FR 1982, 416 = GmbHR 1982, 218. 7 BFH v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 = GmbHR 1972, 137; v. 6.4.1979 – I R 39/76, BStBl. II 1979, 687. 8 BFH v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 = GmbHR 1972, 137; v. 27.7.1988 – I R 68/84, BStBl. II 1989, 57 = FR 1988, 648 = GmbHR 1989, 51. 9 BFH v. 6.4.1979 – I R 39/76, BStBl. II 1979, 687 = GmbHR 1979, 260. 10 BFH v. 27.7.1988 – I R 68/84, BStBl. II 1989, 57 = FR 1988, 648 = GmbHR 1989, 51 unter Hinweis auf BAG v. 30.3.1973 – 3 AZR 26/72, DB 1973, 773. 11 Ähnlich FG Hamburg v. 13.7.2011 – 1 K 174/10, juris (rkr.).
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 985–988 § 8
Wenn die Pensionszusage der Höhe nach prozentual an das zuletzt bezogene Festgehalt anknüpft (endgehaltsabhängige Zusage), ist bei erheblicher Erhöhung der Festbezüge kurz vor der Pensionierung Vorsicht geboten. Die damit einhergehende Aufstockung der Pensionsanwartschaft dürfte häufig nicht mehr erdienbar sein und damit zu einer vGA führen.1 Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Aufstockung der Pensionsanwartschaft (mit der fiktiven Jahresnettoprämie bzw. Einmalprämie) im Jahr der Erhöhung zusätzlich in die Überprüfung der Angemessenheit der Gesamtausstattung eingeht.
985
6. Ruhestandsalter (Höchstalter/Mindestalter) a) Für die Rückstellungsberechnung maßgebendes Ruhestandsalter Es ist streng zu unterscheiden zwischen Fragen der Rückstellungsbildung nach § 6a EStG 986 und Fragen der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Bei Berechnung der Pensionsrückstellung nach § 6a EStG ist bei Gesellschafter-Geschäftsführern nach Verwaltungsauffassung grds. eine Altersgrenze von 65 Jahren zugrunde zu legen.2 Wenn die Pensionszusage allerdings ein höheres Pensionsalter vorsieht, so ist dieses maßgebend. Ein jüngeres Endalter ist dagegen nur in Ausnahmefällen (zB bei Schwerbehinderten) anzuerkennen. Durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.20073 wurden die Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung in Abhängigkeit vom Geburtsjahrgang der Versicherten stufenweise heraufgesetzt. Diese Neuregelung wirkt sich auf die Festlegung des Pensionsalters nach R 6a Abs. 8 und 11 EStR 2012 aus. Grundsätzlich ist auf das im Pensionsvertrag ausdrücklich vereinbarte Endalter abzustellen. Sofern in Pensionszusagen auf die „Regelaltersgrenze“ verwiesen wird, gilt künftig folgendes Pensionierungsalter: Geburtsjahrgang bis 1952 = 65. Lebensjahr, Geburtsjahrgang ab 1953 bis 1961 = 66. Lebensjahr, Geburtsjahrgang ab 1962 = 67. Lebensjahr. Diese Grundsätze sind spätestens in der Bilanz für 2008 zugrunde zu legen.4 Sie gelten nach Ansicht der FinVerw. auch für Gesellschafter-Geschäftsführer.5 Nach der Rspr. des BFH soll dagegen bei Gesellschafter-Geschäftsführern stets auf das vereinbarte Ruhestandsalter abzustellen sein.6 Für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer regelt R 6a Abs. 8 EStR 2012, dass 987 die oa. Altersgrenzen als Mindestgrenzen zu berücksichtigen sind, und zwar auch dann, wenn in der Pensionszusage ausdrücklich auf das 65 Lebensjahr abgehoben wird. D.h., dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern die Pensionsrückstellung stets auf das 65./66./67. Lebensjahr berechnet werden muss. Die neuen Altersgrenzen gelten für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer erstmals für die Rückstellungsberechnung in der Bilanz des Jahres 2009.7 Die Zugrundelegung des „wahrscheinlichen“ Pensionsalters unabhängig von einem ggf. vereinbarten früheren Alter ist auf die Rspr. des BFH8 zurückzuführen, wonach die Höhe der Rückstellung nach der wahrscheinlich zu erbringenden Leistung zu berechnen ist.9 Bei Gesellschafter-Geschäftsführern wurde stets das „normale“ Renteneintrittsalter aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt (typisierende Betrachtung), weil keine statistischen Erkenntnisse über das Ruhestandsverhalten dieses Personenkreises vorliegen. Das Hessische FG geht dagegen davon aus, dass es für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer mangels entgegenstehender statistischer Daten grds. bei der Altersgrenze von 65 Jahren bleibt.10 Für schwerbehinderte Gesellschafter-Geschäftsführer11 gilt eine Altersgrenze von mindestens 60 Jahren bis Jahrgang 1952, von 61 Jahren ab Jahrgang 1953 und von 62 Jahren ab Jahrgang 1962.12
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Gosch2, § 8 KStG Rz. 1099; Rupp in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 699. H 38 KStH 2008. RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz v. 20.4.2007, BGBl. I 2007, 554. S. dazu BMF v. 5.5.2008 – IV B 2 - S 2176/07/0009, BStBl. I 2008, 569. Ablehnend aber FG Hess. v. 22.5.2013 – 4 K 3070/11, EFG 2013, 1508 (Rev. I R 50/13). BFH v. 11.9.2013 – I R 72/12, BFH/NV 2014, 793 = GmbHR 2014, 484. BMF v. 3.7.2009 – IV C 6 - S 2176/07/10004, BStBl. I 2009, 712. BFH v. 23.1.1991 – I R 113/88, BStBl. II 1991, 379 = GmbHR 1991, 384; s. dazu auch FG München v. 20.2.2012 – 7 V 2818/11, EFG 2012, 1171 (rkr.). BFH v. 5.2.1987 – IV R 81/84, BStBl. II 1987, 845 = FR 1987, 225. FG Hess. v. 22.5.2013 – 4 K 3070/11, EFG 2013, 1508 (rkr.). Offengelassen wurde, ob dies auch dann gilt, wenn die Pensionszusage nach Erlass der EStÄR 2008 erteilt worden ist. Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 %. R 6a Abs. 8 Sätze 2–5 EStR 2012.
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988
§ 8 Rz. 989–992
Ermittlung des Einkommens
b) Ruhestandsalter unter 60 Jahren 989 Wird einem Gesellschafter-Geschäftsführer (beherrschend oder nicht beherrschend) eine Pension mit einem vertraglichen Pensionsalter von unter 60 Jahren zugesagt, so ist eine ernsthafte Zusage nicht gegeben,1 dh., die vertragliche Option einer Pensionszahlung vor Vollendung des 60. Lebensjahres (Vorruhestand) ist kein Bewertungsproblem, sondern führt dazu, dass die gesamte Pensionszusage als vGA zu werten ist. Eine vertragliche Regelung, wonach der Pensionsfall eintritt, wenn das Geschäftsführerverhältnis vor Vollendung des 60. Lebensjahres endet, weil es vorzeitig beendet oder nicht verlängert wird, gibt der Pensionszusage eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung. Diese Grenze sollte auch für Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs auf das 62. Lebensjahr angepasst werden.2 Da die Prüfung der (fehlenden) Ernsthaftigkeit einer Pensionszusage auf den Zeitpunkt der Zusageerteilung abstellt, kann auch durch eine nachträgliche Streichung der steuerschädlichen Passage („Pensionsalter 59“) keine rückwirkende Beseitigung der mangelnden Ernsthaftigkeit herbeigeführt werden.3 c) Zurruhesetzung zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr 990 Das vertraglich zu vereinbarende Mindestpensionsalter beträgt nach zutr. Auffassung der FinVerw. in typisierender Weise 60 Jahre.4 Die FG sehen diese Frage teilweise kritischer.5 Eine tatsächliche Zurruhesetzung vor der vereinbarten Altersgrenze, also zB zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr, ist nach derzeitiger Verwaltungsansicht unter Auszahlung der laufenden Pension möglich. Allerdings ist zu beachten, dass der Pensionsanspruch in diesen Fällen zeitanteilig gekürzt werden muss. Erfolgt keine Kürzung, so ist eine vGA der Höhe nach anzunehmen.6 Gosch7 sieht eine Pensionszusage auf das 60. Lebensjahr dagegen stets als kritisch an.8 Tritt der Gesellschafter-Geschäftsführer entgegen der vertraglichen Vereinbarung tatsächlich bereits vor Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand, so kommt uE eine (gekürzte) Pensionszahlung grds. frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres in Betracht, weil der Versorgungsvertrag keinen früheren Versorgungsfall vorsehen darf. Die Ernsthaftigkeit der Versorgungszusage ist aber uE nachgewiesen, wenn die Pension mit Erreichen der Altersgrenze tatsächlich ausgezahlt wird.9 Die dargestellten Grundsätze gelten für weibliche und männliche beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer/-innen. d) Vereinbartes Pensionsalter über 65 991 Ein vereinbartes Pensionierungsalter über 65 ist grds. uneingeschränkt bei der Rückstellungsbildung zu berücksichtigen. Ein Pensionsalter über 70 muss allerdings für die Frage der Erdienbarkeit der Pensionsansprüche unberücksichtigt bleiben, weil spätestens mit dem Überschreiten des 70. Lebensjahres das Risiko einer Inanspruchnahme der Pension vor Ablauf des zehnjährigen Erdienenszeitraums in nicht mehr kalkulierbarer Weise ansteigt.10 Für die Rückstellungsberechnung nach § 6a EStG ist allerdings immer auf das vertraglich bestimmte Endalter abzustellen, auch wenn es nach Vollendung des 70. Lebensjahres liegt. e) Sonstige Einzelfragen zur Altersgrenze 992 Wenn der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer ernsthaft eine „vorzeitige“ Zurruhesetzung mit zB 62 Jahren plant und diese Altersgrenze in der Pensionszusage ausdrück1 H 38 KStH 2008; ebenso Gosch, BFH-PR 2014, 198. 2 Vgl. BMF v. 5.2.2008 – IV C 8 - S 2222/07/0003, IV C 5 - S 2333/07/0003 – DOK 2008/0022798, BStBl. I 2008, 420 Rz. 185 zur Anhebung der Mindestaltersgrenze bei Arbeitnehmern. 3 Vgl. auch Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 1999, 285. 4 R 38 Satz 7 EStR 2012. 5 Wie der BFH s. FG Thür. v. 16.2.2012 – 1 K 368/11, DStRE 2012, 1519 (Rev. I R 26/12, GmbHR 2014, 486); aA FG Düsseldorf v. 6.11.2012 – 6 K 1093/10 K, G, F, EFG 2013, 323 (Rev. I R 89/12), wonach bereits die Vereinbarung des 60. Lebensjahres bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Pensionszusage indiziere, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sich für die Zusage einer Altersversorgung an der Regelung für die gesetzliche Sozialversicherungsrente zu orientieren habe; ähnlich zuvor bereits FG Nds. v. 21.6.1991 – VI 706/90, juris (rkr.). 6 FG Schl.-Holst. v. 3.12.1997 – II 985/97, EFG 1998, 495; FG Hess. v. 27.3.1998 – 4 K 4005/96, GmbHR 1999, 724 (rkr.); aA Gebhardt, GmbHR 1999, 726. 7 Gosch, BFH-PR 2014, 194. 8 Offengelassen durch BFH v. 23.10.2013 – I R 89/12, GmbHR 2014, 492, unter III.3. der Gründe. 9 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Pensionszusagen“. 10 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, FR 1995, 418 = BStBl. II 1995, 419 = GmbHR 1995, 388; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1092 will ein maximales Pensionsalter von 74 Jahren berücksichtigen.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 992–994 § 8
lich vereinbart wird, muss die Rückstellung nach Verwaltungsansicht während der Anwartschaftsphase in der Steuerbilanz auf das Endalter 651 berechnet werden. Nach der Rspr. des BFH ist dagegen bei der Rückstellungsberechnung auf das in der Pensionszusage vertraglich vorgesehene Alter (z.B. 62) abzustellen.2 Die Differenz zu der im Vergleich zum Pensionsalter von 65 höheren Rückstellung wird im Schrifttum und in der FG-Rspr. als vGA angesehen.3 Ist in der Pensionszusage eine Altersgrenze von 65 Jahren festgelegt und tritt der Gesellschafter-Geschäftsführer dennoch mit 62 Jahren in den Ruhestand, dann liegt in der Aufstockung der Pensionsrückstellung infolge der nicht vertraglich vereinbarten vorzeitigen Zurruhesetzung ein Verstoß gegen das steuerliche Rückwirkungsverbot.4 Bei einer Zusage auf das 65. Lebensjahr und tatsächlicher Zurruhesetzung im Alter von 62 sollte also wegen des früheren Pensionsbeginns zur Vermeidung einer vGA ein rechnerischer Ausgleich erfolgen, also eine niedrigere Pension ausgezahlt werden als in der Versorgungszusage vereinbart ist. Die Steuerfolgen unterschiedlicher vereinbarter Altersgrenzen zeigen die nachfolgenden 993 Beispiele: Bei einer vereinbarten Altersgrenze von 59 Jahren (also unter 60) ist die Pensionszusage in Gänze als vGA zu behandeln. Wird eine Altersgrenze von 60 Jahren vereinbart, so erfolgt eine Rückstellungsberechnung auf das 65. Lebensjahr,5 nach Ansicht des BFH dagegen auf das 60. Lebensjahr. Die durch das frühere Endalter eintretende Vermögensminderung ist bei Zugrundelegung der BFH-Rspr. eine vGA.6 Enthält die Pensionszusage das Endalter 69, so ist ebenfalls grds. keine vGA anzunehmen. Bei der Rückstellungsberechnung ist das 69. Lebensjahr zugrunde zu legen.7 Wird eine Altersgrenze von 75 Jahren vereinbart, so ist grds. keine vGA anzunehmen. Die Rückstellungsberechnung erfolgt auf das 75. Lebensjahr.8 7. Wartezeiten bzw. Probezeiten a) Persönliche Erprobung des Gesellschafter-Geschäftsführers Eine erstmalige Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH hält nur dann dem Fremdvergleich stand, wenn die GmbH den neuen Geschäftsführer zunächst ausreichend erprobt.9 Deshalb wird gefordert, dass zwischen erstmaliger Anstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers und erstmaliger Erteilung einer schriftlichen Pensionszusage ein gewisser Zeitraum liegen muss. Der BFH10 verfährt auch bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern entsprechend. Der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung macht eine Probezeit nicht entbehrlich.11 Die Frage, welche konkreten Probezeiten eingehalten werden müssen, kann trotz umfangreicher Rspr. nur einzelfallbezogen beantwortet werden und obliegt in erster Linie der Tatsachenwürdigung durch das FG.12 Die FinVerw. 1 Je nach Geburtsdatum des Gesellschafter-Geschäftsführers ggf. auch Berechnung auf das 66. oder 67. Lebensjahr; s. R 6a Abs. 8 EStR 2012. 2 BFH v. 11.9.2013 – I R 72/12, BFH/NV 2014, 793 = GmbHR 2014, 484. 3 Gosch, BFH-PR 2014, 198; FG Düsseldorf v. 6.11.2012 – 6 K 1093/10 K, G, F, EFG 2013, 323. 4 Vgl. Langohr-Plato, Stbg 1997, 535. 5 Ggf. Berechnung auf das 66. oder 67. Lebensjahr; s. R 6a Abs. 8 EStR 2012. 6 Gosch, BFH-PR 2014, 198; FG Düsseldorf v. 6.11.2012 – 6 K 1093/10 K, G, F, EFG 2013, 323. 7 So noch Abschn. 32 Abs. 2 KStR 1995. Die KStR 2004 äußerten sich hierzu nicht mehr. 8 Die Rückstellung ist immer auf das tatsächlich vereinbarte Ruhestandsalter zu berechnen. 9 BFH v. 17.3.2010 – I R 19/09, BFH/NV 2010, 1310 = GmbHR 2010, 826 mwN. 10 BFH v. 30.9.1992 – I R 75/91, BFH/NV 1993, 330 = GmbHR 1994, 340. 11 BFH v. 11.2.1998 – I R 73/97, GmbHR 1998, 893; v. 24.4.2002 – I R 18/01, FR 2002, 1178 = GmbHR 2002, 977; s. auch Rupp in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 616, 624; kritisch dazu Langohr-Plato, INF 1998, 102. 12 BFH v. 25.5.1988 – I R 107/84, BFH/NV 1989, 195 = GmbHR 1989, 216 (eine Wartefrist von nur drei Jahren ist zu kurz; die Wartezeitfrage war aber nur in Kumulation mit anderen Punkten entscheidungserheblich); FG Nds. v. 22.11.1990 – VI 123/88, GmbHR 1991, 346 (eine Wartefrist von drei bis vier Jahren ist bei einem älteren Geschäftsführer zu kurz); BFH v. 30.9.1992 – I R 75/91, BFH/NV 1993, 330 = GmbHR 1994, 340 (eine Wartefrist von elf Monaten ab Gründung der Gesellschaft ist zu kurz); v. 16.12.1992 – I R 2/92, BStBl. II 1993, 455 = FR 1993, 274 = GmbHR 1993, 302 (eine Pensionszusage unmittelbar nach der Anstellung ist vGA); FG BW v. 23.3.1995 – 6 K 311/90, EFG 1995, 1004 (eine Wartefrist von fünf Jahren und 3,5 Monaten reicht bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit zwischenzeitlichem Mutterschutz und fehlender erkennbarer Qualifikation nicht aus); FG Saarl. v. 4.2.1998 – 1 K 157/97, GmbHR 1998, 792 (drei Jahre Wartefrist ist zu kurz); BFH v. 15.10.1997 – I R 42/97, FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340 (eine Wartefrist von fünf Jahren reicht aus); FG Berlin v. 15.9.1997 – 8534/96, EFG 1998, 137 = GmbH-StB 1998, 60 (ein branchenerfahrener Geschäftsführer einer KapGes. ist nach einer Dienstzeit von 18 Monaten im Regelfall ausreichend erprobt); BFH v. 4.5.1998 – I B 131/97, GmbHR 1998, 1049 (18 Monate reichen auch bei Branchenerfahrung nicht aus); v. 20.8.2003 – I R 99/02, GmbHR 2004, 261 (eine Person mit einschlägiger Berufserfahrung ist nach zwei Jahren ausreichend erprobt); v. 23.2.2005 – I R 70/04, FR 2005, 890 m.
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994
§ 8 Rz. 994–999
Ermittlung des Einkommens
verlangt für die persönliche Erprobung des Gesellschafter-Geschäftsführers einen Mindestzeitraum von zwei bis drei Jahren.1 995
Eine Pensionszusage ohne Erprobung des neu angestellten Geschäftsführers und ohne gesicherte Kenntnis der künftigen Ertragsentwicklung der KapGes. kann für Unternehmen nicht gelten, die aus eigener Erfahrung Kenntnisse über die Befähigung des GesellschafterGeschäftsführers haben.2
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Wird ein Einzelunternehmen in eine GmbH eingebracht und führt der bisherige, bereits erprobte Geschäftsleiter des Einzelunternehmens als Geschäftsführer der KapGes. das Unternehmen fort, so ist eine erneute Probezeit vor Erteilung einer Pensionszusage entbehrlich.3 Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer in diesem Zeitpunkt bereits 59 Jahre alt ist.4 UE kommt es für die Anrechnung der Zeiten des Einzelunternehmens nicht darauf an, ob die Einbringung die formellen Anforderungen des § 20 UmwStG erfüllt.5
997
Dienstzeiten in einem fremden Unternehmen machen eine Probezeit dagegen nicht vollständig entbehrlich.6 Allerdings kann eine angemessene Abkürzung der Probezeit in Betracht kommen.7 Hier wird indes regelmäßig zu fordern sein, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer in dem anderen Unternehmen ebenfalls in leitender Funktion tätig war, weil er anderenfalls nicht die erforderliche Leitungsqualifikation unter Beweis stellen konnte.8 Der BFH sieht es als ausreichend an, wenn der Geschäftsführer seine Qualifikation als „leitender Angestellter“ unter Beweis gestellt hat. Dies gilt zB dann, wenn die Geschäftsführer den Betrieb der GmbH im Rahmen eines Management-buy-out erworben haben und nun in Gestalt der GmbH fortführen.9
998
Unklar ist, ob für eine Invaliditätszusage eine gesonderte Wartezeit vereinbart werden muss.10 UE ist eine gesonderte Wartezeit für den Invaliditätsfall entbehrlich.11 b) Wartezeit in der Anlaufphase der Gesellschaft
999 Unabhängig von der erforderlichen persönlichen Erprobung des neuen Geschäftsführers soll eine Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer erst einige Jahre nach Gründung des Unternehmens erteilt werden, weil vorher regelmäßig keine gesicherten Erkenntnisse über die künftige Ertragsentwicklung vorlägen.12 Die FinVerw. verlangt in diesem Zusammenhang eine Wartezeit zur Abschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung von fünf Jahren.13 Die wirtschaftliche Erprobungsphase stellt eine Art Wartezeit während der Anlaufphase dar. Hier stellt sich allerdings die berechtigte Frage, wie sich eine solche Wartezeit mit dem Kriterium der Finanzierbarkeit verträgt, welches ja letztlich dieselbe Zielrichtung hat.14 Das Wartezeitkriterium ist allerdings keine unumstößliche Frist. Kann zuverlässig abgeschätzt werden, dass sich das junge Unternehmen bereits vor Ablauf dieser Frist am Markt durchgesetzt hat, so kommt nach hier vertretener Ansicht auch eine Abkürzung des Fünf-Jahreszeitraums in Betracht.15 Auch die FinVerw. begreift die genannten Fristen nicht
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
12
13 14 15
Anm. Pezzer = GmbHR 2005, 775 m. Anm. Hoffmann = DStR 2005, 918 (eine Wartezeit von zwei Monaten reicht nicht aus). BMF v. 14.5.1999 – IV C 6 - S 2742 - 9/99, BStBl. I 1999, 512 = GmbHR 1999, 735. BFH v. 18.2.1999 – I R 51/98, GmbHR 1999, 990. BFH v. 29.10.1997 – I R 52/97, BStBl. II 1999, 318 = FR 1998, 440 = GmbHR 1998, 340. BFH v. 29.10.1997 – I R 52/97, BStBl. II 1999, 318 = FR 1998, 440 = GmbHR 1998, 340. So auch H. Neu, GmbHR 2001, 462. So auch Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 2001, 389. So auch Höfer/Eichholz, DB 1995, 1247. AA Janssen, DStZ 1999, 741. BFH v. 24.4.2002 – I R 18/01, FR 2002, 1178 = GmbHR 2002, 977. Vgl. hierzu auch Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 1997, 66; anders dagegen Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 1999, 1027. Zu der Frage, ob bei einer Invaliditätszusage dienstzeitabhängige Abschläge erforderlich sind, s. BFH v. 28.1.2004 – I R 21/03, BFH/NV 2004, 890 = FR 2004, 705 m. Anm. Schimmele/Wardemann = GmbHR 2004, 804 m. Anm. Schröder. BFH v. 28.4.2010 – I R 78/08, BFH/NV 2010, 1709 = GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086; v. 30.9.1992 – I R 75/91, BFH/NV 1993, 330 = GmbHR 1994, 340; v. 11.2.1998 – I R 73/97, GmbHR 1998, 893; kritisch dazu Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, 457 und Mahlow, DB 1999, 2590. BMF v. 14.5.1999 – IV C 6 - S 2742 - 9/99, BStBl. I 1999, 512 = GmbHR 1999, 735. Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, 457. BFH v. 24.4.2002 – I R 18/01, FR 2002, 1178 = GmbHR 2002, 977; v. 17.3.2010 – I R 19/09, BFH/NV 2010, 1310 = GmbHR 2010, 826.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 999–1005 § 8
als starre Größen.1 Allerdings kann bei einer KapGes., die dauerhaft Verluste erwirtschaftet, selbst nach Ablauf der fünf Jahre keine Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer anerkannt werden. c) Rechtsfolgen Die FinVerw. nahm früher bei Pensionszusagen, die einem unerprobten Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt werden, nur bis zum Ablauf der angemessenen Probezeit (= Wartezeit) vGA an. Nach Ablauf dieser Frist wurden dann alle weiteren Zuführungen zu der Pensionsrückstellung einkommensmindernd anerkannt, ohne dass es einer Neuzusage bedarf.2 Der BFH teilt diese Ansicht allerdings nicht und sieht die Pensionszusage bei einem Verstoß gegen das Probezeiterfordernis insgesamt als gesellschaftsrechtlich veranlasst an.3
1000
Das Hineinwachsen in die Fremdüblichkeit wirft allerdings praktische Probleme auf. Wenn später der Versorgungsfall eintritt und die versprochene Pension ausgezahlt wird, fließen dem Gesellschafter-Geschäftsführer auch dann in vollem Umfang vGA zu, wenn die Betriebsprüfung nur die ersten zwei bis drei Jahre als vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG behandelt hat. Wenn der Zufluss nach dem 18.12.2006 erfolgt, findet das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren auf diese zufließenden vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG nur Anwendung, soweit die vGA das Einkommen der Körperschaft nicht gemindert hat (Korrespondenzprinzip).4 Im Geltungsbereich der Abgeltungsteuer enthält § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG mit Wirkung vom VZ 2011 (§ 52a Abs. 15 Satz 2 EStG) eine entsprechende gesetzliche Korrespondenzregelung.
1001
Die FinVerw. hat sich allerdings zwischenzeitlich dem BFH angeschlossen und geht nun davon aus, dass eine unter Verstoß gegen die Probezeitkriterien erteilte Zusage nicht mehr in die Angemessenheit hineinwächst. Diese nunmehr strengere Sichtweise wird allerdings nur angewendet, wenn die Pensionszusage nach dem 29.7.2010 erteilt wurde.5
1002
8. Vertragliche Unverfallbarkeit a) Grundsätze „Unverfallbarkeit“ bezeichnet die Unentziehbarkeit der Pensionszusage in der Anwartschaftsphase für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses. Der erdiente Pensionsanspruch nach Eintritt des Versorgungsfalles ist dagegen immer unentziehbar.
1003
Für (Minderheits-)Gesellschafter-Geschäftsführer, die unter das BetrAVG fallen, gilt § 1b Abs. 1 BetrAVG, wonach die Unverfallbarkeit der Anwartschaft nach fünf Jahren eintritt. Pensionszusagen aus einer Entgeltumwandlung werden dagegen mit sofortiger Wirkung unverfallbar (§ 1b Abs. 5 BetrAVG). Von beiden Regelungen kann nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.6
1004
Dagegen finden das BetrAVG und somit auch die in § 1 BetrAVG verankerten gesetzli- 1005 chen Unverfallbarkeitsfristen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern keine unmittelbare Anwendung.7 Beherrschend in diesem Sinne ist auch bereits ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von 50 %, da er in der Lage ist, Mehrheitsbeschlüsse zu verhindern.8 Dies entspricht der ständigen Rspr. des BGH und des BAG.9 Gleiches gilt nach der Rspr. des BGH für Gesellschafter-Geschäftsführer, die zwar nicht alleine die Mehrheit an der KapGes. besitzen, aber zusammen mit anderen Gesellschafter-Geschäftsführern eine mehrheitliche Beteiligung erreichen, wenn der andere Gesellschafter keine nur ganz unbedeutende
1 2 3 4 5 6 7
8 9
OFD Frankfurt v. 20.9.2005 – S 2742 A - 10 - St II 1.01, FR 2006, 96. BMF v. 14.5.1999 – IV C 6 - S 2742 – 9/99, BStBl. I 1999, 512 = GmbHR 1999, 735. BFH v. 28.4.2010 – I R 78/08, GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086 = BFH/NV 2010, 1709. Zur Berechnung der Auswirkungen des Korrespondenzprinzips in diesen Fällen s. Neumann, GmbH-StB 2007, 112 (113). BMF v. 14.12.2012 – IV C 2-S 2742/10/10001, 2012/0807278, BStBl. I 2013, 58. Kemper in Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber, BetrAVG, 4. Aufl. 2010, § 1b Rz. 7. BGH v. 9.6.1980 – II ZR 255/78, GmbHR 1980, 266; v. 25.9.1989 – II ZR 259/88, GmbHR 1990, 72; BAG v. 21.8.1990 – 3 AZR 429/89, GmbHR 1991, 458; BGH v. 2.6.1997 – II ZR 181/96, GmbHR 1997, 843; v. 24.7.2003 – IX ZR 143/02, GmbHR 2003, 1202; Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Rz. 3752 mwN; Huber in Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber, BetrAVG, 4. Aufl. 2010, § 17 Rz. 6. Huber in Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber, BetrAVG, 4. Aufl. 2010, § 17 Rz. 6. BGH v. 24.7.2003 – IX ZR 143/02, GmbHR 2003, 1202; v. 28.4.1980 – II ZR 254/78, GmbHR 1980, 162; v. 9.6.1980 – II ZR 255/78, BGHZ 77, 233 = GmbHR 1980, 266; v. 25.9.1989 – II ZR 259/88, GmbHR 1990, 72; v. 2.6.1997 – II ZR 181/96, GmbHR 1997, 843; BAG v. 21.8.1990 – 3 AZR 429/89, GmbHR 1991, 458.
Neumann
597
§ 8 Rz. 1005–1008
Ermittlung des Einkommens
Beteiligung hält.1 Eine solche, nicht ganz unbedeutende Beteiligung kann schon bei dem Kapitalanteil eines Geschäftsführers von 10 % vorhanden sein.2 Auf der anderen Seite ist die Versorgung eines mit über 10 % beteiligten Minderheitsgesellschafters immer dann insolvenzgeschützt, wenn er zusammen mit einem Mehrheitsgesellschafter (über 50 %) die Geschäfte einer GmbH führt.3 In diesem Fall gilt nur der Mehrheitsgesellschafter als Unternehmer.4 Beispiele:
GesellschafterGeschäftsführer
GesellschafterGeschäftsführer
Nur-Gesellschafter
Beteiligungshöhe
33 %
33 %
33 %
BetrAVG anwendbar?
nein
nein
nein
Beteiligungshöhe
45 %
6%
49 %
ja
ja
nein
Beteiligungshöhe
40 %
11 %
49 %
BetrAVG anwendbar?
nein
nein
nein
Beteiligungshöhe
51 %
49 %
0%
BetrAVG anwendbar?
nein
ja
nein
BetrAVG anwendbar?
Bei Gesellschafter-Geschäftsführern, die nicht unter das BetrAVG fallen, bedarf es zur Regelung der Unverfallbarkeit des Pensionsanspruchs einzelvertraglicher Abreden im Dienstvertrag bzw. in der Versorgungsvereinbarung. Fehlt eine vertragliche Regelung zur Frage der Unverfallbarkeit, so wird eine Pensionszusage an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht unverfallbar.5 b) Vertragliche Vereinbarungen zur Unverfallbarkeit 1006
Es ist grds. steuerlich nicht zu beanstanden, wenn vereinbart wird, dass die Anwartschaft ab dem Zeitpunkt der Zusage mit sofortiger Wirkung unverfallbar werden soll.6
1007
Von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Unverfallbarkeitsabrede ist auszugehen, wenn vereinbart wird, dass der pensionsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle seines Ausscheidens als Geschäftsführer die volle Pensionsanwartschaft (also das Recht auf Bezug der Pensionsbezüge in der zugesagten Höhe) behält, und zwar unabhängig davon, in welchem Umfang die Ansprüche beim Ausscheiden bereits erdient sind (vollständige Unverfallbarkeit).7 Auf die steuerliche Behandlung der laufenden Zuführungen zur Pensionsrückstellung hat die Vereinbarung einer sofortigen vollen Unverfallbarkeit aber keinen Einfluss. Zu einer Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kommt es erst dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich aus dem Unternehmen ausscheidet und seine (dann überhöhte) Anwartschaft mitnimmt. Als vGA hinzuzurechnen ist in diesem Fall der Unterschiedsbetrag zwischen dem nach § 6a EStG passivierten Wert und dem Wert, der sich bei nur ratierlicher Unverfallbarkeit ergäbe.
1008
Dagegen ist die Vereinbarung einer ratierlichen Unverfallbarkeit steuerlich unbedenklich.8 Der Pensionsanspruch bemisst sich in diesem Fall nach dem Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten Dienstzeit zur planmäßigen Gesamtdienstzeit bei nicht vorzeitigem Ausscheiden, sodass der Gesellschafter-Geschäftsführer in diesen Fällen nur die bereits erdien1 Vgl. dazu Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung, Teil 4 Kap. D Rz. 165 ff.; BGH v. 28.4.1980 – II ZR 254/78, GmbHR 1980, 162; v. 9.6.1980 – II ZR 255/78, GmbHR 1980, 266; v. 25.9.1989 – II ZR 259/88, GmbHR 1990, 72; v. 9.3.1981 – II ZR 171/79, GmbHR 1981, 239; v. 2.6.1997 – II ZR 181/96, GmbHR 1997, 843. 2 BGH v. 2.6.1997 – II ZR 181/96, ZIP 1997, 1351 = GmbHR 1997, 843. 3 BGH v. 25.9.1989 – II ZR 259/88, BGHZ 108, 330 = GmbHR 1990, 72. 4 Vgl. zum Ganzen auch BFH v. 28.4.2010 – I R 78/08, BFH/NV 2010, 1709 = GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086. 5 So auch BFH v. 30.1.2002 – I R 56/01, BFH/NV 2002, 1055 = GmbHR 2002, 795. 6 BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393 = GmbHR 2002, 1262. 7 BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393 = GmbHR 2002, 1262; FG Hess. v. 27.3.1998 – 4 K 4005/96, EFG 1998, 495 = GmbHR 1999, 724 (rkr.) und ähnlich FG Nürnberg v. 9.11.1999 – I 332/97, GmbHR 2000, 189 (rkr.). 8 BFH v. 20.8.2003 – I R 99/02, GmbHR 2004, 261; v. 22.1.2002 – I B 75/01, BFH/NV 2002, 952.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1008–1010 § 8
ten Anwartschaften behält.1 Nach der Rspr. des BFH2 ist bei Zusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer eine Einschränkung zu beachten. Bei diesem Personenkreis darf sich die unverfallbare Anwartschaft wegen des sog. Nachzahlungsverbots3 nur auf den Zeitraum zwischen Erteilung der Versorgungszusage und der gesamten tatsächlich erreichbaren Dienstzeit erstrecken, nicht aber unter Berücksichtigung des regelmäßig früheren Diensteintritts.4 Soweit die Rückstellung unter Berücksichtigung des Diensteintritts berechnet sein sollte, liegt eine vGA vor. 9. Überversorgung (Verhältnis zu den Aktivbezügen) a) Grundsätze Wenn die versprochenen Leistungen zusammen mit evtl. zu erwartenden Ansprüchen aus der 1009 gesetzlichen Rentenversicherung und Leistungen aus einer Direktversicherung5 75 % der letzten steuerlich anzuerkennenden Aktivbezüge übersteigen, ist von einer Überversorgung auszugehen.6 Die fiktive Jahresnettoprämie aus der Pensionsanwartschaft selbst ist nicht in die Ermittlung der maßgeblichen Aktivbezüge einzubeziehen.7 Für Zeiträume bis einschließlich 2004 galt in diesem Zusammenhang eine Vereinfachungsregelung, bei der auf die vom Arbeitgeber im Wj. erbrachten Arbeitsentgelte und die laufenden Aufwendungen abgestellt wurde.8 Der BFH verfährt allerdings noch heute nach dieser Methode.9 b) Pensionszusage auf einen festen Betrag Die Frage der Überversorgung ist im Falle einer Festbetragszusage (kein Prozentsatz des Festgehalts) in erster Linie ein Problem der Rückstellungsbildung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG und nicht der vGA. Eine Überversorgung ist anzunehmen, wenn die zugesagte monatliche Pension im Verhältnis zu den Aktivbezügen am Bilanzstichtag überhöht ist, also die oa. 75 %-Grenze übersteigt.10 In diesem Fall wird eine Vorwegnahme künftiger ungewisser Entwicklungen in Gestalt ansteigender säkularer Einkommenstrends unterstellt.11 Bei der Berechnung der Aktivbezüge sind nur die Bezüge aus der KapGes. maßgeblich, die auch die Versorgungszusage erteilt hat. Im Falle einer Betriebsaufspaltung ist ausschließlich auf die Gehälter der zusagenden Betriebs-KapGes. abzustellen.12 Für die Prüfung der 75 %-Grenze sind alle Versorgungsansprüche,13 die am Bilanzstichtag bestehen, maßgebend.14 Übersteigen die Versorgungsansprüche die 75 %-Grenze, so ist die Pensionsrückstellung gem. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG unter Zugrundelegung der oa. 75 %-Grenze zu ermitteln.15 Es erfolgt also eine Korrektur der Rückstellung in der ersten offenen Bilanz.16 Dadurch wird der gem. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG nicht rückstellungsfähige Aufwand aber lediglich von der Anwartschafts- in die Leistungsphase verlagert. Die spätere 1 BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393 Tz. 1 = GmbHR 2002, 1262. 2 BFH v. 20.8.2003 – I R 99/02, GmbHR 2004, 261. 3 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, BStBl. II 1995, 419 = FR 1995, 418 = GmbHR 1995, 388; v. 24.1.1996 – I R 41/95, BStBl. II 1997, 440 = FR 1996, 637 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 701. 4 So bereits BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393 Tz. 1 = GmbHR 2002, 1262. 5 FG BW v. 19.2.1998 – 5 K 255/97, GmbHR 1998, 698. 6 BFH v. 26.10.1982 – VIII R 50/80, BStBl. II 1983, 209 = FR 1983, 147. 7 BFH v. 31.3.2004 – I R 79/03, BStBl. II 2004, 940 = FR 2004, 1112 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1227. 8 BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, BStBl. I 2004, 1045 Tz. 23 = FR 2004, 1408; v. 7.1.1998 – IV B 2 S 2176 - 178/97, GmbHR 1998, 562. Diese Vereinfachungsregelung war auf die BFH- Rspr. zurückzuführen (BFH v. 8.10.1986 – I R 220/82, BStBl. II 1987, 205 = FR 1987, 38; v. 5.2.1987 – IV R 198/84, BStBl. II 1987, 557 = FR 1987, 336). 9 BFH v. 27.3.2012 – I R 56/11, BFH/NV 2012, 1229 = GmbHR 2012, 758 mwN; s. auch FG Sachs. v. 28.3.2012 – 8 K 1159/11, GmbHR 2012, 1024. 10 BFH v. 25.10.1995 – I R 34/95, BStBl. II 1996, 403 = FR 1996, 250 = GmbHR 1996, 385; v. 31.3.2004 – I R 70/03, BStBl. II 2004, 937 = FR 2004, 1056 = GmbHR 2004, 1158; v. 31.3.2004 – I R 79/03, BStBl. II 2004, 940 = FR 2004, 1112 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1227; v. 15.9.2004 – I R 62/03, FR 2005, 246 = GmbHR 2005, 180. 11 S. dazu BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, BStBl. I 2004, 1045 Tz. 6 ff. = FR 2004, 1408. 12 BFH v. 28.4.2010 – I R 78/08, BFH/NV 2010, 1709 = GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086; FG Sachs. v. 28.3.2012 – 8 K 1159/11, GmbHR 2012, 1024 (rkr.). 13 Pensionszusage, Direktversicherung, Pensionskasse, Unterstützungskasse, Pensionsfonds und gesetzliche Rentenversicherung. 14 S. dazu BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, BStBl. I 2004, 1045 = FR 2004, 1408. 15 BFH v. 13.11.1975 – IV R 170/73, BStBl. II 1976, 142. 16 Zur Bewertung bei Überversorgung s. auch BFH v. 25.10.1995 – I R 34/95, BStBl. II 1996, 403 = FR 1996, 250 = GmbHR 1996, 385; v. 13.11.1975 – IV R 170/73, BStBl. II 1976, 142; v. 22.11.1995 – I R 37/95, BFH/NV 1996, 596.
Neumann
599
1010
§ 8 Rz. 1010–1015
Ermittlung des Einkommens
Auszahlung der Pension ist nicht schon deshalb eine vGA, weil es in der Anwartschaftsphase zu einer teilweisen oder vollen Rückstellungskürzung kommt. 1011
Wenn die überhöhte Festbetragszusage allerdings auch gesellschaftsrechtlich veranlasst war,1 so wird die notwendige vGA-Besteuerung durch die innerbilanzielle Korrektur der Rückstellung nicht verhindert.2 Zwar kommt es in der Anwartschaftsphase nicht zu einer Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, weil sich bereits auf der ersten Gewinnermittlungsstufe kein Aufwand ergibt. Allerdings stellen die späteren Pensionszahlungen (in der Leistungsphase) BA dar. Diese BA bedürfen einer Korrektur gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe, denn sie sind durch das Gesellschaftsverhältnis mit veranlasst.3 Der pensionierte Gesellschafter-Geschäftsführer erzielt dann allerdings Einnahmen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die dem Teileinkünfteverfahren bzw. der Abgeltungsteuer unterliegen.
1012
Fest zugesagte prozentuale Rentenerhöhungen (Dynamisierung) sind keine ungewisse Erhöhungen iSd. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG. Wenn sie angemessene Steigerungsraten (max. 3 % pa.) nicht übersteigen, führen sie nicht zu einer Überversorgung.4
1013
Zu einer Überversorgung iSd. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG kommt es nicht, wenn die Pensionszusage arbeitnehmerfinanziert ist, die Anwartschaft also durch Barlohnumwandlung aufgebaut wird.5 Ungeachtet dessen gehören die zum Zwecke der Barlohnumwandlung eingesetzten Gehaltsbestandteile nicht zum stpfl. Arbeitslohn.6 Zur Frage der Überversorgung, wenn bei einer bestehenden Festbetragszusage das Festgehalt in Krisenzeiten abgesenkt wird, s. Rz. 1036. c) Endgehaltsabhängige Pensionszusage
1014
Die vorstehend zur überhöhten Festbetragszusage dargestellten Grundsätze (Kürzung der Pensionsrückstellung) finden keine Anwendung, wenn sich die Pension nach einem Prozentsatz des Endgehalts bemisst.7 In diesem Fall ist eine Vorwegnahme künftiger Einkommenstrends bei der Rückstellungsberechnung ausgeschlossen. Es kommt nicht zu einer bilanziellen Korrektur der Pensionsrückstellung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG. Wenn allerdings die Pensionszusage der Höhe nach unangemessen ist (Fremdvergleichsprüfung), so stellen die Zuführungen zur Pensionsrückstellung vGA dar. Von einer Unangemessenheit ist auszugehen, soweit ein Versorgungsniveau von 75 % überschritten wird. Dies ist der Fall, wenn zB von vornherein eine Pension iHv. 90 % des Endgehalts vereinbart wird, wodurch ein insgesamt unangemessenes Versorgungsniveau entsteht. Bei der dann durchzuführenden außerbilanziellen Korrektur nach allgemeinen vGA-Grundsätzen können im Rahmen einer Betriebsprüfung regelmäßig nur die im Prüfungszeitraum vorgenommenen Zuführungen zur Pensionsrückstellung dem Einkommen zugeschlagen werden. Die bestandskräftig aufwandswirksam aufgebaute Rückstellung bleibt auch in der Steuerbilanz bestehen. Zur Frage der Überversorgung, wenn bei einer endgehaltsabhängigen Pensionszusage das Festgehalt in Krisenzeiten abgesenkt wird, s. Rz. 1034. d) Nur-Pension
1015
Eine Pension als ausschließliche Tätigkeitsvergütung ohne laufende Bezüge (sog. Nur-Pension) wurde durch den BFH erstmals im Jahr 1995 unter Aufgabe seiner früheren Rspr.8 zunächst als vGA angesehen.9 Die FinVerw. schloss sich dieser Rspr. im Jahr 2005 unter Aufgabe ihrer früheren Auffassungen an und ging nun ebenfalls von vGA aus. Für Altfälle wurde eine Übergangsregelung geschaffen.10 Noch im selben Jahr gab der BFH dann seine Rspr. auf und entschied, dass eine Nur-Pension zu einer Überversorgung iHv. 100 % führe und des-
1 ZB, weil sich bei Eintritt des Versorgungsfalls auch unter Berücksichtigung künftiger Einkommensentwicklungen voraussichtlich eine Versorgungsquote von über 75 % ergibt. 2 AA Briese, DStR 2005, 272 (275). 3 GlA Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in H/H/R, § 8 KStG Rz. 302. 4 BFH v. 31.3.2004 – I R 79/03, BStBl. II 2004, 940 = FR 2004, 1112 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1227; v. 15.9.2004 – I R 62/03, FR 2005, 246 = GmbHR 2005, 180. 5 BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, FR 2004, 1408 Tz. 18. 6 BMF v. 31.3.2010 – IV C 3 - S 2222/09/100041, BStBl. I 2010, 270 Rz. 253 f. 7 BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, FR 2004, 1408 Tz. 16. 8 BFH v. 21.2.1974 – I R 160/71, BStBl. II 1974, 363; v. 28.10.1987 – I R 22/84, BFH/NV 1989, 131. 9 BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 = FR 1995, 833 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1995, 906. 10 BMF v. 28.1.2005 – IV B 7 - S 2742 - 9/05, BStBl. I 2005, 387 = FR 2005, 272.
600
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1015–1017 § 8
halb bereits nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG eine Auflösung der Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz erfordere.1 Die Annahme einer vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG scheide deshalb aus.2 Die FinVerw. hielt zunächst an ihrer bisherigen Sichtweise fest und ging weiterhin von vGA aus.3 Die FinVerw. unterschied dabei nicht zwischen Fällen der Barlohnumwandlung und anderen Nur-Pensionszusagen.4 Mit BMF-Schreiben v. 13.12.20125 hat die FinVerw. sodann aber entschieden, dass die oa. BFH-Rspr. in allen offenen Fällen anzuwenden sei und mit dem BFH von einer Überversorgung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG ausgegangen werden müsse. Nach hier vertretener Ansicht liegt eine Überversorgung iSd. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG nicht vor. Wird überhaupt kein Barlohn (Nur-Pension) gezahlt, so kann nicht typisierend davon ausgegangen werden, dass bei der Bemessung der Pension künftige Einkommensentwicklungen (inflationsbedingte Steigerung der Aktivbezüge) vorweggenommen werden. Ein nicht vereinbartes Festgehalt kann sich der Höhe nach nicht fortentwickeln. Die frühere Auffassung der FinVerw.,6 in diesem Fall keine Überversorgung, sondern vGA anzunehmen, war daher nach hier vertretener Ansicht zutreffend.7 10. Angemessenheit der Pensionszusage Die Pensionszusage ist bei der Prüfung der Angemessenheit der Gesamtausstattung mit ihrer fiktiven Jahresnettoprämie einschließlich etwaiger Abschluss- und Verwaltungskosten zu berücksichtigen.8 Für die Bewertung der vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (hinzuzurechnender Betrag) ist dagegen unabhängig von der Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie auf den Zuführungsbetrag zur Pensionsrückstellung abzustellen.9 Wenn die Gesamtausstattung, also die Summe aller Komponenten insgesamt unangemessen ist, ist zu fragen, auf welche Gehaltsbestandteile die vGA entfällt. Dies hat konkrete steuerliche Auswirkungen, weil bei Umqualifizierung einer Pensionszusage in eine vGA, anders als bei den sonstigen Gehaltsbestandteilen, noch kein Zufluss der vGA beim Gesellschafter erfolgt. Die hM geht wohl von einem Wahlrecht aus.10 Nach Ansicht der FinVerw.11 muss darauf abgestellt werden, welcher Gehaltsbestandteil zuletzt vereinbart worden ist. Dies führt zumindest dann zu einer vertretbaren Zuordnung, wenn die Gesamtausstattung zunächst angemessen war und erst durch die Zusage einer hohen Pension insgesamt unangemessen wurde. Kann eine derartig klare Zuordnung nicht vorgenommen werden, dann sollte eine anteilige (gleichmäßige) Kürzung aller Gehaltsbestandteile zu einem sachgerechten Ergebnis führen.
1016
Wird dem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Invaliditätsrente versprochen, die sich von vornherein und ohne dienstzeitabhängige Abschläge gegenüber der Altersrente auf 75 % der Bruttobezüge belaufen soll, so ist sie wegen der besonderen Risikoträchtigkeit überhöht und dementsprechend gesellschaftsrechtlich veranlasst.12 Die anzuerkennende Invaliditätsrente ist in diesem Fall auf den erdienten Teil der Anwartschaft zu beschränken. Der überhöhte – nicht erdiente – Teil stellt eine vGA dar. Bei einer Invaliditätszusage oder der Witwenversorgung will der BFH also nur dienstzeitabhängig gestaffelte Versorgungszusagen anerkennen.13 Dies ist kein Problem der Finanzierbarkeit bzw. des erhöhten Insolvenzrisikos,14 sondern ausschließlich eine Frage der Unüblichkeit.15
1017
1 BFH v. 9.11.2005 – I R 89/04, BFH/NV 2006, 456 = FR 2006, 173 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2006, 95. 2 BFH v. 20.12.2006 – I R 29/06, BFH/NV 2007, 1350 = GmbHR 2007, 722; v. 28.4.2010 – I R 78/08, BStBl. II 2013, 41 = GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086. 3 BMF v. 16.6.2008 – IV C 6 - S 2176/07/10007, BStBl. I 2008, 681. 4 Kritisch zur gesamten Thematik Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 1761 ff. 5 BMF v. 13.12.2012 – IV C 6 - S 2176/07/10007 – DOK 2012/1133464, BStBl. I 2013, 35. 6 BMF v. 28.1.2005 – IV B 7 - S 2742 - 9/05, BStBl. I 2005, 387 = FR 2005, 272; insb. BMF v. 16.6.2008 – IV C 6 - S 2176/07/10007, BStBl. I 2008, 681. 7 AA Gosch2, § 8 KStG Rz. 1131. 8 BFH v. 11.9.1968 – I 89/63, BStBl. II 1968, 809; H 38 „Angemessenheit“ KStH 2008. 9 FG Bdb. v. 19.9.2001 – 2 K 1437/99 K, GmbHR 2002, 121 = EFG 2001, 1568 (rkr.). 10 Gosch2, § 8 KStG Rz. 824; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1190; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 302 „Gehalt“; Schwedhelm in Streck8, § 8 KStG Anh. Rz. 345. 11 BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, GmbHR 2002, 1152 Tz. 7 ff. 12 BFH v. 28.1.2004 – I R 21/03, BStBl. II 2005, 841 = GmbHR 2004, 804 m. Anm. Schröder = FR 2004, 705. 13 So wohl auch Haßelberg, GmbHR 2004, 1056; Langohr-Plato, INF 2005, 134. 14 So aber Schröder, GmbHR 2004, 807. 15 Gosch2, § 8 KStG Rz. 1121.
Neumann
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§ 8 Rz. 1018–1020 1018
Ermittlung des Einkommens
Mit Urteil v. 28.1.20041 entschied der BFH, dass eine Pensionszusage, „die den Wert einer fehlenden Anwartschaft auf gesetzliche Rentenleistungen ersetzt“, steuerlich nur in jenem Umfang anzuerkennen sei, in welchem sie aus anderweitig ersparten gesetzlichen Arbeitgeberbeiträgen gespeist wird. Dieses Urteil wurde im Schrifttum massiv kritisiert.2 Es wurde gemutmaßt, der BFH wolle allgemein die Angemessenheit einer Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH am Versorgungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung ausrichten.3 Der BFH hat diese Urteilsgrundsätze aber zwischenzeitlich konkretisiert und ausdrücklich klargestellt, dass davon nur solche Pensionszusagen betroffen sind, in denen ausdrücklich eine dem Niveau der gesetzlichen Rente entsprechende Versorgung des Gesellschafter-Geschäftsführers vereinbart werden sollte (Ersetzungsfunktion).4 Werde dagegen eine über dem Niveau der gesetzlichen Rente liegende Alters- und Invaliditätsversorgung zugesagt, die nicht explizit an die Stelle der gesetzlichen Sozialversicherungsrente trete, und sei diese Vereinbarung üblich, angemessen und finanzierbar, so finde keineswegs eine Begrenzung auf hypothetische Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung statt. Diese Klarstellung ist zu begrüßen. Sie entspricht im Übrigen auch der (nicht veröffentlichten) Auffassung der FinVerw. Das im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt höhere Versorgungsniveau kann ohne Weiteres mit dem erhöhten Versorgungsbedarf des Gesellschafter-Geschäftsführers begründet werden.5 11. Pensionserhöhungen
1019
Die Erhöhung einer Pensionszusage muss zum einen auf ihre Angemessenheit und zum anderen auf ihre Erdienbarkeit hin überprüft werden. Werden in einer Pensionszusage, die auf einen festen Betrag lautet, prozentuale Erhöhungen von Renten und Rentenanwartschaften (Dynamisierung) bis max. 3 % pa. fest zugesagt, so entsteht alleine dadurch keine Überversorgung iSd. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG, da es sich bis zu dieser Grenze nicht um ungewisse Erhöhungen handelt.6 Allerdings darf sich das Versorgungsniveau durch die Dynamisierung nicht über die 75 %-Grenze hinaus entwickeln.7 Daneben ist zu beachten, dass die Dynamisierung auch Auswirkungen auf die fiktive Jahresnettoprämie und damit auch auf die Prüfung der Angemessenheit der Pensionszusage und der Gesamtausstattung haben kann. Eine Dynamisierung kann während der Anwartschaftsphase vereinbart werden. Sie muss nicht zwingend Gegenstand der ursprünglichen Pensionszusage sein. Allerdings sollte die mit der Dynamisierung verbundene Pensionserhöhung in der verbleibenden Restdienstzeit noch erdienbar sein. Die Vereinbarung einer Dynamisierung nach Vollendung des 60. Lebensjahres oder eine verbleibende vertragliche Restdienstzeit von unter als zehn Jahren ist problematisch.8
1020
Bei einer sog. endgehaltsabhängigen Zusage, in der bereits ein Ruhegehalt iHv. 75 % der letzten Aktivbezüge versprochen ist, kann eine zusätzliche Dynamisierung dergestalt, dass ab Rentenbeginn die gezahlten Leistungen jährlich um einen festen Prozentsatz (zB 3 %) erhöht werden, eine unzulässige doppelte Dynamisierung darstellen, die zu einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Überversorgung führt. Eine solche prozentuale Überversorgung hat im Falle einer endgehaltsabhängigen Pensionszusage keine Auswirkung auf die Rückstellungsbildung nach § 6a EStG.9 Allerdings liegen vGA vor. Wird dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nachträglich eine Dynamisierung der Pensionsanwartschaft zugesagt und kann seit dem ursprünglichen Zusagezeitpunkt keine erhebliche Steigerung der Lebenshaltungskosten festgestellt werden, so muss die in einer solchen Dynamisierung liegende Pensionserhöhung erdienbar sein.10 1 BFH v. 28.1.2004 – I R 21/03, FR 2004, 705 m. Anm. Schimmele/Wardemann = GmbHR 2004, 804 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2004, 890. 2 Briese, GmbHR 2004, 1132 (1140); Gosch2, § 8 KStG Rz. 1120; Haßelberg, GmbHR 2004, 1056; Schröder, GmbHR 2004, 807; Schimmele/Wardemann, FR 2004, 707; Höffer/Kaiser, DStR 2004, 2136; Langohr-Plato, INF 2005, 134. 3 Höffer/Kaiser, DStR 2004, 2136; Haßelberg, GmbHR 2004, 1056. 4 BFH v. 4.4.2012 – I B 128/11, BFH/NV 2012, 1181. 5 S. auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 1120. 6 BFH v. 31.3.2004 – I R 79/03, BStBl. II 2004, 940 = GmbHR 2004, 1227 = FR 2004, 1112 m. Anm. Pezzer; v. 15.9.2004 – I R 62/03, GmbHR 2005, 180 = FR 2005, 246; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1126; kritisch dagegen Briese, DStR 2005, 272 (273). 7 Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, Teil 6 Rz. 646. 8 FG Nds. v. 22.4.2004 – 6 K 91/00, GmbHR 2004, 1105 = EFG 2004, 1081 (rkr.). 9 AA noch FG Hess. v. 15.2.2000 – 4 K 2677/97, GmbHR 2000, 625 (Rev. I R 30/00 durch Beschl. v. 11.4.2001 als unzulässig verworfen). 10 S. FG Nds. v. 22.4.2004 – 6 K 91/00, GmbHR 2004, 1105 = EFG 2004, 1081 (rkr.).
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1021–1024 § 8
Enthält die Pensionszusage keine Dynamisierungsklausel, so stellt sich die Frage, ob es möglich ist, eine bestehende Versorgungslücke durch eine Erhöhung der ursprünglich zugesagten Pension zu schließen. Eine Entlohnung für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen unterläge auch im Falle der Aufstockung einer Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer dem Rückwirkungsverbot.1 Aus diesem Grunde darf sich die Erhöhung zumindest bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern nur auf die Zukunft beziehen, was zur Folge hat, dass der Erhöhungsbetrag in der verbleibenden Restdienstzeit noch erdienbar sein muss. Die Erdienbarkeitsgrundsätze gelten nicht nur für die erstmalige Pensionszusage, sondern auch für spätere Erhöhungen.2 Dies entspricht der langjährigen Verwaltungspraxis. Der BFH hat allerdings Ausnahmen zugelassen (s. Rz. 982 ff.).
1021
Fraglich ist, ob es unter Erdienbarkeitsgesichtspunkten möglich ist, durch eine beträchtliche, aber angemessene Gehaltserhöhung (Festbezüge) kurz vor der Pensionierung die endgehaltsabhängige Pensionszusage mittelbar zu erhöhen. In der FinVerw. wird dies teilweise kritisch gesehen.3
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12. Finanzierbarkeit der Pensionszusage a) Fiktive Überschuldungprüfung zur Feststellung der Finanzierbarkeit Eine nicht finanzierbare Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer hält einem 1023 Fremdvergleich nicht stand und kann vGA auslösen.4 Die FinVerw. ist in dieser Frage der mittlerweile gefestigten Rspr. des BFH in allen Punkten gefolgt5 und hat damit die früheren, deutlich restriktiveren Verwaltungsanweisungen6 aufgegeben. Die Problematik betrifft in erster Linie Pensionszusagen mit Invaliditäts- und/oder Todesfallabsicherung, die nicht bzw. nicht vollständig rückgedeckt sind. Der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung ist zwar grds. keine zwingende Voraussetzung für die Anerkennung einer Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer.7 Ist die Erfüllbarkeit bzw. die Finanzierbarkeit des Versorgungsversprechens im Einzelfall aber nicht gesichert, so ist der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung auch für steuerliche Zwecke von Bedeutung. Ausnahmsweise kann die erforderliche Finanzierbarkeit der Anwartschaft selbst bei kongruenter oder teilkongruenter Rückdeckung zu verneinen sein, wenn zu vermuten ist, dass die KapGes. die jährlichen Versicherungsbeiträge angesichts ihrer wirtschaftlichen Situation im Zusagezeitpunkt nicht aufbringen kann.8 Eine nicht erfüllbare Versorgungsverpflichtung darf nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.9 Im Fokus der Finanzierbarkeitsprüfung steht letztlich nur das Risiko der Gesellschaft, im Falle einer vorzeitigen Inanspruchnahme aus der Pensionszusage (Invalidität oder Todesfall) in die Insolvenz zu geraten. Aus diesem Grunde beschränkt sich die Überprüfung der Finanzierbarkeit darauf, zu prüfen, ob ein unmittelbar nach dem Bilanzstichtag eintretender Versorgungsfall (Invalidität oder Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers) durch die dann zu passivierende Pensionsrückstellung eine bilanzielle Überschuldung auslösen würde (fiktive Überschuldungsprüfung). Dabei wird die Pensionsverpflichtung grds. mit dem Anwartschaftsbarwert angesetzt. Dieser Wert bildet die tatsächliche Belastung durch die Versorgungsverpflichtung ab und berücksichtigt auf der einen Seite eine statistische Prognose über die Höhe der zu erwartenden Versorgungsleistungen (versicherungsmathematisch ermittelte Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme) und auf der anderen Seite eine Abzin1 BFH v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 = FR 1972, 283 = GmbHR 1972, 137. 2 BFH v. 23.9.2008 – I R 62/07, BFH/NV 2009, 297 = FR 2009, 672 = GmbHR 2009, 217; v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928 = GmbHR 2006, 943 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 929 und vorinstanzlich FG Düsseldorf v. 14.9.2004 – 6 K 2701/02, EFG 2005, 1796; FG Sa.-Anh. v. 23.5.2012 – 3 K 877/07, juris (rkr.). 3 S. Rupp in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 699 zu einer Regelung der FinVerw. in Baden-Württemberg, die bei einer Aufstockung von mehr als 25 % die Erdienbarkeit problematisiert. 4 OFD Hannover v. 9.3.2005 – S 2742 - 117 - StO 241, FR 2005, 451; BGH v. 16.2.2004 – II ZR 316/02, DStR 2004, 652; OFD Frankfurt v. 20.9.2005 – S 2742 A - 10 - St II 1.01, GmbHR 2005, 1641; FG Bdb. v. 17.8.2005 – 4 K 968/02, GmbHR 2005, 1641. 5 BMF v. 6.9.2005 – IV B 7 - S 2742 - 69/05, GmbHR 2005, 1581. 6 So noch Abschn. 32 Abs. 1 Satz 9 KStR 1995 sowie BMF v. 14.5.1999 – IV C 6 - S 2742 - 9/99, BStBl. I 1999, 512. 7 BFH v. 15.10.1997 – I R 42/97, FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340; v. 29.10.1997 – I R 52/97, FR 1998, 440 = GmbHR 1998, 338; FG Rh.-Pf. v. 12.3.1996 – 2 K 2069/93, EFG 1996, 832 (rkr.); BVerfG v. 12.2.1998 – 1 BvR 1964/97, GmbHR 1998, 750; ebenso Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 1998, 632. 8 BFH v. 31.3.2004 – I R 65/03, BFH/NV 2004, 1191 = GmbHR 2004, 1034 = FR 2004, 1009; Otto, DStR 1999, 743. 9 In Fortführung st. Rspr. auch BFH v. 8.11.2000 – I R 70/99, FR 2001, 631 = GmbHR 2001, 396.
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§ 8 Rz. 1024–1027
Ermittlung des Einkommens
sung der künftigen Verpflichtungen.1 Ein Ansatz des in der Anwartschaftsphase deutlich höheren Barwerts der laufenden Leistungen, der von einem worst-case-Szenario“ ausgeht,2 wird – anders als früher – auch von der FinVerw. nicht mehr gefordert.3 Bei entsprechendem Nachweis kann für die fiktive Überschuldungsprüfung ausnahmsweise auch der niedrigere handelsrechtlich maßgebliche TW der Pensionsverpflichtung als Verhältniswert in Betracht kommen.4 Bei der Ermittlung dieses Werts sind verschiedene Komponenten – wie zB die Werthaltigkeit der Pensionszusage und die Liquidität des Unternehmens aufgrund der aktuellen Situation, Beiträge zum Pensionssicherungsverein, das Vermögen des Unternehmens, das für eine Refinanzierung zur Verfügung steht, zugesagte Rentenanpassungen und die Verzinsung – zu nennen. Mit anderen Worten fließen bei der Ermittlung des handelsrechtlichen TW die Besonderheiten des pensionsverpflichteten Unternehmens ein. Der steuerrechtliche TW iSd. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG kann dabei ggf. als unterster Wert (minimaler Ansatz in der HB unter Berücksichtigung der fiktiven Liquidation) anzusetzen sein. Der handelsrechtliche TW unterscheidet sich von dem steuerrechtlichen TW iSd. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG zB durch das anzusetzende Eintrittsalter des Versorgungsberechtigten (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 6 EStG), durch die Berücksichtigungsfähigkeit künftiger Gehaltsentwicklungen5 und ggf. durch den abweichenden Rechnungszinsfuß (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG). 1025
Die Pensionszusage ist also nicht finanzierbar, wenn die KapGes. bei Ansatz aller Aktiva und Passiva unter Berücksichtigung des Anwartschaftsbarwerts bzw. des handelsrechtlichen TW infolge des eingetretenen Versorgungsfalles überschuldet wäre. Nach der Rspr. des BFH6 ist hierbei auf eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne abzustellen, dh., es ist zu prüfen, ob bei positiver Fortführungsprognose ein Insolvenzantrag entbehrlich gewesen wäre. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Ertragsaussichten im Zusagezeitpunkt von Bedeutung. Gem. § 19 Abs. 2 InsO sind in Fällen, in denen die Ertragslage die Prognose einer Fortführung des Unternehmens auf Dauer erlaubt, die Aktiva mit Verkehrswerten iSv. Fortführungswerten anzusetzen. Aus diesem Grund ist bei einer tatsächlichen Fortführung des Unternehmens auch iRd. Finanzierbarkeitsprüfung ein selbst geschaffener Firmenwert zu berücksichtigen.
1026
Die fiktive Überschuldungsprüfung und damit die Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ist für jeden Versorgungsbestandteil getrennt (Altersversorgung, Invaliditätsrente, Witwenrente) durchzuführen.7 Folglich ist die Zusage des Altersruhegeldes nicht deshalb als vGA zu behandeln, weil eine daneben bestehende Invaliditätszusage nicht oder nicht mehr finanzierbar ist.8 Die Nichtfinanzierbarkeit einer zugesagten Witwenrente fällt folglich kaum ins Gewicht, denn eine eventuelle Einkommenszurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG beschränkt sich im Wesentlichen auf den Teil des Aufwands, der auf die Invaliditäts- bzw. Hinterbliebenenrente entfällt. Eine vGA wegen Nichtfinanzierbarkeit kann vermieden werden, indem nur in Bezug auf die zugesagte Invaliditäts- bzw. Hinterbliebenenrente eine Rückdeckungsversicherung (Risikoversicherung) abgeschlossen wird. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Gesellschaft die Versicherungsbeiträge voraussichtlich nicht aufbringen kann.9 b) Vermeidung bzw. Beseitigung eines Finanzierbarkeitsmangels
1027
Soweit bei einer beabsichtigten Pensionszusage die Finanzierbarkeit im Einzelfall nicht gesichert erscheint, kommen mehrere Alternativen in Betracht. Eine Möglichkeit ist die Zusage einer rein betrieblichen Altersrente ohne Zusage auf den Invaliditäts- oder Todesfall. In diesen Fällen besteht kein Risiko der Überschuldung durch einen plötzlich eintretenden Versorgungsfall. Ist zusätzlich eine den Invaliditäts- und Todesfall abdeckende Versorgungszusage gewünscht, so reicht es aus, nur diese beiden Risiken durch eine Versicherung abzu1 Buciek, Stbg 2002, 1. 2 So noch Abschn. 32 Abs. 1 Satz 9 KStR 1995 sowie BMF v. 14.5.1999 – IV C 6 - S 2742 - 9/99, BStBl. I 1999, 51. 3 BFH v. 20.12.2000 – I R 15/00, FR 2001, 633 = GmbHR 2001, 524; BMF v. 6.9.2005 – IV B 7 - S 2742 - 69/05, GmbHR 2005, 1581 mit Komm. Graf/Weber. 4 Vgl. BFH v. 4.9.2002 – I R 7/01, FR 2003, 349 = GmbHR 2003, 235. 5 BFH v. 13.11.1975 – IV R 170/73, BStBl. II 1976, 142. 6 BFH v. 7.11.2001 – I R 79/00, FR 2002, 207 = GmbHR 2002, 118; v. 18.12.2002 – I R 44/01, GmbHR 2003, 778 = BFH/NV 2003, 945; v. 31.3.2004 – I R 65/03, GmbHR 2004, 1034 = FR 2004, 1009 = BFH/NV 2004, 1191. 7 BFH v. 15.10.1997 – I R 42/97, BStBl. II 1999, 316 = FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340; v. 8.11.2000 – I R 70/99, FR 2001, 631 = GmbHR 2001, 396. 8 BFH v. 24.1.2001 – I R 14/00, BFH/NV 2001, 1147. 9 BFH v. 31.3.2004 – I R 65/03, BFH/NV 2004, 1191 = GmbHR 2004, 1034 = FR 2004, 1009.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1027–1030 § 8
decken. Das Finanzierbarkeitsrisiko ist auch vermeidbar, indem die Höhe der Witwen- bzw. Invalidenrente dienstzeitabhängig geregelt wird.1 Letzteres ist allerdings im Hinblick auf das Urteil des BFH v. 28.1.20042 ohnehin (aus Gründen der Angemessenheit) erforderlich. Die Vereinbarung eines Rangrücktritts durch den pensionsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführer ist dagegen nicht zu empfehlen. Zwar wird damit eine Passivierungspflicht in der Überschuldungsbilanz vermieden.3 Allerdings handelt es sich bei einer Rangrücktrittsvereinbarung nicht um einen unschädlichen „Katalogvorbehalt“ iSd. R 6a Abs. 4 EStR 2012, sodass zweifelhaft ist, ob ein Rangrücktritt einer Passivierbarkeit der Rückstellung nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG im Wege steht.4 Wird auf eine nicht finanzierbare Pensionszusage ganz oder teilweise verzichtet, um den Finanzierbarkeitsmangel zu beseitigen, so liegt grds. eine vE vor. Für den Verzicht auf „Altzusagen“ galt nach dem BMF-Schr. v. 6.9.20055 früher etwas anderes. Nach Auffassung der FinVerw. soll ein Verzicht betrieblich veranlasst sein (also keine vE darstellen), wenn die Pensionszusage im Verzichtszeitpunkt nach den vom BFH entwickelten Kriterien nicht finanzierbar ist.6 Dies ist nicht nachvollziehbar. Nach hier vertretener Ansicht ist ausschließlich zu prüfen, ob sich unter den gleichen Umständen auch ein Fremdgeschäftsführer zum Verzicht bereit erklärt hätte. Letztlich ist also die Frage der Werthaltigkeit der Anwartschaft zu prüfen. Hat die Pensionszusage einen Wert von 0 Euro, so beträgt natürlich auch die vE und damit der Lohnzufluss auf Gesellschafterebene 0 Euro. Ferner muss beachtet werden, dass der Finanzierbarkeitsmangel nach den oa. Grundsätzen idR nur auf eine Invaliditäts- oder Witwenklausel zurückzuführen ist und nicht auf das reine Altersruhegeld. Bei Zusagen, die mehrere Risiken abdecken, sind nämlich die einzelnen Risiken getrennt voneinander zu beurteilen. Wird nun – zur Beseitigung des Finanzierbarkeitsmangels – auf die zugesagte Invaliditäts- oder Witwenrente verzichtet, so ist fraglich, ob hierdurch überhaupt ein Zufluss ausgelöst werden kann, denn es besteht schließlich noch keine bewertbare Anwartschaft auf eine Todesfall- oder Hinterbliebenenrente. Es dürfte damit idR möglich sein, den Finanzierbarkeitsmangel weitgehend steuerneutral zu beseitigen.
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c) Zeitpunkt der Finanzierbarkeitsprüfung Die Finanzierbarkeitsprüfung als Instrument zur Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Pensionszusage ist immer nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Erteilung der Zusage zu beurteilen.7 Ist die Pensionszusage zu diesem Zeitpunkt nicht finanzierbar, so ist sie gesellschaftsrechtlich veranlasst. Wird der Finanzierbarkeitsmangel in späteren Jahren durch eine günstige wirtschaftliche Entwicklung beseitigt, so bleibt es trotzdem auch künftig bei der Annahme vGA. Eine Bestätigung der Zusage zu einem späteren Zeitpunkt ist nach hier vertretener Ansicht nicht ausreichend, weil es sich nicht um eine Neuzusage handelt.8 Ginge man von einer nunmehr finanzierbaren Neuzusage aus, so müsste man zuvor einen Verzicht auf die Altzusage (mit der Folge eines lohnsteuerlichen Zuflusses) annehmen.
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Umgekehrt wächst eine rein betrieblich veranlasste Pensionszusage nicht in die gesellschaftsrechtliche Veranlassung hinein, wenn sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft in späteren Jahren verschlechtert und die Finanzierung der Zusage nicht mehr gewährleistet werden kann. Im letzteren Fall kann etwas anderes gelten, wenn die Gesellschaft zivilrechtlich in der Lage gewesen wäre, eine Kürzung oder einen Entzug der Versorgungsverpflichtung zivilrechtlich durchzusetzen. Dies ist bei einem beherrschenden GesellschafterGeschäftsführer im Allgemeinen der Fall, wenn die Versorgungszusage eine Widerrufsklausel
1030
1 Vgl. Gosch, DStR 2001, 882; FG München v. 19.3.2002 – 6 K 1001/99, EFG 2002, 941 (Rev. I R 21/03) mit Anm. H. Neu. 2 BFH v. 28.1.2004 – I R 21/03, BStBl. II 2005, 841 = FR 2004, 705 m. Anm. Schimmele/Wardemann = GmbHR 2004, 804 m. Anm. Schröder; s. zur Reichweite dieses BFH-Urt. Briese, GmbHR 2004, 1132 (1140); Gosch2, § 8 KStG Rz. 1120; Haßelberg, GmbHR 2004, 1056; Schröder, GmbHR 2004, 807; Schimmele/Wardemann, FR 2004, 707; Höffer/Kaiser, DStR 2004, 2136; Gosch, StBp 2004, 275; Langohr-Plato, INF 2005, 134. 3 BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BB 2001, 430. 4 Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 396; A/F/R, 6. Teil Rz. 689. 5 BMF v. 6.9.2005 – IV B 7 - S 2742 - 69/05, GmbHR 2005, 1581 m. Komm. Graf/Weber. 6 Vgl. zB BayLfSt v. 15.2.2007 – S 2742 - 26 - St 31 N, DStR 2007, 992. 7 BFH v. 8.11.2000 – I R 70/99, FR 2001, 631 = GmbHR 2001, 396 unter 4./b./aa. der Gründe mwN. 8 AA Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 718.
Neumann
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§ 8 Rz. 1030–1033
Ermittlung des Einkommens
für den Fall der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage enthält1 oder eine anderweitige Zivilrechtsgrundlage (zB § 313 BGB) vorliegt. Nach der Rspr. des BFH kann allerdings auch der Verzicht auf die Vereinbarung einer Anpassungsmöglichkeit zur Annahme einer vGA führen.2 Dies dürfte allerdings nur in begründeten Ausnahmefällen zum Tragen kommen, nämlich dann, wenn sich die Vereinbarung einer solchen Anpassungsmöglichkeit angesichts der wirtschaftlichen Gesamtumstände (risikoreiche Branche) aufgedrängt hätte.3 13. Behandlung der Rückdeckungsversicherung bei Annahme von vGA 1031
Eine durch die GmbH zur Absicherung des Risikos aus der Pensionszusage abgeschlossene Rückdeckungsversicherung teilt nicht das Schicksal der Pensionszusage. Die Aufwendungen für eine solche Versicherung sind grds. betrieblich veranlasst. Gegen die steuerliche Anerkennung der Rückdeckungsversicherung bestehen auch dann keine Bedenken, wenn die Pensionszusage selbst als vGA qualifiziert wird. Die Rückdeckungsversicherung ist ein reines Finanzierungsinstrument der KapGes., denn sie ist letztlich bezugsberechtigt.4 Damit hat der Rückversicherungsbeitrag auch keine Eignung, bei dem Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Der BFH hat allerdings offengelassen, ob dies auch dann gilt, wenn die Rückdeckungsansprüche aus Gründen der Insolvenzsicherung an den begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführer verpfändet oder abgetreten wurden.5 Dies ist uE zu bejahen. Auch eine Verpfändung ändert nichts daran, dass die KapGes. weiterhin (wirtschaftliche) Eigentümerin des WG „Rückdeckungsanspruch“ ist.6 Hier gilt nichts anderes als für jedes andere WG der KapGes., das zu Sicherungszwecken eingesetzt wird. Folglich kann eine Rückdeckungsversicherung durch die GmbH jederzeit abgeschlossen oder aufgestockt werden. Selbst eine Aufstockung über den Wert der Pensionsverpflichtung hinaus führt nicht zur Annahme einer vGA. Eine Wertkongruenz ist nicht erforderlich.
1032
Die KapGes. muss die Rückdeckungsansprüche gem. §§ 235 Abs. 1 iVm. § 255 Abs. 1 HGB mit ihren AK aktivieren. Der zu aktivierende Wert setzt sich zusammen aus den aufgewandten Prämienzahlungen und dem Garantiezins aus der Überschussbeteiligung.7 Bewertungsgrundlage hierfür ist das vom Versicherer nachgewiesene Deckungskapital.8 Fraglich ist, ob es sich bei einer Pensionsrückstellung und einer kongruenten Rückdeckungsversicherung um eine Bewertungseinheit handelt und der Wert des Rückdeckungsanspruchs deshalb auf den Bilanzwert der Pensionsrückstellung beschränkt werden muss.9 ME ist dies zu verneinen, denn die Pensionsrückstellung und der Rückdeckungsanspruch sind zwei eigenständige WG, die getrennt zu bewerten sind. Da es sich bei der Rückdeckungsversicherung nicht um die Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken (Ausfall-, Währungs- und Zinsrisiken) handelt, scheidet eine korrespondierende Bewertung aus. 14. Absenkung des Festgehalts bei bestehender Pensionszusage a) Pensionszusage als Prozentsatz des Endgehalts
1033
Eine vertragliche Absenkung des laufenden Geschäftsführergehaltes ist für die steuerliche Anerkennung der Vergütungsabrede unschädlich. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine unerwartete Krisensituation eintritt. In diesem Fall wird im Allgemeinen sogar erwartet, dass die Gesellschaft, wenn sie die zunächst unerwartete Entwicklung erkennt, von ihrem Recht auf Änderungskündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage Gebrauch macht
1 Bei Minderheitsgesellschaftern arbeitsrechtlich aber umstritten, s. BAG v. 10.12.1971 – 3 AZR 190/71, BAGE 24, 63; v. 24.4.2001 – 3 AZR 402/00, DB 2001, 1787; v. 17.6.2003 – 3 AZR 396/02, DB 2004, 324. 2 So zu einer Tantiemevereinbarung BFH v. 10.7.2002 – I R 37/01, BStBl. II 2003, 418 = FR 2003, 185 = GmbHR 2003, 120. 3 Kritisch auch Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in H/H/R § 8 KStG Rz. 301. 4 So auch BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118; FG Köln v. 26.1.1998 – 13 K 147/96, EFG 1999, 349 (rkr.); FG Köln v. 17.5.2001 – 13 K 1792/00, DStRE 2001, 1364 (rkr.); OFD Chemnitz v. 9.8.1999 – S 2742 - 68/4 - St 33, DStR 1999, 1696; Götz, DStR 1998, 1946; Gosch, DStR 2001, 882 (888); zweifelnd dagegen Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 1997, 253. 5 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118. 6 Ebenso Rupp in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 716; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1139. 7 Sitzung des HFA des IDW v. 2.3.2005, IDW-Fachnachrichten 2005, 332 (333). 8 H 6a Abs. 23 EStH 2012; BFH v. 9.8.2006 – I R 11/06, BStBl. II 2006, 762 = FR 2006, 1087 = GmbHR 2006, 1167. 9 Vgl. dazu Riehl/Hirsch/Veit, StuB 2007, 333.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1033–1036 § 8
und die Gehaltsvereinbarung entsprechend nach unten korrigiert.1 Es ist im Übrigen Ausfluss der besonderen Treuepflicht eines Geschäftsführers, die Vergütungsvereinbarung in angemessener Weise an die wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen.2 Da hinsichtlich der laufenden Vergütung kein Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche anzunehmen ist, kommt die Annahme einer vE und damit ein Lohnzufluss hinsichtlich der künfigen – also noch nicht entstandenen – Vergütungen nicht in Betracht. Im Falle einer endgehaltsabhängigen Pensionszusage liegt das Problem jedoch auf einer anderen Ebene. Hier stellt sich die Frage, ob die Versorgungsanwartschaft (also der zivilrechtliche Anspruch) teilweise entfällt, wenn die Bemessungsgrundlage, an die die Zusage anknüpft – also das Festgehalt –, herabgesetzt wird. Wenn als Pension ein Prozentsatz des letzten Gehalts vereinbart wurde und eben dieses Gehalt (also die vertragliche Bemessungsgrundlage) vermindert wird, stellt sich die Frage, ob dadurch auch der zivilrechtliche Anspruch gekürzt wird oder entfällt. Der BFH3 hat dies für den Fall bejaht, dass die Versorgungsvereinbarung einen unmittelbaren Bezug zwischen der Höhe des laufenden monatlichen Festgehalts und der Höhe der Pension herstellt. Eine Auslegung der Versorgungsklausel dahingehend, dass bei einem lediglich vorübergehenden Gehaltsverzicht eine vorläufige Aufrechterhaltung des Pensionsanspruchs geboten sei, hat der BFH entgegen der Vorinstanz ausdrücklich abgelehnt. Der BFH kam in dem Urteil vom 12.10.20104 zu dem Ergebnis, dass die Pensionsrückstellung erfolgswirksam aufzulösen war. Nach hier vertretener Ansicht ist dagegen eine Auflösung der Pensionsrückstellung nicht gerechtfertigt. Vielmehr ist eine Auslegung des Parteiwillens (§§ 133, 157 BGB) erforderlich. Zumindest bei vertraglich unverfallbaren Anwartschaften muss eine Pensionsvereinbarung uE immer dahingehend ausgelegt werden, dass die Vertragsbeteiligten auch bei Absenkung der Bemessungsgrundlage keinen Verfall der bereits erdienten Anwartschaftsteile gewollt haben.
1034
Die Frage, ob in dem oa. Urteilsfall5 ggf. eine gegenläufige vE zu berücksichtigen gewesen wäre, hat der BFH nicht geprüft. Dies hängt wohl mit der vorhandenen Anpassungsklausel und der im Urteilsfall eingetretenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zusammen. Eine weitere Folge dieser Rspr. ist das Problem, dass eine Wiederanhebung des Festgehalts ein Wiederaufleben der Pensionsverpflichtung nach sich ziehen würde. Allerdings sollte nach hier vertretener Ansicht keine neue Erdienbarkeit der „wiederauflebenden“ Pension gefordert werden. Zur Vermeidung unerwünschter steuerlicher Wirkungen ist es daher ratsam, für den Fall der (vorübergehenden) Absenkung des Festgehalts Vorsorge zu treffen. In diesem Zusammenhang erscheint es empfehlenswert, in der (endgehaltsabhängigen) Pensionszusage festzulegen, dass die bereits erdiente Anwartschaft bei eventueller Absenkung des Festgehalts bestehen bleibt.
1035
b) Pensionszusage lautet auf einen festen Betrag Wie unter Rz. 1010 dargestellt, kann es bei einer auf einen festen monatlichen Betrag lauten- 1036 den Pensionszusage zu einer Überversorgung kommen, wenn die monatliche Pension im Verhältnis zu den Aktivbezügen am Bilanzstichtag die oben dargestellte 75 %-Grenze übersteigt.6 In diesem Fall erfolgt eine Korrektur der Rückstellung in der ersten offenen Bilanz.7 Die Annahme einer vGA ist hiermit nicht zwingend verbunden. Wird nun das Festgehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers in einer Krisensituation abgesenkt oder (befristet) ganz eingestellt, so ist die Versorgungszusage regelmäßig, bezogen auf das abgesenkte Gehalt, überhöht (Überversorgung). Im Falle einer Absenkung des Beschäftigungsgrades (zB von einer Vollzeit- auf eine Halbtagstätigkeit) lässt die FinVerw. eine steuerliche Weiterberücksichtigung der erdienten Anwartschaft zu. Zur Berechnung der Absenkung der Pensionsrückstel1 Vgl. BFH v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580; FG Rh.-Pf. v. 6.5.1991 – 5 K 2467/90, EFG 1992, 36 = GmbHR 1992, 483 (rkr.); kritisch zur Frage der Berücksichtigung günstiger Entwicklungen dagegen Eder, DStR 1995, 665. 2 Vgl. BGH v. 15.6.1992 – II ZR 88/91, GmbHR 1992, 605. 3 BFH v. 12.10.2010 – I R 17, 18/10, GmbHR 2011, 270 = BFH/NV 2011, 452. 4 BFH v. 12.10.2010 – I R 17, 18/10, GmbHR 2011, 270 = BFH/NV 2011, 452. 5 BFH v. 12.10.2010 – I R 17, 18/10, GmbHR 2011, 270 = BFH/NV 2011, 452. 6 BFH v. 25.10.1995 – I R 34/95, BStBl. II 1996, 403 = FR 1996, 250 = GmbHR 1996, 385; v. 31.3.2004 – I R 70/03, BStBl. II 2004, 937 = FR 2004, 1056 = GmbHR 2004, 1158; v. 31.3.2004 – I R 79/03, BStBl. II 2004, 940 = FR 2004, 1112 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1227; v. 15.9.2004 – I R 62/03, FR 2005, 246 = GmbHR 2005, 180. 7 Zur Bewertung bei Überversorgung s. auch BFH v. 25.10.1995 – I R 34/95, BStBl. II 1996, 403 = FR 1996, 250 = GmbHR 1996, 385; v. 13.11.1975 – IV R 170/73, BStBl. II 1976, 142; v. 22.11.1995 – I R 37/95, BFH/NV 1996, 596.
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§ 8 Rz. 1036–1038
Ermittlung des Einkommens
lung sieht das BMF-Schreiben v. 3.11.20041 in solchen Fällen vor, dass als maßgebendes Gehalt für die Berechnung der 75 %-Grenze das Durchschnittsgehalt während der Gesamtlaufzeit des Dienstverhältnisses und nicht das abgesenkte Monatsgehalt gilt. Diese Grundsätze betreffen nach dem Wortlaut des BMF-Schreibens allerdings nur den Fall der Herabsetzung des Beschäftigungsgrades. Eine Überversorgung iSd. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG soll nach dem BMF-Schr. v. 3.11.20042 nur dann nicht vorliegen, wenn die Pensionszusage arbeitnehmerfinanziert war. In einem gesonderten Schreiben an die Bundessteuerberaterkammer vertrat das BMF die zutr. Ansicht, dass die Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle der Ansenkung des Festgehalts nur dann wegen Überversorgung vermindert werden müsse, wenn es sich um eine dauerhafte Gehaltskürzung handele.3 Bei einer befristeten Gehaltsabsenkung in der Krise sollte die Absenkung des Festgehalts keine Auflösung der Pensionsverpflichtung nach sich ziehen. Der BFH hat diese Sichtweise bestätigt und geht nur bei dauerhafter Absenkung der Festbezüge von einer Überversorgung aus.4 Darauf, ob die Kürzung der Anwartschaft nach arbeitsrechtlichen Maßgaben zulässig ist, komme es nicht an. Bei Absenkung des Festgehalts in der Krise sollte also möglichst eine klare zeitliche Begrenzung vereinbart werden. 15. Fortführung der Geschäftsführertätigkeit trotz Auszahlung der Pension 1037
Will der Gesellschafter-Geschäftsführer über die im Pensionsvertrag festgelegte Altersgrenze hinaus weiterarbeiten, so besteht häufig ein Interesse, neben dem weiter laufenden Gehalt die erdiente und ausfinanzierte (ratierliche) Pensionszusage auszuzahlen. Der BFH hatte mit Urteil vom 2.12.19925 zunächst die Ansicht vertreten, dass sich die Zahlung von Gehalt und Pension aus demselben Dienstverhältnis gegenseitig ausschließen. In späteren Urteilen6 entschied er dann, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das fortlaufende Gehalt auf die Pensionszahlungen angerechnet hätte. Soweit dies nicht geschehe, sei die Pensionszahlung der Höhe nach als vGA zu behandeln.7 Im Schrifttum wird diese Auffassung allerdings überwiegend abgelehnt.8 Die Kritik an der oa. Rspr. ist berechtigt. Schließlich hat der Gesellschafter-Geschäftsführer den Rentenanspruch vollständig erdient. Die Anwartschaft ist mit dem Erreichen der Altersgrenze zu einem vertraglich garantierten Anspruch mutiert, der zivilrechtlich auch eingefordert werden kann. Es ist aber zu fordern, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer nach Erreichen der Altersgrenze sein „Anschlussgehalt“ neu aushandelt und seine ggf. verminderte Arbeitsleistung dabei berücksichtigt.
1038
Allerdings stellt sich in diesen Fällen ein weiteres Problem, nämlich das der Passivierbarkeit nach § 6a EStG. Eine Pensionszusage, nach der die versprochenen Leistungen fällig werden, ohne dass das Dienstverhältnis formal beendet ist, stellt nach Auffassung der FinVerw. keine Zusage von Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung dar und berechtigt daher nach § 6a EStG nicht zum Ausweis einer Pensionsrückstellung in der Bilanz.9 Durch ein späteres BMF-Schreiben10 wurde diese Sichtweise möglicherweise eingeschränkt. Die Position der FinVerw. ist in dieser Frage derzeit unklar.11 Der BFH12 hat aber zwischenzeit-
1 BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, BStBl. I 2004, 1045 = FR 2004, 1408 Tz. 19. 2 BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, BStBl. I 2004, 1045 = FR 2004, 1408 Tz. 18. 3 BMF v. 24.8.2005 – IV B 2 - S 2176 - 65/05, GmbHR 2006, 560 (nicht amtlich veröffentlicht); ebenso Lieb, BB 2011, 2546; eine Kürzung ablehnend Kohlhaas, GmbHR 2006, 521; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 1747. 4 BFH v. 27.3.2012 – I R 56/11, BFH/NV 2012, 1229 = GmbHR 2012, 758. 5 BFH v. 2.12.1992 – I R 54/91, BStBl. II 1993, 311 = FR 1993, 238 = GmbHR 1993, 232. 6 BFH v. 5.3.2008 – I R 12/07, BFH/NV 2008, 1273 = FR 2008, 1022; v. 23.10.2013 – I R 60/12, BFH/NV 2014, 781 = GmbHR 2014, 495. 7 S. auch FG München v. 19.7.2010 – 7 K 2384/07, GmbHR 2010, 1113 (rkr.). 8 So zB Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Pensionszusagen“; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, 796; Hoffmann, GmbH-StB 2008, 313; Janssen, GStB 2008, 228; Schothöfer/Killat, DB 2011, 896; Otto, GmbHR 2014, 617 (620); aA dagegen Gosch, BFH-PR 2014, 196 (197). 9 H 6a Abs. 1 EStH 2012; allerdings wird dort auf das BMF v. 11.11.1999 – IV C 2 - S 2176 - 102/99, BStBl. I 1999, 951 verwiesen, das sich ausschließlich mit dem Fall der Arbeitsfreistellung vor Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis befasst. 10 BMF v. 5.2.2008 – IV C 8 - S 2222/07/0003, IV C 5 - S 2333/07/0003 – DOK 2008/0022798, BStBl. I 2008, 420 Rz. 185. 11 BMF v. 24.7.2013 – IV C 3 - S 2015/11/10002, IV C 5 - S 2333/09/10005 – DOK 2013/0699161, BStBl. I 2013, 1022 Rz. 286; s. dazu Killat, DB 2013, 1925. 12 BFH v. 5.3.2008 – I R 12/07, BFH/NV 2008, 1273 = GmbHR 2008, 663 = FR 2008, 1022 m. Anm. Pezzer; v. 23.10.2013 – I R 60/12, BFH/NV 2014, 781 = GmbHR 2014, 495.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1038–1041 § 8
lich eindeutig entschieden, dass eine Pensionszusage den Charakter einer betrieblichen Altersversorgung nicht verliert, wenn der Rentenanspruch ohne weitere Voraussetzungen, also insbesondere ohne ausdrückliche Beendigung des Dienstverhältnisses mit Vollendung des 65. Lebensjahres, entsteht. Um der oa. vGA-Problematik zu entgehen, werden die Beteiligten in der Praxis bestrebt 1039 sein, den weiter arbeitenden und zugleich pensionsberechtigten bisherigen GesellschafterGeschäftsführer auf anderer Vertragsgrundlage zu beschäftigen. So ist es möglich, an den pensionierten Gesellschafter-Geschäftsführer die Pension zu zahlen und ihn gleichzeitig für eine Beratungstätigkeit zu entlohnen.1 Eine solche Vertragsgestaltung setzt nach hier vertretener Ansicht aber voraus, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nur seinen Dienstvertrag mit der GmbH beendet, sondern auch seine Organstellung als Geschäftsführer aufgibt.2 Zum anderen muss der Beratervertrag genau regeln, welche Beratungsleistungen zu erbringen sind. Diese vertraglichen Leistungen müssen sich insgesamt von dem typischen Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers unterscheiden.3 Ein einfaches „Weiterzahlen“ einer festen Vergütung, verbunden mit einer unspezifischen Weiterbeschäftigung auf freiberuflicher Basis dürfte indiziell auf eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung hindeuten. Es sollte im Übrigen erkennbar sein, dass die Beratungstätigkeit nicht in das typische Aufgabenbild des Geschäftsführers fällt, also insbesondere keine Leitungsaufgaben umfasst. Ferner muss der Beratervertrag insgesamt fremdüblich sein, was zB bei einer mehrjährigen Unkündbarkeit im hohen Alter problematisch sein kann.4 Zur Frage der Abgrenzung zwischen selbstständiger und nicht selbstständiger Beratertätigkeit s. BFH v. 20.10.2010.5 Sollen die Organstellung und der Dienstvertrag beibehalten werden, ist es möglich, die Geschäftsführertätigkeit auch nach Erreichen der Altersgrenze weiterhin fremdüblich zu vergüten, dafür jedoch den Rentenbeginn hinauszuschieben. Dafür muss der Gesellschafter-Geschäftsführer nach Auffassung des BFH keine Anwartschaften aufgeben. Vielmehr kann wegen des späteren Rentenbeginns ein Barwertausgleich (Rentenerhöhung) nach versicherungsmathematischen Maßstäben vereinbart werden.6 16. Pensionszusage durch Barlohnumwandlung Ein in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherter Arbeitnehmer (s. § 17 Abs. 1 1040 Satz 3 BetrAVG) hat gem. § 1a BetrAVG7 einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung zugunsten seiner betrieblichen Altersversorgung. Der Anspruch ist allerdings gem. § 1a Abs. 1 BetrAVG (gehaltsunabhängig) beschränkt auf 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die umgewandelten Gehaltsansprüche müssen zwar vereinbart, dürfen aber noch nicht entstanden sein.8 Die Entgeltumwandlungsregelung des BetrAVG betrifft sowohl externe Versorgungsträger als auch Direktversicherungen, Pensionskassen, Pensionsfonds, Unterstützungskassen und ebenso Pensionszusagen (Direktzusagen). Voraussetzung ist gem. § 1 Abs. 1 BetrAVG nur die Absicherung sog. biometrischer Risiken. Die zum Zwecke der Barlohnumwandlung eingesetzten Gehaltsbestandteile gehören nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.9 Die Anwartschaft auf Altersversorgung, die aus einer Entgeltumwandlung finanziert wurde, wird gem. § 1b Abs. 5 BetrAVG gesetzlich sofort unverfallbar. Zwar gilt das BetrAVG für beherrschende GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer nicht. Dennoch sollten keine Bedenken bestehen, eine vertraglich sofort unverfallbare Pensionszusage auch bei einem beherr-
1 So ausdrücklich BFH v. 23.10.2013 – I R 60/12, BFH/NV 2014, 781 = GmbHR 2014, 495; ebenso CentraleGutachtendienst, GmbHR 2003, 833; FG München v. 19.7.2010 – 7 K 2384/07, GmbHR 2010, 1113 (rkr.); Gosch, BFH-PR 2014, 196 (197). 2 FG BW v. 8.3.2001 – 6 K 44/98, EFG 2001, 777 (rkr.); ebenso Otto, GmbHR 2014, 617 (621); ähnlich Gosch, BFH-PR 2014, 196 (197). 3 S. dazu im Einzelnen Gosch, BFH-PR 2014, 196 (197); Haun/Stelzer in Ernst & Young, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, Teil 4 Rz. 62; Neumann, GmbH-StB 2001, 235; Fröhlich, GmbHStB 2004, 315; Zimmers, GmbH-StPr. 2011, 193; Lenz/Teckentrup, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 2006, 907. 4 FG München v. 19.7.2010 – 7 K 2384/07, GmbHR 2010, 1113 (rkr.). 5 BFH v. 20.10.2010 – VIII R 34/08, BFH/NV 2011, 585 = GmbHR 2011, 313 m. Anm. Seer. 6 BFH v. 23.10.2013 – I R 60/12, BFH/NV 2014, 781 = GmbHR 2014, 495, unter II.2.b) der Gründe; Gosch, BFH-PR 2014, 196 (197); Otto, GmbHR 2014, 617 (622). 7 Eingeführt mit Wirkung vom 1.1.2002. 8 Ausnahme: Bei Sonder- und Einmalzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld dürfen die erdienten, aber noch nicht fälligen Ansprüche mitverwendet werden. 9 BMF v. 31.3.2010 – IV C 3 - S 2222/09/100041, BStBl. I 2010, 270 Rz. 253 f.
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§ 8 Rz. 1041–1047
Ermittlung des Einkommens
schenden Gesellschafter-Geschäftsführer anzuerkennen, wenn es sich um eine Versorgungszusage durch Entgeltumwandlung handelt. 1042
Der für die Altersversorgung eingesetzte Teil des Arbeitslohns fließt dem Arbeitnehmer (Gesellschafter-Geschäftsführer) nicht zu. Wie im Falle einer normalen Pensionszusage versteuert er erst die späteren Pensionszahlungen.
1043
Die aus einer Entgeltumwandlung finanzierte Pensionszusage hat in der Praxis erhebliche Vorteile. Die bei „normalen“ Pensionsvereinbarungen regelmäßig problematisierten Themen Erdienbarkeit, Wartezeit bzw. Probezeit dürften bei der arbeitnehmerfinanzierten Pensionszusage grds. keine Rolle spielen, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer die Pensionsansprüche letztlich selbst bezahlt.1 Auch die Überversorgungsproblematik stellt sich hier nicht.2
1044
Es ist aber im Einzelfall zu untersuchen, ob die Bahrlohnumwandlung steuerlich anzuerkennen ist. Wird zB bei Gründung der KapGes. – also ohne Einhaltung irgendwelcher Wartezeiten – mit sofortiger Wirkung eine unmittelbar unverfallbare Pensionszusage erteilt, die aus der Umwandlung des zum gleichen Zeitpunkt ebenfalls erstmals festgesetzten Gehalts finanziert wird, so gelten die dargestellten Grundsätze nach hier vertretener Ansicht nicht. In einem solchen Fall ist – wie im Falle einer normalen Pensionszusage – zu prüfen, ob die Anwartschaft erdienbar und angemessen ist bzw. ob eine angemessene Wartezeit eingehalten wurde.3 Wenn dagegen ein angemessenens Gehalt über einen längeren Zeitraum gezahlt und ein Teil dieser Vergütung später in Altersversorgungsansprüche umgewandelt wird, so steht einer Anerkennung dieser Pensionszusage idR nichts im Wege.4
1045
Wenn die Pensionszusage über das vereinbarte Altersruhegeld hinaus auch den Invaliditäts- und/oder den Todesfall abdeckt, ist mE in jedem Falle die Finanzierbarkeit der Pensionszusage zu prüfen, wenn die Pensionszusage nicht kongruent rückgedeckt ist. Auch wenn die Beiträge für das Risiko aus eigenem Arbeitslohn des Gesellschafters finanziert werden, muss geprüft werden, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das Zusagerisiko angesichts der finanziellen Situation der GmbH eingegangen wäre. In Bezug auf die Finanzierbarkeitsprüfung ist die arbeitnehmerfinanzierte Pensionszusage also genauso zu behandeln wie die arbeitgeberfinanzierte Pensionszusage. 17. Abfindung einer Pensionszusage a) Vermögensminderung durch Abfindung?
1046
Soll eine Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer abgefunden werden, so ist die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der vGA zu prüfen. Fraglich ist, ob im Falle einer Pensionsabfindung, bei der die KapGes. schließlich nur eine Verpflichtung erfüllt, von einer Vermögensminderung (bilanzieller Aktiv-Passiv-Tausch) ausgegangen werden kann. Ein typischer Anwendungsfall ist die Übertragung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung an den Gesellschafter einer GmbH unter gleichzeitigem Verzicht auf die Pensionsanwartschaft. Der BFH bejaht richtigerweise eine Vermögensminderung, wenn der Vorgang einem Fremdvergleich nicht standhält.5 In diesem Fall sind der Verzicht und die Abfindungszahlung zwei getrennt zu würdigende Vorgänge; dies deshalb, weil hier nicht von einem unter Fremdvergleichsbedingungen anzuerkennenden Vorteilsausgleich auszugehen ist.6 b) BetrAVG als Fremdvergleichsmaßstab?
1047
Für eine vGA könnte der Fremdvergleich mit einem nicht an der GmbH beteiligten Fremdgeschäftsführer sprechen. Auf Versorgungszusagen gegenüber Fremdgeschäftsführern (bzw. gegenüber nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern) findet § 3 Abs. 1 BetrAVG Anwendung, wonach Abfindungen nur zugelassen sind, wenn bestimmte Höchstbeträge nicht überschritten werden (Bagatellregelung). Über diese Bagatellbeträge hinausgehende Abfindungen sind gegenüber fremden Arbeitnehmern zivilrechtlich unzulässig und nichtig. Dies ist bei den dem BetrAVG unterliegenden Minderheitsgesellschaftern zu beachEbenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1098; Neumann, GmbH-StB 2003, 13 (18). BMF v. 3.11.2004 – IV B 2 - S 2176 - 13/04, FR 2004, 1408 Tz. 18. AA Paus, GmbHR 2001, 607. S. auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 1098. BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = DStR 2006, 1172; v. 8.6.2011 – I R 62/10, BFH/NV 2011, 2117 = GmbHR 2011, 1171. 6 BFH v. 23.10.2013 – I R 89/12, GmbHR 2014, 492.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1047–1049 § 8
ten. Bei diesem Personenkreis ist eine Pensionsabfindung als vGA zu behandeln. Zwar findet das Betriebsrentenrecht – und damit auch das oa. Abfindungsverbot – auf beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer keine unmittelbare Anwendung,1 fraglich ist aber, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer-Pensionsvertrag an dem gemessen werden muss, was einem Fremdgeschäftsführer gegenüber vereinbart würde. Bejaht man dies, so käme man auch bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern grds. zu vGA, soweit die Bagatellgrenzen des § 3 BetrAVG überschritten werden. Die Regelungen im BetrAVG wären bejahendenfalls ein starkes Indiz für die (Un-)Üblichkeit der Vereinbarung mit dem nicht unter das BetrAVG fallenden Gesellschafter-Geschäftsführer. Eine Abfindung gegenüber beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern müsste als gesellschaftsrechtlich veranlasst angesehen werden. Die hM lehnt das BetrAVG als Vergleichsmaßstab für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer ab.2 Eine Mindermeinung befürwortet die Anwendung dieses Fremdvergleichsmaßstabs.3 Die Verwaltungspraxis folgt derzeit der hM. Der BFH hat die Frage bisher ausdrücklich offengelassen und nur in einem Fall, in dem die Anwendbarkeit des § 3 BetrAVG individualvertraglich vereinbart war, ein Abfindungsverbot und damit eine vGA angenommen.4 Nach hier vertretener Ansicht ist der Mindermeinung der Vorzug zu geben, weil nur auf diese Weise ein Fremdvergleich möglich ist. Für die Praxis bleibt der Hinweis, dass zumindest bei unmittelbarer Anwendung des § 3 BetrAVG von vGA auszugehen ist. Dies ist bei allen dem BetrAVG unmittelbar unterliegenden Minderheitsgesellschaftern (s. dazu Rz. 1005) der Fall und gilt auch für solche Mehrheitsgesellschafter, die eine unmittelbare Anwendung des BetrAVG im Pensionsvertrag vereinbart haben.5 c) Unverfallbarkeit als Grundvoraussetzung der Abfindung Die Abfindung einer Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer ist nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn die Anwartschaft im Zeitpunkt der Abfindung bereits unverfallbar war. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde einen verfallbaren, noch nicht entstandenen Versorgungsanspruch im Falle des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis auch verfallen lassen.6 Er würde sich nicht darauf einlassen, einem Angestellten nach Beendigung des Dienstverhältnisses eine Zahlung zu leisten, zu der keine Verpflichtung besteht. Ein Vorteilsausgleich kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Anspruch des ausscheidenden Gesellschafter-Geschäftsführers mangels Unverfallbarkeit wertlos ist.
1048
Beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegen gem. § 17 Abs. 1 iVm. § 1b 1049 Abs. 1 BetrAVG nicht dem BetrAVG (s. dazu Rz. 1005).7 Ihre Anwartschaften sind gesetzlich nicht insolvenzgesichert.8 Die Unverfallbarkeit muss daher in der Versorgungszusage individualvertraglich geregelt werden.9 Normalerweise wird eine solche Unverfallbarkeit durch Vereinbarung einer ratierlichen Unverfallbarkeit nach dem Gegenwartswertprinzip bestimmt.10 Der unverfallbare Anspruch bemisst sich dann nach dem Verhältnis der tatsächlich seit Zusage zurückgelegten Dienstzeit zum gesamten Zeitraum zwischen Erteilung der Pensionszusage und dem vorgesehenen Pensionsbezugszeitpunkt. Es empfiehlt sich, die Un-
1 Vgl. hierzu Langohr-Plato, INF 2001, 257. 2 Eine Anwendung des § 3 BetrAVG als Fremdvergleichsmaßstab ablehnend zB Gosch, FR 1997, 438; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1075; Langohr-Plato, INF 2001, 257; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG „Pensionszusage“; Arteaga, GmbHR 1998, 265; Schwedhelm/Olgemöller, GmbH-StB 2003, 163 ff., 204 ff.; Schwedhelm in Streck8, Anh. zu § 8 KStG Rz. 937; Beck, DStR 2002, 473; FG Düsseldorf v. 30.1.1998 – 6 V 5644/97 A (E), GmbHR 1998, 795 (rkr.). 3 Bejahend Neumann, GmbHR 1997, 292; Neumann, FR 1997, 603; Haßelberg, DStR 2002, 1803, Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 762; Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 1999, 75. 4 BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = DStR 2006, 1172. 5 BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = DStR 2006, 1172. 6 BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = DStR 2006, 1172; v. 8.6.2011 – I R 62/10, GmbHR 2011, 1171 = BFH/NV 2011, 2117; vorinstanzlich FG Düsseldorf v. 15.6.2010 – 6 K 2357/08 K, F, EFG 2010, 1486; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1082. 7 BGH v. 9.6.1980 – II ZR 255/78, GmbHR 1980, 266; v. 25.9.1989 – II ZR 259/88, GmbHR 1990, 72; BAG v. 21.8.1990 – 3 AZR 429/89, GmbHR 1991, 458; BGH v. 2.6.1997 – II ZR 181/96, GmbHR 1997, 843; v. 24.7.2003 – IX ZR 143/02, GmbHR 2003, 1202. 8 BGH v. 9.6.1980 – II ZR 255/78, GmbHR 1980, 266; Höfer/Reiners/Wüst, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Rz. 3752 mwN. 9 BFH v. 30.1.2002 – I R 56/01, GmbHR 2002, 795. 10 BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393.
Neumann
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§ 8 Rz. 1049–1053
Ermittlung des Einkommens
verfallbarkeitsbestimmung von vornherein in den Pensionsvertrag aufzunehmen. Dies gilt insbesondere, wenn eine Abfindung beabsichtigt ist. d) Klare und eindeutige Vereinbarung im Voraus 1050
Vergütungen an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bedürfen grds. klarer und eindeutiger Vereinbarungen im Voraus (s. Rz. 267 ff.). Fehlt eine Abfindungsregelung in der Pensionszusage, so wird in der Praxis eine solche Regelung idR erst dann vereinbart, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer wegen beabsichtigter Veräußerung der Anteile ausscheiden will. Nach im Schrifttum vertretener Ansicht bedarf es einer klaren und eindeutigen Vereinbarung der Abfindung in der Pensionszusage.1 Nach anderer Ansicht reicht eine Vereinbarung unmittelbar vor Zahlung der Abfindung aus.2 Der BFH hatte diese Frage in seinem Urteil vom 14.3.20063 zunächst offengelassen, später aber dahingehend entschieden, dass eine Abfindungsoption bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern klar und eindeutig im Voraus geregelt werden müsse. Eine Vereinbarung im zeitlichen Zusammenhang mit der Abfindungszahlung genüge diesen Anforderungen nicht.4 Es liege ein Verstoß gegen das sog. Rückwirkungsverbot vor. Im Schrifttum wurde sodann darüber spekuliert, innerhalb welcher Frist eine Abfindungsoption in den Pensionsvertrag aufgenommen werden muss.5
1051
Nach hier vertretener Ansicht ist der BFH-Rspr. nicht zu folgen. Es reicht vielmehr aus, dass unmittelbar vor der Abfindungszahlung eine schriftliche Vereinbarung über die Abfindungshöhe und die -modalitäten erfolgt. Es werden schließlich nur die Auszahlungsmodalitäten ausgetauscht, indem der bei Erreichen der Altersgrenze monatlich auszuzahlende Pensionsanspruch durch eine sofort fällige Einmalzahlung ersetzt wird. Wegen der versicherungsmathematischen Barwertermittlung auf den Bewertungsstichtag stehen sich die Chancen, dass der Versorgungsfall durch Vorversterben nicht eintritt, und die Risiken der Langlebigkeit einander ausgewogen gegenüber. Der abzufindende erdiente Teil der Pensionsanwartschaft ist ausfinanziert. Betriebswirtschaftlich gesehen ist eine Abfindung möglicherweise sogar für die KapGes. vorteilhaft, da sich das Langlebigkeitsrisiko zukünftig noch erhöhen dürfte.6 Durch das Rückwirkungs- und Nachzahlungsverbot soll aber nur vermieden werden, dass die GmbH und ihr beherrschender Gesellschafter nach Belieben für zurückliegende Zeiträume ergebniswirksame Vergütungen vereinbaren und damit das steuerliche Ergebnis nachträglich durch Vergütungsabreden manipulieren.7 Abfindungszahlungen nach Beendigung des Dienstverhältnisses können folglich keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot auslösen, denn die Abfindungsvereinbarung greift in das bestehende Anwartschaftsverhältnis nur mit Wirkung für die Zukunft und eben gerade nicht rückwirkend ein. In Bezug auf die erdienten Ansprüche wird letztlich nur eine Forderung des Gesellschafters erfüllt.8
1052
Angesichts der oa. neuen BFH-Rspr. empfiehlt es sich aber, eine Abfindungsoption möglichst bereits bei Erteilung der Versorgungszusage mit aufzunehmen. Dies ist kein schädlicher Widerrufsvorbehalt, weil es ja gerade nicht um den Entzug der versprochenen Leistungen, sondern um deren Erfüllung geht.
1053
Eine Abfindung in der Anwartschaftsphase ohne Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis dürfte seitens des BFH allerdings stets als gesellschaftsrechtlich veranlasst angesehen werden, sodass immer eine Beendigung des Dienstverhältnisses als Voraussetzung für die Abfindung vereinbart werden sollte.9
1 Gosch2, § 8 KStG Rz. 1075; Gosch, BFH-PR 2006, 276. 2 Rupp in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 692; Briese, DStR 2004, 1276; Schwedhelm in Streck8, Anh. zu § 8 KStG Rz. 937; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG „Pensionszusage“; Förster, DStR 2006, 2149. 3 BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = DStR 2006, 1172. 4 BFH v. 11.9.2013 – I R 28/13, BFH/NV 2014, 795 = GmbHR 2014, 489; v. 23.10.2013 – I R 89/12, BFH/NV 2014, 797 = GmbHR 2014, 492; aA Briese, DB 2014, 801 (803); Otto, GmbHR 2014, 617 (622); Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 163; Rupp in D/P/M, § 8 KStG Rz. 690. 5 Briese, DB 2014, 801 (803), der von zwei bis drei Jahren ausgeht; Otto, GmbHR 2014, 617 (622), der einen Zeitraum von zehn Jahren aus den Erdienbarkeitsfristen ableiten will. 6 Lederle, GmbHR 2004, 269; Briese, DStR 2004, 1276. 7 BFH v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928 = FR 2006, 929. 8 Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 163; Rupp in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 690. 9 BFH v. 23.10.2013 – I R 89/12, GmbHR 2014, 492.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1054–1057 § 8
Hinsichtlich der Bewertung des Abfindungsbetrags ist zu beachten, dass eine Abfindungsregelung keinen (unzulässigen) Kürzungsvorbehalt enthalten darf (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Dies wäre aber der Fall, wenn die Pension zum (schon wegen des Zinsfußes von 6 % in aller Regel unterbewerteten) TW iSd. § 6a Abs. 3 EStG abgefunden werden dürfte.1
1054
Der BFH vertritt die Auffassung, dass eine Abfindung zum ratierlich gekürzten betriebs- 1055 wirtschaftlichen Barwert der Pensionsleistungen vereinbart werden muss. Dies ist der bis zum Zeitpunkt der Abfindungsvereinbarung erdiente Barwert der Versorgungsverpflichtung,2 also der Betrag, der dem Verhältnis der bisherigen Erdienensdauer zum gesamten Zeitraum zwischen Pensionszusage und dem vereinbarten Versorgungszeitpunkt entspricht.3 Unterbleibt eine ratierliche Kürzung und erfolgt eine Abfindung der vollen Pensionsanwartschaft, so liegt eine vGA der Höhe nach vor. Allerdings fordert nun das BMF-Schreiben v. 6.4.2005,4 dass sich das vereinbarte Abfin- 1056 dungsrecht für aktive Anwärter nach dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen iSv. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG (dh. dem vollen, unquotierten Anspruch) zum Zeitpunkt der Abfindung bemessen soll. Für ausgeschiedene Anwärter und laufende Versorgungsleistungen sei die Abfindung dagegen nach dem ratierlich erdienten Barwert der künftigen Pensionsleistungen gem. § 6a Abs. 3 Nr. 2 EStG zu berechnen. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Aussage ist wie folgt zu verstehen. Die Abfindung für aktive Anwärter „nach dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen iSv. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG“ (dh. dem vollen, unquotierten Anspruch) bezieht sich nach hier vertretener Ansicht nur auf weiter beschäftigte Arbeitnehmer,5 denen infolge einer gekürzten Abfindung das vertragliche Recht genommen würde, die Anwartschaft noch bis zum 65. Lebensjahr weiter zu erdienen und aufzubauen. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer aber anlässlich seines Ausscheidens eine Abfindung erhält, so ist es uE zutreffend und nicht zu beanstanden, wenn der Abfindungsbetrag nach dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen gem. § 6a Abs. 3 Nr. 2 EStG, also dem quotierten Barwert, bemessen wird. Unbedenklich ist uE auch die Abtretung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung als Abfindung auf den Gesellschafter, wenn die Pensionszusage kongruent rückgedeckt ist. e) Steuerliche Auswirkungen einer Pensionsabfindung aa) Abfindung als Arbeitslohn Wenn die Pensionsanwartschaft abgefunden wird und die Abfindung nach den in Rz. 1046 bis 1056 dargestellten Grundsätzen keine vGA darstellt, dann ist die Abfindung als abzugsfähiger Aufwand zu behandeln und die Auflösung der Rückstellung als stpfl. Ertrag. Der die nach § 6a EStG passivierte Rückstellung überschießende Saldo ist also eine abziehbare BA. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erzielt iHd. Abfindungsbetrags Arbeitslohn iSd. § 19 EStG, den er im Jahr des Zuflusses zu versteuern hat. Fraglich ist, ob bei einer solchen Abfindung steuerbegünstigte außerordentliche Einkünfte iSd. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG iVm. § 34 Abs. 2 Nr. 2 oder 4 EStG vorliegen (sog. Fünftelregelung bzw. Tarifglättung). Eine begünstigte Entschädigung iSd. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG iVm. § 24 Nr. 1 EStG setzt zum einen voraus, dass die Sonderzahlung auf einer neuen Rechtsgrundlage beruht.6 Dies ist bei einer Pensionsabfindung nach der Rspr. des BFH wohl der Fall.7 Ferner muss der Stpfl. unter einem von einem anderen ausgeübten tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Druck (Zwangslage) gehandelt haben.8 Auch dies wird durch den BFH im Falle der Pensionsabfindung
1 BFH v. 10.11.1998 – I R 49/97, BStBl. II 2005, 261 = GmbHR 1999, 303 = FR 1999, 300; v. 28.4.2010 – I R 78/08, BFH/NV 2010, 1709 = GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086; so auch BMF v. 6.4.2005 – IV B 2 - S 2176 10/05, BStBl. I 2005, 619; Förster in Blümich, § 6a EStG Rz. 169; A/F/R, 2. Teil Rz. 377. 2 BFH v. 28.4.2010 – I R 78/08, BFH/NV 2010, 1709 = GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086; ebenso BFH v. 20.8.2003 – I R 99/02, GmbHR 2004, 261; BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393 Tz. 1. 3 Ratierlichkeit nach Zeitablauf unterstellt; andere Formen der Ratierlichkeit sind ebenfalls möglich. 4 BMF v. 6.4.2005 – IV B 2 - S 2176 - 10/05, BStBl. I 2005, 619. 5 Hier findet § 3 BetrAVG keine Anwendung. 6 BFH v. 28.7.1993 – XI R 4/93, BFH/NV 1994, 165. 7 BFH v. 10.9.2003 – XI R 9/02, BStBl. II 2004, 349 = FR 2004, 413 = GmbHR 2004, 312; v. 13.12.2005 – XI R 55/04, GmbHR 2006, 1169. 8 BFH v. 9.7.1992 – XI R 5/91, BStBl. II 1993, 27 = FR 1992, 663 = GmbHR 1993, 311; v. 15.12.1989 – VI R 4/85, BFH/NV 1990, 429 mwN.
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1057
§ 8 Rz. 1057–1058
Ermittlung des Einkommens
zumindest dann bejaht, wenn zeitgleich die GmbH-Anteile veräußert werden und der Erwerber den Kauf vom Verzicht auf die Pensionsanwartschaft abhängig gemacht hat.1 Die Pensionsabfindung im Zuge der Liquidation ist nur ausnahmsweise eine begünstigte Entschädigung.2 Allerdings ist eine Abfindungszahlung für eine Pensionsanwartschaft zugleich stets eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit.3 bb) Abfindung als vGA 1058
Wird die Pensionsabfindung als vGA behandelt, dann muss der Sachverhalt in zwei getrennte Vorgänge zerlegt werden. Eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Ablösezahlung (vGA) und einen gesellschaftsrechtlich veranlassten Verzicht auf die Anwartschaft (vE).4 Der Verzicht auf den werthaltigen Teil der Pensionsanwartschaft löst beim Gesellschafter-Geschäftsführer einen Zufluss von Arbeitslohn iSd. § 19 EStG und zugleich eine vE in die GmbH aus.5 Die Ablösezahlung – zB in Gestalt der „unentgeltlichen“ Übertragung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung an den Gesellschafter – führt bei der GmbH nach Ansicht des BFH also zu einer Vermögensminderung und damit zu einer vGA, obwohl der Begünstigte zeitgleich auf seine Anwartschaftsrechte auf die Versorgung verzichtet. Hierdurch wird zwar die steuerliche Auswirkung der Rückstellungsauflösung idR steuerlich neutralisiert. Die beim Gesellschafter entstehenden AK auf die Beteiligung wirken sich aber infolge der Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60 % aus. Die Abfindung führt zu Lohnaufwand bei der GmbH, der aber über § 8 Abs. 3 KStG wieder zu korrigieren ist. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer fließen in Gestalt der vGA Einkünfte aus Kapitalvermögen zu.6 Beispiel: Gesellschafter-Geschäftsführer A möchte seine GmbH-Anteile veräußern und die Gesellschaft vorher von der Pensionsverpflichtung befreien. Die nach § 6a EStG passivierte Pensionsrückstellung beträgt 100 000. Der TW der Pensionsanwartschaft7 beläuft sich auf 130 000. Sie ist voll werthaltig. Die voll kongruente Rückdeckungsversicherung hat ebenfalls einen Wert von 130 000 und ist auch mit diesem Betrag aktiviert. Der Erwerber bietet für die Anteile bei Verzicht auf die Anwartschaft einen Kaufpreis von 230 000, wenn die Rückdeckungsversicherung in der GmbH verbleibt. Alternativ soll A als Abfindung die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung erhalten, wodurch sich dann der Kaufpreis für die Anteile auf 100 000 verringert. A entscheidet sich für die Abfindung. Die Abfindung ist steuerlich anzuerkennen und stellt keine vGA dar. Lösung: Saldo GmbH Auflösung Rückstellung Wegfall RdV8 (Lohnaufwand) Auswirkung GmbH Gesellschafter § 19 EStG (Abfindung) § 17 EStG AK Veräußerungspreis (ohne RdV) Veräußerungsverlust § 17 EStG Summe der Auswirkungen (ohne § 34 EStG)
+ 100 000 ./. 130 000 ./. 30 000
./. 30 000
+ 130 000
+ 130 000
100 000 100 000 0
0 100 000
Abwandlung: Sachverhalt wie im Grundbeispiel, aber die Abfindung stellt eine vGA dar.
1 BFH v. 11.12.2002 – XI R 41/01, BFH/NV 2003, 607; v. 10.4.2003 – XI R 32/02, GmbHR 2004, 64 = BFH/NV 2004, 17; v. 4.9.2002 – XI R 53/01, BStBl. II 2003, 177 = FR 2003, 137 = GmbHR 2003, 181; v. 13.8.2003 – XI R 18/02, FR 2004, 208 m. Anm. Wendt = GmbHR 2004, 192 = BFH/NV 2004, 253; v. 10.4.2003 – XI R 4/02, BStBl. II 2003, 1366 = FR 2003, 1025 = GmbHR 2003, 1136 m. Anm. Eisendick; v. 3.12.2003 – XI R 30/02, BFH/NV 2004, 1225. 2 BFH v. 4.9.2002 – XI R 53/01, FR 2003, 137 = GmbHR 2003, 181; v. 10.4.2003 – XI R 32/02, BFH/NV 2004, 17 = GmbHR 2004, 64. 3 BFH v. 12.4.2007 – VI R 6/02, BStBl. II 2007, 581 = FR 2007, 931 = GmbHR 2007, 665; v. 19.9.1975 – VI R 61/73, BStBl. II 1976, 65; ebenso Mellinghoff in Kirchhof13, § 34 EStG Rz. 29. 4 Zur Kritik siehe Briese, DB 2014, 801 (803). 5 BFH v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = DStR 2006, 1172; v. 11.9.2013 – I R 28/13, BFH/NV 2014, 795 = GmbHR 2014, 489; v. 23.10.2013 – I R 89/12, BFH/NV 2014, 797 = GmbHR 2014, 492. 6 So iErg. auch Rund, GmbHR 2001, 419. 7 Wiederbeschaffungskosten; BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289. 8 Anspruch aus der Rückdeckungsversicherung.
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Rz. 1058–1061 § 8
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2) Lösung zur Abwandlung: Saldo GmbH Auflösung Rückstellung vE Wegfall RdV vGA (§ 8 Abs. 3 KStG) Auswirkung Einkommen GmbH Gesellschafter § 19 EStG (Verzicht = Arbeitslohn) § 20 EStG (vGA 130 000 zu 60 % stpfl.) laufende Einnahmen aus §§ 19 und 20 EStG § 17 EStG AK: 100 000 (Kaufpreis) + 130 000 (vE) Veräußerungspreis (ohne RdV) Veräußerungsverlust § 17 EStG nach Anwendung § 3c Abs. 2 EStG Summe der Auswirkungen (ohne § 34 EStG)
+ 100 000 ./. 130 000 ./. 130 000 + 130 000 ./. 30 000
./. 30 000
+ 130 000 + 78 000 208 000
+ 208 000
230 000 100 000 ./. 130 000 ./. 78 000
./. 78 000 100 000
In der idealtypischen Konstellation, dass die Abfindung unmittelbar vor der vollständigen Veräußerung der Anteile gewährt wird und die Anwartschaft des scheidenden Gesellschafter-Geschäftsführers zugleich voll werthaltig ist, wirkt sich die Annahme einer vGA bei ausschließlicher Betrachtung der Ebene der steuerlichen Bemessungsgrundlagen nicht aus. In jeder anderen Konstellation verändern sich die Wirkungen uU beträchtlich. Allerdings ist auch in der oa. Idealkonstellation zu berücksichtigen, dass für die Abfindung in Gestalt einer Lohnzahlung die Tarifermäßigung iSd. § 34 EStG zum Tragen kommt, während diese Wirkung im Falle der Annahme einer vGA nicht eintritt. Dadurch ist die vGA letztlich doch mit einer höheren steuerlichen Belastung verbunden.
f) Andere Ablösungswege (Verzicht, Übertragung) Siehe zum Verzicht auf die Anwartschaft Rz. 1428 ff., zum Widerruf Rz. 1443 und zur Übertragung der Pensionsverpflichtung auf einen anderen Rechtsträger Rz. 1444 ff.
1059
Pflichtverletzungen durch den Gesellschafter-Geschäftsführer 1. Grundlagen Geschäftsführer von (mitbestimmten) GmbHs haften nach § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn sie in Angelegenheiten der Gesellschaft nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters anwenden und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht.1 Bei einer mehrgliedrigen Gesellschaft kommt es allerdings regelmäßig nicht zur Entstehung eines Anspruchs nach § 43 GmbHG, wenn die Gesellschafterversammlung dem nachteiligen Geschäft mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugestimmt hat. Zu Schadenersatzansprüchen infolge pflichtwidrigen Verhaltens kann es aber auch auf vertraglicher oder auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (§§ 30, 31 GmbHG) kommen.
1060
Fraglich ist, ob in Fällen, in denen ein Gesellschafter-Geschäftsführer seine Pflichten verletzt hat und ein Anspruch gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer entsteht, durch den Vermögensnachteil, den die GmbH erlitten hat, eine vGA ausgelöst werden kann. Hierzu gelten folgende Grundsätze: Eine Vermögensminderung iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist anhand der StB zu ermitteln, die ohne Rücksicht auf die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz aufgestellt wird (s. Rz. 198 ff.).2 Zivilrechtliche Ansprüche (idR Schadenersatzansprüche) einer KapGes. gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, die in der StB erfolgswirksam zu aktivieren sind, verhindern nach diesem Grundsatz, dass gleichzeitig die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ausgelöst wird, weil die GmbH keinen bilanziellen Vermögensnachteil erlitten hat (s. Rz. 207 ff.).3 Zu einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kommt es grds. erst dann, wenn die GmbH auf den Schadenersatzanspruch verzichtet. Vorher fehlt es an einer bilanziellen Vermögensminderung, soweit eine KapGes. nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung eine (Schadenersatz-)Forderung gegen den Gesellschafter erfolgswirksam aktivieren muss.4 Die vorstehenden Grundsätze gelten al-
1061
1 Zu den persönlichen Voraussetzungen des § 43 GmbHG s. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 43 GmbHG Rz. 2. 2 BFH v. 23.6.1993 – I R 72/92, BStBl. II 1993, 80. 3 BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, BFH/NV 1997, 232 = GmbHR 1997, 362 = FR 1997, 386; s. auch Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 115. 4 BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 609; v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = GmbHR 1995, 234 = FR 1995, 112.
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§ 8 Rz. 1061–1064
Ermittlung des Einkommens
lerdings nicht uneingeschränkt. Es ist danach zu differenzieren, ob der Gesellschafter die Pflichtverletzung im eigenen Interesse begangen hat bzw. ob er bereits infolge der Pflichtverletzung einen eigenen Vermögensvorteil erlangt hat oder nicht. a) Eigennützige Pflichtverletzung 1062
Wenn der Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person durch die Pflichtverletzung bereits einen eigenen Vorteil erlangt hat bzw. die schadenstiftende Handlung im persönlichen Interesse des Gesellschafters lag, gelten die vorstehenden Grundsätze nicht.1 In diesem Fall ist bereits das der Schadenersatzforderung zugrunde liegende Rechtsgeschäft eine „vollendete“ vGA.2 Die vertragliche oder gesetzliche (Schadenersatz-)Forderung stellt dann eine Einlageforderung dar, deren Aktivierung die vGA nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig machen kann.3 Auf die Rechtsgrundlage des Rückgewähr- oder Schadenersatzanspruchs kommt es nicht an (zB Ansprüche nach § 31 GmbHG, § 43a GmbHG, § 35 iVm. § 43 GmbHG, § 812 BGB, Satzungsklausel bzw. Steuerklausel).4 Ein nachfolgender Verzicht auf den Schadenersatz- oder Rückgewähranspruch kann keine erneute vGA auslösen.5 Diese Grundsätze verdeutlichen die – noch uneingeschränkt gültigen – Ausführungen des BFH im Urteil v. 29.4.19876. In diesem Verfahren, bei dem es um unzulässige Schmiergeldvereinnahmungen durch den Gesellschafter-Geschäftsführer ging, hatte die GmbH ihren zivilrechtlichen Anspruch auf Vorteilsherausgabe gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht alsbald geltend gemacht. Dies führte zu einer vGA und zwar bereits im Zeitpunkt der Schadensentstehung, also der Vereinnahmung der Schmiergelder. Bereits der ursprüngliche Vermögensvorteil und nicht erst der Verzicht auf die Schadenersatzforderung führte (im damaligen Anrechnungsverfahren) zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung. Ähnlich entschied der BFH zu einem Fall überhöhter Rabattgewährung durch einen (Minderheits-) Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH an dessen Ehefrau.7 Diese Frage ist bei beherrschenden und nicht beherrschenden Gesellschaftern gleich zu entscheiden.8 b) Uneigennützige Pflichtverletzung
1063
Allerdings ist nicht jeder Schaden, den der Gesellschafter seiner KapGes. durch eine pflichtwidrige Handlung zufügt, geeignet, eine vGA auszulösen. Hat der Gesellschafter-Geschäftsführer gegen seine Pflichten verstoßen, ohne ein eigenes Interesse an der schädigenden Handlung zu haben, ohne einen eigenen Vorteil zu erzielen und ohne eine ihm nahestehende Person zu begünstigen, so kommt eine vGA nur in Betracht, wenn die GmbH einen unbestrittenen Schadenersatzanspruch gegen den Gesellschafter hat und auf diesen Anspruch aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen verzichtet.9 2. Mehrgliedrige GmbH
1064
Zivilrechtlich kann einer GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG bereits dann ein Schadenersatzanspruch gegen den (Gesellschafter-)Geschäftsführer zustehen, wenn dieser unerlaubte Ri-
1 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 115 bezeichnet einen solchen Vorgang als „außerbetrieblichen Schaden“. 2 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach; v. 17.9.2003 – I R 91, 92/02, GmbHR 2004, 190 = BFH/NV 2004, 182; v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFH/NV 2005, 105 = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199; v. 29.4.2008 – I R 67/06, BFH/ NV 2008, 1621 = GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2009, 29 m. Anm. Pezzer. 3 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; vgl. auch Wassermeyer, DB 1998, 1997 zum Beschl. des BFH v. 14.7.1998 – VIII B 38/98, FR 1998, 893 = GmbHR 1998, 1045 = DB 1998, 1994; BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFH/NV 2005, 105 = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/ Binnewies = FR 2005, 199; v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815; ebenso Wassermeyer, GmbHR 2005, 149; kritisch dagegen Schwedhelm/Binnewies, GmbHR 2005, 66; Schwedhelm/Binnewies, GmbHR 2005, 151. 4 Vgl. BFH v. 19.7.1996 – I B 29/95, GmbHR 1997, 267 = BFH/NV 1997, 151; ausführlich BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/NV 2005, 105. 5 BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, GmbHR 1997, 362 = FR 1997, 386 = BFH/NV 1997, 232. 6 BFH v. 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733 = FR 1987, 456 = GmbHR 1987, 492; bestätigend BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815. 7 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/ NV 2005, 105. 8 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/ NV 2005, 105; Sarrazin, GmbHR 1982, 277; Classen, BB 1984, 327. 9 BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, GmbHR 1997, 362 = FR 1997, 386 = BFH/NV 1997, 232; Wassermeyer, FR 1997, 563; Wassermeyer, DB 1998, 1997; Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 115; Gosch2, § 8 KStG Rz. 522.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1064–1065 § 8
sikogeschäfte (außerhalb des Satzungszwecks) eingeht.1 Diese Haftung kann allerdings bereits durch den Anstellungsvertrag eingeschränkt worden sein, wenn die Haftung des Geschäftsführers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist. Ein Schadenersatzanspruch entsteht auch dann nicht, wenn die Gesellschaft dem Abschluss des Geschäfts zugestimmt hätte.2 Grundsätzlich verstößt ein Geschäftsführer aber zB gegen § 43 Abs. 1 GmbHG, wenn er für die GmbH Waren auf Kredit an ein unbekanntes Unternehmen verkauft, ohne dessen Bonität zu prüfen und ohne die Gesellschaft genügend zu sichern.3 Gleiches gilt zB auch für die Vergabe von Darlehen unter vergleichbaren Umständen. Nach der BFH-Entscheidung v. 14.9.19944 ist – unabhängig davon, ob die GmbH eine Forderung gegen den Gesellschafter geltend gemacht hat – eine Schadenersatzforderung gegen den Gesellschafter erfolgswirksam zu aktivieren. Die bloße Nichtgeltendmachung des Schadenersatzanspruchs führt so lange nicht zu einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, wie der Anspruch zivilrechtlich fortbesteht und durchsetzbar ist. Ausnahmsweise kann eine Art konkludenter Forderungsverzicht aber darin gesehen werden, dass die KapGes. aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis liegen, es unterlässt, eine Forderung gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer einzuklagen und ggf. zu vollstrecken. Hierzu ist allerdings nach Ansicht des BFH die zusätzliche – völlig praxisferne – Feststellung erforderlich, dass die KapGes. mutmaßlich ein obsiegendes Urteil erhalten und es beim Gesellschafter-Geschäftsführer erfolgreich hätte vollstrecken können. Ansonsten kommt es erst dann zu einer vGA und einer anderen Ausschüttung, wenn die GmbH auf die Forderung verzichtet bzw. die Forderung verjährt ist und abgeschrieben werden muss. 3. Einmann-GmbH Anders als der Gesellschafter einer mehrgliedrigen GmbH haftet der alleinige Gesellschafter 1065 einer GmbH grds. nicht aus Geschäften, die er während seiner Stellung als Alleingesellschafter für die GmbH abgeschlossen hat.5 Ebenso wie ein Geschäftsführer grds. nicht haftet, soweit er auf Weisung der Gesellschafter tätig wird, was keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses bedarf, haftet auch ein Alleingesellschafter, der zugleich als Geschäftsführer tätig wird, nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG, weil er sich als Gesellschafter quasi selbst anweisen kann.6 Etwas anderes gilt nur bei einem Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 30, 31, 43 Abs. 3 GmbHG). Zur Annahme einer vGA käme man bei der Einmann-GmbH aber dann, wenn Begünstigter der Pflichtverletzung eine nahestehende Person des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers ist (zB zahlungsunfähiger Geschäftspartner, dessen schlechte Bonität der GmbH bei Geschäftsabschluss bekannt war). Dieser Fall wäre dann wie eine eigennützige Pflichtverletzung zu behandeln. Hier gelten allerdings die allgemeinen Beweislastregelungen für vGA. Die GmbH hat zwar grds. die Feststellungslast für die betriebliche Veranlassung geltend gemachter Aufwendungen. Die objektive Beweislast für die Umqualifizierung nachweislich entstandener BA in eine vGA trägt aber das FA.7 Spricht allerdings der Geschehensablauf nach dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters indiziell für die Veranlassung einer Ausgabe durch das Gesellschaftsverhältnis, so ist es regelmäßig Sache der GmbH, Umstände darzulegen, aus denen sich eine betriebliche Veranlassung ergeben könnte. Kann sie dies nicht, so trägt grds. die GmbH den Nachteil, dass sie die sich aus dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ergebende Vermutung nicht widerlegen kann.8 Werden einem säumigen Kunden, der schon mehrfach wegen Zahlungsunfähigkeit aufgefallen ist, erneut Waren auf Ziel verkauft oder sogar Darlehen ohne Sicherheiten gewährt, so spricht nach hier vertretener Ansicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Kunde dem Alleingesellschafter nahesteht. Zur Begründung des Nahestehens reicht nach der Rspr. des BFH jede Beziehung eines Gesellschafters der KapGes. zu einer anderen Person aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der KapGes. an die andere Person beein-
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Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 43 GmbHG Rz. 22. BMF v. 19.12.1996 – IV B 7 - S 2742 - 57/96, BStBl. I 1997 112. Lutter/Hommelhoff18, § 43 GmbHG Rz. 2; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 43 GmbHG Rz. 22. BFH v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = GmbHR 1995, 234 (sog. „Risikourteil“), dazu Hoffmann, DStR 1995, 368; Neufang/Laufer/Schmid, INF 1995, 615; Paus, FR 1997, 565; Gosch, StBp 1995, 93. BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, BFH/NV 1997 = GmbHR 1997, 315 = FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer; FG BW v. 17.6.1999 – 6 K 66/99, juris. BGH v. 28.9.1992 – II ZR 299/91, BGHZ 119, 257 = GmbHR 1993, 38; Strohn/Simon, GmbHR 2010, 1181. BFH v. 13.7.1994 – I R 43/94, GmbHR 1995, 746 = BFH/NV 1995, 548; v. 15.10.1997 – I R 42/97, FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340. BFH v. 26.8.1993 – I B 25/93, BFH/NV 1994, 268.
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§ 8 Rz. 1065–1068
Ermittlung des Einkommens
flusst.1 Eine solche Beziehung könnte durch die FinVerw. vermutet werden, wenn die GmbH zur Rettung der gefährdeten Gelder nichts unternommen hat und in Kenntnis der Bonität weitere Kreditrisiken gegenüber diesem Kunden eingegangen ist.
Praxiswert/Mandantenstamm 1066
Der Mandantenstamm ist ein selbstständig verkehrsfähiges WG. Er teilt nicht das Schicksal der Praxisräume oder der Praxiseinrichtung. Ein Steuerberater oder Rechtsanwalt kann seinen Mandantenstamm entgeltlich oder unentgeltlich (im Wege der vE) auf eine KapGes. übertragen. In diesem Fall erwirbt die KapGes. ein abnutzbares und abschreibungsfähiges WG, dessen Nutzungsdauer sich danach richtet, ob der übertragende Gesellschafter in der KapGes. eine herausgehobene Stellung einnimmt.2 Die FinVerw. legt für die Abschreibung des Mandantenstamms in Sozietäten Nutzungszeiträume von sechs bis zehn Jahren und für Einzelpraxen von drei bis fünf Jahren zugrunde:3 Auch kann der Mandantenstamm Gegenstand eines Pachtvertrags zwischen Steuerberater und seiner Beratungs-GmbH sein. Werden hierfür von der GmbH angemessene Pachtzinsen gezahlt, liegen grds. keine vGA vor.4 Dagegen liegt in dem Verzicht auf das Entgelt für die Überlassung der Mandantenverträge regelmäßig eine vGA.5
Private Pkw-Nutzung durch Gesellschafter 1067
Es ist allgemein üblich, dass ein Geschäftsführer einer GmbH ein der KapGes. gehörendes Dienstfahrzeug uneingeschränkt für Privatfahrten nutzen darf. Hierbei handelt es sich grds. um einen neben der Vergütung gewährten lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Wenn die Lohnsteuer hierauf ebenfalls von der GmbH getragen wird, handelt es sich insoweit um einen weiteren geldwerten Vorteil. Dies gilt bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern allerdings nur, soweit auch dieser weitere Vorteil auf einer klaren und eindeutigen Vereinbarung beruht. Wird kein Fahrtenbuch geführt, so beträgt der anzusetzende Arbeitslohn gem. § 8 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG derzeit 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs (einschließlich USt) im Monat.6 Der Nutzungsvorteil iHv. 1 % des Listenpreises wird nicht personenbezogen, sondern fahrzeugbezogen ermittelt. Dh., dass auch bei mehreren Nutzern insgesamt nur einmal 1 % des Listenpreises zu versteuern ist.7 Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind darüber hinaus monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreises für jeden gefahrenen Entfernungskilometer anzusetzen.8 Bei Familienheimfahrten iRd. doppelten Haushaltsführung werden zusätzlich 0,002 % des Listenpreises je gefahrenen Entfernungskilometer in Ansatz gebracht (§ 8 Abs. 2 EStG). § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG eröffnet allerdings auch die Möglichkeit einer exakten Ermittlung der privaten Mitbenutzung durch ein ordnungsmäßiges Fahrtenbuch und eine entsprechende Belegführung. Die Pkw-Überlassung unterliegt der USt, wenn ein Zusammenhang zwischen Nutzungsüberlassung und Arbeitsleistung besteht oder die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Wertabgabe erfüllt sind.9
1068
Die Frage der steuerlichen Qualifikation der Pkw-Nutzung durch Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitslohn oder vGA war in den vergangenen Jahren mehrfach Gegenstand einschlägiger BFH-Urteile. Dabei hatten der I. und der VI. Senat des BFH unterschiedliche Auffassungen für den Fall, dass der Anstellungsvertrag keine Regelung enthält. Zwar besteht seit dem Urteil vom 23.1.200810 Einigkeit, dass grds. nur die vertraglich geregelte private PkwNutzung zur Annahme von Arbeitslohn führt. Auf Anfrage des I. Senats im Vorfeld der Ent-
1 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350. 2 BFH v. 30.3.1994 – I R 52/93, BStBl. II 1994, 903 = FR 1994, 684 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1994, 896. 3 BMF v. 15.1.1995 – IV B 2 - S 2172 - 15/94, BStBl. I 1995, 14; H 7.1 EStH 2011. 4 BFH v. 18.12.1996 – I R 128–129/95, BStBl. II 1997, 546 = GmbHR 1997, 714. 5 BFH v. 9.7.2003 – I B 194/02, GmbHR 2003, 1019 = BFH/NV 2003, 1349; v. 18.3.2004 – VIII B 105/03, GmbHR 2004, 918 = BFH/NV 2004, 958. 6 Laut FG Nds. v. 14.9.2011 – 9 K 394/10, EFG 2012, 396 handelt es sich dabei um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Typisierung. 7 BFH v. 15.5.2002 – VI R 132/00, FR 2002, 889 m. Anm. Kanzler = GmbHR 2002, 754. 8 S. BFH v. 22.9.2010 – VI R 57/09, BStBl. II 2011, 359 = FR 2011, 337; dazu BMF v. 1.4.2011 – IV C 5 - S 2334/08/10010, BStBl. I 2011, 301. 9 BFH v. 5.6.2014 – XI R 2/12, BFH/NV 2014, 1864 und BFH v. 5.6.2014 – XI R 3/12, NV. 10 Vgl. BFH v. 23.1.2008 – I R 8/06, BStBl. II 2012, 260 = FR 2008, 963 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2008, 601.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1068–1069 § 8
scheidung hatte der VI. Senat seine bisherige Auffassung1 aufgegeben, wonach die durch die private Nutzung betrieblicher Pkws eintretende Bereicherung eines Arbeitnehmers auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern stets und ohne Einschränkung durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sei und zur Annahme von Arbeitslohn führe.2 Mit Urteil vom 23.4.20093 vertrat der VI. Senat die Auffassung, ein vertraglich vereinbartes, jedoch nicht durch den Arbeitgeber kontrolliertes Nutzungsverbot sei nicht ernstlich gewollt und nur „auf dem Papier“ vereinbart. Die fehlende Unterbindung der Privatnutzung könne sowohl durch das Gesellschaftsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein und bedürfe einer Einzelfallbetrachtung. Auch im Urteil vom 11.2.20104 stellt der VI. Senat ausdrücklich heraus, dass die schriftliche Untersagung im Anstellungsvertrag durch eine mündliche oder konkludente Nutzungsvereinbarung habe ersetzt werden können, welche damit wiederum im Anstellungsvertrag begründet sein könne.5 Im Ergebnis besteht damit immer noch Dissens zwischen dem I. und VI. Senat des BFH, ob die gesellschaftsrechtliche Mitveranlassung immer zur Annahme einer vGA führt, denn der I. Senat scheint hier bereits im Fall der gesellschaftsrechtlichen Mitveranlassung die Annahme einer vGA bejahen zu wollen.6 Die FinVerw. hatte mit BMF-Schreiben vom 3.4.20127 die Urteile I R 8/06, VI R 81/06 und VI R 43/09 zur Veröffentlichung im BStBl. freigegeben. Die Pkw-Nutzung stellt nach Auffassung der FinVerw. nur noch dann Arbeitslohn dar, wenn Sie auf einer fremdüblichen Nutzungsvereinbarung beruht, die Privatnutzung also ausdrücklich gestattet ist.8 Die ohne eine solche Vereinbarung erfolgende Nutzung oder die einem Nutzungsverbot widersprechende Nutzung führt wegen gesellschaftsrechtlicher Mitveranlassung bei beherrschenden wie auch bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern zur Annahme vGA. Dies entspricht auch der Sichtweise des BFH, der entschieden hat, dass eine Nutzung des Pkw nur dann betrieblich veranlasst ist, wenn sie durch eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung abgedeckt wird.9 Eine Überlassungsvereinbarung kann nach Auffassung der FinVerw. auch durch mündliche oder konkludente Abrede zwischen Gesellschaft und Gesellschafter erfolgen, wenn entsprechend dieser Vereinbarung tatsächlich verfahren wird und dies für außenstehende Dritte zweifelsfrei erkennbar ist.10 Dies erfordert die tatsächliche Durchführung entsprechend der Vereinbarung, also die zeitnahe Buchung als Lohnaufwand und Abführung der Lohnsteuer bzw. im Fall der entgeltlichen Überlassung an den Gesellschafter-Geschäftsführer die Belastung des Entgelts auf dem Verrechnungskonto. Eine Verbuchung und Lohnversteuerung erst nach Ablauf des Geschäftsjahres spricht dagegen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern regelmäßig für das Vorliegen einer vGA.11 Stellungnahme: Die Ansicht der FinVerw. und des BFH sind nach hier vertretener Ansicht nur bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern zutreffend. Erfolgt dagegen eine Überlassung des betrieblichen Pkw an einen nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer und beruht die Überlassung für betriebliche Fahrten zweifelsfrei auf dem Anstellungsverhältnis, so ist auch die Nutzung für private Zwecke grds. betrieblich veranlasst. Zu einer vGA kommt es bei einem nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nur, wenn die Vergütung insgesamt unangemessen ist und die Pkw-Gestellung der (zeitlich) zuletzt vereinbarte Vergütungsbestandteil ist.12 Eine klare und eindeutige Vereinbarung im Voraus kann für die Privatnutzung des nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers nach hier vertretener Ansicht nicht gefordert werden. Ist im Anstellungsvertrag die private PkwNutzung sogar untersagt und nutzt der Gesellschafter-Geschäftsführer den Pkw dennoch
1 Vgl. BFH v. 19.12.2003 – VI B 281/01, BFH/NV 2004, 488. 2 Vgl. BFH v. 23.1.2008 – I R 8/06, FR 2008, 963 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2008, 601. 3 BFH v. 23.4.2009 – VI R 81/06, BStBl. II 2012, 262 = FR 2009, 1069 m. Anm. Bergkemper = GmbHR 2009, 833. 4 BFH v. 11.2.2010 – VI R 43/09, BStBl. II 2012, 266 = FR 2010, 624 m. Anm. Bergkemper = GmbHR 2010, 598. 5 AA FG Berlin-Bdb. v. 3.9.2013 – 6 K 6154/10, EFG 2013, 1955 = GmbHR 2014, 43 (rkr.). 6 BFH v. 17.7.2008 – I R 83/07, GmbHR 2009, 327; Bergkemper, FR 2009, 1072. 7 BMF v. 3.4.2012 – IV C 2 - S 2742/08/10001, BStBl. I 2012, 478. 8 BMF v. 3.4.2012 – IV C 2 - S 2742/08/10001, BStBl. I 2012, 478 Rz. 1. 9 BFH v. 23.1.2008 – I R 8/06, BStBl. II 2012, 260 = GmbHR 2008, 601 = FR 2008, 963, im Streifall handelte es sich allerdings um den Ehemann der Alleingesellschafterin. 10 BMF v. 3.4.2012 – IV C 2 - S 2742/08/10001, BStBl. I 2012, 478 Rz. 2. 11 Vgl. OFD Hannover v. 16.8.2000 – S 7100 - 421 - StO 355, DStR 2000, 1827. 12 Vgl. dazu BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, GmbHR 2002, 1152, dortige Tz. 7.
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§ 8 Rz. 1069–1071
Ermittlung des Einkommens
für private Zwecke, so ist wohl unstreitig eine vGA anzunehmen.1 Überlässt eine GmbH dagegen ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einen Pkw zur privaten Mitbenutzung, so muss die Überlassung (unstreitig) klar und eindeutig im Voraus (möglichst im Anstellungsvertrag) vereinbart sein. Andernfalls verstößt die Leistungsvereinbarung gegen das Rückwirkungsverbot und führt zur Annahme einer vGA. Eine klare und eindeutige Vereinbarung im Voraus ist für allgemein übliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und Mittagsheimfahrten allerdings nicht erforderlich.2 1070
Die objektive Feststellungslast für eine solche Umqualifizierung nachweislich entstandener BA in eine vGA trägt zwar grds. das FA.3 Sie kehrt sich jedoch nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises (sog. prima-facie-Beweis) zulasten des Stpfl. um, wenn erhebliche Beweisanzeichen für das Vorliegen einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Vorteilszuwendung an den Gesellschafter-Geschäftsführer sprechen.4 Der Anscheinsbeweis beruht auf der Erfahrung, dass gewisse typische Sachverhalte auf einen typischen Geschehensablauf hindeuten.5 Wird dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Pkw (für Dienstfahrten) zur Verfügung gestellt, so spricht nach ständiger Rspr. des BFH6 und der FG7 ein auf der allgemeinen Lebenserfahrung bestehender Anscheinsbeweis dafür, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer diesen Pkw auch privat nutzt. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer (ohne Vorlage geeigneter Nachweise) bestreitet, den Pkw tatsächlich für Privatfahrten genutzt zu haben und ihm daneben noch ein weiterer Pkw privat gehört. Der Anscheinsbeweis kann nicht dadurch entkräftet werden, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer den DienstPkw laut Anstellungsvertrag nicht privat nutzen darf (Nutzungsverbot).8 Ein Nutzungsvorteil kann aber nicht angesetzt werden, wenn für den Dienst-Pkw ein (anzuerkennendes) Fahrtenbuch vorgelegt wird, aus dem sich eine ausschließlich dienstliche Nutzung ergibt.9 Zur Möglichkeit des Nachweises der betrieblichen Nutzung s. im Einzelnen BMF-Schreiben v. 18.11.2009.10 Allerdings ist das zur privaten Pkw-Nutzung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften ergangene BMF-Schreiben v. 18.11.2009 wegen des Grundsatzes der Sphärentrennung nicht uneingeschränkt auf (Familien-)KapGes. übertragbar. Eine Nutzungswertermittlung, bei der jeder im Haushalt des Gesellschafter-Geschäftsführers lebenden erwachsenen Person pauschal ein Fahrzeug zugerechnet wird, ist bei Körperschaften aus Gründen der Sphärentrennung nicht möglich. Die objektive Beweislast für eine solche Umqualifizierung nachweislich entstandener BA in eine vGA trägt das FA,11 sodass eine private Pkw-Nutzung durch die Ehefrau oder die Kinder des beherrschenden GesellschafterGeschäftsführers vom FA nachzuweisen ist.
1071
Bei der Bewertung der privaten Dienstwagennutzung ist grds. zu unterscheiden, ob eine vGA oder Arbeitslohn vorliegt. Handelt es sich bei der privaten Pkw-Nutzung um Arbeitslohn des Gesellschafter-Geschäftsführers, so erfolgt die Bewertung des lohnsteuerlichen geldwerten Vorteils nach der sog. 1 %-Methode. Wird die Nutzungsüberlassung dagegen als vGA behandelt, so scheidet eine Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und damit eine Bewertung nach der 1 %-Regelung grds. aus. Die vGA ist nach der Rspr. des BFH mit dem gemeinen Wert (erzielbare Vergütung) in Ansatz zu bringen.12 Wegen der sachlichen Kon1 BFH v. 23.1.2008 – I R 8/06, BStBl. II 2012, 260 = GmbHR 2008, 601 = FR 2008, 963; BMF v. 3.4.2012 – IV C 2 - S 2742/08/10001, BStBl. I 2012, 478 Rz. 1. 2 BFH v. 21.8.1962 – I 255/60, FR 1963, 141; v. 17.10.1990 – I R 47/87, BFH/NV 1991, 773. 3 BFH v. 13.7.1994 – I R 43/94, BFH/NV 1995, 548 = GmbHR 1995, 746; v. 15.10.1997 – I R 42/97, FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340. 4 FG München v. 17.9.1998 – 15 K 4327/93, EFG 1999, 188 (rkr.). 5 BFH v. 14.3.1989 – VII R 75/85, BFH/NV 1991, 291. 6 BFH v. 14.5.1999 – VI B 258/98, DStR 1999, 1309; v. 14.8.2006 – VI B 152/05, BFH/NV 2006, 2281; v. 21.6.2007 – V B 211/05, BFH/NV 2007, 2112. 7 FG Berlin-Bdb. v. 27.6.2007 – 12 K 8253/06 B, EFG 2007, 1731 (rkr.); FG München v. 1.2.2006 – 10 K 4748/03, juris (rkr.); FG Schl.-Holst. v. 1.12.2006 – 1 K 81/04, INF 2007, 442 (nachgehend BFH v. 18.12.2008 – VI R 34/07, BStBl. II 2009, 381 = FR 2009, 677); FG Düsseldorf v. 4.4.2006 – 18 V 273/06 A (E), EFG 2006, 888 (rkr.). 8 BFH v. 27.10.2005 – VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292; v. 23.1.2008 – I R 8/06, BStBl. II 2012, 260 = GmbHR 2008, 601 = FR 2008, 963; Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 1042. 9 FG München v. 25.10.2005 – 6 K 4437/04, INF 2006, 122 (rkr.); FG Münster v. 8.6.2005 – 1 K 6435/02 L, EFG 2007, 999 (rkr.). 10 BMF v. 18.11.2009 – IV C 6 - S 2177/07/10004, BStBl. I 2009, 1326. 11 BFH v. 13.7.1994 – I R 43/94, BFH/NV 1995, 548 = GmbHR 1995, 746; v. 15.10.1997 – I R 42/97, FR 1998, 438 = GmbHR 1998, 340. 12 BFH v. 23.2.2005 – I R 70/04, BStBl. II 2005, 882 = FR 2005, 890 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2005, 775 m. Anm. Hoffmann; v. 23.1.2008 – I R 8/06, DStR 2008, 865.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1071–1076 § 8
gruenz zur Besteuerung der Ausschüttung beim Anteilseigner ist hier der bei der GmbH abgeflossene Betrag ebenfalls (als zugeflossene vGA) in Ansatz zu bringen.1 Die FinVerw. hat es aber schon in der Vergangenheit zugelassen, dass auch die vGA nach der 1 %-Methode in Ansatz gebracht wird.2 In dem BMF-Schreiben v. 3.4.20123 wird nun allerdings ausgeführt, dass die Finanzbehörde die Anwendung der 1 %-Regelung aus Vereinfachungsgründen im Einzelfall zulassen kann.4
Privatkonto des Gesellschafters Erfolgen Zahlungen eines Geschäftspartners der KapGes. auf das Privatkonto des Gesellschafters, so liegen im Jahr der Zahlung vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, denn die erfolgte Auszahlung durch den Geschäftspartner an den Gesellschafter hat als verhinderte Vermögensmehrung bereits in diesem Jahr auch Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Beim Gesellschafter handelt es sich um eine vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die im Zeitpunkt der Geldüberweisung zu erfassen ist. Allerdings muss die Auszahlung gesellschaftlich veranlasst sein.
1072
Die „Fehlüberweisung“ muss der KapGes. bzw. den Organen der KapGes. zuzurechnen sein. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung kann ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn es sich nachvollziehbar um eine versehentliche Fehlüberweisung – also eine fehlerhafte Auszahlung ohne Wissen und Wollen der KapGes. – gehandelt hat (Irrtum ohne finalen Zuwendungswillen).5 In diesem Fall kann allerdings trotzdem eine vGA anzunehmen sein, wenn die KapGes. es versäumt, die ausgezahlten Mittel unverzüglich zurückzufordern, sobald sie den Fehler erkennt.6
1073
Ist dagegen die Auszahlung auf das Privatkonto kein (erkennbarer) Irrtum gewesen, so kann die vGA nicht durch einfache Einbuchung einer Forderung gegen den GesellschafterGeschäftsführer neutralisiert werden. Ein bestehender Rückgewähranspruch wäre zwar erfolgswirksam zu aktivieren. Er stellt aber eine Einlageforderung dar, durch die die vollendete vGA nicht rückabgewickelt werden kann (s. auch „Pflichtverletzung“ in Rz. 1060 ff.).7
1074
Provisionen Der Geschäftsführer einer GmbH hat Provisionen, die er als Ausfluss seiner Geschäftsführertätigkeit für die GmbH von Dritten erhält, an die GmbH herauszugeben.8 Tut er dies nicht, so liegen bereits im Zeitpunkt der Vereinnahmung vGA vor. Es gelten die unter dem Stichwort „Schmiergeldvereinnahmung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer“ (Rz. 1108) dargestellten Grundsätze.
1075
Prüfungskosten Kosten für die „normale Abschlussprüfung“ gem. § 316 HGB sind stets abziehbare BA. Durch die Gesellschafter ausgelöste Kosten der Prüfung der Wirtschaftsführung und des Rechnungswesens (§ 51a GmbHG) sind grds. betrieblich veranlasst. Die Einsicht nach § 51a GmbHG hilft der Geschäftsführung, Verlustquellen zu erkennen und ggf. Investitionsentscheidungen zu treffen. Die betriebliche Veranlassung des Aufwands wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Prüfung auch den Gesellschaftern zugutekommt.9 Diese Auffassung ist
1 BFH v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460 = GmbHR 1988, 201. 2 OFD Hannover v. 2.11.1998 – S 2742 - 207 - StH 231, S 2742 - St 112 - StO 214, DStR 1998, 1964; OFD Erfurt v. 3.11.2005 – S 2742 A - 28 - L 231, DStR 2006, 97. 3 BMF v. 3.4.2012 – IV C 2 - S 2742/08/10001, BStBl. I 2012, 478 Rz. 1. 4 Zur umsatzsteuerlichen Behandlung s. im Einzelnen OFD Frankfurt v. 23.4.2007 – S 7100 A - 68 - St 11, DStR 2007, 1677. 5 Vgl. BFH v. 29.4.2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55 = GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2008, 29. 6 FG BW v. 8.2.2012 – 4 K 3064/10, DStZ 2012, 639 (Rev. VIII R 11/12). 7 BFH v. 19.7.1996 – I B 29/95, GmbHR 1997, 267 = BFH/NV 1997, 151; v. 13.1.1999 – I B 164/98, BFH/NV 2000, 749; v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/NV 2005, 105; v. 22.10.2003 – I R 23/03, GmbHR 2004, 430 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2004, 667. 8 OLG Düsseldorf v. 25.11.1999 – 6 U 146/98, GmbHR 2000, 666. 9 So BFH v. 28.2.1990 – I R 137/86, BStBl. II 1990, 647 zu den Aufwendungen eines BgA für gesetzlich vorgesehene Rechnungs- und Kassenprüfungen durch das Rechnungsprüfungsamt der Trägerkörperschaft.
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1076
§ 8 Rz. 1076–1079
Ermittlung des Einkommens
allerdings umstritten.1 Etwas anderes gilt aber für die Kosten einer Due-diligence-Prüfung, die überwiegend anlässlich einer Beteiligungsveräußerung anfallen. Hierbei wird das zu erwerbende Unternehmen in wirtschaftlicher, finanzieller, rechtlicher und auch steuerrechtlicher Sicht durch externe Experten (Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater etc.) durchleuchtet.2 Werden die diesbezüglichen Kosten von der KapGes., deren Anteile veräußert werden sollen, selbst getragen, so handelt es sich in der Regel um vGA, da die Aufwendungen im Interesse des Gesellschafters getätigt werden. Etwas anderes kann aber gelten, wenn die Due-diligence-Prüfung im Rahmen einer anstehenden Kapitalerhöhung erfolgt, bei der ein dringend benötigter Investor als neuer Gesellschafter eintritt.
Rabatte, Preisnachlässe 1077
Preisnachlässe (Rabatte, Boni, Skonti), die eine KapGes. fremden Abnehmern gewährt, kann sie auch einer Schwestergesellschaft oder ihrer Muttergesellschaft einräumen, wenn die Konditionen mit denen der Fremdabnehmer insgesamt vergleichbar sind. Wäre ein vergleichbarer Preisnachlass einem fremden Abnehmer unter gleichen Bedingungen nicht gewährt worden, so liegt eine vGA vor. Allerdings muss das FA die Höhe des fremdüblichen Entgelts im Wege der Schätzung ermitteln, wenn sich der angemessene Preisnachlass nicht exakt quantifizieren lässt. Diese Schätzung muss sich an dem für den Stpfl. günstigsten Wert der Bandbreite von möglichen Fremdvergleichswerten orientieren. Nur wenn dieser äußere Wert der Bandbreite überschritten wird, kann man zur Annahme einer vGA gelangen (s. Rz. 461 ff.). Von einer vGA ist jedoch dann auszugehen, wenn Rabatte in der strittigen Höhe oder insgesamt bisher nicht an Nichtgesellschafter gewährt wurden. Eine Sonderbehandlung des Gesellschafters indiziert hier eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung des Preisnachlasses.3
1078
Von vGA ist regelmäßig auch dann auszugehen, wenn dem Gesellschafter der Preisnachlass nachträglich, also nach Durchführung und Abwicklung der Lieferung zugesprochen wurde.4 Letzteres hat zwei Gründe: Zum einen spricht die nachträgliche Rabattgewährung für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, weil bei einem wie unter fremden Dritten ausgehandelten Kaufpreis eine einseitige nachträgliche Preisermäßigung unüblich ist. Zum anderen bedürfen auch Preisnachlässe zugunsten eines beherrschenden Gesellschafters oder einer Muttergesellschaft klarer und eindeutiger Vereinbarungen im Voraus. Eine vGA ist regelmäßig anzunehmen, wenn sich bei Lieferungen an die Gesellschafter die prozentuale Rabatthöhe am Beteiligungsumfang orientiert. Ebenso spricht es für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung, wenn alle Gesellschafter – unabhängig vom Umfang der Lieferungen – gleich hohe Rabatte erhalten, während Lieferungen an Fremdabnehmer nach einer festgelegten Umsatzstaffelung rabattiert werden.5 Ist der Gesellschafter allerdings ein Großabnehmer und erhalten die Fremdkunden zwar kleinere Rabatte, aber auch kleinere Liefermengen, so spricht die Rabattierung zugunsten des Gesellschafters nicht zwingend für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung. Gleiches gilt natürlich auch dann, wenn der Gesellschafter von der Gesellschaft nachweislich mängelbehaftete Ware erwirbt.
1079
Die oa. Grundsätze gelten auch, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person den ungewöhnlichen Rabatt erhält. In der Gewährung besonderer Vorteile an eine dem Gesellschafter nahestehende Person liegt regelmäßig eine gesellschaftliche Veranlassung. Ein konkreter Vorteil für den Gesellschafter muss damit nicht verbunden sein.6 Gewährt zB eine GmbH, an der der Ehemann beteiligt ist, dem Einzelunternehmen der nicht selbst an der GmbH beteiligten Ehefrau überhöhte Preisnachlässe, so ist im Zeitpunkt der Warenlieferung an die Ehefrau von einer abgeflossenen vGA an den Ehemann auszugehen,7 der den Preisvorteil sodann unentgeltlich an die Ehefrau weiterreicht. Entgegen der Ansicht des
1 VGA verneinend Schwedhelm in Streck8, § 8 KStG Rz. 974; vGA bejahend dagegen Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Anm. 302; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 900. 2 FG Köln v. 6.10.2010 – 13 K 4188/07, EFG 2011, 264 (rkr.). 3 Zutr. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Rabatte“. 4 BFH v. 18.2.1970 – I R 12/67, BStBl. II 1970, 526 = FR 1971, 379; v. 23.3.1994 – VIII B 50/93, BFH/NV 1994, 786. 5 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFH/NV 2005, 105 = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Rabatte“; Schwedhelm in Streck8, Anh. zu § 8 KStG Rz. 797. 6 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350. 7 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFH/NV 2005, 105 = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1079–1083 § 8
VIII. Senats des BFH1 sind allerdings die Waren im Einzelunternehmen der Ehefrau unmittelbar bei Lieferung (und nicht erst bei Rückgewähr des Vorteils) mit den um die vGA erhöhten AK in Ansatz zu bringen, denn der Ehemann hat die vGA im Wege der Schenkung bereits bei Lieferung unmittelbar an die Ehefrau weitergeleitet und diese hat den erhaltenen Vorteil in ihr Einzelunternehmen eingelegt.2 1080
Zu vGA iZm. Verrechnungspreisen s. Rz. 1513 ff. und 1519 ff.
Rangrücktrittsvereinbarung Der BFH hat mit Urteil vom 30.11.20113 entschieden, dass eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss erfüllt zu werden braucht, mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung in der StB gem. § 5 Abs. 2a EStG nicht ausgewiesen werden darf. Im Urteilsfall handelte es sich um einen mit einer Besserungsabrede versehenen sog. „einfachen“ Rangrücktritt,4 wonach die Verbindlichkeit nur zu tilgen war, wenn die Jahresüberschüsse die Verlustvorträge überstiegen oder ein Liquidationsüberschuss erzielt wurde. Der BFH kam im oa. Urteilsfall zur „Ausbuchung der Darlehensverbindlichkeit“ nach § 5 Abs. 2a EStG, weil in der Besserungsabrede die Möglichkeit einer Tilgung aus sonstigem freiem Vermögen fehlte, eine Tilgung also nur aus künftigen Gewinnen möglich war. Dies entspricht der ständigen Rspr. des BFH5 und der insoweit unveränderten Verwaltungsauffassung6. Wird dagegen überhaupt keine Besserungsvereinbarung mit dem Rangrücktritt verbunden, so löst der Rangrücktritt keine Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG aus.7 Dies gilt auch für einen Rangrücktritt iSd. § 19 Abs. 2 InsO nF.
1081
Wenn die Rangrücktrittsvereinbarung gem. § 5 Abs. 2a EStG auszubuchen ist, so treten nach Ansicht des BFH die gleichen steuerlichen Folgen ein wie im Falle eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein.8 Soweit die Darlehensforderung wertlos ist, bleibt der entsprechende Ertrag bei der Schuldner-KapGes. stpfl. Soweit die Forderung dagegen (ausnahmsweise) noch (teilweise) werthaltig ist, soll insoweit nach dem Hinweis in dem BFH-Urteil v. 10.11.20059 von einer vE auszugehen sein. Der Gesellschafter tätige iHd. werthaltigen Teils spiegelbildlich nachträgliche AK auf die Beteiligung an der KapGes. Soweit die Darlehensforderung nicht mehr werthaltig sei, entstehe in der StB des Gesellschafters ein entsprechender Aufwand.10 Diese Lösung ist nach hier vertretener Ansicht nicht zutreffend, denn sie setzt voraus, dass § 5 Abs. 2a EStG auch auf den Ansatz der Forderung beim Gesellschafter durchschlägt. UE ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar, denn der Gesellschafter kann seine Forderung alleine wegen der bei der Schuldner-KapGes. erfolgten Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG weder ausbuchen noch abschreiben.11
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Nicht abschließend geklärt ist auch die Frage, ob die Zinsen an den Gesellschafter bei der GmbH steuerlich abzugsfähig bleiben oder vGA darstellen, wenn das Darlehen in der
1083
1 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFH/NV 2005, 105 = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199. 2 S. Wassermeyer, GmbHR 2005, 149. 3 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/Schmich = FR 2012, 582. 4 So auch FG München v. 22.10.2010 – 7 K 1396/08, BB 2011, 945 = DStRE 2011, 1308 (Vorinstanz zu BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = FR 2012, 582 = GmbHR 2012, 406); ebenso BMF v. 18.8.2004 – IV A 6 - S 2133 - 2/04, BStBl. I 2004, 850 Tz. 3; v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497 Rz. 6; anders dagegen die Überschrift des oa. BFH-Urt. v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = FR 2012, 582 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/Schmich. 5 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409; v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/ Schmich = FR 2012, 582. 6 BMF v. 18.8.2004 – IV A 6 - S 2133 - 2/04, BStBl. I 2004, 850 Tz. 3; ebenso BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497 Rz. 6. 7 Kahlert/Gehrke, ZIP 2008, 2392. 8 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409. 9 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409 unter II. 1. b) ee) (1) (a) der Gründe. 10 Über dessen Abzugsfähigkeit wäre dann nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung der einschlägigen Normen (je nach Gesellschafterstruktur § 17 EStG, § 3c EStG oder § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG) zu entscheiden. 11 So auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 131 „Rangrücktritt“, der allerdings gerade auf das Urt. IV R 13/04 verweist; aA offenbar FG Berlin-Bdb. v. 10.9.2009 – 12 K 8271/05 B, DStRE 2009, 1380 (rkr.).
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§ 8 Rz. 1083–1085
Ermittlung des Einkommens
StB ausgebucht wird. Die Frage stellt sich deshalb, weil § 5 Abs. 2a EStG die Darlehensverbindlichkeit für steuerliche Zwecke in Eigenkapital umfunktioniert. Diese Umqualifizierung hat auch eine gesellschaftsrechtliche Komponente, nämlich den Rangrücktritt des Gesellschafters, weshalb die Ausbuchung der Verbindlichkeit eine vE darstellt. Aus diesem Grund handelt es sich bei den Darlehenszinsen um steuerbilanzielle Vermögensminderungen, die wegen des Rangrücktritts durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG iVm. § 8 Abs. 1 KStG auswirken. Gegen die Annahme einer vGA ist aber einzuwenden, dass die Zinsaufwendungen einem Fremdvergleich standhalten, weil die Verbindlichkeit und auch die Zinsvereinbarung zivilrechtlich existent bleiben und auch in der HB weiter zu passivieren sind. Der Gläubiger wird die Rückzahlung des darlehensweise überlassenen Kapitals auch regelmäßig einfordern.1 Beim Gläubiger stellen die Vergütungen im Übrigen Zinserträge und keine Ausschüttungen dar, weil § 5 Abs. 2a EStG auf seiner Ebene keine Wirkung entfaltet.2 Die Zinsen sind nach hier vertretener Ansicht deshalb auch im Falle der Ausbuchung der Verbindlichkeit nach § 5 Abs. 2a EStG nicht als vGA zu qualifizieren.
Reisekosten 1084
Reisekostenerstattungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH für dienstlich veranlasste Reisen führen regelmäßig nicht zu vGA. Sind die Reisekostenerstattungen unangemessen hoch oder werden Aufwendungen für eine Reise erstattet, die nebenbei auch den privaten Interessen des Gesellschafter-Geschäftsführers dient, so liegen anteilig vGA vor. Die Aufwendungen müssen dazu im Schätzungswege aufgeteilt werden, wenn dies im Einzelfall möglich ist.3 Der BFH hatte noch mit Urteil vom 6.4.20054 entschieden, dass eine vGA vorliege, wenn die KapGes. eine Reise ihres Gesellschafter-Geschäftsführers finanziert, die in nicht nur untergeordnetem Maße mit veranlasst ist. Eine schädliche private Mitveranlassung sei anzunehmen, wenn bei einer entsprechenden Reise eines Einzelunternehmers oder eines Personengesellschafters das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG eingreifen würde. Allerdings hat der Große Senat des BFH mit Beschluss vom 21.9.20095 für den Bereich der ESt erstmals entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein striktes Aufteilungs- und Abzugsverbot für gemischt veranlasste Aufwendungen beinhaltet. Bei einer zugleich privat und dienstlich motivierten Reise sei eine zeitanteilige (oder anderweitig sachgerechte) Aufteilung der Kosten zulässig. Nicht abziehbar bleiben aber Aufwendungen, die sich ihrer Art nach überhaupt nicht trennen lassen (persönliche Repräsentationsaufwendungen, Feierlichkeiten, Bewirtungen).
1085
Dieses Aufteilungsgebot gilt auch für den Bereich der vGA.6 Bei nur untergeordneter privater Mitveranlassung liegen insgesamt abziehbare BA vor,7 bei untergeordneter betrieblicher Veranlassung sind insgesamt vGA anzunehnen. Bei gemischt veranlassten Aufwendungen (zB Reisen oder Betriebsfeiern) ist auch für Zwecke der vGA eine Aufteilung nach den Grundsätzen den BMF-Schreibens vom 6.7.20108 vorzunehmen. Beispiel: Der Gesellschafter-Geschäftsführer besucht einen Geschäftspartner in Paris. Er reist schon am Samstagmorgen wegen touristischer Interessen an. Von Dienstag bis Donnerstag finden Verhandlungen mit dem Geschäftspartner statt. Am Sonntagabend reist er nach Hause zurück. Nach dem BMF-Schreiben v. 6.7.20109 sind die Kosten für zwei Übernachtungen – von Dienstag bis Donnerstag – ausschließlich betrieblich veranlasst. Die Flugkosten sind gemischt veranlasst und nach dem Verhältnis der betrieblichen und privaten Zeitanteile der Reise (betrieblich veranlasst sind 3/9) aufzuteilen.
1 Vgl. Lang, SteuK 2010, 17; Förster, Ubg 2010, 765; Hoffmann, GmbHR 2006, 1118. 2 An der bisher vertretenen Ansicht (Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 587) hält der Verfasser nicht mehr fest. 3 BFH v. 7.7.1976 – I R 180/74, BStBl. II 1976, 753. 4 BFH v. 6.4.2005 – I R 86/04, BStBl. II 2005, 666 = GmbHR 2005, 1065 m. Anm. Hoffmann = FR 2005, 987. 5 BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06 – BStBl. II 2010, 672 = FR 2010, 225 m. Anm. Kempermann; für den Bereich der ESt hat das BMF v. 6.7.2010 – IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl. I 2010, 614, zur Anwendung des BFHBeschl. Stellung genommen. 6 Zu Reiseaufwendungen s. bereits BFH v. 7.7.1976 – I R 180/74, BStBl. II 1976, 753, wo trotz „gemischter“ Veranlassung eine Aufteilung der Aufwendungen für vGA-Zwecke zugelassen wurde; ebenso BFH v. 6.4.2005 – I R 86/04, BStBl. II 2005, 666 = FR 2005, 987 = GmbHR 2005, 1065; v. 9.3.2010 – VIII R 32/07, FR 2010, 1052 = BFH/NV 2010, 1330. 7 ZB offizielles Firmenjubiläum, an dem auch nahestehende Personen des Gesellschafters teilnehmen; so bereits BFH v. 16.12.1981 – I R 140/81, BStBl. II 1982, 465 = FR 1982, 283. 8 BMF v. 6.7.2010 – IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl. I 2010, 614. 9 BMF v. 6.7.2010 – IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl. I 2010, 614 Rz. 15.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1086–1089 § 8
Keine vGA liegt vor, wenn von vornherein klar und eindeutig vereinbart ist, dass der (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer den privat verursachten Kostenanteil an die KapGes. zurückerstatten muss.
1086
Erstattungen, die die steuerlichen Reisekostensätze übersteigen, sind wegen dieser 1087 Überschreitung noch keine vGA, sondern grds. trotzdem stpfl. Arbeitslohn. Die Steuerpauschalen lassen keinen Schluss im Hinblick auf die Angemessenheit der Kostenerstattungen zu. Ggf. können auch darüber hinausgehende Erstattungspauschalen vereinbart werden, die dann allerdings – soweit noch wirtschaftlich angemessen – beim Arbeitnehmer als Arbeitslohn anzusehen sind. § 7 Abs. 1 KStG, § 8 Abs. 1 KStG und § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG sind keine Rechtsgrundlage dafür, einer KapGes. den Abzug der betrieblich veranlassten Reisekosten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers zu versagen.1 Fahrten vom Einfamilienhaus zu einer (weiteren) Betriebsstätte der GmbH sind Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte (Beschäftigungsstätte). Werden hierfür von der GmbH nach Dienstreisegrundsätzen Reisekostenvergütungen gewährt, liegen vGA vor.2 Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern muss die Erstattung von Reisekosten klar und eindeutig im Voraus im Anstellungsvertrag, mindestens aber vor Antritt der Dienstreise, vereinbart werden. Dies gilt auch dann, wenn der Ersatzanspruch des Gesellschafter-Geschäftsführers zivilrechtlich begründet ist.3 Eine vorherige Vereinbarung ist insbesondere dann unverzichtbar, wenn die Zuwendung ohne Einzelnachweise in pauschaler Form erfolgt.4 Verzichtbar sind klare und eindeutige Vereinbarungen im Voraus dann, wenn sich die Kostenerstattung auf eine konkrete Reise bezieht, die eindeutig betrieblich veranlasst ist und keine Berührungspunkte zur privaten Lebensführung des Gesellschafter-Geschäftsführers hat, und auch dann, wenn ein allgemein üblicher Auslagenersatz iHd. lohnsteuerlichen Pauschalen gezahlt wird.5 In diesem Fall kann unterstellt werden, dass die Beteiligten vor Durchführung der Dienstreise entsprechende mündliche Abreden getroffen haben. Das FG Niedersachsen6 ist sogar der Ansicht, dass eine klare vorherige Vereinbarung bei Reisekosten entbehrlich ist, wenn die Umstände eindeutig für einen schuldrechtlichen Anspruch sprechen.7 Eine vGA kann jedoch ungeachtet der Angemessenheit, der betrieblichen Verursachung und einer klaren und eindeutigen Vereinbarung anzunehmen sein, wenn die Belegführung mangelhaft ist und die tatsächliche Verausgabung für die behaupteten Zwecke infolgedessen nicht nachgewiesen werden kann.8 Anzuerkennen sind in diesem Fall allenfalls Bagatellaufwendungen wie Parkgebühren, Telefongebühren oder Trinkgelder. Im Übrigen ist von vGA auszugehen.
1088
Renovierungskosten Mietet die GmbH von ihrem Gesellschafter ein Gebäude für eigenbetriebliche Zwecke, so kann die Gesellschaft das Mietobjekt auf eigene Kosten renovieren, wenn die Kostentragung einem Fremdvergleich standhält (also üblich und angemessen ist) und klar und eindeutig im Mietvertrag festgelegt wurde (bei Anmietung von einem beherrschenden Gesellschafter).9 Beispiel: Die A-GmbH mietet ab 1.1.2005 von ihrem beherrschenden Gesellschafter X ein älteres Bürogebäude, das einen Wert von ca. 1 Mio. Euro hat. Der Mietzins wird mit jährlich 50 000 Euro festgelegt. Der angemessene Mietzins beträgt 100 000 Euro. Im Mietvertrag wird festgelegt, dass der Mieter anfallende Reparaturkosten zu tragen hat. Die vereinbarte Mietdauer beträgt fünf Jahre. Im Februar 2006 lässt die GmbH für 200 000 Euro das Dach, die Außenfassade und die Bodenbeläge erneuern. Lösung: Die Übernahme der Kosten stellt eine vGA dar. Die GmbH hätte sich bei Abschluss des Mietvertrags ein Bild über die notwendigen Renovierungsmaßnahmen machen müssen. Die unbegrenzte Übernahme der – am 1.1.2005 bereits absehbaren – Grundrenovierung ist unter fremden Dritten unüblich und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Ein (teilweiser) Vorteilsausgleich kommt nicht in Betracht,
1 BFH v. 19.2.1999 – I R 105–107/97, BStBl. II 1999, 321 = FR 1999, 601 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 484; anders FG Nds. v. 29.6.1999 – VI 110/97, GmbHR 2000, 442 = EFG 2000, 235 (rkr.). 2 FG Nds. v. 18.8.1992 – VI 369/89, GmbHR 1993, 754 (rkr.). 3 BFH v. 3.11.1976 – I R 98/75, BStBl. II 1977, 172. 4 BFH v. 5.10.2004 – VIII R 9/03, GmbHR 2005, 176 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2005, 526. 5 FG Nds. v. 29.6.1999 – VI 110/97, GmbHR 2000, 442 = EFG 2000, 235 (rkr.); Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Reisekosten“ Rz. 3. 6 FG Nds. v. 29.6.1999 – VI 110/97, GmbHR 2000, 442 = EFG 2000, 235 (rkr.). 7 GlA Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Reisekosten“. 8 BFH v. 9.10.1965 – I 88/63 U, BStBl. III 1966, 72 = FR 1966, 198. 9 Vgl. FG Köln v. 7.12.1999 – 13 K 6191/95, GmbHR 2000, 446 (rkr.).
Neumann
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1089
§ 8 Rz. 1089–1092
Ermittlung des Einkommens
denn Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines Vorteilsausgleichs ist bei einem beherrschenden Gesellschafter, dass auch dieser Vorteilsausgleich im Voraus klar und eindeutig vereinbart wurde.1 Im Mietvertrag hätten die Beteiligten daher regeln müssen, dass der Mietzins statt mit 100 000 Euro nur mit 50 000 Euro pa. bemessen wird, weil die anstehenden Renovierungsarbeiten einen Wertumfang von voraussichtlich 250 000 Euro haben.
1090
Eventuelle Aufwendungsersatzansprüche nach §§ 670 ff. BGB und eventuelle bereicherungsrechtliche Ansprüche aus § 812 BGB stehen der Annahme einer vGA nicht entgegen. Es handelt sich hierbei um Einlageansprüche. Zu den Besonderheiten bei „Bauten auf einem Gesellschaftergrundstück“ s. dort (Rz. 525).
Reparaturkosten 1091
Erleidet der Privat-Pkw des Gesellschafter-Geschäftsführers auf einer Dienstfahrt einen Motorschaden und übernimmt die Gesellschaft die Reparaturkosten, so liegt grds. eine vGA vor. Grund hierfür ist nicht der Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern der fehlende sachliche Zusammenhang mit der Dienstreise.2 Der Ersatz von Reparaturkosten für einen Schaden am betrieblich genutzten Privat-Kfz des Gesellschafter-Geschäftsführers ist als Arbeitslohn zu behandeln, wenn er klar und eindeutig im Voraus vereinbart ist.3
Repräsentationsaufwendungen 1092
Repräsentationsaufwendungen, die der Gesellschafter-Geschäftsführer durch seine Geschäftsführungstätigkeit im Interesse der GmbH verursacht, sind grds. abzugsfähige BA der GmbH. Sie können auch gleichzeitig nicht abziehbare Aufwendungen iSd. § 4 Abs. 5 EStG sein.4 Zum Verhältnis zwischen § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und § 4 Abs. 5 EStG s. Rz. 156 f. Aufwendungen zur Feier persönlicher Anlässe des Gesellschafter-Geschäftsführers – wie zB Geburtstagsfeiern, Hochzeitsfeiern, private Jubiläen uÄ – sind allerdings regelmäßig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und als vGA zu behandeln. Dies gilt selbst dann, wenn an der Feierlichkeit nahezu ausschließlich Geschäftsfreunde teilnehmen und nachweislich Geschäftsanbahnungen stattgefunden haben.5 Allerdings ist eine anlassbezogene Betrachtung im Einzelfall erforderlich.6 Entsprechendes gilt selbst für die Trauerfeier eines verstorbenen Gesellschafter-Geschäftsführers.7 Zu VIP-Logen sind umfangreiche Verwaltungsanweisungen ergangen.8 Die Rspr. des Großen Senats des BFH9 zur Abziehbarkeit von gemischten Aufwendungen bei der ESt hat in Bezug auf das Abzugsverbot für Repräsentationsaufwendungen, Feierlichkeiten und Bewirtungen bei einer GmbH dann keine Bedeutung, wenn eine Trennung der Kosten nicht möglich ist, es also an objektivierbaren Kriterien für eine sachgerechte Aufteilung fehlt (s. auch Rz. 138). Steht ein üblicherweise privat genutztes WG (zB Angelteich oder Kleingarten) allerdings als Sozialeinrichtung ausschließlich der Belegschaft der GmbH zur Verfügung, so liegt weder eine vGA vor, noch ergibt sich hierfür ein Abzugsverbot durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG.10 Aufwendungen für eine Segeljacht,11 ein Sportflugzeug12 oder ein Reitpferd13 sind regelmäßig vGA.
1 2 3 4
5 6 7 8 9 10 11 12 13
BFH v. 19.1.1994 – I R 67/92, BStBl. II 1996, 77 = FR 1994, 435 = GmbHR 1994, 410. FG Rh.-Pf. v. 17.11.1999 – 1 K 3401/98, GmbHR 2000, 444 (rkr.). BFH v. 3.11.1976 – I R 98/75, BStBl. II 1977, 172 = FR 1977, 127. BFH v. 31.7.1990 – I R 62/88, BFHE 162, 45 = GmbHR 1991, 130; v. 28.11.1991 – I R 13/90, BStBl. II 1992, 359 = GmbHR 1992, 312; v. 14.7.2004 – I R 57/03, BFH/NV 2004, 1603 = FR 2004, 1277 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1350 m. Anm. Schröder; zu VIP-Logen s. BMF v. 9.8.2005 – IV B 2 - S 2144 - 40/05, BStBl. I 2005, 845; ergänzend BMF v. 11.7.2006 – IV B 2 - S 2144 - 53/06, BStBl. I 2006, 447. BFH v. 28.11.1991 – I R 13/90, BStBl. II 1992, 359 = GmbHR 1992, 312. BFH v. 14.7.2004 – I R 57/03, BFH/NV 2004, 1603 = FR 2004, 1277 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1350 m. Anm. Schröder. BFH v. 31.7.1990 – I R 62/88, BFHE 162, 45 = GmbHR 1991, 130. BMF v. 9.8.2005 – IV B 2 - S 2144 - 40/05, BStBl. I 2005, 845; ergänzend BMF v. 11.7.2006 – IV B 2 - S 2144 53/06, BStBl. I 2006, 447. BFH v. 21.9.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 = FR 2010, 225 m. Anm. Kempermann; s. dazu auch BMF v. 6.7.2010 – IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl. I 2010, 614. BFH v. 30.7.1980 – I R 111/77, BStBl. II 1981, 58 = FR 1981, 48. BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190 = GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311; v. 15.5.2002 – I R 92/00, BFH/NV 2002, 1538 = FR 2002, 1175 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2002, 1033 m. Anm. Hoffmann. BFH v. 7.2.2007 – I R 27–29/05, BFH/NV 2007, 1230 = GmbHR 2007, 660 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 888 m. Anm. Pezzer; Crezelius in Kirchhof13, § 4 EStG Rz. 185; Heinicke in Schmidt33, § 4 EStG Rz. 567. FG Düsseldorf v. 19.3.2002 – 6 K 7786/99 K, G, DStRE 2002, 960 (rkr.).
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1093–1095 § 8
Risikogeschäfte Wenn eine KapGes. im ausschließlich privaten Interesse des Gesellschafters Verluste trägt, so kann die dadurch verursachte Vermögensminderung zur Annahme von vGA führen. Tätigt eine KapGes. satzungsfremde und branchenunübliche risikoreiche Geschäfte (zB Devisentermingeschäfte), so rechtfertigt dies nach Auffassung des BFH nicht die Annahme, die Geschäfte würden ausschließlich im privaten Interesse des Gesellschafter-Geschäftsführers ausgeübt.1 Von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ist danach nicht auszugehen, wenn die KapGes. zwar die Verlustgefahren trägt, aber zugleich auch Gewinnchancen behält.2 Etwas anderes gilt nach der BFH-Rspr. allerdings dann, wenn die GmbH ausschließlich das Verlustrisiko übernimmt bzw. wenn sich die Verlustsituation bereits im Zeitpunkt der Übernahme des Geschäfts abzeichnet. Der BFH prüft die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ausschließlich nach Liebhabereigrundsätzen.3
1093
Die FinVerw. hat sich der Rspr. des BFH ausdrücklich nicht angeschlossen.4 Sie ist der Ansicht, bereits der Abschluss eines Risikogeschäfts selbst sei regelmäßig gesellschaftsrechtlich veranlasst. Allerdings gelte dies nicht für jedwede riskante Unternehmung. Vielmehr sei eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung des Risikogeschäfts dann anzunehnen, wenn völlig unübliche risikoreiche Spekulationsgeschäfte getätigt würden, die nur aus privaten Spekulationsabsichten der Gesellschafter-Geschäftsführer zu erklären seien. Hierzu sei aber nicht etwa die Feststellung erforderlich, dass die KapGes. bereits absehbare Verluste übernommen hat. Ist die gesellschaftsrechtliche Veranlassung zu bejahen, so seien Verluste, die die GmbH erleidet, als vGA zu behandeln, die auch dem Gesellschafter final zugeflossen seien. Die Aktivierung einer eventuellen Schadenersatzforderung – die im Übrigen gar nicht entstehen kann, wenn die Gesellschafter dem Abschluss des Risikogeschäfts zugestimmt haben – könne nur dann die Annahme einer vGA verhindern, wenn der Schadenersatzanspruch nicht die Rückgewähr bzw. Wiedergutmachung eines als vGA zu wertenden Vermögensabflusses zum Gegenstand habe. Dies sei aber bei risikoreichen Spekulationsgeschäften gerade der Fall, denn bereits die Übernahme des Risikogeschäfts stelle eine abgeflossene vGA dar. Folgt man dieser Sichtweise, so kann ein eventueller Schadenersatzanspruch, den die GmbH ggf. gegen den Gesellschafter hat (zB aus § 43 Abs. 2 GmbHG), nur ein Einlageanspruch sein, der die Annahme einer „vollendeten“ vGA nicht hindert.5
1094
Folgt man dagegen der BFH-Rspr. und sieht alleine in der Ausübung des Risikogeschäfts noch keine vGA, so ist zu prüfen, ob die KapGes. erfolgswirksam eine Forderung gegen ihren Gesellschafter zu aktivieren hat. Erst der Verzicht auf die Forderung kann dann eine vGA auslösen (s. dazu im Einzelnen Rz. 1061 ff.).
Rückabwicklung von vGA Eine vollzogene vGA kann nicht mit steuerlicher Wirkung rückabgewickelt werden.6 Die Rückzahlung der erhaltenen vGA durch den Gesellschafter ist eine vE, und zwar auch dann, wenn sie unverzüglich nach Zufluss der vGA erfolgt. Sie hat keinen Einfluss auf die Besteuerung der bereits „vollendeten“ vGA. Es ist aber denkbar, dass die vGA zeitlich einen in der Bilanz auszuweisenden Rückgewähr- oder Schadenersatzanspruch gegen den Gesellschafter auslöst. Im Gegensatz zum Aktienrecht (§§ 57, 58 AktG) sind im GmbH-Recht vGA – von
1 BFH v. 8.7.1998 – I R 123/97, BFH/NV 1999, 269 = FR 1998, 1091 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1998, 1134; v. 8.8.2001 – I R 106/99, BStBl. II 2003, 487 = GmbHR 2001, 118; v. 11.2.2003 – I B 159/01, BFH/NV 2003, 1093; v. 31.3.2004 – I R 83/03, FR 2004, 1229 = GmbHR 2004, 1230 = BFH/NV 2004, 1482. 2 BFH v. 8.7.1998 – I R 123/97, FR 1998, 1091 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1998, 1134 = BFH/NV 1999, 269; v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = GmbHR 1995, 234 = FR 1995, 112; v. 31.3.2004 – I R 83/03, FR 2004, 1229 = GmbHR 2004, 1230 = BFH/NV 2004, 1482; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1176; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Risikogeschäfte“. 3 BFH v. 16.2.2005 – I B 154/04, GmbHR 2005, 1003 = BFH/NV 2005, 1377; Böth, StBp 2004, 135 (144). 4 BMF v. 19.12.1996 – IV B 7 - S 2742 - 57/96, BStBl. I 1997, 112; v. 20.5.2003 – IV A 2 - S 2742 – 26/03, BStBl. I 2003, 333. 5 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; vgl. auch Wassermeyer, DB 1998, 1997 zu dem Beschl. des VIII. Senats des BFH v. 14.7.1998 – VIII B 38/98, FR 1998, 893 = GmbHR 1998, 1045 = DB 1998, 1994. 6 Gosch2, § 8 KStG Rz. 515; Schütz, DStZ 2004, 14; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 169.
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§ 8 Rz. 1095–1098
Ermittlung des Einkommens
einigen Einschränkungen, wie zB § 30 GmbHG, abgesehen1 – nicht generell verboten,2 aber meist wegen Verstoßes gegen die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung3 oder aufgrund sog. Satzungsklauseln unzulässig. Durch eine vGA können demnach unterschiedliche Ansprüche ausgelöst werden, zB gem. § 31 Abs. 1 GmbHG wegen Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsbestimmung des § 30 GmbHG, gem. § 43a GmbHG wegen unzulässiger Kreditgewährung an Geschäftsführer aus gebundenem Vermögen,4 gem. § 43 GmbHG wegen Pflichtverletzungen bei der Geschäftsführung, gem. § 812 Abs. 1 BGB bei mangelnder Zustimmung der ggf. benachteiligten Gesellschafter bzw. wegen eines gesellschaftsrechtlichen Kompetenzverstoßes oder durch eine Satzungs- oder eine Steuerklausel, nach der der Gesellschafter eine vGA an die Gesellschaft zurückzuzahlen hat. Das Entstehen eines Rückgewähranspruchs infolge der vGA hat auf den vorherigen Zufluss der Kapitalerträge aus der Gewinnausschüttung keinen Einfluss. Der Anspruch entsteht erst eine logische Sekunde nach Zufluss der vGA und ist (steuerneutral) als Einlageanspruch zu erfassen. Auf den Rechtsgrund der Rückzahlung kommt es nicht an. Weder gesetzliche Verpflichtungen5 noch Satzungsklauseln6 noch Rückgewähransprüche wegen Verstoßes gegen gesellschaftliche Treuepflichten7 führen zur Rückabwicklung der vGA.8 Sie machen den vorherigen Zufluss eines Kapitalertrags nicht ungeschehen.9 Ein solcher Anspruch folgt der vGA zeitlich gesehen nach und kann sie deshalb nicht neutralisieren. Ein Anspruch auf Rückgewähr von vGA hat steuerrechtlich vielmehr den Charakter einer Einlageforderung.10 1096
Wird der Rückgewähranspruch erst in einem späteren Jahr erfüllt, so ist die Einlage nicht bereits im Zeitpunkt der Einbuchung der Forderung, sondern erst im Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs (Zahlung oder Aufrechnung) auf dem steuerlichen Einlagekonto zu erfassen.11 Eine aufgrund einer Satzungsklausel zurückgezahlte vGA ist auch bei der Einkommensbesteuerung des Anteilseigners nicht als negative Einnahme zu erfassen, da es sich um die Rückabwicklung einer vollendeten vGA handelt. Die Rückgewähr mindert das Einkommen des Gesellschafters nicht, sondern erhöht seine AK auf die Beteiligung.12 Hat der Gesellschafter den Rückgewähranspruch zu verzinsen, so stellen diese Zinsen keine Einlagen dar.13
1097
Die vorstehenden Grundsätze gelten allerdings nicht, wenn durch eine Handlung eines Gesellschafters zwar ein Schadenersatzanspruch entsteht, eine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter aber noch nicht eingetreten ist. Dies ist der Fall, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft durch pflichtwidrige Handlungen einen Schaden zufügt (s. dazu „uneigennützige Pflichtverletzung“ in Rz. 1063).
1098
Siehe Rz. 267 ff.
Rückwirkungsverbot
1 Vgl. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck20, § 30 GmbHG Rz. 14 ff. 2 Vgl. GmbH-Handbuch, Teil I Rz. 1321 ff.; sowie Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck20, § 29 GmbHG Rz. 71 mwN. 3 Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck20, § 29 GmbHG Rz. 75; idR ist die Gesellschafterversammlung für die Gewinnverteilung und Entnahmen aus der Gewinnrücklage zuständig; bei der Einpersonen-GmbH allerdings unproblematisch. 4 S. dazu BGH v. 24.11.2003 – II ZR 171/01, GmbHR 2004, 302 m. Anm. Bähr/Hoos = DStR 2004, 427. 5 BFH v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach. 6 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, BStBl. II 2001, 226 = FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997. 7 BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, DStR 2009, 2142. 8 BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815. 9 H 20.2 EStH 2011 „Rückgängigmachung einer vGA“. 10 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; vgl. auch Wassermeyer, DB 1998, 1997 zu BFH v. 14.7.1998 – VIII B 38/98, FR 1998, 893 = GmbHR 1998, 1045 = DB 1998, 1994; BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/ NV 2005, 105; v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815; ebenso Wassermeyer, GmbHR 2005, 149; kritisch dagegen Schwedhelm/Binnewies, GmbHR 2005, 66; Schwedhelm/Binnewies, GmbHR 2005, 151. 11 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; v. 19.7.1996 – I B 29/95, GmbHR 1997, 267 = BFH/NV 1997, 151. 12 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997; v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach. 13 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1099–1103 § 8
Ruhender Betrieb (Gehaltszahlung) Eine GmbH kann ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer auch dann ein Gehalt zahlen, wenn 1099 der Betrieb ruht. Eine GmbH benötigt von Gesetzes wegen einen Geschäftsführer (§ 35 GmbHG), der auch bei einem ruhenden Betrieb noch gewisse Aufgaben zu erfüllen und die rechtliche Verantwortung zu tragen hat. Eine solche Tätigkeit bzw. Verantwortung würde ein fremder Dritter nicht ohne Entgelt übernehmen. Die ruhende Geschäftstätigkeit wirkt sich allerdings mindernd auf die Gehaltsbemessung aus.1
Sanierungsmaßnahmen Hat eine KapGes. Forderungen gegen ihren Gesellschafter oder gegen eine andere Gesell- 1100 schaft des Konzerns, so kann sie sich grds. auch an Sanierungsmaßnahmen dieser Schuldner beteiligen, also im Zusammenwirken mit anderen Gläubigern auf Forderungen ganz oder teilweise verzichten. Hierzu müssen die einschlägigen Sanierungsbedingungen erfüllt sein. Voraussetzung für die Annahme einer Sanierung ist, dass die Schulden ganz oder teilweise erlassen werden, dass die Gläubiger in der Absicht handeln, die geschäftliche bzw. finanzielle Gesundung des Schuldners (hier des Gesellschafters) herbeizuführen, und dass der Schuldenerlass geeignet ist, das sanierungsbedürftige Unternehmen (des Gesellschafters) vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen.2 Der Sanierungserlass wird herbeigeführt durch ein allgemeines Zusammenwirken aller Gläubiger (auch der Gläubigerbanken). Die FinVerw. hat die steuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen mit BMF-Schreiben v. 27.3.20033 geregelt und lässt in bestimmten echten Sanierungsfällen beim Empfänger der Sanierungsleistung eine abweichende Festsetzung, einen Steuererlass bzw. eine Steuerstundung zu. Bei der GewSt ist für Maßnahmen bis zum 31.12.2014 die Gemeinde für die Sanierungsentscheidung zuständig.4 Ab dem 1.1.2015 ist diesbezüglich die Zuständigkeit auf die FÄ übergegangen.5
1101
Eine begünstigte Sanierung liegt allerdings bereits dem Grunde nach nicht vor, wenn der 1102 Forderungsverzicht der GmbH gesellschaftsrechtliche Ursachen hat. In diesem Fall ist keine betrieblich bedingte Sanierungsleistung der GmbH an den Gesellschafter, sondern eine vGA anzunehmen, für die die Grundsätze des vorstehend zitierten BMF-Schreibens v. 27.3.20036 nicht gelten. Die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses ist dann zu bejahen, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte. Wenn eine GmbH auf eine Forderung gegen ihren Gesellschafter verzichtet und die Voraussetzungen eines echten Sanierungserlasses erfüllt sind, liegt demzufolge keine vGA vor.7 Die unter der Regie des § 3 Nr. 66 EStG aF (gültig bis einschließlich 1997) entwickelten Kriterien gelten nach hier vertretener Ansicht auch für die Abziehbarkeit der Aufwendungen beim Verzichtenden.8 Der Forderungsverzicht einer GmbH gegenüber dem sanierungsbedürftigen Betrieb des Gesellschafters beruht zB auf dem Gesellschaftsverhältnis, wenn sich „fremde“ Hauptgläubiger (kreditgebende Banken) nicht bzw. nicht in vergleichbarem quotalem Umfang an der „Sanierung“ beteiligen.9
Satzungsklauseln/Steuerklauseln In den Satzungen vieler GmbHs ist im Rahmen einer sog. Satzungs- oder Steuerklausel geregelt, dass der Gesellschafter eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vermögensminderung an die Gesellschaft zurückzuzahlen hat. Im Falle einer Satzungsklausel soll jede Art von 1 BFH v. 10.5.1967 – I 187/64, BStBl. III 1967, 498 = FR 1971, 162. 2 So zum früheren Recht BFH v. 18.12.1990 – VIII R 39/87, BStBl. II 1991, 784 = FR 1991, 522 m. Anm. Schmidt = GmbHR 1991, 438. 3 BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240; die Frage, ob dieses BMF-Schr. gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot verstößt, hat der BFH mit Urt. v. 25.4.2012 – I R 24/11, FR 2013, 43 m. Anm. Eilers/Bühring = DB 2012, 1723 ausdrücklich offengelassen. 4 BFH v. 25.4.2012 – I R 24/11, FR 2013, 43 m. Anm. Eilers/Bühring = DB 2012, 1723. 5 § 184 Abs. 2 Satz 1 AO iVm. § 10c EGAO idF des Zollkodex-AnpG v. 22.12.2014 (BGBl. I 2014, 2417). 6 BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240. 7 FG BW v. 18.8.1994 – 6 K 123/93, GmbHR 1995, 469 = EFG 1995, 285 (rkr.); ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1200. 8 BFH v. 31.7.1991 – VIII R 23/89, BStBl. II 1992, 375 = FR 1992, 16 m. Anm. Schmidt unter Nr. 4 der Gründe mwN. 9 BFH v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652 = FR 1998, 62 = GmbHR 1998, 93.
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1103
§ 8 Rz. 1103–1108
Ermittlung des Einkommens
vGA unmittelbar einen Rückforderungsanspruch auslösen. Eine sog. Steuerklausel sieht dagegen einen Rückgewähranspruch nur dann vor, wenn die FinVerw. aus dem Vorliegen einer vGA konkrete steuerliche Folgerungen ziehen will.1 Beide Klauseln bewirken steuerrechtlich keine Rückabwicklung der vGA.2 Ein aus einer Satzungs- oder Steuerklausel entstehender Anspruch auf Rückgewähr von vGA hat steuerrechtlich vielmehr den Charakter einer (steuerneutral zu erfassenden) Einlageforderung, denn die Rückzahlung der vGA hat – wie die vGA selbst – ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis. Der Rückzahlungsanspruch schließt damit die Annahme einer zeitlich vorangehenden vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht aus (s. dazu im Einzelnen Rz. 1060 ff. und 1092). 1104
Die KapGes. hat den Rückgewähranspruch, der nach einer vGA aufgrund der Satzungsklausel gegen den begünstigten Gesellschafter entsteht, erst dann in ihrer Bilanz zu aktivieren, wenn sie Kenntnis von dem Anspruch hat und die Rückgewähr verlangt.3 Es kommt dann zwar zu einer bilanziellen Vermögensmehrung, nicht aber zu einer Einkommenserhöhung, weil die Einlage außerhalb der StB wieder mindernd zu berücksichtigen ist. Der Rückgewähranspruch ist allerdings im Zeitpunkt seiner Bilanzierung noch nicht auf dem steuerlichen Einlagekonto zu erfassen. Ein Ansatz im Einlagekonto ist erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung (Zahlung) möglich.4
1105
Aufseiten des Anteilseigners ist die Rückgewähr des Vermögensvorteils aufgrund der Satzungsklausel nicht als negative Einnahme zu erfassen. Sie mindert das Einkommen des Gesellschafters nicht, sondern erhöht seine AK auf die Beteiligung.5
1106
Siehe hierzu „Pflichtverletzungen“ in Rz. 1060 ff.
1107
Siehe hierzu den Allgemeinteil in Rz. 181 ff.
Schadenersatzansprüche gegen den Gesellschafter
Schenkungsteuer bei vGA
Schmiergeldvereinnahmung 1108
Mit Urt. v. 29.4.19876 hat sich der BFH mit der unzulässigen Vereinnahmung von Schmiergeldern durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH befasst. Der Gesellschafter-Geschäftsführer war verpflichtet, die unbefugt vereinnahmten Gelder an die GmbH herauszugeben.7 Die GmbH machte ihren zivilrechtlichen Anspruch auf Vorteilsherausgabe im Urteilsfall nicht alsbald geltend. Die GmbH unterließ es also, einen dem Gesellschafter bereits zugeflossenen Vermögensvorteil zurückzufordern. Diese Nichtgeltendmachung führte nach Ansicht des BFH zu einer vGA. Nach einem klarstellenden Hinweis im BFH-Urt. v. 14.9.19948 ist in diesem Fall aber bereits der ursprüngliche Abfluss des Vermögensvorteils, also die Schmiergeldvereinnahmung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer, und nicht erst der Verzicht auf den Herausgabeanspruch als vGA zu behandeln.9 Auch nach Ansicht der FinVerw. ist in solchen Fällen immer zuerst zu prüfen, ob bereits die ursprüngliche Schadenszuführung (Schmiergeldvereinnahmung) selbst eine vGA darstellt.10 Die Aktivierung einer Schadenersatzforderung bzw. eines Herausgabeanspruchs könne die Annahme einer vGA nicht verhindern, weil die Erfüllung des Herausgabeanspruchs die Rückgewähr bzw.
1 Döllerer, BB 1979, 61. 2 BFH v. 19.7.1996 – I B 29/95, GmbHR 1997, 267 = BFH/NV 1997, 151; v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, BStBl. II 2001, 226 = FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997; v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/NV 2005, 105. 3 BFH v. 23.5.1984 – I R 266/81, BStBl. II 1984, 723 = FR 1984, 538 = GmbHR 1985, 34. 4 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; v. 19.7.1996 – I B 29/95, GmbHR 1997, 267 = BFH/NV 1997, 151. 5 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997; v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach; v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815. 6 BFH v. 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733 = FR 1987, 456 = GmbHR 1987, 492. 7 OLG Düsseldorf v. 25.11.1999 – 6 U 146/98, GmbHR 2000, 666; OLG Naumburg v. 2.10.2006 – 2 U 14/06 (Hs), juris; BGH v. 26.3.1962 – II ZR 151/60, WM 1962, 578; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 43 GmbHG Rz. 15. 8 BFH v. 14.9.1994 – I R 6/94, BStBl. II 1997, 89 = FR 1995, 112 = GmbHR 1995, 234. 9 Ebenso FG Sachs. v. 28.9.2004 – 5 K 1540/01, EFG 2005, 1074 (rkr.). 10 BMF v. 19.12.1996 – IV B 7 - S 2742 - 57/96, BStBl. I 1997, 112.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1108–1113 § 8
Wiedergutmachung eines als vGA zu wertenden Vermögensabflusses zum Gegenstand habe. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen (s. dazu auch Rz. 1060 ff.).
Schriftform 1109
Siehe hierzu den Allgemeinteil in Rz. 296 ff.
Sozialleistungen zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers Geringfügige Sozialleistungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer stellen auch bei fehlender Vorabvereinbarung keine vGA dar, wenn sie sich im betriebsüblichen Rahmen bewegen.1 Dies gilt zB für verbilligte Mahlzeiten in der Betriebskantine, Geburtsbeihilfen, Heiratsbeihilfen, Jubiläumszuwendungen, fremdübliche Rabatte und Preisnachlässe auf Produkte der KapGes. Dies gilt jedoch nur, wenn auch die übrigen Arbeitnehmer des Betriebs entsprechende Sozialleistungen erhalten. Weihnachts- und Urlaubsgelder müssen dagegen klar und eindeutig im Voraus vereinbart werden.2 Wegen der in diesem Punkt nicht eindeutigen Rechtslage ist zu empfehlen, die Gewährung von Sozialleistungen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer in einem Zusatzvertrag oder direkt im Dienstvertrag zu vereinbaren.
1110
Spenden als vGA Entscheidend für die Abgrenzung der „normalen“ BA und der gesellschaftsrechtlich veranlassten Ausgaben von den Spenden ist die Motivation des Ausgebenden. Besondere Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich, wenn eine KapGes. eine Spende leistet, die zugleich erkennbar der Interessenlage ihres Anteilseigners entspricht. Hier gehen die Grundsätze des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG denen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG vor, dh., es ist zunächst zu prüfen, ob in der Zuwendung an den Gesellschafter eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt. Dieser Vorrang der Grundsätze über die vGA ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG, dh., auch Spendenzahlungen einer KapGes. an ihren gemeinnützigen Anteilseigner mindern das Einkommen nicht, wenn im Einzelfall die Voraussetzungen der vGA vorliegen.3
1111
Die Motivation der leistenden GmbH ist immer dann eine gesellschaftsrechtliche, wenn die Gesellschaft die Spende direkt an den Anteilseigner hingibt und dieser Anteilseigner eine Einrichtung (Verein, Stiftung) ist, die zur Entgegennahme von Spenden berechtigt ist und die Spenden auch für eigene satzungsmäßige Zwecke verwendet. Zahlungen einer von einem Bundesdachverband beherrschten GmbH an einen Landesdachverband können danach zB vGA sein, wenn die Zahlungen nicht dem Erhalt einer Gegenleistung, sondern der Förderung der gemeinnützigen Satzungszwecke des Verbands dienen.4 Zwar steht es auch einer Körperschaft frei, einem gemeinnützigen Verein oder einer gemeinnützigen Stiftung eine freiwillige Geldleistung zuzuwenden. Ist der gemeinnützige Verein aber Anteilseigner der spendenden – ihrerseits nicht gemeinnützigen – KapGes., so kann dies nicht gelten, weil jede freiwillige Leistung der KapGes. zumindest auch durch das Gesellschaftsverhältnis mit veranlasst ist. Der Gesellschafter einer GmbH hat – anders als zB der Gewährträger einer Sparkasse – ohnehin Anspruch auf den Gewinn der Gesellschaft. Würde man hier einen Spendenabzug bei Leistungen an den Anteilseigner zulassen, so käme dies insoweit einer Steuerfreistellung der bei der GmbH erwirtschafteten Gewinne gleich, denn es liegt in der Hand des (gemeinnützigen) Gesellschafters zu bestimmen, in welcher Höhe die GmbH spendet und in welcher Höhe sie ausschüttet. Die von der Rspr. entwickelten Grundsätze zur Behandlung von Spenden einer Sparkasse an ihren Gewährträger (Ermittlung des Spendenrahmens) sind nach hier vertretener Ansicht wegen der besonderen Manipulationsmöglichkeiten nur sehr eingeschränkt auf KapGes. übertragbar, die von einer gemeinnützigen Körperschaft oder der öffentlichen Hand beherrscht werden und an den Gesellschafter spenden.5
1112
Leistet die GmbH die Spende nicht an den Gesellschafter, sondern an einen gemeinnützigen Dritten, und besteht ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Spendenempfänger und dem Gesellschafter der GmbH bzw. ist zweifelsfrei erkennbar, dass die Spende im be-
1113
1 Vgl. Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 760 mwN. 2 Vgl. BFH v. 11.12.1991 – I R 49/90, BStBl. II 1992, 434 = FR 1992, 345 = GmbHR 1992, 386; ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 205a. 3 FG BW v. 30.6.1998 – 6 V 38/97, EFG 1998, 1488 (rkr.); BFH v. 19.12.2007 – I R 83/06, BFH/NV 2008, 988. 4 FG Saarl. v. 26.6.1997 – 1 K 177/94, EFG 1997, 1153 (rkr.). 5 Ausdrücklich offengelassen in BFH v. 19.12.2007 – I R 83/06, BFH/NV 2008, 988.
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§ 8 Rz. 1113–1116
Ermittlung des Einkommens
sonderen Interesse des Gesellschafters liegt, so besteht nach der Rspr. des BFH eine Vermutung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Spende. Die vGA besteht nach der Rspr. des BFH darin, dass die KapGes. dem Gesellschafter den Vorteil verschafft, indem der Zuwendungsempfänger eine von dem Gesellschafter angestrebte Förderung erhält, ohne dass der Gesellschafter selbst dafür eigene Mittel aufwenden muss.1 Allerdings ist es im Einzelfall äußerst schwierig, das Interesse der Organe der KapGes. von dem persönlichen Interesse des Gesellschafters abzugrenzen.2 Wenn die KapGes. mit der Spende auch eigene finanzielle Interessen verfolgt, was zB bei Werbemaßnahmen iZm. einer Spende regelmäßig der Fall ist, dann dürften auf jeden Fall BA anzunehmen sein. Sodann gilt es festzustellen, ob das Gesellschafterinteresse, welches ja im Regelfall nur ein ideelles und eben kein finanzielles Interesse ist, dieses finanzielle Interesse der KapGes. überlagern kann. Im Schrifttum wird ein solches überlagerndes Gesellschafterinteresse, welches eine vGA begründen könnte, für die meisten denkbaren Fallkonstellationen überwiegend abgelehnt.3 Nach aA ist schon dann eine vGA anzunehmen, wenn die Spende zB an einen Verein erfolgt, in dem der Gesellschafter Mitglied ist4 bzw. an eine Kirchengemeinde geleistet wird, der der Gesellschafter erkennbar nahesteht5. Nach hier vertretener Ansicht ist danach zu differenzieren, ob die steuerbegünstigte Körperschaft, die dem Gesellschafter erkennbar nahesteht, übermäßig mit Spenden bedacht wird. Eine solche Feststellung kann uE nur nach den Grundsätzen des sog. „Fremdspendenrahmens“ getroffen werden.6 Allerdings dürfte dieses Schätzungsprinzip nur indizielle Bedeutung haben.7 1114
Für Spenden einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse an ihren Gewährträger hat die Rspr. – zur Überprüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Höhe nach – eine Schätzungsmethode herausgearbeitet. Sparkassen sind zwar selbstständige Anstalten des öffentlichen Rechts, sie stellen allerdings Einrichtungen ihrer Gewährträgerkörperschaften (Kommune, Kreis) dar. § 8 Abs. 3 KStG ist auch bei der Einkommensermittlung einer Sparkasse zu beachten. Sparkassen haben in erster Linie den Zweck, ihre Gewinne für gemeinnützige Zwecke zu verwenden. Die Problematik der Abgrenzung zwischen Spende und vGA hat daher bei Sparkassen eine besondere Bedeutung. Der BFH hat entschieden, dass eine Sparkasse vGA bewirkt, wenn die im Jahr an den Gewährträger geleisteten (abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen) Spenden die im Durchschnitt des laufenden und der letzten zwei bzw. (wenn sich das Spendenvolumen dadurch erhöht) der letzten fünf Jahre an Dritte geleisteten Spenden übersteigen (sog. Fremdspendenrahmen).8 Spenden an den Gewährträger sind dabei nicht solche Spenden, die der Gewährträger von seiner Sparkasse mit der Auflage erhält, sie an Dritte weiterzuleiten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der empfangende Dritte die Spenden für Aufgaben verwenden muss, die ohne die Spende von dem Gewährträger selbst zu finanzieren wären. Nach hier vertretener Ansicht kann diesem Vergleich nur indizielle Bedeutung beigemessen werden.9
1115
Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei Spenden eines sonstigen BgA an seine Trägerkörperschaft, denn eine vGA ist auch bei einer Nichtkapitalgesellschaft und damit auch bei einem BgA grds. möglich.10 Auch hier ist zu prüfen, ob der BgA bei Anwendung des Maßstabs eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters eine vergleichbare Spende auch an einen Dritten gegeben hätte. Dies ist indiziell nicht der Fall, wenn der Umfang der Spenden den Rahmen des allgemein Üblichen übersteigt. Maßstab ist hier ebenfalls das Spendenverhalten gegenüber Dritten in einem vergleichbaren Zeitraum. Die in Rz. 1114 dargestellten Grundsätze für Sparkassen sind deshalb grds. auch auf andere BgA übertragbar.
1116
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einer steuerbegünstigten Körperschaft ist kein selbstständiges Steuersubjekt. Spenden, die der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb an die ge-
1 BFH v. 19.12.2007 – I R 83/06, BFH/NV 2008, 988; v. 10.6.2008 – I B 19/08, BFH/NV 2008, 1704. 2 Drüen in H/H/R, § 9 KStG Rz. 38; Hüttemann in FS Schaumburg, 405 (420). 3 Janssen, DStZ 2010, 170; Schulte in Erle/Sauter3, § 9 KStG, Rz. 61; Olgemöller in Streck7, § 9 KStG Rz. 13; Wagner, DStR 2011, 1594; Woitschell in Ernst & Young, § 9 KStG Rz. 35; Drüen in H/H/R, § 9 KStG Rz. 38. 4 FG Schleswig-Holst. v. 16.6.1999 – I 338/96, GmbHR 2000, 347 = EFG 2000, 193 (rkr.). 5 Ausdrücklich offen gelassen in BFH v. 19.12.2007 – I R 83/06, BFH/NV 2008, 988. 6 Kritisch Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, § 11 Rz. 13 und Drüen in H/H/R, § 9 KStG Rz. 38. 7 FG Köln v. 23.8.2006 – 13 K 288/05, GmbHR 2007, 164 = EFG 2006, 1932 und nachgehend BFH v. 19.12.2007 – I R 83/06, BFH/NV 2008, 988. 8 BFH v. 8.4.1992 – I R 126/90, BStBl. II 1992, 849. 9 Zutr. Drüen in H/H/R, § 9 KStG Rz. 38. 10 BFH v. 9.8.1989 – I R 4/84, BStBl. II 1990, 237 = FR 1990, 254.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1116–1120 § 8
meinnützige Körperschaft gibt, stellen Gewinnverwendung dar und dürfen daher das Einkommen nicht mindern.1 Spenden zur Erfüllung einer Auflage, die von einer GmbH geleistet werden, sind idR vGA. Zahlungen an eine gemeinnützige Einrichtung zur Erfüllung einer Auflage nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO wegen eines Schuldvorwurfs gegen den Gesellschafter sind nicht als Spende abziehbar.2
1117
Sponsoring Sponsoringaufwendungen stellen bei einer KapGes. BA iSd. § 4 Abs. 4 EStG dar. Soweit es sich allerdings um vGA handelt, sind die Aufwendungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerhalb der Bilanz wieder hinzuzurechnen. Es ist folglich zu prüfen, ob die Ausgaben aus Sicht der leistenden KapGes. einen unmittelbaren und hinreichenden betrieblichen Bezug haben oder ob die Sponsoringaufwendungen gesellschaftsrechtlich veranlasst sind. Wenn eine KapGes. Sponsoringaufwendungen tätigt, können vGA vorliegen, wenn der Gesellschafter durch die Zuwendungen begünstigt wird, indem ihm eigene Aufwendungen als Mäzen erspart werden. Zur Behandlung von Sponsoringaufwendungen hat das BMF mit Schreiben vom 18.2.19983 Stellung genommen. Eine weitere Verwaltungsanweisung folgte zu VIP-Logen.4
1118
Eine betriebliche Veranlassung ist anzunehmen, wenn der Sponsor mit der Ausgabe den Erhalt bzw. die Steigerung des unternehmerischen Ansehens bezweckt oder für konkrete Produkte seines Unternehmens werben will.5 Ein entsprechender Kausalzusammenhang wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn auf Plakaten, in Katalogen, auf den vom Leistungsempfänger benutzten Fahrzeugen oder sonstigen Gegenständen auf das Unternehmen der leistenden Körperschaft hingewiesen wird. Ebenso wird eine werbewirksame Gegenleistung anzuerkennen sein, wenn der Gesponserte durch öffentliche Verwendung des Namens oder von Emblemen oder Logos auf das Unternehmen des Sponsors hinweist. Dies kann auch in Pressekonferenzen, der Zeitungsberichterstattung oder bei Fernsehauftritten geschehen. Auch eine Verlinkung über das Logo eines Sponsors auf der Internetseite eines Leistungsempfängers kann ausreichen.6
1119
Die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit bzw. Üblichkeit der Aufwendungen wird durch die FinVerw. dabei grds. nicht überprüft. Auch ist eine völlige Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht zwingend.7 Wenn Leistung und Gegenleistung aber in einem augenscheinlichen Missverhältnis stehen, soll bei Einkommensteuerpflichtigen der Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG versagt werden.8 In diesen Fällen dürften bei KapGes. indiziell vGA anzunehmen sein. Insbesondere wenn die Körperschaft Zahlungen leistet, durch die der Gesellschafter oder eine nahestehende Person des Gesellschafters mittelbar einen Vorteil erhält, muss die Frage der Angemessenheit der Sponsoringaufwendungen auf dem Prüfstand stehen.
1120
Beispiel: Ein bundesweit erfolgreicher Wasserballverein wirbt auf der Badehose mit dem 4 cm großen Logo einer GmbH, die Werkzeugmaschinen herstellt. Die Gesellschaft ist Zulieferer für 2 Großkunden. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH war langjähriger Wasserballamateur und ist zugleich Kassenwart des Wasserballvereins. Der Verein erhält als Gegenleistung einen jährlichen Kostenbeitrag von 5 Mio. Euro. Lösung: Die Zahlungen sind, soweit sie das angemessene bzw. im Drittvergleich übliche Maß deutlich übersteigen, als vGA an den Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen. Hier spricht der Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters für die Veranlassung der Ausgabe durch das Gesellschaftsverhältnis, weil der Werbeeffekt in einem augenscheinlichen Missverhältnis zu den Aufwendungen steht.
1 R 47 Abs. 7 KStR 2006. 2 BFH v. 19.12.1990 – X R 40/86, BStBl. II 1991, 234 = FR 1991, 201; FG Nds. v. 7.12.1989 – VI 322/85, GmbHR 1990, 58 (rkr.); s. dazu auch OFD Koblenz v. 14.4.2000 – S 0183 A - St 34 2, juris. 3 BMF v. 18.2.1998 – IV B 2 - S 2144 - 40/98, BStBl. I 1998, 212. 4 BMF v. 22.8.2005 – IV B 2 - S 2144 - 41/05, BStBl. I 2005, 845. 5 BFH v. 3.2.1993 – I R 37/91, BStBl. II 1993, 441. 6 FinMin Bayern v. 11.2.2000 – 33 - S 0183 - 12/14 - 59 238, DStR 2000, 594. 7 Carlé, ErbStB 2011, 296; Heinicke in Schmidt33, § 4 EStG Rz. 483 und 495. 8 BMF v. 18.2.1998 – IV B 2 - S 2144 - 40/98, BStBl. I 1998, 212 unter II. Nr. 5.
Neumann
633
§ 8 Rz. 1120–1125
Ermittlung des Einkommens
Es ist im Einzelfall Sache der KapGes., Umstände darzulegen, aus denen sich eine betriebliche Veranlassung ergeben könnte. Kann sie dies nicht bzw. nicht in voller Höhe, so trägt sie den Nachteil, dass sie die sich aus dem Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ergebende Vermutung nicht widerlegen kann.1
Stille Gesellschaft 1121
Siehe hierzu „GmbH & Still“ in Rz. 826 ff.
1122
Aufwendungen für die Strafverteidigung des Gesellschafter-Geschäftsführers können BA sein, wenn der strafrechtliche Schuldvorwurf, gegen den sich der Stpfl. zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten als Geschäftsführer veranlasst gewesen ist.2 Es handelt sich nicht um nicht abziehbare Ausgaben.3 Etwas anderes gilt aber für Geldbußen und Strafen (s. „Geldstrafen und Geldbußen“ in Rz. 790 f.). Sie sind entweder nicht abziehbare Ausgaben iSd. § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG oder vGA.
Strafverteidigungskosten
Strohmann-Geschäftsführer 1123
Wird ein naher Angehöriger des beherrschenden Gesellschafters zum Geschäftsführer der KapGes. bestellt, obwohl diese Person nicht über die erforderliche Sachkunde zur alleinigen Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgaben verfügt,4 so sind die Gehaltszahlungen regelmäßig überhöht und deshalb teilweise vGA. In diesem Fall fehlt dem Anstellungsvertrag die Ernsthaftigkeit.5 Nur in absoluten Ausnahmefällen wird das volle Gehalt als vGA zu werten sein. Nach hier vertretener Ansicht handelt es sich um eine vGA der Höhe nach. Nur der überhöhte Teil des Geschäftsführergehalts stellt also eine vGA dar. VGA liegen auch dann vor, wenn der beherrschende Gesellschafter innerhalb der vergangenen fünf Jahre wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283d StGB verurteilt worden ist und deshalb nach § 6 Abs. 2 GmbHG nicht zum Geschäftsführer bestellt werden kann. In diesem Fall würde nach Ansicht des BFH ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die nahestehende Person als normalen Angestellten beschäftigen, wenn sie die zur Geschäftsführung erforderlichen Qualifikationen nicht hat. Der Abschluss eines Scheinvertrags (§ 117 Abs. 2 BGB) entspricht nicht dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters.
Subjektiver Zuwendungswille 1124
Siehe hierzu „Unbewusste Handlungen als vGA“ in Rz. 1193 ff.
Subunternehmer 1125
Eine KapGes. kann ihre Gesellschafter als Subunternehmer zur Erfüllung eigener Aufgaben beauftragen, wenn diese Beauftragung einem Fremdvergleich standhält.6 Die unternehmerische Entscheidung, den Gesellschafter als Subunternehmer einzuschalten, hängt regelmäßig davon ab, ob die Gesellschaft über die erforderlichen personellen und sachlichen Mittel zur Wahrnehmung des Geschäfts verfügt. An den Gesellschafter als Subunternehmer kann der Preis gezahlt werden, der für die erbrachte Leistung marktüblich ist. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird aber regelmäßig nur eine Vergütung akzeptieren, die der GmbH eine Gewinnmöglichkeit aus dem Geschäftsvorfall belässt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die GmbH dem Gesellschafter eine Gewinnchance überlässt.7
1 BFH v. 26.8.1993 – I B 25/93, BFH/NV 1994, 268. 2 BFH v. 19.2.1982 – VI R 31/78, BStBl. II 1982, 467 = FR 1982, 456; v. 13.12.1994 – VIII R 34/93, BStBl. II 1995, 457. 3 R 49 Satz 5 KStR 2006; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 KStG „Strafen“. 4 BFH v. 29.10.1997 – I B 9/97, GmbHR 1998, 750 = BFH/NV 1998, 749; aA FG Nds. v. 25.8.1998 – VI 275/96, EFG 1999, 45 = GmbHR 1998, 1234 (rkr.). 5 GlA Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in H/H/R, § 8 KStG Rz. 278. 6 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647 = DStR 1998, 847. 7 BFH v. 9.7.2003 – I R 100/02, GmbHR 2003, 1497 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 33 = BFH/NV 2003, 1666.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1126–1130 § 8
Tantiemevereinbarungen 1. Anforderungen an Tantiemevereinbarungen a) Form der Vereinbarung mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer Über Leistungsbeziehungen mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer müssen von vornherein – also vor Beginn des Wj., für das die Zahlung geleistet wird – klare und eindeutige Vereinbarungen über Leistung und Entgelt getroffen werden.1 Dies ist Ausfluss des sog. Rückwirkungs- und Nachzahlungsverbots (s. dazu Rz. 267 ff.).
1126
Insbesondere eine Sondervergütung wie die Tantieme, die ja anders als ein Festgehalt für 1127 die Arbeit des gesamten Wj. rückwirkend gezahlt wird, muss so eindeutig geregelt sein, dass ihre Höhe allein durch Rechenvorgänge genau zu ermitteln ist.2 Zumindest muss jedoch die Auslegung der Vereinbarung zweifelsfrei möglich sein.3 Ermessensakte der Gesellschafterversammlung dürfen auf die Höhe der Tantieme keinen Einfluss haben. Das Fehlen einer solchen klaren Vereinbarung ist aber keine unwiderlegbare Vermutung und daher kein eigenes Tatbestandsmerkmal der vGA.4 Erfolgt eine Tantiemevereinbarung mit dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer erst mitten im Jahr und wird die Tantieme ungekürzt für das gesamte erste Jahr gezahlt, so liegt – anteilig – für die bereits abgelaufene Zeit wegen Verstoßes gegen das sog. Nachzahlungsverbot eine vGA vor.5 Eine vertragliche Vereinbarung in Bezug auf den Fälligkeitszeitpunkt der Tantieme ist dagegen nicht erforderlich, weil die Tantieme auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung mit dem Tag der Feststellung des Jahresabschlusses fällig wird.6
1128
Bei Minderheitsgesellschaftern ist eine klare und eindeutige Vereinbarung nach der BFH-Rspr. zwar nicht erforderlich, wird im Schrifttum aber teilweise empfohlen, um keine Zweifel an der betrieblichen Veranlassung aufkommen zu lassen.7
1129
Die Tantiemevereinbarung muss nicht zwingend schriftlich abgefasst werden. Auch eine mündliche Vereinbarung ist steuerlich anzuerkennen. Dies setzt aber voraus, dass sie hinreichend klar und eindeutig ist. Letzteres ist aber nur dann der Fall, wenn ein Außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, dass die Leistungen aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Gesellschafter erbracht werden.8 Bei laufenden Gehaltszahlungen kann eine mündliche Vereinbarung meist einer zeitnahen Verbuchung und Lohnversteuerung entnommen werden. Zu den Besonderheiten bei vertraglich vereinbarter Schriftform s. Rz. 140 ff. Bei Tantiemezahlungen, die nur einmal im Jahr anfallen, kann dagegen erst aus einer mehrjährigen Übung eine klare mündliche Vereinbarung abgeleitet werden und dies auch nur dann, wenn die Beträge nach einer einheitlichen Formel ermittelt, zu festen Zeitpunkten ausgezahlt und in den Büchern der GmbH nachweislich festgehalten werden.9 Es ist erforderlich, dass die klare Vereinbarung objektiv nach außen – für einen fremden Dritten erkennbar – in Erscheinung tritt.10 Durch Passivierung der Tantiemeverpflichtung wird dies aber erst mit der Aufstellung der Bilanz deutlich, sodass in dem Jahr, für das die (mündlich vereinbarte) Tantieme erstmals gezahlt werden soll, noch keine steuerliche Anerkennung möglich sein dürfte.11 Die Beseitigung der objektiven Unklarheit wirkt nur ex-nunc, es sei denn, die Existenz klarer und im Voraus getroffener mündlicher Vereinbarungen kann (zusätzlich) anderweitig nachgewiesen werden.12
1130
1 Vgl. BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121; v. 22.2.1989 – I R 44/85, BStBl. II 1989, 475 = FR 1989, 412 = GmbHR 1989, 307 mwN. 2 BFH v. 30.1.1985 – I R 37/82, BStBl. II 1985, 345 = FR 1985, 331 = GmbHR 1985, 380. 3 BFH v. 24.7.1990 – VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90 = GmbHR 1990, 572. 4 BFH v. 11.2.1997 – I R 43/96, GmbHR 1997, 909. 5 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647. 6 FG München v. 28.9.2009 – 7 K 2374/08, juris (rkr.). 7 Müller-Potthoff/Lippke/Müller, GmbHR 2009, 867; Haun/Stelzer in Ernst & Young, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, Kap. 4 Rz. 8. 8 BFH v. 17.10.1990 – I R 47/87, BFH/NV 1991, 773. 9 BFH v. 25.10.1995 – I R 9/95, BStBl. II 1997, 703 = FR 1996, 220 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 299. 10 BFH v. 4.12.1991 – I R 63/90, BStBl. II 1992, 362 = GmbHR 1992, 389; v. 25.10.1995 – I R 9/95, FR 1996, 220 m. Anm. Pezzer = DStR 1996, 339. 11 BFH v. 4.12.1991 – I R 63/90, BStBl. II 1992, 362 unter Nr. 4 der Gründe = GmbHR 1992, 389. 12 Vgl. BFH v. 27.2.1985 – I R 187/81, BFH/NV 1986, 430; v. 4.12.1991 – I R 63/90, BStBl. II 1992, 362 = GmbHR 1992, 389.
Neumann
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§ 8 Rz. 1131–1136
Ermittlung des Einkommens
b) Eindeutige vertragliche Bemessungsgrundlage 1131
Die Vereinbarung einer Tantieme unterliegt besonderen Anforderungen, weil sie bereits durch die Anknüpfung an den erwirtschafteten Gewinn einer Dividende ähnlicher ist als andere Vergütungsbestandteile. Es muss deshalb (bei beherrschenden und nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern) feststehen, dass die Arbeitsleistung des GesellschafterGeschäftsführers und nicht dessen Gesellschafterstellung für die Bemessung der variablen Vergütung ursächlich ist. Die Tantiemevereinbarung muss sich daher hinsichtlich Form, Inhalt und Höhe am Fremdüblichen messen lassen. Darüber hinaus bedarf es bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern klarer und eindeutiger Vereinbarungen im Voraus. Für nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gilt dies nicht.1
1132
Dennoch hat der BFH anerkannt, dass auch der Inhalt einer Tantiemevereinbarung durch Auslegung oder Beweiserhebung ermittelt werden kann. Fehlt in der Vereinbarung der ausdrückliche Hinweis auf eine einzelne Berechnungskomponente, so kann die Vereinbarung durch Zugrundelegung des im Wirtschaftsleben Üblichen ausgelegt werden.2
1133
Wenn zB unklar ist, ob die Tantieme an den Jahresüberschuss vor oder nach Tantiemeaufwand anknüpft, so ist zu unterstellen, dass die Beteiligten den nicht um Sonderabschreibungen oder sonstige einmalige Vorgänge bereinigten Jahresüberschuss vor Tantieme gemeint haben, denn die Kürzung der Bemessungsgrundlage um die Tantieme erfordert eine komplizierte Insichrechnung und ist deshalb in der Praxis unüblich.3 Bei einer davon abweichenden tatsächlichen Durchführung (Verbuchung und Auszahlung) kann aber – zumindest bei mehrjähriger Übung – davon auszugehen sein, dass die Beteiligten den Jahresüberschuss nach Tantieme als Bemessungsgrundlage vereinbart haben. Ob durch Außenprüfung festgestellte Mehrgewinne einen zusätzlichen Tantiemeanspruch erzeugen, hängt davon ab, ob die Vereinbarung an das nach dem KStG zu versteuernde Einkommen anknüpft.4 Dies gilt nicht im Fall einer Tantiemevereinbarung, die einen „Prozentsatz des Reingewinns vor Abzug der Ertragsteuern“ festlegt.5 Wird als Bemessungsgrundlage der „Gewinn vor Steuern“ vereinbart, so ist im Wege der Auslegung vom handelsrechtlichen Jahresüberschuss unter Berücksichtigung von Verlustvorträgen auszugehen. KSt und GewSt-Aufwand sind abzusetzen.6 c) Berücksichtigung von Verlustvorträgen
1134
Verlustvorträge sind von der Tantiemebemessungsgrundlage abzuziehen, wenn sie unter der Verantwortung (in der Dienstzeit) des tantiemeberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers eingetreten sind. Dies gilt gleichermaßen für beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer. Auf die konkrete Verantwortung in Gestalt eines Verschuldens kommt es nicht an. Die diesbezügliche Rspr. ist als gefestigt anzusehen.7
1135
Nach hier vertretener Ansicht ist es im Grundsatz zutreffend, dass eine Tantieme für den unternehmerischen Gesamterfolg eines Geschäftsführers gezahlt wird. Es sollte aber auch durchaus differenziert werden. Bestehen zB übliche Anlaufverluste (3 bis 5 Jahre nach Gründung), so macht es wohl kaum Sinn, dem Geschäftsführer auch für die Folgejahre, in denen ja gerade die Grundsteine des Unternehmenserfolgs gelegt werden, eine Gewinntantieme zu versagen. Der BFH hält allerdings auch bei Anlaufverlusten eine Minderung der TantiemeBemessungsgrundlage für erforderlich.
1136
Auch wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer in einer Verlustphase sein Amt antritt, dürften ihm unmittelbar nach Amtsantritt entstehende Verluste nicht zuzurechnen sein. Würde einem in einer Verlustphase eintretenden Geschäftsführer eine Tanieme zugesagt, die eine Berücksichtigung von Verlustvorträgen vorsieht, so wäre die Anreizwirkung dahin. So hält auch der BFH es für möglich, dass in besonderen Situationen eine Tantieme zuge1 FG Schl.-Holst. v. 6.12.2007 – 1 K 129/01, juris (Rev. I R 3/08). 2 Vgl. BFH v. 24.3.1999 – I R 20/98, GmbHR 1999, 987. 3 BMF v. 5.1.1998 – IV B 7 - S 2742 - 1/89, BStBl. I 1998, 90; ebenso FG Hess. v. 16.5.2000 – 4 K 4128/97, EFG 2000, 1147 (rkr.). 4 Vgl. FG Köln v. 15.2.2000 – 13 K 6741/98, GmbHR 2000, 581 (rkr.). 5 Vgl. FG Nds. v. 9.11.1999 – 6 K 547/95, GmbHR 2000, 990, (rkr.). 6 BFH v. 25.4.1986 – I R 59/89, BFH/NV 1991, 269; FG Hess. v. 16.5.2000 – 4 K 4128/97, EFG 2000, 1147 = GmbHR 2000, 1160 (rkr.); FG Nürnberg v. 6.6.2000 – I 334/97, EFG 2000, 988 = GmbHR 2000, 988 (rkr.). 7 BFH v. 17.12.2003 – I R 22/03, FR 2004, 882 = GmbHR 2004, 808 = DStR 2004, 906; v. 29.6.2005 – I B 247/04, BFH/NV 2005, 1868; v. 18.9.2007 – I R 73/06, BStBl. II 2008, 314 = GmbHR 2008, 266 m. Anm. Hoffmann = FR 2008, 466 m. Anm. Pezzer; v. 4.5.2011 – I B 93/10, BFH/NV 2011, 1920.
636
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1136–1139 § 8
sagt wird, bei der frühere Jahresfehlbeträge keine Berücksichtigung finden, um eine besondere Anreizwirkung der Tantieme herbeizuführen. Dies sollte immer dann anzunehmen sein, wenn die betrieblichen Grundlagen der Verlustsituation noch unter der Verantwortung des Vor-Geschäftsführers gelegt wurden und eine „180-Grad-Kehrtwende“ nicht kurzfristig möglich erscheint.1 Verluste dürfen bei der Bemessung der Tantieme nicht zunächst mit bestehenden handelsbilanziellen Gewinnvorträgen – also Gewinnen aus der Zeit vor der Verlustphase – verrechnet werden.2 Würde man dies zulassen, so würden sich Verluste uU überhaupt nicht auf die Tantieme auswirken.3 Beispiel: Gewinn 2012 (thesauriert) Verlust 2013 HB-Gewinn 2013 Gewinn 2014
1137
1 000 000 ¤ ./. 1 000 000 ¤ 0¤ 1 000 000 ¤
Lösung:4 Die (steuerlich anzuerkennende) Tantieme-Bemessungsgrundlage beträgt hier 0 Euro. Würde man 1 000 000 Euro als zutreffende Bemessungsgrundlage ansehen, so würde sich der Verlust des Jahres 2013 überhaupt nicht auf die Tantieme auswirken, denn der Gesellschafter-Geschäftsführer hat für das Jahr 2012 eine ungekürzte Tantieme erhalten. Die im Jahr 2013 getroffene Entscheidung zur Gewinnthesaurierung, die ja die Höhe der handelsbilanziellen Gewinnvorträge beeinflusst, kann keinen Einfluss auf die Tantiemebemessungsgrundlage haben, weil es sich nicht um eine unternehmerische Entscheidung des Geschäftsführers, sondern um eine Entscheidung der Gesellschafter handelt. Daher ist die Tantieme-Bemessungsgrundlage für 2014 im Beispielsfall um den Verlust des Jahres 2013 iHv. 1 Mio. Euro zu mindern.
2. Angemessenheit der Tantieme (beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer) a) Angemessenheit der absoluten Höhe nach Die Tantieme kann als Teil der Geschäftsführer-Gesamtausstattung zur Unangemessenheit der gesamten Vergütung führen. Dies gilt gleichermaßen für beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer. Wenn die Tantieme der Höhe nach nicht gedeckelt ist, kann sie durch explosionsartige Gewinnentwicklungen so stark ansteigen, dass die Gesamtausstattung dadurch den üblichen Rahmen überschreitet. Dies ist allerdings nur dann problematisch, wenn die Gesellschaft aus gesellschaftsrechtlichen Gründen entweder eine zivilrechtlich zulässige einseitige Änderung der Tantiemezusage nicht wahrnimmt oder darauf verzichtet hat, sich eine sachgerechte Anpassungsmöglichkeit vorzubehalten.5 Hier könne der Verzicht auf die Anpassungsmöglichkeit bzw. auf deren Wahrnehmung zur Annahme einer vGA führen, wenn die Angemessenheitsobergrenze überschritten wird. Insbesondere in Branchen mit extremen Ertragsschwankungen und hohen Risiken bzw. Chancen ist eine extreme Entwicklung der Tantieme nie auszuschließen und eine unterlassene Deckelung oder unterbliebene Anpassungsregelung tendenziell gesellschaftsrechtlich veranlasst.
1138
b) Angemessener Prozentsatz vom Gewinn Tantiemen an Gesellschafter-Geschäftsführer sind nach dem Beweis des ersten Anscheins gesellschaftsrechtlich veranlasst und damit vGA, soweit sie insgesamt 50 % des Jahresüberschusses vor Tantieme, vor GewSt und vor KSt6 übersteigen.7 Das BMF hat am 1.2.20028 in 1 BFH v. 18.9.2007 – I R 73/06, BStBl. II 2008, 314 unter 3. c) der Gründe = GmbHR 2008, 266 m. Anm. Hoffmann = FR 2008, 466 m. Anm. Pezzer. 2 BFH v. 18.9.2007 – I R 73/06, BStBl. II 2008, 314 = GmbHR 2008, 266 m. Anm. Hoffmann = FR 2008, 466 m. Anm. Pezzer. 3 BFH v. 18.9.2007 – I R 73/06, BStBl. II 2008, 314 = GmbHR 2008, 266 m. Anm. Hoffmann = FR 2008, 466 m. Anm. Pezzer. 4 Vgl. dazu BFH v. 18.9.2007 – I R 73/06, BStBl. II 2008, 314 = GmbHR 2008, 266 m. Anm. Hoffmann = FR 2008, 466 m. Anm. Pezzer. 5 BFH v. 10.7.2002 – I R 37/01, BStBl. II 2003, 418 = FR 2003, 185 = GmbHR 2003, 120; v. 8.11.2000 – I R 70/99, FR 2001, 631 = GmbHR 2001, 396 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2001. 6 Vgl. BMF v. 5.1.1998 – IV B - S 2742 - 1/89, BStBl. I 1998, 90; v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, GmbHR 2002, 291; ebenso BFH v. 4.6.2003 – I R 24/02, FR 2003, 1233 = GmbHR 2003, 1365 m. Anm. Hoffmann = BStBl. II 2004, 136. 7 BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94, BStBl. II 1995, 549 = FR 1995, 383 = GmbHR 1995, 385; v. 12.10.1995 – I R 4/95, GmbHR 1996, 554 = BFH/NV 1996, 437; v. 27.3.2001 – I R 27/99, FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580; v. 27.4.2000 – I R 88/99, GmbHR 2001, 115; v. 4.6.2003 – I R 24/02, GmbHR 2003, 1365 m. Anm. Hoffmann = BStBl. II 2004, 136 = FR 2003, 1233. 8 BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, BStBl. I 2002, 219 = GmbHR 2002, 291.
Neumann
637
1139
§ 8 Rz. 1139–1142
Ermittlung des Einkommens
Auswertung der BFH-Rspr. die Grundsätze zur Angemessenheit von Tantiemen an Gesellschafter-Geschäftsführer zusammengefasst. 1140
Sind mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer tantiemeberechtigt, so bezieht sich die 50 %-Grenze auf die Summe der Tantiemen.1 Die 50 %-Grenze gilt auch für eine personenbezogene Freiberufler-GmbH.2 Es handelt sich um eine vGA der Höhe nach, bei der nur der Teil der Tantieme, der 50 % der Bemessungsgrundlage übersteigt, gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.3 Die Grundsätze gelten auch, wenn der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer ein Minderheitsgesellschafter ist.4 Auch der Umstand, dass der KapGes. nach Tantieme eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals verbleibt, rechtfertigt ein Überschreiten der 50 %-Grenze für sich genommen nicht.5
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Ausnahmen von der 50 %-Begrenzung können im Einzelfall anzuerkennen sein, wenn zB ein besonderer Anreiz in der Aufbauphase des Unternehmens gegeben werden soll und die „überhöhte“ Tantieme zeitlich klar und eindeutig begrenzt wird.6 Auch eine gleichzeitige Begünstigung eines nicht an der GmbH beteiligten Fremdgeschäftsführers kann die Fremdüblichkeit indizieren.7 Ein Sonderfall kann auch vorliegen, wenn die KapGes. von dem persönlichen Arbeitseinsatz des Gesellschafter-Geschäftsführers abhängig ist, wobei der BFH dies auf Sonderfälle beschränkt, in denen sich die Sonderqualifikation des GesellschafterGeschäftsführers nachweisbar in der Ergebnisprognose niederschlägt.8 Nach hier vertretener Ansicht kann sich eine geringfügige Überschreitung der 50 %-Grenze auch rechtfertigen lassen, wenn nur geringe Aufwendungen für Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter getätigt werden und ein außerordentlicher Geschäftserfolg mit sehr hoher Umsatzrendite erreicht wurde.9 c) Verhältnis Festgehalt/Tantieme
1142
Eine weitere Angemessenheitsprüfung, die zu einer vGA der Höhe nach10 führen kann, ist der prozentuale Anteil der Tantiemen an den laufenden Gesamtbezügen. Dies gilt gleichermaßen für beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer.11 Der BFH ging früher von dem (nahezu unwiderlegbaren) Erfahrungssatz aus, dass die Gesamtausstattung maximal zu 25 % aus variablen Vergütungsbestandteilen (Tantieme) und zu 75 % aus Festbezügen zu bestehen habe.12 Die FinVerw. hatte sich der Rspr. des BFH im Grundsatz angeschlossen.13 Der BFH ist aber in späteren Entscheidungen von dieser pauschalierenden Rspr. deutlich abgerückt14 und akzeptierte in Einzelfällen auch einen erheblich höheren Tantiemeanteil.15 Allerdings bezeichnete der BFH das Verhältnis zwischen Festgehalt und Tantieme weiterhin als „tauglichen Maßstab der Angemessenheitsprüfung“. Dies gelte allerdings nur dann, wenn die Gesellschaft keine größeren Ertragsschwankungen aufweist und eine nachvollziehbare Gewinnprognose erstellt wurde oder eine solche ohne
1 BFH v. 27.4.2000 – I R 88/99, GmbHR 2001, 115 unter Nr. 2 der Gründe. 2 BFH v. 1.2.2006 – I B 99/05, BFH/NV 2006, 982. 3 Vgl. BFH v. 15.3.2000 – I R 73/99, GmbHR 2000, 986; v. 15.3.2000 – I R 74/99, BStBl. II 2000, 547 = FR 2000, 1275 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2000, 1158; etwas anderes ist auch dem BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, GmbHR 2002, 291 nicht zu entnehmen (aA offenbar Derlien, DStR 2002, 622). 4 BFH v. 15.3.2000 – I R 74/99, BStBl. II 2000, 547 = FR 2000, 1275 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2000, 1158; aA Müller-Potthoff/Lippke/Müller, GmbHR 2009, 867. 5 BFH v. 15.3.2000 – I R 74/99, BStBl. II 2000, 547 = FR 2000, 1275 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2000, 1158. 6 BFH v. 27.4.2000 – I R 88/99, GmbHR 2001, 115 unter Nr. 4 der Gründe; sowie BFH v. 15.3.2000 – I R 74/99, BStBl. II 2000, 547 = FR 2000, 1275 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2000, 1158. 7 BFH v. 27.4.2000 – I R 88/99, GmbHR 2001, 115 unter Nr. 4 der Gründe. 8 BFH v. 15.3.2000 – I R 74/99, BStBl. II 2000, 547 = FR 2000, 1275 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2000, 1158. 9 FG Berlin v. 26.5.1998 – 8 K 8652/97, EFG 1998, 1664 (nachgehend BFH v. 29.3.2000 – I R 85/98, GmbHR 2000, 983 = BFH/NV 2000, 1247). 10 AA Derlien, DStR 2002, 622. 11 Zutr. Schnitger/Best, GmbHR 2002, 565; aA Müller-Potthoff/Lippke/Müller, GmbHR 2009, 867; Schwedhelm in Streck8, Anh. zu § 8 KStG Rz. 320. 12 BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94, BStBl. II 1995, 549 = FR 1995, 383 = GmbHR 1995, 385; v. 12.10.1995 – I R 4/95, GmbHR 1996, 554 = BFH/NV 1996, 437; v. 19.2.1999 – I B 42/98, BFH/NV 1999, 974. 13 Vgl. BMF v. 5.1.1998 – IV B 7 - S 2742 - 1/98, BStBl. I 1998, 90 = GmbHR 1998, 256; v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, GmbHR 2002, 291. 14 So auch -sch, DStR 2003, 1571. 15 BFH v. 27.2.2003 – I R 80, 81/01, GmbHR 2003, 1071; v. 27.2.2003 – I R 46/01, BStBl. II 2004, 132 = FR 2003, 1020 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2003, 1214 m. Anm. Schröder (89 % Tantiemeanteil); v. 4.6.2003 – I R 24/02, BStBl. II 2004, 136 = FR 2003, 1233 = GmbHR 2003, 1365; v. 19.11.2003 – I R 42/03, GmbHR 2004, 512.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1142–1146 § 8
größere Unwägbarkeiten rekonstruierbar ist. Aber selbst in diesen Fällen könne ein Verstoß gegen das „Regelverhältnis“ 75/25 nur als bloßes Angemessenheitsindiz dienen. Wenn also mit sprunghaften Gewinnentwicklungen gerechnet werden kann, gebe das Verhältnis zwischen Festgehalt und Tantieme für einen Fremdvergleich nichts her. Allerdings müsse die variable Vergütung auf einen Höchstbetrag begrenzt werden (Deckelung). Die frühere OFD Düsseldorf/Köln1 hatte unter Bezugnahme auf die BFH-Rspr. mit Vfg. v. 17.6.2004 geregelt, dass eine Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 nur noch ausnahmsweise ein vGA-Indiz ist, wenn alle nachfolgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind: Es liegen keine größeren Ertragsschwankungen vor (stetige Ertragslage); die Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 ist erheblich (L 50 % Tantiemeanteil); das vGA-Indiz wird durch andere „Verstöße“ erhärtet (zB mangelhafte Durchführung); die Tantieme ist der Höhe nach nicht gedeckelt und es wurde eine Gewinnprognose erstellt oder eine solche ist rekonstruierbar.
1143
Dagegen liege in der Abweichung vom Regelverhältnis 75/25 kein vGA-Indiz, wenn eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt sei: Zu erwartende sprunghafte Gewinnentwicklung; starke Ertragsschwankungen; keine rekonstruierbare Gewinnprognose; Deckelung der Tantieme auf einen Höchstbetrag und Nichtvorliegen anderer vGA-Indizien durch andere „Verstöße“ (zB mangelhafte Durchführung).
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Nach dieser Verwaltungsanweisung sind Abweichungen von dem Regelverhältnis 75/25 nur noch dann steuerlich problematisch, wenn die KapGes. eine relativ stetige Ertragslage hat und eine Gewinnprognose vorliegt. Aber auch in solchen Fällen muss zum einen eine Deckelung fehlen und die Abweichung von dem Verhältnis 75/25 erheblich sein. Zum anderen müssen wohl weitere Indizien hinzukommen, die für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Gehaltsvereinbarung sprechen (zB Mängel in der tatsächlichen Durchführung oder andere unübliche Zusatzvergütungen).
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3. Unüblichkeit der Tantiemevereinbarung a) Nur-Tantiemen Erhält der Gesellschafter-Geschäftsführer eine Tantieme als ausschließliche Vergütung, so liegt eine im Wirtschaftsleben unüblich Vergütungsform vor, die nach Auffassung des BFH in aller Regel dem Grunde nach gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Dies deshalb, weil ein fremder Geschäftsführer das Risiko, in Verlustjahren kein Gehalt zu beziehen, nicht eingehen würde.2 Der BFH bezieht also den Gesellschafter-Geschäftsführer als Vertragspartner der Gesellschafter in die Fremdüblichkeitsüberlegungen mit ein. Die Grundsätze gelten nicht nur für beherrschende Gesellschafter, sondern im Allgemeinen auch für Minderheitsgesellschafter.3 Eine Nur-Tantieme könnte ausnahmsweise steuerlich unbedenklich sein, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer von anderen Gesellschaften, für die er ebenfalls tätig ist, existenzsichernde Festbezüge erhält, denn in diesem Fall hält die Nur-Tantieme zumindest aus Gesellschaftersicht einem Fremdvergleich stand.4 Die FinVerw. teilt diese Auffassung allerdings nicht.5 Zwar liegt in der Nur-Tantieme zugleich ein Verstoß gegen die 75/25-Relation von Festgehalt und Tantieme.6 Diese vGA der Höhe nach (Unangemessenheit) wird allerdings überlagert durch die vGA dem Grunde nach.7 Auch die FinVerw. sieht in einer Nur-Tantieme eine vGA dem Grunde nach, also in voller Höhe und nicht nur zu 75 %.8
1 OFD Düsseldorf/Köln v. 17.6.2004 – S 2742 A - St 13, S 2742 - 88 - St 131 - K, DStR 2004, 1386. 2 Vgl. BFH v. 18.3.2002 – I B 156/01, GmbHR 2002, 793 = BFH/NV 2002, 1178; v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580. 3 Kritisch hierzu Schnittker/Best, GmbHR 2002, 565. 4 FG Münster v. 10.2.2003 – 9 K 468/01 K, F, GmbHR 2003, 909 = EFG 2003, 802 (rkr.); ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1269; Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in H/H/R, § 8 KStG Rz. 293; aA Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 478. 5 BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, BStBl. I 2002, 219 Tz. 3. 6 BFH v. 26.1.1999 – I B 119/98, BStBl. II 1999, 241 = FR 1999, 381 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 415; v. 18.3.2002 – I B 156/01, GmbHR 2002, 793 = BFH/NV 2002, 1178; v. 27.3.2001 – I R 27/99, BStBl. II 2002, 111 = FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 580 m. Anm. Schröder; so auch Gosch2, § 8 KStG Anm. 1271. 7 BFH v. 27.3.2001 – I R 27/99, FR 2001, 784 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 189; H. Neu, EFG 2003, 803, Gosch2, § 8 KStG Rz. 271. 8 BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, BStBl. I. 2002, 219; s. dazu auch H. Neu, EFG 2003, 803; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1271; Oppenländer, Verdeckte Gewinnausschüttung, 2004, 177.
Neumann
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§ 8 Rz. 1147–1149 1147
Ermittlung des Einkommens
Anzuerkennende Ausnahmesituationen,1 in denen eine Nur-Tantieme steuerlich akzeptiert wird, sind zum einen die Gründungsphase der Gesellschaft, vorübergehende wirtschaftliche Schwierigkeiten und stark risikobehaftete Geschäftszweige.2 Liegt ein Ausnahmefall im vorstehenden Sinne vor, so ist eine steuerliche Anerkennung der Nur-Tantieme nur möglich, wenn eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung auf die Anlaufphase oder Krise vereinbart wird3 und in Branchen mit starken Ertragsschwankungen zusätzlich eine Begrenzung der Höhe nach erfolgt.4 b) Rohgewinntantiemen
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Nach dem Rohgewinn bemessene Tantiemen können wie Umsatztantiemen oder wie Gewinntantiemen zu behandeln sein. Sie sind immer dann wie Umsatztantiemen zu behandeln, wenn der Wareneinsatz gering und die Rohgewinnspanne hoch ist, der Rohgewinn also dem Umsatz näher ist als dem Reingewinn.5 Letztlich kommt es also darauf an, ob die Rohgewinntantieme eher der Umsatztantieme oder der Gewinntantieme ähnelt.6 Die in dem BMF-Schreiben v. 1.2.20027 unter der dortigen Ziff. 4 enthaltenen restriktiveren Aussagen berühren die als variable Nebenvergütung gezahlte Rohgewinntantieme nicht. Sie gelten ausschließlich für die sog. Nur-Rohgewinntantieme. Beispiel: Die A-Handels-GmbH vereinbart mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine nach dem Rohgewinn bemessene Tantieme. Im Zeitpunkt der Vereinbarung ergibt sich folgende Prognose in Bezug auf die Gewinn- und Verlustrechnung: Die Gesellschaft erzielt voraussichtlich einen Jahresumsatz von 1 000 000 Euro. Bei einem Wareneinsatz von nur 300 000 Euro ergibt sich ein Rohgewinn 700 000 Euro. Nach Abzug sonstiger Kosten von 600 000 Euro (hohe Lagermiete) wird ein Reingewinn iHv. 100 000 Euro erzielt. Lösung: Eine Rohgewinntantieme wäre in dem oa. Beispiel nach den gleichen Grundsätzen zu behandeln wie eine Umsatztantieme und führt daher regelmäßig zu einer vGA, weil hier der Rohgewinn näher am Umsatz liegt als am Reingewinn. Abwandlung: Im Zeitpunkt der Vereinbarung prognostizieren die Beteiligten für die Zukunft folgende Durchschnittswerte: Umsatz 1 000 000 Euro, Wareneinsatz 800 000 Euro, Rohgewinn 200 000 Euro, Kosten 100 000 Euro und einen Reingewinn iHv. 100 000 Euro. Lösung: Die Rohgewinntantieme ist in der Abwandlung nach gleichen Grundsätzen zu behandeln wie eine Reingewinntantieme und daher grds. steuerlich anzuerkennen.
c) Umsatztantiemen 1149
Umsatztantiemen an beherrschende und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs und sonstige leitende Angestellte, die Gesellschafter sind oder einem beherrschenden Gesellschafter nahestehen,8 werden nur in absoluten Ausnahmefällen steuerlich anerkannt. Dies entspricht der hM9 und der ständigen Rspr. des BFH.10 Grund dafür ist der Umstand, dass eine solche Tantieme tendenziell geeignet ist, Gewinne (und ggf. sogar die Substanz) der Gesellschaft abzusaugen. Sie sind deshalb als vGA zu behandeln, und zwar selbst dann, wenn die Tantiemen nur für die vom Geschäftsführer selbst abgeschlossenen Geschäfte (als Vermittlungsprovisionen) geleistet werden.11 Etwas anderes gilt nach hier vertretener Ansicht in Ausnahmefällen für einen angestellten Gesellschafter, der nicht 1 2 3 4 5
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S. OFD Düsseldorf/Köln v. 17.6.2004 – S 2742 A - St 13/S 2742 - 88 - St 131 K, DStR 2004, 1386. BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, BStBl. I 2002, 219 Ziff. 3 Satz 3. BFH v. 18.3.2002 – I B 156/01, GmbHR 2002, 793. BFH v. 18.3.2002 – I B 156/01, GmbHR 2002, 793. BFH v. 26.1.1999 – I B 119/98, BStBl. II 1999, 241 = FR 1999, 381 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 415; v. 10.11.1998 – I R 33/98, BStBl. II 1999, 199; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1274; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Tantiemen“; aA Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 545„Tantieme“. GlA Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 483. BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, BStBl. I 2002, 219. BFH v. 9.7.2007 – I B 123/06, BFH/NV 2007, 2148; glA, aber mit Einschränkungen BFH v. 6.4.2005 – I R 10/04, GmbHR 2005, 1442 = BFH/NV 2005, 2058. Ditges/Graß, BB 1996, 509; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1273; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 498 ff.; Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG „Umsatztantieme“; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 473; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 545 „Tantieme“; kritisch Schwedhelm in Streck8, Anh. zu § 8 KStG Rz. 312. BFH v. 19.5.1993 – I R 83/92, GmbHR 1994, 265 = BFH/NV 1994, 124; v. 20.9.1995 – I R 130/94, GmbHR 1996, 301; v. 30.8.1995 – I B 114/94, GmbHR 1996, 302 = BFH/NV 1996, 265; v. 1.4.1996 – I B 76/95, juris; v. 12.10.2010 – I B 70/10, BFH/NV 2011, 301; v. 28.6.2006 – I R 108/05, GmbHR 2006, 1339; v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598 = GmbHR 1989, 475. BFH v. 12.10.2010 – I B 70/10, BFH/NV 2011, 301; v. 28.6.2006 – I R 108/05, GmbHR 2006, 1339.
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Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1149–1151 § 8
Geschäftsführer, sondern leitender Mitarbeiter des Vertriebs ist oder aber als einer von mehreren Geschäftsführern ausschließlich den Vertrieb verantwortlich leitet (s. auch Rz. 1150). Eine Fremdüblichkeit ist nur dann anzunehmen, wenn die GmbH darlegen kann, weshalb die angestrebten Unternehmensziele mit einer gewinnabhängigen Vergütung nicht zu erreichen sind.1 Hierzu genügt nicht, dass die Umsatzabhängigkeit der Vergütung branchenüblich ist.2 Die Branchenüblichkeit kann allerdings ein Beweisanzeichen für eine betriebliche Veranlassung sein. Auch in Branchen, in denen eine unmittelbare Abhängigkeit zwischen Umsatz und Gewinn besteht (zB Makler-GmbH), muss die Umsatztantieme zeitlich und betragsmäßig begrenzt werden.3 Die Grundsätze gelten auch für Minderheitsgesellschafter.4 Eine ausnahmsweise Anerkennung ist aber bei Vorliegen besonderer Gründe denkbar.5 Voraussetzung ist zum einen, dass eine Gewinntantieme aus unternehmerischer Sicht nicht zum Erfolg führt.6 Die Begründung hierfür ist von der GmbH darzulegen.7 Ein Kriterium ist zunächst, dass die Gefahr einer Gewinnabsaugung im konkreten Fall nicht besteht. Umsatztantiemen sind in erster Linie während einer Aufbau- oder Umstellungsphase denkbar.8 Bei Vertragsabschluss muss sichergestellt werden, dass die Zahlung der umsatzabhängigen Vergütung auf die Aufbauphase beschränkt bleibt (zeitliche Begrenzung).9 Hierzu reicht es nicht aus, dass der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag bereits kurze Zeit nach Abschluss kündbar ist.10 Die Umsatztantieme muss neben der zeitlichen (zB auf eine 2- bis 3-jährige Anlaufphase) auch eine höhenmäßige Begrenzung enthalten.11 Es bedarf einer besonderen Risikobegrenzung für Verlustjahre.12 Eine Umsatztantieme darf grds. nur an Geschäftsführer gezahlt werden, die ausschließlich für den Vertrieb (allein-)verantwortlich sind. Gesamtgeschäftsführer sollen in erster Linie Gewinntantiemen erhalten.13 Nach Ansicht des FG Berlin-Brandenburg ist eine nicht gedeckelte Umsatztantieme dann keine vGA, wenn im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände eine Gewinnabsaugung ausgeschlossen ist.14
1150
d) Tantiemen im Verhältnis der Beteiligungsquoten Unter fremden Dritten werden Sondervergütungen für den Arbeitseinsatz des Geschäftsführers bezahlt. Tantiemen, die im Verhältnis der Beteiligungsquoten aufgeteilt werden, sind unabhängig von den Funktionen und der Höhe der Festgehälter der Geschäftsführer vGA,15 weil vermutet werden kann, dass der (anteilige) Arbeitseinsatz nicht exakt mit der Beteiligungsquote übereinstimmt.16 Bei zwei zu je 50 % an der GmbH beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern gilt die oa. Vermutung natürlich nicht, weil es nicht unüblich ist, dass zwei alleinverantwortliche Geschäftsführer exakt gleiche Vergütungen erhalten. Weichen die Festgehälter von zwei zu je 50 % beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern wegen unterschiedlicher Verantwortungsbereiche allerdings stark voneinander ab, so muss dieser 1 BFH v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598 = GmbHR 1989, 475. 2 BFH v. 19.5.1993 – I R 83/92, GmbHR 1994, 265 = BFH/NV 1994, 124; v. 20.9.1995 – I R 130/94, GmbHR 1996, 301; v. 30.8.1995 – I B 114/94, GmbHR 1996, 302 = BFH/NV 1996, 265; v. 1.4.1996 – I B 76/95, juris; der Hinweis in H 39 KStH 2008 ist in diesem Punkt missverständlich, weil er zu der Annahme verleitet, im Falle der Branchenüblichkeit sei eine betriebliche Veranlassung stets gegeben. 3 FG München v. 27.4.2001 – 6 K 810/98, EFG 2001, 1235 (rkr.). 4 BFH v. 19.2.1999 – I R 105–107/97, BStBl. II 1999, 321 = FR 1999, 601 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1999, 484. 5 Ammelung, INF 1995, 332; Schlagheck, StBp 1997, 152. 6 BFH v. 4.3.2009 – I R 45/08, GmbHR 2010, 105 = BFH/NV 2010, 244. 7 BFH v. 28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = FR 1989, 598 = GmbHR 1989, 475; v. 6.4.2005 – I R 10/04, GmbHR 2005, 1442 = BFH/NV 2005, 2058. 8 BFH v. 4.3.2009 – I R 45/08, GmbHR 2010, 105 = BFH/NV 2010, 244; FG München v. 22.10.2007 – 7 K 4673/05, EFG 2008, 321 (rkr.). 9 BFH v. 4.3.2009 – I R 45/08, GmbHR 2010, 105 = BFH/NV 2010, 244; v. 2.4.2008 – I B 208/07, ZSteu 2008, R601. 10 FG Köln v. 14.9.2000 – 13 K 3037/00, EFG 2001, 309 = GmbHR 2001, 306 (rkr.). 11 H 39 KStH 2008 „Umsatztantieme“ unter Hinweis auf BFH v. 19.2.1999 – I R 105–107/97, GmbHR 1999, 485 (bei zeitlicher und höhenmäßiger Begrenzung kann nach dieser Entscheidung auch ein Alleingeschäftsführer eine Umsatztantieme erhalten); BFH v. 9.7.2007 – I B 123/06, BFH/NV 2007, 2148. 12 FG Köln v. 18.4.1996 – 13 K 6383/93, GmbHR 1998, 250 = EFG 1998, 136 und nachfolgend BFH v. 9.9.1998 – I R 104/97, GmbHR 1999, 486 = BFH/NV 1999, 519. 13 BFH v. 19.5.1993 – I R 83/92, GmbHR 1994, 265 = BFH/NV 1994, 124; einschränkend BFH v. 19.2.1999 – I R 105–107/97, GmbHR 1999, 485. 14 FG Berlin-Bdb. v. 8.4.2014 – 6 K 6216/12, EFG 2014, 1332 (rkr.); s. dazu Bruschke, DStZ 2014, 856. 15 BFH v. 11.12.1985 – BFH/NV 1986, 637 unter 1. d) und e) der Gründe; v. 30.7.1997 – I R 65/96, BStBl. II 1998, 402 = GmbHR 1998, 47 = FR 1998, 161. 16 GlA Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in H/H/R, § 8 KStG Rz. 278.
Neumann
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§ 8 Rz. 1151–1155
Ermittlung des Einkommens
abweichenden Entlohnung auch bei Vereinbarung einer Sondervergütung Rechnung getragen werden. Mit anderen Worten: Wenn einer von zwei Geschäftsführeren wegen eines größeren Verantwortungsbereichs ein deutlich höheres Festgehalt erhält als der andere Geschäftsführer, so dürfte eine Verteilung der Gewinntantiemen im Verhältnis 50:50 eher unüblich sein. e) Mindesttantiemen 1152
In der Praxis werden häufig sog. „Mindesttantiemen“ bzw. „Festtantiemen“ vereinbart, die unabhängig vom Unternehmenserfolg für den Fall eines Verlusts oder eines geringeren Gewinns der Gesellschaft zu zahlen sind. Sie kommen einem Festgehalt gleich und unterliegen keinen steuerlichen Einschränkungen, da sie letztlich erfolgsunabhängig sind.1 Gleiches gilt auch dann, wenn eine feste Zusatzvergütung gewährt wird, sobald ein Mindestumsatz oder ein Mindestgewinn erzielt wird. Diese Vergütungen sind berechenbar und unterliegen nicht der Gefahr einer Gewinnabsaugung. Sie sind daher nur im Hinblick auf ihre Angemessenheit zu überprüfen.2 4. Tatsächliche Durchführung bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern
1153
Bei Tantiemevereinbarungen mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist zusätzlich ein formaler Aspekt, nämlich das sog. Durchführungsgebot zu beachten. Auch wenn die Tantieme angemessen, im Voraus klar, eindeutig und zivilrechtlich wirksam vereinbart wurde, können vGA anzunehmen sein, wenn die mangelhafte Durchführung des Vereinbarten indiziell auf eine mangelnde Ernstlichkeit und damit eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung des Vergütungsbestandteils hindeutet (s. dazu im Einzelnen Rz. 301 ff.). Zu den Rechtsfolgen eines insgesamt nicht vollzogenen Tantiemevertrages s. Rz. 314.
1154
Auch Tantiemen an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer können nach diesen Grundsätzen vGA darstellen, wenn sie nicht den Vereinbarungen entsprechend ausbezahlt werden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn das Fehlen der tatsächlichen Durchführung darauf schließen lässt, dass die getroffene Vereinbarung lediglich die Unentgeltlichkeit der Leistung verstecken soll.3 Die nicht zeitgerechte Auszahlung ist allerdings immer nur ein Indiz für eine nicht ernsthafte Vereinbarung.4 Eine zeitgerechte Schuldnovation5 reicht grds. ebenso aus wie die zeitgerechte Erfüllung durch eine ausdrückliche Aufrechnungserklärung6 bzw. eine Verbuchung auf einem Verrechnungskonto (s. dazu aber Rz. 302). Nicht ausreichend ist eine einfache Stundung (s. Rz. 304), die nur in der Krise gerechtfertigt sein kann.7
1155
Während monatliche laufende Gehaltszahlungen pünktlich ausbezahlt und verbucht werden müssen,8 kommt es bei einer nicht pünktlich ausgezahlten Tantieme nach hier vertretener Ansicht entscheidend auf die Dauer der Fristüberschreitung an.9 Nach Auffassungen des BFH10 und der FinVerw.11 ist die Rspr. zur Anerkennung von Ehegattenverträgen12 auf den Bereich verdeckter Gewinnausschüttungen an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht uneingeschränkt übertragbar.13 Die Frage, welche konkrete Fristüberschreitung noch toleriert werden kann, muss einzelfallabhängig geprüft werden.
1 BFH v. 2.12.1992 – I R 54/91, BStBl. II 1993, 311 = GmbHR 1993, 232 = FR 1993, 238; zur grundsätzlichen Üblichkeit vgl. BFH v. 10.6.1993 – I B 66–68/93, BFH/NV 1994, 660; v. 13.3.2006 – I R 72/05, BFH/NV 2006, 1711; vgl. auch Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG nF Rz. 489. 2 Zutr. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 477; Schwedhelm in Streck8, Anh. zu § 8 KStG Rz. 313. 3 BFH v. 1.7.2000 – I R 36/02, GmbHR 2004, 136 = BFH/NV 2004, 88. 4 BFH v. 28.7.1998 – I B 54/93, GmbHR 1994, 416 = BFH/NV 1994, 345. 5 BFH v. 20.7.1988 – I R 136/84, BFH/NV 1990, 64; v. 25.6.1991 – XI R 30–31/89, BStBl. II 1991, 842 = FR 1991, 659; v. 13.11.1996 – I R 53/95, GmbHR 1997, 414 m. Anm. Gosch = BFH/NV 1997, 622. 6 BFH v. 21.3.2001 – I B 31/00, GmbHR 2001, 678 = BFH/NV 2001, 1149. 7 FG München v. 2.6.2008 – 6 V 523/08, EFG 2009, 38 (rkr.). 8 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Tantieme“. 9 BFH v. 28.7.1993 – I B 54/93, GmbHR 1994, 416 = BFH/NV 1994, 345. 10 BFH v. 28.10.1987 – I R 22/84, BFH/NV 1989, 131; v. 28.7.1993 – I B 54/93, GmbHR 1994, 416 = BFH/NV 1994, 345. 11 FinMin Bdb. v. 22.8.1994 – 34 - S 2144 - 3/94, GmbHR 1994, 903. 12 ZB BFH v. 11.10.1989 – I R 161/85, BFH/NV 1990, 364 (Fristüberschreitung um durchschnittlich drei Jahre); FG Köln v. 15.12.1987 – 2 K 213/86, 2 K 320/86, EFG 1988, 288 (rkr.) (Fristüberschreitung um ein bis zwei Monate?). 13 Kritisch hierzu Pezzer, FR 1996, 106 unter Nr. 2 seiner Anm. zu BFH v. 12.10.1995 – I R 27/95, FR 1996, 104; Neumann, GmbHR 1996, 424 unter III. 2. b).
642
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1155–1159 § 8
Frotscher1 und Lang2 gehen davon aus, dass eine Zahlung innerhalb von zwölf Monaten nach Fälligkeit genügt. Die Verwaltungspraxis zieht die Grenze ebenfalls bei ca. sechs bis zwölf Monaten. Eine solche Fristüberschreitung kann uE aber nur dann eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung indizieren, wenn sie mehrfach hintereinander vorkommt, also schon im Vorjahr eine deutlich verspätete Zahlung erfolgt ist. Eine einmalige Fristüberschreitung deutet dagegen nach hier vertretener Ansicht idR noch nicht auf eine fehlende Ernstlichkeit hin, wenn keine weiteren Mängel hinzutreten. Kurzfristige Auszahlungsverzögerungen dürften dagegen unschädlich sein, wenn die Tantieme ordnungsgemäß verbucht und als Gehaltsschuld passiviert wird,3 Lohnsteuern und ggf. Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt werden4 und in der Vergangenheit nicht auf Tantiemeforderungen verzichtet wurde. Letztlich ist die Frage, ob ein Durchführungsmangel eine mangelnde Ernsthaftigkeit der Vereinbarung und damit eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung indiziert, immer eine Würdigung des Einzelfalls und einer pauschalen Beurteilung kaum zugänglich.5 Zu den Sonderfällen (betrieblichen Gründen), in denen eine verspätete Zahlung keine vGA auslöst, s. ausführlich Rz. 301 ff.
1156
Hängt die Fälligkeit der Tantieme von der Feststellung des Jahresabschlusses ab und wird die Bilanz verspätet aufgestellt, so indiziert eine dadurch bedingte verspätete Tantiemeauszahlung keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung.6 Etwas anderes gilt nach hier vertretener Ansicht aber dann, wenn die Tantieme nur deshalb zu spät ausgezahlt wird, weil die (rechtzeitig aufgestellte) Bilanz zu spät festgestellt wurde, denn die Bilanzfeststellung beruht (nur) auf einem Gesellschafterbeschluss. Ein verspäteter Gesellschafterbeschluss kann Mängel in der Durchführung einer Vereinbarung nicht rechtfertigen.
1157
Eine teilweise Durchführung ist (anders als bei laufenden Gehaltszahlungen, s. dazu Rz. 310 ff.) insgesamt problematisch, wenn der Durchführungsmangel mehrfach auftritt. Wird die Tantieme teilweise ausgezahlt und der Restbetrag passiviert bzw. wird hierauf später ohne betrieblichen Grund verzichtet, so ist uE auch der ausgezahlte Teilbetrag als vGA anzusehen. Das BFH-Urt. v. 28.11.20017 steht dem nicht entgegen, weil ein einziger fälliger Betrag nicht aufgeteilt werden kann. Wenn dagegen in Krisenzeiten wegen finanzieller Schwierigkeiten auf einen Teilbetrag vor Fälligkeit verzichtet wird, so steht dies der steuerlichen Anerkennung des ausgezahlten Betrags nicht entgegen.8
1158
5. Vorauszahlungen auf Tantiemen Sollen auf eine mögliche Jahresgewinntantieme Vorauszahlungen geleistet werden, so ist es erforderlich, eine fremdübliche Verzinsung zu vereinbaren. Nach der Rspr. des BFH liegt eine vGA in dem Zinsnachteil, den die GmbH durch die vorzeitige Auszahlung erleidet, wenn sie auf eine angemessene Verzinsung verzichtet. Der Grund liegt darin, dass der Tantiemeanspruch erst mit Ende des Geschäftsjahres entsteht und frühestens mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig wird.9 Nach Auffassung des BFH10 ist bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern zwar zusätzlich eine klare und eindeutige Vereinbarung der Tantiemevorauszahlung erforderlich. Ob aber eine vGA trotz fehlender Verzinslichkeit nicht anzunehmen ist, wenn solche klaren und eindeutigen Vorabvereinbarungen vorliegen, ließ der BFH offen. Nach hier vertretener Ansicht macht es in Bezug auf die Höhe der anzunehmenden vGA keinen Unterschied, ob die unverzinsliche Abschlagszahlung klar und eindeutig im Voraus (also im Anstellungsvertrag) vereinbart wurde oder nicht. Die nicht im Voraus ver1 Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Tantieme“. 2 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 511. 3 Der BFH (v. 2.5.1974 – I R 194/72, BStBl. II 1974, 585 = GmbHR 1974, 219) fordert eine ordnungsmäßige Passivierung selbst dann, wenn hierdurch eine Überschuldung eintritt und dies zum Insolvenzantrag zwingt. 4 BFH v. 24.1.1990 – I R 157/86, BStBl. II 1990, 645 = GmbHR 1990, 412; die Pflicht zum Lohnsteuerabzug entsteht mit dem Zufluss. Dieser wird bei beherrschenden Gesellschaftern bereits im Fälligkeitszeitpunkt fingiert, wenn die GmbH nicht zahlungsunfähig war (vgl. BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BStBl. II 1984, 480 = FR 1984, 401). 5 FG Köln v. 28.4.2014 – 10 K 564/13, EFG 2014, 1610 (rkr.). 6 BFH v. 15.10.1997 – I R 19/97, GmbHR 1998, 546 = BFH/NV 1998, 746. 7 BFH v. 28.11.2001 – I R 44/00, GmbHR 2002, 272 = BFH/NV 2002, 543. 8 BFH v. 29.6.1994 – I R 11/94, GmbHR 1994, 893 = FR 1994, 832 = BSTBl. II 1994, 952; ebenso Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 511. 9 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647. 10 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647; v. 22.10.2003 – I R 36/03, FR 2004, 462 = GmbHR 2004, 369.
Neumann
643
1159
§ 8 Rz. 1159–1164
Ermittlung des Einkommens
einbarte Vorschusszahlung selbst ist uE auch bei beherrschenden Gesellschaftern keine vGA, weil in der (ausdrücklich als solche bezeichneten) Vorschusszahlung ein (hinreichend eindeutig vereinbartes) Darlehen zu sehen ist, das seiner Art nach im Zeitpunkt der Fälligkeit der Tantieme getilgt bzw. verrechnet werden muss.1 Dies reicht als Vorabvereinbarung aus, wenn die Tantiemevereinbarung selbst dem Grunde und der Höhe nach klar und eindeutig ist. Der Vermögensnachteil der GmbH besteht ausschließlich in dem entstandenen Zinsverlust. Wenn allerdings eine vGA gänzlich vermieden werden und deshalb eine angemessene Verzinsung erfolgen soll, so ist es bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern erforderlich, die Abschlagszahlungen und die Höhe der Verzinsung klar und eindeutig im Voraus zu vereinbaren. 6. Zufluss einer Tantieme 1160
Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat die Tantieme grds. im Jahr des tatsächlichen Zuflusses zu versteuern. Dieser Zeitpunkt ist bei nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern regelmäßig mit dem Abflusszeitpunkt bei der GmbH (Zahlung, Verrechnung, Novation) identisch. Die Tantiemen gelten demnach als dem Geschäftsführer zugeflossen, sobald dieser darüber wirtschaftlich verfügen kann.2
1161
Etwas anderes gilt aber für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer. Nach ständiger Rspr. des BFH gelten Beträge, die eine KapGes. ihrem beherrschenden Gesellschafter schuldet, bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit als zugeflossen und nicht erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters.3 Grund für diese Sichtweise ist der Umstand, dass ein beherrschender Gesellschafter es regelmäßig in der Hand hat, sich die geschuldeten Beträge pünktlich auszahlen zu lassen. Diese Rspr. bezieht sich nicht nur auf vGA, sondern ebenso auf sonstige dem Gesellschafter geschuldete Beträge, wie zB Tantiemen.4 Diese werden, wenn nichts anderes vereinbart wird, mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig. Bei abweichender Fälligkeitsabrede ist auf den vereinbarten Zeitpunkt abzustellen.5 Unterlässt der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer es, die Auszahlung zum Fälligkeitszeitpunkt anzuordnen, so lässt er die nicht abgerufenen Zahlungen bei der Gesellschaft „stehen“, was einer darlehensweisen Rücküberlassung gleichkommt.
1162
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gesellschaft illiquide ist und objektive Umstände einer Zahlung entgegenstehen. Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten reichen hier allerdings nicht aus. Der BFH stellt vielmehr darauf ab, ob die KapGes. zahlungsunfähig ist, und verneint dies, solange ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gestellt wurde.6
1163
Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf die entstandene Tantieme in einer Krisensituation bereits vor Fälligkeit verzichtet, so legt er den geschuldeten Betrag mit seinem werthaltigen Teil verdeckt in die KapGes. ein und erzielt in dieser Höhe Arbeitslohn. Ist die Forderung nicht mehr werthaltig, weil die Gesellschaft sie bei Fälligkeit voraussichtlich nicht erfüllen kann, so beläuft sich der stpfl. Lohnzufluss ggf. sogar auf 0 Euro. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer dagegen erst nach dem Fälligkeitszeitpunkt (Tag der Bilanzfeststellung oder späterer im Anstellungsvertrag bestimmter Tag)7 auf seinen Tantiemeanspruch verzichtet, so geht der BFH8 nach den oa. Grundsätzen – ungeachtet des späteren Verzichts – von einem fiktiven Lohnzufluss im Fälligkeitszeitpunkt aus. Eine Werthaltigkeitsprüfung erfolgt dabei offenbar nicht. Dies bedeutet, dass ein „Stehenlassen“ über den Fälligkeitstag hinaus in Krisensituationen im Zweifel eine höhere Lohnbesteuerung zur Folge hat als ein Verzicht auf die nur noch teilweise werthaltigen Ansprüche.
1164
In Sonderfällen ist aber auch bei noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit ein Zufluss bei Fälligkeit zu verneinen. Dies ist zB dann der Fall, wenn der KapGes. ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, weil die Vergütung an den Gesellschafter beispielsweise nur 1 AA offenbar Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 508. 2 Auszahlung, Gutschrift, Novation oder Aufrechnung; s. dazu BFH v. 8.10.1991 – VIII R 48/88, BStBl. II 1992, 174 = FR 1992, 108. 3 Vgl. BFH v. 22.5.1973 – VIII R 97/70, BStBl. II 1973, 815; v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, FR 1984, 401 = BStBl. II 1984, 480; v. 8.5.2007 – VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249; v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597. 4 BFH v. 22.5.1973 – VIII R 97/70, BStBl. II 1973, 815; kritisch Bergkämper, FR 2011, 578, in seiner Anm. zu BFH v. 16.12.2010 – VI R 27/10, BStBl. II 2012, 288. 5 BFH v. 3.2.2011 – VI R 66/09, GmbHR 2011, 599 = FR 2011, 820 = BFH/NV 2011, 1057. 6 BFH v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597. 7 BFH v. 3.2.2011 – VI R 66/09, GmbHR 2011, 599 = FR 2011, 820 = BFH/NV 2011, 1057. 8 BFH v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597.
644
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1164–1168 § 8
unter Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot (§ 30 GmbHG) ausgezahlt werden konnte.1 Gleiches dürfte auch dann gelten, wenn die Auszahlung der Vergütung im konkreten Einzelfall eine anfechtbare Rechtshandlung darstellt. Ein Zufluss kann auch dann nicht angenommen werden, wenn die Gesellschaft die Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach bestreitet.2 Der VI. Senat des BFH hat allerdings entschieden, dass Gehaltsbestandteile des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers von der Zuflussfiktion nur dann erfasst würden, wenn sie sich bei der Ermittlung des Einkommens ausgewirkt hätten.3 Würde man diese Rspr. auf vGA übertragen, dann liefe die Zuflussfiktion für beherrschende Gesellschafter bei Vergütungen, die vGA darstellen, gänzlich ins Leere, weil sich vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ja gerade nicht auf das Einkommen auswirken. Dem ist nicht zu folgen.
1165
7. Verzicht auf Tantiemen Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf seinen Tantiemeanspruch und damit auf die 1166 Erfüllung der Gehaltsforderung verzichtet (Erlassvertrag oder Schuldaufhebungsvertrag), so verfügt er damit über seinen Anspruch, den er sodann wieder in die KapGes. verdeckt einlegt.4 Der lohnsteuerpflichtige Zufluss und die nachfolgende vE beschränken sich allerdings auf den TW der Forderung im Zeitpunkt des Verzichts. Wird der Schulderlass in einer wirtschaftlichen Krisensituation ausgesprochen, so beträgt der TW häufig 0 Euro.5 In diesem Falle muss die Verbindlichkeit oder Rückstellung bei der KapGes. erfolgswirksam ausgebucht werden. Zur Bewertung des Verzichts aufseiten der GmbH stellt der Große Senat des BFH6 auf den Betrag ab, den der Betriebsinhaber (die GmbH) für den Erwerb der Forderung oder für die Herbeiführung des Verzichts hätte aufwenden müssen. Dies ist der Wert, den der Gesellschafter-Gläubiger bei Vollabwicklung der Gesellschaft noch erzielen würde.7 Wenn die Gesellschafterforderung im Insolvenzverfahren erst nachrangig bedient werden kann, so ist dies wertmindernd zu berücksichtigen. Fraglich ist, ob es für die Zuflussbesteuerung im Falle des Verzichts einen Unterschied macht, ob die werthaltige Forderung noch nicht fällig, noch nicht entstanden bzw. nur (teilweise) „erdient“ ist. S. dazu im Einzelnen Rz. 1397 ff.
1167
Teilhaberversicherungen Beiträge für eine Kapitallebensversicherung, die zwar das Leben eines Gesellschafters ver- 1168 sichern, deren Bezugsberechtigte aber sowohl für den Fall des Vertragsablaufs als auch für den Todesfall die GmbH ist (Rückdeckungsversicherung), stellen keine verdeckten Gewinnausschüttungen dar. Dies gilt selbst dann, wenn die Pensionszusage an den GesellschafterGeschäftsführer als vGA zu behandeln ist und diese Zusage durch die Versicherung rückgedeckt wird.8 Die Rückdeckungsversicherung ist ein reines Finanzierungsinstrument der KapGes. Sie teilt nicht das Schicksal der Pensionszusage, weil durch die Beiträge Versicherungsansprüche finanziert werden, die ausschließlich der KapGes. selbst zustehen. Die Aufwendungen haben daher keine Eignung, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Es handelt sich um eine reine Finanzierungsmaßnahme. Auch wenn sich diese Finanzierung als Refinanzierung einer vGA (in Gestalt der Pensionszusage) darstellt, ist hinsichtlich der Refinanzierungskosten nicht von vGA auszugehen.9 Etwas anderes gilt aber, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar Bezugsberechtigter aus der „Teilhaberversicherung“ ist.10
1 FG München v. 1.3.2011 – 13 K 1934/08, DK 2012, 219 und nachgehend BFH v. 20.12.2011 – VIII B 46/11, BFH/NV 2012, 597. 2 BFH v. 16.11.1993 – VIII R 33/92, BStBl. II 1994, 632 = FR 1994, 543 = GmbHR 1994, 639. 3 BFH v. 3.2.2011 – VI R 4/10, GmbHR 2011, 490 = FR 2011, 576 m. Anm. Bergkemper = BFH/NV 2011, 904. 4 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 5 BFH v. 15.10.1997 – I R 103/93, GmbHR 1998, 611 = BFH/NV 1998, 572. 6 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 7 S. BFH v. 10.11.1998 – VIII R 6/96, FR 1999, 463 = GmbHR 1999, 425 = DStR 1999, 411; FG Köln v. 10.2.1999 – 10 K 862/95, EFG 1999, 547 (rkr.). 8 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 = GmbHR 2003, 118 m. Anm. Rohde = FR 2003, 132; OFD Chemnitz v. 9.8.1999 – S 2742 - 68/4 - St 33, DStR 1999, 1696. 9 BFH v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1366; Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 113. 10 Gosch2, § 8 KStG Rz. 1285.
Neumann
645
§ 8 Rz. 1169–1173
Ermittlung des Einkommens
Treuhandverhältnis 1169
Besteht ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis hinsichtlich der GmbH-Beteiligung, so ist der Treugeber gem. § 39 AO als wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile anzusehen. Der Treuhänder kann, obwohl er zivilrechtlicher Anteilseigner ist, regelmäßig nicht Empfänger einer vGA sein, es sei denn, er ist zugleich eine nahestehende Person des Treugebers.
1170
Zunächst muss aber geprüft werden, ob die Treuhandvereinbarung über den Gesellschaftsanteil zivilrechtlich wirksam ist. Dies ist insbesondere bei der sog. Vereinbarungstreuhand von Bedeutung. Bei einer Vereinbarungstreuhand vereinbart der bisherige Gesellschafter mit einem Dritten, dass er künftig den Geschäftsanteil als Treuhänder für den Dritten hält, ohne den Geschäftsanteil zivilrechtlich zu übertragen. Rechtlich vollzieht sich somit kein Gesellschafterwechsel. Eine Treuhandabrede nach notarieller Beurkundung des Vertrags über die Entstehung des GmbH-Anteils ist allerdings beurkundungspflichtig.1 Dies gilt auch, wenn ein Gesellschafter seinen bestehenden GmbH-Anteil treuhänderisch auf einen Dritten überträgt (zivilrechtliche Anteilsabtretung ohne Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums) und fortan als Treugeber fungiert. Eine formlose Treuhandvereinbarung ist ausnahmsweise zulässig, wenn im Falle einer Erwerbstreuhand jemand beauftragt wird, Anteile an einer erst noch zu gründenden GmbH zu erwerben.2
1171
Die fehlende Beurkundung führt zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit der behaupteten Treuhandvereinbarung. Das Treuhandverhältnis muss aber auf zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und auch tatsächlich durchgeführt werden.3 Die zivilrechtliche Unwirksamkeit einer behaupteten Treuhandvereinbarung kann wegen § 41 Abs. 1 AO steuerrechtlich unbeachtlich sein. Dies setzt aber voraus, dass ungeachtet des Formfehlers das wirtschaftliche Eigentum an dem Anteil auf den Treugeber gem. § 39 AO übergegangen ist. Hierzu ist erforderlich, dass der Treugeber einen unentziehbaren Rechtsanspruch auf (Rück-)Übertragung der Gesellschaftsanteile erworben hat und dieser Anspruch es ihm ermöglicht, den Treuhänder (zivilrechtlicher Eigentümer der Anteile) auf Dauer von der Einwirkung auf die Gesellschaftsanteile auszuschließen. Um dies zu erreichen, muss (wenn die Vollrechtstreuhand nicht wirksam zustande gekommen ist) das Gewinnbezugsrecht und das Stimmrecht übertragen oder zumindest eine Stimmrechtsbindung des zivilrechtlichen Gesellschafters an die Interessen des Treugebers vereinbart worden sein. Außerdem muss die formwirksame Abtretung in der Folgezeit tatsächlich vollzogen worden sein.4
1172
In Praxis wird es oft problematisch sein, die Existenz der getroffenen formunwirksamen Vereinbarungen zumindest durch eine nachvollziehbar tatsächliche Durchführung der Verträge nachzuweisen. Neben der zivilrechtlichen Wirksamkeit bedarf ein Treuhandverhältnis zudem der klaren und eindeutigen Vereinbarung im Voraus und der tatsächlichen Durchführung. Dabei ist auch auf die bilanzielle Behandlung des Treugutes abzustellen.5 Dies ist in der Praxis insbesondere bei der Vereinbarungstreuhand häufig problematisch, weil hier (nur) die Treugeberstellung auf einen Dritten übertragen wird, während sich am zivilrechtlichen Eigentum nichts ändert.6
1173
Siehe „Kaufverträge mit Gesellschaftern“ in Rz. 878 ff.
Überhöhter Kaufpreis
1 BGH v. 19.4.1999 – II ZR 365/97, GmbHR 1999, 707; v. 12.12.2005 – II ZR 330/04, GmbHR 2006, 875. 2 BGH v. 19.4.1999 – II ZR 365/97, GmbHR 1999, 707; v. 12.12.2005 – II ZR 330/04, GmbHR 2006, 875; BFH v. 4.12.2007 – VIII R 14/05, GmbHR 2008, 558 = BFH/NV 2008, 745. 3 BFH v. 4.12.2007 – VIII R 14/05, GmbHR 2008, 558 = BFH/NV 2008, 745; v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BStBl. II 2010, 823 = GmbHR 2010, 946 = FR 2010, 989. 4 BFH v. 4.12.2007 – VIII R 14/05, GmbHR 2008, 558 = BFH/NV 2008, 745; v. 17.2.2004 – VIII R 26/01, GmbHR 2004, 904 m. Anm. Kleinert/Sedlaczek = FR 2004, 846 = BStBl. II 2004, 651; v. 17.2.2004 – VIII R 28/02, BStBl. II 2005, 46 = FR 2004, 966 = GmbHR 2004, 1038 m. Anm. Mildner. 5 BFH v. 28.2.2001 – I R 12/00, BStBl. II 2001, 468 = FR 2001, 1109 = GmbHR 2001, 734; s. auch Herlinghaus, GmbHR 2002, 471 (472). 6 Ausführlich zu dieser Thematik Sommer/Menzel, GmbHR 2003, 917.
646
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1174–1177 § 8
Überstundenvergütung Nach gefestigter Rspr. des BFH sind gesonderte Vergütungen, die eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für die Ableistung von Überstunden zahlt, regelmäßig vGA, weil sich eine Entlohnung „nach Zeit“ statt nach „Erfolg“ mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers nicht verträgt.1 Dies gilt insbesondere, wenn die Überstundenvergütung von vornherein auf Tätigkeiten an Sonntagen, Feiertagen und zur Nachtzeit beschränkt bzw. wenn zusätzlich noch eine Gewinntantieme vereinbart ist. Ob in der Anlaufphase des Unternehmens etwas anderes gelten kann, ist fraglich.2 Sind Zuschläge für Sonntags-, Feiertagsoder Nachtarbeit als vGA zu qualifizieren, entfällt beim Gesellschafter die Steuerfreiheit nach § 3b EStG.
1174
Diese Grundsätze gelten auch für Minderheitsgesellschafter,3 aber nach hier vertretener Ansicht nicht für (nur) leitende Angestellte in herausgehobener Funktion.4 Die Grundsätze finden ebenso Anwendung, wenn die Vergütungen an mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt werden.5
1175
Zu Fallgestaltungen, in denen uU eine betriebliche Veranlassung von Überstundenvergütungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer bejaht werden kann, wird auf die Beispiele bei Prühs6 verwiesen. Übernimmt der Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzliche Aufgaben in einzelnen Betriebsabteilungen, so können derartige Mehrarbeiten nach Ansicht des BFH gesondert abgegolten werden.7 Unternehmensspezifische Besonderheiten, die einen untypischen zeitlichen Einsatz erfordern, rechtfertigen Sonderzuschläge für den Nachteinsatz oder die Sonntagsarbeit dagegen alleine nicht (zB Unternehmensgruppe mit zahlreichen Gaststättenbetrieben;8 Autobahntankstellenbetrieb;9 Bäckereibetrieb;10 kleine HandwerksGmbH)11.
1176
Wenn im Einzelfall überzeugende betriebliche Gründe vorliegen, kann die Annahme einer 1177 vGA ausnahmsweise verneint werden. Sind die Zahlungen betriebsüblich und erhält ein ähnlich entlohnter Fremdgeschäftsführer in derselben GmbH vergleichbare Zuschläge, so dürften auch hinsichtlich der Überstundenvergütungen des Gesellschafter-Geschäftsführers keine vGA anzunehmen sein.12 Dies gilt nach Ansicht des BFH selbst dann, wenn andere Fremdarbeitnehmer der GmbH, die zwar nicht Geschäftsführer sind, aber vergleichbar hoch entlohnt werden, ebenfalls Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit erhalten.13 Der Vergleich mit Fremdarbeitnehmern, die unterhalb der Geschäftsführerebene tätig sind, gibt nach hier vertretener Ansicht für den erforderlichen Fremdvergleich nichts her und ist problematisch, denn das Aufgabenbild, die Verantwortung und auch die Bereitschaft, sich über den „normalen Arbeitstag“ hinaus für das Unternehmen einzusetzen, sind bei einem alleinverantwortlichen Geschäftsführer anders ausgeprägt als bei einem „nur“ leitenden Angestellten bzw. einer qualifizierten Fachkraft unterhalb der Geschäftsführungsebene. Fremdarbeitnehmer, die weder in Bezug auf ihre Funktion noch auf ihre Vergütung
1 BFH v. 19.3.1997 – I R 75/96, BStBl. II 1997, 577 = GmbHR 1997, 711 = FR 1997, 683 m. Anm. Pezzer; v. 8.3.2000 – I B 90/98, GmbHR 2000, 742 = BFH/NV 2000, 991; v. 27.3.2001 – I R 40/00, BStBl. II 2001, 655 = FR 2001, 952 = GmbHR 2001, 777; v. 14.7.2004 – I R 24/04, GmbHR 2005, 109 = BFH/NV 2005, 247; v. 7.2.2007 – I B 69/06, BFH/NV 2007, 1192; ebenso H 36 KStH 2008. 2 Vgl. FG Köln v. 20.11.2003 – 13 K 1009/02, GmbHR 2004, 810 = EFG 2004, 601. 3 BFH v. 14.7.2004 – I R 24/04, GmbHR 2005, 109 = BFH/NV 2005, 247. 4 Anders aber offenbar BFH v. 13.12.2006 – VIII R 31/05, BStBl. II 2007, 393 = FR 2007, 848 = GmbHR 2007, 384; zu Recht ablehnend Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Überstunden“. 5 BFH v. 27.3.2001 – I R 40/00, FR 2001, 952 = DStR 2001, 1343 = GmbHR 2001, 777; Herlinghaus, GmbHR 2002, 397 (405). 6 Prühs, DB 1997, 2094 (2096). 7 BFH v. 9.9.1998 – I R 104/97, GmbHR 1999, 486. 8 BFH v. 14.7.2004 – I R 24/04, GmbHR 2005, 109 = BFH/NV 2005, 247. 9 BFH v. 14.7.2004 – I R 111/03, BStBl. II 2005, 307 = GmbHR 2004, 1397 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 1280 (im Streitfall keine vGA wegen betriebsinternen Fremdvergleichs). 10 BFH v. 12.10.2010 – I B 45/10, BFH/NV 2011, 258. 11 BFH v. 6.10.2009 – I B 55/09, BFH/NV 2010, 469. 12 BFH v. 14.7.2004 – I R 111/03, BStBl. II 2005, 307 = FR 2004, 1280 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1397 m. Anm. Hoffmann; ebenso vorinstanzlich FG Nürnberg v. 4.11.2003 – I 290/2000, GmbHR 2004, 754 = EFG 2004, 425. 13 BFH v. 14.7.2004 – I R 111/03, BStBl. II 2005, 307 = FR 2004, 1280 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 1397 m. Anm. Hoffmann.
Neumann
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§ 8 Rz. 1177–1183
Ermittlung des Einkommens
mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer vergleichbar sind, können für Fremdvergleichszwecke nicht herangezogen werden.1
Umsatzabhängige Vergütungen 1178
Umsatztantiemen an Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH sind idR vGA und werden nur in Ausnahmefällen steuerlich anerkennt. S. hierzu im Einzelnen Rz. 1147.
1179
Erhält der Gesellschafter einer GmbH für die Überlassung eines Patents oder eines sonstigen Schutzrechts eine umsatzabhängige Vergütung, so kann nicht allein wegen der Umsatzabhängigkeit eine vGA angenommen werden.2
1180
Beraterhonorare und Vermittlungsprovisionen, die der Gesellschafter einer GmbH erhält (s. dazu „Beratervertrag zwischen Gesellschafter und GmbH“ in Rz. 528 ff.), können vGA-Risiken bergen.3 Beraterverträge sollten grds. nicht umsatzabhängig ausgestaltet werden, weil hier häufig die gleichen Probleme auftauchen wie bei den umsatzabhängigen Tantiemevereinbarungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern. Die Grundsätze zu den Geschäftsführervergütungen sind auf andere Vergütungen allerdings nur insoweit übertragbar, als auch Beraterhonorare üblicherweise nicht umsatzabhängig ausgestaltet werden.
1181
Wird der Gesellschafter dagegen auf freiberuflicher Basis tätig, indem er bestimmte abgrenzbare Marketingleistungen in Bezug auf ein neues Produkt erbringt oder akquiriert er für die GmbH Aufträge, indem er eigene Kundenkontakte (etwa aus seinem Einzelunternehmen) nutzt, so bestehen gegen eine Vereinbarung umsatzabhängiger Provisionen keine Bedenken. Insbesondere Vermittlungsleistungen werden im Geschäftsleben nicht danach vergütet, wie hoch der Gewinn des Auftraggebers ist. Ein Vergleich mit der Vergütung von Geschäftsführungsaufgaben verbietet sich hier, weil ein Vermittler nicht die Aufgabe hat, für eine optimale Steigerung des Gesamtgewinns seines Auftraggebers zu sorgen. Problematisch ist aber, wenn der Gesellschafter zugleich Geschäftsführer ist und die Leistung in das typische Aufgabenbild eines Geschäftsführers passt.
1182
Umsatzabhängige Pachtzahlungen sind insbesondere bei der Verpachtung von Handelsunternehmungen üblich und dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen. Allerdings muss bei der Bemessung des maßgeblichen Prozentsatzes die Gewinnerwartung der Vertragspartner (vornehmlich des Pächters) berücksichtigt werden. Eine KapGes. als Pächterin wird Gewinne erwarten, die über eine angemessene Verzinsung des eingezahlten Stammkapitals und eine Vergütung für sonstige Risiken hinausgehen.4 Eine vGA kommt bei Umsatzpachtverhältnissen in Betracht, wenn der Pächter hohe Eigeninvestitionen getätigt hat und dies zu einer Änderung der Geschäftsgrundlage führt, die dazu berechtigt, eine Anpassung des Pachtvertrags an die veränderten Verhältnisse zu verlangen. Unterlässt es die Pächterin (GmbH) in solchen Fällen, eine Ermäßigung des umsatzabhängigen Pachtzinses zu verlangen, kann eine vGA anzunehmen sein. Eine vGA ist ferner dann denkbar, wenn keine Pachtobergrenze vereinbart wird.5 Die Einräumung einer Umsatzpacht ist bei Grundstücken nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen, wenn es gerechtfertigt ist, den Verpächter von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens profitieren zu lassen, wie zB bei der Verpachtung von Gaststätten oder Ladengeschäften, bei der die Lage und der Bekanntheitsgrad des Betriebsgebäudes von besonderer Bedeutung für den Geschäftserfolg sind.6
Umsatzsteuer auf vGA 1183
Eine KapGes. kann umsatzsteuelich relevante Leistungen an ihre Gesellschafter erbringen. Dabei kennt das Umsatzsteuerrecht den Begriff der vGA nicht. Ob eine vGA der USt unterliegt ist, richtet sich bei unentgeltlichen Lieferungen nach § 3 Abs. 1b UStG. Dies gilt allerdings nur, wenn der unentgeltlich dem Gesellschafter zugewandte Gegenstand bei der GmbH zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Unentgeltliche sonstige Leistungen sind in § 3 Abs. 9a Nr. 1 und 2 UStG geregelt. Die hierauf geschuldete USt kann
1 BFH v. 17.9.2007 – I B 65/07, BFH/NV 2008, 249. 2 BFH v. 14.10.1992 – I R 69/88, GmbHR 1993, 371 = BFH/NV 1993, 269. 3 S. dazu aber FG Köln v. 26.9.2013 – 13 K 1252/10, EFG 2014, 1615 (NZB durch BFH v. 17.9.2014 – I B 192/13, BFH/NV 2015, 50, als unzulässig verworfen). 4 BFH v. 29.7.1981 – I R 119/77, juris; v. 29.10.1974 – I R 83/73, BStBl. II 1975, 366. 5 FG Berlin-Bdb. v. 7.1.2014 – 6 K 6208/11, EFG 2014, 784 (rkr.). 6 FG München v. 18.9.2001 – 6 K 1835/99, juris (rkr.).
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1183–1187 § 8
nicht in Rechnung gestellt und beim Empfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden.1 Eine entgeltliche, aber verbilligte Lieferung oder sonstige Leistung einer KapGes. an ihre Gesellschafter fällt unter § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG und löst keine Eigenverbrauchsumsatzsteuer aus. Für verbilligte Lieferungen (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG) oder sonstige Leistungen (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 oder 3 UStG) kommt allerdings die Mindestbemessungsgrundlage zur Anwendung (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG), wenn das durch den Gesellschafter gezahlte Entgelt nicht kostendeckend ist. Ergibt sich die vGA infolge einer überhöhten Vergütung für Leistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft, so steht der überhöhten Vergütung keine Leistung des Gesellschafters gegenüber, aus der sich umsatzsteuerrechtliche Rechtsfolgen ergeben können.2 Ertragsteuerlich ist die USt auf vGA allerdings Teil der vGA, weil der gemeine Wert auch 1184 die USt beinhaltet.3 Dies gilt sowohl für die vGA-Hinzurechnung auf Ebene der KapGes. als auch für die Kapitaleinkünfte des Gesellschafters iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Der zugewendete Vorteil ist also als Bruttobetrag in Ansatz zu bringen. Die USt auf vGA ist deshalb bereits nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Gewinn hinzuzurechnen. Gem. § 10 Nr. 2 KStG gilt die USt für Umsätze, die Entnahmen oder vGA sind, zwar als nicht abziehbare Ausgabe. Infolge der Erfassung des Bruttobetrags über § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG läuft § 10 Nr. 2 KStG aber faktisch ins Leere.4 Beispiel 1: Eine GmbH kauft von ihrem Anteilseigner (Einzelunternehmer) in 01 Waren zum Preis von 200 000 Euro zzgl. 38 000 Euro USt. Angemessen wären 150 000 zzgl. 28 500 Euro USt. Die GmbH verkauft die Ware erst in 02 weiter. Lösung: Der Anteilseigner schuldet die USt iHv. 38 000 Euro. Die GmbH ist insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Waren sind bei der GmbH nur mit 150 000 Euro zu bewerten.5 Dem Einkommen ist eine vGA iHv. 50 000 Euro hinzuzurechnen. Beispiel 2: Eine GmbH verkauft an ihren Anteilseigner (Einzelunternehmer) Waren zum Preis von 200 000 Euro zzgl. 38 000 Euro USt. Der Einkaufspreis betrug 400 000 Euro zzgl. 76 000 Euro USt, der marktübliche Verkaufspreis beträgt 600 000 Euro zzgl. 114 000 Euro USt. Lösung: Die USt richtet sich nach der Mindestbemessungsgrundlage und beträgt 76 000 Euro. Dem Einkommen der GmbH ist eine vGA iHv. 476 000 Euro (714 000 Euro ./. 238 000 Euro) hinzuzurechnen. Der zu berücksichtigende zusätzliche USt-Aufwand beläuft sich auf 38 000 Euro. Beispiel 3: Die GmbH verkauft an ihren Anteilseigner (Einzelunternehmer) wie im Beispiel 2 Waren zum Preis von 200 000 Euro zzgl. 38 000 Euro USt. Der Einkaufspreis beträgt allerdings nur 100 000 Euro zzgl. 19 000 Euro USt und der marktübliche Verkaufspreis beläuft sich auf 300 000 Euro zzgl. 57 000 Euro USt. Lösung: Die Lieferung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG wurde zu einem Preis verkauft, der über der Mindestbemessungsgrundlage liegt. Die USt beträgt dementsprechend (wie in der Rechnung zutreffend ausgewiesen) 38 000 Euro. Dem Einkommen der GmbH ist eine vGA iHv. 119 000 Euro (357 000 Euro ./. 238 000 Euro) hinzuzurechnen. Ein zusätzlicher USt-Aufwand fällt nicht an.
Umwandlungen und vGA Verschmelzung und Spaltung. Das UmwStG ist in Bezug auf die an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger (Überträgerin und Übernehmerin) lex specialis zu § 8 Abs. 3 KStG und geht der Annahme von vGA vor.6 Die Vermögensminderung, die bei der übertragenden Körperschaft in der Natur der Sache liegt, ist deshalb zwar gesellschaftsrechtlich veranlasst, aber dennoch keine vGA.
1185
Zu vGA-Fragen bei Verschmelzung der Mutter- auf die Tochtergesellschaft s. „Downstream-merger“ in Rz. 698. Hier nimmt die FinVerw. in bestimmten Fällen des Schuldenüberhangs vGA an, wenn infolge der Umwandlung das Eigenkapital der übernehmenden Tochtergesellschaft das Stammkapital unterschreitet (s. „Down-stream-merger“ in Rz. 698 ff.).
1186
Wenn eine Leistungsbeziehung zwischen Tochter- und Muttergesellschaft als vGA zu behandeln ist (zB verbilligte Veräußerung eines WG an die Muttergesellschaft), kann diese
1187
1 Abschn. 3.2. Abs. 2 Satz 6 UStAE 2012/2013. 2 Vgl. Wäger, UR 2008, 69. 3 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/ NV 2005, 105. 4 R 37 KStR 2006. 5 BFH v. 13.3.1985 – I R 9/81, BFH/NV 1986, 116. 6 Gosch2, § 8 KStG Rz. 1320 ff.
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§ 8 Rz. 1187–1191
Ermittlung des Einkommens
vGA uU rückwirkend neutralisiert werden, wenn die Tochtergesellschaft auf einen vor der Veräußerung liegenden Zeitpunkt rückwirkend verschmolzen wird.1 1188
Im Falle einer Abspaltung eines Teilbetriebs, Mitunternehmeranteils oder einer 100-prozentigen KapGes.-Beteiligung mindert sich das Vermögen der übertragenden KapGes. Für diese Vermögensminderung ordnet § 15 iVm. § 11 UmwStG ausdrücklich die antragsgebundene Möglichkeit der Buchwertfortführung an. Die außerbilanzielle Hinzurechnung einer vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG scheidet deshalb aus, und zwar unabhängig davon, ob bei der übernehmenden KapGes. eine Kapitalerhöhung erfolgt oder darauf nach § 54 Abs. 1 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 3 UmwStG verzichtet wird. Ebenso führt eine nicht verhältniswahrende Abspaltung oder Verschmelzung auf Ebene des übertragenden bzw. übernehmenden Rechtsträgers nicht zur Annahme von vGA.2 Dies gilt allerdings nur, soweit das UmwStG auf den Vorgang dem Grunde nach Anwendung findet.
1189
VGA sind dagegen auf der nächsthöheren Ebene möglich, wenn der Gesellschafter seinerseits eine KapGes. ist und auf ihr wertmäßig zustehende Ansprüche verzichtet. § 13 UmwStG findet auf Gesellschafterebene keine Anwendung, soweit der Wertzuwachs infolge einer nicht (wert-)verhältniswahrenden Umwandlung eine vGA oder eine vE darstellt, wenn eine echte Wertverschiebung und nicht etwa nur eine (wertneutrale) Quotenverschiebung stattfindet.3 Hier wäre der Fall zu nennen, bei dem eine KapGes. (M), die Gesellschafterin einer übertragenden KapGes. (T1) ist, bei der Bemessung des Umtauschverhältnisses zugunsten ihres Gesellschafters (G) eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung in Gestalt geringwertigerer Anteile an der Übernehmerin (T2) hinnimmt und dies durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Die erforderliche Auswirkung auf das Einkommen (der M), ist dann anzunehmen, wenn ein Gewinn, der steuerbilanziell durch den Tausch der Anteile zum gemeinen Wert entstehen würde, nicht entsteht. Liegt eine vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, dann ist das Einkommen der „entreicherten Gesellschaft“ (M) nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG im Saldo um den Betrag zu erhöhen, der sich ergäbe, wenn man den gemeinen Wert des unentgeltlich zugewendeten Teilgeschäftsanteils dem anteiligen Buchwert gegenüberstellt. Die stillen Reserven werden also insoweit wie im Falle einer Veräußerung aufgedeckt. Der Gesellschafter (G) erhält im Umfang des Werts des anteiligen Geschäftsanteils einen Kapitalertrag (vGA als Sachdividende).4 Den auf diese Weise erworbenen Teilgeschäftsanteil tauscht er sodann – ohne weitere Aufdeckung stiller Reserven – gegen den neuen Anteil an der Übernehmerin (T2) ein.
1190
Im Falle der Verschmelzung oder des Formwechsels einer KapGes. in eine Personengesellschaft kann die Umwandlung (vereinfacht gesagt) vom Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung an um maximal acht Monate zurückbezogen werden. § 2 Abs. 1 UmwStG bestimmt, dass das Vermögen der übertragenden Körperschaft mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags (Tag, auf den der übertragende Rechtsträger die steuerliche Schlussbilanz aufzustellen hat) auf die übernehmende Personengesellschaft übergeht. Zu diesem Zeitpunkt endet die Steuerpflicht der übertragenden Körperschaft, obwohl sie bis zur Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister zivilrechtlich fortbesteht. Alle im Rückwirkungszeitraum abgewickelten Geschäftsvorfälle werden steuerlich dem übernehmenden Rechtsträger (Personengesellschaft) zugerechnet. Die Rückwirkung erstreckt sich hier auch auf die Gesellschafter, soweit sie auch Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft werden.5 Deshalb werden vGA im steuerlichen Rückwirkungszeitraum als Sonderbetriebseinnahmen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG bzw. als Entnahmen gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG der Mitunternehmer der Personengesellschaft behandelt. Die Grundsätze der vGA finden auf im Rückwirkungszeitraum entstandene Aufwendungen keine Anwendung mehr.
1191
Etwas anderes gilt allerdings für im Rückwirkungszeitraum ausgeschiedene Mitunternehmer. Sie sind (soweit sie ausscheiden) steuerlich im Rückwirkungszeitraum weiterhin als Anteilseigner der übertragenden Körperschaft zu behandeln. Für sie gilt die Rückwirkungsfiktion des § 2 UmwStG mit allen Konsequenzen nicht.6 VGA an solche Anteilseigner sind daher auch im Rückwirkungszeitraum bei der übertragenden Körperschaft nach § 8
Gosch2, § 8 KStG Rz. 1324. Im Schrifttum wird dies teilweise angezweifelt; s. dazu Gosch2, § 8 KStG Rz. 1325 mwN. Frotscher, Umwandlungssteuererlass 2011, 2012, S. 299. Ebenso Schießl in W/M, § 13 UmwStG Rz. 308. BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 02.12 und 02.32. 6 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 02.18 f.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1191–1193 § 8
Abs. 3 Satz 2 KStG hinzuzurechnen und bei dem ausgeschiedenen Gesellschafter als vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu erfassen.1 Wird eine Personengesellschaft in eine KapGes. formgewechselt oder auf eine solche verschmolzen, so gelten die vGA-Grundsätze für den insoweit übernehmenden Rechtsträger ohne Einschränkung ab dem Zeitpunkt der Handelsregistereintragung. Im Rückwirkungszeitraum (also vom steuerlichen Übertragungsstichtag bis zur Handelregistereintragung) gilt, dass unangemessene Leistungen an den Gesellschafter grds. nicht zu vGA führen, sondern als Entnahmen anzusehen sind, die den Buchwert der erhaltenen Anteile gem. § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG mindern. Vereinbart ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer mit der übernehmenden Gesellschaft dagegen rückwirkende Gehaltserhöhungen und werden diese Gehälter bei der übernehmenden KapGes. erst nach Eintragung in das Handelsregister aufwandswirksam, so handelt es sich infolge des steuerlichen Rückwirkungsverbots um vGA, auch wenn damit die Dienste des Gesellschafter-Geschäftsführers im Rückwirkungszeitraum abgegolten werden.2
1192
Beispiel: Die AB-OHG soll auf die AB-GmbH rückwirkend zum 31.12.12 (steuerlicher Übertragungsstichtag) verschmolzen werden. Der Antrag auf Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister wird am 15.8.13 gestellt. Die Eintragung erfolgt am 1.12.13. Hiermit wird die Verschmelzung zivilrechtlich wirksam. Die AB-OHG hatte mit A und B ursprünglich Geschäftsführerverträge abgeschlossen, wonach A und B monatlich je 10 000 Euro Gehalt erhielten. Am 24.12.13 schließt die AB-GmbH mit ihren „neuen“ Gesellschafter-Geschäftsführern A und B rückwirkend ab dem 1.1.2013 Geschäftsführerverträge mit einem monatlichen Gehalt von je 20 000 Euro ab. Das (neue) Gehalt ist der Höhe nach angemessen. Die Gehaltsdifferenz von 120 000 Euro für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.13 wird am 30.12.2013 als Aufwand gebucht und ausgezahlt. Lösung: Für A und B gilt grds. das Rückwirkungsverbot, da beide wegen gleich gerichteter Interessen als beherrschende Gesellschafter gelten. Da mit der OHG bereits vor Beginn des Jahres 2013 ein Gehalt von je 10 000 Euro monatlich vereinbart war, ist insoweit das Rückwirkungsverbot nicht tangiert. Die ABGmbH kann die von Anfang an vereinbarten und gezahlten Gehälter iHv. 120 000 Euro vollständig einkommensmindernd behandeln, obwohl es sich bei der AB-OHG um Sondervergütungen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelte, die dort dem Gewinn hinzuzurechnen waren. Lediglich die rückwirkende Gehaltserhöhung von je 10 000 Euro monatlich (insgesamt also 120 000 Euro) unterliegt dem Rückwirkungsverbot, sodass eine vGA von 120 000 Euro anzunehmen ist.
Unbewusste Handlungen Die Annahme einer vGA setzt nicht voraus, dass die Rechtshandlungen, die zu der Vermögensminderung aufseiten der Körperschaft geführt haben, auf der Absicht beruhen, dem Gesellschafter einen Vorteil zukommen zu lassen.3 Eine vGA ist auch dann anzunehmen, wenn den handelnden Personen ein „Ausschüttungsbewusstsein“ nicht nachzuweisen ist.4 Die Beteiligten müssen weder den Tatbestand der vGA kennen noch den Sachverhalt rechtlich zutreffend würdigen.5 Wenn es aber an einem finalen Zuwendungswillen in Richtung eines Vermögenstransfers zulasten der Gesellschaft und zugunsten des Gesellschafters gänzlich fehlt, ist nach der Rspr. des BFH nicht von einer vGA auszugehen.6 Beispiel: An der A-GmbH sind die Gesellschafter A (80 %) und B (20 %) beteiligt. Bei den Gesellschaftern handelt es sich nicht um einander nahestehende Personen. Die GmbH verkauft an den Gesellschafter A ein Grundstück zum Preis von 100 000 Euro. Die Beteiligten gingen bei Vertragsabschluss davon aus, dass der Kaufpreis des Grundstücks dem tatsächlichen Marktwert entsprach. Anfängliche Streitigkeiten zwischen A und B belegen, dass der Kaufpreis von 100 000 Euro, auf den man sich später einigte, einer (laienhaften) Prüfung unterzogen wurde. Eine spätere Betriebsprüfung (unter erstmaliger Einschaltung eines Sachverständigen) ergibt aber, dass der objektive Wert tatsächlich 200 000 Euro betrug, weil die Berechnung der Beteiligten einen Fehler enthielt. Lösung: Es liegt eine vGA vor. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Beteiligten weder der Erfüllung des Tatbestands noch der Rechtsfolgen der vGA bewusst waren. Zu den Voraussetzungen einer vGA gehört weder die Absicht der KapGes., den Gewinn verdeckt zu verteilen, noch die Einigung der Parteien darüber,
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BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 02.33. BFH v. 29.4.1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 = GmbHR 1987, 493 = FR 1987, 537. FG Berlin-Bdb. v. 9.3.2011 – 12 K 12267/07, EFG 2011, 1737 = GmbHR 2011, 670 (rkr.). So im Grundsatz wohl auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 276. BFH v. 29.4.2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55 unter B. III. 2. b) aa) der Gründe = GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2009, 29 m. Anm. Pezzer. 6 BFH v. 29.4.2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55 = GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2008, 29; v. 28.4.2010 – I R 78/08, GmbHR 2010, 924 = FR 2010, 1086 = BFH/NV 2010, 1709 unter II. 6. c) der Gründe.
Neumann
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§ 8 Rz. 1193–1197
Ermittlung des Einkommens
dass die Zuwendung mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis erfolgt.1 Die Unerfahrenheit der Beteiligten in Fragen der Grundstücksbewertung ist nach hier vertretener Ansicht kein subjektiver Entschuldigungsgrund.2 Fremde Dritte hätten zumindest einen Gutachter mit der Bewertung beauftragt und auch dieses Gutachten im Hinblick auf objektive Fehler überprüft.
1194
Eine vGA liegt nicht vor, wenn auch ein gedachter (rechts- und sachkundiger) ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei objektiver Betrachtung die gesellschaftsrechtliche Veranlassung nicht hätte erkennen können.3 Allerdings hat der VIII. Senat des BFH4 eine vGA selbst in einem Fall angenommen, in dem zur Ermittlung des angemessenen Kaufpreises ein öffentlich bestellter Sachverständiger herangezogen wurde, weil es nach der Lebenserfahrung möglich und naheliegend sei, dass sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer der GmbH (zB wegen hoher Herstellungskosten, Steigerung der Baukosten und der Grundstückspreise und des guten baulichen Zustands des Gebäudes im Zeitpunkt der Veräußerung) eigene vom Gutachten abweichende Vorstellungen über den Wert des Grundstücks gebildet habe und eine zu niedrige Schätzung durch den Gutachter nicht akzeptiert hätte. Allerdings bestand im Streitfall ein objektives Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Nach alledem kommt es also weniger darauf an, ob der Kaufpreis dem tatsächlichen Verkehrswert entspricht, sondern ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den Preis bei seinem Kenntnisstand im Zeitpunkt der Kaufpreisvereinbarung bezahlt hätte.5 Ein Gutachten befreit dabei nicht von einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle.6 Hierbei ist zu beachten, dass sich eine Schätzung des angemessenen Fremdpreises grds. an dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Wert der Bandbreite von möglichen Fremdvergleichswerten orientieren muss.7 Nach hier vertretener Ansicht ist die Bandbreitenrechtsprechung allerdings nur eingeschränkt anwendbar, wenn es an einer großen Zahl vergleichbarer Marktpreise fehlt.
1195
Würde man dem Zuwendungswillen ein größeres Gewicht beimessen, so müssten objektive Wertmaßstäbe letztlich in den Hintergrund treten. Häufig lassen der äußere Geschehensablauf und die objektiven Maßstäbe, orientiert an dem, wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter gehandelt hätte, auf den Zuwendungswillen schließen. Etwas anderes kann ausnahmsweise nur dann gelten, wenn überhaupt nicht feststeht, ob der Gesellschafter tatsächlich einen Vorteil erhalten hat8 bzw. ob die Vermögensminderung vorteilsgeneigt ist.
Ungeklärte Vermögenszuwächse 1196
Ungeklärte Vermögenszuwächse auf Konten des Gesellschafters rechtfertigen für sich alleine keine Gewinnhinzuschätzung bei der GmbH.9 S. dazu auch „Einnahmezuschätzungen“ in Rz. 743 ff. Die Annahme von vGA ist aber möglich, wenn nur der Rechtsgrund der Zahlungen unbekannt ist, aber feststeht, dass die Zahlungen von einem Konto der KapGes. stammen.10
1197
Abgeltungszahlungen für nicht in Anspruch genommenen Urlaub an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH stellen selbst dann keine vGA dar, wenn klare und eindeutige Vereinbarungen fehlen, denn der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs in Geld ergibt sich unmittelbar aus der vertraglichen Einräumung des Urlaubsanspruchs.11 Der BFH sieht hierin keinen Widerspruch zur sog. Überstundenrechtsprechung. Das arbeitsrechtliche Verbot von Urlaubsabgeltungen nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist auf den Geschäftsführer einer GmbH nicht anwendbar, wenn betriebliche Gründe der Inanspruchnahme des Urlaubs entgegenstan-
Urlaubsabgeltung
1 BFH v. 3.12.1969 – I R 107/69, BStBl. II 1970, 229 = FR 1971, 162; v. 28.1.1992 – VIII R 207/85, BStBl. II 1992, 605 = FR 1992, 417 = GmbHR 1992, 472; vgl. dazu Wassermeyer, DB 1994, 1105. 2 AA wohl Gosch2, § 8 KStG Rz. 277. 3 BFH v. 11.10.1977 – VIII R 191/74, BStBl. II 1978, 109 = FR 1978, 120. 4 BFH v. 11.10.1977 – VIII R 191/74, BStBl. II 1978, 109 = FR 1978, 120. 5 FG München v. 10.5.2005 – 6 K 4495/02, juris (rkr.). 6 BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09, BB 2011, 2960. 7 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163; v. 17.2.2010 – I R 79/08, GmbHR 2010, 828. 8 BFH v. 17.9.2003 – I R 91, 92/02, GmbHR 2004, 190 = BFH/NV 2004, 182. 9 BFH v. 26.2.2003 – I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221; v. 18.6.2003 – I B 178/02, BFH/NV 2003, 1450 und Klingebiel in D/P/M, Anh. zu § 8 Abs. 3 KStG Rz. 5. 10 FG Saarl. v. 1.6.2012 – 1 K 1533/10, EFG 2012, 2083 (rkr.). 11 BFH v. 28.1.2004 – I R 50/03, BStBl. II 2005, 524 = FR 2004, 708 = GmbHR 2004, 671.
652
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1197–1202 § 8
den.1 Hinsichtlich des nicht genommenen Urlaubs (Erfüllungsrückstand) kann eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden sein.2
Urlaubs- und Weihnachtsgeld Eine Sonderzuwendung an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer in Form eines Weihnachts- oder Urlaubsgeldes muss im Voraus, dh. zu Beginn des Jahres, für das die Vergütung bestimmt ist, so klar und eindeutig bestimmt sein, dass sie dem Grunde und der Höhe nach feststeht bzw. allein durch Rechenschritte ermittelt werden kann (sog. Rückwirkungsverbot). Dies gilt auch, wenn mehrere Minderheitsgesellschafter mit gleich gerichteter Interessenlage zusammenwirken, um eine einheitliche Willensbildung herbeizuführen. Wird über eine Sondervergütung erst im Laufe des Jahres entschieden, ist die Zahlung für den bereits abgelaufenen Zeitraum des Jahres als vGA zu behandeln.3
1198
Veräußerung einer Beteiligung unter Wert 1199
Siehe hierzu „Anteilsübertragung“ in Rz. 494 ff.
Verbindlichkeiten und Rückstellungen Mit Urteil v. 29.6.19944 hat der BFH entschieden, dass die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 KStG zwar gewinnerhöhend wirkt, dass aber die Gewinnerhöhung außerhalb der StB durch eine Hinzurechnung zum Steuerbilanzgewinn durchzuführen ist. Die FinVerw. hat sich dieser Rspr. angeschlossen.5 Eine nach bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zutreffend gebildete Rückstellung ist selbst dann zu passivieren, wenn die geschuldete Leistung eine vGA darstellt. Sie behält auch nach eventueller Umqualifizierung in eine Ausschüttungsverpflichtung in der HB Fremdkapitalcharakter, was infolge des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auf die StB durchschlägt. S. zu dieser Problematik der Folgewirkungen der Zurechnung einer vGA außerhalb der Bilanz Rz. 315 ff.
1200
Vereine und Stiftungen Auch eine Nicht-KapGes. kann vGA bewirken, wenn eine Leistung auf mitgliedschaftlicher Grundlage gewährt wird.6 Dies gilt für VVaG,7 sonstige juristische Personen des privaten Rechts iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG (Vereine), nicht rechtsfähige Vereine iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, Anstalten und Stiftungen.8 Eine Veranlassung durch das Mitgliedschaftsverhältnis ist gegeben, wenn der Verein einem Mitglied einen Vermögensvorteil zuwendet, den ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand einem Nichtmitglied nicht gewährt hätte.9 Leistungen auf rein schuldrechtlicher Ebene fallen nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG.10 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Leistung zwar eine schuldrechtliche Grundlage hat, aber durch das Gesellschaftsverhältnis mit veranlasst ist, also im klassischen Sinne eine vGA darstellt.
1201
Eine vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG muss ferner geeignet sein, auf Gesellschafterebene einen sonstigen Bezug iSd. § 20 EStG auszulösen (s. Rz. 247 ff.). Dies ist bei Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG – also zB auch bei Vereinen – der Fall, denn die Steuerpflicht des Kapitalertrags ergibt sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Voraussetzung ist aber, dass die leistende Körperschaft nicht gem. § 5 KStG von der KSt befreit ist. Bei einem steuerbefrei-
1202
1 BGH v. 3.12.1962 – II ZR 201/61, NJW 1963, 535; OLG Düsseldorf v. 23.12.1999 – 6 U 119/99, GmbHR 2000, 278. 2 BFH v. 10.3.1993 – I R 70/91, BStBl. II 1993, 446 = FR 1993, 396; v. 6.12.1995 – I R 14/95, BStBl. II 1996, 406. 3 Vgl. BFH v. 11.12.1991 – I R 49/90, BStBl. II 1992, 434 = FR 1992, 345 = GmbHR 1992, 386; Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Weihnachtsgeld“. 4 BFH v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366 = FR 1994, 833 = GmbHR 1994, 894. 5 BMF v. 28.5.2002 – IV A 2 - S 2742 - 32/02, GmbHR 2002, 606. 6 BFH v. 9.8.1989 – I R 4/84, BStBl. II 1990, 237 = FR 1990, 254; BMF v. 14.8.1987 – IV B 7 - S 2742 - 3/87, BStBl. I 1987, 631. 7 BFH v. 14.7.1976 – I R 239/73, BStBl. II 1976, 731; v. 13.11.1991 – I R 45/90, BStBl. II 1992, 429. 8 BMF v. 27.6.2006 – IV B 7 - S 2252 - 4/06, BStBl. I 2006, 417; FG Schl.-Holst. v. 7.5.2009 – 5 K 277/06, EFG 2009, 1558 (rkr.); BFH v. 3.11.2010 – I R 98/09, BStBl. II 2011, 417 = FR 2011, 484. 9 BFH v. 13.11.1991 – I R 45/90, BStBl. II 1992, 429; v. 8.8.2001 – I B 40/01, BFH/NV 2001, 1536; v. 17.12.1997 – I R 58/97, BStBl. II 1998, 357 = FR 1998, 575. 10 Vgl. von Beckerath in Kirchhof13, § 20 EStG Rz. 61.
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653
§ 8 Rz. 1202–1206
Ermittlung des Einkommens
ten („gemeinnützigen“) Verein scheidet die Annahme einer vGA dagegen aus.1 Der Empfänger kann dagegen durchaus auch beschränkt stpfl. sein, denn Einnahmen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gehören zu den Einkünften gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG.2 Bezüge iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG unterliegen gem. § 43 Abs. 1 Nr. 7a EStG der KapESt. Nicht zu den vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG gehören Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto, das gem. § 27 Abs. 7 KStG auch für Körperschaften und Personenvereinigungen iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG festzustellen ist.
Verfahrensfragen bei vGA 1203
Siehe hierzu Rz. 381 ff.
Verlagsrechte 1204
Eine vGA kann anzunehmen sein, wenn eine GmbH ihrem Gesellschafter bzw. ihrer Muttergesellschaft ein Verlagsrecht an einem noch nicht veröffentlichten Buch oder, wenn ein solches Verlagsrecht urheberrechtlich noch nicht entstanden sein sollte, ein ähnliches immaterielles WG in Form einer konkreten Gewinnchance unentgeltlich oder zu einem nicht angemessenen Preis überträgt. Ein immaterielles WG wird in der Praxis immer dann anzunehmen sein, wenn die GmbH bereits erhebliche Aufwendungen auf das Projekt getätigt hat.3
Verlustgesellschaft 1205
Siehe hierzu „Liebhaberei“ in Rz. 564 f.
1206
Leistet eine KapGes. Zahlungen für private Zwecke ihres beherrschenden Gesellschafters, so handelt es sich idR auch ohne eine klare und eindeutige Darlehensvereinbarung um eine Kreditgewährung und nicht um eine vGA, wenn die Ansprüche von vornherein auf einem bei der Körperschaft für den Gesellschafter geführten Verrechnungskonto4 festgehalten werden und von Anfang an eine Darlehensrückzahlung ernstlich gewollt ist.5 Eine Darlehensgewährung der Gesellschaft an den Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Sicherheitsleistung und ohne schriftliche Rückzahlungsvereinbarung stellt ausnahmsweise dann keine vGA dar, wenn die Forderung auf einem Verrechnungskonto verbucht wird und der Gesellschafter hierüber frei verfügen kann. Durch diese Verbuchung werde eine ernsthafte Rückzahlungsabsicht dokumentiert.6 Es werde zum Ausdruck gebracht, dass die Beträge dem Gesellschafter nicht endgültig zugewendet werden sollen. UE ist eine vGA allerdings erst dann auszuschließen, wenn sich die KapGes. und ihr Gesellschafter (nachweislich) darin einig waren, dass die auf dem Verrechnungskonto festgehaltenen Zahlungen nur darlehenshalber geleistet wurden. Dieser Nachweis muss wohl dann als geführt gelten, wenn – ggf. in späteren Jahren – Rückzahlungen oder Aufrechnungen tatsächlich erfolgen. Dem Verrechnungskonto kommt insofern eine Sonderrolle zu, weil hier weder ein Tilgungsplan noch eine Besicherung üblich sind. Durch Verrechnungen in wechselnder Höhe erfolgt hier üblicherweise relativ kurzfristig ein Ausgleich des Negativsaldos, sodass die bei einer Kreditvergabe sonst gängigen Rahmenbedingungen dem Charakter des Verrechnungskontos zuwiderlaufen, ja sich als Hemmschuh erweisen würden. Die bei einer normalen Darlehensvereinbarung anzulegenden Fremdvergleichskriterien sind somit nicht ohne Weiteres auf ein Verrechnungskonto übertragbar. Es reicht allerdings nicht aus, dass die geschuldeten Beträge lediglich buchmäßig festgehalten werden. Vielmehr muss mit der Lastschrift zum Ausdruck kommen, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht.7 Der Vorteil einer eventuellen Zinslosigkeit stellt jedoch auch im Falle eines Verrechnungskontos eine vGA dar.8
Verrechnungskonto
1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. von Beckerath in Kirchhof13, § 20 EStG Rz. 61. Harenberg in H/H/R, § 20 EStG Rz. 347. BFH v. 14.10.1992 – I R 69/88, GmbHR 1993, 371 = BFH/NV 1993, 269. Es handelt sich um ein aus buchungstechnischen Gründen eingerichtetes Hilfskonto, das sich üblicherweise immer wieder ausgleicht. BFH v. 8.10.1985 – VIII R 284/83, BStBl. II 1986, 481 = FR 1986, 322 = GmbHR 1986, 206. Ebenso Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in H/H/R, § 8 KStG Rz. 273. FG Berlin v. 14.11.2002 – 1 B 1210/02, DStRE 2003, 466. BFH v. 5.4.2004 – X B 130/03, juris.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1206–1212 § 8
Ebenso kann es ggf. bei späterer Uneinbringlichkeit der Forderungen zu einer vGA kommen.1 S. im Übrigen „Darlehen“ in Rz. 628 ff. und „Zinsen“ in Rz. 1233 ff.
Verzinsung einer Einlageforderung Rückforderungsansprüche gegen den Gesellschafter, die ihren Rechtsgrund in der Rückgängigmachung einer vGA haben, stellen vE dar und sind nicht einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Eine Einlageforderung ist in Handels- und Steuerbilanz bereits im Jahr ihrer Entstehung zu erfassen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Rückgewähranspruch oder ein originäres Einlageversprechen handelt. Unabhängig davon erhöht sich das Einlagekonto iSd. § 27 KStG allerdings erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung der Einlage (Zufluss).2 Der Verzicht auf die Einlageforderung (Schulderlass) kann für sich genommen keine vGA darstellen.3
1207
Die Nichteinziehung einer fälligen Einlageforderung kann aber iHd. entgehenden Zinseinnahmen vGA auslösen. Dies setzt jedoch voraus, dass die KapGes. den Einlageanspruch kannte und bewusst davon abgesehen hat, Zinsen entstehen zu lassen.4 Wird erst im Rahmen einer Betriebsprüfung eine vGA festgestellt und besteht wegen einer entsprechenden Satzungsklausel aus der vGA ein Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter, so kann ein Zinsanspruch erst entstehen (Beginn des Zinslaufs), wenn zwischen dem Betriebsprüfer und dem Stpfl. hinsichtlich der vGA Einvernehmen besteht. Ist das Vorliegen einer vGA dagegen zwischen dem Betriebsprüfer und dem Stpfl. strittig, so liegt mE in Bezug auf die Nichtverzinsung des (dann ja ebenfalls strittigen) Rückgewähranspruchs keine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter.
1208
Hat der Gesellschafter den Rückgewähranspruch dagegen nach einer Satzungsklausel oder sonstigen vertraglichen Vereinbarung zu verzinsen, so stellen diese Zinsen keine weitere Einlage dar. Die Gesellschaft hat iHd. Zinsen einen normalen betrieblichen Ertrag auszuweisen, der in der Einkommensermittlung nicht mehr korrigiert wird.
1209
Wurden die Zinsen entgegen der vertraglichen Vereinbarung weder eingefordert noch gezahlt, so ist der Zinsanspruch nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erfolgswirksam zu aktivieren.5 Für eine vGA ist in diesem Fall mangels steuerbilanzieller Vermögensminderung kein Raum. Aus Sicht des Gesellschafters handelt es sich hierbei nach der Rspr. des BFH um Aufwendungen, die der Finanzierung der Beteiligung dienen.6 Ggf. ergibt sich dann aus § 3c Abs. 2 EStG eine teilweise Abzugsbeschränkung. Zwingend ist diese Lösung aber nicht. ME kann man aus der Tatsache, dass die geleistete Einlage zu AK der Beteiligung führt, nicht ohne Weiteres herleiten, dass die Zinsen ebenfalls in einem Veranlassungszusammenhang zu den Beteiligungseinkünften stehen, denn sie werden ja gerade für einen Zeitraum geschuldet, in dem die Mittel dem Gesellschafter (möglicherweise für private Zwecke) und nicht der GmbH zur Verfügung standen.
1210
Vorgesellschaft/Vorgründungsgesellschaft Die Gründungsphase einer Körperschaft iSv. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG vollzieht sich in drei Stufen: (1) Vorgründungsgesellschaft, (2) Vorgesellschaft und (3) eingetragene Körperschaft. Ihre zivilrechtliche Existenz erlangt die Körperschaft dabei erst in der dritten Stufe durch die Eintragung in das Handelsregister. Vor der Registereintragung werden zwei Vorstadien durchlaufen, die als Vorgründungsgesellschaft und Vorgesellschaft bezeichnet werden. Die Vorgründungsgesellschaft umfasst die Zeit zwischen dem erstmaligen Zusammentritt der Gesellschafter und dem Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags bzw. Feststellung der Satzung bei der AG.
1211
Die Vorgründungsgesellschaft wird steuerlich als GbR oder, sofern bereits ein Handelsgewerbe aufgenommen worden ist, als OHG behandelt. Die Vorgründungsgesellschaft ist
1212
1 L. Schmidt, Anm. zu BFH v. 22.10.1985 – IX R 145/83, FR 1986, 324. 2 BFH v. 31.3.2004 – I R 72/03, GmbHR 2004, 1162 = BFH/NV 2004, 1423; v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779. 3 BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 609. 4 BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 609. 5 FG Sachs. v. 18.5.2001 – 5 V 2302/00, FR 2001, 1176 m. Anm. Prinz = GmbHR 2001, 1173 = EFG 2001, 1318. 6 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997.
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§ 8 Rz. 1212–1217
Ermittlung des Einkommens
nicht mit der später entstehenden juristischen Person identisch. Daher wirkt die Körperschaftsteuerpflicht der KapGes. nicht auf die Vorgründungsgesellschaft zurück. Sie ist steuerlich eine Mitunternehmerschaft, sodass Vergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. als Entnahmen nach § 4 Abs. 1 EStG zu beurteilen sind. Die Einkünfte der Vorgründungsgesellschaft sind also bei den Gründungsgesellschaftern zu erfassen.1 VGA kommen im Stadium der Vorgründungsgesellschaft nicht in Betracht. 1213
Als Vorgesellschaft wird die mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags bzw. Feststellung der Satzung errichtete, aber noch nicht im Register eingetragene Gesellschaft bezeichnet. Sofern es tatsächlich zur späteren Registereintragung kommt, werden die Vorgesellschaft und die eingetragene Gesellschaft zivilrechtlich und steuerrechtlich als identisch angesehen, mit der Folge, dass die Körperschaftsteuerpflicht nicht erst mit der Eintragung, sondern bereits mit Begründung der Vorgesellschaft beginnt.2 Die KapGes. ist also schon als Vorgesellschaft im Gründungsstadium (auch Gründungsgesellschaft genannt) Subjekt der KSt. VGA sind in diesem Stadium bereits uneingeschränkt möglich. Die Stpfl. beginnt also schon vor der Erlangung der Rechtsfähigkeit, die eine Eintragung in das Handelsregister voraussetzt. Im Stadium der Gründungsgesellschaft gilt bereits der Grundsatz, dass Rechtsgeschäfte zwischen der Vorgesellschaft (bzw. Gründungsgesellschaft) und ihrem (späteren) beherrschenden Gesellschafter nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden dürfen, wenn sie von vornherein klar und eindeutig vereinbart worden sind und auch tatsächlich durchgeführt werden. Die Grundsätze der vGA sind in vollem Umfang auch bei einer Gründungsgesellschaft anzuwenden.3 Dies gilt auch für die Rechtsfolgen aufseiten des Gesellschafters. VGA einer Vorgesellschaft sind nach ständiger Rspr. beim Anteilseigner Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.4
Vorteilsausgleich 1214
Siehe hierzu Rz. 214 ff.
1215
Siehe hierzu Rz. 247 ff.
Vorteilsgeneigtheit der vGA
Wertgutachten, Kostenübernahme durch die KapGes. 1216
Lässt eine GmbH ein Gutachten über den eigenen Unternehmenswert erstellen und dient die Bewertung der Anteilsveräußerung, so liegt in der Kostenübernahme durch die GmbH idR eine vGA.5 Etwas anderes kann nach hier vertretener Ansicht ausnahmsweise dann gelten, wenn die Anteile an einen Investor veräußert werden sollen, der die in finanzielle Schwierigkeiten geratene KapGes. unmittelbar nach dem Erwerb mit frischem Kapital ausstattet. Auch kann die Anbindung an einen Konzern dem betrieblichen Interesse der KapGes. dienen.
Wettbewerbsverbot, Geschäftschancenlehre 1. Grundsätze 1217
Entgegen früherer Rspr. geht der BFH heute davon aus, dass alleine der Umstand, dass ein GmbH-Gesellschafter einem zivilrechtlichen Wettbewerbsverbot unterliegt und gegen dieses Wettbewerbsverbot formal verstößt, noch nicht zur Annahme einer vGA führt.6 Dies gilt
1 BFH v. 8.11.1989 – I R 174/86, BStBl. II 1990, 91 = FR 1990, 230 = GmbHR 1990, 235. 2 BFH v. 14.10.1992 – I R 17/92, BStBl. II 1993, 352 = GmbHR 1993, 171. 3 BFH v. 20.10.1982 – I R 118/78, BStBl. II 1983, 247 = FR 1983, 149 = GmbHR 1983, 129; v. 8.9.1993 – I R 27/93, GmbHR 1994, 492 = BFH/NV 1994, 413. 4 Vgl. zB BFH v. 18.11.1980 – VIII R 8/78, BFHE 132, 257 = FR 1981, 203 = BStBl. II 1981, 260; v. 8.9.1993 – I R 27/93, GmbHR 1994, 492 = BFH/NV 1994, 413. 5 BFH v. 17.5.2000 – I R 79/99, BStBl. II 2000, 480 = GmbHR 2000, 947 = FR 2000, 1041. 6 BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, FR 1995, 905 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 58; v. 12.10.1995 – I R 127/94, FR 1996, 252 = GmbHR 1996, 219; v. 22.11.1995 – I R 45/95, BFH/NV 1996, 645 = GmbHR 1996, 946; v. 11.6.1996 – I R 97/95, FR 1996, 834 = GmbHR 1996, 942; v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 609; v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315; v. 18.12.1996 – I R 26/95, BFHE 182, 90 = FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 362; v. 12.6.1997 – I R 14/96, FR 1997, 773 = GmbHR 1997, 904; v. 24.3.1998 – I R 93/96, FR 1998, 900 = GmbHR 1998, 946 = DStR 1998, 1354; v. 30.1.2002 – I R 13/01, BFH/NV 2002, 1172 = GmbHR 2002, 748; v. 7.7.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183 = BFH/NV 2003, 205; v. 9.7.2003 – I B 194/02, GmbHR 2003, 1019 = BFH/NV 2003, 1349; v. 17.12.2003 – I R 25/03, GmbHR
656
Neumann
D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1217–1220 § 8
zumindest dann, wenn die durch den Gesellschafter ausgeübte Wettbewerbstätigkeit formal unter den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand der KapGes. fällt. Zu einer vGA kommt es immer nur dann, wenn der Gesellschafter eine konkrete Geschäftschance der KapGes. nutzt und die KapGes. hierfür kein angemessenes Entgelt verlangt, obwohl ein solches am Markt erzielbar wäre. 2. Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot Die Frage, ob ein gesetzliches oder vertragliches Wettbewerbsverbot besteht und ob der Gesellschafter gegen ein solches Verbot verstößt, ist dennoch nicht ganz ohne Bedeutung, denn es kann zu vGA kommen, wenn der GmbH aus der Zuwiderhandlung Schadenersatzansprüche bzw. Herausgabeansprüche erwachsen und sie auf diese Ansprüche im Interesse des Gesellschafters verzichtet hat. Solche Ansprüche entstehen allerdings nur, wenn der Gesellschafter die ihm obliegenden Treuepflichten verletzt und die Gesellschaft schädigt. Dies setzt bereits auf der zivilrechtlichen Stufe voraus, dass der Gesellschafter seiner GmbH – ohne oder gegen den Willen der Mitgesellschafter – eine konkrete Geschäftschance entzieht und eigengeschäftlich nutzt bzw. sich verwertbare Informationen aneignet, für die ein fremder Dritter ein Entgelt gezahlt hätte.
1218
Bei Prüfung der Frage, ob zivilrechtlich von einem Wettbewerbsverbot ausgegangen werden kann, ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Das Wettbewerbsverbot ist für kaufmännische Angestellte in §§ 60, 61 HGB ausdrücklich geregelt. Ein Geschäftsführer einer GmbH unterliegt aufgrund seiner Organstellung (also auch ohne eine Regelung in Satzung oder Anstellungsvertrag) weitgehenden Wettbewerbsbeschränkungen mit umfassender Pflicht zur Treue und Loyalität gegenüber den Belangen der Gesellschaft.1 Der Geschäftsführer muss in allen Angelegenheiten das Interesse der GmbH fördern.2 Er muss alle sich ihm bietenden Geschäftschancen zugunsten der GmbH nutzen, und zwar unabhängig davon, ob er von der Geschäftschance im privaten oder dienstlichen Bereich erfahren hat.3 Er darf nicht zum eigenen Vorteil handeln.4 Häufig wird zusätzlich ein Wettbewerbsverbot im Anstellungsvertrag des (Gesellschafter-)Geschäftsführers verankert. Eine Wettbewerbsabrede im Anstellungsvertrag kann allerdings auch mündlich wirksam aufgehoben werden, wenn der Anstellungsvertrag eine Öffnungsklausel zur einzelfallbezogenen Dispenserteilung enthält. Darüber hinaus ist es denkbar, dass das Geschäftsführer-Wettbewerbsverbot durch mündlichen Beschluss nicht nur einzelfallbezogen, sondern allgemein aufgehoben wird. Die Beschlusszuständigkeit für Änderungen des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags (also auch für die darin enthaltene Änderung einer Wettbewerbsabrede) liegt allerdings bei der Gesellschafterversammlung.5 Alleingesellschafter unterliegen grds. keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot.6 Eine Ausnahme besteht ggf. dann, wenn der GmbH durch den Wettbewerb Stammkapital entzogen wird.7 Ein vertragliches Wettbewerbsverbot ist aber möglich und kann vor Durchführung des Konkurrenzgeschäfts aufgehoben werden.8
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3. Geschäftschancenlehre Besteht bei Durchführung des Konkurrenzgeschäfts ein Wettbewerbsverbot, so ist eine Treuepflichtverletzung mit der Folge eventueller Schadenersatzansprüche bzw. Herausgabeansprüche nur gegeben, wenn der Gesellschafter eine konkrete Geschäftschance der Gesellschaft verwertet.9 Gleiches ist sodann auch bei der steuerrechtlichen Prüfung zu untersuchen. Eine vGA ist nur anzunehmen, wenn die Gesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung erleidet. Dies wiederum setzt auch auf der steuer-
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2004, 744 = BFH/NV 2004, 819; v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = GmbHR 2003, 1497 = BFH/NV 2003, 1666. Vgl. Fuhrmann, GmbH-Handbuch, Teil I 2183 ff.; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 35 GmbHG Rz. 38. BGH v. 12.6.1989 – II ZR 334/87, WM 1989, 1335 (1339); v. 23.9.1985 – II ZR 246/84, GmbHR 1986, 42. BGH v. 23.9.1985 – II ZR 246/84, GmbHR 1986, 42 = WM 1985, 1443. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 35 GmbHG Rz. 42. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck20, § 35 GmbHG Rz. 42. BGH v. 10.5.1993 – II ZR 74/92, BGHZ 122, 333 = GmbHR 1993, 427; daran anschließend BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, FR 1995, 905 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 58; zu Gesellschaftern einer mehrgliedrigen GmbH, die alle gemeinsamen bzw. gleich gerichteten Wettbewerb betreiben, s. BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315. BGH v. 10.5.1993 – II ZR 74/92, BGHZ 122, 333 = GmbHR 1993, 427. BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 36. Gosch2, § 8 KStG Rz. 1359.
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§ 8 Rz. 1220–1222
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rechtlichen Stufe einen Entzug einer konkreten Geschäftschance voraus. Davon ist auszugehen, wenn der Gesellschafter Geschäftschancen, die der KapGes. gebühren, als Eigengeschäfte wahrnimmt oder Kenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art an sich zieht und für eigene Rechnung nutzt und der KapGes. dadurch Vermögenswerte entzogen werden.1 Die Geschäftschance muss allerdings einen Marktwert haben, indem ein fremder Dritter bereit wäre, hierfür ein Entgelt zu zahlen. Die bloße subjektive Aussicht, einen Auftrag erhalten zu können, reicht hierzu uE noch nicht aus. Eine Marktgängigkeit, also eine typische Handelbarkeit der Geschäftschance ist dagegen nach hier vertretener Ansicht irrelevant.2 1221
Ist die GmbH selbst Auftraggeber des „konkurrierenden“ Gesellschafters, so ist zunächst davon auszugehen, dass der Gesellschafter eine Geschäftschance der GmbH wahrnimmt.3 Zur Annahme einer vGA kommt es aber nur, wenn (1) das „Geschäft“ dem Unternehmensgegenstand der GmbH zuzurechnen war,4 (2) die GmbH fachlich, finanziell und organisatorisch in der Lage war, den Auftrag selbst auszuführen, und (3) die Beauftragung eines Subunternehmers (also des Gesellschafters) für die GmbH gewinnmäßig ungünstiger war als die Selbstabwicklung des Geschäfts. Letztlich muss der Gesellschaft aber ein angemessener Gewinn verbleiben, wenn sie den Gesellschafter als Subunternehmer einschaltet.5 Die Höhe der vGA richtet sich nach dem der GmbH entgangenen Gewinn. Unabhängig davon ist zu prüfen, ob der Gesellschafter zugleich Geschäftsführer der GmbH ist und bereits für diese Tätigkeit ein Entgelt gezahlt wird.6 Hier ist entscheidend, ob es aus unternehmerischer Sicht günstiger war, den Gesellschafter-Geschäftsführer als Subunternehmer zu beauftragen oder ihm ein angemessenes (Zusatz-)Gehalt zu zahlen.7 Bei beherrschenden Gesellschaftern kann es im Einzelfall auch wegen formeller Mängel zu vGA kommen, wenn klare und eindeutige Aufgabenabgrenzungen bzw. Aufgabenbeschreibungen fehlen8 und Art und Höhe der Honorierung nicht klar und eindeutig im Voraus vereinbart wurden.9 Dies ist aber keine Besonderheit der Geschäftschancenlehre, sondern ergibt sich schon aus allgemeinen Grundsätzen.
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Wenn der „konkurrierende“ Gesellschafter den Auftrag von einem fremden Dritten erhält, so müssen konkrete Anhaltspunkte10 vorliegen, die es erlauben, die Geschäftschance der KapGes. zuzurechnen. Eine Zurechnung nach formalen Kriterien (also nach dem Satzungsgegenstand) genügt nicht.11 Solche Anhaltspunkte wären zB erkennbare Vorbereitungshandlungen der KapGes. (Kundenkontakte, Korrespondenz, Verhandlungen, Konzeptionen) bzw. getätigte Aufwendungen iZm. dem Auftrag, ein bestehendes Ankaufsrecht bzw. eine tatsächliche Ankaufsgelegenheit der KapGes. zu einem unter dem gemeinen Wert liegenden Kaufpreis12 oder eine bereits bestehende Geschäftsverbindung der KapGes. mit demselben Kunden, aus der der Anschlussauftrag resultiert. Von einem Indiz für die Zurechnung der Geschäftschance zur KapGes. ist auch dann auszugehen, wenn der Gesellschafter fachlich bzw. organisatorisch gar nicht in der Lage ist, den Auftrag in Eigenregie abzuwickeln und sich deshalb der Infrastruktur der GmbH bedient. Auch die Verwertung von Wissen und Erkenntnissen, die der Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH erworben hat, spricht für eine Geschäftschance der KapGes.13 Unbeachtlich ist, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer als Erster die Geschäftsbeziehung geknüpft hatte, denn er ist in 1 2 3 4 5 6 7 8 9
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BFH v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = GmbHR 2003, 1497 = BFH/NV 2003, 1666 mwN. AA offenbar Gosch2, § 8 KStG Rz. 853. Vgl. BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315. Nur indizielle Wirkung, BFH v. 7.8.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183 = BFH/NV 2003, 205; bei risikolosen Einmalchancen ohne Bedeutung. BFH v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = GmbHR 2003, 1497 m. Komm. Hoffmann = BFH/NV 2003, 1666. S. zu dieser Problematik BFH v. 29.5.1996 – I R 70/95, GmbHR 1997, 184 = BFH/NV 1997, 65; v. 12.10.1995 – I R 127/94, FR 1996, 252 = GmbHR 1996, 219 = BFH/NV 1996, 81 f. BFH v. 17.12.2003 – I R 25/03, GmbHR 2004, 744 m. Anm. Schröder = BFH/NV 2004, 819. BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315 unter Nr. 4a der Gründe; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 853. Zur Art und Weise der Abrechnung s. BFH v. 17.12.2003 – I R 25/03, GmbHR 2004, 744 m. Komm. Schröder = BFH/NV 2004, 819; v. 9.7.2003 – I R 100/02, FR 2004, 33 = GmbHR 2003, 1497 m. Komm. Hoffmann = BFH/NV 2003, 1666. Vgl. dazu Thiel, DStR 1993, 1801 (1804). BFH v. 7.8.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183 = BFH/NV 2003, 205; Gosch2, § 8 KStG Rz. 853. BFH v. 12.6.1997 – I R 14/96, FR 1997, 773 = GmbHR 1997, 904. BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, FR 1995, 905 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 58; v. 11.6.1996 – I R 97/95, FR 1996, 834 = GmbHR 1996, 942.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1222–1225 § 8
seiner Eigenschaft als Geschäftsführer verpflichtet, jede sich bietende Geschäftschance aus dem Geschäftsbereich seiner GmbH vorrangig für Rechnung der GmbH zu nutzen.1 Bei alledem kann die Geschäftschance nur dann der KapGes. zuzurechnen sein, wenn sie auch über die finanziellen, organisatorischen und personellen Kapazitäten verfügt, um das Geschäft selbst abzuwickeln. Von der Überlassung einer Geschäftschance an den Gesellschafter und damit von einer 1223 vGA ist allerdings regelmäßig nicht auszugehen, wenn das Geschäft stark risikobehaftet ist,2 der Kunde das Geschäft aus nachvollziehbaren Gründen nur mit dem Gesellschafter, nicht aber mit der GmbH abschließen wollte3 oder die KapGes. ein Geschäft der in Rede stehenden Art bisher nie abgewickelt hat. Auch kommt eine vGA nicht in Betracht, wenn die KapGes. selbst fachlich, finanziell und organisatorisch nicht in der Lage war, den Auftrag in Eigenregie auszuführen.4 Eine fehlende Aufgabenabgrenzung zwischen einer GmbH und einem branchengleich tätigen beherrschenden Gesellschafter begründet noch nicht zwingend die Annahme einer vGA, wenn der Gesellschafter den Auftrag nicht von der KapGes. selbst erhält.5 In bestimmten Branchen (zB Wirtschaftsprüfer-/Steuerberater-GmbH) wird auch dann eine Abgrenzungsvereinbarung für zwingend erachtet, wenn es sich nicht um sog. Subunternehmerfälle handelt.6 Möglich wäre hier zB eine Abgrenzung nach Entstehung oder Erwerb der Mandate,7 nach Tätigkeitsfeldern8 oder nach geografischen Kriterien.9 Eine vGA ist auch denkbar im Falle der unentgeltlichen Übertragung einer Geschäftschance auf eine Schwestergesellschaft,10 wenn die übertragende Gesellschaft in der Lage war, die Geschäfte selbst abzuwickeln.11 Eine vGA ist auch dann anzunehmen, wenn die Abwicklung des Geschäfts durch die Schwestergesellschaft aus Konzernsicht wirtschaftlich sinnvoll war, denn die KapGes. hat nur auf ihre eigene Gewinnmaximierung zu achten, ansonsten handelt sie im Interesse des Gesellschafters. Folglich kommt es zunächst zu einer vGA an den gemeinsamen Gesellschafter. Allerdings ist unklar, ob eine Geschäftschance (bzw. Marktchance) ein einlagefähiges WG ist oder einen reinen Nutzungsvorteil darstellt.12 Nach hier vertretener Ansicht ist für diese Frage darauf abzustellen, ob die übertragene Geschäftschance marktgängig ist (wie zB Steuerberater-/Wirtschaftsprüfer-Mandat).
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4. Wert der vGA und Zuflusszeitpunkt Wenn die KapGes. einen Schadenersatzanspruch oder einen Herausgabeanspruch gegen den „konkurrierenden“ Gesellschafter aktiviert, so hindert dies die Annahme einer vGA nicht, wenn der Gesellschafter bereits mit der Übertragung der Geschäftschance einen Vorteil erhalten hat.13 Der Anspruch entsteht erst eine logische Sekunde nach Zufluss der vGA. Da es sich wirtschaftlich um einen Anspruch auf Rückabwicklung der vGA handelt, ist er als Einlageanspruch zu erfassen und der Ertrag deshalb außerbilanziell wieder zu kürzen. Er macht die vollendete vGA nicht ungeschehen.14 S. dazu Rz. 136, 207 und 365.
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BFH v. 11.6.1996 – I R 97/95, BFHE 181, 122 = FR 1996, 834 = GmbHR 1996, 942. Vgl. BFH v. 12.6.1997 – I R 14/96, FR 1997, 773 = GmbHR 1997, 1798. Vgl. Wassermeyer, DStR 1997, 681. BFH v. 7.8.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183 = BFH/NV 2003, 205. BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, FR 1995, 905 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 58; v. 18.12.1996 – I R 26/95, BFHE 182, 90 = FR 1997, 386 = GmbHR 1997, 362 unter A. 3. a. der Gründe; v. 8.4.1997 – I R 39/96, GmbHR 1997, 1070; v. 13.11.1996 – I R 149/94, FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1997, 315 (unter Nr. 4a der Gründe); Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 89a; Gosch2, § 8 KStG Rz. 859. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 90. ZB Mandate aus der bisherigen Einzelpraxis des Gesellschafter-Geschäftsführers oder Mandate aus der Zeit nach GmbH-Gründung. ZB Steuerberatung, Prüfungstätigkeit, Buchhaltung, betriebswirtschaftliche Beratung, Unternehmensbewertung, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Erstellung von Jahresabschlüssen. ZB Staaten, Bundesländer, Kreise. FG Saarl. v. 31.5.2001 – 1 K 152/99, GmbHR 2001, 990 = EFG 2001, 1165; nachfolgend BFH v. 7.8.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183 = BFH/NV 2003, 205. BFH v. 7.8.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183 = BFH/NV 2003, 205. Ausdrücklich offengelassen durch BFH v. 6.12.1995 – I R 40/95, BStBl. II 1997, 118 = FR 1996, 565 = FR 1996, 564; tendenziell verneinend für den Fall einer Option BFH v. 26.8.2010 – I B 85/10, BFH/NV 2011, 220. Zutr. Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 92a ff. BFH v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach = BStBl. II 2001, 173; v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997 = BStBl. II 2001, 226; v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, DStR 2009, 2142; H 20.2 EStH 2011 „Rückgängigmachung einer vGA“.
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§ 8 Rz. 1226–1231
Ermittlung des Einkommens
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Die vGA liegt in der Übertragung der Geschäftschance. Durch diesen (einmaligen) Akt tritt bei der Gesellschaft eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung ein. Zwar realisiert der Gesellschafter den Gewinn aus der Geschäftschance ggf. erst später. Dies führt aber nicht etwa zu einer permanenten vGA, denn die Geschäftschance wird nicht etwa auf Zeit überlassen, sondern endgültig übertragen.1 Sobald der Gesellschafter das Geschäft im eigenen Namen und für eigene Rechnung abschließt, kann die Gesellschaft den Gesellschafter nicht mehr von der Einwirkung auf diesen immateriellen Vermögenswert ausschließen. Dies gilt auch dann, wenn die Geschäftschance in einem Dauerrechtsverhältnis besteht. Es ist also bei erstmaligem Entzug der Geschäftschance einmalig der Wert des Vorteils zu ermitteln und als einmalige vGA in Ansatz zu bringen. Ob das übertragene Dauerrechtsverhältnis üblicherweise (wie zB ein Mandat) am Markt gehandelt wird oder nicht, ist dabei zweitrangig.
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Die Höhe der vGA richtet sich grds. nach dem der GmbH entgangenen Vorteil.2 Die vGA ist mit dem gemeinen Wert der Geschäftschance im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses zu bewerten. Hierbei ist darauf abzustellen, welche Gewinnerwartungen mit der entzogenen Geschäftschance verbunden waren. Eine Orientierung an den tatsächlichen, später erzielten Gewinnen ist aber alleine nicht zielführend.3 Die verhinderte Vermögensmehrung liegt in dem Verzicht auf ein angemessenes Entgelt für die übertragene Chance.4 Dies wiederum orientiert sich an dem, was ein fremder Dritter im Zeitpunkt der Übertragung der Geschäftschance zu zahlen bereit gewesen wäre. Dies kann aber nach hier vertretener Ansicht nicht etwa der volle Gewinn sein, den die KapGes. bei Selbstabwicklung des Geschäfts hätte erzielen können. Vielmehr handelt es sich um die entgangene Vergütung bei Veräußerung der Geschäftschance. Der gedachte fremde Dritte hätte der KapGes. nicht den vollen möglichen Gewinn vergütet, sondern darauf bestanden, trotz entgeltlich erworbener Geschäftschance noch einen eigenen Gewinn zu erzielen.
Zeitpunkt für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung 1228
Siehe hierzu Rz. 261 ff.
Zeitwertkonten, Arbeitszeitkonten 1229
Siehe hierzu „Arbeitszeitkonten“ in Rz. 505 ff.
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Siehe hierzu „Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“ in Rz. 768.
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Zinszahlungen an Dritte (zB Kreditinstitute) zur Refinanzierung von Vorteilszuwendungen an den Gesellschafter, die vGA darstellen, sind in aller Regel keine weiteren vGA.5 Beispielhaft wären zu nennen ein refinanzierter Grundstückserwerb durch die KapGes. und die ganz oder teilweise unentgeltliche Übertragung dieses Grundstücks auf den Gesellschafter oder als vergleichbarer Fall die Kreditaufnahme durch die KapGes. und die darlehensweise, aber zinslose oder zinsverbilligte Weitergabe der aufgenommenen Mittel an den Gesellschafter. Die Refinanzierungszinsen der KapGes. haben schon dem Grunde nach keine Eignung, beim Gesellschafter Einnahmen iSd. § 20 EStG zu begründen.6 Empfänger der Zinsen ist die Bank und eben nicht der Gesellschafter. Mangels Privatsphäre ist § 4 Abs. 4a EStG bei einer KapGes. nicht anwendbar.7 Siehe dazu auch Rz. 259.
Zentralregulierung
Zinsen auf vGA (Refinanzierungskosten)
1 Vgl. Wassermeyer, DStR 1997, 684; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1185.30; BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, GmbHR 1997, 315 = FR 1997, 269 m. Anm. Pezzer = BFH/NV 1997, 142. 2 BFH v. 7.8.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183. 3 BFH v. 7.8.2002 – I R 64/01, GmbHR 2003, 183 = BFH/NV 2003, 205. 4 Ebenso B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1185.30. 5 Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 113; Buciek, DStZ 2003, 87, Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Zinsen“. 6 BFH v. 9.12.1987 – I R 260/83, BStBl. II 1988, 460; Gosch2, § 8 KStG Rz. 1366; Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 113; ebenso OFD Kiel v. 25.9.2000 – S 2742 A - St 261, GmbHR 2000, 1171. 7 BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311 = DStR 1997, 492.
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D. Verdeckte Gewinnausschttungen (Abs. 3 Stze 1 und 2)
Rz. 1232–1234 § 8
Etwas anderes gilt nach Ansicht des FG München1, wenn die GmbH von ihrem Gesell- 1232 schafter ein WG über Preis erwirbt und bezüglich des Kaufpreises Ratenzahlung vereinbart wird. Ist die Kaufpreisverbindlichkeit (gegenüber dem Gesellschafter) zu verzinsen, handelt es sich nach Auffassung des FG bei den Zinsen auf den überhöhten Kaufpreisanteil um eine weitere vGA. Wird die „verspätete“ Auszahlung einer vGA verzinst, so teilen die Zinsen nach dieser Sichtweise das Schicksal der Ausschüttung. In dem Urteilsfall handelte es sich allerdings ausdrücklich nicht um eine Novation dergestalt, dass das alte Schuldverhältnis erlöschen und ein neues gelten sollte. Vielmehr kam es zu einer „Bruttovorteilszuwendung“, die die jeweiligen Zinsen mit beinhaltete. Diese Grundsätze dürften nach hier vertretener Ansicht dann nicht gelten, wenn die Kaufpreisverbindlichkeit zunächst fällig ist, in ein Darlehen umgewandelt wird und die GmbH für diese nun auf einem neuen Rechtsgrund beruhende Darlehensverbindlichkeit einen angemessenen Zins vereinbart. Nach hier vertretener Ansicht muss zwischen der Verzinsung einer unangemessenen Kaufpreisverbindlichkeit und einer aus der Kaufpreisverbindlichkeit durch Umwandlung (Novation) entstandenen Darlehensverbindlichkeit unterschieden werden. Ist der Zins auf eine Darlehensverbindlichkeit angemessen, so dürfte auch bei einem Kaufpreisdarlehen iZm. einem „vGA-Geschäft“ keine zusätzliche Zins-vGA anzunehmen sein.
Zinsen auf Gesellschafterdarlehen 1. Darlehen der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter Gewährt die KapGes. ihrem Gesellschafter ein unverzinsliches oder niedrig verzinsliches 1233 Darlehen, so liegt in dem Zinsvorteil eine vGA. Der durch Schätzung zu ermittelnde angemessene Zinssatz liegt zwischen dem banküblichen Habenzins als Untergrenze und dem banküblichen Sollzins als Obergrenze (sog. Margenteilungsgrundsatz). Dies gilt zumindest dann, wenn die Gesellschaft selbst keinen Kredit aufgenommen hat, um das Darlehen an den Gesellschafter zu refinanzieren.2 Wenn die KapGes. – was die Regel sein dürfte – nicht in der Lage ist, den Kredit zum banküblichen Sollzins an einen Dritten zu vergeben, weil sie eben kein eigenes Kreditgeschäft betreibt, so ist davon auszugehen, dass sich die KapGes. und der Gesellschafter die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzins teilen.3 Wurde das Darlehen aus liquiden Eigenmitteln finanziert, so wird eine Weiterleitung zu marktüblichen Habenzinsen (zB als Anlage bei einer Bank) zwar grds. in Betracht kommen. Da die „Kapitalanlage“ bei einer Darlehensgewährung an den Gesellschafter aber regelmäßig mit größeren Unsicherheiten behaftet ist als eine Geldeinlage bei einem Kreditinstitut und außerdem die Verfügbarkeit der ausgereichten Mittel im Falle eines Darlehens erheblich stärker eingeschränkt ist als zB eine Termineinlage, müssen die Zinsen im Zweifel deutlich höher liegen als zB bankübliche Habenzinsen für Festgelder, allerdings deutlich niedriger als bankübliche Sollzinsen für Unternehmenskredite. Aus diesem Grunde hat der durch den BFH entwickelte Margenteilungsgrundsatz nach hier vertretener Ansicht auch heute noch Bestand. Die Rspr. zur Margenteilung wird im Schrifttum mit dem Hinweis kritisiert, eine hälftige Teilung der Zinsmarge sei unter Fremden nicht üblich.4 Diese Argumentation übersieht aber, dass ein Unternehmen, das sich mit der Vergabe von Darlehen auf fremdem Terrain bewegt, in aller Regel nicht die gleichen Konditionen erzielen kann wie ein Kreditinstitut, auf der anderen Seite aber mehr erzielen wird als ein „normaler“ Kapitalanleger. Richtig ist hingehen, dass es letztlich nur darauf ankommt, welche Konditionen die Gläubiger-KapGes. bei anderweitiger darlehensweiser Vergabe der Mittel hätte erzielen können.5 Hierfür ist der Margenteilungsgrundsatz zwar nur ein typisierendes, aber doch letztlich taugliches Hilfsmittel für eine sachgerechte Schätzung.
1 FG München v. 13.12.1993 – 15 K 2874/90, EFG 1994, 998 (rkr.); aA Meilicke/Sangen-Emden, FR 1998, 938; Briese, GmbHR 2005, 597; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 380. 2 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 413. 3 BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649 = GmbHR 1990, 566; v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 = FR 1994, 367; ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, Anh. zu § 8 KStG Rz. 302 „Zinsen“; aA Gosch2, § 8 KStG Rz. 693, der an dem Grundsatz der Margenteilung vor dem Hintergrund der Bandbreitenrechtsprechung nicht länger festhalten will und in dem hier beschriebenen Fall auf die banküblichen Habenzinsen abstellt. 4 B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1235; Gosch2, § 8 KStG Rz. 693. 5 Ebenso Häußermann in Ernst & Young, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, F 4 „Darlehen“; ebenso im Ergebnis Gosch2, § 8 KStG Rz. 693.
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§ 8 Rz. 1235–1241
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Auch die sog. Bandbreitenrechtsprechung des BFH1 führt zu keinem anderen Ergebnis. Dort hat der BFH entschieden, dass sich eine Schätzung des angemessenen Fremdpreises der Höhe nach an dem für den Stpfl. günstigsten Wert der Bandbreite von möglichen Fremdvergleichswerten orientieren muss. Diese Rspr. stellt den Grundsatz der Margenteilung nicht infrage. Da auch die Mittelwerte zwischen Soll- und Habenzinsen je nach Kreditinstitut und je nach Kapitalmarkt stark differieren, kann sich der Stpfl. an dem für ihn günstigsten Wert dieser (besonderen) Bandbreite (also einer Bandbreite von Mittelwerten zwischen Soll- und Habenzinsen) orientieren. Die auf einen Mittelwert abstellende, ab VZ 2008 geltende Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG ist in reinen Inlandsfällen für § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ohne Bedeutung.2
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Fehlende Sicherheiten werden bei Darlehen der KapGes. an den Gesellschafter zinserhöhend berücksichtigt.3
1237
Hat die KapGes. das Darlehen an den Gesellschafter refinanziert und den Kredit damit quasi durchgeleitet, ist bei der Angemessenheitsprüfung für Zwecke des Fremdvergleichs von den banküblichen Sollzinsen zzgl. einer Vergütung für Haftungsrisiken und Verwaltungskosten auszugehen.4 Ein ordentlicher und gewissenhafter Gesellschafter hätte in keinem Fall ein Bankdarlehen für zB 6 % aufgenommen, um es sogleich für einen banküblichen Habenzins von zB 3 % wieder auszuleihen. Hier kann der marktübliche Habenzins kein tauglicher Vergleichsmaßstab sein. Vielmehr muss der Verlust aus der Kreditvergabe zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags als vGA behandelt werden.
1238
Hat die KapGes. gegen den Gesellschafter eine Einlageforderung, so kann die Nichteinziehung dieser Forderung iHd. entgangenen Zinsen vGA darstellen. Nach der Rspr. setzt dies aber voraus, dass die KapGes. den Einlageanspruch kannte und bewusst davon abgesehen hat, eine Verzinsung zu fordern.5
1239
Wird der fest vereinbarte Zinssatz durch die Gesellschaft herabgesetzt, obwohl der darlehensnehmende Gesellschafter hierauf mangels entsprechender Zinsanpassungsklauseln keinen vertraglichen Anspruch hat, so liegt in der Zinsermäßigung eine vGA in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung.6 2. Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft
1240
Im Falle der Darlehensgewährung des Gesellschafters an die KapGes. kann eine vGA anzunehmen sein, wenn die KapGes. an den darlehensgewährenden Gesellschafter überhöhte Zinsen zahlt. Zwar muss bei fehlenden Anhaltspunkten auch hier der maßgebliche Zinssatz durch Schätzung ermittelt werden. In der Praxis gilt bei Darlehen an die GmbH nach hier vertretener Ansicht aber regelmäßig der bankübliche Sollzins, weil die GmbH meist ohne Schwierigkeiten glaubhaft machen kann, dass sie von dritter Seite einen Kredit nur zu banküblichen Darlehenskonditionen bekommen hätte.7 Nur soweit der vereinbarte Zins diesen Betrag übersteigt, kommt eine vGA in Betracht. Der aus Sicht einer darlehensgewährenden GmbH übliche „Margenteilungsgrundsatz“ gilt immer nur vorbehaltlich anderer Ansatzpunkte.8
1241
Unabhängig davon, ob für das Darlehen von der GmbH Sicherheiten bestellt wurden oder nicht, ist im Fall der Darlehensgewährung durch einen beherrschenden Gesellschafter von den Zinssätzen für besicherte Darlehen auszugehen.9 Nach Auffassung des BFH liegt dies daran, dass die Einflussnahmemöglichkeiten, die der beherrschende Gesellschafter hat, quasi einer Besicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs gleichkommen. Zwischen KapGes., die demselben Konzern angehören, sei die Besicherung von Darlehensforderungen unüblich.10 Diese Sichtweise verkennt aber, dass zum einen eine (Nach-)Besicherung des
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163. Ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 313a und 850a. BFH v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 = FR 1994, 367 unter Nr. 4 der Gründe. BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649 = GmbHR 1990, 566; v. 26.2.1992 – I R 23/91, BStBl. II 1992, 846 = FR 1992, 555 = GmbHR 1992, 681. BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, FR 1997, 537 = GmbHR 1997, 609. FG Hamburg v. 12.9.2012 – 6 K 110/10, juris (rkr.); FG Hamburg v. 22.3.2011 – 6 V 169/10, BB 2011, 916 (Leitsatz) (rkr.). Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 2661; Dahnke, IStR 1997, 490. BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649 = GmbHR 1990, 566 unter Nr. 7 der Gründe. BFH v. 21.12.1994 – I R 65/94, GmbHR 1995, 908 = FR 1995, 476. Ebenso Janssen, Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl. 2013, Rz. 2682.
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E. Genussrechte (Abs. 3 Satz 2 Alt. 2)
Rz. 1241–1247 § 8
Darlehens mit insolvenzrechtlicher Wirkung gar nicht möglich ist. Außerdem ist die Besicherung in den zeitlichen Grenzen des § 6 AnfG bzw. § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine anfechtbare Rechtshandlung. Zum anderen ändert auch eine wirksame Besicherung nichts an der Nachrangigkeit des Gesellschafterdarlehens gem. § 39 Abs. 1 InsO. Es fragt sich deshalb, ob ein Gesellschafterdarlehen überhaupt einem besicherten Darlehen gleichgesetzt werden kann oder ob das Ausfallrisiko bei einem Gesellschafterdarlehen nicht per se höher ist als im Falle eines Drittdarlehens. Leistet die GmbH Zinszahlungen auf eine Darlehensverbindlichkeit an den Gesellschafter, die nach einem Verzicht mit Besserungsklausel wieder auflebt, so liegt – bei angemessenem Zinssatz – keine vGA vor.1
1242
Gibt der Gesellschafter seiner GmbH ein unverzinsliches bzw. niedrig verzinsliches Darlehen, so handelt es sich nach der Rspr. des BFH2 auch dann nicht um einen Gestaltungsmissbrauch iSd. § 42 AO, wenn die Einkünfteverlagerung dem Verbrauch eines vom Verfall bedrohten Verlustvortrags der GmbH dient. Hat der Gesellschafter das Darlehen refinanziert, so stehen die Refinanzierungszinsen allerdings regelmäßig in einem zumindest mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus der Beteiligung und unterliegen dadurch beim Gesellschafter der 40-prozentigen Abzugsbeschränkung gem. § 3c Abs. 2 EStG.3 Auf der Ebene der GmbH entsteht durch die Unverzinslichkeit der Darlehensverbindlichkeit ein stpfl. Abzinsungsgewinn gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG, der im Falle einer Betriebsaufspaltung auch nicht als vE in Abzug gebracht werden kann.4
1243
3. Verrechnungskonto Bei Kontokorrentkrediten mit wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten führt die Zinslosigkeit nur dann zu einer vGA, wenn die Gesellschaft insgesamt eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung erleidet und für den Gesellschafter insgesamt ein Vorteil entsteht.5 Hinsichtlich der Verzinsung gelten – je nachdem, ob es sich um einen Soll- oder Habensaldo handelt – die vorstehenden Grundsätze.6 Beruht die zu geringe Verzinsung ausnahmsweise auf einer irrtümlichen Fehlbuchung, kann dieser Fehler nach Auffassung des X. Senats des BFH7 vor seiner Aufdeckung nicht zu einer vGA führen.
1244
Zivilrechtliche Wirksamkeit einer Vereinbarung 1245
Siehe hierzu Rz. 286 ff.
Zufluss von vGA 1246
Siehe hierzu Rz. 361.
Zukünftiger Gesellschafter als Empfänger einer vGA 1247
Siehe hierzu Rz. 374 ff.
E. Genussrechte (Abs. 3 Satz 2 Alt. 2) Literatur: Knobbe-Keuk, Gewinnausschüttungen auf Genussrechte, BB 1987, 341; Emde, Die handels- und steuerbilanzielle Behandlung von Genussrechten, BB 1988, 1215; Hammen, Unzulässigkeit aktiengleicher Genussrechte?, DB 1988, 2549; Emde, Die Auswirkungen von Veränderungen des Unternehmenskapitals 1 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588 = GmbHR 1991, 73; v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901. 2 BFH v. 17.10.2001 – I R 97/00, GmbHR 2002, 169. 3 BFH v. 17.7.2013 – X R 17/11, FR 2014, 21 = GmbHR 2013, 1110 m. Anm. Hoffmann = DStR 2013, 1934; v. 28.2.2013 – IV R 49/11, BStBl. II 2013, 802 = FR 2013, 854 m. Anm. Schmitz-Herscheidt = GmbHR 2013, 656; v. 18.4.2012 – X R 7/10, BStBl. II 2013, 791 = GmbHR 2012, 860; v. 18.4.2012 – X R 5/10, GmbHR 2012, 867 m. Anm. Binnewies = FR 2012, 868 m. Anm. Schmitz-Herscheidt = BStBl. II. 2013, 785; v. 11.10.2012 – IV R 45/10, GmbHR 2013, 380 = BFH/NV 2013, 518; v. 28.2.2013 – IV R 49/11, BStBl. II 2013, 802 = FR 2013, 854 m. Anm. Schmitz-Herscheidt = GmbHR 2013, 656 m. Anm. Hoffmann; inzwischen auch BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2013, 1269. 4 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = GmbHR 2006, 158. 5 BFH v. 12.6.1974 – I R 247/72, BStBl. II 1975, 21. 6 S. dazu aber F. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG nF Rz. 1136, der auf Soll- und Habensalden offensichtlich denselben banküblichen Kontokorrentzinssatz anwenden will, wenn die Salden nur kurzfristig eintreten. 7 BFH v. 5.4.2004 – X B 130/03, juris.
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§ 8 Rz. 1248
Ermittlung des Einkommens
auf Bestand und Inhalt von Genussrechten, DB 1989, 209; Ziebe, Rechtsnatur und Ausgestaltung von Genussrechten, DStR 1991, 1594; Groh, Eigenkapitalersatz in der Bilanz, BB 1993, 1882; Hoffmann, Nochmals: Verdeckte Gewinnausschüttung bei Genussrechtsvergütungen, GmbHR 1993, 280; Lutter, Zur Bilanzierung von Genussrechten, DB 1993, 2441; Schön, Ein allgemeiner Teil der Genussrechte, JZ 1993, 925; Winter, Steuerliche Behandlung von Genussrechten, GmbHR 1993, 31; Angerer, Genussrecht bzw. Genussscheine als Finanzierungsinstrument, DStR 1994, 41; Emmerich/Naumann, Zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften, WPg 1994, 677; Sontheimer, Die steuerliche Behandlung von Genussrechten, BB 1994, Beilage 19, 1; Vollmer/Maurer, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgenußscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; Bogenschütz, Bilanzierung von Genussscheinen, JbFStR 1996/97, 566; Küting/Kessler/Harth, Genussrechtskapital in der Bilanzierungspraxis, BB 1996, Beilage 4, 1; Schlagheck, Darlehensverzicht gegen Genussrechte als geeignetes Instrument zur Sanierung?, GStB 1997, 14; Wengel, Die handelsrechtliche Eigen- und Fremdkapitalqualität von Genussrechtskapital, DStR 2001, 1316; Forst/Frings, Die Finanzierung des Mittelstands, Finanzierungsinstrumente aus steuerlicher Sicht, EStB 2003, 358; Pape, Alternative Finanzierungsformen für den Mittelstand, DStR 2003, 953; Stadler, Die Sanierung von Aktiengesellschaften unter Einsatz von Wandlungsgenussrechten, NZI 2003, 579; Watrin, Aktivierung von Zinsansprüchen aus Genussrechten, BB 2003, 843; Weber-Grellet, Aktivierung von bei Bilanzverlust nicht zu bedienenden Zinsansprüchen, FR 2003, 469; Kratzsch, Beeinflussung der Beteiligungshöhe iSd. § 17 EStG durch Genussrechte und stille Beteiligungen, BB 2004, 581; Kühnberger, Mezzaninekapital als Finanzierungsalternative von Genossenschaften, DB 2004, 661; Stegemann, Finanzierung mittelständischer Unternehmensgruppen durch Genussrechtskapital, GStB 2004, 208; Baetge/Brüggemann, Ausweis von Genussrechten auf der Passivseite der Bilanz des Emittenten, DB 2005, 2145; Bock, Steuerliche und bilanzielle Aspekte mezzaniner Nachrang-Darlehen, DStR 2005, 1067; Golland/ Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch, Mezzanine-Kapital, BB-Special 4/2005, 1; Kratzsch, Die Behandlung von Genussrechten im Steuerrecht, BB 2005, 2603; Kroschewski, Steuerliche Aspekte mezzaniner Unternehmensfinanzierungen, Stbg 2005, 341; Breuninger/Prinz, Ausgewählte Bilanz- und Steuerrechtsfragen von Mezzaninefinanzierungen, DStR 2006, 1345; Brokamp/Hölzer, Innovative Finanzierungen mittels mezzaniner Finanzinstrumente – Ein Vergleich zwischen Genussscheinen und Anleihen mit ewiger bzw. langer Laufzeit, FR 2006, 272; Carlé/Rosner, Mezzanine-Finanzierungen, KÖSDI 2006, 15365; Marx/Nienaber, Steueroptimaler Einsatz mezzaniner Finanzierungsinstrumente bei personenbezogenen Kapitalgesellschaften, GmbHR 2006, 686; Haase, Die bilanzielle und steuerliche Behandlung von Genussrechten, StuB 2009, 495; Große, Bilanzielle Behandlung von Genussrechten bei Kapitalgesellschaften in Handels- und Steuerbilanz, DStR 2010, 1397; Griemla, Zum Verständnis der Laufzeit eines Genussrechts als Kriterium zur Abgrenzung von steuerlichem Eigen- und Fremdkapital nach dem BMF-Schreiben v. 8.12.1986, FR 2011, 853; Kroener/Momen, Debt-Mezzanine-Swap – Die OFD Rheinland auf dem Irrweg? – Anmerkungen zur Kurzinfo v. 14.12.2011, DB 2012, 829; Lechner/Haisch, Besteuerung von Debt-Mezzanine-Swaps – Kritische Anmerkungen zur Kurzinformation der OFD Rheinland v. 14.12.2011, Ubg 2012, 115; Stollenwerk/Piron, Genussrechte – Flexibler Einsatz für Mezzanine-Kapital, GmbH-StB 2012, 150; Breuninger/Ernst, Debt-Mezzanine-Swap und die Unmaßgeblichkeit der Maßgeblichkeit, GmbHR 2012, 494; Rusch/Brocker, Debt-Mezzanine-Swap bei Unternehmensfinanzierungen – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen, ZIP 2012, 2193; Breuninger, Gilt im Steuerrecht die Maßgeblichkeit bei der Bilanzierung von Genussrechten?, JbFStR 2012/2013, 308; Höng, Der Debt-Mezzanine-Swap in Handels- und Steuerbilanz, Ubg 2014, 27. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 17.2.1986 – IV B 7 - S 2742 - 1/86, juris; BMF v. 8.12.1986 – IV B 7 - S 2742 26/86, BB 1987, 667; BMF v. 27.12.1995 – IV B 7 - S 2742 - 76/95, BStBl. I 1996, 49; OFD Rheinland v. 14.12.2011, Kurzinfo Nr. 56/2011, FR 2012, 191 = DB 2012, 21.
I. Grundaussagen des Absatzes 3 Satz 2 Alt. 2 1. Regelungsgegenstand 1248
§ 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG bestimmt, dass Ausschüttungen auf Genussrechte das Einkommen unter bestimmten weiteren Voraussetzungen nicht mindern. Wie § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KStG (vGA) hat auch die Alt. 2 die Zielrichtung, das Einkommen der Körperschaft um Vorgänge, die dem Bereich der Einkommensverwendung zuzurechnen sind, zu bereinigen. Eine Hinzurechnung zum Einkommen soll allerdings nur erfolgen, wenn das Genussrecht einer Beteiligung ähnelt, der Genussrechtsinhaber also eine gesellschafterähnliche Stellung innehat und die Ausschüttung deshalb eher einer Dividende als einer Verzinsung gleicht. Dies wird nach dem Gesetzeswortlaut typisierend dann angenommen, wenn mit dem Genussrecht das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist. Nur wenn beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, kommt eine Hinzurechnung der Genussrechtsvergütungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG in Betracht.1 Damit wird aber keine vollkommene steuerliche Gleichstellung von Genussrechtsinhabern und Gesellschaftern bewirkt.2 Vielmehr wird die Genussrechtsvergütung auf der Einkommensebene wie eine
1 BFH v. 19.1.1994 – I R 67/92, BStBl. II 1996, 77 = FR 1994, 435 = GmbHR 1994, 410; v. 14.6.2005 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861 = GmbHR 2005, 1620. 2 So aber Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 546.
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E. Genussrechte (Abs. 3 Satz 2 Alt. 2)
Rz. 1248–1251 § 8
Ausschüttung behandelt. Einen weiter gehenden Regelungsgehalt hat § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG nicht. Auf der anderen Seite fallen Genussscheine mit Beteiligung am Liquidationserlös auch unter § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG und werden insoweit – also für Zwecke der Besteuerung der Substanzveräußerung – den Beteiligungsrechten quasi gleichgestellt.1 Einnahmen aus Genussrechten, mit denen eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist, fallen nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern – wie vGA – unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.2 2. Bedeutung und Telos Ziel des Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 ist es, das Einkommen der Körperschaft iSd. Abs. 1 zutreffend zu 1249 ermitteln. Der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ermittelte Gewinn (Unterschiedsbetrag) muss um Vorgänge bereinigt werden, die durch die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft veranlasst sind und deshalb dem Bereich der Einkommensverteilung zugeordnet werden müssen. Da Entnahmen iSd. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG bei einer KapGes. nicht denkbar sind, sondern alle Ausgaben zunächst BA darstellen, müssen Genussrechtsvergütungen, die in der Gewinnermittlung der KapGes. (zutreffend) als BA verbucht sind, bei der Einkommensermittlung wieder hinzugerechnet werden, wenn sie ihrem Charakter nach einer Ausschüttung ähneln. Es kommt somit – wie bei einer vGA – zu einer Hinzurechnung auf der 2. Gewinnermittlungsstufe. § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG ist keine Bilanzierungsvorschrift, sondern eine Einkommensermittlungsvorschrift (s. Rz. 315). Der im Bereich der vGA für die Feststellung des Veranlassungszusammenhangs maßgebende Fremdvergleich ist kein geeignetes Instrumentarium, um Genussrechtsvergütungen dem Einkommen wieder hinzuzurechnen, denn eine Genussrechtsvereinbarung mit Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös ist schon ihrer Art nach beteiligungsähnlich, und zwar unabhängig davon, ob der Genussrechtsinhaber zugleich Gesellschafter ist. Deshalb mussten die Genussrechte in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gesondert erwähnt werden. Es bedurfte im Übrigen eindeutiger Typisierungen (Teilnahme am Gewinn und am Liquidationserlös), um den beteiligungsähnlichen Charakter der Genussrechtsvereinbarung zu bestimmen. 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Verhältnis zu § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 (vGA) Die FinVerw. geht davon aus, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KStG durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG nicht verdrängt wird.3 Dem ist zuzustimmen.4 Eine Genussrechtsvergütung kann nach dieser Ansicht auch eine vGA nach allgemeinen Grundsätzen darstellen, wenn die Vergütung dem Grunde oder der Höhe nach einem Fremdvergleich nicht standhält und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies gilt nach hier vertretener Ansicht allerdings nur dann, wenn der Genussrechtsinhaber (Kapitalgeber) zugleich Gesellschafter der emittierenden KapGes. ist. Nur in diesem Fall kann ein Gesellschaftsverhältnis für die Vereinbarung ursächlich sein. Bei beherrschenden Gesellschaftern sind die dort einschlägigen formellen Besonderheiten zu beachten.5 Ein Genussrecht alleine macht dessen Inhaber nicht zu einem Gesellschafter, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein eigenkapitalähnliches Genussrecht handelt. Ist die Vergütung an den (Nur-)Genussrechtsinhaber – also einen Nicht-Gesellschafter – überhöht, so richtet sich die Qualifikation ausschließlich nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG.
1250
b) Verhältnis zum Bilanzrecht Da § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG keine Bilanzierungsvorschrift, sondern eine Einkommensermittlungsvorschrift ist, sind die Rechtsfolgen die gleichen wie im Bereich der (allgemeinen) vGA. Dies bedeutet, dass die Vorschrift nur eine Hinzurechnung von BA außerhalb der Bilanz zur Folge haben kann.
1 BFH v. 14.6.2005 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861 = GmbHR 2005, 1620; Weber-Grellet in Schmidt33, § 17 EStG Rz. 22; Gosch in Kirchhof13, § 17 EStG Rz. 15; Wüllenkemper, FR 1992, 473. 2 BFH v. 8.4.2008 – VIII R 3/05, BStBl. II 2008, 852 = FR 2009, 184 = GmbHR 2008, 1169; Wrede in H/H/R, § 20 EStG Rz. 165; Hamacher in Korn, § 20 EStG Rz. 66. 3 BMF v. 8.12.1986 – IV B 7 - S 2742 - 26/86, BB 1987, 667. 4 Ebenso Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 323. 5 Zutr. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 323.
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§ 8 Rz. 1252–1254
Ermittlung des Einkommens
1252
Das IDW1 und dem folgend die hM2 gehen in der HB von einer Erfassung der Genussrechtsverpflichtung als Eigenkapital aus, wenn gewinnabhängige Vergütungen und eine Verlustbeteiligung bis zur vollen Höhe des Genussrechtskapitals vereinbart sind, die Genussrechtsforderung im Insolvenzfall nachrangig ist und das Genussrechtskapital langfristig überlassen wird. Im Detail ist aber die Problematik handelsbilanzrechtlich durchaus umstritten.3 Dies betrifft ua. die Mindestlaufzeiten und Mindestkündigungszeiten.4 Sind die obigen durch das IDW aufgestellten Bedingungen erfüllt, soll das Genussrechtskapital (also die umqualifizierte Genussrechtsverpflichtung) in einem gesonderten Posten hinter dem Posten Gezeichnetes Kapital, hinter dem Posten Gewinnrücklagen oder als letzter Posten des Eigenkapitals ausgewiesen werden.
1253
Unabhängig von der handelsbilanziellen Behandlung des Genussrechtskapitals soll allerdings die Genussrechtsvergütung handelsrechtlich den Jahresüberschuss mindern.5 Verlustbeteiligungen mindern das Genussrechtskapital, werden handelsrechtlich bei der Emittentin aber nur dann als Ertrag ausgewiesen, wenn es sich nicht um ein eigenkapitalähnliches Genussrecht handelt.6
1254
Umstritten ist dagegen die Behandlung in der StB, insbesondere die Frage, ob hier der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG greift. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob es möglich ist, dass Genussrechte bei der Schuldnerkapitalgesellschaft nach den oa., durch das IDW aufgestellten Grundsätzen in der HB Eigenkapital darstellen und in der StB trotzdem als Verbindlichkeiten auszuweisen sind. Dies spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn die Gesellschaft durch Umwandlung einer wertlosen Darlehensforderung in ein „EK-Genussrecht“ steuerneutral entschuldet werden soll. Die Umwandlung der wertlosen Darlehensforderung in ein Genussrecht wäre nur dann steuerneutral, wenn in der StB ein reiner Passivtausch stattfände, also Fremdkapital (Darlehen) durch Fremdkapital (Genussrecht) ersetzt würde. Die hM geht davon aus, dass sich die bilanzielle Behandlung in der StB nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG richtet und deshalb der Maßgeblichkeitsgrundsatz in diesem Fall nicht greift.7 Die OFD Rheinland sieht dies anders.8 Sie geht uE zutreffend davon aus, dass die handelsrechtliche Behandlung der Genussrechtsverpflichtung wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 EStG) auch auf die StB durchschlägt. Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG ist, ebenso wie die Regelung zur vGA, eine reine Einkommensermittlungsvorschrift. Um eine steuerrechtliche Bilanzierungsvorschrift handelt es sich dabei nicht.9 Nach Ansicht der OFD Rheinland10 löst deshalb die Ausbuchung der Darlehensverbindlichkeit iHd. Differenz zwischen TW und Buchwert einen stpfl. Ertrag aus. Es handelt sich nach dieser inzwischen auf Bund-Länder-Ebene bestätigten Verwaltungsauffassung nicht um einen steuerneutralen Passivtausch. Aus dem Umstand, dass die Veräußerung eines beteiligungsähnlichen Genussrechts unter § 8b Abs. 2 KStG11 bzw. unter § 17 EStG fällt (§ 17 Abs. 1 Satz 3 EStG), kann nach hier vertretener Ansicht nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Beide Vorschriften regeln ausdrücklich die Einbeziehung von Genussrechten in die Veräußerungsgewinnbesteuerung für Beteiligungen. Eine Korrespondenz zur bilanzsteuerlichen Behandlung bei dem Genussrechtsemittenten besteht nicht. Wären Genussrechte einer Beteiligung am Stammkapital/Nennkapital gleichzustellen, bedürfte es einer solchen Regelung nicht.
1 Stellungnahme des HFA 1/94 v. 1.7.1994, WPg 1994, 419. 2 Müller/Reinecke, WPg 1995, 576; Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4, 24; Baetge/Brüggemann, DB 2005, 2145. 3 Hüffer11, § 221 AktG Rz. 79; Breuninger/Prinz, DStR 2006, 1345; zur Rechtsnatur des genussrechtskapitals s. Merkt in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 221 Rz. 43 ff. 4 Baetge/Brüggemann, DB 2005, 2145; Küting/Kessler, BB 1994, 2103; Wengel, DStR 2001, 1316; Emmerich/ Naumann, WPg 1994, 677; Stadler, NZI 2003, 579. 5 IDW, HFA 1/1994, WPg 1994, 419 Rz. 2.2; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 123. 6 IDW, HFA 1/1994, WPg 1994, 419 Rz. 2.2.2b. 7 Emde, BB 1988, 1214; Groh, BB 1993, 1882; Breuninger/Prinz, DStR 2006, 1345; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 1193; Günkel, JbFStR 2011/2012, 824; Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115; Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494; Kroener/Momen, DB 2012, 829; Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299; Beyer, DStR 2012, 2199; Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 230; aA Große, DStR 2010, 1397. 8 OFD Rheinland v. 14.12.2011, Kurzinfo Nr. 56/2011, FR 2012, 191 = DB 2012, 21; ebenso zuvor Große, DStR 2010, 1397. 9 So auch F. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 133. 10 OFD Rheinland v. 14.12.2011, Kurzinfo Nr. 56/2011, FR 2012, 191 = DB 2012, 21. 11 § 8b Abs. 2 KStG verweist auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
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E. Genussrechte (Abs. 3 Satz 2 Alt. 2)
Rz. 1255–1260 § 8
Der Genussrechtsinhaber bilanziert nach allgemeinen Grundsätzen und Bewertungsregeln in HB und StB ein eigenständiges WG „Genussrecht“.1
1255
c) Verhältnis zum GewStG Wenn kein beteiligungsähnliches Genussrecht besteht, also keine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG erfolgt und das Genussrecht in HB und StB als Verbindlichkeit ausgewiesen ist, ergibt sich eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung der (körperschaftsteuerlich abziehbaren) Genussrechtsvergütungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.2 Es handelt sich um Entgelte für Schulden, also für die Nutzung von Fremdkapital.
1256
4. Rechtsentwicklung § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG geht auf ein Urteil des RFH v. 17.4.19343 zurück. Die bis dahin 1257 umstrittene Frage der steuerlichen Behandlung von Genussrechtsvergütungen wurde erst nach der RFH-Entscheidung erstmals in § 7 Abs. 2 KStG 19344 gesetzlich geregelt und hat daher rechtshistorisch denselben Ursprung wie die Regelungen zur vGA. Die später in § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG übernommene Vorschrift beschränkte sich in ihrer Ursprungsfassung auf die Hinzurechnung der Vergütung bei beteiligungsähnlichen verbrieften Genussrechten. Ausschüttungen auf nicht verbriefte Genussrechte waren also zunächst als BA abzugsfähig. Erst durch das Steuerbereinigungsgesetz 19855 wurde das Wort Genussscheine durch Genussrechte ersetzt. Dadurch wurde der Regelungsinhalt auf beteiligungsähnliche nicht verbriefte Genussrechte ausgedehnt. Diese Bestimmung findet sich auch noch in § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG in der heute geltenden Fassung.
II. Systematik und Grundlagen 1. Genussrecht Genussrechte sind im Gesellschaftsrecht nicht definiert,6 finden aber Erwähnung in § 160 1258 Abs. 1 Nr. 6 und § 221 Abs. 3 AktG. Ein Genussrecht ist eine schuldrechtliche Anlageform, die idR ein Gewinnbeteiligungsrecht vermittelt. Es handelt sich um ein verbrieftes oder nicht verbrieftes Forderungsrecht gegen eine KapGes. Genussrechte vermitteln keine Gesellschafterrechte, insbesondere keine Stimmrechte oder besondere, über einen allgemeinen Auskunftsanspruch hinausgehende Kontrollrechte.7 Der Genussrechtsinhaber kann, muss aber nicht zugleich Gesellschafter der KapGes. sein.8 Die Vermögensrechte werden meist als Beteiligung am Gewinn und/oder am Liquidations- 1259 erlös dargestellt. Die ergebnisabhängige Vergütung kann aber auch zum Teil als feste Verzinsung mit nur teilweiser oder nur mittelbarer Gewinnbeteiligung vereinbart werden.9 Auch eine GmbH kann Genussrechte ausgeben. Dies geschieht durch einen einfachen schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Kapitalgeber und der Gesellschaft. Im Schrifttum wird allerdings empfohlen, wegen § 43 GmbHG (Wahrung der Sorgfaltspflichten) die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen.10 Nach Auffassung der FinVerw. findet § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG auch Anwendung, 1260 wenn der Genussrechtsemittent keine KapGes. ist.11 Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, der mit „auch“ eingeleitet werde und deshalb die KapGes. nur beispielhaft nenne, sowie aus den von der Rspr. entwickelten Grundsätzen, die auf die Belastung der Steuerkraft des Unternehmens abstellen. Frotscher12 teilt die Verwaltungsansicht, weil die Genussrechtsvergütungen durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG den Ausschüttungen gleichgestellt werden sollten und daher auch auf Genossenschaften und andere Körperschaften Anwendung finden müssten. Diese Auslegung geht allerdings über den eindeutigen 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 571. Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rz. 42; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 609. RFH v. 17.4.1934 – I A 316/32, RStBl. 1934, 773. RStBl. 1934, 1031. G v. 14.12.1984, BStBl. I 1984, 695. Kratzsch, BB 2005, 2603. BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 = AG 1993, 125. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 123 mwN. Zur Bandbreite und den Modalitäten s. Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4 zu Heft 8, Küting/Erdmann/Dürr, DB 2008, 941. 10 Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch, BB Beilage 2005 Nr. 14, 1–32. 11 BMF v. 8.12.1986 – IV B 7 - S 2742 - 26/86, juris. 12 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 126.
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§ 8 Rz. 1260–1263
Ermittlung des Einkommens
Wortlaut hinaus, der nur von KapGes. spricht. Für eine nur beispielhafte Nennung ergeben sich keine Anhaltspunkte. Diese Auslegung wird deshalb – zu Recht – überwiegend1 abgelehnt. Eine über den Wortlaut hinausgehende teleologische Extension ist auch in der oa. Frage kaum tragfähig, denn sie müsste darauf abzielen, den zu engen Wortlaut eines Gesetzes auf dessen weiter gehenden Zweck auszudehnen (teleologische Extension). Eine solche Auslegung setzt aber voraus, dass der Wortlaut des Gesetzes zu einem sinnwidrigen oder gar unsinnigen Ergebnis führt und dies durch den Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt ist.2 Die Nichteinbeziehung von Genossenschaften in den Regelungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG könnte aber durchaus auch auf eine bewusste (ggf. ordnungspolitisch fehlerhafte) Entscheidung des Gesetzgebers zurückzuführen sein. Dies schließt eine Ausdehnung des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG auf andere Körperschaften aus. 1261
Das Genussrecht ist von der stillen Gesellschaft abzugrenzen. Maßgebend für die Qualifikation ist zunächst, ob in der getroffenen Vereinbarung von einem Genussrecht oder einer stillen Beteiligung die Rede ist. Ferner sprechen ein gemeinsamer Gesellschaftszweck (§ 230 HGB) und spezielle Kontrollrechte für eine stille Gesellschaft, eine reine Kapitalanlageabsicht indiziert dagegen ein Genussrecht.3
1262
Das Genussrecht ist ferner von nicht gewinnabhängigen sog. „ewigen Anleihen“4 abzugrenzen.5 Denn wenn eine Rückzahlungsverpflichtung nach den vertraglichen Vereinbarungen tatsächlich besteht, stellen solche Anleihen in Handels- und Steuerbilanz grds. Fremdkapital dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Schuldner für den Fall der Veränderung des Zinssatzes ein Kündigungsrecht zusteht.6 Dies dürfte selbst für Anleihen mit unbestimmter Laufzeit gelten. Hier kann im Einzelfall von einer wirtschaftlichen Rückzahlungsverpflichtung auszugehen sein, wenn der Kapitalgeber nicht Gesellschafter ist und bzgl. der konkreten Anleiheart eine vorzeitige Rückzahlung oder ein Austausch gegen andere Papiere marktüblich ist und dadurch eine faktische Verpflichtung existiert. Ist die „ewige Anleihe“ gewinnabhängig, so ist sie von der Ausgestaltung her ggf. mit einem Genussrecht vergleichbar. In diesem Fall ist zu prüfen, ob die lange Laufzeit dafür spricht, dass auch von einer Beteiligung am Liquidationserlös auszugehen ist (s. dazu Rz. 1270). 2. „Ausschüttungen jeder Art“ auf Genussrechte
1263
Wenn das Genussrecht eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös vermittelt, so dürfen „Ausschüttungen jeder Art“ auf dieses Genussrecht das Einkommen der KapGes. nicht mindern. Ausschüttungen sind alle Vermögensminderungen, die aufgrund der vereinbarten Gennussrechtsvergütungen geschuldet werden. Betroffen sind sowohl laufende Vergütungen als auch Liquidationserlöse. Dies entspricht dem Ausschüttungsbegriff bei der vGA. Für die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG kommt es nicht darauf an, ob die Genussrechtsvergütung abgeflossen ist. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die Vergütung den Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz EStG gemindert hat.7 Hierzu genügt die Einbuchung einer Verbindlichkeit.8 Denkbare Vergütungen können auch Nutzungen oder Nutzungsrechte sein.9 Die Korrektur des Einkommens erfolgt wie bei der „normalen“ vGA außerhalb der Bilanz.10 Auch die übrigen Rechtsfolgen entsprechen denen der „normalen“ vGA.11 Bei der KapESt wurde für bis zum 31.12.2008 ausgezahlte Vergütungen nach der Art
1 Gosch2, § 8 KStG Rz. 150; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 319; Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 191; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1158; zweifelnd, aber tendenziell wohl ebenfalls ablehnend F. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil A Rz. 106. 2 Drüen in T/K, § 4 AO Rz. 382; BFH v. 18.4.2012 – X R 5/10, GmbHR 2012, 867 m. Anm. Binnewies = FR 2012, 868 m. Anm. Schmitz-Herscheidt = BFH/NV 2012, 1358; v. 12.8.1997 – VII R 107/96, BStBl. II 1998, 131 = GmbHR 1998, 153; v. 17.1.1995 – IX R 37/91, BStBl. II 1995, 410. 3 BFH v. 8.4.2008 – VIII R 3/05, BStBl. II 2008, 852 = FR 2009, 184 = GmbHR 2008, 1169. 4 Anleihen mit extrem langen Laufzeiten bzw. ohne Laufzeitbegrenzung. 5 S. dazu Bünning, BB 2014, 2667. 6 S. dazu Bünning, BB 2014, 2667 (2670). 7 Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 192. 8 Gosch2, § 8 KStG Rz. 152; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 204; Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil A Rz. 108. 9 Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 192 mwN. 10 Zutr. F. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil A Rz. 133; aA Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494; Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 230. 11 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 322.
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E. Genussrechte (Abs. 3 Satz 2 Alt. 2)
Rz. 1263–1267 § 8
des Genussrechts differenziert.1 Seit dem 1.1.2009 beträgt die KapESt aber gem. § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG einheitlich 25 %. 3. Recht auf Beteiligung am Gewinn Eine Beteiligung am Gewinn ist gegeben, wenn die Bemessungsgrundlage für die Genussrechtsvergütung zumindest teilweise an den Gewinn der KapGes. anknüpft. Eine Verlustbeteiligung ist unschädlich, aber nicht erforderlich.2 Wenn das Genussrecht bilanziell Fremdkapital darstellt, führt die Verlustbeteiligung zu einem Gewinn bei der Gesellschaft.
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Mögliche Anknüpfungspunkte für die Beteiligung am Gewinn sind der Jahresüberschuss, 1265 der Bilanzgewinn, eine andere aus dem Gewinn oder Jahresüberschuss unmittelbar ableitbare Größe3 oder die Dividende4. Die Bezugsgröße kann vom Wj. der Gesellschaft abweichen.5 Das Ergebnis einer bestimmten Unternehmenssparte (tracking-stock), einer bestimmten Tochtergesellschaft6 oder die Erträge aus bestimmten Einzelwirtschaftsgütern mögen handelsrechtlich taugliche Anknüpfungspunkte sein.7 Eine Beteiligung am Gewinn „der“ KapGes. stellen sie indes nicht dar.8 Auch der Umsatz ist keine geeignete Größe für eine Beteiligung am Gewinn.9 Dagegen wird eine mittelbare Gewinnabhängigkeit im Allgemeinen als ausreichend angesehen.10 Nicht ausreichend ist nach hier vertretener Ansicht allerdings die Vereinbarung einer festen Vergütung, die nur das Vorhandensein eines Gewinns (dem Grunde nach) voraussetzt, die also nur im Gewinnfall geschuldet wird.11 Eine Festverzinsung, die auch bei Verlusten zu zahlen ist, stellt grds. keine Gewinnbeteiligung dar. Allerdings kann eine Mindestverzinsung neben einer Gewinnbeteiligung vereinbart werden. Die Gewinnbeteiligung muss allerdings deutlich im Vordergrund stehen.12
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4. Beteiligung am Liquidationserlös Eine Beteiligung am Liquidationserlös ist anzunehmen, wenn der Genussrechtsinhaber einen Anspruch darauf hat, im Falle der Liquidation der genussrechtsemittierenden KapGes am Abwicklungsvermögen iSd. § 11 KStG beteiligt zu werden. Dabei muss er im Liquidationsfall auch einen Anteil an den stillen Reserven der KapGes. (zB im Verhältnis des Genussrechtskapitals zum Stammkapital) erhalten.13 Eine nur marginale (nicht ansatzweise im Verhältnis zur Höhe des Genussrechtskapitals stehende) Beteiligung an den stillen Reserven reicht nach hier vertretener Ansicht nicht aus.14 Eine Deckelung, also eine Beschränkung auf einen bestimmten Höchstbetrag bei der Beteiligung an den stillen Reserven dürfte einer Beteiligung am Liquidationserlös nicht entgegenstehen.15 Eine Deckelung auf den
1 Bei den nicht durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG erfassten (sog. obligationenartigen) Genussrechten betrug die KapESt 25 % (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG), während sie sich bei den beteiligungsähnlichen Genussrechten iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG auf 20 % belief (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). 2 Gosch2, § 8 KStG Rz. 151. 3 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 202; Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 230. 4 B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1159; Kratzsch, BB 2005, 2603. 5 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 581. 6 Das G fordert ausdrücklich eine Beteiligung am Gewinn „der“ KapGes. Ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 151; aA allerdings Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 583, der ein „Tracking-StockGenussrecht“ zumindest dann als Gewinnbeteiligung ansieht, wenn insgesamt ein positives Gesamtergebnis erwirtschaftet wird. 7 Habersack in MüKo zum AktG, Bd. 4, 3. Aufl. 2011, § 221 Rz. 95. 8 Ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 151; aA Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 184. 9 Kratzsch, BB 2005, 2603; Gosch2, § 8 KStG Rz. 151. 10 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 320; Gosch2, § 8 KStG Rz. 151; Kroschewski, Stbg 2005, 341; Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 184. 11 Zutr. F. Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil A Rz. 110; aA Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 546 mwN. 12 BFH v. 28.6.1960 – I 85/60, FR 1961, 183; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 125; Stein in H/H/R, § 8 KStG Rz. 184; Kratzsch, BB 2005, 2603; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 202; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 320; Linscheidt, DB 1992, 1852; Sontheimer, BB 1984 Beilage 19, 1; Breuninger/Prinz, DStR 2006, 1345. 13 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil A Rz. 112; Gosch2, § 8 KStG Rz. 151; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 125; Breuninger/Prinz, DStR 2006, 1345. 14 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 592. 15 Häuselmann, BB 2007, 931 (935).
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§ 8 Rz. 1267–1272
Ermittlung des Einkommens
Nennbetrag des Genusssrechts genügt aber nicht, weil in diesem Fall die Steuerkraft der Gesellschaft genauso belastet wird wie bei einer normalen Darlehenstilgung.1 1268
Die Vereinbarung einer Beteiligung (nur) an den stillen Reserven vor der Liquidation ist uE keine Beteiligung am Liquidationserlös.2 Etwas anderes gilt nach hier vertretener Ansicht aber dann, wenn neben einer Beteiligung an den stillen Reserven im Falle der Kündigung oder Endfälligkeit vor Liquidation (auch) eine Beteiligung an einem eventuellen Liquidationserlös vereinbart ist.3
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Wenn das Genussrechtskapital zeitlich gesehen erst bei Liquidation der KapGes. (nicht vorher), dann aber zum Nennwert zurückzuzahlen ist, so ist nach hier vertretener Ansicht keine Beteiligung am Liquidationserlös anzunehmen, denn der Genussrechtsinhaber erhält schließlich nur sein hingegebenes Kapital zurück.4 Die FinVerw. sieht dies aber offenbar anders. Sie nimmt eine Beteiligung am Liquidationserlös schon dann an, wenn eine Rückzahlung des Genussrechtskapitals voraussichtlich vor der Liquidation der Gesellschaft nicht verlangt werden kann.5 Grund hierfür sei der Umstand, dass die Genussrechte in diesem Fall die Steuerkraft des Unternehmens in etwa gleicher Weise belasten wie Stammkapital.6
1270
Bei Laufzeiten von mehr als 30 Jahren geht die FinVerw.7 von einer wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit des Rückzahlungsanspruchs und deshalb von einer Beteiligung am Liquidationserlös aus.8 Diese Sichtweise wird von der hM9 und der Rspr.10 abgelehnt. Sie ist auch nach hier vertretener Ansicht problematisch, wenn im Liquidationsfall nur das Genussrechtskapital zum Nennwert zurückzuzahlen ist und eine Beteiligung an den stillen Reserven deshalb nicht besteht.11 Hält man die Betrachtung des Rückzahlungszeitraums für ein Kriterium, das für eine Beteiligung am Liquidationserlös spricht, so dürfte zumindest die „30-Jahres-Frist“ nicht mehr zeitgemäß sein. Hier ist zu berücksichtigen, dass das BMFSchreiben, welches aus dem Jahr 1986 stammt, ausdrücklich einen Vergleich zu den seinerzeit längst laufenden Schuldtiteln am Kapitalmarkt zieht. In der heutigen Zeit sind aber am Kapitalmarkt durchaus Anleihen anzutreffen, deren Laufzeiten 30 Jahre deutlich übersteigen, ohne eigenkapitalähnlichen Charakter zu haben. Ob die FinVerw. an der oa. Auffassung für Zwecke der Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG weiter festhält, ist unklar.
1271
Unbedeutend ist eine Rangrücktritts- bzw. Nachrangvereinbarung. Sie verleiht dem Genussrecht weder einen Beteiligungscharakter noch erfüllt sie das Tatbestandsmerkmal „Beteiligung am Liquidationserlös“.12
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Ist eine Teilnahme am Verlust vereinbart, so geht die FinVerw. von einer Beteiligung am Liquidationserlös aus, wenn das Genussrechtskapital zwar durch einen Verlust gemindert wird, aber dennoch eine Rückzahlung des Nennwerts erfolgt. Hier werde die verlustbedingte Minderung des Genussrechtskapitals durch die Beteiligung an den stillen Reserven ausgeglichen.13
1 BFH v. 14.6.2005 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861 = GmbHR 2005, 1620 m. Anm. Eilers/Roderburg; ebenso Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil A Rz. 112; Breuninger/Prinz, DStR 2006, 1345 (1347); Brokamp/ Hölzer, FR 2006, 272 (275). 2 Gosch2, § 8 KStG Rz. 151; aA Linscheidt, DB 1992, 1852; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 203; wohl auch BFH v. 14.6.2005 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861 = GmbHR 2005, 1620 m. Anm. Eilers/Roderburg. 3 Zutr. Kroschewski, Stbg 2005, 341 (343). 4 GlA Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil A Rz. 112; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 125; Gosch2, § 8 KStG Rz. 151; aA Kratsch, BB 2005, 2603 (2607). 5 BMF v. 27.12.1995 – IV B 7 - S 2742 - 76/95, BStBl. I 1996, 49. 6 BMF v. 27.12.1995 – IV B 7 - S 2742 - 76/95, BStBl. I 1996, 49; s. dazu bereits RFH v. 17.4.1934 – I A 316/32, RStBl. 1934, 773; differenzierend Kratsch, BB 2005, 2603. 7 BMF v. 8.12.1986 – IV B 7-S 2742-26/86, juris. 8 Ebenso Vollmer/Maurer, DB 1994, 1173; Griemla, FR 2011, 853. 9 Loritz, DStR 2000, 77; Häuselmann, BB 2007, 931; Gosch2, § 8 KStG Rz. 151; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 125; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 321; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 594. 10 BFH v. 19.1.1994 – I R 67/92, BStBl. II 1996, 77 = FR 1994, 435 = GmbHR 1994, 410. 11 Zutr. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 125. 12 BMF v. 8.12.1986 – IV B 7 - S 2742 - 26/86, juris; sowie BFH v. 14.6.2005 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861 = GmbHR 2005, 1620. 13 BMF v. 17.2.1986 – IV B 7 - S 2742 - 1/86, juris.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1273 § 8
5. Verbot der Einkommensminderung Die Vergütungen auf Genussrechte, die nach den oa. Kriterien beteiligungsähnlich ausgestaltet sind, mindern das Einkommen der KapGes. nicht. § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KStG ist nach hier vertretener Ansicht keine Bilanzierungsvorschrift, sondern eine Einkommensermittlungsvorschrift (s. Rz. 1249). Wie im Bereich der (allgemeinen) vGA müssen Genussrechtsvergütungen, die in der steuerlichen Gewinnermittlung der KapGes. (zutreffend) als BA verbucht sind, bei der Einkommenermittlung wieder hinzugerechnet werden, wenn sie ihrem Charakter nach einer Ausschüttung ähneln. Es handelt sich um eine Korrektur auf der sog. 2. Gewinnermittlungsstufe. Wenn das Genussrecht nach den in Rz. 1252 genannten Kriterien in der HB ausnahmsweise Eigenkapital darstellt, dann kann auch in der StB nach hier vertretener (umstrittener) Ansicht keine Verbindlichkeit ausgewiesen werden (zu dieser Streitfrage s. Rz. 1254). Im Fall der Qualifikation als steuerbilanzielles Eigenkapital würde sich auch das steuerliche Einlagekonto gem. § 27 Abs. 1 KStG um das Genussrechtskapital erhöhen. Die Genussrechtsvergütung wird dennoch in der Handels- und Steuerbilanz als Aufwand gebucht.1 Die Vergütung stellt in diesem Fall eine Verzinsung des Eigenkapitals dar und damit eine vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 KStG, die nach allgemeinen vGAGrundsätzen außerhalb der Bilanz dem Einkommen hinzuzurechnen ist.
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Sätze 3 bis 6) Literatur: Thiel, Disquotale Einlagen des Besitzunternehmers bei der Betriebsaufspaltung, FS Haas, 1996, 353; Gosch, Nachträgliche Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung durch Inanspruchnahme aus einer Ehegatten-Bürgschaft, StBp 1997, 108; Groh, Einlage wertgeminderter Gesellschafterforderungen in Kapitalgesellschaften, BB 1997, 2523; Groh, Ist die verdeckte Einlage ein Tauschgeschäft, DB 1997, 1683; Hoffmann, Fragen und Gestaltungshinweise zur BFH-Entscheidung über den Forderungsverzicht des Gesellschafters, DStR 1997, 1625; Neumann, Neue „Zuflussfiktion“ beim Forderungsverzicht durch einen GmbH-Gesellschafter, FR 1997, 925; Groh, Erlass von Gesellschafterdarlehen in der Krise der Kapitalgesellschaft; Ökonomische und rechtliche Aspekte der Unternehmensbesteuerung 1998, 32; Haarmann/Henkel/ Bogenschütz/Schild/Borggräfe/Hommelhoff, Verdeckte Einlage, JbFfSt 1997/1998, 620; Arteaga, Steuerliche Auswirkungen des Verzichts auf eine Pensionszusage durch einen GmbH-Gesellschafter, BB 1998, 977; Bilsdorfer, Forderungsverzicht eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft als verdeckte Einlage, SteuerStud 1998, 36; Gosch, Mittelbare verdeckte Einlagen, StBp 1998, 80; Gosch, Verdeckte Einlage einer wesentlichen Beteiligung in eine Kapitalgesellschaft, StBp 1998, 51; Neu, Der Forderungsverzicht durch den GmbH-Gesellschafter aus steuerlicher Sicht, GmbH-StB 1998, 131; Korn, Zur steuerlichen Auswirkung einer mittelbaren verdeckten Einlage über eine Personengesellschaft, KÖSDI 1998, Nr. 1, 11381; Paus, Rückgewähr einer verdeckten Gewinnausschüttung als verdeckte Einlage?, DStZ 1999, 870; Strahl, Steuerrechtsfolgen von Forderungsverzichten durch GmbH-Gesellschafter, KÖSDI 1999, Nr. 2, 11862; Alber, Die unentgeltliche Nutzungsüberlassung durch einen GmbH-Gesellschafter, GStB 2000, 404; Schlagheck, Verzicht des Gesellschafters auf eine wertgeminderte Forderung gegen seine GmbH, GmbHR 2000, 363; Eilers/ Wienands, Zur steuerlichen Behandlung des Verzichts auf eigenkapitalersetzende Darlehen, GmbHR 2001, 823; Hoffmann, Nochmals: Bilanzierungsfragen bei verdeckten Einlagen in Kapitalgesellschaften, StuB 2001, 1224; Kußmaul/Klein, Maßgeblichkeitsprinzip bei verdeckter Einlage und verdeckter Gewinnausschüttung?, DStR 2001, 189; Kußmaul/Klein, Replik: Bilanzierungsfragen bei verdeckten Einlagen in Kapitalgesellschaften, StuB 2001, 1227; Serafini, Dritt- oder Eigenaufwand bei verdeckten Einlagen, Darlehen oder Bürgschaften, GStB 2001, 291; Gosch, Forderungsabtretung statt Forderungsverzicht als Gestaltungsalternative zur Vermeidung einer verdeckten Einlage, BFH-PR 2002, 302; Gosch, Möglichkeiten, den misslichen Konsequenzen aus dem Beschluss des Großen Senats zur verdeckten Einlage zu entgehen, BFH-PR 2002, 138; Reddig, Die verdeckte Einlage in Kapitalgesellschaften – Ein Überblick, SteuerStud 2002, 596; Wacker, Eigenkapitalersatz und Drittaufwand bei GmbH-Anteilen, StJB 2001/2002, 119; Alber/Herold, Verzicht auf laufendes Gehalt, Tantieme und Pension, GStB 2003, 219; Füger/Rieger, Verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten, DStR 2003, 628; Janssen, Folgen des Verzichts auf eine Pensionszusage, sj 2004, Nr. 24, 22; Schlagheck, Forderungsverzicht im Handels- und Steuerrecht, BBK Fach 14, 7255 (3/2003); Harle/Kulemann, Forderungsverzicht gegen Besserungsschein – ein Gestaltungsmodell wird eingeschränkt, GmbHR 2004, 733; Hoffmann, Der Sanierungszuschuss in der Steuerbilanz des Gesellschafters, GmbHR 2004, 1454; Böth, Die verdeckte Einlage – eine häufig unterschätzte Feststellung, StBp 2005, 341; Hoffmann, Zur Frage der Gewinnrealisierung im Rahmen einer verdeckten Einlage, GmbHR 2005, 1439; Urbahns, Zur Bewertung verdeckter Einlagen beim Forderungsverzicht im Konzern, DStZ 2005, 148; Briese, Die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft, GmbHR 2006, 1136; Hoffmann, Verdeckte Einlagen von Nicht-Gesellschaftern in Kapitalgesellschaften, GmbH-StB 2006, 373; Kirchner, Verdeckte Einlagen in Kapitalgesellschaften zu Buchwerten nach § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG, StuB 2006, 420; Marenbach, Konsequenzen von verdeckten Einlagen bei einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern, DStR 2006, 1919; Schießl, Übergang des Geschäftswerts auf die Betriebs-GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung?, GmbHR 2006, 459; Bernhardt/van der Ham/Kluge, Das Verhältnis von § 1 AStG n.F. und verdeckter Einlage – Können Wirtschaftsgüter grenzüberschreitend noch immer ausschließlich verdeckt eingelegt werden?, IStR 2007, 717; Dieterlen/Dieterlen, Keine Einkommensminderung des verdeckt einlegenden Gesellschafters als Vo1 IDW, HFA-Stellungnahme 1/1994, WPg 1994, 419 Rz. 2.2.
Neumann
671
1273
§8
Ermittlung des Einkommens
raussetzung einer einkommensneutralen verdeckten Einlage nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG DStZ 2007, 489; Dörfler/Heurung/Adrian, Korrespondenzprinzip bei verdeckter Gewinnausschüttung und verdeckter Einlage, DStR 2007, 514; Gluth, Gesellschafter-Geschäftsführer: Steuerliche Auswirkungen des Verzichts auf eine Pensionszusage, GmbHR 2007, 1144; Kammeter/Geißelmeier, Der Rangrücktritt – Bestandsaufnahme und Auswirkungen des MoMiG im Handelsbilanz- und Steuerrecht, NZI 2007, 214; Lornsen-Veit/Behrendt, Forderungsverzicht mit Besserungsschein nach dem SEStEG – weiterhin Direktzugriff auf das Einlagekonto, FR 2007, 179; Neu, Steuerfreiheit der verdeckten Einlage nach § 8b KStG aF, EFG 2007, 612; Neumann, Neuregelung für vGA und verdeckte Einlagen, GmbH-StB 2007, 112; Briese, Verdeckte Einlage durch Verzicht auf Pensionsanwartschaften?, GmbHR 2008, 568; Dörfler/Adrian, Anwendungsfragen und Wirkungen des Korrespondenzprinzips bei verdeckter Gewinnausschüttung und verdeckter Einlage, Ubg 2008, 373; Janssen, Dreiecksfälle bei der formellen und materiellen Korrespondenz bei vGA und verdeckter Einlagen, GStB 2008, 295; Janssen, Vierecksfälle bei der formellen und materiellen Korrespondenz bei vGA und verdeckten Einlagen, GStB 2008, 413; Ott, Gesellschafter-Vergütungsverzicht, GmbH-Stpr 2008, 163; Risthaus, Verzicht eines GGF auf eine Pensionszusage, BetrAV 2008, 737; Weber-Grellet; Schwierigkeiten bei der Auflösung einer zu Unrecht gebildeten Pensionsrückstellung, StuB 2008, 103; Wellisch, Ablösung von Pensionszusagen: Bestimmung des Ausgleichswerts für die auf den Past und den Future Service entfallenden Anwartschaften, BB 2008, 2562; Binnewies/Wollweber, Pensionsverzicht bei Anteilskauf, GmbH-StB 2009, 307, Horst, Materielle Korrespondenz, NWB 2009, 3022–3033; Kempf, Korrespondenzprinzip bei internationalen verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, StJB 2008/2009, 147; Lehmann, Widerruf von (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführern einer in der Krise befindlichen Kapitalgesellschaft gegebenen Versorgungszusagen – Balanceakt zwischen „Scylla und Charybdis“, BB 2009, 1620; Levedag, Verdeckte Einlage eines Geschäftswerts, HFR 2009, 654; Neu, Abfindung von Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, EFG 2009, 1679; Neumann, Neue insolvenzrechtliche Anforderungen an den Rangrücktritt; Bedeutung für das Steuerrecht, GmbH-StB 2009, 192; Becker/Pape/Wobbe, Forderungsverzicht mit Besserungsschein – ein vermehrt genutztes Instrument zur Überwindung der Krise, DStR 2010, 506; Bogenschütz, Regresslose Schuldübernahme als Sanierungsinstrument, Ubg 2010, 407; Brinkmann, Forderungsverzicht gegen Besserungsschein, StBp 2010, 33; Förster, Steuerliche Aspekte der Entlastung einer Kapitalgesellschaft von Verbindlichkeiten durch ihre Gesellschafter Ubg 2010, 758; Hoffmann, Der Austritt aus der Pensionsverpflichtung, GmbH-StB 2010, 371; Janssen, „Rentner GmbH“ – neues Modell zur Beseitigung von Pensionszusagen?, NWB 2010, 1998; Linden, Gesellschafter-Geschäftsführer und Pensionszusagen – Durch „Einfrieren“ ein Lohnsteuer- und Liquiditätsfiasko?, DStR 2010, 582; Ott, Finanzierungshilfen bei der GmbH, Forderungsverzicht und Ausfall von Gesellschafterdarlehen, DStZ 2010, 623; Risthaus, Verdeckte Einlage durch Verzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf den „future-service“ seiner Pensionszusage, DStZ 2010, 212; Seer, Der sog. Sanierungserlass vom 27.3.2003 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen aus sachlichen Billigkeitsgründen, FR 2010, 306; Bode, Auch für Anwartschaften auf Hinterbliebenenversorgung gilt das Realisationsprinzip, FR 2011, 1004; Felten, Anmerkung, Kein Lohnzufluss bei Verzicht auf eine verfallbare Pensionszusage, BB 2011, 2674; Haase/Dorn, Forderungsverzicht als zwingende Folge der Liquidation einer verbundenen Unternehmung?, BB 2011, 2907; Killat, Verzicht auf den future service – eine Geschichte ohne Ende?, DStZ 2011, 892; Korth, Zufluss von Tantiemen und Altersversorgungszusagen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern, AktStR 2011, 337; Kuhfus, Kein zwangsläufiger Wegfall des Pensionsanspruchs bei vorübergehendem Gehaltsverzicht des Gesellschaftergeschäftsführers, EFG 2010, 891; Lieb, Steuerliche Anerkennung von Pensionsrückstellungen bei nach Zusageerteilung erfolgter Gehaltskürzung, BB 2011, 2546; Paus, Zufluss des vereinbarten, nicht gezahlten Gehalts des GGF je nach Buchung bei der GmbH?, DStZ 2011, 458; Roser, Unzureichende Systematik bei Gesellschafterforderungen – Notwendigkeit des Umdenkens, Ubg 2011, 113; Siebert/Ivzhenko-Siebert, Zufluss und verdeckte Einlage durch Verzicht auf vollwertige Leistungs- oder Nutzungsvergütung nur bei vorheriger Aufwandsbuchung? FR 2011, 948; Benz/Böing, Zur Werthaltigkeit der Gesellschafterforderung beim Forderungsverzicht im Konzern, Ubg 2012, 440; Brück/Strnad, Wider den abgekürzten Vertragsweg beim Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 § 5 EStG, Ubg 2012, 119; Bruschke, Verzicht des GesellschafterGeschäftsführers auf eine noch nicht erdiente Pensionsanwartschaft („future-service“), StC 2012, Nr. 5, 24; Janssen, Ertragsteuerliche Behandlung des Verzichts auf den future service einer Pensionszusage, NWB 2012, 3230; Killat, Verzicht auf den future-service – nunmehr ein Ende der unendlichen Geschichte?, DStZ 2012, 643; Schothöfer, Beschränkung von verdeckter Einlage und Zufluss auf den Rückstellungsbetrag, DStR 2012, 548; van Lishaut/Ebber/Schmitz, Die schenkung- und ertragsteuerliche Behandlung disquotaler Einlagen und disquotaler Gewinnausschüttungen, Ubg 2012, 1; Viskorf/Haag/Kerstan, Verdeckte Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen im Schenkungsteuerrecht, NWB 2012, 927; Zimmers, „Voraus-Gehaltsverzicht“ des beherrschenden GmbH-Gesellschafters gegen Besserungsschein, GStB 2012, 28; Behrens, Verdeckte Einlage in eigene GmbH beendet Zusammenhang der Aktienoptionen mit dem Anstellungsverhältnis, BB 2013, 551; Bisle, Ertragsteuerliche Behandlung des Verzichts auf den future service einer Pensionszusage, SteuK 2013, 31; Kraft, Einlagen in Personen- und Kapitalgesellschaften außerhalb des Umwandlungssteuergesetzes, FR 2013, 825; Rätke, Der Forderungsverzicht (mit Besserungsabrede); BBK 2013, 75; Rätke, Fehlende Passivierung von Vergütungsansprüchen des Gesellschafter-Geschäftsführers, BBK 2013, 785; Ronneberger, Steuerliche Gestaltungsüberlegungen zum Rangrücktritt unter besonderer Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 30.11.2011, Stbg 2013, 201; Schmidtmann, Belastungskonsequenzen von Vermögensverschiebungen in das Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft, StuW 2013, 3; Schulte/Petschulat, Disquotale Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen im Schenkungsteuerrecht, IFSt Schrift Nr. 484 (2013); Briese, Lohnzufluss an Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund Fiktionen, DB 2014, 1334; Gosch, VGA durch Kapitalabfindung der Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, BFH-PR 2014, 192; Harlacher, Das grundsätzliche Verbot von Teilwertabschreibungen auf Sanierungszuschüsse findet nur im Jahr der jeweiligen Zuschussgewährung Anwen-
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1274–1275 § 8
dung, BB 2014, 2482; Jakob/Zorn, „Nichtausscheiden“ als Damoklesschwert für nicht ausfinanzierte Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, DStR 2014, 77; Prokofiew, Verdeckte Einlagen, StBp 2014, 235; Schmidtmann, Vorteilsgewährung beim Erwerb und der Veräußerung eigener Anteile, Ubg 2014, 326; Schulz, Rückgängigmachung der verdeckten Gewinnausschüttung bei späterer Rückgewähr, DStR 2014, 2165. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 4.8.1976 – IV B 2 - S 2133 - 9/76, BStBl. I 1976, 418; BMF v. 6.8.1981 – IV B 7 - S 2813 - 23/81, BStBl. I 1981, 599; BMF v. 23.8.1999 – IV C 2 - S 2175 - 25/99, BStBl. I 1999, 818; BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393; BMF v. 4.6.2003 – IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, 366; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648; BMF v. 17.11.2004 – IV C 4 - S 2222 - 177/04, IV C 5 - S 2333 - 269/04, BStBl. I 2004, 1065; BMF v. 26.5.2005 – IV B 2 - S 2175 - 7/05, BStBl. I 2005, 699; BMF v. 16.12.2005 – IV B 2 - S 2176 - 103/05, BStBl. I 2005, 1052; BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497; BMF v. 31.3.2010 – IV C 3 - S 2222/09/10041, IV C 5-S 2333/07/0003 – DOK 2010/0256374, BStBl. I 2010, 270; BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2010/0805444, BStBl. I 2010, 1292; BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001, 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832; BMF v. 24.6.2011 – IV C 6 - S 2137/0-03 – DOK 2011/0501861, BStBl. I 2011, 627; BMF v. 14.8.2012 – IV C 2 - S 2743/10/10001:001 – DOK 2012/0652306, BStBl. I 2012, 874; BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 - S 2252/10/10013 – DOK 2011/0948384, BStBl. I 2012, 953; Gleich lautende Ländererlasse v. 20.10.2010 – S 3806 – 16 – V A 6 (NRW), BStBl. I 2010, 1207; Gleich lautende Ländererlasse vom 14.3.2012 – S 3806 – 16 – V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331; OFD Rhld. Kurzinfo KSt Nr. 56/2011 v. 14.12.2011, DStR 2012, 189; OFD Rhld. Kurzinfo LSt-Außendienst Nr. 05/2012 v. 12.9.2012, DStR 2012, 2187; OFD Magdeburg v. 2.9.2010 – S 2176 - 57 - St 215, KSt-Kartei ST § 8 KStG Karte 2.39; FM NRW v. 17.12.2009 S 2743 – 10 – V B 4, GmbHR 2010, 168; OFD München v. 21.8.2002 – S 0352 - 30 St 312, GmbHR 2002, 1044; OFD Hannover, Vfg. v. 11.2.2009 – S 2140 – 8 – StO 241, DStR 2009, 532; OFD Hannover v. 11.8.2009 – S 2742 202 - StO 241, DB 2009, 2461; BayLfSt v. 23.10.2009 – S 2140.2.1-7/12 St 32/St 33, DStR 2009, 2431; OFD Nds. v. 29.9.2010 – S 2140 – 8 – St 244, DStR 2010, 2407; OFD Frankfurt/M. v. 10.9.2010 – S 2742 A - 10 - St 510, DStR 2010, 2249; OFD Karlsruhe v. 17.9.2010 – S 274.2/107 - St 221, DStR 2010, 2251; OFD Frankfurt/M. v. 3.11.2011 – S 2140A - 4 - St 213, DB 2012, 1473; BMF v. 12.5.2014 – IV C 2 - S 2743/12/10001, BStBl. I 2014, 860.
I. Keine Minderung des Einkommens durch verdeckte Einlagen (Abs. 3 Satz 3) 1. Überblick Abs. 3 Satz 3 regelt, dass vE das Einkommen nicht erhöhen. Wenn eine vE im Jahresüberschuss lt. Steuerbilanz enthalten ist, so muss sie zur Ermittlung des zutreffenden, an der Leistungsfähigkeit der KapGes. orientierten Einkommens wieder abgezogen werden. Eine vE kann in der Zuführung eines Aktivpostens oder im Wegfall eines Passivpostens bestehen.1 Das Vermögen der Gesellschaft muss sich also durch die Einlage erhöht haben. Solange der Einlageanspruch allerdings (zeitlich oder rechtlich) noch nicht aktiviert werden kann, fehlt es einer vE. Voraussetzung ist im Übrigen die Einlagefähigkeit der Vermögensmehrung. Insbesondere Nutzungen und Nutzungsrechte sind nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH nicht einlagefähig.2
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2. Bedeutung und Telos a) Zielrichtung und Wirkungsweise Ziel des Abs. 3 Satz 3 ist es, das Einkommen der Körperschaft iSd. Abs. 1 zutreffend zu er- 1275 mitteln. Der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ermittelte Gewinn (Unterschiedsbetrag) muss dazu um Vorgänge bereinigt werden, die durch die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft veranlasst sind und nicht durch die betriebliche Tätigkeit der Körperschaft verursacht wurden. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG findet nur Anwendung, wenn sich der Unterschiedsbetrag auf der ersten Gewinnermittlungsstufe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) nicht bereits um die Einlage erhöht hat. Bereits § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG sieht aber eine Kürzung des Unterschiedsbetrages um Einlagen iSd. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG vor. Hiermit sind zwar in erster Linie Überführungen von der außerbetrieblichen in die innerbetriebliche Sphäre gemeint.3 Die Vorschrift ist allerdings auch auf KapGes. anwendbar, obwohl der Einlegende und die KapGes. verschiedene Rechtsträger sind.4 Im Körperschaftsteuerrecht tritt die Regelung über die vGA an die Stelle der Entnahmeregelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG; die Bestimmungen über die Einlage bleiben nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH aber weiter anwendbar.5 Die vE kann bei einem bilanzierenden Gesellschafter han-
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BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 616. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159.
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§ 8 Rz. 1275–1278
Ermittlung des Einkommens
delsrechtlich einen Ertrag auslösen.1 Steuerlich muss diese Ertragsbuchung durch Absetzung einer Einlage rückgängig gemacht werden. Sowohl offene als auch vE der Gesellschafter müssen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG von dem sich ergebenden Unterschiedsbetrag abgesetzt werden.2 Daher wird der Gewinn bereits auf dieser (uE bilanziellen) Stufe gekürzt.3 Einer zusätzlichen zweiten außerbilanziellen Korrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG bedarf es dann idR nicht mehr.4 § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG hat daher im Regelfall nur deklaratorischen Charakter.5 Die vE wird dem steuerlichen Einlagekonto gem. § 27 KStG zugeschlagen. b) Definition der verdeckten Einlage aa) Definition 1276
Eine vE ist nach übereinstimmender und zutreffender Definition des I., IV. und IX Senats des BFH6 jede Zuwendung eines bilanzierbaren (einlagefähigen) Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt (insb. ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten). bb) Keine Gegenleistung
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Diese Definition zeigt ein normspezifisches Verständnis des Begriffs der vE, indem – abweichend vom Handelsrecht – eine vE immer dann anzunehmen ist, wenn der Zuwendung des Vermögensvorteils keine Gegenleistung der Gesellschaft gegenübersteht. Der einlegende Gesellschafter erhält für seine vE insbesondere keine Gesellschaftsrechte (s. aber Abgrenzung zur offenen Einlage in Rz. 1289 ff.). Die Werterhöhung der Beteiligung infolge der vE ist keine Gegenleistung, sondern stellt nur eine Reflexwirkung der vE dar.7
1278
Im Schrifttum wird dagegen teilweise die Ansicht vertreten, die vE sei in erster Linie nach handelsrechtlichen Grundsätzen von der offenen Einlage abzugrenzen (s. dazu Rz. 1289 ff.).8 Es liege nur dann eine vE vor, wenn nicht bereits handelsrechtlich eine offene Einlage anzunehmen sei. Dieser Ansatz ist aber nicht zielführend, weil das Handelsrecht den Begriff der vE – mit Ausnahme der verdeckten Sacheinlagen – gar nicht kennt. Das Handelsrecht nimmt neben den Einzahlungen auf das Nennkapital sowie den Aufgeldern und Zuzahlungen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB (Zahlungen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) auch in den Fällen der anderen Zuzahlungen iSd. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB (freiwillige gewollte Zuzahlungen ohne Gegenleistung) Einlagen an.9 Würde man diese handelsrechtlichen (offenen) Einlagen steuerlich nicht als vE ansehen, so wäre zB die Einlage eines Anteils iSd. § 17 EStG unter Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB nicht von § 17 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfasst und damit nicht steuerbar. Es ist aber nicht ersichtlich, dass sich die Begriffsbestimmungen der vE in § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG und in § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG unterscheiden. Von einer vE iSd. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG ist deshalb uE dann auszugehen, wenn keine Gegenleistung (zB in Gestalt von Gesellschaftsrechten) gewährt wird.10 So hat der BFH zutreffend entschieden, dass ein nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in die Kapitalrücklage eingestelltes Aufgeld Teil einer offenen Einlage sein kann, wenn der Gesellschafter als Gegenleistung für die Einlage Gesellschaftsrechte erhält. Anderenfalls handelt es sich um eine vE.11 Dies bestätigt die hier vertretene Sichtweise.
1 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159, unter C. I. 3. d) 2. Absatz der Gründe. 2 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851. 3 Nach Auffassung von Wassermeyer, GmbHR 2001, 1 ist dies eine außerbilanzielle Kürzung. 4 Ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 83b. 5 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 695. 6 BFH v. 27.5.2009 – I R 53/08, FR 2010, 278 = GmbHR 2010, 156 = BFH/NV 2010, 375; v. 6.11.2003 – IV R 10/01, BStBl. II 2004, 416 = GmbHR 2004, 590 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 597 und BFH v. 14.7.2009 – IX R 6/09, GmbHR 2010, 274 = BFH/NV 2010, 397. 7 BFH v. 14.3.2011 – I R 40/10, BStBl. II 2012, 281 = GmbHR 2011, 997 = FR 2011, 902 mwN. 8 So Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 82; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 616 ff. 9 Vgl. Merkt in Baumbach/Hopt36, § 272 HGB Rz. 6 ff. 10 Zutr. Kirchner, StuB 2006, 420. 11 BFH v. 1.12.2011 – I B 127/11, GmbHR 2012, 654 = BFH/NV 2012, 1015; v. 7.4.2010 – I R 55/09, BStBl. II 2010, 1094 = FR 2010, 1090 = GmbHR 2010, 1104.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1279–1282 § 8
cc) Zuwendung eines bilanzierbaren (einlagefähigen) Vermögensvorteils Die oa. unter Rz. 1276 angeführten Voraussetzungen ähneln denen der vGA.1 Während eine verhinderte Vermögensmehrung eine vGA darstellen kann, ist allerdings eine verhinderte Vermögensminderung (noch) keine vE, denn die Begriffsbestimmung der vE knüpft ausschließlich an die bilanzsteuerliche Erfassung bei der begünstigten KapGes. an. Es muss sich also ein Aktivposten erhöhen oder ein Passivposten vermindern. Wenn der Gesellschafter durch eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Maßnahme erreicht, dass sich ein Aktivposten nicht oder noch nicht vermindert, indem er zB durch Bürgschaften oder durch Maßnahmen zur Unterstützung der Geschäftsbeziehungen der KapGes. bewirkt, dass ein bei der Gesellschaft bilanzierter Firmenwert (zunächst) nicht abgeschrieben werden muss, so liegt darin noch keine vE. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter hierfür eigene Aufwendungen tätigt, die seinen Gewinn mindern. So ist zB eine vE nicht anzunehmen, wenn sich eine Muttergesellschaft gegenüber einem Lieferanten ihrer Tochter-KapGes. verpflichtet, ihren eigenen Warenbedarf bei diesem Lieferanten für eine bestimmte Zeit zu decken und dafür überhöhte Preise zahlt.2
1279
Die Annahme einer vE setzt nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH3 ferner voraus, dass der empfangene Vermögensvorteil einlagefähig ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn Gegenstand der Einlage ein Wirtschaftsgut ist, welches in Handels- und Steuerbilanz aktivierbar ist. Es kommt dabei nicht auf die Aktivierungsfähigkeit des Einlagegegenstandes beim einlegenden Gesellschafter, sondern ausschließlich auf die bilanzrechtliche Aktivierbarkeit bei der einlageempfangenden KapGes. an.4
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Nutzungs- und Leistungsvorteile sind nicht einlagefähig, denn sie sind weder selbstständige Wirtschaftsgüter noch Vermögensgegenstände.5 Verzichtet der Gesellschafter auf künftig entstehende Vergütungen aus einem Dauerschuldverhältnis, so handelt es sich um einen nicht einlagefähigen Nutzungsvorteil, denn die KapGes. nutzt das Wirtschaftsgut künftig unentgeltlich. Damit erspart sie eigene Aufwendungen. Sie kann das unentgeltlich zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut entweder entgeltlich einem Dritten überlassen und dadurch eigene Einnahmen erzielen oder das Wirtschaftsgut (ggf. auch Geld) für eigenbetriebliche Zwecke einsetzen und damit ihren Gewinn steigern. Diese erzielten Gewinne sind keine Einlagen des Gesellschafters und deshalb bei der Einkommensermittlung als normale Erträge zu erfassen.6 Entstehen dem Gesellschafter iZm. der Gewährung des Nutzungsvorteils Aufwendungen, können diese im BV oder im Fall der Option zum Teileinkünfteverfahren nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zu 60 % als BA oder WK abgezogen werden. Die Begrenzung auf 60 % ergibt sich allerdings nur dann, wenn § 3c EStG im konkreten Fall Anwendung findet. Nach langjähriger streitiger Diskussion7 hatte der BFH8 dies für laufende Aufwendungen grds. bejaht, für substanzbezogene Aufwendungen – wie zB Forderungsabschreibungen – aber verneint. Die FinVerw. hatte sich dem angeschlossen.9 Durch das Zollkodex-AnpG10 wurde § 3c Abs. 2 EStG nun aber für Wj., die nach dem 31.12.2014 beginnen, auch auf substanzbezogene Aufwendungen ausgedehnt.
1281
Aufwendungen des Gesellschafters in Bezug auf einen nicht einlagefähigen Vorteil, der der Gesellschaft zugute kommt, sind auf Gesellschafterebene grds. abzugsfähig, wenn sie im BV anfallen. Ist der Gesellschafter eine KapGes., so sind die Aufwendungen gem. § 8b Abs. 5
1282
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Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 82. BFH v. 26.11.1980 – I R 52/77, BStBl. II 1981, 181 = FR 1981, 126 = GmbHR 1981, 98. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 1990, 174; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 105a; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 660. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 82b. FG BW v. 12.10.2006 – 6 K 202/06, EFG 2007, 568; FG Bremen v. 27.4.2006 – 1 K 204/05, EFG 2006, 1234; FG Düsseldorf v. 19.4.2006 – 15 V 346/06 A (F), juris; FG Rh.-Pf. v. 23.9.2009 – 2 K 1486/08, EFG 2011, 861; FG Münster v. 14.4.2011 – 6 K 2973/09 E, F, EFG 2011, 1860 (rkr.); v. 23.3.2011 – 7 K 2793/07 E, EFG 2011, 1135; FG Bremen v. 27.4.2006 – 1 K 204/05, EFG 2006, 1234; BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2010, 1292; jedoch weitgehend aufgehoben durch BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2013, 1269. BFH v. 18.4.2012 – X R 7/10, BFH/NV 2012, 1363 = GmbHR 2012, 860; v. 18.4.2012 – X R 5/10, BFH/NV 2012, 1358 = GmbHR 2012, 867 = FR 2012, 868; v. 11.10.2012 – IV R 45/10, BFH/NV 2013, 518 = GmbHR 2013, 380; v. 28.2.2013 – IV R 4/11, BFH/NV 2013, 1081; v. 28.2.2013 – IV R 49/11, BStBl. II 2013, 802 = GmbHR 2013, 656 = FR 2013, 854. BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2013, 1269. G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417.
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§ 8 Rz. 1282–1286
Ermittlung des Einkommens
Satz 2 KStG voll abziehbar. Im Falle einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft mit natürlichen Personen als Gesellschafter kann eine teilweise Abzugsbeschränkung nach § 3c Abs. 2 EStG eingreifen (s. Rz. 1281). Im PV können WK vorliegen, die allerdings gem. § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbs. 2 EStG abzugsbeschränkt sind. 1283
Eine vE ist dagegen auch bei Nutzungen und Leistungen anzunehmen, wenn der Gesellschafter für die KapGes. auf entgeltlicher Basis tätig wird und auf das (nicht überhöhte) Entgelt, also auf einen vertraglich vereinbarten und bereits entstandenen Entgeltsanspruch verzichtet.1 Wenn der Anspruch noch nicht entstanden, aber bereits durch eine teilweise erbrachte Leistung des Gesellschafters teilweise erdient ist, so kann auch ein diesbezüglicher Verzicht zu einer vE führen, wenn der Gesellschafter bereits eine unentziehbare Anwartschaft erworben hat. Ein typischer Anwendungsfall ist der Verzicht auf eine GesellschafterGeschäftsführer-Pension in der Anwartschaftsphase.2 Durch Verzicht verfügt der Gesellschafter über den ihm zustehenden Anspruch. Ihm fließt der Anspruch zu, den er sodann verwendet, um die Gesellschaft von ihrer Verpflichtung zu entbinden. Allerdings kommt hier eine vE grds. nur in Betracht, soweit die KapGes. von einer in der Steuerbilanz auszuweisenden Verbindlichkeit oder Rückstellung befreit wird.3 Der BFH scheint hier auf die tatsächliche Passivierung in der aufgestellten Bilanz abzustellen.4 Dies ist aber zweifelhaft, weil es letztlich darauf ankommen muss, ob die KapGes. in einer zum Zeitpunkt des Verzichts aufzustellenden Bilanz nach materiellem Bilanzrecht eine Verbindlichkeit oder Rückstellung auszuweisen hätte (zu dieser Problematik s. Rz. 1397 ff.).
1284
Die für Nutzungsvorteile zu beachtenden Grundsätze gelten ebenso für Nutzungsrechte. Nutzungsrechte sind zwar selbständige immaterielle Wirtschaftsgüter5 und damit im Prinzip für eine Einlage geeignet. Der Große Senat des BFH hat jedoch entschieden, dass bei der Bewertung solcher Nutzungsrechte dem Zweck der Einlagenregelung Rechnung zu tragen ist. Die Bewertung eines eingelegten Nutzungsrechts mit dem TW (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) hätte nämlich zur Folge, dass die durch die nachfolgende Realisierung des Nutzungsrechts erzielte Vermögensmehrung unbesteuert bliebe, denn dem Nutzungsertrag stünde dann eine entsprechende Abschreibung auf das Nutzungsrecht gegenüber. Dies sei mit den Wertungen des Einkommensteuerrechts, erzielte Nutzungen der Besteuerung zu unterwerfen, nicht vereinbar.6 Aus diesem Grund komme bei der nutzungsberechtigten KapGes. die Absetzung einer Einlage nicht in Frage. Allerdings könne die KapGes. alle in Bezug auf das Nutzungsrecht getätigten sonstigen Aufwendungen als BA abziehen.
1285
Nicht erst eine tatsächlich vollzogene Leistung, sondern bereits ein Schuldversprechen des Gesellschafters kann Gegenstand einer vE sein.7 Bereits durch die Aktivierung der (Einlage-)Forderung in HB und StB der KapGes. erhöht sich deren Vermögen. Hierbei handelt es sich um eine vE, die im Einkommen nicht erfasst werden darf. Das Einlagekonto iSd. § 27 KStG erhöht sich unabhängig vom Grund der Entstehung der Einlageforderung allerdings erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung.8
1286
Die Zweifelsfragen iZm. der Einlagefähigkeit einzelner Wirtschaftsgüter sind vielfältig. Aktivierbare materielle Wirtschaftsgüter sind immer uneingeschränkt einlagefähig. Einlagefähig ist auch der Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens (Rückstellung oder Verbindlichkeit).9 Im PV entdeckte Bodenschätze (zB Kiesvorkommen) sind zwar mit dem TW (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG) einlagefähig, dürfen aber nach erfolgter Einlage nicht abgeschrieben werden.10 Einlagefähig sind auch selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter wie zB Know-how, Patent, Mandantenstamm (§ 248 Abs. 2 HGB bzw. § 5
1 2 3 4 5 6
7 8 9 10
Vgl. B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 491. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723, dritte Vorlagefrage. Gosch2, § 8 KStG Rz. 1110. BFH v. 3.2.2011 – VI R 4/10, GmbHR 2011, 490 = FR 2011, 576 m. Anm. Bergkemper = DStR 2011, 618. BFH v. 2.3.1970 – GrS 1/69, BStBl. II 1970, 382; v. 28.8.1974 – I R 66/72, BStBl. II 1975, 56; v. 20.1.1983 – IV R 158/80, BStBl. II 1983, 413 = FR 1983, 296. BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159 unter 1. c. der Gründe; v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634 = FR 2009, 954 m. Anm. Wendt = GmbHR 2009, 718 m. Anm. Hoffmann. BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 106; Wochinger in D/P/M, Anh. zu § 8 KStG Teil B Rz. 3. BFH v. 31.3.2004 – I R 72/03, GmbHR 2004, 1162 = BFH/NV 2004, 1423; v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779. BFH v. 12.4.1989 – I R 41/85, BStBl. II 1989, 612 = FR 1989, 527. BFH v. 4.12.2006 – GrS 1/05, BStBl. II 2007, 508 = FR 2007, 845.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1286–1289 § 8
Abs. 2 EStG gelten nicht).1 Gleiches gilt für Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Lizenzrechte,2 ungeschützte Erfindungen,3 Know-how,4 Software,5 Belieferungsrechte, Kauf- und Verkaufsoptionen. Ein Firmenwert/Geschäftswert kann zusammen mit den geschäftswertbildenden Faktoren Gegenstand einer vE sein.6 Einlagefähig sind auch der Verzicht auf eine Gesellschafterforderung, soweit diese werthaltig ist,7 der Verzicht auf eine Pensionsanwartschaft, eine Forderung gegen einen Dritten, eine marktgängige Geschäftschance.8 Auch der Wegfall eines Passivpostens (Verbindlichkeit oder Rückstellung) wegen Tilgung, Schuldübernahme (§§ 414 oder 415 BGB)9 oder Schuldbeitritt10 durch Gesellschafter oder nahestehende Personen kann zu einer Einlage führen. Gleiches gilt für den Verzicht des Gesellschafters auf einen Rückgriffsanspruch nach Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft. Nicht einlagefähig sind dagegen Nutzungsvorteile wie zB zinslose oder zinsverbilligte Darlehen, unentgeltliche Dienstleistungen des Gesellschafters, Nutzungsrechte, nicht marktgängige Geschäftschancen,11 Gesellschafterbürgschaften oder sonstige Gesellschaftersicherheiten, die Hingabe eines kapitalersetzenden Darlehens, eine Rangrücktrittserklärung durch den Gesellschafter, zumindest, soweit der Passivposten in der Steuerbilanz bestehen bleibt, und der Verzicht auf noch nicht erdiente Pensionsanwartschaften (future-service) oder sonstige noch nicht entstandene Ansprüche.
1287
dd) Aus gesellschaftsrechtlichen Gründen Die Vermögensmehrung ist nur dann als vE in Abzug zu bringen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht ist. Im Steuerrecht kommt es – anders als im Handelsrecht – nicht darauf an, ob die Einlage infolge einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung erbracht wird. Vielmehr ist darauf anzustellen, ob die KapGes. durch einen Gesellschafter oder durch eine dem Gesellschafter nahestehende Person einen Vermögensvorteil erhält und ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der KapGes. den Vorteil nicht eingeräumt hätte. Der Fremdvergleich ist nach gleichen Grundsätzen zu führen wie im Bereich der vGA.12 Es kommt nicht darauf an, ob aus Sicht des einlegenden Gesellschafters betriebliche Gründe überwiegen, etwa weil er durch die Einlage in die Tochtergesellschaft eine Stärkung der Tochtergesellschaft und damit auch des Gesamtkonzerns anstrebt. Vielmehr muss sich die gesellschaftsrechtliche Veranlassung aus Sicht der einlageempfangenden Gesellschaft ergeben.
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3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Abgrenzung zur offenen Einlage Der Unterschied zwischen offener und verdeckter Einlage besteht uE ausschließlich darin, dass der einlegende Gesellschafter für seine vE keine Gegenleistung erhält (s. Rz. 1277), also kein Tausch bzw. kein tauschähnlicher Vorgang vorliegt.13 Eine (steuerliche) Abgrenzung gegen die handelsrechtlichen offenen Einlagen führt nicht weiter.14 Das Handelsrecht kennt 1 BFH v. 24.3.1987 – I R 202/83, BStBl. II 1987, 505 = FR 1987, 378 = GmbHR 1987, 366. Vgl. auch Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 131 „Immaterielle Wirtschaftsgüter“; Fehrenbacher in Schnittger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 663. 2 Zur Sacheinlagefähigkeit im Handelsrecht s. aber BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98, GmbHR 2000, 870. 3 BFH v. 2.6.1976 – I R 20/74, BStBl. II 1976, 666. 4 BFH v. 23.11.1988 – II R 209/82, BStBl. II 1989, 82. 5 BFH v. 3.7.1987 – III R 7/86, BStBl. II 1987, 728 = FR 1987, 477. 6 BFH v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634 = FR 2009, 954 m. Anm. Wendt = GmbHR 2009, 718 m. Anm. Hoffmann. 7 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2010, 1292 Tz. 5. 8 BFH v. 30.1.2002 – I R 13/01, GmbHR 2002, 748 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 1172. 9 Vgl. dazu BFH v. 31.5.2005 – X R 36/02, BStBl. II 2005, 707 = GmbHR 2005, 1219 = FR 2005, 1038; v. 20.12.2001 – I B 74/01, GmbHR 2002, 221 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 678; FG BW v. 2.6.2008 – 6 K 11/03, juris. 10 Zur Ausbuchung der Verbindlichkeit infolge eines Schuldbeitritts s. BFH v. 26.4.2012 – IV R 43/09, FR 2012, 776 und FG Köln v. 3.4.2013 – 13 K 1158/10, GmbHR 2013, 780; anders zuvor noch BMF v. 16.12.2005 – IV B 2 - S 2176 - 103/05, BStBl. I 2005, 1052. 11 Offengelassen durch BFH v. 6.12.1995 – I R 40/95, BStBl. II 1997, 118 = FR 1996, 564. 12 BFH v. 16.4.1991 – VIII R 100/87, BStBl. II 1992, 234 = FR 1991, 665 = GmbHR 1991, 537; R 40 Abs. 3 KStR 2004. 13 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 14 So Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 82; Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 616 ff.
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§ 8 Rz. 1289–1293
Ermittlung des Einkommens
den Begriff der vE – mit Ausnahme der verdeckten Sacheinlagen – nicht. Einzahlungen auf das Nennkapital, Aufgelder und Zuzahlungen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB (Zahlungen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) und andere Zuzahlungen iSd. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB (freiwillige gewollte Zuzahlungen ohne Gegenleistung) werden handelsrechtlich als Einlagen angesehen.1 Steuerrechtlich ist dagegen zB die Einlage eines Anteils iSd. § 17 EStG unter Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB von § 17 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfasst. Die Begriffsbestimmungen der vE im Einkommensteuerrecht (§ 4 Abs. 1 EStG; § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG) und im Körperschaftsteuerrecht (§ 8 Abs. 3 Satz 3 KStG) unterscheiden sich nicht. Von einer vE iSd. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG ist deshalb uE immer dann auszugehen, wenn keine Gegenleistung (zB in Gestalt von Gesellschaftsrechten) gewährt wird. Auch der BFH hat entschieden, dass ein nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in die Kapitalrücklage eingestelltes Aufgeld Teil einer offenen Einlage sein kann, wenn der Gesellschafter als Gegenleistung für die Einlage Gesellschaftsrechte erhält. Erhält er dagegen keine Gesellschaftsrechte, so ist eine vE anzunehmen.2 1290
Zwar werden verdeckte und offene Einlagen steuerlich auf Seiten der einlageempfangenden Gesellschaft gleich behandelt. Für den einlegenden Gesellschafter gilt dies allerdings nicht. Während eine vE ein unentgeltlicher Vorgang ist, der ertragsteuerlich nur dann Besteuerungsrelevanz hat, wenn eine spezialgesetzliche Regelung die vE einer Veräußerung gleichstellt (§ 17 Abs. 1 Satz 2 EStG), bedarf es einer solchen Gleichstellung bei offenen Einlagen nicht.
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Die offene Einlage ist immer mit einer Gegenleistung verbunden3 und deshalb ein Tausch (§ 6 Abs. 6 EStG). Es handelt sich also letztlich um einen Veräußerungsvorgang, der eine Aufdeckung stiller Reserven nach sich zieht, wenn das Wirtschaftsgut aus einer besteuerungsrelevanten Einkunftssphäre (§§ 15, 16, 17, 18, 20, 23 EStG) stammt. Die Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven bedarf bei offenen Einlagen einer entsprechenden Begünstigungsnorm (zB §§ 20, 21 UmwStG). b) Abgrenzung zum ErbStG aa) Ertragsteuerliche Behandlung disquotaler Einlagen
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Erfolgt eine vE nur durch einzelne Gesellschafter bzw. nicht durch alle Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote (also disquotal), so liegt nach der Rechtsprechung des BFH4 ertragsteuerlich eine unbeachtliche unentgeltliche Zuwendung des einlagefähigen Vermögensvorteils an den anderen Gesellschafter vor, welcher diesen dann verwendet, um selbst eine vE in die KapGes. zu erbringen.5 Nutzungs- oder Leistungsvorteile sind mangels Bilanzierbarkeit auf Ebene der Gesellschaft nicht geeignet, eine vE iSd. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG auszulösen. Aufwendungen des zuwendenden Gesellschafters sind als Drittaufwand6 steuerlich nicht abziehbar, soweit der Mitgesellschafter dadurch einen Vorteil erhält. Dieser begünstigte Mitgesellschafter kann die Aufwendungen nach den Grundsätzen der BFHRspr. zum Drittaufwand in der Regel ebenfalls nicht als BA oder WK abziehen. bb) Schenkungsteuerliche Behandlung disquotaler Einlagen
1293
Für Zuwendungen bis zum 13.12.2011, also vor Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG durch das BeitrRLUmsG,7 führen disquotale Einlagen letztlich nicht zur Annahme einer Schenkung. Entgegen R 18 Abs. 3 ff. ErbStR 2003 hatte der BFH mit Urteil vom 9.12.20098 entschieden, dass eine überquotale vE eines Gesellschafters in eine KapGes. keine freigebige Zuwendung iSd. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die übrigen Gesellschafter darstellt. Die Zuwendung an die Gesellschaft erfolge aus gesellschaftsrechtlichen Gründen und sei nicht freigebig.9 Die dadurch bedingte Werterhöhung der Anteile der anderen Gesellschafter sei lediglich Reflex 1 Vgl. Merkt in Baumbach/Hopt36, § 272 HGB Rz. 6 ff. 2 BFH v. 1.12.2011 – I B 127/11, GmbHR 2012, 654 = BFH/NV 2012, 1015; v. 7.4.2010 – I R 55/09, BStBl. II 2010, 1094 = FR 2010, 1090 = GmbHR 2010, 1104. 3 Vgl. Groh, DB 1997, 1683 und FR 1990, 528; Wochinger in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 17. 4 Vgl. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723 unter C. III. der Gründe. 5 Vgl. BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann. 6 Vgl. BFH v. 28.3.2000 – VIII R 68/96, FR 2000, 981 = GmbHR 2000, 942 = BFH/NV 2000, 1278. 7 Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. 8 BFH v. 9.12.2009 – II R 28/08, BStBl. II 2010, 566 = GmbHR 2010, 727 = FR 2010, 1003. 9 BFH v. 17.10.2007 – II R 63/05, BStBl. II 2008, 381 = GmbHR 2008, 220 = FR 2008, 338.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1293–1297 § 8
dieser Zuwendung.1 Etwas anderes gelte nur, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der Zuwendung eine Ausschüttung an die anderen Gesellschafter stattfinde.2 Die FinVerw. hat sich dieser Rechtsprechung mit gleich lautenden Ländererlassen vom 20.10.20103 und vom 14.3.20124 angeschlossen. Für Zuwendungen vor dem 14.12.2011 gilt deshalb, dass bei disquotalen vE nicht von einem schenkungsteuerrelevanten Tatbestand auszugehen ist. Durch Einfügung des § 7 Abs. 8 ErbStG5 hat der Gesetzgeber sodann die schenkungsteuerliche Behandlung diquotaler Einlagen gesetzlich geregelt. Die Regelung ist auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 13.12.2011 entsteht. § 7 Abs. 8 ErbStG fingiert eine Zuwendung des Einlegenden an den durch die Wertsteigerung der Anteile wirtschaftlich begünstigten Gesellschafter. Wegen der gesetzlichen Fiktion bedarf es keiner Freigebigkeit der Zuwendung. Die Regelung bewirkt, dass alle Fälle im Wesentlichen „rechtsformneutral“ behandelt werden.6 Eine Schenkung iSd. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG kann auch dann vorliegen, wenn der Zuwendende überhaupt nicht an der KapGes. beteiligt ist. Nach dem Wortlaut der Regelung ist nicht einmal erforderlich, dass es sich um eine dem Gesellschafter nahestehende Person handelt.7 Eine Zuwendung durch eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine fiktive Schenkung, soweit dadurch die Gesellschaftsanteile einer anderen natürlichen Person im Wert steigen. Infolge der gesetzlichen Fiktion ist eine Bereicherungsabsicht nicht erforderlich.
1294
Beispiel: Vater (V) und Sohn (S) sind zu jeweils 50 % an der VS-GmbH beteiligt. Der Buchwert = gemeiner Wert der Beteiligungen beträgt insgesamt 100 000 Euro. V veräußert der GmbH ein Grundstück mit gemeinem Wert von 1 Mio. Euro zum Kaufpreis von 100 000 Euro. Lösung: Schenkungsteuerlich liegt eine (fiktive) Schenkung nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vor, weil S durch die vE des V als andere Person eine Werterhöhung seiner Anteile erlangt. Der Wert der Anteile des S beträgt nach der vE 1/2 von (100 000 Euro + [gemeiner Wert Grundstück 1 Mio. Euro ./. Kaufpreis 100 000 Euro]) = 500 000 Euro. Vor der Einlage betrug der Wert 1/2 von 100 000 Euro = 50 000 Euro. Der Wert der Schenkung beläuft sich damit auf 450 000 Euro. Auf den Willen des V zur Unentgeltlichkeit kommt es im Bereich des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG nicht an.8 Nach dem Gesetzeswortlaut kommt eine Begünstigung der Zuwendung nach §§ 13a und 13b ErbStG nicht in Betracht, weil in den Fällen des § 7 Abs. 8 ErbStG ja gerade kein Erwerb einer Beteiligung vorliegt.9
Die Höhe der Bereicherung ist nach dem Gesetzeswortlaut nach der Erhöhung des gemeinen Wertes der Anteile zu bemessen, nicht nach dem Wert der Zuwendung.10 Jedoch geht die FinVerw. davon aus, dass die Werterhöhung wegen der Kausalveranlassung durch die Zuwendung nicht höher sein kann als der gemeine Wert der Zuwendung selbst (doppelte Deckelung).11
1295
(Gegen-)Leistungen des begünstigten Gesellschafters, die in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der zu beurteilenden Leistung erbracht werden, sind als Vorteilsausgleich zu berücksichtigen und mindern die Höhe des Schenkung. Dies gilt nicht nur für gegenläufige Leistungen an die KapGes., sondern insbesondere auch für Leistungen an die ursprünglich zuwendende Person.12
1296
Eine Zuwendung iSd. § 7 Abs. 8 ErbStG kann nicht nur in den Fällen der Sacheinlage, sondern nach dem Gesetzeswortlaut („Leistung“) auch im Fall der Nutzungseinlage vorliegen.13 Unerheblich ist, ob es sich bei der Zuwendung um einen nach bilanzsteuerlichen Grundsätzen einlagefähigen Vermögensvorteil handelt. Dies wird im Schrifttum bereits aus grundsätzlichen Erwägungen kritisiert.14 Es ist zwar grds. richtig, dass der Kapitalwert der Nutzung für
1297
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
BFH v. 9.12.2009 – II R 28/08, BStBl. II 2010, 566 = GmbHR 2010, 727 = FR 2010, 1003. Vgl. BFH v. 19.6.1996 – II R 83/92, BStBl. II 1996, 616 = GmbHR 1996, 871. Gleich lautende Ländererlasse v. 20.10.2010 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2010, 1207. Gleich lautende Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592. van Lishaut/Ebber/Schmitz, Ubg 2012, 1 (2). S. Viskorf, NWB 11/2012, 927 (931). Vgl. Tz. 3.1 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. Vgl. Tz. 3.5 der Ländererlasse vom 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331; ebenso Riedel, DB 2011, 1888, Potsch/Urbach, KÖSDI 2012, 17774. Vgl. Tz. 3.4.1 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. Vgl. Tz. 3.4.2 der Ländererlasse vom 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. Vgl. Tz. 3.3.3 und 3.3.4 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. Vgl. Tz. 3.3.1 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. Kritisch dazu S. Viskorf/Haag/Kerstan, NWB 11/2012, 927 (933); Korezkij, DStR 2012, 163 (164).
Neumann
679
§ 8 Rz. 1297–1300
Ermittlung des Einkommens
die empfangende Gesellschaft ein bewertbarer Vorteil ist.1 Allerdings stellt nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ausdrücklich die „Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft“ die steuerrelevante Schenkung dar. Diese Werterhöhung ist grds. nach § 199 ff. BewG zu bewerten. Allerdings wirkt sich der Nutzungsvorteil bei dem anzusetzenden Betriebsergebnis nach § 202 BewG gar nicht aus, weil § 202 Abs. 1 Nr. 2d) und Abs. 3 BewG eine Neutralisierung solcher Vorteile vorsieht. Nach RB 202 Abs. 3 Nr. 2d) und Nr. 3 ErbStR 20112 ist im Falle einer unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung die wirtschaftlich nicht begründete Vermögenserhöhung in Höhe der Differenz zur üblichen Miete vom Betriebsergebnis abzuziehen. Gleiches gilt bei unentgeltlicher oder zu niedrig vergüteter Geschäftsführertätigkeit. Auch hier erfolgt der Abzug eines angemessenen Unternehmerlohns. Folglich dürfte sich durch einen Nutzungsvorteil der Wert der Anteile idR nicht erhöhen. Eine Werterhöhung ist uE aber dann denkbar, wenn die KapGes. einen unentziehbaren Rechtsanspruch auf dauerhafte und nicht vorzeitig kündbare verbilligte Überlassung hat. 1298
Auch Sanierungsmaßnahmen können theoretisch als fiktive Schenkung iSd. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG anzusehen sein. Allerdings hat der Ländererlass vom 14.3.20123 diese Problematik deutlich relativiert. Dort begrenzt die FinVerw. die Höhe der Zuwendung auf den gemeinen Wert der „bewirkten Leistung“. Dies ist gerade für den Forderungsverzicht in der Krise von erheblicher Bedeutung.4 Bei dieser Sichtweise wendet der verzichtende Gesellschafter nur einen Wert von 0 Euro auf, mit der Folge, dass ein ggf. darüber hinausgehende Werterhöhung der Anteile nach § 11 Abs. 2 BewG ggf. iVm. § 199 ff. BewG ohne Bedeutung wäre. Beispiel: S und V sind im Verhältnis 50:50 an der X-GmbH beteiligt. Der gemeine Wert der Beteiligung beträgt 0 Euro, weil die Gesellschaft insolvenzgefährdet ist. V hat eine Darlehensforderung von 500 000 Euro gegenüber der X-GmbH, auf die er zum Erhalt der Gesellschaft verzichtet. Der Wert der Forderung aus Sicht des V beträgt 0 Euro. S ist finanziell nicht in der Lage, ebenfalls zur Sanierung beizutragen. Lösung: Da der Wert der Forderung und damit der Wert der bewirkten Leistung 0 Euro beträgt, liegt keine steuerrelevante Schenkung vor.
1299
Wenn der Darlehensgeber V, der den Forderungsverzicht aussprechen möchte, zunächst 50 % seiner Darlehensforderung an den Mitgesellschafter S veräußert und im Anschluss daran S und V auf die der Beteiligungsquote entsprechende Darlehensforderung verzichten, greift § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG wegen der beteiligungsproportionalen Zuwendung durch alle Gesellschafter nicht.5 Auch ein Forderungsverzicht gegen Sonderrechte (zB Verbesserung des Gewinnanteils des Zuwendenden nach § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG, disquotale Kapitalerhöhung oder abweichenden Beteiligungsquote am Liquidationserlös) verhindert die Anwendung des § 7 Abs. 8 ErbStG im Einzelfall.6 Eine praxisrelevante Alternative ist die Gewährung eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein. Infolge der auflösenden Bedingung geht die FinVerw. davon aus, dass der verzichtende Gesellschafter in diesen Fällen lediglich uneinbringliche Werte (Forderung) gegen Erwerbsaussichten umschichtet.7
1300
Auch ein Forderungsverzicht durch ein Kreditinstitut oder einen anderen fremden Dritten fällt – nach dem Wortlaut der Vorschrift – unter den Regelungsbereich § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, weil die Frage, ob der Zuwendende Gesellschafter ist oder ein fremder Dritter, keine Relevanz hat. Beispiel: S und V sind im Verhältnis 50:50 an der X-GmbH beteiligt. Der gemeine Wert der Beteiligung beträgt 0 Euro, weil die Gesellschaft insolvenzgefährdet ist. Die Hausbank D-AG verzichtet auf eine Darlehensforderung von 500 000 Euro gegenüber der X-GmbH. Lösung: Ertragsteuerlich erzielt die X-GmbH aus dem Wegfall der Darlehensverbindlichkeit einen steuerpflichtigen Ertrag (keine vE). Gründe für einen Verzicht der Bank mit dem Ziel, die Gesellschafter zu bereichern, dürften in der Regel nicht vorliegen. Der Zuwendungswille ist nicht Tatbestandsmerkmal des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG. 1 Vgl. Tz. 3.4.1 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331; s auch van Lishaut/Ebber/Schmitz, Ubg 2012, 1 (8). 2 Vgl. auch gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts v. 17.5.2011 – S 3230 - 103 - V A 6 (NRW), BStBl. 2011, 606. 3 BStBl. I 2012, 331. 4 Vgl. Tz. 3.4.2 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. 5 Tz. 3.3.5 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. 6 Vgl. Tz. 3.3.5 der Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331. 7 Das Ertragsteuerrecht folgt dieser Sichtweise allerdings nicht. Hier ist der Forderungsverzicht mit Besserungsvorbehalt wie ein unbedingter Verzicht zu behandeln.
680
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1301–1305 § 8
Allerdings regelt § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG, dass Vermögensverschiebungen zwischen KapGes. nur in den dort definierten Ausnahmefällen (Wertverschiebung auf Ebene der Gesellschafter mit Bereicherungsabsicht) als Schenkungen behandelt werden können.1 Dabei muss der Zuwendende eine KapGes. sein. Wäre also im Beispielsfall die verzichtende Bank eine Sparkasse (Anstalt öffentlichen Rechts) oder eine Privatbank in der Rechtsform der KG, so wäre § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG nach seinem Wortlaut nicht anwendbar. Es läge ein Anwendungsfall des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vor. Diese Lösung erscheint jedoch nicht systemgerecht, weil das Vorliegen einer Bereicherung des Anteilseigners einer KapGes. nicht davon abhängig sein kann, ob der Zuwendende eine KapGes. ist oder nicht. Allerdings ist zu beachten, dass die FinVerw. die Schenkung stets auf den „gemeinen Wert der bewirkten Leistung“ beschränkt.2 Wenn die Forderung aus Sicht der verzichtenden Bank wertlos ist, scheidet die Annahme einer Schenkung aus. Außerdem müssen nach dem oa. koordinierten Ländererlass vom 14.3.20123 die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten und Wertvorstellungen der Gesellschafter beachtet werden. Soweit sie bei wechselseitigen Leistungen übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass diese insgesamt ausgewogen sind, liegt eine Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG grds. auch dann nicht vor, wenn sich dies anhand später gewonnener Erkenntnisse als unzutreffend erweist.4 Obwohl also der Zuwendungswille nicht Tatbestandsmerkmal des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist, sollen damit nach Auffassung der FinVerw. offenbar nicht alle Fälle unausgewogener Leistungsbeziehungen tatsächlich erfasst werden. Zwar geht der Erlass nachfolgend davon aus, dass die „Ausgewogenheit der Gesellschafterbeiträge […] regelmäßig nicht zu belegen sein wird, wenn zwischen den Leistungen ein offensichtliches Missverhältnis besteht“. Ist Zuwendender aber ein fremder Dritter, so dürfte allein dieser Umstand die subjektive Ausgewogenheit der Leistungen regelmäßig belegen.
1301
c) Verhältnis zu § 4 Abs. 1 EStG § 4 Abs. 1 EStG regelt die Behandlung von Einlagen im Einkommensteuerrecht. Die Regelung ist über § 8 Abs. 1 KStG auch bei der Gewinnermittlung von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen zu beachten.5
1302
d) Verhältnis zu § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG aa) Innerhalb der letzten 3 Jahre angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG bestimmt, dass Einlagen grds. mit dem TW im Zeitpunkt ihrer 1303 Zuführung anzusetzen sind. Die Regelung enthält in Halbs. 2 allerdings eine Begrenzung des Einlagewerts auf die AK oder HK, wenn das Wirtschaftsgut entweder innerhalb der letzten 3 Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft bzw. hergestellt wurde (Buchst. a) oder ein Anteil iSd. § 17 EStG (Buchst. b) bzw. ein Wirtschaftsgut iSd. § 20 Abs. 2 EStG ist (Buchst. c) ist. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist über § 8 Abs. 1 KStG auch bei der Gewinnermittlung von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen zu beachten. Eine „Deckelung“ des Einlagewerts findet also unter bestimmten Voraussetzungen auch bei der vE statt. Wenn der TW allerdings unter den AK/HK liegt, so ist stets der TW anzusetzen. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG hat den Zweck, durch Begrenzung des Einlagewerts 1304 auf die AK oder HK zu verhindern, dass Gewinne aus Wertsteigerungen im PV unbesteuert bleiben, weil der Stpfl. den Einlagezeitpunkt hinausschiebt.6 Die Vorschrift zielt also in erster Linie auf Einlagen aus dem PV bzw. einer nicht steuerbaren Sphäre des Einlegenden, obwohl der Wortlaut der Regelung diese Differenzierung nicht ausdrücklich hergibt. § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG bestimmt, dass sich die AK des Einlegenden in Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG um den Einlagewert des WG erhöhen. Die Frage, ob eine vE auch dann auf die AK/HK gedeckelt wird, wenn sie aus einem BV erfolgt, hat erhebliche Bedeutung, weil hierdurch (ohne Beachtung von Sperrfristen) eine vE zum Buchwert und eine nachfolgende steuerfreie Veräußerung der Beteiligung an der einlageempfangenden KapGes. möglich wäre.
1 2 3 4 5 6
So auch van Lishaut/Ebber/Schmitz, Ubg 2012, 1. Vgl. Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331, Tz. 3.4.2. BStBl. I 2012, 331. Vgl. Ländererlasse v. 14.3.2012 – S 3806 - 16 - V A 6 (NRW), BStBl. I 2012, 331, Tz. 3.4.3. BFH v. 11.2.1998 – I R 89/97, BStBl. II 1998, 691 = FR 1998, 883 = GmbHR 1998, 790. Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 558 mwN; Fischer in Kirchhof13, § 6 EStG Rz. 175.
Neumann
681
1305
§ 8 Rz. 1305–1306
Ermittlung des Einkommens
Beispiel: Einzelunternehmer A erwirbt am 1.10.2010 im BV ein (Betriebs-)Grundstück für 100 000 Euro. Der gemeine Wert (= TW) dieses Grundstücks ist infolge günstiger Umfeldbebauung und Verbesserung der Infrastruktur am 1.9.2013 auf 500 000 Euro angestiegen. A legt das Grundstück am 1.9.2013 in die von ihm neu gegründete T-GmbH (AK 25 000 Euro) ein, deren Anteile sich ebenfalls im BV des Einzelunternehmens des A befinden. Am. 1.11.2013 veräußert A die T-GmbH-Beteiligung für 500 000 Euro an den Erwerber E. Wenn § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a in diesem Fall den Einlagewert auf die AK/HK beschränken würde, so wäre die vE mit 100 000 Euro zu bewerten. Der nachfolgende Veräußerungsgewinn, den A bei der Veräußerung des T-GmbH-Anteils erzielt, wäre gem. § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG zu 40 % steuerfrei, denn das Gesetz enthält für diesen Fall keine Veräußerungssperrfrist. Lösung: Der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG (Begrenzung der AK auf den Einlagewert des WG) ist unklar und die Vorschrift daher auslegungsbedürftig.1 Nach einer Meinung wird die vE nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a auf die AK/HK des Einbringenden gedeckelt, unabhängig davon, ob die Einlage aus dem PV oder dem BV des Gesellschafters erfolgt.2 Im obigen Beispiel sei die vE dementsprechend mit 100 000 Euro zu bewerten. Die AK der Anteile erhöhen sich gem. § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG um 100 000 Euro, so dass der Gewinn aus der nach § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG begünstigte Veräußerung der Anteile 375 000 Euro beträgt. Nach anderer Auffassung ist der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG auf Anschaffungen im PV des Einbringenden beschränkt und daher im obigen Beispielsfall ausgeschlossen.3 Eigene Meinung. Die Lösung nach ersten Meinung geht davon aus, dass eine vE aus dem BV in eine KapGes., deren Anteile sich in eben diesem BV befinden, keine Entnahmebesteuerung auslöst. Dies ist allerdings fraglich. Nach der Rechtsprechung des BFH geht einer vE aus einem BV in eine KapGes. immer eine Entnahme logisch voraus und zwar selbst dann, wenn die Beteiligung an der einlageempfangenden Gesellschaft ebenfalls zum (notwendigen) BV des Einlegenden gehört.4 Dies ist einleuchtend, wenn Einlagegegenstand der gesamte Betrieb des A wäre, weil in diesem Fall der vE eine Betriebsaufgabe vorangeht. Aber auch wenn ein Einzelwirtschaftsgut verdeckt eingelegt wird, gilt nach der Rechtsprechung des BFH nichts anderes. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Sphärentrennung (Subjektbezogenheit des Einkommensteuerrechts) und wird vom BFH5 damit begründet, dass die vE stets durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei und damit aus der Perspektive des einlegenden Gesellschafters außerbetrieblichen Zwecken diene.6 Wenn dies zutrifft, dann findet § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG auf die vE aus dem BV eines Einzelunternehmens keine Anwendung, weil die Entnahme gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG zwingend mit dem TW in Ansatz zu bringen ist. § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG ist eine Bewertungsvorschrift für die nachfolgende vE und hat auf die Bewertung der Entnahme keine Einfluss. Die Regelung liefe also im Falle einer vE aus einem BV bei Annahme einer vorherigen Entnahme stets ins Leere. Die vorherige Entnahme wäre gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem TW, also im obigen Beispielsfall mit 500 000 Euro in Ansatz zu bringen.7 Dieser bei der Entnahme anzusetzende Wert wäre sodann gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG der Wert, mit dem die (logisch nachfolgende) vE anzusetzen ist. Die Entnahme ist zwar keine Anschaffung, sie wird aber für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG als anschaffungsähnlicher Vorgang behandelt.8 Die Annahme einer Entnahme erscheint allerdings nicht zweifelsfrei, weil § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG eine Gegenleistung fingiert, die im Falle der vE eines Einzelwirtschaftsguts aus dem BV diesem abgebenden BV zugute kommt, weil sich die AK des A in Bezug auf die T-GmbH-Anteile um den TW des eingelegten Wirtschaftsguts erhöhen.9
1306
Verneint man eine Entnahme in den Fällen, in denen sich die Beteiligung in demselben (abgebenden) BV befindet, so wirkt § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG konstitutiv. Hierbei handelt sich um einen Rechtsgrundverweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG („in den Fällen des Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a“).10 Letztere Vorschrift aber hat den alleinigen Zweck, zu verhindern, dass Gewinne aus Wertsteigerungen im PV unbesteuert bleiben, weil der Stpfl. den Einlagezeitpunkt hinausschiebt.11 Diesem Gesetzeszweck würde eine Anwendung der Regelung auf vE aus einem BV und damit auch auf Wertsteigerungen aus dem BV zuwiderlaufen. Aus diesem Gunde ist uE davon auszugehen, dass vE aus dem BV stets mit dem TW anzusetzen sind. Es
1 Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz. 1489a; Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 752. 2 Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz. 1489a; Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 558; Wochinger in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 21. 3 Patt in H/H/R, Sonderband StSenkG 2001, § 6 EStG Rz. R 162; Korn, KÖSDI 2000, 12352; Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz. 540; Füger/Rieger, DStR 2003, 638. 4 BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457 unter II. 3) a) der Gründe; v. 11.2.2009 – X R 56/06, BFH/ NV 2009, 1411; v. 18.12.1990 – VIII R 17/85, BStBl. II 1991, 512 = FR 1991, 143 = GmbHR 1991, 219. 5 BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457 unter II. 3) a) der Gründe. 6 Ebenso Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 349, der allerdings auch die Entnahme innerhalb der 3-Jahresfrist mit den AK bewerten will. 7 AA Wochinger in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 21, der zwar auch von einer Entnahme ausgeht, diese aber gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG auf die AK begrenzt. 8 BFH v. 13.4.2010 – IX R 22/09, BStBl. II 2010, 790 = FR 2010, 987 m. Anm. Bode = GmbHR 2010, 889. 9 BT-Drucks. 14/265, 174. 10 Gosch2, § 8 KStG Rz. 116. 11 BT-Drucks. 2/481, 77; Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 558; Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz. 1211.
682
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1306–1311 § 8
erscheint allenfalls sachgerecht – wie von Patt1 vertreten – § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG ausnahmsweise dann anzuwenden, wenn eine vE aus dem PV in eine KapGes. erfolgt, deren Anteile sich in einem BV befinden. In diesem Fall „laufen“ die Anteile nur für eine logische Sekunde durch das BV hindurch und können dort keine stillen Reserven bilden. Hätte der Einzelunternehmer A das Grundstück dagegen zeitlich vor der Einlage zu einem niedrigeren Wert (zB 400 000 Euro) in das PV entnommen und später in die KapGes. eingelegt, so wäre der im Zuge dieser Entnahme angesetzte Wert der nachfolgende Einlagewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG und damit auch der Höchstbetrag einer innerhalb der Dreijahresfrist nachfolgenden vE in eine KapGes.
1307
Eine andere Betrachtung kann sich ergeben, wenn Einlegender eine KapGes. ist. Bei einer KapGes., die eine vE in eine Tochter-KapGes. leistet, ist nämlich eine vorherige Entnahme mangels außerbetrieblicher Sphäre denklogisch ausgeschlossen.
1308
Beispiel: Die A-GmbH erwirbt am 1.10.2010 ein Grundstück für 100 000 Euro. Der gemeine Wert (= TW) dieses Grundstücks ist infolge günstiger Umfeldbebauung und Verbesserung der Infrastruktur am 1.9.2013 auf 500 000 Euro angestiegen. Die A-GmbH legt das Grundstück 1.9.2013 in die T-GmbH (AK zuvor 25 000 Euro) ein. Am 1.11.2013 veräußert die A-GmbH ihre T-GmbH-Beteiligung für 525 000 Euro an den Erwerber E. Wenn § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a in diesem Fall den Einlagewert auf die AK/HK beschränken würde, so wäre die vE mit 100 000 Euro zu bewerten. Der nachfolgende Veräußerungsgewinn, den die A-GmbH bei der Veräußerung des T-GmbH-Anteils erzielt, wäre gem. § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, denn das Gesetz enthält für diesen Fall keine Veräußerungssperrfrist. Lösung: § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG findet Anwendung, wenn der Einlage keine vorherige Entnahme, vGA oder Betriebsaufgabe vorausgeht. Auch § 6 Abs. 3 EStG ist gegenüber den Regelungen zur vE subsidiär. UE liegt mangels außerbetrieblicher Sphäre der A-GmbH keine Entnahme vor. Auch die Annahme einer vGA ist ausgeschlossen, weil die Übertragung des Grundstücks nicht im Interesse des Gesellschafters, sondern im betrieblichen Interesse der GmbH liegt. Nach § 6 Abs. 6 Satz 3 EStG sind die nachträglichen AK mit dem Wert iSd. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG in Ansatz zu bringen. Dennoch läuft § 6 Abs. 6 S. 3 EStG uE bei vE durch KapGes. ins Leere. Der Verweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG bezieht sich nur auf die „Urform“ der Einlage aus dem PV in ein BV. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG hat nämlich den alleinigen Zweck, zu verhindern, dass Gewinne aus Wertsteigerungen im PV unbesteuert bleiben, weil der Stpfl. den Einlagezeitpunkt hinausschiebt.2 Dieser Anwendungsfall ist bei vE durch KapGes. denklogisch ausgeschlossen.
bb) Anteile iSd. § 17 EStG Im Wege der Einlage zugeführte Anteile an einer KapGes. sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b EStG höchstens mit den AK oder HK anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige an der Gesellschaft gem. § 17 Abs. 1 EStG beteiligt ist. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b geht der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. a vor. Auf die 3-Jahresfrist kommt es also bei einer Beteiligung iSd. § 17 EStG nicht an. Die Regelung findet auf offene Einlagen keine Anwendung, weil es sich hierbei um ein (entgeltliches) Tauschgeschäft handelt.
1309
§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b EStG greift nicht, wenn die Anteile aus einem nicht steuerpflichtigen Bereich in ein BV überführt/übertragen und dadurch erstmals steuerverhaftet werden.3 Durch einen Ansatz mit den AK würden in systemwidriger Weise auch die im nicht steuerpflichtigen Bereich gebildeten stillen Reserven steuerverhaftet werden.
1310
Die Deckelung auf die AK des einlegenden Gesellschafters gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b EStG läuft letztlich ins Leere, weil ein Vorrang des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG besteht. Nach dieser Vorschrift ist die Einlage von Anteilen in eine KapGes. einer Veräußerung gleichgestellt, dh., bei der Einlage werden die in der Beteiligung ruhenden stillen Reserven aufgedeckt und versteuert. Würde man die aufgedeckten stillen Reserven (wegen der Bewertungsvorschrift § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 2 Buchst. b EStG) nicht dem Beteiligungsansatz zuschlagen und die eingelegte Beteiligung bei der aufnehmenden KapGes. mit den AK bewerten, so käme es bei einer späteren Veräußerung zu einer erneuten Besteuerung der stillen Reserven. Aus diesen Gründen ist nach Auffassung des BFH4 – im Un-
1311
1 Patt in H/H/R, Sonderband StSenkG 2001, § 6 EStG Rz. R 162. 2 BT-Drucks. 2/481, 77. 3 BFH v. 14.3.2011 – I R 40/10, BStBl. II 2012, 281 = GmbHR 2011, 997 = FR 2011, 902 mwN zur Einlage in einen BgA. 4 BFH v. 11.2.1998 – I R 89/97, BStBl. II 1998, 691 = FR 1998, 883 = GmbHR 1998, 790 unter Nr. 2b der Gründe und BFH v. 2.9.2008 – X R 48/02, BStBl. II 2010, 162 = GmbHR 2009, 44.
Neumann
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§ 8 Rz. 1311–1318
Ermittlung des Einkommens
terschied zur Sachbehandlung bei Einlage in ein Einzelunternehmen1 – eine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG geboten. Danach ist die verdeckt eingelegte Beteiligung bei der aufnehmenden KapGes. immer mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Die FinVerw. hat sich dieser Auslegung angeschlossen.2 Diese Sachbehandlung wirft allerdings immer dann Probleme auf, wenn der gemeine Wert unter den AK liegt.3 Zu den Auswirkungen des Beschlusses des BVerfG v. 7.7.20104 auf Einlagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b EStG s. BMF-Schreiben v. 21.12.20115. Die dort dargestellte Problematik ist allerdings nur eingeschränkt auf die vE übertragbar, weil die vE anders als die Einlage in ein Einzelunternehmen eine Realisation iSd. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG bewirkt. cc) Wirtschaftsgüter iSd. § 20 Abs. 2 EStG 1312
Durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 wurde § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. c EStG in das Gesetz eingefügt. Danach ist auch für Wirtschaftsgüter iSd. § 20 Abs. 2 EStG (Wertpapiere Forderungen uÄ) eine Begrenzung des Einlagewerts auf die AK des Einlegenden vorgeschrieben. Entsprechend den unter Rz. 1308 dargestellten Grundsätzen ist diese Regelung auf die vE nicht anzuwenden, weil § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG eine vE ausdrücklich einer Veräußerung gleichstellt.6 Eine vE mit den AK dürfte daher zu einer Doppelbesteuerung führen. e) Verhältnis zu § 6 Abs. 3 bis 6 EStG
1313
Die vE ist bei der aufnehmenden Gesellschaft grds. mit dem TW in Ansatz zu bringen. Auf Gesellschafterebene erhöhen sich die AK und damit der Buchwert der Anteile gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG um den TW des eingelegten Wirtschaftsguts, wenn sich die Anteile im BV befinden.7 Infolge dieser Regelung kommt es im abgebenden BV zu einem gewinnrealisierenden Vorgang. § 6 Abs. 5 EStG findet auf vE in eine KapGes. keine Anwendung.
1314
Befinden sich dagegen die Anteile im Privatvermögen, das Wirtschaftsgut hingegen im Betriebsvermögen, so kommt es in dem abgebenden BV zu einer Entnahme, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem TW in Ansatz zu bringen ist. Auch hier greift § 6 Abs. 5 EStG nicht.
1315
Wenn die vE aus dem PV erfolgt, so greift § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG nicht. Hier führt die vE nur dann zu einer Realisation der stillen Reserven, wenn dies ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, also die vE ausdrücklich dem Tausch gleichgestellt wird (so zB § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG, § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG, § 23 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG).
1316
Fraglich ist, ob auf die vE eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils § 6 Abs. 3 EStG Anwendung finden kann. Dies ist zu verneinen, da es sich insoweit um eine Aufgabe des Betriebs oder Teilbetriebs handelt. Folglich geht der vE einer solchen Sachgesamtheit immer eine Entnahme voraus.8 Außerdem verbietet der Grundsatz der Sphärentrennung eine Fortführung der Buchwerte. Die Grundsätze der vE und vGA haben deshalb Vorrang vor § 6 Abs. 3 EStG. Zum Verhältnis zu § 6 Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStG s. Rz. 1304 ff. f) Verhältnis zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (vGA)
1317
Eine vGA kann, wenn sie „im Dreieck“ erfolgt, eine vE nach sich ziehen (s. Rz. 341 ff.).
1318
Die gleichzeitige Annahme einer vE und einer vGA in Bezug auf denselben Sachverhalt ist aber ausgeschlossen.
1 BFH v. 2.9.2008 – X R 48/02, BStBl. II 2010, 162 = GmbHR 2009, 44. 2 BMF v. 2.11.1998 – IV C 2 - S 2244 - 2/98, BStBl. I 1998, 1227 = GmbHR 1998, 1194. 3 Zur früheren Rechtslage vor 1992 s. BFH v. 27.7.1988 – I R 104/84, BStBl. II 1989, 274 = GmbHR 1989, 134 und v. 18.12.2001 – VIII R 5/00, GmbHR 2002, 443 = BFH/NV 2002, 640. 4 BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BStBl. II 2011, 86. 5 BMF v. 21.12.2011 – IV C 6 - S 2178/11/10001 – DOK 2011/0939512, BStBl. I 2012, 42. 6 GlA Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 564. 7 Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 743. 8 So BFH v. 11.2.2009 – X R 56/06, BFH/NV 2009, 1411; glA Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 745 und Gratz in H/H/R § 6 EStG Rz. 1375; Wacker in Schmidt33, § 16 EStG Rz. 15 und 201; BMF v. 3.3.2005 – IV B 2 - S 2241 - 14/05, BStBl. I 2005, 458, Rz. 2; zuvor noch offengelassen durch BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1318–1321 § 8
Beispiel: Die M-GmbH ist zu 100 % an der T-GmbH und diese wiederum zu 100 % an der E-GmbH beteiligt. Die T-GmbH Verkauft der der E-GmbH ein Grundstück zum Preis von 100 000 Euro (= Buchwert), obwohl der TW (= gemeiner Wert) 1 Mio. Euro beträgt. Lösung: Es handelt sich um eine vE iHv. 900 000 Euro, weil T der E aus gesellschaftsrechtlichen Gründen einen Vermögensvorteil zuwendet. Zwar liegt die verbilligte Veräußerung möglicherweise auch im Interesse der M-GmbH. Die Vermögensminderung bei T ist aber nicht geeignet, bei M einen Kapitalertrag auszulösen (keine Vorteilsgeneigtheit).1
Eine vGA kann Rückgewähransprüche auslösen und infolgedessen wirtschaftlich rück- 1319 abgewickelt werden. Ein solcher Anspruch entsteht erst allerdings immer eine logische Sekunde nach Zufluss der vGA und ist (steuerneutral) als Einlageanspruch zu erfassen. Ein Anspruch auf Rückgewähr von vGA hat steuerrechtlich immer den Charakter einer Einlageforderung.2 Auf den Rechtsgrund der Rückzahlung kommt es nicht an. Weder gesetzliche Verpflichtungen3 noch Satzungsklauseln4 noch Rückgewähransprüche wegen Verstoßes gegen gesellschaftliche Treuepflichten5 führen zur steuerlichen Rückabwicklung der vGA.6 Eine steuerliche Rückabwicklung der vGA ist nicht möglich. Die Rückzahlung der erhaltenen vGA durch den Gesellschafter ist eine vE, und zwar auch dann, wenn sie unverzüglich nach Zufluss der vGA erfolgt.7 Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Gesellschafter der KapGes. einen Schaden zugefügt hat, ohne sich dadurch selbst zu bereichern (sog. „uneigennützige Pflichtverletzung“, s. Rz. 1163). Wenn aus einer solchen Handlung ein zivilrechtlicher Anspruch entsteht und der Anspruch unbestritten ist, dann ist er in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren und nicht als vE in Abzug zu bringen.8 Bestrittene Forderungen aufgrund einer Vertragsverletzung oder einer unerlaubten Handlung können dagegen erst am Schluss desjenigen Wirtschaftsjahres angesetzt werden, in dem sie anerkannt sind oder in dem über sie rechtskräftig entschieden ist.9 g) Verhältnis zu § 8b KStG § 8b Abs. 2 Satz 6 KStG bestimmt, dass „Veräußerung“ auch die vE ist. Folglich ist ein Gewinn infolge der Einlage einer Beteiligung durch eine Mutter-KapGes. in eine Tochter-KapGes. bei der einlegenden Mutter-KapGes. steuerbefreit.
1320
Beispiel: Die M-GmbH überträgt die ihr gehörende 100-prozentige Beteiligung an der E-GmbH unentgeltlich auf ihre Tochtergesellschaft T-GmbH. Der Buchwert der E-Anteile beträgt 100, der TW 1000. Lösung: Die unentgeltliche Übertragung der Anteile stellt eine vE dar. Die M-GmbH weist einen steuerbilanziellen Buchverlust von 100 000 aus. Da die vE mit dem TW von 1 Mio. Euro zu bewerten ist, erhöht sich der Buchwert der E-Anteile gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG bei der M-GmbH auf 1 Mio. Euro. Buchungstechnisch ergeben sich in der Steuerbilanz der M also die gleichen Auswirkungen wie bei einem Tausch. Es entsteht ein Gewinn von 900 000 Euro, der gem. § 8b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 6 KStG steuerfrei ist. Allerdings sind dem Einkommen der M-GmbH fiktive nicht abziehbare Ausgaben iHv. 5 % des Gewinns, also 45 000 Euro hinzuzurechnen. Die vE unterliegt – anders als eine Übertragung im Wege der vGA – nicht der KapESt. Die übernehmende T-GmbH setzt die im Wege der vE erhaltenen E-GmbH-Anteile mit 1 Mio. Euro an.
h) Verhältnis zu § 1 AStG § 1 AStG bei soll bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen den steuerlichen Ansatz eines angemessenen Entgelts ermöglichen. Es handelt
1 Vgl. BFH v. 14.1.2009 – I R 52/08, BStBl. II 2009, 674 = FR 2009, 818 = GmbHR 2009, 490. 2 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; vgl. auch Wassermeyer, DB 1998, 1997 zum BFH-Beschl. v. 14.7.1998 – VIII B 38/98, FR 1998, 893 = GmbHR 1998, 1045 = DB 1998, 1994; v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199 = BFH/NV 2005, 105; v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815; ebenso Wassermeyer, GmbHR 2005, 149; kritisch dagegen Schwedhelm/Binnewies, GmbHR 2005, 66, 151. 3 BFH v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BStBl. II 2001, 173 = FR 2000, 1340 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2000, 1267 m. Anm. Bickenbach. 4 BFH v. 25.5.1999 – VIII R 59/97, BStBl. II 2001, 226 = FR 1999, 947 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1999, 997. 5 BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815. 6 H 20.2 EStH 2011 „Rückgängigmachung einer vGA“. 7 Gosch2, § 8 KStG Rz. 515; Schütz, DStZ 2004, 14; Döllerer, vGA und vE bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 169. 8 BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, GmbHR 1997, 362 = FR 1997, 386 = BFH/NV 1997, 232; Wassermeyer, FR 1997, 563; Wassermeyer, DB 1998, 1997 und Wilk in H/H/R, § 8 KStG Rz. 115; Gosch2, § 8 KStG Rz. 522. 9 BFH v. 17.9.2003 – I R 91, 92/02, GmbHR 2004, 190 = GmbHR 2004, 190 = BFH/NV 2004, 182.
Neumann
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1321
§ 8 Rz. 1321–1324
Ermittlung des Einkommens
sich also um eine Einkommenskorrekturvorschrift.1 § 1 AStG und § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG setzen bei dem einzelnen Geschäftsvorfall an. Der Gewinn aus einer einzelnen Geschäftsbeziehung ist so zu ermitteln, als seien fremdübliche angemessene Entgelte vereinbart worden.2 Ein Konkurrenzproblem zwischen § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG und § 1 AStG ergibt sich nur dann, wenn ein inländischer Gesellschafter überhöhte Vergütungen an seine im Ausland ansässige Tochtergesellschaft zahlt. In diesem Fall werden die Einkünfte des inländischen Gesellschafters durch die Vergütung gemindert.3 In diesem Zusammenhang ist immer vorrangig zu prüfen, ob eine vE vorliegt. § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG geht § 1 AStG vor, denn wenn die zu beurteilende Leistung steuerrechtlich als Einlage zu qualifizieren ist und deshalb zu nachträglichen AK auf die Beteiligung führt, liegt keine selbständige Geschäftsbeziehung vor.4 Nur wenn ein Vermögensvorteil, zB weil er nicht einlagefähig ist, nicht als vE zu behandeln ist, kann eine Berichtigung nur nach § 1 AStG durchgeführt werden.5 Voraussetzung ist allerdings, dass eine Geschäftsbeziehung iSd. § 1 Abs. 4 AStG besteht.6 1322
Liegen die Voraussetzungen des § 1 AStG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG nebeneinander vor, so ist im Anwendungsbereich des § 1 AStG zunächst der Fremdvergleichspreis nach § 1 Abs. 3 AStG zu ermitteln. Wenn § 1 AStG zu einer weitergehenden Berichtigung führt als die vE, so ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG die weitergehende Berichtigung neben den Rechtsfolgen der anderen Vorschrift durchzuführen.7 Hieraus ergibt sich nach dem Willen des Gesetzgebers eine eindeutige Anwendungshierarchie.8 Ein zusätzlicher Korrekturbedarf infolge entsprechender Differenzen ergäbe sich zB beim Umlaufvermögen, weil der TW gem. § 6 Abs. 1 Satz 5 EStG keinen Gewinnaufschlag enthält. Der Korrekturbetrag gem. § 1 AStG ist hier idR höher.9 Im Schrifttum wird die Wirkung des § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG allerdings in Frage gestellt, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 AStG im Falle einer vE nach wie vor nicht erfüllt seien.10 Ein weiter gehender Berichtigungsrahmen nach § 1 AStG sei überhaupt nicht zu ermitteln, weil mangels Geschäftsbeziehung § 1 AStG überhaupt keine Anwendung fände.
1323
Unterschiede zwischen § 1 AStG und § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG bestehen insoweit, als § 1 AStG, anders als § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, –
nur auf Auslandsbeziehungen anwendbar ist,
–
im Gegensatz zu § 8 Abs. 3 KStG eine „Geschäftsbeziehung“ fordert,
–
keine besonderen formalen Anforderungen an die Vereinbarungen mit beherrschenden Gesellschaftern kennt,
–
nur bei einer Beteiligung von mindestens 25 % greift,
–
den Begriff der nahestehenden Personen ausdrücklich (enger) definiert als § 8 Abs. 3 KStG,
–
eine Vereinbarung voraussetzt und
–
keine Erhöhung des Einlagekontos sowie keine Anschaffungskostenberichtigung auf Gesellschafterebene nach sich zieht; allerdings führt die außerbilanzielle Einkünftekorrektur zum Ansatz eines Merkpostens.
i) Verhältnis zu § 17 EStG 1324
Siehe dazu Rz. 1309 ff.
1 S. dazu BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. II 1983, 218. 2 BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490 = FR 2000, 1135 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2000, 1115. 3 Zutr. Reckziegel/Grottke, SteuStud 2009, 268. 4 BFH v. 30.5.1990 – I R 97/88, BStBl. II 1990, 875 = GmbHR 1991, 45. 5 BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I S. 218 Tz. 1.3.1.2; AEAStG v. 14.5.2004, Tz. 1.1.; ebenso BFH v. 17.2.1993 – I R 3/92, BStBl. II 1993, 457 = FR 1993, 375 = GmbHR 1993, 446; so nun auch der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG idF des UntStRefG 2008. 6 S. dazu Roser, GmbHR 2011, 841. 7 Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Rz. 622. 8 Roser, GmbHR 2011, 841; s. dazu auch Freytag, IWB Fach 3 Gr. 1, 2193. 9 Reckziegel/Grottke, SteuStud 2009, 268. 10 Bernhardt/van der Hamm/Kluge, IStR 2007, 718; Wassermeyer in F/W/B, § 1 AStR Rz. 87.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1325–1328 § 8
j) Verhältnis zu § 27 KStG Nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen werden gem. § 27 Abs. 1 KStG auf einem gesonderten steuerlichen Einlagekonto erfasst. Dies stellt sicher, dass eine Einlagerückgewähr beim Gesellschafter nicht als Kapitalertrag erfasst und der Teileinkünftebesteuerung unterworfen wird. Die Erfassung auf dem Einlagekonto erfolgt nur, wenn die Leistung des Gesellschafters nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten als Einlage zu qualifizieren ist. Es besteht insoweit eine Abkoppelung von der Handelsbilanz. Während eine vE schon dann bei der Einkommensermittlung in Abzug gebracht wird, wenn die Vermögenszuführung den Gewinn lt. Steuerbilanz erhöht hat, wird die Erfassung auf dem steuerlichen Einlagekonto erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses (Erfüllungsgeschäft) vorgenommen.1 Besteht die vE in einer Schuldübernahme oder in einem Forderungsverzicht, so ist in der Übernahme der Verbindlichkeit bzw. in dem Schulderlass bereits ein Zufluss zu sehen.
1325
Auf dem Einlagekonto erfolgt keine unterjährige Erfassung. Das Einlagekonto wird vielmehr jährlich fortgeschrieben und festgestellt. Nach der in § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG geregelten Verwendungsreihenfolge mindert sich das steuerliche Einlagekonto nur insoweit, als die erfolgten Leistungen den zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen. Es wird also auf das steuerbilanzielle Vermögen zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres abgestellt. Dies bedeutet, dass eine im laufenden Jahr zugeflossene Einlage die für eine Ausschüttung maßgebliche Verrechnungsbasis erst zum 31.12. des laufenden Jahres erhöht und damit frühestens im Folgejahr steuerneutral zurückgewährt werden kann. Infolge dieser Verrechnungstechnik kann nicht sichergestellt werden, dass eine zugeflossene Einlage bei unmittelbarer Rückgewähr auf Gesellschafterebene steuerneutral bleibt. Einlagen, die noch im selben Wirtschaftsjahr rückausgeschüttet werden, können folglich nicht aus dem neu gebildeten Einlagekonto finanziert werden und sind deshalb auf der Gesellschafterebene steuerpflichtige Kapitalerträge.
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4. Rechtsentwicklung In der Rechtsprechung wurden vE in KapGes. beim Einlageempfänger stets als steuerneutrale Vermögensmehrungen behandelt und deshalb bei der Einkommensermittlung nicht berücksichtigt.2 Allerdings hat die Rechtsprechung den Begriff stetig fortentwickelt, indem sie Nutzungsvorteile nicht als einlagefähig ansah,3 vE im Dreiecksverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen annahm,4 verdecktes Nennkapital bei unterkapitalisierten Gesellschaften verneinte5 und im Falle eines Forderungsverzichts die vE auf den werthaltigen Teil der Forderung beschränkte.6 Die gesetzliche Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG, wonach vE das Einkommen nicht erhöhen, wurde allerdings erst durch das JStG 20077 ausdrücklich im Sinne einer klarstellenden Regelung gesetzlich kodifiziert. Da der gesetzlichen Regelung eine Definition der vE fehlt, muss auf die oa. Rechtsprechungsgrundsätze zurückgegriffen werden. Durch das JStG 2007 hat der Gesetzgeber außerdem die korrespondierende Besteuerung verdeckter Einlagen und verdeckter Gewinnausschüttungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter geregelt. Der Anlass für diese Neuregelung war das Bestreben, vGA und vE iZm. § 8a KStG aF auf allen Ebenen kongruent zu erfassen.8 § 8 Abs. 3 KStG wurde dazu um die Sätze 3 bis 6 ergänzt.
1327
5. Systematik und Grundlagen a) Auswirkung auf das Einkommen § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG ordnet ausdrücklich an, dass die vE das Einkommen nicht erhöht. In diesem Zusammenhang wird überwiegend vertreten, dass die Kürzung des Einkommens um den Wert der vE außerbilanziell, also auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe erfolge und
1 BMF v. 4.6.2003 – IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, 366 Rz. 26; ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, § 27 KStG Rz. 16; Heger in Gosch2, § 27 KStG Rz. 16; Antweiler in Ernst & Young, 27 KStG Rz. 91. 2 S. bereits BFH v. 23.10.1968 – I 228/65, BStBl. II 1969, 243. 3 BFH v. 3.2.1971 – I R 51/66 BStBl. II 1971, 408; v. 24.5.1984 – I R 166/78, BStBl. II 1984, 747 = FR 1984, 540 = GmbHR 1984, 324; v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 4 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159; v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 5 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = FR 1992, 525. 6 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 7 BGBl. I 2007, 2878. 8 S. dazu BMF v. 15.7.2004 – IV A 2 - S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593 Rz. 27.
Neumann
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1328
§ 8 Rz. 1328–1333
Ermittlung des Einkommens
dies, obwohl ein Abzug der Einlagen schon nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG vorgenommen wird.1 Nach überwiegender Ansicht wird der steuerbilanzielle Gewinn der Gesellschaft erst außerbilanziell um den Betrag der vE gemindert. Briese2 weist allerdings der mit guten Gründen darauf hin, dass der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG vE bereits mit einbeziehe. Letztere Auffassung ist uE zutreffend, weil der Unterschiedsbetrag iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 eine bereits um vE (nicht aber um vGA) bereinigte Größe ist. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG gilt wie § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG über § 7 Satz 1 GewStG auch für die GewSt. b) Einlagefähige Wirtschaftsgüter 1329
Siehe dazu Rz. 6 bis 14 ff. c) Einlagen durch Gesellschafter oder nahestehende Personen
1330
Voraussetzung für den außerbilanziellen Abzug der vE ist, dass sie auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht. Folglich muss Einlegender grds. ein Gesellschafter sein. Erforderlich ist eine Beteiligung am Nominalkapital. Stimmrechte sind nicht erforderlich.3 Ist ein Nichtgesellschafter Einlegender, so muss die Nähe zu dem Gesellschafter für die Zuwendung ursächlich sein, um die Annahme einer vE rechtfertigen zu können.
1331
Die Beteiligungsquote des Einlegenden ist für die Annahme einer vE grds. nicht erheblich. Disquotale Einlagen – also Zuwendungen durch einzelne Gesellschafter abweichend von der Beteiligungsquote – sind nach der Rechtsprechung des BFH4 (ertragsteuerlich gesehen) unentgeltliche Zuwendung des einlagefähigen Vermögensvorteils an den anderen Gesellschafter, welcher dann insoweit selbst eine vE in die KapGes. erbringt.5
1332
Wird der KapGes. ein einlagefähiger Vermögensvorteil durch eine Person zugewendet, die dem Gesellschafter nahe steht, kann ebenfalls eine vE anzunehmen sein. Wenn die Zuwendung in der Absicht erfolgt, einem anderen Gesellschafter einen Vermögensvorteil zukommen zu lassen, so liegt nach der Rechtsprechung des BFH6 zunächst eine ertragsteuerlich unbeachtliche unentgeltliche Zuwendung des einlagefähigen Vermögensvorteils an den anderen Gesellschafter vor, welche dieser dann verwendet, um selbst eine vE in die KapGes. zu erbringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die den Vermögensvorteil zuwendende Person nicht Gesellschafter ist, aber einem Gesellschafter nahesteht.7 Die Einlage wird in diesem Fall also dem Gesellschafter und nicht der nahestehenden Person zugerechnet. Nur der Gesellschafter tätigt insoweit nachträgliche AK auf seine Beteiligung. Die nahestehende Person dagegen kann den Verlust des Vermögenswerts im PV nicht steuermindernd in Abzug bringen. Gleiches gilt aber auch für disquotale Einlagen durch einzelne Gesellschafter. Auch in diesem Fall wird der überquotale Teil der Zuwendung den Mitgesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligungsquote als Einlage zugerechnet, wenn die Mitgesellschafter dem zuwendenden Gesellschafter nahe stehen.
1333
Gewährt eine dem Gesellschafter nahestehende Person der KapGes. einen Nutzungsvorteil, so liegt mangels Bilanzierbarkeit auf Ebene der Gesellschaft keine vE iSd. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG vor (s. Rz. 8). Der Gesellschafter tätigt keine AK auf seine Beteiligung. Erfolgt die Gewährung des Nutzungsvorteils durch die nahestehende Person, um dem Gesellschafter einen Vorteil zukommen zu lassen, so scheidet ein Abzug als BA oder WK in dem Umfang aus, in dem die anderen Gesellschafter beteiligt sind.8 Auf Ebene der begünstigten Mitgesellschafter ist eine Berücksichtigung als BA oder WK nach den Grundsätzen der BFHRechtsprechung zum Drittaufwand in der Regel unzulässig. Gleiches gilt, wenn einer von mehreren Gesellschaftern der Gesellschaft einen Nutzungsvorteil gewährt, in Bezug auf diejenigen Aufwendungen, die über seine Beteiligungsquote hinausgehen.9
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Wassermeyer, GmbHR 2001, 1; Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 336 mwN. Briese, GmbHR 2006, 1136. Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 333. Vgl. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723 unter C. III. der Gründe. Vgl. BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann. Vgl. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723 unter C. III. der Gründe. Vgl. BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann. Vgl. BFH v. 28.3.2000 – VIII R 68/96, FR 2000, 981 = GmbHR 2000, 942 = BFH/NV 2000, 1278. Vgl. BFH v. 28.3.2000 – VIII R 68/96, FR 2000, 981 = GmbHR 2000, 942 = BFH/NV 2000, 1278.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1334–1341 § 8
Erfolgt die Zuwendung durch eine mittelbaren Gesellschafter, so ist wegen des Nahestehens die vE dem unmittelbaren Gesellschafter zuzurechnen. Es ist aber zu prüfen, ob das eigenbetriebliche Interesse des Dritten nicht ursächlich für die Zuwendung war.1 Erfolgt die Leistung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen, so ist von einer „durch die Kette“ durchgeleiteten vE auszugehen.
1334
Beispiel: M ist alleiniger Anteilseigner der T-GmbH. Letztere wiederum hält alle Anteile an der E-GmbH. Eine Zuwendung von M an E wird zunächst als vE des M in die T-GmbH und sodann als weitere vE der T-GmbH in die E-GmbH behandelt.2
Auch eine Zuwendung durch eine Schwestergesellschaft kann eine vE auslösen. Hier liegt 1335 allerdings zunächst idR eine vGA an die gemeinsame Muttergesellschaft und sodann eine vE durch die Muttergesellschaft in die Schwestergesellschaft vor.3 Zu den unterschiedlichen Auswirkungen bei einlagefähigen Vermögensvorteilen und bei Nutzungseinlagen s. Rz. 342 ff. Zum sog. Korrespondenzprinzip in Dreiecksfällen s. Rz. 1505 ff. Ein Noch-nicht-Gesellschafter kann grds. nicht Leistender einer vE sein. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Zuwendung in Vorbereitung des bevorstehenden Anteilserwerbs erfolgt und dieser Anteilserwerb dann auch tatsächlich stattfindet, der Zuwendende also Gesellschafter wird. In diesem Fall kommt es darauf an, ob die Zuwendung ihren Grund in dem späteren Gesellschaftsverhältnis hat.4
1336
Ob ein bereits ausgeschiedener Gesellschafter eine vE leisten kann, hängt davon ab, ob er im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts noch Gesellschafter war.5 Wenn dies der Fall war, kann die Erfüllung der Verpflichtung eine vE darstellen. Bei Dauerrechtsverhältnissen, die der Leistende während seiner Gesellschafterstellung vertraglich vereinbart hat und die eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Begünstigung der Gesellschaft nach sich ziehen, ist grds. auch nach dem Ausscheiden von vE auszugehen, wenn der Leistende nicht über eine zivilrechtliche Möglichkeit verfügt, den Vertrag zu kündigen.
1337
Bei Beteiligten iSd. § 17 EStG, die ihre Anteile im PV halten, können die geleisteten Einlagen von den nachträglichen AK abweichen. S. hierzu Rz. 1367 ff.
1338
d) Verursachung durch das Gesellschaftsverhältnis Das Gesellschaftsverhältnis ist ursächlich für die Vermögensmehrung bei der KapGes., wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte.6 Es kommt nicht darauf an, ob sich die Anteile der Tochter-KapGes. im BV des Einlegenden befinden. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Vorteilszuwendung ihre Ursache in der Gesellschafterstellung des Einlegenden hat.
1339
Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist – wie im Bereich der vGA – durch einen Fremdvergleich zu ermitteln. Es ist zu prüfen, ob ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte.7 Es bedarf der Entscheidung, ob die Vermögensmehrung wegen der Gesellschafterstellung des Leistenden erfolgt ist. Zu den Arten des Fremdvergleichs s. Rz. 228 ff. (Allgemeinteil vGA). Zur Feststellungslast s. Rz. 383 ff. (Allgemeinteil vGA).
1340
Es ist nicht (nur) zu prüfen, ob der Gesellschafter auch ein eigenbetriebliches Interesse am Fortbestand der Tochtergesellschaft hat oder ob sich die Anteile in seinem (notwendigen) BV befinden. Allein relevant ist, ob ein Nichtgesellschafter unter gleichen Umständen die Leistung ebenfalls erbracht hätte. Der BFH hat diese Frage allerdings iZm. der Übernahme der Verluste einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft durch eine an ihr beteiligte Spar-
1341
1 BFH v. 15.10.1997 – I R 80/96, GmbHR 1998, 750 = BFH/NV 1998, 624; v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851. 2 BFH v. 29.1.1975 – I R 135/70, BStBl. II 1975, 553; v. 9.9.1986 – VIII R 159/85, BStBl. II 1987, 257 = FR 1987, 95 = GmbHR 1987, 287; v. 23.10.1985 – I R 247/81, BStBl. II 1986, 195 = FR 1986, 151 = GmbHR 1986, 277. 3 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159; v. 9.6.1997 – GrS 1/94 BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851. 4 BFH v. 24.1.1989 – VIII R 74/84, BStBl. II 1989, 419 = FR 1989, 283 = GmbHR 1989, 268 und ähnlich auch BFH v. 29.1.2010 – I B 88/09, BFH/NV 2010, 1125 und zu einem Aufgeld bei einer Optionsanleihe BFH v. 30.11.2005 – I R 26/04, BFH/NV 2006, 616; aA zuvor OFD Düsseldorf v. 23.3.2001, DB 2001, 1337 (1338). 5 Wochinger in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 9. 6 BFH v. 24.3.1987 – I R 202/83, BStBl. II 1987, 705 = FR 1987, 378 = GmbHR 1987, 366; v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 7 BFH v. 15.10.1997 – I R 80/96, GmbHR 1998, 750 = BFH/NV 1998, 624.
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§ 8 Rz. 1341–1345
Ermittlung des Einkommens
kasse offen gelassen.1 Im Streitfall war durch den Kläger vorgetragen worden, die unternehmerische Betätigung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft diene ausschließlich und unmittelbar dem Unternehmenszweck der Sparkasse. Würde man dies ausreichen lassen, um eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung einer Zuwendung zu verneinen, so wäre jede Zuwendung einer Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft betrieblich veranlasst, wenn sie der Verlustabdeckung dient und sich die unternehmerischen Betätigungsfelder ergänzen; möglicherweise sogar schon dann, wenn die im BV gehaltene Beteiligung wirtschaftlich gestärkt wird. Dies ist abzulehnen, denn eine Verursachung durch das Gesellschaftsverhältnis muss immer nur daran gemessen werden, ob ein fremder Dritter die Zuwendung ebenfalls getätigt hätte. Dies ist auch eine Angemessenheitsfrage. 1342
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der gesellschaftlichen Veranlassung ist das Verpflichtungsgeschäft.2 Auf diesen Zeitpunkt ist der Fremdvergleich durchzuführen. Ob ein fremder Dritter im Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts die Zuwendung vorgenommen hätte, ist grds. irrelevant.3 Etwas anders kann aber dann gelten, wenn die ursprüngliche Verpflichtung zur Einzahlung der Einlage im Zeitpunkt der Fälligkeit gar nicht mehr besteht oder wenn der Gesellschafter die zivilrechtliche Möglichkeit gehabt hätte, durch Vertragskündigung die Erbringung der Leistung zu verhindern. e) Rechtsfolge
1343
Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG beschränkt sich darauf sicherzustellen, dass vE das Einkommen der KapGes. nicht erhöhen. Da dies bereits durch § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG angeordnet wird, hat § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG nur eine deklaratorische Wirkung4 (s. Rz. 1275 und 1346). f) Zeitpunkt der Erfassung einer verdeckten Einlage
1344
Die verdeckt eingelegte Vermögensmehrung ist in der Handelsbilanz und wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auch in der Steuerbilanz bereits zu erfassen, wenn ein hinreichend konkreter (Einlage-)Anspruch der GmbH besteht. Ein Einlageanspruch erhöht zwar bereits im Zeitpunkt seiner Entstehung das steuerbilanzielle Vermögen, allerdings noch nicht das steuerliche Einlagekonto. Gleiches gilt auch für gesellschaftsrechtliche Rückgewähr- oder Schadensersatzansprüche (zB nach § 31 Abs. 1 GmbHG, nach § 43a GmbHG, nach § 35 GmbHG i.V.m. § 43 GmbHG, nach § 812 Abs. 1 BGB oder aufgrund einer sog. Satzungsklausel bzw. einer Steuerklausel, wonach der Gesellschafter eine vGA an die Gesellschaft zurückzuzahlen hat),5 die als vE gelten. Für die Erfassung auf dem steuerlichen Einlagekonto ist auf den tatsächlichen Zufluss (Erfüllungsgeschäft) abzustellen.6 g) Bewertung der verdeckten Einlage
1345
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG sind vE mit dem TW im Zeitpunkt ihrer Zuführung anzusetzen sind. Die Regelung enthält in Halbs. 2 allerdings Sonderregelungen, die eine Begrenzung des Einlagewerts auf die AK oder HK vorsehen. S. dazu Rz. 1303 ff. Zu den Besonderheiten der Bewertung beim Forderungsverzicht s. Rz. 1388 ff., zur Schuldübernahme und zum Schuldbeitritt s. Rz. 1468 ff. und zum Verzicht auf Pensionsanwartschaften s. Rz. 1428 ff. Zweifelsfragen ergeben sich auch bei Darlehensgewährungen an eine Schwestergesellschaft mit nachfolgendem Forderungsverzicht (s. dazu Stichwort „Darlehen“ in Rz. 1233 ff.). Der TW ist im Zweifel durch Schätzung zu ermitteln. Die zur vGA ergangene sog. Bandbreitenrechtsprechung des BFH ist zur Ermittlung des TW nicht geeignet.7
1 BFH v. 19.10.2005 – I R 40/04, GmbHR 2006, 326 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2006, 822 = GmbHR 2006, 326. 2 Zutr. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 105. 3 BFH v. 15.10.1997 – I R 80/96, GmbHR 1998, 750 = BFH/NV 1998, 624; v. 9.3.1983 – I R 182/78, BStBl. II 1983, 744 = GmbHR 1984, 161 = FR 1983, 563. 4 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 695. 5 BFH v. 29.4.1987 – I R 176/83, BStBl. II 1987, 733 = FR 1987, 456 = GmbHR 1987, 492. 6 BMF v. 4.6.2003 – IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, 366, Tz. 26, so auch zum Anrechnungsverfahren BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779. 7 BFH v. 20.12.2012 – IV B 12/12, BFH/NV 2013, 547.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1346–1349 § 8
h) Bilanzielle Behandlung der verdeckten Einlage Im Unterschied zur vGA vollzieht sich der Abzug einer vE uE bereits innerhalb der Steuerbilanz, denn der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ermittelte Unterschiedsbetrag muss um Einlagen iSd. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG bereinigt werden. Hierunter fallen auch vE (s. Rz. 1275). § 4 Abs. 1 EStG findet nämlich über § 8 Abs. 1 KStG auch auf Körperschaften Anwendung.1 Zwar kann die vE in der HB als Ertrag zu erfassen sein.2 Die handelsbilanzielle Qualifikation der Vermögenszuführung schlägt zunächst auch auf die StB durch.3 Sodann wird aber bereits nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG die vE in Abzug gebracht. Einer weiteren Kürzung nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG bedarf es nicht mehr.4 § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG ist damit uE nur deklaratorisch.5
1346
6. ABC der verdeckten Einlagen
Abzinsung unverzinslicher Gesellschafterdarlehen Seit VZ 1999 sind unverzinsliche Darlehen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag noch mindestens 12 Monate beträgt, gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen.6 Wenn die Laufzeit nicht eindeutig vereinbart und auch eine objektive Schätzung unmöglich ist, so kann die Restlaufzeit am Bilanzstichtag analog § 13 Abs. 2 BewG ermittelt werden.7
1347
Das Abzinsungsgebot führt zu einer Abweichung zwischen HB und StB.8 Es gilt in der StB 1348 auch für Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen. Wird ein Zinssatz nahe 0 % vereinbart, so ging die FinVerw. früher von einer Anwendbarkeit das § 42 AO aus,9 ist davon später aber offenbar wieder abgerückt.10 Der BFH geht auch bei eigenkapitalersetzenden Darlehen von einer Abzinsungspflicht aus.11 Die Unverzinslichkeit eines Gesellschafterdarlehens hat regelmäßig ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis. Deshalb wird in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten, der Ertrag aus der Abzinsung sei nach den Grundsätzen der vE steuerfrei und daher außerhalb der Steuerbilanz einkommensmindernd zu berücksichtigen.12 Dem ist indes nicht zu folgen: Die Grundsätze der vE sind nur auf einlagefähige Wirtschaftsgüter und eben nicht auf Nutzungen anzuwenden.13 Bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung handelt es sich gerade nicht um den Verzicht auf ein entstandenes Nutzungsentgelt, sondern um eine einfache Nutzung. Der BFH hat deshalb die Annahme einer vE abgelehnt.14 Die Abzinsungsbeträge sind folglich als steuerpflichtiger Ertrag in der Einkommensermittlung der KapGes. zu erfassen. Die jährlichen Aufstockungen der Verbindlichkeit bis zum Fälligkeitstermin stellen dann allerdings konsequenterweise abzugsfähigen Aufwand dar. Der Gesellschafter (bzw. die Muttergesellschaft) muss die unverzinsliche Darlehensforderung mit dem Nominalwert bewerten. Die Unverzinslichkeit einer langfristigen Darlehensforderung beeinflusst zwar deren Marktwert (gemeiner Wert). Hierbei handelt es sich aber nicht um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung. Eine Teilwertabschreibung nur wegen der Unverzinslichkeit kommt daher nicht in Betracht.15 Eine korrespondierende Abzinsung auf Gesellschafterebene scheidet aus.16 1 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94 BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851. 2 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159, unter C. I. 3. d) 2. Absatz der Gründe. 3 AA Kußmaul/Klein, DStR 2001, 189. 4 So im Ergebnis auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 83b. 5 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 695. 6 Vgl. BMF v. 26.5.2005 – IV B 2 - S 2175 - 7/05, BStBl. I 2005, 699; s. dazu auch Groh, DB 2007, 2275. 7 BFH v. 5.1.2011 – I B 118/10, BFH/NV 2011, 986. 8 Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 454. 9 BMF v. 23.8.1999 – IV C 2 - S 2175 - 25/99, BStBl. I 1999, 818. 10 BMF v. 26.5.2005 – IV B 2 - S 2175 - 7/05, BStBl. I 2005, 699 Rz. 13. 11 BFH v. 6.10.2009 – I R 4/08, BStBl. II 2010, 177. 12 van de Loo, DStR 2000, 508; ähnlich, aber auf kapitalersetzende Darlehen bezogen, Hauber/Kiesel, BB 2000, 1514. 13 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 14 BFH v. 6.10.2009 – I R 4/08, BStBl. II 2010, 177 unter II. 4. der Gründe und ebenso BFH v. 27.1.2010 – I R 35/09, BStBl. II 2010, 478 = GmbHR 2010, 438 = FR 2010, 519; ebenso Kulosa in Schmidt33, § 6 EStG Rz. 457. 15 BFH v. 24.10.2012 – I R 43/11, BFH/NV 2013, 311; zum Sonderfall der Betriebsaufspaltung s. zuvor bereits BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618 = GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle. 16 S. dazu Hofmann, DB 2009, 2757 (2758) und Buciek, FR 2010, 341 (342).
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1349
§ 8 Rz. 1350–1356
Ermittlung des Einkommens
Agio als Einlage 1350
Handelsrechtlich sind Aufgelder iZm. offenen Einlagen üblich. Der Zweck besteht darin, insbesondere bei mehrgliedrigen KapGes. im Zuge einer Kapitalerhöhung einen angemessenen Wertausgleich herzustellen. Ein solches Agio wird handelsrechtlich gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB der Kapitalrücklage zugeführt. Es handelt sich um den Teil der zu erbringenden Einlage, der über den Nennbetrag der Stammeinlageverpflichtung des Einlegenden hinausgeht. Hierbei handelt es sich nicht um eine vE, sondern insgesamt um eine offene Einlage, die nach Tauschgrundsätzen zu behandeln ist.1 Das Agio führt zu AK auf den neu erworbenen Anteil. Hierzu muss aber im Einzelfall entschieden werden, ob das Agio für die neuen Gesellschaftsanteile geleistet wurde oder ob es sich um eine davon zu trennende vE handelt.2
1351
Ein Agio iZm. einem Optionsrecht ist als Einlage zu behandeln, wenn die Option später ausgeübt wird.3
Anteilsübertragung im Wege der verdeckten Einlage 1352
§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG bestimmt, dass eine vE einer Beteiligung einer Veräußerung gleichzusetzen ist und damit auch der Steuerbefreiung unterliegt (s. Rz. 1320).
1353
Wenn aus einer GmbH & Co. KG der letzte Kommanditist ausscheidet, wächst das Vermögen bei der einzigen verbleibenden Gesellschafterin – in diesem Fall der KomplementärGmbH – nach § 738 BGB an. Wenn die Kommanditisten an der insoweit bereicherten GmbH beteiligt sind, bewirken sie durch die Vermögensverschiebung eine vE.4 Die Einlage ist mit der Vermögensmehrung zu bewerten, die die Komplementär-GmbH erhält. Insoweit sind die stillen Reserven in dem übergehenden Vermögen aufzudecken. Soweit die Komplementär-GmbH bereits vor dem Ausscheiden der Kommanditisten selbst an der KG beteiligt war, findet keine vE statt, sondern es kommt zu einer (steuerneutralen) unmittelbaren Zurechnung desjenigen Vermögens, das der GmbH zuvor über die Mitunternehmerschaft mittelbar zuzurechnen war.
1354
Bei dem sog. erweiterten Anwachsungsmodell kommt es dagegen nicht zu einer vE. Hier bringen die Kommanditisten zunächst ihre Mitunternehmeranteile nach § 20 UmwStG in die sodann nur noch allein an der KG beteiligte Komplementär-GmbH ein. Diese Einbringung kann unter Fortführung der Buchwerte erfolgen.5 Eine logische Sekunde später kommt es dann als Reflex zur Anwachsung des gesamten KG-Vermögens auf die verbleibende Komplementär GmbH. UE ist die Anwachsung ein Vorgang iSd. § 6 Abs. 3 EStG. Das Modell wird von der FinVerw. akzeptiert, wenngleich (dogmatisch) unklar ist, ob die Mitunternehmeranteile der ausscheidenden Kommanditisten bei der GmbH überhaupt als Einbringungsgegenstand ankommen.6
1355
Wie unter Rz. 1281 dargestellt, sind Nutzungen nicht einlagefähig, weil es sich nicht um selbständige Wirtschaftsgüter bzw. Vermögensgegenstände handelt.7 Wenn dem Gesellschafter iZm. dem überlassenen Wirtschaftsgut eigene Aufwendungen entstehen, so stellen auch diese Kosten grds. keine vE dar. Es handelt sich idR um WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen oder um BA.
1356
Zu prüfen ist aber, ob auf diese BA die 40-prozentige Abzugsbeschränkung nach § 3c Abs. 2 EStG Anwendung findet. Nachdem die Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 EStG auf Aufwendungen des Gesellschafters in Fällen verbilligter Nutzungsüberlassungen durch den Ge-
Anwachsung
Aufwandseinlage
1 BFH v. 24.4.2007 – I R 35/05, BStBl. II 2008, 253 = GmbHR 2007, 943 = FR 2007, 1064. 2 BFH v. 1.12.2011 – I B 127/11, GmbHR 2012, 654 = BFH/NV 2012, 1015 und BFH v. 7.4.2010 – I R 55/09, BStBl. II 2010, 1094 = FR 2010, 1090 = GmbHR 2010, 1104. 3 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, BStBl. II 2008, 809 = FR 2006, 373 = GmbHR 2006, 209; vgl. dazu Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 96 und 131. 4 Vgl. Wochinger in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 1. 5 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 01.44; ebenso Schmidt/Dietel, DStR 2008, 529; Ropohl/Freck, GmbHR 2009, 1076. 6 Patt in D/P/M, § 20 UmwStG Rz. 6 mwN. 7 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1356–1358 § 8
sellschafter an die KapGes. lange umstritten war,1 hatte der BFH2 die Anwendbarkeit der Abzugsbeschränkung bei laufenden Aufwendungen grds. bejaht, bei substanzbezogenen Aufwendungen – wie zB Forderungsabschreibungen – aber verneint. Die FinVerw. hatte sich dem angeschlossen.3 Mit der Änderung durch das Zollkodex-AnpG4 wurde § 3c Abs. 2 EStG nun aber für Wj., die nach dem 31.12.2014 beginnen, auch auf substanzbezogene Aufwendungen ausgedehnt. Fraglich ist, ob in besonderen Fallkonstellationen doch von einem einlagefähigen Vermögensvorteil ausgegangen werden kann. Dies wäre ggf. denkbar, wenn es sich um eine Leistung des Gesellschafters im sog. abgekürzten Vertragsweg handelt. Ein Beispielfall wäre zB die Übernahme von Umwandlungskosten durch die Konzernmutter.
1357
Beispiel: Die M-AG ist zu 100 % an der T-GmbH beteiligt. Diese wiederum hält 100 % der Anteile an der E-GmbH. Die E-GmbH wird auf die T-GmbH verschmolzen. In diesem Zusammenhang gibt die M-AG im Interesse der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ein Bewertungsgutachten in Auftrag, das sie auch selbst bezahlt. Bei der Prüfung wird aus Vereinfachungsgründen unterstellt, dass die M-AG kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Umstrukturierung hat. Der IV. Senat des BFH5 hat entschieden, dass die unentgeltliche Übernahme der Kosten für Dienstleistungen nicht zu einem einlagefähigen Wirtschaftsgut führe. Im Streitfall handelte es ich um Kosten für Beratung und Personalbeschaffung. Es ist allerdings fraglich, ob hier die BFH-Rechtsprechung zum Drittaufwand Anwendung findet, wonach die Übernahme von Kosten im Wege des sog. abgekürzten Vertragsweges wie eine Zuwendung in Geld zu behandeln ist.6 Nach dieser Rechtsprechung überträgt der Dritte (im Beispielsfall M-AG) keinen Aufwand auf den Steuerpflichtigen (T-GmbH). Vielmehr wäre der Aufwand einer Geldzuwendung an den Stpfl. gleichzusetzen. Die Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf die vE ist allerdings bisher ungeklärt.7
Aufwendungsersatzanspruch Tätigt der Gesellschafter Aufwendungen im Interesse der GmbH, um seine Beteiligungsrechte zu stärken, so stellt sich die Frage, ob ihm hieraus ein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 670 ff. BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) erwächst und infolgedessen erst dann von einer vE ausgegangen werden kann, wenn der Gesellschafter auf seinen Aufwendungsersatzanspruch verzichtet. Die Höchstrichterliche Rechtsprechung ist von derartigen Ansprüchen bisher nicht ausgegangen. Der BFH ist bei nicht einlagefähigen Gesellschafterleistungen zu der Ansicht gelangt, dass die Leistung bei dem Gesellschafter, der die Aufwendungen trägt, zu WK oder BA führt.8 UE entstehen Aufwendungsersatzansprüche bei Gesellschafterleistungen in Form von Einlagen bzw. nicht einlagefähigen Nutzungsvorteilen im Regelfall nicht. Von einer fremden Geschäftsbesorgung iSd. § 670 BGB ist nämlich schon dem Grunde nach nicht auszugehen, soweit der Handelnde im Eigeninteresse tätig wird. Es ist gegenläufig zu berücksichtigen, dass der leistende Gesellschafter in erster Linie eine Werterhöhung seiner eigenen Anteile im Sinn hat (Reflexwirkung der Aufwendungen). Sind aber durch den Geschäftsführer ohne Auftrag eigene und gleichzeitig auch fremde Geschäfte besorgt, so könnte er allenfalls anteiligen Ersatz seiner Aufwendungen fordern. Aber selbst, wenn im Einzelfall eine Geschäftsführung ohne Auftrag anzunehmen sein sollte, käme in den meisten Fällen ein Aufwendungsersatzanspruch gar nicht zur Entstehung, weil der Gesellschafter regelmäßig nicht die Absicht hat, von seiner GmbH Ersatz für seine Aufwendungen zu verlangen. § 685 BGB sieht für diesen Fall vor, dass dem Geschäftsführer ein Anspruch nicht zu-
1 FG BW v. 12.10.2006 – 6 K 202/06, EFG 2007, 568; FG Bremen v. 27.4.2006 – 1 K 204/05, EFG 2006, 1234; FG Düsseldorf v. 19.4.2006 – 15 V 346/06 A (F), juris; FG Rh.-Pf. v. 23.9.2009 – 2 K 1486/08, EFG 2011, 861; FG Münster v. 14.4.2011 – 6 K 2973/09 E, F, EFG 2011, 1860 (rkr.); v. 23.3.2011 – 7 K 2793/07 E, EFG 2011, 1135; FG Bremen v. 27.4.2006 – 1 K 204/05, EFG 2006, 1234; BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2010, 1292; jedoch weitgehend aufgehoben durch BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2013, 1269. 2 BFH v. 18.4.2012 – X R 7/10, BFH/NV 2012, 1363 = GmbHR 2012, 860; v. 18.4.2012 – X R 5/10, BFH/NV 2012, 1358 = GmbHR 2012, 867 = FR 2012, 868; v. 11.10.2012 – IV R 45/10, BFH/NV 2013, 518 = GmbHR 2013, 380; v. 28.2.2013 – IV R 49/11, BStBl. II 2013, 802 = GmbHR 2013, 656 = FR 2013, 854. 3 BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2013, 1269. 4 G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. 5 BFH v. 19.5.2005 – IV R 3/04, GmbHR 2005, 1198 = BFH/NV 2005, 1784. 6 BFH v. 15.11.2005 – IX R 25/03, BStBl. II 2006, 623 = FR 2006, 229; v. 15.1.2008 – IX R 45/07, BStBl. II 2008, 572. 7 Offengelassen durch FG Schl.-Holst. v. 15.4.2008 – 3K 253/05, EFG 2008, 1295. 8 Vgl. BFH v. 3.2.1971 – I R 51/66, BStBl. II 1971, 408; v. 22.11.1983 – VIII R 133/82, FR 1984, 183 = GmbHR 1984, 110 = DB 1984, 700; v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159; v. 22.11.1983 – VIII R 37/79, GmbHR 1984, 163 = FR 1984, 236.
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1358
§ 8 Rz. 1358–1363
Ermittlung des Einkommens
steht.1 Allerdings muss ein dementsprechender Wille des Handelnden äußerlich erkennbar geworden sein.2 Wenn ein beherrschender Gesellschafter einen Ersatz seiner Aufwendungen geltend machen will, so bedarf es hierzu einer vertraglichen Grundlage. Entsprechend Ansprüche müssen deshalb klar und eindeutig vor Erbringen der Leistung geregelt werden, um die Annahme einer vGA zu verhindern.3
Ausgleichsposten 1359
Minderabführungen sind keine vE, wenngleich eine (gesetzliche) Einlagelösung aus Praktikabilitätsgründen immer wieder gefordert wird.4 Organschaftliche Ausgleichsposten iSd. § 14 Abs. 4 Satz 1 KStG sind keine Wirtschaftsgüter, sondern reine Korrekturposten. Sie führen auch nicht zu nachträglichen AK auf die Beteiligung beim OT. Nur für Zwecke des steuerlichen Einlagekontos werden Minderabführungen in § 27 Abs. 6 KStG den vE faktisch gleichgestellt.
Bodenschätze 1360
Im PV entdeckte Bodenschätze (zB Kiesvorkommen) sind mit dem TW (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG) einlagefähig. Es handelt sich um materielle Wirtschaftsgüter. Sie dürfen aber nach erfolgter Einlage nicht abgeschrieben werden.5
Buchungsirrtum 1361
Die Vermögensmehrung bei der KapGes. ist nur dann eine vE, wenn sie gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Dies ist ggf. nicht anzunehmen, wenn die Zuwendung auf einem Buchungsirrtum oder einem Rechtsirrtum beruht.6 In diesem Fall ist es erforderlich, die Bilanz zu berichtigen und eine Herausgabeverpflichtung zu passivieren.7
Bürgschaft des Gesellschafters a) Behandlung bei der Kapitalgesellschaft 1362
Wird ein bürgender Gesellschafter aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, muss die KapGes. statt der Fremdverbindlichkeit (Bankdarlehen) nunmehr eine Rückgriffsverpflichtung gegen den Gesellschafter passivieren. Für die Passivierung dieser Verbindlichkeit gelten die gleichen Grundsätze wie für Gesellschafterdarlehen. Verzichtet der Gesellschafter nach Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf seinen Rückgriffsanspruch, so tätigt er damit grds. eine vE. Der Verzicht auf den wertlosen Rückgriffsanspruch führt bei der Gesellschaft, unabhängig von der steuerlichen Beurteilung beim Gesellschafter, zunächst (auf der 1. Stufe) zu einer Ausbuchung der Verbindlichkeit. Es entsteht ein sachlich steuerpflichtiger außerordentlicher Ertrag.8 Dieser Ertrag ist allerdings bei der Einkommensermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG bzw. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG als vE in Abzug zu bringen. Hierbei stellt sich – wie beim Verzicht auf ein Gesellschafterdarlehen – die Frage nach der Werthaltigkeit, denn die vE ist mit dem TW der Forderung (Rückgriffsanspruch) zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Im Regelfall wird in Fällen vorangegangener Inanspruchnahme aus der Bürgschaft der Wert des Rückgriffsanspruchs und damit der Wert der vE 0 Euro betragen und demzufolge bei der KapGes. ein steuerpflichtiger Ertrag verbleiben.
1363
Fraglich ist, ob eine vorzeitige Erfüllungsübernahme (= interne Schuldübernahme iSv. § 415 Abs. 3 BGB) durch den bürgenden Gesellschafter eine vE auslösen kann. Der BFH hat dies mit Beschluss vom 20.12.20019 bejaht, wenn der Bürge Gesellschafter ist und von vornherein auf seinen Regressanspruch gem. § 774 BGB verzichtet. Dies komme im Ergebnis eiSprau in Palandt73, § 685 BGB Rz. 2. BGH v. 10.10.1984 – VIII ZR 152/83, NJW 1985, 313; Sprau in Palandt73, § 685 BGB Rz. 2. BFH v. 16.12.1987 – I R 222/83, BFH/NV 1989, 103. Vgl. dazu Dötsch, Ubg 2008, 122. BFH v. 4.12.2006 – GrS 1/05, BStBl. II 2007, 508 = FR 2007, 845. BFH v. 29.4.2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55 = GmbHR 2008, 940 m. Anm. Kamps = FR 2009, 29 m. Anm. Pezzer. 7 S. zum umgekehrten Fall der vGA BFH v. 24.3.1998 – I R 88/97, GmbHR 1998, 1044 = BFH/NV 1998, 1374; FG Saarl. v. 10.7.1997 – 1 K 49/95, EFG 1997, 1214 = GmbHR 1997, 808; FG Düsseldorf v. 17.5.1989 – 6 K 193/81, GmbHR 1990, 57. 8 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 9 BFH v. 20.12.2001 – I B 74/01, GmbHR 2002, 221 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 678.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1363–1366 § 8
ner Geldeinlage gleich. Diese Rechtsprechung ist uE nicht überzeugend, weil der Anspruch gegen den Hauptschuldner bereits dann entsteht, wenn der Bürge im Vorgriff auf eine drohende Inanspruchnahme den Gläubiger befriedigt.1 Die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft droht dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit der Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Bürgen ernstlich zu rechnen ist (Krise). Dabei kommt es wesentlich auch auf die Bewertung der Sachlage durch den Gläubiger (Bank) an.2 Eine Inanspruchnahme des Bürgen droht jedenfalls dann, wenn zu erwarten ist, dass sich der Gläubiger wegen Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners an den Bürgen wenden wird.3 Leistet also ein Bürge wegen drohender Inanspruchnahme vorab an den Gläubiger und verzichtet er auf den Rückgriffsanspruch gegen die GmbH bzw. auf die auf ihn übergegangene Hauptforderung, so führt dies nicht zwingend zu einer voll werthaltigen vE. Es handelt sich uE um einen Forderungsverzicht, der nach allgemeinen Grundsätzen zu bewerten ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der bürgende Gesellschafter eine Geldeinlage in die KapGes. tätigt, mit der die Gesellschaft ihre Gläubiger befriedigt. b) Behandlung beim Gesellschafter – Anteile im Betriebsvermögen Wenn der Gesellschafter eine Darlehensforderung gegen die KapGes. hat oder sich für Verbindlichkeiten der KapGes. verbürgt, so ist zu unterscheiden, ob er die Anteile im PV oder im BV hält. Werden die Anteile im BV gehalten, so führt der Ausfall der Darlehensforderung oder seiner Rückgriffsforderung nicht zu nachträglichen AK auf die Beteiligung.4 Der normspezifische Anschaffungskostenbegriff des § 17 EStG findet im BV keine Anwendung. Dort gilt grds. die Maßgeblichkeit des in § 255 Abs. 1 HGB statuierten, sowohl für die Handelsbilanz als auch für die Steuerbilanz grds. anzuwendenden Anschaffungskostenbegriffs. Dieser handelsbilanzielle Anschaffungskostenbegriff umfasst Fremdkapitalzuführungen auch dann nicht, wenn diese eigenkapitalersetzenden Charakter haben und deshalb nach Eintritt der Krise bei der Gesellschaft zivilrechtlichen Sonderregeln unterworfen sind. Da die Gewährung eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens auf der Ebene der Gesellschaft nicht zu einer vE führt, ist die Annahme nachträglicher AK ausgeschlossen.5 Die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft führt also zu Aufwand, indem der Freistellungsanspruch auf den niedrigeren TW abgeschrieben wird. Hierbei handelt es sich um eine Betriebsausgabe, die den Steuerbilanzgewinn des Gesellschafters mindert.6
1364
Entgegen der ursprünglichen Auffassung der FinVerw.7 geht der BFH8 davon aus, dass 1365 § 3c EStG auf den Abschreibungsaufwand keine Anwendung findet, weil es sich insoweit um substanzbezogenen Aufwand handelt, der mit der Forderung und nicht mit der Beteiligung zusammenhängt. Mit BMF-Schreiben v. 23.10.20139 hat die FinVerw. die BFH-Rechtsprechung dann für allgemein anwendbar erklärt und ihre bisherige ablehnende Position hinsichtlich des Abzugs substanzbezogener Aufwendungen aufgegeben. Nach der Änderung durch das Zollkodex-AnpG10 wurde § 3c Abs. 2 EStG nun aber für Wj., die nach dem 31.12.2014 beginnen, auch auf substanzbezogene Aufwendungen ausgedehnt. In Fällen der Betriebsaufspaltung sind bei der Bewertung des Freistellungsanspruchs al- 1366 lerdings Besonderheiten zu beachten. Der TW des Freistellungsanspruchs gegen die Betriebs-GmbH ist nach der Rechtsprechung des BFH nach denselben Kriterien zu bestimmen, die für die Bewertung der Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft gelten.11 Für den Wert der Beteiligung sind nicht nur die Ertragsaussichten, sondern auch der Vermögenswert
1 Sprau in Palandt73, § 774 BGB Rz. 7; BGH v. 14.1.1998 – XII ZR 103/96, WM 1998, 443, 446. 2 BFH v. 10.4.1987 – III R 274/83, BFH/NV 1988, 22; v. 15.10.1998 – IV R 8/98, BStBl. II 1999, 333 = FR 1999, 214. 3 BFH v. 24.7.1990 – VIII R 226/84, BFH/NV 1991, 588; v. 30.1.1990 – VIII R 183/85, BFH/NV 1990, 504. 4 BFH v. 18.12.2001 – VIII R 27/00, BStBl. II 2002, 733 = FR 2002, 522 = GmbHR 2002, 331 m. Anm. Hoffmann; v. 20.4.2005 – X R 2/03, BStBl. II 2005, 694 = GmbHR 2005, 1193 m. Anm. Hoffmann = FR 2005, 1149. 5 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 = FR 1992, 525. 6 Rödder/Stangl, DStR 2005, 354; Schmidt/Hageböke, DStR 2002, 1202. 7 BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2010/0805444, BStBl. I 2010, 1292. 8 BFH v. 18.4.2012 – X R 7/10, GmbHR 2012, 860 = BFH/NV 2012, 1363; v. 18.4.2012 – X R 5/10, GmbHR 2012, 867 m. Anm. Binnewies = FR 2012, 868 m. Anm. Schmitz-Herscheidt = BFH/NV 2012, 1358; v. 17.7.2013 – X R 17/11, FR 2014, 21 = GmbHR 2013, 1110 m. Anm. Hoffmann = DStR 2013, 1934. 9 BMF v. 23.10.2013 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2013/0935028, BStBl. I 2013, 1269. 10 G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. 11 BFH v. 6.11.2003 – IV R 10/01, BStBl. II 2004, 416 = GmbHR 2004, 590 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 597.
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§ 8 Rz. 1366–1368
Ermittlung des Einkommens
und insbesondere die funktionale Bedeutung des Beteiligungsunternehmens maßgebend.1 Im Falle einer Betriebsaufspaltung hat die funktionale Bedeutung der GmbH-Beteiligung für die Wertbestimmung ihrer Anteile ein besonderes Gewicht. c) Behandlung beim Gesellschafter – Anteile im Privatvermögen 1367
Wenn der Gesellschafter die Anteile in seinem PV hält und in iSd. § 17 EStG an der Gesellschaft beteiligt ist, so kann ein Forderungsausfall unter bestimmten Voraussetzungen zu nachträglichen AK auf die Beteiligung führen. Gleiches gilt für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft. In diesem Zusammenhang hat der BFH in langjähriger Rechtsprechung2 einen auf § 17 EStG zugeschnittenen normspezifischen Anschaffungskostenbegriff entwickelt, der im betrieblichen Bereich wegen der Maßgeblichkeit des § 255 HGB keine Anwendung findet. Dies setzte allerdings voraus, dass die Gesellschafterforderung/Bürgschaft gem. § 32a GmbHG aF kapitalersetzend war. Die Höhe der AK auf die Beteiligung wurde von der Art der Eigenkapitalersatzfunktion und dem Zeitpunkt der Darlehenshingabe beeinflusst. Hierbei hatte die BFH-Rechtsprechung in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu §§ 32a, 32b GmbHG differenziert. Diese Anschaffungskostensystematik war dem aus Art. 3 GG abgeleiteten Leistungsfähigkeitsprinzip geschuldet. Nach der Rechtsprechung des BFH3 musste der Begriff der nachträglichen AK in § 17 EStG weit ausgelegt werden, damit das Nettoprinzip im Anwendungsbereich dieser Norm ausreichend wirksam werden konnte, denn ansonsten wäre der Ausfall der Forderung einkommensteuerrechtlich unbeachtlich geblieben.4 Der BFH wollte im Bereich des § 17 Abs. 2 EStG Aufwendungen berücksichtigen, die auch bei einem Mitunternehmer zum Ansatz kämen, denn die Ermittlung des Veräußerungs- bzw. Liquidationsgewinns bei § 16 Abs. 2 und § 17 Abs. 2 EStG erfolgt nach ähnlichen Grundsätzen.5 Der sachliche Zusammenhang zwischen den Eigenkapitalersatzregeln und § 17 EStG war allerdings stets umstritten.6
1368
Dies gilt nun erst recht, nachdem die gesetzlichen Regelungen in §§ 32a, 32b GmbHG (sog. Novellenregeln) durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)7 abgeschafft wurden.8 Von einigen Autoren wird dagegen zu Recht die Ansicht vertreten, man habe auch künftig eine Veranlassungsprüfung durchzuführen, die sich im Wesentlichen an die alten Rechtsprechungsregeln anlehnt.9 Die FinVerw. ist dieser Sichtweise – zumindest für Gesellschafterdarlehen – gefolgt und nimmt im Falle einer Krisenbestimmtheit nach den schon im Geltungsbereich des MoMiG geltenden Prüfkriterien nachträgliche AK auf die Beteiligung an.10 Nachträgliche AK kommen im Falle einer Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft in Betracht, wenn die Bürgschaftsübernahme durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war und die Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft wertlos ist. Für die Qualifikation ist auf den Zeitpunkt der Erteilung des Bürgschaftsversprechens abzustellen.11 Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung beurteilt sich weitgehend nach den gleichen Grundsätzen, die für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen gelten. Es ist dabei allerdings auf die Werthaltigkeit der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft und nicht auf die Werthaltigkeit der Darlehensforderung abzustellen.12 Bei nur mittelbar beteiligten Gesellschaftern führen die Bürgschaftsaufwendungen dagegen nicht zu AK des unmittelbar Beteiligten.13 1 BFH v. 27.7.1988 – I R 104/84, BStBl. II 1989, 274. 2 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 31/98, BStBl. II 1999, 724 = FR 1999, 1121 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 1999, 1041 m. Anm. Hoffmann mwN. 3 BFH v. 8.4.1998 – VIII R 21/94, BStBl. II 1998, 660 = FR 1998, 955 = GmbHR 1998, 1091; v. 10.11.1998 – VIII R 6/96, BStBl. II 1999, 348 = FR 1999, 463 = GmbHR 1999, 425. 4 Jäschke in Lademann, § 17 EStG Rz. 220. 5 BFH v. 27.10.1992 – VIII R 87/89, BStBl. II 1993, 340 = GmbHR 1993, 605; v. 18.8.1992 – VIII R 13/90, BStBl. II 1993, 34 = FR 1992, 778 = GmbHR 1993, 51. 6 Ablehnend zB Weber-Grellet in Schmidt33, § 17 EStG Rz. 172; Bode, FR 2008, 1119. 7 BGBl. I 2008, 2026. 8 Hölzle, DStR 2007, 1185; Groh, FR 2008, 264. 9 Heuermann, DB 2011, 551 (558); Gosch in Kirchhof13, § 17 EStG Rz. 95 ff.; Neumann, GmbH-StB 2008, 361. 10 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832. 11 BFH v. 24.4.1997 – IV R 42/96, BFH/NV 1997, 837; v. 26.1.1999 – VIII R 50/98, FR 1999, 761 m. Anm. WeberGrellet = GmbHR 1999, 730 = DStR 1999, 977. 12 BFH v. 26.1.1999 – VIII R 50/98, BStBl. II 1999, 559 = FR 1999, 761 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 1999, 730; v. 6.7.1999 – VIII R 9/98, BStBl. II 1999, 817 = FR 1999, 1371 = GmbHR 1999, 1302 m. Anm. Hoffmann; v. 12.12.2000 – VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761. 13 BFH v. 4.3.2008 – IX R 78/06, BStBl. II 2008, 575 = GmbHR 2008, 719 = FR 2008, 1028.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1369–1373 § 8
Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist zu bejahen, wenn die Bürgschaft in der Krise hingegeben wurde. Hier führt die Inanspruchnahme zu nachträglichen AK in Höhe des Nominalwerts der Leistung des Bürgen. Der BFH1 hat eine Entscheidung des FG Düsseldorf,2 wonach in einem Einzelfall eine Krise bereits deshalb vorlag, weil die erforderlichen Kreditaufnahmen ohne Bürgschaftsübernahme nicht möglich gewesen wären, revisionsrechtlich nicht beanstandet. Dies würde bedeuten, dass sich quasi jede mittelständische GmbH wegen der üblichen Besicherungspraxis der Banken permanent in der Krise befindet. Dem ist uE nicht zu folgen.
1369
Die Inanspruchnahme führt stets in voller Höhe zu nachträglichen Anschaffungskosten, wenn die Bürgschaft krisenbestimmt war. Hier genügt nicht die Feststellung, dass die Bürgschaft unter fremden Dritten nicht übernommen worden wäre. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der bürgende Gesellschafter von vorneherein auf den Befreiungsanspruch aus § 775 BGB3 bzw. auf seinen Anspruch gem. § 774 BGB verzichtet.4 Ob die Bürgschaft gegen Entgelt ausgesprochen wurde, ist ohne Bedeutung.5
1370
Ebenfalls zu nachträglichen AK iHd. Nennwerts kommt es bei Bürgschaften, die von einem Gesellschafter im Rahmen eines erkennbaren Finanzplans übernommen worden sind.6
1371
Wird die Bürgschaft in krisenfreier Zeit ohne ausdrückliche Krisenbestimmtheit hingegeben und in der Krise „stehen gelassen“, so kommt es durch die Inanspruchnahme zwar zu nachträglichen AK auf die Beteiligung.7 Diese beschränken sich aber der Höhe nach auf den gemeinen Wert des Rückgriffsanspruchs in dem Zeitpunkt des Kriseneintritts.8 Dieser Wert liegt regelmäßig bei 0 Euro. Der BFH geht von einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Leistung aus, wenn der Gesellschafter die Bürgschaft aus im Gesellschaftsverhältnis veranlassten Gründen bei Eintritt der Krise nicht abzieht.9 Zwar ist eine auf einen bestimmten Darlehensbetrag begrenzte Bürgschaft grds. nicht kündbar, wenn dies nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart ist.10 Allerdings steht dem Kreditbürgen gem. § 775 BGB gegenüber dem Hauptschuldner (nicht gegenüber dem Gläubiger) – also im Innenverhältnis – ein Recht auf Befreiung zu, wenn sich die wirtschaftliche Situation des Hauptschuldners (KapGes.) wesentlich verschlechtert. Der Befreiungsanspruch ist allerdings in der Krise meist wertlos, weil der Hauptschuldner (KapGes.) regelmäßig nicht über ausreichende Mittel verfügt, Befreiung oder Sicherheit zu leisten. Der BGH11 fordert in einem solchen Fall, dass der GesellschafterBürge das Unternehmen liquidiert. Der Verzicht auf die Liquidation kommt demnach einem „Stehenlassen“ gleich.
1372
Disquotale Einlage Disquotale Einlagen sind zwar handelsrechtlich zulässig. Steuerlich wird man indes zu prüfen haben, ob eine Zuwendung einzelner Gesellschafter an eine KapGes. mit dem Ziel erfolgen, einem oder mehreren anderen Gesellschaftern einen indirekten Vorteil zukommen zu lassen und sie damit in die Lage zu versetzen, selbst eine vE zu erbringen.12 Bejahendenfalls wird die vE dem Mitgesellschafter quotal zugerechnet.13 Wenn es sich allerdings um nicht einlagefähige Nutzungen oder Leistungen handelt, liegt idR Drittaufwand vor,14 der im Umfang des überquotalen Teils steuerlich nicht abziehbar ist. S. dazu auch Rz. 1292. Zu den schenkungsteuerlichen Auswirkungen disquotaler Einlagen s. Rz. 1293 ff.
1 BFH v. 24.1.2012 – IX R 34/10, GmbHR 2012, 653. 2 FG Düsseldorf v. 30.6.2010 – 15 K 1566/09 E, EFG 2010, 1502. 3 BFH v. 22.4.2008 – IX R 75/06, BFH/NV 2008, 1994; v. 15.5.2006 – VIII B 186/04, GmbHR 2006, 834 = BFH/ NV 2006, 1472. 4 Fuhrmann/Strahl, GmbHR 2011, 520. 5 BFH v. 6.7.1999 – VIII R 9/98, FR 1999, 1371 = GmbHR 1999, 1302 m. Anm. Hoffmann = DStR 1999, 1897. 6 BFH v. 26.1.1999 – VIII R 50/98, BStBl. II 1999, 559 = FR 1999, 761 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 1999, 730; zu den Merkmalen eines Finanzplankredits vgl. FG Nds. v. 5.5.2011 – 1 K 241/07, juris. 7 BFH v. 24.4.1997 – VIII R 23/93, BStBl. II 1999, 342 = GmbHR 1997, 1161 = FR 1997, 904. 8 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761. 9 BFH v. 19.2.1999 – VIII B 77/98, BFH/NV 1999, 929. 10 Vgl. Sprau in Palandt73, § 765 BGB Rz. 16. 11 BGH v. 13.7.1981 – II ZR 256/79, GmbHR 1982, 19. 12 Vgl. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723 unter C. III. der Gründe. 13 Vgl. BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann. 14 Vgl. BFH v. 28.3.2000 – VIII R 68/96, FR 2000, 981 = GmbHR 2000, 942 = BFH/NV 2000, 1278.
Neumann
697
1373
§ 8 Rz. 1374–1377
Ermittlung des Einkommens
Dreiecksfälle (Zuwendungen an eine Schwestergesellschaft) 1374
Auch eine Zuwendung durch eine Schwestergesellschaft kann eine vE auslösen. Hier liegt allerdings zunächst idR eine vGA an die gemeinsame Muttergesellschaft und sodann eine vE durch die Muttergesellschaft in die Schwestergesellschaft vor.1 Beispiel: Die M-AG ist jeweils zu 100 % an den Tochtergesellschaften T1-GmbH und T2-GmbH beteiligt. T1 überträgt ein Wirtschaftsgut (Buchwert 100, TW/gemeiner Wert = 500) unentgeltlich auf T2. Hier ist zunächst eine vGA durch T1 an M iHv. 500 anzunehmen. Nach Verrechnung mit dem Buchwertabgang von 100 erhöht sich das Einkommen im Saldo um 400 (500 ./. 100). M2 erhält eine vGA iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG iHv. 500, welche nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei ist. Es werden bei M allerdings nicht abziehbare Ausgaben nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG iHv. 25 (= 5 %) hinzugerechnet. M tätigt sodann eine vE in die T2.2 Ihre AK bezüglich der T2-Anteile erhöhen sich um 500.3 Der bei T2 entstehende buchmäßige Gewinn von 500 wird gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG um 500 gekürzt.
1375
Abwandlung: Wie Grundfall, aber die T1-GmbH gewährt ihrer Schwestergesellschaft T2-GmbH ein zinsloses Darlehen. Der angemessene Zins beläuft sich auf 100 pa. Es handelt sich um eine vGA der T1-GmbH an die M-AG. Die vGA wird also bei der T1-GmbH gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen hinzugerechnet. Die vGA kommt bei der M-AG als Beteiligungsertrag an und ist dort gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Es werden bei M allerdings nicht abziehbare Ausgaben nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG iHv. 5 dem Einkommen hinzugerechnet. Bei unentgeltlicher Übertragung von Nutzungsrechten und Nutzungsvorteilen an eine Schwestergesellschaft steht der vGA auf der Ebene der Muttergesellschaft ein gleich hoher abziehbarer Aufwand4 gegenüber (sog. Verbrauch der vGA), denn die M-AG erbringt insoweit keine vE in die T2. Bei T2 ergeben sich keine Auswirkungen auf das Einkommen.5 Die steuerliche Gesamtbelastung der vGA beschränkt sich auf die Besteuerung der nicht abziehbaren Ausgaben iSd. § 8b Abs. 5 KStG. Dies setzt aber voraus, dass T1 und M über ein positives Einkommen verfügen.
Drittaufwand 1376
Echter Drittaufwand ist steuerlich grds. nicht berücksichtigungsfähig.6 Drittaufwand ist dadurch gekennzeichnet, dass Aufwendungen iZm. der Einkunftserzielung des Stpfl. stehen, aber von einem Dritten (idR nahestehende Person) getätigt werden. In diesem Fall kann der Stpfl. nur die von ihm selbst getragenen Kosten abziehen. Abziehbare Aufwendungen des Stpfl. sind dann anzunehmen, wenn der Aufwand des Dritten dem Stpfl. als eigener Aufwand zugerechnet werden kann. Dies ist in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen: Der Dritte wendet dem Stpfl. Geldmittel zu; der Dritte tilgt eine Schuld des Stpfl. unter Abkürzung des Zahlungsweges direkt;7 der Dritte schenkt dem Steuerpflichtigen ein Wirtschaftsgut, welches der Stpfl. zur Einkunftserzielung nutzt; der Dritte erfüllt zwar eine eigene vertragliche Verpflichtung, der Stpfl. ist aber gegenüber dem Dritten zum Ausgleich (sog. Innenausgleich) verpflichtet; der Dritte schließt im eigenen Namen einen Vertrag ab, um dem Stpfl. etwas zuzuwenden (abgekürzter Vertragsweg).8 Bei Dauerschuldverhältnissen, Darlehen oder Bürgschaften gilt dies grds. nicht.9 Hier gelten die Aufwendungen als von dem einkunftserzielenden Ehegatten getragen.10
1377
Kein nicht berücksichtigungsfähiger Drittaufwand liegt vor, wenn eine nahestehende Person des Gesellschafters ein einlagefähiges Wirtschaftsgut unentgeltlich auf die KapGes. überträgt. Hier ist zunächst von einer unentgeltlichen Übertragung auf den Gesellschafter und sodann von einer vE des Gesellschafters in seine KapGes. auszugehen.11 Dies gilt selbst dann, wenn zB die GmbH-1 des Ehemannes der GmbH-2 der Ehefrau einen (einlagefähigen) Vorteil zuwendet. Hier tätigt die GmbH-1 des Ehemannes eine vGA an den Ehemann, der 1 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159; v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851. 2 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 3 Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 646; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 372. 4 Keine Anwendbarkeit des § 3c EStG. 5 Vgl. zB Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 131; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 373. 6 BFH v. 23.8.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173 m. Anm. Fischer. 7 BFH v. 24.2.2000 – IV R 75/98, BStBl. II 2000, 314 = FR 2000, 770; v. 3.12.2002 – IX R 14/00, BFH/NV 2003, 468. 8 BFH v. 24.2.2000 – IV R 75/98, BStBl. II 2000, 314 = FR 2000, 770; v. 28.9.2010 – IX R 42/09, BStBl. II 2011, 271 = FR 2010, 1151; v. 15.1.2008 – IX R 45/07, BStBl. II 2008, 572. 9 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 52/93, BStBl. II 2001, 286 = FR 2001, 701 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2001, 257. 10 BFH v. 23.8.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173 m. Anm. Fischer; v. 2.12.1999 – IX R 21/96, BStBl. II 2000, 312 = FR 2000, 659; v. 12.12.2000 – VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385 = FR 2001, 690 = GmbHR 2001, 348 m. Anm. Kohlhaas. 11 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851.
698
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1377–1380 § 8
sodann den Vorteil im Wege der Schenkung an die Ehefrau weiterleitet. Diese wiederum legt den erhaltenen Vorteil in ihre GmbH-2 ein. Es handelt sich um eine Zuwendung auf abgekürztem Zahlungsweg.1 Besteht die Zuwendung zugunsten der KapGes. dagegen nicht in der Übertragung eines einlagefähigen Wirtschaftsguts, sondern in einer Nutzungsüberlassung durch eine dem Gesellschafter nahestehende Person, so handelt es sich nicht um eine vE. In diesem Fall ist die Ausgabe daraufhin zu untersuchen, ob es sich um abzugsfähige WK, BA oder um nicht zu berücksichtigenden Drittaufwand handelt. Im Regelfall kann der Zuwendende (die nahestehende Person) Grundstücksaufwendungen einschließlich der AfA nur in Höhe seiner eventuellen eigenen quotalen Beteiligung an der KapGes. als WK bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen oder als BA in Ansatz bringen.2
1378
Beispiel: Hält der andere Ehegatte (nicht Grundstückseigentümer) 40 % der GmbH-Anteile, so sind 40 % der Grundstücksaufwendungen als Drittaufwand zu qualifizieren und bei dem überlassenden Gesellschafter nach § 12 EStG nicht abziehbar. Der zu 40 % an der KapGes. beteiligte Ehegatte kann die bei dem überlassenden Ehegatten anfallenden Aufwendungen ebenfalls nicht als WK oder BA in Ansatz bringen, wenn er nicht (Mit-)Eigentümer des Grundstücks ist. Voraussetzung für den Abzug der verbleibenden 60 % der Aufwendungen bei dem überlassenden Grundstückseigentümer-Ehegatten (quotale Nutzungsüberlassung) ist allerdings, dass bei ihm Gewinnerzielungsabsicht besteht. Hierbei ist neben den Dividendenerträgen aus der Beteiligung bei einem wesentlich beteiligten Gesellschafter auch die mögliche Wertsteigerung der Anteile in die Totalgewinnprognose einzubeziehen.3
Gewährt eine nahestehende Person des Gesellschafters (zB Ehegatte, Eltern, Kinder) der GmbH des Gesellschafters ein Darlehen und fällt die nahestehende Person mit ihrer Forderung aus, so handelt es sich bei dem dabei entstehenden Aufwand idR um nicht abziehbaren Drittaufwand.4 Wenn ausnahmsweise kein Drittaufwand zu bejahen sein sollte, muss geprüft werden, ob das Darlehen der nahestehenden Person nach §§ 32a GmbHG aF, eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Auch dies ist idR nicht der Fall5 und nur dann denkbar, wenn der Gesellschafter der nahestehenden Person zum Ausgleich verpflichtet ist.6
1379
Bürgschaftsaufwendungen zugunsten einer KapGes. durch eine nahestehende Person 1380 des Gesellschafters können dem Gesellschafter als eigene Aufwendungen zuzurechnen sein, wenn es sich nur um einen abgekürzten Zahlungsweg handelt. Dies kann zB der Fall sein, wenn der Dritte (nahestehende Person) eine Bürgschaftsschuld des Gesellschafters tilgt.7 Wenn die nahestehende Person (im wirtschaftlichen Interesse des Gesellschafters) eine eigene Bürgschaft übernommen hat, so handelt es sich idR um Drittaufwand. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Gesellschafter dem bürgenden Ehegatten im Innenverhältnis zum Ausgleich verpflichtet ist und das Darlehen den Eigenkapitalersatzregeln unterliegt.8 Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH9 kommt außerdem dann ein voller Abzug der Aufwendungen in Betracht, wenn die Ehegatten gemeinsam (gesamtschuldnerisch) ein Darlehen aufnehmen oder sich gemeinsam gesamtschuldnerisch verbürgen, obwohl das Darlehen nur von einem Ehepartner (Gesellschafter) zur Einkunftserzielung genutzt wird. Die Aufwendungen können dann bei der Einkommensermittlung des Ehegatten, der die Einkünfte erzielt, abgezogen werden.10 Im Falle einer Bürgschaft durch den Ehegatten des Gesellschafters ergaben sich allerdings Besonderheiten im früheren Eigenkapitalersatzrecht.11
1 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann. 2 BFH v. 28.3.2000 – VIII R 68/96, FR 2000, 981 = GmbHR 2000, 942. 3 BFH v. 8.10.1985 – VIII R 234/84, BStBl. II 1986, 596 = FR 1986, 130 = GmbHR 1986, 207. 4 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 52/93, BStBl. II 2001, 286 = FR 2001, 701 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2001, 257. 5 BGH v. 8.2.1999 – II ZR 261/97, DStR 1999, 810; v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, BB 1994, 1657. 6 BGH v. 18.11.1996 – II ZR 207/95, GmbHR 1997, 125 = DStR 1997, 172; v. 26.6.2000 – II ZR 21/99, GmbHR 2000, 931 = BB 2000, 1750. 7 BFH v. 23.8.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173 m. Anm. Fischer. 8 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385 = FR 2001, 690 = GmbHR 2001, 348 m. Anm. Kohlhaas. 9 BFH v. 23.8.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173 m. Anm. Fischer. 10 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 52/93, BStBl. II 2001, 286 = FR 2001, 701 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2001, 257; v. 12.12.2000 – VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385 = FR 2001, 690 = GmbHR 2001, 348. 11 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385 = GmbHR 2001, 348 m. Anm. Kohlhaas unter III. 2. f. der Gründe; vgl. auch OFD Kiel v. 28.8.2001 – S 2244 A - St 231, FR 2001, 1125.
Neumann
699
§ 8 Rz. 1381–1384
Ermittlung des Einkommens
Durchlaufende Posten 1381
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG „scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).“ Diese Regelung findet zwar unmittelbar nur im Bereich der Überschussrechnung Anwendung. Sie ist nach der Rechtsprechung des BFH vom Grundsatz her allerdings auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG zu beachten, weil die Gewinnneutralität des Vorgangs durch die Aktivierung und Passivierung gleich hoher Wertzugänge und Wertabgänge sichergestellt werden muss.1 Einnahmen und Ausgaben werden zu einem einheitlichen Vorgang verknüpft. Der Betriebsvermögenszugang besteht daher in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der „Weiterleitungsschuld“.2 Es ist also eine Art Vorteilsausgleich zu berücksichtigen. Ein durchlaufender Posten kann deshalb – unabhängig von der tatsächlichen Verbuchung – nicht Gegenstand einer vE sein.
Einlagefähiger Vermögensvorteil 1382
Siehe dazu Rz. 1279 bis 1289 und 1355 ff.
1383
Bereits ein Einlageversprechen des Gesellschafters kann eine vE auslösen.3 S. dazu auch Rz. 1285 und 1319. Durch die Aktivierung der (Einlage-)Forderung in HB und StB der KapGes. erhöht sich deren Vermögen. Hierbei handelt es sich um eine vE, die das Einkommen nicht erhöhen darf. Das Einlagekonto iSd. § 27 KStG erhöht sich nach der Rechtsprechung des BFH erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung des Einlageversprechens.4 Dies gilt auch für die Erfüllung von Rückgewähransprüchen.5 Unklar ist aber, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Wert die vE zu bewerten ist. UE ist die vE iSd. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts zu bewerten.6 Wenn der Gesellschafter der KapGes. eine Forderung einräumt, dann ist die vE mit dem Wert der bilanziellen Vermögensmehrung in Ansatz zu bringen. Ist der Gesellschafter schon im Zeitpunkt der Begründung der Einlageforderung nicht ausreichend solvent, dann liegt der Wert der vE unter dem Nominalwert, weil die Forderung nur mit einem verringerten Wert angesetzt werden kann. Wird die Einlageforderung zunächst mit dem Nominalbetrag eingebucht, später aber nur teilweise erfüllt, so erhöht sich das Einlagekonto nur um den Betrag der tatsächlichen Erfüllung. Die dann erforderliche teilweise Abschreibung der Forderung stellt möglicherweise eine vGA dar, weil die Forderung und damit auch deren mangelnde Besicherung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.
Einlageforderungen
Einlagenrückgewähr 1384
Das steuerliche Einlagekonto gem. § 27 KStG resultiert aus Einlagen der Gesellschafter. Entstehungsmöglichkeiten sind zB vE der Anteilseigner, sonstige Zuführungen der Gesellschafter, die gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen sind, Eigenkapital bei erstmaliger Gliederung, soweit es das Nennkapital übersteigt (§ 30 Abs. 3 KStG), Kapitalherabsetzung ohne Auskehrung, Minderabführungen im Rahmen einer Organgesellschaft; Anpassung des Einlagekontos nach einer Verschmelzung (§ 29 Abs. 2 Satz 1 u. § 40 Abs. 1 KStG), Rückzahlungen verdeckter Gewinnausschüttungen, Betriebseinbringungen gem. § 20 UmwStG, wenn der Buchwert des eingebrachten Vermögens den Nominalwert der neu ausgegebenen Anteile übersteigt und keine Darlehensvereinbarung getroffen wird, Einbringungsvorgänge iSd. § 20 UmwStG, wenn das übertragene BV in der Handelsbilanz höher bewertet war als in der Steuerbilanz.
1 BFH v. 1.12.2010 – IV R 17/09, BStBl. II 2011, 419. 2 BFH v. 15.5.2008 – IV R 25/07, BStBl. II 2008, 715 = FR 2008, 1164. 3 BFH v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 106; Wochinger in D/P/M, Anh. zu § 8 KStG Teil B Rz. 3. 4 BFH v. 31.3.2004 – I R 72/03, GmbHR 2004, 1162 = BFH/NV 2004, 1423; v. 29.5.1996 – I R 118/93, BStBl. II 1997, 92 = FR 1996, 718 = GmbHR 1996, 779. 5 Wochinger in D/P/M, Anh. zu § 8 KStG Teil B Rz. 6. 6 AA wohl Wochinger in D/P/M, Anh. zu § 8 KStG Teil B Rz. 4.
700
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1385–1388 § 8
Die Rückzahlung von Einlagen, die nicht zum Stammkapital gehören, stellt im Grundsatz eine Gewinnausschüttung (Dividende) dar, denn zu den Dividenden gehören alle Zahlungen, die der Anteilseigner in Ausübung seines Gewinnbezugsrechts erhält. Bezüge, die der Gesellschafter von seiner KapGes. erhält, gehören gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG allerdings dann nicht zu den steuerbaren Einnahmen, wenn für die Ausschüttung bei der Körperschaft das Einlagekonto verwendet wurde und diese Verwendung gem. § 27 Abs. 3 KStG gesondert bescheinigt worden ist. Zur Verrechnung der Einlagenrückgewähr mit dem steuerlichen Einlagekonto s. Rz. 1325 („Verhältnis zu § 27 KStG“) und insbesondere zur Technik und Wirkungsweise der Verwendungsrechnung § 27 KStG Rz. 75 ff. und 95 ff.
1385
Firmenwert/Geschäftswert als Einlagegegenstand Ein Firmen- oder Geschäftswert kann zwar grds. Gegenstand einer vE sein, er kann allerdings im Unterschied zu einem Kunden- oder Mandantenstamm, der als selbstständiges Wirtschaftsgut anzusehen ist, nicht isoliert verdeckt in eine KapGes. eingelegt werden.1 Eine vE ist in Bezug auf den Firmenwert nur denkbar, wenn ein Betrieb oder Teilbetrieb verdeckt in die KapGes. eingelegt wird. In diesem Fall muss auch der selbstgeschaffene Firmenwert mit dem TW in Ansatz gebracht werden. Das in § 5 Abs. 2 EStG verankerte Aktivierungsverbot findet bei verdeckter Einlage eines immateriellen Wirtschaftsgutes keine Anwendung.2
1386
Überträgt zB ein Gesellschafter sein Einzelunternehmen an eine ihm gehörende GmbH 1387 und gewährt die Gesellschaft entweder gar keine Gegenleistung oder wird nur ein Kaufpreis für die übergegangenen Einzelwirtschaftsgüter vereinbart, so muss der Gesellschafter im Aufgabegewinn die in dem Firmenwert des Einzelunternehmens gespeicherten stillen Reserven versteuern,3 weil der Firmenwert im Rahmen der Betriebsübertragung oder Betriebsaufgabe als entnommen gilt. Die gewinnrealisierende Entnahme aus dem Einzelunternehmen geht nach Auffassung des BFH der vE zeitlich voraus.4 Aus diesem Grund kommt es nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG. Der im Rahmen der Veräußerung übergehende Geschäftswert ist Gegenstand einer gesonderten vE.5 Die erwerbende KapGes. kann den Firmenwert planmäßig auf 15 Jahre abschreiben. Die Abschreibung ist der KapGes. grds. unabhängig davon zu gewähren, ob der Altfirmenwert zuvor bei dem Einzelunternehmer tatsächlich versteuert worden ist.6 Dies entspricht der ständigen Rspr. des BFH7 und der Auffassung der FinVerw.
Forderungsverzicht a) Forderungsverzicht als verdeckte Einlage Verzichtet der Gesellschafter gegenüber seiner KapGes. aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis liegen, endgültig auf die Erfüllung seiner Forderung gegen die Gesellschaft (Erlassvertrag oder Schuldaufhebungsvertrag), so führt der Wegfall der Verbindlichkeit in der HB und StB der KapGes. zu einer Vermögensmehrung, die als vE bei der Einkommensermittlung wieder in Abzug zu bringen ist.
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BMF v. 4.8.1976 – IV B 2 - S 2133 - 9/76, BStBl. I 1976, 418. BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 = FR 1987, 229 = GmbHR 1987, 241. §§ 16 Abs. 3, 34 EStG sind anwendbar. BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457 unter II. 3. a) der Gründe; v. 11.2.2009 – X R 56/06, BFH/NV 2009, 1411; v. 18.12.1990 – VIII R 17/85, BStBl. II 1991, 512 = FR 1991, 143 = GmbHR 1991, 219; kritisch hierzu Tiedtke/Wälzholz, DB 1999, 2026. 5 BFH v. 24.3.1987 – I R 202/83, BStBl. II 1987, 705 = FR 1987, 378 = GmbHR 1987, 366; v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 = FR 1987, 229 = GmbHR 1987, 241; v. 18.12.1990 – VIII R 17/85, BStBl. II 1991, 512 = GmbHR 1991, 219 = FR 1991, 243; v. 14.1.1993 – IV R 121/91, GmbHR 1993, 837 = BFH/NV 1993, 525; v. 16.6.2004 – X R 34/03, GmbHR 2004, 1592 = FR 2005, 89 m. Anm. Weber-Grellet = BFH/NV 2004, 1701; v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457. 6 BFH v. 25.10.1995 – I R 104/94, FR 1996, 346 = GmbHR 1996, 376 = BFH/NV 1996, 124. 7 BFH v. 20.8.1986 – I R 150/82, BStBl. II 1987, 455 = FR 1987, 229 = GmbHR 1987, 241; v. 24.3.1987 – I R 202/83, BStBl. II 1987, 705 = FR 1987, 378 = GmbHR 1987, 366; v. 18.12.1990 – VIII R 17/85, BStBl. II 1991, 512 = FR 1991, 243 = GmbHR 1991, 219; v. 25.10.1995 – I R 104/94, FR 1996, 346 = GmbHR 1996, 376 = BFH/ NV 1996, 124.
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1388
§ 8 Rz. 1389–1394 1389
Ermittlung des Einkommens
Einem Forderungsverzicht gleichzustellen sind die Forderungsabtretung an die Schuldner-KapGes.,1 die Aufrechnung der Schuld mit Verpflichtung zur Einlage in die Kapitalrücklage2 und eine Umbuchung der Verbindlichkeit in eine Rücklage.3 b) Zufluss beim Gesellschafter
1390
Der Gesellschafter erzielt Einnahmen, weil er das erlassene Forderungsrecht seiner Zweckbestimmung zuführt und dadurch zunächst realisiert. Deshalb kommt es auf der Gesellschafterebene nach ständiger Rechtsprechung zunächst zum Zufluss des noch werthaltigen Teils der Forderung und eine logische Sekunde danach zu einer vE des werthaltigen Teils der Forderung in das Vermögen der KapGes., wenn nicht ausnahmsweise eine echte – betrieblich veranlasste – Sanierungsmaßnahme vorliegt.4 c) Bewertung der verdeckten Einlage
1391
Im Falle eines Forderungsverzichts entspricht die vE nicht etwa dem Nominalwert der Verbindlichkeit, sondern gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG dem TW der Forderung des Gesellschafters. Das steuerliche Einlagekonto der KapGes. erhöht sich um den TW der Einlage.
1392
Wenn der TW der Forderung den Buchwert der Verbindlichkeit bei der KapGes. übersteigt, so führt die vE bei der KapGes. neben der Neutralisierung des durch den Wegfall der Verbindlichkeit entstandenen bilanziellen Ertrags zu einer zusätzlichen Einkommensminderung in Höhe der Differenz zwischen dem TW und dem Buchwert.5 Dies ist besonders praxisrelevant, wenn auf eine Pensionszusage verzichtet werden soll und der TW der Pensionsanwartschaft über dem Buchwert der Pensionsrückstellung liegt (was der Regelfall ist). In diesem Fall ist der Differenzbetrag zum Stichtag des Forderungsverzichtes gleichzeitig als (Lohn-)Aufwand der KapGes. und als vE zu behandeln.6 Die KapGes. erhält damit letztlich im Saldo einen zusätzlichen steuermindernden Aufwand, obwohl sie bilanziell einen Ertrag in Höhe der Auflösung der Rückstellung ausweist.
1393
Wird der Schulderlass erst in der Krise ausgesprochen, so beträgt der TW häufig 0 Euro.7 In diesem Falle muss die Verbindlichkeit oder Rückstellung bei der KapGes. erfolgswirksam ausgebucht werden. Zur Bewertung des Forderungsverzichts auf Seiten der KapGes. stellt der Große Senat des BFH8 auf den Betrag ab, den der Betriebsinhaber (die KapGes.) für den Erwerb der Forderung oder für die Herbeiführung des Verzichts hätte aufwenden müssen. Dies entspricht dem Wert, den der Gläubiger bei Vollabwicklung der Gesellschaft noch erzielen würde.9 Der TW einer gegen eine (wirtschaftlich) überschuldete Gesellschaft gerichteten Forderung beträgt idR 0 Euro.10 Verfügt die Gesellschaft über stille Reserven und eine positive Fortführungsprognose, kann der TW der Forderung auch höher liegen.11
1394
Fraglich ist, ob ein Konzernrückhalt bei der Bewertung der vE berücksichtigt werden muss. Nach dem zur Teilwertabschreibung auf grenzüberschreitende Darlehen ergangenen BMF-Schreiben v. 29.3.201112 ist die Sichtweise der FinVerw. in dieser Frage unklar. Der BFH hat allerdings im Urteil vom 17.12.201413 angedeutet, dass bei Vorliegen eines Konzernrückhalts zu prüfen sei, ob eine Teilwertabschreibung nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG berechtigt sei. Dies könnte bedeuten, dass der BFH den Konzernrückhalt als einen teilwertbeeinflussenden Umstand ansieht. UE hat ein Konzernrückhalt auf den TW eines Darlehens, das die Mutter ihrer Tochtergesellschaft gibt, überhaupt keinen Einfluss. Der Konzern1 Vgl. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, 310 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; FG BW v. 4.10.2010 – 10 K 1724/08, rkr., BB 2011, 1263 (1264). 2 FG Berlin-Bdb. v. 13.4.2010 – 6 K 53/06, EFG 2010, 1671 (rkr.). 3 FG BW v. 4.10.2010 – 10 K 1724/08, BB 2011, 1263 (1265) (rkr.). 4 Vgl. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, 309 f. = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2010/0805444, BStBl. I 2010, 1292 Tz. 5; kritisch Roser, Ubg 2011, 114 und Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 120; Hofmann, GmbHR 1999, 1282; Briese, GmbHR 2008, 568. 5 FG Münster v. 15.6.2011 – 9 K 2731/08 K, G, F, EFG 2011, 2194 (2196) (rkr.). 6 BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289; s. auch Förster, Stbg 2006, 520 (523). 7 BFH v. 15.10.1997 – I R 103/93, GmbHR 1998, 611 = BFH/NV 1998, 572. 8 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 9 Vgl. BFH v. 10.11.1998 – VIII R 6/96, FR 1999, 463 = GmbHR 1999, 425 = DStR 1999, 411; FG Köln v. 10.2.1999 – 10 K 862/95, EFG 1999, 547. 10 BFH v. 31.5.2005 – I R 35/04, BStBl. II 2006, 132 = GmbHR 2005, 1571. 11 FG Hamburg v. 12.2.2014 – 6 K 203/11, juris. 12 BMF v. 29.3.2011 – IV B 5 - S 1341/09/10004 – DOK 2011/0203248, BStBl. I 2011, 277 Tz. 13 ff. 13 BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BFH/NV 2015, 626 = GmbHR 2015, 389.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1394–1395 § 8
rückhalt ist eine durch Mitgliedschaft in einem Konzern ausgelöste Vermutung (nicht etwa mit einer harten Patronatserklärung zu vergleichen), dass die konzernzugehörige (Schuldner-)KapGes. durch die Konzernspitze bei Zahlungsschwierigkeiten mit neuen Mitteln ausgestattet wird. Der Konzernrückhalt ist also im Außenverhältnis (gegenüber konzernfremden Gläubigern) ein bonitätserhöhender Faktor in Form einer Art Liquiditätserwartung. Dies bedeutet, dass der gemeine Wert einer Forderung gegen eine Konzerngesellschaft u.U. durch den Konzernrückhalt steigt, die Forderung also am Markt einen höheren Einzelveräußerungspreis erzielen könnte. Der für die Bewertung einer vE beim Forderungsverzicht maßgebliche TW ist dagegen aber der Preis, den der Erwerber des gesamten Betriebes der darlehensgewährenden Muttergesellschaft – zu dem ja auch die Beteiligung an der Tochtergesellschaft gehört – für das einzelne Wirtschaftsgut (also die Forderung gegen die Tochtergesellschaft) zu zahlen bereit wäre. Dieser Wert wäre im Falle einer nicht zahlungsfähigen Tochtergesellschaft mit 0 Euro zu bemessen, weil der Erwerber den Umstand, dass er durch den „Konzernrückhalt“ tatsächlich belastet würde, gegenläufig berücksichtigen müsste. Die Liquiditätserwartung durch den Konzernrückhalt würde er nicht werterhöhend berücksichtigen, weil er die zusätzlichen liquiden Mittel selbst aufbringen müsste. Der saldierte Wert von 0 Euro ist also der zutreffende Wert der Darlehensforderung, der sich bei einer Teilwertbetrachtung aus Sicht der Muttergesellschaft zwingend ergibt. Nach dem Urteil des Großen Senat des BFH v. 9.6.19971 ist beim Forderungsverzicht „der Wert des Vermögenszugangs […] mit dem Betrag zu bemessen, den der Betriebsinhaber für […] die Herbeiführung des Verzichts hätte aufwenden müssen. Er entspricht dem noch werthaltigen Teil der Forderung.“ Anders ausgedrückt: Wenn die Muttergesellschaft als Gläubigerin zB nur 10 % des Nennwerts der Forderung realisieren könnte, dann wendet sie im Falle des Verzichts eben nur diese 10 % auf, um im Wege der Einlage die AK ihrer Beteiligung zu erhöhen. Der Konzernrückhalt beeinflußt aus den oa. Gründen den Wert nicht. Auch der BFH hat das Thema „Konzernrückhalt“ im Falle von Forderungsverzichten bisher nicht problematisiert,2 was dafür spricht, dass er diesem Aspekt – zumindest bei Darlehensvereinbarungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft – keine grds. wertbeeinflussende Bedeutung beigemessen hat. Ob das BMF diese Sichtweise in dem o.a. Schreiben vom 29.3.20113 teilt, ist nicht zu erkennen. Immerhin geht die dortige Tz. 13 davon aus, dass eine Teilwertabschreibung nur wegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG rückgängig zu machen sei. Ein entscheidendes Tatbestandsmerkmal ist hierbei natürlich auch die voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Wertminderung, die in den im BMF-Schreiben genannten Fällen möglicherweise deshalb nicht gegeben ist, weil ein Forderungsausfall im eigentlichen Sinne, also die Nichtbeitreibbarkeit der Forderung trotz aller Vollstreckungsversuche, am Ende kein realistisches Szenario darstellt, da zu erwarten ist, dass die Muttergesellschaft alle Möglichkeiten ergreifen wird, um die Tochtergesellschaft zu sanieren. Mit anderen Worten: Die Forderung ist zwar nichts mehr Wert, sie ist aber möglicherweise ein taugliches Sanierungsvehikel, um später die Tochter in Krisenfall zu entschulden. Diese mutmaßliche Entschuldung wird aber dem Wertverfall der Forderung zeitlich nachfolgen und ist dem Grunde nach ungewiss. Sie hat daher allenfalls eine Auswirkung auf die voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Minderung des TW der Forderung. d) Forderungsverzicht in Betriebsaufspaltungsfällen Der BFH hat wiederholt entschieden, dass in Fällen der Betriebsaufspaltung eine Forderung des Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft nur nach denselben Kriterien abgeschrieben werden kann, die für die Teilwertbemessung der Beteiligung am Betriebsunternehmen durch das Besitzunternehmen gelten. Hierbei sei eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen notwendig.4 Die Bonität des Schuldnerunternehmens hänge ua. von der Kapitalausstattung ab, die die beherrschende Person oder Personengruppe im Rahmen der bestehenden Finanzierungsfreiheit für die jeweiligen Unternehmen vorsehe. Dies läuft darauf hinaus, dass im Fall der Betriebsaufspaltung ei-
1 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723 unter III. 1. b) der Gründe. 2 S. BFH v. 6.11.2003 – IV R 10/01, BStBl. II 2004, 416 = GmbHR 2004, 590 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 597; v. 14.10.2009 – X R 45/06, BStBl. II 2010, 274 = FR 2010, 332 m. Anm. Wendt = GmbHR 2010, 267; das BFH-Urt. v. 29.10.1997 (I R 24/97, BStBl. II 1998, 573 = FR 1998, 482 = GmbHR 1998, 543) betraf dagegen nur die Besonderheiten der Betriebsaufspaltung. 3 BMF v. 29.3.2011 – IV B 5 - S 1341/09/10004 – DOK 2011/0203248, BStBl. I 2011, 277 Tz. 13 ff. 4 BFH v. 6.11.2003 – IV R 10/01, BStBl. II 2004, 416 = GmbHR 2004, 590 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 597; v. 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618 = GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle; v. 14.10.2009 – X R 45/06, BStBl. II 2010, 274 = FR 2010, 332 m. Anm. Wendt = GmbHR 2010, 267; H. Richter in H/H/R, § 6 EStG Rz. 812.
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1395
§ 8 Rz. 1395–1398
Ermittlung des Einkommens
ne Art Konzernrückhalt berücksichtigt wird. Dies ist uE nicht zweifelsfrei, denn wie unter Rz. 1391 dargestellt, kann eine Gesellschaftersicherheit immer nur den gemeinen Wert, nicht aber den TW der Forderung beeinflussen. e) Forderungsverzicht bei Darlehen mit unterschiedlichem Rang 1396
Die Werthaltigkeit einer Darlehensforderung richtet sich nach dem für die Darlehensforderung zu erzielenden Marktpreis. Dieser hängt wiederum davon ab, ob der Erwerber der Forderung damit rechnen kann, aus der Forderung zu 100 % befriedigt zu werden. Hierbei ist es denkbar, dass unterschiedliche Gesellschafterforderungen mit unterschiedlichen Rechten ausgestattet sind und infolge bestehender Rangrücktritte bzw. vertraglich vereinbarter Krisenbestimmtheit eine unterschiedliche Werthaltigkeit aufweisen. Beispiel: Die Gesellschafter x und y sind zu je 50 % an der xy-GmbH beteiligt. Jeder hat der GmbH ein Darlehen von 400 gewährt. Die Bilanz der yx-GmbH vor Forderungsverzicht zeigt folgendes Bild: Bilanz xy-GmbH Aktiva (stille Reserven = 0) Verlust Summe
500 Stammkapital Darlehen x 400 Darlehen y 900 Summe
100 400 400 900
Stille Reserven sind nicht vorhanden. X hat für seine Darlehensforderung keinen Rangrücktritt ausgesprochen (normale Nachrangigkeit). Y dagegen hat einen qualifizierten Rangrücktritt erklärt. Lösung: Wenn im vorstehenden Beispielsfall y auf seine Forderung verzichtet, so ist mangels Werthaltigkeit der Forderung keine vE anzunehmen, weil die mit dem qualifizierten Rangrücktritt versehene Forderung in vollem Umfang nicht werthaltig ist. Da das y-Darlehen nachrangig ist, kann y nicht damit rechnen, bei vorrangiger Tilgung der Forderung des x eine Rückzahlung seines Darlehens zu erhalten. Umgekehrt könnte x im Falle eines Verzichts von einer Werthaltigkeit seiner Darlehensforderung ausgehen, weil er in Bezug auf die Rückzahlung im Rang vor y steht.
f) Verzicht auf entstandene, aber noch nicht fällige Ansprüche 1397
Verzichtet ein Gesellschafter auf einen Anspruch gegen seine KapGes., so realisiert er die Anwartschaft mit der Folge des Zuflusses unabhängig davon, ob der Anspruch nur entstanden oder schon fällig ist. Ein typischer Fall ist der Verzicht auf eine Tantieme durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Beispiel: GmbH und Gesellschafter-Geschäftsführer vereinbaren Ende 01 ab dem Wj. 02 eine Gewinntantieme iHv. 10 %. Der (in 03 festgestellte) Jahresüberschuss 02 beläuft sich auf 1 Mio. Euro. Am 1.1.2003 (also vor Bilanzaufstellung) beschließen GmbH und Gesellschafter-Geschäftsführer die Aufhebung der Vereinbarung. Die Tantieme wird in der Buchführung der GmbH nicht erfasst und tatsächlich auch nicht passiviert. Lösung: Der Anspruch auf eine Gewinntantieme entsteht mit Ende des Geschäftsjahres und wird, wenn nichts Abweichendes geregelt ist, mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig.1 Die Tantiemeverbindlichkeit muss in der Bilanz zum 31.12.02 passiviert werden, da sie vor dem Bilanzstichtag entstanden ist. Durch den am 1.1.03 ausgesprochenen Verzicht fließt die Tantieme dem Gesellschafter-Geschäftsführer zu. Er muss also in entsprechender Höhe Einkünfte gem. § 19 EStG versteuern und tätigt nachfolgend eine vE in die GmbH. Auf die tatsächliche Buchung in der Bilanz der Gesellschaft kommt es für die Frage des Zuflusses aufgrund einer vE nicht an.2
g) Verzicht auf noch nicht entstandene, aber erdiente Ansprüche 1398
Fraglich ist, welche Folgen es hat, wenn ein Gesellschafter auf eine noch nicht entstandene Forderung gegen seine KapGes. verzichtet. Diese Frage stellt sich in der steuerlichen Praxis insbesondere bei Pensionsanwartschaften eines Gesellschafter-Geschäftsführers (s. Rz. 1428). Das Problem kann aber auch bei Tantiemeansprüchen eines Gesellschafter-Geschäftsführers auftreten, die ja grds. erst mit Ablauf des Geschäftsjahres entstehen.3 Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bereits vor Ende des betreffenden Geschäftsjahres – also vor der zivilrechtlichen Entstehung – einen Verzicht auf seine Tantieme ausspricht, so kann uE eine vE und damit auch ein Zufluss anzunehmen sein, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer bereits eine Anwartschaft bezüglich der am 31.12. entstehen-
1 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647; v. 22.10.2003 – I R 36/03, BStBl. II 2004, 307 = GmbHR 2004, 369 = FR 2004, 462. 2 BMF v. 12.5.2014 – IV C 2 - S 2743/12/10001, BStBl. I 2014, 860. 3 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647; v. 22.10.2003 – I R 36/03, BStBl. II 2004, 307 = GmbHR 2004, 369 = FR 2004, 462.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1398–1400 § 8
den Tantieme erdient bzw. erworben hat, die ihm auch beim Ausscheiden zugestanden hätte (eine Art unverfallbare Anwartschaft). Fraglich ist zunächst, ob eine solche Anwartschaft im Einzelfall „anteilig“ entsteht. Davon scheint der BFH auszugehen, weil er unterjährige Vorauszahlungen auf eine Jahrestantieme nicht als vGA ansieht.1 Bei einem dem Arbeitsrecht unterfallenden Arbeitnehmer geht auch die arbeitsrechtliche Rechtsprechung wohl davon aus, dass ein Tantiemeanspruch bei unterjährigem Ausscheiden zeitanteilig entsteht.2 Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbH gelten allerdings arbeitsrechtlich grds. als Arbeitgeber, sodass die obigen Rechtsgrundsätze auf diese Personen nicht uneingeschränkt übertragbar sein dürften.3 Es muss deshalb darauf abgestellt werden, ob ein zeitanteiliges Entstehen der Tantieme individualvertraglich vereinbart worden ist. Nur dann kann man uE bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern davon ausgehen, dass es zu einem zeitanteiligen Anspruch gekommen ist. Ist dies der Fall, so ist die anteilig erdiente Tantieme uE steuerlich wie eine unverfallbare Anwartschaft zu behandeln. Der Große Senat des BFH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Zufluss nicht nur bei Verzicht auf eine entstandene oder gar fällige Forderung des Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft ausgelöst werden kann, sondern dass auch der Verzicht auf eine unverfallbare Anwartschaft (im Streitfall eine Pensionsanwartschaft) einen solchen Zufluss auszulösen vermag.4 Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer auf eine solche unverfallbare Pensionsanwartschaft (noch kein entstandenes Forderungsrecht) verzichtet, sei der Lohnzufluss und auch die Einlage mit dem TW der Pensionsanwartschaft und nicht mit dem bei der GmbH passivierten Rückstellungswert iSd. § 6a EStG zu bewerten.5 Diese Grundsätze müssen uE auch gelten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die Gesellschaft durch einen Tantiemeverzicht von einer steuerlich (noch) nicht passivierten Verpflichtung befreit. Dh. in Höhe der erdienten, aber noch nicht entstandenen Tantieme kann die GmbH (außerbilanziell) einen Lohnaufwand in Ansatz bringen. Die FinVerw. und der BFH gehen zwar davon aus, dass eine vE nur anzunehmen sei, soweit ein Passivposten in eine Bilanz der Gesellschaft hätte eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre.6 Ein unentziehbarer „erdienter“ Gehaltsanspruch müsste aber uE in einer solchen „fiktiven“ Bilanz bereits passiviert werden, auch wenn der Anspruch formal erst am Ende des Geschäftsjahres entsteht. Wenn im Einzelfall von einem Verzicht auf eine „unentziehbare Anwartschaft“ auf eine zeitanteilige Tantieme auszugehen ist, so kommt eine vE und ein Zufluss des entsprechenden Arbeitslohns beim Gesellschafter-Geschäftsführer allerdings nur in Betracht, wenn die Tantiemeanwartschaft im Zeitpunkt des Verzichts schon einen (ggf. im Wege der Schätzung) bezifferbaren Wert hatte. Da die Tantieme vom Jahresüberschuss abhängt, ist eine Bewertung mitten im Jahr noch mit sehr hohen Unwägbarkeiten behaftet. Wird dagegen kurz vor dem Bilanzstichtag (zB Ende Dezember) verzichtet, so wird man von einem Wert ausgehen können, der nahezu dem Wert des späteren Tantiemeanspruchs entspricht. Wenn zB im September auf die Jahrestantieme verzichtet wird, dürfte man idR nur dann von einem bezifferbaren Wert ausgehen können, wenn die KapGes. über Jahre ein sich sehr stetig entwickelndes (stabiles) Jahresergebnis aufweist. Die Beweislast liegt insoweit beim FA.
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h) Verzicht auf bei der Kapitalgesellschaft nicht passivierte Ansprüche Fraglich ist, ob die Annahme einer vE im Falle eines Forderungsverzichts voraussetzt, dass die KapGes. die Verpflichtung, auf die verzichtet wird, als Verbindlichkeit passiviert hat. Nach Auffassung des VI. Senats des BFH7 kommt es nicht zu einem Lohnzufluss und nicht zu einer vE, wenn ein Gehaltsverzicht ohne wirtschaftlichen Ausgleich vorliege. Im Urteils-
1 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647. 2 BAG v. 3.6.1958 – 2 AZR 406/55, BAGE 5, 317; LAG Düsseldorf v. 23.7.2003 – 12 Sa 260/03, juris; BGH v. 9.5.1994 – II ZR 128/93, GmbHR 1994, 546 = ZIP 1994, 1017. 3 BGH v. 14.5.1990 – II ZR 122/89, GmbHR 1990, 389 = NJW 1990, 1313 und BAG v. 10.4.1991 – 4 AZR 467/90, DB 1991, 2595. 4 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723; ebenso zB FG Saarl. v. 27.8.1997 – 1 K 130/91, EFG 1992, 44 = GmbHR 1992, 62. 5 BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289. 6 BFH v. 15.5.2013 – VI R 24/12, BStBl II 2014, 495 und BMF v. 12.5.2014 – IV C 2-S 2743/12/10001, BStBl I 2014, 860. 7 BFH v. 3.2.2011 – VI R 4/10, GmbHR 2011, 490 = FR 2011, 576 m. Anm. Bergkemper = BFH/NV 2011, 904; ebenso FG Sachs. v. 20.10.2011 – 4 K 1516/06, AuA 2012, 602; BFH v. 3.2.2011 – VI R 66/09, GmbHR 2011, 599 = FR 2011, 820 = BFH/NV 2011, 1057; zustimmend Bergkemper, FR 2011, 576; zu Recht ablehnend Siebert/Ivzhenko-Siebert, FR 2011, 948.
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§ 8 Rz. 1400
Ermittlung des Einkommens
fall ging es um die Nachversteuerung eines vertraglich zugesagten, aber nicht zur Auszahlung gebrachten Weihnachtsgeldes für einen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, an der dieser und seine Ehefrau zu je 50 % beteiligt waren. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hatte also keine beherrschende Stellung.1 Das vereinbarte Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts wurde – trotz unstreitiger Zahlungsfähigkeit der GmbH – über vier aufeinander folgende Jahre weder als Aufwand verbucht noch ausgezahlt. Der BFH entschied, dass die GmbH in Bezug auf das nicht ausgezahlte Weihnachtsgeld nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet gewesen sei, weil die Lohnsteuer nach § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG an den tatsächlichen Zufluss beim Arbeitnehmer anknüpfe. Ein Zufluss habe aber nicht stattgefunden und könne mangels beherrschender Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers auch nicht fingiert werden.2 Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf seine Ansprüche verzichtet (Schulderlass) und dadurch eine vE bewirkt habe.3 Eine vE habe aber im Streitfall nicht stattgefunden, weil es nicht zu einer Vermögensumschichtung gekommen sei. Auf die vom FA aufgeworfene Frage, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer rechtzeitig vor Fälligkeit wirksam auf seinen Anspruch auf Weihnachtsgeld verzichtet habe, komme es nicht in entscheidungserheblicher Weise an. Dies läge darin begründet, dass der Verzicht – wenn er denn ausgesprochen worden sei – nicht zum Wegfall einer zuvor tatsächlich passivierten Verbindlichkeit bei der GmbH geführt habe. Da die GmbH das Weihnachtsgeld nicht in den Büchern als Aufwand erfasst und als Verbindlichkeit passiviert hatte, habe der Gesellschafter-Geschäftsführer durch den Verzicht sein Vermögen (bisheriger Gehaltsanspruch) nicht in Beteiligungskapital umgeschichtet, sondern eine tatsächliche Vermögenseinbuße in Gestalt seiner Forderung erlitten. Im angesprochenen Urteil4 macht der VI. Senat des BFH den Zufluss auf Gesellschafterebene dem Grunde (und der Höhe) nach davon abhängig, ob und in welcher Höhe die KapGes. „bilanziell bereichert“ wird. Mit anderen Worten: Wenn die GmbH die Lohnverbindlichkeit in Bilanz und GuV fälschlicherweise nicht erfasst, dann liegt keine vGA vor und der Verzicht auf den Anspruch führt nicht zum Lohnzufluss. In einer späteren Entscheidung hat der BFH diese Aussage aber deutlich relativiert.5 Dem BFH-Urteil vom 3.2.20116 lasse sich nicht entnehmen, dass der Zufluss von Vergütungsansprüchen des Gesellschafters über eine vE bereits dann ausgeschlossen sei, wenn diese Ansprüche entgegen dem Bilanzrecht nicht in den Büchern der Gesellschaft berücksichtigt wurden. Vielmehr sei maßgeblich, inwieweit der entsprechende Passivposten in eine Bilanz hätte eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre. Letzterem ist zuzustimmen, denn die Verbindlichkeit ist durch den Verzicht zivilrechtlich untergegangen (§ 397 Abs. 1 BGB).7 Es wäre verfehlt, auf die tatsächliche Bilanzierung abzustellen. Dies muss zumindest dann gelten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Arbeitsleistung vertragsgemäß erbracht hat und die Gehaltsvereinbarung nicht vor Erbringung der Arbeitsleistung erkennbar aufgehoben wurde. In diesem Fall entsteht bei der KapGes. eine Tantiemeverbindlichkeit, die bis zum Zeitpunkt eines eventuellen späteren Verzichts weiter anwächst. Die bloße „Nichtdurchführung“, also die fehlerhafte Nichtpassivierung und die fehlende Auszahlung, ändert daran nichts. Wenn eine bilanzsteuerrechtliche Passivierungspflicht besteht, dann löst die zutreffende Passivierung nämlich einen Aufwand (und damit eine Unterschiedsbetragsminderung) aus. Die Frage, ob eine Minderung des Unterschiedsbetrages gegeben ist, muss dabei nach objektiven steuerlichen Bilanzierungsgrundsätzen und nicht anhand einer fehlerhaften Bilanz beurteilt werden. Es ist also darauf abzustellen, ob die Verbindlichkeit in einer auf den Verzichtszeitpunkt aufzustellenden gedachten Steuerbilanz nach bilanzrechtlichen Grundsätzen auszuweisen gewesen wäre.8 Die tatsächliche (fehlerhafte) Passivierung hat uE keine Auswirkung auf die Annahme eines Zuflusses beim Gesellschafter. Die davon abweichende Sichtweise des VI. Senats des BFH kann hingegen dazu führen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer durch Nichtver1 Eine Zusammenrechnung mit den Anteilen des Ehepartners ist unzulässig; vgl. BVerfG v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BStBl. II 1985, 475 = GmbHR 1985, 232 = FR 1985, 501. 2 S. zur Zuflussfiktion bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, FR 1984, 401 = BStBl. II 1984, 480, unter 2. b) der Gründe; v. 16.11.1993 – VIII R 33/92, BStBl. II 1994, 632 = FR 1994, 543 = GmbHR 1994, 639; v. 11.2.1965 – IV 213/64 U, BStBl. III 1965, 407. 3 S. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 4 BFH v. 3.2.2011 – VI R 4/10, BFH/NV 2011, 904 = GmbHR 2011, 490. 5 BFH v. 15.5.2013 – VI R 24/12, BStBl. II 2014, 495 = GmbHR 2013, 998 = FR 2013, 1092; vgl. dazu auch BMF v. 12.5.2014 – IV C 2 - S 2743/12/10001, BStBl. I 2014, 860. 6 BFH v. 3.2.2011 – VI R 4/10, BFH/NV 2011, 904 = GmbHR 2011, 490. 7 Schlüter in MüKo zum BGB, Band 2, 6. Aufl. 2012, § 397 BGB Rz. 7. 8 So auch bereits Siebert/Ivzhenko-Siebert, FR 2011, 948; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl. 1990, 182.
706
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1400–1403 § 8
buchung geschuldeter Lohnaufwendungen den Lohnzufluss im Falle eines Verzichts willkürlich steuern kann.1 i) Umwandlung der Darlehensforderung in ein Genussrecht (sog. debt-mezzanine-swap) 1401
Siehe „Genussrechte“ in Rz. 1254. j) Forderungsverzicht als Realisationsakt iSd. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG Fraglich ist, ob durch den Verzicht des Gesellschafters auf die teilweise oder vollkommen wertlose Forderung ein Verlust iSd. § 20 Abs. 2 EStG entsteht. Während ein reiner Darlehensausfall infolge Insolvenz oder Liquidation der Beteiligungsgesellschaft nach Verwaltungsauffassung den Tatbestand des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt,2 wird die vE der Darlehensforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG ausdrücklich als Realisationstatbestand genannt. Die FinVerw.3 ist allerdings der Ansicht, dass eine vE nur in Höhe des im Verzichtszeitpunkt werthaltigen Teils vorliegt und in Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils ein – vorher eingetretener – einfacher Forderungsausfall anzunehmen ist, der allerdings keinen Realisationstatbestand iSd. § 20 Abs. 2 EStG darstellt. Der Wertverfall der Forderung führt danach nicht zu einem Verlust iSd. § 20 Abs. 2 EStG. Durch einen Forderungsverzicht kann also nach Auffassung der FinVerw. eine steuerliche Berücksichtigung der Wertminderung nicht erreicht werden. Im Schrifttum wird dagegen die Ansicht vertreten, der vE (in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung) seien die gesamten AK der Forderung (Nominalwert) gegenüber zu stellen, was zu einem Verlust gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG führe.4 UE ist der Verwaltungsansicht5 zu folgen, denn auch nach der Rechtsprechung des BFH kann nur der werthaltige Teil einer Forderung verdeckt eingelegt werden.6 Der Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil der Darlehensforderung ist danach nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und deshalb keine vE.
1402
k) Forderungsverzicht mit Besserungsschein Der Forderungsverzicht mit Besserungsschein (bedingter Schulderlass) wird steuerlich genauso behandelt wie ein Forderungsverzicht ohne Besserungsschein.7 Im Zeitpunkt des Verzichts ist in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung eine vE anzunehmen, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG mit dem TW in Ansatz zu bringen ist.8 In entsprechender Höhe ergibt sich ein Zugang beim steuerlichen Einlagekonto.9 Gleiches gilt, wenn die Forderung durch Abtretung an die KapGes.,10 Verrechnung mit der Kapitalrücklage11 oder Umbuchung in eine Rücklage erlischt. Wenn ein Forderungsverzicht mit Besserungsschein ausgesprochen wird, ist die Forderung naturgemäß entweder nur teilweise werthaltig oder gar völlig wertlos. In Höhe des nicht werthaltigen Teils entsteht auf Ebene der KapGes. ein steuerpflichtiger Ertrag.12
1 Paus, DStZ 2011, 458. 2 Ähnlich BFH v. 19.12.2007 – IX R 11/06, BStBl. II 2008, 519 = FR 2008, 1028 zum Verfall einer Option; ein einfaches Verfallenlassen löst nach der Rspr. des BFH keinen Verlust iSd. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG aF aus; aA aber Watermeyer in Neumann/Watermeyer, Arbeitsunterlage zur 27. Kölner Steuerkonferenz, 53. 3 BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 - S 2252/10/10013 – DOK 2011/0948384, BStBl. I 2012, 953 Rz. 61. 4 Vgl. Bayer, DStR 2009, 2401; Förster, Ubg 2010, 762; Ott, DStZ 2010, 633; Weber-Grellet in Schmidt33, § 20 EStG Rz. 148. 5 BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 - S 2252/10/10013, BStBl. I 2012, 953 Rz. 60, 61. 6 BFH v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652 = GmbHR 1998, 93 = FR 1998, 62 unter B. II. 1. b) der Gründe; v. 18.4.2012 – X R 7/10, GmbHR 2012, 860 = BFH/NV 2012, 1363 unter II. 2. b) aa) der Gründe. 7 Vgl. BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901 unter II. 2. a) bb) der Gründe; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648. 8 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2010/0805444, BStBl. I 2010, 1292 Tz. 5; zur Bewertung s. Benz/Böing, Ubg 2012, 442. 9 Heger in Gosch2, § 27 KStG Rz. 12. 10 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, 310 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; FG BW v. 4.10.2010 – 10 K 1724/08, BB 2011, 1263 (1264) (rkr.). 11 FG Berlin-Bdb. v. 13.4.2010 – 6 K 53/06, EFG 2010, 1671 (rkr.). 12 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588 = GmbHR 1991, 73; v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 (310) = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; v. 29.1.2003 – I R 50/02, BStBl. II 2003, 768, 770 = FR 2003, 1045 = GmbHR 2003, 1011 m. Anm. Hoffmann; v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648; v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001 – DOK 2010/0805444, BStBl. I 2010, 1292 Rz. 5.
Neumann
707
1403
§ 8 Rz. 1404–1407
Ermittlung des Einkommens
1404
Wenn in einem späteren Jahr der vereinbarte Besserungsfall eintritt, lebt der ursprüngliche schuldrechtliche Veranlassungszusammenhang wieder auf und der gesellschaftsrechtliche Zusammenhang entfällt. Die Verbindlichkeit ist über die Buchung „Aufwand an Verbindlichkeit“ wieder einzubuchen. Soweit im Zeitpunkt des Verzichts mangels Werthaltigkeit der Forderung ein steuerpflichtiger Ertrag entstanden war, wirkt sich die spätere Aufwandsbuchung im Besserungsfall einkommensmindernd aus.1 Soweit dagegen bei Verzicht eine werthaltige vE anzunehmen war, mindert die Einbuchung der Verbindlichkeit das Einkommen nicht. Es kommt zu einer Art umgekehrter vE.
1405
Wenn von vornherein entsprechende Vereinbarungen mit Rückbezug bestehen, können (auch bei beherrschenden Gesellschaftern) die Zinsen für den zurückliegenden Zeitraum wieder aufleben.2
1406
Die Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit – also das Wiederaufleben der ursprünglichen schuldrechtlichen Vereinbarung – ist keine Leistung iSd. § 27 KStG, denn dies erfordert einen Leistungstransfer an den Gesellschafter, also einen Mittelabfluss. Die Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit ist aber kein Mittelabfluss, sondern zunächst nur eine bilanzielle Vermögensminderung. Die spätere Darlehenstilgung ist aber eine Zahlung auf schuldrechtlicher Grundlage3 und wird von § 27 KStG schon dem Grunde nach nicht erfasst. UE muss das im Zeitpunkt des Verzichts gebildete Einlagekonto durch analoge Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG wieder gemindert werden. In diesem Sonderfall bleibt uE der „Direktzugriff“ auf das steuerliche Einlagekonto auch nach der Änderung des § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG ab VZ 2006 möglich. Die FinVerw. sieht dies aber eher kritisch. Sie geht davon aus, dass ein Forderungsverzicht mit Besserungsschein nur in Betracht kommt, wenn die Forderung bei Verzicht (völlig) wertlos ist. In diesem Fall stellt sich das Problem der Einlagerückzahlung nicht.
1407
In der Praxis wird der Forderungsverzicht mit Besserungsschein auch iZm. einer Anteilsveräußerung ausgesprochen. Gleichzeitig wird der Besserungsschein an den Erwerber mit veräußert. IdR ist die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts ebenso wertlos wie der entsprechende Besserungsschein. Der Verzicht des Altgesellschafters auf die wertlose Forderung löst bei der KapGes. eine Gewinnerhöhung aus, mit der die bestehenden Verlustvorträge verrechnet werden können, soweit nicht die Mindestbesteuerung greift. Bei Eintritt des Besserungsfalles wird die Verbindlichkeit dann später bei der KapGes. wieder erfolgswirksam eingebucht. Damit werden die Wirkungen des § 8c KStG letztlich vermieden. Die oa. Problematik wurde bisher in drei BFH-Urteilen behandelt:4 Nur der IV. Senat des BFH kam in einem besonders gelagerten Fall zur Anwendung des § 42 AO.5 Der I. Senat des BFH hat eine solche Gestaltung und deren steuerliche Folgen dagegen akzeptiert und auch die Anwendung des § 42 AO in einem ähnlich gelagerten Fall, aber im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 KStG aF verneint.6 Der Aufwand entstehe erst nach dem Wegfall der wirtschaftlichen Identität der KapGes. und werde deshalb von § 8 Abs. 4 KStG aF nicht erfasst.7 Bei der Darlehensrückzahlung handele es sich auch nicht um eine vGA.8 Die gewählte Gestaltung war nach Auffassung des I. Senats des BFH9 nicht missbräuchlich iSd. § 42 AO. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass im Urteilsfall der Altgesellschafter A bereits im Januar 2000 auf sei-
1 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588 = GmbHR 1991, 73; v. 29.1.2003 – I R 50/02, BStBl. II 2003, 768 (770) = FR 2003, 1045 = GmbHR 2003, 1011 m. Anm. Hoffmann; v. 20.10.2004 – I R 11/03, BStBl. II 2005, 581 = FR 2005, 304 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2005, 303; v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901 Rz. 16; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648. 2 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588 = GmbHR 1991, 73; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648. 3 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588 = GmbHR 1991, 73. 4 Vgl. BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = DStR 2012, 2058; v. 1.2.2001 – IV R 3/00, BStBl. II 2001, 520 = FR 2001, 635 = GmbHR 2001, 528 m. Anm. Hoffmann; v. 30.1.2002 – I R 13/01, GmbHR 2002, 748 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 1172. 5 BFH v. 1.2.2001 – IV R 3/00, BStBl. II 2001, 520 = FR 2001, 635 = GmbHR 2001, 528 m. Anm. Hoffmann. 6 BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901 = DStR 2012, 2058 entgegen BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743, 5/03, BStBl. I 2003, 648. 7 BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901; ebenso Berg/Schmich, FR 2004, 522; Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2004, 848; Gosch2, § 8 KSG Rz. 627; Pohl, DB 2008, 1531; Rolf/Pankoke, BB 2008, 2278; Schenkelberg, BB 2012, 2868. 8 BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901; Hoffmann, GmbHR 2012, 1192. 9 BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901; anders die Vorinstanz FG München v. 22.2.2011 – 6 K 1451/08, EFG 2011, 1086.
708
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1407–1412 § 8
ne Forderung gegen Besserungsschein verzichtet hatte, die Veräußerung der GmbH-Anteile an die Erwerber X und Y aber erst am 22.6.2001 (also erst nach etwa 11/2 Jahren) erfolgte. Die Erwerber hatten den Forderungsverzicht mit Besserungsschein im Zeitpunkt des Erwerbs bereits vorgefunden und nicht aktiv mitgestaltet.1 Gegen eine Anwendung des § 42 AO spricht zusätzlich der Umstand, dass nicht die GmbH, sondern die Gesellschafter (Veräußerer und Erwerber) den Vorgang aktiv gestalten und der Steuervorteil bei der GmbH nur ein Reflex dieser Gestaltung ist.2 Es ist aber darauf hinzuweisen, dass derartige Gestaltungen nach Einführung der Abgeltungssteuer keinen steuerlichen Vorteil mehr mit sich bringen, wenn der Erwerber im Inland ansässig ist und (nach Erwerb) zu M 10 % an der Schuldner-KapGes. beteiligt ist. Wird der Besserungsschein für 1 Euro erworben, ist die Tilgung des Darlehens beim Gläubiger gem. § 20 Abs. 2 Satz 7 EStG steuerpflichtig und unterliegt gem. § 32d Abs. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG seinem vollen persönlichen Steuersatz. Die Tilgung der für 1 Euro erworbenen Darlehensforderung ist also steuerlich ungünstiger als eine Gewinnausschüttung. Es besteht auch die Möglichkeit, auf erst künftig entstehende, aber bereits vereinbarte 1408 Ansprüche aus einem bestehenden Dauerschuldverhältnis mit dem Gesellschafter unter Besserungsvorbehalt zu verzichten. Die vereinbarten Leistungsvergütungen entstehen in diesem Fall erst dann, wenn der Besserungsfall eintritt.3 Die steuerliche Anerkennung einer solchen Besserungsvereinbarung setzt aber – insbesondere bei beherrschenden Gesellschaftern – voraus, dass zwischen den Beteiligten im Voraus klare und eindeutige Vereinbarungen getroffen werden. Es darf auch für einen außenstehenden Dritten kein Zweifel daran bestehen, dass bei Wiederaufnahme der Zahlungen der Besserungsfall tatsächlich eingetreten ist. Der Verzicht auf noch nicht erdiente und nicht entstandene Vergütungen ist steuerlich sowohl auf Ebene der KapGes. als auch auf Ebene des Gesellschafters neutral. l) Rangrücktritt durch den Gesellschafter 1409
Siehe dazu Rz. 1452 ff. m) Verzicht auf Pensionsansprüche
1410
Siehe dazu Rz. 1428 ff.
Geschäftschance als Einlagegegenstand Eine reine Geschäftschance (bzw. Marktchance), die sich noch nicht zu einem Wirtschaftsgut verselbständigt hat, muss sich hinreichend von einem reinen Nutzungsvorteil oder einer Lieferbeziehung unterscheiden, um einlagefähig sein zu können.4 UE ist dabei darauf abzustellen, ob die übertragene Geschäftschance marktgängig ist (wie zB ein StB-/WP-Mandat) oder ob es sich um eine nicht marktgängige Liefer- oder Leistungsbeziehung handelt.
1411
Gesellschafterdarlehen (nachträgliche Anschaffungskosten beim Forderungsausfall) Darlehens- und Beteiligungsgewinne und -verluste unterliegen bei l 1-prozentigen Beteiligungen dem Regime des § 20 EStG, wohingegen Beteiligungen M 1 % im PV stets unter § 17 EStG fallen. Verluste aus der Veräußerung M 1-prozentiger Beteiligungen iSd. § 17 EStG unterliegen stets dem Teileinkünfteverfahren und nicht der sog. Abgeltungssteuer. Verluste sind also grds. nach § 3c Abs. 2 EStG zu 40 % vom Abzug ausgeschlossen. Verluste infolge der Uneinbringlichkeit von Gesellschafterdarlehen führen unter bestimmten Voraussetzungen zu nachträglichen AK auf die Beteiligung und teilen daher das Schicksal der Beteiligung. Zu den Tatbeständen, die eine Gewinn- und Verlustrealisation auslösen, gehören neben der „echten“ Veräußerung auch die Übertragung im Wege der vE und die Liquidation/Insolvenz. Bei Ausfall eines Gesellschafterdarlehens durch Insolvenz der KapGes. stellt sich die Frage, ob der Forderungsverlust steuerlich berücksichtigt werden kann. Dies war bis VZ 2007 grds. nur möglich,
1 Der BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901, hebt unter II. 2. b) bb) eee) der Gründe genau darauf ab. 2 BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = DStR 2012, 2058 unter II. 2. b) cc) der Gründe. 3 BFH v. 18.12.2002 – I R 27/02, DStRE 2003, 666 = GmbHR 2003, 546 m. Anm. Hoffmann. 4 Ausdrücklich offengelassen durch BFH v. 6.12.1995 – I R 40/95, BStBl. II 1997, 118 = FR 1996, 564; tendenziell verneinend für den Fall einer Option BFH v. 26.8.2010 – I B 85/10, BFH/NV 2011, 220.
Neumann
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1412
§ 8 Rz. 1412–1415
Ermittlung des Einkommens
wenn nachträgliche AK auf die GmbH-Beteiligung angenommen werden konnten. Ansonsten handelte es sich um einen steuerlich nicht berücksichtigungsfähigen Aufwand auf der privaten Vermögensebene des Gesellschafters.1 1413
Wenn ein wesentlich beteiligter Gesellschafter mit seiner Forderung gegen seine KapGes. ausfiel, ging die bisherige BFH-Rechtsprechung2 von einem auf § 17 EStG zugeschnittenen normspezifischen Anschaffungskostenbegriff aus, der im betrieblichen Bereich wegen der Maßgeblichkeit des § 255 HGB keine Anwendung findet.3 Diese Rechtsprechung kam zum Ansatz nachträglicher AK auf die Beteiligung, wenn die Forderung gem. § 32a GmbHG aF kapitalersetzend war. Diese weite Auslegung des Anschaffungskostenbegriffs nach § 17 EStG war in der Vergangenheit erforderlich, weil der Ausfall der Forderung eines GmbH-Gesellschafters anderenfalls einkommensteuerrechtlich unbeachtlich geblieben wäre.4 Eine Nichtberücksichtigung solcher Darlehensverluste wäre im Vergleich zur Besteuerung eines Mitunternehmers ein Verstoß gegen Art. 3 GG,5 weshalb eine grundsätzliche Berücksichtigung des Forderungsausfalls also verfassungsrechtlich geboten ist.6 Hierbei hat die BFH-Rechtsprechung in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu §§ 32a, 32b GmbHG differenziert (s. dazu Rz. 140 ff.).
1414
Der sachliche Zusammenhang zwischen den Eigenkapitalersatzregeln und § 17 EStG war zwar schon in der Vergangenheit umstritten.7 Die FinVerw.8 will allerdings auch nach Abschaffung der Eigenkapitalersatzregelungen im GmbHG (MoMiG) an den oa. Grundsätzen festhalten. Es soll unter Berücksichtigung der bisherigen Eigenkapitalersatzregelungen im Einzelfall geprüft werden, ob ein gesellschaftsrechtlicher Veranlassungszusammenhang besteht. In der Literatur werden zu der Problematik unterschiedliche Auffassungen vertreten.9 Von einigen Autoren wird aber zu Recht die Ansicht vertreten, man habe auch künftig eine Veranlassungsprüfung durchzuführen, die sich im Wesentlichen an die früheren Rechtsprechungsregeln anzulehnen habe.10 Dies entspricht im Grundsatz der Verwaltungsauffassung.
1415
Der Umstand, dass auf Darlehensforderungen, die nach dem 31.12.2008 erworben worden sind (§ 52a Abs. 10 Satz 6 und 9 EStG), grds. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG Anwendung findet, hat uE auf die oa. Qualifikation eines Forderungsausfalls als AK auf die Beteiligung keine Auswirkung. Eine Berücksichtigung des Forderungsausfalls ist dennoch verfassungsrechtlich geboten, weil eine vollständige Berücksichtigung aller Forderungsverluste im Geltungsbereich des § 20 Abs. 2 EStG nicht möglich ist. Eine Realisationsmöglichkeit über § 20 Abs. 2 EStG besteht uE zB dann nicht, wenn die Forderung durch schlichtes Stehenlassen ausfällt, denn der schlichte Forderungsausfall ist keine Rückzahlung zu 0 Euro.11 Auch eine vE durch Forderungsverzicht führt nicht zur Berücksichtigung des Forderungsausfalls, weil nur der werthaltige Teil einer Forderung verdeckt eingelegt werden kann und der nicht werthaltige Rest sich als schlichter Ausfall darstellt.12 Es gibt also mit Blick auf das Nettoprinzip nach wie vor ein Bedürfnis, den Wertminderungsaufwand den Beteiligungsanschaffungskosten zuordnen zu können.13 Besteht ein sachlicher Zusammenhang mit den Einkünften iSd. § 17 EStG, so gebührt § 17 EStG wegen des Subsidiaritätsprinzips in § 20 Abs. 8 EStG der Vorrang.
1 Vgl. BFH v. 24.4.1997 – VIII R 23/93, BStBl. II 1999, 342 = GmbHR 1997, 1161 = FR 1997, 904 unter Nr. 1 der Gründe mwN. 2 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 31/98, BStBl. II 1999, 724 (725) = FR 1999, 1121 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 1999, 1041 m. Anm. Hoffmann mwN. 3 Hier kann der Forderungsverlust (abgesehen von den Einschränkungen des § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG nF und des § 3c Abs. 2 EStG durch eine entsprechende Abschreibung berücksichtigt werden. 4 Vgl. Jäschke in Lademann, § 17 EStG Rz. 220. 5 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003 292, Rz. 21 bis 24. 6 Weber-Grellet in Schmidt33, § 2 EStG Rz. 10 mwN. 7 Ablehnend zB Weber-Grellet in Schmidt33, § 17 EStG Rz. 172; Bode, FR 2008, 1119. 8 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832. 9 Hölzle, DStR 2007, 1185 (1191); Heuermann, DStR 2008, 2089 (2093); Groh, FR 2008, 264 (267); WeberGrellet, NWB 2008 Fach 3, 15229; Neumann, GmbH-StB 2008, 361. 10 Heuermann, DB 2011, 551 (558); Gosch in Kirchhof13, § 17 EStG Rz. 95; Neumann, GmbH-StB 2008, 361. 11 Vgl. Bode, DStR 2009, 1781 (1783); Neumann, GmbH-StB 2008, 361 (363); aA Doege, Stbg 2008, 440 (442) und v. Beckerath in Kirchhof13, § 20 EStG Rz. 144. 12 BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 - S 2252/10/10013 – DOK 2011/0948384, BStBl. I 2012, 953 Rz. 60 f.; ebenso wohl BFH v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652 = GmbHR 1998, 93 = FR 1998, 62 unter B. II. 1. b) der Gründe und v. 18.4.2012 – X R 7/10, GmbHR 2012, 860 = BFH/NV 2012, 1363 unter II. 2. b) aa) der Gründe. 13 Im Ergebnis ablehnend Kellermann, FR 2012, 57.
710
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1416–1420 § 8
Wurde das Darlehen in der Krise gewährt, sind die AK mit dem Nominalwert der Darlehensforderung zu bewerten.1
1416
Bei vor der Krise gewährten und in der Krise stehen gelassenen Darlehen beschränken sich die nachträglichen AK auf den Wert der Forderung bei Eintritt der Krise. Insbesondere bei einer plötzlichen, sich schnell verschärfenden Krisensituation ist dabei häufig von einem gemeinen Wert iHv. 0 Euro auszugehen.2
1417
Nach Auffassung der FinVerw.3 sind allerdings bei sog. „stehen gelassenen Darlehen“ zusätzlich die Anfechtungsregeln des AnfG und der InsO in die Betrachtung einzubeziehen. Für den Fall, dass die Krise, also die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft, zeitlich vor Beginn des Anfechtungszeitraums nach § 6 AnfG bzw. § 135 InsO eingetreten ist, soll weiterhin der gemeine Wert im Zeitpunkt des Kriseneintritts (idR 0 Euro) maßgeblich sein. Hat jedoch die Krise erst nach Beginn des Anfechtungszeitraums begonnen, so geht die FinVerw. davon aus, dass die Regelungen der InsO und des AnfG den Gesellschafter so stellen, als habe er das Darlehen zu Beginn des Anfechtungszeitraums „stehen gelassen“.4 Spätestens ab diesem Zeitpunkt konnte das Darlehen (wegen der Anfechtbarkeit einer Rückzahlung) faktisch nicht mehr getilgt werden. Wenn die Krise zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten war, so ist dem Darlehen idR durchaus noch ein Wert beizumessen.
1418
Beispiel: Gesellschafter A hat seiner A-GmbH in wirtschaftlich guter Zeit am 1.1.2008 ein Darlehen gewährt. Am 1.7.2009 gerät die GmbH in eine Krise. Am 1.8.2010 wird der erste vollstreckbare Schuldtitel gegen die Gesellschaft erwirkt und am 1.10.2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Lösung der FinVerw.:5 Die Anfechtungsfrist nach § 6 AnfG beginnt am 1.8.2009 und die Anfechtungsfrist nach §§ 135, 143 InsO am 1.10.2009. Da die Krise bereits vor Beginn der ersten Anfechtungsfrist, nämlich am 1.7.2009, eingetreten ist, hat A das Darlehen zu einem Zeitpunkt stehengelassen, als der Wert bereits erheblich gemindert war. Die nachträglichen AK auf die Beteiligung sind deshalb nur mit diesem geminderten Wert in Ansatz zu bringen. Abwandlung: Die Krise tritt erst am 1.11.2009 ein. Lösung der FinVerw: Bereits ab dem 1.8.2009 wäre jede Darlehenstilgung ein anfechtbarer Rechtsakt gewesen. Das Darlehen wurde zu diesem Zeitpunkt faktisch stehen gelassen. Da die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt aber noch uneingeschränkt kreditwürdig war, sind die nachträglichen AK mit dem Nominalwert der Darlehensforderung anzusetzen.
Handelte es sich dagegen um ein sog. Krisenfinanzierungsdarlehen,6 also um ein Gesellschafterdarlehen, welches zwar vor der Krise gewährt wurde, aber krisenbestimmt war, so entstanden vor der Abschaffung der früheren Eigenkapitalersatzregelungen durch das MoMiG nachträgliche AK auf die Beteiligung stets in Höhe des Nennwerts der Forderung.7 Von einer Krisenbestimmung war auszugehen, wenn der Gesellschafter schon frühzeitig gegenüber der GmbH oder den Gläubigern der GmbH bindend erklärt hatte, dass er das Darlehen auch in der Krise nicht abziehen werde. Wie in Rz. 138 dargelegt, hält die FinVerw.8 auch nach Abschaffung der früheren Eigenkapitalersatzregelungen durch das MoMiG im Wesentlichen an den oa. Grundsätzen – also der Anbindung an die früheren Eigenkapitalersatzregeln – fest.
1419
Gleiches gilt für sog. Finanzplandarlehen: Von einem Finanzplandarlehen ist zB auszugehen, wenn die KapGes. von dritter Seite keinen vergleichbar hohen Kredit erhalten hätte, Sicherheiten fehlen, das Darlehen aus Sicht der Gesellschafter für die Verwirklichung des
1420
1 BFH v. 7.7.1992 – VIII R 24/90, BStBl. II 1993, 333 = FR 1992, 751; v. 18.8.1992 – VIII R 90/89, GmbHR 1993, 250. 2 BMF v. 14.4.1994 – IV B 2 - S 2244 - 29/94, BStBl. I 1994, 257 und v. 8.6.1999 – IV C 2 - S 2244 - 12/99, BStBl. I 1999, 545; BFH v. 24.4.1997 – VIII R 16/94, BStBl. II 1999, 339 = FR 1997, 906 = GmbHR 1997, 1159; v. 24.4.1997 – VIII R 23/93, BStBl. II 1999, 342 = GmbHR 1997, 1161 = FR 1997, 904; v. 13.7.1999 – VIII R 31/98, BStBl. II 1999, 724 = FR 1999, 1121 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 1999, 1041 m. Anm. Hoffmann; v. 10.11.1998 – VIII R 6/96, FR 1999, 463 = GmbHR 1999, 425 = DStR 1999, 411; FG Köln v. 10.2.1999 – 10 K 862/95, EFG 1999, 547. 3 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832. 4 Nach diesem Zeitpunkt konnte er das Darlehen aus rechtlichen Gründen nicht mehr abziehen. 5 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832. 6 Ein Krisenfinanzierungsdarlehen liegt vor, wenn der Gesellschafter schon frühzeitig gegenüber der GmbH oder den Gläubigern der GmbH bindend erklärt hat, dass er das Darlehen auch in der Krise nicht abziehen wird. 7 BFH v. 24.4.1997 – VIII R 16/94, BStBl. II 1999, 339 = FR 1997, 906 = GmbHR 1997, 1159; v. 4.11.1997 – VIII R 18/94, BStBl. II 1999, 344 = GmbHR 1998, 198 = FR 1998, 104; v. 10.11.1998 – VIII R 6/96, BStBl. II 1999, 348 = FR 1999, 463 = GmbHR 1999, 425. 8 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832.
Neumann
711
§ 8 Rz. 1420–1425
Ermittlung des Einkommens
Gesellschaftszwecks unentbehrlich ist, weil beabsichtigte Investitionen ohne das Darlehen zurückgestellt werden müssten, die Gesellschafter die Pflicht zur Darlehensgewährung im Gesellschaftsvertrag oder in einem Gesellschafterbeschluss vereinbart haben, das Darlehen auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde bzw. die vereinbarte Laufzeit außergewöhnlich lang ist, der Gesellschafter das Darlehen nicht einseitig kündigen kann, das Darlehen keinen Tilgungsplan enthält oder der Zinssatz besonders niedrig ist. Die vorstehenden Indizien müssen allerdings nicht in ihrer Gesamtheit erfüllt sein, um von einem Finanzplankredit auszugehen. Liegt ein Finanzplankredit vor, so sind bei Ausfall der Forderung die AK auf die Beteiligung regelmäßig mit dem Nennwert des Darlehens zu bewerten, weil das Darlehen die kapitalersetzende Funktion schon bei Hingabe der Mittel begründet hat.1 Dies spricht für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. 1421
Kriterien des Eigenkapitalersatzrechts finden keine Anwendung, wenn der Gesellschafter unter das Kleinanlegerprivileg des § 39 Abs. 5 InsO fällt, weil seine Beteiligung 10 % nicht übersteigt und der Gesellschafter nicht geschäftsführungsbefugt ist.2 Wenn das Darlehen unter das Sanierungsprivileg gem. § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO fällt, sind sie dagegen anwendbar.3
Grenzüberschreitende Einlage 1422
Die Annahme einer vE ist auch möglich, wenn die die Einlage empfangende KapGes. Sitz und Geschäftsleitung im Ausland hat. Auch hier ist zu prüfen, ob der zugewendete Vorteil ein einlagefähiges Wirtschaftsgut ist. Im Falle einer Nutzungsüberlassung an eine im Ausland ansässige Gesellschaft richtet sich die Aktivierbarkeit der Nutzung allerdings nach dem Bilanzrecht des Staates, in dem die Empfängerin der Nutzungsüberlassung ihren Sitz hat.4 Die Rechtsprechung des BFH zur bilanzrechtlichen Behandlung inländischer Nutzungsvorteile ist auf grenzüberschreitende Konstellationen zwar übertragbar, aber immer an den ausländischen bilanzrechtlichen Vorschriften zu messen. Sieht der Ansässigkeitsstaat der KapGes. den Nutzungsvorteil als Wirtschaftsgut an (was insbesondere bei Nutzungsrechten der Fall sein kann), dann kommt die Annahme einer vE mit der Folge einer Erhöhung des Beteiligungsbuchwerts in Betracht.
1423
Wenn eine KapGes. liquidiert werden soll, so ist eine (zur Vermeidung der Insovenzantragspflicht)5 mit Rangrücktritt versehene Verbindlichkeit gegen den Gesellschafter oft das einzige verbleibende (negative) Wirtschaftsgut. Fraglich ist, ob in einem solchen Fall eine insolvenzfreie Liquidation überhaupt möglich ist oder ob infolge der Ausbuchung der Verbindlichkeit eine zusätzliche Steuerlast entsteht. Dies wäre der Fall, wenn die Ausbuchung der Verbindlichkeit die gleichen steuerlichen Folgen auslösen würde wie ein Forderungsverzicht.
1424
Im Schrifttum wird teilweise die Ansicht vertreten, ein (fiktiver) Forderungsverzicht sei die zwingende Folge einer Liquidation.6 Andere Autoren lehnen die Annahme eines Forderungsverzichts ab.7 Ein anderer Ansatz wäre, die Verbindlichkeit deshalb auszubuchen, weil es an einer wirtschaftlichen Belastung der zu liquidierenden Gesellschaft fehlt.8
1425
Die FinVerw. vertritt uE zutreffend die Ansicht, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Verbindlichkeit nach allgemeinen bilanzsteuerlichen Grundsätzen nicht mehr zu passivieren ist. Dies wäre dann der Fall, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
Liquidation und Gesellschafterdarlehen
1 BFH v. 24.4.1997 – VIII R 16/94, BStBl. II 1999, 339 = FR 1997, 906 = GmbHR 1997, 1159; v. 4.11.1997 – VIII R 18/94, BStBl. II 1999, 344 = GmbHR 1998, 198 = FR 1998, 104. 2 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832 Tz. 5. 3 BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832 Tz. 4; BFH v. 2.4.2008 – IX R 76/06, BStBl. II 2008, 706 (707) = GmbHR 2008, 881 m. Anm. Hoffmann = FR 2008, 1117 m. Anm. Bode; v. 25.6.2009 – IX R 42/08, BStBl. II 2010, 220 = GmbHR 2009, 1110 m. Anm. Hoffmann = FR 2009, 1151 m. Anm. Bode. 4 BFH v. 20.8.1986 – I R 41/82, BStBl. II 1987, 65 unter III. A. 4. f) der Gründe und nachfolgend BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 5 Die Verbindlichkeit ist gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO iVm. § 39 Abs. 2 InsO im Überschuldungsstatus nicht zu passivieren. 6 Haase/Dorn, BB 2011, 2097. 7 Farle, BB 2012, 1507 (1511); Seppelt, BB 2010, 1395. 8 Crezelius, NZI 2012, 750.
712
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1425–1428 § 8
nicht mehr erfüllt zu werden braucht.1 Dies ist zwar noch nicht anzunehmen, wenn der Schuldner zur Zahlung nicht in der Lage ist.2 Allerdings folgt aus der Liquidation und der anschließenden Löschung im Handelsregister, dass mit einer Begleichung der Verbindlichkeit (nach Löschung) nur noch dann zu rechnen ist, wenn die KapGes. noch über latente Reserven wie zB abgeschriebene Forderungen verfügt und deshalb eine Nachtragsliquidation nicht ausgeschlossen erscheint. Das FG Köln3 lehnte eine Ausbuchung der Verbindlichkeit ab und vertrat die Ansicht, die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme sei nur im Hinblick auf die Entschlossenheit des Gläubigers zu beurteilen, den Anspruch durchzusetzen. Die Fähigkeit des Schuldners, den Anspruch aus seinem derzeitigen oder zukünftigen Vermögen zu befriedigen, sei dagegen ohne Bedeutung. Der diesbezügliche Hinweis des FG Köln auf das BFH-Urteil v. 6.4.20004 ist allerdings aus dem Zusammenhang gerissen und spricht uE eher dafür, wegen des Rangrücktritts die Entschlossenheit des GesellschafterGläubigers, die Forderung zu realisieren, zu verneinen. Es darf insoweit nicht unberücksichtigt bleiben, dass die vermögenslose KapGes. nach der Liquidation vollbeendet wird. Der BFH5 hat die Frage ausdrücklich offen gelassen.
Nutzungsvorteile und Nutzungsrechte Nutzungsrechte und Nutzungsvorteile sind nicht einlagefähig. S. dazu im Einzelnen Rz. 1287, 1292, 1297, 1333 bis 1335 und 1378. Wird aber für die Nutzungsmöglichkeit eine angemessene Gegenleistung vereinbart und verzichtet der Gesellschafter später auf die bereits entstandene Forderung, so liegt hierin eine vE. Bei Zinsverbindlichkeiten kommt es darauf an, ob sie bei der GmbH in eine fiktive Bilanz eingestellt werden müssten, die auf den Zeitpunkt des Verzichtes erstellt würde. Die Zinsverbindlichkeit ist zu passivieren, soweit zum Bilanzstichtag die Zinsen für einen Zeitraum geschuldet werden, der vor dem Bilanzstichtag liegt. Der Fälligkeitszeitpunkt ist dabei nicht von Bedeutung.6 So wäre zB ein am 1.11. ausgesprochener Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers auf den vertraglich vereinbarten Zins bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen zu 10/12 als vE zu behandeln.7 Gleiches gilt bei Pachtzahlungen die im Falle eines Verzichts auch nur insoweit vE darstellen, als der Verzicht sich auf bereits entstandene Pachtverpflichtungen (für zurückliegende Zeiträume) bezieht.8
1426
Organschaftliche Minderabführungen Minderabführungen sind keine vE, was in der Praxis erhebliche praktische Probleme auf- 1427 wirft.9 Für Zwecke des steuerlichen Einlagekontos werden Minderabführungen in § 27 Abs. 6 KStG den vE faktisch gleichgestellt.
Pensionszusagen; Verzicht, Widerruf a) Verzicht auf Pensionsanwartschaften (Grundproblematik) Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH auf seine Pensionsanwartschaft oder seine Pensionsansprüche verzichtet, dann verfügt er über seine (erdiente und unverfallbare) Altersversorgung. Die Pensionsansprüche fließen ihm zu, soweit sie werthaltig sind, also die GmbH im Zeitpunkt des Verzichts ihrer Rückzahlungsverpflichtung noch nachkommen könnte.10 Bei diesem Zufluss handelt es sich um Einkünfte iSd. § 19 EStG, sofern keine vGA vorliegt bzw. die Einnahmen aus anderen Gründen (zB Betriebsaufspaltung) einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind. Die zufließenden Einkünfte sind im Jahr des Verzichts mit dem persönlichen Steuersatz des Gesellschafter-Geschäftsführers zu versteuern.
1 BFH v. 22.11.1988 – VIII R 62/85, BStBl. II 1989, 359 = FR 1989, 169; v. 30.3.1993 – IV R 57/91, BStBl. II 1993, 502 = FR 1993, 471; v. 20.10.2004 – I R 11/03, BStBl. II 2005, 581 = FR 2005, 304 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2005, 303. 2 BFH v. 6.11.2007 – I B 50/07, BFH/NV 2008, 616. 3 FG Köln v. 6.3.2011 – 13 K 3006/11, EFG 2012, 1421 (Rev. I R 34/12). 4 BFH v. 6.4.2000 – IV R 31/99, BStBl. II 2001, 536 = FR 2000, 939. 5 BFH v. 5.2.2014 – I R 34/12, BFH/NV 2014, 1014, unten II.2.b) der Gründe. 6 BFH v. 24.5.1984 – I R 166/78, BStBl. II 1984, 747 = FR 1984, 540 = GmbHR 1984, 324. 7 So FG Saarl. v. 27.8.1997 – 1 K 130/91, EFG 1992, 44 = GmbHR 1992, 62. 8 BFH v. 22.11.1983 – VIII R 133/82, GmbHR 1984, 110 = FR 1984, 183. 9 Vgl. dazu Dötsch, Ubg 2008, 122. 10 Vgl. BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723 (dritte Vorlagefrage).
Neumann
713
1428
§ 8 Rz. 1429–1433
Ermittlung des Einkommens
1429
Der auf diese Weise realisierte Wert (Zuflussbetrag) gilt als sogleich in die KapGes. verdeckt eingelegt. Der Zufluss und die vE sind mit dem TW der Pensionsanwartschaft und nicht mit dem Rückstellungswert iSd. § 6a EStG zu bewerten.1 Wenn die Rückdeckungsversicherung aus Gründen der Insolvenzsicherung an den begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführer verpfändet worden ist, dürfte – soweit die Rückdeckung reicht – von einer vollständigen Werthaltigkeit der Pensionsanwartschaft auszugehen sein.2
1430
Im Fall einer nicht rückgedeckten Zusage bzw. im Falle einer Nichtverpfändung der Rückdeckungsansprüche muss zur Bestimmung der Höhe der vE der TW der Anwartschaft ermittelt werden. Der für Zufluss und Einlage maßgebliche TW entspricht den Wiederbeschaffungskosten.3 Dies ist der Wert, den der Gesellschafter im Zeitpunkt des Verzichts hätte aufwenden müssen, um einen gleich hohen Pensionsanspruch gegen einen vergleichbaren Schuldner zu erwerben.4 Dabei muss allerdings die Bonität des Schuldners (GmbH) berücksichtigt werden.5 Wegen des insoweit erforderlichen Bonitätsabschlages ist der TW geringer als der Einmalbeitrag, der an ein Versicherungsunternehmen oder einen Pensionsfonds zu entrichten wäre.6 Dieser Abschlag ist durch Schätzung zu ermitteln. Im Altersbereich zwischen 60 und 65 Jahren liegt die übliche Einmalprämie im Allgemeinen rd. 50 % über der nach § 6a EStG gebildeten Pensionsrückstellung.7 GGf. wird man den Wert durch ein Gutachten eines Versicherungsunternehmens bestimmen und von dem so ermitteltet Wert einen Abschlag vornehmen. Wenn die GmbH sich dagegen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet (Krise), so wird man den TW der Anwartschaft idR mit 0 Euro bemessen müssen. Es ist wertmindernd zu berücksichtigen, dass niemand bereit wäre, einen Rentenanspruch, der u.U. erst viele Jahre später entsteht, zu erwerben, wenn der Schuldner nicht die (nahezu 100-prozentige) Gewähr dafür bietet, dass er seiner Verpflichtung auch in Zukunft nachkommen kann.
1431
Liegt der TW der Pensionsanwartschaft wegen schlechter Bonität der GmbH unter dem Buchwert der Pensionsrückstellung, so ergibt sich in Höhe des Differenzbetrages ein laufender steuerpflichtiger Gewinn der KapGes. Insoweit ist keine vE gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG in Abzug zu bringen.
1432
Wenn der TW der Pensionsanwartschaft dagegen über dem Buchwert der Pensionsrückstellung liegt (bei guter Bonität der Regelfall), so ist der Differenzbetrag zum Stichtag des Forderungsverzichtes gleichzeitig als (Lohn-)Aufwand der KapGes. und als Einlage zu behandeln.8 Die KapGes. erhält dadurch im Saldo einen zusätzlichen steuermindernden Aufwand, obwohl sie bilanziell einen Ertrag in Höhe der Auflösung der Rückstellung ausweist. Hiervon profitiert in erster Linie der Erwerber der Beteiligung. Beispiel: Gesellschafter-Geschäftsführer A verzichtet auf seine voll werthaltige Pensionszusage. Die Pensionsrückstellung ist nach § 6a EStG mit 100 passiviert. Der TW der Anwartschaft beläuft sich auf 130. Lösung: Gesellschafter-Geschäftsführer A realisiert seine Anwartschaft. Ihm fließen Einkünfte gem. § 19 EStG iHv. 130 zu. Diesen Betrag wendet er sodann auf und legt ihn in die GmbH ein. Er tätigt insoweit nachträgliche AK auf die GmbH-Beteiligung, wodurch sein Veräußerungsgewinn gem. § 17 EStG entsprechend gemindert wird. Die GmbH löst die Pensionsrückstellung iHv. 100 erfolgswirksam auf. Dieser Ertrag wird sodann als vE gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG wieder vom Einkommen abgezogen. Der darüber hinausgehende Betrag von 30 ist eine weitere Einlage, die bei der GmbH als Lohnaufwand in Abzug gebracht werden kann.9 Die Lösung zeigt, dass bei der GmbH im Saldo (also nach Gegenrechnung der Rückstellungsauflösung) ein steuerlich abzugsfähiger Zusatzaufwand von 30 Punkten verbleibt.
b) Pensionsverzicht unter Besserungsvorbehalt 1433
Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf seine (werthaltige) Pensionsanwartschaft unter Besserungsvorbehalt verzichtet (bedingter Schulderlass), so ist die Pensionsrückstellung zunächst im Jahr des Verzichts bei der GmbH gewinnerhöhend auszubuchen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erzielt in Höhe des TW der Anwartschaft steuerpflichtigen
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BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289. Zutr. Grögler/Urban, DStR 2006, 1389 (1392). BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289. Grögler/Urban, DStR 2006, 1389. BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289. Förster, DStR 2006, 2149; Grögler/Urban, DStR 2006, 1389; Wellisch/Quast, DB 2006, 2142. Schlagheck, GmbHR 2000, 368; Arteaga, BB 1998, 977. BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289; s. auch Förster, Stbg 2006, 520 (523). 9 BFH v. 15.10.1997 – I R 58/93, BStBl. II 1998, 305 = FR 1998, 191 = GmbHR 1998, 289; s. auch Förster, Stbg 2006, 520 (523).
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1433–1437 § 8
Arbeitslohn. Gleichzeitig tätigt er (wie bei einem unbedingten Verzicht) zusätzliche AK auf die GmbH-Beteiligung.1 Im Besserungsfall lebt der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang wieder auf und die Pensionsrückstellung muss wieder eingebucht werden. Soweit die ursprüngliche Ausbuchung als vE zu beurteilen war, wirkt die Wiedereinbuchung wie eine Einlagenrückgewähr. Der Aufwand, der sich bei der GmbH durch die Buchung „Aufwand an Pensionsrückstellung“ ergibt, ist also außerbilanziell wieder abzuziehen. Im Besserungsfall werden die Einkünfte iSd. § 19 EStG, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitpunkt des Verzichts zugerechnet wurden (negative Einnahmen), und die ihm bei Verzicht zugerechneten nachträglichen AK auf die Anteile wieder rückgängig gemacht.2
1434
Soweit der Forderungsverzicht mangels Werthaltigkeit der Pensionsanwartschaft bei der GmbH im Zeitpunkt des Verzichts einen steuerpflichtigen Ertrag (keine Einlage) ausgelöst hat, ist die Pensionsrückstellung bei Bedingungseintritt (Besserungsfall) wieder einkommensmindernd einzubuchen (keine fiktive Einlagenrückgewähr). UE ist § 6a Abs. 4 EStG (Nachholverbot) dafür kein Hindernis.3 Da die Pensionsverpflichtung bis zur Besserungsabrede nicht passiviert werden durfte und damit der zutreffende Wertansatz zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres 0 Euro betrug, entfällt die komplette Wiederaufstockung auf das laufende Jahr, in dem der Besserungsfall eintritt. Es handelt sich hierbei nicht um eine Nachholung im eigentlichen Sinne.
1435
Ein Problem kann aber entstehen, wenn der Besserungsfall nach den in der Besserungsvereinbarung vereinbarten Kriterien bereits in einem Vorjahr eingetreten war, die Pensionsrückstellung aber in diesem Jahr versehentlich nicht wieder eingebucht wurde. Nach § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem TW der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht werden (Nachholverbot). TW ist der objektive, nach § 6a EStG zu passivierende Wert. Eine versehentliche Nichteinbuchung kann nicht in einem späteren Jahr nachgeholt werden. Das Nachholverbot gilt auch dann, wenn der fehlende oder fehlerhafte Ansatz einer Pensionsrückstellung auf einem Rechtsirrtum beruht und zwar unabhängig davon, ob nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles eine willkürliche Gewinnverschiebung anzunehmen ist.4 Es ist daher zu empfehlen, so eindeutige Besserungskriterien und so kurze Prüfintervalle zu vereinbaren, dass Irrtümer in Bezug auf den Besserungsfall ausgeschlossen sind.
1436
c) Verzicht auf noch nicht erdiente Anwartschaften (future-service) Zum Zwecke der Reduzierung einer Finanzierungslücke in der Rückdeckungsversicherung 1437 kann es aus Sicht des Gesellschafters sinnvoll sein, unter Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses nur auf den noch nicht erdienten Teil der Pensionsanwartschaft zu verzichten. Dabei wird üblicherweise der unverfallbare und erdiente Teil der Zusage (sog. past-service) „eingefroren“ und auf den noch nicht erdienten Teil („future-service“) verzichtet. Ob dies ohne Lohnzuflussbesteuerung auf Gesellschafterebene und ohne Annahme einer vE möglich ist, war innerhalb der FinVerw. lange Zeit umstritten.5 Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, ein Verzicht auf den future-service löse keine vE und keinen Lohnzufluss aus, wenn ausdrücklich und ausschließlich auf die künftigen noch nicht erdienten Anwartschaftsteile verzichtet werde.6 Endgültig geregelt wurde die Problematik durch das BMF-Schreiben v. 14.8.20127. Hiernach führt der gesellschaftsrechtlich veranlasste Verzicht auf Teile einer Pensionsanwartschaft nur insoweit zu einer vE und einem Lohnzufluss, als der Barwert der bis zum Verzichtszeitpunkt erdienten Versorgungsleistungen den Barwert der nach dem Teilverzicht verbleibenden Ansprüche übersteigt. Der BFH8 hat ausdrücklich offen gelassen, ob er diese Sichtweise teilt. Dies gelte unabhängig davon, ob sich 1 2 3 4 5
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BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588 = GmbHR 1991, 73. BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648 = GmbHR 2004, 142. Zutr. Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 1998, 781 mwN. S. FG Rh.-Pf. v. 8.9.2005 – 6 K 1613/04, EFG 2005, 1848; FG BW v. 15.12.2000 – 9 K 301/96, EFG 2001, 349; BFH v. 14.1.2009 – I R 5/08, BStBl. II 2009, 457 = FR 2009, 905 m. Anm. Buciek = GmbHR 2009, 558. Bejahend OFD Frankfurt v. 10.9.2010 – S 2742 A - 10 - St 510, DStR 2010, 2249; OFD Karlsruhe v. 17.9.2010 – S 274.2/107 - St 221, DStR 2010, 2250; OFD Magdeburg v. 2.9.2010 – S 2176 - 57 - St 215, juris; verneinend FinMin NW v. 17.12.2009 – S 2743 - 10 - V B 4, GmbHR 2010, 168. Uckermann/Pradl, BB 2009, 2568; Linden, DStR 2010, 582; Keil, DB 2010, 868; Risthaus, DStZ 2010, 212. BMF v. 14.8.2012 – IV C 2 - S 2743/10/10001 :001 – DOK 2012/0652306, BStBl. I 2012, 874. BFH v. 11.9.2013 – I R 28/13, BStBl. II 2014, 726; kritisch Märtens, juris PR-SteuerR 20/2014 Anm. 5.
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§ 8 Rz. 1437–1440
Ermittlung des Einkommens
die Verzichtsvereinbarung nur auf künftig noch zu erdienende Anwartschaften bezieht oder nicht. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern könne der erdiente Teil nach dem Verhältnis s/t1 bemessen werden. Für nicht beherrschende GGF ist mangels Nachzahlungsverbot das Zeitverhältnis ab Diensteintritt zu ermitteln (sog. m/n-tel Anspruch). Diese Berechnungsgrundsätze entsprechen der bisherigen Verwaltungsauffassung zur ratierlichen Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften.2 Beispiel (nach BMF-Schreiben v. 14.8.2012):3 Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, geb. 1.1.1960, Diensteintritt in die GmbH am 1.1.1986, Zusage am 1.1.1996 einer Alters- und Invalidenrente über 3000 Euro/monatlich; Pensionseintritt mit Vollendung des 66. Lebensjahres. Es erfolgt eine Herabsetzung der Versorgungsanwartschaft am 1.1.2011 auf 1500 Euro/monatlich. Ein ausdrücklicher Verzicht auf den future-service erfolgt nicht. Lösung (nach BMF-Schreiben v. 14.8.2012): Ermittlung des erdienten Anteils der Versorgungsleistungen zum Zeitpunkt der Herabsetzung nach dem Verhältnis s/t = 15/30 = 0,5. Folglich beläuft sich der Erdiente Teil zum 1.1.2011 auf 1500 Euro/monatlich. Da die nach Herabsetzung noch verbleibenden Versorgungsleistungen genau dem bereits erdienten Anteil entsprechen, beträgt der Wert der vE nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG 0 Euro.
1438
Kritik. Das BMF-Schreiben ist uE insoweit unzutreffend, als es nicht danach differenziert, ob der Verzicht sich ausdrücklich auf die künftigen Anwartschaften bezieht oder nicht. UE sind diese Fallkonstellationen aber zu unterscheiden, weil die Höhe der nach Verzicht verbleibenden unverfallbaren Anwartschaft in beiden Fallkonstallationen differiert: Würde der Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar nach Verzicht aus dem Dienstverhältnis ausscheiden, so hätte er nur Anspruch auf eine Pension von mtl. 750 Euro, weil er zu diesem Zeitpunkt erst die Hälfte der verminderten Anwartschaft von 1500 Euro erdient hat. Schließlich müsste er noch weitere 15 Jahre arbeiten, um die restlichen 750 Euro mtl. zu erdienen. Würde der Verzicht ausdrücklich auf die künftig zu erdienenden Anwartschaften (future-service) begrenzt und zugleich die Unverfallbarkeitsregelung in der Versorgungszusage dahingehend modifiziert, dass die weitere Tätigkeit keine Erhöhung der bereits unverfallbar erworbenen Anwartschaften auslöst, so bliebe im Beispielsfall die erdiente Anwartschaft iHv. 1500 Euro auch nach dem Verzicht jederzeit erhalten, selbst wenn der Gesellschafter aus den Diensten der Gesellschaft ausscheidet.4
1439
Wird ausdrücklich auf den future-service verzichtet, so stellt sich die Frage nach der künftigen Bilanzierung der noch bestehenden Versorgungsverpflichtung. Steuerbilanziell führt der Verzicht auf den future-service zu einer Abstockung der Pensionsrückstellung gem. § 6a Abs. 3 EStG.5 In der Handelsbilanz hängt der Umfang der Verminderung der Rückstellung von der Formulierung der Verzichtserklärung (einfache Absenkung oder Verzicht auf den future-service) ab.6 Für eine quotale Abstockung im Umfang des Verzichts spricht zwar der Grundsatz der Mittelansammlung über die Aktivitätsperiode.7 Insbesondere im Fall des ausdrücklichen Verzichts auf den future-service unter gleichzeitiger Abänderung der Unverfallbarkeitsklausel ist die Abstockung uE aber auf den bis zum Erreichen des Pensionsalters abgezinsten Barwert begrenzt, denn die künftige Tätigkeit ist diesem Fall nach der vertraglichen Abrede nicht mehr mit weiteren Anwartschaftszuwächsen verbunden.8
1440
Wenn die Rückdeckungsversicherung eine Deckungslücke aufweist und der nicht durch die Rückdeckungsversicherung abgedeckte Teil der Pensionszusage nicht finanzierbar und nicht werthaltig ist, wird man häufig bemüht sein, die Pensionsverpflichtung abzusenken. Hier bietet es sich ggf. an, zunächst auf den nicht finanzierbaren (nicht werthaltigen) Teil der Anwartschaft und später bezüglich des dann noch werthaltigen Teils auf den future-service zu verzichten, weil nur in dieser Reihenfolge eine vE und ein damit verbundener Zufluss auf Gesellschafterebene weitgehend vermieden werden kann.
1 Zurückgelegte Dienstzeit seit Zusageerteilung zur Gesamtdienstzeit zwischen Zusageerteilung und zugesagtem Pensionseintritt. 2 Vgl. BMF v. 9.12.2002 – IV A 2 - S 2742 - 68/02, BStBl. I 2002, 1393. 3 BMF v. 14.8.2012 – IV C 2 - S 2743/10/10001 :001 – DOK 2012/0652306, BStBl. I 2012, 874. 4 Vgl. Janssen, NWB 2012, 3230. 5 Vgl. OFD Hannover v. 11.8.2009 – S 2742 - 202 - StO 241, DB 2009, 2461; aA uE unzutr. Janssen, NWB 2012, 3230. 6 Die zu der oa. Thematik ergangene IDW-Stellungnahme RS HFA 30 v. 9.9.2010, IDW-Fachnachrichten 2010, 437 enthält keine expliziten Ausführungen zu diesem Sonderfall. 7 Vgl. IDW RS HFA 30, Rz. 60, IDW-Fachnachrichten 2010, 437; Thaut, DB 2011, 1645. 8 IDW RS HFA 30, Rz. 61, IDW-Fachnachrichten 2010, 437; glA Bertram/Johannleweling/Roß/Weiser, WPg 2011, 57.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1441–1443 § 8
d) Lohnzufluss beim Pensionsverzicht Durch den Verzicht auf eine werthaltige Pensionszusage fließt dem Gesellschafter-Geschäftsführer der TW der Anwartschaft als Arbeitslohn in einem Einmalbetrag wie bei einer Abfindung zu. Fraglich ist, ob im Falle eines solchen Verzichts steuerbegünstigte außerordentliche Einkünfte iSd. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG vorliegen (sog. Fünftelregelung bzw. Tarifglättung). Der BFH hat dies für den Fall der Pensionsabfindung unter bestimmten Voraussetzungen bejaht.1 Außerdem stellt eine Abfindungszahlung für eine Pensionsanwartschaft zugleich eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar.2 Unklar ist, ob die dortigen Grundsätze auch im Falle des Verzichts gelten. UE ist dies zu bejahen, denn beim Verzicht kommt es wie auch im Falle einer Abfindung zu einem Einmalzufluss, also zu einer Zusammenballung von Einkünften.3 Die Verpflichtung zur Einbehaltung von Lohnsteuer setzt nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG eine Zahlung voraus. Ob es sich bei einem Verzicht um eine solche Zahlung handelt, ist unklar.4 UE ist dies zu bejahen, denn der Arbeitnehmer verfügt im Falle des Verzichts wirtschaftlich über den Arbeitslohn.5 Der Begriff der Zahlung ist hier mit dem Begriff des Zuflusses gleichzusetzen.
1441
e) Verzicht auf verfallbare Anwartschaft Die Abfindung einer verfallbaren Pensionsanwartschaft anlässlich des Ausscheidens des Geschäftsführers aus dem Dienstverhältnis ist im Fremdvergleich unüblich und stellt nach gefestigter Rechtsprechung eine vGA dar.6 Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde eine verfallbare Anwartschaft verfallen lassen und dafür keine Abfindung zahlen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Verzicht auf eine verfallbare Anwartschaft betrieblich veranlasst ist und keine vE darstellen kann. Dies gilt uE aber dann nicht, wenn der Verzicht durch einen weiterbeschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführer ausgesprochen wird. Die Unverfallbarkeit ist nur im Falle des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis von Bedeutung. Zu den Voraussetzungen der Unverfallbarkeit bei beherrschenden und nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern s. im Einzelnen ABC der vGA in Rz. 70 ff.
1442
f) Widerruf in der Krise aufgrund eines Widerrufsvorbehalts Eine Pensionsrückstellung darf nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG nur gebildet werden, wenn die 1443 Pensionszusage keinen Vorbehalt enthält, dass die Pension gemindert oder entzogen werden kann. Eine Vertragsklausel, die es ermöglicht, „die zugesagte Leistung zu kürzen oder gänzlich einzustellen, wenn sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft so wesentlich verschlechtert, dass eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zumutbar ist“, ist allerdings kein schädlicher Vorbehalt iSd. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG.7 Zur Zulässigkeit und zu den Rechtsfolgen von Widerrufsklauseln s. im Einzelnen „ABC der vGA“ in Rz. 957 ff. Wird der vertraglich vereinbarte Widerruf in der Krise ausgeübt, so handelt es sich nicht um einen gesellschaftsrechtlich veranlassten Verzicht auf das Anwartschaftsrecht. Zwar muss die Gesellschaft die Pensionsrückstellung erfolgswirksam ausbuchen. Es kommt aber nicht zur Annahme einer vE und zu einem Zufluss auf der Gesellschafterebene, weil es an der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung fehlt. Dies gilt auch dann, wenn die Pensionszusage im Zeitpunkt des Widerrufs voll werthaltig war. Der Widerrufsvorbehalt hat allerdings den entscheidenden Nachteil, dass durch ihn ein durch Verpfändung der Rückdeckungsversicherung erreichter Insolvenzschutz faktisch wieder aufgehoben wird.8 Aus diesem Grund ist ein Widerrufsvorbehalt bei rückgedeckten Pensionszusagen nicht zu empfehlen.
1 BFH v. 11.12.2002 – XI R 41/01, BFH/NV 2003, 607; v. 10.4.2003 – XI R 32/02, GmbHR 2004, 64 = BFH/NV 2004, 17; v. 4.9.2002 – XI R 53/01, BStBl. II 2003, 177 = FR 2003, 137 = GmbHR 2003, 181; v. 13.8.2003 – XI R 18/02, FR 2004, 208 m. Anm. Wendt = GmbHR 2004, 192 = BFH/NV 2004, 253; v. 10.4.2003 – XI R 4/02, BStBl. II 2003, 1366 = FR 2003, 1025 = GmbHR 2003, 1136 m. Anm. Eisendick. 2 BFH v. 12.4.2007 – VI R 6/02, BStBl. II 2007, 581 = FR 2007, 931 = GmbHR 2007, 665; v. 19.9.1975 – VI R 61/73, BStBl. II 1976, 65; FG München v. 21.8.2008 – 15 K 2291/05, EFG 2009, 345; ebenso Mellinghoff in Kirchhof13, § 34 EStG Rz. 29. 3 Ebenso Förster, DStR 2006, 2149 (2150); Fuhrmann/Demuth, KÖSDI 2006, 15094; FG München v. 21.8.2008 – 15 K 2291/05, EFG 2009, 345. 4 Förster, DStR 2006, 2149 (2150). 5 H 38.2 LStH 2013 „Zufluss von Arbeitslohn“. 6 BFH v. 8.6.2011 – I R 62/10, GmbHR 2011, 1171 = BFH/NV 2011, 2117; v. 14.3.2006 – I R 38/05, GmbHR 2006, 822 m. Anm. Hoffmann = DStR 2006, 1172; FG Düsseldorf v. 14.5.2002 – 6 K 7467/98 E, GmbHR 2003, 182 = EFG 2002, 1450; v. 15.6.2010 – 6 K 2357/08 K, F, EFG 2010, 1486; ebenso Gosch2, § 8 KStG Rz. 1082. 7 Vgl. R 6a Abs. 4 EStR 2012. 8 Vgl. Langohr-Plato, StBg 2002, 393 (395).
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§ 8 Rz. 1444–1447
Ermittlung des Einkommens
g) Auslagerung der Pensionsverpflichtung 1444
Gesellschafterebene: Anstelle eines Verzichts oder einer Abfindung besteht auch die Möglichkeit, eine Pensionsverpflichtung auf einen anderen Rechtsträger auszulagern.1 Eine Möglichkeit ist die Auslagerung von Deckungsmitteln auf eine andere GmbH, wenn diese eine wertgleiche Zusage erteilt (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG). § 3 Nr. 55 EStG regelt hierzu, dass der Übertragungswert iSd. § 4 Abs. 5 BetrAVG (versicherungsmathematischer Anwartschaftsbarwert) steuerfrei ist.2 Die auf dem Übertragungsbetrag beruhenden späteren Versorgungsleistungen gehören beim Gesellschafter-Geschäftsführer gem. § 22 Nr. 5 EStG zu den Einkünften, zu denen die Leistungen gehören würden, wenn die Übertragung nicht stattgefunden hätte. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 55 EStG wird allerdings nur gewährt, wenn die Übertragung entsprechend § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG durchgeführt wurde.3 Der Steuerfreistellung steht ein schon bestehendes vorheriges Beschäftigungsverhältnis bei dem übernehmenden Arbeitgeber nach Ansicht der FinVerw. nicht entgegen.4 Von den vorgenannten Erwägungen abzugrenzen ist der Fall, in dem der neue Arbeitgeber die bestehende Pensionszusage nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG übernimmt. Diese Übernahme ist nicht nach § 3 Nr. 55 EStG begünstigt, weil es insoweit bereits an einem Zufluss auf Ebene des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers fehlt. In dieser Konstellation wird nur der Schuldner des unverändert fortbestehenden Versorgungsanspruchs ausgetauscht. Diese Sichtweise entspricht wohl auch der Ansicht der FinVerw.5 Die Finanzgerichte Köln und Düsseldorf sehen dies aber anders und gehen auch hier von einem Zufluss auf Gesellschafterebene aus.6 Sollte der BFH diese Rechtsprechung bestätigen, wäre die Übernahme einer Pensionsverpflichtung mit erheblichen Steuerrisiken verbunden, denn für Fälle des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG sieht § 3 Nr. 55 EStG keine Steuerbefreiung vor.
1445
Die Übertragung der Rückstellung von der übertragenden GmbH auf die übernehmende GmbH setzt aber eine angemessene Ausgleichszahlung voraus.7 Ist die Ausgleichzahlung zu niedrig, ist von einer vGA der übernehmenden GmbH auszugehen. Ist die Ausgleichszahlung zu hoch, erfolgt eine vGA der übertragenden GmbH. Wegen der Unterbewertung der Rückstellung nach § 6a EStG enthält die Pensionsverpflichtung stille Lasten, die bei der Bemessung des angemessenen Wertausgleichs mit berücksichtigt werden müssen. Es ist also zur Vermeidung einer vGA ein über den § 6a-Wert hinausgehender Ausgleich zu vereinbaren. Ist die Anwartschaft vollkongruent rückgedeckt, so dürfte eine Mitübertragung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung stets angemessen sein.
1446
Bilanzierungsregeln: Wird für im Umfang der stillen Last eine über die Rückstellung hinausgehende Ausgleichszahlung geleistet, so handelt es sich im Falle des Arbeitgeberwechsels insoweit bei dem übertragenden Rechtsträger (bisher verpflichtete Gesellschaft) um uneingeschränkt abziehbaren Aufwand. Dieser Aufwand ist gem. § 4f EStG idF des AIFMStanpG8 nicht auf 15 Jahre zu verteilen. Etwas anderes gilt nach § 4f Abs. 2 EStG aber für den Schuldbeitritt (s. dazu Rz. 1451), wonach nur Abs. 1 Sätze 1, 2 und 7 (nicht also Satz 3) entsprechende Anwendung finden. Eine diesbezügliche Bundesratsinitiative9 zum ZollkodexAnpG10 ist nicht verabschiedet worden
1447
Der hier typische Fall der Übertragung von Deckungsmitteln gegen Erteilung einer neuen Zusage (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG) ist nach dem Wortlaut der Regelung von § 4f EStG gar nicht erfasst, weil der Wortlaut des § 4f EStG von Schuldübernahme und den Schuldbeitritt spricht. Die Gesetzesbegründung11 will dagegen sehr unspezifisch eine „Mitnahme der Pensionsanwartschaft“ unter die Vorschrift subsumieren. Die Regelung sollte also erkennbar alle Fälle des Arbeitgeberwechsels unter Mitnahme der Pension erfassen.
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Vgl. Weppler/Stolz, GStB 2003, 124. BMF v. 17.11.2004 – IV C 4 - S 2222 - 177/04, IV C 5 - S 2333 - 269/04, BStBl. I 2004, 1065 Tz. 189. S. dazu Neumann in GmbH-Handbuch, Rz. III 6892 ff. Vgl. BMF v. 31.3.2010 – IV C 3 - S 2222/09/10041, IV C 5 - S 2333/07/0003 – DOK 2010/0256374, BStBl. I 2010, 270 Rz. 283. BMF v. 24.7.2013 – IV C 3 - S 2015/11/100002 – DOK 2013/0699161, BStBl. I 2013, 1022 Rz. 328. FG Düsseldorf v. 24.10.2012 – 7 K 609/12 E, BB 2013, 1301 (Rev. VI R 18/13); FG Köln v. 10.4.2013 – 9 K 2247/10, EFG 2013, 1498 (Rev. VI R 46/13). A/F/R, Teil 2 Rz. 234. BGBl. I 2013, 4318. BR-Drucks. 432/1/14. G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. BR-Drucks. 740/13, 116.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1448–1451 § 8
Die bilanzielle Behandlung beim übernehmenden Rechtsträger war vormals in H 41 Abs. 13 EStH 2012 geregelt. Die dortige Regelung wurde durch das AIFM-StAnpG1 wörtlich in das Gesetz (§ 5 Abs. 7 EStG) übernommen. Danach ist die Pensionsverpflichtung beim übernehmenden Rechtsträger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären, also nach den Bewertungsgrundsätzen des § 6a EStG. Allerdings ist bei der Ermittlung des TW der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG so zu bemessen, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben. Eine Verteilung auf 15 Jahre ist damit gar nicht erforderlich.
1448
Bei der Übernehmerin spielen die Rechtsprechungsgrundsätze zur Erdienbarkeit2 uE keine Rolle, denn die übernehmende Gesellschaft (neuer Arbeitgeber) erhält für die Übernahme der bereits erdienten Zusage einen angemessenen Wertausgleich. Auch eine Probezeit dürfte wohl kaum gefordert werden können, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer nachweislich bei der abgebenden GmbH bereits erprobt würde.3 Allerdings müssen bei einer neu gegründeten Gesellschaft Mindestwartezeiten eingehalten werden, wenn gesicherten Erkenntnisse über die künftige Ertragsentwicklung der Gesellschaft noch nicht vorliegen.4
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Seit dem 1.1.2002 besteht außerdem grds. die Möglichkeit, bestehende Pensionszusagen (auch solche an einen GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer) auf einen Pensionsfonds zu übertragen. Durch die Verfügung über die Anwartschaft fließt dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zu, der allerdings unter bestimmten Voraussetzungen gem. § 3 Nr. 66 EStG nF steuerbefreit ist. Der Bezieher der Rente erzielt Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in Gestalt der Rentenzahlungen durch den Pensionsfonds. Da der an den Pensionsfonds zu leistende Betrag den Ertrag aus der Auflösung der Rückstellung regelmäßig deutlich übersteigt,5 entsteht beim Arbeitgeber im Saldo ein Aufwand, der gem. § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG grds. als Betriebsausgabe abgezogen werden kann. Der Abzug kann gem. § 4e Abs. 3 EStG auf Antrag auf 10 Jahre verteilt werden.6 Die Steuerbefreiung beim Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 66 EStG setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber diesen Antrag stellt und die anlässlich der Übertragung entstehenden zusätzlichen BA tatsächlich auch auf 10 Jahre verteilt. Es ist deshalb empfehlenswert, im Falle einer Übertragung der Anteile den Antrag gem. § 4e Abs. 3 EStG möglichst vor der Übertragung zu stellen. Der Antrag ist unwiderruflich. Der Rechtsnachfolger ist an den Antrag gebunden. § 3 Nr. 66 EStG gilt nur ausschließlich für solche Zahlungen an den Pensionsfonds, die für den bereits erdienten Teil der Anwartschaft (sog. „past-service“) geleistet werden.
1450
h) Schuldbeitritt Im Falle eines Schuldbeitritts wird die erdiente Anwartschaft zivilrechtlich nicht übertragen. Es kommt nur im Innenverhältnis zu einer „Enthaftung“, indem ein Dritter nach § 415 BGB zusätzlich neben dem bisherigen Schuldner in die Pensionsverpflichtung eintritt (Gesamtschuldnerschaft, § 421 BGB). Die FinVerw. vertrat dazu die Ansicht, der Arbeitgeber erwerbe einen Freistellungsanspruch gegen den Dritten. Hierdurch werde er zwar faktisch von den bestehenden Lasten befreit, könne aber als originär Verpflichteter seine Pensionsverpflichtung und seine Forderung gegenüber dem Beitretenden nicht saldieren. Die Pensionsrückstellung müsse der Arbeitgeber weiterhin nach den Grundsätzen des § 6a EStG passivieren.7 Durch den Schuldbeitritt komme es bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu einem Zufluss, denn seine Anwartschaft gegenüber der GmbH bestehe unverändert fort. Hierzu hat der BFH jedoch mit Urteil vom 26.4.20128 zutreffend entschieden, dass eine Pensionsrückstellung beim Arbeitgeber nicht zu bilden sei, wenn eine Inanspruchnahme am Bilanzstichtag infolge des Schuldbeitritts nicht mehr wahrscheinlich ist. Das handelsrecht-
1 BGBl. I 2013, 4318. 2 BFH v. 21.12.1994 – I R 98/93, GmbHR 1995, 388 = FR 1995, 418 = BStBl. II 1995, 419; v. 24.1.1996 – I R 41/95, BStBl. II 1997, 440 = FR 1996, 637 m. Anm. Pezzer = GmbHR 1996, 701. 3 Vgl. dazu BFH v. 29.10.1997 – I R 52/97, BStBl. II 1999, 318 = FR 1998, 440 = GmbHR 1998, 340. 4 BFH v. 30.9.1992 – I R 75/91, GmbHR 1994, 340 = BFH/NV 1993, 330; v. 11.2.1998 – I R 73/97, GmbHR 1998, 893; Mindestwartezeiten bei Neugründungen grds. fünf Jahre, ansonsten zwei bis drei Jahre, BMF v. 14.5.1999 – IV C 6 - S 2742 - 9/99, BStBl. I 1999, 512. 5 Vgl. Förster, DStR 2006, 2149 (2155), dortige Fn. 62. 6 S. dazu BMF v. 26.10.2006 – IV B 2 - S 2144 - 57/06, BStBl. I 2006, 709. 7 BMF v. 16.12.2005 – IV B 2 - S 2176 - 103/05, FR 2006, 147. 8 BFH v. 26.4.2012 – IV R 43/09, FR 2012, 776 m. Anm. M. Prinz = BFH/NV 2012, 1248.
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1451
§ 8 Rz. 1451–1453
Ermittlung des Einkommens
liche Passivierungsverbot aus § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB gelte wegen der Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 EStG auch für die StB. Ein Freistellungsanspruch gegenüber dem Beitretenden sei ebenfalls nicht zu aktivieren, weil dieser eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers voraussetze, die zum Bilanzstichtag noch ungewiss ist. Auf Ebene des Beitretenden stelle die eingegangene Verpflichtung eine Gegenleistung für die erhaltenen Vermögenswerte dar. Für die Versorgungsverpflichtungen sei mangels schriftlicher Versorgungszusage eine Rückstellung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu bilden. Wenn durch den Schuldbeitritt beim originär Verpflichteten stille Lasten gehoben werden, ist der diesbezügliche Aufwand gem. § 4f Abs. 2 EStG idF des AIFM-StAnpG1 zwingend auf 15 Jahre zu verteilen. Eine Bundesratsinitiative2 zum Zollkodex-AnpG3, die auch für den Schuldbeitritt einen vollen Aufwandsabzug ermöglichen sollte, ist nicht verabschiedet worden.
Rangrücktritt durch den Gesellschafter 1452
Bei einem Rangrücktritt erklärt der Gläubiger, dass er mit seiner Forderung hinter die Ansprüche anderer Gläubiger zurücktritt. Das Ziel des Rangrücktritts ist in erster Linie die Nichtpassivierung im Überschuldungsstatus. Ohne einen Rangrücktritt waren nämlich selbst eigenkapitalersetzende Darlehen im Überschuldungsstatus zu passivieren.4 Erklärt ein Gesellschafter, der zugleich Gläubiger seiner KapGes. ist, einen Rangrücktritt, so stellt sich die Frage, ob die Verbindlichkeit in der Steuerbilanz deshalb gem. § 5 Abs. 2a EStG ausgebucht werden muss. In der Handelsbilanz ist die Darlehensverbindlichkeit nämlich trotz des vereinbarten Rangrücktritts weiterhin anzusetzen, da sie zivilrechtlich fortbesteht.5
1453
Mit Urteil vom 30.11.20116 entschied der BFH zu den steuerlichen Auswirkungen eines Rangrücktritts, den ein Gesellschafter gegenüber seiner KapGes. erklärt hatte. Die Rangrücktrittsvereinbarung hatte folgenden Wortlaut: § 3: „Im Falle des Eintritts einer Überschuldung der Schuldnerin tritt die […] Forderung der Gläubigerin […] im Rang hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurück.“ § 4: „Solange die Schuldnerin überschuldet ist, ist der Gläubigerin untersagt, über ihre Darlehensforderung zu verfügen, […]. Die Gläubigerin kann die Befriedigung ihrer Gesamtforderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen, soweit sie bestehende Verlustvorträge übersteigen, oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuss verlangen.“ Die Urteilsüberschrift, die von einem „qualifizierten Rangrücktritt“ spricht, ist uE unzutreffend gewählt. Vielmehr handelte es sich um einen typischen einfachen Rangrücktritt. Ein solcher einfacher Rangrücktritt würde den heutigen insolvenzrechtlichen Anforderungen genügen, die in § 39 Abs. 1 InsO und § 19 Abs. 2 InsO7 eindeutig bestimmt sind.8 § 19 Abs. 2 InsO i.d.F. des FMStErgG v. 8.4.20099 verlangt nur einen Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO bezeichneten Forderungen. Ein ausdrücklicher einfacher Rangrücktritt10 hinter alle anderen Insolvenzgläubiger reicht also aus.11 Wird ein einfacher Rangrücktritt erklärt, so ist es möglich, aber nicht erforderlich, diesen mit einer Abrede zu versehen, wonach eine Rückzahlung der Verbindlichkeit nur dann zu erfolgen hat, wenn der Schuldner (die KapGes.) dazu (nur) aus zukünftigen Gewinnen oder aus einem Liquidationsüberschuss12 in der Lage ist. 1 2 3 4 5
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10 11 12
BGBl. I 2013, 4318. BR-Drucks. 432/1/14. G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417. Vgl. zB BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, GmbHR 2001, 190; OLG Schleswig v. 10.3.2005 – 7 U 166/03, GmbHR 2005, 1124. BGH v. 29.9.2008 – II ZR 234/07, GmbHR 2008, 1319 m. Anm. Gätsch/Eckhold = DStR 2008, 2378 (2379); BFH v. 20.10.2004 – I R 11/03, BStBl. II 2005, 581 (582) = FR 2005, 304 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2005, 303; Kahlert, StuB 2012, 2147. BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/Schmich = FR 2012, 582. Geändert durch MoMiG, FMStG und das FMStErgG. Dazu Wittig in K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise und Insolvenz, 4. Aufl. 2009, Rz. 2.265. BGBl. I 2009, 725; infolge unbeabsichtigter Überschneidungen bei der Verkündung des MoMiG und des nur befristet geltenden FMStG musste die Regelung in das FMStErgG erneut aufgenommen werden, s. Funk, BB 2009, 867. Einfacher Rangrücktritt iSd. Tz. 1 des BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497. Vgl. dazu Blöse, GmbHR 2008, Sonderheft MoMiG, 71 (78). Ein „Liquidationserlös“ umfasst dagegen im Unterschied zum „Liquidationsüberschuss“ uE auch das sonstige freie Vermögen.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1454–1457 § 8
Unterbleibt eine solche Zusatzabrede und beschränkt sich der Rangrücktritt auf den In- 1454 solvenzfall, so wird der schuldrechtliche Inhalt der Darlehensvereinbarung dadurch uE nicht berührt. Ein solcher Rangrücktritt ist dahin gehend auszulegen, dass regelmäßig auch eine Tilgung aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen des Schuldners erfolgen kann. Das Darlehen ist in der Steuerbilanz weiterhin zu passivieren. § 5 Abs. 2a EStG findet keine Anwendung.1 Wird der Rangrücktritt dagegen mit einer Abrede verknüpft (wie in dem oa. Urteilssachverhalt geschehen), nach der eine Rückzahlung der Verbindlichkeit nur dann zu erfolgen hat, wenn der Schuldner (die KapGes.) dazu (nur) aus zukünftigen Gewinnen oder aus einem Liquidationsüberschuss2 in der Lage ist, so ist eine Passivierung der Verbindlichkeit in der Steuerbilanz nach § 5 Abs. 2a EStG unzulässig, weil eine wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft fehlt, solange die Gewinne oder der Liquidationsüberschuss nicht entstanden sind. Eine Passivierung ist erst dann zulässig, sobald die Einnahmen oder Gewinne tatsächlich angefallen sind.3 Nach dem BMF-Schreiben v. 8.9.20064 führt ein mit einer Besserungsabrede verbundener einfacher Rangrücktritt zum Nichtausweis der Verbindlichkeit in der Steuerbilanz nach § 5 Abs. 2a EStG, wenn in der Besserungsabrede die ausdrückliche Möglichkeit einer Tilgung aus sonstigem freiem Vermögen fehlt und eine Tilgung nur aus künftigen Gewinnen möglich ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH.5 Wird ein einfacher Rangrücktritt also mit einer gewinnabhängigen Besserungsvereinbarung versehen, so ist es wegen der Aussagen in dem BMF-Schreiben v. 8.9.20066 zur Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG und der BFH-Rechtsprechung7 erforderlich, ausdrücklich zu vereinbaren, dass die Rückzahlung des Darlehens nicht nur aus künftigen Gewinnen, sondern auch aus sonstigem freien Vermögen zu erfolgen hat.8
1455
Das oa. BFH-Urteil v. 30.11.20119 ist insoweit unklar, als es schon eine wirtschaftliche Belastung der Schuldnerin in Abrede stellt.10 Wenn dies bedeuten sollte, dass der BFH wegen der mangelnden wirtschaftlichen Belastung und nicht wegen § 5 Abs. 2a EStG zu einer Ausbuchung der Verbindlichkeit kommt, so wäre dem uE nicht zu folgen.
1456
Wenn § 5 Abs. 2a EStG im Einzelfall Anwendung findet, so treten in der Steuerbilanz der Gesellschaft die gleichen Folgen ein wie im Falle eines Forderungsverzichts mit Besserungsschein.11 Die Verbindlichkeit ist erfolgswirksam aufzulösen. Soweit die Forderung (ausnahmsweise) noch (teilweise) werthaltig ist, soll insoweit nach dem Hinweis in dem BFHUrteil v. 10.11.200512 von einer vE auszugehen sein. Der Gesellschafter tätige in Höhe des werthaltigen Teils spiegelbildlich nachträgliche AK auf die Beteiligung an der KapGes. Soweit die Darlehensforderung nicht mehr werthaltig sei, entstehe in der Steuerbilanz des Gesellschafters ein entsprechender Aufwand. Diese Lösung ist uE unzutreffend, denn sie setzt voraus, dass § 5 Abs. 2a EStG auch auf den Ansatz der Forderung beim Gesellschafter
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1 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618 = GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle und BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497 Rz. 8; ebenso Kahlert/ Gehrke, ZIP 2008, 2392. 2 Ein „Liquidationserlös“ umfasst dagegen im Unterschied zum „Liquidationsüberschuss“ uE auch das sonstige freie Vermögen. 3 So bereits BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409. 4 BMF v. 18.4.2004 – IV A 6 - S 2133 - 2/04, BStBl. I 2004, 850 Tz. 3; ebenso BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 -10/06, BStBl. I 2006, 497 Rz. 6. 5 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409; v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/ Schmich = FR 2012, 582. 6 BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497. 7 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409; v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/ Schmich = FR 2012, 582. 8 S. dazu die empfohlenen Musterformulierungen bei Neufang, StB 2009, 148 (151) unter Berufung auf Schmidt, DB 2008, 2467 und Thonfeld, NZI 2009, 15. 9 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/Schmich = FR 2012, 582. 10 Rätke, StuB 2012, 340; aA Hamminger, NWB 2012, 1499. 11 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409. 12 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, GmbHR 2006, 158 m. Anm. Hoffmann = FR 2006, 319 m. Anm. Hölzle = BFH/NV 2006, 409 unter II. 1. b) ee) (1) (a) der Gründe.
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§ 8 Rz. 1457–1461
Ermittlung des Einkommens
durchschlägt.1 Gegen die Annahme einer vE spricht im Übrigen, dass es beim Rangrücktritt an der Zuwendung eines Vermögensvorteils an die KapGes. fehlt, denn die Verpflichtung besteht zivilrechtlich unverändert fort und der Gläubiger wird ungeachtet des Rangrücktritts die Tilgung des Darlehens einfordern.2 Der BFH3 hat die Annahme einer vE aber zwischenzeitlich ausdrücklich bestätigt. 1458
Fraglich ist, welche Auswirkungen das BFH-Urteil v. 30.11.20114 auf qualifizierte Rangrücktritte (Altfälle) hat. Der BGH hat mit Urteil v. 8.1.20015 entschieden, dass ein sog. einfacher Rangrücktritt aus insolvenzrechtlicher Sicht nicht ausreiche, um eine Überschuldung zu vermeiden.6 Vielmehr könne nur durch einen sog. qualifizierten Rangrücktritt erreicht werden, dass das Darlehen in der insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz nicht passiviert werden müsse. Im Unterschied zu einem einfachen Rangrücktritt, der bisher stets nur eine Erklärung erforderte, dass der Darlehensgeber das Darlehen erst nachrangig nach Befriedigung aller fremden Gesellschaftsgläubiger zurückverlangen kann, erforderte der qualifizierte Rangrücktritt darüber hinaus eine Erklärung wonach der „… der Darlehensgeber das Darlehen bis zur Abwendung der Krise zeitlich erst zusammen und gleichrangig mit den Einlageru ¨ ckgewa ¨ hranspru ¨ chen der Mitgesellschafter zuru ¨ckerhalten kann“. Nach dem BMF-Schreiben v. 8.9.20067 galt hierzu Folgendes: „Bei einer Vereinbarung im Sinne der Rz. 2 (qualifizierter Rangrücktritt) liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG nicht vor, weil eine Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeit und Einnahmen oder Gewinnen nicht besteht, sondern die Begleichung der Verbindlichkeit zeitlich aufschiebend bedingt – bis zur Abwendung der Krise – verweigert werden kann.“ Beim qualifizierten Rangrücktritt ging die FinVerw. also davon aus, dass bis zur Abwendung der Krise nie eine Rückforderungsmöglichkeit besteht und somit die Darlehensrückzahlung von künftigen Gewinnen bzw. Einnahmen unabhängig ist. Folglich stellte sich die Problematik des § 5 Abs. 2a EStG beim qualifizierten Rangrücktritt nicht. Die Verwaltungsauffassung,8 nach der Verbindlichkeiten, die mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehen wurden, in der Steuerbilanz stets zu passivieren sind, gilt dem Vernehmen nach weiter. Falls der BFH in dem oa. Urteil vom 30.11.20119 die fehlende wirtschaftliche Belastung der Schuldnerin als Grund für die Nichtpassivierung der Verbindlichkeit angesehen haben sollte,10 so würde sich dieses Problem im Falle eines qualifizierten Rangrücktritts natürlich erst recht stellen.
Rückgewähr verdeckter Einlagen 1459
Siehe dazu Rz. 1384 ff.
Rückgewähr verdeckter Gewinnausschüttungen 1460
Siehe dazu ABC der vGA in Rz. 1095.
Sanierung 1461
Im Zeitpunkt eines sanierungsbedingten Gläubigerverzichts sind auch die Forderungen der Gesellschafter regelmäßig nicht mehr werthaltig, so dass es im Falle eines Forderungsverzichts durch Gesellschafter der KapGes. nicht zur Annahme einer vE kommt. Folglich führen die Forderungsverzichte der Gläubiger einschließlich der Gesellschafter-Gläubiger in aller Regel bei der Gesellschaft zu steuerpflichtigen Erträgen. Eine Steuerbefreiungsvorschrift für Sanierungsgewinne11 existiert seit dem VZ 1998 nicht mehr. Da nicht in allen Fällen ausreichende steuerliche Verlustvorträge vorhanden sind, besteht in Sanierungsfällen 1 So auch Gosch2, § 8 KStG Rz. 131 „Rangrücktritt“, der allerdings gerade auf das Urt. IV R 13/04 verweist. 2 Vgl. Lang, DStZ 2006, 791; Förster, Ubg 2010, 765; Hoffmann, GmbHR 2006, 1118. 3 BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, GmbHR 2015, 881, unter II.4. der Gründe. 4 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/Schmich = FR 2012, 582. 5 BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, GmbHR 2001, 190; s. auch OLG Frankfurt v. 20.2.2003 – 3 U 37/99, GmbHR 2004, 53. 6 S. dazu Goette, DStR 2001, 179. 7 BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497 Rz. 7. 8 BMF v. 8.9.2006 – IV B 2 - S 2133 - 10/06, BStBl. I 2006, 497; BMF, ESt-Handbuch 2012, Anhang IX Rz. 7. 9 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 = GmbHR 2012, 406 m. Anm. Berg/Schmich = FR 2012, 582. 10 Rätke, StuB 2012, 340; aA wohl Berg/Schmich, GmbHR 2012, 409; Hamminger, NWB 2012, 1499. 11 Vormals in § 3 Nr. 66 EStG aF geregelt.
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1461–1464 § 8
idR ein erhebliches Interesse an einer Steuerfreistellung der entsprechenden Gewinne, denn ansonsten hätte die sanierungsbedürftige KapGes. eine Steuerlast zu tragen, die häufig den Sanierungserfolg wieder in Frage stellt. Bei unternehmensbezogenen Sanierungen kann auf Antrag aus sachlichen Billigkeitsgründen eine Stundung der KSt auf den Sanierungsgewinn (nach Verrechnung mit ausgleichsfähigen und abzugsfähigen Verlusten) mit anschließendem Erlass in Betracht kommen. Die Billigkeitsmaßnahe wird im Einzelfall auf der Grundlage des BMF-Schreibens v. 27.3.2003 ausgesprochen.1
1462
Eine Sanierung im Sinne des oa. BMF-Schreibens2 liegt vor, wenn die folgenden Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind: Die GmbH muss objektiv sanierungsbedürftig sein,3 die Schulden der GmbH müssen ganz oder teilweise erlassen werden, die Gläubiger müssen in der Absicht handeln, die geschäftliche bzw. finanzielle Gesundung des Schuldners herbeizuführen (Sanierungsabsicht),4 der Schulderlass muss geeignet sein, das sanierungsbedürftige Unternehmen (GmbH) vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (Sanierungseignung).5 Ferner sollt ein allgemeines Zusammenwirken aller Gläubiger, insbesondere auch der Gläubigerbanken6 und anderer Fremdgläubiger erfolgen (Sanierungsplan).7 Die Freistellung von einer Verpflichtung im Rahmen eines Leistungsaustausches ist noch kein Schulderlass im Rahmen einer Sanierung.8 Wenn eine Überschuldung droht, so muss diese durch den Schulderlass beseitigt werden können (Sanierungsfähigkeit).9 Ferner muss die Sanierung eine Fortführung des Unternehmens zum Ziel haben. Einige Oberfinanzdirektionen haben dazu begleitende Verfügungen erlassen.10 Auch im Schrifttum ist zu den Voraussetzungen eines Sanierungserlasses umfassend Stellung genommen worden.11
1463
Fraglich ist, ob die Voraussetzungen des oa. Sanierungserlasses auch dann erfüllt sind, 1464 wenn sich nur der bzw. die Gesellschafter-Gläubiger, aber keine Fremdgläubiger an der Sanierung beteiligen. Die FinVerw. verneint dies und geht in solchen Fällen indiziell von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung des Forderungsverzichts aus.12 Für diese strenge Sichtweise spricht der Umstand, dass ein Gesellschafter immer ein besonderes – aus dem Gesellschaftsverhältnis herrührendes – Interesse an der Entschuldung „seiner“ KapGes. hat, weil er aus gesellschaftsrechtlichen Gründen an einer Sanierung der Gesellschaft interessiert ist und in Zukunft (nach erfolgreicher Sanierung) weitere Gewinnausschüttungen anstrebt. Dies unterscheidet einen Gesellschafter-Gläubiger grundlegend von einem Drittgläubiger (zB Kreditinstitut). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Gesellschafter mit seinen Forderungen gegen die Gesellschafter gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO stets ein nachrangiger Insolvenzgläubiger ist und Darlehenstilgungen vor der Insolvenz ggf. nach § 6 AnfG bzw. § 135 Abs. 2 InsO angefochten werden können. Der Gesellschafter wird also idR nicht mehr damit rechnen, dass seine Forderung in der Krise befriedigt wird. Häufig wird das Darlehen sogar eine Krisenbestimmung enthalten, was im Falle eines späteren Forderungsausfalls zu nachträglichen AK auf die Beteiligung iSd. § 17 EStG führt.13 Auch die Gesetzesbegründung zu § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG geht bei fehlender Besicherung eines Gesellschafterdarlehens von einer gesellschafts1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
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BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240. BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 138 mwN. Kanzler, FR 2003, 480; Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2003, 863. BFH v. 18.12.1990 – VIII R 39/87, BStBl. II 1991, 784 = FR 1991, 522 m. Anm. Schmidt = GmbHR 1991, 438. BFH v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, GmbHR 1998, 93 = FR 1998, 62 = BFH/NV-BFH/R 1998, 513. BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240 Rz. 4.; Becker/Martin/Müller/Wobbe, DStR 2012, 981. BFH v. 19.3.1991 – VIII R 214/85, BStBl. II 1991, 633 = FR 1991, 422. BFH v. 15.10.1997 – I R 103/93, GmbHR 1998, 611 = BFH/NV 1998, 572. OFD Hannover v. 11.2.2009 – S 2140 - 8 - StO 241, DStR 2009, 532; OFD Nds. v. 29.9.2010 – S 2140 - 8 - St 244, DStR 2010, 2407; BayLfSt v. 23.10.2009 – S 2140.2.1 - 7/12 St 32/St 33, DStR 2009, 2431; OFD Hannover v. 11.2.2009 – S 2140 - 8 - StO 241, DStR 2009, 532 (533); OFD Frankfurt v. 3.11.2011 – S 2140A - 4 - St 213, DB 2012, 1473. Bareis/Kaiser, DB 2004, 1846; Kroniger/Korb, BB 2008, 2656; Geist, BB 2008, 2658; Bauschatz, GmbHR 2008, 1204; Drews/Götze, DStR 2009, 945. So auch BFH v. 31.7.1991 – VIII R 23/89, BStBl. II 1992, 375 = FR 1992, 16 m. Anm. Schmidt; v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652 (654) = GmbHR 1998, 93 = FR 1998, 62; B. Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 531. S. dazu Hölzle, DStR 2007, 1185 (1191); Hölzle, DStR 2008, 1185; Heuermann, DStR 2008, 2089 (2093); Groh, FR 2008, 264 (267); Weber-Grellet, NWB 2008 Fach 3, 15229; Neumann, GmbH-StB 2008, 361; BMF v. 21.10.2010 – IV C 6 - S 2244/08/10001 – DOK 2010/0810418, BStBl. I 2010, 832.
Neumann
723
§ 8 Rz. 1464–1466
Ermittlung des Einkommens
rechtlichen Veranlassung des gesamten Darlehens aus.1 Aus diesen Gründen fordert die FinVerw. einen allgemeinen Gläubigerverzicht, an dem sowohl die Gesellschafter als auch die Drittgläubiger teilnehmen, denn nur ein gleichzeitiger Forderungsverzicht durch Dritte spreche idR für eine Fremdüblichkeit (und damit betriebliche Veranlassung) des Verhaltens des Gesellschafter-Gläubigers. Dieser Sichtweise ist uE zuzustimmen. 1465
Im Schrifttum wird dies mit dem Hinweis kritisiert, eine betriebliche Veranlassung könne auch gegeben sein, wenn ein Gesellschafter auf seine Forderung verzichtet.2 Für diese Sichtweise spricht der Umstand, dass sich die vE bei einem Forderungsverzicht auf den werthaltigen Teil der Forderung beschränkt. Sowohl der VIII. als auch der X. Senat des BFH3 gehen ausdrücklich davon aus, dass von einer vE nur in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung gesprochen werden kann; im Übrigen sei der Forderungsverzicht nicht durch das Gesellschaftsverhältnis (also wohl betrieblich) veranlasst. In die gleiche Richtung geht auch das zu Einzelfragen der Abgeltungssteuer ergangene BMF-Schreiben v. 9.10.2012.4 Dort geht die FinVerw. davon aus, dass beim Verzicht auf ein teilweise werthaltiges Darlehen nur in Höhe des werthaltigen Teils eine vE vorliege und die zuvor eingetretene Wertminderung ein schlichter Forderungsausfall sei.
1466
Umstritten und trotz mehrerer abgeschlossener Revisionen nach wie vor unklar ist die Frage nach der Rechtmäßigkeit des oa. BMF-Schreibens. Die Finanzgerichte haben diese Frage unterschiedlich beantwortet: Während das FG München die Frage verneint hat,5 halten die Finanzgerichte Münster,6 Köln7 und Düsseldorf8 den Sanierungserlass für rechtmäßig. Im Schrifttum wird ebenfalls überwiegend von einer Rechtmäßigkeit ausgegangen.9 In den inzwischen abgeschlossenen Revisionsverfahren ist die Frage nicht entschieden worden. Der X. Senat des BFH hat die Gesetzmäßigkeit dieses BMF-Schreibens mit Urteil vom 14.7.201010 in einem obiter dictum im Grundsatz bestätigt. Der VIII. Senat des BFH ging – ebenfalls in einem obiter dictum – tendenziell eher von einer Rechtswidrigkeit des BMF-Schreiben aus.11 Der I. Senat hat in der Revision gegen das Urteil des FG Düsseldorf in der oa. Rechtsfrage keine Entscheidung getroffen.12 Der X. Senat des BFH13 hat die Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die FinVerw. hält uE zu Recht an dem oa. „Sanierungserlass“ fest.14 Zwar existiert de lege lata nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG aF15 keine materiellrechtliche Vorschrift, die Sanierungsgewinne von der Ertragsteuer befreit. Allerdings muss es den Finanzbehörden unbenommen bleiben, in Härtefällen eine Stundung oder einen Erlass von Steuern (§§ 163, 222, 227 AO) auszusprechen, wenn persönliche oder auch sachliche Gründe dies rechtfertigen.16 Genau dies wird durch das oa. BMF-Schreiben ermöglicht. Der „Sanierungserlass“ wird in Bezug auf die GewSt nicht durch die Finanzbehörden, sondern durch die Gemeinden ausgesprochen.17 Durch das Zollkodex-AnpG18 wurde § 184 Abs. 2 AO 1 Begründung zum Entwurf des JStG 2008 v. 10.8.2007, BR-Drucks. 544/07, 95. 2 Kohlhaas, GmbHR 2009, 534; Drews/Götze, DStR 2009, 946; Schmidt/Mielke, Ubg 2009, 401; Schwenker/ Fischer, DStR 2010, 1119; so wohl auch BFH v. 15.10.1997 – I R 103/93, GmbHR 1998, 611 = BFH/NV 1998, 572. 3 BFH v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652 = GmbHR 1998, 93 = FR 1998, 62 unter B. II. 1. b) der Gründe; v. 18.4.2012 – X R 7/10, GmbHR 2012, 860 = BFH/NV 2012, 1363 unter II. 2. b) aa) der Gründe. 4 BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 - S 2252/10/10013 – DOK 2011/0948384, BStBl. I 2012, 953 Rz. 61. 5 FG München v. 12.12.2007 – 1 K 4487/06, FR 2008, 1114 m. Anm. Kanzler = EFG 2008, 615. 6 FG Münster v. 27.5.2004 – 2 K 1307/02 AO, EFG 2004, 1572. 7 FG Köln v. 24.4.2008 – 6 K 2488/06, FR 2010, 345 = DStRE 2008, 1445; v. 24.4.2008 – 6 K 2489/06, EFG 2009, 811. 8 FG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685 (1686). 9 Töben, FR 2010, 254; Schmidt/Mielke, Ubg 2009, 401; Braun/Geist, BB 2009, 2509; Kahlert, DStR 2012, 944. 10 BFH v. 14.7.2010 – X R 34/08, BStBl. II 2010, 916 = FR 2010, 1099 m. Anm. Kanzler. 11 BFH v. 28.2.2012 – VIII R 2/08, FR 2012, 693 m. Anm. Nosky/Hörner = DStR 2012, 943. 12 BFH v. 25.4.2012 – I R 24/11, FR 2013, 43 m. Anm. Eilers/Bühring = DStR 2012, 1544. 13 BFH v. 25.3.2015 – XR 23/13, ZInsO 2015, 1331. 14 BMF v. 22.12.2009 – IV C 6 - S 2140/07/10001 - 01 – DOK 2009/0860000, BStBl. I 2010, 18; FinMin Schl.Holst. v. 17.4.2012 – VI 304 - St 2140 - 017/05, DStR 2012, 969 (970). 15 Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG aF durch Art. 1 Nr. 1 des UntStRFoG v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 = BStBl. I 1997, 928. 16 Vgl. dazu BT-Drucks. 13/7480, 192; Seer, FR 2010, 306. 17 BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240 Rz. 15; bestätigt durch BFH v. 25.4.2012 – I R 24/11, DStR 2012, 1544, wonach der oa. Sanierungserlass weder eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung noch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift einer obersten Landesfinanzbehörde iSd. § 184 Abs. 2 AO ist und daher in Sanierungsfällen Billigkeitsmaßnahmen nur durch die Gemeinden erlassen werden können; ablehnend Seer, FR 2010, 309. 18 G v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1466–1471 § 8
aber nun dahingehend geändert, dass die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, ab dem 1.1.2015 auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO einschließt, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind.1 Die FinVerw.2 lehnt die Anwendung der Neuregelung auf Sanierungsfälle allerdings ab. Die Frage, ob der Sanierungserlass eine schädliche Beihilfe iSd. Art. 107 AEUV begründet, ist nicht abschließend entschieden, uE aber zu verneinen.3 UE ist die Wirkungsweise des oa. BMF-Schreibens nicht selektiv, weil sie nicht bestimmte Unternehmen oder Unternehmen bestimmter Branchen gezielt begünstigt.4 Von einer solchen selektiven Begünstigung ist bei allgemeinen Maßnahmen, die grds. allen Unternehmen eines Mitgliedsstaats zugute kommen können, nicht auszugehen.5 Dem Vernehmen nach soll die Europäische Kommission den oa. Sanierungserlass ausdrücklich nicht beanstandet haben.
1467
Schenkung an die Kapitalgesellschaft 1468
Siehe dazu Rz. 1292 ff.
Schuldübernahme und Erfüllungsübernahme Eine vE kann nicht nur in der Zuführung eines Aktivpostens, sondern ebenso im Wegfall eines Passivpostens bestehen.6 Das bilanzielle Vermögen der Gesellschaft muss sich durch die Einlage erhöht haben. Eine vE kann auch dadurch bewirkt werden, dass der Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person Schulden der KapGes. tilgt oder übernimmt.
1469
Dies kann zum einen durch eine Schuldübernahme gem. § 415 BGB geschehen, bei der der Gesellschafter oder eine dem Gesellschafter nahestehende Person als Übernehmer der Schuld einen Vertrag mit der Schuldnerkapitalgesellschaft schließt. Der bisherige Gläubiger muss der Schuldübernahme gem. § 415 Abs. 1 Satz 1 BGB zustimmen. Bis zur Genehmigung der Schuldübernahme durch den Gläubiger hat der Schuldner gegenüber dem Übernehmer der Schuld einen Freistellungsanspruch. Erteilt der Gläubiger die Zustimmung nicht und tilgt der Übernehmer die Schuld, so handelt es sich um eine sog. Erfüllungsübernahme gem. § 329 BGB.7 Ferner ist eine befreiende Schuldübernahme gem. § 414 BGB denkbar, bei der die bisherige Gläubigerin mit dem neuen Schuldner einen Schuldübernahmevertrag abschließt. Die bisherige Schuldnerin (KapGes.) ist nicht Vertragspartnerin, wird durch die Vereinbarung aber dennoch von ihrer Schuld befreit.
1470
Mit Beschluss vom 20.12.20018 hat der I. Senat des BFH über einen Fall entschieden, in dem es um eine Erfüllungsübernahme von Schulden der GmbH durch den Gesellschafter ging. Der Gesellschafter (natürliche Person) hatte sich zuvor für die Schulden verbürgt. Der Gesellschafter verpflichtete sich, aus der Erfüllungsübernahme keine Ersatzansprüche zu stellen. Unmittelbar nach der Vereinbarung löste er diese Schulden gegenüber der Bank ab. Eine Bürgschaftsinanspruchnahme war bis dahin nicht erfolgt. Der I. Senat des BFH bejahte eine vE in Höhe der vollen Erfüllungsübernahme (Nominalwert), weil der Gesellschafter seiner GmbH einen werthaltigen Freistellungsanspruch gegen sich selbst eingeräumt und diesen Freistellungsanspruch gem. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG in die noch bestehende GmbH eingelegt hatte. Ein Verzicht des Gesellschafters auf einen (wertlosen) Regressanspruch gem. § 774 BGB gegen die GmbH liegt nach Ansicht des BFH darin nicht, wenn die Schuldübernahme von vornherein unter Ausschluss jeglicher Rückgriffsansprüche erklärt worden ist. In diesem Fall kann ein Regressanspruch überhaupt nicht entstehen. Infolge der vE tä-
1471
1 Gem. § 10c EGAO ist die Neuregelung auch für nach dem 31.12.2014 getroffene Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO anzuwenden, die Besteuerungszeiträume betreffen, die vor dem 1.1.2015 abgelaufen sind. 2 OFD NRW v. 6.2.2015, Kurzinfo GewSt Nr. 2/2015, FR 2015, 296. 3 Eilers/Bühring, Sanierungssteuerrecht, Köln 2012, Rz. 2.52. 4 EuGH v. 29.4.2004 – Rs. C-308/01 – GIL Insurance u.a., Slg. 2004, I-04777, insb. Rz. 68; v. 6.9.2006 – Rs. C-88/03 – Portugal ./. Kommission, Slg. 2006, I-07115, insb. Rz. 54. 5 EuG v. 29.9.2000 – Rs. T-55/99 – CETM ./. Kommission, Slg. 2000, II-3207 Rz. 40; v. 6.3.2002 – Rs. T-92/00 und T-103/00 – Diputacion Foral de Alava, Slg. 2002, II-01385 Rz. 31; EuGH v. 15.11.2011 – Rs. C-106/09 P und C-107/07 P – Kommission ./. Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, Slg. 2011, I-11113; s. dazu ausführlich Blumenberg/Haisch, FR 2012, 12. 6 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. 7 BFH v. 7.8.2002 – VIII B 90/02, GmbHR 2002, 1255 = BFH/NV 2002, 1577. 8 BFH v. 20.12.2001 – I B 74/01, GmbHR 2002, 221 m. Anm. Hoffmann = BFH/NV 2002, 678.
Neumann
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§ 8 Rz. 1471–1474
Ermittlung des Einkommens
tigte der Gesellschafter in voller Höhe AK auf die Beteiligung an der GmbH, was sich bei Veräußerung oder Liquidation der Gesellschaft zumindest teilweise (beschränkt durch § 3c Abs. 2 EStG) steuerlich auswirkt. Kritik an der Rechtsprechung: UE wird im vorstehenden BFH-Urteil nicht berücksichtigt, dass ein Anspruch gegen den Hauptschuldner (GmbH) immer erst nach der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft entsteht. Dies ergibt sich aus § 774 BGB gerade nicht. Vielmehr entsteht der Anspruch gegen den Hauptschuldner auch dann, wenn der Bürge im Vorgriff auf eine drohende Inanspruchnahme den Gläubiger befriedigt.1 Mit der Erfüllung der Bürgschaftsschuld durch den Bürgen geht nämlich die Gläubigerforderung auch dann auf den Bürgen über, wenn er ohne ausdrückliche Inanspruchnahme geleistet hat.2 UE wird dies aber auch aus der Rechtsprechung des BFH zum Passivierungsverbot auf der Seite eines Bürgen deutlich. Ein Bürge hat nämlich seine Verpflichtung zu passivieren, wenn eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger droht. Dies führt jedoch nur insoweit zu einer Gewinnminderung, als der zu aktivierende Regressanspruch im Zeitpunkt der drohenden Inanspruchnahme (nicht erst nach Inanspruchnahme) wegen Wertminderung abzuschreiben ist. Dementsprechend muss der Rückgriffsanspruch logischerweise auch bei einer Zahlung aufgrund drohender Inanspruchnahme entstehen. Die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft droht dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Bürgen ernstlich zu erwarten ist (Krise). Dabei kommt es wesentlich auch auf die Bewertung der Sachlage durch den Gläubiger (Bank) an.3 Eine Inanspruchnahme des Bürgen droht jedenfalls dann, wenn zu erwarten ist, dass sich der Gläubiger wegen Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners an den Bürgen wenden wird.4 Leistet also ein Bürge wegen drohender Inanspruchnahme vorab und verzichtet er auf den Rückgriffsanspruch gegen die GmbH bzw. auf die auf ihn übergegangene Hauptforderung, so führt dies nicht zwingend zu einer voll werthaltigen vE. Es handelt sich uE um einen Forderungsverzicht, der nach allgemeinen Grundsätzen zu bewerten ist. 1472
Dagegen entschied der X. Senat des BFH,5 im Falle einer befreiende Übernahme der Hauptschuld liege keine (mittelbare) vE vor, wenn die Schuldübernahme nur der Ablösung der bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingegangenen Bürgschaft diene. Da die Inanspruchnahme durch die Bank bevorstand, führte die Ablösung der Bürgschaftsverpflichtung durch die Schuldübernahme auf der Ebene des Gesellschafters lediglich zu einer Umschuldung (neue Verbindlichkeit gegen wegfallende Bürgschaftsverpflichtung). Deshalb könne der Vorgang keine vE und damit auch keine nachträglichen AK auslösen. Der Verzicht auf die Regressforderung gegen die GmbH kann nach den durch den Großen Senat des BFH entwickelten Grundsätzen6 nur insoweit zu einer vE führen, wie die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltig ist.
1473
Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Gesellschafter, der die Schuld der KapGes. übernimmt, nicht zuvor für eben diese Schuld verbürgt hat. Im Falle einer befreienden Schuldübernahme nach § 415 BGB hat die Schuldner-KapGes. die Verbindlichkeit gegen den bisherigen Gläubiger auszubuchen und mit dem im Zeitpunkt der Schuldübernahme zunächst (mit dem TW) zu aktivierenden Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter infolge der Schuldübernahme aufzurechnen. Der Freistellungsanspruch ist Gegenstand der vE. Eine steuerneutrale Entschuldung ist im Falle einer Schuldübernahme deshalb uE nur möglich, wenn der Freistellungsanspruch seinerseits werthaltig ist. Etwas anderes dürfte aber im Falle einer Schuldübernahme nach § 414 BGB gelten, weil hier ein Freistellungsanspruch gar nicht entsteht. Die vE besteht hier in der Übernahme der Verbindlichkeit.
Übernahme von Aufwendungen durch den Gesellschafter „abgekürzter Vertragsweg“ 1474
Siehe dazu Rz. 1376.
1 Sprau in Palandt73, § 774 BGB Rz. 7. 2 BGH v. 14.1.1998 – XII ZR 103/96, WM 1998, 443 (446). 3 BFH v. 10.4.1987 – III R 274/83, BFH/NV 1988, 22; v. 15.10.1998 – IV R 8/98, BStBl. II 1999, 333 = FR 1999, 214. 4 BFH v. 24.7.1990 – VIII R 226/84, BFH/NV 1991, 588; v. 30.1.1990 – VIII R 183/85, BFH/NV 1990, 504. 5 BFH v. 31.5.2005 – X R 36/02, BStBl. II 2005, 707 = FR 2005, 1038 = GmbHR 2005, 1219. 6 BFH v. 9.7.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, unter C. I. 2. bis 4. der Gründe.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1475–1480 § 8
II. Korrespondenzprinzip bei verdeckten Einlagen (Abs. 3 Sätze 4 bis 6) 1. Überblick Satz 4 bestimmt, dass sich das Einkommen einer einlageempfangenden KapGes. erhöht, soweit eine vE das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat. Wenn der Gesellschafter der KapGes. einen Vermögensvorteil zuwendet, dann wird die Zuwendung also auch dann als einkommenserhöhender Ertrag erfasst, wenn es sich um eine vE handelt und diese vE auf Gesellschafterebene nicht als solche qualifiziert wurde.
1475
Satz 5 bezieht sich auf vGA im Dreiecksverhältnis. Die Regelung zielt auf den typischen Fall einer vGA in Form einer Zuwendung an eine Schwestergesellschaft, die beim Gesellschafter nicht als Kapitalertrag erfasst wurde. Wenn die betreffende Veranlagung des gemeinsamen Gesellschafters nicht mehr änderbar ist, dann wird die vE bei der empfangenden KapGes. einkommenserhöhend erfasst. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die vGA zwar bei dem gemeinsamen Gesellschafter nicht als solche berücksichtigt wurde, bei der ausschüttenden („leistenden“) Körperschaft aber gleichwohl das Einkommen nicht gemindert hat. In dieser letzten Alternative wird die vGA also bei der empfangenden KapGes. einkommensmindernd in Abzug gebracht. Hierdurch wird sichergestellt, dass in Dreiecksverhältnissen insgesamt eine zutreffende Besteuerung eintritt. Allerdings wird die Regelung zu Recht kritisiert, weil die vorteilsempfangende KapGes. mit der KSt und GewSt der ausschüttenden Schwestergesellschaft belastet wird, was eine Durchbrechung des Trennungsprinzips darstellt.1
1476
Satz 6 bestimmt, dass sich die AK des Gesellschafters im Falle einer „Dreiecks-vGA“ nicht erhöhen, wenn die vE bei der empfangenden KapGes. nicht einkommensmindernd in Abzug gebracht wird.
1477
2. Bedeutung und Telos § 8 Abs. 3 Satz 4 bis 6 KStG regelt eine korrespondierende Erfassung von vE auf der Gesellschafts- und auf der Gesellschafterebene. Im Ergebnis soll verhindert werden, dass der Gesellschafter eine Leistung an die KapGes. steuermindernd als Aufwand verbucht und die KapGes. den bei ihr infolge der Leistung entstehenden Ertrag als vE iSd. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG wieder in Abzug bringt. Auch in Dreiecksfällen wird durch Satz 5 eine korrespondierende Besteuerung in den meisten Fällen sichergestellt.
1478
Die Norm wurde eingeführt, um derartige Doppel- oder Nichtbesteuerungseffekte zu verhindern. Bezüglich vE vor dem 19.12.2006 enthielt das Gesetz keinerlei materiell-rechtliche Verbindungen der Besteuerungsebenen von KapGes. und Gesellschafter. Über die Frage des Zuflusses einer vE war deshalb stets bei der Einkommensbesteuerung des Gesellschafters unabhängig von der Behandlung bei der KapGes. zu entscheiden.2 Dies führte in der Praxis häufig zu unterschiedlichen Entscheidungen auf Gesellschafter- und Gesellschaftsebene. Mit dem Instrument der widerstreitenden Steuerfestsetzung iSd. § 174 AO war dem Problem nicht beizukommen.3 Eine Berichtigung des (materiell unrichtigen) Einkommensteuerbescheides kam letztlich nur in Betracht, wenn im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 173 AO erfüllt waren.4 Ungeachtet dessen wollte die FinVerw. bei vGA iSd. § 8a KStG aF, die ein inländischer Gesellschafter von einer ausländischen Gesellschaft bekam, das Halbeinkünfteverfahren bzw. § 8b Abs. 1 KStG nur anwenden, soweit die Vergütungen bei der ausländischen KapGes. das Einkommen nicht gemindert hatte.5 Diese Sichtweise war allerdings sehr umstritten.6 Diesen Problemen hat das JStG 20077 mit dem Zusammenspiel von materiellen und formellen Korrespondenznormen ein Ende bereitet.
1479
Allerdings wurde durch die Norm keine Grundlagenfunktion des ESt-Bescheides für den KSt-Bescheid geschaffen.8 Das Gegenteil ist der Fall, denn die Regelung sieht vor, dass ein
1480
1 Briese, BB 2006, 2110 (2112); Janssen, GStB 2008, 295. 2 BFH v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82; v. 9.12.1987 – I R 260/83, FR 1988, 198 = BStBl. II 1988, 460; v. 27.19.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569; v. 21.7.1995 – I B 214/94, GmbHR 1996, 224 = BFH/NV 1996, 103. 3 OFD München v. 21.8.2002 – S 0352 - 30 St 312, GmbHR 2002, 1044; ebenso Ax/Harle, GmbHR 2001, 763. 4 S. dazu im Einzelnen Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 490 ff. 5 BMF v. 15.7.2004 – S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593. 6 Kritisch zu dieser Regelung Frotscher, INF 2004, 776 und Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, 275. 7 G v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878. 8 Zutr. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 86h.
Neumann
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§ 8 Rz. 1480–1485
Ermittlung des Einkommens
fehlerhafter Aufwandsabzug auf Ebene des Gesellschafters eine ebenso fehlerhafte einkommenserhöhende Behandlung auf Ebene der KapGes. nach sich zieht. Mit anderen Worten: Wenn die Veranlagung des Gesellschafters materiell fehlerhaft ist, dann wird eine ebenso fehlerhafte, aber kongruente Erfassung bei der KapGes. ausdrücklich vorgeschrieben. 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Persönlicher Anwendungsbereich 1481
Der persönliche Anwendungsbereich beschränkt sich zwar auf KapGes. als Empfänger einer vE. Hinsichtlich des Gesellschafters, bei dem sich das Einkommen nicht gemindert haben darf, ist allerdings nicht nach Rechtsformen zu unterscheiden. KapGes., sonstige Körperschaften, PersG und auch natürlich Personen fallen in den Anwendungsbereich des Satzes 4. Eine Beschränkung auf Körperschaften1 ist uE nicht gerechtfertigt und wird auch von der Gesetzesbegründung nicht getragen.2 Die Regelung gilt gleichermaßen für innerstaatliche und für grenzüberschreitende Fälle.3 Sie stellt deshalb keinen Verstoß gegen Art. 43 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und gegen Art. 56 AEUV (Kapitalverkehrsfreiheit) dar. b) Sachlicher Anwendungsbereich
1482
Satz 4 gilt nur für vE, nicht aber für offene Einlagen wie zB ein Agio im Rahmen einer Kapitalerhöhung. Dies kann allerdings nur dann von steuerlichem Interesse sein, wenn auf Gesellschafterebene das Agio versehentlich fehlerhaft als Aufwand verbucht wird und die Veranlagung bestandskräftig wird.4 Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf die KSt der einlageempfangenden Körperschaft. Sie ist gem. § 7 Satz 1 GewStG auch bei der Gewerbesteuer zu berücksichtigen.5 Zur Erfassung einer (steuerpflichtigen) vE, die unter Satz 4 und 5 fällt, im steuerlichen Einlagekonto s. § 27 KStG Rz. 52 f.6 c) Zeitlicher Anwendungsbereich
1483
Die Abs. 3 Sätze 4 bis 6 gelten gem. § 34 Abs. 6 Satz 2 KStG idF des AIFM-StAnpG7 erstmals für vE, die nach dem 18.12.2006 getätigt wurden, also der Gesellschaft zugeflossen sind. Dies entspricht der erstmaligen Anwendung der Korrespondenzregeln für vGA in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG. Die formellen Berichtigungsnormen in § 32a KStG haben dagegen einen hiervon abweichenden zeitlichen Anwendungsbereich. Sie stellen nicht darauf ab, wann die vE geleistet wurde, sondern darauf, wann die vE bei dem Gesellschafter im Zuge einer Veranlagung berücksichtigt wurde. Wurde nach dem 18.12.2006 eine vE beim Gesellschafter in seinem Steuer- oder Feststellungsbescheid erstmals oder durch eine Änderungsveranlagung erfasst, kann der Steuerbescheid der Körperschaft nach § 32a Abs. 2 KStG entsprechend korrigiert werden. In Änderungsfällen ist es für die zeitliche Anwendung ohne Bedeutung, ob der zu ändernde Ursprungsbescheid bereits vor dem 19.12.2006 erlassen worden ist. Die formelle Regelung gilt also ausdrücklich auch für VZ vor 2007, wenn der Erlass des die Folgeänderung auslösenden ESt- oder KSt-Bescheides des Gesellschafters nach dem 18.12.2006 erfolgt ist. d) Verhältnis zu § 32a KStG
1484
Während § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG eine materielle Verknüpfung der Besteuerungsebenen von Gesellschafter und Gesellschaft zum Gegenstand hat, ist § 32a KStG als formelle Berichtigungsnorm anzusehen. § 32a KStG erfasst im Vergleich zu § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG im Prinzip die verfahrensrechtlich Sinne umgekehrte Situation, nämlich die Bestandskraft des KSt-Bescheides und die Änderbarkeit des ESt- oder KSt-Bescheides auf Gesellschafterebene.8
1485
§ 8 Abs. 3 Satz 3 KStG und § 32a KStG beinhalten keine Grundlagenfunktion des ESt-Bescheides für den KSt-Bescheid. Deshalb ist die Frage des Zuflusses einer vGA wie schon im 1 So wohl Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 124a. 2 BR-Drucks. 622/06, 119. 3 Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 153; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 727; aA Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 124c. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 86g. 5 Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 157. 6 Eine Erfassung im Einlagekonto bejahend Dötsch/Pung, DB 2007, 11 (14); Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 157; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 378: aA Neumann, GmbH-StB 2007, 112. 7 G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. 8 Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 152.
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Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1485–1490 § 8
früheren Recht bei der Einkommensbesteuerung des Gesellschafters auf der einen Seite und bei der KSt der KapGes. auf der anderen Seite unabhängig voneinander zu entscheiden.1 § 32a KStG zielt darauf ab, das auf Gesellschafterebene berücksichtigte materiell-recht- 1486 liche zutreffende Besteuerungsergebnis auch auf Gesellschaftsebene zu erfassen, während § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG bei bestandskräftig unzutreffender Besteuerung des Gesellschafters ausdrücklich eine materiell-rechtlich unzutreffende Besteuerung auf Ebene der KapGes. bestimmt. § 32a KStG ist gegenüber § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG insoweit also prinzipiell nachrangig, als 1487 § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG die materiell-rechtlich zutreffende Erfassung abschließend regelt. § 32a KStG greift in das Regelungsgefüge des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG nicht ein, weil es sich um eine „Kann“-Vorschrift handelt, die eine Änderung des KSt-Bescheides (nur) ermöglicht. Für den Fall dass der ESt- oder KSt-Bescheid des einlegenden Gesellschafters nach den Berichtigungsvorschriften der AO geändert und der BA- bzw. WK-Abzug der vE (materiell-rechtlich zutreffend) rückgängig gemacht wird, enthält § 32a Abs. 2 KStG für den KStBescheid der einlageempfangenden Körperschaft eine formelle Änderungsnorm iSd. § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO, die eine korrespondierende Erfassung der vE ermöglicht, so dass das nunmehr richtige Ergebnis bei der KapGes. erfasst werden kann. In diesem Fall können die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG also wieder zurückgenommen werden. Ob diese Rücknahme tatsächlich erfolgt, wird aber auf Ebene der KapGes. nach den Grundsätzen § 8 Abs. 3 Sätze 3 und 4 KStG entschieden. e) Verhältnis zu den Korrespondenzvorschriften für vGA § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG enthalten Korrespondenzregeln für verdeckte Gewinnausschüttungen. Diese Regeln betreffen den umgekehrten Fall der Vorteilszuwendung an den Gesellschafter und die Frage der voll steuerpflichtigen Erfassung bei der Gesellschafterbesteuerung, wenn die vGA das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert hat.2 Die Regelungen in § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG und in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG sind in Dreiecksverhältnissen miteinander verknüpft, weil im Falle einer sog. Dreiecks-vGA immer zuerst die Korrespondenzregeln für vGA und erst nach nachrangig die Korrspondenzregeln für vE zu prüfen sind. S. Beispiel in Rz. 1511.
1488
4. Rechtsentwicklung In Bezug auf vE vor dem 19.12.2006 existierte keine materiell-rechtlichen Verknüpfung der Besteuerungsebenen von KapGes. und Gesellschafter. Über die Frage des Zuflusses einer vGA war deshalb seit jeher bei der Einkommensbesteuerung des Gesellschafters stets unabhängig von der Behandlung bei der GmbH zu entscheiden.3 Letzteres hat sich durch die Neuregelung im Prinzip nicht geändert, weil der ESt-Bescheid in Fällen der vE nach wie vor keine Grundlagenfunktion für den KSt-Bescheid der KapGes. aufweist.4 Besonders problematisch waren allerdings grenzüberschreitende vGA, insbesondere solche iSd. § 8a KStG aF, bei denen Gestaltungsmodelle bekannt geworden sind, die zur Erzeugung sog. weißer Einkünfte geführt haben. Die FinVerw. hatte zunächst den Versuch unternommen, das Problem im Erlasswege zu regeln.5
1489
Im JStG 20076 wurde erstmals eine korrespondierende Erfassung verdeckter Gewinnausschüttungen in § 8b Abs. 1 Sätze 2 bis 4 KStG und verdeckter Einlagen § 8 Abs. 3 Satz 4 bis 6 KStG auf der Gesellschafts- und auf der Gesellschafterebene kodifiziert. Dies geschah durch eine materiell-rechtliche Verknüpfung der Besteuerungsebenen. Die Regelungen wurden durch eine formal-rechtliche Änderungsnorm in § 32a KStG ergänzt. Die materielle Korres-
1490
1 BFH v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82; v. 9.12.1987 – I R 260/83, FR 1988, 198 = BStBl. II 1988, 460; v. 27.10.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569 = GmbHR 1993, 366; v. 21.7.1995 – I B 214/94, GmbHR 1996, 224 = BFH/NV 1996, 103; zum heutigen Recht s. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 86h. 2 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8b KStG Rz. 29k; Dötsch/Pung in D/P/M, § 8b KStG Rz. 37. 3 BFH v. 26.8.1987 – I R 141/86, BStBl. II 1988, 143 = FR 1988, 82 = GmbHR 1988, 82; v. 9.12.1987 – I R 260/83, FR 1988, 198 = BStBl. II 1988, 460; v. 27.19.1992 – VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569; v. 21.7.1995 – I B 214/94, GmbHR 1996, 224 = BFH/NV 1996, 103. 4 Zutr. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 86h. 5 Vgl. BMF v. 15.7.2004 – IV A 2 - S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593 Rz. 16 f.; kritisch dazu Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 86e. 6 BGBl. I 2006, 2878.
Neumann
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§ 8 Rz. 1490–1494
Ermittlung des Einkommens
pondenznorm gilt gem. § 34 Abs. 6 Satz 2 KStG idF des AIFM-StAnpG1 erstmals für vE, die nach dem 18.12.2006 getätigt wurden. 5. Rechtsfolge 1491
Wenn eine vE vorliegt, die das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat, dann ist als Rechtsfolge Satz 3 nicht anzuwenden bzw., wenn die einkommensmindernde Wirkung bereits durch Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG eingetreten ist, erfolgt eine Hinzurechnung der zuvor abgezogenen vE auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe. Die Hinzurechnung beschränkt sich der Höhe nach auf den Teil der vE, der beim Gesellschafter als BA oder WK in Abzug gebracht wurde. Durch die erfolgswirksame Erfassung der vE wird eine fehlerhafte steuerliche Behandlung ausdrücklich legalisiert.2 Die Regelung ist gem. § 7 Satz 1 GewStG auch bei der Gewerbesteuer zu berücksichtigen.3 Zur Erfassung im steuerlichen Einlagekonto s. § 27 KStG Rz. 52 f.4
1492
Die Rechtsfolgen des Satzes 4 treten ein, wenn die vE das Einkommen des Gesellschafters im Rahmen einer Veranlagung tatsächlich gemindert hat. Nach dem Gesetzeswortlaut ist nicht ersichtlich, dass es darauf ankäme, ob die Veranlagung des Gesellschafters nach den Vorschriften der AO noch geändert werden kann oder nicht.5 Maßgebend ist allein, wie die vE in dem aktuell vorliegenden Steuerbescheid des Gesellschafters behandelt wurde.6 Dennoch wird man in der Praxis einer Änderung des Steuerbescheides des Gesellschafters nach den Vorschriften der AO schon aus Praktikabilitätsgründen den Vorrang einräumen. Geschieht dies nicht oder wird die Änderung auf Gesellschafterebene zeitlich hinausgeschoben, so müsste streng genommen bei der KapGes. zunächst Satz 4 angewendet werden (Hinzurechung der vE) und unmittelbar nach Änderung des Steuerbescheides für den Gesellschafter eine Korrektur des KSt-Bescheides der einlageempfangenden KapGes. nach § 32a Abs. 2 KStG erfolgen. Allerdings ist es denkbar, dass der Vorgang auf Gesellschafterebene anders beurteilt wird.7 Auch ist es denkbar, dass es sich nach dem Recht des Wohnsitzsstaates oder Sitzstaates des Gesellschafters um WK oder BA handelt (Qualifikationskonflikt). Auch in diesen Fällen treten die Rechtsfolgen des Satzes 4 ein, obwohl die entsprechenden Steuerbescheide auf Gesellschafterebene durchaus noch änderbar wären. 6. Einkommenserhöhung, soweit sich das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat (Abs. 3 Satz 4)
1493
Eine vE darf bei dem Gesellschafter, der die Einlage leistet, gem. Satz 3 das Einkommen nicht mindern.8 Sie sind auf Gesellschafterebene nicht als BA oder WK abziehbar, sondern erhöhen die AK der Beteiligung.9
1494
Für vE, die nach dem 18.12.2006 getätigt wurden, bestimmt Satz 4, dass diese das Einkommen der Körperschaft erhöhen, wenn sie das Einkommen des Gesellschafters gemindert haben. Tatbestandsmerkmale des Satzes 4 sind also zum einen das Vorliegen einer vE iSd. Satzes 310 und zum anderen eine Einkommensminderung bei dem Gesellschafter. Während die Prüfung, ob eine vE anzunehmen ist, nach den allgemeinen (steuerrechtlichen) Grundsätzen des Satzes 3 zu erfolgen hat, ist bei der Einkommensminderung auf deren tatsächliche (nicht etwa rechtlich zutreffende) Berücksichtigung im Rahmen der Veranlagung des Gesellschafters abzustellen. Es kommt darauf an, ob die vE dort als BA oder WK11 in Abzug gebracht wurden. Die Erhöhung eines negativen Einkommens ist auch eine Einkommensminderung in diesem Sinne.12 Auch wird eine verhinderte Vermögensmehrung – also eine Nichterfassung als ein-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 345. Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 157. Eine Erfassung im Einlagekonto bejahend Dötsch/Pung, DB 2007, 11 (14); Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 157; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 378; aA Neumann, GmbH-StB 2007, 112. AA Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 345. Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 186; aA Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 345. Zutr. Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 727. R 40 Abs. 2 KStR 2004. BFH v. 12.2.1980 – VIII R 114/77, BStBl. II 1980, 494 = GmbHR 1980, 279; v. 29.7.1997 – VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 652 = GmbHR 1998, 93 = FR 1998, 62. Vgl. Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 721. Vgl. BT-Drucks. 16/2712, 70. Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 341.
730
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F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1494–1499 § 8
kommenserhöhender Vorgang – vom Begriff der Einkommensminderung erfasst.1 Dazu gehört in Fällen der vE durch die Beteiligungskette auf Gesellschafterebene auch eine Nichterfassung nach Satz 4 (s. dazu Rz. 1500, dortige Abwandlung zum Beispiel 2). Satz 4 bestimmt also bewusst eine materiell-rechtlich fehlerhafte Erfassung der vE bei der empfangenden KapGes., um eine kongruente Besteuerung auf Gesellschafter- und Gesellschaftsebene zu erreichen.2 Bei fehlender Berichtigungsmöglichkeit auf der Gesellschafterebene wird also bewusst eine an sich fehlerhafte einkommenswirksame Erfassung der vE vorgeschrieben. Damit ist aber keine Grundlagenfunktion des ESt- oder KSt-Bescheides des Gesellschafters für den KSt-Bescheid der einlageempfangenden Körperschaft verbunden.3
1495
Das Wort „soweit“ regelt, dass eine teilweise Berücksichtigung als BA oder WK beim Gesellschafter einen teilweisen Nichtabzug der vE bei der KapGes. nach sich zieht.
1496
Aus welchem Grund sich das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat, ist nicht von Bedeutung.4 Ebenso ist irrelevant, ob der Gesellschafter im Inland oder im Ausland ansässig ist. Das Einkommen des Gesellschafters hat sich auch dann iSd. Satz 4 gemindert, wenn die Leistung nach dem Recht des Sitzstaates des leistenden Gesellschafters eine abzugsfähige Betriebsausgabe darstellt.5 Zwar stellt die Bezugnahmen auf das „Einkommen“ auf den ersten Blick eine innerstaatlicher Bezugsgröße dar, die eine Anwendung auf Auslandsfälle zweifelhaft erscheinen lassen könnte. Es ist aber davon auszugehen, dass das materielle Korrespondenzprinzip schon aus europarechtlichen Gründen Steuerinländer und Steuerausländer nicht unterscheiden soll.6
1497
Wenn das Einkommen auf Gesellschafterebene steuerfrei gestellt ist, findet Satz 4 uE keine Anwendung. Hierunter fällt uE auch die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG.7 Die anzusetzenden nicht abziehbaren Ausgaben nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG ändern an der (kompletten) Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG nichts. Der Umstand, dass die Steuerfreistellung der Dividende durch den Ansatz der pauschalierten nicht abziehbaren BA wirtschaftlich um 5 % korrigiert wird, berührt die zunächst gewährte Freistellung aus rechtlicher Sicht nach Auffassung des BFH nicht.8
1498
Beispiel: Die M-GmbH legt die Anteile an ihrer Tochtergesellschaft T1 GmbH (Buchwert 100, TW 500) im Jahr 01 ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten in die T2 GmbH ein. In der irrigen Annahme, der Fall unterfalle § 21 UmwStG und sei zu Buchwerten möglich, werden bei M keine stillen Reserven aufgedeckt. Der KSt-Bescheid für 01 wird bestandskräftig. T2 setzt die T1-Anteile mit 100 an. Der Betriebsprüfer korrigiert den Wertansatz bei T2 auf 500. Die Erhöhung iHv. von 400 ist eine vE, die das Einkommen nicht erhöht. Sie fällt nicht unter Satz 4, weil die verhinderte Vermögensmehrung von 400 bei M steuerfrei gewesen wäre und das Einkommen der M deshalb nicht gemindert wurde.9
Wird die vE von einer nahestehenden Person des Gesellschafters (natürliche Person) geleistet, so ist aus ertragsteuerlicher Sicht zunächst von unentgeltlichen Zuwendung an den Gesellschafter und sodann von einer eigenen vE des Gesellschafters in die KapGes. auszugehen.10 Für den Fall, dass die Zuwendung bei der nahestehenden Person das Einkommen gemindert hat, sieht das Gesetz allerdings keine materiell-rechtliche Verknüpfung mit der Besteuerungsebene der KapGes. vor. Dies ist uE keine planwidrige Gesetzeslücke,11 denn der Gesellschafter muss hier als Einlegender zutreffenderweise nachträgliche AK auf die Beteiligung in Ansatz bringen. Eine Verquickung der Besteuerung zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person ist uE nicht zulässig.
1 Ebenso Dörfler/Heurung/Adrian, DStR 2007, 515 (518); Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 152; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 382; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 186; ebenso BTDrucks. 16/2712, 70 in den dortigen Beispielen; aA Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 730; Schnitger/Rometzki, BB 2008, 1648 (1649); Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 341. 2 Kritisch dazu Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 124. 3 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 378. 4 Vgl. Strnad, GmbHR 2006, 1321. 5 Zutr. Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 153; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 727; aA Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 124c. 6 Ausführlich Schnitger/Rometzki, BB 2008, 1648 (1650). 7 Ebenso Schnitger/Rometzki, BB 2008, 1648 (1649) und Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 341. 8 So ausdrücklich BFH v. 29.8.2012 – I R 7/12, BStBl. II 2013, 89 = FR 2013, 294 = GmbHR 2012, 1317. 9 Ebenso Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 341. 10 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; v. 12.12.2000 – VIII R 62/93, BStBl. II 2001, 234 = FR 2001, 599 = GmbHR 2001, 260 m. Anm. Hoffmann; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 8 KStG Rz. 87. 11 AA wohl Dötsch/Pung, DB 2007, 11 (14).
Neumann
731
1499
§ 8 Rz. 1500–1504 1500
Ermittlung des Einkommens
Satz 4 greift allerdings dann, wenn die nahestehende Person die Leistung erbringt, der Gesellschafter aber einen diesbezüglichen Aufwand verbucht. Wenn die nahestehende Person eine KapGes. ist, handelt es sich dagegen entweder um einen Anwendungsfall des Satzes 5 oder um eine mittelbare vE (durch die Beteiligungskette). Im letzteren Fall ist die Anwendung des Satzes 4 auf jeder Ebene zu prüfen. Beispiel 1: S ist zu 100 % an der A-GmbH beteiligt. Sein Vater V zahlt der KapGes. um 100 überhöhte Darlehenszinsen. Materiell-rechtlich liegt eine unentgeltliche Zuwendung des V an den S vor. S tätigt sodann eine vE in die A-GmbH iHv. 100. Ob die V die 100 bei der Ermittlung seiner eigenen Einkünfte (fehlerhaft) als WK oder BA in Abzug gebracht hat, ist für die Anwendung des Satzes 4 ohne Bedeutung. Wenn dagegen der S statt der Erhöhung seiner Beteiligungsanschaffungskosten WK oder BA iHv. 100 in Abzug bringt, greift Satz 4, wonach die vE bei der A-GmbH als steuerpflichtiger Ertrag erfasst wird. Beispiel 2: Die M-GmbH ist zu 100 % an der T-GmbH beteiligt. Diese wiederum hält 100 % der Anteile der E-GmbH. M zahlt an E einen um 100 überhöhten Zins. Materiell-rechtlich liegt eine vE der M-GmbH in die T-GmbH und eine nachfolgende weitere vE der T-GmbH in die E-GmbH vor. Wenn die M-GmbH BA von 100 verbucht und ihre KSt-Veranlagung bestandskräftig ist, dann muss bei T iHv. 100 eine steuerpflichtige vE nach Satz 4 in Ansatz gebracht werden. Die Weiterleitung der vE an die E-GmbH erhöht bei T den Beteiligungsbuchwert um 100. Bei E kommt es somit nicht zur Anwendung des Satzes 4. Auf der unteren Ebene bleibt die vE also steuerfrei. Abwandlung zu Beispiel 2: Sachverhalt wie vor, aber die KSt-Veranlagung der T-GmbH ist bereits bestandskräftig. In diesem Fall kommt es bei der T-GmbH also aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht zur Anwendung des Satzes 4 und damit nicht zu einer einkommenswirksamen Erfassung der vE. Folglich hat die vE bei der E-GmbH das Einkommen unzutreffenderweise nicht erhöht, im Ergebnis also gemindert. UE ist deshalb bei der E-GmbH von einem Anwendungsfall des Satzes 4 auszugehen. Die vE ist bei der E-GmbH also einkommenserhöhend zu erfassen.
1501
Ob Einlegender eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine Körperschaft ist, spielt keine Rolle. Es kommt nicht darauf an, ob beim Gesellschafter eine körperschaftsteuerliche Einkommensminderung eingetreten ist.1
1502
Satz 4 greift auch im Falle eines Forderungsverzichts durch den Gesellschafter, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts nur teilweise werthaltig war. Beispiel: Einzelunternehmer A hat eine Forderung gegen seine A-GmbH iHv. nominell 100. Die Anteile und die Forderung befinden sich im BV des A. A verzichtet im Jahr 01 auf seine Forderung, die zu diesem Zeitpunkt nur noch einen Wert von 20 hat. Im Einzelunternehmen wird in 01 Aufwand 100 an Forderung 100 gebucht. Die Veranlagung des A wird bestandskräftig. In Höhe von 20 hätte der Forderungsverzicht dem Beteiligungsbuchwert zugeschlagen werden müssen und hat zu Unrecht das Einkommen des A um 20 gemindert. Die GmbH bucht die Verbindlichkeit aus (Verbindlichkeit an Ertrag 100). Zwar liegt iHv. 20 eine vE iSd. Satzes 3 vor. Da das Einkommen des A aber zu Unrecht um diese 20 gemindert wurde, wird die vE nach Satz 3 im Einkommen der GmbH erfasst.
1503
Satz 4 schließt verfahrensrechtlich nicht aus, dass ein und derselbe Aufwand beim Gesellschafter als zunächst (unzutreffend) als WK und später bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns iSd. § 17 EStG als AK der Beteiligung erfasst werden.2 Satz 6 findet auf den Grundfall des Satzes 4 keine Anwendung. Allerdings kommt ggf. eine Korrektur gem. § 174 Abs. 2 AO in Betracht.
1504
Bei einem bilanzierenden Anteilseigner, bei dem § 8b Abs. 2 KStG keine Anwendung findet, löst eine Bilanzberichtigung (Erhöhung des Beteiligungsansatzes) im ersten offenen Jahr ggf. einen stpfl. Ertrag aus. Dies führt dazu, dass sich die vE ab dem Zeitpunkt der Nachaktivierung im Saldo doch nicht mindernd auf das Einkommen des Gesellschafters ausgewirkt hat. Der KSt-Bescheid kann in diesem Fall wieder unter Abzug der vE zugunsten der KapGes. geändert werden. Es greift § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG. Die Voraussetzungen des Satzes 4 liegen nicht mehr vor.3 Die Änderung des KSt-Bescheides kann in diesem Fall auf § 32a Abs. 2 KStG gestützt werden. Das Gleiche gilt dann, wenn die Beteiligung veräußert wird und die im Einlagejahr nicht berücksichtigte Buchwertaufstockung den Veräußerungsgewinn erhöht. Auch hier ist uE aber darauf abzustellen, ob der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig ist.
1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 86c; Kritisch dagegen Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 341. 2 Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 159. 3 Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 345; Wochinger/Lang in D/P/M, § 8 Abs. 3 KStG Teil B Rz. 159; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 86i.
732
Neumann
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Rz. 1505–1509 § 8
7. Auf einer vGA einer nahestehenden Person beruhende vE (Abs. 3 Satz 5) Satz 5 erklärt Satz 4 auch dann für anwendbar, wenn eine vE auf einer vGA einer dem Gesellschafter nahestehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde.
1505
Wer nahestehende Person iSd. Satzes 5 ist, richtet sich zwar prinzipiell nach den für vGA 1506 entwickelten Grundsätzen.1 S. dazu „vGA Allgemeinteil“ in Rz. 366. Allerdings wurde der Kreis der nahestehenden Personen durch die Rechtsprechung zu vGA sehr weit gefasst. Er umfasst nicht nur KapGes., sondern insbeondere auch natürliche Personen (Angehörige,2 Freunde,3 Lebenspartner4) Personengesellschaften5 oder Vereine6. Selbstverständlich sind auch Schwesterkapitalgesellschaften nahestehende Personen.7 Im Anwendungsbereich des Satzes 5 unterliegt der Kreis der nahestehenden Personen erheblichen Einschränkungen. Da das Gesetz darauf abstellt, ob die nahestehende Person eine vGA getätigt hat, muss es sich um eine KapGes. handeln. Da der Gesellschafter selbst nicht zum Kreis der nahestehenden Personen gehört, und Tochtergesellschaften der Empfängerin der vE ebenfalls auszuklammern sind, kommt nur eine KapGes. in Betracht, die entweder als direkte Schwestergesellschaft der einlageempfangenden KapGes. anzusehen ist, oder aber einem anderen Konzernstrang angehört, dort aber auf eine höheren oder niedrigeren Hierarchieebene angesiedelt ist.8 Auch im letzteren Fall kann eine vGA dieser nahestehenden KapGes. bei der anderen KapGes. mittelbar eine vGA auslösen. Die vE muss auf einer vGA der nahestehenden Person „beruhen“. Davon ist auszugehen, wenn eine Vorteilszuwendung von der dem Gesellschafter nahestehenden Person direkt an die KapGes. erfolgt und dort als vE des Gesellschafter zu qualifizieren ist.9 Es muss sich also um ein und denselben Vorgang handeln, der zum einen als vGA und zum anderen als vE zu qualifizieren ist. Es genügt nicht, dass der Gesellschafter eine erhaltene vGA durch einen separaten Rechtsakt „weiterleitet“.
1507
Beispiel: Die M-AG ist zu 100 % an der T1-GmbH und der T2-GmbH beteiligt. T1 veräußert eine Maschine an M zum Preis von 100 (gemeiner Wert = 1000). M veräußert dieselbe Maschine umgehend weiter an T2 und zwar ebenfalls zum Preis von 100. Es handelt sich uE nicht um einen Anwendungsfall des Satzes 5, weil die verbilligte Veräußerung von M an T2 nicht auf der vGA von T1 an M beruht, sondern auf einer selbständigen Entscheidung der M. Der zeitliche und sachliche Zusammenhang spielt hier keine Rolle.10
Voraussetzung ist ferner, dass die vGA bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde. Der Begriff „berücksichtigt“ ist weiter gefasst als der Begriff der Einkommensminderung in Satz 4. Im Schrifttum wird überwiegend die Ansicht vertreten, die Begriffe seien letztlich aber deckungsgleich.11 Dies ist nur bedingt richtig. Insbesondere in Fällen mit Auslandsberührung, in denen die vGA beim Gesellschafter nach ausländischem Recht vollständig steuerfrei ist, dürfte auch eine steuerlich nicht erfasste vGA durchaus „berücksichtigt“ worden sein. Dagegen ist der Begriff der Einkommensminderung objektiv zu verstehen, also unabhängig davon, ob das ausländische Recht eine Erfassung im Einkommen vorsieht oder nicht.
1508
Satz 5 behandelt sog. vGA-Dreiecksfälle, also Vorteilszuwendungen, die bei einer Schwestergesellschaft vGA darstellen und bei der zu beurteilenden Empfänger-KapGes. als vE zu qualifizieren sind. Im Falle einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Zuwendung von einer Schwestergesellschaft an eine andere Schwestergesellschaft liegt zunächst eine vGA an die gemeinsame Muttergesellschaft und sodann eine vE durch die Muttergesellschaft in die Schwestergesellschaft vor.12 Satz 5 unterscheiden dabei zwei Fallkonstellationen. In beiden
1509
1 Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 749. 2 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359. 3 BFH v. 25.10.1963 – I 325/61 S, BStBl. III 1964, 17 = FR 1964, 199; v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = FR 1997, 350 = GmbHR 1997, 359. 4 BFH v. 29.11.2000 – I R 90/99, BStBl. II 2001, 204 = FR 2001, 532 = GmbHR 2001, 304. 5 BFH v. 1.10.1986 – I R 54/83, BStBl. II 1987, 459 = FR 1987, 208 = GmbHR 1987, 320. 6 BFH v. 6.12.1967 – I 98/65, BStBl. II 1968, 322. 7 BFH v. 21.12.1972 – I R 70/70, BStBl. II 1973, 449 = FR 1973, 514. 8 So auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 88c; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 388. 9 Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 751. 10 AA Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 751, der hier die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 5 Halbs. 1 KStG eröffnet sieht. 11 So Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 752 und Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 125a. 12 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159; v. 28.1.1992 – VIII R 207/85, BStBl. II 1992, 605 = FR 1992, 417 = GmbHR 1992, 472; v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = FR 1997, 723 = GmbHR 1997, 851.
Neumann
733
§ 8 Rz. 1509–1511
Ermittlung des Einkommens
Fallkonstellationen beruht die vE des Gesellschafters auf einer vGA einer anderen Körperschaft (Schwestergesellschaft) an den Gesellschafter (Grundfall). 1510
In der ersten Fallkonstellation (Satz 5 Halbs. 1) wurde die vGA bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt. In diesem Fall ist die Einkommensminderung (also die Berücksichtigung als vE nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG) bei der einlageempfangenden KapGes. gem. Satz 5 Halbs. 1 ausgeschlossen. Im Unterschied zu Satz 4, der darauf abstellt, ob die vE das Einkommen des leistenden Gesellschafters gemindert hat, hebt Satz 5 darauf ab, ob die vGA bei der Besteuerung des Gesellschafters „berücksichtigt“ wurde. Was unter „berücksichtigt“ zu verstehen ist, ist unklar. UE ist darunter die Erfassung der vGA in der Einkommensermittlung des Gesellschafters zu verstehen. Bei einer natürlichen Person ist dies der Ansatz im Teileinkünfteverfahren. Bei einer KapGes. als Gesellschafter ist die vGA dagegen grds. in vollem Umfang steuerfrei.1 Die Berücksichtigung findet daher bei einer KapGes. als Anteilseigner im Grundsatz nicht statt und ist daher eigentlich unbeachtlich. Wenn die vGA bei der ausschüttenden KapGes. allerdings nicht dem Einkommen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzugerechnet wurde, ist sie bei der gemeinsamen Muttergesellschaft gem. § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG voll steuerpflichtig, weil sie das Einkommen der ausschüttenden Körperschaft gemindert hat. Folglich ist die vGA bei der Einkommensermittlung der Muttergesellschaft nur dann „berücksichtigt“, wenn sie dort als voll steuerpflichtige Dividende erfasst wurde. Ist dies nicht der Fall, dann ist die vE bei der Empfänger-KapGes. als steuerpflichtige vE in Ansatz zu bringen.
1511
Wenn dagegen eine Hinzurechung der vGA bei der ausschüttenden (Schwester-)KapGes. erfolgt ist, greift Satz 5 Halbs. 2 (zweite Fallkonstellation). In diesem Fall ist die Nichtberücksichtigung bei dem gemeinsamen Gesellschafter unbeachtlich. Die vE ist folglich nach Satz 3 vom Einkommen anzuziehen. Diese Rückausnahme bewirkt, dass Satz 4 keine Anwendung findet, wenn die vGA das Einkommen der leistenden Schwestergesellschaft erhöht hat.2 Wäre Satz 4 weiter anwendbar, und müsste auf die Einkommensminderung oder verhinderte Einkommenserhöhung beim Gesellschafter abgestellt werden, dann wäre die vE bei der einlageempfangenden KapGes. steuerpflichtig, obwohl die ihr zugrunde liegende vGA dem Einkommen hinzugerechnet wurde. Es träte ein nicht gewollter Doppelbesteuerungseffekt ein. Die Nichtanwendung des Satzes 4 ist in diesem Fall also gerechtfertigt. Die nachfolgenden Beispiele veranschaulichen die Wirkungen des Satzes 5. Beispiel 1: Die T1-GmbH zahlt an ihre Schwestergesellschaft T2-GmbH einen um 100 überhöhten Darlehenszins. Die T1-GmbH hat den Zins vollständig als Betriebsausgabe in Abzug gebracht. Gemeinsamer Gesellschafter ist die natürliche Person A. Bei ihr wurde der Vorgang steuerlicht nicht erfasst. Bei der T2-GmbH wurde der überhöhte Zins dagegen als steuerpflichtige Einnahme gebucht und entsprechend in der KSt-Veranlagung berücksichtigt. Die Steuerbescheide (KSt-Bescheid, GewSt-Messbescheid) der T1-GmbH sind bestandskräftig und stehen nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung. Die Steuerbescheide des A und der T2-GmbH (KSt-Bescheid, GewSt-Messbescheid und Feststellung des stl. Einlagekontos) sind dagegen noch änderbar.
A
vGA
vE
überhöhter Zins T1-GmbH
T2-GmbH
1 So ausdrücklich BFH v. 29.8.2012 – I R 7/12, BStBl. II 2013, 89 = FR 2013, 294 = GmbHR 2012, 1317. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 88a.
734
Neumann
Rz. 1511 § 8
F. Verdeckte Einlagen (Abs. 3 Stze 3 bis 6)
Lösung: Im Beispielsfall ist zunächst eine vGA von der T1-GmbH an A anzunehmen. Diese vGA unterläge bei A im Grundsatz gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 1 EStG der Teileinkünftebesteuerung. Da sie das Einkommen der T1-GmbH nicht gemindert hat, unterliegt sie gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 2 EStG der vollen Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz. Die Rückausnahme des § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 3 EStG findet keine Anwendung. Die „Weiterleitung“ der (steuerpflichtigen) Vorteilszuwendung (einlagefähiger Vermögensvorteil) an die T2-GmbH stellt eine vE dar, die bei A die AK an der T2-GmbH erhöht. Der KSt-Bescheid der M-AG wird entsprechend geändert. § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG regelt nun, dass die vE bei der T2-GmbH das Einkommen erhöht, wenn sie das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat. Allerdings beruht die vE auf einer vGA einer dem Gesellschafter nahestehenden Person. Dies führt im Beispielsfall aber nicht zur Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG, denn die vGA wurde bereits bei der M-AG einkommenserhöhend erfasst. Die Anwendung des Satzes 4 ist ausgeschlossen. Es bleibt also dabei, dass der überhöhte Zins bei der T2-GmbH als vE in Abzug gebracht werden darf. Beispiel 2: Die T1-GmbH zahlt an ihre Schwestergesellschaft T2-GmbH einen um 100 überhöhten Darlehenszins. Die T1-GmbH hat den Zins voll als Betriebsausgabe abgezogen. Die M-AG hat den Vorgang steuerlich nicht erfasst. Bei der T2-GmbH wurde der überhöhte Zins als steuerpflichtige Einnahme berücksichtigt. Die Steuerbescheide (KSt-Bescheid, GewSt-Messbescheid) der T1-GmbH sind bestandskräftig und stehen nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung. Die Steuerbescheide der M-AG und der T2-GmbH (KSt-Bescheid, GewSt-Messbescheid und Feststellung des stl. Einlagekontos) sind dagegen noch änderbar.
M-AG
vGA
vE
überhöhter Zins T1-GmbH
T2-GmbH
Lösung: Im Beispielsfall ergibt sich zunächst eine vGA von T1-GmbH an die M-AG. Diese vGA ist bei der M-AG gem. § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG voll steuerpflichtig, weil sie das Einkommen der T1-GmbH gemindert hat. Die Rückausnahme des § 8b Abs. 1 Satz 4 KStG findet keine Anwendung. Die „Weiterleitung“ der (steuerpflichtigen) Vorteilszuwendung (einlagefähiger Vermögensvorteil) an die T2-GmbH stellt eine vE dar, die bei der M-AG den Beteiligungsbuchwert an der T2-GmbH erhöht. Der KSt-Bescheid der M-AG wird entsprechend geändert. § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG regelt nun, dass die vE bei der T2-GmbH das Einkommen erhöht, wenn sie das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat. Dies ist unzweifelhaft nicht der Fall. Allerdings beruht die vE auf einer vGA einer dem Gesellschafter nahestehenden Person. Dies führt im Beispielsfall aber nicht zur Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG, denn die vGA wurde bereits bei der M-AG einkommenserhöhend erfasst. Es bleibt also dabei, dass der überhöhte Zins bei der T2-GmbH als vE in Abzug gebracht werden darf. Beispiel 3: Sachverhalt wie im Beispiel 2, aber die Steuerbescheide der T2-GmbH und der T1-GmbH sind nicht mehr änderbar, die Veranlagung gegenüber der M-AG steht dagegen noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Lösung: Die Lösung entspricht im Grundsatz der Lösung zu Beispiel 2. Bei der M-AG wird die vGA als steuerpflichtige Einnahme erfasst. Die zutreffende Erfassung bei der T2-GmbH – also den Abzug der vE nach § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG – wird durch § 32a Abs. 2 KStG sichergestellt. Beispiel 4: Sachverhalt wie im Beispiel 2, aber die Steuerbescheide der T1-GmbH und der M-AG sind nicht mehr änderbar. Aus formellen Gründen kann also weder die vGA bei der T1-GmbH gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG hinzugerechnet noch der Zufluss der Ausschüttung bei der M-AG besteuert werden. Lösung: In diesem Fall bestimmt § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG, dass sich das Einkommen der T2-GmbH um die vE erhöht, weil die vE auf einer vGA durch eine dem Gesellschafter nahestehende Person (T1-GmbH) beruht und diese vGA weder bei der Besteuerung des Gesellschafters (M-AG) berücksichtigt noch bei der Einkommensermittlung der leistenden Körperschaft (T1-GmbH) hinzugerechnet wurde. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 6 KStG erhöht die vE auf der Ebene der M-AG auch nicht die AK der Beteiligung. § 32a Abs. 2 KStG findet keine Anwendung weil der Steuerbescheid des Gesellschafters (M-AG) nicht geändert wird und deshalb kein auslösendes Ereignis eintritt. Beispiel 5: Sachverhalt wie im Beispiel 2, aber die Steuerbescheide der T2-GmbH und der M-AG sind nicht mehr änderbar, die Veranlagungen gegenüber der T1-GmbH stehen noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Neumann
735
§ 8 Rz. 1511
Ermittlung des Einkommens
Lösung: Die Hinzurechnung der vGA bei der T1-GmbH löst gegen über der M-AG eine Änderung gem. § 32a Abs. 1 KStG aus. Das Einkommen der M-AG erhöht sich im Saldo (nur) um 5 % der zugeflossenen vGA. Die vGA stellt eine vE in die T2-GmbH dar und mindert das Einkommen der M-AG nicht. Der KSt-Bescheid und der GewSt-Bescheid der T2-GmbH können § 32a Abs. 2 KStG geändert werden. Die vE wird gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG vom Einkommen abgezogen. Ein Anwendungsfall des Satzes 4 liegt schon deshalb nicht vor, weil die vE das Einkommen der M-AG nicht gemindert hat. Außerdem handelt es sich um einen Fall des Satzes 5 Halbs. 2, wonach Satz 4 keine Anwendung findet, weil die vGA das Einkommen der leistenden T1-GmbH nicht gemindert hat. Beispiel 6: Sachverhalt wie Beilspiel 2, aber es handelt sich um einen Vorgang im Jahr 2005. Die Veranlagungen gegenüber der T1-GmbH und der M-GmbH sind bestandskräftig. Der Betriebsprüfer stellt im Jahr 2007 bei der T2-GmbH fest, dass die erhaltenen Zinsen überhöht waren. Lösung: § 32a KStG greift nicht, da hier der KSt-Bescheid der einlageempfangenden Körperschaft (und nicht der Steuerbescheid des Gesellschafters) geändert wird. Eine korrespondierende Erfassung des Sachverhalts kann nicht erreicht werden, weil § 8 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 KStG noch keine Anwendung finden. Beispiel 7: Sachverhalt wie Beispiel 2, aber M und T1 sind im Ausland ansässig. Die Vorteilszuwendung stellt nach dem Recht des Sitzstaates der T1 keine vGA, sondern eine abzugsfähige Betriebsausgabe dar. Dies ist auch schon dann denkbar, wenn der ausländische Fiskus den Zins für angemessen hält. Der Fiskus im Sitzstaat der M geht nach dortigem Recht ebenfalls nicht von einer empfangenen vGA aus. Der Vorgang findet deshalb auf Ebene der M-KapGes. keine Berücksichtigung.
Ausland
Inland
M-KapG
vGA
vE
überhöhter Zins T1-KapG
T2-KapG
Lösung: Da die nach inländischem Recht als vGA zu beurteilende Vorteilszuwendung das Einkommen der leistenden T1-GmbH gemindert hat, ist gem. Satz 5 Halbs. 2 Satz 4 anzuwenden. Es ist also zu prüfen, ob die vE bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, also die steuerliche Bemessungsgrundlage der M-KapGes. gemindert oder nicht erhöht wurde. Hierfür ist nach hM das ausländische Recht maßgebend.1 UE ist darauf abzustellen, ob der nach inländischem Recht als vGA und nachfolgend als vE zu qualifizierende Vorgang bei dem ausländischen Gesellschafter „berücksichtigt“ wurde. Deshalb löst eine Nichtberücksichtigung bei M die Rechtsfolgen des Satzes 4 aus. Wenn die vGA bei der im Ausland ansässigen Muttergesellschaft M-KapGes. allerdings (trotz Berücksichtigung) vollständig steuerfrei gewesen wäre, stellt sich zu Recht die Frage, ob in diesem Fall von einer Nichtberücksichtigung ausgegangen werden kann. Wäre die M-AG im Inland ansässig, so wäre die vGA bei ihr gem. § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG voll steuerpflichtig, weil der überhöhte Zins das Einkommen der T1-GmbH gemindert hat. Da § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG aber auf die ausländische M-KapGes. keine Anwendung findet, ist darauf abzustellen, ob die (nach deutschem Recht zu ermittelnde) vGA bei der M-KapGes. nach ausländischem Recht zu erfassen gewesen wäre. Wenn das ausländische Recht eine vollständige Steuerfreiheit der Dividende vorschreibt, dann ist auch eine im ausländischen Einkommen nicht erfasste Dividende uE „bei der Besteuerung berücksichtigt“ worden. Die Begriffe „Einkommen gemindert hat“ in Satz 4 und „berücksichtigt worden ist“ in Satz 4 sind insoweit nicht deckungsgleich.2 Allerdings ist die vE bei der inländischen T2-KapGes. schon nach Satz 4 voll steuerpflichtig, wenn sie das Einkommen der M-KapGes. objektiv gemindert hat (Abzug als Betriebsausgabe).
1 Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 352; Schnitger/Rometzki, BB 2008, 1648; Dörfler/Adrian, Ubg 2008, 373; Janssen, GStB 2008, 295 (299). 2 AA offenbar Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 752; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 125a.
736
Neumann
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1512–1513 § 8
8. Keine Erhöhung der Anschaffungskosten durch die verdeckte Einlage (Abs. 3 Satz 6) Satz 6 findet nur in den Fallkonstellationen des Satzes 5 Anwendung, nicht dagegen in Fällen des Satzes 4.1 In Fällen des Satzes 5 werden die AK der Beteiligung entgegen § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG nicht um die vE erhöht. Dies bedeutet, dass auch in der ersten offenen Bilanz keine Korrektur des Beteiligungsansatzes möglich ist.2 Wenn dagegen die Rückausnahme des Satzes 5 Halbs. 2 greift, die vGA also das Einkommen der nahestehenden Person nicht gemindert hat, findet Satz 6 allerdings keine Anwendung.3
1512
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3) Literatur: Baumhoff, Die Bestimmungangemessener Verrechnungspreise bei der Existenz von Preisbandbreiten, in: Gocke/Gosch/Lang (Hrsg.), Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Franz Wassermeyer, 2005, 347; Baumhoff/Ditz/Greinert, Die Dokumentation internationaler Verrechnungspreise nach den „Verwaltungsgrundsätze-Verfahren“, DStR 2005, 1549; Baumhoff/Ditz/Greinert, Auswirkungen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 auf die Besteuerung grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen, DStR 2007, 1649; Greinert, Verrechnungspreise und Funktionsverlagerungen, in: Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 541; Baumhoff/Greinert, Steuerliche Anerkennung internationaler Verrechnungspreise bei Nichteinhaltung formaler Anforderungen – Anmerkungen zum Urteil des FG Köln vom 22.8.2007, IStR 2008, 353; Brüninghaus/Bodenmüller, Tatbestandsvoraussetzungen der Funktionsverlagerung, DStR 2009, 1285; Cordes, Steuerliche Aufzeichnungspflichten bei internationalen Verrechnungspreisen, 2009; Kurzewitz, Die Wahl der geeigneten Verrechnungspreismethode zur Verringerung von Doppelbesteuerungsproblemen, 2009; Baumhoff/Ditz/Greinert, Die Besteuerung von Funktionsverlagerungen nach den Änderungen des § 1 Abs. 3 AStG durch das EUUmsetzungsgesetz, DStR 2010, 1309; Greinert/Weigert, Vorliegen wirtschaftlicher Gründe als unionsrechtliche Rechtfertigung für ein Abweichen vom Fremdvergleichsgrundsatz, DB 2013, 2524; Greinert/Metzner, Neuere Entwicklungen bei der Anerkennung nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen, DB 2014, 622; Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl. I 1983, 218 – Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze); BMF v. 30.12.1999 – IV B 4 - S 1341 - 14/99, BStBl. I 1999, 1122 – Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen; BMF v. 9.11.2001 – IV B 4 - S 1341 - 20/0, BStBl. I 2001, 796 – Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung (Verwaltungsgrundsätze-Arbeitnehmerentsendung); BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05, BStBl. I 2005, 570 – Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren (Verwaltungsgrundsätze-Verfahren); BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, BStBl. I 2010, 774 – Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen in Fällen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung).
I. Überblick über die Regelungen zur Verrechnungspreisermittlung 1. Grundsatz des Fremdvergleichs Begriff und Funktion des Verrechnungspreises. Infolge der Globalisierung der Wirtschaft 1513 wird mittlerweile der Großteil des Welthandels zwischen international verbundenen Unternehmen abgewickelt,4 also zwischen rechtlich selbstständigen, in verschiedenen Staaten ansässigen Gesellschaften, die einem Konzern angehören. Die einzelnen Konzerngesellschaften sind als juristische Personen eigenständige Steuersubjekte und unterliegen in ihren jeweiligen Ansässigkeitsstaaten der unbeschränkten Steuerpflicht. Dabei ist gemäß dem Trennungsprinzip für jede einzelne Konzerngesellschaft die steuerliche Bemessungsgrundlage nach den jeweiligen Gewinnermittlungsvorschriften ihres Ansässigkeitsstaats zu ermitteln. Diese wird durch konzerninterne Liefer- und Leistungsbeziehungen beeinflusst. Das für diese konzerninternen Liefer- und Leistungsbeziehungen angesetzte Entgelt wird als Verrechnungspreis („Transfer Price“) bezeichnet. Bei Verrechnungspreisen handelt es sich also um Wertansätze für Produkte, Dienstleistungen, immaterielle WG, Darlehen usw., die zwischen Konzerngesellschaften übertragen oder zur Nutzung überlassen werden. Dabei erfüllen Verrechnungspreise aus steuerlicher Sicht allein die Erfolgsermittlungsfunktion: Der steuerliche Gewinn der einzelnen Konzerngesellschaften soll unter Verwendung von Verrechnungspreisen ermittelt wer1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 88b. 2 Dötsch/Pung, DB 2007, 11; Janssen, GStB 2008, 295 (299); BR-Drucks. 622/06, 119, dortiges Beispiel. 3 Dörfler/Heurung/Adrian, DStR 2007, 514 (519); Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 391; Watermeyer in H/H/R, § 8 KStG Rz. 360; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 88b. 4 Vgl. Spengel/Oestreicher, DStR 2009, 780 mwN.
Neumann/Greinert
737
§ 8 Rz. 1513–1515
Ermittlung des Einkommens
den. Die in der Betriebswirtschaftslehre ebenfalls angeführte Kontrollfunktion von Verrechnungspreisen sowie die Motivations- und Lenkungsfunktion von Verrechnungspreisen haben steuerlich hingegen keine Bedeutung.1 1514
Fremdvergleichsgrundsatz. Die für die Abrechnung der konzerninternen Liefer- und Leistungsbeziehungen angesetzten Verrechnungspreise müssen dem Grundsatz des Fremdvergleichs entsprechen („dealing at arm’s length principle“). Verrechnungspreise sind demnach so zu bilden, wie sie bei Transaktionen mit oder zwischen unabhängigen Dritten bei vergleichbaren Verhältnissen vereinbart worden wären. Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes erfordert also gedanklich zwei Prüfschritte:2 (1) Welcher Preis wäre bei Unabhängigkeit der Vertragspartner vereinbart worden (Wortbestandteil: „Fremd“), wenn also auf die einzelnen Geschäftspartner kein Einfluss außerhalb der eigentlichen Geschäftsbeziehung ausgeübt werden könnte? (2) Besteht Vergleichbarkeit der Verhältnisse („comparability“) bezüglich der untersuchten Geschäftsbeziehung (Wortbestandteil: „Vergleich“)? Der Fremdvergleichsgrundsatz ist im deutschen Steuerrecht insbesondere in den folgenden Vorschriften kodifiziert: (1) verdeckte Gewinnausschüttung iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, (2) § 1 AStG sowie (3) den Art. 9 OECD-MA entsprechenden Vorschriften der deutschen DBA. Zur Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes hat die FinVerw. bereits in 1983 die „Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen“ (sog. Verwaltungsgrundsätze – VWG)3 veröffentlicht. Für spezielle Fragen sind seither mehrere Rechtsverordnungen, nämlich die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV)4 zur Dokumentation von Verrechnungspreisen und die Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV)5 zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei Funktionsverlagerungen ergangen. Darüber hinaus hat das BMF seine Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes für ausgewählte Fragen in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren,6 den Umlageverwaltungsgrundsätzen,7 den Verwaltungsgrundsätzen Arbeitnehmerentsendung8 sowie den Verwaltungsgrundsätzen Funktionsverlagerung9 niedergelegt. Unabhängig vom deutschen Gesetzgeber und der deutschen FinVerw. nimmt die OECD in ihren fortlaufend überarbeiteten Leitlinien eine Auslegung des in Art. 9 OECD-MA enthaltenen Fremdvergleichsgrundsatzes auf über 350 Seiten vor.10 Die OECD-Leitlinien enthalten „international abgestimmte Grundsätze“ und geben „Richtlinien für die Anwendung des Grundsatzes des Fremdverhaltens“11.
1515
Vergleichbarkeit der Verhältnisse. Wenn aus Transaktionen mit unabhängigen Dritten (innerer Vergleich) oder unter unabhängigen Dritten (äußerer Vergleich) Preise, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze für einzelne Geschäftsbeziehungen abgeleitet werden können, so dürfen die so ermittelten Preise, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze nur dann für konzerninterne Geschäftsbeziehungen herangezogen werden, wenn Vergleichbarkeit der Verhältnisse herrscht. Diese Vergleichbarkeitsanalyse stellt eine umfassende Untersuchung dar. So sollen die folgenden Vergleichskriterien im Einzelnen untersucht werden: –
Art, Ausgestaltung, Qualität und Umfang der Produkte oder Dienstleistungen,
–
ausgeübte Funktionen, getragene Risiken, eingesetzte WG der Vertragsparteien,
–
Vertrags- und Lieferbedingungen,
–
wirtschaftliche Rahmenbedingungen und
–
Geschäftsstrategien der Geschäftspartner.12
1 Vgl. Kurzewitz, Die Wahl der geeigneten Verrechnungspreismethode zur Verringerung von Doppelbesteuerungsproblemen, 2009, 135 ff. mwN. 2 Vgl. Baumhoff in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl. 2012, Rz. 3.71 ff. 3 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218. 4 Vgl. GAufzV v. 13.11.2003, BGBl. I 2003, 2296. 5 Vgl. FVerlV v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680. 6 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570. 7 Vgl. BMF v. 30.12.1999 – IV B 4 - S 1341 - 14/99 – VWG-Umlage, BStBl. I 1999, 1122. 8 Vgl. BMF v. 9.11.2001 – IV B 4 - S 1341 - 20/01 – VWG-Arbeitnehmer-Entsendung, BStBl. I 2001, 796. 9 Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-Funktionsverlagerung, BStBl. I 2010, 774. 10 Vgl. OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, July 2010, OECD-Leitlinien 2010. 11 OECD-MK, Art. 9 OECD-MA Rz. 1. 12 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.7; OECD-Leitlinien 2010 Rz. 1.36.
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G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1515–1518 § 8
Ergebnis einer solchen Vergleichbarkeitsanalyse wird sein, dass die zum Vergleich herangezogene Geschäftsbeziehung (1) uneingeschränkt vergleichbar oder (2) eingeschränkt vergleichbar oder (3) unvergleichbar mit der untersuchten konzerninternen Geschäftsbeziehung ist.1 Dabei setzt zumindest die FinVerw. sehr hohe Anforderungen an die uneingeschränkte Vergleichbarkeit. Diese soll nur dann bestehen, wenn die Geschäftsbedingungen identisch sind oder Unterschiede in den Geschäftsbedingungen keine wesentliche Auswirkung auf die Preisgestaltung haben oder Unterschiede in den Geschäftsbedingungen durch hinreichend genaue Anpassungen beseitigt werden können.2 Solch ideale Voraussetzungen treffen in der Unternehmenspraxis allerdings nur selten zu, am ehesten noch bei homogenen Gütern, zB börsennotierten Rohstoffen oder Zinssätzen für Darlehen. Dementsprechend kann meist nur eine eingeschränkte Vergleichbarkeit festgestellt werden. Dabei ist allerdings noch eine Abgrenzung zur Unvergleichbarkeit vorzunehmen. Zu Recht stellt die FinVerw. fest, dass bezüglich dieser Abgrenzung keine allgemeingültige Aussage getroffen werden kann. Vielmehr sei dies „weitgehend eine Frage der Bewertung im Einzelfall.“3 Jedenfalls soll eingeschränkte Vergleichbarkeit vorliegen, wenn die wesentlichen preisdeterminierenden Faktoren zwar zutreffend identifiziert wurden, wegen bestehender Informationsdefizite eine uneingeschränkte Vergleichbarkeit jedoch nicht gegeben ist.4 Bandbreite. Bei der Ermittlung von Vergleichswerten ergibt sich regelmäßig eine Bandbreite von Preisen, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätzen. Dass bei vergleichbaren Leistungen unterschiedliche Preise, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze realisiert werden, erklärt sich insbesondere durch die Unvollkommenheit der Märkte. Mangelndes rationales Verhalten der Marktteilnehmer, eine eingeschränkte Markttransparenz, Beschränkungen beim Marktzutritt, Transaktionskosten usw. führen dazu, dass die Modellbedingungen des vollkommenen Markts nicht gegeben sind und insofern kein einheitlicher Preis für eine vergleichbare Leistung am Markt vorzufinden ist.5 Dass es „den ‚einen‘ angeblich richtigen Fremdvergleichspreis“6 nicht gibt, sondern dass bei Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs meist Bandbreiten vorliegen, wird auch von der FinVerw. anerkannt.7 Welchen Wert der Stpfl. aus der identifizierten Bandbreite für seine Verrechnungspreisermittlung heranziehen kann, hängt insbesondere davon ab, ob eine uneingeschränkte oder nur eine eingeschränkte Bandbreite vorliegt.
1516
Uneingeschränkte Vergleichbarkeit. Wenn mehrere Fremdvergleichswerte identifiziert werden und diese uneingeschränkt vergleichbar sind, ist aus § 1 Abs. 3 Satz 3 AStG im Umkehrschluss ableitbar, dass die so ermittelte Bandbreite von dem Stpfl. vollumfänglich ausgeschöpft werden kann. Der Stpfl. darf also den aus seiner Sicht vorteilhaftesten Wert als Verrechnungspreis ansetzen. Diese Regelung stellt allerdings auch eine Selbstverständlichkeit dar: Wenn der Stpfl. darlegen kann, dass solche Preise, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze auch von fremden Dritten bei vergleichbaren Verhältnissen erzielt wurden, ist deren Ansatz als Verrechnungspreis ein der (wirtschaftlichen) Logik folgender Schritt. Die Möglichkeit, die gesamte ermittelte Bandbreite bei uneingeschränkter Vergleichbarkeit auszuschöpfen, wird auch von der OECD anerkannt und sollte damit internationale Gültigkeit haben.8
1517
Eingeschränkte Vergleichbarkeit. Wenn die identifizierten Fremdvergleichswerte nur eingeschränkt vergleichbar sind, verlangt der deutsche Gesetzgeber, die sich ergebende Bandbreite einzuengen.9 Eine solche Einengung kann insbesondere durch Anpassungsrechnungen,10 Kontrollrechnungen11 oder mathematische Verfahren12 erfolgen, wobei die Methode
1518
1 Die Unterscheidung zwischen uneingeschränkt vergleichbar und eingeschränkt vergleichbar ist mit der Überarbeitung des § 1 AStG iRd. UntStRefG 2008 nunmehr auch ausdrücklich im G enthalten; vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 (uneingeschränkt vergleichbar) und Satz 2 AStG (eingeschränkt vergleichbar). 2 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.7 Buchst. a. 3 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.7 Buchst. c. 4 Vgl. Schreiber in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, VWG-Verfahren, Anm. 235. 5 Vgl. Baumhoff in FS Wassermeyer, 348 ff. 6 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann = FR 2002, 154. 7 Vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1, Halbs. 2 AStG; Tz. 3.55 OECD-Leitlinien 2010. 8 Vgl. Tz. 3.60 OECD-Leitlinien 2010. 9 Vgl. § 1 Abs. 3 Satz 3 AStG. 10 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 – 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.5 Buchst. b. 11 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 – 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.5 Buchst. c; Tz. 3.58 OECD-Leitlinien 2010. 12 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 – 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.5 Buchst. d; Tz. 3.57 OECD-Leitlinien 2010.
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§ 8 Rz. 1518–1520
Ermittlung des Einkommens
der „Interquartile Range“ das wohl wichtigste mathematische Verfahren darstellt. Bei der Methode der „Interquartile Range“ bleibt sowohl das untere als auch das obere Viertel der Werte der ermittelten Bandbreite bei der Verrechnungspreisbildung unberücksichtigt. Zwar fehlt es an einer tragfähigen ökonomischen Begründung für diese Vorgehensweise.1 Letztlich handelt es sich jedoch um eine „Daumenregel“,2 mit der solche Unternehmen ausgesondert werden sollen, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer nicht ausreichenden Vergleichbarkeit zu hoch ist. Trotz aller Kritik kommt die Methode der „Interquartile Range“ in der Praxis häufig zur Anwendung, was sicherlich auch darauf beruht, dass diese Methode im US-amerikanischen Steuerrecht ausdrücklich vorgesehen ist3 und dadurch eine faktische Bedeutung erlangt hat. 2. Korrekturvorschriften und ihr Verhältnis zueinander 1519
Überblick. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist im deutschen Steuerrecht insbesondere in den folgenden Vorschriften kodifiziert: (1) verdeckte Gewinnausschüttung iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, (2) § 1 AStG sowie (3) den Art. 9 OECD-MA entsprechenden Vorschriften der deutschen DBA. Zu den Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA kann auf die Ausführungen in Rz. 198 ff. (vGA Systematik und Grundlagen) verwiesen werden. Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG sind Einkünfte aus grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen zu berichtigen, wenn sie dadurch gemindert wurden, dass der Stpfl. Bedingungen (insbesondere Preise) zugrunde gelegt hat, die von denen abweichen, die unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz). Wenn dies zutrifft, sind die Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Neben den nationalen Korrekturvorschriften geben abkommensrechtlich die Art. 9 OECD-MA nachgebildeten Regelungen der deutschen DBA den Rahmen für Verrechnungspreiskorrekturen vor. Gem. Art. 9 Abs. 1 OECD-MA sind Einkünftekorrekturen zulässig, wenn international verbundene Unternehmen im Rahmen ihrer kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen Bedingungen vereinbaren, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen vereinbaren würden. Auch abkommensrechtlich kommt somit der Grundsatz des Fremdvergleichs zur Anwendung.
1520
Verhältnis vGA zu § 1 AStG. Die Berichtigung von Einkünften gem. § 1 AStG ist „unbeschadet anderer Vorschriften“ vorzunehmen. Mit dieser Formulierung soll zum Ausdruck kommen, dass die Korrekturnorm des § 1 AStG subsidiär zu anderen Korrekturnormen ist. § 1 AStG tritt also zurück, zumindest wenn die anderen Korrekturnormen eine Gewinnkorrektur vorsehen, die § 1 AStG entspricht.4 Diese Rangfolge wird auch durch die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 4 AStG bestätigt. Für den Fall, dass die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes gem. § 1 AStG zu weitergehenden Berichtigungen als die anderen Vorschriften führt, sind diese weitergehenden Berichtigungen neben den Rechtsfolgen der anderen Vorschriften durchzuführen. Mit § 1 Abs. 1 Satz 4 AStG wird somit eine Meistbegünstigung zugunsten der FinVerw. normiert. Ein weiterer Unterschied zwischen vGA und § 1 AStG ist darin zu sehen, dass letztere Vorschrift nur bei einer „Geschäftsbeziehung zum Ausland“ zur Anwendung kommt. § 1 AStG ist somit als „Ausnahmebestimmung für Auslandsbeziehungen“5 anzusehen, während § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sowohl für Inlands- als auch für Auslandsfälle gilt. Des Weiteren ist § 1 AStG nur anwendbar bei einer Einkünfteminderung des inländischen Stpfl. Erzielt ein inländisches Unternehmen aus einer Lieferung an ein ausländisches nahestehendes Unternehmen hingegen unangemessen hohe Preise oder werden ihm aus einer Lieferung eines ausländischen nahestehenden Unternehmens zu niedrige Preise berechnet, so kann sich eine Korrektur nicht auf § 1 AStG stützen. Im Unterschied zur vGA kennt § 1 AStG auch keine besonderen formalen Anforderungen an die Vereinbarungen mit beherrschenden Gesellschaftern. Während § 1 AStG auf die Vereinbarungen zwischen nahestehenden Personen abstellt, kann eine vGA auch durch eine Handlung ohne vorherige Vereinbarung ausgelöst werden. Auch der Begriff der nahestehenden Person iSd. § 1 AStG unterscheidet sich von den Regelungen zur vGA. § 1 Abs. 2 AStG sieht eine Mindestbeteiligung von 25 % oder einen beherrschenden Einfluss zur Begründung des Nahestehens vor.
1 Vgl. Baumhoff in FS Wassermeyer, 362 ff.; Werra, IStR 2005, 21; Finsterwalder, DStR 2005, 769; Steuerfachausschuss des IDW, FN-IDW 2004, 787 f. 2 Scholz/Crüger, RIW 2005, 37. 3 Vgl. Sec. 482 IRC und die dazu ergangenen Regulations. 4 Vgl. hierzu im Einzelnen Wassermeyer, in F/W/B, § 1 AStG Anm. 76 ff. 5 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159.
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G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1520–1522 § 8
Darüber hinaus führen auch Interessenverflechtungen zwischen dem Stpfl. und dem ausländischen Geschäftspartner zu einem Nahestehen. Eine vGA kann hingegen durch jede Art des Nahestehens begründet werden, sei es durch Beziehungen familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art.1 § 1 AStG ist insofern enger gefasst als § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG. Allerdings erfordert § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Beteiligung am Kapital oder den Stimmrechten der Gesellschaft, was keine Voraussetzung für die Anwendung des § 1 AStG ist.2 Im Übrigen stellt die vGA eine Korrekturvorschrift für juristische Personen und ihre Gesellschafter dar. Die Vorschrift des § 1 AStG ist darüber hinaus auch für Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG) sowie, seit Einführung des AmtshilfeRLUmsG in 2013,3 für Betriebsstätten gültig (vgl. § 1 Abs. 5 AStG). Außerdem betrifft § 1 AStG ausschließlich die jeweilige Gesellschaft; Besteuerungsfolgen bei dem Gesellschafter werden im Unterschied zur vGA (Kapitalerträge) hingegen nicht ausgelöst. Fremdvergleichsgrundsatz gem. vGA und § 1 AStG. Im Gesetzeswortlaut des § 1 AStG 1521 wird ausdrücklich auf den Fremdvergleichsgrundsatz Bezug genommen. Dabei definiert § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG diesen als die Einhaltung von Bedingungen, insbesondere Preisen, wie sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten. Auch die vGA nimmt Bezug auf den Fremdvergleichsgrundsatz.4 Trotz identischen Begriffs ergeben sich Unterschiede bei der Auslegung. So unterstellt § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG vollständige Informationstransparenz zwischen den Parteien bei der Ausgestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen. Diese Fiktion ist der vGA zu Recht fremd, da Märkte durch Informationsasymmetrien geprägt sind (vgl. hierzu Rz. 1558). § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG sieht nachträgliche Preisanpassungen bei Geschäftsbeziehungen mit immateriellen WG vor. Diese sind unter Anwendung des Korrekturmaßstabs der vGA hingegen nicht möglich (vgl. hierzu Rz. 175). Sie führen nicht zu einer steuerlichen Rückabwicklung der vollendeten vGA. Für den Fall, dass ein vom Stpfl. zugrunde gelegter Verrechnungspreis außerhalb der (eingeengten) Bandbreite von Vergleichstransaktionen liegt, sieht § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG eine Korrektur auf den Median vor. Hingegen ist es ständige Rspr. zur vGA, dass lediglich auf den für den Stpfl. günstigsten Wert einer Bandbreite korrigiert werden darf.5 Weiterhin ist das Abstellen auf den Mittelwert des Einigungsbereichs im Fall des hypothetischen Fremdvergleichs eine spezifische Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG. Die Rspr. des BFH zur vGA regelt hingegen auch für den hypothetischen Fremdvergleich, dass auf den für den Stpfl. günstigsten Wert des Einigungsbereichs zu korrigieren ist (vgl. hierzu Rz. 395).6 Ferner stellen die Regelungen zur Funktionsverlagerungsbesteuerung in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG eine Besonderheit des § 1 AStG dar. Eine Gesamtbewertung für eine Funktion kennt die vGA nicht, es sei denn, ein Teilbetrieb oder eine vergleichbare Einheit geht einschließlich der geschäftswertbildenden Faktoren über. Die „Funktion“ als Bewertungsobjekt und das „Transferpaket“ als Bewertungsmaßstab sind der vGA jedenfalls fremd (vgl. hierzu Rz. 198 ff.). Vereinbarkeit mit Unionsrecht. Da die Rechtsfolgen des § 1 AStG bei grenzüberschreitenden Sachverhalten weiter gehen als inländische Sachverhalte unter § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, kam immer wieder die Frage auf, ob § 1 AStG mit dem Unionsrecht vereinbar ist.7 Die deutsche Rspr. ließ bisher immer wieder Zweifel daran aufkommen.8 Diese Bedenken haben sich durch die Rspr. des EuGH zur Rechtssache „SGI“ allerdings relativiert.9 Dem EuGH war die Frage vorgelegt worden, ob eine dem § 1 AStG vergleichbare belgische Vorschrift gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Nach Auffassung des EuGH liegt zwar ein Eingriff in die Niederlassungsfreiheit vor, da die belgische Vorschrift die Besteuerung davon abhängig 1 2 3 4 5 6 7 8
9
Vgl. BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350. Vgl. Kraft in Kraft, AStG, 2009, § 1 AStG Rz. 26. G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann mwN. Vgl. BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867 = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240. Vgl. Wassermeyer in F/W/B, § 1 AStG Anm. 816.1. Vgl. BFH v. 21.6.2001 – I B 141/00, BFHE 195, 398; FG Münster v. 22.2.2008 – 9 K 509/07 K, F, EFG 2008, 923 (rkr.); FG Düsseldorf v. 19.2.2008 – 17 K 894/05 E, EFG 2008, 1006 (zwar bestätigt durch BFH v. 29.4.2009 – I R 26/08, BFH/NV 2009, 1648, allerdings mit der Begründung, dass im Urteilsfall keine Geschäftsbeziehung vorlag. Insofern musste sich der BFH nicht mit der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht auseinandersetzen.). Vgl. EuGH v. 21.1.2010 – Rs. C-311/08 – SGI, Slg. 2010, I-487.
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§ 8 Rz. 1522–1524
Ermittlung des Einkommens
macht, ob ein Geschäftsvorfall mit nahestehenden Unternehmen im Inland oder im Ausland stattfindet. Eine solche Beschränkung sei jedoch zur Wahrung der ausgewogenen Aufteilung von Besteuerungsbefugnissen und zur Vermeidung von Steuerumgehungen gerechtfertigt. Die Vorschrift sei allerdings nur insoweit verhältnismäßig und damit europarechtskonform, als ihre konkrete Ausgestaltung nicht über das erforderliche Maß zur Erreichung der verfolgten Ziele hinausgehe. Verhältnismäßigkeit sei jedenfalls dann gegeben, wenn der Stpfl. die Möglichkeit habe, wirtschaftliche Gründe für das Abweichen vom Fremdvergleichsgrundsatz vorzubringen, und die steuerliche Berichtigung sich auf den Teil beschränke, der einem Fremdvergleich nicht standhält. Analog zur Rs. „SGI“ dürften auch mit Bezug auf § 1 AStG Rechtfertigungsgründe für einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit vorliegen. Es ist jedoch fraglich, ob die Regelung des § 1 AStG auch verhältnismäßig ausgestaltet ist. § 1 AStG enthält nämlich keine ausdrückliche Möglichkeit des Gegenbeweises. Vielmehr ist der Norm des § 1 AStG ein Nachweis wirtschaftlicher Gründe gänzlich fremd.1 Insofern bedarf es wohl einer geltungserhaltenden Interpretation des § 1 AStG, um den Vorgaben des Unionsrechts zu genügen. In diesem Sinn hat das FG Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung den § 1 AStG geltungserhaltend interpretiert.2 Das Urteil wurde allerdings in der Revision vom BFH aufgehoben und der vom FG Schleswig-Holstein angenommene Unionsrechtsverstoß abgelehnt.3 Als Begründung wurde vom BFH angeführt, dass „eine Korrektur […] auf der Grundlage des (allgemeinen) Fremdvergleichs, der zwar den Einfluss der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen den Geschäftspartnern auf die Preisbildung ausschließt, nicht aber sachbezogene wirtschaftliche Gründe der Parteien […], als Maßstab zur Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsrechte geeignet und jedenfalls nicht unverhältnismäßig (ist).“ Der BFH hält die Vereinbarkeit von § 1 AStG mit dem Unionsrecht dabei für so eindeutig, dass er den Fall auch nicht dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hat. 1523
Verhältnis vGA zu Art. 9 OECD-MA. Beurteilungsmaßstab des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA hinsichtlich der Angemessenheit der vereinbarten Bedingungen ist ebenfalls der Fremdvergleichsgrundsatz. Ein Abweichen vom Fremdvergleichsgrundsatz hat jedoch keine direkte Einkünftekorrektur zur Folge, da die Abkommensnorm keine selbstständige Rechtsgrundlage für eine Berichtigung darstellt und somit keine „self-executing“-Wirkung entfaltet.4 Hierfür bedarf es der Vorschriften des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und des § 1 AStG als innerstaatliche Korrekturnormen. Ferner umfassen die Vorschriften zur vGA einen weiteren Anwendungsbereich im Verhältnis zu Art. 9 Abs. 1 OECD-MA. So fallen unter eine Berichtigung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG alle Arten von Beziehungen, die ein Nahestehen begründen können. Art. 9 Abs. 1 OECD-MA beschränkt sich hingegen auf die „kaufmännischen oder finanziellen“ Beziehungen.
1524
Sperrwirkung von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA. Bei beherrschenden Gesellschaftern besteht ein Indiz5 für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und insofern eine vGA, wenn es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren, eindeutigen und im Voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist, oder wenn einer getroffenen Vereinbarung entsprechend nicht verfahren wird (sog. Sonderbedingungen für beherrschende Gesellschafter).6 Begründung dafür ist, dass bei einem beherrschenden Gesellschafter eher „Möglichkeiten zur Gewinnmanipulation“7 bestünden. In der Literatur umstritten war, ob diese Sonderbedingungen auch zur Anwendung kommen, wenn bei einer grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehung eine dem Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nachgebildete Abkommensvorschrift vorliegt.8 Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nimmt nämlich nur Bezug auf „kaufmännische oder finanzielle Beziehungen“, wobei es fraglich ist, ob es an diesen fehlt, wenn keine klaren und eindeutigen Abmachungen vorliegen. Mittlerweile ist die Frage geklärt: Der BFH hat entschieden, dass die Sonderbedingungen für beherrschende Gesellschafter nicht mit dem Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 9 1 Vgl. Greinert/Weigert, DB 2013, 2526 mwN. 2 Vgl. FG Schl.-Holst. v. 29.11.2012 – 1 K 118/07, EFG 2013, 279, hierzu Nientimp, ISR 2013, 122; Hruschka, ISR 2013, 123; Nolden/Bollermann, IWB 2013, 649. 3 Vgl. BFH v. 25.6.2014 – I R 88/12, BFH/NV 2015, 57; hierzu Glahe, IStR 2015, 97. 4 Vgl. BFH v. 12.3.1980 – I R 186/76, BStBl. II 1980, 531 = FR 1980, 360 = GmbHR 1981, 47. 5 Diese formalen Voraussetzungen sind lediglich als Indiz, nicht hingegen als absolutes Tatbestandsmerkmal aufzufassen; vgl. „Oder-Konto“-Beschl. des BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 = FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer. 6 Vgl. R 36 Abs. 2 KStR 2004 mit Hinweisen auf die BFH-Rspr. 7 BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647. 8 Zust. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 1.2.1.; ablehnend Baumhoff/ Greinert, IStR 2008, 353 mwN.
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G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1524–1526 § 8
Abs. 1 OECD-MA vereinbar sind.1 Das Abkommensrecht entfaltet insoweit eine Sperrwirkung gegenüber weitergehenden innerstaatlichen Korrekturvorschriften. Der BFH begründet die Sperrwirkung damit, dass Art. 9 Abs. 1 OECD-MA die Gewinnkorrektur mit den wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen oder finanziellen Bedingungen der Geschäftsbeziehung verknüpft. Während die wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bedingungen den schuldrechtlichen Verhältnissen zugeordnet werden können, beziehen sich die finanziellen Bedingungen auf das Gesellschaftsverhältnis. Damit erfasst die Abkommensnorm alle Umstände, die sich auf die Höhe der Vereinbarungen auswirken. Eine Gewinnkorrektur, die sich neben der Angemessenheit der Höhe nach auch auf die Fremdüblichkeit dem Grunde nach stützt, ist von der Regelung jedoch nicht erfasst. Ein formeller Fremdvergleich, der die Üblichkeit oder Ernsthaftigkeit einer Vereinbarung entsprechend den innerstaatlichen Vorschriften zur vGA prüfen würde, scheidet somit aus. Dieser Auffassung hat sich nun auch die FinVerw. mit der Veröffentlichung des BFH-Urteils im Bundessteuerblatt angeschlossen. Dadurch wird auch die Vorschrift in den VWG hinfällig, wonach nur dann ein Betriebsausgabenabzug anerkannt werden soll, wenn den Aufwendungen im Voraus getroffene, klare und eindeutige Vereinbarungen zugrunde liegen.2 Auch nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen können nun nicht mehr mit der Begründung abgelehnt werden, dass es in diesen Fällen an einer klaren und im Vorhinein abgeschlossenen Vereinbarung über die tatsächlich am Jahresende zu zahlenden Verrechnungspreise fehlen würde (vgl. hierzu jedoch kritisch Rz. 175). Da Art. 9 Abs. 1 OECD-MA alle weitergehenden, innerstaatlichen Korrekturmaßnahmen „sperrt“, sind neben den formalen Anforderungen an die Angemessenheit auch Regelungen des § 1 AStG von der abkommensrechtlichen Sperrwirkung erfasst, die nicht auf dem Fremdvergleichsgrundsatz des Art. 9 OECD-MA basieren. Hierzu zählen jedenfalls die unterstellte Informationstransparenz (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG), die Anpassung der Verrechnungspreise auf den Median, wenn das Ergebnis außerhalb der (eingeengten) Bandbreite von Fremdvergleichswerten liegt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG), die Anwendung des Mittelwerts des Einigungsbereichs beim hypothetischen Fremdvergleich (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG) sowie die Möglichkeit der Anpassung der Verrechnungspreise bei der Übertragung wesentlicher immaterieller WG und Vorteile auf Basis des hypothetischen Fremdvergleichs innerhalb von zehn Jahren (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 11 f. AStG).
II. Methoden zur Ermittlung eines angemessenen Verrechnungspreises 1. Allgemeines Überblick über die Verrechnungspreismethoden. Zur Ableitung eines angemessenen Verrechnungspreises ist die Anwendung sog. Verrechnungspreismethoden erforderlich. Dabei wird zwischen sog. Standardmethoden3 (traditional transaction methods)4 und gewinnorientierten Methoden5 (transactional profit methods)6 unterschieden. Bei den Standardmethoden handelt es sich im Einzelnen um die Preisvergleichsmethode, die Wiederverkaufspreismethode und die Kostenaufschlagsmethode. Zu den gewinnorientierten Methoden gehören die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode und die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode. Bei Letzteren handelt es sich um sog. geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethoden. Nur diese werden sowohl national7 als auch international8 als mit dem Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang stehend betrachtet. Dagegen werden die globale Gewinnvergleichsmethode und die globale Gewinnaufteilungsmethode nicht anerkannt, da beide keinem geschäftsvorfallbezogenen Ansatz folgen.9
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Rangfolge der Verrechnungspreismethoden. Mit Bezug auf die Standardmethoden gibt es keine definierte Rangfolge. Vielmehr werden die Standardmethoden als untereinander
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1 Vgl. BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046 = FR 2013, 415 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2013, 157; hierzu Ditz, ISR 2013, 54; Schnorberger/Becker, IStR 2013, 112; Kircher/Moll, DStR 2013, 1111; Böhmer, IStR 2013, 270; Engel/Hilbert, IWB 2013, 123. 2 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 1.4.1. 3 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 – 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.2. 4 Vgl. Tz. 2.1 OECD-Leitlinien 2010. 5 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3 Buchst. b und c. 6 Vgl. Tz. 2.1 OECD-Leitlinien 2010. 7 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3. 8 Vgl. Tz. 2.4 OECD-Leitlinien. 9 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3 Buchst. d; Tz. 1.21 OECD-Leitlinien 2010.
Greinert
743
§ 8 Rz. 1526–1527
Ermittlung des Einkommens
gleichrangig betrachtet.1 Gleichwohl gilt die Preisvergleichsmethode als diejenige Methode, die bei Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Unternehmen ein Höchstmaß an Marktnähe aufweist und daher – sofern ihre strengen Anwendungsvoraussetzungen erfüllt sind – als die geeignetste Verrechnungspreismethode anzusehen ist.2 Bezüglich des Verhältnisses der gewinnorientierten Methoden zu den Standardmethoden wurde in der Vergangenheit allerdings deren Anwendung nur im Ausnahmefall – insbesondere zur Schätzung oder Verprobung – von der deutschen FinVerw. anerkannt.3 Zwar war aus einzelnen Textstellen der bereits in 1983 veröffentlichten Verwaltungsgrundsätze erkennbar, dass auch eine eigenständige Anwendung der gewinnorientierten Methoden möglich sein sollte.4 Allerdings wurden sie immer noch als Methoden „des letzten Auswegs“ angesehen.5 Erst durch die in 2005 veröffentlichten VWG-Verfahren wurde die eigenständige Anwendbarkeit der gewinnorientierten Methoden auch offiziell anerkannt,6 nachdem die Betriebsprüfungspraxis schon deutlich länger so vorgegangen war. Voraussetzung für den Einsatz gewinnorientierter Methoden sollte allerdings bleiben, dass es unter Anwendung der Standardmethoden nicht gelingt, fremdvergleichskonforme Verrechnungspreise zu ermitteln.7 Damit wurde zugleich das Rangverhältnis der Methoden untereinander geregelt: Vorrangig kommen die Standardmethoden, nur nachrangig die geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden zur Anwendung. Mit der Geltung des UntStRefG 20088 wurde auch dieses Vorrangverhältnis weiter aufgeweicht. Zwar heißt es immer noch in § 1 Abs. 3 Satz 1 AStG, dass der „Verrechnungspreis vorrangig nach der Preisvergleichsmethode, der Wiederverkaufspreismethode oder der Kostenaufschlagsmethode zu bestimmen [ist], wenn Fremdvergleichspreise ermittelt werden können, die […] für diese Methoden uneingeschränkt vergleichbar sind“. Bekanntlich ist die uneingeschränkte Vergleichbarkeit allerdings der Ausnahmefall. Die durch einen tatsächlichen Fremdvergleich abgeleiteten Werte sind meist nur als eingeschränkt vergleichbar zu qualifizieren. Hierzu normiert § 1 Abs. 3 Satz 2 AStG, „eingeschränkt vergleichbare Werte […] der Anwendung einer geeigneten Verrechnungspreismethode zugrunde zu legen“. Nunmehr wird also nur noch auf eine „geeignete Verrechnungspreismethode“ Bezug genommen. Der traditionelle Vorrang der Standardmethoden gegenüber den gewinnorientierten Methoden besteht demnach nicht mehr.9 Diese Regelungen stehen auch im Einklang mit den nach langer Vorarbeit grundlegend überarbeiteten OECD-Leitlinien 2010. Demnach gilt bei der Auswahl der Verrechnungspreismethode, die am besten geeignete Methode („the most appropriate method“) für den jeweiligen Geschäftsvorfall heranzuziehen.10 Interessant ist dabei, dass in den OECD-Leitlinien auch ausdrücklich auf Fälle aufmerksam gemacht wird, in denen die gewinnorientierten Methoden am besten geeignet sind.11 Insofern ist festzuhalten, dass heute kein generelles Nachrangverhältnis für die gewinnorientierten Methoden mehr besteht. Vielmehr ist für den Stpfl. entscheidend, die für den jeweiligen Geschäftsvorfall am besten geeignete Methode zu finden. 2. Standardmethoden a) Preisvergleichsmethode 1527
Überblick. Bei Anwendung der Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method = CUP Method) erfolgt zur Ableitung eines angemessenen Verrechnungspreises eine Orientierung an den Preisen, die bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen
1 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.4.1.; BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann; Wassermeyer, WPg 2002, 14. 2 Vgl. Tz. 2.14 OECD-Leitlinien 2010; BFH v. 6.4.2005 – I R 22/04, BStBl. II 2007, 658 = FR 2005, 1030 = GmbHR 2005, 1139 m. Anm. Hoffmann; Baumhoff/Ditz/Greinert, IStR 2005, 592. 3 Vgl. die Stellungnahme des BMF zum neuen Verrechnungspreisbericht des OECD-Rates, IStR 1995, 384; dies nochmals bestätigend Runge, IStR 1995, 505. 4 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.4.5., 2.4.6. und 5.2.3. 5 Vgl. Menck, StBp 1996, 154. 6 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3 Buchst. b und c; vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, 1551. 7 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3 Buchst. b 1. Spiegelstrich und Buchst. c. 8 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 9 Vgl. Greinert in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 5.86. 10 Vgl. Tz. 2.2 OECD-Leitlinien 2010. 11 Vgl. Tz. 2.4 OECD-Leitlinien 2010.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1527–1531 § 8
Dritten am Markt vereinbart werden (Marktpreise). Dabei wird zwischen einem äußeren und einem inneren Preisvergleich unterschieden.1 Äußerer Preisvergleich. Der äußere Preisvergleich stellt im Rahmen eines zwischenbetrieblichen Vergleichs auf Lieferungen und Leistungen zwischen nicht nahestehenden Unternehmen der gleichen Branche ab (markt- oder branchenübliche Preise). Er kommt insbesondere für homogene WG, standardisierte, marktgängige Dienstleistungen sowie für normierte oder an Börsen gehandelte Güter in Betracht, zB Rohöl, Zucker, durch Gebührentabellen geregelte Dienstleistungen oder Zinssätze für Darlehen.
1528
Innerer Preisvergleich. Der innere Preisvergleich ist möglich, wenn ein nahestehendes 1529 Unternehmen die gleiche Lieferung oder Leistung sowohl gegenüber nahestehenden als auch nicht nahestehenden Unternehmen unter vergleichbaren Verhältnissen erbringt. Der innere Preisvergleich sucht also nach betriebsindividuellen Preisen. Ein Anwendungsbeispiel für den inneren Preisvergleich liegt vor, wenn ein Hersteller die von ihm erzeugten Zwischenprodukte sowohl an eine konzerninterne als auch fremde Produktionsgesellschaft zur Weiterbearbeitung veräußert. Vergleichbarkeit der Verhältnisse. Eine besondere Anforderung für die Anwendung der 1530 Preisvergleichsmethode ist die Vergleichbarkeit der Verhältnisse (Comparability)2. Eine zwischen nicht nahestehenden Unternehmen identifizierte Geschäftsbeziehung kann nur dann als vergleichbar und insofern anwendbar angesehen werden, wenn im Idealfall keine Unterschiede zu der konzerninternen Geschäftsbeziehung bestehen, die Geschäftsbedingungen also identisch sind, oder wenn die Unterschiede so geringfügig ausfallen, dass sie keine wesentlichen Auswirkungen auf den Marktpreis haben.3 Zudem kann auch dann von Vergleichbarkeit ausgegangen werden, wenn die ermittelten Unterschiede in den Geschäftsbedingungen durch Anpassungsrechnungen beseitigt werden können, zB bei unterschiedlichen Zahlungszielen oder Lieferbedingungen. Hierbei handelt es sich um den sog. indirekten Preisvergleich.4 Aufgrund dieser hohen Anforderungen an die Vergleichbarkeit der Verhältnisse bei Anwendung der Preisvergleichsmethode ist festzustellen, dass sie in der Unternehmenspraxis relativ selten eingesetzt wird. Wassermeyer schätzt, dass die Preisvergleichsmethode allenfalls in 5 % der einschlägigen Fälle herangezogen werden kann.5 Anwendung der Preisvergleichsmethode. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Ver- 1531 gleichbarkeit der Verhältnisse bei Anwendung der Preisvergleichsmethode kommt diese am häufigsten bei homogenen Gütern zum Einsatz. Zu denken ist an Rohstoffe, für die Börsennotierungen oder Marktpreise vorliegen. Hier ist es möglich, etwaige geringfügige Unterschiede im Rahmen von Anpassungsrechnungen zu erfassen. Ebenfalls eignet sich die Preisvergleichsmethode zur Ermittlung von fremdvergleichskonformen Zinssätzen. Mithilfe von Informationssystemen (zB Bloomberg) gelingt es, Zinssätze für Darlehen mit vergleichbarer Bonität, Laufzeit, Währung, Tilgung usw. zu identifizieren. Mit Bezug auf den angemessenen Zinssatz wird häufig die Frage diskutiert, ob der Sollzinssatz oder der Habenzinssatz relevant ist. Gemäß ursprünglicher Verwaltungsauffassung sollte der Sollzinssatz maßgebend sein.6 Diese generelle Bezugnahme auf den Sollzinssatz dürfte allerdings mittlerweile überholt sein. So hat der BFH in seinen sog. Zinsurteilen7 klargestellt, dass eine Bandbreite angemessener Zinssätze besteht. Die Untergrenze hängt davon ab, ob der Verleihende eigene Mittel verwendet – dann sind die banküblichen Habenzinssätze relevant – oder ob er selbst Kapital aufgenommen hat – dann ist der von ihm selbst gezahlte Zinssatz relevant. Die Obergrenze der Bandbreite wird hingegen durch die banküblichen Sollzinssätze bestimmt. Innerhalb der Bandbreite kann der angemessene Zinssatz dann durch Schätzung ermittelt werden. Ferner hat der BFH ausgeführt, dass „es nicht zu beanstanden (ist), wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bank-
1 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.2.2.; Tz. 2.13 OECD-Leitlinien 2010. 2 Vgl. Tz. 1.33 ff. OECD-Leitlinien 2010. 3 Vgl. Tz. 2.14 OECD-Leitlinien 2010; BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.7 Buchst. a. 4 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.2.2.; Tz. 2.14 OECD-Leitlinien 2010; BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.7 Buchst. a. 5 Vgl. Wassermeyer, DB 2007, 536. 6 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 4.2.1. 7 Vgl. BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649; v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 = FR 1994, 367.
Greinert
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§ 8 Rz. 1531–1533
Ermittlung des Einkommens
übliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen“.1 Gerade letzterer Erfahrungssatz wird allerdings mittlerweile bestritten. So sei eine „hälftige Teilung des Zinses … unter Fremden nicht üblich.“2 Vielmehr kann für den Verleihenden nur der Habenzinssatz und für den Entleihenden nur der Sollzinssatz als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Auch die neuere finanzgerichtliche Rspr. folgt dieser Auffassung und rückt insofern vom Mittelwert ab.3 b) Wiederverkaufspreismethode 1532
Überblick. Die Wiederverkaufspreismethode (Resale Price Method) ist anwendbar, wenn ein Unternehmen einem nahestehenden Unternehmen Produkte liefert und dieses dann die Produkte an fremde Dritte weiterveräußert.4 Der Preis bei Wiederverkauf der Lieferung an fremde Dritte bildet dabei die Ausgangsbasis der Wiederverkaufspreismethode. Dieser Preis wird gemindert um die dem Wiederverkäufer zustehende Handelsspanne (= Bruttomarge). Mit dieser Bruttomarge soll ein Wiederverkäufer seine eigenen operativen Kosten abdecken können. Zudem soll die Bruttomarge so bemessen sein, dass sie dem Wiederverkäufer einen angemessenen Gewinn (= Nettomarge) ermöglicht. Der angemessene Verrechnungspreis wird also auf retrogradem Weg durch Subtraktion ermittelt: ./. =
Preis bei Verkauf an fremde Dritte (Wiederverkaufspreis) marktübliche Handelsspanne des Wiederverkäufers (Bruttomarge) Verrechnungspreis
Hauptproblem bei Anwendung der Wiederverkaufspreismethode ist die Ableitung einer angemessenen Bruttomarge. Analog zur Vorgehensweise bei der Preisvergleichsmethode kann bei der Wiederverkaufspreismethode die Bruttomarge ebenfalls durch einen äußeren oder inneren Betriebsvergleich ermittelt werden. 1533
Äußerer Betriebsvergleich. Der äußere Betriebsvergleich stellt im Rahmen eines zwischenbetrieblichen Vergleichs auf die Bruttomargen unabhängiger Wiederverkäufer der gleichen Branche und Handelsstufe ab, die ein vergleichbares Funktions- und Risikoprofil erfüllen (markt- oder branchenübliche Bruttomargen). Bei einem äußeren Betriebsvergleich besteht das Hauptproblem in der praktischen Anwendung zumeist darin, dass ein Stpfl. die Bruttomargen seiner Wettbewerber in der Regel nicht kennt. Denkbar ist daher, zumindest statistische Veröffentlichungen oder Datenbanken5 zu verwenden, in denen Bruttomargen von Wiederverkäufern enthalten sind.6 Fraglich ist dann allerdings, ob für die so abgeleiteten Bruttomargen die generelle Anforderung der Vergleichbarkeit der Verhältnisse gegeben ist. Bei einer solchen Vergleichbarkeitsanalyse kommt Unterschieden in den Produkteigenschaften eine im Vergleich zur Preisvergleichsmethode geringere Bedeutung zu.7 Vielmehr kommt dabei der Vergleichbarkeit der ausgeübten Funktionen und der getragenen Risiken des Wiederverkäufers sowie der Geschäftsbedingungen der größere Stellenwert zu.8 Bei der Verwendung von Datenbanken besteht aber die Schwierigkeit, dass Unterschiede bezüglich der ausgeübten Funktionen oder getragenen Risiken bei den zum Vergleich herangezogenen Wiederverkäufern meist nicht bekannt sind. Funktions- und Risikounterschiede können aber einen Einfluss auf die operativen Kosten des Wiederverkäufers und damit auf die erforderliche Bruttomarge haben. Wenn also zB die in einer Datenbank identifizierten Vergleichsunternehmen einen geringen Funktionsumfang aufweisen und insofern nur eine geringere Bruttomarge benötigen, das untersuchte Unternehmen hingegen einen umfassenderen Funktionsumfang erfüllt, sind die aus der Datenbank abgeleiteten Bruttomargen nicht hin-
1 BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649. 2 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 693. 3 Vgl. FG Sa.-Anh. v. 21.2.2008 – 3 K 305–307/01, juris; FG Berlin-Bdb.v. 9.3.2011 – 12 K 12267/07, EFG 2011, 670. 4 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.2.3. und 3.1.3. Bsp. 1; Tz. 2.21 OECD-Leitlinien 2010. 5 Für die Verrechnungspreisermittlung ist die Anwendung der Datenbank Amadeus des Anbieters Bureau von Dijk Electronic Publishing üblich. Diese Datenbank wird auch von der deutschen FinVerw. eingesetzt. Zum Einsatz von Datenbanken vgl. auch Oestreicher/Duensing, IStR 2005, 134. 6 So sieht auch der BFH in seinem Grundsatzurteil v. 17.10.2001 (I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann) „vom Grundsatz her … keine Bedenken, Vergleichsdaten mit Hilfe von Datenbanken zu ermitteln“. 7 Vgl. Tz. 2.23 und 2.26 OECD-Leitlinien 2010. 8 Vgl. hierzu Kurzewitz, Wahl der geeigneten Verrechnungspreismethode zur Verringerung von Doppelbesteuerungsproblemen, 2009, 164 ff.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1533–1537 § 8
reichend vergleichbar, weil sie es dem untersuchten Unternehmen nicht ermöglichen, seine höheren Kosten iZm. dem umfassenderen Funktionsumfang zu decken. Innerer Betriebsvergleich. Der innere Betriebsvergleich ist möglich, wenn ein Unterneh- 1534 men seine Produkte sowohl an nahestehende als auch nicht nahestehende Wiederverkäufer verkauft, wobei die Wiederverkäufer ein vergleichbares Funktions- und Risikoprofil aufweisen. Ebenfalls kann der innere Betriebsvergleich zur Anwendung kommen, wenn ein Wiederverkäufer Produkte sowohl von einem nahestehenden als auch nicht nahestehenden Unternehmen bezieht. Auch hierbei gilt freilich die Anforderung der Vergleichbarkeit der Verhältnisse. So hat der BFH entschieden, dass die Bruttomarge, die ein Wiederverkäufer aus den von einem nicht nahestehenden Unternehmen bezogenen Produkten abgeleitet hatte, nicht im Wege des inneren Betriebsvergleichs für die Lieferungen eines nahestehenden Unternehmens an diesen Wiederverkäufer relevant sein kann, wenn der Wiederverkäufer lediglich 5 % seines Gesamtumsatzes mit den Lieferungen des nicht nahestehenden Unternehmens erzielt.1 Solche erheblichen Unterschiede im Hinblick auf die Höhe des Umsatzes sollen dazu führen, dass die marktorientiert abgeleitete Bruttomarge als nicht hinreichend vergleichbar eingeschätzt wird. Schätzung. Wenn es nicht gelingt, eine Bruttomarge durch äußeren oder inneren Be- 1535 triebsvergleich zu ermitteln, können auch Schätzungen zur Anwendung kommen. Diese eignen sich insbesondere dann, wenn iRd. Schätzungen so weit wie möglich Marktwerte berücksichtigt werden. So kann die Schätzung daran anknüpfen, dass ein Wiederverkäufer mit der Bruttomarge seine eigenen operativen Kosten abdecken und einen angemessenen Gewinn (= Nettomarge) erzielen soll. Insofern ist es für die Ableitung einer angemessenen Bruttomarge erforderlich, die operativen Kosten des Wiederverkäufers, also insbesondere seine Vertriebs- und allgemeinen Verwaltungskosten zu prognostizieren und diese um eine angemessene Nettomarge, die sich üblicherweise durch eine Umsatzrendite ausdrückt, zu erhöhen. Letztlich handelt es sich hierbei um eine Kombination mehrerer Verrechnungspreismethoden, nämlich der Wiederverkaufspreis-, der Kostenaufschlags- und der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode. Eine solche Kombination zur Ableitung einer angemessenen Bruttomarge haben der BFH2, die deutsche FinVerw.3 und die OECD-Leitlinien4 ausdrücklich als zulässig erachtet. Anwendung der Wiederverkaufspreismethode. Der wichtigste Anwendungsbereich der Wiederverkaufspreismethode ist die Verrechnungspreisermittlung iZm. Vertriebsgesellschaften. Dementsprechend sieht der BFH bei Lieferungen eines Herstellers an eine als Eigenhändler zu qualifizierende Vertriebsgesellschaft „regelmäßig“ die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode vor.5 Die Wiederverkaufspreismethode eignet sich dagegen nur eingeschränkt, wenn es sich um keinen reinen Wiederverkäufer handelt, sondern von ihm das Produkt veredelt oder weiterverarbeitet wird. Ebenfalls bestehen Vorbehalte gegen die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode, wenn der Wiederverkäufer nicht nur die üblichen Verkaufs- und Vertriebsaktivitäten erbringt, sondern darüber hinaus Beiträge zur Entstehung wertvoller immaterieller WG (zB Marken) leistet.6
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Verluste bei Vertriebsgesellschaften. Grundgedanke der Wiederverkaufspreismethode ist, dass ein Wiederverkäufer mit der Bruttomarge seine eigenen operativen Kosten abdecken und einen angemessenen Gewinn (= Nettomarge) erzielen soll. Dies ist auch insofern nachvollziehbar, als ein typischer Wiederverkäufer aufgrund seines Funktions- und Risikoprofils als Routineunternehmen oder Mittelunternehmen zu charakterisieren ist. Jedenfalls scheidet im Regelfall die Charakterisierung als Entrepreneur aus.7 Insofern stehen einem Wiederverkäufer im Regelfall nicht die Residualgewinne, sondern nur mehr oder weniger geringe, aber stabile Gewinne zu. Vor diesem Hintergrund akzeptiert der BFH auch nur vorübergehende Verluste bei Vertriebsgesellschaften. So hat er in dem sog. Aquavit-Urteil aus-
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1 Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. 2 Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. 3 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.4.2. 4 Vgl. Tz. 2.31 OECD-Leitlinien 2010. 5 Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann; vgl. auch BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 3.1.3. Bsp. 1. 6 Vgl. Tz. 2.29 und 2.32 OECD-Leitlinien 2010. 7 Zur Charakterisierung vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.2.
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§ 8 Rz. 1537–1540
Ermittlung des Einkommens
geführt: „Die Verlustphase der Anlaufzeit wird zudem – abgesehen von besonderen Umständen im Einzelfall – einen Zeitraum von drei Jahren nicht übersteigen.“1 Dieser Gedanke wurde in dem Grundsatzurteil vom 17.10.2001 nochmals bestätigt und in der Weise ergänzt, dass eine Vertriebsgesellschaft „auch bei Anerkennung von Anlaufverlusten im Regelfall innerhalb eines überschaubaren Kalkulationszeitraums mit einem angemessenen Totalgewinn rechnen können“2 muss. Es ist also nicht nur erforderlich, dass keine weiteren Verluste mehr entstehen. Vielmehr muss damit zu rechnen sein, dass insgesamt mit dem Vertrieb ein Gesamtgewinn – unter Berücksichtigung der anfänglichen Verluste – erwirtschaftet werden kann. Dass die Verrechnungspreise gegenüber einem Wiederverkäufer so ausgestaltet sein müssen, dass er mit dem Vertrieb von Produkten insgesamt Gewinne erzielen kann, wird schließlich auch aus dem BFH-Urteil v. 6.4.2005 deutlich: Der BFH sah die Verrechnungspreise in dem Urteilsfall als nicht fremdüblich an, weil „die vom Produktionsunternehmen allgemein vorgegebenen Preise dem Vertriebsunternehmen nicht die Möglichkeit zur Erzielung eines Vertriebsgewinns belassen.“3 Daraus lässt sich freilich nicht folgern, dass ein Wiederverkäufer niemals Verluste erzielen darf. In Anlaufphasen werden Verluste vielmehr auch vom BFH ausdrücklich zugelassen. Zudem sind Verluste, die auf unzureichender Leistung oder Fehleinschätzungen des Wiederverkäufers beruhen, auch von diesem zu tragen. c) Kostenaufschlagsmethode 1538
Überblick. Bei der Kostenaufschlagsmethode (Cost Plus Method) wird der Verrechnungspreis dadurch bestimmt, dass die Kosten des liefernden bzw. leistenden Unternehmens um einen betriebs- oder branchenüblichen Gewinnaufschlag erhöht werden.4 Die Bestimmung der Kostenbasis soll dabei anhand von Kalkulationsmethoden erfolgen, die der Liefernde oder Leistende bei seiner Preispolitik auch im Verhältnis gegenüber fremden Dritten zugrunde legt oder die betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechen, wenn keine Lieferungen oder Leistungen an fremde Dritte erbracht werden.
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Begriff der Kosten. Mit dem Verweis auf betriebswirtschaftliche Grundsätze in den VWG 19835 könnte vermutet werden, dass bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode auch der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff einschlägig sein soll. Bekanntlich wird in der Betriebswirtschaftslehre zwischen Kosten einerseits und Aufwand andererseits unterschieden. Dabei ist unter Kosten der bewertete Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen ausschließlich für die betriebliche Leistungserstellung zu verstehen.6 Insofern unterscheiden sich Kosten von Aufwendungen, als sie die sog. neutralen Aufwendungen nicht umfassen, also solche Beträge, die mit der betrieblichen Leistungserstellung nicht in Zusammenhang stehen. Andererseits gehören zu den Kosten auch sog. kalkulatorische Kosten, die sowohl aus Anders- als auch Zusatzkosten bestehen, zB kalkulatorische Zinsen, kalkulatorische Abschreibungen oder kalkulatorische Wagniskosten. Der Stpfl. ist durchaus frei darin, tatsächlich den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff iRd. Kostenaufschlagsmethode anzuwenden. Gerade wenn gezeigt werden kann, dass auch gegenüber fremden Dritten in dieser Weise kalkuliert wird, ist ein solches Begriffsverständnis möglich. Typischerweise werden aber die aus der Handels- oder Steuerbilanz ableitbaren Aufwendungen als Kostenbasis herangezogen. Gerade wenn der auf die Kostenbasis angewandte Gewinnaufschlagsatz anhand von externen Vergleichsdaten abgeleitet wurde, bietet sich der Ansatz von Aufwendungen als Kostenbasis an, da bei den externen Vergleichsdaten üblicherweise nur die in den veröffentlichten Gewinn- und Verlustrechnungen enthaltenen Aufwendungen als Vergleichsbasis zur Verfügung stehen.
1540
Umfang der Kosten. Betriebswirtschaftlich wird ferner zwischen Voll- und Teilkosten unterschieden. Bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode kommen im Normalfall die für die Erstellung eines Produkts oder Erbringung einer Dienstleistung angefallenen Vollkosten zur Anwendung, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter stets bemüht ist, seinen Gewinn zu maximieren und insofern seine Kosten vollständig zu decken.7 Gleichwohl
1 BFH v. 17.2.1993 – I R 3/92, BStBl. II 1993, 457 = FR 1993, 375. 2 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann = FR 2002, 154. 3 BFH v. 6.4.2005 – I R 22/04, BStBl. II 2007, 658, = FR 2005, 1030 = GmbHR 2005, 1139 m. Anm. Hoffmann. 4 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.2.4.; Tz. 2.39 OECD-Leitlinien 2010. 5 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.2.4. 6 Vgl. Selchert, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 8. Aufl. 2002, 274. 7 Vgl. Tz. 2.43 OECD-Leitlinien 2010.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1540–1541 § 8
sind auch Ausnahmefälle denkbar, in denen es nur zum Ansatz von Teilkosten iRd. Kostenaufschlagsmethode kommen kann, etwa bei der Einführung neuer Produkte, der Erschließung weiterer Märkte oder bei Unterbeschäftigung zur Ausnutzung ansonsten freier Kapazitäten. Unabhängig vom Ansatz von Voll- oder Teilkosten steht es dem Steuerpflichtigen frei, die Kosten auf Ist-, Plan- oder Normalkostenbasis zu ermitteln. Im Fall der Istkosten werden die tatsächlich in einer Periode angefallenen Kosten verrechnet. Eine solche Verrechnung ist zwar einfach; allerdings können die Kosten für vergleichbare Leistungen im Zeitablauf schwanken. Letzteres versucht man durch den Ansatz von Normalkosten, also den Durchschnittskosten vergangener Perioden, zu vermeiden. Zudem trägt bei Istkosten das empfangende Unternehmen einerseits Unwirtschaftlichkeiten, andererseits aber auch Kosteneffizienzen des erbringenden Unternehmens. Wenn hingegen Plankosten angesetzt werden, trägt das erbringende Unternehmen die eigenen Unwirtschaftlichkeiten, profitiert aber auch von realisierten Kosteneffizienzen. Alle der genannten Formen finden sich bei Geschäftsbeziehungen zwischen fremden Dritten und müssen daher auch bei Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Unternehmen anerkannt werden. Äußerer Betriebsvergleich. Analog zur Wiederverkaufspreismethode, bei der Bruttomargen durch äußeren Betriebsvergleich, inneren Betriebsvergleich oder Schätzung ermittelt werden, kommen diese Vorgehensweisen auch bei der Kostenaufschlagsmethode zur Anwendung, hier allerdings zur Ableitung eines angemessenen Gewinnaufschlagsatzes. Der äußere Betriebsvergleich stellt im Rahmen eines zwischenbetrieblichen Vergleichs auf die Gewinnaufschlagsätze unabhängiger Produzenten oder Dienstleister der gleichen Branche ab, die ein vergleichbares Funktions- und Risikoprofil erfüllen (markt- oder branchenübliche Gewinnaufschlagsätze). Bei einem äußeren Betriebsvergleich besteht das Hauptproblem in der praktischen Anwendung zumeist darin, dass ein Stpfl. die Gewinnaufschlagsätze seiner Wettbewerber idR nicht kennt. Denkbar ist daher, zumindest statistische Veröffentlichungen oder Datenbanken1 zu verwenden, in denen Gewinnaufschlagsätze von Produzenten oder Dienstleistern enthalten sind.2 Dabei ist auch hier die Herausforderung, die Vergleichbarkeit der Verhältnisse für die so abgeleiteten Gewinnaufschlagsätze darzustellen. Bei einer solchen Vergleichbarkeitsanalyse kommt Unterschieden in den Produkteigenschaften sowie im Funktions- und Risikoprofil eine im Vergleich zur Wiederverkaufspreismethode und erst recht zur Preisvergleichsmethode allerdings eine geringere Bedeutung zu.3 Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht unüblich, bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode keine eigenständigen Benchmark-Analysen zur Ableitung eines angemessenen Gewinnaufschlagsatzes durchzuführen. Vielmehr haben sich in der Unternehmenspraxis pauschale Gewinnaufschlagsätze verbreitet, die letztlich auf jahrzehntelangen Erfahrungen beruhen. Die prominenteste Quelle für eine solche Vorgehensweise findet sich in den Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätzen. Dort heißt es: „Ist ein Fremdvergleichspreis nicht festzustellen, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gewinn der Betriebsstätte nach der Kostenaufschlagsmethode unter Berücksichtigung eines Gewinns von 5 v.H. bis 10 v.H. ermittelt wird.“4 Auch in der älteren Rspr. finden sich Hinweise auf vergleichbare Größenordnungen.5 Eine detaillierte Untersuchung im Hinblick auf angemessene Gewinnaufschlagsätze für sog. „low value adding intra-group services“, also normale konzerninterne Dienstleistungen, für die typischerweise die Kostenaufschlagsmethode zur Anwendung kommt, hat in 2010 das EU Joint Transfer Pricing Forum veröffentlicht. Ergebnis der Untersuchung ist, dass sich die Gewinnaufschlagsätze typischerweise innerhalb einer Bandbreite von 3 % bis 10 %, häufig um 5 % bewegen.6 Trotz dieser pauschalen Richtgrößen kann es im Einzelfall, etwa bei einem
1 Für die Verrechnungspreisermittlung ist die Anwendung der Datenbank Amadeus des Anbieters Bureau von Dijk Electronic Publishing üblich. Diese Datenbank wird auch von der deutschen FinVerw. eingesetzt. 2 So sieht auch der BFH in seinem Grundsatzurteil v. 17.10.2001 (I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann) „vom Grundsatz her … keine Bedenken, Vergleichsdaten mit Hilfe von Datenbanken zu ermitteln“. 3 Vgl. Tz. 2.41 OECD-Leitlinien 2010. 4 Vgl. BMF v. 24.12.1999 – IV B 4 - S 1300 - 111/99 – Betriebsstätten-VWG, BStBl. I 1999, 1076 Rz. 3.1.2. 5 Vgl. BFH v. 2.2.1960 – I 194/59, BB 1960, 731; v. 12.3.1980 – I R 186/76, BStBl. II 1980, 531 = FR 1980, 360 = GmbHR 1981, 47; FG Saarl. v. 18.12.1996 – 1 K 257/94, EFG 1997, 485. 6 Vgl. EU Joint Transfer Pricing Forum, JTPF Report: Guidelines on low value adding intra-group services vom Februar 2010, doc: JTPF/020/REV3/2009/EN, Rz. 63. Auch die OECD sieht in ihrem Entwurf zu „low value-adding intra-group services“ einen Gewinnaufschlagsatz zwischen 2 % und 5 % als fremdüblich an; vgl. Tz. 7.57 OECD Public Discussion Draft, BEPS Action 10: Proposed modifications to chapter VII of the transfer pricing guidelines relating to low value-adding intra-group services vom November 2014, ab-
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§ 8 Rz. 1541–1545
Ermittlung des Einkommens
besonderen Funktions- und Risikoprofil des Produzenten oder Dienstleisters, dennoch angebracht sein, eine eigenständige Untersuchung im Hinblick auf die Angemessenheit des Gewinnaufschlagsatzes durchzuführen. 1542
Innerer Betriebsvergleich. Der innere Betriebsvergleich ist möglich, wenn ein Produzent oder Dienstleister seine Produkte oder Dienstleistungen sowohl gegenüber nahestehenden als auch nicht nahestehenden Abnehmern verkauft, wobei der Produzent oder Dienstleister ein vergleichbares Funktions- und Risikoprofil bei der Leistungserstellung aufweisen soll.1 Häufig gelingt ein solcher innerer Betriebsvergleich allerdings nicht, insbesondere wenn es sich bei dem Produzenten oder Dienstleister um einen rein konzernintern tätigen Leistungsersteller handelt.
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Schätzung. Wenn es nicht gelingt, einen Gewinnaufschlagsatz durch äußeren oder inneren Betriebsvergleich zu ermitteln, können auch Schätzungen zur Anwendung kommen. Diese eignen sich insbesondere dann, wenn iRd. Schätzungen so weit wie möglich Marktwerte berücksichtigt werden. So kann die Schätzung eines Gewinnaufschlagsatzes daran anknüpfen, dass ein Produzent oder Dienstleister mindestens eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals erwirtschaften möchte.2 Insofern ist es unter Anwendung kapitalmarktorientierter Modelle (zB CAPM) möglich, eine erforderliche Mindestverzinsung auszurechnen. Wenn diese dann zu der Kostenbasis des Produzenten oder Dienstleisters ins Verhältnis gesetzt wird, gelingt es, einen Mindest-Gewinnaufschlag abzuleiten. Diese Vorgehensweise lässt sich mittlerweile primär mit den Ausführungen im Grundsatzurteil des BFH v. 17.10.20013 rechtfertigen. Bis zur Aufhebung von § 1 Abs. 4 AStG durch das AmtshilfeRLUmsG4 war es für Fälle der Schätzung ausdrücklich vorgesehen, anhand einer Kapitalverzinsung die Angemessenheit darzulegen.
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Anwendung der Kostenaufschlagsmethode. Der wichtigste Anwendungsbereich der Kostenaufschlagsmethode ist die Verrechnungspreisermittlung iZm. einfachen Dienstleistungen. So ist es zB üblich, bei in einem Konzern zentralisierten Verwaltungsdienstleistungen5 die Verrechnung anhand der Kostenaufschlagsmethode vorzunehmen.6 Auch bei der Erbringung von reinen Routinefunktionen, zB durch Lohnfertiger oder Auftragsentwickler, sowie der Erstellung von Vorprodukten kommt die Kostenaufschlagsmethode regelmäßig zur Anwendung.7 3. Gewinnorientierte Methoden a) Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode
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Überblick. Bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode (Transactional Net Margin Method – TNMM) wird zur Ableitung angemessener Verrechnungspreise auf den Nettogewinn im Verhältnis zu einer definierten Bezugsbasis, zB Umsatz, Kosten oder Vermögen, abgestellt (nachfolgend „Nettomarge“). Dabei kann der angemessene Nettogewinn im Wege eines äußeren oder inneren Betriebsvergleichs ermittelt werden. Entscheidend für die Anerkennung der TNMM durch die OECD und die deutsche FinVerw. ist deren Geschäftsvorfallbezogenheit. Die durch Betriebsvergleich ermittelten Nettomargen sollen also aus vergleichbaren Geschäftsvorfällen abgeleitet werden. Gerade im Fall des äußeren Betriebsvergleichs ist es jedoch meist nicht möglich, auf nur einen vergleichbaren Ge-
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rufbar unter www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/discussion-draft-action-10-low-value-adding-intra-groupservices.pdf. Vgl. Tz. 2.40 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Scholz, IStR 2004, 209; Taetzner, IStR 2004, 726. Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. G v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. Bei solchen Verwaltungsdienstleistungen ist für die Verrechenbarkeit zunächst zu prüfen, ob die Leistungen im Interesse des empfangenden Unternehmens erbracht wurden. Leistungen im Interesse des Gesellschafters (sog. shareholder services) dürfen dagegen nicht verrechnet werden; vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 6.3.2.; Tz. 7.9 f. OECD-Leitlinien 2010. Hiervon abzugrenzen ist die Verrechnung solcher Leistungen im Wege einer Kostenumlage (Pool). Hierbei handelt es sich um keine Dienstleistungen, sondern um Leistungen im gemeinsamen Interesse der Poolmitglieder. Unter diesen Umständen werden lediglich die für die Leistungserstellung angefallenen Istkosten – ohne Gewinnaufschlag – an die empfangenden Unternehmen verrechnet. Vgl. im Einzelnen BMF v. 30.12.1999 – IV B 4 - S 1341 - 14/99 – VWG-Umlage, BStBl. I 1999, 1122. Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 3.1.3. Bsp. 2 und 3; Tz. 2.39 OECD-Leitlinien 2010.
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schäftsvorfall abzustellen. Vielmehr werden zur Ermittlung der Nettomarge mehrere Geschäftsvorfälle gruppiert und zusammengefasst. Mit dieser Begründung erachten die VWGVerfahren die TNMM als anwendbar bei Unternehmen mit Routinefunktionen,1 da solche Unternehmen nur eine Art von zusammenfassbaren Geschäftsvorfällen abwickeln.2 Unter dieser Bedingung stellen die aus den Jahresabschlüssen von solchen Unternehmen ableitbaren Nettomargen dann die Nettomargen für eine Art von zusammengefassten Geschäftsvorfällen dar. Damit soll jedenfalls der Anforderung der Geschäftsvorfallbezogenheit entsprochen werden. Der wesentliche Vorteil der TNMM ist darin zu sehen, dass sich etwaige Funktionsunterschiede bei den Vergleichsgeschäftsvorfällen (äußerer oder innerer Betriebsvergleich) bei der Verwendung von Nettomargen weniger stark als bei der Verwendung von Bruttomargen auswirken.3 Funktionsunterschiede haben nämlich primär einen Einfluss auf die operativen Kosten und damit auf die Höhe der Bruttomargen, während trotz dieser Funktionsunterschiede die Nettomargen weitgehend vergleichbar bleiben.4 Keine Relevanz der Gewinnsituation bei Preisverhandlungen. Ein grundlegendes methodisches Problem der TNMM ist darin zu sehen, dass diese Methode sich nicht an dem Preisbildungsprozess zwischen fremden Dritten orientiert. Grundsätzlich werden die Preise für Produkte und Dienstleistungen zwischen fremden Dritten nicht unter expliziter Bezugnahme auf die Nettomarge der einen Vertragspartei bestimmt. Zum einen ist es den kontrahierenden Vertragsparteien meist unbekannt, ob und welchen Gewinn die jeweils andere Partei aus der Geschäftsbeziehung erzielt. Zum anderen ist dies für die Vertragsparteien von nur geringem Interesse, weil Rechtsansprüche auf einen Anteil am Gewinn des anderen ohnehin nicht existieren. Fremde Dritte orientieren sich bei ihren Preisverhandlungen an Marktpreisen, ihren eigenen Kosten oder ähnlichen Größen, nicht jedoch ausschließlich an der Nettomarge der anderen Vertragspartei. Diese Einwendungen sind zwar berechtigt. Gleichwohl sind bei einer Vielzahl von Transaktionen weder Marktpreise bekannt, noch eignet sich aufgrund der Unternehmenscharakterisierung eine kostenorientierte Ableitung der Verrechnungspreise. In diesen Fällen ist es vertretbar, gegenüber der anderen Vertragspartei einen solchen Verrechnungspreis festzulegen, durch den diese in der Lage sein sollte, eine marktübliche Nettomarge zu erzielen.
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Ermittlung der Nettomarge. Was die Nettomarge anbelangt, so sind nur diejenigen Ge- 1547 winne zu erfassen, die im direkten oder indirekten Zusammenhang mit der jeweiligen Transaktion stehen. Dabei dürfen auch nur die Gewinne erfasst werden, die operativer Natur sind.5 Im Allgemeinen wird daher auf die Ergebnisgröße EBIT – „Earnings Before Interest and Taxes“, also den Gewinn vor Zinsen und Ertragsteuern – abgestellt. Sofern Nettomargen von Vergleichstransaktionen im Wege des äußeren Betriebsvergleichs ermittelt werden, kann dabei das Problem von Bilanzierungsunterschieden zwischen den zu vergleichenden Unternehmen bestehen. Exemplarisch führen die OECD-Leitlinien die Aufwandsarten Abschreibungen auf materielle WG, Abschreibungen auf den Geschäftswert und immaterielle WG, Pensionskosten und Aktienoptionen auf.6 Zu denken ist aber auch an die Vorratsbewertung und die Rückstellungsbildung. Solche Bilanzierungsunterschiede können sich erheblich auf die Höhe der Nettomargen auswirken. Soweit die verfügbaren Informationen Anpassungsrechnungen erlauben, sollten diese zur Herstellung der Vergleichbarkeit durchgeführt werden. Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass nur im Ausnahmefall eine Anpassung zur Verbesserung der Vergleichbarkeit möglich ist. Profit-Level-Indicator und Anwendung der TNMM. Um die vorstehend ermittelte Nettomarge für Vergleichszwecke heranziehen zu können, wird die Nettomarge auf eine Bezugsgröße bezogen, den sog. Profit-Level-Indicator – PLI. Im Wesentlichen kommen dabei „Umsatzerlöse“, „Kosten“, „Vermögen“ sowie die „Berry-Ratio“ als PLI zur Anwendung. Die Auswahl des geeigneten PLI soll sich daran orientieren, welcher Indikator den Wert („value“) der vom Stpfl. ausgeübten Funktion unter Berücksichtigung der dabei getragenen Ri-
1 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3 Buchst. b, 2. Spiegelstrich. 2 Vgl. Rupp in D/P/M, IntGA Rz. 205. 3 Vgl. Tz. 2.62 OECD-Leitlinien 2010. 4 Scheffler, Besteuerung der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit, 2. Aufl. 2002, 337, stellt allerdings zu Recht die Frage, inwieweit sich Funktionsunterschiede auch auf die Höhe der Nettomarge auswirken. 5 Vgl. Tz. 2.77 OECD-Leitlinien 2010. 6 Vgl. Tz. 2.84 OECD-Leitlinien 2010.
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§ 8 Rz. 1548–1549
Ermittlung des Einkommens
siken und eingesetzten WG am besten repräsentiert.1 Dabei sollen auch nur solche PLI herangezogen werden, die sich zuverlässig sowohl bei dem Stpfl. als auch bei den ausgewählten Vergleichsunternehmen ermitteln lassen. Insofern sind die PLI faktisch auf solche Werte beschränkt, die sich aus den veröffentlichten Jahresabschlüssen ableiten lassen.2 Der wichtigste Anwendungsbereich für Umsatzerlöse als PLI sind Vertriebsaktivitäten. Es werden also die iZm. dem (gruppierten und zusammengefassten) Geschäftsvorfall Vertrieb erzielten Nettomargen ins Verhältnis zu den Umsatzerlösen aus dem Vertrieb der von nahestehenden Unternehmen bezogenen Produkte gesetzt.3 Hauptanwendungsbereich für Kosten als PLI sind Dienstleistungen und Produktionsaktivitäten. Es werden also die durch die Erbringung der Dienstleistungen oder Produktionsaktivitäten erzielten Nettomargen ins Verhältnis zu den für die Leistungserbringung angefallenen Kosten gesetzt. Hingegen wird Vermögen als PLI insbesondere bei vermögens- bzw. kapitalintensiven Aktivitäten angewendet, zB bei einer anlagenintensiven Fertigung von Produkten. In diesem Fall werden die durch die Erbringung dieser Aktivitäten erzielten Nettomargen ins Verhältnis zu dem für die Leistungserbringung eingesetzten Vermögen bzw. Kapital gesetzt. Schließlich kommt vereinzelt die nach Charles Berry benannte „Berry-Ratio“4 als PLI zur Anwendung. Die Berry-Ratio ist definiert als Quotient aus Bruttomarge (Gross Profit) und operativen Kosten.5 Ein Berry-Ratio größer als 1 besagt, dass die aus dem untersuchten Geschäftsvorfall erzielte Bruttomarge höher als die operativen Kosten ist, mithin ein Gewinn aus dem Geschäftsvorfall resultiert. Demgegenüber genügt bei einem Berry-Ratio kleiner als 1 die Bruttomarge nicht, um die operativen Kosten vollständig zu decken; aus dem Geschäftsvorfall resultiert also ein Verlust. Aufgrund der Bezugnahme auf die operativen Kosten (als Nennergröße) ist die BerryRatio vom Prinzip her vergleichbar mit der Kostenaufschlagsmethode und der TNMM unter Anwendung der Kosten als PLI.6 Die Berry-Ratio eignet sich vor allem dann, wenn die Wertschaffung des untersuchten Geschäftsvorfalls eher durch die operativen Kosten des Unternehmens als durch den realisierten Umsatz wiedergegeben wird.7 Insbesondere bei intermediären Aktivitäten wird die Verwendung der Berry-Ratio als geeignet angesehen, wenn also ein Unternehmen von nahestehenden Unternehmen Produkte einkauft und diese an andere nahestehende Unternehmen weiterverkauft.8 In diesem Fall kommen weder die Einkaufspreise noch die Umsatzerlöse als PLI in Betracht, da beide Werte durch das Nahestehen-Verhältnis beeinflusst sein können. Die operativen Kosten des Unternehmens mit den intermediären Aktivitäten sollten dagegen weitgehend unbeeinflusst durch das Nahestehen-Verhältnis sein und sich daher als Bezugsbasis eignen. 1549
Anpassungsrechnungen. Die im Juli 2010 neugefassten OECD-Leitlinien weisen darauf hin, dass im Rahmen einer Vergleichsanalyse zur Ermittlung fremdüblicher Verrechnungspreise Anpassungsrechnungen bezüglich der Finanzdaten der Vergleichsunternehmen durchzuführen sind, soweit dies zu einer höheren Vergleichbarkeit führt.9 Auf eine Anpassung kann nach Auffassung der OECD-Leitlinien hingegen verzichtet werden, wenn die jeweiligen Unterschiede nicht wesentlich, die Qualität der vorliegenden Informationen nicht zuverlässig bzw. ausreichend oder die Methoden zur Durchführung der Anpassungen fraglich sind.10 Mit dieser Forderung nach Anpassungsrechnungen handelt es sich zwar um eine generelle Anforderung zur Herstellung der Vergleichbarkeit. Aufgrund der Bedeutung der TNMM in der Unternehmenspraxis kommen solche Anpassungsrechnungen jedoch meist bei Anwendung der TNMM zum Einsatz. Insbesondere weisen die OECD-Leitlinien auf die Anpassung der Nettomargen auf Basis des Working Capitals hin,11 wobei Working Capital als Summe der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen plus Vorräte abzgl. der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen verstanden wird. Begründung für die Anpassung ist, dass das Working Capital eine implizite Finanzierungsfunktion im Unternehmen ausübt. Die OECD-Leitlinien stellen allerdings selbst klar, dass eine Working Capital-Anpas1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Vgl. Tz. 2.87 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 2.99 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 2.87 und 2.90 OECD-Leitlinien 2010. Zur Historie der Berry Ratios vgl. Przysuski/Lalapet, TNI 2005, 764. Vgl. Tz. 2.100 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Przysuski/Lalapet, TNI 2005, 765. Vgl. Tz. 2.101 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 2.102 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 3.47 und 3.53 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 3.50 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 3.49 OECD-Leitlinien 2010; zur Net Working Capital-Anpassung sowie anderen Arten von Anpassungsrechnungen vgl. Gommers/Reyneveld/Lund, ITPJ 2008, 126.
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sung weder routinemäßig noch verpflichtend erfolgen muss. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu diskutieren, ob eine solche Working Capital-Anpassung tatsächlich zu einer Erhöhung der Vergleichbarkeit beiträgt.1 Jedenfalls spricht eine ganze Reihe von Argumenten gegen die Notwendigkeit einer generellen Working Capital-Anpassung. So ist zunächst zu bedenken, dass eine solche Anpassung auf Bilanzposten basiert, die zeitpunktbezogene und damit aufgrund bilanzpolitischer Maßnahmen leicht beeinflussbare Größen darstellen.2 Auch die Anwendung unterschiedlicher Rechnungslegungsstandards bei den Vergleichsunternehmen führt zu Problemen bei der Anpassungsrechnung, weil unterschiedliche Rechnungslegungsstandards vergleichbare Sachverhalte teilweise abweichend behandeln.3 Ferner ist zu bedenken, dass die in den OECD-Leitlinien dargestellte Working Capital-Anpassungsrechnung ausschließlich auf kalkulatorische Zinseffekte abstellt.4 Andere Auswirkungen werden nicht berücksichtigt, obwohl ein abweichendes Working Capital die Nettomarge eines Unternehmens auf verschiedenen Ebenen beeinflussen kann.5 Beispielsweise versetzen hohe Vorräte ein Unternehmen in die Lage, Kunden kurzfristig und schnell zu bedienen. Dies schafft einen Vorteil am Markt gegenüber Konkurrenten, die längere Lieferzeiten benötigen mit der Folge höherer Umsätze und Ergebnisse. Auch insoweit kann sich ein abweichendes Working Capital auf die Höhe der Nettomarge auswirken. Im Ergebnis ist jedenfalls genau zu überlegen, ob durch eine Anpassungsrechnung nur eine Scheingenauigkeit erzeugt wird, die jedoch der Vergleichbarkeit der Geschäftsvorfälle letztlich nicht dient.6 Year-End-Adjustments. Bei Anwendung der TNMM wird im Vorhinein vereinbart, dass 1550 die eine Vertragspartei eine definierte Nettomarge mit dem betrachteten Geschäftsvorfall realisieren soll. Am Ende eines Geschäftsjahrs stellt sich allerdings häufig heraus, dass aufgrund von Preisschwankungen, Kostenänderungen, abweichenden Kapazitätsauslastungen usw. die angestrebte Nettomarge tatsächlich nicht realisiert werden kann. Es ist dann zu klären, inwieweit Preisanpassungen für zB die gelieferten Produkte zwischen den nahestehenden Unternehmen möglich sind, um dadurch sicherzustellen, dass die ursprünglich angestrebte – und fremdvergleichskonforme – Nettomarge tatsächlich erzielt wird. Solche Preisanpassungen werden üblicherweise als Year-End-Adjustments (YEA) bezeichnet. Nach Ansicht der deutschen FinVerw.7 sind YEA nur dann anzuerkennen, wenn im Vorhinein sowohl ein entgeltliches Leistungsverhältnis als auch alle Preisbestimmungsfaktoren vereinbart wurden, sodass die spätere Preisermittlung allein auf bereits vorher festgelegten Rechenvorgängen beruht.8 Ein YEA muss nach Auffassung der FinVerw. auf eine bei Vertragsabschluss vorliegende und festgestellte Ungewissheit über eine oder mehrere Preiskomponenten zurückzuführen sein. Reine Ergebnisanpassungen sollen nach Auffassung der FinVerw. ausgeschlossen sein.9 Dieser Standpunkt der deutschen FinVerw. ist kritisch zu sehen. Zum einen wurde zuletzt durch den BFH eindeutig festgestellt, dass eine Verrechnungspreiskorrektur durch die FinVerw., die allein auf formellen Aspekten beruht (zB aufgrund einer fehlenden, im Vorhinein abgeschlossenen klaren Vereinbarung), an der Sperrwirkung der DBA scheitert.10 Zum anderen steht die Ablehnung eines YEA im Widerspruch zu den für ein Routineunternehmen von der FinVerw. geforderten geringen, aber stabilen Gewinnen.11 Erst durch ein YEA wird ermöglicht, dass bei unterjährigen Abweichungen ein Routineunternehmen fremdvergleichskonform und entsprechend seinem geringen Funktions- und Risikoprofil vergütet wird, was allein
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Vgl. Tz. 3.49 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. OECD-Leitlinien 2010, Annex zu Kap. III Rz. 8, 1. Spiegelstrich. Vgl. Tz. 3.52 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. OECD-Leitlinien 2010, Annex zu Kap. III Rz. 2 ff. Vgl. Dorner/Dawid, IWB 2002 Fach 10 Gruppe 2, 1565 f. Vgl. Tz. 3.52 OECD-Leitlinien 2010; ebenfalls kritisch zu generellen Anpassungen: Kolb, IWB 2009 Fach 3 Gruppe 1, 2396; Oestreicher/Duensing, IStR 2005, 141. Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.8. Vgl. BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, BStBl. II 1998, 545 = FR 1998, 625 = GmbHR 1998, 647; Schreiber in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, VWG-VerfahrenAnm. 237.4. Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.12.8 und 3.4.20 Buchst. e. Vgl. BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046 = ISR 2013, 54 m. Anm. Ditz = FR 2013, 415 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2013, 157; hierzu auch Schreiber in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, VWG-Verfahren Anm. 237.5; Kircher/Moll, DStR 2013, 1111. Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.2 Buchst. a.
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Ermittlung des Einkommens
auf Basis der Planzahlen nicht möglich wäre.1 Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass auch Vertreter der FinVerw. die in den VWG-Verfahren dargelegte Auffassung kritisieren: „Die Ausführungen in den VerwGr-Verfahren zu nachträglichen, datenbankgestützten Nettomargenanpassungen enthalten gravierende Widersprüche. […] Es erscheint sachgerecht, wenn nachträgliche Nettogewinnanpassungen auf vergleichbare Unternehmen, die im Vorhinein eindeutig vereinbart worden sind, steuerlich anerkannt werden“.2 Dem kann nur zugestimmt werden.3 Anders gelingt es häufig nicht, fremdvergleichskonforme Verrechnungspreise zu vereinbaren. Im Laufe der Jahre scheint die FinVerw. ihre Position auch überdacht und aufgeweicht zu haben. So erklärt sie in einer Umfrage des EU JTPF aus dem Jahr 2011 zu nationalen Regelungen von nachträglichen Preisanpassungen,4 dass neben den in den Verwaltungsgrundsätze-Verfahren dargestellten Fällen auch die nachträgliche Anwendung der TNMM akzeptiert wird, wenn es sich um ein Routineunternehmen mit beschränktem Risikoprofil handelt. Die deutsche FinVerw. spricht in diesem Fall zwar noch nicht explizit von einer nachträglichen Preisanpassung, sondern nur von einer nachträglichen Anwendung der TNMM. Doch lässt sich aus dem Kontext der Umfrage schließen, dass sie nun bei nachträglicher Anwendung der TNMM auch die damit meist verbundene nachträgliche Preisanpassung anerkennt.5 Angesichts dieser unklaren Situation im Hinblick auf YEA dürfte es hilfreich sein, dass das EU JTPF kürzlich eine Stellungnahme zur Anwendung von YEA veröffentlicht hat. Die Stellungnahmen des EU JTPF haben zwar lediglich Empfehlungscharakter und sind für die Mitgliedstaaten rechtlich nicht bindend. Allerdings stellen sie zugleich eine Absichtserklärung der Mitgliedstaaten zu konsensfreundlichem Verhalten dar. In dieser Stellungnahme wurden Empfehlungen zur einheitlichen Anerkennung von YEA abgeleitet.6 So sollen diese von den FinVerw. akzeptiert werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: –
Der Stpfl. hat vor Ausführung der Transaktion ernsthaft versucht, ein fremdübliches Ergebnis herbeizuführen. Dieses ernsthafte Bemühen wird in der Regel in der Verrechnungspreisdokumentation des Stpfl. beschrieben.
–
Der Stpfl. nimmt die nachträgliche Preisanpassung symmetrisch in beiden beteiligten Mitgliedstaaten vor.
–
Er wendet denselben Ansatz konsistent dauerhaft an.
–
Die nachträgliche Preisanpassung wird vor Abgabe der Steuererklärung durchgeführt.
–
Der Stpfl. kann erklären, weshalb die budgetierten Zahlen nicht mit den tatsächlich erzielten Ergebnissen übereinstimmen, falls dies von mindestens einem der beteiligten Mitgliedstaaten gefordert wird.
Für den Fall, dass das tatsächlich erzielte Ergebnis außerhalb der der Preissetzung zugrunde gelegten Bandbreite fremdüblicher Verrechnungspreise liegt, sind YEA nach Auffassung des EU JTPF somit möglich. Dabei soll auf den angemessensten Punkt innerhalb der Bandbreite angepasst werden. Insgesamt stellen die Regelungen des EU JTPF nachvollziehbare und für den Stpfl. umsetzbare Bedingungen dar, die zum Großteil bereits bisher durch die Erfüllung der allgemeinen Dokumentationsvorschriften abgedeckt sind. So sind auch gem. § 5 Satz 2 Nr. 4 GAufzV nachträgliche Preisanpassungen und die Gründe dafür aufzuzeichnen. Zwar hat es das EU JTPF versäumt, eine praktikable und konkrete Lösung hinsichtlich 1 Hierzu sehr ausführlich: Rasch, ISR 2013, 431 (433); sowie Bickenbach/Rubart, IWB 2012, 88; vgl. hierzu auch BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann: „Eine vGA setzt die zusätzliche Annahme voraus, dass der tatsächlich vereinbarte Preis nicht innerhalb der Bandbreite angemessener Fremdvergleichspreise liegt. Diese Feststellung ist auch dann erforderlich, wenn der Steuerpflichtige den vereinbarten Preis nach überhaupt keiner Methode, nach keiner anerkannten Standardmethode oder nach der „falschen“ Methode ermittelt haben sollte.“ Entscheidend ist somit der tatsächliche Preis und nicht, wie dieser zustande gekommen ist. 2 Schreiber in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, VWG-Verfahren Rz. 237. 3 So auch Bickenbach/Rubart, IWB 2012, 92; Schwaiger, SWI 2011, 425. 4 EU Joint Transfer Pricing Forum, Member States’ Response to Questionnaire on Compensating Adjustments/Year End Adjustments (EU JTPF Member States’ Response), 2011, abrufbar unter http://ec.euro pa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/company_tax/transfer_pricing/forum/jtpf/2012/jtpf_ 019_rev1_2011_en.pdf (Stand: Juli 2014). 5 Vgl. Greinert/Metzner, DB 2014, 623. 6 Vgl. EU Joint Transfer Pricing Forum, Report on Compensating Adjustments (EU JTPF Compensating Adjustments), January 2014, abrufbar unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/ taxation/company_tax/transfer_pricing/forum/jtpf/2013/jtpf_009_final_2013_en.pdf (Stand: Juli 2014).
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des Punkts der Bandbreite, auf den angepasst werden soll, anzubieten. Die Empfehlungen des EU JTPF sind jedoch im Ganzen zu begrüßen, da sie das Risiko einer Doppelbesteuerung auf europäischer Ebene durch Anwendung verschiedener Ansätze verringern.1 b) Geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode Überblick. Bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode („Pro- 1551 fit-Split-Method“ – PSM) wird zunächst der Gewinn aus einer Transaktion ermittelt, an der mindestens zwei nahestehende Unternehmen beteiligt sind. Dieser Gewinn wird dann in einer wirtschaftlich begründeten Weise aufgeteilt und den beteiligten nahestehenden Unternehmen zugeordnet.2 Die Transaktionsbezogenheit dieser Methode wird dadurch deutlich, dass nur der gemeinsam erzielte Gewinn aus einem einzelnen, ganz bestimmten Geschäftsvorfall Gegenstand der Aufteilung ist. Dabei ist es – wie auch bei der TNMM – möglich, gleichartige Geschäfte zu einem Geschäft zu gruppieren und zusammenzufassen. Maßgebende Gewinngröße. Der zwischen den nahestehenden Unternehmen aufzuteilende Gewinn ist grundsätzlich als operativer Gewinn zu verstehen.3 Im Allgemeinen wird daher auf die Ergebnisgröße EBIT – „Earnings Before Interest and Taxes“, also den Gewinn vor Zinsen und Ertragsteuern – abgestellt. Allerdings konzedieren die OECD-Leitlinien, dass es in begründeten Einzelfällen auch möglich ist, stattdessen den Bruttogewinn gemeinsam zu ermitteln und auf die beteiligten nahestehenden Unternehmen aufzuteilen.4 Der Bruttogewinn wird insbesondere dann als maßgebende Größe für die Gewinnaufteilung herangezogen, wenn die Zuordnung der operativen Kosten der beteiligten Unternehmen zu der untersuchten Transaktion zu große Schwierigkeiten bereitet. In diesem Fall muss dann jedes Unternehmen von dem so zugeordneten Bruttogewinn die eigenen operativen Kosten decken. Für den Grundfall der Verwendung des operativen Gewinns (EBIT) ist das praktische Problem darin zu sehen, aus dem gesamten operativen Gewinn des Unternehmens denjenigen operativen Gewinn der betreffenden Transaktion zu isolieren.5 Ferner ist bei Anwendung der PSM zu klären, ob die ursprünglich geplanten Gewinne („ex-ante“-Betrachtung) oder die tatsächlich realisierten Gewinne („ex-post“-Betrachtung) aus der zugrunde liegenden Transaktion für die Gewinnaufteilung heranzuziehen sind. Diese Frage lässt sich allerdings nicht allgemeingültig beantworten. Entsprechend wird auch in den OECD-Leitlinien dargestellt, dass in Abhängigkeit von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls die Verwendung von Plan- oder Ist-Gewinnen in der Praxis feststellbar ist.6 Letztlich lassen sich für die Verwendung sowohl der Planals auch der Ist-Gewinne überzeugende Gründe mit Bezug auf den Grundsatz des Fremdvergleichs anführen.7
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Eine weitere Herausforderung bei der Ableitung der maßgebenden Gewinngröße ergibt sich dadurch, dass es keine weltweit einheitlichen Rechnungslegungsvorschriften gibt,8 sodass die ausgewiesenen Gewinne – bei gleichen realwirtschaftlichen Gegebenheiten – in den einzelnen Ländern abweichen können. Solche unterschiedlich ermittelten Größen werden jedoch iRd. PSM im ersten Schritt zu einer einheitlichen Basis zusammengefügt. Daher wird vorgeschlagen, Anpassungen in der Gewinnermittlung vorzunehmen und damit die bestehenden Unterschiede weitgehend zu eliminieren.9 Diese Forderung ist zwar theoretisch richtig, für die Praxis allerdings untauglich, da die Vielzahl der Unterschiede in der Rechnungslegung und die im Zeitablauf gegenläufigen Effekte eine so hohe Komplexität erzeugen, dass solche Anpassungen für die praktische Handhabung im Normalfall zu aufwendig sind. Vielfach wird daher auf umfassende Anpassungen verzichtet. Dies lässt sich zumindest insoweit rechtfertigen, als die meisten Unterschiede in der Rechnungslegung nur zeitliche Unterschiede in der Gewinnentstehung verursachen (zB unterschiedlich lange Nutzungsdauern, abweichende Abschreibungsmethoden, divergierende Anforderungen an die Rückstellungsbildung, abweichender Umfang der Herstellungskosten). Im Zeitablauf gleichen sich somit die Unterschiede wieder aus. Diese Begründung für einen Verzicht auf spezifische Anpassungen ist jedoch nur dann stichhaltig, wenn die Gewinnermittlung im Zeitablauf auch konsis-
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Vgl. Greinert/Metzner, DB 2014, 622. Vgl. Tz. 2.108 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 2.131 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 2.131 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Greinert, RIW 2006, 454. Vgl. Tz. 2.127 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. die umfassenden Diskussionen in Tz. 2.128 bis Tz. 2.130 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. hierzu Sieker in Wassermeyer, Art. 9 OECD-MA Rz. 266. Vgl. Tz. 2.114 und 2.125 OECD-Leitlinien 2010.
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§ 8 Rz. 1553–1555
Ermittlung des Einkommens
tent durchgeführt wird.1 Alternativ ist es auch möglich, die Unterschiede in den einzelnen Rechnungslegungssystemen dadurch zu relativieren, dass statt auf Größen des externen Rechnungswesens auf konzerneinheitliche Größen des internen Rechnungswesens abgestellt wird.2 Diese Größen orientieren sich eher an betriebswirtschaftlichen Anforderungen, die weltweite Gültigkeit besitzen und insofern einheitlich abgegrenzt sind. 1554
Methoden der Gewinnaufteilung. Als Aufteilungsmaßstab der PSM fungieren die von den nahestehenden Unternehmen ausgeübten Funktionen, getragenen Risiken und eingesetzten WG, die mittels einer Funktionsanalyse zu erfassen sind. Insoweit soll eine transaktionsbezogene Gewinnaufteilung erreicht werden, wie sie zwischen unabhängigen Unternehmen bei vergleichbaren Funktionen, Risiken und WG entstanden wäre. Dabei ist wesentlich, dass die PSM die Entscheidungssituation des „doppelten“ ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters berücksichtigt.3 Dadurch wird auch vermieden, dass einem an der Transaktion beteiligten nahestehenden Unternehmen ein unangemessen hoher oder unangemessen niedriger Gewinnanteil zugeordnet wird.4 In der Literatur werden unterschiedliche Ansätze für die Gewinnaufteilung genannt, und zwar die Beitragsmethode, die Restgewinnmethode, die Methode des eingesetzten Kapitals und die Methode der vergleichbaren Gewinnaufteilung.5 Die OECD-Leitlinien erläutern – vermutlich wegen ihrer Bedeutung – allerdings nur die beiden zuerst genannten Methoden, weisen jedoch auch ausdrücklich darauf hin, dass weitere Methoden zur Gewinnaufteilung bestehen und ebenfalls sachgerecht sein können.6 Nach der Beitragsmethode (Contribution-Analysis) wird der Gesamtgewinn aus einer Transaktion ermittelt und zwischen den nahestehenden Unternehmen im Verhältnis ihrer Leistungsbeiträge aufgeteilt.7 Der Umfang der Leistungsbeiträge wird mithilfe der Funktionsanalyse festgelegt, wobei der Wert einer Leistung möglichst anhand von tatsächlichen Marktwerten bestimmt werden soll.8 Hingegen wird nach der Residualgewinnmethode (Residual Analysis) der erzielte Gesamtgewinn in zwei Stufen aufgeteilt.9 Auf der ersten Stufe wird jedem an der Transaktion beteiligten Unternehmen eine „Normalrendite“ für die von ihm ausgeführten Routinefunktionen („Non-unique Contributions“) zugestanden (= Funktionsgewinn). Dabei bietet es sich an, die Ableitung der Normalrenditen anhand der bekannten Standardmethoden oder der TNMM vorzunehmen, dabei also durch tatsächlichen Fremdvergleich abgeleitete Werte heranzuziehen. Der nach Subtraktion des Funktionsgewinns verbleibende Gewinn oder Verlust (der sog. „Residualgewinn“) wird dann auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der individuellen Beiträge der nahestehenden Unternehmen, zB des Einsatzes bedeutender Patente, Know-how oder Marken, verteilt. Die Residualgewinnmethode ist insbesondere dann empfehlenswert, wenn aufgrund nicht leicht zu bewertender Funktionen „Extragewinne“ zugeordnet werden müssen.
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Anwendung der PSM. Zur konkreten Anwendung der PSM enthalten weder Gesetz noch Verwaltungsvorschriften spezifische Regelungen. Vielmehr wird lediglich in den VWG-Verfahren auf die Ausführungen in Tz. 3.5 ff. OECD-Leitlinien 1995 (jetzt Tz. 2.108 ff. OECDLeitlinien) verwiesen.10 Die PSM ist eine sog. zweiseitige Methode, bei der für die Ableitung angemessener Verrechnungspreise beide an einer Transaktion beteiligten nahestehenden Unternehmen betrachtet werden. Damit unterscheidet sie sich von den anderen vorstehend beschriebenen Verrechnungspreismethoden. Aufgrund der zweiseitigen Betrachtung eignet sich die PSM insbesondere dann, wenn Transaktionen eng miteinander zusammenhängen
1 Vgl. Tz. 2.125 OECD-Leitlinien 2010. 2 Vgl. Tz. 2.126 OECD-Leitlinien 2010. 3 Vgl. zum doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 = GmbHR 1995, 906 = FR 1995, 833 m. Anm. Kempermann. 4 Vgl. Tz. 2.113 OECD-Leitlinien 2010. 5 Vgl. Oestreicher, Konzern-Gewinnabgrenzung, 2000, 69 ff.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 7. Aufl. 2011, 595 f.; Sieker in Wassermeyer, Art. 9 OECD-MA Rz. 264 f. 6 Vgl. Tz. 2.118 OECD-Leitlinien 2010. 7 In der Unternehmenspraxis haben sich auch pauschale Formen der Beitragsanalyse etabliert, zB die „Knoppe-Formel“ oder die „25 %-Rule“. Gem. der Knoppe-Formel ist dem Eigentümer der in einer Transaktion eingesetzten immateriellen WG ein Viertel bis ein Drittel des Gewinns zuzuordnen, vgl. Knoppe, Die Besteuerung der Lizenz- und Know-how-Verträge, 2. Aufl. 1972. Gem. der 25 %-Rule beträgt der auf die immateriellen WG entfallende Anteil eben 25 % des Gewinns, vgl. Goldscheider/Jarosz/Mulhern, Les Nouvelles 2002, 123 ff. 8 Vgl. Tz. 2.119 OECD-Leitlinien 2010; im Einzelnen Kuckhoff/Schreiber, Verrechnungspreise in der Betriebsprüfung, 2000, Rz. 139 f. 9 Vgl. Tz. 2.121 OECD-Leitlinien 2010. 10 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3 Buchst. c.
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(zB „Global Trading“).1 Ebenso soll die PSM beim Einsatz einzigartiger und hoch rentierlicher immaterieller WG oder bei sonstigen besonders wertvollen Beiträgen einer Partei zum Zuge kommen.2 In diesen Fällen stehen nämlich meist überhaupt keine verlässlichen, durch tatsächlichen Fremdvergleich ableitbaren Vergleichswerte über angemessene Preise oder Margen zur Verfügung. Durch die zweiseitige Betrachtung ist auch die erforderliche Flexibilität gegeben, um die individuellen Beiträge der beteiligten nahestehenden Unternehmen für die Verrechnungspreisermittlung zu berücksichtigen.3 4. Hypothetischer Fremdvergleich Überblick. Die Anwendung der vorstehend beschriebenen Standardmethoden und gewinn- 1556 orientierten Methoden setzt voraus, dass vergleichbare Preise, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze zugrunde gelegt werden können. Für deren Ermittlung bedarf es eines sog. tatsächlichen Fremdvergleichs. Hierbei werden aus Transaktionen mit unabhängigen Dritten (innerer Vergleich) oder unter unabhängigen Dritten (äußerer Vergleich) Preise, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze für einzelne Geschäftsbeziehungen abgeleitet. Regelmäßig kommt es aber vor, dass für eine zu untersuchende konzerninterne Transaktion entweder überhaupt keine Preise, Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze ermittelt werden können oder sie zwar ermittelt werden können, diese allerdings aufgrund der iRd. Vergleichbarkeitsanalyse festgestellten Unvergleichbarkeit nicht herangezogen werden dürfen. In diesen Fällen scheidet somit die Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs aus. Mit der Neufassung von § 1 AStG iRd. UntStRefG 20084 hat der Gesetzgeber nun ausdrücklich normiert, dass bei Nichtanwendbarkeit des tatsächlichen Fremdvergleichs der sog. hypothetische Fremdvergleich zur Anwendung kommt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG). Ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter. Bei einem solchen hypothetischen Fremdvergleich erfolgt eine Simulation des Preisbildungsprozesses, wie er zwischen unabhängigen Dritten zu erwarten wäre. Für dessen Durchführung bedarf es eines objektiven Bezugspunkts. Die ständige Rspr. des BFH5 zur vGA hat hierfür – abgeleitet aus dem Handelsrecht (vgl. §§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, 43 Abs. 1 GmbHG) – auf die Sorgfalt des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters abgestellt. Auch international kommt diese Denkfigur zur Anwendung.6 Der BFH hat schließlich erkannt, dass es im Rahmen eines hypothetischen Fremdvergleichs erforderlich ist, die Perspektive beider Vertragsparteien – also des Leistenden und des Leistungsempfängers – zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund wurde die Rechtsfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters „verdoppelt“.7 Mittlerweile sind diese Überlegungen des BFH auch in das Gesetz eingeflossen. So heißt es in § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG, dass für „die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes … davon auszugehen (ist), dass die voneinander unabhängigen Dritten … nach den Grundsätzen ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter handeln.“Auch dessen „Verdoppelung“ ist nunmehr in § 1 Abs. 3 Satz 6 AStG abgebildet, wonach der Stpfl. „den Mindestpreis des Leistenden und den Höchstpreis des Leistungsempfängers“ zu ermitteln hat. Dabei bilden Mindestpreis und Höchstpreis einen sog. „Einigungsbereich“.
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Transparenzklausel. § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG konkretisiert den hypothetischen Fremdvergleich nicht nur in der Weise, dass auf den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter Bezug genommen wird. Vielmehr enthält dieser Satz auch eine sog. Transparenzklausel: „Für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist davon auszugehen, dass die voneinander unabhängigen Dritten alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung kennen.“ Mit einer solchen Transparenzklausel soll das in dem volkswirtschaftlichen Modell des vollkommenen Markts unterstellte Ideal der vollständigen Information und Markttransparenz8 der Verrechnungspreisbildung zugrunde liegen. Dass es sich hierbei allerdings lediglich um ein für Theoriezwecke entwickeltes Modell handelt, dessen Bedingungen in der Rea-
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Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 Rz. 3.4.10.3 Buchst. c. Vgl. Tz. 2.109 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 2.112 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. Vgl. erstmals BFH v. 16.3.1967 – I 261/63, BStBl. III 1967, 626. Vgl. Tz. 5.4, 5.6 und 5.11 OECD-Leitlinien 2010 („prudent business management principles“). Vgl. erstmals BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 = FR 1995, 833 m. Anm. Kempermann = GmbHR 1995, 906. 8 Vgl. Aberle, Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik, 2. Aufl. 1992, 27 f.; Stobbe, Mikroökonomik, 2. Aufl. 1991, 312 ff.
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§ 8 Rz. 1558–1560
Ermittlung des Einkommens
lität nicht auftreten, dürfte unstrittig sein.1 Vielmehr ist es sogar so, dass bei vollständiger Information und Markttransparenz der Wettbewerb an sich – der grundlegend für die Ableitung von Fremdvergleichspreisen ist – gefährdet wäre. So hat die Wettbewerbstheorie herausgearbeitet, dass die „Unvollständigkeit des Wissens … für die Wettbewerbsprozesse von konstitutiver Bedeutung (ist), da sie dynamischen Unternehmern erst die Möglichkeit gibt, im vorstoßenden Wettbewerb Marktchancen wahrzunehmen und temporäre Vorsprungsgewinne zu realisieren. Der Wettbewerb als Verfahren zur Entdeckung neuartiger Problemlösungen wäre bei Annahme vollkommener Information nicht existent.“2 Auch die Betriebswirtschaftslehre hat unter Verwendung der Neuen Institutionenökonomie, speziell der Principal-Agent-Theory,3 herausgearbeitet, dass empirisch beobachtbare betriebswirtschaftliche Entscheidungen – und damit auch Preisentscheidungen – insbesondere dann erklärt werden können, wenn eine asymmetrische Informationsverteilung, also unvollkommene Informationen, angenommen werden. Die vollständige Information als Bedingung für die Durchführung eines Fremdvergleichs steht somit im Widerspruch zur Wirklichkeit sowie zu volks- und betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen der Preisbildung. Zweifelhaft ist auch, ob eine solche Transparenzklausel mit dem Fremdvergleichsgrundsatz gem. Art. 9 OECD-MA vereinbar ist.4 Im Übrigen ist eine Anwendung der Transparenzklausel nur beim hypothetischen Fremdvergleich auch insofern problematisch, als der hypothetische Fremdvergleich den tatsächlichen Fremdvergleich möglichst getreu nachbilden soll. Es ist aber offenkundig, dass die Transparenzklausel beim tatsächlichen Fremdvergleich nicht zur Anwendung kommt – die am Markt beobachtbaren Preise, Bruttomargen etc. kommen gerade unter Unvollständigkeit der Information zustande. Mit der Anwendung der Transparenzklausel beim hypothetischen Fremdvergleich würde aber eine so wesentliche Abweichung gegenüber dem tatsächlichen Fremdvergleich vorgenommen, dass die Verwertbarkeit des hypothetischen Fremdvergleichs dadurch durchaus infrage gestellt werden kann.5 1559
Ermittlung des Einigungsbereichs. § 1 Abs. 3 Satz 6 AStG regelt, wie ein hypothetischer Fremdvergleich im Einzelnen erfolgen soll. Demnach hat der Stpfl. „auf Grund einer Funktionsanalyse und innerbetrieblicher Planrechnungen den Mindestpreis des Leistenden und den Höchstpreis des Leistungsempfängers unter Berücksichtigung funktions- und risikoadäquater Kapitalisierungszinssätze zu ermitteln (Einigungsbereich); der Einigungsbereich wird von den jeweiligen Gewinnerwartungen (Gewinnpotentialen) bestimmt.“ Offenkundig geht der Gesetzgeber also davon aus, dass die Preisgrenzen der Parteien stets einen Einigungsbereich bilden. Dies ist allerdings nicht zwingend, etwa wenn beide Unternehmen zu gleichen Preisvorstellungen kommen. Denkbar ist ebenfalls, dass die Preisobergrenze des Leistungsempfängers unter der Preisuntergrenze des Leistenden liegt. Hierbei handelt es sich um eine alltägliche Situation zwischen unabhängigen Dritten. In diesem Fall käme zwischen ihnen kein Geschäft zu Stande, weil mindestens einer der Beteiligten einen unter Fremden nicht akzeptablen Gewinnentgang oder gar Verlust in Kauf nehmen müsste. Gleichwohl finden bei solchen Umständen Geschäftsbeziehungen zwischen Konzernunternehmen statt. Wie in diesem Fall zu verfahren ist, bleibt letztlich offen.
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Barwertkalkül. Was die Ermittlung der individuellen Preisgrenzen beider Parteien anbelangt, ist angesichts der verwendeten Begriffe „Planrechnungen“, „Gewinnpotentiale“ und „Kapitalisierungszinssätze“ davon auszugehen, dass eine Barwertberechnung durchzuführen und insofern ein Ertragswert zu ermitteln ist.6 Hierbei müssen die gleichen Fragen diskutiert werden, die auch bei einer Unternehmensbewertung relevant sind, nämlich: (1) Isolierung und Prognose der erwarteten Gewinne, (2) Schätzung der Nutzungsdauer und (3) Ableitung eines angemessenen Kapitalisierungszinssatzes.7 Insofern muss also im Fall des hypothetischen Fremdvergleichs eine „kleine Unternehmensbewertung“ durchgeführt werden. Inwieweit dies verhältnismäßig ist, gerade weil diese aufwendige Berechnung sowohl 1 Vgl. Piltz in JbFStR 2007, 95 (96 ff.), der auch zu Recht darauf hinweist, dass „Geschäftspartner … keine ‚Hellseher‘ (sind), wie es die neue Vorschrift unterstellt“ (S. 98). 2 Aberle, Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik, 2. Aufl. 1992, 24. 3 Vgl. Selchert, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 8. Aufl. 2002, 15 ff. 4 Vgl. Wassermeyer, DB 2007, 536; Piltz in JbFStR 2007, 95 (98 f.). Auch der in BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 149 enthaltene Verweis auf Tz. 9.81 und 9.85 OECDLeitlinien 2010 kann nicht überzeugen, weil dort lediglich darauf hingewiesen wird, dass die Perspektive beider Parteien zu berücksichtigen ist. Über Informationstransparenz kann man dort nichts lesen. 5 Vgl. Greinert in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 545 ff. 6 Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1651. 7 Vgl. zur Unternehmensbewertung im Einzelnen: IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 idF 2008), IDW Fachnachrichten 2008, 271 ff.
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für den Leistenden als auch den Leistungsempfänger durchgeführt werden muss, dürfte jedenfalls fraglich sein. Letztlich scheint diese Regelung wohl auf Funktionsverlagerungen iSd. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG zugeschnitten zu sein, bei denen zumindest in Einzelfällen eine solch aufwendige Berechnung vertretbar sein kann. Ob dies jedoch für alle Fälle gerechtfertigt ist, bei denen ein tatsächlicher Fremdvergleich ausscheidet, lässt sich wohl verneinen. Aufteilung des Einigungsbereichs. Zu der Frage, wie ein ermittelter Einigungsbereich zwischen den Parteien aufzuteilen ist, gab es bisher keine klare Handlungsempfehlung. In den VWG wird lediglich ausgeführt, dass eine schematische Orientierung des Verrechnungspreises an der Ober- oder Untergrenze eines solchen Einigungsbereichs ohne wirtschaftlich beachtliche Gründe nicht statthaft sei, weil ein ordentlicher Geschäftsleiter „im Interesse seines Unternehmens auf eine ausgewogene Preisgestaltung bedacht“1 wäre. § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG regelt nunmehr die Aufteilung eines Einigungsbereichs. Danach „ist der Preis im Einigungsbereich der Einkünfteermittlung zugrunde zu legen, der dem Fremdvergleichsgrundsatz mit der höchsten Wahrscheinlichkeit entspricht; wird kein anderer Wert glaubhaft gemacht, ist der Mittelwert des Einigungsbereichs zugrunde zu legen.“ Wenn nichts anderes glaubhaft gemacht werden kann, ist also zunächst auf den Mittelwert abzustellen. Eine solche hälftige Teilung des Einigungsbereichs ist zunächst nicht abwegig, zumal sie betriebswirtschaftlich der sog. Schiedsrichterlösung entspricht.2 Auch die sog. Zinsurteile des BFH3 und die Rspr. zur Aufteilung von Standortvorteilen bei einem Lohnfertiger4 machen einen entsprechenden Lösungsvorschlag. Bei der hälftigen Teilung des Einigungsbereichs handelt es sich allerdings um eine widerlegbare Vermutung. Die Widerlegbarkeit ist auch erforderlich, nicht zuletzt weil die Festlegung auf den Mittelwert international wohl nicht zwingend ist.5 Fraglich ist allerdings, wie der Stpfl. diese Vermutung widerlegen soll. Gem. dem Gesetzeswortlaut müsste er hierzu glaubhaft machen, dass für einen anderen Wert innerhalb des Einigungsbereichs eine höhere Wahrscheinlichkeit spricht. Es bleibt jedoch unklar, wie höhere Wahrscheinlichkeiten verdeutlicht werden sollen, handelt es sich bei der „Wahrscheinlichkeit“ doch um einen statistischen Begriff, der die beobachtbare Häufigkeit einer Ausprägung bei im Prinzip beliebig oft wiederholbaren Vorgängen wiedergibt.6 IRd. hypothetischen Fremdvergleichs gelingt es aber nicht, eine höhere Wahrscheinlichkeit – also eine größere Häufigkeit einer Ausprägung – darzustellen, weil Ausprägungen gerade nicht beobachtbar sind. Diese könnten allenfalls „erdacht“ werden. Dieses Ergebnis kann allerdings nicht befriedigen. Auch die von der FinVerw. iZm. Funktionsverlagerungen genannten Kriterien wie Marktposition, betriebliches Eigeninteresse an der Geschäftsbeziehung, Kapitalausstattung und Ertragslage usw.7 können nicht überzeugen, lassen sie sich doch durch das Konzernverhältnis einfach beeinflussen und stellen auch rein subjektive Wertungen dar. Letztlich sind alle Preise innerhalb eines Einigungsbereichs als angemessen anzusehen, da jeder dieser Preise auch zwischen fremden Dritten (hypothetisch) vereinbart werden könnte.8 Ohnehin hat auch schon der BFH speziell für den hypothetischen Fremdvergleich entschieden, dass im Rahmen einer vGA der für den Stpfl. günstigste Wert innerhalb des Einigungsbereichs anzusetzen ist.9
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III. Besteuerung von Funktionsverlagerungen 1. Überblick Gründe für Funktionsverlagerungen. Im Zuge der Globalisierung der Wirtschaft sind international tätige Unternehmen zunehmend gezwungen, ihre Strukturen zu überprüfen und an laufende Entwicklungen anzupassen. Infolgedessen werden auch grenzüberschreitende Umstrukturierungen durchgeführt, bei denen es zu einer Übertragung von Funktionen, WG oder Risiken zwischen nahestehenden Unternehmen kommt. Betroffen hiervon sind alle Arten von Funktionen, wie Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Marketing. Auch Buchführung, Personalwesen und ähnliche unterstützende Funktionen können Ge1 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 Rz. 2.1.9. Bsp. 1. 2 Vgl. Baumhoff in FS Wassermeyer, 351 mwN. 3 Vgl. BFH v. 19.1.1994 – I R 93/93, BStBl. II 1994, 725 = FR 1994, 367; v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649. 4 Vgl. FG Münster v. 16.3.2006 – 8 K 2348/02 E, IStR 2006, 794; hierzu Baumhoff/Greinert, IStR 2006, 789. 5 Vgl. Frischmuth, StuB 2007, 390. 6 Vgl. Bortz, Statistik, 4. Aufl. 1993, 49. 7 Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 128. 8 Vgl. Ditz, DStR 2006, 1628; Frischmuth, StuB 2007, 389. 9 Vgl. BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867 = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240.
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§ 8 Rz. 1562–1565
Ermittlung des Einkommens
genstand einer Funktionsverlagerung sein. Als Beweggründe für die genannten Umstrukturierungen kommt eine Vielzahl von Faktoren in Betracht. Beispiele umfassen eine bessere Marktgängigkeit, Kostenvorteile, Synergieeffekte, Risikoreduktion und Steuervorteile. 1563
Erstmalige gesetzliche Regelung von Funktionsverlagerungen. IRd. UntStRefG 20081 hat der Gesetzgeber einen neuen § 1 Abs. 3 Satz 9 und 10 AStG eingeführt. Mit dieser Regelung werden erstmals grenzüberschreitende Funktionsverlagerungen explizit gesetzlich geregelt. Die Vorschrift bezieht sich dabei auf Fälle, in denen eine gesamte Funktion von Deutschland an ein nahestehendes Unternehmen in einem anderen Land übertragen oder zur Nutzung überlassen wird. In diesen Fällen ist vorgesehen, dass eine Gesamtbewertung des übertragenen oder zur Nutzung überlassenen Transferpakets durchzuführen ist, was zu erheblichen steuerlichen Belastungen für die beteiligten Unternehmen führen kann. Insbesondere ist fraglich, ob die ausländischen Fisci die aus deutscher Sicht vorgeschriebene Bewertung eines Transferpakets anerkennen werden. Die Ermittlung von individuellen Verrechnungspreisen für die einzelnen WG, aus denen sich das Transferpaket zusammensetzt, ist dagegen nur in Ausnahmefällen möglich. § 1 Abs. 3 Satz 9 und 10 AStG regeln die Besteuerung von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen lediglich in Grundzügen und sind aus sich selbst heraus nur schwer verständlich. Um die Vorschriften weiter zu spezifizieren, wurde daher die FVerlV2 erlassen. Darüber hinaus hat die FinVerw. ihre Auffassung zur Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 9 und 10 AStG in einem Verwaltungsschreiben, nämlich den Verwaltungsgrundsätzen Funktionsverlagerung3 dargelegt. 2. Tatbestandsvoraussetzungen einer Funktionsverlagerung
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Merkmale einer Funktionsverlagerung. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG erfordert, dass eine Funktion verlagert wird. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV liegt eine Funktionsverlagerung vor, „wenn ein Unternehmen (verlagerndes Unternehmen) einem anderen, nahestehenden Unternehmen (übernehmendes Unternehmen) WG und sonstige Vorteile sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken überträgt oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausüben kann, die bisher von dem verlagernden Unternehmen ausgeübt worden ist, und dadurch die Ausübung der betreffenden Funktion durch das verlagernde Unternehmen eingeschränkt wird.“ Eine Funktionsverlagerung iSd. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG erfordert damit das Vorliegen einer Funktion, deren Übertragung auf ein nahestehendes Unternehmen und den Übergang von WG oder sonstigen Vorteilen. Was unter einer Funktion zu verstehen ist, wird in § 1 Abs. 1 Satz 1 FVerlV erläutert. Danach ist eine Funktion „eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden. Sie ist ein organischer Teil eines Unternehmens, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen muss.“ Als Funktionen sieht die FinVerw. u.a. Geschäftsleitung, Forschung und Entwicklung, Materialbeschaffung, Lagerhaltung, Produktion, Verpackung, Vertrieb, Montage, Bearbeitung oder Veredlung von Produkten, Qualitätskontrolle, Finanzierung, Transport, Organisation, Verwaltung, Marketing und Kundendienst an.4 Dabei legt die FinVerw. ein recht weites Funktionsverständnis zugrunde. Demnach soll es nicht erforderlich sein, dass eine der oben beschriebenen Funktionen insgesamt übertragen wird. Vielmehr soll schon die Übertragung von Teilen solcher Funktionen für eine Funktionsverlagerung ausreichen. Nach Ansicht der FinVerw. kann eine Funktion insoweit zB „die Produktion eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Produktgruppe, der Vertrieb eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Produktgruppe oder eine bestimmte Geschäftstätigkeit für eine bestimmte Region“5 sein.
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Neben der Existenz einer Funktion verlangt § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG deren Übertragung oder Überlassung an ein ausländisches nahestehendes Unternehmen. Nach Auffassung der FinVerw. ist eine Übertragung nur dann gegeben, wenn das übertragende Unternehmen die Ausübung der Funktion beendet oder einschränkt.6 Dabei soll es jedoch nicht darauf an-
1 G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 2 Vgl. Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680. 3 Vgl. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen in Fällen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, BStBl. I 2010, 774. 4 Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 15. 5 BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 16. 6 Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 22.
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G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1565–1569 § 8
kommen, ob das übernehmende Unternehmen mit den übertragenen oder zur Nutzung überlassenen WG oder Vorteilen die Funktion in gleicher Weise wie das verlagernde Unternehmen ausübt.1 Eine Identität in qualitativer Hinsicht ist also nicht erforderlich. Die FinVerw. lehnt eine Funktionsverlagerung allerdings ab, wenn der Umsatz aus der Funktion, den das ursprünglich tätige Unternehmen im letzten vollen Wj. vor der Funktionsänderung erzielt hat, innerhalb eines Fünfjahreszeitraums in keinem Wj. um mehr als 1 Mio. Euro absinkt.2 In quantitativer Hinsicht besteht damit eine Bagatellgrenze. Gleichwohl soll eine Funktionsverlagerung selbst dann gegeben sein, wenn eine Funktion durch eine vergleichbare Funktion ersetzt wird, also zB die Produktion von Produkt A durch die Produktion von Produkt B.3 Eine solche weitgehende Auffassung ist schwer nachvollziehbar, insbesondere wenn Umsätze, Gewinne, Anzahl der Mitarbeiter usw. von der Übertragung unberührt bleiben. Weitere Voraussetzung für eine Funktionsverlagerung iSd. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG ist die Übertragung der iZm. der Funktion stehenden WG und sonstigen Vorteile sowie der dazugehörigen Chancen und Risiken. Der Begriff des WG ist in Übereinstimmung mit dem allgemeinen steuerlichen Wirtschaftsgutsbegriff auszulegen. Insofern gehören nach der Rspr. zu den WG nicht nur Sachen und Rechte, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, also sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt.4 Der daneben verwendete Begriff des sonstigen Vorteils taucht in der Gesetzgebung bisher nicht auf. Ausgehend von der Systematik des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG dürften den sonstigen Vorteilen alle Vorteile unterfallen, die zwar nicht als WG qualifizieren, jedoch gleichwohl einen hohen Konkretisierungsgrad aufweisen.5 Als solche kommen etwa Kundenbeziehungen, eingearbeitetes Personal oder Lieferantenbeziehungen in Betracht.6 Darüber hinaus können singuläre und unternehmerische Geschäftschancen sonstige Vorteile darstellen.7 Neben den WG und sonstigen Vorteilen, die iZm. der Funktion stehen, müssen für eine Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG auch die dazugehörigen Chancen und Risiken übertragen werden. Eine isolierte Übertragung von Chancen und Risiken führt daher zu keiner Funktionsverlagerung.
1566
Formen von Funktionsverlagerungen. Im Schrifttum8 werden unterschiedliche Formen von Funktionsverlagerungen unterschieden, und zwar:
1567
–
Funktionsausgliederung: vollständige Übertragung einer Funktion mit den dazugehörigen Chancen und Risiken einschließlich WG und sonstiger Vorteile,
–
Funktionsabschmelzung: Übertragung eines Teils einer Funktion mit den dazugehörigen Chancen und Risiken einschließlich WG und sonstiger Vorteile,
–
Funktionsabspaltung: Übertragung (eines Teils) einer Funktion unter Zurückbehaltung der dazugehörigen Chancen und Risiken beim übertragenden Unternehmen,
–
Funktionsverdoppelung: Aufbau einer identischen Funktion im Ausland bei gleichzeitiger unveränderter Fortführung der Funktion im Inland.
Funktionsausgliederung. Die Funktionsausgliederung ist die Grundform einer Funktionsverlagerung iSd. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG. Im Fall einer Funktionsausgliederung wird eine Funktion vollständig auf ein ausländisches nahestehendes Unternehmen übertragen und ihre Ausübung in Deutschland eingestellt. Alle WG und sonstigen Vorteile, die mit der Funktion im Zusammenhang stehen, gehen entweder auf das übernehmende Unternehmen über oder es wird eine Nutzung hieran eingeräumt. Folge ist, dass das übertragende Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, die betreffenden WG und sonstigen Vorteile zu nutzen und die Funktion auszuüben. Ein typisches Beispiel für eine Funktionsausgliederung wäre die Übertragung der Produktionsfunktion für eine Produktgruppe von Deutschland in ein anderes Land. Insbesondere solche Fälle will § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG erfassen.
1568
Funktionsabschmelzung. Einen weiteren Anwendungsfall einer Funktionsverlagerung stellt die Funktionsabschmelzung dar. Eine Funktionsabschmelzung ist dadurch gekenn-
1569
1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 24. Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 49. Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 23. Vgl. BFH v. 5.6.2008 – IV R 67/05, BStBl. II 2008, 960. Vgl. Brüninghaus/Bodenmüller, DStR 2009, 1285 (1288). Vgl. Oestreicher, Ubg 2009, 80 (83). Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2008, 1945 (1946). Vgl. Kroppen/Rasch/Eigelshoven, IWB 2007, 301 (308).
Greinert
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§ 8 Rz. 1569–1572
Ermittlung des Einkommens
zeichnet, dass ein Teil einer Funktion mit den dazugehörigen Chancen und Risiken einschließlich der iZm. der Funktion stehenden WG und sonstigen Vorteile übertragen wird. Das übertragende Unternehmen beendet insofern die Funktionsausübung nicht vollständig, sondern führt sie weiterhin – allerdings auf einem anderen Niveau – aus. Die FinVerw. erblickt in einer Funktionsabschmelzung regelmäßig eine Funktionsverlagerung iSd. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG.1 Die Umwandlung eines Eigenproduzenten in einen Auftragsfertiger oder eines Eigenhändlers in einen Low-Risk-Distributor sind gute Beispiele für eine Funktionsabschmelzung. 1570
Funktionsabspaltung. Fraglich ist dagegen, ob auch eine Funktionsabspaltung eine Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG auslöst.2 Obwohl auch bei einer Funktionsabspaltung eine Funktion übertragen wird, verbleiben die iZm. der Funktion stehenden immateriellen WG sowie Chancen und Risiken beim übertragenden Unternehmen. Daher bestimmt § 2 Abs. 2 Satz 1 FVerlV für den Fall, dass „das übernehmende Unternehmen die übergehende Funktion ausschließlich gegenüber dem verlagernden Unternehmen aus(übt) und (…) das Entgelt, das für die Ausübung der Funktion und die Erbringung der entsprechenden Leistungen anzusetzen ist, nach der Kostenaufschlagsmethode zu ermitteln (ist),“ keine Transferpaketbewertung durchzuführen ist. Die Kostenaufschlagsmethode ist vor allem dann anzuwenden, wenn das übernehmende Unternehmen lediglich Routinefunktionen ausübt und nur geringe Risiken trägt. Außerdem liegt nach der FinVerw. ein Fall des § 2 Abs. 2 Satz 1 FVerlV vor, wenn auf die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode zurückgegriffen wird oder das übernehmende Unternehmen Provision erhält, die dessen niedriges Risiko berücksichtigt.3 Ein typisches Beispiel für eine Funktionsabspaltung wäre die Übertragung der Produktionsfunktion auf einen Lohnfertiger, der ausschließlich für das übertragende Unternehmen tätig wird und eine geringe Vergütung auf Basis der Kostenaufschlagsmethode erhält. In einem solchen Fall ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 FVerlV keine Transferpaketbewertung vorzunehmen. Vielmehr sind die einzelnen übertragenen WG gesondert zu bewerten.
1571
Funktionsverdoppelung. Auch eine Funktionsverdoppelung stellt einen Fall dar, in dem eine Anwendung von § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG regelmäßig ausgeschlossen ist.4 Eine Funktionsverdoppelung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Funktion in einem anderen Land bei einem nahestehenden Unternehmen aufgebaut wird, gleichzeitig die Funktion im Inland aber unverändert fortbesteht. Insbesondere in starken Wachstumsphasen oder bei Erschließung neuer Märkte finden solche Funktionsverdoppelungen statt. Wenn gezeigt werden kann, dass es innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Funktion durch das nahestehende Unternehmen zu keiner Einschränkung der Ausübung der betreffenden Funktion durch das übertragende Unternehmen kommt, findet nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FVerlV keine Transferpaketbewertung statt. Vielmehr werden auch in diesem Fall lediglich die iRd. Funktionsverdoppelung übertragenen WG einzeln bewertet.
1572
Funktionsverlagerungen in den OECD-Richtlinien. Aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung hat sich nicht nur der deutsche Gesetzgeber, sondern auch die OECD intensiv mit grenzüberschreitenden Umstrukturierungen beschäftigt. Ergebnis hiervon war eine Überarbeitung der OECD-Leitlinien, in die am 22.7.2010 ein neues Kapitel IX eingefügt wurde, das sich mit den „transfer pricing aspects of business restructurings“ beschäftigt. Vergleichbar mit § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG wird auch in dem neu eingefügten Kapitel IX der OECD-Leitlinien die Übertragung einer gesamten Funktion vom Inland ins Ausland und die Notwendigkeit einer Gesamtbewertung diskutiert.5 Allerdings ist der Ansatz der OECD nicht so weitreichend wie die deutschen Regelungen in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG. Auf den ersten Blick besteht zwischen dem Konzept in Kapitel IX der OECD-Leitlinien und den deutschen Regelungen in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG zwar durchaus eine gewisse Ähnlichkeit. Allerdings werden bei näherer Betrachtung doch wesentliche Unterschiede deutlich. Im Unterschied zu § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG regelt das neue Kapitel IX der OECD-Leitlinien nicht die „Verlagerung einer Funktion“, sondern spricht von einem „transfer of activity“. Die OECD erblickt hierin ein Synonym für einen „ongoing concern“, worunter sie eine „functioning, economically integrated business unit“ versteht. Ein „ongoing concern“ ist daher mit einem Teilbetrieb vergleichbar,6 sodass das Konzept eines „transfer of activity“ der OECD-Leitlinien deutlich en1 2 3 4 5 6
Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 21. Vgl. Brüninghaus/Bodenmüller, DStR 2009, 1285 (1287). Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 67. Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2008, 1945 (1947). Vgl. Tz. 9.93 ff. OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Luckhaupt, DB 2010, 2016 (2019).
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1572–1574 § 8
ger als das der Übertragung einer Funktion iSd. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG ist. Dies wirft die Frage der Vereinbarkeit der deutschen Vorschrift mit Art. 9 OECD-MA auf, der den Fremdvergleichsgrundsatz auf abkommensrechtlicher Ebene regelt und durch die OECD-Leitlinien konkretisiert wird. Nach der jüngeren Rspr. kommt Art. 9 OECD-MA eine begrenzende Wirkung dahingehend zu, dass die Vorschrift zwar keine Gewinnkorrekturmöglichkeiten schafft, aber weiter gehende, innerstaatlich zulässige Korrekturmöglichkeiten sperrt.1 Genau dieser Gedanke greift auch mit Blick auf § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG. Während die OECD-Leitlinien eine Gesamtbewertung nur bei einem „transfer of activity“ zulassen und damit letztlich den Übergang eines Teilbetriebs voraussetzen, lässt § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG schon die Übertragung zB der Produktion eines einzelnen Produkts genügen. Mit der Sperrwirkung des Art. 9 OECD-MA dürfte dies nur schwer vereinbar sein. 3. Grundsätze der Bewertung eines Transferpakets Gesamtbewertung als gesetzlicher Regelfall. Im Fall einer Funktionsverlagerung hat gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG grundsätzlich eine Gesamtbewertung des übertragenen oder zur Nutzung überlassenen Transferpakets zu erfolgen. Eine Einzelbewertung der WG, aus denen sich das Transferpaket zusammensetzt, ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Wie sich aus § 2 Abs. 1 FVerlV ergibt, ist die Gesamtbewertung des Transferpakets nach den allgemeinen Grundsätzen durchzuführen. Sofern es daher möglich ist, für das Transferpaket uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte zu ermitteln, ist der Wert des Transferpakets mithilfe eines tatsächlichen Fremdvergleichs iSd. § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 4 AStG zu bestimmen. In allen anderen Fällen erfolgt die Bewertung im Rahmen eines hypothetischen Fremdvergleichs nach § 1 Abs. 3 Satz 5 bis 8 AStG. Der tatsächliche Fremdvergleich iSd. § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 4 AStG greift zur Bestimmung eines Verrechnungspreises auf Preise, Bruttomargen, Nettomargen, Gewinnaufschläge und ähnliche Daten zurück, die zwischen fremden Dritten vereinbart wurden. Im Falle von Funktionsverlagerungen wird der tatsächliche Fremdvergleich jedoch nur im Ausnahmefall zur Anwendung kommen, da bei Funktionsverlagerungen immaterielle WG eine wesentliche Rolle spielen. Für solche ist es regelmäßig schwierig, belastbare Fremdvergleichswerte zu ermitteln.2 Daher stellt der hypothetische Fremdvergleich den Regelfall bei Funktionsverlagerungen dar. Um einen Verrechnungspreis im Wege des hypothetischen Fremdvergleichs zu ermitteln, ist im ersten Schritt ein sog. Einigungsbereich abzuleiten. Für diesen Zweck ist der Stpfl. verpflichtet, den Mindestpreis des übertragenden Unternehmens und den Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens mit Bezug auf das Transferpaket zu ermitteln. Dabei ist der Einigungsbereich durch die jeweiligen Gewinnerwartungen des übertragenden und des übernehmenden Unternehmens begrenzt, wobei dafür das Discounted Cashflow-Verfahren oder ähnliche Barwertmethoden zur Anwendung kommen.3 Im zweiten Schritt erfordert der hypothetische Fremdvergleich die Auswahl eines geeigneten Verrechnungspreises innerhalb des zuvor bestimmten Einigungsbereichs. Soweit kein Preis gezeigt werden kann, der mit einer höheren Wahrscheinlichkeit dem Fremdvergleichsgrundsatz genügt, ist der Mittelwert des Einigungsbereichs als Preis für das Transferpaket zugrunde zu legen.
1573
Gesamtbewertung bei Funktionsverlagerungen gerechtfertigt? Das Konzept der Gesamtbewertung eines Transferpakets hat keine Vorläufer im deutschen Steuerrecht. Bis zur Einführung der Funktionsverlagerungsbesteuerung war es erforderlich, die einzelnen iZm. einer Funktionsverlagerung übertragenen WG zu identifizieren und einzeln zu bewerten. Ausnahmen bestanden nur für den Fall, dass ein Betrieb, Teilbetrieb oder eine vergleichbare Gesamtheit übertragen wurde. In diesen Fällen konnte auch schon bisher eine Gesamtbewertung angezeigt sein.4 Der Gesetzgeber begründet die Notwendigkeit einer Gesamtbewertung damit, dass der Preis der einzelnen übertragenen oder zur Nutzung überlassenen WG den Wert der Funktion regelmäßig nicht adäquat wiederspiegle.5 Die FinVerw. ergänzt diese Ausführungen dahingehend, dass Vorteile, die im Rahmen einer Einzelpreisbestimmung der übertragenen oder zur Nutzung überlassenen WG häufig nur schwer erkennbar seien, aufgrund der Betrachtung der insgesamt übergehenden Funktion identifiziert werden
1574
1 Vgl. BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046 = ISR 2013, 54 m. Anm. Ditz = FR 2013, 415 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2013, 157. 2 Vgl. Greinert, Ubg 2010, 101 (102). 3 Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, Ubg 2011, 161 (166). 4 Vgl. Greinert in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 559. 5 Vgl. BR-Drucks. 220/07, 144.
Greinert
763
§ 8 Rz. 1574–1577
Ermittlung des Einkommens
könnten.1 Letztlich geht es dem Gesetzgeber also darum, iRd. Gesamtbewertung eines Transferpakets einen Mehrwert, nämlich einen funktionsbezogenen Geschäfts- oder Firmenwert, der Besteuerung zu unterwerfen, der bei einer Einzelbewertung der übertragenen oder zur Nutzung überlassenen WG unbesteuert bliebe.2 Im Ergebnis bedeutet dies eine steuerliche Zusatzbelastung für die betroffenen Unternehmen. Die vom Gesetzgeber für die Notwendigkeit einer Gesamtbewertung angeführten Gründe können indessen nicht überzeugen. Während es bei der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs zum Übergang eines Geschäfts- oder Firmenwerts kommen kann, weil dabei auch geschäftswertbildende Faktoren, wie gewährte Konzessionen und Genehmigungen, eine eingeschwungene Ablauforganisation oder eingearbeitetes Personal auf das übernehmende Unternehmen übergehen,3 greifen diese Überlegungen im Falle von Funktionsverlagerungen nicht: Bei einer Funktionsverlagerung werden geschäftswertbildende Faktoren typischerweise gerade nicht übertragen. Nur das übertragende Unternehmen verfügt über gewährte Konzessionen und Genehmigungen, eine eingeschwungene Ablauforganisation und eingearbeitetes Personal, während das übernehmende Unternehmen solche erst selbst neu schaffen muss. Damit kommt das Transferpaket beim übernehmenden Unternehmen aber nicht in der Zusammensetzung an, wie es vom übertragenden Unternehmen abgegeben wurde. Es fehlt somit an der erforderlichen Nämlichkeit.4 Von daher kommt es auch zu keinem Übergang eines funktionsbezogenen Geschäfts- oder Firmenwerts, sodass im Fall einer grenzüberschreitenden Funktionsverlagerung die Besteuerung eines funktionsbezogenen Geschäfts- oder Firmenwerts ausscheiden muss.5 1575
Einzelbewertung der WG als Ausnahmefall. Nach § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG ist in Ausnahmefällen eine Einzelbewertung der WG zulässig, aus denen sich das Transferpaket zusammensetzt. Für eine solche Einzelbewertung gelten die allgemeinen Regelungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 8 AStG. Danach sind die Preise für die einzelnen WG, soweit möglich, auf Basis des tatsächlichen Fremdvergleichs iSd. § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 4 AStG zu ermitteln. Nur wenn dies nicht möglich ist, hat ein hypothetischer Fremdvergleich iSd. § 1 Abs. 3 Satz 5 bis 8 AStG zu erfolgen. Die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG ist nicht abschließend. Weitere Fälle, in denen eine Einzelbewertung der im Rahmen einer Funktionsverlagerung übertragenen oder zur Nutzung überlassenen WG erfolgt, finden sich in § 1 Abs. 6 und 7 und § 2 Abs. 2 FVerlV.
1576
1. Escape-Klausel. Nach § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 1 AStG ist eine Einzelbewertung zulässig, „wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass keine wesentlichen immateriellen WG und Vorteile Gegenstand der Funktionsverlagerung waren“ (1. Escape-Klausel). Dabei sollen immaterielle WG und Vorteile nach § 1 Abs. 5 FVerlV als wesentlich eingestuft werden, wenn sie für die übertragene Funktion erforderlich sind und wenn deren Verrechnungspreis mehr als 25 % des Gesamtwerts der einzelnen Preise aller WG und Vorteile des Transferpakets beträgt. Vor dem Hintergrund der zentralen Bedeutung von immateriellen WG im Rahmen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen dürfte § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 1 AStG nur einen begrenzten Anwendungsbereich haben und allenfalls bei Hilfsfunktionen erfüllt sein.6 Zu denken ist etwa an die Übertragung der Buchführung oder des Personalwesens. Hauptanwendungsfall dürfte die bereits vorstehend beschriebene Funktionsabspaltung iSd. § 2 Abs. 2 Satz 1 FVerlV sein, bei der zB die Produktionsfunktion auf einen Lohnfertiger übertragen wird.
1577
2. Escape-Klausel. Nach § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 2 AStG kann der Steuerpflichtige eine Einzelbewertung auch dann durchführen, wenn „die Summe der angesetzten Einzelverrechnungspreise, gemessen an der Bewertung des Transferpakets als Ganzes, dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht“ (2. Escape-Klausel). Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 FVerlV ist in diesen Fällen sowohl der Einigungsbereich für das Transferpaket als auch für die einzelnen übertragenen oder zur Nutzung überlassenen WG zu ermitteln, was mit erheblichem Aufwand für den Stpfl. verbunden ist. Aus diesem Grund dürfte auch § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 2 AStG nur einen beschränkten Anwendungsbereich haben.7 Die Vorschrift soll vor allem ein Abweichen
1 2 3 4 5 6 7
Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 29. Vgl. Greinert in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 568. Vgl. BFH v. 27.3.2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, 771 = FR 2001, 1108 = GmbHR 2001, 987. Vgl. Kroppen in Lüdicke, Brennpunkte im Internationalen Steuerrecht, 2010, 159. Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, Ubg 2011, 161 (165). Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1649 (1653). Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1649 (1653).
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1577–1580 § 8
von der Regelvermutung iSd. § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG ermöglichen, die auf einen Ansatz des Mittelwerts des Einigungsbereichs hinausläuft. Wird etwa gezeigt, dass der Einigungsbereich für das Transferpaket eine Untergrenze von 100 und eine Obergrenze von 200 hat, so würde, wenn kein Wert gezeigt werden könnte, der mit einer höheren Wahrscheinlichkeit dem Fremdvergleichsgrundsatz genügt, der Mittelwert iHv. 150 als Verrechnungspreis für das Transferpaket angesetzt werden. Gelingt es jedoch, durch die Einzelbewertung der WG einen Wert iHv. beispielsweise von 120 zu ermitteln, so wäre dies die Rechtfertigung für ein Abweichen vom Mittelwert von 150. 3. Escape-Klausel. Nach § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 3 AStG ist eine Einzelbewertung auch dann zulässig, wenn „der Steuerpflichtige glaubhaft (macht), dass zumindest ein wesentliches immaterielles Wirtschaftsgut Gegenstand der Funktionsverlagerung ist, und (…) er es genau (bezeichnet)“ (3. Escape-Klausel). Nach Ansicht der FinVerw. ist der Begriff der Wesentlichkeit wie in § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 1 AStG auszulegen, sodass die Definition des § 1 Abs. 5 FVerlV auch iRd. § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 3 AStG Geltung beansprucht.1 Eine genaue Bezeichnung soll nach Ansicht der FinVerw. vorliegen, wenn das immaterielle WG aufgrund der Angaben des Stpfl. so genau identifiziert werden kann, dass entweder ausreichende Vergleichswerte ermittelt werden können oder eine sachgerechte Preisbestimmung nach dem hypothetischen Fremdvergleich möglich ist.2 Aufgrund der zentralen Bedeutung immaterieller WG im Rahmen von Funktionsverlagerungen sollte in den meisten Fällen ein Rückgriff auf die 3. Escape-Klausel möglich sein. Auf diese Weise wird die Einzelbewertung nach § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 3 AStG faktisch zum Regelfall, während die Gesamtbewertung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG nur noch ausnahmsweise zur Anwendung kommt.3 Insofern hat § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 3 AStG eine besondere Bedeutung für den Stpfl.
1578
Bewertungsgrundsätze in den OECD-Leitlinien. Auch die OECD beschäftigt sich in dem am 22.7.2010 neu eingefügten Kapitel IX der OECD-Leitlinien zu „transfer pricing aspects of business restructurings“ mit Bewertungsfragen bei einem „transfer of activity“. Wie der deutsche Gesetzgeber schlägt auch die OECD die Anwendung einer Gesamtbewertung vor und nimmt hierbei Bezug auf die bei Unternehmenskäufen gebräuchlichen Methoden.4 Allerdings betrachtet die OECD im Unterschied zum deutschen Gesetzgeber die Gesamtbewertung nicht als verpflichtend. Die OECD betont vielmehr, eine Gesamtbewertung „may be necessary“, um einen verlässlichen Fremdvergleichspreis abzuleiten.5 Eine Einzelbewertung der im Rahmen eines grenzüberschreitenden „transfer of activity“ übertragenen oder zur Nutzung überlassenen WG wird hierdurch gerade nicht ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass die OECD den tatsächlichen Fremdvergleich auch im Fall eines „transfer of activity“ aufrechterhält. Ein hypothetischer Fremdvergleich, der die Ermittlung eines Einigungsbereichs mit Mindestpreis und Höchstpreis und dabei letztlich den Ansatz des Mittelwerts verlangt, wird von der OECD nicht diskutiert. Im Zusammenhang mit der Bewertung eines „transfer of activity“ stellt zwar auch die OECD auf die Perspektive des übertragenden und des aufnehmenden Unternehmens ab. Es handelt sich hierbei jedoch mehr um grundsätzliche Überlegungen. Ein Verhandlungsprozess zwischen dem übertragenden und dem aufnehmenden Unternehmen wird nicht simuliert.6 Im Ergebnis zeigt sich somit erneut, dass die deutschen Regelungen wesentlich strenger ausfallen als die Vorgaben der OECD-Leitlinien. Die Frage der Vereinbarkeit mit der Sperrfunktion von Art. 9 OECD-MA stellt sich daher auch insofern.
1579
4. Nachträgliche Preisanpassungsregeln Überblick. Der hypothetische Fremdvergleich iSd. § 1 Abs. 3 Satz 5 bis 8 AStG ist nach Ansicht des Gesetzgebers mit erheblichen Unsicherheiten belastet. Insbesondere wenn wesentliche immaterielle WG übertragen werden, zB iZm. Funktionsverlagerungen, kann sich nach Ansicht des Gesetzgebers nachträglich herausstellen, dass die den angesetzten Verrechnungspreis bestimmenden Faktoren in erheblichem Umfang falsch eingeschätzt worden sind.7 Im Rahmen des UntStRefG 20088 hat der Gesetzgeber daher § 1 Abs. 3 Sätze 11 und 1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 75. Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 78. Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2010, 1309 (1311). Vgl. Tz. 9.94 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Tz. 9.94 OECD-Leitlinien 2010. Vgl. Luckhaupt, DB 2010, 2016 (2019). Vgl. BR-Drucks. 220/07, 145. G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912.
Greinert
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1580
§ 8 Rz. 1580–1582
Ermittlung des Einkommens
12 AStG eingeführt, die unter bestimmten Voraussetzungen nachträgliche Preisanpassungen erlauben. Konkretisiert wird § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG durch die FVerlV1 und die VWG-FVerl2. 1581
Voraussetzungen für eine nachträgliche Preisanpassung. § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG ermöglicht nur dann eine nachträgliche Preisanpassung, wenn der fragliche Verrechnungspreis im Rahmen eines hypothetischen Fremdvergleichs iSd. § 1 Abs. 3 Satz 5 bis 8 AStG bestimmt wurde. Sofern der Stpfl. seine Verrechnungspreise auf einen tatsächlichen Fremdvergleich iSd. § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 4 AStG stützt, ist eine nachträgliche Preisanpassung nach § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG nicht möglich.3 Weiterhin setzt eine Anwendung von § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG voraus, dass wesentliche immaterielle WG oder Vorteile übertragen worden sind. Eine Definition des Begriffs der Wesentlichkeit findet sich im Gesetz nicht. Es dürften jedoch keine Bedenken bestehen, insofern auf die für § 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 1 AStG geltende Definition des § 1 Abs. 5 FVerlV zurückzugreifen.4 Voraussetzung für eine nachträgliche Preisanpassung nach § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG ist außerdem eine erhebliche Abweichung der späteren Gewinnentwicklung von der Gewinnentwicklung, die der Verrechnungspreisbestimmung zugrunde lag. Eine erhebliche Abweichung liegt nach § 10 Satz 1 FVerlV zunächst dann vor, wenn der unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gewinnentwicklung zutreffende Verrechnungspreis außerhalb des ursprünglichen Einigungsbereichs liegt. Nach § 10 Satz 2 FVerlV wird der neue Einigungsbereich dabei durch den ursprünglichen Mindestpreis und den neu ermittelten Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens begrenzt. Daneben ist eine erhebliche Abweichung nach § 10 Satz 3 FVerlV auch dann gegeben, wenn der neu ermittelte Höchstpreis niedriger als der ursprüngliche Mindestpreis des verlagernden Unternehmens ist. Hiergegen bestehen ernstliche Bedenken. Denn nach dem Wortlaut des § 10 Satz 1 FVerlV ist eine Abweichung bereits dann erheblich, wenn der ursprüngliche Einigungsbereich nur geringfügig überschritten wird. Insbesondere in solchen Fällen, in denen ein enger Einigungsbereich vorliegt, weil zB keine messbaren Standort- oder Synergievorteile erkennbar sind, ist es nicht nachvollziehbar, warum bereits ein geringfügiges Überschreiten des ursprünglichen Einigungsbereichs als „erhebliche“ Abweichung eingestuft werden soll. Bei einem engen Einigungsbereich ist es geradezu zu erwarten, dass aufgrund der üblichen Abweichungen von Ist- zu Planwerten dann stets eine so verstandene „erhebliche“ Abweichung vorliegt. Dies kann jedoch keine zutreffende Auslegung darstellen.
1582
Widerlegbare Vermutung für eine Preisanpassungsklausel. Wenn es zu einer erheblichen Abweichung in der späteren Gewinnentwicklung von der Gewinnentwicklung kommt, die der Verrechnungspreisbestimmung zugrunde lag, stellt § 1 Abs. 3 Satz 11 AStG eine widerlegbare Vermutung dahingehend auf, dass zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses Unsicherheiten im Hinblick auf die Preisvereinbarung bestanden und unabhängige Dritte eine sachgerechte individuelle Preisanpassungsklausel vereinbart hätten. Der Gesetzgeber nennt allerdings keine Gründe für seine Vermutung, dass unabhängige Dritte bei Unsicherheit eine Preisanpassungsklausel abgeschlossen hätten. Die Empirie zeigt eher das Gegenteil: Trotz durchaus bestehender Unsicherheit werden nur im Ausnahmefall Preisanpassungsklauseln zwischen Dritten abgeschlossen.5 Fraglich ist somit bereits, mit welchen Gründen der Stpfl. die Vermutung des Gesetzgebers widerlegen soll, gibt es doch keine nachvollziehbaren Gründe für die Vermutung des Gesetzgebers. Jedenfalls muss nach Ansicht der FinVerw. eine sachgerechte individuelle Preisanpassungsklausel, die die Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG ausschließt, dem Fremdvergleichsgrundsatz genügen.6 Nach § 9 FVerlV liegt eine fremdvergleichskonforme Preisanpassungsklausel jedenfalls dann vor, wenn eine Lizenzvereinbarung getroffen wird, bei der die Höhe der Lizenz vom Umsatz oder Gewinn des Lizenznehmers abhängt. Sofern keine sachgerechte individuelle Preisanpassungsklausel vereinbart wurde und innerhalb der ersten zehn Jahre nach Geschäftsabschluss eine erhebliche Gewinnabweichung eintritt, findet die gesetzliche Preisanpassungsklausel des § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG Anwendung. In diesem Fall ist einmalig ein angemessener Anpassungsbetrag in dem Wj. der
1 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680. 2 Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahestehenden Personen in Fällen von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003, BStBl. I 2010, 774. 3 Vgl. Peter/Spohn/Hogg, IStR 2008, 864 (865). 4 Vgl. Pohl in Mössner/Fuhrmann, AStG, 2. Aufl. 2011, § 1 AStG Rz. 502. 5 Vgl. Ebering, IStR 2011, 418 ff. 6 Vgl. BMF v. 13.10.2010 – IV B 5 - S 1341/08/10003 – VWG-FVerl, BStBl. I 2010, 774 Rz. 137.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1582–1583 § 8
Besteuerung zugrunde zu legen, das dem Jahr folgt, in dem die Abweichung eingetreten ist. Angemessen ist ein Anpassungsbetrag nach § 11 FVerlV, wenn er in den Fällen des § 10 Satz 1 FVerlV dem Unterschiedsbetrag zwischen dem ursprünglichen und dem neu ermittelten Verrechnungspreis entspricht, oder wenn er in den Fällen des § 10 Satz 3 FVerlV mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem ursprünglichen Verrechnungspreis und dem Mittelwert zwischen dem neuen Höchstpreis des übernehmenden Unternehmens und dem ursprünglichen Mindestpreis des verlagernden Unternehmens übereinstimmt. Bedenken bestehen gegen die gesetzliche Preisanpassungsklausel iSd. § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG auch deshalb, weil sie einen zehnjährigen Beobachtungszeitraum für spätere Gewinnentwicklungen vorschreibt. Im Hinblick auf die hohe Wettbewerbsintensität in nahezu allen Branchen und die sich daraus ergebenden kurzfristigen Schwankungen im Geschäft erscheint dieser Zeitraum als viel zu lang.1 Entsprechend sehen Preisanpassungsklauseln in der Praxis in der Regel einen Anpassungszeitraum von einem bis drei Jahren vor.2 Vor diesem Hintergrund lässt sich der zehnjährige Beobachtungszeitraum in § 1 Abs. 3 Satz 12 AStG nur schwer mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbaren.3 Nicht übersehen werden dürfen auch die praktischen Schwierigkeiten, die mit der Dokumentation der Gewinnentwicklung über einen Zeitraum von zehn Jahren verbunden sind. Hinzu kommt, dass gerade immaterielle WG nach einer gewissen Zeit derart stark vom Erwerber geprägt sind, dass eine Bezugnahme auf die ursprüngliche Transaktion verfehlt erscheint.4
IV. Verrechnungspreisdokumentation 1. Anforderungen an eine Verrechnungspreisdokumentation Pflicht zur Verrechnungspreisdokumentation. In seinem Grundsatzurteil vom 17.10.20015 1583 hat der BFH umfassend zu den damals bestehenden Dokumentations- und Mitwirkungspflichten bei der Prüfung internationaler Verrechnungspreise Stellung genommen.6 Im Wesentlichen hat der BFH dabei klargestellt, dass außerhalb der Buchführungspflicht gem. §§ 238 ff. HGB und §§ 140 ff. AO keine verrechnungspreisspezifischen Dokumentationspflichten bestanden. Zudem wurde betont, dass die FinVerw. die objektive Beweislast für die Ermittlung des angemessenen Fremdvergleichspreises trägt. Auf diese Entscheidung des BFH hat der deutsche Gesetzgeber reagiert und mit dem StVergAbG vom 16.5.20037 Regelungen zur Verrechnungspreisdokumentation in § 90 Abs. 3 AO aufgenommen, die erstmals für nach dem 31.12.2002 beginnende Wj. anzuwenden sind (Art. 97 § 22 Einführungsgesetz zur AO). Zudem wurden in § 162 Abs. 3 und 4 AO Sanktionen neu aufgenommen, die bei Nichterfüllung der Dokumentationspflichten wirken. Zur weiteren Konkretisierung der Dokumentationspflichten hat der Gesetzgeber die sog. Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung vom 13.11.20038 erlassen.9 Ferner hat die FinVerw. ihre Auslegung der neuen Vorschriften in dem BMF-Schr. v. 12.4.200510 (sog. VWG-Verfahren) vorgenommen. Mit den Regelungen zur Verrechnungspreisdokumentation ist der deutsche Gesetzgeber einer internationalen Entwicklung gefolgt, nach der mittlerweile wohl alle Industriestaaten Dokumentationspflichten als Instrument zur Vermeidung steuerlich motivierter Gewinnverlagerungen ins Ausland eingeführt haben.11
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Vgl. Greinert in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 575. Vgl. Scholz, IStR 2007, 521 (524); Werner, DStR 2012, 1662 (1664). Vgl. Wassermeyer, FR 2008, 67 (68). Vgl. Greinert in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 575. Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. Vgl. zu dem Grundsatzurteil Baumhoff, IStR 2001, 751; Gosch, StBp 2001, 360; Kuckhoff/Schreiber, IWB Fach 3 Deutschland Gruppe 1, 863; Wassermeyer, DB 2001, 2465; Seer, FR 2002, 382. BGBl. I 2003, 660 sowie die Gesetzesbegründung in BR-Drucks. 866/02, 83 ff. BGBl. I 2003, 2296; zur GAufzV im Einzelnen vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert DStR 2004, 157. Zur Übereinstimmung der GAufzV mit der Ermächtigungsgrundlage in § 90 Abs. 3 Satz 5 AO vgl. Frotscher in FS Wassermeyer, 393. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. II 2005, 570 und dazu im Einzelnen Baumhoff/Ditz/Greinert DStR 2005, 1549. Zum Überblick vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert et al., Beihefter zu IStR 20/2010, 37 ff. Aufgrund der zahlreichen nationalen Einzelregelungen gab es schon frühzeitig Bemühungen um Vereinheitlichungen. Besonders hervorzuheben ist das vom EU Joint Transfer Pricing Forum erarbeitete und vom Rat und der EUKommission beschlossene Konzept der EU Transfer Pricing Documentation, vgl. Entschließung v. 27.6.2006, ABl. EU 2006 C 176, 1.
Greinert
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§ 8 Rz. 1584–1585
Ermittlung des Einkommens
1584
Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation. Die verrechnungspreisbezogene Dokumentationspflicht erstreckt sich gem. § 90 Abs. 3 Satz 2 AO auf die „wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Grundsatz des Fremdvergleichs beachtende Vereinbarung von Preisen und anderen Geschäftsbedingungen mit den Nahestehenden“. Diese nur schwer verständliche Aussage wird durch § 1 Abs. 1 GAufzV in der Weise konkretisiert, dass der Stpfl. neben Aufzeichnungen über die für die Geschäftsbeziehung relevanten Sachverhalte (sog. „Sachverhaltsdokumentation“) auch Aufzeichnungen zu erstellen hat, aus welchen die Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei der Verrechnungspreisermittlung hervorgeht (sog. „Angemessenheitsdokumentation“).1 Während sich die Sachverhaltsdokumentation ausschließlich auf die Darstellung und Beschreibung der mit dem Ausland verwirklichten Geschäftsvorfälle des Stpfl. bezieht, wird iRd. Angemessenheitsdokumentation gefordert, dass die Aufzeichnungen das „ernsthafte Bemühen des Steuerpflichtigen belegen, seine Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu gestalten“ (§ 1 Abs. 1 Satz 2 GAufzV). Der Begriff des „ernsthaften Bemühens“ hat gerade in der Anfangszeit Zweifel aufkommen lassen, ob nunmehr der Stpfl. den Nachweis der Angemessenheit seiner Verrechnungspreise führen müsse,2 wodurch letztlich eine Umkehr der Beweislast eingetreten wäre. Diese Zweifel waren jedoch unbegründet. So heißt es ausdrücklich in der Begründung zur GAufzV: Mit der Formulierung in § 1 Abs. 1 Satz 2 GAufzV „wird auch klargestellt, dass die Verpflichtungen des § 90 Abs. 3 AO und der VO die Beweislast nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen umkehren.“3 Auch die VWG-Verfahren enthalten eine Aussage gleichen Inhalts.4 Damit ist klar, dass die Beweislast bei der FinVerw. bleibt. Gleichwohl zeigt die Erfahrung, dass die Abgrenzung von „ernsthaftem Bemühen“ einerseits und „Nachweispflicht“ andererseits nicht immer trennscharf möglich ist. Der Anforderung an ein ernsthaftes Bemühen wird jedenfalls nachgekommen, wenn der Stpfl. Fremdvergleichsdaten bei der Verrechnungspreisbildung zugrunde legt, also Preise vergleichbarer Lieferungen an Dritte oder Bruttomargen, Nettomargen oder Gewinnaufschlagsätze bei vergleichbaren Geschäften mit bzw. unter fremden Dritten. Wenn solche Fremdvergleichsdaten nicht zur Verfügung stehen, kann durch die Verwendung innerbetrieblicher Plandaten das ernsthafte Bemühen bei der Verrechnungspreisermittlung gezeigt werden.5
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Inhalt einer Verrechnungspreisdokumentation. In Anlehnung an die Vorgaben der §§ 4 und 5 GAufzV lassen sich die Aufzeichnungspflichten des § 90 Abs. 3 AO in fünf Bereiche untergliedern (sog. „Muss-Katalog“6 der Verrechnungspreisdokumentation): (1) Allgemeine Informationen über Beteiligungsverhältnisse, Geschäftsbetrieb und Organisationsaufbau: Darstellung der Beteiligungsverhältnisse im Konzern sowie der organisatorischen und operativen Konzernstruktur, Beschreibung der Tätigkeitsbereiche des Stpfl.; (2) Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen: Übersicht über Art und Umfang der Geschäftsbeziehungen,7 Darstellung der vertraglichen Grundlagen, Liste der wesentlichen immateriellen WG; (3) Funktions- und Risikoanalyse: Informationen über die von den nahestehenden Unternehmen jeweils ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten wesentlichen WG, Informationen über die vereinbarten Vertragsbedingungen, Geschäftsstrategien und die bedeutsamen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse, Beschreibung der Wertschöpfungskette und des Wertschöpfungsbeitrags des Stpfl.; (4) Verrechnungspreisanalyse: Darstellung der angewandten Verrechnungspreismethode, Begründung der Geeignetheit der angewandten Methode, Unterlagen über die Berechnungen bei der Anwendung der gewählten Verrechnungspreismethode, Aufbereitung der zum Vergleich herangezogenen Preise bzw. Finanzdaten unabhängiger Unternehmen;
1 Vgl. auch Begründung zu § 1 GAufzV gem. BR-Drucks. 583/03. 2 Zur damaligen Diskussion vgl. Hambitzer, StBp 2003, 301; Moebus, BB 2003, 1413; Kaminski/Strunk, RIW 2003, 562. 3 Begründung zur GAufzV, BR-Drucks. 583/03, 7. 4 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. II 2005, 570 Rz. 3.4.12.3. 5 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. II 2005, 570 Rz. 3.4.12.6. 6 Begründung zu § 4 GAufzV gem. BR-Drucks. 583/03. 7 Zur Möglichkeit der Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen vgl. Bauer, DB 2008, 152.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1585–1587 § 8
(5) ergänzende Angaben in besonderen Fällen: Informationen über die Änderung von Geschäftsstrategien, einen durchgeführten Vorteilsausgleich, zu Kostenumlagen, über Verrechnungspreiszusagen ausländischer Steuerverwaltungen, Aufzeichnungen über Preisanpassungen und zu Verlustursachen, Angaben zu Forschung und Entwicklung bei Funktionsverlagerungen. Zeitliche Anforderungen an eine Verrechnungspreisdokumentation. Die zeitlichen Anforde- 1586 rungen umfassen einerseits den Zeitpunkt der Erstellung und andererseits den Zeitpunkt der Vorlage einer Verrechnungspreisdokumentation. Bezüglich der Erstellung gibt es nur für sog. außergewöhnliche Geschäftsvorfälle eine konkrete zeitliche Vorgabe, wobei folgende Transaktionen als außergewöhnliche Geschäftsvorfälle betrachtet werden: Vermögensübertragungen im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen, wesentliche Funktions- und Risikoänderungen im Unternehmen, Geschäftsvorfälle iZm. einer für die Verrechnungspreisbildung erheblichen Änderung der Geschäftsstrategie sowie Abschluss und Änderung langfristiger Verträge von besonderem Gewicht, die sich erheblich auf die Höhe der Einkünfte aus den Geschäftsbeziehungen mit Nahestehenden auswirken (vgl. § 3 Abs. 2 GAufzV). Solche außergewöhnlichen Geschäftsvorfälle müssen zeitnah dokumentiert werden (vgl. § 90 Abs. 3 Satz 3 AO). Gem. § 3 Abs. 1 GAufzV gelten Aufzeichnungen noch als „zeitnah erstellt, wenn sie innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres gefertigt werden, in dem sich der Geschäftsvorfall ereignet hat.“ Mit dieser Regelung soll es dem Stpfl. ermöglicht werden, die Aufzeichnungen für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle iRd. Jahresabschlussarbeiten des betreffenden Wj. anzufertigen.1 Wann „gewöhnliche“ Geschäftsvorfälle aufgezeichnet werden müssen, wird weder im Gesetz noch in der GAufzV konkretisiert. Die zeitliche Grenze ergibt sich allerdings aus den Vorschriften zur Vorlage der Aufzeichnungen gegenüber den Finanzbehörden. So bestimmen § 90 Abs. 3 Satz 6 AO und § 2 Abs. 6 GAufzV, dass derartige Aufzeichnungen regelmäßig nur für Zwecke der Durchführung einer Außenprüfung angefordert werden sollen. Einer entsprechenden Anforderung durch die FinVerw. hat der Stpfl. innerhalb von 60 Tagen nachzukommen.2 Aus diesen Regelungen lässt sich folgern, dass der Stpfl. die erforderlichen Aufzeichnungen für gewöhnliche Geschäftsvorfälle prinzipiell nicht auf Vorrat erstellen muss. Somit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn er die Geschäftsvorfälle unmittelbar vor der Vorlage gegenüber der FinVerw. aufgezeichnet hat. Indessen zeigt die Verrechnungspreispraxis, dass sich Dokumentationsunterlagen im Nachhinein zu einer Betriebsprüfung, also mehrere Jahre nach Verwirklichung eines Geschäftsvorfalls, nur mit einem erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand erstellen lassen. Insbesondere ergeben sich Probleme, wenn Unternehmensteile gekauft oder verkauft werden oder wenn die betreffenden Mitarbeiter in der Zwischenzeit versetzt oder ausgeschieden sind. Vor diesem Hintergrund kann auch eine zeitigere Dokumentation angezeigt sein, auch wenn sie gesetzlich nicht erforderlich ist. Formale Anforderungen an eine Verrechnungspreisdokumentation. Gesetz und Verord- 1587 nung enthalten keine konkreten Vorschriften, wie eine Verrechnungspreisdokumentation in formaler Hinsicht zu erstellen ist. Etwas Vergleichbares wie Steuererklärungsformulare oder ein für die Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung maßgebendes Gliederungsschema iSv. § 266 bzw. § 275 HGB existiert nicht. Vor diesem Hintergrund kann der Stpfl. grundsätzlich selbst entscheiden, welche Kriterien nach seiner Auffassung geeignet sind, um die zu erstellenden Aufzeichnungen in einer sachgerechten Ordnung zu führen. Dabei sind keine zu hohen Anforderungen an die gewählte Ordnung zu stellen. Gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 GAufzV ist es lediglich erforderlich, dass die Aufzeichnungen „einem sachverständigen Dritten ermöglichen, innerhalb einer angemessenen Frist festzustellen, welche Sachverhalte der Steuerpflichtige iZm. seinen Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen verwirklicht hat und ob und inwieweit er dabei den Fremdvergleichsgrundsatz beachtet hat.“ Insofern ist eine Verrechnungspreisdokumentation an keine äußere Form gebunden und kann somit als (lose) Sammlung verschiedener Unterlagen zu Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen gesehen werden. Die entsprechenden Unterlagen sind in schriftlicher oder elektronischer Form zu erstellen und in sachgerechter Ordnung zu führen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 GAufzV). IZm. den formalen Anforderungen ist allerdings zu beachten, dass die Aufzeichnungen „grundsätzlich in deutscher Sprache zu erstellen“ sind (§ 2 Abs. 5 Satz 1 GAufzV). Der Ausdruck „grundsätzlich“ lässt bereits erkennen, dass Ausnahmen möglich sind. Entspre1 Vgl. Begründung zur GAufzV, BR-Drucks. 583/03, 11. 2 Vgl. § 90 Abs. 3 Satz 8 AO. Zudem kann die FinVerw. gem. § 90 Abs. 3 Satz 10 AO in begründeten Ausnahmefällen die Vorlagefrist verlängern. Bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen beträgt die Vorlagefrist hingegen nur 30 Tage, vgl. § 90 Abs. 3 Satz 9 AO.
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§ 8 Rz. 1587–1589
Ermittlung des Einkommens
chend normiert § 2 Abs. 5 Satz 2 GAufzV, dass auf Antrag des Stpfl. eine Verrechnungspreisdokumentation in ausländischer Sprache zugelassen werden kann. Die Praxis hat gezeigt, dass die FinVerw. solchen Anträgen auf Verwendung der englischen Sprache in ganz überwiegender Zahl nachkommt. Dabei kann es allerdings vorkommen, dass auf konkrete Anforderung des Betriebsprüfers zumindest ausgewählte Dokumente in die deutsche Sprache übersetzt werden müssen. 1588
Erleichterungen für kleinere Unternehmen. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass eine schriftliche Dokumentation der Verrechnungspreise innerhalb einer grenzüberschreitend tätigen Unternehmensgruppe durchaus erheblichen Aufwand verursacht. Um diesen Aufwand abzumildern, wurden Erleichterungen zumindest für sog. „kleinere“ Unternehmen vorgesehen. Kleinere Unternehmen sind solche Unternehmen, bei denen jeweils im laufenden Wj. weder die Summe der Entgelte für die Lieferung von Gütern oder Waren aus Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen 5 Mio. Euro übersteigt noch die Summe der Vergütungen für andere Leistungen als die Lieferung von Gütern oder Waren (zB Zinsen, Lizenzgebühren, Dienstleistungsentgelte) aus Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen mehr als 500 000 Euro beträgt (vgl. § 6 Abs. 2 GAufzV). Aus der Formulierung „weder … noch“ ist zu folgern, dass für die Einstufung als kleineres Unternehmen beide Grenzen nicht überschritten werden dürfen.1 Die Einstufung als kleineres Unternehmen ist insoweit vorteilhaft, als die sowohl im Gesetz als auch in der GAufzV enthaltenen Aufzeichnungspflichten „durch die Erteilung von Auskünften … und durch die Vorlage vorhandener Unterlagen auf Anforderung des Finanzamts als erfüllt“ gelten (§ 6 Abs. 1 GAufzV).2 Der Stpfl. muss also keine speziellen Unterlagen für Dokumentationszwecke erstellen.3 Er muss lediglich bereits vorhandene Unterlagen den Finanzbehörden zur Verfügung stellen. Diese Verpflichtung besteht gem. §§ 97 Abs. 1, 200 Abs. 1 und 90 Abs. 2 AO aber ohnehin und wurde durch das BFH-Urt. v. 17.10.20014 ausdrücklich bestätigt.
1589
Vereinbarkeit mit Unionsrecht. Eine Pflicht zur Dokumentation der Verrechnungspreise besteht gem. § 90 Abs. 3 AO nur bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen. Da die Sanktionsvorschriften des § 162 Abs. 3 und 4 AO auf § 90 Abs. 3 AO verweisen, kommen diese ebenfalls nur bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen zur Anwendung. Insofern werden grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen abweichend von rein innerdeutschen Geschäftsbeziehungen behandelt. Naturgemäß kam daher mit Einführung der Dokumentationsvorschriften unmittelbar die Frage auf, ob die Vorschriften mit dem Unionsrecht im Einklang stehen. Einige Autoren waren diesbezüglich skeptisch.5 Mittlerweile ist diese Frage vom BFH entschieden: In seinem Urteil vom 10.4.20136 kommt er zum Ergebnis, dass § 90 Abs. 3 AO mit der Dienstleistungsfreiheit (die im Urteilssachverhalt einschlägig war) vereinbar ist.7 Gemäß dem üblichen Prüfschema wird zwar zunächst festgestellt, dass ein Eingriff in den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit vorliege, weil die Dokumentationspflicht zu erheblichen materiellen Mehrbelastungen für den Stpfl. führen könne, die ihn davon abhalten könnten, Dienstleistungen grenzüberschreitend in Anspruch zu nehmen. Dieser Eingriff sei allerdings durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt, insbesondere durch das Erfordernis einer wirksamen Steueraufsicht. Zudem ist der Eingriff nach Auffassung des BFH auch verhältnismäßig ausgestaltet: Ohne die Vorlage einer Verrechnungspreisdokumentation wäre eine effektive Sachverhaltsaufklärung nicht möglich, weil die zur Vornahme eines Fremdvergleichs erforderlichen Informationen vornehmlich aus der Sphäre des Stpfl. stammten. Die Sachverhaltsaufklärung könne nicht allein mit den Mitteln der zwischenstaatlichen Amtshilfe gewährleistet werden. Insofern stellte der BFH eine Vereinbarkeit des § 90 Abs. 3 AO mit Unionsrecht fest, wobei er eine Vorlage an den EuGH mangels Zweifeln als nicht erforderlich ansah. 1 Vgl. Begründung zur GAufzV, BR-Drucks. 583/03, 15. 2 Diese Vorteile kommen nicht nur für kleinere Unternehmen zur Anwendung, sondern auch für Stpfl., die aus Geschäftsbeziehungen mit Nahestehenden andere als Gewinneinkünfte iSd. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG beziehen (vgl. § 6 Abs. 1 GAufzV). 3 Vgl. Begründung zur GAufzV, BR-Drucks. 583/03, 15; ähnlich Kroppen/Rasch, IWB 2003 Fach 3 Deutschland Gruppe 1, 1963. 4 Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. 5 Vgl. Schnitger, IStR 2003, 75; Joecks/Kaminski, IStR 2004, 65; anders hingegen Hahn/Suhrbier-Hahn, IStR 2003, 84. 6 Vgl. BFH v. 10.4.2013 – I R 45/11, BStBl. II 2013, 771 = FR 2013, 961 = GmbHR 2013, 1057 m. Anm. Roser = ISR 2013, 347 m. Anm. Andresen. 7 Zu dem Urteil vgl. Rohde, IStR 2013, 717; Schulz-Trieglaff, IStR 2013, 827; Busch, FR 2013, 943.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1590–1592 § 8
2. Sanktionen bei Verstoß gegen die Dokumentationsvorschriften Überblick. Mit Einführung der Pflicht zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation in § 90 Abs. 3 AO hat der Gesetzgeber auch Vorschriften darüber erlassen, welche Konsequenzen aus der Nichteinhaltung der Dokumentationsvorschriften resultieren. Diese Sanktionen wurden in § 162 AO, der die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen regelt, eingefügt, und zwar in den Absätzen 3 und 4.1 Im Einzelnen handelt es sich um folgende Sanktionen, die durchaus als erhebliche Belastung für den Stpfl. einzustufen sind: –
Die Beweislast für die Angemessenheit des gewählten Verrechnungspreises liegt bei dem Stpfl. (vgl. § 162 Abs. 3 Satz 1 AO).
–
Die FinVerw. kann die Bandbreite angemessener Verrechnungspreise zulasten des Stpfl. iRd. Schätzung ausnutzen (vgl. § 162 Abs. 3 Satz 2 AO).
–
Gegen den Stpfl. können Zuschläge verhängt werden (vgl. § 162 Abs. 4 AO).
1590
Umkehr der Beweislast. Nicht jedes geringfügige Abweichen von den Verrechnungspreisvor- 1591 schriften führt zu Sanktionen. Es müssen schon ganz erhebliche Abweichungen vorliegen, damit es zu einer Umkehr der Beweislast gem. § 162 Abs. 3 Satz 1 AO kommt, also der Stpfl. die Angemessenheit beweisen muss. Dass die Hürden für die Umkehr der Beweislast hoch sind, ergibt sich allein daraus, dass eine solche Beweislastregelung im Widerspruch zu den allgemeinen verfahrensrechtlichen Beweislastregeln einerseits und dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 88 AO andererseits steht.2 Vor diesem Hintergrund kommt es zu einer Umkehr der Beweislast, wenn der Stpfl. (1) überhaupt keine Verrechnungspreisdokumentation vorlegt (sog. Totalverweigerer) oder (2) seine vorgelegte Verrechnungspreisdokumentation „im Wesentlichen unverwertbar“ ist. In beiden Fällen wird damit letztlich unterstellt, dass die vom Stpfl. erklärten Einkünfte nicht auf der Grundlage eines Fremdvergleichs ermittelt wurden. Mithin liegt es dann beim Stpfl., die Angemessenheit der von ihm festgesetzten Verrechnungspreise nachzuweisen. Dies wird ihm jedoch nur dann gelingen, wenn er die zugrunde liegenden Geschäftsbeziehungen und die entsprechende Verrechnungspreisermittlung in dem Umfang glaubhaft vorträgt, wie er dies in einer ordnungsgemäßen Dokumentation iSd. § 90 Abs. 3 AO hätte erläutern müssen. Während der Fall des Totalverweigerers einfach festzustellen ist, gibt es in der Praxis immer wieder Abgrenzungsprobleme bei der Frage, ob eine Verrechnungspreisdokumentation im Wesentlichen unverwertbar ist. Begrüßenswert ist jedenfalls die Feststellung in den VWG-Verfahren, dass die „Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit von Aufzeichnungen in einzelnen Punkten … allein regelmäßig nicht dazu (führt), dass Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar sind.“3 Für die Unverwertbarkeit muss schon mehr hinzukommen. Dies lässt sich jedoch nicht allgemein beschreiben. Die Schwelle für die Bestimmung von im Wesentlichen unverwertbaren Aufzeichnungen kann allerdings aus dem Umstand abgeleitet werden, dass das Gesetz die gleichen Rechtsfolgen bei im Wesentlichen unverwertbaren Aufzeichnungen wie bei der Nichtvorlage von Aufzeichnungen (Totalverweigerer) zieht. Letztlich muss der Informationsgehalt einer vorgelegten Verrechnungspreisdokumentation so schlecht sein, dass dieser mit einer überhaupt nicht vorgelegten Dokumentation vergleichbar ist. Dabei kommt es jedoch nicht auf die ursprünglich vorgelegten Aufzeichnungen an. Sollten diese nach Auffassung der FinVerw. als im Wesentlichen unverwertbar einzustufen sein, hat sie den Stpfl. darauf hinzuweisen und ihn zur Nachbesserung aufzufordern.4 Im Ergebnis sollten Aufzeichnungen des Stpfl. nur dann als im Wesentlichen unverwertbar angesehen werden, wenn sie völlig unklar, nicht nachvollziehbar oder in wesentlichen Teilen unvollständig bzw. in sich widersprüchlich sind.5 Die Umkehr der Beweislast tritt nicht nur (1) bei einem Totalverweigerer oder (2) bei einer im Wesentlichen unverwertbaren Dokumentation ein. Vielmehr gelten die gleichen Rechtsfolgen, wenn (3) Aufzeichnungen zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen iSd. § 90 Abs. 3 Satz 3 AO nicht zeitnah erstellt wurden. Ausnutzung der Bandbreite zulasten des Stpfl. In den drei vorstehend beschriebenen Fällen (1) des Totalverweigerers, (2) einer im Wesentlichen unverwertbaren Dokumentation
1 Zur Kritik an den Sanktionsvorschriften vgl. Cordes, Steuerliche Aufzeichnungspflichten bei internationalen Verrechnungspreisen, 2009, 237 ff. 2 BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, FR 2003, 723 m. Anm. Wendt = BB 2003, 1414; vgl. auch Moebus, BB 2003, 1413. 3 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. II 2005, 570 Rz. 3.4.19 Buchst. b. 4 Vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. II 2005, 570 Rz. 3.4.19 Buchst. c. 5 Vgl. Begründung zur GAufzV, BR-Drucks. 583/03, 8.
Greinert
771
1592
§ 8 Rz. 1592–1594
Ermittlung des Einkommens
oder (3) nicht zeitnah erstellter Aufzeichnungen zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen iSd. § 90 Abs. 3 Satz 3 AO kommt es nicht nur zu einer Umkehr der Beweislast. Vielmehr ist die FinVerw. auch berechtigt, im Fall von Bandbreiten den „Rahmen zulasten des Steuerpflichtigen“ auszuschöpfen (vgl. § 162 Abs. 3 Satz 2 AO). Solche Bandbreiten sind der Regelfall bei der Verrechnungspreisermittlung. So ist mittlerweile unbestritten, dass es „den einen, richtigen“ Verrechnungspreis nicht gibt.1 Vielmehr gilt grundsätzlich jeder Wert innerhalb der Bandbreite als angemessen.2 Hinsichtlich der sich daraus zwangsläufig ergebenden Frage, welcher Wert innerhalb der Bandbreite im Einzelfall anzusetzen ist, hat der BFH in seinem Grundsatzurteil v. 17.10.20013 judiziert, dass sich die FinVerw. an der für den Stpfl. günstigeren Ober- oder Untergrenze orientieren muss. Für den Fall, dass der Stpfl. eine ordnungsmäßige Verrechnungspreisdokumentation erstellt, gelten diese Grundsätze weiterhin.4 Kommt der Stpfl. dagegen seinen Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 3 AO in dem oben beschriebenen Ausmaß nicht nach, ist die FinVerw. iRd. Schätzung gem. § 162 Abs. 3 Satz 2 AO berechtigt, den Rahmen der Bandbreite zulasten des Stpfl. auszuschöpfen.5 Dies erlaubt freilich keine „Strafschätzungen“ zulasten des Stpfl. Vielmehr wird sich die FinVerw. an einem mittleren Wert orientieren und ggf. einen Unsicherheitszuschlag vornehmen.6 1593
Zuschläge. Als weitere Sanktion sind in § 162 Abs. 4 AO Zuschläge geregelt. Diese sind als steuerliche Nebenleistung iSd. § 3 Abs. 4 AO zu qualifizieren und stellen folglich eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe dar (vgl. § 10 Nr. 2 KStG, § 12 Nr. 3 EStG).7 Solche Zuschläge kommen wiederum im Fall (1) des Totalverweigerers oder (2) einer im Wesentlichen unverwertbaren Dokumentation zur Anwendung. Der Zuschlag beträgt 5 % bis 10 % des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich aufgrund einer Verrechnungspreiskorrektur gem. § 162 Abs. 3 AO ergibt, mindestens jedoch 5000 Euro. Für den weiteren Fall der verspäteten Vorlage einer verwertbaren Dokumentation sieht § 162 Abs. 4 Satz 3 AO einen Zuschlag iHv. bis zu 1 Mio. Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung vor. Die Regelung des § 162 Abs. 4 AO zu den Zuschlägen war bei der Einführung stark umstritten. So wurde – gemäß dem US-amerikanischen Vorbild8 – auch von Strafzuschlägen (Penalties) gesprochen,9 auch wenn es sich hier um eine steuerliche Nebenleistung – vergleichbar eines Verspätungszuschlags – handelt. Gleichwohl lässt sich nach ca. zehnjähriger Erfahrung feststellen, dass die FinVerw. sehr sorgsam mit dem Instrument des Zuschlags umgeht. Abgesehen von dem Fall des Totalverweigerers ist ein Zuschlag nur in ganz besonderen Einzelfällen zur Anwendung gekommen. Gerade mit Bezug auf § 162 Abs. 4 Satz 5 AO ist dies auch gerechtfertigt, wonach von der Festsetzung eines Zuschlags abgesehen werden soll, wenn die „Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist.“
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Hintergrund. Global tätige Unternehmen konnten bislang ihre steuerlichen Bemessungsgrundlagen in Ländern mit hohen Steuersätzen durch Steuermodelle reduzieren und Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagern.10 Zwar hatte die OECD diese Probleme schon seit Jahren aufgezeigt und moniert. Allerdings mussten diese Steuermodelle, insbesondere von US-amerikanischen Unternehmen, und die damit verbundenen Steuerausfälle erst von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, bis das Thema auch von der Politik aufgegriffen wurde. Im Februar 2013 veröffentlichte die OECD im Auftrag der G20 einen Bericht zu den Ursachen und Auswirkungen von Gestaltungen, die zur Aushöhlung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen und zu Gewinnverlagerungen (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS)
V. Hinweise auf die aktuelle BEPS-Debatte
1 Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann. 2 Vgl. Tz. 3.62 OECD-Leitlinien 2010; BFH v. 9.7.2003 – I R 100/02, GmbHR 2003, 1497 m. Anm. Hoffmann = FR 2004, 33; Baumhoff, IStR 2003, 1. 3 Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = FR 2002, 154 = GmbHR 2001, 1163 m. Anm. Hoffmann; Wassermeyer, WPg 2002, 15. 4 GlA Schreiber, Stbg 2003, 487. 5 Allerdings ist fraglich, ob diese Vorgehensweise abkommensrechtlich gedeckt ist. Ebenso kritisch Moebus, BB 2003, 1413; BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, FR 2003, 723 m. Anm. Wendt = BB 2003, 1414. 6 Vgl. Seer, IWB 2012, 355. 7 BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. II 2005, 570 Rz. 4.6.3. 8 Vgl. Sec. 1.6662-6 (d) (2) (iii) Internal Revenue Code (IRC). 9 Vgl. Hahn/Ziegler, IStR 2004, 78; Vögele/Brem, IStR 2004, 48; Seer, IWB 2012, 350. 10 Für einen Überblick über die Steuermodelle, insbesondere US-amerikanischer Konzerne, vgl. zB Kleinbard, Florida Tax Review 2011, Vol. 11/9, 700 und Pinkernell, StuW 2012, 369.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1594–1596 § 8
führen.1 Als entscheidende Grundprinzipien der Besteuerung grenzüberschreitender Aktivitäten, die zu BEPS-Gestaltungen führen können, werden darin die nationalen Anknüpfungspunkte der Besteuerung, Verrechnungspreise, Fremdfinanzierungen und Missbrauchsvorschriften identifiziert.2 Zugleich werden in dem Bericht bereits die wichtigsten Strukturen dargestellt, die durch das BEPS-Projekt angegangen werden sollen. Für diesen Zweck soll ein Aktionsplan gegen BEPS erarbeitet werden, der international abgestimmte Regelungen für die im Bericht identifizierten Problembereiche schafft.3 BEPS Action Plan. Im Juli 2013 wurde von der OECD der Aktionsplan gegen BEPS veröffentlicht.4 Darin werden 15 Maßnahmen vorgestellt, die zur Bekämpfung von BEPS beitragen sollen. Ziel des Aktionsplans ist es, (1) neue internationale Standards zu schaffen, um die Besteuerung von Unternehmenseinkünften auf internationaler Ebene abzustimmen, (2) die Besteuerung und die Substanz von Unternehmen aufeinander abzustimmen und (3) sowohl für mehr Transparenz als auch für bessere Planungssicherheit und Berechenbarkeit der Steuerlast für Unternehmen zu sorgen.5 Die einzelnen Maßnahmen beziehen sich auf die steuerlichen Herausforderungen der digitalen Wirtschaft (Maßnahme 1), die internationale Abstimmung der Besteuerung von Unternehmenseinkünften (Maßnahmen 2 bis 5), die Wiederherstellung der vollständigen Effekte und Vorteile internationaler Standards (Maßnahmen 6 bis 10), die Gewährleistung von Transparenz bei gleichzeitiger Förderung von erhöhter Planungssicherheit und Berechenbarkeit (Maßnahmen 11 bis 14) und die schnelle Umsetzung der Maßnahmen (Maßnahme 15). Um das BEPS-Projekt auf eine möglichst breite internationale Basis zu stellen, werden neben den OECD- und G20-Ländern auch die Schwellen- und Entwicklungsländer in die Diskussionen mit einbezogen. Das Ergebnis der Arbeiten soll in einzelnen Berichten zusammengefasst werden, die – je nach Maßnahme – Empfehlungen für nationale Vorschriften und/oder Änderungen des OECD-MA und der OECD-Leitlinien beinhalten. Die OECD legt dem BEPS-Projekt dabei einen ambitionierten Zeitplan zugrunde. So sollen bis Ende 2015 Berichte und Empfehlungen für alle 15 Maßnahmen vorliegen.6
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Verrechnungspreise. Die Maßnahmen 8, 9 und 10 des Aktionsplans beziehen sich auf Gewinnverlagerungen durch Verrechnungspreisgestaltungen und stellen einen der Kernbereiche des BEPS-Projekts dar. Wie der Bericht der OECD aus 2013 und der darauf folgende Aktionsplan aufzeigen, können die bestehenden Vorschriften zu Verrechnungspreisen auf Basis des Fremdvergleichsgrundsatzes dazu genutzt werden, Einkünfte von den Tätigkeiten, aus denen sie stammen, zu trennen und in Niedrigsteuerländer zu verlagern. Ziel der drei Maßnahmen soll deshalb sein, die Verrechnungspreisergebnisse in Einklang zu bringen mit der Wertschöpfung im Konzern. Die Maßnahmen sollen dabei insbesondere durch eine Überarbeitung der OECD-Leitlinien umgesetzt werden. Dieses Ziel der OECD, eine Abkopplung der Gewinne von der wirtschaftlichen Tätigkeit der Unternehmen zu verhindern, ist grds. zu begrüßen. Dadurch können künstliche Gestaltungen vermieden werden, die gegen das internationale Steuersystem verstoßen und zu Wettbewerbsverzerrungen führen können. Allerdings hat die OECD bisher kein ökonomisch fundiertes Konzept zur Ermittlung der Wertschöpfung vorgelegt. So sehen die Vorschläge der OECD eine mitarbeiterbasierte Ermittlung der Wertschöpfung vor, ohne dass hierfür nähere Erklärungen oder Nachweise dargelegt werden.7 Andere Faktoren, die ebenfalls zur Wertschöpfung im Unternehmen beitragen können, insbesondere Kapital und (immaterielle) Wirtschaftsgüter, werden dagegen kaum berücksichtigt.8 Dieses Prinzip einer mitarbeiterbasierten Wertschöpfung als Instrument zur Zuordnung der Gewinne im Konzern steht damit jedoch weder auf einer theoretisch gerechtfertigten noch empirisch nachgewiesenen Grundlage. Sofern dennoch ein internationaler Konsens darüber vereinbart werden kann, dass die Mitarbeiter eines Unternehmens als maßgebender Indikator für die Wertschöpfung und die Zuordnung von Gewinnen heranzuziehen sind, kann die Gefahr der Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung aufgrund divergierender Bemessungsgrundlagen zwar grds. eingeschränkt werden. Die Forderungen einiger Länder wie Indien und China nach einer Vergütung des Marktzugangs lassen jedoch
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OECD, Addressing Base Erosion and Profit Shifting, 2013. Vgl. OECD, Addressing Base Erosion and Profit Shifting, 2013, 39 ff. Vgl. OECD, Addressing Base Erosion and Profit Shifting, 2013, 51 ff. OECD, Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting, 2013. Vgl. OECD, Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting, 2013, 13 f. Vgl. OECD, Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting, 2013, 29 ff. Es entsteht der Eindruck, dass schlicht die Wertungen des Authorized OECD Approach zu Betriebsstätten hier übertragen wurden. 8 Vgl. ebenso kritisch Rödder/Pinkernell, IStR 2013, 620; Roeder/Fellner, ISR 2014, 434.
Greinert
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§ 8 Rz. 1596–1598
Ermittlung des Einkommens
Zweifel offen, ob eine solche einseitige Aufteilung der Gewinne im Konzern international tatsächlich umsetzbar ist. Zudem führt auch die bislang recht schwammige Ausgestaltung der Vorschriften zur Ermittlung der Wertschöpfung anhand der Mitarbeiter dazu, dass keine eindeutige Aufteilung der Gewinne vorgenommen werden kann, was wiederum eine Doppelbesteuerung zur Folge hätte.1 1597
Maßnahme 8: Intangibles. Ziel von Maßnahme 8 ist die Erarbeitung von Regelungen zur Vermeidung von BEPS durch die Übertragung von Intangibles zwischen Konzerngesellschaften. Dies beinhaltet (1) die Einführung einer breiten und klar abgegrenzten Definition von Intangibles; (2) die Gewährleistung, dass Gewinne aus der Übertragung und Nutzung von Intangibles entsprechend der Wertschöpfung angemessen zugeordnet werden; (3) die Erarbeitung von Verrechnungspreisregelungen oder speziellen Maßnahmen für die Übertragung schwer zu bewertender Intangibles; (4) die Aktualisierung der OECD-Leitlinien zu Kostenumlageverträgen.2 Die Überarbeitung von Kapitel VI der OECD-Leitlinien zu Intangibles stand bereits vor Beginn des BEPS-Projekts auf der Agenda der OECD. Nachdem in den OECD-Leitlinien 2010 die Kapitel I, II und III überarbeitet und Kapitel IX neu eingeführt worden waren, wurde bereits in 2012 ein erster Diskussionsentwurf zu den Verrechnungspreisaspekten bei Intangibles erstellt. Nach einem weiteren Diskussionsentwurf in 2013 wurde 2014 schließlich der Bericht „Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“ der OECD veröffentlicht, der jedoch aufgrund der starken Interdependenz mit der Arbeit zu den Maßnahmen 9 und 10 noch nicht finalisiert ist. Dieser 130-seitige Bericht ist sehr umfassend ausgefallen, nicht zuletzt weil anhand von 33 Beispielen das neue Verständnis der OECD zu Intangibles dargelegt werden soll. Der Begriff Intangible wird darin definiert als etwas („something“), das keinen materiellen oder finanziellen Vermögensgegenstand darstellt, das geeignet ist, Eigentum zu vermitteln oder kontrolliert zu werden bei der Verwendung für Geschäftstätigkeiten, und dessen Nutzung oder Übertragung zwischen fremden Dritten unter vergleichbaren Umständen vergütet werden würde.3 Als Beispiele werden Patente, Know-how und Geschäftsgeheimnisse, Marken, Lizenzen und der Geschäfts- oder Firmenwert genannt. Zur Zuordnung eines Intangibles und der damit verbundenen Vergütung soll das rechtliche Eigentum nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Jedenfalls soll das rechtliche Eigentum allein nicht ausreichen, um die Gewinne aus der Nutzung eines Intangibles vereinnahmen zu können. Entscheidend sollen vielmehr die Funktionen und Risiken iZm. Entwicklung, Verbesserung, Pflege, Schutz und Nutzung des entsprechenden Intangible sein. Die Zuordnung eines Risikos soll wiederum davon abhängen, welches Unternehmen das Risiko steuert und über die finanzielle Kapazität zur Risikotragung verfügt. Damit kommt den Mitarbeitern, die Funktionen ausüben und Risiken steuern, eine maßgebende Bedeutung für die Verteilung von Gewinnen im Konzern und die Bestimmung der Verrechnungspreise zu. Ob ein solches Vorgehen allerdings im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz steht, ist zweifelhaft, da sich fremde Dritte bei der Abgabe und Übernahme von Risiken nicht allein an der Personal- und Kapitalausstattung der risikoaufnehmenden Partei orientieren.4 Zudem kommt eine Zuordnung von Risiken, immateriellen Wirtschaftsgütern und Residualgewinnen einer formelhaften Gewinnaufteilung gleich, die jedoch von den OECD-Staaten noch immer abgelehnt wird. Des Weiteren sieht der Bericht zu Intangibles vor, dass zukünftig auch Bewertungsmethoden iRd. Anwendung einer der fünf Verrechnungspreismethoden zur Ermittlung angemessener Verrechnungspreise für Intangibles eingesetzt werden können.5 Dabei werden insbesondere die Preisvergleichsmethode und die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode als angemessene Verrechnungspreismethoden bei Intangibles genannt.
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Maßnahme 9: Risiken und Kapital. Im Rahmen der Maßnahme 9 sollen Vorschriften entwickelt werden, die BEPS-Gestaltungen durch die Verlagerung von Risiken oder die überhöhte Ausstattung von Gesellschaften mit Kapital verhindern. Dazu zählt gemäß dem Aktionsplan die Verabschiedung von Verrechnungspreisvorschriften oder speziellen Maßnahmen, die sicherstellen, dass unangemessene Gewinne nicht bei dem Unternehmen anfallen, das ledig-
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Vgl. Ditz/Pinkernell/Quilitzsch, IStR 2014, 50. Vgl. OECD, Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting, 2013, 20. Vgl. OECD, Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles, 2014, Tz. 6.6. Vgl. Greinert/Metzner, Ubg 2014, 313. Vgl. OECD, Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles, 2014, Tz. 6.150. Diese Bewertungsmethoden stellen allerdings keine eigenständigen Verrechnungspreismethoden dar. Vielmehr dienen sie insbesondere dazu, mehrperiodige Werte in einen einperiodigen Wert zu transformieren, vgl. Roeder/Fellner, ISR 2014, 434.
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Greinert
G. Verrechnungspreise (Anhang zu Abs. 3)
Rz. 1598–1599 § 8
lich auf vertraglicher Basis Risiken übernommen oder Kapital zur Verfügung gestellt hat. Ein solches Unternehmen wird regelmäßig als „cash-box“ bezeichnet, weil es nur einen geringen Mitarbeiterbestand aufweist und wenige Funktionen ausübt, gleichzeitig aber über erhebliche finanzielle Mittel verfügt und vertraglich vereinbarte wesentliche Risiken trägt. Typischerweise befindet sich eine solche „cash-box“ in einem niedrig oder nicht besteuernden Staat. Hauptziel der OECD ist dabei, die Zuordnung von Residualgewinnen auf eine solche „cash-box“ zu verhindern.1 Ursprünglich war Maßnahme 9 des Aktionsplans zur Bedeutung vertraglicher Risikoallokationen als gesonderte Maßnahme neben den Maßnahmen 8, Intangibles, und 10, sonstige risikoreiche Transaktionen, konzipiert. Da eine Diskussion der Rolle von Verträgen jedoch regelmäßig grundsätzlicher Natur ist und sich nicht nur auf einzelne Arten von Transaktionen einschränken lässt, bezieht sich der Bericht der OECD, der eine Änderung von Kapitel I der OECD-Leitlinien beinhaltet,2 auf sämtliche Arten konzerninterner Transaktionen und damit auch auf die drei Maßnahmen 8, 9 und 10 zugleich.3 Der Bericht sieht vor, dass vor der Prüfung der Angemessenheit der Verrechnungspreise der Höhe nach die Fremdüblichkeit der konzerninternen Transaktion dem Grunde nach ermittelt werden soll. So sollen zunächst die wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zwischen den verbundenen Unternehmen und die damit verbundenen Bedingungen einer Transaktion identifiziert werden, um dadurch die untersuchte Transaktion klar abgrenzen zu können. Die Identifizierung der Bedingungen beruht dabei auf einer Prüfung der vertraglichen Vereinbarungen sowie dem tatsächlichen Verhalten der beteiligten Unternehmen, wobei Letzterem Vorrang über die Vertragsbedingungen eingeräumt wird. Das tatsächliche Verhalten der verbundenen Unternehmen wird aus der Funktions- und Risikoanalyse abgeleitet. Dabei wurden die Vorschriften zur Bedeutung und Zuordnung von Risiken signifikant ausgeweitet. Ein Risiko soll künftig dem Unternehmen zugeteilt werden, das die Steuerung und Verwaltung dieses Risikos übernimmt. Die Bedeutung eines Risikos soll dabei von seinem Einfluss auf die Wertschöpfung im Konzern abhängen. Sämtliche Aktivitäten im Konzern, die die Wahrscheinlichkeit der Realisierung eines Risikos und die Auswirkungen eines solchen Risikos abschwächen können, sollen nach Auffassung der OECD berücksichtigt werden, um das Risiko beurteilen und zuordnen zu können. Dies stellt den Stpfl. vor eine enorme Herausforderung, da er zur Ermittlung eines angemessenen Verrechnungspreises für eine einzelne konzerninterne Transaktion die Risiken, die auf diese Transaktion einwirken können, die Bedeutung dieser Risiken für die gesamte Wertschöpfung sowie den Einfluss risikominimierender Aktivitäten sämtlicher Konzerngesellschaften darzustellen hat.4 Neben einer deutlichen Zunahme des Dokumentationsaufwands für den Stpfl. führt dies auch zu verstärkter Rechtsunsicherheit, da bei einer Verteilung der Risiken auf verschiedene Unternehmen im Konzern entsprechend der jeweiligen Risikosteuerungsaktivitäten wohl regelmäßig die Gewinnaufteilungsmethode anzuwenden wäre, die allerdings häufig zu einer subjektiven Aufteilung der Gewinne führt. Problematisch ist zudem, dass durch die „Identifizierung“ der Transaktion iRd. Funktions- und Risikoanalyse und die damit verbundene Umsetzung der Kriterien der OECD zur Abbildung des tatsächlichen Verhaltens eine Anpassung der Transaktion vorgenommen wird, ohne dass eine Umqualifizierung unter den bisherigen engen Voraussetzungen der OECD-Leitlinien stattfindet. Die Anerkennung von Geschäftsvorfällen hängt folglich in erster Linie vom tatsächlichen Verhalten des Stpfl. ab, das insbesondere durch das Kriterium der Risikosteuerung abgebildet werden soll. Maßnahme 10: Sonstige risikoreiche Transaktionen. Maßnahme 10 hat die Entwicklung 1599 von Regelungen zum Ziel, die BEPS durch Transaktionen, die nicht oder nur äußerst selten zwischen fremden Dritten vorkommen würden, vermeiden. Dazu zählt die Anpassung der Voraussetzungen, unter denen Transaktionen umqualifiziert werden können, und überarbeitete Regelungen zur Anwendung von Verrechnungspreismethoden, insbesondere der Gewinnaufteilungsmethode, im Kontext globaler Wertschöpfungsketten. Zudem sollen Maßnahmen gegen gängige Arten von Zahlungen, durch die die Besteuerungsgrundlage geschmälert wird, entwickelt werden. Als erste Empfehlung im Kontext von Maßnahme 10 veröffentlichte die OECD einen Bericht zu konzerninternen Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung, der eine Überarbeitung von Kapitel VII der OECD-Leitlinien vorsieht.5 Für 1 Vgl. Saint-Amans, TNI 2015, 798 (801). 2 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Actions 8, 9 and 10: Discussion Draft on Revisions to Chapter I of the Transfer Pricing Guidelines (Including Risk, Recharacterisation and Special Measures), 2014. 3 Vgl. Naumann/Groß, IStR 2014, 906 f. 4 Vgl. Greinert/Metzner, Ubg 2015, 64. 5 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 10: Modifications to Chapter VII of the Transfer Pricing Guidelines Relating to Low Value-Adding Intra-Group Services, 2014; hierzu Wittendorff, TNI 2015, 793.
Greinert
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§ 8 Rz. 1599–1612
Ermittlung des Einkommens
diese Dienstleistungen, zu denen zB Aktivitäten aus den Bereichen Rechnungslegung und Abschlussprüfung, Personalwesen, IT, Steuern und Recht zählen, wird eine Vergütung auf Basis der Kostenaufschlagsmethode mit einem Gewinnaufschlag iHv. 2 % bis 5 % als angemessen erachtet. Dadurch wird der Dokumentationsaufwand zum Nachweis der Angemessenheit der Verrechnungspreise für Routine-Dienstleistungen signifikant verringert. Allerdings werden in diesem Bericht auch zahlreiche Dienstleistungen aufgeführt, zB F&E- und Vertriebsaktivitäten, die nicht als solche Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung angesehen werden sollen und insofern in der Verrechnungspreisgestaltung abweichend behandelt werden müssen. Des Weiteren wurden Berichte zu Verrechnungspreisaspekten bei grenzüberschreitenden Rohstoff-Transaktionen1 und zur Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode bei globalen Wertschöpfungsketten2 erarbeitet. 1600
Maßnahme 13: Verrechnungspreisdokumentation und Country-by-Country Reporting. Neben den Maßnahmen 8, 9 und 10, die sich auf die Ermittlung angemessener Verrechnungspreise beziehen, sieht Maßnahme 13 eine Überarbeitung der Vorschriften zur Dokumentation der Verrechnungspreise vor. Ziel dieser Maßnahme ist es, die Transparenz für die Steuerverwaltungen zu erhöhen, indem global tätige Unternehmen Informationen über die weltweite Verteilung des Einkommens, der wirtschaftlichen Aktivität und der tatsächlich gezahlten Steuern im Konzern aufdecken müssen. Hierfür sieht die OECD einen dreigliedrigen Ansatz vor, der auf einem Master File, einem Local File und einem Country-by-Country Template beruht. Im Country-by-Country Template sollen bestimmte Kennzahlen wie Gewinn, Unternehmenssteuern, Kapital, Anzahl der Mitarbeiter und materielle Wirtschaftsgüter für alle Konzerngesellschaften jedes Jahr in Form eines standardisierten Templates aufgelistet werden. Dabei ist allerdings fraglich, wie anhand dieser Kennzahlen die Fremdüblichkeit der gewählten Verrechnungspreise geprüft werden kann. Aus Sicht der OECD sollen diese Kennzahlen jedenfalls für Zwecke des allgemeinen Risikomanagements bezüglich der Verrechnungspreisermittlung hilfreich sein. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass aus einzelnen dieser Kennzahlen die vermeintliche wirtschaftliche Aktivität und Wertschöpfung abgeleitet und die Gewinne im Konzern auf dieser Basis im Wege einer formelhaften Gewinnaufteilung zugeordnet werden,3 auch wenn die OECD ausdrücklich betont, dass eine Verwendung dieser Kennzahlen zur Gewinnaufteilung ausgeschlossen sein soll.4 Wenn diese Kennzahlen den jeweiligen Finanzverwaltungen allerdings erst einmal bekannt sind, lässt sich nicht ausschließen, dass sie dadurch in Versuchung geführt werden, fremdvergleichskonform ermittelte Verrechnungspreise infrage zu stellen. Insofern ist die Frage durchaus berechtigt, ob die Vorteile einer möglicherweise besseren Risikoeinschätzung die Nachteile der aufkommenden Verteilungskonflikte zwischen den beteiligten Fisci tatsächlich überwiegen.5 Vor diesem Hintergrund kann die Forderung von Naumann/Groß nur bekräftigt werden, dass es „für Deutschland von besonderem Interesse (ist), dass die Dokumentationsanforderungen mit einem effektiven Streitbeilegungsmechanismus zur Lösung internationaler Besteuerungskonflikte im Bereich der Verrechnungspreise verbunden werden.“6 Ebenso ist zu begrüßen, dass iRd. Maßnahme 13 nun besondere Anforderungen an die vertrauliche Behandlung der erhaltenen Kennzahlen gestellt werden. So sollen die für den internationalen Informationsaustausch etablierten Regelungen zur Anwendung kommen.7
1601–1612
Einstweilen frei.
H. Beschränkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF) Literatur: Streck/Schwedhelm, Verlustabzug und Mantelkauf nach der Steuerreform, FR 1989, 153; Hörger/ Kemper, Mantelkauf bei Kapitalgesellschaften, DStR 1990, 539; Nölkel, Steuerliche Verlustabzugspotenziale in den Unternehmen der neuen Bundesländer, BB 1995, 332; Prinz, Gestaltungsmaßnahmen zur Verlustnutzung, FR 1996, 769; Füger/Rieger, Das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform –
1 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 10: Discussion Draft on the Transfer Pricing Aspects of Cross-Border Commodity Transactions, 2014. 2 OECD, Public Discussion Draft, BEPS Action 10: Discussion Draft on the Use of Profit Splits in the Context of Global Value Chains, 2014. 3 Vgl. Pinkernell, FR 2014, 971; Kroppen/Rasch, ISR 2014, 362; Krauß, IStR 2014, 207. 4 Vgl. OECD, Action 13: Guidance on the Implementation of Transfer Pricing Documentation and Countryby-Country Reporting, 2015, Tz. 13. 5 Vgl. Pinkernell, FR 2014, 970. 6 Vgl. Naumann/Groß, IStR 2014, 794. 7 Vgl. OECD, Action 13: Guidance on the Implementation of Transfer Pricing Documentation and Countryby-Country Reporting, 2015, Tz. 13.
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Greinert/Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1613 § 8
rückwirkende Änderungen im EStG, KStG und UmwStG, DStR 1997, 1427; Orth, Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform: Zu den Einschränkungen der Verlustabzugsberechtigung von Kapitalgesellschaften durch § 8 Abs. 4 KStG nF und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG nF, DB 1997, 2242; Breuninger/Frey, Erste Anmerkungen zum Entwurf des BMF-Schreibens zur Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG nF und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG nF, GmbHR 1998, 866; Cloppenburg/Strunk, Der Erlassentwurf zur Verlustnutzung nach § 8 Abs. 4 KStG sowie § 12 Abs. 3 UmwStG, BB 1998, 2446; Hörger/Endres, Verlustnutzung beim Mantelkauf, DB 1998, 335; Kröner, Überlegungen zur Verlustnutzung vor dem Hintergrund des Erlassentwurfs zu §§ 8 Abs. 4 KStG und 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG, DStR 1998, 1495; Neyer, Verlustabzug nach Anteilsübertragung, Problembereiche der Neuregelung des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes, BB 1998, 869; Bock/Meissner, Körperschaftsteuerlicher Verlustabzug – Ausgewählte Zweifelsfragen zum BMF-Schreiben vom 16.4.1999, GmbHR 1999, 1069; Braun, Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 KStG, StBp 1999, 13; Hörger/Endres, Körperschaftsteuerlicher Verlustabzug, GmbHR 1999, 569; Neumann, Verlustabzugsbeschränkung beim Mantelkauf, Auslegungsfragen zu § 8 Abs. 4 KStG mit Anmerkungen zum BMF-Schreiben v. 16.4.1999, FR 1999, 682; Dieterlen/Strnad, § 8 Abs. 4 KStG – Vermögenszuführung über Tochtergesellschaften nach dem BFM-Schreiben vom 16.4.1999, GmbHR 2000, 260; Düll/Fuhrmann, Erwerb der Anteile an einer Kapitalgesellschaft und anschließende Verschmelzung auf die Muttergesellschaft – das Zusammenspiel von § 8 Abs. 4 KStG und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG, DStR 2000, 1166; Franzen, Zum Verhältnis des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs gem. § 10d EStG sowie weitere Fragestellungen zu § 8 Abs. 4 KStG, DB 2000, 847; Fuhrmann, Einzelfragen zum Mantelkauf bei konzerninternen Umstrukturierungen, DB 2001, 1690; Herzberg, Ausgewählte Fragen zur Einschränkung der Verlustnutzung nach § 8 Abs. 4 KStG, DStR 2001, 554; Orth, Verlustabzug: Schädliche Zuführung neuen Betriebsvermögens iSd. § 8 Abs. 4 KStG durch Reorganisationsmaßnahmen?, DB 2001, 1326; Frei/Weißgerber, Die neue Gegenständlichkeit des BFH bei der Verlustnutzung, GmbHR 2002, 135; Neumann, Einschränkung des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften nach § 8 Abs. 4 KStG, § 12 Abs. 3 UmwStG und § 15 Abs. 4 UmwStG, StB 2002, 246; Gosch, Neue Antworten und Lösungsansätze des BFH zu den Verlustabzugsbeschränkungen des § 8 Abs. 4 KStG, DStR 2003, 1917; Köhler, § 8 Abs. 4 KStG: Verlust der wirtschaftlichen Identität nur bei überwiegendem Zuführen von „neuem“ Betriebsvermögen, DStR 2003, 1011; Rödder, § 8 Abs. 4 KStG ist gescheitert – grundlegende Änderungen sind unabdingbar, StbJb 2002/2003, 307; Bacmeister, Verlust der wirtschaftlichen Identität und Bestandskraft der Verlustfeststellung, DStR 2004, 841; Bock, Telos und Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG – Ist die Vorschrift wirklich gescheitert?, GmbHR 2004, 221; Frey/ Holzmeier, Anmerkung zu FG Saarland, Beschl. v. 24.5.2004 – 1 V 88/04, GmbHR 2004, 1478; Orth, Zur „wirtschaftlichen Identität“ einer Kapitalgesellschaft iSd. § 8 Abs. 4 KStG, FR 2004, 613; Grube/Altrichter-Herzberg, Aktuelles im Bereich von steuerlichen Verlustvorträgen bei Körperschaften im Zusammenhang mit § 8 Abs. 4 KStG, GmbHR 2005, 284; Hans, Verhindert § 8 Abs. 4 KStG die Berücksichtigung von Verlustvorträgen einer übertragenden Körperschaft bei einer aufnehmenden Körperschaft nach einer Verschmelzung?, FR 2005, 907; Janßen, Neues zur Beschränkung des Verlustabzugs gem. § 8 Abs. 4 KStG, DStZ 2005, 856; Kaeser, Der „Mantelkauf“ – ein Fall für die Altkleidersammlung, DStR 2005, 349; Lenz/Behnes, Vermögensumschichtungen als Zuführung neuen Betriebsvermögens iSd. § 8 Abs. 4 KStG?, BB 2005, 2219; Fey/ Neyer, Kriterien der schädlichen Betriebsvermögenszuführung gem. § 8 Abs. 4 KStG auch nach der Unternehmenssteuerreform zu beachten – Bestandsaufnahme nach den BFH-Urteilen v. 5.6.2007 – I R 106/05 und I R 9/06, GmbHR 2008, 693; Tiedchen, Das Merkmal der „Zuführung neuen Betriebsvermögens“ in § 8 Abs. 4 KStG, FR 2008, 201. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455; OFD Kiel v. 8.6.2000 – S 2745 A - St 261, FR 2000, 844; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648; BMF v. 2.8.2007 – IV B 7 - S 2745/0 – DOK 2007/0337332, BStBl. I 2007, 624; BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745 - a/08/10001 – DOK 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736; BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003 – DOK 2008/0612175, BStBl. I 2008, 1033; OFD Münster v. 13.8.2009 – S 2745 - 140 - St 13-33 (Ms), FR 2009, 973.
I. Grundaussagen des Absatzes 4 aF 1. Regelungsgegenstand Der mit dem UntStRefG 2008 vom 14.8.20071 aufgehobene und nur noch in Sanierungsfällen für eine Übergangszeit bis 31.12.2017 anwendbare § 8 Abs. 4 KStG soll sicherstellen, dass eine Körperschaft einen nicht ausgeglichenen Verlust lediglich dann mit steuerlicher Wirkung vortragen oder ausgleichen kann, wenn sie rechtlich und wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat.2 In der Praxis betrifft die Regelung regelmäßig verlusttragende GmbHs. Die erfassten Sachverhalte werden gemeinhin als „Mantelkauf“ bezeichnet. Diese Bezeichnung stammt aus der erstmaligen Kodifizierung der sog. Mantelkaufrechtsprechung des BFH durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25.7.19883 und beschreibt den heutigen Regelungsgegenstand des § 8 Abs. 4 KStG nur noch unzureichend. Nach der ursprünglichen Gesetzesfassung war eine Verlustnutzung ausgeschlossen, wenn eine Verlustgesellschaft zunächst ihren Geschäftsbetrieb einstellte (sog. Verlustmantel) und ihn nach einem Anteilseignerwechsel mit überwiegend neuem Betriebsvermögen wieder 1 BGBl. I 2007, 1912 (1927). 2 BT-Drucks. 11/2157, 171. 3 BGBl. I 1988, 1093 (1114).
Heinemann
777
1613
§ 8 Rz. 1613–1619
Ermittlung des Einkommens
aufnahm. Durch ein solches Geschäft konnte der Anteilserwerber die Verlustvorträge der verbliebenen GmbH-Hülle erwerben und im Anschluss steuerlich nutzen, indem er steuerpflichtige Ertragspotenziale auf die Verlustgesellschaft übertrug. Nach der geltenden Gesetzesfassung setzt § 8 Abs. 4 KStG nicht mehr das Vorliegen eines Verlustmantels voraus. Eine Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG kommt bereits in Betracht, wenn einer Verlustgesellschaft iZm. einem mehr als 50-prozentigen Anteilseignerwechsel überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wird und die Gesellschaft damit fortgeführt wird. 1614
§ 8 Abs. 4 Satz 1 KStG kodifiziert das Grundkonzept der Mantelkaufregelung in Form einer Generalklausel: Der Verlustabzug einer Körperschaft nach § 10d EStG setzt voraus, dass sie rechtlich und wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust ursprünglich erlitten hat.
1615
§ 8 Abs. 4 Satz 2 KStG betrifft den Verlustabzug bei KapGes. Es handelt sich um den wichtigsten Anwendungsfall der Mantelkaufregelung. Die Regelung konkretisiert das in Satz 1 enthaltene Tatbestandsmerkmal der „wirtschaftlichen Identität“ durch ein Regelbeispiel. Danach ist der Verlustabzug insbesondere zu versagen, wenn
1616
–
mehr als 50 % der Kapitalgesellschaftsanteile übertragen worden sind und
–
die KapGes. ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder ihn wieder aufnimmt.
Die Sanierungsklausel des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG bildet einen Ausnahmetatbestand zu den Regelungen in Satz 1 und 2. Liegt ein Sanierungsfall iSd. § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG vor, gilt eine erfolgte Betriebsvermögenszuführung als unschädlich, sodass der Verlustabzug trotz Verlusts der wirtschaftlichen Identität zulässig bleibt. Eine Betriebsvermögenszuführung ist unschädlich, wenn –
sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs dient, der den verbleibenden Verlustabzug iSd. § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG verursacht hat, und
–
die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführt.
1617
Während die Sätze 1 bis 3 den Untergang eines steuerlichen Verlustvortrags regeln, betrifft § 8 Abs. 4 Satz 4 KStG den Untergang des laufenden Verlusts in Fällen eines unterjährigen Wechsels der wirtschaftlichen Identität. Die Regelung soll klarstellen, dass der Verlust der Körperschaft vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der mehr als 50-prozentigen Anteilsübertragung das Schicksal der in den vergangenen Jahren nicht ausgeglichenen Verluste teilt1.
1618
Da sich der Telos des § 8 Abs. 4 KStG nicht zweifelsfrei ermitteln lässt, hat sich in der Rechtspraxis kein überzeugendes und in sich konsistentes Auslegungskonzept durchsetzen können. Im Besonderen ist nicht geklärt, ob und inwieweit § 8 Abs. 4 KStG als spezialgesetzliche Missbrauchsvermeidungsvorschrift zu begreifen ist oder ob es sich um eine Regelung handelt, die in Ergänzung zu § 10d EStG besondere Voraussetzungen für die Verlustnutzung einer Körperschaft aufstellt. Von der Beantwortung dieser grundlegenden Frage hängt nicht nur ab, inwieweit einzelne Sachverhalte als rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden müssen, um sie unter § 8 Abs. 4 KStG subsumieren zu können, sondern auch, ob der Stpfl. (Verlustnutzungsvoraussetzung) oder das FA (Missbrauchsvermeidungsnorm) die Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 Satz 1, 2 und 4 KStG trägt. Aufgrund der fortwährenden Rechtsunsicherheiten sah sich der Gesetzgeber veranlasst, die Vorschrift durch das UntStRefG 2008 vom 14.8.20072 aufzuheben und durch – den vermeintlich leichter zu handhabenden – § 8c KStG zu ersetzen.
1619
Außer dem Normtext stehen dem Rechtsanwender keine weiter gehenden Gesetzesmaterialien für die Gesetzesauslegung zur Verfügung, da § 8 Abs. 4 KStG in der seinerzeit gültigen Fassung des G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.19973 ohne weitere Gesetzesbegründung durch den Vermittlungsausschuss in das Gesetzgebungs-
2. Bedeutung und Telos
1 BT-Drucks. 11/2157, 171 zu § 8 Abs. 4 Satz 3 idF des Steuerreformgesetzes 1990. 2 BGBl. I 2007, 1912 (1927). 3 BGBl. I 1997, 2590 (2591 f.).
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H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1619–1622 § 8
verfahren eingebracht wurde (wegen der daraus resultierenden verfassungsrechtlichen Fragestellungen s. Rz. 1644). Ausgehend vom Gesetzeswortlaut ließe sich vertreten, § 8 Abs. 4 KStG enthalte besondere, über die Voraussetzungen des § 10d EStG hinausgehende Tatbestandsmerkmale für den Verlustabzug einer Körperschaft.1 Hingegen könnte die Tatbestandsstruktur darauf hindeuten, dass es dem Gesetzgeber darum ging, den missbräuchlichen Handel mit Verlusten zu verhindern, sodass § 8 Abs. 4 KStG auch als eine spezielle Ausprägung des § 42 AO verstanden werden könnte.2 Denn nach § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG erfordert der Verlustabzug einer Körperschaft, dass sie mit der Körperschaft, die den Verlust ursprünglich verursacht hat, rechtlich und wirtschaftlich identisch sein muss. Wie sich aus dem Regelbeispiel des Satzes 2, das insoweit generell als Auslegungsmaßstab herangezogen wird, ergibt, bleibt die wirtschaftliche Identität nur gewahrt, wenn sich das Unternehmensvermögen nicht überwiegend verändert (Erhalt des sachlichen Substrats) und der Gesellschafterbestand nicht zu mehr als 50 % wechselt (Erhalt des persönlichen Substrats).3 Damit erfasst das Gesetz (jedenfalls auch) gemeinhin als missbräuchlich qualifizierte Sachverhalte, in denen sich ein Stpfl. durch den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an einer weitgehend vermögenslosen Verlustgesellschaft in die Lage versetzt, kontrolliert Einkunftsquellen auf die erworbene Verlustgesellschaft zu übertragen, um sie dort zur Verlustnutzung einzusetzen.4
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Der BFH sowie Teile des Schrifttums sehen in § 8 Abs. 4 KStG eine Typenvermischung 1621 aus Verlustnutzungsvoraussetzung und Missbrauchsvermeidungsnorm.5 Nach Auffassung des BFH kommt der Missbrauchsvermeidungsgedanke im Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG nur punktuell und in typisierender Weise zum Ausdruck. Von primärer Bedeutung ist für seine Gesetzesauslegung, dass die Zusammensetzung und die wirtschaftliche Bedeutung des Betriebsvermögens der Gesellschaft (ihr sachliches Substrat)6 erhalten bleiben. Werde dieses durch überwiegend neues Vermögen ersetzt, zeige sich, dass nicht der Erwerb der Gesellschaft, sondern ihrer Verluste bezweckt sei. Aus welchem Grund sich das sachliche Substrat im Einzelfall ändert und ob es durch einen neuen Gesellschafter zugeführt wurde, erachtet der BFH jedoch als irrelevant. Der Missbrauchsfall werde schließlich indiziert, wenn in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Veränderung des sachlichen Substrats auch der Verlust des persönlichen Substrats eintrete.7 Hierbei sei nicht erforderlich, dass die unter § 8 Abs. 4 KStG zu subsumierenden Sachverhalte tatsächlich auf einer missbräuchlichen Gestaltung beruhten. Irrelevant sei auch, ob die Beteiligten eine konkrete Missbrauchsabsicht verfolgten. Eigene Auffassung. Dem BFH ist zunächst beizupflichten, wenn er davon ausgeht, dass § 8 Abs. 4 KStG nicht als spezialgesetzliche Missbrauchsvermeidungsvorschrift kategorisiert werden kann. Denn nach ihrem Wortlaut ist die Regelung als eine für Körperschaften geltende Ergänzung zu § 10d EStG ausgestaltet. Sie enthält mithin über § 10d EStG hinausgehende Tatbestandsvoraussetzungen speziell für den Verlustabzug und Verlustausgleich einer Körperschaft. Zwar war § 8 Abs. 4 KStG aF darauf ausgerichtet, den Handel mit Verlustmänteln zu unterbinden und konnte damit als Missbrauchsvermeidungsnorm qualifiziert werden. Dieser Telos findet sich in § 8 Abs. 4 KStG nF jedoch nur noch in typisierender Weise wieder. Denn nach § 8 Abs. 4 KStG nF wird einer Verlustkörperschaft zwar oftmals die Verlustnutzung in Fällen untersagt sein, denen der Handel mit einem Verlustmantel zugrunde liegt. Darauf ist die Norm indes nicht mehr zugeschnitten. Vielmehr werden auch Sachverhalte erfasst, die im Einzelfall nicht auf einer missbräuchlichen Gestaltung beruhen.8 Es 1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 182a; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 25. 2 Bock, GmbHR 2004, 221 (225); Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. zu § 8c KStG Rz. 10; Cloppenburg/Strunk, BB 1998, 2446 (2447); Hörger/Endres, GmbHR 1999, 569; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299; Rödder, StbJb 2002/2003, 307 (320). 3 Zur Entwicklung des Merkmals der wirtschaftlichen Identität Orth, FR 2004, 613. 4 Bock, GmbHR 2004, 221 (225); Kaeser, DStR 2005, 349 (351); Cloppenburg/Strunk, BB 1998, 2446 (2447). 5 BFH v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602 = FR 2006, 728 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2006, 767 m. Anm. Suchanek; v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222; Gosch, DStR 2003, 1917 (1918); Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1396. 6 BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01, BStBl. II 2004, 616 = GmbHR 2003, 1441 m. Anm. Roser = FR 2004, 27 m. Anm. Pezzer; v. 17.5.2010 – I R 57/09, GmbHR 2010, 1112 = BFH/NV 2010, 1859; kritisch hierzu Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 184. 7 BFH v. 15.12.2004 – I B 115/04, BStBl. II 2005, 528 = GmbHR 2005, 563 m. Anm. Bock = FR 2005, 487; v. 23.2.2011 – I R 8/10, GmbHR 2011, 658 = BFH/NV 2011, 1188. 8 Vgl. auch Füger/Rieger, DStR 1997, 1427 (1432); Neumann, FR 1999, 682 (683); Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 920.
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§ 8 Rz. 1622–1629
Ermittlung des Einkommens
erscheint daher nicht gerechtfertigt, die Norm weiterhin als Missbrauchsvermeidungsvorschrift zu begreifen. 1623
Nicht zu überzeugen vermag der BFH jedoch, wenn er den Verlust der wirtschaftlichen Identität einer Verlustgesellschaft primär anhand der Veränderung ihres sachlichen Substrats beurteilt. Bereits der Gesetzeswortlaut zeigt, dass die wirtschaftliche Identität gleichermaßen an den beiden Merkmalen des Anteilseignerwechsels und der Betriebsvermögenszuführung festzumachen sein soll.1 Zudem wird im Regelfall einer mehrheitlichen Anteilsübertragung auch die Mehrheit der Mitwirkungsrechte und somit die Gestaltungsmacht über die erworbene Gesellschaft auf den neuen Gesellschafter übergehen. Für ein sachgerechtes Normverständnis sollte daher nicht unberücksichtigt bleiben, ob und inwieweit der neue Gesellschafter in die Lage versetzt wird, der erworbenen Gesellschaft ein neues Gepräge zu geben und ihre wirtschaftliche Identität zu verändern.2 Der Gesetzeswortlaut verlangt hingegen nicht, dass der neue Gesellschafter über Ertragspotenziale verfügt, die er der Verlustgesellschaft zur konkreten Verlustnutzung zuführt. Auch stellt die Norm nicht darauf ab, ob mit dem Anteilserwerb und der Veränderung des sachlichen Gesellschaftssubstrats eine missbräuchliche Absicht verbunden ist oder ob ein kollusives Handeln von altem und neuem Gesellschafter vorliegt.
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Da sich für den neuen Gesellschafter gerade aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung die Möglichkeit eröffnet, das sachliche Substrat der Gesellschaft in seinem Sinne zu verändern, erscheint es naheliegend, den qualifizierten Anteilseignerwechsel und die schädliche Betriebsvermögenszuführung als zusammenhängende Bestandteile eines typisierend beschriebenen Gesamtgeschehens zu begreifen. Daher ist es uE gerechtfertigt, mit dem BFH im Wege der einschränkenden Tatbestandsauslegung einen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Vermögenszuführung und dem Anteilseignerwechsel zu fordern. 3. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften
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§ 8 Abs. 4 KStG regelt in persönlicher Hinsicht den Verlustausgleich und den Verlustabzug für unbeschränkt und beschränkt stpfl. Körperschaften, wobei § 8 Abs. 4 Satz 2 (ggf. iVm. Satz 4) KStG KapGes. erfasst, während Satz 1 (ggf. iVm. Satz 4) sämtliche Körperschaften betrifft.
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In sachlicher Hinsicht betreffen die Sätze 1 bis 3 den Untergang steuerlicher Verlustvorträge. Satz 4 KStG regelt den laufenden Verlustausgleich im Falle unterjähriger Anteilsübertragungen.
1627
In zeitlicher Hinsicht regelt § 34 Abs. 6 Satz 1 und 2 KStG idF des StSenkG 20013 (vormals § 54 Abs. 6 KStG idF des G zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.19974) die erstmalige Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG in seiner zuletzt gültigen Fassung des G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.19975. Danach war § 8 Abs. 4 KStG in dieser Fassung erstmals für den VZ 1997 anzuwenden. Aus Vertrauensschutzgründen war die Regelung erstmals für den VZ 1998 anzuwenden, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Identität im Jahr 1997 vor dem 6.8.1997 eingetreten war.
1628
Dass § 8 Abs. 4 KStG idF des G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.19976 auch zu einem Wegfall von Verlusten führen konnte, wenn der Verlust nach den Maßstäben des § 8 Abs. 4 KStG nF bereits vor dem 6.8.1997 eingetreten war, hat der BFH7 nicht als Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) gewertet.
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Der BFH war jedoch zunächst der Auffassung, § 54 Abs. 6 KStG idF des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 verstoße insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, als § 8 Abs. 4 KStG idF des G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform8 aus Vertrauensschutzgründen erst ab dem VZ 1998 anzuwenden war, wenn die wirtschaftliche Identität im Jahr 1997 vor dem 6.8. verloren ge-
1 2 3 4 5 6 7 8
Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 184. Neumann, FR 1999, 882 (890); ähnlich Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 711. BGBl. I 2000, 1425 (1455). BGBl. I 1997, 3121 (3122). BGBl. I 1997, 2590 (2591 f.). BGBl. I 1997, 2590 (2591 f.). BFH v. 27.8.2008 – I R 78/01, GmbHR 2009, 267 m. Anm. Bock = FR 2009, 535 = BFH/NV 2009, 497. G v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590 (2591 f.).
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H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1629–1635 § 8
gangen ist, während in Fällen, in denen eine Körperschaft ihre wirtschaftliche Identität – gemessen an den Maßstäben der Neuregelung – bereits vor dem 1.1.1997 verloren hat, keinen derartigen Vertrauensschutz genießen sollte und die Neuregelung damit bereits ab VZ 1997 galt.1 Nachdem das BVerfG das entsprechende Normenkontrollersuchen des BFH als unzulässig verworfen hatte,2 gab der BFH mit Urteil vom 1.10.2014 seinen Standpunkt auf und erklärte die Übergangsregelung für verfassungsgemäß.3 § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG idF des AIFM-StAnpG4 regelt die letztmalige Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG (s. dazu Rz. 1646).
1630
Verhältnis zu § 42 AO. Sofern man mit Teilen der Literatur davon ausgeht, dass es sich 1631 bei § 8 Abs. 4 KStG um eine spezielle Missbrauchsvermeidungsregelung handelt, stellte sich bis zur Neuregelung des § 42 AO durch das JStG 20085 die Frage, ob für „missbräuchliche“ Gestaltungen, die nicht von § 8 Abs. 4 KStG erfasst werden, ergänzend § 42 AO zu prüfen war. Durch das JStG 2008 hat der Gesetzgeber klargestellt, dass § 42 AO durch spezielle Missbrauchsklauseln nicht verdrängt wird.6 Verhältnis zu § 10d EStG. Nach hier vertretener Auffassung ist § 8 Abs. 4 KStG als eine für den Verlustabzug von Körperschaften geregelte Ergänzung zu § 10d EStG zu verstehen (s. Rz. 1622).
1632
Ein Verlustfeststellungsbescheid nach § 10d Abs. 4 EStG stellt neben der Höhe des Verlustvortrags auch seine steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit fest.7 Liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG vor, ist der Verlustvortrag zum Schluss des VZ zu kürzen, in dem der schädliche Anteilseignerwechsel erfolgt (s. Rz. 1779). Erwächst der betreffende Verlustfeststellungsbescheid ohne eine entsprechende Kürzung in Bestandskraft, kann das FA die Verlustverrechnung in einem späteren Jahr nicht iRd. Körperschaftsteuerveranlagung versagen.8 Die Verlustfeststellung bezieht sich allerdings nur auf die Sach- und Rechtslage zum entsprechenden Feststellungszeitpunkt. Ändert sich die Gesetzeslage, hindert eine bestandskräftige Verlustfeststellung das FA bspw. nicht, den Verlust der wirtschaftlichen Identität nunmehr anders einzuschätzen.9
1633
Verhältnis zu § 8c KStG. § 8 Abs. 4 KStG wurde durch das UntStRefG 2008 vom 14.8.200710 durch § 8c KStG ersetzt. § 8c KStG ist erstmals auf alle nach dem 31.12.2007 erfolgten Anteilsübertragungen anzuwenden (§ 34 Abs. 7b KStG idF des AIFM-StAnpG11).
1634
Für eine Übergangszeit gilt § 8 Abs. 4 KStG neben § 8c KStG fort. § 34 Abs. 6 Satz 3 KStG idF des AIFM-StAnpG12 sieht vor, dass § 8 Abs. 4 KStG letztmals anzuwenden ist, wenn
1635
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mehr als die Hälfte der Anteile an einer Körperschaft innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren übertragen werden, der vor dem 1.1.2008 beginnt, und
–
der Verlust der wirtschaftlichen Identität vor dem 1.1.2013 eintritt.
1 BFH v. 8.10.2008 – I R 95/04, GmbHR 2009, 263 = FR 2009, 614 = BFH/NV 2009, 500, ergänzt durch Beschl. v. 14.3.2011 – I R 95/04, BFH/NV 2011, 1192; s. hierzu auch das im Hinblick auf das BVerfG-Verfahren 2 BvL 2/09 ausgesetzte Verfahren I R 53/01 (Vorinstanz: FG Köln v. 8.2.2001 – 13 K 6016/00, EFG 2001, 991). 2 BVerfG v. 1.4.2014 – 2 BvL 2/09, HFR 2014, 556. 3 BFH v. 1.10.2014 – I R 95/04, BFH/NV 2015, 281. 4 G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. 5 BGBl. I 3150, 3171. 6 So bereits BFH v. 1.2.2001 – IV R 3/00, BStBl. II 2001, 520 zu § 42 AO aF; nach BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, BFH/NV 2014, 904, jedoch keine Anwendung des § 42 AO bei Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft; grds. gegen die Anwendbarkeit des § 42 AO Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299; einschränkend Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 908: keine Anwendung des § 42 AO, soweit es um die wirtschaftliche Identität geht. 7 BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468 = GmbHR 2004, 517 m. Anm. Bock = FR 2004, 607 (zu § 10a Satz 2 GewStG aF, jetzt § 10a Satz 6 GewStG); v. 14.3.2011 – I R 95/04, GmbHR 2011, 662 = BFH/NV 2011, 1192. 8 Bacmeister, DStR 2004, 841 (843); Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 193; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 955; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1476. 9 BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468 = GmbHR 2004, 517 m. Anm. Bock = FR 2004, 607 (zu § 10a Satz 2 GewStG aF, jetzt § 10a Satz 6 GewStG); v. 1.10.2014 – I R 95/04, BFH/NV 2015, 281 = GmbHR 2015, 145. 10 BGBl. I 2007, 1912 (1927). 11 G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. 12 G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318.
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§ 8 Rz. 1635–1641
Ermittlung des Einkommens
Daher waren grundsätzlich seit dem 1.1.2008 bis zum 31.12.2012 § 8c KStG und § 8 Abs. 4 KStG parallel anwendbar. 1636
Wurde die Grenze für eine schädliche Anteilsübertragung durch mehrere Einzelübertragungen überschritten, ist es nach dem Gesetzeswortlaut ausreichend, dass diese Übertragungen teilweise auch vor dem 1.1.2008 stattgefunden haben.1 Die Übergangsregelung betrifft sowohl die Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 1 als auch die des Satzes 2.2 Beispiel: Der zu 100 % an der verlusttragenden V-GmbH beteiligte A veräußert am 1.10.2005 50 % seiner Anteile an E1 und am 1.5.2008 sowie am 1.2.2009 jeweils 25 % an die einander nicht nahestehenden E2 und E3. Am 1.4.2009 wird der V-GmbH überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt. Lösung: § 8c KStG ist nicht anwendbar, da nach dem 31.12.2007 an keinen der Erwerber mehr als 25 % der Anteile an der V-GmbH übertragen wurden. Jedoch ist § 8 Abs. 4 KStG anwendbar, da am 1.5.2008 und damit innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren, der vor dem 1.1.2008 beginnt, mehr als 50 % der Anteile übertragen wurden. Mit der schädlichen Betriebsvermögenszuführung am 1.2.2010 wurde der Tatbestand des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG erfüllt. Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 4 KStG tritt am 1.5.2008 ein (s. hierzu Rz. 1779).
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Die Fortgeltung kann sich bis zum 31.12.2017 ausdehnen, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Identität wegen Anwendung der Sanierungsklausel ausgeschlossen wird.3
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Verhältnis zu § 12 Abs. 3 Halbs. 2 und § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG idF des SEStEG vom 7.12.20064. Während § 8 Abs. 4 KStG die Abzugsfähigkeit eines Gesellschaftsverlustes im Fall des Gesellschafterwechsels regelt, betreffen § 12 Abs. 3 Halbs. 2 und § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG den Fall, dass die verlusttragende Gesellschaft selbst verschmolzen oder auf eine Personengesellschaft umgewandelt wird. Nach den neuen Regeln des UmwStG idF des SEStEG geht nunmehr ein beim übertragenden Rechtsträger nicht genutzter Verlust – anders als nach dem UmwStG idF des Gesetzes zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts vom 8.11.19945 – stets unter. Auf die Streitfrage zur Rechtslage vor SEStEG, ob nach einem schädlichen Anteilseignerwechsel und der anschließenden Verschmelzung der Verlustgesellschaft auf den Erwerber eine Betriebsvermögenzuführung beim Erwerber zu einem Verlustuntergang nach § 8 Abs. 4 KStG führen kann, kommt es daher nicht mehr an.6
1639
Waren eine Gewinn- und eine Verlustgesellschaft miteinander zu verschmelzen, führte die fehlende Regelungssymmetrie zwischen den verlustbeschränkenden Regelungen des § 8 Abs. 4 KStG einerseits und der §§ 12 Abs. 3 Halbs. 2, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG andererseits in der Praxis oftmals zu der Erwägung, die Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft zu verschmelzen, um einen Verlustuntergang nach §§ 12 Abs. 3 Halbs. 2, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zu verhindern. Denn solange im Zuge der Umwandlung auf Ebene der Verlustgesellschaft kein schädlicher Gesellschafterwechsel stattfand, traten die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 KStG nicht ein. Mit Urteil vom 18.12.2013 hat der BFH entschieden, dass in einem solchen Fall der Verlustabzug auch nicht durch § 42 AO ausgeschlossen ist. Das gilt selbst dann, wenn die Verschmelzung ausschließlich erfolgt, um steuerliche Verluste zu nutzen, ohne dass wirtschaftliche Gründe für die Zusammenführung der Unternehmen bestehen.7
1640
Verhältnis zu § 10a GewStG. Gem. § 10a Satz 4 GewStG idF des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.7.19888 ist § 8 Abs. 4 KStG für einen gewerbesteuerlichen Fehlbetrag entsprechend anzuwenden.9 4. Rechtsentwicklung
1641
Seit seinem Urt. v. 19.8.195810 hatte der BFH zu § 10d EStG judiziert, dass der verlusterleidende und der den Verlustabzug beanspruchende Rechtsträger rechtlich und wirtschaftlich identisch sein müssten („Mantelkaufrechtsprechung“). Von dieser Rspr. rückte der BFH 1 AA Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1392: Die schädliche Anteilsübertragung müsse vor dem 1.1.2008 vollständig abgeschlossen sein. 2 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745 - a/08/10001 – DOK 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736 Rz. 36; zweifelnd Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1391: Die Regelung betreffe wohl nur § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG. 3 Hierzu BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745 - a/08/10001 – DOK 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736 Rz. 37. 4 BGBl. I 2006, 2781 (2782). 5 BGBl. I 1994, 3267. 6 S. hierzu BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 49; Düll/Fuhrmann, DStR 2000, 1166; Hans, FR 2005, 907. 7 BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, BFH/NV 2014, 904 = GmbHR 2014, 605. 8 BGBl. I 1988, 1093 (1116). 9 Zu Besonderheiten in Organschaftsfällen s. D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 198. 10 BFH v. 19.8.1958 – I R 78/58 U, BStBl. III 1958, 468.
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Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1641–1647 § 8
mit seinen Entscheidungen v. 29.10.19861 ab und vertrat nunmehr die Auffassung, dass die Geltendmachung eines Verlustabzugs nur von der rechtlichen Identität des betreffenden Rechtsträgers abhängig sei. Aufgrund der geänderten BFH-Rspr. führte der Gesetzgeber mit dem Steuerreformgesetz 1990 vom 25.7.19882 § 8 Abs. 4 KStG ein und positivierte die bisherige Auffassung von Verwaltung und Rechtsprechung. § 8 Abs. 4 KStG hatte zunächst einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich, da er nur anwendbar war, wenn der Betrieb der verlusttragenden Gesellschaft zumindest vorübergehend eingestellt wurde.3 Zudem musste ein Gesellschafterwechsel von mehr als 75 % zeitlich vor der Betriebsvermögenszuführung erfolgen.
1642
Durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.19974 verschärfte der Gesetzgeber die Tatbestandsvoraussetzungen: Es war nicht mehr erforderlich, dass der verlustverursachende Betrieb eingestellt wurde. Zudem erfüllte nun ein Gesellschafterwechsel von mehr als 50 % den Tatbestand. Auch sah § 8 Abs. 4 KStG nF keine zeitliche Reihenfolge für den Gesellschafterwechsel und die Betriebsvermögenzuführung mehr vor. Im Gegenzug zu diesen verschärfenden Maßnahmen wurde die sog. Sanierungsklausel des Satzes 3 eingefügt, nach der bestimmte Betriebsvermögenszuführungen als unschädlich gelten. Die Gesetzesänderung beruht auf einer Initiative des Vermittlungsausschusses und wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht begründet.5
1643
Da die gesetzlichen Änderungen erst durch den Vermittlungsausschuss in das Gesetz- 1644 gebungsverfahren eingebracht wurden, ist das Gesetz wegen Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt nicht verfassungsgemäß zustande gekommen.6 In einem Parallelfall zur ebenfalls iRd. Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform durch den Vermittlungsausschuss veranlassten Änderung des § 12 Abs. 2 UmwStG entschied das BVerfG jedoch, die Regelung sei gleichwohl gültig, da der Verfahrensverstoß des Vermittlungsausschusses „nicht evident“ gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sah sich der BFH veranlasst, auch § 8 Abs. 4 KStG als formell verfassungsgemäß zu erachten.7 Da § 8 Abs. 4 KStG erhebliche Anwendungsprobleme verursachte, wurde er durch das UntStRefG 2008 vom 14.8.20078 aufgehoben und durch § 8c KStG ersetzt, der den Verlustabzug einfacher und zielgenauer beschränken soll.9
1645
§ 34 Abs. 6 Satz 3 KStG idF des AIFM-StAnpG10 enthält eine Übergangsregelung. Danach ist § 8 Abs. 4 KStG idF des G zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform v. 29.10.1997 letztmals anzuwenden, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer KapGes. innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren übertragen werden, der vor dem 1.1.2008 beginnt, und der Verlust der wirtschaftlichen Identität vor dem 1.1.2013 eintritt.11 Die Fortgeltung des § 8 Abs. 4 KStG kann sich bis zum 31.12.2017 ausdehnen, wenn der Verlust der wirtschaftlichen Identität wegen Anwendung der Sanierungsklausel ausgeschlossen wird.12
1646
II. Verlust der rechtlichen und wirtschaftlichen Identität einer Körperschaft (Abs. 4 Satz 1) 1. Vorbemerkung § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG ist als Generalklausel ausgestaltet und enthält die Voraussetzungen für den Verlustabzug einer Körperschaft. Danach ist der Verlustabzug ausgeschlossen, wenn die Körperschaft ihre rechtliche und wirtschaftliche Identität verliert.
1 BFH v. 29.10.1986 – I R 202/82, BStBl. II 1987, 308 = FR 1987, 69 = GmbHR 1987, 175; v. 29.10.1986 – I R 318, 319/83, BStBl. II 1987, 310; v. 29.10.1986 – I R 271/83, BFH/NV 1987, 266. 2 BGBl. I 1988, 1093 (1114). 3 Vgl. Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 22. 4 BGBl. I 1997, 2590 (2591 f.). 5 Vgl. Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses v. 4.8.1997, BT-Drucks. 13/8325, 4. 6 Vgl. den Vorlagebeschl. des BFH v. 22.8.2006 – I R 25/06, BStBl. II 2007, 793 = GmbHR 2006, 1277 m. Anm. Bock = FR 2007, 39 m. Anm. Pezzer (wegen Rücknahme der Revision aufgehoben, BFH v. 29.4.2008 – I R 25/06, nv.). 7 BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, FR 2009, 284 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock = BFH/NV 2008, 1965. 8 BGBl. I 2007, 1912 (1927). 9 Vgl. Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks. 16/4841, 74. 10 G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. 11 Zur Kritik an dieser Regelung s. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1391. 12 Hierzu BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745 - a/08/10001 – DOK 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736 Rz. 37.
Heinemann
783
1647
§ 8 Rz. 1648–1652
Ermittlung des Einkommens
2. Körperschaft 1648
Sämtliche Körperschaften fallen in den persönlichen Anwendungsbereich des Satzes 1. Die Regelung erfasst daher zB den Verlustabzug von Vereinen und Genossenschaften.
1649
Auch KapGes. können unter Satz 1 fallen, wenn die Voraussetzungen des Satz 2 nicht vorliegen.1 Denn nach dem Gesetzeswortlaut („insbesondere“) ist Satz 2 keine abschließende Spezialregelung für Körperschaften. Erforderlich ist allerdings, dass der unter Satz 1 zu fassende Sachverhalt mit dem Regelbeispiel des Satzes 2 wirtschaftlich vergleichbar ist, wonach die Verlustnutzung insbesondere wegen Verlustes der wirtschaftlichen Identität ausgeschlossen ist, wenn mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile übertragen werden und die KapGes. ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt.2 3. Rechtliche Identität
1650
Das Erfordernis der rechtlichen Identität als Voraussetzung für den Verlustabzug einer Körperschaft entspricht dem Prinzip der individuellen Zurechnung von Verlusten. Endet die Existenz einer Körperschaft, endet auch ihre Befugnis zum Verlustabzug. Maßgebend für die Beendigung einer Körperschaft dürfte die Beendigung ihrer subjektiven Körperschaftsteuerpflicht sein,3 da steuerliche Pflichten auch nach der zivilrechtlichen Beendigung fortbestehen.
1651
Eine Körperschaft kann ihre rechtliche Identität insbesondere durch Umwandlungsvorgänge verlieren. Dabei ist zu differenzieren: –
Bei einem Formwechsel von einer Körperschaft in eine andere Körperschaft ändert sich lediglich die Rechtsform, jedoch nicht das Zuordnungsobjekt eines Verlusts. Der Verlustabzug ist daher auch bei der aufnehmenden Gesellschaft möglich.4
–
Anders liegt der Fall bei übertragenden Umwandlungen iSd. § 1 Nr. 1 bis 3 UmwStG. Mangels Personenidentität endet das bisherige Recht zum Verlustabzug. Entsprechendes gilt beim Formwechsel einer Körperschaft in ein Personenunternehmen. Nach § 9 UmwStG handelt es sich um eine übertragende Umwandlung, mithin besteht steuerlich keine Rechtsträgeridentität. Für Fälle der übertragenden Umwandlung einer Verlustgesellschaft enthält das UmwStG spezielle Regelungen, die den Übergang eines Verlustabzugs versagen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, ggf. iVm. § 12 Abs. 3 Halbs. 2, 15 Abs. 1, 18 oder 19 UmwStG).
–
Bei einer Einbringung stellt sich die Frage hingegen nicht, da der einbringende Verlustträger nicht erlischt.
4. Wirtschaftliche Identität a) Vorbemerkung 1652
Das Gesetz macht den Verlustabzug nicht nur von der rechtlichen, sondern auch der wirtschaftlichen Identität der Verlustkörperschaft abhängig und verdeutlicht damit den Regelungszweck, den Verlustabzug nur der Körperschaft zu ermöglichen, die ihn wirtschaftlich erlitten hat. Zwar definiert das Gesetz den Begriff der wirtschaftlichen Identität nicht, jedoch enthält § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ein Regelbeispiel, das verdeutlicht, unter welchen Voraussetzungen typischerweise eine KapGes. ihre wirtschaftliche Identität verliert, und setzt damit einen Maßstab für die unter Satz 1 zu fassenden Sachverhalte. Diese müssen Voraussetzungen erfüllen, die mit den in Satz 2 genannten wirtschaftlich vergleichbar sind.5
1 BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111; v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 25; aA Streck/Schwedhelm, FR 1989, 153 (156). 2 BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01, BStBl. II 2004, 616 = GmbHR 2003, 1441 m. Anm. Roser = FR 2004, 27 m. Anm. Pezzer; v. 27.8.2008 – I R 78/01, GmbHR 2009, 267 m. Anm. Bock = FR 2009, 535 = BFH/NV 2009, 497. 3 Die Gesetzesbegründung stellt auf die Beendigung der zivilrechtlichen Existenz ab: Löschung einer KapGes. im Handelsregister oder rechtskräftige Feststellung der Nichtigkeit; ähnlich auch Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG. 4 BFH v. 27.10.1994 – I R 60/94, BStBl. II 1995, 326 = FR 1995, 342 = GmbHR 1995, 396. 5 BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111; v. 27.8.2008 – I R 78/01, GmbHR 2009, 267 m. Anm. Bock = FR 2009, 535 = BFH/NV 2009, 497.
784
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1653–1657 § 8
Nach dem Regelbeispiel soll bei KapGes. der Verlust der wirtschaftlichen Identität eintreten, wenn mehr als 50 % der Anteile übertragen werden und die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt. Die wirtschaftliche Identität der Verlustkapitalgesellschaft wird demnach (1) durch ihr personelles Substrat (Veränderung des Gesellschafterbestands) und (2) ihr sachliches Substrat (Änderung des Unternehmensvermögens) bestimmt.1 Nach Satz 1 kann der Verlustabzug somit nur ausgeschlossen sein, wenn ein Sachverhalt in seiner Auswirkung sowohl zu einer Veränderung des personellen als auch des sachlichen Substrats der Verlustkörperschaft führt.2
1653
b) Veränderung des persönlichen Substrats einer Verlustkörperschaft Eine schädliche Veränderung des persönlichen Substrats iSd. Satzes 1 liegt vor, wenn die Veränderung des Gesellschafterbestands der Verlustkörperschaft mit dem in Satz 2 geregelten Anteilseignerwechsel einer KapGes. wirtschaftlich vergleichbar ist. Das setzt voraus, dass (1) eine Rechtsposition übertragen wird, die dem Kapitalgesellschaftsanteil gleichzustellen ist und dass (2) der Übertragungsvorgang als solcher mit einer mehr als 50-prozentigen Anteilsübertragung wirtschaftlich vergleichbar ist.
1654
Kapitalgesellschaftsanteilen gleichzustellende Rechtspositionen. Entscheidend ist der Erwerb einer dem Kapitalgesellschaftsanteil wirtschaftlich vergleichbaren Rechtsposition3. Während FinVerw. und die hM in der Literatur zutreffend darauf abstellen, dass die Veränderung des personellen Substrats sich auf die Übertragung der Beteiligungs- und Mitgliedschaftsrechte bezieht4 und somit dem neuen Gesellschafter einen bestimmenden Einfluss über die Verlustgesellschaft gewährt, ist für den BFH entscheidend, dass der Übertragungsgegenstand dem Nennkapital einer KapGes. vergleichbar ist. Ob der neue Gesellschafter damit einhergehend Gestaltungsmacht über die Verlustgesellschaft erhält, ist für den BFH unerheblich.5 Denn nach seinem Verständnis wird die wirtschaftliche Identität einer Körperschaft in erster Linie nicht durch ihren Gesellschafterbestand, sondern durch ihr sachliches Substrat in Form ihres Unternehmensgegenstands und ihres verfügbaren Betriebsvermögens bestimmt.6
1655
Bei der Verschmelzung von Genossenschaften kann es daher nach Auffassung des BFH zu einer dem Gesellschafterwechsel vergleichbaren Konstellation kommen. Da die jeweiligen Mitgliedschaftsrechte der Genossenschaft formell nicht übertragbar sind, soll es darauf ankommen, ob die Summe der im Zuge der Verschmelzung neu hinzugekommenen Geschäftsguthaben höher ist als die Summe der zuvor vorhandenen Geschäftsguthaben.7
1656
Nach Auffassung der FinVerw. kann „in Ausnahmefällen“ auch die Übertragung von mehr als 50 % der Stimmrechte ohne entsprechende Anteilsübertragung zu einem Verlust der wirtschaftlichen Identität führen.8 Für diese Auffassung spricht, dass durch die Stimmrechtsübertragung Einfluss auf die Verlustgesellschaft eröffnet wird, der es ermöglicht, der Gesellschaft ein neues Gepräge zu geben und ihre wirtschaftliche Identität zu verändern. Darüber hinaus dürfte aber zumindest erforderlich sein, dass in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Stimmrechtsübertragung – zB durch Einräumung eines Genussrechts oder einer stillen Beteiligung – zumindest auch eine Beteiligung am Gewinn und Verlust gewährt wird.9 Denn dann entsteht eine Rechtsposition, die mit dem Vollrecht eines Gesellschafters vergleichbar ist. Ob allein die Begründung einer schuldrechtlichen Beziehung durch Einräumung einer stillen Beteiligung oder eines Genussrechts tatbestandsmäßig ist, ist unklar (s. Rz. 1668).
1657
1 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 35. 2 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1410; vgl. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 25. 3 BFH v. 23.1.2013 – I R 70/11, GmbHR 2013, 768 = BFH/NV 2013, 987. 4 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 24. 5 BFH v. 23.1.2013 – I R 70/11, GmbHR 2013, 768 = BFH/NV 2013, 987. 6 BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 = FR 2004, 161 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 126 m. Anm. Bock; v. 17.5.2010 – I R 57/09, GmbHR 2010, 1112 = BFH/NV 2010, 1859. 7 BFH v. 23.1.2013 – I R 70/11, GmbHR 2013, 768 = BFH/NV 2013, 987. 8 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 30; ablehnend Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1461. 9 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 949 mwN; Hörger/Endres, GmbHR 1999, 569 (571), halten die stille Beteiligung unter Einräumung von Stimmrechten für unschädlich; kritisch zur Verwaltungsauffassung auch Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 135.
Heinemann
785
§ 8 Rz. 1658–1663
Ermittlung des Einkommens
1658
Da § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG die Übertragung von „Gesellschaftsanteilen“ erfordert, erfüllt nach der Auslegung des BFH eine mittelbare Anteilsübertragung nicht den Tatbestand des Regelbeispiels. Auch nach Satz 1 soll die mittelbare Anteilsübertragung damit nicht schädlich sein, da andernfalls der Regelungsbefehl des Satzes 2 unterlaufen würde (s. Rz. 1681).
1659
Der 50-prozentigen Anteilsübertragung vergleichbare Vorgänge. Eine Anteilsübertragung iSd. Satzes 2 setzt begrifflich die zivilrechtliche Übertragung der Anteilseignerstellung voraus.1 Damit vergleichbar können Sachverhalte sein, in denen sich aufgrund eines Rechtsgeschäfts die Beteiligungsquoten der Gesellschafter verschieben, ohne dass die Anteilsrechte selbst übertragen werden. Hierzu kann es zB durch Erwerb und Einziehung eigener Anteile kommen.2
1660
Ebenfalls sind Kapitalmaßnahmen mit einer Anteilsübertragung vergleichbar, die zu einer Verschiebung des Gesellschafterbestands führen, soweit die Gesellschafter hieran mitwirken. Hierzu können Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen mit Quotenverschiebung, Verschmelzungen, Einbringungen oder Abspaltungen zählen.3
1661
Werden im Zuge einer Kapitalerhöhung neu eintretende Gesellschafter zu mehr als 50 % an der Verlustgesellschaft beteiligt, liegt iSd. Abs. 4 ein veräußerungsähnlicher Tatbestand vor.4 Kein Fall des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG liegt hingegen vor, wenn sich die nominellen Anteile der bisherigen Gesellschafter um mehr als 50 % erhöhen, die Beteiligungsquote jedoch unverändert bleibt.5 Beispiel: A ist Alleingesellschafter der verlusttragenden V-GmbH. V erhöht ihr Stammkapital zugunsten des A von 50 000 Euro auf 150 000 Euro. Lösung: Es liegt kein schädlicher Tatbestand vor, da sich die Beteiligungsquote des A nicht verändert. Variante: Die Kapitalerhöhung erfolgt zugunsten des B. Lösung: Die Kapitalerhöhung ist schädlich, da der neu eintretende B mehr als 50 % der Anteile übernimmt.
Nach Auffassung des FG München6 soll der Verlustabzug indes nicht für Neugründungen, bei denen die Kapitalzufuhr sukzessive erfolgt, ausgeschlossen werden. 1662
Im Zuge von Umwandlungen nach dem UmwStG kann es zu Vorgängen kommen, die dem Gesellschafterwechsel durch Anteilsübertragung gleichzusetzen sind. Ob die Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns stattfindet, ist dabei unerheblich. Der insoweit klare Gesetzeswortlaut lässt keine Ausnahme zugunsten von konzerninternen Umwandlungen zu. Auch wenn in der Literatur gefordert wird, die Regelung einschränkend auszulegen, da sich trotz eines zivilrechtlichen Anteilseignerwechsels die Verlustzuordnung bezogen auf die Konzernobergesellschaft letztlich nicht ändere,7 folgt der BFH dem zurecht nicht und trägt damit dem Subjektsteuerprinzip Rechnung.8
1663
Der im Zuge einer Verschmelzung des Anteilseigners der verlusttragenden Gesellschaft stattfindende Anteilseignerwechsel stellt einen mit einer Anteilsübertragung vergleichbaren Sachverhalt dar.9 Ebenso wie bei der Anteilsübertragung beruht der Anteilsübergang im Fall der Verschmelzung auf einem rechtsgeschäftlichen Vorgang, nämlich dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags durch die betroffenen Gesellschaften (§ 4 iVm. § 46 UmwG).10 Dass die Anteile an der Verlustgesellschaft im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmen-
1 BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 = FR 2004, 161 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 126 m. Anm. Bock. 2 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 132; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1461. 3 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1461. 4 BFH v. 27.8.2008 – I R 78/01, GmbHR 2009, 267 m. Anm. Bock = FR 2009, 535 = BFH/NV 2009, 497; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 26. 5 So auch Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1417 „Quotenerhaltende Kapitalerhöhungen“. 6 FG München v. 22.10.2010 – 7 K 1793/08, EFG 2011, 565 (rkr.). 7 Braun, StBp 1999, 13 (15); Breuninger/Frey, GmbHR 1998, 866 (868); Neyer, BB 1998, 869 (871); Prinz, FR 1996, 769 (773 f.). 8 BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 = FR 2004, 161 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 126 m. Anm. Bock gegen BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 28 Satz 2. 9 Vgl. zum Fall der Abwärtsverschmelzung auf die Verlustgesellschaft BFH v. 20.6.2011 – I B 108/10, GmbHR 2011, 1111 = BFH/NV 2011, 1924; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 26, 28; v. 25.3.1998 – IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I 1998, 268 Rz. 11.30. 10 BFH v. 20.6.2011 – I B 108/10, GmbHR 2011, 1111 = BFH/NV 2011, 1924.
786
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1663–1668 § 8
den Rechtsträger übergehen, steht der Annahme eines der Anteilsübertragung vergleichbaren Sachverhalts nicht entgegen.1 Beispiel Die M-AG ist Alleingesellschafterin der A- und der B-GmbH. A ist zu 100 % an der verlusttragenden V-GmbH beteiligt. A wird auf M verschmolzen (upstream-merger). Lösung: Es kommt zu einem 100-prozentigen Anteilseignerwechsel an der V-GmbH. Der Vorgang steht einer Anteilsübertragung gleich (s. auch Rz. 1688).2 Eine befreiende Ausnahme für Konzernsachverhalte enthält das Gesetz nicht. Variante 1: A wird auf B verschmolzen (sidestep-merger). Lösung: Es kommt zu einem 100-prozentigen Anteilseignerwechsel an der V-GmbH. Der Vorgang steht einer Anteilsübertragung gleich. Variante 2: B wird auf A verschmolzen (sidestep-merger). Lösung: A bleibt Anteilseigner von V. Es liegt kein Anwendungsfall von § 8 Abs. 4 KStG vor.
Wird eine Gewinngesellschaft auf eine verlusttragende Gesellschaft verschmolzen, kommt es zu einem der Anteilsübertragung vergleichbaren Vorgang, wenn nach der Verschmelzung die an der Verlustgesellschaft bisher nicht beteiligten Gesellschafter zu mehr als 50 % beteiligt sind.3 In einem solchen Fall liegt in der Verschmelzung zugleich eine Vermögenszuführung bei der verlusttragenden Gesellschaft.4
1664
Beispiel: Sachverhalt wie oben stehend. A wird auf V verschmolzen (downstream-merger). Lösung: Der im Wege des Direkterwerbs stattfindende Anteilseignerwechsel5 an der V stellt einen der Anteilsübertragung vergleichbaren Sachverhalt dar. Variante 1: Auch B verfügt über einen Verlustvortrag. A wird auf B verschmolzen (sidestep-merger). Lösung: Unabhängig davon, ob eine Kapitalerhöhung bei B stattfindet, verändert sich die Beteiligungsquote an der B im Zuge der Verschmelzung nicht. Es liegt kein der Anteilsübertragung vergleichbarer Vorgang vor. Variante 2: V wird auf A verschmolzen (upstream-merger). Es liegt kein Anwendungsfall des § 8 Abs. 4 KStG, sondern des § 12 Abs. 3 UmwStG vor. Aufgrund der Neufassung der §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG durch das SEStEG geht der Verlustvortrag unter.
Erfüllt die Verschmelzung der Gewinn- auf die Verlustgesellschaft nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG, wird der Verlustabzug auch nicht durch § 42 AO ausgeschlossen. Das gilt selbst dann, wenn die Verschmelzung ausschließlich erfolgt, um steuerliche Verluste zu nutzen, ohne dass wirtschaftliche Gründe für die Zusammenführung der Unternehmen bestehen.6
1665
Die Einbringung in eine Verlustgesellschaft nach §§ 20 f. UmwStG ist einem Gesellschafterwechsel durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen gleichzusetzen, wenn nach der Einbringung neu hinzugekommene Gesellschafter zu mehr als 50 % beteiligt sind.7 Die Einbringung der Anteile an der Verlustgesellschaft (Verlängerung der Beteiligungskette) fällt unter § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG (s. Rz. 1689).
1666
Auf Ebene der mittelbaren Gesellschafter stattfindende Umwandlungsvorgänge sind für Zwecke des § 8 Abs. 4 KStG irrelevant. Das gilt unabhängig davon, ob die Umwandlung zu Buchwerten oder realisierend erfolgt. Der mittelbare Gesellschafterwechsel erfüllt nicht den Tatbestand des § 8 Abs. 4 Satz 1 oder 2 KStG (s. auch Rz. 1681).8
1667
Unklar ist, ob schuldrechtliche Vereinbarungen mit einer Anteilsübertragung vergleichbar sein können. Hierzu zählt die Einräumung einer atypisch stillen Beteiligungen, eines Genussrechts, eines Bezugsrechts oder einer Wandelschuldverschreibung. Es wird eingewandt,
1668
1 Vgl. auch BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 - b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 00.02. 2 AA FG Berlin v. 3.9.2002 – 7 K 7227/01, EFG 2003, 186 = GmbHR 2003, 237 m. Anm. Frey/Beck (Rev. I R 77/02 ist erledigt durch Löschung in den Registern). 3 BMF v. 16.4.1999, BStBl. I 1999, 455 Rz. 26. 4 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 133. 5 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 11.18; vgl. auch BMF v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268, Rz. 11.30. 6 BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, BFH/NV, 2014, 904 = GmbHR 2014, 605. 7 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 26. 8 BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01, BStBl. II 2004, 616 = GmbHR 2003, 1441 m. Anm. Roser = FR 2004, 27 m. Anm. Pezzer; damit ist Rz. 28 Satz 2 des BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455, überholt, wonach nur eine Umwandlung zu Buchwerten unschädlich sein soll.
Heinemann
787
§ 8 Rz. 1668–1672
Ermittlung des Einkommens
schuldrechtliche Vereinbarungen führten nicht zu einer Verschiebung gesellschaftsrechtlicher Verhältnisse.1 Nach hier vertretener Auffassung sind Genussscheine und Bezugsrechte aufgrund der Legaldefinition des Anteilsbegriffs in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG bereits als Anteile iSd. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG zu begreifen (s. Rz. 1678). Folgt man dem nicht, können sie wie andere schuldrechtliche Vereinbarungen jedenfalls dann unter Satz 1 zu fassen sein, wenn insgesamt eine Rechtsstellung begründet wird, die einen bestimmenden Einfluss auf die Verlustgesellschaft gewährt. 1669
So hat der BFH in einem Fall, in dem der bisherige Alleingesellschafter dem neuen Anteilseigner neben Anteilen (unterhalb der Schädlichkeitsgrenze des Satzes 2) Forderungen gegen die Verlustkapitalgesellschaft abgetreten hat, eine der Anteilseignerschaft vergleichbare Rechtsposition bejaht (wirtschaftlicher Anteilseignerwechsel).2 Werden weniger als 50 % der Anteile an der Verlustgesellschaft übertragen, kann dieser Vorgang ebenfalls mit einem mehr als 50-prozentigen Anteilseignerwechsel vergleichbar sein, wenn der Anteilserwerber faktisch für die geschäftlichen Belange der Gesellschaft verantwortlich ist, weil er eine persönliche Bürgschaft für die Gesellschaftsschulden übernimmt und sein Name und seine Tätigkeit für den Erfolg der Gesellschaft entscheidend sind.3 c) Veränderung des sachlichen Substrats einer Verlustkörperschaft
1670
Eine nach Satz 1 schädliche Änderung des sachlichen Substrats einer Verlustkörperschaft setzt eine Änderung ihres Unternehmensvermögens durch einen Vorgang voraus, der mit der in Satz 2 normierten Betriebsvermögenszuführung wirtschaftlich vergleichbar ist.
1671
Nach der Rspr. des BFH4 kann ein der Betriebsvermögenszuführung vergleichbarer Sachverhalt vorliegen, wenn der Gesellschafter seiner Gesellschaft Sicherheiten gewährt oder sich für Bankschulden verbürgt. Diese als Situationsverbesserungstheorie bezeichnete Rspr. dürfte zahlreichen Gestaltungen entgegenstehen, die auf eine Umgehung der schädlichen Betriebsvermögenszuführung nach Satz 2 abzielen, indem eine Betriebsvermögensstärkung ohne Berührung der Aktivseite der Bilanz angestrebt wird. Nachdem die FinVerw. die Entscheidung des BFH zunächst mit einem Nichtanwendungserlass belegt hatte,5 wurde dieser inzwischen aufgehoben, sodass die Entscheidung allgemein anwendbar ist.6 Allerdings erscheint eine zusätzliche Berücksichtigung des Sicherungsgeschäfts nicht gerechtfertigt, wenn die dem Sicherungsgeschäft zugrunde liegende Kreditaufnahme bereits als Betriebsvermögenszuführung erfasst wurde.7 In der Literatur wird einschränkend gefordert, dass die Verbesserung der Situation der Gesellschaft einen Substanzbezug haben müsse und nicht nur Auswirkungen auf die Ertragssituation haben dürfe.8 Im Lichte der aktuellen BFH-Rspr., wonach nur solches Betriebsvermögen tatbestandsrelevant ist, das die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft prägt, erscheint diese Einschränkung konsequent (s. Rz. 1709).
1672
Wird einer Tochterkapitalgesellschaft der Verlustgesellschaft Vermögen zugeführt, liegt kein Fall des Satzes 2, wohl aber ein vergleichbarer Fall iSd. Satzes 1 vor, soweit sich durch die Vermögenszuführung in die Tochtergesellschaft der Wert der Beteiligung an der Tochter erhöht. Ob durch die Vermögenszuführung Ausschüttungspotenzial der Tochtergesellschaften generiert wird, das die Verlustgesellschaft zB nach § 8b Abs. 5, 7 und 8 KStG zum Verlustausgleich einsetzen kann,9 ist hingegen unbeachtlich, wenn man davon ausgeht, dass § 8 Abs. 4 KStG als typisierende Norm nicht voraussetzt, dass der Verlustgesellschaft tatsächlich Ertragspotenziale zugeführt werden. Berücksichtigt man entgegen der hier vertretenen Auffassung unmittelbar die Vermögenszuführung bei der Tochtergesellschaft (ggf. soweit sie zu steuerpflichtigen Beteiligungserträgen führen kann), darf diese Werterhöhung nicht zusätzlich bei der Bemessung des zugeführten Vermögens berücksichtigt werden.10
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Vgl. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1461. BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468 = GmbHR 2004, 517 m. Anm. Bock = FR 2004, 607. BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111. BFH v. 8.8.2001 – I R 29/00, BStBl. II 2002, 392 = FR 2001, 1285 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 1121 m. Anm. Hoffmann. BMF v. 17.6.2002 – IV A 2 - S 2745 - 8/02, BStBl. I 2002, 629. BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003 – DOK 2008/0612175, BStBl. I 2008, 1033. So auch Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4/Anh. § 8c KStG Rz. 165. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1424. So im Ergebnis auch BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 32; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1425. Neumann, FR 1999, 682 (687).
788
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1673–1677 § 8
Forderungsverzicht gegen Besserungsschein. Nach Auffassung des BFH kann eine 1673 GmbH die Zahlung auf eine betrieblich begründete Gesellschafterforderung auch dann als Betriebsausgabe abziehen, wenn die Forderung zwischenzeitlich wertlos geworden war, der frühere Gesellschafter und Forderungsinhaber gegen Besserungsschein auf die Forderung verzichtet und die Besserungsanwartschaft später iZm. der Veräußerung des verbliebenen GmbH-Mantels an den Erwerber veräußert hatte und sodann der Besserungsfall eingetreten war.1 Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 4 KStG bestehe ausschließlich im Wegfall des Verlustabzugs nach § 10d EStG. Der Aufwand aus der erneuten Passivierung der auflebenden Verbindlichkeit werde hingegen nicht von § 8 Abs. 4 KStG erfasst. In dem zugrunde liegenden Urteilsfall sah der BFH auch keine Möglichkeit zur Anwendung des § 42 AO. Der BFH hat damit der Auffassung der FinVerw. eine Absage erteilt, die davon ausging, dass der im Fall der Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit entstehende Aufwand unter die Abzugsbeschränkung des § 8 Abs. 4 KStG falle, sofern zu einem beliebigen Zeitpunkt zwischen Ausbuchung und Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG aF erfüllt wurden.2 Eine Divergenz zu dem Urt. des IV. Senats vom 1.2.20013 sah der I. Senat nicht. Der IV. Senat hatte entschieden, dass bei gleichzeitigem Erwerb eines GmbH-Verlustmantels und einer wertlosen Forderung gegen die GmbH der Vorgang gem. § 42 AO wie der Anteilserwerb nach einem vorherigen Forderungsverzicht zu behandeln sei. Keine der Betriebsvermögenszuführung vergleichbare Situation liegt vor, wenn eine 1674 KapGes. ihre wirtschaftliche Identität durch eine Veräußerung wesentlicher Bestandteile ihres Betriebsvermögens verliert und eine anders geartete Tätigkeit mit einem Restbestand ihres eigenen Betriebsvermögens aufnimmt. Das gilt nach Auffassung des BFH jedenfalls dann, wenn die aufgenommene vermögensverwaltende Tätigkeit einen engen Bezug zur verlustverursachenden Tätigkeit aufweise, was bei der Betriebsaufspaltung der Fall sei.4
III. Verlust der wirtschaftlichen Identität bei Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen (Abs. 4 Satz 2) 1. Überblick § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG konkretisiert das in Satz 1 enthaltene Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Identität für den Verlustabzug einer KapGes. Nach der Rspr. des BFH definiert § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG den Verlust der wirtschaftlichen Identität für KapGes. nicht abschließend. Er beschreibt lediglich eine besonders häufig vorkommende Fallgruppe. Daneben kommen auch für KapGes. andere, unter Satz 1 zu subsumierende Fälle in Betracht, die zum Verlust der wirtschaftlichen Identität führen.5
1675
Eine KapGes. verliert insbesondere ihre wirtschaftliche Identität, wenn –
„mehr als 50 % der Anteile“ übertragen werden (schädliche Anteilsübertragung, s. Rz. 1676 ff.) und
–
der Betrieb der Gesellschaft mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt oder wiederaufgenommen wird (s. Rz. 1698 ff.).
–
Zwischen Anteilsübertragung und Betriebsvermögenszuführung muss zudem ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen (s. Rz. 1742).
2. Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft a) Anteile an einer Kapitalgesellschaft Aktien und GmbH-Anteile sind Anteile iSd. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG.
1676
Umstritten ist, ob stimmrechtslose Anteile wie Vorzugsaktien, Bezugsrechte oder Genussscheine den Anteilsbegriff erfüllen. Nach überwiegender Auffassung bezieht sich die Re-
1677
1 2 3 4
BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901. BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743 - 5/03, BStBl. I 2003, 648. BFH v. 1.2.2001 – IV R 3/00, BStBl. II 2001, 520 = FR 2001, 635 = GmbHR 2001, 528 m. Anm. Hoffmann. BFH v. 28.5.2008 – I R 87/07, GmbHR 2008, 1273 m. Anm. Roser = FR 2009, 225 m. Anm. Suchanek = BFH/ NV 2008, 2129. 5 BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111; v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 25; aA Streck/Schwedhelm, FR 1989, 153 (156).
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§ 8 Rz. 1677–1681
Ermittlung des Einkommens
gelung auf das Nennkapital der Verlustgesellschaft.1 Dem ist entgegenzuhalten, dass Anteile typische Mitgliedschaftsrechte gesellschaftsrechtlicher Art vermitteln müssen, um dem Gesellschafter einen Einfluss auf die verlusttragende Gesellschaft zu vermitteln. Nur so kann er der Gesellschaft ein neues Gepräge geben und ihre wirtschaftliche Identität verändern.2 Die erforderliche Einflussnahme erfolgt vor allem über die Wahrnehmung des Stimmrechts.3 Daher erscheint es vorzugswürdig, zumindest auch die Übertragung von Stimmrechten zu verlangen. Hält man gleichwohl mit der hM die Übertragung stimmrechtsloser Anteile für tatbestandsmäßig, ist zur Ermittlung der Beteiligungsquote der übertragenen Anteile das Nennkapital um die stimmrechtslosen Rechte zu erhöhen. 1678
Auf Grundlage der hM muss die Übertragung stimmrechtsloser Vorzugsaktien als tatbestandsmäßig angesehen werden.4 Hingegen wären Genussscheine5 und Bezugsrechte6 an sich nicht als Anteile zu qualifizieren, da sie keine Beteiligung am Nennkapital darstellen. Für Ihre Berücksichtigung spricht gleichwohl die Legaldefinition des Anteilsbegriffs in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG.7 Genussscheine erfüllen den dortigen Anteilsbegriff jedenfalls dann, wenn sie eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren.8 Entsprechend sind auch nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG unter diesen Voraussetzungen Genussrechte – jedenfalls für Zwecke der Einkommensermittlung9 – dem Nennkapital gleichgestellt. Ein Bezugsrecht ist eine Anwartschaft auf eine Beteiligung, sodass deren entgeltliche Einräumung eine tatbestandliche Veräußerung eines Anteils darstellt.10
1679
Werden ausschließlich Stimmrechte übertragen, liegt weder ein Anwendungsfall des Satzes 2 noch der Generalklausel des Satzes 1 vor (s. Rz. 1657).
1680
Nach Auffassung der FinVerw. und der hM in der Literatur sind eigene Anteile nicht zu berücksichtigen.11 Liegen eigene Anteile vor, kann die 50 %-Grenze auch bei Veräußerung von weniger als 50 % der Nominalanteile überschritten werden.12
1681
Die Übertragung einer mittelbaren Beteiligung ist nach Auffassung des BFH13 nicht schädlich. Das Gesetz fordere die Übertragung der Anteile an der Verlustkapitalgesellschaft. Nicht ausreichend sei daher die Übertragung von Anteilen an der Obergesellschaft oder einer dieser vorgeschalteten Gesellschaft. Auch wenn dadurch Anteile an Verlustgesellschaften, die von einer funktionslosen Holdinggesellschaft gehalten werden, sogar für den Verlusthandel eingesetzt würden, ist nach Auffassung des BFH kein anderes Auslegungsergebnis gerechtfertigt. Die mittelbare Übertragung von Anteilen an einer Verlustgesellschaft stelle auch keinen vergleichbaren Sachverhalt iSd. Generalklausel des Satzes 1 dar, da die mittelbare Anteilsübertragung gerade nicht der Wertung des Satzes 2 entspreche.14 Dem hat sich die FinVerw. angeschlossen. Die insoweit anderweitige und in Tz. 28 des BMF-
1 BFH v. 23.1.2013 – I R 70/11, GmbHR 2013, 768 = BFH/NV 2013, 987; Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/ Anh. § 8c KStG Rz. 46; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185; Kröner, DStR 1998, 1495 (1496); Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 930; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 3, s. aber auch Tz. 24, wonach iRd. Satzes 1 auf die Übertragung von Mitgliedschafts- und Beteiligungsrechten abgestellt werden soll. 2 Neumann, FR 1999, 682 (683). 3 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1417 „Stimmrechtslose Anteile“; Neumann, FR 1999, 682 (683); Nölkel, BB 1995, 332 (334). 4 So auch Hörger/Kemper, DStR 1990, 539 (540); Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1262.3; Neumann, FR 1999, 682 (683); Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 930. 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185; Janßen, DStZ 2005, 856 (859); Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1262.1. 6 Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1262.1; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 930; Janßen, DStZ 2005, 856 (859). 7 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 49; so im Ergebnis auch Neumann, FR 1999, 682 (683). 8 BFH v. 14.6.2005 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861 = GmbHR 2005, 1620 m. Anm. Eilers/Roderburg. 9 Zur bilanziellen Bedeutung vgl. OFD Rheinland, Kurzinfo KSt Nr. 56/2011, DB 2012, 21; kritisch hierzu Kroener/Momen, DB 2012, 829. 10 BFH v. 13.10.1992 – VIII R 3/89, BStBl. II 1993, 477 = GmbHR 1993, 378 = FR 1993, 131. 11 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 3; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 49; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 930; aA Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1416, wenn der Anteilserwerb gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. 12 S. hierzu Franzen, DB 2000, 847 (851). 13 BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01, BStBl. II 2004, 616 = GmbHR 2003, 1441 m. Anm. Roser = FR 2004, 27 m. Anm. Pezzer. 14 BFH v. 20.8.2003 – I R 61/01, BStBl. II 2004, 616 = GmbHR 2003, 1441 m. Anm. Roser = FR 2004, 27 m. Anm. Pezzer.
790
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1681–1688 § 8
Schreibens vom 16.4.19991 vertretene Auffassung hat die FinVerw. mit Veröffentlichung des Urteils im BStBl. II aufgegeben. Wird im Einzelfall jedoch eine Struktur über eine Zwischenholding allein deshalb etabliert, um den Verlust derer Tochtergesellschaft entgegen § 8 Abs. 4 KStG handelbar zu machen, dürfte die FinVerw. die Anwendung des § 42 AO in Betracht ziehen.2 b) Übertragung Vor dem Hintergrund, dass § 8 Abs. 4 KStG in typisierender Weise das Handeln mit Verlustgesellschaften unterbinden soll, erscheint es sachgerecht, als tatbestandliche Übertragung rechtsgeschäftliche Übertragungsakte zu erfassen, wobei es nicht darauf ankommen kann, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt.3 Entscheidend ist, dass es sich um einen gestaltbaren Anteilseignerwechsel handelt.4 Der Zeitpunkt der Anteilsübertragung richtet sich nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums iSd. § 39 AO.5
1682
Da rechtsgeschäftliche Übertragungsakte den Tatbestand erfüllen, wird auch die vorweggenommene Erbfolge von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG erfasst, nicht hingegen der Anteilsübergang durch Erbfall und Erbauseinandersetzung.6 Da die Erbauseinandersetzung zwingende Folge des Erbfalls ist, erscheint es konsequent, diese nicht unter den Tatbestand des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG zu fassen.7
1683
Anteilsübertragungen aufgrund gesellschaftsrechtlicher Vorgänge (zB Umwandlung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach UmwStG, Kapitalerhöhung8) werden nicht durch das Regelbeispiel, ggf. aber durch die Generalklausel des Satzes 1 erfasst (s. Rz. 1662 ff.).
1684
Werden Treuhandverhältnisse vereinbart, ist zu differenzieren. Die Einräumung der Treugeberstellung über einen mehr als 50-prozentigen Gesellschaftsanteil steht als Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums der zivilrechtlichen Anteilsübertragung gleich. Die rein treuhänderische Übertragung von Anteilen führt hingegen nicht zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums und ist daher für die Anwendung des Satzes 2 irrelevant.9
1685
Der Gesetzeswortlaut setzt nicht voraus, dass die Übertragung an einen Nichtgesellschafter erfolgt.10 Schädlich kann daher auch die Anteilsveräußerung zwischen den Gesellschaftern einer Verlustgesellschaft sein.
1686
§ 8 Abs. 4 KStG enthält keine Ausnahmeregelung für Konzernsachverhalte (sog. Konzernklausel), sondern ist am Subjektsteuerprinzip ausgerichtet. Auch wenn sich bei wirtschaftlicher Betrachtung durch konzerninterne Restrukturierungen letztlich die Verlustzuordnung bezogen auf die Konzernspitze nicht ändert, ist die Regelung gleichwohl anwendbar.11
1687
Auch die Verkürzung einer Beteiligungskette von einer mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung an der Verlustgesellschaft führt nach dem Wortlaut der Norm zu einem tatbestandlichen Anteilseignerwechsel.12 Dem wird man auch nicht mit Erfolg entgegenhalten können, dass dem zuvor mittelbar Beteiligten nach der Anteilsübertragung dieselben Einflussmöglichkeiten auf die Verlustgesellschaft verbleiben, sodass wirtschaftlich kein An-
1688
1 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455. 2 Vgl. auch Pezzer, FR 2004, 30; so wohl auch Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1417 „mittelbare Anteilsübertragung“; zweifelnd hingegen Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 58. 3 FG Köln v. 16.3.1995 – 13 K 1622/93, EFG 1995, 985 (rkr.); BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 4. 4 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 50; ähnlich Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1413. 5 Vgl. auch Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1435: „steuerlicher Anteilseignerwechsel“. 6 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 4; nach Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1263.1, ist die vorweggenommene Erbfolge ebenfalls nicht zu erfassen; so auch BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745 - a/08/10001 – DOK 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736 zur unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge iRd. § 8c KStG. 7 Neumann, StB 2002, 246 (252). 8 BFH v. 27.8.2008 – I R 78/01, GmbHR 2009, 267 m. Anm. Bock = FR 2009, 535 = BFH/NV 2009, 497. 9 Vgl. dazu BFH v. 22.10.2003 – I R 18/02, BStBl. II 2004, 468 = GmbHR 2004, 517 m. Anm. Bock = FR 2004, 607. 10 BFH v. 17.5.2010 – I R 57/09, GmbHR 2010, 1112 = BFH/NV 2010, 1859; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 5 mit Fallbeispiel. 11 BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 = FR 2004, 161 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 126 m. Anm. Bock. 12 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 28 Satz 2.
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791
§ 8 Rz. 1688–1691
Ermittlung des Einkommens
teilseignerwechsel stattfindet.1 Denn diese Sichtweise würde implizieren, dass § 8 Abs. 4 KStG eine Konzernbetrachtung zulässt. Hierfür finden sich jedoch keine Anhaltspunkte im Gesetz. Die Norm ist vielmehr am Subjektsteuerprinzip ausgerichtet. Im Übrigen würde ein solches Ergebnis auch nicht mit den Grundsätzen der BFH-Rspr. in Einklang stehen. Denn der BFH2 geht davon aus, dass es iRd. § 8 Abs. 4 KStG lediglich auf den formalen Akt der Anteilsübertragung ankommt. Ob sich die Gestaltungsmacht über die Gesellschaft verändert, ist für ihn irrelevant. Beispiel: Die M-GmbH ist zu 100 % an der T-GmbH beteiligt, die ihrerseits 100 % der Anteile an der verlusttragenden E-GmbH hält. T veräußert ihre E-Anteile an M. Lösung: Es liegt eine schädliche Anteilsübertragung vor.
1689
Übertragung durch Einbringung nach §§ 20 f., § 24 UmwStG. Bei der Verlängerung einer Beteiligungskette durch Zwischenschaltung einer KapGes. zwischen den bisherigen Anteilseigner und die Verlustgesellschaft (Einbringung der Verlustgesellschaft) kommt es aus Sicht der verlustragenden Gesellschaft zu einem Wechsel ihres unmittelbaren Anteilseigners.3 Mithin kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ein Fall des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG gegeben sein. Das gilt nach Auffassung des BFH auch bei Zwischenschaltung einer personenidentischen Personengesellschaft.4 Das ertragsteuerliche Transparenzprinzip sei insoweit unbeachtlich. Abzustellen sei auf die zivilrechtliche Stellung der Personengesellschaft als Gesellschafterin der Verlustgesellschaft. Da die zivilrechtliche Betrachtung maßgeblich ist, gilt das gleichermaßen für Mitunternehmerschaften wie vermögensverwaltende Personengesellschaften. Die Bruchteilsbetrachtung des § 39 AO bleibt insoweit ohne Bedeutung.5 Zur Einbringung in eine Verlustgesellschaft und weiteren Umwandlungsvarianten s. Rz. 1662 ff. Beispiel 1: Die A-GmbH ist zu 70 %, die B-GmbH zu 30 % an der verlusttragenden V-GmbH beteiligt. A und B bringen ihre Gesellschaftsanteile in die vermögensverwaltende C-GbR ein, an der A zu 70 % und B zu 30 % beteiligt werden. Lösung: Da sämtliche Gesellschaftsanteile an der V-GmbH auf die C-GbR übergehen, liegt ein schädlicher Anteilseignerwechsel iSd. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG vor. Beispiel 2: Die A-GmbH ist zu 100 % an der B-GmbH und diese zu 100 % an der verlusttragenden V-GmbH beteiligt. A bringt die Anteile an der B-GmbH in die C-GmbH ein und wird deren Alleingesellschafter. Lösung: Es kommt nicht zu einem Anteilseignerwechsel an der verlusttragenden V-GmbH.
1690
Da die zivilrechtliche Betrachtung nach Auffassung des BFH maßgebend ist, erfüllt auch die steuerlich privilegierte Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zwischen Mitunternehmerschaften und ihren Mitunternehmern bzw. zwischen den Mitunternehmern einer Mitunternehmerschaft den Tatbestand des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG.6
1691
§ 8 Abs. 4 Satz 2 KStG greift auch dann ein, wenn die Übertragung von mehr als 50 % des Nennkapitals zeitlich gestreckt durch mehrere Übertragungsakte verwirklicht wird. Das Gesetz enthält jedoch keine Vorgaben dafür, unter welchen Voraussetzungen die schrittweisen Anteilsübertragungen zusammenzurechnen sind. Nach Auffassung der FinVerw. muss die Übertragung von Anteilen in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang stehen. Hiervon soll auszugehen sein, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als 50 % der Anteile an der KapGes. übertragen werden.7 Die Frist bemisst sich nach Zeitjahren, nicht nach Wirtschaftsjahren.8 Es handelt sich um eine „fließende Frist“, die mit jeder Anteilsübertra-
1 FG Berlin v. 3.9.2002 – 7 K 7227/01, GmbHR 2003, 237 m. Anm. Frey/Beck = EFG 2003, 186 (Rev. I R 77/02 erledigt durch Löschung in den Registern). 2 BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 = FR 2004, 161 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 126 m. Anm. Bock; v. 17.5.2010 – I R 57/09, GmbHR 2010, 1112 = BFH/NV 2010, 1859. 3 Vgl. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1417. 4 BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 = FR 2004, 161 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2004, 126 m. Anm. Bock; v. 27.8.2008 – I R 78/01, GmbHR 2009, 267 m. Anm. Bock = FR 2009, 535 = BFH/NV 2009, 497. 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185a. 6 Zweifelnd Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1417 „Steuerneutrale Übertragung zwischen Personengesellschaften“. 7 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 6. 8 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 62.
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H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1691–1696 § 8
gung neu in Gang gesetzt wird.1 Anteilsübertragungen sind auch dann zusammenzurechnen, wenn sie ganz oder teilweise vor der Verlustphase stattgefunden haben.2 In der Literatur wird vertreten, es müsse nicht nur ein zeitlicher, sondern auch ein sachlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Übertragungsakten bestehen.3 Der BFH hatte noch nicht über diese Rechtsfrage zu entscheiden. Für die vergleichbare Frage, ob zwischen einem schädlichen Anteilseignerwechsel und einer schädlichen Betriebsvermögenszuführung ein ausreichender Zusammenhang besteht, verlangt er eine einzelfallbezogene Prüfung. Dabei sei auch ein sachlicher Zusammenhang erforderlich, der durch einen zeitlichen Zusammenhang von bis zu einem Jahr indiziert werde (s. Rz. 1742). Wird ein sachlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang durch äußere Umstände dokumentiert, könnte auf Grundlage der Rechtsprechungsgrundsätze auch bei Überschreiten des von der FinVerw. vorgegebenen Fünfjahreszeitraums ein schädlicher Zusammenhang anzunehmen sein.4
1692
c) Mehr als die Hälfte der Anteile Die 50 %-Grenze wird überschritten, wenn durch einen oder – ggf. schrittweise – mehrere Übertragungsvorgänge mehr als 50 % des Nennkapitals der Verlustgesellschaft übertragen wird.5 Treten weitere Umstände hinzu, kann nach der Generalklausel des Satzes 1 ein dem Anteilseignerwechsel vergleichbarer Vorgang vorliegen, auch wenn die übertragenen Nennkapitalanteile die schädliche Beteiligungsgrenze nicht überschreiten (wirtschaftlicher Anteilseignerwechsel, s. Rz. 1669).
1693
Ob eine Anteilsübertragung in schädlicher Höhe vorliegt, beurteilt sich aus der Sicht der Verlustgesellschaft.6 Gehen Anteile durch mehrere Übertragungsakte über, ist für die Prüfung, ob die Schädlichkeitsgrenze überschritten wurde, daher unerheblich, ob Übertragungen durch mehrere Veräußerer oder an mehrere Erwerber vorliegen. Auch die Übertragung an bereits beteiligte Gesellschafter kann schädlich sein (s. Rz. 1686). Eine schädliche Anteilsveräußerung liegt jedoch nicht vor, wenn ein Gesellschafter bereits vor der Anteilsübertragung an der KapGes. beteiligt war und nur unter Einbeziehung der alten und neuen Anteile die Grenze des Regelbeispiels in Satz 1 überschreitet.7
1694
Die mehrfache Übertragung des nämlichen Anteils ist bei der Ermittlung der 50 %-Grenze nur einmal zu zählen.8 Das dürfte auch dann gelten, wenn ein Anteil nach einer erfolgten Übertragung geteilt wird und die entstandenen Anteile an andere Erwerber übertragen werden. Bei börsennotierten KapGes. soll zugunsten der KapGes. davon auszugehen sein, dass stets die nämlichen Anteile umgeschlagen würden, sodass § 8 Abs. 4 KStG auch dann nicht greife, wenn rechnerisch mehr als 50 % der Anteile umgeschlagen wurden.9 Diese aus wirtschaftspolitischer Sicht nachvollziehbare Forderung findet indes keine Grundlage im Gesetz.10 Fraglich dürfte aber sein, ob im Fall von börsengehandelten Aktien ein sachlicher Zusammenhang zwischen Anteilsübertragung und einer schädlichen Betriebsvermögensmehrung besteht.
1695
Die rechtsgeschäftliche Rückübertragung eines Anteils hindert nicht die Berücksichtigung der ursprünglichen Übertragung bei der Bemessung der 50 %-Grenze. Ausgeschlossen erscheint dies lediglich, wenn die ursprüngliche Übertragung – zB aufgrund einer Anfechtung – ex tunc rückabgewickelt wird.11
1696
1 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 62. 2 AA Hörger/Endres, GmbHR 1999, 569 (571). 3 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 22; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185b; Hörger/Kemper, DStR 1990, 539 (540); Streck/Schwedhelm, FR 1989, 153 (156). 4 Neumann, StB 2002, 246 (248); vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 185; Hörger/Endres, GmbHR 1999, 571. 5 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 3. 6 Vgl. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1417. 7 BFH v. 14.3.2011 – I R 95/04, GmbHR 2009, 263 = FR 2009, 614 = BFH/NV 2011, 1192. 8 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 5. 9 Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 11265.1; ähnlich auch Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 46. 10 IRd. § 8c KStG sieht die FinVerw. inzwischen eine Ausnahme vor, wenn im Rahmen eines Börsengangs ein Zwischenerwerb durch eine Emissionsbank stattfindet, s. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745 a/08/10001 – DOK 2008/0349554, BStBl. I 2008, 736 Rz. 6. Diese Billigkeitsregelung dürfte auch auf § 8 Abs. 4 KStG übertragbar sein. 11 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1417 „Rückübertragung“.
Heinemann
793
§ 8 Rz. 1697–1704 1697
Ermittlung des Einkommens
Die 50 %-Grenze kann auch unterjährig überschritten werden und insoweit den Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG auslösen.1 Wird bei einer Beteiligungsschwankung die 50 %-Grenze überschritten, kann dies ein späteres Absinken nicht rückgängig machen.2 3. Fortführung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs einer Kapitalgesellschaft mit überwiegend neuem Betriebsvermögen a) Vorbemerkung
1698
Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ist die wirtschaftliche Identität einer verlusttragenden KapGes. neben dem Erhalt ihres Gesellschafterbestands des Weiteren davon abhängig, dass ihr Geschäftsbetrieb nicht mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt oder wiederaufgenommen wird. b) Fortführung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs einer Kapitalgesellschaft
1699
Nach der Legaldefinition in § 14 AO umfasst ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb jede selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, wobei sie nicht von Gewinnerzielungsabsicht getragen sein muss. Abweichend hiervon kann nach Auffassung der FinVerw. eine reine Vermögensverwaltung oder eine Holdingfunktion einen Geschäftsbetrieb iSd. § 8 Abs. 4 KStG begründen.3
1700
Da es nach § 14 AO nicht darauf ankommt, ob verschiedene selbstständige, nachhaltige Tätigkeiten vorliegen, ist die Annahme der FinVerw.4 konsequent, dass jede KapGes. nur einen einheitlichen Geschäftsbetrieb unterhält.5 Für die Beurteilung der Frage, ob einer KapGes. überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wurde, kann daher die KapGes. nicht nach Teilbetrieben oder Geschäftssparten gesondert betrachtet werden (s. Rz. 1741).
1701
Anders als nach § 8 Abs. 4 KStG idF des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.7.19886 ist nach der Regelung in ihrer derzeit gültigen Fassung nicht mehr erforderlich, dass die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat und somit zu einem „Verlustmantel“ geworden ist, der anschließend seinen Betrieb mit neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt. Der Gesetzgeber hat damit auf Gestaltungen reagiert, die darauf abzielten, die Einstellung des Geschäftsbetriebs dadurch zu vermeiden, dass ein minimaler Geschäftsbetrieb am Leben erhalten wurde.7
1702
Für die Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG reicht es nunmehr aus, dass der bisherige Geschäftsbetrieb mit neuem Betriebsvermögen fortgeführt wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob er in ähnlichem Umfang oder in einem ähnlichen Wirtschaftszweig fortgeführt wird.8 Stellt eine Verlustgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb nicht ein, führt sie ihn somit zwingend fort.9
1703
Eine KapGes. hat ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis aufhört, werbend tätig zu sein. Zu einer Wiederaufnahme kommt es, wenn eine neue Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht aufgenommen wird, die das Unternehmen wirtschaftlich aktiv erscheinen lässt.10
1704
Einzelfälle zur Betriebseinstellung: –
1 2 3 4 5 6 7
8 9
10 11
Die Begründung einer Betriebsaufspaltung führt nicht zu einer Einstellung des Geschäftsbetriebs.11
Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 933; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 47. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1400. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 8. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 8. Füger/Rieger, DStR 1997, 1427 (1434); Orth, DB 1997, 2242 (2246). BGBl. I 1988, 1093 (1114). Vgl. Rosenbach/Zieren, DB 1996, 1643; s. aber BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222, wonach ein Anwendungsfall des Satzes 1 vorliegen konnte. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191a. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 191a weist daher zutreffend darauf hin, dass das Tatbestandsmerkmal der Fortführung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs iRd. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG entbehrlich ist. BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 20.
794
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF) –
Rz. 1704 § 8
Der Wechsel von einer aktiven zu einer aktiven Tätigkeit anderer Art ist als Einstellung des Geschäftsbetriebs anzusehen (Branchenwechsel).1
Ein Branchenwechsel setzt einen Wechsel der konkreten Geschäftstätigkeit voraus. Nicht ausreichend ist allein die Änderung des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands.2 Zur weiteren Konkretisierung dieses Begriffs wird vorgeschlagen, die Grundsätze zur gewerbesteuerlichen Unternehmensidentität mit heranzuziehen.3 Beispielhaft für einen Branchenwechsel wird der Wechsel vom Kfz-Handel zum Autoverleih oder der Wechsel von einem Fertigungs- zu einem Handelsunternehmen genannt.4 Eine GmbH, die ausschließlich für eine GmbH & Co. KG geschäftsleitend tätig wird, wechselt ihre Branche nicht, wenn die KG in neuer Sparte tätig wird, die GmbH aber weiterhin ausschließlich ihre geschäftsleitende Funktion behält.5 Eine Holding ist in der Branche „Halten bzw. Verwaltung von Beteiligungen“ tätig. Wechseln ihre Tochtergesellschaften die Branche, ist dies für die Holding somit grundsätzlich nicht von Bedeutung. Ein Branchenwechsel der Holding liegt indes vor, wenn sie mit einer Tochtergesellschaft eine ertragsteuerliche Organschaft begründet. Die Organgesellschaft wird körperschaftsteuerlich ähnlich wie eine Betriebsstätte des Organträgers behandelt, sodass es gerechtfertigt ist, ihre Betätigung dem Organträger zuzurechnen.6 Ein Branchenwechsel liegt auch vor, wenn eine aktiv tätige KG auf eine verlustverursachende und bisher als Kommanditistin beteiligte KapGes. anwächst, wodurch die KapGes. von einer „Holding“ zu einem aktiven Unternehmen wird.7 Der Branchenwechsel hat seine Bedeutung verloren, soweit iRd. Satzes 2 zu prüfen ist, ob eine Betriebseinstellung mit anschließender Wiederaufnahme oder ob eine Betriebsfortführung vorliegt. Denn soweit keine Einstellung und Wiederaufnahme eines Geschäftsbetriebs vorliegt, liegt zwingend eine – ebenfalls tatbestandsrelevante – Fortführung des bisherigen Geschäftsbetriebs vor. Der Branchenwechsel ist jedoch in folgenden Zusammenhängen von besonderer Bedeutung: –
Die FinVerw. wendet iRd. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG unterschiedliche Maßstäbe zur Ermittlung des zugeführten Betriebsvermögens an, je nachdem, ob ein Branchenwechsel vorliegt oder nicht (s. Rz. 1724).
–
Der BFH weist dem Branchenwechsel besondere Bedeutung zu, wenn er zu beurteilen hat, ob aufgrund einer Vermögenszuführung das sachliche Substrat der Verlustgesellschaft verloren gegangen ist (s. Rz. 1710 und 1719).
–
Die Sanierungsklausel des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG ist nur zugunsten der Verlustgesellschaft anwendbar, wenn der verlustverursachende Geschäftsbetrieb für mindestens fünf Jahre fortgeführt wird. Ein Branchenwechsel während dieser Zeit steht somit der Anwendung der Begünstigungsregelung entgegen (s. Rz. 1767).
–
Der Geschäftsbetrieb einer Holdinggesellschaft ist solange nicht eingestellt, wie sie noch geschäftsleitend tätig ist. Darauf, ob sie während des Fünfjahreszeitraums ihre konkreten Beteiligungen weiter hält, kommt es nicht an.8
–
Da die FinVerw. das Betriebsvermögen von Organträger und Organgesellschaft für Zwecke des § 8 Abs. 4 KStG zusammenfasst,9 ist sowohl der Geschäftsbetrieb des Organträgers als auch der Organgesellschaft fortzuführen, sofern nicht nur vororganschaftliche Verluste der Organgesellschaft vom Untergang nach § 8 Abs. 4 KStG bedroht sind. In
1 BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 18. 2 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 169; offengelassen in BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986 = GmbHR 2007, 1161 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 79. 3 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 169. 4 Statt vieler Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 109 mit weiteren Beispielen. 5 FG Köln v. 6.2.2001 – 8 K 1533/95, GmbHR 2001, 683 = EFG 2001, 698; zust. Neumann, StB 2002, 246 (262). 6 Neumann, StB 2002, 246 (262). 7 BFH v. 23.10.2013 – I R 79/12, BFH/NV 2014, 582 = GmbHR 2014, 385. 8 FG München v. 1.2.2002 – 7 K 704/00, EFG 2002, 713 (Rev. I R 18/02); aA Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 177. 9 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9.
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§ 8 Rz. 1704–1708
Ermittlung des Einkommens
letztgenanntem Fall ist nur relevant, ob der Geschäftsbetrieb der Organgesellschaft eingestellt wurde.1 –
Ein Strukturwandel ist nach Auffassung der FinVerw. nicht als Einstellung des Geschäftsbetriebs zu werten.2 Als Strukturwandel gilt ein Branchenwechsel ohne wesentliche Änderung der personellen und sachlichen Ressourcen.3
–
In Fällen der Verpachtung eines bisher aktiv betriebenen Geschäftsbetriebs geht die FinVerw. davon aus, dass der bisherige Geschäftsbetrieb eingestellt und ein neuer Geschäftsbetrieb wiederaufgenommen wird.4
c) Neues Betriebsvermögen 1705
Nach übereinstimmender Auffassung von Verwaltung und Rspr. ist Betriebsvermögen iSd. Vorschrift nicht der Saldo aus bilanziellen Aktiva und Passiva, sondern das Aktivvermögen der Verlustgesellschaft.5 Das Aktivvermögen ist „neu“, wenn es bisher bei der Verlustgesellschaft nicht vorhanden war,6 sondern der Gesellschaft zugeführt wird.
1706
Das maßgebliche Vermögen umfasst sämtliche Wirtschaftsgüter, die der Verlustgesellschaft wirtschaftlich zuzurechnen sind, grundsätzlich unabhängig davon, ob sie bilanziert oder bilanzierbar sind.7 Die FinVerw. berücksichtigt allerdings immaterielle Wirtschaftsgüter nicht, wenn sie Gegenstand eines schwebenden Vertrags sind, der noch von keiner Seite erfüllt wurde.8 Auch aktive Rechnungsabgrenzungsposten werden erfasst.9 Nicht tatbestandsrelevant sind Bilanzierungshilfen, wie insb. aktive latente Steuern sowie ausstehende Einlagen oder ein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“.10
1707
Die isolierte Betrachtung des Aktivvermögens hat zur Folge, dass bei der Beurteilung der Frage, ob der Verlustgesellschaft neues Vermögen zugeführt wurde, auch Vorgänge zu erfassen sind, die lediglich eine Bilanzverlängerung darstellen:
1708
–
Fremdfinanzierte Anschaffungen: Bei einer fremdfinanzierten Anschaffung erhöht sich die Aktivseite der Bilanz. Vor diesem Hintergrund hat der BFH mit Urteil vom 29.4.2008 bekräftigt, dass fremdfinanzierte Anschaffungen stets zu neuem Betriebsvermögen führen. Damit bestätigt der BFH die bisherige Verwaltungsauffassung. In der Literatur wird dagegen vertreten, fremdfinanzierte Anschaffungen seien gar nicht11 oder nur dann zu berücksichtigen, wenn das Fremdkapital von einem Gesellschafter komme.12 BFH und FinVerw. differenzieren hingegen nicht danach, ob ein Gesellschafter oder ein fremder Dritter das Darlehen gewährt hat.
–
Die Einräumung eines Gesellschafterdarlehens stellt die Zuführung von Betriebsvermögen dar, da nur die Erhöhung der Aktiva durch die überlassene Darlehenssumme zu berücksichtigen ist, die korrespondierende Passivierung der Verbindlichkeit jedoch unberücksichtigt bleibt.13
Da die Passivseite der Bilanz außer Betracht bleibt, haben sich in der Praxis verschiedene Gestaltungen entwickelt, die im Wesentlichen darauf abzielen, eine Stärkung des Betriebsvermögens der Verlustgesellschaft zu erzielen, die sich entweder bilanziell gar nicht oder
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13
Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 176. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 18. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 19. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 20. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9; BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111; kritisch hierzu Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 67. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187a; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 78; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1432; einschränkend Köhler, DStR 2003, 1011 (1013). BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525; v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Tz. 9. OFD Kiel v. 8.6.2000 – S 2745 A - St 261, FR 2000, 844 (bundeseinheitlich abgestimmte Verfügung). Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1442; Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 76. Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 76; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 65 f.; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1431. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188d mwN. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1420; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1273.3.1. FG München v. 27.4.2001 – 6 K 5198/99, EFG 2001, 1237 (rkr.); aA FG Berlin-Bdb. v. 14.1.2009 – 12 K 8489/05 B, EFG 2009, 683 (rkr.).
796
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1708–1709 § 8
nur auf der Passivseite der Bilanz niederschlagen. In diesem Zusammenhang ist aber zu berücksichtigen, dass nach Auffassung des BFH bereits die Übernahme von Bürgschaften durch den Gesellschafter und die Einräumung von Sicherheiten für Bankkredite der Zuführung neuen Betriebsvermögens vergleichbare Sachverhalte iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG darstellen können (sog. Situationsverbesserungstheorie).1 Nachdem die FinVerw. die Entscheidung des BFH zunächst mit einem Nichtanwendungserlass belegt hatte,2 wurde dieser inzwischen aufgehoben, sodass die Entscheidung allgemein anwendbar ist.3 Die nachfolgend genannten und vonseiten der Literatur bisher vorgeschlagenen Maßnahmen, die darauf abzielen, eine Betriebsvermögensstärkung ohne Berührung der Aktivseite der Bilanz zu erreichen, müssten daher ggf. im Lichte der Rspr. neu bewertet werden (s. auch Rz. 1671). –
Bisweilen wurde vorgeschlagen, nicht bilanzierbare Nutzungseinlagen in die Verlustgesellschaft zu erbringen, Leasing oder Miete anstelle des Kaufs von Wirtschaftsgütern durch die Verlustgesellschaft oder die Verlagerung von Geschäftschancen auf die Verlustgesellschaft.4 Insoweit ist jedoch zu beachten, dass der Betriebsvermögensbegriff iSd. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG nicht nur bilanzielles Aktivvermögen, sondern auch nicht bilanziertes oder nicht bilanzierbares Aktivvermögen umfasst,5 wodurch auch der selbst geschaffene Firmenwert zu berücksichtigen ist. Wird der Verlustgesellschaft dauerhaft (also nicht entziehbar) ein Wirtschaftsgut zur Nutzung überlassen, erhöhen sich dadurch die Gewinnerwartungen und damit der Firmenwert der Verlustgesellschaft.6 Insoweit können Vorteilszuwendungen, auch wenn sie sich bilanziell nicht niederschlagen, wie zB die unentgeltliche Übertragung von Nutzungsrechten oder das unentgeltliche Tätigwerden des Gesellschafters sowie die Überlassung einer Geschäftschance, iRd. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG als neues Betriebsvermögen zu berücksichtigen sein.7
–
Schafft der Gesellschafter oder eine Schwestergesellschaft neues Betriebsvermögen an und verpachtet es der Gesellschaft gegen ein angemessenes Entgelt, erhöht sich die Aktivseite der Bilanz nicht, sodass der Vorgang für Zwecke des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ohne Relevanz bleibt. Die damit beim Gesellschafter oder der Schwestergesellschaft eintretende Betriebsvermögensmehrung kann nicht ohne Weiteres der Verlustträgerin zugerechnet werden. Ebenfalls ohne Bedeutung für § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ist es, wenn die Gesellschaft selbst neues Betriebsvermögen least oder pachtet, anstatt es zu kaufen.
–
Tilgt der Gesellschafter Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft, wird hierdurch bei der Gesellschaft ebenfalls nur die Passivseite der Bilanz berührt und erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG.8
–
Verzicht auf Gesellschafterdarlehen. Hat ein neuer Gesellschafter zusammen mit den Gesellschaftsanteilen ein Gesellschafterdarlehen erworben, entsteht kein neues Betriebsvermögen, wenn er auf das Darlehen verzichtet. Denn der Darlehensverzicht berührt nur die Passivseite der Bilanz. Für Fälle, in denen der frühere Gesellschafter und Forderungsinhaber gegen Besserungsschein auf die Forderung verzichtet und die Besserungsanwartschaft iZm. einer tatbestandlichen Anteilsübertragung an den Neugesellschafter veräußert, ist der aus der Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit resultierende Aufwand nicht nach § 8 Abs. 4 KStG vom Abzug ausgeschlossen (s. Rz. 1673).9
Der Begriff des Betriebsvermögens umfasst das Anlage- und das Umlaufvermögen der Verlustgesellschaft. Entsprechend differenziert die Finanzverwaltungspraxis nicht danach, ob der Verlustgesellschaft Anlage- oder Umlaufvermögen zugeführt wurde. Der BFH deutete in
1 BFH v. 8.8.2001 – I R 29/00, BStBl. II 2002, 392 = FR 2001, 1285 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 1121 m. Anm. Hoffmann. 2 BMF v. 17.6.2002 – IV A 2 - S 2745 - 8/02, BStBl. I 2002, 629. 3 BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003 – DOK 2008/0612175, BStBl. I 2008, 1033. 4 Hierzu Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 67 ff. mwN; Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 203 ff. 5 BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 138; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 6 Neumann, StB 2002, 246 (257). 7 Neumann, StB 2002, 246 (258). 8 Herzberg, DStR 2001, 554 (556 f.). 9 BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = BFH/NV 2012, 1901.
Heinemann
797
1709
§ 8 Rz. 1709–1713
Ermittlung des Einkommens
seinem Urt. v. 8.8.20011 an, dass er möglicherweise nur das Anlagevermögen berücksichtigen wolle. Nachdem er aber mit Urt. v. 5.6.20072 zunächst für den Fall eines Branchenwechsels entschieden hatte, dass auch Zuführungen zum Umlaufvermögen schädlich sein können, stellt er in dem Urt. v. 1.7.20093 heraus, dass nach seiner Auffassung grundsätzlich das Anlage- und das Umlaufvermögen zu berücksichtigen ist, sofern es für die Gesellschaft prägend ist. Denn insoweit erhalte ein Unternehmen seine wirtschaftliche Identität. 1710
Als nicht prägendes Betriebsvermögen werden Geld- oder Forderungsbestände gesehen.4 Auch sind nach Auffassung des BFH Betriebsvermögensmehrungen im Bereich des Umlaufvermögens auszuklammern, die sich als Ergebnis eines fortlaufenden Wirtschaftens mit dem nämlichen Betriebsvermögen darstellen.5 Das Umlaufvermögen berücksichtigt der BFH indes, wenn entweder die Branche gewechselt oder der bisherige Geschäftsgegenstand erheblich erweitert wird.6 Die Zuführung von Barmitteln nach einer Neugründung ist nach der rechtskräftigen Entscheidung des FG München7 unschädlich, wenn der Geschäftsbetrieb der verlusttragenden Gesellschaft im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird. Demgegenüber dürfte das Anlagevermögen regelmäßig prägend sein.
1711
Es ist umstritten, ob das neue Betriebsvermögen dazu geeignet sein muss, stpfl. Erträge zu generieren. Betroffen sind zB ungenutzte Grundstücke, nach § 8b Abs. 2 und 3 bzw. § 8b Abs. 1 und 5 KStG zu 95 % steuerfreie Beteiligungen an KapGes. oder Zuführungen in ausländische Betriebsstätten, deren Einkünfte im Inland nicht besteuert werden, oder Zuführungen in das ausländische Stammhaus einer inländischen Betriebsstätte. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut hält die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur dies nicht für erforderlich8 und wird damit auch den Vorgaben des BFH gerecht, der nur verlangt, dass das Betriebsvermögen der Verlustgesellschaft in seiner Zusammensetzung erhalten bleibt.9 Dem halten zwar einige entgegen, dass die gesetzgeberisch intendierte Verhinderung des Verlusthandels gedanklich eine Verlustnutzungsmöglichkeit und damit die Zuführung stpfl. Ertragspotenziale voraussetze. Daher sei der Betriebsvermögensbegriff einschränkend auszulegen.10 Gleichwohl ist mit der hM davon auszugehen, dass dieses Gesetzesziel im Tatbestand des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG nur unzureichend Anklang gefunden hat. § 8 Abs. 4 KStG ist insoweit (nur) eine typisierende Vorschrift, deren Anwendungsbereich nicht auf die Erfassung missbräuchlicher Fallgestaltungen zugeschnitten ist.
1712
Zuführung von Betriebsvermögen bedeutet Übertragung von Aktivvermögen auf die Gesellschaft. Ausgehend von der gesetzgeberischen Intention, die Verlustnutzung infolge des Erwerbs von Verlustgesellschaften zu unterbinden, kann es nicht darauf ankommen, ob die Vermögenszuführung zu einer dauerhaften Verstärkung des Vermögens führt.11 Nach zutreffender Auffassung des FG München12 ist daher nicht erforderlich, dass das zugeführte Vermögen zum folgenden Bilanzstichtag noch vorhanden ist.
1713
Nicht entscheidend ist, auf welche Art das Betriebsvermögen zugeführt wird. Die Zuführung kann durch Einzel-, Sonder- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgen. In Betracht kommen daher insbesondere die Zuführung durch Kapitalerhöhung, verdeckte Einlage, Umwandlung iSd. §§ 11 und 15 UmwStG oder Einbringung nach § 20 UmwStG.13 Auch in den 1 BFH v. 8.8.2001 – I R 29/00, BStBl. II 2002, 392 = FR 2001, 1285 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 1121 m. Anm. Hoffmann. 2 BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222. 3 BFH v. 1.7.2009 – I R 101/08, GmbHR 2009, 1115 = BFH/NV 2009, 1838; klargestellt durch BFH v. 23.1.2013 – I R 70/11, GmbHR 2013, 768 = BFH/NV 2013, 987. 4 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 76. 5 BFH v. 1.7.2009 – I R 101/08, GmbHR 2009, 1115 = BFH/NV 2009, 1838. 6 BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525. 7 FG München v. 22.10.2010 – 7 K 1793/08, EFG 2011, 565 (rkr.). 8 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 130 ff.; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187c; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 940 mwN. 9 BFH v. 8.8.2001 – I R 29/00, BStBl. II 2002, 392 = FR 2001, 1285 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2001, 1121 m. Anm. Hoffmann; v. 24.11.2009 – I R 56/09, GmbHR 2010, 654 = BFH/NV 2010, 1123. 10 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1441; im Ergebnis auch Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 124; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1278.8 f. 11 AA Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1419. 12 FG München v. 27.4.2001 – 6 K 5198/99, EFG 2001, 1237 (rkr.). 13 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187b; so im Ergebnis auch BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 138; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 11.
798
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1713–1719 § 8
genannten Fällen der Umwandlung ist mangels besonderer Rechtsgrundlagen das zugeführte Aktivvermögen zu berücksichtigen.1 Erfolgt die Vermögenszuführung durch einen Vorgang, der unter das UmwStG fällt, ist für die Frage, in welchem Zeitpunkt die Vermögenszuführung erfolgt, die umwandlungssteuerrechtliche Rückwirkungsfiktion unbeachtlich.2 Es dürfte vielmehr auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen sein. Daher ist es spiegelbildlich auch nicht möglich, durch eine rückwirkende Abspaltung die Rechtsfolge des § 8 Abs. 4 KStG im Falle einer bereits eingetretenen schädlichen Betriebsvermögenszuführung zu vermeiden.3
1714
Wird eine Muttergesellschaft auf die Verlustgesellschaft verschmolzen (downstream-mer- 1715 ger), werden die Anteile an der Verlustgesellschaft der Verlustgesellschaft nicht zugeführt, da sie nicht, auch nicht für eine logische Sekunde, zu eigenen Anteilen der Verlustgesellschaft werden. Vielmehr gehen sie unmittelbar auf den Anteilseigner der Muttergesellschaft über (Direkterwerb).4 Wegen der Besonderheiten beim upstream-merger auf die Verlustgesellschaft s. Rz. 1746. Unklar ist, wer die schädliche Betriebsvermögenszuführung bewirken kann. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, auf welche Weise die Betriebsvermögensmehrung ermittelt wird (s. hierzu Rz. 1721).
1716
Die überwiegende Ansicht in der Literatur ermittelt die Vermögensmehrung durch einen wertmäßigen Vergleich des Aktivvermögens der Gesellschaft vor und nach der Vermögenszuführung (Saldotheorie). Da ein Aktivtausch den Wert des Betriebsvermögens nicht erhöht, wird er nicht als Vermögensmehrung erfasst. Somit kann die Vermögenszuführung nur durch die neuen oder die alten Gesellschafter oder durch Dritte stattfinden (Betriebsvermögenszuführung von außen).5
1717
Die FinVerw. differenziert hingegen, da sie in Fällen des Branchenwechsels die Betriebsvermögensmehrung durch eine gegenständliche Betrachtung ermittelt, indem sie prüft, ob für die nach dem Branchenwechsel aufgenommene Tätigkeit überwiegend Wirtschaftsgüter verwendet werden, die vor der Einstellung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs noch nicht vorhanden waren (Zugangsbetrachtung). IRd. Zugangsbetrachtung kann die Betriebsvermögenszuführung auch durch eine sog. Innenfinanzierung verwirklicht werden, bei der die Gesellschaft mit selbst erwirtschaftetem Vermögen neue Wirtschaftsgüter anschafft.6 Liegt kein Branchenwechsel vor, folgt die FinVerw. wie die herrschende Auffassung in der Literatur der Saldotheorie und betrachtet nur die Zuführung von Einlagen oder Fremdmitteln durch einen Außenstehenden als tatbestandlich.7
1718
Ähnlich wie die FinVerw. sieht es bislang der BFH. Zwar ist für ihn von entscheidender 1719 Bedeutung, dass die Nämlichkeit des Betriebsvermögens gewahrt bleibt,8 was zunächst dafür sprechen würde, auch Innenfinanzierungen unter den Tatbestand des Satzes 2 zu fassen. Er schränkt seine Ausführungen jedoch dahingehend ein, dass innenfinanzierte Anschaffungen „zumindest im Falle eines Branchenwechsels“ als tatbestandsrelevant anzusehen seien.9 Zurecht hat der BFH jedoch keine Betriebsvermögenszuführung in einem Fall angenommen, in dem eine vorhandene Finanzanlage durch eine funktional gleichwertige Finanzanla-
1 BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189c; aA Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1445 f. 2 BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525. 3 AA Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 105. 4 Im Ergebnis ebenso BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525. 5 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 91; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187b; Fuhrmann, DB 2001, 1690 (1692 f.); Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1273.2; Lenz/Behnes, BB 2005, 2219 (2223); Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1420; aA Bock, GmbHR 2004, 221 (228), für den nur die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensführung tatbestandlich ist. 6 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 10 stellt – anders als für Fälle außerhalb des Branchenwechsels (vgl. Rz. 9) – nicht darauf ab, dass das Betriebsvermögen durch Einlagen und Fremdmittel zugeführt wird; s. auch OFD Münster v. 13.8.2009 – S 2745 - 140 - St 13-33 (Ms), FR 2009, 973. 7 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 8 BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986 = GmbHR 2007, 1161 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 79. 9 BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986 = GmbHR 2007, 1161 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 79; s. auch FG Münster v. 18.7.2011 – 9 K 2404/09 K, G, EFG 2012, 650 (Rev. I R 67/11).
Heinemann
799
§ 8 Rz. 1719–1722
Ermittlung des Einkommens
ge ersetzt wurde (Anschaffung von Wertpapieren aus vorhandenem Bankguthaben),1 da sich durch eine solche Umschichtung die wirtschaftliche Identität des Unternehmens regelmäßig nicht ändert. Diese Entscheidung ist aus Sicht des BFH jedoch nicht auf andere Umschichtungen des Aktivvermögens übertragbar.2 Ob er die Innenfinanzierung auch in anderen Fällen, in denen kein Branchenwechsel stattfindet, als schädlich ansehen würde, hat er bislang nicht ausdrücklich geklärt. 1720
Betriebsvermögenszuführung bei verbundenen Unternehmen. Unklar ist, wem das Vermögen zugeführt werden muss. Teile der Literatur sind der Auffassung, das Vermögen müsse stets der Verlustgesellschaft selbst zugeführt werden, die Zuführung in das Betriebsvermögen ihrer Tochtergesellschaft(en) sei nicht tatbestandsrelevant.3 Diese Ansicht trägt indes nicht hinreichend dem Umstand Rechnung, dass unter bestimmten Voraussetzungen das Betriebsvermögen von Tochtergesellschaften als Betriebsvermögen der verlusttragenden Muttergesellschaft berücksichtigt werden kann: –
Wird einer Tochterkapitalgesellschaft des Verlustträgers Vermögen zugeführt, liegt kein Fall des Satzes 2, wohl aber ein vergleichbarer Fall iSd. Satzes 1 vor, soweit sich der TW der Beteiligung durch die Vermögenszuführung erhöht (s. Rz. 1672).
–
Da die FinVerw. den körperschaftsteuerlichen Organkreis als ein Betriebsvermögen behandelt, erscheint es gerechtfertigt, zusätzlich zum Aktivvermögen der Verlustgesellschaft auch das Aktivvermögen ihrer Organgesellschaft(en) als Betriebsvermögen zu berücksichtigen.4 Das gilt auch, wenn Minderheitsgesellschafter vorhanden sind. Denn auch in einem solchen Fall ist ein Organverlust dem Organträger in vollem Umfang und nicht nur anteilig zuzurechnen.5 Zuführungen in die Organgesellschaft können daher schädlich sein. Allerdings ist bei dem verlusttragenden Organträger die Beteiligung an der Organgesellschaft sowie ein etwaiger steuerlicher Ausgleichsposten bei der Berechnung des Aktivvermögens nicht zusätzlich zu berücksichtigen.
–
Soweit eine Verlustgesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt ist, wird von der FinVerw. das Vermögen der Personengesellschaft bei der Berechnung des Aktivvermögens der Muttergesellschaft berücksichtigt.6 Konsequenterweise können auch Zuführungen in das Vermögen der Tochterpersonengesellschaft schädlich sein.
d) Überwiegen des neuen Vermögens 1721
1722
Ob das neue Betriebsvermögen überwiegt, ist durch einen Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Das Gesetz lässt offen, anhand welcher Kriterien dieser Vergleich durchzuführen ist. Zum einen kann das Betriebsvermögen durch eine wertmäßige Betrachtung ermittelt werden, sodass als neues Vermögen lediglich der betragsmäßige Saldo aus Zu- und Abgängen berücksichtigt wird (Saldobetrachtung). Zum anderen kann iRd. Vermögensvergleichs auch jede Neuzuführung berücksichtigt werden (Zugangsbetrachtung). Ausgehend von diesen beiden unterschiedlichen Ansätzen kann das neue Vermögen überwiegen, wenn –
das neue Aktivvermögen unter Verrechnung von Zugängen und Abgängen im betragsmäßigen Saldo (Vergleichsgröße II) höher als das ursprüngliche Aktivvermögen (Vergleichsgröße I) ist – Saldobetrachtung –, oder
–
die Neuzuführung (Vergleichsgröße II) das ursprüngliche Aktivvermögen (Vergleichsgröße I) überwiegt – Zugangsbetrachtung.
Der BFH folgt in ständiger Rspr. der Zugangsbetrachtung, da nach seiner Auffassung nur anhand von Struktur, Zusammensetzung und der wirtschaftlichen Bedeutung des Betriebsvermögens die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft festgemacht werden kann.7 Ob sich die wirtschaftliche Identität der Verlustgesellschaft verändert, bestimmt sich somit
1 BFH v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085 = FR 2004, 1387 m. Anm. Schloßmacher = GmbHR 2004, 1472 m. Anm. Bock. 2 BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986 = GmbHR 2007, 1161 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 79. 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 187. 4 Vgl. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 5 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 115; aA Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1437. 6 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 7 BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111; v. 24.11.2009 – I R 56/09, GmbHR 2010, 654 = BFH/NV 2010, 1123; zustimmend Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 937.
800
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1722–1726 § 8
grundsätzlich anhand einer wertenden Betrachtung.1 Im Einzelfall soll sich eine überwiegende Vermögenszuführung auch aus einem quantitativen Vermögensvergleich ergeben können. So führte der BFH in seinem Urt. v. 12.10.20102 aus, der Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG sei erfüllt, wenn der TW des zugeführten Vermögens auch nur geringfügig höher sei als der TW des ursprünglich vorhandenen Vermögens. Offen war einige Zeit, ob der BFH die Zugangsbetrachtung nur in Fällen des Branchenwechsels für anwendbar hielt. Mit Urt. v. 29.4.20083 hat er indes bekräftigt, dass seine Rspr. auch in den Fällen gelte, in denen kein Branchenwechsel stattgefunden hat. Auf Grundlage der Zugangsbetrachtung bezieht der BFH grundsätzlich auch rein innenfinanzierte Ersatzbeschaffungen (Aktivtausch) der Verlustgesellschaft in den Vermögensvergleich ein, soweit sie die wirtschaftliche Identität der Gesellschaft berühren (s. hierzu Rz. 1719). Das Schrifttum gibt überwiegend der Saldotheorie den Vorzug. Maßgebend sei, dass das Aktivvermögen der Verlustgesellschaft im Wesentlichen ausgetauscht werde, was anhand des Werts des gesamten Betriebsvermögens zu ermitteln sei.4 Innenfinanzierungen bleiben nach der Saldotheorie außer Betracht.
1723
Die Finanzverwaltungspraxis differenziert wie folgt: Grundsätzlich geht die FinVerw. davon aus, dass überwiegend neues Betriebsvermögen vorliegt, wenn das neue Aktivvermögen unter Verrechnung von Zugängen und Abgängen in seinem Wert höher als das ursprüngliche Aktivvermögen ist (Saldobetrachtung).5 In Fällen des Branchenwechsels und in mit diesem vergleichbaren Sachverhalten soll daneben aber auch die Zugangsbetrachtung herangezogen werden können.6 Bei einem Branchenwechsel ist demnach überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt, wenn für die neue Tätigkeit überwiegend Wirtschaftsgüter verwendet werden, die vor der Einstellung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs noch nicht vorhanden waren.7 Können noch vorhandene Wirtschaftsgüter nicht mehr genutzt werden, bleiben diese unberücksichtigt.8
1724
Eigene Auffassung. Grundsätzlich erscheint die Saldotheorie vorzugswürdig. Sie begreift die Verlustgesellschaft als lebenden Organismus und lässt ihr den notwendigen Raum, um mit ihrem Vermögen zu wirtschaften. Die auf den Erhalt der nämlichen Wirtschaftsgüter fokussierte Zugangsbetrachtung beschränkt dagegen die Gesellschaft unangemessen in ihrem Wirtschaften, da bereits übliche und in der Praxis regelmäßig nicht vermeidbare Ersatzbeschaffungen den Fortbestand des Verlustvortrags gefährden können. Allenfalls bei Vorliegen eines Branchenwechsels erscheint ein Rückgriff auf die strengere Zugangstheorie gerechtfertigt.9 Denn hier folgt der Wechsel der wirtschaftlichen Identität bereits aus der Einstellung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs.10 Wenn das Gesetz gleichwohl die Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens verlangt,11 erscheint es vertretbar, diese anhand strengerer Voraussetzungen zu überprüfen als in Fällen ohne Branchenwechsel, in denen das Merkmal der Zuführung überwiegend neuen Vermögens den Wechsel der wirtschaftlichen Identität begründet.
1725
Die Zugangsbetrachtung des BFH und die Saldobetrachtung der FinVerw. unterscheiden 1726 sich zusammenfassend in den folgenden Punkten:
1 Vgl. BFH v. 5.6.2007 – I R 106/05, BStBl. II 2008, 986 = GmbHR 2007, 1161 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 79: wertende Betrachtungsweise; s. auch Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 937; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 80 ist der Auffassung, die gegenständliche Betrachtungsweise des BFH sei auf einen wertmäßigen Vermögensvergleich angelegt. 2 BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525. 3 BFH v. 29.4.2008 – I R 91/05, FR 2009, 284 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock = BFH/NV 2008, 1965. 4 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 188c; vgl. auch Breuninger/Frey, GmbHR 1998, 866 (870); so im Ergebnis auch zB Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1273.1.12; Hörger/Endres, GmbHR 1999, 569 (575); Kröner, DStR 1998, 1495 (1498); Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1420 und 1431. 5 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9; vgl. hierzu auch OFD Münster v. 13.8.2009 – S 2745 - 140 - St 13-33 (Ms), FR 2009, 973. 6 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 10; v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003 – DOK 2008/0612175, BStBl. I 2008, 1033. 7 BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111. 8 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189a. 9 Neumann, StB 2002, 246 (255); Rödder, StbJb 2002/2003, 307 (324). 10 So auch Neumann, StB 2002, 246 (255). 11 Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1447; gegen eine Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG auf jeden Fall des Branchenwechsels ohne Vermögenszuführung auch BFH v. 28.5.2008 – I R 87/07, GmbHR 2008, 1273 m. Anm. Roser = FR 2009, 225 m. Anm. Suchanek = BFH/NV 2008, 2129; Tiedchen, FR 2008, 201 (202).
Heinemann
801
§ 8 Rz. 1726–1730
Ermittlung des Einkommens
Zugangsbetrachtung des BFH –
Saldobetrachtung der FinVerw.
Untersuchung der Veränderung von Struktur, Zusammensetzung und wirtschaftlicher Bedeutung des Betriebsvermögens anhand einer wertenden Betrachtung im Einzelfall auch quantitativer Vergleich anhand der TW des Vermögens
–
quantitativer Vermögensvergleich anhand der TW des Vermögens
– – –
Innenfinanzierung grds. schädlich Ausnahme: Umschichtung von Finanzanlagen bislang kein Urteil zu Fällen, in denen kein Branchenwechsel vorgelegen hat
–
nur Zuführung von Einlagen oder Fremdmitteln durch Außenstehende
–
prägendes Aktivvermögen ist zu berücksichtigen Umlaufvermögen ist zu berücksichtigen, wenn ein Branchenwechsel vorliegt oder der bisherige Geschäftsgegenstand erheblich erweitert wird
–
sämtliche Aktiva sind zu berücksichtigen
–
–
1727
Unabhängig davon, ob man der Zugangs- oder der Saldotheorie folgt, ist die Vergleichsprüfung während eines bestimmten Zeitraums durchzuführen, was sich daraus ergibt, dass Anteilseignerwechsel und Betriebsvermögenszuführung nach hM in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen müssen (s. Rz. 1742). Erfolgt – wie im praktischen Regelfall – der schädliche Anteilseignerwechsel vor der Betriebsvermögenszuführung, beginnt der Prüfungszeitraum mit dem Anteilseignerwechsel1 und beträgt nach Auffassung der FinVerw. zwei Jahre. Nach der Rspr. ist stets eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Bei einem zeitlichen Zusammenhang von bis zu einem Jahr bestehe die Vermutung des sachlichen Zusammenhangs.2 Bei einem Zeitraum von mehr als drei Jahren sei der Zusammenhang zweifelhaft.3
1728
Der Wortlaut des § 8 Abs. 4 KStG 1997 (anders als die Fassung von 1990) lässt es auch zu, dass zunächst eine Betriebsvermögenszuführung erfolgt und im Anschluss hieran der Anteilseignerwechsel stattfindet (s. Rz. 1748). Zu vergleichen ist dann das zugeführte Vermögen mit dem vor der Zuführung vorhandenen Vermögen.4 Offen ist bislang, wann der Vergleichszeitraum in einem solchen Fall jeweils beginnt und endet.
1729
Betriebsvermögensvergleich nach der Saldotheorie. Erfolgt – wie im Regelfall – zunächst der Anteilseignerwechsel und später die Betriebsvermögenszuführung, überwiegt das neue Betriebsvermögen, wenn das zugeführte Vermögen (Vergleichsgröße II) das zuvor vorhandene Vermögen (Vergleichsgröße I) wertmäßig übersteigt. Die Bewertung des vorhandenen und des zugeführten Vermögens erfolgt jeweils mit dem TW.5 Bei zugeführten Wirtschaftsgütern ist der Wert im Zeitpunkt der Zuführung maßgebend.6
1730
Betriebsvermögen im Zeitpunkt der schädlichen Anteilsübertragung (Vergleichsgröße I) bei Anwendung der Saldotheorie. Die Vergleichsgröße I ist nach Verwaltungsauffassung grundsätzlich eine Fixgröße, die stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt der schädlichen Anteilsübertragung zu ermitteln ist.7 Maßgebend ist insoweit der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 AO. Erfolgt eine schädliche Anteilsübertragung in mehreren Erwerbsschritten, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die schädliche Quote von mehr als 50 % erreicht wird.8
1 BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 2 BFH v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602 = FR 2006, 728 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2006, 767 m. Anm. Suchanek. 3 BFH v. 15.12.2004 – I B 115/04, BStBl. II 2005, 528 = GmbHR 2005, 563 m. Anm. Bock = FR 2005, 487; s. auch BFH v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085: keine Vermutung eines Zusammenhangs bei mehr als acht Jahren = FR 2004, 1387 m. Anm. Schloßmacher = GmbHR 2004, 1472 m. Anm. Bock. 4 AA Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 2002, 106 f.: § 8 Abs. 4 KStG sei nicht anwendbar. 5 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 6 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189c; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1440. 7 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9; so auch Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4/Anh. § 8c KStG Rz. 106. 8 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4/Anh. § 8c KStG Rz. 106.
802
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1731–1739 § 8
Aufgrund der stichtagsbezogenen Ermittlung des Vermögens sind spätere Wertveränderungen der Vergleichsgröße I iRd. Vergleichsberechnung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.1
1731
Begründet oder beendet die Verlustgesellschaft während des Überwachungszeitraums 1732 mit einer Tochtergesellschaft eine körperschaftsteuerliche Organschaft, kann es jedoch angebracht sein, die Vergleichsgröße I rückwirkend anzupassen. Denn nach Auffassung der FinVerw. ist der Organkreis als ein einheitliches Betriebsvermögen zu behandeln, sodass mit Begründung der Organschaft nicht mehr der TW der Beteiligung an der Tochtergesellschaft, sondern deren Aktivvermögen zu berücksichtigen ist.2 Dieser Statuswechsel darf grundsätzlich nicht als solcher zu einer schädlichen Betriebsvermögensmehrung führen.3 Entsprechendes gilt, wenn innerhalb des Prüfungszeitraums eine Tochterkapitalgesellschaft der Verlustgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt oder wenn eine Tochterpersonengesellschaft in eine KapGes. umgewandelt wird.4 Denn bei der Bestimmung des Betriebsvermögens ist, soweit eine Beteiligung an einer Personengesellschaft besteht, – ähnlich wie in Organschaftssachverhalten – deren Aktivvermögen bei der Bestimmung des Betriebsvermögens der Verlustgesellschaft zu berücksichtigen.
1733
Neues Betriebsvermögen (Vergleichsgröße II) bei Anwendung der Saldotheorie. Überwiegend neues Betriebsvermögen liegt vor, wenn die Vergleichsgröße II (zugeführtes Aktivvermögen) innerhalb des Prüfungszeitraums erstmalig die auf den Zeitpunkt des schädlichen Anteilseignerwechsels ermittelte Vergleichsgröße I in ihrem Wert übersteigt. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn das neue Vermögen anschließend wieder unter die Schädlichkeitsgrenze sinkt (Betriebsvermögensschwankung).5
1734
Die Vergleichsgröße II ist fortlaufend zu entwickeln. Daher kann es auch unterjährig zu einer schädlichen Betriebsvermögenszuführung kommen.6
1735
Nach Verwaltungsauffassung sind Gewinnausschüttungen nicht von der Vergleichsgröße II abzuziehen.7
1736
IRd. Saldotheorie sind nur Betriebsvermögenszuführungen von außen zu berücksichtigen. Innenfinanzierte Anschaffungen (Aktivtausch) bleiben hingegen unbeachtlich (s. Rz. 96).
1737
Soweit beispielsweise wegen einer Mischfinanzierung keine eindeutige Finanzierungszuordnung möglich ist, wird es als zulässig angesehen, den fremdfinanzierten Anteil des neuen Aktivvermögens durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei der von der Summe der Aktivmehrungen (ohne Verringerung durch Abschreibung) die nach der Anteilsübertragung erzielten Gewinne in Abzug gebracht werden. Dabei wird grundsätzlich unterstellt, dass die Gewinne der Gesellschaft vollständig zur Finanzierung der Aktiva eingesetzt wurden.8
1738
Soweit der Gewinn jedoch nachweislich keinen Einfluss auf das Aktivvermögen hatte, ist er nicht in Abzug zu bringen. Das ist insbesondere denkbar, wenn der Gewinn aus der nur die Passivseite der Bilanz betreffenden Befreiung von einer Verbindlichkeit resultiert. Im Gegenzug sind eindeutig innenfinanzierte Mehrungen des Aktivvermögens nicht erhöhend zu berücksichtigen.9
1739
Beispiel:10 A überträgt dem B im Jahr 01 seinen 100-prozentigen Gesellschaftsanteil an der verlusttragenden V-GmbH. B verzichtet im Jahr 02 gegenüber der V-GmbH auf eine wertlose Forderung im Nennwert von 100 000, wodurch sich der Gewinn der V-GmbH entsprechend erhöht. Da die V-GmbH zudem im Jahr 02 einen neuen Großkunden akquiriert hat, steigt ihr Firmenwert um 200 000.
1 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4/Anh. § 8c KStG Rz. 106; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 92; aA Frei/Weißgerber, GmbHR 2002, 135 (137); Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 189c; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 940; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1440a. 2 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 3 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 118; Dieterlen/Strnad, GmbHR 2000, 260 (261 ff.); Orth, DB 2001, 1326 (1331); s. auch das Beispiel bei Neumann, StB 2002, 246 (260). 4 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 123. 5 Vgl. Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 93. 6 Wegen der daraus resultierenden praktischen Probleme s. Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 95. 7 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 9. 8 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 100; Neumann, StB 2002, 246 (257); Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1421. 9 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 103; Neumann, FR 1999, 682 (686). 10 Nach Neumann, StB 2002, 246 (257).
Heinemann
803
§ 8 Rz. 1739–1743
Ermittlung des Einkommens
Lösung: Der bilanzielle Ertrag von 100 000 wurde nicht zur Finanzierung von Aktivvermögen, sondern zur Befreiung von einer Verbindlichkeit verwendet. Er ist daher nicht bei der Ermittlung der Vergleichsgröße II in Abzug zu bringen. Die Erhöhung des Firmenwerts um 200 000 ist nicht zu berücksichtigen, da sie nicht fremdfinanziert ist.
1740
Die Vergleichsgröße II lässt sich damit vereinfacht wie folgt ermitteln:
+ ./. + = ./. =
Aktivvermögen (einschl. außenfinanzierter originärer immaterieller Wirtschaftsgüter zu Teilwerten ohne AfA) Gewinnausschüttungen nach der Anteilsübertragung Jahresüberschüsse nach der Anteilsübertragung (soweit mit Auswirkung auf das Aktivvermögen) Jahresfehlbeträge nach der Anteilsübertragung (bis zur Höhe der Gewinne) Zwischensumme Vergleichsgröße I Vergleichsgröße II
Übersteigt die Vergleichsgröße II die Vergleichsgröße I, liegt überwiegend neues Betriebsvermögen vor. 1741
Da jede KapGes. nur einen einheitlichen Geschäftsbetrieb unterhält (s. Rz. 1700), kann für die Beurteilung der Frage, ob einer KapGes. überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wurde, die KapGes. nicht nach Teilbetrieben oder Geschäftssparten gesondert betrachtet werden. Beispiel:1 Die verlusttragende V-GmbH unterhält zwei Teilbetriebe. Die Verluste wurden im Teilbetrieb 1 verursacht. Unmittelbar nach der Übertragung sämtlicher V-Anteile wird Betriebsvermögen wie folgt zugeführt: Teilbetrieb 1
Teilbetrieb 2
gesamter Geschäftsbetrieb
ursprüngliches Betriebsvermögen (Vergleichsgröße I)
100 000
400 000
500 000
Betriebsvermögen nach erfolgter Zuführung (Vergleichsgröße II)
300 000
600 000
900 000
Lösung: Das Betriebsvermögen des gesamten Geschäftsbetriebs der V-GmbH hat sich nicht verdoppelt. Daher wurde kein überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt.
4. Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang 1742
Nach ständiger Rspr. des BFH ist zwischen dem mehrheitlichen Anteilseignerwechsel und der schädlichen Betriebsvermögenszuführung ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang erforderlich. Diese einschränkende Tatbestandsauslegung begründet der BFH mit dem Missbrauchsvermeidungszweck des § 8 Abs. 4 KStG. Der Missbrauchsfall werde erst indiziert, wenn in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Betriebsvermögenszuführung auch der Gesellschafterwechsel eintrete.2 Ob bei einem derartigen Zusammenhang stets ein als missbräuchlich zu qualifizierender Sachverhalt vorliegt, erscheint eher zweifelhaft. Gleichwohl erscheint es zutreffend, einen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zu fordern. Denn es kann nicht verkannt werden, dass der mehrheitliche Gesellschafterwechsel offenbar in einem Konnex mit der Betriebsvermögenszuführung stehen muss. Denn gerade die tatbestandlich geforderte Mehrheitsbeteiligung sichert dem neuen Gesellschafter den Einfluss über den Wechsel der wirtschaftlichen Identität der Verlustgesellschaft.
1743
Typischerweise wird es sich um Fälle handeln, in denen der alte und der neue Anteilseigner nach Maßgabe eines Gesamtplans zusammenwirken.3 § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG setzt indes nicht voraus, dass eine Missbrauchsabsicht vorliegt. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beteiligten ein Steuervermeidungsziel verfolgen. Die Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn die Beteiligten davon ausgehen, dass im konkreten Fall eine missbräuchliche Gestal-
1 Nach Neumann, StB 2002, 246 (253). 2 BFH v. 15.12.2004 – I B 115/04, BStBl. II 2005, 528 = GmbHR 2005, 563 m. Anm. Bock = FR 2005, 487; v. 23.2.2011 – I R 8/10, GmbHR 2011, 658 = BFH/NV 2011, 1188. 3 So im BFH-Urt. v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602.
804
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1743–1748 § 8
tung nicht vorliegt.1 Auch in seinem Urt. v. 23.2.20112 stellt der BFH heraus, dass ein unter § 8 Abs. 4 KStG zu subsumierender Sachverhalt nicht zwingend auf einer missbräuchlichen Gestaltung beruhen muss. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob Anteilsveräußerer und -erwerber im Sinne eines kollusiven Zusammenwirkens ein Steuervermeidungsziel verfolgten. Es sei ausreichend, dass der Anteilserwerber einen sachlichen Zusammenhang zwischen Anteilserwerb und Betriebsvermögenszuführung erkenne, wenn es sich zB um ein Sanierungskonzept handele, es billige und mit der erworbenen Gesellschaft zu arbeiten beginne.3 Erfolgen Anteilseignerwechsel und Vermögenszuführung innerhalb eines kurzen Zeitraums, besteht die – durch den Stpfl. widerlegbare – Vermutung, dass zwischen diesen Schritten ein sachlicher Zusammenhang besteht. Nach Auffassung des BFH besteht bei einem zeitlichen Zusammenhang von bis zu einem Jahr die Vermutung des sachlichen Zusammenhangs, darüber hinaus könne ein derartiger Zusammenhang nicht unterstellt werden.4
1744
Nach Verwaltungsauffassung soll der Sachzusammenhang bestehen, wenn zwischen Anteilseignerwechsel und Vermögenszuführung nicht mehr als zwei Jahre vergangen sind.5 Bei Überschreiten des Zweijahreszeitraums könne ein Verlust der wirtschaftlichen Identität eintreten, wenn ein sachlicher Zusammenhang anhand entsprechender Umstände dargelegt werden könne.6
1745
Die Vermutung des sachlichen Zusammenhangs kann der Stpfl. widerlegen. Sie greift beispielsweise nicht, wenn eine Tochtergesellschaft auf ihre verlusttragende Muttergesellschaft verschmolzen wird. Es fehle an einem sachlichen Zusammenhang mit dem Anteilseignerwechsel, weil der Muttergesellschaft die Änderung der Unternehmensstruktur auch ohne zeitlichen Zusammenhang mit einer Anteilsübertragung aus eigener Wirtschaftskraft möglich gewesen wäre.7
1746
Die umwandlungssteuerliche Rückwirkungsfiktion ist für die Prüfung des zeitlichen Zusammenhangs unbeachtlich. Es kommt auf die tatsächlichen Abläufe an.8
1747
Anders als § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG idF des Steuerreformgesetzes 19909 enthält die Fassung des G zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.199710 keine Vorgaben mehr für eine zeitliche Reihenfolge von Anteilseignerwechsel und Betriebsvermögenszuführung. Daher kann es auch tatbestandsmäßig sein, wenn zunächst Betriebsvermögen zugeführt wird und im Anschluss ein Anteilseignerwechsel stattfindet.11 Es ist insoweit ausreichend, wenn der neue Anteilseigner im Zeitpunkt des Anteilserwerbs den objektiv vorhandenen sachlichen Zusammenhang zwischen seinem Anteilserwerb und einer vorangegangenen Betriebsvermögenszuführung erkennt, billigt und sich in dem Sinne zu eigen macht, dass er mit der erworbenen Gesellschaft in dem neu begonnenen Geschäftsbereich zu arbeiten beginnt.12 Das FG Berlin13 hat es als schädlich angesehen, dass rund ein Monat
1748
1 BFH v. 24.11.2009 – I R 56/09, GmbHR 2010, 654 = BFH/NV 2010, 1123; vgl. auch BFH v. 23.2.2011 – I R 8/10, GmbHR 2011, 658 = BFH/NV 2011, 1188; in dieser Entscheidung stellt der BFH in Abgrenzung zu dem Urt. v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602 klar, dass eine Beherrschung des Geschehensablaufs durch die beteiligten Anteilseigner im Sinne eines Gesamtplans nicht erforderlich sei. 2 BFH v. 23.2.2011 – I R 8/10, GmbHR 2011, 658 = BFH/NV 2011, 1188. 3 BFH v. 23.2.2011 – I R 8/10, GmbHR 2011, 658 = BFH/NV 2011, 1188. 4 BFH v. 14.3.2006 – I R 8/05, BStBl. II 2007, 602 = FR 2006, 728 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2006, 767 m. Anm. Suchanek; v. 29.4.2008 – I R 91/05, FR 2009, 284 = GmbHR 2008, 1225 m. Anm. Bock = BFH/NV 2008, 1965; s. auch BFH v. 15.12.2004 – I B 115/04, BStBl. II 2005, 528 = GmbHR 2005, 563 m. Anm. Bock = FR 2005, 487 (bei einem Zeitraum von mehr als drei Jahren sei der Zusammenhang zweifelhaft); v. 26.5.2004 – I R 112/03, BStBl. II 2004, 1085 = FR 2004, 1387 m. Anm. Schloßmacher = GmbHR 2004, 1472 m. Anm. Bock (keine Vermutung eines Zusammenhangs bei mehr als acht Jahren). 5 BMF v. 2.8.2007 – IV B 7 - S 2745/0 – DOK 2007/0337332, BStBl. I 2007, 624. 6 BMF v. 2.8.2007 – IV B 7 - S 2745/0 – DOK 2007/0337332, BStBl. I 2007, 624. 7 BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525; FG Köln v. 4.9.2014 – 13 K 2837/12, EFG 2015, 247 (Rev. I R 71/14). 8 Vgl. BFH v. 12.10.2010 – I R 64/09, GmbHR 2011, 215 = FR 2011, 423 = BFH/NV 2011, 525. 9 BGBl. I 1988, 1093 (1114). 10 BGBl. I 1997, 2590 (2591 f.). 11 BFH v. 23.2.2011 – I R 8/10, GmbHR 2011, 658 = BFH/NV 2011, 1188; aA Centrale-Gutachtendienst, GmbHR 2002, 106 f. 12 Tendenziell enger insoweit BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 31: Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG beispielsweise im Falle des kollusiven Zusammenwirkens von Veräußerer und Erwerber der Anteile. 13 FG Berlin v. 16.1.2006 – 8 K 8465/05, EFG 2006, 1277 (rkr.).
Heinemann
805
§ 8 Rz. 1748–1755
Ermittlung des Einkommens
vor dem schädlichen Anteilseignerwechsel überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wurde.
IV. Sanierungsklausel (Abs. 4 Satz 3) 1. Allgemeines 1749
Die Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens bleibt nach § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG unschädlich, wenn sie –
allein der Sanierung des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs dient,
–
dieser von der Verlustkörperschaft in vergleichbarem Umfang
–
mindestens fünf Jahre fortgeführt wird.
1750
Es handelt sich um eine Ausnahmeregelung zum Abzugsverbot des § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG, die in Sanierungsfällen den Untergang von Verlustvorträgen verhindern soll. IVm. Satz 4 wird zudem der Untergang eines Verlustanteils verhindert, der bei einem unterjährigen Anteilseignerwechsel in der Zeit vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der mehr als 50-prozentigen Anteilsübertragung entstehen kann.
1751
Da die Sanierungsklausel voraussetzt, dass der verlustverursachende Geschäftsbetrieb fortgeführt wird, ist die Regelung nicht anwendbar, wenn der verlustverursachende Betrieb eingestellt wurde.1
1752
Der Stpfl. trägt die Feststellungslast dafür, dass die Zuführung des neuen Betriebsvermögens allein der Sanierung gedient hat.2 Um die Voraussetzungen des Satzes 3 entsprechend darlegen zu können, wird daher die Erstellung eines Sanierungsplans empfohlen.3
1753
Wird der verlustverursachende Betrieb nicht für mindestens fünf Jahre fortgesetzt, ist der Verlustabzug ggf. nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ab dem Zeitpunkt des schädlichen Gesellschafterwechsels zu versagen (s. Rz. 1779). Die Änderung der Körperschaftsteuerbescheide erfolgt jeweils nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO. 2. Sanierung
1754
§ 8 Abs. 4 Satz 3 KStG definiert den Begriff der Sanierung nicht. In der Literatur wird vereinzelt befürwortet, zur Bestimmung des Sanierungsbegriffs an betriebswirtschaftliche Kriterien anzuknüpfen.4 Danach könnte als Sanierung jede Maßnahme verstanden werden, die ergriffen wird, um ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Die Verwaltungspraxis konkretisiert den Sanierungsbegriff bisweilen an der zu § 3 Nr. 66 EStG aF ergangenen Rspr.5 Danach erfordert eine Sanierung zunächst die objektive Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Geschäftsbetriebs. Rz. 14 des BMF-Schr. v. 16.4.19996 setzt zwar lediglich voraus, dass die betreffende Gesellschaft sanierungsbedürftig ist. Da jedoch ein eingestellter Geschäftsbetrieb nicht mehr saniert werden können soll,7 geht auch die FinVerw. uE auch davon aus, dass der Geschäftsbetrieb dem Grunde nach sanierungsfähig sein muss.8 Für eine Prüfung der Sanierungsfähigkeit spricht zudem, dass eine Betriebsvermögenszuführung begrifflich nur dann der Sanierung dienen kann, wenn ein Unternehmen überhaupt noch vor dem Zusammenbruch bewahrt werden kann.9
1755
Darüber hinaus setzt eine tatbestandliche Sanierung voraus, dass die eingeleiteten Maßnahmen geeignet sind, das betreffende Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewah1 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 18. 2 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 23; s. dort auch die Ausführungen zu Billigkeitsmaßnahmen bei schädlichen Anteilsübertragungen vor dem 6.8.1997; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 955. 3 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 196. 4 Orth, DB 1997, 2242 (2245); vgl. auch Hörger/Endres, DB 1998, 335 (337 f.). 5 So auch FG Köln v. 8.2.2001 – 13 K 6016/00, EFG 2001, 991 (Rev. I R 53/01); Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190; Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 146; Neumann, FR 1999, 682 (688). 6 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455. 7 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 18–20. 8 Vgl. auch Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 170. 9 Vgl. BFH v. 18.12.1990 – VIII R 39/87, BStBl. II 1991, 784 = GmbHR 1991, 438 mwN; wie hier Füger/Rieger, DStR 1997, 1427 (1433); Neumann, FR 1999, 682 (689); ähnlich FG Köln v. 8.2.2001 – 13 K 6016/00, EFG 2001, 991 (Rev. I R 53/01); vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190.
806
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1755–1761 § 8
ren, indem es wieder ertragsfähig gemacht wird (Sanierungseignung).1 Das zugeführte Vermögen muss demnach die Ertragskraft des Geschäftsbetriebs verbessern können. Die Einlage von Anteilen an KapGes. in eine Verlustgesellschaft kann beispielsweise zu deren Sanierung geeignet sein, wenn sich ihre Ertragskraft durch Gewinnausschüttungen verbessert.2 Ob die Gewinnausschüttungen zu stpfl. Erträgen bei der Verlustgesellschaft führen, ist insoweit irrelevant. Umstritten ist, ob die Sanierung dazu geeignet sein muss, die eigentliche Verlustquelle innerhalb eines Geschäftsbetriebs zu sanieren. Dies kann sich zB als problematisch erweisen, wenn einer Verlustgesellschaft ein gewinnträchtiger Teilbetrieb zugeführt wird, ohne dass die eigentliche Verlustquelle saniert wird. Ebenso erscheint fraglich, ob eine Sanierung vorliegt, wenn nicht dem verlustbringenden Teilbetrieb, sondern einem gewinnträchtigen Teilbetrieb Vermögen zugeführt wird. Zum Teil wird es als ausreichend angesehen, wenn die Betriebsvermögenszuführung in einen anderen Teilbetrieb der Verlustgesellschaft erfolgt und diese somit insgesamt wieder gewinnträchtig wird.3 Andere fordern, dass eine Gesundung der Verlustquelle selbst erfolgen müsse.4
1756
Eigene Auffassung. Für die erstgenannte Auffassung spricht auf den ersten Blick der Wortlaut der Norm. Danach muss die Betriebsvermögenszuführung der „Sanierung des Geschäftsbetriebs“ dienen. Da eine KapGes. nur einen Geschäftsbetrieb hat,5 kann an sich nicht gefordert werden, konkrete Verlustquellen zu sanieren. Es erscheint aber zweifelhaft, ob die Vermögenszuführung ohne Gesundung der Verlustquelle „allein der Sanierung“ dient. Wenn die Verlustquelle nicht beseitigt wird, sondern weiter erhalten bleibt und ausgeschöpft wird, dient die Vermögenszuführung offenbar nicht „allein“ der Sanierung, sondern zumindest auch der Verlustnutzung.
1757
Aus der Sicht desjenigen, der das Betriebsvermögen zuführt, dient die Maßnahme der Sa- 1758 nierung, wenn sie mit einer entsprechenden Sanierungsabsicht erfolgt.6 Sanierungsabsicht liegt vor, wenn die betreffende Maßnahme ergriffen wird, um die geschäftliche bzw. finanzielle Gesundung des Unternehmens herbeizuführen. Ob die Sanierung erfolgreich abgeschlossen wird, ist hingegen unerheblich.7 Auch wenn zu § 3 Nr. 66 EStG aF bzw. iRd. Sanierungserlasses darüber hinaus gefordert 1759 wird, dass sämtliche Gläubiger zumindest einen teilweisen Schulderlass aussprechen (sog. Gläubigerakkord), so gilt Vergleichbares iRd. § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG nicht. Denn iRd. § 8 Abs. 4 KStG ist die Zuführung von Aktivvermögen auf ihre Verlustschädlichkeit zu prüfen, während der Schulderlass lediglich die Passivseite der Bilanz betrifft.8 3. Allein der Sanierung dienend Die Betriebsvermögenszuführung dient nach Auffassung der FinVerw. allein der Sanierung, wenn sie den für das Fortbestehen des Geschäftsbetriebs notwendigen Umfang nicht wesentlich überschreitet.9 Es darf mithin keine sog. Übersanierung vorliegen.10
1760
Bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung erscheint diese Verengung des Sanierungs- 1761 begriffs zunächst fragwürdig, da insoweit nur entscheidend sein dürfte, dass die ergriffenen Maßnahmen geeignet sind, das betroffene Unternehmen aus seiner Krisensituation herauszuführen. Das einschränkende Normverständnis der FinVerw. soll indes verhindern, dass über den eigentlichen Sanierungsanlass hinaus allein deshalb Ertragspotenziale in die Ver-
1 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190; Neumann, StB 2002, 246 (261). 2 Neumann, StB 2002, 246 (261). 3 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 176; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190a; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 943. 4 Dötsch in D/P/M, § 8 KStG Rz. 150; Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299.3.3; Neumann, StB 2002, 246 (261). 5 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 8. 6 AA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190c, der auf die Verwendung des zugeführten Vermögens bei der KapGes. abstellt und die Absicht des Zuführenden für unerheblich hält. 7 Neumann, FR 1999, 682 (689). 8 Dötsch in D/P/M, § 8 KStG Rz. 146; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190; Neumann, FR 1999, 682 (689). 9 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 14; kritisch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 190c. 10 Neumann, FR 1999, 682 (689).
Heinemann
807
§ 8 Rz. 1761–1767
Ermittlung des Einkommens
lustkapitalgesellschaft verlagert werden, um deren Verlustvortrag möglichst schnell nutzen zu können.1 1762
Für die Beantwortung der Frage, ab welchem Umfang die Vermögenszuführung eine schädliche Übersanierung darstellt, nennt die FinVerw. keine verallgemeinerungsfähigen Grenzwerte. Nach Auffassung des FG Münster2 liegt eine Übersanierung vor, wenn unverhältnismäßig viel neues Betriebsvermögen mit entsprechendem Gewinnpotenzial zugeführt wird, welches in keinem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Verlustbetrieb steht, sondern vorrangig dem Zweck dient, die Verlustvorträge möglichst schnell nutzbar zu machen.
1763
Unternehmen können regelmäßig nicht ex ante abschätzen, wie viel Kapital letztlich für die Sanierung notwendig sein wird. Die Verwaltungspraxis versucht daher den Unternehmen entgegenzukommen, indem sie eine Übersanierung nicht als gegeben ansieht, wenn bei einer ex-post-Betrachtung die Sanierungsmaßnahmen besser gewirkt haben als ursprünglich angenommen, weil beispielsweise der Gewinn der zu sanierenden Gesellschaft höher als prognostiziert ausgefallen ist. Insoweit empfiehlt es sich, konkrete Nachweise über die ursprünglich angestellten Prognosen vorlegen zu können. Dies kann beispielsweise in Form einer schriftlich fixierten und vor einer Investition erstellten mittelfristigen Finanzplanung geschehen.3
1764
Eine Übersanierung kann nicht vorliegen, soweit dem Geschäftsbetrieb der Verlustgesellschaft Vermögen zugeführt wird, das nicht zur Verlustnutzung eingesetzt werden kann. Daher führt die Zuführung von Betriebsvermögen in eine ausländische DBA-Betriebsstätte nicht zu einer Übersanierung.4 Zugeführte Kapitalgesellschaftsanteile können insoweit zur Verlustnutzung eingesetzt werden, als die mit ihnen verbundenen Gewinnausschüttungen oder Veräußerungsgewinne iRd. § 8b Abs. 4 aF, 3, 7 oder 8 KStG zu steuerpflichtigen Einkünften führen.
1765
Die FinVerw. behandelt Betriebsvermögenszuführungen nach Ablauf von fünf Jahren nach der schädlichen Anteilsübertragung nicht als schädliche Übersanierungen.5 4. Verlustverursachender Geschäftsbetrieb
1766
Jede Körperschaft hat nur einen Geschäftsbetrieb, wobei dieser in jeder Tätigkeit der Körperschaft liegen kann, mithin auch in der Vermögensverwaltung oder im Halten von Beteiligungen als Holdinggesellschaft (s. Rz. 1699). Eine Sanierung ist begrifflich nicht mehr möglich, wenn der verlustverursachende Geschäftsbetrieb bereits eingestellt worden ist. Die Einstellung des Geschäftsbetriebs setzt voraus, dass die Verlustkörperschaft aufgehört hat, werbend tätig zu sein. Eine bloß vorübergehende Betriebsunterbrechung ist noch nicht schädlich.6 Eine Betriebseinstellung liegt nur vor, wenn der gesamte Betrieb der Verlustkörperschaft eingestellt wird.7 Eine Betriebseinstellung liegt daher nicht vor, wenn nur ein verlustverursachender Teilbetrieb eingestellt, ein gewinnträchtiger Teilbetrieb hingegen fortgeführt wird. Möglicherweise führt die Einstellung des Verlustteilbetriebs jedoch schon zur Sanierung der Verlustkörperschaft. Dann wäre jede weitere Betriebsvermögenszuführung in den ertragreichen Teilbetrieb weder geeignet noch notwendig, um das Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu retten.8
1767
Auch der Wechsel von einer aktiven zu einer aktiven Tätigkeit anderer Art ist als Einstellung des Geschäftsbetriebs anzusehen (Branchenwechsel).9 Im Fall des Branchenwechsels ist verlustverursachender Geschäftsbetrieb nur der Geschäftsbetrieb nach dem Branchenwechsel. Es liegen also zwei zeitlich hintereinander bestehende Geschäftsbetriebe vor. Wurde die Branche nach einigen Verlustjahren gewechselt, kann daher der „alte“ Geschäfts-
1 Neumann, StB 2002, 246 (262). 2 FG Münster v. 26.4.2012 – 9 K 2757/09 K, G, F, EFG 2013, 149 (aufgehoben durch BFH v. 23.10.2013 – I R 79/12, BFH/NV 2014, 582 = GmbHR 2014, 385, da der ursprüngliche Geschäftsbetrieb der Verlustgesellschaft nach Ansicht des BFH „sanierungsschädlich“ eingestellt worden war.). 3 Neumann, StB 2002, 246 (262). 4 Dötsch in D/P/M, § 8 KStG Rz. 160; Neumann, StB 2002, 246 (263). 5 Neumann, StB 2002, 246 (262). 6 Bock/Meissner, GmbHR 1999, 1069 (1070); Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 131; Neumann, StB 2002, 246 (261). 7 Neumann, StB 2002, 246 (261). 8 Neumann, StB 2002, 246 (261). 9 BFH v. 13.8.1997 – I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 = FR 1997, 911 = GmbHR 1997, 1111; BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 18.
808
Heinemann
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
Rz. 1767–1774 § 8
betrieb nicht mehr saniert werden. Lediglich der „neue“ Geschäftsbetrieb kann Gegenstand einer Sanierung sein.1 Wegen weiterer Einzelfälle einer Betriebseinstellung s. Rz. 1704. 5. Fortführung des Geschäftsbetriebs in den folgenden fünf Jahren Dient das zugeführte Betriebsvermögen ausschließlich der Sanierung, bleibt der Verlustabzug nach der Sanierungsklausel des § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG nur erhalten, wenn die Verlustkörperschaft den verlustverursachenden Geschäftsbetrieb fünf Jahre nach der Zuführung in vergleichbarem Umfang fortführt.
1768
Grundsätzlich muss die Verlustkörperschaft2 den verlustverursachenden Geschäftsbetrieb fortführen. Damit ist jede Übertragung des gesamten oder auch nur eines Teils des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs auf einen anderen Rechtsträger im Wege der Einzelrechtsnachfolge schädlich. Daher führt die Veräußerung des verlustverursachenden Betriebs zu einem Verlustuntergang. Auch Veräußerungen innerhalb eines Konzerns sind im Lichte des Subjektsteuerprinzips schädlich. Gleiches gilt für Einbringungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Es reicht auch nicht aus, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Das zeigt ein Vergleich mit dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 3 UmwStG idF des UntStRefG. Denn § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG verlangt gerade die Fortführung durch „die Körperschaft“. Daher ist insbesondere die zu § 12 Abs. 3 Satz 3 UmwStG idF des UntStRefG ergangene Rspr., wonach die Fortführung durch einen Dritten genüge,3 nicht übertragbar.4
1769
Nicht schädlich ist hingegen die Übertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.5 In derartigen Fällen trifft den Rechtsnachfolger die Obliegenheit zur Betriebsfortführung.
1770
Fortführung bedeutet, dass es innerhalb des fünfjährigen Fortführungszeitraums nicht zu einer Beendigung des wirtschaftlichen Engagements kommen darf. Zum Verlustuntergang kommt es daher auch, wenn der verlustverursachende Betrieb eingestellt wird (s. hierzu Rz. 1766).
1771
Aus der Wendung „in vergleichbarem Umfang fortgeführt“ folgt, dass nicht nur die Einstellung, sondern auch eine Verringerung des Verlustbetriebs zum Ausschluss des Sanierungsprivilegs führen kann (sog. Abschmelzen). Ob ein Abschmelzen vorliegt, ist durch Vergleich des Umfangs des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs während der Verlustphase und während des Fortführungszeitraums zu ermitteln. Ein Abschmelzen des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs bis zum Ablauf des Fortführungszeitraums um mehr als die Hälfte seines Umfangs führt dazu, dass die Sanierungsklausel nicht zugunsten des Stpfl. anwendbar ist.6
1772
Vergleichsmerkmale können ua. der Umsatz, das Auftragsvolumen, das Aktivvermögen und die Anzahl der Arbeitnehmer sein.7 Die im Einzelfall maßgeblichen Merkmale sind grundsätzlich nicht in abstrakter Weise abschließend bestimmbar – auch nicht in ihrer Gewichtung.8 Vielmehr ist eine wertende Betrachtung notwendig, wobei eine deutliche Verminderung einzelner Vergleichsgrößen durch eine geringere Verminderung oder einen Anstieg anderer Größen kompensiert werden kann.9 Regelmäßig dürfte jedoch ein schädliches Abschmelzen anzunehmen sein, wenn sich mindestens drei der Merkmale Umsatz, Auftragsvolumen, Aktivvermögen oder Arbeitnehmer um mehr als die Hälfte verringern.10
1773
Umfang des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs während der Verlustphase (Vergleichsgröße I). Nach Auffassung der FinVerw. ist der Umfang maßgeblich, den der Betrieb im Durchschnitt während der Verlustphase gehabt hat.11 Mithin ist der Umfang des Geschäftsbetriebs als ein Durchschnittswert während der Verlustphase zu ermitteln.
1774
1 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 170; Neumann, StB 2002, 246 (261 f.). 2 Vgl. BFH v. 27.5.2009 – I R 94/08, BStBl. II 2010, 937 = FR 2010, 40 = GmbHR 2009, 891, zur unterschiedlichen Formulierung in § 8 Abs. 4 KStG einerseits und § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 andererseits. 3 BFH v. 27.5.2009 – I R 94/08, BStBl. II 2010, 937 = FR 2010, 40 = GmbHR 2009, 891. 4 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 945. 5 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 22. 6 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 16. 7 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 17. 8 Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 164; aA Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299.23.1. 9 BFH v. 25.8.2009 – I R 95/08, BStBl. II 2010, 940 = GmbHR 2009, 1220 = FR 2010, 176. 10 Neumann, StB 2002, 292, 293 mit einem entsprechenden Fallbeispiel. 11 BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 15.
Heinemann
809
§ 8 Rz. 1775–1781 1775
Ermittlung des Einkommens
Über den Begriff der Verlustphase besteht Unklarheit. Es ist offen, ob eine Verlustphase durch zwischenzeitliche Gewinnjahre beendet wird oder ob auf den durchschnittlichen Betriebsumfang in allen Verlustjahren abzustellen ist. Letztere Auslegung dürfte der Verwaltungsauffassung entsprechen, da das BMF-Schr. v. 16.4.19991 nicht vorsieht, dass es mehrere zu unterscheidende Verlustphasen geben kann.2
1776
Die Verlustphase endet spätestens mit Verlust der wirtschaftlichen Identität.3
1777
Umfang des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs während des Fortführungszeitraums (Vergleichsgröße II). Der Verlustbetrieb muss für die Dauer von fünf Jahren in vergleichbarem Umfang fortgeführt werden. Der Fortführungszeitraum beträgt fünf Zeitjahre.4 Umstritten ist, in welchem Zeitpunkt der Zeitraum beginnt. Nach Auffassung der FinVerw. beginnt er mit dem Zeitpunkt, in dem mehr als die Hälfte der Anteile übertragen und überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden ist (Verlust der wirtschaftlichen Identität).5 Nach anderer Auffassung soll der Fortführungszeitraum mit dem Zeitpunkt beginnen, in dem mehr als die Hälfte der Anteile übertragen worden sind.6 Da das Abzugsverbot des § 8 Abs. 4 KStG nach der neueren BFH-Rspr. nur Verluste vor dem schädlichen Anteilseignerwechsel erfassen solle,7 sei es sachgerecht, auch für den Beginn des Fünfjahreszeitraums auf diesen Zeitpunkt abzustellen. ME ist der Wortlaut des Satzes 3 indes darauf angelegt, dass der Fünfjahreszeitraum, so wie von der FinVerw. vertreten, mit der Zuführung des überwiegend neuen Betriebsvermögens beginnen soll.8 Relevant kann diese Frage sein, wenn die Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens vor dem Anteilseignerwechsel stattfindet.
1778
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 Satz 1 und ggf. Satz 2 KStG vor und liegt kein Sanierungsfall iSd. Satzes 3 vor, ist als Rechtsfolge ein Verlustabzug nach § 10d EStG ausgeschlossen. Das Abzugsverbot bezieht sich auf den Verlust der Körperschaft. Eine sachliche Zuordnung von Verlusten der Körperschaft zu den Anteilen der Gesellschafter sieht das Gesetz nicht vor. Eine Einschränkung auf einen den schädlichen Anteilserwerb entsprechenden Anteil oder auf bestimmte Erwirtschaftungszeiträume kommt damit nicht in Betracht.9
1779
Entgegen der vormaligen Auffassung der FinVerw.10 hat der BFH mit Urteil vom 5.6.200711 entschieden, dass § 8 Abs. 4 KStG den Verlustabzug nicht im Zeitpunkt des Wegfalls der wirtschaftlichen Identität der Verlustgesellschaft, sondern in dem Zeitpunkt versagt, in dem mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile übertragen werden. Es kommt daher zu einem rückwirkenden Ausschluss des Verlustabzugs, wenn die schädliche Betriebsvermögenszuführung nach der schädlichen Anteilsübertragung erfolgt und beide Tatbestandsmerkmale in verschiedenen VZ verwirklicht werden. Die FinVerw. hat sich dieser Auffassung angeschlossen (s. dazu das Beispiel in Rz. 1636).12
1780
Entstehen in der Interimsphase zwischen schädlichem Anteilseignerwechsel und schädlicher Betriebsvermögenszuführung Verluste, bleiben diese somit abzugsfähig.13
1781
Fraglich ist, ob ein in der Interimsphase entstandener Verlust auf einen Zeitpunkt vor dem schädlichen Anteilseignerwechsel zurückgetragen und somit mit einem Gewinn ver-
V. Rechtsfolge: Ausschluss des Verlustabzugs
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 15. Zust. Neumann, StB 2002, 292 (293). BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 15. Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 176; Füger/Rieger, DStR 1997, 1427 (1435). BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 21; Dötsch in D/P/M, § 8 KStG Rz. 178. Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 945. BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222. So auch Füger/Rieger, DStR 1997, 1427 (1435). BFH v. 17.5.2010 – I R 57/09, GmbHR 2010, 1112 = BFH/NV 2010, 1859. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 33. BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222. Zu weitergehenden verfahrensrechtlichen Fragestellungen s. OFD Münster v. 13.8.2009 – S 2745 - 140 St 13-33 (Ms), FR 2009, 973. BFH v. 5.6.2007 – I R 9/06, BStBl. II 2008, 988 = GmbHR 2008, 48 m. Anm. Breuninger/Frey/Schade = FR 2008, 222.
810
Heinemann
Rz. 1781–1785 § 8
H. Beschrnkung des Verlustabzugs (Abs. 4 aF)
rechnet werden kann, der vor dem schädlichen Anteilseignerwechsel entstanden ist. Hierfür könnte sprechen, dass nach der Rspr. des BFH während der Interimsphase noch eine wirtschaftliche Teilidentität zwischen der verlustverursachenden Gesellschaft und der verlustnutzenden Gesellschaft bestehen soll. Mit diesem Argument ließe sich auch rechtfertigen, in der Interimsphase angefallene Gewinne mit den Verlusten zu verrechnen, die bis zum schädlichen Anteilseignerwechsel festgestellt wurden.1
1782
Gewinne und Verluste der Interimsphase könnten somit wahlweise von der „neuen“ oder der „alten“ Gesellschaft zur Verlustverrechnung genutzt werden. Ob dieses Ergebnis durch die Intention des BFH gedeckt wird, ist indes fraglich. Denn die Entscheidung des BFH wird offensichtlich (auch) von dem Gedanken getragen, einen Gleichlauf zwischen den Regelungen zum Verlustabzug (Sätze 1 und 2) und der den Verlustausgleich betreffenden Regelung des Satzes 4 (vormals Satz 3) herzustellen. Die Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 4 KStG (vormals Satz 3) stellt für den Ausschluss des Verlustausgleichs ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Anteilsübertragung ab. Dass die Regelung des Satzes 4 selbst systemwidrig ist,2 da sie für die Bestimmung des für den Verlustuntergang maßgeblichen Zeitpunkts nicht an den Wechsel der wirtschaftlichen Identität anknüpft, hielt der BFH ausdrücklich für unbeachtlich. Daher treten uE die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 KStG im Zeitpunkt des schädlichen Anteilseignerwechsels ein. Eine über diesen Zeitpunkt hinausgehende Verlustverrechnung ist daher nicht möglich.
1783
Schematisch stellen sich die Möglichkeiten zum Verlustvor- und Verlustrücktrag damit wie folgt dar:
1784
schädlicher AnteilseignerWechsel: 1.1.2007
schädliche BetriebsvermögensZuführung: 1.1.2008
31.12.2007
31.12.2006
Verlust der wirtschaftlichen Identität
Eintritt der Rechtsfolge
Verlust
Verlustrechnung zulässig Verlustrechnung nicht zulässig
Verlust
Verlust
Die FinVerw. geht offenbar auch davon aus, dass die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 KStG unabhängig vom Zeitpunkt des Wechsels der wirtschaftlichen Identität eintreten sollen. Sie lässt es jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes zu, den Zeitpunkt des Verlustuntergangs weiterhin anhand des Verlustes der wirtschaftlichen Identität zu bestimmen, wenn die Übertragung von mehr als 50 % der Anteile vor dem 1.1.2009 stattgefunden hat.3 Die An1 Brendt in Erle/Sauter3, § 8 Abs. 4 aF/Anh. § 8c KStG Rz. 202; Fey/Neyer, GmbHR 2008, 693 (698); Frey/ Holzmeier, GmbHR 2004, 1478 (1480); Grube/Altrichter-Herzberg, GmbHR 2005, 284 (286); Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 954. 2 So Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 187. 3 BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003 – DOK 2008/0612175, BStBl. I 2008, 1033.
Heinemann
811
1785
§ 8 Rz. 1785–1789
Ermittlung des Einkommens
wendung der alten Verwaltungsauffassung kann für die Verlustgesellschaft günstig sein, wenn in der Interimsphase zwischen Anteilsübertragung und schädlicher Betriebsvermögenszuführung Gewinne erwirtschaftet wurden und eine Verrechnung mit dem im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels noch vorhandenen Verlustvortrag in Betracht kommt. Die Anwendung der vormaligen Verwaltungsauffassung soll nur in den Grenzen des § 176 AO1 und auch nur dann möglich sein, wenn es durch die im Veräußerungsjahr vollzogene Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG im Saldo aller Jahre zu einer Schlechterstellung kommt.2
VI. Entsprechende Geltung der Sätze 1 bis 3 für den Verlustausgleich vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung (Abs. 4 Satz 4) 1786
Gem. § 8 Abs. 4 Satz 4 KStG gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend für den Ausgleich eines Verlustes, der in der Zeit vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der mehr als 50-prozentigen Anteilsübertragung entstanden ist. Nach ihrem Wortlaut macht es die Regelung erforderlich, den Verlustanteil zu ermitteln, der in einem Wirtschaftsjahr bis zum Zeitpunkt des sich unterjährig ereignenden schädlichen Anteilseignerwechsels entstanden ist. Die FinVerw. hat ihre zunächst hiervon abweichende Auffassung, wonach der Verlustanteil bis zum Zeitpunkt des Wechsels der wirtschaftlichen Identität vom Verlustausgleich ausgeschlossen sein sollte,3 inzwischen aufgegeben.4 Ob dieser Verlustanteil weiterhin nutzbar bleibt, bestimmt sich nach den Sätzen 1 bis 3 und damit nach den Grundsätzen, die für die Beurteilung der Nutzbarkeit des Verlustvortrags gelten.
1787
Auch wenn § 8 Abs. 4 KStG in typisierender Weise den Verlusthandel verhindern soll, handelt es sich nach hier vertretener Auffassung gleichwohl nicht um eine spezielle Missbrauchsvermeidungsnorm. Denn § 8 Abs. 4 KStG ist aufgrund seiner Anknüpfung an § 10d EStG dem Grunde nach als eine für Körperschaften geltende und über § 10d EStG hinausgehende Voraussetzung für den Verlustabzug ausgestaltet (s. Rz. 1622). Damit trägt die verlusttragende Körperschaft die Feststellungslast für das (Nicht-)Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG.5
VII. Feststellungslast
I. Befreiung von Mitgliederbeiträgen (Abs. 5) Literatur: Becker/Kretzschmann, Umsatz- und ertragsteuerrechtliche Folgen aus der EuGH-Rechtsprechung „Kennemer Golf & Country Club“, Entkopplung der ertragsteuerrechtlichen von der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Mitgliedsbeiträgen?, DStR 2008, 1985; Alvermann, Der Berufsverband in der steuerlichen Praxis, in Binnewies/Spatscheck (Hrsg.), FS für Michael Streck zum 70. Geburtstag, Köln 2011, 9; Alvermann, Umsatzsteuer auf Vereinsbeiträge?, SpuRt 2011, 108.
I. Allgemeines 1788
Seit ihrer Einführung durch das Körperschaftsteuergesetz 19776 ist die Regelung des § 8 Abs. 5 KStG, bis auf einige Standortwechsel innerhalb der Vorschrift, inhaltlich unverändert geblieben. So werden bei der Ermittlung des Einkommens von Personenvereinigungen Mitgliederbeiträge, die aufgrund einer Satzung von den Mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, nach § 8 Abs. 5 KStG nicht berücksichtigt.
1789
Es handelt sich um eine sachliche Steuerbefreiung.7 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei den nicht zur Führung von Büchern verpflichteten Personenvereinigungen die echten Mitgliederbeiträge bereits mangels Zurechenbarkeit zu einer Einkunftsart nicht zu stpfl. Einkünften führen.8 Damit hat die Vorschrift für die meisten Personenvereinigungen nur de-
1 2 3 4 5
BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003 – DOK 2008/0612175, BStBl. I 2008, 1033. OFD Münster v. 13.8.2009 – S 2745 - 140 - St 13-33 (Ms), FR 2009, 973. BMF v. 16.4.1999 – IV C 6 - S 2745 - 12/99, BStBl. I 1999, 455 Rz. 33. BMF v. 4.12.2008 – IV C 7 - S 2745/07/10003 – DOK 2008/0612175, BStBl. I 2008, 1033. So auch Dötsch in D/P/M, § 8 Abs. 4 KStG Rz. 25; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 182a; aA Lang in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1299.37; differenzierend Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 955. 6 Körperschaftsteuerreformgesetz v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597. 7 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 507; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 1; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1500. 8 Abschn. 42 Abs. 2 Satz 2 KStR 2008.
812
Heinemann/Kmpel
I. Befreiung von Mitgliederbeitrgen (Abs. 5)
Rz. 1789–1796 § 8
klaratorischen Charakter.1 Bei Körperschaften, die ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehen (§ 8 Abs. 2 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG), kommt die Anwendung des § 8 Abs. 5 KStG iErg. nicht in Betracht.2
II. Personenvereinigungen § 8 Abs. 5 KStG gilt nur für Personenvereinigungen, wobei in der Vorschrift der Begriff der 1790 Personenvereinigung nicht genauer definiert wird. Bei einer Personenvereinigung handelt es sich um den Zusammenschluss von natürlichen und/oder juristischen Personen, wenn diese dadurch zu Mitgliedern des Zusammenschlusses werden.3 Zu den Personenvereinigungen zählen die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG), VVaG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG) sowie die rechtsfähigen und die nicht rechtsfähigen Vereine (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG).4 Nach hM fallen grds. auch KapGes. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unter § 8 Abs. 5 KStG.5 1791 KapGes. erhalten jedoch mangels Mitgliederstellung der Gesellschafter keine Mitgliederbeiträge. Die Zahlungen der Gesellschafter stellen vielmehr Einlagen dar, die gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG ebenfalls nicht der Besteuerung unterliegen.6 Unter § 8 Abs. 5 KStG fallen nicht nur unbeschränkt stpfl. Personenvereinigungen, sondern auch beschränkt stpfl. Personenvereinigungen iSd. § 2 KStG.7
1792
Nicht von § 8 Abs. 5 KStG erfasst werden Anstalten, Stiftungen, Zweckvermögen des privaten Rechts sowie BgA, da diese als Sachvereinigungen keine Mitglieder haben.8
1793
III. Mitgliederbeiträge 1. Allgemeines Begünstigt sind nach § 8 Abs. 5 KStG die aufgrund einer Satzung geschuldeten Mitgliederbeiträge. Ausreichend ist, wenn die Satzung –
die Art und Höhe der Mitgliederbeiträge bestimmt oder
–
einen bestimmten Berechnungsmaßstab vorsieht oder
–
ein Organ bezeichnet, welches die Beiträge der Höhe nach erkennbar festsetzt.9
1794
Bei den Mitgliederbeiträgen kann es sich sowohl um Geldleistungen als auch Sachleistungen handeln.10 Nicht unter die Regelung des § 8 Abs. 5 KStG fallen freiwillige Zahlungen eines Mitglieds 1795 (wie zB Spenden) oder Zahlungen, die aufgrund einer besonderen vertraglichen Verpflichtung zwischen der Personenvereinigung und dem Mitglied beruhen.11 Die übrigen stpfl. Einkünfte einer Personenvereinigung – dazu zählen auch Erträge, die aus der Anlage von Mitgliederbeiträgen stammen, wie zB Zinsen – sind ebenfalls nicht nach § 8 Abs. 5 KStG befreit und nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln.12 Leistungen von Nichtmitgliedern fallen nicht unter § 8 Abs. 5 KStG, weil sie schon begrifflich keine Mitgliederbeiträge sein können.13
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 510, 512. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 512. Schnitger/Käs in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 776; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 3. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 473; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 3. Schulte in Erle/Sauter § 8 KStG, Rz. 511; Rengers in Blümich § 8 Rz. 971; Schnittger/Käs in Schnittger/ Fehrenbacher, § 8KStG Rz. 777. Frotscher in Frotscher/Maas § 8 KStG Rz. 231; Krämer, D/P/M § 8 Abs. 5 KStG, Rz. 3. Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1501; R 42 Abs. 2 Satz 1 KStR 2008. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 4; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 512. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 516; R 42 Abs. 2 KStR 2008. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 513. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 12. RFH v. 13.6.1933 – I A 234/32, RStBl. 1933, 682; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 515; R 43 Abs. 2 KStR 2008. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 475; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 7.
Kmpel
813
1796
§ 8 Rz. 1797–1802
Ermittlung des Einkommens
2. Abgrenzung echter und unechter Mitgliederbeiträge 1797
Es muss sich bei den nicht zu erfassenden Mitgliederbeiträgen um echte Mitgliederbeiträge handeln. Echte Mitgliederbeiträge iSv. § 8 Abs. 5 KStG sind Beiträge, die die Mitglieder einer Personenvereinigung lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder nach der Satzung zu entrichten haben. Sie dürfen der Personenvereinigung nicht für die Wahrnehmung besonderer geschäftlicher Interessen oder für Leistungen zugunsten ihrer Mitglieder zufließen. Soweit eine Körperschaft der wirtschaftlichen Förderung der Einzelmitglieder dient und die Beiträge Entgelte für bestimmte Leistungen darstellen, handelt es sich nicht um echte Mitgliederbeiträge.1 Es ist nicht Sinn der Steuerbefreiung von Mitgliederbeiträgen, Einkünfte einer Personenvereinigung aus solchen Tätigkeiten zu befreien, die bei anderen, eine vergleichbare Tätigkeit ausübenden Personen (Gewerbetreibende, Angehörige freier Berufe) der ESt oder KSt unterworfen werden.2
1798
Allein die Tatsache, dass die Beiträge für die Mitglieder auch Vorteile bringen können, diese also nicht in vollem Umfang uneigennützig geleistet werden, macht sie jedoch noch nicht zu unechten Mitgliederbeiträgen. So ist zB das Recht eines Mitglieds eines Sportvereins, die Anlagen des Vereins nutzen zu dürfen, noch keine Gegenleistung, die zur Annahme eines unechten Mitgliederbeitrags führt.3 Hier unterscheidet sich die ertragsteuerliche Beurteilung von der umsatzsteuerlichen Beurteilung. Umsatzsteuerlich wird seit der Entscheidung des EuGH v. 21.3.20024 über die Umsatzsteuerbarkeit von Mitgliederbeiträgen bei einem Verein, der seinen Mitgliedern Vorteile – wie zB die Zurverfügungstellung von Sportanlagen – gewährt, ein Leistungsaustausch angenommen. Die Gegenleistung der Mitglieder besteht hierbei in der Zahlung ihrer Mitgliederbeiträge. Für die Umsatzsteuerbarkeit dieses Leistungsaustauschs kommt es insbesondere nicht darauf an, ob der Verein „auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringt“.5 Die USt kennt keine mit § 8 Abs. 5 KStG vergleichbare Regelung.6
1799
Auf die Bezeichnung erhobener Beiträge als „Mitgliederbeiträge“ kommt es nicht an. So können auch die als Aufnahmegebühren, Eintrittsgelder, Umlagen, Sonderbeiträge oder Spielgelder bezeichneten Beiträge, die von allen Mitgliedern oder von einem nach bestimmten Kriterien ausgewählten Kreis der Mitglieder nach einheitlichen Maßstäben erhoben werden, steuerfreie echte Mitgliederbeiträge iSd. § 8 Abs. 5 KStG sein.7
1800
Die Zahlung unterschiedlich hoher Mitgliederbeiträge (zB Staffelung wegen des Alters, wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit etc.) ist dann unschädlich für die Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 5 KStG, wenn die Mitglieder, die höhere Beiträge zahlen, nur die gleichen Rechte und Vorteile wie die Mitglieder erlangen, die den Mindestbeitrag zahlen.8
1801
1802
Ein unechter Mitgliederbeitrag kann ggf. auch dann vorliegen, wenn –
ein Leistungsaustausch durch ein pauschaliertes Entgelt abgegolten wird,
–
die Personenvereinigung der unmittelbaren Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder dient oder
–
die Personenvereinigung eine als gewerblich oder freiberuflich zu qualifizierende Tätigkeit im Interesse der Mitglieder ausübt.9
Sind in den Mitgliederbeiträgen sowohl stpfl. Entgelte als auch steuerfreie (echte) Mitgliederbeiträge enthalten, sind die Mitgliederbeiträge im Schätzungswege aufzuteilen.10 Von ei-
1 BFH v. 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550; R 42 Abs. 1 KStR 2008; Gosch2, § 8 KStR Rz. 461. 2 BFH v. 5.6.1953 – I 104/52 U, BStBl. III 1953, 212. 3 Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 518; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 14; FG Nürnberg v. 23.4.1991 – II 21/87, EFG 1991, 768. 4 EuGH v. 21.3.2002 – Rs. C-174/00 – Kennemer Golf & Country Club, DStRE 2002, 642. 5 BFH v. 9.8.2007 – V R 27/04, BFH/NV 2007, 2213 = UR 2007, 811; v. 11.10.2007 – V R 69/06, BFH/NV 2008, 322 = UR 2008, 153; v. 20.3.2014 – V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470 = UR 2014, 732; gegen Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 UStAE. 6 Alvermann in Streck8, § 8 KStG Rz. 463. 7 Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 475; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 6. 8 FG Hess. v. 21.9.1976 – VIII 73/76, EFG 1977, 88. 9 BFH v. 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550; v. 29.8.1973 – I R 234/71, BStBl. II 1974, 60 = FR 1989, 693; v. 8.6.1966 – I 151/63, BStBl. III 1966, 632; FG Münster v. 16.4.1999 – 9 K 599/96 K, G, U, F, EFG 1999, 729. 10 R 42 Abs. 3 KStR 2008.
814
Kmpel
I. Befreiung von Mitgliederbeitrgen (Abs. 5)
Rz. 1802–1804 § 8
ner Aufteilung in echte und unechte Mitgliederbeiträge ist abzusehen, wenn ein möglicherweise nur in der Eigenschaft als Mitglied geleisteter Beitragsteil verschwindend gering ist.1 Die Befreiung nach § 8 Abs. 5 KStG ist unabhängig von der steuerlichen Behandlung der Beiträge bei den Mitgliedern. So können diese ggf. die gezahlten Beiträge als BA/WK (als Beiträge an Berufsverbände) oder als Zuwendungen iRd. § 10b EStG/§ 9 Abs. 1 Nr. 5 KStG an steuerbegünstigte Körperschaften steuerlich geltend machen.2
1803
3. Einzelfälle Zu der Beurteilung, ob ein Beitrag als echter oder unechter Mitgliederbeitrag einzustufen ist und ggf. ob bzw. in welchem Verhältnis eine Aufteilung eines gemischten Beitrags zu erfolgen hat, haben Rspr. und FinVerw. verschiedentlich Stellung genommen: –
Anglervereine (Bootsliegeplätze): Die nach Bootsgröße gestaffelten Beiträge für die Überlassung von Bootsliegeplätzen durch einen Anglerverein an seine Mitglieder sind keine begünstigten Mitgliederbeiträge iSd. § 8 Abs. 5 KStG.3
–
Fremdenverkehrsvereine: Aufteilung der Beiträge in echte (75 % der gesamten Beitragseinnahmen) und unechte Mitgliederbeiträge (25 %).4
–
Getreidebörsenvereine: Keine begünstigten Mitgliederbeiträge iSd. § 8 Abs. 5 KStG.5
–
Haus- und Grundbesitzervereine: Aufteilung der Beiträge in echte (80 % der gesamten Beitragseinnahmen) und unechte Mitgliederbeiträge (20 %).6
–
Kleingärtner- und Siedlervereine: Die Beiträge enthalten keine Entgelte für die Gewährung besonderer wirtschaftlicher Vorteile.7
–
Lohnsteuerhilfevereine: Die Beiträge sind in vollem Umfang stpfl. Entgelte. § 8 Abs. 5 KStG findet keine Anwendung.8
–
Mietervereine: Aufteilung der Beiträge in echte (80 % der gesamten Beitragseinnahmen) und unechte Mitgliederbeiträge (20 %).9
–
Netzwerk für Frauen: Die Beiträge sind nach den Verwaltungsvorschriften, die für andere Vereine gelten, bei denen es sich auch schwerpunktmäßig um Selbsthilfevereine handelt, im Verhältnis von 80 % (echte Mitgliederbeiträge) zu 20 % (unechte Mitgliederbeiträge) aufzuteilen.10
–
Obst- und Gartenbauvereine: Aufteilung der Beiträge in echte (80 % der gesamten Beitragseinnahmen) und unechte Mitgliederbeiträge (20 %).11
–
Offizierheimgesellschaft: Die Beiträge der Mitglieder an eine Offizierheimgesellschaft in Form des eingetragenen Vereins stellen vollumfänglich Mitgliederbeiträge iSd. § 8 Abs. 5 KStG dar.12
–
Reise- und Darlehensvermittlungsvereine: Die Beiträge sind in vollem Umfang stpfl. Entgelte. § 8 Abs. 5 KStG findet keine Anwendung.13
–
Tierzuchtverbände: Aufteilung der Beiträge in echte (50 % der gesamten Beitragseinnahmen) und unechte Mitgliederbeiträge (50 %).14
–
Vatertierhaltungsvereine: Aufteilung der Beiträge in echte (50 % der gesamten Beitragseinnahmen) und unechte Mitgliederbeiträge (50 %). Zu den Beitragseinnahmen gehören außer den Mitgliederbeiträgen auch die Beiträge, die nicht laufend, sondern einmalig als sog. Gebühren (zB für die Herdbucheintragungen, Brennen von Vieh, Ohrenmarken und
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
BFH v. 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 481; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 10. BFH v. 23.1.2001 – V B 129/00, BFH/NV 2001, 940. R 44 Abs. 5 KStR 2008. BFH v. 16.11.1954 – I 114/53 U, BStBl. III 1955, 12. BFH v. 5.6.1953 – I 104/52 U, BStBl. III 1953, 212; R 43 Abs. 1 KStR 2008. R 44 Abs. 2 KStR 2008. BFH v. 29.8.1973 – I R 234/71, BStBl. II 1974, 60; H 44 KStH 2008. FG Berlin v. 11.9.2000 – 8 K 8516/97, EFG 2001, 104; R 43 Abs. 1 KStR 2008. FG München v. 19.7.2010 – 7 K 472/08, EFG 2010, 1921. R 44 Abs. 1 KStR 2008. FG Münster v. 16.4.1999 – 9 K 599/96 K, G, U, F, EFG 1999, 729. BFH v. 28.6.1989 – I R 86/85, BStBl. II 1990, 550 = FR 1989, 693. R 44 Abs. 3 KStR 2008.
Kmpel
815
1804
§ 8 Rz. 1804–1809
Ermittlung des Einkommens
Geflügelringe etc.) entrichtet werden, soweit diese nach Art und Höhe in der Satzung oder in der Gebührenordnung genau bestimmt sind.1 –
Versicherungsunternehmen: Keine Anwendung des § 8 Abs. 5 KStG auf Leistungen der Mitglieder, die ein Entgelt für die Übernahme einer Versicherung darstellen. Unter besonderen Voraussetzungen können bei einem VVaG steuerfreie Mitgliederbeiträge, zB in Form erhobener Eintrittsgelder (§ 20 Abs. 2 VAG), in Betracht kommen.2
–
Warenzeichenverband: Die Beiträge an einen Warenzeichenverband, der seinen Mitgliedern ein Verbandszeichen zur Verfügung stellt und sich verpflichtet, jede Störung der Zeichenführung durch Dritte im eigenen Namen zu verfolgen, sind keine begünstigten Mitgliederbeiträge iSd. § 8 Abs. 5 KStG.3
–
Wasserwerk e.V.: Die Grundgebühren für die Bereitstellung und Unterhaltung von Wasseranlagen sind ebenso wie der laufende Wasserzins Gegenleistungen der Mitglieder für Leistungen des Vereins und keine steuerfreien Mitgliederbeiträge.4
–
Werbeverband: Umlagen, die pauschalierte Entgelte der Mitglieder für Werbung darstellen, sind keine Mitgliederbeiträge iSd. § 8 Abs. 5 KStG.5
IV. Aufwendungen im Zusammenhang mit Beiträgen 1805
Die stpfl. Einkünfte einer Personenvereinigung dürfen nicht durch Ausgaben gemindert werden, die mit steuerfreien „echten“ Mitgliederbeiträgen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 3c Abs. 1 Halbs. 1 EStG).6
1806
Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Aufwendungen ist nur dann anzunehmen, wenn die Einnahmen und Aufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Die bloße Finanzierung von Aufwendungen durch steuerfreie Einnahmen reicht demgegenüber nicht aus, um einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zu begründen.7
1807
Im Fall von gemischten Mitgliederbeiträgen, die schätzweise in echte und unechte Mitgliederbeiträge aufzuteilen sind, sind auch die mit den Gesamtbeiträgen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Ausgaben im Schätzwege aufzuteilen.8 Hierbei legt die FinVerw. in der Regel das Verhältnis der stpfl. Einnahmen zu den eigenen Beitragseinnahmen zzgl. der daneben erhobenen besonderen Entgelte zugrunde, wenn die mit den stpfl. Einnahmen zusammenhängenden Ausgaben nicht gesondert ermittelt werden.9 Übersteigen die abzuziehenden Ausgaben die stpfl. Einnahmen in mehreren aufeinander folgenden Jahren, ist der Pauschbetrag neu festzulegen, sodass keine Verluste mehr aus den stpfl. Betätigungen entstehen.10
J. Steuerabzugspflichtiges Einkommen (Abs. 6) I. Allgemeines 1808
Der Abzug von BA bzw. WK ist nach § 8 Abs. 6 KStG nicht zulässig, soweit das Einkommen einer Körperschaft nur aus Einkünften besteht, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist.
1809
Die Regelung des § 8 Abs. 6 KStG geht auf § 13 Satz 2 KStG 193411 zurück, in dem bereits geregelt war, das der Abzug von Aufwendungen in den Fällen, in denen das Einkommen einer Körperschaft allein aus steuerabzugspflichtigen Einkünften besteht, nicht zulässig ist.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
R 44 Abs. 3 KStR 2008. BFH v. 21.4.1953 – I 32/53 U, BStBl. III 1953, 175. BFH v. 8.6.1966 – I 151/63, BStBl. III 1966, 632. FG Rh.-Pf. v. 17.11.1986 – 5 K 63/86, EFG 1987, 205. BFH v. 8.6.1966 – I 151/63, BStBl. III 1968, 632; H 42 KStH 2008. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 482; BFH v. 11.10.1989 – I R 208/85, BStBl. II 1990, 88 = FR 1990, 229; R 42 Abs. 2 Satz 3 KStR 2008. BFH v. 11.10.1989 – I R 208/85, BStBl. II 1990, 88 = FR 1990, 229. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 482; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 5 KStG Rz. 22; Rechenbeispiel in H 43 KStH 2008. R 43 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KStR 2008; BFH v. 9.2.1965 – I 25/63 U, BStBl. III 1965, 294. H 43 KStH 2008; BFH v. 9.2.1965 – I 25/63 U, BStBl. III 1965, 294. Körperschaftsteuergesetz 1934 v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1031.
816
Kmpel
J. Steuerabzugspflichtiges Einkommen (Abs. 6)
Rz. 1809–1814 § 8
Das KStG 19771 übernahm diese Bestimmung als § 8 Abs. 7, wobei klarstellend berücksichtigt wurde, dass ein Abzug von Aufwand nur ausscheidet, wenn das Einkommen „lediglich“ aus dem Steuerabzug unterliegenden Einkünften besteht. In der Folgezeit wurde § 8 Abs. 6 KStG innerhalb der Vorschrift mehrfach und ohne inhaltliche Änderungen verschoben.
II. Persönlicher Anwendungsbereich In der Praxis hat die Vorschrift relativ geringe Bedeutung, da sie nur auf Körperschaftsteuersubjekte anzuwenden ist, bei denen die KSt durch den Steuerabzug abgegolten ist (§ 32 Abs. 1 KStG).2 Die Regelung des § 8 Abs. 6 KStG greift bei –
den nach § 5 Abs. 1 KStG steuerbefreiten Körperschaften, da bei diesen die Steuerbefreiung für Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, ausgeschlossen wird (§ 5 Abs. 2 KStG); und
–
den beschränkt stpfl. Körperschaften nach § 2 KStG. Dazu zählen: –
die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, mit ihren inländischen Einkünften (§ 2 Nr. 1 KStG) sowie die
–
sonstigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt stpfl. sind (Körperschaften des öffentlichen Rechts) mit ihren inländischen Einkünften, die dem Steuerabzugs unterlegen haben (§ 2 Nr. 2 KStG).3
Durch § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG werden steuerbefreite Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen hinsichtlich ihrer steuerabzugspflichtigen Einkünfte den nicht unbeschränkt stpfl. Körperschaften, die nach § 2 Nr. 2 KStG mit ihren steuerabzugspflichtigen Einkünften beschränkt stpfl. sind, gleichgestellt.4
1810
1811
Bei den übrigen unbeschränkt stpfl. Körperschaften iSd. § 1 KStG erfolgt die Steuerfest- 1812 setzung stets im Rahmen einer Körperschaftsteuerveranlagung (§ 31 KStG), sodass § 8 Abs. 6 KStG bei diesen keine Anwendung findet.5 Eine Veranlagung erfolgt bei diesen Körperschaften selbst dann, wenn sie ausschließlich steuerabzugspflichtige Einkünfte erzielen.6
III. Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen 1. Allgemeines Der Ausschluss des Abzugsverbots von BA bzw. WK durch § 8 Abs. 6 KStG setzt voraus, dass das Einkommen ausschließlich aus Einkünften besteht, die dem Steuerabzug unterliegen. Zu den inländischen Einkünften, die dem Steuerabzug unterliegen, zählen insbesondere: –
Kapitalerträge, bei denen nach §§ 5 Abs. 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG iVm. § 43 EStG ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist,
–
Einkünfte iSd. § 32 Abs. 3 Satz 1 KStG (sog. Wertpapierleihe),
–
inländische Einkünfte von nach § 2 Nr. 1 KStG beschränkt stpfl. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ohne Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, bei denen die KSt durch den Steuerabzug abgegolten ist (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG).7
1813
2. Ausschluss vom Abzugsverbot Wenn ein Veranlagungsverfahren durchzuführen ist, greift das Abzugsverbot für BA und WK nach § 8 Abs. 6 KStG nicht.8
1 2 3 4 5 6 7 8
Körperschaftsteuerreformgesetz v. 31.8.1976, BGBl. I 1976, 2597. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 6 KStG Rz. 1; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 527. Schnitger/Käks in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 816; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 528 f. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 490. Schnitger/Käks in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 817. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 6 KStG Rz. 5. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 6 KStG Rz. 3. Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 488; Roser in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1510.
Kmpel
817
1814
§ 8 Rz. 1814–1819
Ermittlung des Einkommens
Ein Veranlagungsverfahren ist durchzuführen, wenn –
bei beschränkt stpfl. Körperschaften die abzugspflichtigen Einkünfte in einem inländischen Gewerbebetrieb (Betriebsstätte) oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anfallen (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 KStG),
–
für den Stpfl. während eines Kj. sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Steuerpflicht bestanden hat (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 KStG),
–
beschränkt Stpfl., die unter § 32 Abs. 4 KStG fallen (sog. EU-/EWR-Körperschaften), nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 KStG eine Veranlagung für die Einkünfte nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 EStG beantragen.1
3. EU-Recht 1815
Die Versagung des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs nur für beschränkt stpfl. Gesellschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung innerhalb eines Staates der EU oder des EWR verstößt gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV).2 Aus diesem Grund enthält § 32 Abs. 2 Nr. 2 iVm. Abs. 4 KStG für diese Gesellschaften ein Veranlagungswahlrecht.
1816
Daneben regelt § 50a Abs. 3 Satz 3 EStG, dass beschränkt stpfl. Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen iSd. § 32 Abs. 4 KStG von den Einnahmen nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 EStG die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden BA oder WK abziehen können. Der dann verbleibende Überschuss wird als Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug zugrunde gelegt (§ 50a Abs. 3 Satz 4 EStG). § 50a Abs. 3 EStG geht § 8 Abs. 6 KStG vor.3
1817
Eine Diskriminierung durch § 8 Abs. 6 KStG wird – auch unabhängig von dem vorstehend erläuterten Wahlrecht – in der Praxis dann nicht eintreten, wenn die betroffenen Gesellschaften die inländischen Einkünfte innerhalb einer inländischen Betriebsstätte beziehen, da dann insoweit eine Veranlagung zur KSt stattfindet, bei der BA und WK berücksichtigt werden können.4
K. Dauerverluste der öffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9) Literatur: Bracksiek, Die Neuregelung des steuerlichen Querverbunds durch das JStG 2009, FR 2009, 15; Hüttemann, Rechtsprobleme des „neuen“ Querverbundes nach dem JStG 2009, DB 2009, 2629; Weitemeyer, Verdeckte Gewinnausschüttungen bei der öffentlichen Hand nach dem JStG 2009 und die Schranken des europäischen Beihilferechts, FR 2009, 1; Meier, Der Begriff des „Dauerverlustgeschäfts“ i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG, FR 2010, 168; Pinkos, Erläuterungen zum BMF-Schreiben zum steuerlichen Querverbund, DStZ 2010, 96; Strahl, Wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 12.11.2009, DStR 2010, 193. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303.
I. Grundaussagen der Absätze 7 bis 9 1. Regelungsgegenstand 1818
§ 8 Abs. 7 KStG schließt die Rechtsfolgen der vGA für dauerdefizitäre Tätigkeiten von BgA und KapGes. im Verkehrs-, Umwelt-, Sozial-, Kultur-, Bildungs- und Gesundheitsbereich aus, deren Unterhaltung auf entsprechenden Gemeinwohlgründen beruht. Die Ausübung derartiger Dauerverlustgeschäfte durch KapGes. wird nur begünstigt, wenn der öffentlichen Hand die Mehrheit der Stimmrechte zusteht und die Dauerverluste ausschließlich von den Gesellschaftern der öffentlichen Hand getragen werden.
1819
§ 8 Abs. 8 KStG schränkt den Verlustabzug bei einer Zusammenfassung von BgA nach § 4 Abs. 6 KStG dahin ein, dass die Verlustvorträge der einzelnen BgA für den Zeitraum der Zusammenfassung festgeschrieben werden und nach der Zusammenfassung angefallene Verluste nur vom zusammengefassten BgA genutzt werden können. Die Einschränkungen des Verlustabzugs gelten nicht bei einer Zusammenfassung gleichartiger BgA.
1 2 3 4
Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 6 KStG Rz. 3; Schallmoser in H/H/R, § 8 KStG Rz. 491. EuGH v. 12.6.2003 – Rs. C-234/01 – Gerritse, BStBl. II 2003, 859. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 6 KStG Rz. 4. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 530.
818
Kmpel/Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1820–1825 § 8
Durch § 8 Abs. 9 KStG werden der Verlustausgleich und der Verlustabzug bei KapGes., die nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt sind, auf die spartenbezogene Verlustverrechnung beschränkt. Zu diesem Zweck sind die einzelnen Tätigkeiten unterschiedlichen Sparten zuzuordnen, für die der Gesamtbetrag der Einkünfte jeweils gesondert ermittelt und nur bei einem positiven Ergebnis bei der Ermittlung des Einkommens der Eigengesellschaft berücksichtigt wird.
1820
2. Bedeutung und Telos Durch § 8 Abs. 7 bis 9 KStG und § 4 Abs. 6 KStG wird der sog. kommunale Querverbund gesetzlich geregelt. Die Vorschriften begründen ein Sonderrecht für die wirtschaftliche Betätigung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und schreiben die vorherige Verwaltungspraxis fest.1 Mit der Einfügung der Vorschriften durch das JStG 20092 hat der Gesetzgeber auf die Rspr. des BFH reagiert, nach der das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigenbetriebs in der Rechtsform einer KapGes. eine vGA begründet.3 Durch den Ausschluss der Rechtsfolgen der vGA für Dauerverlustgeschäfte von BgA und KapGes., an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist, wird die Verlustverrechnung im Rahmen der §§ 4 Abs. 6, 8 Abs. 8 und 9 KStG ermöglicht und ein Gewinnzuschlag vermieden.
1821
Der in § 8 Abs. 7 KStG geregelte Ausschluss der vGA für dauerdefizitäre Tätigkeiten von BgA und für von der öffentlichen Hand beherrschte KapGes. soll eine Ergebnisverrechnung mit den anfallenden Dauerverlusten im Rahmen des kommunalen Querverbunds ermöglichen, die einen wichtigen Gesichtspunkt bei der Finanzierung der mit den begünstigten Dauerverlustgeschäften verbundenen Leistungen der Daseinsvorsorge bildet.4 Die Sonderregelung erfolgt vor dem Hintergrund, dass die von der öffentlichen Hand vorzuhaltenden Leistungen der Daseinsvorsorge regelmäßig nicht kostendeckend betrieben werden können.5 § 8 Abs. 8 KStG bezweckt als flankierende Regelung, dass die Verlustvorträge aus den begünstigten Dauerverlustgeschäften eines zusammengefassten BgA nur von diesem BgA genutzt werden können.6 § 8 Abs. 9 KStG stellt durch die spartenbezogene Verlustverrechnung sicher, dass für KapGes. im Hinblick auf die Dauerverlustgeschäfte keine größeren Möglichkeiten der Verlustverrechnung bestehen als bei einer Ausübung der entsprechenden Tätigkeiten durch BgA.7
1822
3. Verhältnis zu anderen Vorschriften Für die Einkommensermittlung des BgA, die sich gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes richtet, ist nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG, der durch das JStG 20098 eingefügt wurde, keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich. Die Grundsätze über die Liebhaberei finden damit auf dauerdefizitäre BgA keine Anwendung (§ 4 KStG Rz. 35).
1823
§ 8 Abs. 7 KStG knüpft an das Vorliegen einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG an, die sich aus der dauerdefizitären Tätigkeit des BgA bzw. der von der öffentlichen Hand beherrschten KapGes. ergibt; durch § 8 Abs. 7 KStG wird anerkannt, dass vGA vorliegen können, für bestimmte Fälle werden aber die Auswirkungen abbedungen (Rz. 1834).
1824
Die in § 8 Abs. 8 KStG geregelte Beschränkung des Verlustabzugs gem. § 10d EStG auf zusammengefasste BgA ergänzt § 4 Abs. 6 KStG, der einen Verlustausgleich nur für zusammengefasste BgA vorsieht (§ 4 KStG Rz. 135). Die für den Verlustabzug erforderliche Zusammenfassung der BgA richtet sich hierbei nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG; dies gilt entsprechend für den durch § 8 Abs. 8 Satz 5 KStG eröffneten unbeschränkten Verlustabzug bei gleichartigen BgA iSd. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG (Rz. 1881). Die in § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG enthaltenen Grundsätze zur Zusammenfassung von BgA sind zudem gem. § 8 Abs. 9 Nr. 2 KStG bei der spartenbezogenen Verlustverrechnung der nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG begünstigten KapGes. heranzuziehen.
1825
1 2 3 4 5 6 7 8
Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 531; Schiffers, DStZ 2010, 119. G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. BT-Drucks. 16/10189, 69. BT-Drucks. 16/10189, 70. BT-Drucks. 16/11108, 27. BT-Drucks. 16/11108, 27. G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794.
Paetsch
819
§ 8 Rz. 1826–1832
Ermittlung des Einkommens
1826
Die spartenbezogene Verlustverrechnung des § 8 Abs. 9 KStG bei KapGes. iSd. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG tritt als Sonderregelung neben die allgemeine Beschränkung des Verlustabzugs in § 8c KStG. In gleicher Weise sind bei BgA die Verrechnungsbeschränkungen des § 2a EStG für Auslandsverluste und des § 15 Abs. 4 EStG für Verluste aus gewerblicher Tierzucht und gewerblicher Tierhaltung (Sätze 1 und 2), aus Termingeschäften (Sätze 3 bis 5) sowie aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften (Sätze 6 bis 8) neben § 8 Abs. 8 KStG anwendbar.
1827
Durch § 15 Satz 1 Nr. 4 und 5 KStG werden der Ausschluss der vGA für Dauerverlustgeschäfte nach § 8 Abs. 7 KStG und die spartenbezogene Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 9 KStG auf die Organschaft übertragen (näher dazu § 15 KStG Rz. 139 ff. und 144 ff.).
1828
§ 7 Satz 5 GewStG überträgt die Auswirkungen der Spartentrennung des § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 3 KStG auf die Ermittlung des Gewerbeertrags bei Eigengesellschaften iSd. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG.1 4. Verhältnis zu höherrangigem Recht
1829
§ 8 Abs. 7 bis 9 KStG ermöglicht die Verlustverrechnung nur für Dauerverlustgeschäfte der öffentlichen Hand. Die hiermit verbundene Ungleichbehandlung privater Unternehmer verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da die Begünstigung an Gemeinwohlgründe anknüpft, die zu einer Förderung der Allgemeinheit im Rahmen der Daseinsvorsorge führen.2 Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Vorliegen eines Dauerverlustgeschäfts iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG als Differenzierungsmerkmal eng ausgelegt und auf das Fehlen einer konkreten Wettbewerbssituation beschränkt wird (Rz. 1867).3
1830
Die durch § 8 Abs. 7 bis 9 KStG eröffnete Verlustverrechnung im Rahmen des kommunalen Querverbunds stellt eine Beihilfe iSd. Art. 107 Abs. 1 AEUV dar.4 Die Möglichkeit der Verlustverrechnung begründet einen Wettbewerbsvorteil der öffentlichen Hand gegenüber privaten Unternehmern und wirkt daher selektiv. Die Anwendung der Beihilferegelungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieser Vorteil bei Kommunalbetrieben regelmäßig nicht zu einer Wettbewerbsverfälschung führt, da der Umfang der Verlustverrechnung nicht beschränkt ist und damit keine „De-minimis“-Beihilfe unterhalb von 200 000 Euro je Unternehmen und innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren vorliegt.5
1831
Die Neuregelung der Verlustverrechnung in § 8 Abs. 7 bis 9 KStG führt jedoch ohne inhaltliche Ausweitung die bisherige Verwaltungspraxis fort, die bereits bei Inkrafttreten der unionsrechtlichen Beihilferegelungen bestand. Die Verlustverrechnung im kommunalen Querverbund stellt damit eine Alt-Beihilfe dar, die nicht der für neue Beihilfen geltenden Anwendungssperre des Art. 108 Abs. 3 AEUV unterliegt.6
1832
Unabhängig von der Qualifikation als Alt-Beihilfe fehlt es für die Annahme eines Verstoßes der Verlustverrechnung im kommunalen Querverbund gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV überdies an der hierfür erforderlichen Wettbewerbsverfälschung.7 Denn die Verlustverrechnung setzt die Ausübung eines Dauerverlustgeschäfts iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG voraus, das bei Vorliegen einer konkreten Wettbewerbssituation ausgeschlossen ist (Rz. 1867).
1 Schulte in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 534. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 243; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1106; Geißelmeier/Bargenda, DStR 2009, 1333; aA Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043a. 3 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 832. 4 Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 70; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 829; Weitemeyer, FR 2009, 1 (9 ff.); aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 244a; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043: keine Wettbewerbsverfälschung. 5 Art. 2 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf „Deminimis“-Beihilfen v. 15.12.2006, ABl. EU L 379, 5. 6 FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); FG Sachs. v. 9.12.2010 – 1 K 184/07, juris (rkr.); FG Sachs. v. 15.12.2010 – 4 K 635/08, juris (rkr.); Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1405; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 503; Weitemeyer, FR 2009, 1 (13 f.); aA Heger in Gosch2, § 4 KStG Rz. 70; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 830. 7 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 831.
820
Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1833–1837 § 8
5. Rechtsentwicklung § 8 Abs. 7 bis 9 KStG wurden durch das JStG 20091 eingefügt. Durch das JStG 20102 wurde § 8 Abs. 9 KStG in Satz 8 um die Regelung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden negativen Gesamtbetrags der einzelnen Sparten ergänzt.
1833
II. VGA bei Dauerverlusten von BgA und Eigengesellschaften der öffentlichen Hand (Abs. 7) 1. Allgemeines Eine dauerdefizitäre wirtschaftliche Betätigung eines BgA oder einer von der öffentlichen Hand beherrschten KapGes. führt nicht dazu, dass die anfallenden Dauerverluste nach den Grundsätzen der Liebhaberei bei der Ermittlung des Einkommens keine Berücksichtigung finden. Für den BgA folgt dies aus § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG, wonach eine Gewinnerzielungsabsicht für die Einkommensermittlung nicht erforderlich ist.3 Bei KapGes. kommen die Grundsätze der Liebhaberei nicht zur Anwendung, da es an einer außerbetrieblichen Sphäre fehlt.4 Die Unterhaltung einer dauerdefizitären Tätigkeit durch den BgA bzw. die KapGes. führt gem. § 8 Abs. 7 Satz 1 KStG zu einer vGA iSd. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG; hierdurch ist die von der Verwaltung5 zunächst abgelehnte Rspr. des BFH6 festgeschrieben worden.7 § 8 Abs. 7 KStG ordnet zugleich an, dass die vGA bei Dauerverlustgeschäften von BgA und von durch die öffentliche Hand beherrschten KapGes. ohne steuerliche Auswirkung bleibt.
1834
2. Begünstigte Betriebe (Abs. 7 Satz 1) a) Betriebe gewerblicher Art (Abs. 7 Satz 1 Nr. 1) Zu den begünstigten Betrieben gehören nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 KStG BgA iSd. § 4 KStG. Hierzu zählen auch solche BgA, die aus einer Zusammenfassung einzelner BgA gem. § 4 Abs. 6 KStG entstanden sind (§ 4 KStG Rz. 123 ff.). Die Voraussetzungen sind dabei für jeden BgA iSd. § 4 KStG gesondert zu prüfen.8
1835
b) Eigengesellschaften (Abs. 7 Satz 1 Nr. 2) aa) Gleichbehandlung mit Betrieben gewerblicher Art KapGes., die dem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand unterliegen (Eigengesellschaften), zählen nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG zu den begünstigten Betrieben, wenn eine finanzielle Verantwortlichkeit der öffentlichen Hand für die Dauerverluste besteht.9 Als Eigengesellschaften kommen die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG genannten KapGes. sowie ausländische Gesellschaften mit vergleichbarer Rechtsform in Betracht.10 Durch die in § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG enthaltenen Anforderungen wird im Hinblick auf die begünstigte dauerdefizitäre Tätigkeit eine Gleichbehandlung der rechtlich selbstständigen Eigengesellschaften mit den BgA als unselbstständigen Einrichtungen der öffentlichen Hand erreicht.11
1836
bb) Mehrheit der Stimmrechte der öffentlichen Hand (Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Alt. 1) Die Einbeziehung von Eigengesellschaften setzt nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 1. Alt. KStG voraus, dass die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf die an der KapGes. beteiligten juristischen Personen des öffentlichen Rechts entfällt. Auf die Mehrheit der Kapitalanteile der Gesellschafter kommt es dagegen nicht an. Ausreichend ist die Mög-
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G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 = BStBl. I 2009, 74. G v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, 1768 = BStBl. I 2010, 1394. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 21. BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961. BMF v. 7.12.2007 – IV B 7 - S 2706/07/0011 – DOK 2007/0570512, BStBl. I 2007, 905. BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961 zu Eigengesellschaften; aA FG Düsseldorf v. 10.7.2003 – 10 K 2561/00 G, EFG 2003, 1408 (rkr.); v. 30.11.2006 – 15 K 637/04 F, EFG 2007, 435 (rkr.); zu BgA vgl. BFH v. 25.1.2005 – I R 8/04, BStBl. II 2006, 190. FG Düsseldorf v. 9.3.2009 – 6 K 3720/06 K, G, F, EFG 2010, 1443 (rkr.); FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 21. Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 840. Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1442. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 246; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 843. Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1440; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 246.
Paetsch
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1837
§ 8 Rz. 1837–1840
Ermittlung des Einkommens
lichkeit der Stimmrechtsausübung durch die öffentliche Hand zu mehr als 50 %.1 Grundlage für die Ausübung der Stimmrechte können sowohl das rechtliche oder wirtschaftliche Eigentum der Gesellschafter an den Anteilen als auch Stimmrechtsbindungsverträge und unwiderrufliche Stimmrechtsvollmachten sein, nach denen die öffentliche Hand die Stimmrechte Dritter eigenständig ausüben kann.2 Da es auf die bloße Möglichkeit der Beherrschung durch die öffentliche Hand ankommt, sind die Stimmrechte verschiedener juristischer Personen des öffentlichen Rechts zusammenzurechnen, auch wenn keine Verpflichtung besteht, diese einheitlich auszuüben.3 Hierbei sind auch Anteile juristischer Personen aus anderen Mitgliedstaaten der EU und des EWR einzubeziehen.4 1838
Für die Mehrheit der Stimmrechte ist neben den Stimmrechten aus der unmittelbaren Beteiligung an der Eigengesellschaft auch auf die Stimmrechte abzustellen, die der öffentlichen Hand mittelbar aus der Beteiligung an zwischengeschalteten KapGes. zustehen. Unmittelbare und mittelbare Stimmrechte der öffentlichen Hand sind hierbei zusammenzurechnen, da sie für die Möglichkeit der Beherrschung gleichwertig nebeneinander stehen.5 Die Berücksichtigung mittelbarer Stimmrechte setzt voraus, dass der öffentlichen Hand auf jeder Stufe der Beteiligungskette die Mehrheit der Stimmrechte an der zwischengeschalteten KapGes. zusteht, da den betreffenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur dann der Durchgriff auf die Stimmrechte an der Eigengesellschaft ermöglicht wird.6 Die Stimmrechte der einzelnen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind hierbei zusammenzurechnen. Die der zwischengeschalteten KapGes. zustehenden Stimmrechte an der Eigengesellschaft sind der öffentlichen Hand in vollem Umfang als mittelbare Stimmrechte zuzurechnen; ein „Durchrechnen“ der mittelbaren Beteiligung findet auch dann nicht statt, wenn private Dritte an der KapGes. beteiligt sind.7 cc) Verlusttragung ausschließlich durch öffentliche Hand (Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Alt. 2)
1839
§ 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 2. Alt. KStG sieht als weitere Voraussetzung für die Begünstigung von Eigengesellschaften vor, dass die begünstigten Dauerverluste nachweislich ausschließlich von den Gesellschaftern der öffentlichen Hand getragen werden. Hierdurch sollen private Dritte, die sich an Eigengesellschaften beteiligen, von der Möglichkeit der durch § 8 Abs. 7 KStG eröffneten Verlustnutzung ausgeschlossen werden.8 Die Höhe der von der öffentlichen Hand zu tragenden Dauerverluste richtet sich nach dem handelsrechtlichen Ergebnis aus dem jeweiligen Dauerverlustgeschäft vor Verlustübernahme oder anderweitiger Verlustkompensation.9
1840
Für die Verlusttragung ist es dem Normwortlaut („… Dauerverluste … getragen“) nach ausreichend, dass die Dauerverluste im wirtschaftlichen Ergebnis auf die öffentliche Hand entfallen. Entscheidend ist, ob die Dauerverluste tatsächlich von der öffentlichen Hand getragen wurden; einer Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Verlusttragung bedarf es daher nicht zwingend.10 Zu einer Verlusttragung kommt es schon bei einem tatsächlichen Verlustausgleich durch Einlagen, darüber hinaus aber selbstverständlich auch, wenn die unmittelbar oder mittelbar beteiligten juristischen Personen schuldrechtlich, gesellschaftsrechtlich oder aufgrund kommunalrechtlicher Vorschriften zum Verlustausgleich verpflichtet sind.11 Ferner tragen diese Anteilseigner die Dauerverluste entsprechend ihrer Beteiligungs1 Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 515; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 845; aA Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1112: qualifizierte Mehrheit. 2 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1443; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 846; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 247; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 515; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 26. 3 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1445; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 247, 249. 4 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 26. 5 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 250; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 515. 6 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 27; Bracksiek, FR 2009, 15 (19); Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 847 (mit Beispielen). 7 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1447; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 250; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 516; aA Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043e; Schiffers, GmbH-StB 2009, 67. 8 Schulte in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 532; Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1450; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 251. 9 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 28. 10 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 848; aA BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 30. 11 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1452; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043e; Bracksiek, FR 2009, 15 (19); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 28; aA Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 7 KStG Rz. 30; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 517; Geißelmeier/Bargenda,
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K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1840–1843 § 8
quote auch bei einer Verrechnung mit Gewinnen oder Gewinnvorträgen aus anderweitigen Tätigkeiten der Eigengesellschaft oder durch die Wertminderung des Anteils aufgrund von Bilanzverlusten.1 Die Dauerverluste einer Eigengesellschaft werden immer dann ausschließlich von juristi- 1841 schen Personen des öffentlichen Rechts übernommen, wenn die Gesellschaftsanteile an der Eigengesellschaft bzw. an zwischengeschalteten KapGes. allein der öffentlichen Hand zustehen. Eine anteilige Verlusttragung entsprechend der Beteiligungsquote der einzelnen juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist hierfür nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 2. Alt. KStG nicht erforderlich.2 Die Verwaltung fordert demgegenüber eine anteilige Verlusttragung zumindest für die mehrheitsvermittelnden Gesellschafter,3 deren konkrete Bestimmung jedoch unklar bleibt. Darüber hinaus lässt sie die Begünstigung bei einer disquotalen Verlusttragung für den Verkehrsbereich zu, wenn hierfür vernünftige Gründe bestehen.4 Für die Beschränkung auf den Verkehrsbereich fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage; wirtschaftliche Gründe für eine disquotale Verlusttragung sind aber erforderlich, um eine missbräuchliche Gestaltung iSd. § 42 AO auszuschließen.5 Sind an der Eigengesellschaft unmittelbar oder mittelbar auch private Dritte beteiligt, setzt die ausschließliche Verlusttragung durch die öffentliche Hand besondere Maßnahmen voraus, die im Hinblick auf die Dauerverluste zu einer Abweichung von der allgemeinen Verlusttragung entsprechend der Beteiligungsquote führen.6 Hierzu müssen die Dauerverluste von den Anteilseignern der öffentlichen Hand entweder durch disquotale Einlagen, die bei einer Liquidation nicht wieder an diese Gesellschafter ausgekehrt werden dürfen, tatsächlich ausgeglichen oder durch eine entsprechende rechtliche Verpflichtung übernommen werden.7 Dies gilt aufgrund der tätigkeitsbezogenen Betrachtung der Verlusttragung (Rz. 1849) auch dann, wenn die Dauerverluste mit anderen gewinnbringenden Tätigkeiten verrechnet werden und auf die privaten Mitgesellschafter somit ein positives Gesamtergebnis entfällt. Ist die öffentliche Hand über einen BgA oder als alleinige Anteilseignerin über eine KapGes. Organträgerin der Eigengesellschaft, folgt die ausschließliche Verlusttragung aus dem Ergebnisabführungsvertrag.8 Zu einer ausschließlichen Übernahme der Dauerverluste durch die öffentliche Hand kommt es auch dann, wenn die privaten Mitgesellschafter aufgrund einer disquotalen Gewinnausschüttung9 nur an gewinnbringenden Tätigkeiten der Eigengesellschaft beteiligt sind. Die Anerkennung einer derartigen Bereichsdividende („tracking stock“)10 setzt das Vorliegen wirtschaftlicher Gründe voraus, die insbesondere in einer disquotalen Einlage durch die privaten Mitgesellschafter bestehen können.11
1842
Die Begünstigung der Eigengesellschaften setzt den Nachweis voraus, dass die Dauerver- 1843 luste ausschließlich durch die öffentliche Hand getragen werden. Bei mittelbarer Beteiligung ist der Nachweis über die gesamte Beteiligungskette zu führen.12 Der Nachweis kann zeitlich nicht nur durch eine rechtliche Verpflichtung vor Aufnahme der Dauerverlustgeschäfte erbracht werden, sondern auch durch einen tatsächlichen Ausgleich der Dauerverluste bis unmittelbar nach Feststellung der Bilanz bzw. nach unanfechtbarer Feststellung der im Rah-
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DStR 2009, 1333; Strahl, KÖSDI 2011, 17546 (17555): kein Dauerverlustgeschäft bei schuldrechtlichem Verlustausgleich. FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1454; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 29. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 251; ähnlich Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 850. BayLfSt v. 18.10.2010 – S 2706.1.1 - 14/2 St 31, DStR 2010, 2636 Rz. 1. BayLfSt v. 18.10.2010 – S 2706.1.1 - 14/2 St 31, DStR 2010, 2636 Rz. 2: Verlusttragung der beteiligten Landkreise entsprechend den an diese erbrachten Verkehrsdienstleistungen der Eigengesellschaft. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 7 KStG Rz. 62c; Pinkos, DStZ 2010, 96 (101); Kirchhof, DStR 2010, 1659 (1661). Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1455; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 251a. Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1456; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 29 f. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 251a; Eversberg, DStZ 2012, 278 (282); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 31. Dazu Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 852. Kirchhof, DStR 2010, 1659 (1660); Pinkos, DStZ 2010, 96 (101). Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1458; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 32; v. 17.12.2013 – IV C 2 - S 2750 - a/11/10001 – DOK 2013/1143118, BStBl. I 2014, 63. Schulte in Erle/Sauter3, § 4 KStG Rz. 532; BT-Drucks. 16/10189, 70.
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§ 8 Rz. 1843–1847
Ermittlung des Einkommens
men einer Außenprüfung geänderten Dauerverluste.1 Die Darlegungs- und Beweislast trägt derjenige, welcher sich auf die Begünstigung seiner Eigengesellschaften nach § 8 Abs. 7 KStG berufen möchte.2 3. Begünstigte Dauerverlustgeschäfte (Abs. 7 Satz 2) a) Ausübung eines Dauerverlustgeschäfts 1844
Durch das Tatbestandsmerkmal des Dauerverlustgeschäfts wird in § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG die bisherige Verwaltungspraxis der Begünstigung dauerdefizitärer Tätigkeiten der öffentlichen Hand auf die wirtschaftliche Betätigung in den abschließend aufgezählten Bereichen sowie auf hoheitliche Dauerverlustgeschäfte von Eigengesellschaften erweitert und konkretisiert. Hierdurch werden insbesondere die Tätigkeiten erfasst, die von der öffentlichen Hand nach den einschlägigen kommunalrechtlichen Vorschriften ausgeübt werden dürfen.3 Ist die dauerdefizitäre Tätigkeit nicht als Dauerverlustgeschäft iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG anzusehen, so finden die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 7 Satz 1 KStG keine Anwendung.4
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Das Dauerverlustgeschäft muss durch den begünstigten Betrieb unmittelbar ausgeübt werden.5 Bei einer Zusammenfassung einzelner BgA nach § 4 Abs. 6 KStG ist hierbei auf den zusammengefassten BgA abzustellen.6 Wird die dauerdefizitäre Tätigkeit vom begünstigten Betrieb organisatorisch auf eine andere Einrichtung ausgegliedert, so muss diese Einrichtung ihrerseits als begünstigter Betrieb ein Dauerverlustgeschäft ausüben.7 Ein dauerdefizitärer Verpachtungs-BgA iSd. § 4 Abs. 4 KStG wird von der Begünstigung erfasst, wenn der jeweilige Pächter selbst ausschließlich die in § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG aufgeführten Tätigkeiten ausübt.8 Die Überlassung einer kommunalen Multifunktionshalle (Stadthalle) an verschiedene Nutzer führt dagegen auch dann nicht zu einem begünstigten Dauerverlustgeschäft, wenn die einzelnen Nutzer in den begünstigten Bereichen tätig werden.9
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Wird das begünstigte Dauerverlustgeschäft von einer Organgesellschaft ausgeübt, so findet § 8 Abs. 7 KStG nicht bei der Organgesellschaft, sondern bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers Anwendung (§ 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 KStG).10
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Bei einer Beteiligung an einer Personengesellschaft ist die begünstigte dauerdefizitäre Tätigkeit der Trägerkörperschaft im Rahmen des einheitlichen BgA anteilig als Dauerverlustgeschäft zuzurechnen; dies gilt aufgrund § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG auch dann, wenn die Gesellschaft mangels weiterer gewinnbringender Tätigkeiten nicht als Mitunternehmerschaft anzusehen ist.11 Die Zurechnung erfolgt entgegen der Auffassung der Verwaltung in gleicher Weise bei Eigengesellschaften, bei denen es aufgrund des Fehlens einer außerbetrieblichen Sphäre ebenfalls nicht auf die Gewinnerzielungsabsicht der Personengesellschaft ankommt.12
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6 7 8 9
10 11 12
Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1453; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 253 f. Vgl. Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 879. BT-Drucks. 16/10189, 70. BT-Drucks. 16/10189, 70. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 256; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043c; Bracksiek, FR 2009, 15 (18); Rang/Baldauf, DStZ 2014, 38 (42); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 47, 51; aA Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1501; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 521; Strahl, DStR 2010, 193 (196); Leippe, DStZ 2010, 106 (112 f.). BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 22. Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1124; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 245a; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043c. Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1433, 1504; Baldauf, DStZ 2010, 523 (529); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 47. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 47; Rang/Baldauf, DStZ 2014, 38 (42); aA Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 872; Korn/Strahl, KÖSDI 2010, 16801 (16808 f.); Kronawitter, DStZ 2010, 370 (374); Maier, DStR 2010, 198 (199). Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 854. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 60 f.; Kronawitter, DStZ 2010, 370 (374); Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 858. Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1581; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 246; aA BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 63.
824
Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1848–1853 § 8
b) Wirtschaftliche Dauerverlustgeschäfte (Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1) aa) Wirtschaftliche Betätigung im Bereich der Daseinsvorsorge Die wirtschaftliche Betätigung eines BgA oder einer Eigengesellschaft bildet gem. § 8 Abs. 7 1848 Satz 2 Halbs. 1 KStG ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft, soweit sie aus den abschließend aufgezählten Gemeinwohlgründen ohne kostendeckendes Entgelt erfolgt. An einer wirtschaftlichen Betätigung fehlt es bei einer bloßen Vermögensverwaltung oder einer hoheitlichen Tätigkeit der Trägerkörperschaft, da insoweit kein BgA vorliegt.1 Dies gilt in gleicher Weise für entsprechende Tätigkeiten einer Eigengesellschaft; bei einer hoheitlichen Tätigkeit kommt ein Dauerverlustgeschäft nach § 8 Abs. 7 Satz 2 letzter Halbs. KStG in Betracht (Rz. 1869 f.). Die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch die Trägerkörperschaft führt dagegen zu einer wirtschaftlichen Betätigung, soweit sie einen Verpachtungs-BgA iSd. § 4 Abs. 4 KStG begründet (§ 4 KStG Rz. 99 ff.).2 Ein Dauerverlustgeschäft setzt nicht voraus, dass die wirtschaftliche Betätigung in einem organisatorisch abgrenzbaren Bereich des BgA oder der Eigengesellschaft ausgeübt wird. Maßgeblich für das Dauerverlustgeschäft ist eine tätigkeitsbezogene Betrachtung der Entgeltstruktur, bei der es auf das Vorliegen weiterer gewinnbringender Betätigungen des begünstigten Betriebs nicht ankommt.3 Dies gilt auch dann, wenn ein dauerdefizitärer BgA nach § 4 Abs. 6 KStG mit einem gewinnbringenden BgA zusammengefasst wird; ein Verlustausgleich beim zusammengefassten BgA ist damit nur möglich, soweit ein Dauerverlustgeschäft vorliegt.4 Führt die Beteiligung der Trägerkörperschaft an einer Personengesellschaft zu einem BgA (§ 4 KStG Rz. 32 ff.), so kommt es für die Beurteilung des Dauerverlustgeschäfts nur auf die einzelne dauerdefizitäre Tätigkeit an.
1849
Ein Dauerverlustgeschäft liegt nur bei einer wirtschaftlichen Betätigung aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- und gesundheitspolitischen Gründen vor. Die in § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG genannten Gemeinwohlgründe führen wegen ihrer Unbestimmtheit zu großen Unsicherheiten bei der Abgrenzung der begünstigten Dauerverlustgeschäfte.5 Die Annahme eines Dauerverlustgeschäfts darf nicht von der „politischen“ Motivation der Trägerkörperschaft abhängig sein, mit der Erbringung von Leistungen, die in den Aufgabenbereich der öffentlichen Hand fallen, einer faktischen Erwartungshaltung des Bürgers zu entsprechen,6 sondern muss auf objektiven Kriterien beruhen. Bei der Auslegung der Gemeinwohlgründe ist daher entspr. der Intention des Gesetzgebers7 darauf abzustellen, ob objektiv eine dauerdefizitäre Tätigkeit im Bereich der Daseinsvorsorge vorliegt.8 Die Gemeinwohlgründe müssen für die Vornahme einer solchen Tätigkeit ursächlich sein; hieran fehlt es bei Vorliegen einer konkreten Wettbewerbssituation (Rz. 1864 ff.).
1850
Aus den abschließend aufgezählten Gemeinwohlgründen des § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG ergeben sich folgende begünstigte Tätigkeitsbereiche der Daseinsvorsorge:9
1851
–
Der Verkehrsbereich umfasst den öffentlichen Nahverkehr, die Parkraumbewirtschaftung10 sowie Flughafen-, Hafen- und Fährbetriebe. Zum öffentlichen Nahverkehr gehört die Beförderung von Personen und Gütern, nicht aber die alleinige Bewirtschaftung der Infrastruktur (Schienen- und Straßennetz), wenn die Beförderungsleistungen von Dritten erbracht werden und kein Verpachtungs-BgA vorliegt, da die begünstigte Tätigkeit insoweit nicht unmittelbar durch den BgA bzw. die Eigengesellschaft ausgeübt wird (Rz. 1845).11
1852
–
In den Umweltbereich fallen die Unterhaltung von Parks und Gärten,12 die Straßen- und Wegereinigung sowie die Abwasserbeseitigung, soweit diese keinen Hoheitsbetrieb dar-
1853
1 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1121; Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1490, 1502. 2 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1502. 3 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 26; Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1474; Frotscher in Frotscher/ Maas, § 8 KStG Rz. 256; kritisch Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1121. 4 Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 25; Maier, DStR 2010, 198 (199). 5 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043a f. 6 Vgl. hierzu BT-Drucks. 16/10189, 69. 7 BT-Drucks. 16/10189, 69. 8 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 866: „gemeinsames Wesensmerkmal“. 9 Zu den Beispielen der einzelnen Tätigkeiten BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 41 ff. 10 FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.): Parkhaus. 11 AA Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 522; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 869. 12 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 872.
Paetsch
825
§ 8 Rz. 1853–1859
Ermittlung des Einkommens
stellt (§ 4 KStG Rz. 115).1 Die Entsorgung von Hausmüll wird als hoheitliche Tätigkeit nicht von § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG erfasst; dies gilt seit dem 1.6.2012 in gleicher Weise für die Entsorgung von Gewerbemüll (§ 4 KStG Rz. 114). 1854
–
Zum Sozialbereich zählen der Betrieb von Kindergärten und Kindertagesstätten sowie von Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenhilfe und Senioreneinrichtungen. In den Sozialbereich fällt auch der Betrieb von Einrichtungen zur Verpflegung an Schulen (Schulmensen)2 und von Einrichtungen zur Förderung des Wohlfahrtswesens.3
1855
–
Der Kulturbereich umfasst den Betrieb von Bibliotheken und Büchereien, Museen, kulturellen Ausstellungen einschließlich Baudenkmäler und historischer Märkte bzw. Volksfeste4 sowie von kulturellen Kinos, Opernhäusern, Theatern, Bühnen, Orchestern und Chören. Der Betrieb von zoologischen und botanischen Gärten fällt ebenfalls in den Kulturbereich; im Übrigen ist die Unterhaltung von Parks und Gärten dem Umweltbereich zuzuordnen (Rz. 1853).5
1856
–
Zum Bildungsbereich gehören der Betrieb von (nicht hoheitlichen) Schulen, Hochschulen, Volkshochschulen und Musikschulen sowie die Kurstätigkeit öffentlich-rechtlicher Berufsverbände (Kammern, Innungen).6
1857
–
In den Gesundheitsbereich fallen der Betrieb von Krankenhäusern und Sanatorien, medizinischen Beratungsstellen und Kureinrichtungen (zB Kurhäusern und Kurparks) sowie von Schwimmbädern, Freibädern (einschließlich sog. Spaßbäder) und sonstigen Sportanlagen (zB Skilift- und Skisprunganlagen).7 Beherbergungsbetriebe sind dagegen nicht dem begünstigten Gesundheitsbereich zuzuordnen.8 Eine Zuordnung zum Gesundheitsbereich scheidet auch bei Einrichtungen aus, bei deren Betrieb der Freizeitcharakter im Vordergrund steht.9
1858
Dauerdefizitäre Tätigkeiten, die nicht den begünstigten Bereichen zuzuordnen sind, führen nicht zu Dauerverlustgeschäften. Hierzu gehören insbesondere folgende Tätigkeiten:10 –
Fremdenverkehrsförderung
–
Wirtschaftsförderung11
–
Messe- und Markttätigkeiten12
–
Betrieb von Technologiezentren
–
Betrieb von Stadthallen (Rz. 1845)
bb) Dauerverlust 1859
Die wirtschaftliche Betätigung muss ohne kostendeckendes Entgelt erfolgen und hierdurch zu einem Dauerverlust führen.13 Eine unentgeltliche Tätigkeit ist nicht begünstigt, da es insoweit sowohl bei BgA als auch bei Eigengesellschaften an einer wirtschaftlichen Betätigung fehlt.14 Zuschüsse der Trägerkörperschaft können keine entgeltliche Tätigkeit begründen,
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
13 14
Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 523; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 870. Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 528; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 871. Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 871: Armenspeisung und Betreuung Obdachloser. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 258; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 528; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 872; Pinkos, DStZ 2010, 96 (102). Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 872. Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 526; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 873. Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 527; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 874. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 46. Vgl. Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 874: Minigolfanlagen, Kartbahnen, Trab- und Pferderennbahnen. Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1487; Meier, FR 2010, 168 (170). FG Düsseldorf v. 9.3.2009 – 6 K 3720/06 K, G, F, EFG 2010, 1443 (rkr.); kritisch Kohlhepp in Schnitger/ Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 875; Leippe, DStZ 2010, 106 (111 f.). Vgl. aber Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 528: Begünstigung in Einzelfällen nach § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2 KStG; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 875: Zuordnung in Einzelfällen zum Umwelt-, Kultur- oder Bildungsbereich. FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 36. Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1493; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 257; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 529; Bracksiek, FR 2009, 15 (18); aA Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 884.
826
Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1859–1864 § 8
wenn es an sonstigen Einnahmen fehlt.1 Kostendeckende Entgelte, die zu einem ausgeglichenen Ergebnis führen, sind nach dem eindeutigen Wortlaut nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt.2 Ein Dauerverlust liegt vor, wenn aufgrund einer Prognose nach den Verhältnissen des jeweiligen VZ3 nicht mit einem positiven oder ausgeglichenen Ergebnis bzw. mit einem steuerlichen Totalgewinn zu rechnen ist.4 Die Prognose erstreckt sich entsprechend der Rspr. zur vGA bei KapGes.5 auf einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren.6 Ein Dauerverlust wird nicht durch Gewinne in einzelnen Veranlagungszeiträumen ausgeschlossen.7 Da die Ermittlung des Einkommens nach § 8 KStG an den VZ anknüpft, müssen die Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Dauerverlustgeschäfts im gesamten VZ erfüllt sein; eine Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG bis zum Zeitpunkt des unterjährigen Wegfalls der Voraussetzungen kommt daher nicht in Betracht.8
1860
Anlaufverluste können für sich allein keinen Dauerverlust begründen, da es insoweit an einer vGA fehlt.9 Gleiches gilt regelmäßig auch für vorübergehende Verluste in einzelnen Veranlagungszeiträumen; eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn diese Verluste überwiegend aus den begünstigten Gemeinwohlgründen getragen werden und die spätere gewinnbringende Tätigkeit nicht mit der vorübergehenden Verlusttätigkeit übereinstimmt.10
1861
Die Prognose der Kostendeckung knüpft an die handelsrechtliche Gewinnermittlung an.11 Bei der Ermittlung der Kostendeckung sind alle Einnahmen und Aufwendungen zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit den Wirtschaftsgütern des notwendigen Betriebsvermögens stehen, die funktionell der jeweiligen Tätigkeit zuzuordnen sind.12 Dies gilt auch dann, wenn sie nicht der Besteuerung unterliegen bzw. den Gewinn nicht mindern dürfen.13 Für die Beurteilung der Kostendeckung sind die Einnahmen den unmittelbar der begünstigten Tätigkeit zuzuordnenden Kosten und den hierauf entfallenden Anteilen an den Gemeinkosten gegenüberzustellen.14
1862
Aufgabe- und Veräußerungsgewinne wirken sich zwar auf den Totalgewinn aus; sie bleiben als Einnahmen bei der Ermittlung der Kostendeckung aufgrund des begrenzten Prognosezeitraums aber außer Betracht.15
1863
cc) Kausalität der Gemeinwohlgründe für die dauerdefizitäre Tätigkeit Die dauerdefizitäre Tätigkeit muss aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen erfolgen. Die Gemeinwohlgründe müssen damit für die
1 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043c; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 529. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 257; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043c; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 885; aA Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1122; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 530; Bracksiek, FR 2009, 15 (18 f.); Leippe, DStZ 2010, 106 (110); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 36. 3 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 893. 4 FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 36. 5 BFH v. 17.2.1993 – I R 3/92, BStBl. II 1993, 457; v. 15.5.2002 – I R 92/00, BFH/NV 2002, 1538. 6 Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 520; Strahl, DStR 2010, 193 (196); aA Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 891: Totalperiode. 7 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 38. 8 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 892 f.; aA Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 520; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 39. 9 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1497; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 259; Hüttemann, DB 2009, 2629 (2631); BT-Drucks. 16/10189, 70. 10 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 890. 11 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1495; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 520; aA Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 889; Geißelmeier/Bargenda, DStR 2009, 1333 (1338): steuerliche Gewinnermittlung maßgebend. 12 FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1499; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 257; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 36. 13 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 36. 14 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 889. 15 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1499; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 520; Leippe, DStZ 2010, 106 (110); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 37; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 257; Meier, FR 2010, 168; offengelassen FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.).
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827
1864
§ 8 Rz. 1864–1869
Ermittlung des Einkommens
dauerdefizitäre Tätigkeit ursächlich sein. Die Feststellungslast für die Ursächlichkeit der Gemeinwohlgründe trägt der begünstigte Betrieb. 1865
Die Kausalität setzt voraus, dass die Gemeinwohlgründe durch die dauerdefizitäre Tätigkeit unmittelbar gefördert werden; von der Begünstigung werden daher weder mittelbar förderliche Tätigkeiten – wie Reinigungsleistungen für einen dauerdefizitären Bäderbetrieb – noch solche Tätigkeiten erfasst, die nicht zur Förderung der begünstigten Bereiche geeignet sind.1 Zur begünstigten Haupttätigkeit zählen dagegen auch bloße Nebentätigkeiten, durch die der mit der Haupttätigkeit verfolgte Gemeinwohlgrund unterstützt werden soll; zur Abgrenzung von anderen nicht begünstigten Haupttätigkeiten einer Eigengesellschaft ist insbesondere auf die Höhe der mit der Tätigkeit erzielten Einkünfte und die betriebswirtschaftliche Unterstützungsfunktion abzustellen.2
1866
Die Gemeinwohlgründe müssen zudem dafür ursächlich sein, dass die wirtschaftliche Betätigung in den begünstigten Bereichen ohne kostendeckende Entgelte erfolgt. Ein bewusster Verzicht auf kostendeckende Entgelte – etwa aufgrund der Erwartungshaltung der Allgemeinheit im Hinblick auf die Leistungen der Daseinsvorsorge3 – ist hierfür nicht erforderlich; es reicht vielmehr aus, dass der begünstigte Betrieb tatsächlich von kostendeckenden Entgelten absieht, da diese aufgrund der Marktsituation in den begünstigten Bereichen nicht erzielt werden können.4 Die dauerdefizitäre Tätigkeit wird nicht aus den Gemeinwohlgründen unterhalten, wenn eine Fehlkalkulation vorliegt.5
1867
Befindet sich die öffentliche Hand mit der dauerdefizitären Tätigkeit in einer konkreten Wettbewerbssituation zu privaten Unternehmen, so wird diese Tätigkeit nicht kausal durch die Gemeinwohlgründe veranlasst, da die begünstigten Leistungen der Daseinsvorsorge auch von privaten Wettbewerbern erbracht werden können.6 Für die Prüfung der Wettbewerbssituation ist auf die konkreten Verhältnisse des lokalen Marktes abzustellen (§ 4 KStG Rz. 104). Bei Verkehrsbetrieben kommt es hierbei auf den Betrieb des Gesamtnetzes des jeweiligen Versorgungsgebiets einschließlich unrentabler Strecken an, sodass ein Wettbewerb zu privaten Unternehmen in Teilbereichen des Gesamtnetzes unschädlich ist.7
1868
Die Begünstigung des § 8 Abs. 7 KStG greift nur ein, „soweit“ die Gemeinwohlgründe für die dauerdefizitäre Tätigkeit ursächlich sind. Bei gemischter Veranlassung der dauerdefizitären Tätigkeit ist damit eine Aufteilung der mit der Tätigkeit erwirtschafteten Verluste entsprechend der Verursachungsbeiträge vorzunehmen.8 Dies setzt jedoch eine Quantifizierung der Gemeinwohlgründe und sonstiger nicht begünstigter Gründe voraus, die in der Praxis auf große Schwierigkeiten stoßen und allenfalls im Rahmen einer groben Schätzung zu erreichen sein dürfte.9 c) Dauerverluste als Ausfluss hoheitlicher Tätigkeit (Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2)
1869
Bei Eigengesellschaften liegt gem. § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2 KStG ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft auch dann vor, wenn das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört. Die Tätigkeit muss zu einem Dauerverlust führen, da es ansonsten an einer vGA fehlt.10 Von der Begünstigung werden aufgrund des von § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG abweichenden Wortlauts auch unentgeltliche Tätigkeiten erfasst. Die Begünstigung hoheitlicher Dauerverlustgeschäfte er1 FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1124; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043c; Bracksiek, FR 2009, 15 (18); Meier, FR 2010, 168 (169). 2 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 895. 3 BT-Drucks. 16/10189, 69 f. 4 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043c; aA Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1122; Kohlhepp in Schnitger/ Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 887 f. 5 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1112; Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1494; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 257a; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043b. 6 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1112; Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1494; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 257a; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043b; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 867. 7 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 868. 8 FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); Krämer in D/P/M, § 4 KStG Rz. 27: tätigkeitsbezogene Auslegung; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 894; Bracksiek, FR 2009, 15 (17). 9 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043c; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 521; Bracksiek, FR 2009, 15 (17 f.). 10 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1519; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 260; Geißelmeier/ Bargenda, DStR 2009, 1333 (1338).
828
Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1869–1872 § 8
folgt vor dem Hintergrund, dass im Gegensatz zum BgA, der sich gem. § 4 Abs. 5 KStG nicht auf hoheitliche Tätigkeiten erstreckt, derartige dauerdefizitäre Tätigkeiten bei einer KapGes. mangels außerbetrieblicher Sphäre zu einer vGA führen können.1 Zu den hoheitlichen Dauerverlustgeschäften zählen alle Tätigkeiten der Eigengesellschaft, die bei Ausübung durch die unmittelbar oder mittelbar beteiligte juristische Person des öffentlichen Rechts zu deren Hoheitsbetrieb gehören würden.2 Für die Beurteilung, ob eine hoheitliche Tätigkeit vorliegt, finden die für die Abgrenzung zwischen BgA und Hoheitsbetrieb geltenden Kriterien des § 4 Abs. 5 KStG Anwendung (§ 4 KStG Rz. 103 ff.).3 Ein hoheitliches Dauerverlustgeschäft liegt danach vor, wenn der begünstigte Betrieb als Erfüllungsgehilfe oder Beliehener in die hoheitliche Tätigkeit eingebunden ist.4 Fehlt es hieran, so kommt ein hoheitliches Dauerverlustgeschäft nur dann in Betracht, wenn die Eigengesellschaft öffentlich-rechtliche Aufgaben ihrer Gesellschafter erfüllt, ohne dass eine Wettbewerbssituation gegeben ist (§ 4 KStG Rz. 104). Die Begünstigung erfasst hierbei alle Tätigkeiten, die im Zusammenhang („Ausfluss“) mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben stehen.5 Die Vermögensverwaltung in Form einer nicht kostendeckenden Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit führt nicht zu einem begünstigten hoheitlichen Dauerverlustgeschäft der Eigengesellschaft.6
1870
4. Ausschluss der Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung Die Ausübung eines Dauerverlustgeschäfts iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG durch die begünstig- 1871 ten Betriebe führt tatbestandlich zu einer vGA, deren Rechtsfolgen jedoch durch § 8 Abs. 7 Satz 1 KStG ausgeschlossen werden.7 Bei der Ermittlung des Einkommens des begünstigten Betriebs unterbleibt damit die außerbilanzielle Hinzurechnung der Dauerverluste einschließlich eines Gewinnaufschlags gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.8 § 8 Abs. 7 Satz 1 KStG wirkt sich zudem auf der Ebene der Trägerkörperschaft bzw. der an der Eigengesellschaft beteiligten juristischen Personen des öffentlichen Rechts in der Weise aus, dass dort keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen, für die vom begünstigten Betrieb Kapitalertragsteuer einzubehalten wäre.9 Sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 KStG nicht erfüllt, begründet die dauerdefizitäre Tätigkeit eine vGA in Höhe des Dauerverlusts zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags.10 Da § 8 Abs. 7 KStG das körperschaftsteuerliche Ergebnis beeinflusst, welches nach § 7 GewStG der GewSt zugrunde zu legen ist, schlägt die Norm auf die GewSt durch.11 5. Zeitliche Anwendung Der Ausschluss der Rechtsfolgen der vGA durch § 8 Abs. 7 KStG gilt gem. § 34 Abs. 6 Satz 4 KStG idF des AIFM-StAnpG12 auch für Veranlagungszeiträume vor 2009; hierbei handelt es sich um eine echte Rückwirkung zugunsten der begünstigten Betriebe.13 Nach der Übergangsregelung des § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG idF des AIFM-StAnpG besteht zugunsten der Betriebe Bestandsschutz bis zum VZ 2011, soweit sie im Einzelfall vor dem Stichtag des
1 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 50. 2 FG Düsseldorf v. 9.3.2009 – 6 K 3720/06 K, G, F, EFG 2010, 1443 (rkr.); vgl. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 50: Schulschwimmen in öffentlichem Bad. 3 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1516; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 535. 4 FG Düsseldorf v. 9.3.2009 – 6 K 3720/06 K, G, F, EFG 2010, 1443 (rkr.); Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1516. 5 Vgl. FG Düsseldorf v. 9.3.2009 – 6 K 3720/06 K, G, F, EFG 2010, 1443 (rkr.): Schaffung von Gewerbeflächen und Veräußerung an ansiedlungswillige Unternehmen. 6 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 51. 7 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 904 mwN. 8 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 905. 9 Bott in Ernst & Young, § 8 KStG Rz. 1525; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 261a; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 906; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 23, 25. 10 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1162; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1043f; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 907; Heurung/Seidel, BB 2009, 1786 (1788); aA Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 511; Hüttemann, DB 2009, 2629 (2632); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 52: vGA nur in Höhe des Dauerverlusts. 11 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 908. 12 G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. 13 FG Köln v. 9.3.2010 – 13 K 3181/05, EFG 2010, 1345 (rkr.); FG Sachs. v. 9.12.2010 – 1 K 184/07, juris (Rev. I R 58/11).
Paetsch
829
1872
§ 8 Rz. 1872–1876
Ermittlung des Einkommens
18. Juni 2008 nach anderen Grundsätzen eine günstigere Behandlung erfahren haben; dies gilt auch dann, wenn hierbei gegen bestehende Verwaltungsanweisungen verstoßen wurde.1 Die Übergangsregelung erfasst dauerdefizitäre Tätigkeiten, die nicht zu Dauerverlustgeschäften iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG gehören, sowie Eigengesellschaften, bei denen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG nicht erfüllt sind.2 Entfallen diese Voraussetzungen dagegen erst nach dem maßgeblichen Stichtag, so findet die Übergangsregelung ab dem entsprechenden VZ keine Anwendung mehr (§ 34 Abs. 6 Satz 6 KStG idF des AIFMStAnpG). S. dazu auch § 34 KStG Rz. 68 f.
III. Verlustverrechnung bei Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (Abs. 8) 1. Allgemeines 1873
Durch § 8 Abs. 8 KStG wird die Verlustverrechnung bei der Zusammenfassung von BgA gem. § 4 Abs. 6 KStG auf die jeweiligen BgA beschränkt; ein Verlustabzug zwischen dem zusammengefassten BgA und den einzelnen vor und nach der Zusammenfassung bestehenden BgA ist ausgeschlossen, soweit die BgA nicht gleichartig sind. § 8 Abs. 8 KStG knüpft an die in § 8 Abs. 7 KStG geregelten Dauerverlustgeschäfte an, die bei den betreffenden BgA nicht mehr die Rechtsfolgen einer vGA nach sich ziehen (Rz. 1871) und damit zu stetig ansteigenden Verlustvorträgen führen.3 Die Beschränkung der Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 8 KStG greift jedoch unabhängig davon, ob die Verluste aus einer dauerdefizitären Tätigkeit stammen oder ob es sich um Anlaufverluste bzw. Verluste gewinnträchtiger BgA in einzelnen Wj. handelt.4
1874
§ 8 Abs. 8 KStG beschränkt nur den Vor- und Rücktrag von Verlusten zwischen dem zusammengefassten BgA und den einzelnen vor und nach der Zusammenfassung bestehenden BgA. Zinsvorträge nach § 4h EStG iVm. § 8a KStG werden von der Vorschrift nicht erfasst.5 Die Beschränkung der Verlustverrechnung wirkt sich auch nicht auf den Bestand der Rücklagen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG (§ 4 KStG Rz. 87) aus, da es an einer entspr. Regelung in § 8 Abs. 8 KStG fehlt.6 2. Verlustabzug beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art (Abs. 8 Sätze 1 und 3)
1875
Werden mehrere BgA nach § 4 Abs. 6 KStG zusammengefasst, so eröffnet § 8 Abs. 8 Satz 1 KStG für die Verluste des zusammengefassten BgA, die nach dem Ausgleich der Gewinne und Verluste aus den einzelnen BgA verbleiben (§ 4 KStG Rz. 135), den Verlustabzug nach § 10d EStG; der zusammengefasste BgA ist also für Zwecke der Bestimmung des Verlustabzugs als eigenes Ermittlungssubjekt zu sehen.7 Der Verlustabzug gilt nicht nur bei einer Zusammenfassung einzelner BgA, sondern auch bei einer Kettenzusammenfassung eines bereits zuvor zusammengefassten BgA mit einem einzelnen BgA oder einem weiteren zusammengefassten BgA.8
1876
Die Verluste des zusammengefassten BgA können nur während der Zusammenfassung im Wege des Verlustabzugs nach § 10d EStG von diesem BgA genutzt werden. Ein Verlustrücktrag auf die einzelnen vor der Zusammenfassung bestehenden BgA wird durch § 8 Abs. 8 Satz 3 KStG ausgeschlossen. Dies gilt in gleicher Weise für den Verlustvortrag auf die einzelnen zusammengefassten BgA nach Beendigung der Zusammenfassung, da insoweit keine Identität der BgA besteht.9 Die Verlustverrechnung wird auch dann ausgeschlossen, wenn der zusammengefasste BgA durch Aufnahme weiterer, nicht gleichartiger Tätigkeiten erwei-
1 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1104; Schiffers, DStZ 2010, 119 (120); aA BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 54. 2 Schiffers, DStZ 2010, 119 (120); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 56 f. 3 Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 550. 4 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1132; Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1044b; Bracksiek, FR 2009, 15 (20). 5 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 915. 6 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 916. 7 Pinkos, DStZ 2010, 96; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 919. 8 BT-Drucks. 16/11108, 27. 9 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1132; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 8 KStG Rz. 8; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 64; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 267: Verlustabzug beim einzelnen BgA, der den Verlust erlitten hat.
830
Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1876–1880 § 8
tert wird, da dies zu einem neuen zusammengefassten BgA führt; Veränderungen der vorhandenen Tätigkeitsbereiche sind dagegen unschädlich.1 3. Festschreibung des Verlustvortrags der Betriebe gewerblicher Art vor der Zusammenfassung (Abs. 8 Sätze 2 und 4) Bei einer Zusammenfassung mehrerer BgA nach § 4 Abs. 6 KStG werden die bis zur Zusammenfassung angefallenen Verlustvorträge der an der Zusammenfassung beteiligten BgA festgeschrieben.2 Ein Verlustvortrag auf den zusammengefassten BgA findet nach § 8 Abs. 8 Satz 2 KStG nicht statt, da insoweit ein neuer BgA vorliegt.3 Die Zusammenfassung ermöglicht damit zwar den Verlustausgleich zwischen den einzelnen an der Zusammenfassung beteiligten BgA; sie schließt jedoch zugleich für den Zeitraum der Zusammenfassung die Nutzung der verbleibenden Verluste der einzelnen BgA aus.
1877
Der Ausschluss des Verlustvortrags auf den zusammengefassten BgA führt insbesondere dann zu einer höheren Steuerbelastung gegenüber einer Fortführung der einzelnen BgA ohne Zusammenfassung, wenn nach der Zusammenfassung im Rahmen einer Veräußerung von (Alt-)Wirtschaftsgütern eines der zusammengefassten BgA erhebliche stille Reserven aufgedeckt werden.4 Liegt die Zusammenfassung der einzelnen BgA nicht in der Entscheidungshoheit der Trägerkörperschaft und ist eine Fortführung des einzelnen BgA nach Beendigung der Zusammenfassung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ebenfalls ausgeschlossen, so ist ein Verlustvortrag entgegen § 8 Abs. 8 Satz 2 KStG möglich, da ansonsten durch den mit dieser Vorschrift verbundenen Definitiveffekt die Grenze zum verfassungsrechtlich gewährleisteten Kernbereich der Verlustverrechnung überschritten wäre.5 Ist der Eintritt eines solchen von der Trägerkörperschaft nachzuweisenden Definitiveffekts im VZ der Veräußerung ungewiss, kann die spätere Durchführung des Verlustvortrags verfahrensrechtlich durch Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks gem. § 165 Abs. 1 Satz 1 AO sichergestellt werden.6
1878
Die Verlustvorträge der einzelnen BgA sind mangels Verweises auf § 10d Abs. 4 EStG (vgl. § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG) nicht gesondert festzustellen;7 eine solche Regelung wäre aus Gründen der Rechtssicherheit jedoch wünschenswert. Zur Vermeidung von Nachweisschwierigkeiten werden von der Verwaltung die letzten vor der Zusammenfassung erfolgten Verlustfeststellungen der einzelnen BgA in den nicht auszusondernden Akten vorgehalten.8
1879
Die vor der Zusammenfassung festgeschriebenen verbleibenden Verluste der einzelnen zusammengefassten BgA können erst nach Beendigung der Zusammenfassung wieder im Wege des Verlustabzugs nach § 10d EStG genutzt werden. Nach § 8 Abs. 8 Satz 4 KStG setzt ein solcher Verlustvortrag voraus, dass die betreffenden BgA im Hinblick auf ihre Tätigkeitsbereiche identisch sind.9 Ein Verlustvortrag ist danach möglich, soweit der zusammengefasste BgA wieder in einzelne BgA mit den ursprünglichen Tätigkeitsbereichen getrennt wird oder diese Tätigkeiten nach Beendigung der Zusammenfassung wieder in einem BgA aufgenommen werden.10 Veränderungen innerhalb des jeweiligen Tätigkeitsbereichs sind unschädlich; die Zuführung neuer Tätigkeitsbereiche schließt den Verlustvortrag dagegen aus (Rz. 1876).
1880
1 Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1131; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 552; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 64; aA Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1044a: weitere Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 KStG unschädlich. 2 BT-Drucks. 16/11108, 27; vgl. auch Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 924 („einfrieren“). 3 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 64. 4 Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 552 und 556. 5 Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 927; vgl. BVerfG v. 8.3.1978 – 1 BvR 117/78, HFR 1978, 293; BFH v. 5.6.2002 – I R 115/00, BFH/NV 2002, 1549; v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826; v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 = GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033. 6 BFH v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826 = StBW 2010, 1011 = GmbHR 2010, 1265 = FR 2011, 75. 7 Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 556; OFD Nds. v. 27.4.2012 – S 2706 - 341 - St 241, DStR 2012, 1661; aA Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 8 KStG Rz. 6; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 267; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 925: entspr. Anwendung des § 10d Abs. 4 EStG. 8 OFD Nds. v. 27.4.2012 – S 2706 - 341 - St 241, DStR 2012, 1661. 9 Vgl. dazu Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 932, der sich insoweit für die Übernahme der gewstl. Grundsätze zur „Unternehmensidentität“ ausspricht. 10 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 64.
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831
§ 8 Rz. 1881–1885
Ermittlung des Einkommens
4. Unbeschränkter Verlustabzug bei gleichartigen Betrieben gewerblicher Art (Abs. 8 Satz 5) 1881
Die Beschränkungen des § 8 Abs. 8 Satz 2 bis 4 KStG für die intertemporale Verlustverrechnung zwischen dem zusammengefassten BgA und den einzelnen an der Zusammenfassung beteiligten BgA greifen nach § 8 Abs. 8 Satz 5 KStG nicht ein, wenn gleichartige BgA nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG zusammengefasst werden. Bei einer Zusammenfassung gleichartiger BgA ist damit wegen der besonders engen Verknüpfung1 sowohl ein unbeschränkter Vortrag von Verlusten der einzelnen BgA auf den zusammengefassten BgA als auch ein Vortrag bzw. Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten BgA auf die einzelnen BgA vor der Zusammenfassung und nach deren Beendigung möglich. Ein unbeschränkter Verlustabzug nach § 8 Abs. 8 Satz 5 KStG kommt insbesondere bei einer Zusammenfassung mehrerer Bäder zu einem einheitlichen Bäderbetrieb in Betracht; der unbeschränkte Verlustabzug findet dagegen keine Anwendung, wenn Versorgungsbetriebe im engeren Sinne (BgA zur Versorgung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme) mit Verkehrsbetrieben iSd. § 4 Abs. 3 KStG zusammengefasst werden, da diese nicht gleichartig sind (§ 4 KStG Rz. 129).2
1882
Bei einem Rücktrag der Verluste des zusammengefassten BgA auf die vor der Zusammenfassung bestehenden gleichartigen BgA sind die Verluste auf die einzelnen BgA entspr. des Verhältnisses der Gewinne dieser BgA aufzuteilen; die Höchstgrenze von 511 500 Euro ist hierbei nur einmal anzuwenden, da insoweit auf den zusammengefassten BgA abzustellen ist.3 Werden die verbleibenden Verluste des zusammengefassten BgA nach dessen Beendigung auf die einzelnen gleichartigen BgA vorgetragen, so sind sie verursachungsgerecht auf die einzelnen BgA zu verteilen.4 5. Zeitliche Anwendung
1883
Die Beschränkung des Verlustabzugs bei zusammengefassten BgA findet nach § 34 Abs. 6 Satz 7 KStG idF des AIFM-StAnpG5 erstmals im VZ 2009 Anwendung. Soweit der zusammengefasste BgA bereits vor 2009 bestand, eröffnet § 34 Abs. 6 Satz 8 KStG idF des AIFMStAnpG die weitere Nutzung des Verlustvortrags aus 2008 durch den BgA. S. dazu auch § 34 KStG Rz. 70.
IV. Verlustverrechnung bei Eigengesellschaften der öffentlichen Hand (Abs. 9) 1. Allgemeines 1884
§ 8 Abs. 9 KStG schränkt die Verlustverrechnung bei dauerdefizitären Eigengesellschaften, die nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG begünstigt sind, entsprechend den Regelungen des § 4 Abs. 6 KStG zum Verlustausgleich und des § 8 Abs. 8 KStG zum Verlustabzug bei zusammengefassten BgA ein. Die Anwendung des § 8 Abs. 9 KStG setzt voraus, dass die Eigengesellschaft ein Dauerverlustgeschäft iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG ausübt; auf das Vorliegen einer weiteren Tätigkeit kommt es entgegen der Auffassung der Verwaltung6 nicht an, da in diesem Fall zumindest eine gesonderte Feststellung nach § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG vorzunehmen ist (Rz. 1909).7 2. Spartentrennung a) Spartenzuordnung der einzelnen Tätigkeiten (Abs. 9 Satz 1)
1885
Nach § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG findet eine Spartentrennung der Tätigkeiten der Eigengesellschaft statt, unabhängig davon, ob diese in einem organisatorisch selbstständigen Bereich oder einem Teilbetrieb ausgeübt werden.8 Hierfür sind die einzelnen Tätigkeiten zunächst drei verschiedenen Spartenbereichen zuzuordnen: –
hoheitliche Dauerverlustgeschäfte iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2 KStG (Nr. 1),
–
nach § 4 Abs. 6 KStG zusammenfassbare Tätigkeiten und sonstige wirtschaftliche Dauerverlustgeschäfte iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG (Nr. 2),
–
übrige Tätigkeiten (Nr. 3).
1 2 3 4 5 6 7 8
Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 935. Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 559; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 8 KStG Rz. 9. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 268. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 268. G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 66. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 4. BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 77.
832
Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1886–1892 § 8
Bei den hoheitlichen Dauerverlustgeschäften iSd. § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 2 KStG handelt es sich um Tätigkeiten, die zu einem Dauerverlust führen und bei Ausübung durch die unmittelbar oder mittelbar an der Eigengesellschaft beteiligte juristische Person des öffentlichen Rechts zu deren Hoheitsbetrieb gehören würden (Rz. 1869 f.). Hoheitliche Dauerverlustgeschäfte stellen nach § 4 Abs. 6 Satz 2 KStG keine zusammenfassbaren Tätigkeiten dar; eine Zuordnung zum Spartenbereich des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG mit der Möglichkeit der Verlustverrechnung mit entspr. Gewinngeschäften scheidet damit aus.1
1886
Wirtschaftliche Dauerverlustgeschäfte, die nach § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG begüns- 1887 tigt sind (Rz. 1848 ff.), werden ebenso wie die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbaren Tätigkeiten dem zweiten Spartenbereich zugeordnet. Dauerdefizitäre Tätigkeiten, die nicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG begünstigt sind, gehören nicht zu den (sonstigen) Dauerverlustgeschäften iSd. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG, da die Vorschrift nach Wortlaut und systematischer Stellung an § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG anknüpft und die Verlustverrechnung bereits durch den Ansatz einer vGA verhindert wird (Rz. 1889). Zu den zusammenfassbaren Tätigkeiten iSd. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG zählen neben 1888 wirtschaftlichen Dauerverlustgeschäften auch entsprechende Gewinngeschäfte, sodass es insoweit zu einem Verlustausgleich kommt.2 Die übrigen (nicht begünstigten) dauerdefizitären Tätigkeiten sind nach dem Zweck der Vorschrift nicht dem zweiten Spartenbereich zuzuordnen, da die Verlustverrechnung bereits durch den Ansatz einer vGA verhindert wird.3 Zusammenfassbare Tätigkeiten sind nach dem eindeutigen Wortlaut zwingend einer Sparte zuzuordnen (Rz. 1891). Bestehen für die Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 KStG mehrere Möglichkeiten, so trifft die Eigengesellschaft die Entscheidung, welche Tätigkeiten als zusammenfassbare Tätigkeiten dem Spartenbereich des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG zugeordnet werden; dies gilt auch für eine Kettenzusammenfassung (§ 4 KStG Rz. 127).4 Die verbleibende zusammenfassbare Tätigkeit ist den sonstigen Tätigkeiten nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG zuzuordnen. Den dritten Spartenbereich bilden die übrigen Tätigkeiten der Eigengesellschaft. Hierzu gehören:5 –
hoheitliche Tätigkeiten iSd. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG, die nicht zu einem Dauerverlustgeschäft nach § 8 Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 KStG führen;
–
mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene Tätigkeiten, die nicht als zusammenfassbare Tätigkeiten dem Spartenbereich des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG zuzuordnen sind;
–
dauerdefizitäre Tätigkeiten, die nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt sind;
–
Tätigkeiten, mit denen nur Anlaufverluste oder Verluste in einzelnen Wj. erzielt werden.
Die nicht begünstigten dauerdefizitären Tätigkeiten führen zum Ansatz einer vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, sodass es insoweit nicht zu einer Verlustverrechnung kommt.6
1889
1890
Innerhalb der Spartenbereiche sind jeweils gesonderte Sparten für die einzelnen Dauer- 1891 verlustgeschäfte und für die zusammenfassbaren Tätigkeiten (Rz. 1888) sowie eine einheitliche Sparte für die übrigen Tätigkeiten zu bilden. Hilfsgeschäfte wie die Veräußerung von Betriebsvermögen sind hierbei der jeweiligen Haupttätigkeit zuzuordnen.7 Die Anzahl der Sparten ist durch Aufnahme weiterer Dauerverlustgeschäfte bzw. zusammenfassbarer Tätigkeiten beliebig erweiterbar. Die Zuordnung zu den einzelnen Sparten ist entscheidend für die Möglichkeit der Verlustverrechnung zwischen den einzelnen Tätigkeiten (Rz. 1904). Die Spartenbildung und die damit verbundene spartenbezogene Ergebnisermittlung (Rz. 1896) führen bei Eigengesell-
1 2 3 4
Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 10. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 8; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 271. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 8a. Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 5; Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 951; Bracksiek, FR 2009, 15 (21); aA Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1137; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 271: größtmögliche Zusammenfassung; ebenso Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 9. 5 Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 8a und 14; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 573; BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 71. 6 Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 15; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 271. 7 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 76.
Paetsch
833
1892
§ 8 Rz. 1892–1899
Ermittlung des Einkommens
schaften mit Tätigkeiten in verschiedenen Spartenbereichen zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand.1 b) Veränderungen in der Tätigkeitsstruktur (Abs. 9 Satz 3) 1893
Veränderungen in der Tätigkeitsstruktur durch Aufnahme einer weiteren oder Aufgabe einer bisherigen Tätigkeit bleiben nach § 8 Abs. 9 Satz 3 KStG ohne Auswirkung auf die Spartentrennung, wenn sie eine gleichartige Tätigkeit betreffen. Die entsprechende Sparte wird in der veränderten Form fortgeführt. Die Gleichartigkeit der Tätigkeiten bestimmt sich aufgrund des Wortlauts der Vorschrift und des systematischen Zusammenhangs zu § 8 Abs. 8 Satz 5 KStG nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG.2
1894
Während dauerdefizitäre Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 oder 3 KStG mit Gewinntätigkeiten zusammengefasst werden können und bei Vornahme der Spartentrennung der einheitlichen Sparte des § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG zugeordnet werden, begründet die spätere Aufnahme einer solchen nicht gleichartigen Tätigkeit eine neue, gesonderte Sparte und schließt damit die Verlustverrechnung aus.3 Die Aufgabe einer zusammenfassbaren Tätigkeit lässt ebenfalls eine neue, veränderte Sparte aus den verbliebenen Tätigkeiten entstehen; die bisherige Sparte entfällt mit der Folge, dass der hierfür festgestellte Verlustvortrag festgeschrieben und ein weiterer Verlustabzug nur im Rahmen einer Sparte mit vergleichbarer Tätigkeitsstruktur möglich wird.4
1895
Im Hinblick auf die übrigen Tätigkeiten iSd. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG, die stets eine einheitliche Sparte bilden, wird diese Sparte auch bei veränderter Tätigkeitsstruktur fortgeführt, solange nicht die letzte Tätigkeit aufgegeben wird. 3. Einkommensermittlung nach Sparten a) Spartenbezogene Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (Abs. 9 Satz 2)
1896
Mit der Spartentrennung ist eine strikte steuerliche Trennung der Ergebnisse der entsprechenden Tätigkeitsbereiche verbunden.5 Hierzu bestimmt § 8 Abs. 9 Satz 2 KStG, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte für jede Sparte gesondert zu ermitteln ist. Für die Ermittlung des Einkommens der Eigengesellschaft werden nur die positiven Ergebnisse der einzelnen Sparten berücksichtigt.
1897
Für die spartenbezogene Ermittlung der Einkünfte sind die Wirtschaftsgüter und Geschäftsvorfälle der Eigengesellschaft den einzelnen Sparten in sachgerechter Weise zuzuordnen.6 Dies gilt in gleicher Weise für allgemeine Verwaltungs- und Servicekosten der Eigengesellschaft und für nicht abziehbare Beträge bzw. den Zinsvortrag bei Anwendung der Zinsschranke nach § 4h EStG iVm. § 8a KStG.7
1898
Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens werden bei der Sparte berücksichtigt, deren Tätigkeit sie funktionell dienen (Rz. 1861); die Änderung der Zuordnung führt nicht zu einer Entnahme mit Aufdeckung der stillen Reserven.8 Soweit gewillkürtes Betriebsvermögen wie Beteiligungen und Finanzanlagen nicht mit einer bestimmten Tätigkeit im Zusammenhang steht, kommt eine anteilige Zuordnung entsprechend dem Umsatz der Sparten in Betracht.9
1899
Im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte sind bei Vorliegen eines Dauerverlustgeschäfts die Rechtsfolgen der vGA nach § 8 Abs. 7 KStG für die betreffenden
1 Leippe, DStZ 2010, 106 (115). 2 Gosch in Gosch2, § 8 KStG Rz. 1044c; Bracksiek, FR 2009, 15 (21). 3 Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 272; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 581; Bracksiek, FR 2009, 15 (21). 4 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 75. 5 Bracksiek, FR 2009, 15 (20). 6 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 80; vgl. zum Schulschwimmen in öffentlichen Bädern OFD Nds. v. 12.1.2012 – S 2706 - 219 - St 241, S 7100 - 801 - St 171, juris. 7 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 83, 85; zur Anwendbarkeit der Zinsschranke vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 91 f. und § 4 Rz. 60. 8 BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 80; Rang/Baldauf, DStZ 2014, 38 (43). 9 Leippe, DStZ 2010, 106 (115); BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 81.
834
Paetsch
K. Dauerverluste der çffentlichen Hand (Abs. 7 bis 9)
Rz. 1899–1906 § 8
Sparten nicht zu ziehen. Bei dauerdefizitären Tätigkeiten, die nicht nach § 8 Abs. 7 KStG begünstigt sind, ist in der Sparte der sonstigen Tätigkeiten iSd. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte eine außerbilanzielle Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorzunehmen. Bei Vorliegen einer Organschaft erfolgt die spartenbezogene Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte gem. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG nicht bei der Eigengesellschaft als Organgesellschaft, sondern auf der Ebene des Organträgers.1 Dies gilt auch dann, wenn Organträger ein BgA ist (§ 4 KStG Rz. 76); die Spartentrennung ist in diesem Fall beim BgA vorzunehmen.2
1900
b) Spartenbezogener Verlustabzug (Abs. 9 Sätze 4 und 5) Die Verluste, die sich aufgrund der spartenbezogenen Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte ergeben, können gem. § 8 Abs. 9 Satz 5 KStG nur innerhalb der jeweiligen Sparte nach § 10d EStG abgezogen werden. Für den Verlustabzug innerhalb derselben Sparte sind der Höchstbetrag von 511 500 Euro für den Verlustrücktrag und der Sockelbetrag von 1 Mio. Euro für den Verlustvortrag aufgrund des Verweises auf § 10d EStG jeweils spartenbezogen anzuwenden.3 Der Ausschluss des spartenüberschreitenden Verlustausgleichs gilt nach § 7 Satz 5 GewStG auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags.
1901
Eine Verlustverrechnung mit anderen Sparten findet gem. § 8 Abs. 9 Satz 4 KStG nicht statt. Die einzelnen Sparten bilden damit geschlossene Verlustverrechnungskreise.4 Bei Aufgabe einer Sparte gehen die verbleibenden Verluste steuerlich verloren, da ein Verlustabzug innerhalb der betreffenden Sparte nicht mehr in Betracht kommt.5
1902
c) Verlustverrechnung bei unterjährigem Wegfall und Eintritt der Spartentrennung (Abs. 9 Sätze 6 und 7) Sonderregelungen für die spartenbezogene Verlustverrechnung ergeben sich gem. § 8 Abs. 9 1903 Satz 6 und 7 KStG für den Fall, dass innerhalb eines VZ die Mehrheit der Stimmrechte oder die ausschließliche Verlusttragung der öffentlichen Hand nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG entfällt bzw. beide Voraussetzungen für die Begünstigung der Eigengesellschaft erstmals erfüllt sind. Bei einem Wegfall der Begünstigung innerhalb eines VZ (Satz 6) findet die spartenbezogene Verlustverrechnung nur bis zu diesem Zeitpunkt Anwendung. Verbleibende laufende Verluste und Verlustvorträge aus Sparten mit Dauerverlustgeschäften (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 und 2 KStG) entfallen; im Gegensatz zu Veränderungen der Tätigkeitsstruktur (Rz. 1893) kommt es damit nicht zu einer Festschreibung des Verlustvortrags mit späterer Nutzungsmöglichkeit, sodass der Wegfall der Begünstigung erhebliche steuerliche Auswirkungen haben kann. Verluste aus der Sparte der übrigen Tätigkeiten (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG) können dagegen spartenübergreifend ausgeglichen und nach § 10d EStG abgezogen werden.
1904
Tritt die Begünstigung im Laufe eines VZ erstmals ein (Satz 7), so greifen die Beschränkungen der Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 9 Satz 1 bis 5 KStG erst ab diesem Zeitpunkt ein. Die bis dahin entstandenen Verluste, dh. die nach Verlustausgleich verbleibenden laufenden Verluste, können im betreffenden VZ nach § 10d EStG weiterhin spartenübergreifend mit den Gewinnen der einzelnen Sparten verrechnet werden; in den folgenden Veranlagungszeiträumen kommt ein Verlustabzug nur im Rahmen der übrigen Tätigkeiten iSd. § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 KStG in Betracht, deren Sparte die Altverluste zuzuordnen sind.6
1905
d) Gesonderte Feststellung der Spartenverluste (Abs. 9 Satz 8) Die verbleibenden Verluste der einzelnen Sparten sind zum Ende des jeweiligen VZ gem. § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG gesondert festzustellen. Die verfahrensrechtlichen Regelungen des § 10d Abs. 4 EStG über Zuständigkeit, Korrektur der Bescheide und die Feststellungsverjährung finden hierbei entsprechende Anwendung. § 8 Abs. 9 Satz 8 KStG wurde erst durch das 1 2 3 4 5 6
Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbacher, § 8 KStG Rz. 962. Eversberg, DStZ 2012, 278 (283). BMF v. 12.11.2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – DOK 2009/0742398, BStBl. I 2009, 1303 Rz. 88. Heurung/Seidel, BB 2009, 1786 (1788). Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 272. Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 1151; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 33; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 274; Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 591: spartenübergreifender Verlustabzug auch für verbleibende Verluste der Vorjahre.
Paetsch
835
1906
§ 8 Rz. 1906–1911
Ermittlung des Einkommens
JStG 2010 eingefügt; die gesonderte Feststellung ist jedoch in gleicher Weise wie die übrigen Regelungen des § 8 Abs. 9 KStG bereits ab dem VZ 2009 anzuwenden (§ 34 Abs. 6 Satz 13 KStG idF des AIFM-StAnpG1; s. auch § 34 KStG Rz. 75). 4. Zeitliche Anwendung 1907
Die spartenbezogene Verlustverrechnung des § 8 Abs. 9 KStG ist nach § 34 Abs. 6 Satz 9 KStG idF des AIFM-StAnpG2 erstmals für den VZ 2009 anzuwenden. Ein verbleibender Verlustvortrag aus dem VZ 2008 ist nach § 34 Abs. 6 Satz 10 KStG idF des AIFM-StAnpG sachgerecht auf die einzelnen Sparten aufzuteilen; hierfür ist eine verursachungsgerechte Zuordnung zu den jeweiligen Tätigkeiten vorzunehmen.3 Für die Verluste aus dem VZ 2009 ermöglicht § 34 Abs. 6 Satz 11 KStG idF des AIFM-StAnpG den spartenübergreifenden Verlustrücktrag nach § 10d EStG in den VZ 2008, für den der Höchstbetrag von 511 500 Euro nur einmalig gewährt wird.4 S. dazu auch § 34 KStG Rz. 71 ff.
L. Besonderheiten für Einkünfte aus Kapitalvermögen (Abs. 10) 1908
§ 8 Abs. 10 KStG wurde durch das JStG 20095 mit Wirkung ab dem 1.1.2009 erstmals in das KStG eingeführt. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass für Zwecke der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit einzubeziehen sind.6 IRd. StVereinfG 20117 wurde § 2 Abs. 5b Satz 2 EStG gestrichen. Infolgedessen wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2012 (§ 34 Abs. 6 Satz 14 KStG idF des AIFM-StAnpG8) in § 8 Abs. 10 Satz 1 KStG der Verweis auf § 2 Abs. 5b Satz 1 EStG durch den Verweis auf § 2 Abs. 5b EStG ersetzt.
1909
Stpfl. Körperschaften können – mit Ausnahme der Stpfl. iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (vgl. § 8 Abs. 2 KStG) – grds. alle Einkünfte iSd. § 2 Abs. 1 EStG, dh. auch Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen (§ 8 Abs. 1 KStG).9 Bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG die Vorschriften des EStG anzuwenden, soweit das KStG keine eigenständigen Regelungen enthält.
1910
Nach § 2 Abs. 5b EStG sind Kapitalerträge, die dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG von 25 % unterliegen, soweit Rechtsnormen „dieses Gesetzes“ ua. an die Begriffe Einkünfte und Einkommen anknüpfen, nicht einzubeziehen. Die Regelung in § 8 Abs. 10 Satz 1 KStG stellt klar, dass mit „dieses Gesetzes“ nur das EStG und nicht das KStG gemeint ist. Dies hat zur Folge, dass für Zwecke der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nach § 2 Abs. 2 EStG ermittelt werden, immer einzubeziehen sind. Auf diese Kapitaleinkünfte sind dann grds. auch die Vorschriften des § 20 Abs. 6 EStG (Verlustverrechnungsbeschränkung) und des § 20 Abs. 9 EStG (Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro statt Abzug der tatsächlichen WK) anzuwenden.10
1911
Nach § 8 Abs. 10 Satz 2 KStG ist § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 3 Satz 1 sowie Satz 3 bis 6 EStG entsprechend anzuwenden. § 32d Abs. 2 EStG enthält für bestimmte Einkünfte eine Ausnahme von der besonderen Tarifierung nach § 32d Abs. 1 EStG. Bei § 32d EStG handelt es sich um eine Tarifvorschrift, die nicht unmittelbar auf Körperschaften anzuwenden ist (§ 31 Abs. 1 KStG iVm. § 23 KStG). Der einheitliche Steuersatz für alle Einkünfte von Körperschaften, also auch solche aus Kapitalvermögen, ergibt sich aus § 23 KStG. Er beträgt 15 % des zu versteuernden Einkommens. Mit der Regelung in § 8 Abs. 10 Satz 2 KStG wird daran nichts geändert. Es wird aber erreicht, dass die bei der ESt geltenden Ausnahmen des § 32d Abs. 2 EStG – wie die Nichtanwendung der Verlustverrechnungsbeschränkung (§ 20 Abs. 6 EStG) und der Abzug der tatsächlich entstandenen WK anstelle des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 EStG) – auch für Körperschaften gelten.11
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 275; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 37. Meier/Semelka in H/H/R, § 8 KStG Rz. 566; Krämer in D/P/M, § 8 Abs. 9 KStG Rz. 38. G v. 9.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. Pung in D/P/M, § 8 Abs. 10 KStG Rz. 2. G v. 1.11.2011, BGBl. I 2011, 2131. G v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 535. BT-Drucks. 16/11108, 27. BT-Drucks. 16/11108, 27; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 536.
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Paetsch/Kmpel
L. Besonderheiten fr Einknfte aus Kapitalvermçgen (Abs. 10)
Rz. 1912–1917 § 8
§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG regelt für Zwecke der ESt die Nichtanwendung der Abgeltungsteuer (§ 43 Abs. 5 EStG) und die gleichzeitige Nichtanwendung der Abzugsbeschränkungen gem. § 20 Abs. 6 und 9 EStG für Kapitalerträge iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 4 (typisch stille Beteiligungen und partiarische Darlehen) und 7 (Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen) sowie Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 7 EStG, wenn –
Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner BA oder WK iZm. mit Einkünften sind,1
–
die Kapitalerträge von einer KapGes. oder Genossenschaft an einen zu mindestens 10 % beteiligten Anteilseigner bzw. eine dem Anteilseigner nahestehende Person gezahlt werden2 oder
–
soweit ein Dritter die Kapitalerträge schuldet und diese Kapitalanlage iZm. einer Kapitalüberlassung an einen Betrieb des Gläubigers steht (sog. Back-to-back-Finanzierung).
Auch wird nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG bei Einkünften iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus der Beteiligung an einer KapGes. auf Antrag Abstand von der Abgeltungsteuer genommen, wenn der Stpfl. unmittelbar oder mittelbar –
zu mindestens 25 % an der KapGes. beteiligt ist oder
–
zu mindestens 1 % an der KapGes. beteiligt und beruflich für diese tätig ist.
1912
1913
Für die von § 8 Abs. 10 KStG betroffenen Körperschaften bedeutet dies, dass in den oa. Fällen bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen § 20 Abs. 6 und 9 EStG keine Anwendung finden, wobei der Steuersatz ohnehin (also auch ohne § 8 Abs. 10 KStG) immer 15 % beträgt (§ 23 KStG), denn § 32d Abs. 1 EStG findet als einkommensteuerliche Tarifvorschrift im KStG keine Anwendung. Dies bedeutet uE im Ergebnis, dass die in § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG unter Buchst. a bis c aufgeführten „Missbrauchsfälle“ durch die Nichtanwendung des § 20 Abs. 6 und 9 EStG „belohnt“ werden – ein völlig sinnwidriges Ergebnis.
1914
Letztendlich kann die Regelung nur bei stpfl. Streubesitzdividenden (§ 8b Abs. 4 KStG nF) eine Rolle spielen. Da dann die Beteiligungshöhe aber immer unter 25 % liegen muss, wäre ein Antrag nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht möglich. So ist eine „berufliche Tätigkeit“ einer KapGes. für ihre Tochter-KapGes. uE begrifflich nicht möglich.
1915
Wird ein Antrag nach § 8 Abs. 10 Satz 2 KStG iVm. § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 EStG bei einer nach § 8b Abs. 1 KStG begünstigten Schachtelbeteiligung (Beteiligung mindestens 10 %) gestellt, können Körperschaften ihre tatsächlichen WK bei den entsprechenden Einkünften aus Kapitalvermögen absetzen. Verluste aus Kapitalvermögen können wegen der Abzugsbeschränkung für Veräußerungsverluste nach § 8b Abs. 3 KStG aber nur durch überschießende WK entstehen (Ausnahme: § 8b Abs. 7 KStG). Nur dann könnte die Regelung Sinn machen, weil dann ggf. entstandene Verluste aus Kapitalvermögen unbeschränkt mit anderen Einkünften verrechnet werden können.3
1916
Beschränkt stpfl. Körperschaften unterliegen auch weiterhin dem § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG.4 Dh., die auf Kapitalerträge einbehaltene KapESt hat für diese grds. abgeltende Wirkung (§§ 31 Abs. 1, 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG), soweit die Einkünfte nicht in einem inländischen Gewerbebetrieb oder einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb angefallen sind.5
1917
1 2 3 4 5
BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BStBl. II 2014, 986. BFH v. 14.5.2014 – VIII R 31/11, BStBl. II 2014, 995 = GmbHR 2014, 1054. Pung in D/P/M, § 8 Abs. 10 KStG Rz. 3; Schulte in Erle/Sauter3, § 8 KStG Rz. 536. BT-Drucks. 16/11108, 27. Pung in D/P/M, § 8 Abs. 10 KStG Rz. 4.
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§ 8a Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen bei Körperschaften (Zinsschranke) (1) 1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt. 2Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes. 3§ 8c gilt für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 7 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 6 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen. 4Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden. (2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 –, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist. (3) 1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist. 2Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern gehörenden Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person auslösen. § 4h EStG Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen (Zinsschranke) (1) 1Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA. 2Das verrechenbare EBITDA ist 30 Prozent des um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Absatz 2 Satz 1 abzuziehenden, nach § 6 Absatz 2a Satz 2 gewinnmindernd aufzulösenden und nach § 7 abgesetzten Beträge erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns. 3Soweit das verrechenbare EBITDA die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebs übersteigt, ist es in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen (EBITDA-Vortrag); ein EBITDA-Vortrag entsteht nicht in Wirtschaftsjahren, in denen Absatz 2 die Anwendung von Absatz 1 Satz 1 ausschließt. 4Zinsaufwendungen, die nach Satz 1 nicht abgezogen werden können, sind bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge. 5Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (Zinsvortrag). 6Sie erhöhen die Zinsaufwendungen dieser Wirtschaftsjahre, nicht aber den maßgeblichen Gewinn. (2) 1Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn a) der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als drei Millionen Euro beträgt,
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b) der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört oder c) der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich). 2Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte ist unschädlich. 3Eigenkapitalquote
ist das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme; sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln. 4Wahlrechte sind im Konzernabschluss und im Jahresabschluss oder Einzelabschluss einheitlich auszuüben; bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten ist insoweit mindestens das Eigenkapital anzusetzen, das sich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergeben würde. 5Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote des Betriebs ist das Eigenkapital um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt, und um die Hälfte von Sonderposten mit Rücklagenanteil (§ 273 des Handelsgesetzbuchs) zu erhöhen sowie um das Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt – mit Ausnahme von Vorzugsaktien –, die Anteile an anderen Konzerngesellschaften und um Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen, zu kürzen. 6Die Bilanzsumme ist um Kapitalforderungen zu kürzen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 3 in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen. 7Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist. 8Die
für den Eigenkapitalvergleich maßgeblichen Abschlüsse sind einheitlich nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen. 9Hiervon abweichend können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS zu erstellen und offen zu legen ist und für keines der letzten fünf Wirtschaftsjahre ein Konzernabschluss nach den IFRS erstellt wurde; nach den Generally Accepted Accounting Principles der Vereinigten Staaten von Amerika (US-GAAP) aufzustellende und offen zu legende Abschlüsse sind zu verwenden, wenn kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu erstellen und offen zu legen ist. 10Der Konzernabschluss muss den Anforderungen an die handelsrechtliche Konzernrechnungslegung genügen oder die Voraussetzungen erfüllen, unter denen ein Abschluss nach den §§ 291 und 292 des Handelsgesetzbuchs befreiende Wirkung hätte. 11Wurde der Jahresabschluss oder Einzelabschluss nicht nach denselben Rechnungslegungsstandards wie der Konzernabschluss aufgestellt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs in einer Überleitungsrechnung nach den für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsstandards zu ermitteln. 12Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen. 13Auf Verlangen der Finanzbehörde ist der Abschluss oder die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, der die Voraussetzungen des § 319 des Handelsgesetzbuchs erfüllt. 14Ist
ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig und führt der zutreffende Abschluss zu einer Erhöhung der nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen, ist ein Zuschlag entsprechend § 162 Absatz 4 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung festzusetzen. 15Bemessungsgrundlage für den Zuschlag sind die nach Absatz 1 nicht abziehbaren Zinsaufwendungen. 16§ 162 Absatz 4 Satz 4 bis 6 der Abgabenordnung gilt sinngemäß.
2Ist
eine Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, unmittelbar oder mittelbar einer Körperschaft nachgeordnet, gilt für die Gesellschaft § 8a Absatz 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.
(3) 1Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn. 2Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. 3Zinserträge sind Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben. 4Die Aufund Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen. 5Ein Betrieb gehört zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 Buchstabe c zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrie-
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ben konsolidiert wird oder werden könnte. 6Ein Betrieb gehört für Zwecke des Absatzes 2 auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann. (4) 1Der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag sind gesondert festzustellen. 2Zuständig ist das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft zuständige Finanzamt, im Übrigen das für die Besteuerung zuständige Finanzamt. 3§ 10d Absatz 4 gilt sinngemäß. 4Feststellungsbescheide sind zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach Satz 1 festzustellenden Beträge ändern. (5) 1Bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs gehen ein nicht verbrauchter EBITDAVortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag unter. 2Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Gesellschaft aus, gehen der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war. 3§ 8c des Körperschaftsteuergesetzes ist auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist. A. Grundaussagen der Vorschrift . . . . . . . . I. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung und Telos . . . . . . . . . . . . III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . 1. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu anderen Normen . . . . . 3. Verhältnis zu höherrangigem Recht . a) Verhältnis zum Verfassungsrecht . b) Verhältnis zum Unionsrecht . . . . . IV. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . B. Überblick über die Zinsschranke des § 4h EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hinweis zum Aufbau der Kommentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Wirkungsmechanismen der Zinsschranke (§ 4h Abs. 1 EStG). 1. Grundregel der Zinsschranke (§ 4h Abs. 1 Satz 1 EStG) . . . . . . . . . 2. Definition des verrechenbaren EBITDA (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG) . . 3. EBITDA-Vortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausnahmen zur Zinsschranke (§ 4h Abs. 2 EStG). . . . . . . . . . . . . . . 1. Freigrenze (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stand-alone-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG) . . . . . . . . . . . 3. Eigenkapital-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG) . . . . . . . . . . . 4. Nachgeordnete Mitunternehmerschaften (§ 4h Abs. 2 Satz 2 EStG) . . IV. Begriffsdefinitionen (§ 4h Abs. 3 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Maßgeblicher Gewinn (§ 4h Abs. 3 Satz 1 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zinsaufwand und Zinsertrag (§ 4h Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG) . . . . . 3. Konzern (§ 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gesonderte Feststellung von EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag (§ 4h Abs. 4 EStG). . . . . . . . . . . . . . . VI. Untergang von EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag (§ 4h Abs. 5 EStG) . . . . .
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C. Anwendung der Zinsschranke in der Körperschaftsteuer (Abs. 1) . . . . . . . . . . . I. Überblick und generelle Anwendung des § 4h EStG in der Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Maßgebliches Einkommen (Abs. 1 Sätze 1 und 2) . . . . . . . . . . . . . 1. Vergleich der einkommensteuerlichen und der körperschaftsteuerlichen Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Maßgeblichkeit des „Einkommens“ . . . III. Entsprechende Anwendung des § 8c KStG (Abs. 1 Satz 3) . . . . . . . . . . 1. Situationen des Untergangs von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag . . . . . . . 2. Untergang von Zinsvortrag in entsprechender Anwendung des § 8c KStG . . . a) Entsprechende Anwendung des § 8c KStG (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1). . b) Besonderheiten bei der Stille-Reserven-Klausel (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendung des § 8c KStG bei zwischengeschalteter Mitunternehmerschaft (§ 4h Abs. 5 Satz 3 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exkurs: Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag in anderen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Betriebsaufgabe und -veräußerung (§ 4h Abs. 5 Satz 1 EStG) . . . b) Ausscheiden aus einer Mitunternehmerschaft (§ 4h Abs. 5 Satz 2 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umwandlungen im Sinne des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schicksal von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag . . . . . . . . . . . . . bb) Besonderheiten der umwandlungssteuerlichen Rückwirkung . . IV. Anwendung bei beschränkt Steuerpflichtigen (Abs. 1 Satz 4) . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hintergrund und Bedeutung im Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Einschränkungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG (Stand-alone-Escape) (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
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I. Überblick über § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG. . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundaussage und Rechtsfolge des § 8a Abs. 2 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergütungen für Fremdkapital (Person des Leistenden und Begriffsbestimmung) . . . . . . . . . . . . IV. Empfänger der Vergütung für Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel beteiligter Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nahestehende Person . . . . . . . . . . . . 4. Rückgriffsberechtigter Dritter . . . . . V. 10 %-Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergütung für Fremdkapital (Vergleichsgröße I) . . . . . . . . . . . . . . 3. Die die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen (Vergleichsgröße II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beweislast der Körperschaft . . . . . . .
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E. Einschränkungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG (Eigenkapital-Escape) (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG. . . . . . . . . . . . . a) Grundregel (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG) . . . . . . . . . b) Toleranzgrenze von 2 % (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG) . . . . c) Definition der Eigenkapitalquote (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 3 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Modifikationen bei der Berechnung der Eigenkapitalquote (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 4 bis 7 EStG) . . . . . . . . . . . . .
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III.
IV. 1. 2.
3. 4. V. 1.
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2.
aa) Modifikationen für den Betrieb. . . bb) Modifikationen für den Konzern . . e) Maßgebliche Abschlüsse und Rechnungslegungsstandards (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 8 bis 13 EStG). . . . . . . . . . . . f) Folgen unrichtiger Abschlüsse (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 14 bis 16 EStG) . . . . . . . . . . . g) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundaussage und Rechtsfolge des § 8a Abs. 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Empfänger der Vergütung für Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel beteiligter Gesellschafter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nahestehende Person . . . . . . . . . . . . . Rückgriffsberechtigter Dritter . . . . . . 10 %-Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parameter der 10 %-Grenze . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergütung für Fremdkapital (Vergleichsgröße I) . . . . . . . . . . . . . c) Die die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen (Vergleichsgröße II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahme für konzerninterne Gesellschafterfremdfinanzierungen (Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss ausgewiesen sind . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rückgriff gegen konzernfremde Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beweislast der Körperschaft. . . . . .
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F. Anwendung des § 8a Abs. 2 und 3 KStG auf nachgeordnete Personengesellschaften (§ 4h Abs. 2 Satz 2 EStG) . . . . . . . . . . . . . . 272
Literatur: Führich, Ist die geplante Zinsschranke europarechtskonform?, IStR 2007, 341; Goebel/Haun, § 4h EStG und § 8a KStG (Zinsschranke) in der Hinzurechnungsbesteuerung IStR 2007, 768; Hahne, Die Begünstigung von Beteiligungen an Personengesellschaften bei der „Zinsschranke“, DStR 2007, 1947; Hahne, Reichweite steuerschädlicher Gesellschafter-Fremdfinanzierung bei der Zinsschranke, StuB 2007, 808; Hallerbach, Problemfelder der neuen Zinsschrankenregelung des § 4h EStG, StuB 2007, 487; Hennrichs, Zinsschranke, Eigenkapitalvergleich und IFRS, DB 2007, 2101; Hennrichs, Zinsschranke, IFRS-Rechnung und prüferische Durchsicht oder Prüfung, DStR 2007, 1926; Herzig/Liekenbrock, Zinsschranke im Organkreis, DB 2007, 2387; Hoffmann/Rüsch, Die effektivsten Steuersätze nach der Zinsschranke, DStR 2007, 2079; Homburg, Die Zinsschranke – eine beispiellose Steuerinnovation, FR 2007, 717; Kirsch, Potenzielle Auswirkungen der Zinsschrankenregelung des § 4h EStG auf die Bilanzpolitik im IFRS-Konzern- und Einzelabschluss, DK 2007, 657; Köhler, Erste Gedanken zur Zinsschranke nach der Unternehmensteuerreform, DStR 2007, 597; Kollruss, KGaA und Zinsschranke – unter besonderer Berücksichtigung der Akquisitionsfinanzierung, BB 2007, 1988; Köster, Zinsschranke: Eigenkapitaltest und Bilanzpolitik, BB 2007, 2278; Lüdenbach/Hoffmann, Der IFRS-Konzernabschluss als Bestandteil der Steuerbemessungsgrundlage für die Zinsschranke nach § 4h EStG-E, DStR 2007, 636; Neumann, Zinsschranke nach dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008, EStB 2007, 292; Reiche/Kroschewski, Akquisitionsfinanzierungen nach Einführung der Zinsschranke – erste Empfehlungen für die Praxis, DStR 2007, 1330; Rödder/Stangl, Zur geplanten Zinsschranke, DB 2007, 749; Rohrer/Orth, Zinsschranke: Belastungswirkungen bei der atypisch ausgeprägten KGaA, BB 2007, 2266; Schaden/Käshammer, Der Zinsvortrag im Rahmen der Regelungen zur Zinsschranke,
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KG, FR 2008, 1129; Dörfler, Das BMF-Schreiben zur Zinsschranke vom 4.7.2008 – Überblick, Anmerkungen und offene Fragen, Ubg 2008, 693; Dörr/Fehling, Gestaltungsmöglichkeiten zum Öffnen der Zinsschranke, Ubg 2008, 345; Eilers, Zinsschrankenerfahrungen, Ubg 2008, 197; Engels, Aktive latente Steuern auf Verlustvorträge – Was erwartet den HGB-Bilanzierer bei Umsetzung des RegE BilMoG?, BB 2008, 1554; Fischer/Wagner, Das BMF-Schreiben zur Zinsschranke – Überblick/Bewertung/Verbleibende Gestaltungen, BB 2008, 1872; Forst/ Schaaf, Zinsschranke und Gleichordnungskonzern, EStB 2008, 414; Ganssauge/Mattern, Der Eigenkapitaltest im Rahmen der Zinsschranke, DStR 2008, 213; Geimer, Das BMF-Schreiben zur Zinsschranke aus Beratersicht, EStB 2008, 407; Geißelmeier/Bargenda, Ungelöste Probleme der Zinsschranke bei Personengesellschaften, NWB Fach 4, 5329; Goebel/Eilinghoff/Kim, BMF-Schreiben zur Zinsschranke vom 4.7.2008: Überblick über die Regelungsinhalte und deren Bedeutung für die Praxis, DStZ 2008, 630; 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Mensching/Rosseburg, Ein Konzern ist ein Konzern ist ein Konzern – Zur Auslegung des Konzernbegriffs durch die herrschende Meinung, DStR 2008, 1224; Möhlenbrock, Detailfragen der Zinsschranke aus Sicht der Finanzverwaltung, Ubg 2008, 1; Musil/Volmering, Systematische, verfassungsrechtliche und europarechtliche Probleme mit der Zinsschranke, DB 2008, 12; Pawelzik, Unzureichende Eliminierung von Konzernforderungen beim Eigenkapitaltest nach § 4h EStG (Zinsschranke), DB 2008, 2439; Prinz, Mittelstandsfinanzierung in Zeiten der Zinsschranke, FR 2008, 441; Schmitz-Herscheidt, Zinsschranke und Gesellschafterfremdfinanzierung bei nachgeordneten Mitunternehmerschaften, BB 2008, 699; Schultes-Schnitzlein/Miske, Die Zinsschranke nach dem BMF-Anwendungsschreiben v. 4.7.2008, NWB Fach 4, 5357; Schulz, Zinsschranke und IFRS – Geklärte, ungeklärte und neue Fragen nach dem Anwendungserlass vom 4.7.2008, DB 2008, 2043; Stibi/Thiele, IFRS und Zinsschranke nach dem BMF-Schreiben v. 4.7.2008 – Ausweg oder Irrweg?, BB 2008, 2507; 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Feldgen, Die Zinsschranke bei Mitunternehmerschaften, NWB 2009, 998; Häuselmann, Die Einordnung von Kapitalüberlassungsverhältnissen für Zwecke der Zinsschranke, FR 2009, 506; Häuselmann, Möglichkeiten und Grenzen des Zinsschrankenmanagements beim Einsatz von Wertpapieren, Ubg 2009, 225; Häuselmann, Zum Zinsbegriff der Zinsschranke als Steueroptimierungsfaktor (§ 4h Abs. 3 EStG), FR 2009, 401; Herzberg, Überlegungen zum Ausschluss der Escape-Klausel nach § 8a
Stangl
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§ 8a
Zinsschranke
Abs. 3 KStG mit der Folge des Eingreifens der Zinsschranke bei Konzerngesellschaften, GmbHR 2009, 367; Herzig/Bohn/Götsch, Auswirkungen des Zusammenspiels von Zins- und Verlustvortrag auf die Bilanzierung latenter Steuern im HGB-Einzelabschluss, DStR 2009, 2615; Herzig/Liekenbrock, Konzernabgrenzung und Konzernbilanzierung nach §§ 4h EStG, 8a KStG bei Organschaft, Ubg 2009 750; Herzig/Liekenbrock, Zum Zinsvortrag bei der Organschaft, DB 2009, 1949; Hierstetter, Zinsvortrag und Restrukturierung, DB 2009, 79; Hoffmann, Zinsschranke – Gibt es die Freigrenze noch?, DStR 2009, 1461; Kleinheisterkamp, Gewerbeverlust und Zinsvortrag bei Übergang und Aufgabe von Teilbetrieben, FR 2009, 522; Knopf/Bron, Höherrangiges Recht bei der Zinsschrankenbesteuerung zu beachten, BB 2009, 1222; Kollrus, Ertragsoptimale Gesellschafter-Fremdfinanzierung und Zinsschranke – Das KGaA-Joint-Venture-Modell, StuW 2009, 280; Kollrus/Erl/Seitz/Gruebner/Niedenthal, Zur Rechtsformabhängigkeit der Zinsschranke, DStZ 2009, 117; Kollrus/Weißert/Ilin, Die KGaA im Lichte der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG und der Zinsschranke, DStR 2009, 88; Krain, Der Konzernbegriff der Zinsschranke nach dem BilMoG, StuB 2009, 486; Kreft/Schmitt-Homann, Die steuerliche Behandlung des Zins-Swaps, BB 2009, 2404; Mückl, Refinanzierungsaufwendungen des Obergesellschafters doppel- bzw. mehrstöckiger Personengesellschaften, DB 2009, 1088; Neumann, Die Zinsschranke „bei schlechtem Wetter“, Ubg 2009, 461; Pawelzik, Die Zuordnung von Firmenwerten und Akquisitionsschulden beim Eigenkapitaltest nach § 4h EStG (Zinsschranke) – Implikationen für die Akquisitionsstruktur, Ubg 2009, 50; Rödder/Hageböke/Stangl, Zur Anwendung der Zinsschranke bei der KGaA und ihrem persönlich haftenden Gesellschafter, DB 2009, 1561; Rödding, Änderungen der Zinsschranke durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, DStR 2009, 2649; Schildknecht/Riehl, Untergang von Verlust- und Zinsvorträgen beim Gesellschafterwechsel in der Kapitalgesellschaft – Ausgestaltung und Quantifizierung des Ausgleichsanspruchs, DStR 2009, 117; Watrin/Pott/Richter, Auswirkungen der Zinsschranke auf die steuerliche Bemessungsgrundlage, StuW 2009, 256; Weber-Grellet, Der Konzernbegriff des § 4h EStG, DStR 2009, 557; Wehrheim/Haussmann, Darlehensvergabe im Konzernverbund und Zinsschranke, StuW 2009, 269; Wilke/Süß, Die Bedeutung des Gemeinschaftsrechts für die direkten Steuern am Beispiel der Zinsschranke, FR 2009, 796; Bolik/Linzbach, Verluste und Zinsschranke in der Bilanzierung latenter Steuern, DStR 2010, 1587; Brunsbach, Eigenkapitalvergleich im Rahmen der Zinsschranke – Bestimmung des relevanten Konzerns, IStR 2010, 745; Gemmel/Loose, Erleichterungen bei der Zinsschranke, NWB 2010, 262; Goebel/Eilinghoff, (Nicht-)Konformität der Zinsschranke mit dem Grundgesetz und Europarecht?, DStZ 2010, 550; Göritzer, Der EBITDA-Vortrag der deutschen Zinsschranke, SWI 2010, 484; Häuselmann, Unternehmensbesteuerung nach dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz – Teil I: Zinsschranke und Verlustnutzung bei Kapitalgesellschaften, SteuK 2010, 1; Kessler/Dietrich, Die Zinsschranke nach dem WaBeschG – la dolce vita o il dolce far niente?, DB 2010, 240, Herzig/Liekenbrock, Zum EBITDA-Vortrag der Zinsschranke, DB 2010, 690; Kessler/Lindemer, Die Zinsschranke nach dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, DB 2010, 472; Kußmaul/Weiler, Die Änderungen bei der Zinsschranke durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, ZSteu 2010, 26; Lenz/Dörfler, Die Zinsschranke im internationalen Vergleich, DB 2010, 18; Lenz/Dörfler/Adrian, Änderungen bei der Zinsschranke durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Ubg 2010 1; Rödder, Entsteht ein EBITDA-Vortrag in Jahren mit einem Zinsertragsüberhang?, DStR 2010, 529; Schneider, Beratungsrelevante Änderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, FR 2010, 58; Schuck/Faller, Probleme der parallelen Anwendung von Zinsschranke und gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen in der Organschaft, DB 2010, 2186; Bohn/Loose, Prüfungsschema zum Grundbestand der Zinsschranke bei negativem EBITDA, DB 2011, 1246; Bohn/Loose, Besonderheiten des EBITDA-Vortrags bei Organschaftsverhältnissen, DStR 2011, 1009; Bohn/Loose, Ausgewählte Zweifelsfragen bei der Anwendung des EBITDA-Vortrags, DStR 2011, 241; Herzig/Liekenbrock, Expertenbefragung zu Rechtsunsicherheiten der Zinsschranke, Ubg 2011, 102; Hiller, Folgen des EuGH-Urteils in der Rs. Scheuten Solar – insbesondere für die Zinsschranke, BB 2011, 2715; Kaminski, Überlegungen zu den internationalen Aspekten der Zinsschranke, IStR 2011, 783; Körner, Offene Praxisfragen im Umgang mit der Zinsschranke, Ubg 2011, 610; Althoff/Taron, Die Umsetzung der Zinsschranke nach § 4h EStG, StuB 2012, 67; Erker, Zinsschranke und gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, DStR 2012, 498; Fischer, Zinsschranke in der Anwendung – Zwei verfehlte Verfügungen der Finanzverwaltung, DStR 2012, 2000; Klass/ Stoecker, Gewerbesteuerliche Probleme von organschaftlich organisierten Immobilienkonzernen aufgrund der Zinsschrankenregelungen, Ubg 2012, 535; Liekenbrock, Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag bei unterjährigem Gesellschafterwechsel, DB 2012, 2488; Prinz, Sonderwirkungen des § 8c beim „Zinsvortrag“, DB 2012, 2367; Prinz, Zinsschranke unter „partiellem Verfassungsverdacht“, FR 2012, 541; Rosen/Hütig, Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zinsschranke, StuB 2012, 475; Schirmer, Die Zinsschranke, StBp 2012, 1; Schmid/Mertgen, Organschaft, Zinsschranke und § 8c KStG bei unterjährigem Beteiligungserwerb – eine Steuerfalle, DB 2012, 1830; Schuck/Faller, Probleme der Zinsschrankenanwendung bei grenzüberschreitenden Investitionen über vermögensverwaltende Personengesellschaften, DB 2012, 1893; Heuermann, Steuerinnovation im Wandel: Einige Thesen zur Zinsschranke und ihrer Verfassungsmäßigkeit, DStR 2013, 1; Marquart/Jehlin, Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen einer „Steuerinnovation“, DStR 2013, 2301; Prinz, Ist die Zinsschranke besser als ihr Ruf?, FR 2013, 145; Cortez/Schmidt, Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG nF, IWB 2014, 507; Hahn, Strukturierte Finanzgebühren im Licht der Regelungen zur Zinsschranke und der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschriften, Ubg 2014, 106; Ismer, Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Zinsschranke, FR 2014, 777; Kaltenbach/Layh, Sonderfragen der Zinsschranke bei Personengesellschaften – unter besonderer Berücksichtigung doppelstöckiger Personengesellschaften, Ubg 2014, 573; Liekenbrock, EBITDA-Kaskade bei der Zinsschranke bei mehrstöckigen Personengesellschaften? FG Köln sagt Ja!, DStR 2014, 991; Liekenbrock, Zusammenspiel von Zinsschranke und Anti-Double-dip-Rule, Ubg 2014, 785; München/Mückl, Die Vereinbarkeit der Zinsschranke mit dem Grundgesetz, DStR 2014, 1469; Prinz, Nichtanwendungserlass zur Zinsschranken-Aussetzung wegen Verfassungszweifeln, DB 2014, 2739; Prinz, Zinsschranke vor dem Scheitern?, DB 2014, 1102; Staats, Zur Verfassungskonformität der Zinsschranke, Ubg 2014, 520; Suchanek/Rüsch, Gewerbesteuerliche Organschaft und
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Stangl
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 1–3 § 8a
Zinsschranke im Organschaftsfall, DStZ 2014, 871; Kahlenberg/Kopec, Unterkapitalisierungsvorschriften in der EU – eine Analyse im Vorfeld des OECD-Berichts zur Maßnahme 4 des BEPS-Aktionsplans, IStR 2015, 84. Verwaltungsanweisungen: BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718; FinMin Schleswig-Holstein v. 12.3.2009 – VI 324 - S 2741 – 109, juris; Thüringer Landesfinanzdirektion v. 7.5.2009 – S 2742a A - 14 - A 2.17 (R), juris; OFD Frankfurt/M. v. 2.7.2009 – S 2742a A - 3 - St 51, juris; OFD Frankfurt/M. v. 15.12.2009 – S 2706 A - 105 - St 54, juris; OFD Frankfurt/M. v. 11.5.2010 – S 2742a A - 3 - St 51, juris; FinMin Schleswig-Holstein v. 27.6.2012 – VI 3011 - S 2741 – 109, juris; OFD Frankfurt/M. v. 17.7.2012 – S 2742a A - 4 - St 51, juris; FinMin Schleswig-Holstein v. 10.8.2012 – VI 301 - S 2741 – 109, juris; OFD Frankfurt/M. v. 10.8.2012 – S 2742a A - 4 - St 51, juris; OFD Niedersachsen v. 21.9.2012 – S 2742a - 31 - St 241, juris; OFD Nordrhein-Westfalen v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, juris; OFD Karlsruhe v. 10.10.2014 – S 274.2 b/1/21 - St 221, juris; BMF v. 13.11.2014 – IV C 2 - S 2742 - a/07/10001 :009, BStBl. I 2014, 1516.
A. Grundaussagen der Vorschrift I. Regelungsgegenstand Die sog. „Zinsschranke“ des § 4h EStG ist über § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG auch bei der Ermittlung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage anzuwenden (s. hierzu näher Rz. 68 f.). Damit finden im Grundsatz alle einkommensteuerlichen Regelungen zur Zinsschranke Eingang in das Körperschaftsteuerrecht. § 8a KStG kommt dabei die Aufgabe zu, bestimmte Regelungen des § 4h EStG für Zwecke der Körperschaftsteuer zu modifizieren. Diese Modifikationen betreffen im Überblick die folgenden Bereiche: –
Abs. 1 Satz 1 ordnet an, dass an die Stelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt und Abs. 1 Satz 2 definiert dieses maßgebliche Einkommen.
–
Abs. 1 Satz 3 ordnet die entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf den Zinsvortrag an und modifiziert für diese Zwecke Teile der sog. Stille-Reserven-Klausel des § 8c Abs. 1 Sätze 6 bis 9 KStG.
–
Abs. 1 Satz 4 ordnet die entsprechende Anwendung des § 4h EStG auch für Fälle an, in denen die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage anhand des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln ist (Fälle des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG), was vor allem bei beschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen von Bedeutung ist.
–
Abs. 2 suspendiert den sog. Stand-alone-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG) in den Fällen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung.
–
Abs. 3 suspendiert den sog. Eigenkapital-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG) in den Fällen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung.
Während § 8a Abs. 1 KStG demnach im Wesentlichen „technische“ Anpassungen der Regelungen des § 4h EStG für Zwecke der Körperschaftsteuer und eine Modifikation des § 8c KStG für Zwecke der Zinsschranke vornimmt, haben die Abs. 2 und 3 einen massiv einschränkenden Charakter. Diese Absätze suspendieren für körperschaftsteuerliche Zwecke die in § 4h Abs. 2 EStG vorgesehenen Ausnahmen von der Zinsschranke im Falle der fehlenden Konzernzugehörigkeit (sog. Stand-alone-Escape, § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG) und iRd. Vergleichs der Eigenkapitalquoten (sog. Eigenkapital-Escape, § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG), wenn eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt. In den Fällen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung kann sich die Körperschaft somit nicht auf die beiden Escape-Möglichkeiten berufen. Dabei ist die Definition einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung iRd. § 8a Abs. 2 und 3 KStG vom Gesetzgeber sehr weit gewählt worden. Die Anwendung der dritten in § 4h Abs. 2 Satz 1 EStG vorgesehenen Ausnahme von der Zinsschranke (Freigrenze nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG) steht unter keiner vergleichbaren Einschränkung, womit diese ohne weitere Modifikationen auf die Körperschaftsteuer durchschlägt.
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II. Bedeutung und Telos Die Zinsschranke ist zunächst vor dem Hintergrund der langjährigen Bemühungen des Gesetzgebers zu sehen, eine Gewinnverlagerung in das Ausland durch eine „überbordende“ Gesellschafterfremdfinanzierung einzudämmen. Mit § 8a KStG idF des StandOG1 ist der 1 Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz – StandOG) v. 13.9.1993, BGBl. I 1998, 1569.
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§ 8a Rz. 3–4
Zinsschranke
Gesetzgeber diesem Problem anfänglich mit einer sich nur auf die grenzüberschreitende (Inbound-)Gesellschafterfremdfinanzierung1 beziehende Regelung begegnet, die die Höhe der maximal abzugsfähigen Zinsen durch eine Eigenkapital-/Fremdkapital-Ratio regelte (vgl. näher zur Rechtsentwicklung Rz. 23 f.). Nachdem der EuGH diese Regelung wegen ihrer Beschränkung auf grenzüberschreitende Sachverhalte in der Entscheidung „Lankhorst-Hohorst“ als europarechtswidrig eingestuft hatte,2 hat sich der Gesetzgeber iRd. ProtErklG3 zunächst dafür entschieden, § 8a KStG auf alle Fälle der Gesellschafterfremdfinanzierung (also neben der Inbound-Gesellschafterfremdfinanzierung auch rein inländische Gesellschafterfremdfinanzierungen sowie die Outbound-Gesellschafterfremdfinanzierung4) auszudehnen. Aber auch diese Regelung war aus Sicht des Gesetzgebers problembehaftet, da sie zum einen wegen ihrer Anwendung auf alle Formen der Gesellschafterfremdfinanzierung mit erheblichen Anwendungsschwierigkeiten verbunden war,5 zum anderen erfasste sie aus Sicht des Gesetzgebers nicht alle problematischen Fälle der Konzernfinanzierung.6 Darüber hinaus war dem Gesetzgeber die im ehemaligen § 8a KStG zur Durchsetzung des gewollten Abzugsverbots gewählte Technik – die Umqualifizierung von Zinsaufwand in vGA – in den Fällen der Outbound-Gesellschafterfremdfinanzierung ein Dorn im Auge. Denn in letzterem Fall drohte die Anwendung des § 8a KStG dadurch in ein fiskalisch negatives Ergebnis umzuschlagen, dass beim inländischen Gesellschafter regulär steuerpflichtige Zinseinnahmen in Ausschüttungen umqualifiziert werden, die von den Begünstigungen des § 3 Nr. 40 EStG bzw. des § 8b Abs. 1 und 5 KStG erfasst werden.7 Mit der Einführung der Zinsschranke iRd. UntStRefG 20088 hat der Gesetzgeber den Versuch unternommen, den vorstehenden Problemen zu begegnen. Rechtsfolge der Zinsschranke ist nunmehr die Qualifikation von Zinsaufwendungen als nicht abziehbare Ausgaben (und nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen); sie ist in ihrer praktischen Reichweite (und damit in ihrer Handhabung) vor allem durch die Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG eingedämmt und konzentriert sich in ihrer Grundform auf jegliche Finanzierungen; sie erfasst somit auch alle Fälle der Konzernfinanzierung (für die Gesellschafterfremdfinanzierung gelten dann „nur“ noch die besonderen Verschärfungen in § 8a Abs. 2 und 3 KStG). 4
Das in Rz. 3 erläuterte Problem der (grenzüberschreitenden) Gesellschafterfremdfinanzierung ist aber nur eine Seite der Medaille. Denn die gesetzgeberischen Diskussionen iZm. der Einführung der Zinsschranke durch das UntStRefG 20089 sind auch vor dem Hintergrund der im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens erfolgten Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % zu sehen. Denn der in Rz. 3 näher dargestellte Regelungsanlass – die Gesellschafterfremdfinanzierung – findet sich im Regelungskomplex der Zinsschranke im Wesentlichen nur iRd. Verschärfung für Körperschaften durch die Abs. 2 und 3 des § 8a KStG. Die Zinsschranke selbst greift hingegen für jegliche Fremdfinanzierung. Darüber hinaus stellt die Verwendung der 30 %-EBITDA-Grenze für den abziehbaren Zinssaldo verglichen mit dem vorhergehenden Konzept des § 8a KStG aF ebenfalls eine drastische Verschärfung dar, die mit dem in Rz. 3 dargestellten Regelungsanlass alleine nicht begründet werden kann.10 Vor diesem Hintergrund ist die Zinsschranke des § 4h EStG in ihrer konkreten Ausprägung zu einem großen Teil auch im Hinblick auf die og. Senkung des Körperschaftsteuersatzes zu sehen, und zwar als Gegenfinanzierungsmaßnahme zu dieser Steuersatzsen1 „Inbound“ iSv. Fremdfinanzierung einer inländischen Gesellschaft durch ihren ausländischen Gesellschafter. 2 Vgl. EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-324/00, GmbHR 2003, 44 = FR 2003, 182 = BFH/NV 2008, 98. 3 Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2840. 4 „Outbound“ iSv. Fremdfinanzierung einer ausländischen Gesellschaft durch ihren inländischen Gesellschafter. 5 Diese haben zB dazu geführt, dass die FinVerw. den Bereich der rückgriffsberechtigten Dritten sehr eng ausgelegt hat; vgl. hierzu näher Rz. 159I-Verweis-FN. 6 Vgl. hierzu zB Rödder/Stangl, DB 2007, 479 (479). 7 Die FinVerw. versuchte diesem zunächst mit einer Qualifikationsverkettung iRd. BMF-Schr. v. 15.7.2004 – IV A 2 - S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593 Rz. 27, Einhalt zu gebieten. Das Bestehen einer Rechtsgrundlage hierfür wurde aber zu Recht angezweifelt. Seit dem JStG 2007 (G v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, 2878) wird dieses Problem über § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 2 EStG bzw. § 8b Abs. 1 Satz 2 und 3 KStG abgedeckt. 8 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 9 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 10 In Anlehnung an die Mindestbesteuerung des § 10d EStG hätte zB vielmehr eine Grenze von 60 % nahegelegen (so im Gesetzgebungsverfahren zur Zinsschranke ein Vorschlag Bayerns); vgl. hierzu und auch zur Kritik an der 30 %-Grenze zB Rödder/Stangl, DB 2007, 479 (dort Fn. 6 und 483 f.).
846
Stangl
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 4–7 § 8a
kung. Der in Rz. 3 erläuterte Regelungszweck findet sich im Wesentlichen nur in § 8a KStG, und zwar in der Form einer für die Gesellschafterfremdfinanzierung greifenden zusätzlichen Verschärfung der Zinsschranke. Eine weitere Zielsetzung der Zinsschranke soll nach den Angaben in der Gesetzesbegründung die Stärkung der Eigenkapitalausstattung deutscher Betriebe sein.1 Vor dem Hintergrund der Erläuterungen in Rz. 3 und 4 kann dies allerdings allenfalls ein Nebenzweck sein. Denn im Kern beruht diese Begründung auf der Annahme, dass die Frage nach Eigen- und Fremdfinanzierung „im Belieben“ des Unternehmens steht. Dieses Argument ist aber nur in Situationen der Gesellschafterfremdfinanzierung stichhaltig, in denen der Gesellschafter die Wahl hat, den Betrieb der Gesellschaft mit Eigen- oder (Gesellschafter-)Fremdkapital auszustatten, was wiederum voraussetzt, dass er über genügend eigene Mittel für eine Finanzierung der Gesellschaft verfügt. Bei einer reinen Fremdfinanzierung durch Dritte (vor allem Banken) ist dies aber häufig nicht der Fall; der Unternehmer hat dann keine freie Wahl zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung. Dennoch werden auch diese Finanzierungen von der Zinsschranke des § 4h EStG erfasst und wird im Körperschaftsteuerrecht der EigenkapitalEscape des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG, der dies abfedern soll, durch § 8a Abs. 3 KStG (zu) stark eingeschränkt. Aus diesem Grund kann auch die vermeintliche Zielsetzung der Stärkung der Eigenkapitalausstattung die Zinsschranke verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen (vgl. Rz. 21). Im Ergebnis erscheint damit die gesetzgeberisch anvisierte Stärkung der Eigenkapitalausstattung als Ausprägung des in Rz. 3 erläuterten Ziels der Eindämmung einer „überbordenden“ Gesellschafterfremdfinanzierung. Gleiches gilt im Ergebnis für das ebenfalls vom Gesetzgeber vorgebrachte Ziel2 einer Sicherung des inländischen Steuersubstrats durch Setzung von Anreizen für eine Gewinnverlagerung ins Inland und für die in der verfassungsrechtlichen Diskussion teilweise betonte Zielsetzung der Vermeidung einer Gewinnverlagerung (vgl. Rz. 21).
5
Vor dem Hintergrund der Erläuterungen in den Rz. 3 bis 5 ist hinsichtlich des Telos festzuhalten:
6
–
Primärer Telos der Zinsschranke des § 4h EStG ist (zumindest überwiegend) die Gegenfinanzierung der mit dem UntStRefG 2008 durchgeführten Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 %.3 Gleiches gilt dann auch für die „technischen“ Modifikationen der Zinsschranke in § 8a Abs. 1 KStG. Beide stellen damit im Kern Fiskalzwecknormen dar.4
–
Spezieller Telos des § 8a Abs. 2 und 3 KStG ist die Missbrauchsvermeidung, und zwar die Vermeidung der Inanspruchnahme der Ausnahmen von der Zinsschranke nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b und c KStG in den Fällen einer „überbordenden“ Gesellschafterfremdfinanzierung.5
III. Geltungsbereich und Verhältnis zu anderen Vorschriften 1. Geltungsbereich Der persönliche Geltungsbereich des § 8a KStG erstreckt sich auf alle körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaften,6 und zwar unabhängig davon, ob diese der unbeschränkten oder der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen7 (die Besonderheiten im Hinblick auf die KGaA werden ausführlich in § 9 KStG Rz. 71 ff. erläutert). Hierbei greift § 8a KStG nur, wenn auch § 4h EStG greift, was voraussetzt, dass die Körperschaft einen Betrieb iSd. der Zinsschranke unterhält.8 Sofern es sich um unbeschränkt körperschaftsteuerpflichte KapGes., Genossenschaften (einschließlich der Europäischen Genossenschaft) und Versicherungs- bzw. Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit handelt (mithin Körperschaften iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG), ist zu beachten, dass diese wegen § 8 Abs. 2 KStG nur Ein1 2 3 4 5
6 7 8
Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 31. Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 48. So zutreffend zB Thiel, FR 2007, 729 (730); vgl. auch FG München v. 1.7.2010 – V 2721/09, juris. Vgl. zB Eilers, FR 2007, 733 (735); Homburg, FR 2007, 717 (719); Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (449); Thiel, FR 2007, 729 (739); Töben, FR 2007, 739 (749). Vgl. Rz. 126 ff. und 190 ff. Vor diesem Hintergrund ist auch die Aussage in BT-Drucks. 16/4841, 48 zu verstehen, wonach die Zinsschranke die „einseitige Verlagerung von Fremdfinanzierungsaufwand ins Inland verhinder(n)“ soll. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 24. Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 7. Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 26; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 7.
Stangl
847
7
§ 8a Rz. 7–10
Zinsschranke
künfte aus Gewerbebetrieb erzielen und nach der zutreffenden hM1 auch nur über einen Betrieb iSd. der Zinsschranke verfügen, der ggf. auch ausländische Betriebsstätten der unbeschränkt körperschaftsteuerlichen Körperschaft umfasst.2 Bei den übrigen unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 KStG) ist hingegen in jedem Einzelfall zu prüfen, ob betriebliche Einkünfte erzielt werden und hierfür ein Betrieb iSd. Zinsschranke unterhalten wird.3 Ist dies erfüllt, so kann zB auch ein BgA der Zinsschranke (und damit auch § 8a KStG) unterliegen.4 Eine inländische Betriebsstätte einer beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft ist noch nicht automatisch ein Betrieb iSd. der Zinsschranke.5 Allerdings kann in diesen Fällen die Betriebsfiktion des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG zu beachten sein (vgl. zu dieser Rz. 119 ff.). Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft gelten OT und OG als ein Betrieb iSd. Zinsschranke (vgl. hierzu Rz. 34). Zu den speziellen persönlichen Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 und 3 KStG im Hinblick auf die Person des Empfängers der Zinsaufwendungen s. näher Rz. 145 ff. und 237 ff. 8
Zur Ausweitung des Geltungsbereichs des § 8a Abs. 2 und 3 KStG auf nachgeschaltete Personengesellschaften nach § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG s. Rz. 272 ff.
9
Der sachliche Geltungsbereich des § 8a KStG wird allgemein durch denjenigen des § 4h EStG vorgegeben. Sachlich regelt § 4h EStG eine Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen iSd. § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Wie bereits in Rz. 1 f. erläutert, regelt § 8a KStG darauf aufbauend „technische“ Besonderheiten des Körperschaftsteuerrechts (Abs. 1) und die Suspendierung der Escape-Klauseln des Buchst. b und c des § 4h Abs. 2 Satz 1 EStG in den Fällen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung.
10
Im Hinblick auf den zeitlichen Geltungsbereich regelt § 34 Abs. 6a Satz 3 KStG idF vor dem Kroatien-AnpG6, dass § 8a KStG idF des UntStRefG 20087 erstmals auf Wj. anzuwenden ist, die nach dem 25.5.2007 beginnen und nicht vor dem 1.1.2008 enden. Die Regelung erfasst ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich auch Zinsaufwendungen für Fremdfinanzierungen, die bereits vor dem Inkrafttreten der Norm vertraglich vereinbart wurden. Eine Ausnahme enthält § 34 Abs. 4 KStG (entspricht § 34 Abs. 6a Satz 4 KStG idF vor dem Kroatien-AnpG). Hiernach sind die Abs. 2 und 3 nicht anzuwenden, wenn die Rückgriffsmöglichkeit des Dritten allein auf der Gewährträgerhaftung einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Einrichtung des öffentlichen Rechts gegenüber den Gläubigern eines Kreditinstituts für Verbindlichkeiten beruht, die bis zum 18.7.2001 vereinbart waren; Gleiches gilt für bis zum 18.7.2005 vereinbarte Verbindlichkeiten, wenn deren Laufzeit nicht über den 31.12.2015 hinausgeht. Der Verweis des § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG auf die EBITDA-Definition in § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG wurde zusammen mit dieser Definition iRd. WaBeschG8 eingeführt und ist – ebenso wie die EBITDA-Definition (§ 52 Abs. 12d Satz 4 EStG idF vor dem Kroatien-AnpG9) – erstmals ab den Wj. anzuwenden, die nach dem 31.12.2009 enden (§ 34 Abs. 6a Satz 5 KStG idF vor dem Kroatien-AnpG10). Die Modifizierung der Stille-Reserven-Klausel im Hinblick auf die entsprechende Anwendung des § 8c KStG (s. § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG) ist – ebenso wie die Stille-Reserven-Klausel des § 8c KStG selbst – erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 anzuwenden (§ 34 Abs. 6a Satz 6 KStG idF vor dem KroatienAnpG11).
1 Vgl. zB Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 46 mwN; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 7; im Grundsatz ebenso BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 7 f. 2 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 7. 3 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 46 (s. dort auch zu der umstrittenen Bestimmung eines Betriebs im Falle der Spartenrechnung nach § 8 Abs. 9 KStG). 4 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 7. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 9; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 7. 6 § 34 Abs. 6a Satz 3 KStG ist durch die Neufassung des § 34 KStG iRd. Kroatien-AnpG v. 25.7.2014 (BGBl. I 2014, 1266) entfallen, behält aber für die Vergangenheit weiterhin Gültigkeit. 7 G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 8 G v. 22.9.2009, BGBl. I 2009, 3950. 9 § 52 Abs. 12d EStG ist durch die Neufassung des § 52 EStG iRd. Kroatien-AnpG v. 25.7.2014 (BGBl. I 2014, 1266) entfallen, behält aber für die Vergangenheit weiterhin Gültigkeit. 10 § 34 Abs. 6a Satz 5 KStG ist durch die Neufassung des § 34 KStG iRd. Kroatien-AnpG v. 25.7.2014 (BGBl. I 2014, 1266) entfallen, behält aber für die Vergangenheit weiterhin Gültigkeit. 11 § 34 Abs. 6a Satz 6 KStG ist durch die Neufassung des § 34 KStG iRd. Kroatien-AnpG v. 25.7.2014 (BGBl. I 2014, 1266) entfallen, behält aber für die Vergangenheit weiterhin Gültigkeit.
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Stangl
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 11–15 § 8a
2. Verhältnis zu anderen Normen § 8a KStG ist sehr eng mit der Regelung der Zinsschranke in § 4h EStG verknüpft. § 8a Abs. 1 KStG modifiziert die Regelungen des § 4h EStG für Zwecke der Körperschaftsteuer. § 8a Abs. 2 und 3 KStG schränken die Escape-Klauseln des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b und c EStG für Zwecke der Körperschaftsteuer ein (vgl. Rz. 1 f.).
11
Die Regelungen zur vGA und zur vE gehen § 4h EStG und § 8a KStG nach der zutreffenden hM1 vor. Kommt es nach den erstgenannten Regelungen zur Umqualifizierung von Zinsaufwendungen bzw. Zinserträgen in vGA bzw. vE, so ist diese Umqualifizierung auch für Zwecke der Zinsschranke zu beachten. Dies bedeutet, dass die entsprechenden Beträge aus dem Anwendungsbereich der Zinsschranke herausfallen.
12
Nach § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG gilt § 8c KStG für den Zinsvortrag iSd. § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG entsprechend, wobei die Norm einige Modifikationen im Hinblick auf die Stille-Reserven-Klausel anordnet (vgl. hierzu näher Rz. 76 ff.). Des Weiteren ordnet § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG den Untergang eines Zinsvortrags in entsprechender Anwendung von § 8c KStG auch für den Fall einer Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) an, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmerin beteiligt ist.
13
Im Falle einer körperschaftsteuerlichen Organschaft ist im Hinblick auf die Zinsschranke 14 § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG zu beachten. Nach § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG ist die Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) bei der OG nicht anzuwenden. OT und OG gelten als ein Betrieb iSd. Zinsschranke (§ 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG). Demzufolge sind Zinsaufwendungen und Zinserträge der OG, die in dem dem OT zuzurechnenden Einkommen der OG enthalten sind, in die Ermittlung der Zinsschranke beim OT einzubeziehen (§ 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG). Entsprechendes gilt für die bei der Ermittlung des steuerlichen EBITDA hinzuzurechnenden Abschreibungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2a Satz 2 und § 7 EStG.2 Diese Zusammenschau von OG und OT für Zwecke der Zinsschranke ist von erheblicher praktischer Bedeutung. Denn sie ermöglicht zum einen, die Zinsaufwendungen eines Rechtsträgers für die Zwecke der Bildung des Zinssaldos iSd. Zinsschranke mit Zinserträgen eines anderen Rechtsträgers uneingeschränkt zu saldieren. Zum anderen führt sie dazu, dass ein Rechtsträger für seinen negativen Zinssaldo ein bei einem anderen Rechtsträger entstehendes EBITDA3 iRd. 30 %-Grenze nutzen kann.4 Darüber hinaus bildet der Organkreis für sich alleine keinen Konzern iSd. Zinsschranke.5 Somit kann der Organkreis leichter von dem StandAlone-Escape iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG Gebrauch machen.6 Für Zwecke des Eigenkapital-Escapes (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG) ist dem Konzerneigenkapital das EK des Organkreises gegenüberzustellen.7 Der Organkreis kann als ein Betrieb iSd. Zinsschranke allerdings auch von der Freigrenze iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG insgesamt nur einmal Gebrauch machen.8 Die Zinsschranke schlägt als Gewinnermittlungsnorm über § 7 Satz 1 GewStG auch auf 15 die Gewerbesteuer durch.9 Sie ist dabei auch vorrangig vor § 8 Nr. 1 GewStG anzuwenden, dh., dass der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG nur diejenigen Zinsaufwendungen unterliegen, die unter Beachtung der Regelung der Zinsschranke abzugsfähig sind (vgl. auch den einleitenden Satzteil von § 8 GewStG: „soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind“).10
1 Vgl. Köhler, DStR 2009, 597 (598); Middendorf/Stegemann, INF 2007, 205 (207); Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 25 f.; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 8; Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (452); Wehrheim/Haussmann, StuW 2009, 269. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 45. 3 Hierbei ist auch zu beachten, dass Ausschüttungen in der Situation ohne Organschaft wegen der 95-prozentigen Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG bei der ausschüttungsempfangenden Körperschaft nur zu sehr wenig steuerlich nutzbarem EBITDA führen. 4 Damit kommt der Organschaft gerade in Holdingsituationen eine beachtliche Bedeutung zu; vgl. zB Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. 5 f. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 65. 6 Vgl. § 15 KStG Rz. 119 ff.; s. darüber hinaus zB auch Herlinghaus in H/H/R, § 15 KStG Rz. 67; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. 7. 7 Vgl. Herlinghaus in H/H/R, § 15 KStG Rz. 67; Stangl/Winter, Organschaft 2013/2014, 2014, Rz. 8. 8 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 57. 9 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 8. 10 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 19; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 8.
Stangl
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§ 8a Rz. 16–19
Zinsschranke
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§ 2 Abs. 4 Satz 1 und 3 UmwStG enthalten im Hinblick auf die umwandlungssteuerliche Rückwirkung Verrechnungsbeschränkungen für den Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 5 EStG) und den EBITDA-Vortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 3 EStG). Ein Zinsvortrag geht ebenso wie ein EBITDA-Vortrag bei einer Umwandlung einer KapGes. auf eine Personengesellschaft bzw. ein Einzelunternehmen unter (§ 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Gleiches gilt für eine Umwandlung zwischen KapGes. nach § 12 Abs. 3 Halbs. 2 UmwStG. Bei einer Einbringung in eine KapGes. geht der Zinsvortrag und der EBITDA-Vortrag nicht mit auf die übernehmende Gesellschaft über (§ 20 Abs. 9 UmwStG). Gleiches gilt für Einbringungen in Personengesellschaften (§ 24 Abs. 6 UmwStG). Die vorstehenden Regelungen flankieren die allgemeine Regelung in § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG, wonach ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag bei Aufgabe oder Übertragung eines Betriebs untergehen. Die FinVerw. wendet dies auch auf die Übertragung eines Teilbetriebs an (anteiliger Untergang des Zinsvortrags); dabei soll das Ausscheiden einer OG aus dem Organkreis als Aufgabe eines Teilbetriebs gelten.1 Vgl. näher zu den vorstehenden Regelungen Rz. 97 ff.
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Nach § 10 Abs. 3 Satz 4 AStG sind sowohl § 4h EStG als auch § 8a KStG bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags iRd. Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG nicht anzuwenden. Dies bedeutet nach zutreffender hM2 zugleich, dass § 4h EStG und § 8a KStG auch nicht bei der Prüfung der Niedrigbesteuerung iSd. § 8 Abs. 3 AStG anwendbar sind. Somit kann der Umstand, dass das ausländische Steuerrecht bei der vermeintlichen Zwischengesellschaft Zinsausgaben steuerlich zum Abzug zulässt, die bei entsprechender Anwendung der Zinsschranke nicht abzugsfähig wären, für sich allein betrachtet nicht zu einer Niedrigbesteuerung iSd. § 8 Abs. 3 AStG und auch nicht zu einem Hinzurechnungsbetrag führen. Des Weiteren spricht sich die zutreffende hM3 dafür aus, dass Zinskorrekturen nach § 1 AStG iRd. Zinsschranke Berücksichtigung finden sollten.
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Nach § 2 Abs. 2a InvStG sind ausgeschüttete oder ausschüttungsgleiche Erträge des Investmentfonds, die aus Zinserträgen iSd. § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG stammen, beim Anleger iRd. § 4h Abs. 1 EStG als Zinserträge zu berücksichtigen. Die Norm statuiert somit für Zwecke der Zinsschranke eine transparente Sichtweise, wonach Zinserträge des Fonds auf der Ebene des Anteilsinhabers iRd. Zinsschranke verwertet werden können.4
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Nach zutreffender Ansicht5 ist im Hinblick auf die Gesellschafterfremdfinanzierung für eine Anwendung des § 42 AO neben § 8a Abs. 2 und 3 KStG kein Raum. Denn die letztgenannten Normen sind als spezielle Missbrauchsvermeidungsnormen zu charakterisieren (vgl. Rz. 6), und nach der Rspr. des BFH6 verdrängen spezielle Missbrauchsvermeidungsnormen § 42 AO. Nach zutreffender Ansicht7 gilt dies – entgegen der Auffassung der FinVerw.8 – auch für den geltenden § 42 AO idF des JStG 20089. Charakterisiert man die übrigen Vorschriften der Zinsschranke mit der hier vertretenen Meinung (vgl. Rz. 6) hingegen nicht als Missbrauchsvermeidungs-, sondern als Fiskalzwecknormen, so tritt die vorstehend erläuter-
1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 47. 2 Vgl. Göbl/Haun, IStR 2007, 768; Häuselmann, BB 2008, 20 (26); Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 8; Stangl/ Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (453). 3 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 25; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 8. 4 Siehe näher hierzu Ebner, NWB 2008, 339 (349); Häuselmann, BB 2008, 20 (25); Merker, StuB 2007, 851 (856). 5 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 31; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 8; aA Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 23. 6 Vgl. zB BFH v. 23.10.1991 – I R 40/89, BStBl. II 1992, 1026; v. 10.6.1992 – I R 105/89, BStBl. II 1992, 1029 = GmbHR 1993, 53; v. 15.12.1999 – I R 29/97, BStBl. II 2000, 527 = FR 2000, 446 m. Anm. Fischer; v. 19.1.2000 – I R 94/97, BStBl. II 2001, 222 = FR 2000, 453 m. Anm. Kempermann; v. 19.1.2000 – I R 117/97, BFH/NV 2000, 824; v. 20.3.2002 – I R 63/99, BStBl. II 2003, 50 = FR 2002, 1077 m. Anm. Fischer = GmbHR 2002, 862; v. 25.2.2004 – I R 42/02, BStBl. II 2005, 14 = GmbHR 2004, 1234 m. Anm. Roser = FR 2004, 1064 m. Anm. Fischer; v. 31.5.2005 – I R 74/04, BStBl. II 2006, 118; v. 31.5.2005 – I R 88/04, nv.; v. 7.9.2005 – I R 118/04, BStBl. II 2006, 118; v. 29.1.2008 – I R 26/06, BStBl. II 2008, 978 = GmbHR 2008, 612 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2008, 672 m. Anm. Wagner/Fischer; v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605. 7 Vgl. Drüen in T/K, Vor § 42 AO Rz. 13a; Fischer in H/H/Sp, § 42 AO Rz. 292; Gosch in Kirchhof14, § 50d EStG Rz. 30; Hey, StuW 2008, 167 (173); Ratschow in Klein12, § 42 AO Rz. 90 f.; Spindler, StbJb 2008/2009, 39 (51 ff.); tendenziell wohl auch Madle in Leopold/Madle/Rader, § 42 AO Rz. 8; im Ergebnis ähnlich Schmieszek in Beermann/Gosch, § 42 AO Rz. 82 f.; aA zB Koenig in Pahlke/Koenig2, § 42 AO Rz. 5 f. 8 Vgl. zB AEAO zu § 42 Nr. 1. 9 G v. 20.12.2007, BGBl. I 2008, 3150.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 19–21 § 8a
te Verdrängungswirkung der Spezialnorm im Hinblick auf § 42 AO insoweit nicht ein und bleibt § 42 AO insoweit neben § 4h EStG anwendbar.1 Kritik ist die Zinsschranke auch im Hinblick auf das Abkommensrecht ausgesetzt. Die 20 Zinsschranke stellt einen Eingriff in die abkommensrechtliche Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen dar, weil dem Fremdvergleich standhaltende Unternehmensgewinne abkommensrechtlich dem Staat des (zinszahlenden) Unternehmens zugeordnet werden (Art. 7, 9 OECD-MA), während Zinseinnahmen abkommensrechtlich vom Staat des Zahlungsempfängers besteuert werden dürfen (Art. 11 OECD-MA). Es wird insoweit der Vorwurf erhoben, die Zinsschranke dehne durch die Nichtabziehbarkeit von Zinsaufwendungen das Besteuerungsrecht des Staats des Unternehmens im Ergebnis auf Zinszahlungen, die nach dem Abkommensrecht an sich (nur) im Staat des Einkünfteempfängers zu versteuern sind, aus.2 3. Verhältnis zu höherrangigem Recht a) Verhältnis zum Verfassungsrecht Die Zinsschranke ist verfassungsrechtlicher Kritik ausgesetzt. Bedenken hinsichtlich der 21 Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke bestehen vor allem im Hinblick auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG). Nach überwiegender und zutreffender Auffassung in der Literatur verstößt die derzeitige gesetzliche Regelung gegen das verfassungsrechtliche Leistungsfähigkeitsprinzip in seiner konkreten Ausprägung als objektives Nettoprinzip und gegen das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Körperschaftsteuerrechts an der finanziellen Leistungsfähigkeit, da eine Rechtfertigung des Eingriffs unter dem Aspekt der Missbrauchsvermeidung und Sicherung des Steuersubstrats zumindest an der Verhältnismäßigkeitsprüfung scheitert.3 Die Regelung ist zur vom Gesetzgeber ua. ins Visier genommenen Bekämpfung der Verlagerung von Steuersubstrat ins Ausland (s. Rz. 5) deutlich zu grob gestrickt und richtet aufgrund dessen schwerwiegende Kollateralschäden bei Unternehmen an, deren Geschäftstätigkeit mit den vom Gesetzgeber als unerwünscht angesehenen Verhaltensweisen nichts zu tun hat.4 Darüber hinaus führt die Zinsschranke durch ihre Belastungswirkungen auch nicht etwa nur zu einer Einmalerfassung von Besteuerungssubstrat in Deutschland, sondern vielmehr zu einer Doppelbesteuerung von Zinsaufwand, wenn man zusätzlich auch den Empfänger der Fremdkapitalvergütungen in die Betrachtung einbezieht.5 Auf den Umstand, dass gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung in der steuerrechtlichen Literatur gewichtige Bedenken geltend gemacht werden, hat der BFH mehrfach hingewiesen und infolgedessen im Rahmen von AdV-Verfahren ernstliche Zweifel an der Verfassungskonformität der Zinsschranke konzediert.6 Der BFH hat seine Bedenken gegen die Zinsschrankenregelung neben grundsätzli1 Ebenso Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 31; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 8; aA Schmidt-Fehrenbacher, Ubg 2008, 469 (470). 2 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 6; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 56. 3 Vgl. zB Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 6; Loschelder in Schmidt34, § 4h EStG Rz. 4; Seiler in Kirchhof14, § 4h EStG Rz. 3 f.; Korn in Korn, § 4h EStG Rz. 21; Baumgärtel in Ballwieser/Grewe, Wirtschaftsprüfung im Wandel, 2008, 575 (591); Beiser in Brähler/Lösel, FS Djanani, 2008, 3 (27); Förster in Breithecker/Förster/Förster/Klapdor, Unternehmensteuerreformgesetz 2008, 2007, § 4h EStG Rz. 62; Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 35 f.; Hey, BB 2007, 1303 (1305 f.); Hey in FS Djanani, 109 (122 ff.); Eilers in Spindler/ Tipke/Rödder, FS für Schaumburg, 2009, 275 (285); Goebel/Eilinghoff, DStZ 2010, 550 (554); Gosch, DStR 2007, 1553 (1559); Gosch, BFH-PR 2012, 243 (244); Herzig/Bohn, DB 2007, 1 (2); Kessler/Dietrich, DB 2010, 240 (240); Lenz/Dörfler, DB 2010, 18 (19); München/Mückl, DStR 2014, 1469 (1469 ff.); Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 37 f.; Seer, JbFStR 2007/2008, 9 (12); Shou, Die Zinsschranke im Unternehmensteuerreformgesetz 2008, 2010, 48; Prinz, FR 2012, 541 (543); Schwetlik, Anm. zu BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, EStB 2012, 195 (196); Marquart/Jehlin, DStR 2013, 2301 (2305 f.); aA Heuermann, DStR 2013, 1 (1 ff.); Heuermann in Blümich, § 4h EStG Rz. 25; Schenke in K/S/M, § 4h EStG Rz. A 162 ff.; Staats, Ubg 2014, 520 (520 ff.). 4 Als Beispiel solcher Kollateralschäden können Unternehmen der Immobilienbranche genannt werden. Diese haben geschäftsfeldbedingt regelmäßig eine hohe Fremdfinanzierungsquote, die auf eine nicht missbrauchsaffine reguläre Bankenfinanzierung zurückzuführen ist. Auch diese Unternehmen geraten – trotz der evident fehlenden Missbrauchssituation – in das Visier der Zinsschranke, deren Anwendung dazu führt, dass der effektive Steuersatz dieser Unternehmen sogar bei über 100 % liegen kann. Als Beispiel kann der Sachverhalt erwähnt werden, der dem Beschluss I B 111/11 (vgl. BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611) zugrunde gelegen hat. 5 Vgl. Musil/Volmering, DB 2008, 12 (15); Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 6. 6 Vgl. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BFHE 244, 320 = GmbHR 2014, 542 m. Anm. Wiese = ISR 2014, 154 m. Anm. Möhlenbrock = FR 2014, 560 m. Anm. Hick; v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611 = FR 2012, 573 = GmbHR 2012, 646 m. Anm. Wiese. Die Rspr. der FG ist diesbezüglich bisher uneinheitlich. Für eine Verfassungswidrigkeit der Zinsschrankenregelung FG Nds. v. 18.2.2010 – 6 V 21/10, BB 2010, 1132; FG Ber-
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§ 8a Rz. 21
Zinsschranke
chen Zweifeln am Vorliegen eines die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips rechtfertigenden qualifizierten Fiskalzwecks insbesondere auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Missbrauchstypisierung (keine Typisierung anhand eines atypischen Falls) gestützt. Ferner hat er durchgreifende Zweifel an der Erforderlichkeit der Zinsschranke im Hinblick auf deren mangelnde Zielgenauigkeit geäußert. Während der BFH im Beschluss I B 111/111 seine verfassungsrechtlichen Zweifel noch sehr stark auf den konkret zu entscheidenden Sachverhalt eingeengt hat, hat er sie in dem Beschluss I B 85/132 – bewusst3 – viel breiter angelegt.4 Die von der Gegenauffassung für eine Verfassungskonformität der Zinsschranke ins Feld geführten Argumente überzeugen nicht: –
Die Verfassungskonformität der Zinsschranke wird teilweise damit begründet, dass es wegen des Zinsvortrags nur zu einer verfassungskonformen zeitlichen Streckung des Zinsaufwands kommt.5 Diese Argumentation vernachlässigt den Umstand, dass die konkrete Ausgestaltung der Zinsschranke die Nutzung eines Zinsvortrags an vielfach kaum überwindbare Hürden knüpft. Denn eine Nutzung des Zinsvortrags erfordert entweder ein sprunghaftes Ansteigen des Gewinns und/oder ein ebenso sprunghaftes Absinken der Zinsaufwendungen. Ohne diese sprunghaften Änderungen – also im wirtschaftlichen Regelfall – kommt es dagegen zu einem „ewigen Zinsvortrag“6, der darüber hinaus noch gem. §§ 4h Abs. 5 EStG, 8a Abs. 1 Satz 3 KStG latent „untergangsgefährdet“ ist. Die Abmilderung der Zinsschrankenregelung durch Eingreifen des Zins- und/oder EBITDA-Vortrags ist demnach als atypischer Ausnahmefall zu werten, mit dem die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht gerechtfertigt werden kann.7
–
Ein weiteres Argument, das für die Verfassungskonformität der Zinsschranke angeführt wird, ist, dass die Regelung durch einen „qualifizierten Fiskalzweck“ – der Vermeidung von Gewinnverlagerungen zulasten des deutschen Fiskus – gerechtfertigt sei.8 Diesem ist zu entgegnen, dass der Tatbestand der Zinsschranke eine etwaige Gewinnverlagerung zulasten des deutschen Fiskus nicht voraussetzt. Die Zinsschranke entfaltet ihre Eingriffswirkung vielmehr auch (und gerade) dann, wenn überhaupt kein Gewinn (oder sogar ein Verlust) entsteht. Hier kann es dann zur Substanzbesteuerung kommen.9 Eine Norm kann nicht durch einen angeblichen „qualifizierten Fiskalzweck“ gerechtfertigt werden, der in der Norm nicht hinreichend zum Ausdruck kommt (vor allem, wenn diese Norm gerade diejenigen Fälle besonders hart trifft, in denen der angebliche „qualifizierte Fiskalzweck“ gerade nicht greift). Hieran ändert auch nichts, wenn der Stand-alone-Escape und der Eigenkapital-Escape in die Betrachtung einbezogen werden. Denn deren konkrete Ausgestaltung – zumindest iZm. § 8a Abs. 2 und 3 KStG – lässt ebenfalls einen ausreichenden Bezug zu einem angeblichen „qualifizierten Fiskalzweck“ vermissen. Die
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lin-Bdb. v. 13.10.2011 – 12 V 12089/11, EFG 2012, 358; FG München v. 1.6.2011 – 7 V 822/11, FR 2012, 166 = EFG 2011, 1830; FG Münster v. 29.4.2013 – 9 V 2400/12 K, DStRE 2014, 107; aA FG BW v. 26.11.2012 – 6 K 3390/11, DStRE 2014, 452 (Rev. I R 2/13); FG Nds. v. 11.7.2013 – 6 K 226/11, EFG 2013, 1790 (Rev. I R 57/13); FG München v. 2.3.2015 – 7 K 2372/13, juris (Rev. I R 18/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 680/12, juris (I R 20/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 3431/12, juris (Rev. I R 21/15). Vgl. BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611 = FR 2012, 573 = GmbHR 2012, 646 m. Anm. Wiese. Vgl. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BFHE 244, 320 = GmbHR 2014, 542 m. Anm. Wiese = ISR 2014, 154 m. Anm. Möhlenbrock = FR 2014, 560 m. Anm. Hick. Hinweis auf Gosch, BRH-PR 2014, 226 (227), wonach der BFH (v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611) den „großen Wurf“ nur deshalb vermieden hat (und vermeiden konnte), weil es „um eine besonders augenfällig zweifelhafte Konstellation ging“. Vgl. Hick, FR 2014, 564 (567) (Aussagen zu einem „Zinsschranken-Grundfall“). Vgl. BMF v. 13.11.2014 – IV C 2 - S 2742 - a/07/10001 :009, BStBl. I 2014, 1516; FG München v. 6.3.2015 – 7 K 680/12, juris (Rev. I R 20/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 3431/12, juris (Rev. I R 21/15); Heuermann, DStR 2013, 1 (2 ff.); Ismer, FR 2014, 777 (778 ff.); Möhlenbrock, ISR 2014, 154 (155); Staats, Ubg 2014, 520 (522 ff.). Vgl. Loschelder in Schmidt34, § 4h EStG Rz. 13; Hoffmann/Rüsch, DStR 2007, 2079 (2080); Süß/Wilke, SteuStud 2010, 561 (566). Vgl. zB Glahe, Einkünftekorrektur zwischen verbundenen Unternehmen, 2012, 413 mwN; Hinweis auch auf die verfassungsrechtlichen Zweifel bei Definitiveffekten innerhalb der Mindestbesteuerung; s. den Vorlagebeschl. des BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 (BVerfG 2 BvL 19/14). Vgl. BMF v. 13.11.2014 – IV C 2 - S 2742 - a/07/10001 :009, BStBl. I 2014, 1516; FG München v. 6.3.2015 – 7 K 680/12, juris (Rev. I R 20/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 3431/12, juris (Rev. I R 21/15); Heuermann, DStR 2013, 1 (3); Staats, Ubg 2014, 520 (525 f.). Vgl. Goebel/Ellinghoff, DStZ 2010, 550 (555); Musil/Volmering, DB 2008, 12 (14); Süß/Wilke, SteuStud 2010, 561 (565).
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 21 § 8a
von der oben erwähnten Gegenauffassung ins Feld geführte Rechtfertigung mittels eines Hinweises auf die Vermeidung einer Gewinnverlagerung als Ausdruck der individuellen Leistungsfähigkeit ist auch nicht folgerichtig, zumal wenn man berücksichtigt, dass dieses Argument gerade auch für Situationen außerhalb der Missbrauchsvermeidung herangezogen wird.
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–
Zunächst ist zu beachten, dass die individuelle Leistungsfähigkeit und das Subjektsteuerprinzip im Körperschaftsteuerrecht regelmäßig darin ihren Ausdruck finden, dass die konkret vorliegende Situation einer Körperschaft im Rahmen einer „Standalone-Betrachtung“ zum Maßstab der Besteuerung gemacht wird. So orientieren sich zB vGA und vE am Bild des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers und bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen ist der Fremdvergleichsgrundsatz unter Beachtung der konkreten Risikosituation der Gesellschaft zu beachten. Diese grundlegenden Besteuerungsprinzipien blenden daher gerade eine „konzernweite Betrachtung“ zur Bestimmung des zu versteuernden Einkommens als Ausdruck der individuellen Leistungsfähigkeit aus. Und umgekehrt: Die körperschaftsteuerliche Organschaft wird als Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips verstanden, wobei an diese Durchbrechung seitens der höchstrichterlichen Rspr. gerade unter Hinweis auf das Subjektsteuerprinzip der Körperschaftsteuer regelmäßig strenge Maßstäbe angelegt werden (vgl. § 14 KStG Rz. 19 ff.). Wenn nun die Zinsschranke von der Gegenauffassung vor allem unter Hinweis auf den Eigenkapital-Escape auch im Bereich außerhalb der Missbrauchsvermeidung mit einem „qualifizierten Fiskalzweck“ – Vermeidung der Gewinnverlagerung – gerechtfertigt wird, geht dies genau in die entgegengesetzte Richtung. Die konkrete Situation der Gesellschaft wird bei einer solchen Argumentation gerade ausgeblendet und die Eigenkapitalquote des Konzerns wird als Maßstab der „richtigen“ Besteuerung gem. der individuellen Leistungsfähigkeit auserkoren. Dies erscheint zumindest als nicht folgerichtig. Wenn das Körperschaftsteuerrecht im Grundsatz auf eine „Stand-alone-Betrachtung“ der Gesellschaft ausgerichtet ist (so. zB zur vGA/vE und zu Verrechnungspreisen) und Ausnahmen hiervon nur unter strengen Voraussetzungen gewährt werden (so. zB zu § 14 KStG), dann kann die Zinsschranke nicht mit einem Hinweis auf eine konzernweite Betrachtung des Eigenkapital-Escape als vermeintlicher Ausdruck individueller Leistungsfähigkeit gerechtfertigt werden.
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Würde man das Argument der Gegenauffassung, dass die Vermeidung der Gewinnverlagerung als Ausdruck individueller Leistungsfähigkeit ein außerhalb der Missbrauchsvermeidung liegender Rechtfertigungsgrund für die Zinsschranke ist, konsequent zu Ende denken, so müsste an sich der von der Zinsschranke nicht zum Abzug zugelassene Zinsaufwand bei den Konzerngesellschaften, die eine höhere Eigenkapitalquote ausweisen, als Ausdruck derer individueller Leistungsfähigkeit zum Abzug gebracht werden können. Genau dies sieht aber die Zinsschranke nicht vor. Auch dies zeigt, dass das angebliche Ziel „Vermeidung der Gewinnverlagerung“ (außerhalb des Missbrauchs) kein Ziel ist, das in den Regelungen zur Zinsschranke einen hinreichenden Niederschlag gefunden hat.
Teilweise wird die Zinsschranke verfassungsrechtlich auch im Hinblick auf das Ziel der Stärkung der Eigenkapitalbasis gerechtfertigt.1 Auch dies ist nicht überzeugend.2 Denn dieses Argument unterstellt, dass Eigenkapital „beliebig“ zur Verfügung steht. Dies kann allenfalls in bestimmten Fällen der Gesellschafterfremdfinanzierung diskutiert werden. Die Zinsschranke ist jedoch nicht auf Fälle der Gesellschafterfremdfinanzierung beschränkt. Und auch in Fällen der Gesellschafterfremdfinanzierung ist es durchaus keine Selbstverständlichkeit, dass der Gesellschafter „beliebig“ über Eigenkapital verfügt (Hinweis zB auf die Gesellschafterfremdfinanzierung über den Rückgriff). Letztlich würde eine Rechtfertigung über das Argument der Stärkung der Eigenkapitalbasis darauf hinauslaufen, dass das Steuerrecht diejenigen Stpfl. privilegiert, die über ausreichendes Eigenkapital verfügen. Wenn ein Stpfl. ohne ausreichendes Eigenkapital ein Investment tätigen will und hierbei auf eine Fremdfinanzierung angewiesen ist, wird er umgekehrt durch die Zinsschranke „bestraft“. Eigenkapitalschwachen Stpfl. wird damit durch die Zinsschranke der Zugang zu einem bestimmten Investment erschwert. Gerade diesen Effekt als verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die Zinsschranke heranzuziehen, ist nicht überzeugend. Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, dass sich die Zinsschranke durch
1 Vgl. Ismer, FR 2014, 777 (779 ff.); Staats, Ubg 2014, 520 (526). 2 IErg. glA Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 38.
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§ 8a Rz. 21
Zinsschranke
den Stand-alone-Escape und den Eigenkapital-Escape hinreichend auf Situationen beschränkt, in denen ausreichendes Eigenkapital zur Verfügung steht.1 Denn diese EscapeMöglichkeiten können wegen ihrer konkreten Ausgestaltung – insbesondere unter Beachtung der Einschränkungen des § 8a Abs. 2 und 3 KStG – auch in Situationen versagt werden, in denen gerade nicht ausreichendes Eigenkapital zur Verfügung steht.2 Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Zinsschranke unmittelbar nicht die Eigenkapitalausstattung fördert, sondern schlicht eine fehlende Eigenkapitalausstattung bestraft. Derjenige, der mit Eigenkapital finanziert, wird regulär gem. dem objektiven Nettoprinzip besteuert, während derjenige, der Fremdkapital einsetzt (bzw. einsetzen muss), mit der Zinsschranke in eine Situation gebracht wird, in der wegen der Versteuerung eines ökonomisch nicht vorhandenen Gewinns zusätzlich Eigenkapital vernichtet und damit die Insolvenzgefahr gerade erhöht wird.3 Würde dem Gesetzgeber wirklich primär eine Förderung der Eigenkapitalausstattung am Herzen liegen, könnte er diese leicht mit verhältnismäßiger ausgestalteten Regelungen als der Zinsschranke (zB Abschreibungserleichterungen für nicht mit Fremdkapital erworbene Wirtschaftsgüter) erreichen. –
Teilweise wird für die Rechtfertigung der Zinsschranke auch der unionsrechtliche Zwang ins Feld geführt, die Regelung nicht nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte beschränken zu können.4 Auch dem ist nicht zu folgen. Der Grundrechtsverstoß durch die Zinsschranke ist nicht erforderlich, um einen Unionsrechtsverstoß zu vermeiden. Denn es ist keineswegs spekulativ, wenn der BFH5 ausführt, dass nach der jüngeren Rspr. des EuGH ein Verstoß gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten durch eine zielgenaue Missbrauchsvermeidungsklausel hätte abgewendet werden können.6 Wenn die Gegenauffassung versucht, sich diesem Argument mit dem Hinweis darauf zu entziehen, dass die Zinsschranke mit der Vermeidung der Gewinnverlagerung und der Verbesserung der Eigenkapitalausstattung keine reine Missbrauchsvermeidungsnorm sei, ist dem aus den oben genannten Gründen nicht zu folgen. Unabhängig davon ist ein „vorauseilender Gehorsam“ des Gesetzgebers dahingehend, einen als möglich erkannten Verstoß gegen das Unionsrecht zu vermeiden, nicht geeignet, im Einzelfall eine konkrete Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG billigend in Kauf zu nehmen. Dabei kann die Frage dahinstehen, ob ein Anwendungsvorrang des Unionsrechts (auch) vor den Grundrechten besteht. Denn im Ergebnis ist ein schonender Ausgleich zwischen den Grundfreiheiten des AEUV und den Grundrechten des GG im Sinne einer praktischen Konkordanz herbeizuführen.7 Die Zinsschranke darf im Einzelfall nicht über die unionsrechtlich zwingende Eingriffsintensität hinausgehen.8 Vor diesem Hintergrund lässt es sich – wie der BFH9 zu Recht ausführt – zumindest nicht ausschließen, dass dem Gesetzgeber die Schaffung einer zielgenauen Missbrauchsvermeidungsnorm möglich gewesen wäre, die reine Inlandsfälle vom partiellen Zinsabzugsverbot ausnimmt.10 Der pauschale Verweis auf eine unionsrechtskonforme
1 Vgl. hierzu Ismer, FR 2014, 777 (779). 2 Als Beispiel kann der Sachverhalt erwähnt werden, der dem Beschluss I B 111/11 (vgl. BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611) zugrunde gelegen hat. 3 Ähnlich Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 38. 4 Vgl. FG München v. 2.3.2015 – 7 K 2372/13, juris (Rev. I R 18/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 680/12, juris (I R 20/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 3431/12, juris (Rev. I R 21/15); Staats, Ubg 2014, 520 (525). 5 Vgl. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. II 2014, 947. 6 Soweit diesem entgegengehalten wird, dass die Zinsschranke nicht nur eine Missbrauchsvermeidung, sondern auch eine Gewinnverlagerungsbekämpfung bezweckt (so Staats, Ubg 2014, 520 [525]) sind dem die oben erwähnten Argumente gegen eine Rechtfertigung über einen Verweis auf einen qualifizierten Fiskalzweck entgegenzuhalten. Insoweit auch Hinweis auf Heuermann (DStR 2013, 1 [4]), der unter Verweis auf die EuGH-Rspr. in der Rechtssache „X-Holding BV“ (EuGH v. 25.2.2010 – Rs. C-337/08, DStR 2010, 427) und „Oy AA“ (EuGH v. 19.7.2007 – Rs. C-231/05, DStRE 2008, 285) einen Rechtfertigungsgrund zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsrechte der Mitgliedstaaten anerkennt, weil sonst „Unternehmensgruppen nach Belieben den Mitgliedstaat wählen könnten, in dem die Gewinne der Tochtergesellschaft besteuert würden.“ 7 Vgl. Glahe, Einkünftekorrektur zwischen verbundenen Unternehmen, 2012, 427 f.; Schroeder, EuZW 2011, 462 (465 ff.); Polzin, JuS 2012, 1 (4), die unter Verweis auf die Entscheidung „Laserdrome“ (EuGH v. 14.10.2004 – Rs. C-36/02, NVwZ 2004, 1471) aufzeigt, dass der EuGH die Verletzung von Unionsrecht im Einzelfall auch mit nationalverfassungsrechtlichen Vorgaben und Wertungen rechtfertigt. 8 Vgl. Glahe, Einkünftekorrektur zwischen verbundenen Unternehmen, 2012, 428 mwN. 9 Vgl. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BStBl. II 2014, 947. 10 Gleiches gilt auch für die angeblichen Ziele der Vermeidung der Gewinnverlagerung und der Stärkung des Eigenkapitals, wenn man diese – entgegen der hier vertretenen Auffassung – als Ziele der Zinsschranke anerkennt.
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Stangl
A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 21–23 § 8a
Ausgestaltung der Zinsschranke genügt daher nicht zur Rechtfertigung der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips.1 –
Für eine Verfassungskonformität der Zinsschranke wird zum Teil darauf verwiesen, dass auch andere Länder vergleichbare Regelungen eingeführt haben.2 Auch dies ist nicht überzeugend. Zum einen kann ein verfassungsrechtlicher Verstoß nicht damit gerechtfertigt werden, dass andere Länder ähnlich vorgehen. Zum anderen ist auch zu beachten, dass die Zinsschrankenregelungen anderer Länder häufig auch einen verglichen mit der deutschen Regelung weniger restriktiven Ansatz gewählt haben (zB Beschränkung nur auf die Gesellschafterfremdfinanzierung; höherer Prozentsatz des EBITDA als Verrechnungsgrenze; keine mit § 8a Abs. 2 und 3 KStG vergleichbaren Einschränkungen etc.).3
–
Letztlich mag auch der Hinweis auf die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen in Härtefällen4 nicht überzeugen. Ein Verfassungsverstoß kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Stpfl. ja im Einzelfall auf eine im Ermessen der Finanzbehörde stehende Billigkeitsmaßnahme zurückgreifen soll.5 Dabei ist auch zu beachten, dass die Finanzbehörden höchst unterschiedlich mit der Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen verfahren (Hinweis auch darauf, dass für gewstl. Zwecke die Billigkeit in den Flächenstaaten von den Gemeinden zu gewähren wäre, die ebenfalls häufig einen anderen Maßstab als die Finanzämter anlegen).
Darüber hinaus dürfte auch der in bestimmten Konstellationen aufgrund der Zinsschranke erfolgende Eingriff in die Vermögenssubstanz am Maßstab der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) unzulässig sein.6 Nach überzeugender Auffassung des BFH kann die Zinsschranke auch im Bereich üblicher Fremdfinanzierungen zu erheblichen Belastungswirkungen und einer Substanzbesteuerung führen, wodurch sich insbesondere die Situation insolvenzbedrohter Unternehmen häufig weiter verschlechtern wird.7 Eine Besteuerung, die auch dann eingreift, wenn gar kein realer Gewinn erzielt wurde, hat konfiskatorischen Charakter und stellt damit einen Eingriff in das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) dar, der über eine bloße Inhaltsbestimmung hinausgeht.8
22
Schließlich werden verfassungsrechtliche Zweifel auch im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Normenklarheit geltend gemacht.9 Auch von Vertretern der FinVerw. wird zugestanden, dass die Regelungen des § 4h EStG iVm. § 8a KStG inhaltlich schwer zugänglich und miteinander komplex verwoben seien.10 Darüber hinaus weist die Zinsschranke erhebliche Unklarheiten auf und könnte deshalb, insbesondere aufgrund des fragwürdigen Verweises auf internationale Rechnungslegungsregeln und der Unbestimmtheit des Konzernbegriffs (vgl. hierzu Rz. 129 ff. und 199 ff.), gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoßen. Diese Unklarheiten können dazu führen, dass betroffene Unternehmen in bestimm-
23
1 Insoweit insbesondere auch Hinweis auf Hey, BB 2007, 1303 (1305) und allgemein auch auf Hey, StuW 2005, 317 (322 f.): „Dient die Durchbrechung von Besteuerungsprinzipien zur Herstellung der ‚Europarechtstauglichkeit‘ in Wirklichkeit nur der Vermeidung von Aufkommenseinbußen, schlägt eine Rechtfertigung fehl. Grundrechte, Steuergleichheit und objektives Nettoprinzip stehen nicht unter Finanzierungsvorbehalt.“ Vgl. auch den Hinweis bei Oellerich in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 8.119. 2 Vgl. FG München v. 2.3.2015 – 7 K 2372/13, juris (Rev. I R 18/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 680/12, juris (Rev. I R 20/15); FG München v. 6.3.2015 – 7 K 3431/12, juris (Rev. I R 21/15); Staats, Ubg 2014, 520 (527). 3 Vgl. hierzu den Überblick der Zinsschrankenregelungen anderer Länder bei Kahlenberg/Kopec, IStR 2015, 84 (84 ff.). 4 Vgl. BMF v. 13.11.2014 – IV C 2 - S 2742 - a/07/10001 :009, BStBl. I 2014, 1516; Ismer, FR 2014, 777 (783). 5 Auch im Hinblick auf Definitiveffekte bei der Mindestbesteuerung lehnt der BFH zutreffend eine Rechtfertigung über einen Hinweis auf Billigkeitsmaßnahmen ab; vgl. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 (BVerfG 2 BvL 19/14). 6 Vgl. Frotscher in Frotscher, § 4h EStG Rz. 13; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 39; Scheunemann/Schocher, BB 2007, 1144 (1151); Dörr/Geibel/Fehling, NWB Fach 4, 5199 (5205); Goebel/Eilinghoff, DStZ 2010, 550 (555); nach aA liegt kein Verstoß gegen Art. 14 GG vor; vgl. zB Staats, Ubg 2014, 520 (527); mit gewissen Einschränkungen auch Ismer, FR 2014, 777 (783 f.). 7 Vgl. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BFHE 244, 320 = GmbHR 2014, 542 m. Anm. Wiese = ISR 2014, 154 m. Anm. Möhlenbrock = FR 2014, 560 m. Anm. Hick. 8 So auch Frotscher in Frotscher, § 4h EStG Rz. 13; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 39; Scheunemann/Schocher, BB 2007, 1144 (1151); Dörr/Geibel/Fehling, NWB Fach 4, 5199 (5205). 9 Vgl. Müller-Gatermann, Stbg 2007, 145 (158); Geißelmeier/Bargenda, NWB Fach 4, 5329 (5335); aA Ismer, FR 2014, 777 (784); Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 40; Staats, Ubg 2014, 520 (527 f.). 10 Vgl. Neumann, EStB 2007, 292 (292).
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§ 8a Rz. 23–26
Zinsschranke
ten Konstellationen nicht verlässlich ermitteln können, ob sie unter die Beschränkung des Zinsabzugs fallen oder nicht.1 24
Die FinVerw. gewährt bei auf der Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke beruhenden Einspruchsverfahren mit Hinweis auf das beim BFH anhängige Verfahren I R 2/132 ein Ruhen des Einspruchsverfahrens.3 Nach Ansicht der FinVerw. ist eine AdV nur in Rückgriffsfällen zu gewähren, in denen keine Back-to-back-Finanzierung vorliegt.4 Daher scheint die FinVerw. eine AdV nur in Fällen, in denen der Stand-alone-Ecape des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG grundsätzlich zu gewähren wäre, dies aber an einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung in der Konstellation des Rückgriffs (§ 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG) scheitert, gewähren zu wollen und auch nur dann, wenn dieser Rückgriff kein Back-to-back-Fall ist. Damit orientiert sich die FinVerw. sehr eng an dem Sachverhalt, der dem Beschluss I B 111/115 zugrunde lag, was wohl auch Ausfluss des Umstands ist, dass der BFH in diesem Beschluss seine Aussagen zu den verfassungsrechtlichen Zweifeln noch auf den konkreten Sachverhalt bezogen hat. Spätestens nach dem – bewusst viel breiter angelegten – Beschluss I B 85/136 ist diese enge Interpretation aber nicht mehr zu akzeptieren.7 Ungeachtet dessen hat das BMF8 den letztgenannten Beschluss mit einem Nichtanwendungserlass belegt und will die AdV nur in Situationen gewähren, in denen die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
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Verfassungsrechtlicher Kritik ist letztlich auch die Beschränkung des EBITDA-Vortrags auf die Dauer von fünf Wj. ausgesetzt.9
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Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Zinsschranke eine Norm geschaffen hat, die nach der zutreffenden überwiegenden Auffassung im Schrifttum verfassungswidrig ist. Im Kern will der Gesetzgeber mit der Zinsschranke vor allem die internationale Gesellschafterfremdfinanzierung eindämmen (vgl. Rz. 3). Die konkrete Ausgestaltung der Zinsschranke hat vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung einen (zu) stark überschießenden Charakter, der nach hier vertretener Auffassung vor allem auf drei Punkte zurückzuführen ist: –
Der Gesetzgeber sieht sich europarechtlich dazu gezwungen, die Zinsschranke nicht nur auf grenzüberschreitende Fälle, sondern auch auf reine Inlandsfälle anzuwenden.10
–
Der Gesetzgeber befürchtet, im Hinblick auf die Gesellschafterfremdfinanzierung das Problem der „Back-to-back-Gestaltungen“ nicht vollumfänglich in den Griff zu bekommen. Daher hat er die Zinsschranke auf jegliche Fremdfinanzierungen – und nicht nur auf die Gesellschafterfremdfinanzierung – erstreckt.
–
Die Zinsschranke wurde iZm. der Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % eingeführt. Die Steuersatzsenkung hat zu einem gewissen Gegenfinanzierungsbedarf geführt, den der Gesetzgeber ua. mit der niedrigen 30 %-Grenze betreffend den EBITDA befriedigte (s. Rz. 4).
1 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 6; Scheunemann/Schocher, BB 2007, 1144 (1151); Eilers, FR 2007, 733 (734); Birk, DStR 2009, 877 (879). 2 Vorinstanz FG BW v. 26.11.2012 – 6 K 3390/11, DStRE 2014, 452, wobei sich das FG letztlich für die Verfassungskonformität der Zinsschranke ausgesprochen hat; Hinweis auch auf das beim BFH anhängige Verfahren I R 57/13 (Vorinstanz FG Nds. v. 11.7.2013 – 6 K 226/11, EFG 2013, 1790, das sich ebenfalls für eine Verfassungskonformität ausgesprochen hat). 3 Vgl. OFD NRW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, DB 2013, 1580. 4 Vgl. OFD NRW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, DB 2013, 1580, wobei die FinVerw. hierbei die rechtliche Rückgriffsdefinition gem. der Verwaltungsauffassung zu § 8a KStG idF des Korb II-Gesetzes verwendet. 5 Vgl. BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611 = FR 2012, 573 = GmbHR 2012, 646 m. Anm. Wiese. 6 Vgl. BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BFHE 244, 320 = GmbHR 2014, 542 m. Anm. Wiese = ISR 2014, 154 m. Anm. Möhlenbrock = FR 2014, 560 m. Anm. Hick. 7 Vgl. Prinz DB 2014, 1102 (1103). 8 Vgl. BMF v. 13.11.2014 – IV C 2 - S 2742 - a/07/10001 :009, BStBl. I 2014, 1516. 9 Vgl. die entsprechenden Bedenken bei Nacke, DB 2009, 2507 (2507); gegen diese Bedenken Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 67l und Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240c. 10 Vgl. hierzu auch die Hinweise bei München/Mückl, DStR 2014, 1469 (1475); Seiler in Kirchhof14, § 4h EStG Rz. 6 („legislatives Dilemma“); Oellerich in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 8.119.
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A. Grundaussagen der Vorschrift
Rz. 26–28 § 8a
Wie in den Erläuterungen unter Rz. 21 ff. ausgeführt, können diese Punkte einen Verfassungsverstoß der Zinsschranke in ihrer derzeitigen konkreten Ausgestaltung nicht verhindern. Der Gesetzgeber hat sich die Lösung dieser Probleme vielmehr „zu einfach gemacht“, in dem er die Norm „im Zweifel“ zulasten des objektiven Nettoprinzips und damit zulasten der Stpfl. ausgestaltet hat. Die von der Gegenauffassung basierend auf der Gesetzesbegründung ins Feld geführten weiteren angeblichen Ziele der Zinsschranke – vor allem eine außerhalb der Missbrauchsvermeidung liegende Vermeidung der Gewinnverlagerung (auch im Inland) und die Stärkung der Eigenkapitalausstattung – sind bei Lichte betrachtet lediglich „Placebo-Ziel“, die keinen hinreichenden Niederschlag in §§ 4h EStG, 8a KStG gefunden haben. Sie sollten daher nicht den Blick auf das Kernziel der Zinsschranke – die internationale Gesellschafterfremdfinanzierung (vgl. Rz. 3) – und den gemessen hieran überschießenden Charakter der Norm vertrüben. Letztlich ist daher denjenigen Stimmen im Schrifttum zu folgen, die dem Gesetzgeber eine zielgenauere und behutsamere Regelung nahelegen.1 b) Verhältnis zum Unionsrecht Die Zinsschranke ist auch im Hinblick auf das Unionsrecht Kritik ausgesetzt. Kritisiert wird hierbei im Hinblick auf die Grundfreiheiten im Schrifttum insbesondere, dass die Zusammenfassung von OT und OG zu einem Betrieb nach § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG und die damit verbundenen Vorteile (vgl. hierzu Rz. 14) – ebenso wie die allgemeinen Organschaftsregelungen – im grenzüberschreitenden Bereich in praxi nicht bzw. nur sehr eingeschränkt nutzbar sind.2 Des Weiteren wird ein Verstoß der Zinsschranke gegen die ZLR diskutiert. Nachdem EuGH3 und BFH4 aber im Hinblick auf § 8 Nr. 1 GewStG einen Verstoß gegen die ZLR verneint haben, wird nach überwiegender Auffassung5 auch die Zinsschranke nicht (mehr) als Verstoß gegen die ZLR gewertet.
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IV. Rechtsentwicklung Die Vorgängerregelung der Zinsschranke – § 8a KStG aF – hat im Wesentlichen die folgenden Entwicklungsstufen durchlaufen: –
Ab dem VZ 1994 wurde mit StandOG6 § 8a KStG aF eingeführt. Er schränkte die steuerliche Anerkennung der Fremdfinanzierung einer inländischen KapGes. durch nicht anrechnungsberechtigte Anteilseigner ein. Die Regelung grenzte die zu akzeptierende und die nicht zu akzeptierende Gesellschafterfremdfinanzierung durch eine EK/FK-Ratio (sog. safe haven; grds. EK : FK = 1 : 3) ab. Wurde der safe haven nicht eingehalten, war Rechtsfolge des § 8a KStG aF die Umqualifizierung der Zinszahlung in eine vGA.7
–
IRd. StSenkG8 wurde das Anrechnungsverfahren durch das Halbeinkünfteverfahren ersetzt und zugleich der Körperschaftsteuersatz von 40 % auf 25 % gesenkt. In diesem Zusammenhang wurde auch § 8a KStG aF mit Wirkung ab dem VZ 2001 angepasst. Die vorige Einschränkung auf nicht anrechnungsberechtigte Anteilseigner wurde gestrichen und die Anwendung der Norm auf Fälle beschränkt, in denen die Vergütung beim Anteilseigner im Inland nicht im Rahmen einer Veranlagung erfasst wurde. Des Weiteren wurde der safe haven zur Gegenfinanzierung der Steuersatzsenkung von grds. 1 : 3 auf 1 : 1,5 reduziert.
–
IRd. UntStFG9 wurde der Kreis der nahestehenden Personen als Fremdkapitalgeber an die Änderungen des StSenkG angepasst.
1 Vgl. Seiler in Kirchhof14, § 4h EStG Rz. 6. 2 Vgl. Dörr/Fehling, NWB 2007, 2535; Führich, IStR 2007, 341; Homburg, Stbg 2008, 9 (12 f.); Musil/Volmering, DB 2008, 12 (15 f.); Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 4; aA zB Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 24; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 46. 3 Vgl. EuGH v. 21.7.2011 – Rs. C-397/09 – Scheuten Solar Technology, BStBl. II 2012, 528 = GmbHR 2011, 935 m. Anm. Rehm/Nagler. 4 Vgl. BFH v. 7.12.2011 – I R 30/08, BStBl. II 2012, 507 = GmbHR 2012, 538 m. Anm. Rehm/Nagler = FR 2012, 536. 5 Vgl. zB Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 24; Hiller, BB 2011, 2715 (2716); Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 47; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 4. 6 G v. 13.9.1993, BGBl. I 1998, 1569. 7 Vgl. näher zu § 8a KStG idF des StandOG zB BMF v. 15.12.1994 – IV B 7 - S 2742a - 63/94, BStBl. I 1995, 25 (ber. 176). 8 G v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433. 9 G v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858.
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§ 8a Rz. 28–30 –
Zinsschranke
Die Begrenzung des bisherigen § 8a KStG aF auf ausländische Anteilseigner wurde vom EuGH in der Entscheidung „Lankhorst-Hohorst“ als europarechtswidrig eingestuft.1 Als Reaktion hierauf hat der Gesetzgeber iRd. ProtErklG2 § 8a KStG aF auf sämtliche Fälle der Gesellschafterfremdfinanzierung ausgedehnt. Damit waren neben den bisher angesprochenen Inbound-Gesellschafterfremdfinanzierungen nunmehr auch Outbound-Gesellschafterfremdfinanzierungen und rein inländische Gesellschafterfremdfinanzierungen vom Anwendungsbereich der Norm erfasst. Obwohl hierbei auch eine Freigrenze von 250 000 Euro pro Jahr vorgesehen war, bereitete gerade die Ausdehnung der Norm auf reine Inlandssachverhalte in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten und entfaltete eine überschießende Wirkung.3 Die FinVerw. versuchte, dem durch eine restriktive Auslegung der schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung in Rückgriffsfällen zu begegnen.4 Die Ausdehnung auf die Outbound-Gesellschafterfremdfinanzierung führte darüber hinaus zu einem fiskalisch unerwünschten Effekt (Umqualifizierung regulär steuerlicher Zinserträge in beim Empfänger begünstigte vGA; s. auch Rz. 3), den die FinVerw. durch eine Qualifikationsverkettung zu vermeiden versuchte.5
29 Die Regelungen zur Zinsschranke – und damit auch § 8a KStG – haben die folgenden Rechtsentwicklungen erfahren: –
Die Regelungen zur Zinsschranke (§ 4h EStG und § 8a KStG) wurden mit Wirkung ab dem VZ 2008 durch das UntStRefG 20086 eingeführt. Zum zeitlichen Geltungsbereich vgl. Rz. 10.
–
Im Rahmen des WaBeschG7 versuchte der Gesetzgeber, die von der Zinsschranke ausgehenden krisenverschärfenden Impulse abzumildern. Hierzu hat er die Freigrenze von 1 Mio. Euro auf 3 Mio. Euro angehoben, den EBITDA-Vortrag eingeführt und die Zinsschranke mit der ebenfalls im Rahmen dieses Gesetzes eingeführten Stille-ReservenKlausel des § 8c Abs. 1 Satz 6 ff. KStG verknüpft. Dies machte entsprechende Anpassungen in § 8c Abs. 1 Satz 1 und 3 KStG erforderlich. Zum zeitlichen Anwendungsbereich s. Rz. 10.
B. Überblick über die Zinsschranke des § 4h EStG I. Hinweis zum Aufbau der Kommentierung 30 Im Folgenden werden zunächst die Grundzüge der Zinsschranke iSd. § 4h EStG im Überblick dargestellt, da diese auch für die KSt von Relevanz sind (vgl. auch Rz. 68 f.). Da § 8a KStG darüber hinaus teilweise in engem Zusammenhang mit der einkommensteuerlichen Grundregelung der Zinsschranke in § 4h EStG steht, werden die sich aus dieser Verzahnung ergebenden Einzelheiten wie folgt dargestellt: –
Der Stand-alone-Escape iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG wird näher in der Vorbemerkung zu § 8a Abs. 2 KStG erläutert (s. Rz. 126 ff.).
–
Der Eigenkapital-Escape iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG wird näher in der Vorbemerkung zu § 8a Abs. 3 KStG dargestellt (s. Rz. 190 ff.).
–
Die entsprechende Anwendung des § 8a Abs. 2 und 3 KStG bei nachgeordneten Personengesellschaften nach § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG wird gesondert diskutiert (s. Rz. 272 ff.).
–
Die Definition des maßgeblichen Gewinns iSd. § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG wird näher bei der Definition des maßgeblichen Einkommens iSd. § 8a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KStG erläutert und von Letzterer abgegrenzt (s. Rz. 70 ff.).
1 Vgl. EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-324/00, GmbHR 2003, 44 = FR 2003, 182 = BFH/NV 2008, 98. 2 G v. 22.12.2003, BGBl. I 2003, 2840. 3 Durch die Ausdehnung auf reine Inlandsfälle und die relativ geringe Freigrenze war durch die Neuregelung ein Maß von Fällen betroffen, das vom Telos der Norm her an sich nicht von § 8a KStG aF hätte betroffen sein sollen. 4 Vgl. BMF v. 15.7.2004 – IV A 2 - S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593 Rz. 18 bis 25; BMF v. 22.7.2005 – IV B 7 S 2742a - 31/05, BStBl. I 2005, 829. 5 Vgl. BMF v. 15.7.2004 – IV A 2 - S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593 Rz. 27. 6 G v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 7 G v. 22.9.2009, BGBl. I 2009, 3950.
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B. berblick ber die Zinsschranke des § 4h EStG
Rz. 30–34 § 8a
–
Der Konzernbegriff des § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG wird iRd. Vorbemerkung zu § 8a Abs. 2 KStG erläutert.
–
Der Untergang von Zins- und EBITDA-Vorträgen nach § 4h Abs. 5 EStG wird zusammen mit der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG nach § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG erläutert (s. Rz. 91 ff. zu § 4h Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG und Rz. 89 ff. zu § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG).
II. Allgemeine Wirkungsmechanismen der Zinsschranke (§ 4h Abs. 1 EStG) 1. Grundregel der Zinsschranke (§ 4h Abs. 1 Satz 1 EStG) Nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG sind Zinsaufwendungen eines Betriebs abziehbar iHd. Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA. Dies stellt die Grundregel der Zinsschranke dar, indem der Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen zwei nacheinander gestaffelte Grenzen gesetzt werden: –
Zinsaufwendungen sind zunächst iHd. Zinsertrags unbeschränkt abzugsfähig. Nur wenn die Zinsaufwendungen die Zinserträge übersteigen (sog. negativer Zinssaldo), entfaltet die Zinsschranke Wirkung.
–
Soweit ein negativer Zinssaldo vorliegt („darüber hinaus“), beschränkt insoweit § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG die Abzugsfähigkeit der in diesem negativen Zinssaldo noch enthaltenen Zinsaufwendungen auf die Höhe des verrechenbaren EBITDA. Dieses verrechenbare EBITDA wird näher in § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG als 30 % des dort speziell erläuterten sog. steuerlichen EBITDA umschrieben (vgl. Rz. 70). Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein negativer Zinssaldo nur iHv. 30 % des steuerlichen EBITDA abzugsfähig ist.
31
Rechtsfolge des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG ist, dass diejenigen Zinsaufwendungen, die von den in der vorstehenden Rz. 31 erläuterten beiden Grenzen nicht gedeckt sind (also negativer Zinssaldo, soweit dieser 30 % des steuerlichen EBITDA übersteigt), ertragsteuerlich als nicht abziehbare Ausgaben zu behandeln sind. Bei der steuerbilanziellen Gewinnermittlung ist dies durch eine außerbilanzielle Korrektur der steuerbilanziellen Erfassung der Zinsaufwendungen als Aufwand abzubilden.
32
Einige der in § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG verwendeten Begriffe werden in den nachfolgenden Regelungen des § 4h EStG näher definiert (zu „Zinsaufwendungen“ s. § 4h Abs. 3 Satz 2 und 4 EStG [Rz. 60 f.]; zu „Zinsertrag“ s. § 4h Abs. 3 Satz 3 und 4 EStG [Rz. 60 f.]; zum „verrechenbaren EBITDA“ s. § 4h Abs. 1 Satz EStG [Rz. 31]).
33
§ 4h Abs. 1 Satz 1 EStG verwendet als maßgebliches Bezugsobjekt für die Zinsschranke den „Betrieb“. Der Betriebsbegriff wird hierbei iRd. § 4h EStG keiner speziellen Definition zugeführt. Wegen der systematischen Stellung des § 4h EStG als Gewinnermittlungsnorm ist auf den einkommensteuerlichen Betriebsbegriff iSd. § 4 EStG zurückzugreifen.1 Dies bedeutet zunächst, dass die Zinsschranke nur bei den betrieblichen Einkunftsarten (Landund Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständige Arbeit) greift.2 Eine natürliche Person als Einzelunternehmer kann dabei mehrere Betriebe haben,3 während KapGes. grds. nur über einen Betrieb verfügen4 (zu § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG s. Rz. 119 ff.; zu der Besonderheit bei der KGaA vgl. § 9 KStG Rz. 71 ff.). Betriebsstätten stellen keine eigenständigen Betriebe
34
1 Vgl. zutreffend Loschelder in Schmidt34, § 4h EStG Rz. 8; ähnlich BT-Drucks. 16/4835, 1 („Es gilt grundsätzlich der allgemeine Betriebsbegriff des Einkommensteuerrechts für Zwecke der Gewinnermittlung.“); Hoffmann in L/B/P, § 4h EStG Rz. 45; Korn in Korn, § 4h EStG Rz. 40; Tschesche in Bordewin/Brandt, § 4h EStG Rz. 27; wohl auch Frotscher in Frotscher, § 4h EStG Rz. 25b; im Einzelnen umstritten, siehe zB Kaligin in Lademann, § 4h EStG Rz. 47 („allgemeines Verständnis des EStG zum Begriff ‚Betrieb‘“); Heuermann in Blümich, § 4h EStG Rz. 28 („Verständnis … zurückzugreifen, wie es im übrigen EStG verwandt wird, zB in § 16“); Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 97 („allgemeinen einkommentsteuerlichen Betriebsbegriff in §§ 13, 15 Abs. 2, 16, 18 Abs. 3 EStG sowie § 20 UmwStG“); Schenke in K/S/M, § 4h EStG Rz. B 11 f. („Anlehnung an den einkommensteuerlichen Betriebsbegriff der §§ 14, 15 Abs. 2, 16, 18 Abs. 3“ und „Rückschlüsse [aus der] Legaldefinition des einkommensteuerrechtlichen Gewerbebetriebs gem. § 15 Abs. 2“); Seiler in Kirchhof14, § 4h EStG Rz. 14 (Betriebsbegriff iSd. § 16 EStG); differenzierend Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 22 ff. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 2. 3 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 3; vgl. zu der entsprechenden einkommensteuerlichen Abgrenzung der Betriebe zB Ritzer/Stangl, INF 2001, 464. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 7; allgemein zB Hinweis auf BFH v. 29.10.1986 – I R 318, 319/83, BStBl. I 1987, 310.
Stangl
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§ 8a Rz. 34–36
Zinsschranke
iSd. Zinsschranke dar.1 Nach der Verwaltungsauffassung haben Mitunternehmerschaften nur einen Betrieb iSd. der Zinsschranke, zu dem neben dem GHV auch das SBV gehört.2 Dies führt dazu, dass die Mitunternehmerschaft eine „Zinsschrankeninsel“ (unter Einbezug des SBV und evtl. Ergänzungsbilanzwerte) darstellt. Ein aus dem SBV gespeistes steuerliches EBITDA steht somit auch dem GHV zur Verfügung (und vice versa). Zinsaufwendungen und Zinserträge im Gesamthands- und im Sonderbetriebsvermögensbereich können uneingeschränkt iRd. ersten der in Rz. 31 genannten Grenzen saldiert werden. Werden Zinsaufwendungen im Sonderbetriebsvermögensbereich als nicht abziehbare Betriebsausgaben erfasst, trifft die entsprechende Gewinnerhöhung die einzelnen Mitunternehmer nach – umstrittener3 – Auffassung der FinVerw. nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels.4 Im Ergebnis kommt es demnach innerhalb der Mitunternehmerschaft – ähnlich wie für die Belastungen durch die Gewerbesteuer – zu einer „Solidarisierung“ der Wirkungen der Zinsschranke. Dies sollte wirtschaftlich ggf. über geeignete gesellschaftsvertragliche Regelungen aufgefangen werden (wiederum ähnlich zur Gewerbesteuer). Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft bilden OT und OG nach § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG für die Zwecke der Zinsschranke zusammen einen Betrieb, woraus sich zahlreiche Besonderheiten ergeben (vgl. zu diesen § 15 KStG Rz. 110 ff.). 2. Definition des verrechenbaren EBITDA (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG) 35 § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG definiert das verrechenbare EBITDA als 30 % des sog. steuerlichen EBITDA5. Letzteres ist in § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG umschrieben als der um die Zinsaufwendungen und um die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG abzuziehenden, nach § 6 Abs. 2a Satz 2 gewinnmindernd aufzulösenden und nach § 7 EStG abgesetzten Beträge erhöhte und um die Zinserträge verminderte maßgebliche Gewinn. Der maßgebliche Gewinn ist wiederum in § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG näher definiert und wird für Zwecke der KSt über § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG durch das maßgebliche Einkommen substituiert (vgl. Rz. 71 ff.). Zu einer Darstellung der Berechnungsschritte für das verrechenbare EBITDA s. Rz. 70 f. 36
Das steuerliche EBITDA ist betriebsbezogen zu ermitteln.6 Unter Berücksichtigung der Einordnung einer Mitunternehmerschaft als einen Betrieb iSd. Zinsschranke (vgl. Rz. 34) leitet die FinVerw. aus der betriebsbezogenen Ermittlung ab, dass das steuerliche EBITDA einer Mitunternehmerschaft nicht nochmals in das steuerliche EBITDA eines anderen Betriebs eines Mitunternehmers einfließen kann.7 Diese Auffassung ist zwar dahingehend verständlich, dass sie EBITDA-Kaskaden8 vermeidet. Allerdings findet sie keine Stütze im Gesetz. Wird nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsätzen der Gewinn eines Mitunternehmers einer Mitunternehmerschaft über den Transparenzgrundsatz dem Gewinn eines Betriebs des Mitunternehmers zugerechnet, was namentlich bei doppelstöckigen Personengesellschaften der Fall ist, so ist der Gewinn aus der Mitunternehmerschaft auch im steuerlichen Gewinn des Mitunternehmers enthalten. Dieses Ergebnis der allgemeinen einkommensteuerlichen Gewinnermittlung findet über § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG Eingang in den maßgeblichen Gewinn, der dann wiederum über § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG Eingang in das verrechenbare EBITDA findet. Eine – etwa mit den §§ 8 Nr. 8, 9 Nr. 2 GewStG – vergleichbare Korrekturvorschrift ist innerhalb des § 4h Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 EStG gerade nicht vorgesehen. Aus diesem Grund ist dem FG Köln9 und der hM10 zuzustimmen, nach der das
1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 9. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 6 und 19. 3 Vgl. zu den verschiedenen diskutierten Verteilungsmöglichkeiten zB Liekenbrock, Management und Bilanzierung von Zinsschrankenrisiken, 2011, 132 ff. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 51 und das Bsp. in Rz. 52. 5 Vgl. zu dieser Bezeichnung BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 40. 6 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 42; Loschelder in Schmidt34, § 4h EStG Rz. 11. 7 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 42. 8 Vgl. hierzu zB Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 71; Liekenbrock, DStR 2014, 991 (991 ff.). 9 Vgl. FG Köln v. 19.12.2013 – 10 K 1916/12, EFG 2014, 521 (Rev. IV R 4/14). 10 Vgl. zB Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 67 f.; Heuermann in Blümich, § 4h EStG Rz. 42; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 29 und 71; Kaltenbach/Layh, Ubg 2014, 573 (578 f.); Loschelder in Schmidt34, § 4h EStG Rz. 11; vgl. auch die zahlreichen weiteren Nachweise bei Liekenbrock, DStR 2014, 991 (994 Fn. 20); s. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (458 f.); aA – der FinVerw. letztlich zustimmend – zB Schenke in K/S/M, § 4h EStG Rz. D 19.
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Stangl
B. berblick ber die Zinsschranke des § 4h EStG
Rz. 36–40 § 8a
steuerliche EBITDA einer Unterpersonengesellschaft für Zwecke der Zinsschranke sowohl bei dieser als auch bei der Oberpersonengesellschaft zu beachten ist. 3. EBITDA-Vortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG) Nach § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 EStG ist das verrechenbare EBITDA in die folgenden fünf Wj. vorzutragen, soweit es die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebs übersteigt (EBITDA-Vortrag). Der EBITDA-Vortrag ermöglicht es somit, ein in einem Jahr nicht für einen Zinsausgabenabzug genutztes verrechenbares EBITDA in den folgenden fünf Wj. noch für die Zwecke der Zinsschranke zu nutzen. Die Möglichkeit des EBITDAVortrags wurde durch das WaBeschG1 vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise eingeführt. Sein Ziel ist es somit gesamtwirtschaftlich gesehen, in wirtschaftlichen Aufschwungzeiten nicht genutztes verrechenbares EBITDA für Zwecke der Zinsschranke vortragen2 und damit insbesondere in späteren Krisenzeiten nutzen zu können. Dieses Ziel wird durch die auf fünf Jahre beschränkte Vortragsdauer und durch den Umstand, dass der EBITDA-Vortrag auch untergehen kann (vgl. hierzu Rz. 97 ff.), nur eingeschränkt erfüllt.3
37
Der EBITDA-Vortrag ist auf die fünf folgenden Wj. beschränkt. Durch das Abstellen des § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 EStG auf „Wirtschaftsjahre“ sind auch Rumpfwirtschaftsjahre mitzuzählen, weshalb der Vortragszeitraum kürzer als fünf Zeitjahre sein kann.4 Nach Ablauf der Frist von fünf Wj. verfällt der entsprechende EBITDA-Vortrag.5
38
Die Erfassung und der Vortrag des EBITDA-Vortrags erfolgt von Amts wegen; es besteht kein Wahlrecht des Steuerpflichtigen.6
39
§ 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG ordnet an, dass ein EBITDA-Vortrag nicht in Wj. entsteht, in denen einer der in § 4h Abs. 2 EStG geregelten Ausnahmetatbestände die Anwendung der Zinsschrankengrundregel nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG ausschließt. Ein wegen des Greifens dieser Ausnahmetatbestände verschontes verrechenbares EBITDA ist somit nicht vortragsfähig. Fraglich ist, wie mit Situationen umzugehen ist, in denen ein Ausnahmetatbestand des § 4h Abs. 2 EStG zwar dem Grunde nach greift, der Betrieb aber über keinen negativen Zinssaldo bzw. über einen unterhalb des verrechenbaren EBITDA liegenden negativen Zinssaldo verfügt. Insoweit kann zwischen den folgenden Fällen differenziert werden:
40
–
Die Zinserträge übersteigen die Zinsaufwendungen: Übersteigen in einem Wj. die Zinserträge die Zinsaufwendungen (sog. Zinsertragsüberhang oder positiver Zinssaldo), so kommt es für dieses Wj. zu keiner Zinsabzugsbeschränkung iSd. § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG und es stellt sich die Frage, ob das dergestalt „ungenutzte“ verrechenbare EBITDA dieses Wj. in den EBITDA-Vortrag eingeht. Die FinVerw. verneint (auch) in diesen Fällen das Entstehen eines EBITDA-Vortrags, in dem sie auch diese Situation unter die Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG und damit unter § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG subsumiert.7 Nach der zutreffenden Gegenauffassung8 entsteht in diesen Fällen hingegen ein EBITDA-Vortrag.
–
Der negative Zinssaldo ist geringer als 3 Mio. Euro, aber höher als das verrechenbare EBITDA: In dieser Situation greift die Zinsschranke schon deshalb nicht, weil die
1 G v. 22.9.2009, BGBl. I 2009, 3950; vgl. zur erstmaligen Anwendung zB Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240g f. 2 Die Möglichkeit eines EBITDA-Vortrags wurde in Krisenzeiten eingeführt. Um eine Nutzung eines EBITDA aus den vor der Krise liegenden Zeiten zu ermöglichen, regelte § 52 Abs. 12d Satz 5 Halbs. 1 EStG idF vor Kroatien-AnpG, dass nach den Grundsätzen des § 4h Abs. 1 Satz 1 bis 3 EStG zu ermittelnde EBITDA-Vorträge für Wj., die nach dem 31.12.2006 beginnen und vor dem 1.1.2010 enden, auf Antrag das verrechenbare EBITDA des ersten Wj., das nach dem 31.12.2009 endet, erhöhen. Die §§ 4h Abs. 5 EStG, 8a Abs. 1 KStG, 2 Abs. 4 Satz 1, 4 Abs. 2 Satz 2, 9 Satz 3, 15 Abs. 3 und 20 Abs. 9 UmwStG sind dabei sinngemäß anzuwenden (§ 52 Abs. 12d Satz 5 Halbs. 2 EStG idF vor Kroatien-AnpG). § 52 Abs. 12d EStG ist durch die Neufassung des § 52 EStG iRd. Kroatien-AnpG entfallen, behält aber für die Vergangenheit weiterhin Gültigkeit; vgl. näher hierzu zB Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240h. 3 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 30. 4 Vgl. Bien/Wagner, BB 2009, 2627 (2632); Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 30; Kessler/Lindemer, DB 2010, 472 (473); Lenz/Dörfler/Adrian, Ubg 2010, 1 (3); Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240c. 5 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240c. 6 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 30. 7 Vgl. OFD Nds. v. 21.9.2012 – S 2742a - 31 - St 241, juris; OFD NW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, juris; OFD Karlsruhe v. 10.10.2014 – S 274.2.b/1/21 - St 221, juris. 8 Vgl. Fischer, DStR 2012, 2000 (2000); Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240b; Schwedhelm in Streck8, § 8a KStG Rz. 25; s. auch – mit überzeugender Begründung – Rödder, DStR 2010, 529 (530).
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§ 8a Rz. 40–41
Zinsschranke
30 %-Grenze des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht überschritten ist. Dennoch liegt dem Wortlaut nach ein Fall des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG vor. Die FinVerw. verneint deshalb auch in diesen Fällen das Entstehen eines EBITDA-Vortrags.1 Dies wird teilweise auch damit begründet, dass in den Bagatellfällen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG ein massenweises Entstehen (und Feststellen) von EBITDA-Vorträgen vermieden werden soll.2 –
Der negative Zinssaldo beträgt mindestens 3 Mio. Euro, ist aber höher als das verrechenbare EBITDA und die Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b bzw. c EStG liegen vor: Dieser Fall ist in seiner Grundkonstellation mit dem im vorherigen Spiegelstrich erläuterten Fall vergleichbar. Auch insoweit will die FinVerw. wohl das Entstehen eines EBITDA-Vortrags verneinen.3 Zumindest bei Körperschaften ist aber zu beachten, dass die beiden Escape-Möglichkeiten unter dem Vorbehalt der Öffnungsklauseln in § 8a Abs. 2 und 3 KStG stehen. Nur wenn auch diese einen Stand-alone- bzw. Eigenkapital-Escape zulassen, kann es zur Sperrwirkung des § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG hinsichtlich der Entstehung eines EBITDA-Vortrags kommen.4 Eine Voraussetzung für diese Öffnungsklausel ist jeweils, dass der Stpfl. das Nichtvorliegen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung nachweist (vgl. Rz. 184 ff. und 269 ff.). Wird dieser Nachweis seitens des Stpfl. nicht erbracht – wozu er in den Fällen eines den negativen Zinssaldo übersteigenden verrechenbaren EBITDA auch keinen Anlass hat –, so ist kein Fall des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b bzw. c EStG gegeben5 und die Sperrwirkung des § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG greift uE nicht.6 Damit kann ein EBITDA-Vortrag – wohl auch insoweit entgegen der Meinung der FinVerw.7 – gebildet werden.
41 Nach § 4h Abs. 1 Satz 4 EStG sind Zinsaufwendungen, die nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht abgezogen werden können, bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wj. abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Reihenfolge. Damit wird zum einen die Rechtsfolge des EBITDA-Vortrags, nach der der EBITDA-Vortrag in den Folgejahren zu einem über die Schranken des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG hinausgehenden Zinsaufwandsabzug genutzt werden kann, konstituiert. Zum anderen wird vor dem Hintergrund der zeitlichen Begrenzung des EBITDA-Vortrags auf fünf Jahre auch eine zeitliche Reihenfolge vorgegeben, nach der im Ergebnis immer der älteste EBITDA-Vortrag zuerst verbraucht wird („FiFo-Prinzip“).8 Der EBITDA-Vortrag wird aber nur verbraucht, soweit Zinsaufwendungen nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht abgezogen werden können. Dies bedeutet faktisch, dass zunächst vorrangig das verrechenbare EBITDA des laufenden Vortragsjahres für Zwecke der Zinsschranke zu nutzen ist.9 Nur wenn dieses nicht ausreicht, kommt es zu
1 Vgl. OFD NW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, juris, wonach ein EBITDA-Vortrag generell dann auszuschließen sei, wenn in einem Wj. die Zinsschranke nicht zur Anwendung kommt. Für diese weitreichende Ansicht fehlt uE die Rechtsgrundlage. § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG stellt explizit nur auf ein Nichtgreifen der Zinsschranke in den in § 4h Abs. 2 EStG geregelten Fällen ab. Bei einem fehlenden Nachweis iSd. § 8a Abs. 2 und 3 KStG liegt aber gerade kein Fall des § 4h Abs. 2 EStG vor. Des Weiteren würde die weiter reichende Ansicht der FinVerw. wörtlich genommen – kein EBITDA-Vortrag, wenn in einem Wj. die Zinsschranke nicht zur Anwendung kommt – einen EBITDA-Vortrag selbst in dem absoluten Grundfall für einen solchen Vortrag, in dem das verrechenbare EBITDA schlicht höher als der negative Zinssaldo ist – das Entstehen eines EBITDA-Vortrags verhindern, was zeigt, dass dieses Kriterium nicht nur keine Rechtsgrundlage hat, sondern den Zielsetzungen des EBITDA-Vortrags diametral entgegenwirkt. 2 Vgl. die entsprechenden Hinweise von Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 30 und Rödder, DStR 2010, 529 (530). 3 Vgl. OFD NW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, juris. 4 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 67h; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240d. 5 Der fehlende Nachweis durch den Stpfl. kann uE wegen des klaren Gesetzeswortlauts des § 8a Abs. 2 und 3 KStG („und die Körperschaft dies nachweist“) auch nicht durch einen Nachweis seitens der FinVerw. substituiert werden. 6 Tendenziell ähnlich Schneider/Roderburg, FR 2010, 58 (63 Fn. 22d) für den allgemeinen Fall des fehlenden Nachweises des Eigenkapitalquotenvergleichs des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG (zur auch insoweit bestehenden Feststellungslast des Stpfl. s. Rz. 224); vgl. auch die Überlegungen bei Gemmel/Loose, NWB 2010, 262 (266); Herzig/Liekenbrock, DB 2010, 690 (692); Kessler/Lindemer, DB 2010, 472 (474). 7 Vgl. OFD NW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, wonach ein EBITDA-Vortrag generell dann auszuschließen sei, wenn in einem Wj. die Zinsschranke nicht zur Anwendung kommt; vgl. auch OFD Karlsruhe v. 10.10.2014 – S 274.2 b/1/21 - St 221, juris, wonach es ausreicht, wenn die Voraussetzungen einer EscapeMöglichkeit abstrakt erfüllt sind, und ein EBITDA-Vortrag in diesen Fällen auch dann nicht entsteht, wenn sich der Stpfl. nicht auf die Escape-Möglichkeit beruft. 8 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 31. 9 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 31.
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Stangl
B. berblick ber die Zinsschranke des § 4h EStG
Rz. 41–45 § 8a
einem Verbrauch des EBITDA-Vortrags (dann – wie erwähnt – nach dem FiFo-Prinzip). Verbleiben nach der Vornahme des EBITDA-Vortrags noch nicht abziehbare Zinsaufwendungen, so gehen diese in den Zinsvortrag ein. Letztlich kommt es zu der folgenden „Verwendungsreihenfolge“:1 1. Verrechnung der Zinsaufwendungen des laufenden Jahres mit den Zinserträgen des laufenden Jahres (Bildung des Zinssaldos nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG) 2. Abzug des negativen Zinssaldos des laufenden Jahres von dem verrechenbaren EBITDA des laufenden Jahres (Verrechnung nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG) 3. Verrechnung des nach 2. verbleibenden negativen Zinssaldos des laufenden Jahres mit den EBITDA-Vorträgen aus den Vorjahren, beginnend mit dem ältesten EBITDA-Vortrag, für den die fünfjährige Frist noch nicht abgelaufen ist (EBITDA-Vortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 4 EStG) 4. Ein nach 3. verbleibender negativer Zinssaldo des laufenden Jahres geht in den Zinsvortrag für die folgenden Jahre ein (§ 4h Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG). Im Gegensatz zum Zinsvortrag (vgl. Rz. 50) dürfte ein EBITDA-Vortrag wohl kaum dafür geeignet sein, in der handelsrechtlichen Rechnungslegung entsprechende latente Steuern auszuweisen.2
42
4. Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG) Nach der Vornahme des EBITDA-Vortrags nach Maßgabe des § 4h Abs. 1 Satz 4 EStG verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG in die folgenden Wj. vorzutragen. Gem. § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG erhöhen diese Zinsaufwendungen die Zinsaufwendungen dieser Wj., nicht aber den maßgeblichen Gewinn. Beide Sätze regeln den sog. Zinsvortrag, der ein bedeutendes Element der Zinsschrankenregelung bildet. Die nach der Zinsschrankengrundregel unter Beachtung des EBITDA-Vortrags nicht abziehbaren Zinsaufwendungen gehen demnach – zumindest theoretisch (vgl. aber Rz. 49) – nicht verloren, sondern sind iRd. Zinsvortrags in die folgenden Wj. vorzutragen und können – wiederum aber nur nach Maßgabe der Zinsschranke – zum Abzug gelangen.3
43
Der Zinsvortrag unterliegt – im Gegensatz zum EBITDA-Vortrag (s. Rz. 38) – keiner zeitlichen Beschränkung.4 Ein Zinsrücktrag ist gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht möglich.5
44
§ 4h Abs. 1 Satz 6 EStG umschreibt die Technik des Zinsvortrags. Demnach erhöht der Zinsvortrag die Zinsaufwendungen des Folgejahres. Dies bedeutet, dass der Vortrag in diesem Folgejahr mit den laufenden Zinsen dieses Jahres zusammengerechnet und mit den beiden Grenzen des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG (verrechenbares EBITDA und nach zutreffender hM6 auch bereits bei der Bildung des Zinssaldos) verprobt wird. Diese Technik führt zum einen ua. dazu, dass der Zinsvortrag im Vortragsjahr – nach Auffassung der FinVerw.7 – zu einem Überschreiten der Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG führen kann (vgl.
45
1 Vgl. Lenz/Dörfler/Adrian, Ubg 2010, 1 (2 ff.); Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 240e. 2 Vgl. näher hierzu Liekenbrock, Management und Bilanzierung von Zinsschrankenrisiken, 2011, 67 ff. S. hierzu auch Herzig/Liekenbrock, DB 2010, 693 (693); eine Aktivierung von aktiven latenten Steuern für einen EBITDA-Vortrag ablehnend Bolik/Linzbach, DStR 2010, 1587 (1590); Lenz/Dörfler/Adrian, Ubg 2010, 1 (5 f.). Für eine grundsätzliche Erfassung über aktive latente Steuern hingegen Spanheimer/Simlacher in Küting/Pfitzer/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 274 HGB Rz. 45 und Tschesche in Bordewin/ Brandt, § 4h EStG Rz. 155. 3 Zu den Wechselwirkungen zwischen Zinsvortrag und Verlustvortrag vgl. zB Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 32. 4 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 68; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 32. 5 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, Anh. 1 zu § 8a KStG/§ 4h EStG Rz. 52. 6 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 35; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 241; nach aA kann ein Zinsvortrag nicht mit den laufenden Zinserträgen des Vortragsjahrs verrechnet werden; so Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 69. 7 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 46; ebenso zB Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 241; Dörfler in Erle/Sauter3, Anh. 1 zu § 8a KStG/§ 4h EStG Rz. 53, hält die Verwaltungsauffassung als mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar. Nach aA ist der Zinsvortrag bei der Beantwortung der Frage, ob die Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG überschritten ist, nicht zu berücksichtigen; vgl. Blumenberg/Lechner in Blumenberg/Benz, Die Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 133; Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 64 und zumindest tendenziell auch Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 35.
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863
§ 8a Rz. 45–51
Zinsschranke
Rz. 55). Resultat kann aber zum anderen auch sein, dass der Zinsvortrag im Folgejahr dann zusammen mit den dortigen laufenden Zinsaufwendungen eine der Ausnahmen des § 4h Abs. 2 Satz 1 EStG nutzen kann und somit wie die laufenden Zinsaufwendungen „auf einen Streich“ abzugsfähig wird1 (vgl. Rz. 139 und 226). Soweit andere Normen schlicht auf „Vergütungen für Fremdkapital“ oder auf „Zinsaufwendungen“ verweisen, stellt sich jeweils die Frage, ob hiermit auch der nach § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG als Zinsaufwand des laufenden Jahres geltende Zinsvortrag zu diesen „Vergütungen für Fremdkapital“ bzw. „Zinsaufwendungen“ zu zählen ist oder nicht (für die entsprechende Fragestellung bei § 8a Abs. 2 und 3 KStG vgl. Rz. 177 und 230). 46
Des Weiteren bestimmt § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG, dass der Zinsvortrag den maßgeblichen Gewinn des Folgejahres nicht erhöht. Nach den Gesetzesmaterialien soll hiermit sichergestellt werden, „dass Zinsvorträge aus vorhergehenden Wj. nicht das Abzugsvolumen für den Abzug von Zinsaufwendungen des laufenden Wj. erhöhen“.2
47
Die Technik des Zinsvortrags nach § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG führt auch dazu, dass dieser vorrangig vor dem Verlustabzug nach § 10d EStG anzuwenden ist.3
48
Bei Mitunternehmerschaften wird nach Auffassung der FinVerw. der Zinsvortrag – wie die Wirkung der Zinsschranke selbst (s. Rz. 34) – auch im Hinblick auf SBV nicht verursachungsgerecht, sondern nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels auf die Mitunternehmer verteilt.4 Zu dem Zinsvortrag bei Organschaften und deren Begründung und Beendigung s. § 15 KStG Rz. 114 f.
49
In der Praxis ist die tatsächliche Nutzung eines Zinsvortrags regelmäßig nur schwer möglich. Im Grundsatz muss hierzu eine deutliche Erhöhung des steuerlichen EBITDA,5 eine beachtliche Verringerung des Zinsaufwands und/oder eine bemerkenswerte Erhöhung des Zinsertrags erreicht werden (als Ausnahme kann auch die Erfüllung eines Escape-Tatbestands nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b oder c EStG zu einem „Loseisen“ des Zinsvortrags führen; vgl. Rz. 139 und 226). Sind diese Größen – wie regelmäßig – nicht ohne Weiteres beeinflussbar, so droht ein „ewiger“ Zinsvortrag, der wie ein endgültiges Abzugsverbot wirkt.6 Darüber hinaus ist zu beachten, dass es eine Vielzahl von Regelungen gibt, die zu einem kompletten Wegfall des Zinsvortrags führen können (vgl. Rz. 76 ff.), womit dieser als sehr fragil einzustufen ist. Sowohl die schwere Nutzbarkeit als auch die hohe Fragilität des Zinsvortrags sind zu beachten, wenn man sich die Frage stellt, ob der Zinsvortrag die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Zinsschranke mildern kann (vgl. hierzu Rz. 21). Beide Aspekte erschweren zudem die Bildung von aktiven latenten Steuern für den Zinsvortrag (vgl. Rz. 50).
50
Die Regelung zum Zinsvortrag kann in der handelsrechtlichen Rechnungslegung unter Umständen zu einer bilanziellen „Glättung“ der mit der Anwendung der Zinsschranke verbundenen steuererhöhenden Effekte führen. Denn er ist grds. dazu geeignet, als aktive latente Steuer aktiviert zu werden.7 Voraussetzung hierfür ist aber regelmäßig, dass die spätere Nutzung des Zinsvortrags wahrscheinlich erscheint, was vor dem Hintergrund der in Rz. 49 erläuterten schweren Nutzbarkeit und hohen Fragilität der Zinsvorträge in praxi Schwierigkeiten bereiten kann.
III. Ausnahmen zur Zinsschranke (§ 4h Abs. 2 EStG) 1. Freigrenze (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG) 51 § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG – der ohne Modifikation auch für körperschaftsteuerliche Zwecke anwendbar ist8 – enthält die sog. Freigrenze. Danach kommt die allgemeine Zins-
1 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, Anh. 1 zu § 8a KStG/§ 4h EStG Rz. 54; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 35; Köhler, DStR 2007, 597 (603); Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 241; s. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (463). 2 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 48. 3 Vgl. zB Dörfler in Erle/Sauter3, Anh. 1 zu § 8a KStG/§ 4h EStG Rz. 59 ff. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 52. 5 Die Nutzung von 1 Euro Zinsvortrag erfordert c.p. einen Anstieg des steuerlichen EBITDA um 3,33 Euro; vgl. Rödder/Stangl, DB 2007, 479 (484). 6 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 32; Loschelder in Schmidt33, § 4h EStG Rz. 11. 7 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 32; Kröner/Esterer, DB 2006, 2085 (2085); Loitz/Neukamm, WPg 2008, 196 (200); s. im Hinblick auf die verschiedenen Rechnungslegungsstandards näher hierzu zB Liekenbrock, Management und Bilanzierung von Zinsschrankenrisiken, 2011, 62 ff. 8 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 9.
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B. berblick ber die Zinsschranke des § 4h EStG
Rz. 51–60 § 8a
schrankenregelung des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht zur Anwendung, wenn der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als 3 Mio. Euro beträgt (zur zeitlichen Entwicklung der Norm, vor allem zur Anhebung von 1 auf 3 Mio. Euro vgl. Rz. 24). Die Regelung ist zum einen von erheblicher praktischer Bedeutung, da sie dazu führt, dass die Zinsschranke nicht flächendeckend greift. Zum anderen ist aber gerade bei größeren Unternehmen bzw. Investitionsvorhaben die Grenze von 3 Mio. Euro schnell erreicht und kann die verfassungsrechtlichen Zweifel an der Zinsschranke nicht ausräumen (vgl. hierzu Rz. 21 ff.). Die Freigrenze bezieht sich auf den Betrag, der sich nach der Saldierung der Zinsaufwendungen mit Zinserträgen ergibt, mithin auf den negativen Zinssaldo.
52
Die Ausgestaltung als Freigrenze bedeutet, dass ein negativer Zinssaldo, sobald er die 3-Mio.-Grenze erreicht, vollumfänglich den Beschränkungen der Zinsschranke zu unterwerfen ist („Alles-oder-nichts-Prinzip“).
53
Die Freigrenze ist – wie die Zinsschranke im Allgemeinen – betriebs- und wirtschaftsjahrbezogen anzuwenden.1 Sie steht also jedem Betrieb pro Wj. nur einmal zu. Vor dem Hintergrund der Verwaltungsauffassung zur Qualifikation einer Mitunternehmerschaft als einheitlichen Betrieb für Zwecke der Zinsschranke (vgl. Rz. 34) kann die Mitunternehmerschaft die Freigrenze somit nur einmal nutzen (unter Zusammenbetrachtung von GHV und SBV). Gleiches gilt für den Organkreis, der nach § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG als ein Betrieb iSd. Zinsschranke gilt.2
54
Der Zinsvortrag führt nach Auffassung der FinVerw. dazu, dass die so vorgetragenen Zinsaufwendungen im Vortragsjahr bei der Prüfung der Freigrenze zu beachten sind (vgl. Rz. 45). Daher führt ein einmaliges Überschreiten der Freigrenze cp. dazu, dass auch in den Folgejahren die Freigrenze – dann über den Zinsvortrag – überschritten wird. Um die Freigrenze zu nutzen, muss demnach erst der Zinsvortrag „abgebaut“ werden (zB Erhöhung von laufenden Zinserträgen und steuerlichen EBITDA, Verringerung von laufenden Zinsaufwendungen, ggf. auch Untergang des Zinsvortrags etc.).
55
2. Stand-alone-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG) Der Stand-alone-Escape iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG wird wegen seines systematischen Zusammenhangs mit § 8a Abs. 2 KStG als Vorbemerkung zu der Kommentierung der letzteren Norm dargestellt (vgl. Rz. 126 ff.).
56
3. Eigenkapital-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG) Der Eigenkapital-Escape iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG wird wegen seines systemati- 57 schen Zusammenhangs mit § 8a Abs. 3 KStG als Vorbemerkung zu der Kommentierung der letzteren Norm dargestellt (vgl. Rz. 190 ff.). 4. Nachgeordnete Mitunternehmerschaften (§ 4h Abs. 2 Satz 2 EStG) Die Regelungen zu der entsprechenden Anwendung des § 8a Abs. 2 und 3 KStG auf nachgeordnete Mitunternehmerschaften werden gesondert im Anschluss an die Erläuterungen zu § 8a Abs. 2 und 3 KStG dargestellt (vgl. Rz. 272 ff.).
58
IV. Begriffsdefinitionen (§ 4h Abs. 3 EStG) 1. Maßgeblicher Gewinn (§ 4h Abs. 3 Satz 1 EStG) Die Erläuterungen zur Definition des maßgeblichen Gewinns iSd. § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG erfolgen wegen der systematischen Verknüpfung und der dennoch notwendigen Abgrenzung zum maßgeblichen Einkommen bei den Erläuterungen zu § 8a Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG (vgl. Rz. 70 ff.).
59
2. Zinsaufwand und Zinsertrag (§ 4h Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG) Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG sind Zinsaufwendungen Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Zinserträge sind definiert als Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben (§ 4h Abs. 3 Satz 3 EStG). Beide Größen sind daher nur dann zu beachten, wenn sie den maßgeblichen Gewinn 1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 56 und 58. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 57.
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60
§ 8a Rz. 60–67
Zinsschranke
iSd. § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG beeinflusst haben. Spezielle Abzugsverbote (wie zB §§ 3c, 4 Abs. 4a, 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Buchst. a EStG oder § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) stehen somit einer Qualifikation als Zinsaufwendungen für Zwecke der Zinsschranke entgegen.1 Gleiches gilt zB auch für Zinsaufwendungen und Zinserträge einer ausländischen Betriebsstätte bei Anwendung der abkommensrechtlichen Freistellungsmethode. Nach § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG führen Auf- und Abzinsungen unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen. 61
Für das KStG wird die Zinsaufwands- und Zinsertragsdefinition aus § 4h Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG unverändert übernommen.2 Besonderheiten ergeben sich iZm. der Erwähnung der Zinsaufwendungen bzw. Vergütungen für FK iRd. § 8a Abs. 2 und 3 KStG (vgl. hierzu näher Rz. 172 ff. und 246 ff.). 3. Konzern (§ 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG)
62 Der Konzernbegriff iSd. § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG wird hier wegen der sachlichen Verknüpfung zu § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG und § 8a Abs. 2 KStG bei der Kommentierung der letzteren Norm erläutert (vgl. Rz. 129 ff.).
V. Gesonderte Feststellung von EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag (§ 4h Abs. 4 EStG) 63 Nach § 4h Abs. 4 Satz 1 EStG sind der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag gesondert festzustellen. Für diese Feststellung ist in den Fällen einer Mitunternehmerschaft das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft zuständige FA zuständig (§ 4h Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 EStG). In anderen Fällen liegt die Zuständigkeit für die Feststellung des EBITDA-Vortrags und des Zinsvortrags bei dem für die Besteuerung zuständigen FA (§ 4h Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 EStG). Dabei ist der Feststellungsbescheid für den EBITDAVortrag und den Zinsvortrag eines Betriebs an den jeweiligen Betriebsinhaber (Personengesellschaft, KapGes., bei Einzelunternehmer an diesen unter Bezeichnung des Betriebs, bei BgA an dessen Rechtsträger unter Bezeichnung des Betriebs) zu richten.3 64
Wegen der Orientierung der Zinsschranke an Wj. (s. Rz. 75) erfolgt die Feststellung des EBITDA-Vortrags und des Zinsvortrags auf das Ende des Wj. (und damit entgegen § 10d EStG nicht zwingend auf das Ende eines VZ).4
65
Der Feststellungsbescheid entfaltet eine Grundlagenwirkung für die entsprechende Feststellung auf den Schluss des folgenden Wj. (§ 171 Abs. 10 AO).5
66
§ 10d Abs. 4 EStG ist auf die Feststellung des EBITDA-Vortrags und des Zinsvortrags entsprechend anzuwenden (§ 4h Abs. 4 Satz 3 EStG). Nach § 4h Abs. 4 Satz 4 EStG sind die Feststellungsbescheide zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach § 4h Abs. 4 Satz 1 EStG festzustellenden Beträge ändern. Die Feststellung des EBITDA-Vortrags erfolgt nach Auffassung der FinVerw. zum Ende des Wj. in einer Summe (EBITDA-Vortrag des laufenden Wj. und der zum Ende des vorangegangenen Wj. festgestellte und im laufenden Wj. nicht verbrauchte EBITDA-Vortrag); eine gesonderte Feststellung nach Entstehungsjahren der EBITDA-Vorträge wird dabei nicht vorgenommen.6 Die EBITDA-Vorträge der einzelnen Wj. stellen hiernach lediglich unselbstständige Besteuerungsgrundlagen (dh. Feststellungsgrundlagen) dar, die nicht gesondert angefochten werden können (anfechtbar ist nur die summierte Größe).7
VI. Untergang von EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag (§ 4h Abs. 5 EStG) 67 Die Regelung des Untergangs von EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag nach § 4h Abs. 5 EStG wird hier wegen seiner rechtsfolgenseitigen Nähe zu der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG nach § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG bei der Kommentierung der letzteren Norm dar1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 18. 2 Daher kann für die zahlreichen Einzelfragen auf BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 11 ff. und zB auf Dörfler in Erle/Sauter3, Anh. 1 zu § 8a KStG/§ 4h EStG Rz. 198 ff. verwiesen werden. 3 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 49. 4 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 242a. 5 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 242a. 6 Vgl. zB OFD NRW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, FR 2013, 823. 7 Vgl. zB OFD NRW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, FR 2013, 823.
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C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 67–69 § 8a
gestellt (vgl. Rz. 97 ff. zu § 4h Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG und Rz. 89 ff. zu § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG).
C. Anwendung der Zinsschranke in der Körperschaftsteuer (Abs. 1) I. Überblick und generelle Anwendung des § 4h EStG in der Körperschaftsteuer § 8a KStG modifiziert gezielt nur einzelne Elemente der in § 4h EStG geregelten Zinsschran- 68 ke. Dies ist vor dem Umstand zu sehen, dass zunächst der gesamte § 4h EStG als einkommensteuerliche Gewinnermittlungsnorm über § 8 Abs. 1 KStG in das Körperschaftsteuerrecht importiert wird.1 Der in § 8 Abs. 1 KStG enthaltene Verweis ist dabei als dynamisch anzusehen, dh., dass jeweils auf den geltenden § 4h EStG verwiesen wird.2 Soweit im KStG – namentlich vor allem in § 8a KStG und § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG – nichts Abweichendes geregelt ist, sind die Regelungen des § 4h EStG unverändert auch körperschaftsteuerlich relevant. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der einkommen- und der körperschaftsteuerlichen Anwendung der Zinsschranke werden in der folgenden Tabelle gegenübergestellt:3 Einkommensteuer (§ 4h EStG)
Körperschaftsteuer (§ 4h EStG iVm. § 8a KStG)
Zinsschranke-Grundregel (§ 4h Abs. 1 Satz 1 EStG)
anwendbar (direkt ohne Änderung, indirekt ist aber die abweichende Definition des verrechenbaren EBITDA zu beachten), vgl. hierzu Rz. 70 ff.
Definition des „verrechenbaren EBITDA“ (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG)
Modifikation der Definition („maßgebliches Einkommen“ statt „maßgeblicher Gewinn“; § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG), vgl. hierzu Rz. 70 ff.
EBITDA-Vortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG)
anwendbar (direkt ohne Änderung, indirekt ist aber abweichende Definition des verrechenbaren EBITDA zu beachten), vgl. hierzu Rz. 70 ff.
Zinsvortrag (§ 4h Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG)
grundsätzlich unverändert anwendbar, Ausnahmen: – soweit § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG anordnet, dass der Zinsvortrag nicht den maßgeblichen Gewinn erhöht, ist dies für Zwecke der KSt so zu verstehen, dass der Zinsvortrag nicht das maßgebliche Einkommen erhöht – entsprechende Anwendung des § 8c KStG mit spezieller Regelung zur Stille-Reserve-Klausel (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG), vgl. hierzu Rz. 76 ff.
Freigrenze (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG)
unverändert anwendbar, vgl. hierzu Rz. 51 ff.
Stand-alone-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG)
eingeschränkt durch § 8a Abs. 2 KStG, vgl. hierzu Rz. 126 ff.
Eigenkapital-Escape (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG)
eingeschränkt durch § 8a Abs. 3 KStG, vgl. hierzu Rz. 190 ff.
einer Körperschaft nachgeordnete Mitunternehmerschaften (§ 4h Abs. 2 Satz 2 EStG)
unverändert anwendbar, vgl. hierzu Rz. 272 ff.
Definition des maßgeblichen Gewinns (§ 4h Abs. 3 Satz 1 EStG)
eigenständige Definition des maßgeblichen Einkommens (§ 8a Abs. 1 Satz 2 KStG), vgl. hierzu Rz. 70 ff.
1 Ganz hM; vgl. zB Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 6; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 1; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 1; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 9; Oellerich in Mössner/Seeger2, § 8a KStG Rz. 1; Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (489). 2 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 9. 3 Angelehnt an Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (489). Besonderheiten im Hinblick auf Organschaften (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG) werden in dieser Tabelle nicht dargestellt.
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§ 8a Rz. 69–71
Zinsschranke
Einkommensteuer (§ 4h EStG)
Körperschaftsteuer (§ 4h EStG iVm. § 8a KStG)
Definition von Zinsaufwand und Zinsertrag (§ 4h Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG)
unverändert anwendbar, vgl. hierzu Rz. 50 f.
Definition des Konzerns (§ 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG)
unverändert anwendbar, vgl. hierzu Rz. 52 und 129 ff.
gesonderte Feststellung von EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag (§ 4h Abs. 5 EStG)
unverändert anwendbar, vgl. hierzu Rz. 63 ff.
Untergang von EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag bei Betriebsaufgabe/-übertragung und bei Ausscheiden aus Mitunternehmerschaft (§ 4h Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG)
unverändert anwendbar, vgl. hierzu Rz. 97 ff.
entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist (§ 4h Abs. 5 Satz 3 EStG)
unverändert anwendbar, vgl. hierzu Rz. 89 ff.
–
entsprechende Anwendung des § 4h EStG auch bei Körperschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermitteln (§ 8a Abs. 1 Satz 4 KStG), vgl. hierzu Rz. 119 ff.
II. Maßgebliches Einkommen (Abs. 1 Sätze 1 und 2) 1. Vergleich der einkommensteuerlichen und der körperschaftsteuerlichen Definition 70 Nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG sind Zinsaufwendungen eines Betriebs abziehbar iHd. Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA. § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG definiert dieses verrechenbare EBITDA im Ergebnis mittels der folgenden Berechnungsschritte:1 (1)
maßgeblicher Gewinn
(2) +
Zinsaufwendungen
(3) +
abzuziehende Beträge nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG
(4) +
gewinnmindernd aufzulösende Beträge nach § 6 Abs. 2a Satz 2 EStG
(5) +
abgesetzte Beträge nach § 7 EStG
(6) ./.
Zinserträge
(7) =
steuerliches EBITDA2
(8) ./.
70 % des steuerlichen EBITDA iSd. Zeile (7)
(9) =
verrechenbares EBITDA [= 30 % des steuerlichen EBITDA iSd. Zeile (7)]
Der maßgebliche Gewinn iSd. Zeile (1) dieses Berechnungsschemas wird einkommensteuerlich näher in § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG definiert. Maßgeblicher Gewinn ist demnach der nach den Vorschriften des EStG mit Ausnahme des § 4h Abs. 1 EStG ermittelte steuerpflichtige Gewinn. 71
§ 8a Abs. 1 Satz 1 KStG modifiziert die vorstehende Definition des „verrechenbaren EBITDA“ dergestalt, dass anstelle des „maßgeblichen Gewinns“ [Zeile (1) aus dem Schema in Rz. 70] das „maßgebliche Einkommen“ tritt.3 Das maßgebliche Einkommen wird dann in § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG als das nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d EStG und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG definiert. Diese spezielle Definition des maßgeblichen Einkommens tritt an die Stelle der Definition des maßgeblichen Gewinns in § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG. Somit bestehen die folgenden Unter-
1 Ähnlich zB BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 40 und zB Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 18. 2 Vgl. zu dieser Bezeichnung BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 40 f. 3 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 16.
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C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 71–73 § 8a
schiede zwischen der einkommen- und der körperschaftsteuerlichen Definition des verrechenbaren EBITDA: –
Während die ESt auf den „Gewinn“ iSd. EStG abstellt, orientiert sich die KSt an dem „Einkommen“ nach den Vorschriften des EStG und des KStG (vgl. näher hierzu Rz. 72 f.).
–
Wegen der grundlegenden Anknüpfung an das „Einkommen“ sind bestimmte Größen bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens zu eliminieren, die zwar das Einkommen generell mindern, aber – auch wegen der Vergleichbarkeit mit der einkommensteuerlich maßgeblichen Größe „Gewinn“ – nicht zinsschrankenrelevant sein sollen. Das Einkommen ist daher zu bereinigen um (vgl. näher hierzu Rz. 74): –
Verlustabzüge nach § 10d EStG und
–
Spendenabzüge nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG.
Die Definition des maßgebenden Einkommens nach § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG lässt sich demzufolge schematisch wie folgt darstellen:1 (1)
nach den Vorschriften des EStG und des KStG ermitteltes Einkommen
(2) +
nicht abziehbare Zinsaufwendungen nach § 4h EStG
(3) +
Verlustabzüge nach § 10d EStG
(4) +
abziehbare Spenden nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG
(5) =
maßgebliches Einkommen iSd. § 8a Abs. 1 Satz 2 EStG
2. Maßgeblichkeit des „Einkommens“ Während die Zinsschranke einkommensteuerlich im Grundsatz auf den „Gewinn“ abstellt, 72 fokussiert sie in der KSt das „Einkommen“. Die Gesetzesbegründung rechtfertigt dies damit, dass danach ua. auch vGA die Bemessungsgrundlage für den prozentualen Zinsabzug erhöhen sollen.2 Der Sache nach ist dem zwar im Ergebnis zuzustimmen. Aber es ist fraglich, ob es hierfür tatsächlich einen „Schwenk“ weg von der einkommensteuerlichen Gewinnorientierung hin zu einer körperschaftsteuerlichen Einkommensorientierung gebraucht hätte.3 Denn die Korrektur um die vGA ist Teil der „Gewinnermittlung“, auch wenn sie erst auf der sog. zweiten Stufe der Gewinnermittlung – also außerbilanziell – erfolgt.4 Ungeachtet dieser Ungereimtheiten ist es jedenfalls durch die gesetzgeberische Intention und die gesetzlich angeordnete Maßgeblichkeit des Einkommens gedeckt, Korrekturen auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung für Zwecke der Ermittlung des verrechenbaren EBITDA zu berücksichtigen. Daher wirken auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe vorzunehmende außerbilanzielle Gewinnerhöhungen (neben der vGA daher zB auch § 4 Abs. 5 EStG, § 10 AStG, § 1 AStG, § 10 KStG, § 3c Abs. 1 EStG, § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG, § 2a Abs. 3 und 4 EStG aF) EBITDA-erhöhend, während außerbilanzielle Gewinnminderungen (zB § 8b Abs. 1 und 2 KStG, Steuerfreiheit nach DBA, steuerfreie Investitionszulagen) EBITDA-verringernd wirken. Nach zutreffender Auffassung der FinVerw.5 sind Gewinne, bei denen die daraus resultierende Steuer nach Maßgabe des sog. „Sanierungserlasses“ gestundet und aus sachlichen Billigkeitsgründen erlassen wird, im „maßgeblichen Einkommen“ zu erfassen. Die EBITDA-verringernde Wirkung des § 8b Abs. 1 und 2 KStG (s. Rz. 72) führt zu dem Ergebnis, dass Holdinggesellschaften idR über kein bzw. kein ausreichendes verrechenbares EBITDA verfügen und damit tendenziell schnell von der Nichtabzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen gem. den Regelungen zur Zinsschranke erfasst werden. Verschärfend kommt hinzu, dass Holdinggesellschaften wegen der Beteiligungsbuchwertkürzung des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b Satz 5 EStG idR den Eigenkapital-Escape nicht nutzen können. Dies wird zu Recht als ein Unterlaufen der Pauschalierung nach § 8b Abs. 5 KStG kritisiert.6 Vor allem bei Unternehmenserwerben in der Form eines Share-Deals, bei dem die Fremdfinanzierung
1 Angelehnt an Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (490). 2 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 74. 3 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (490). 4 Vgl. hierzu nur R 29 KStR 2004 und dort Zeile 2 („Hinzurechnung von vGA“) und Zeile 14 („steuerlicher Gewinn“). 5 Vgl. OFD Karlsruhe v. 10.10.2014 – S 274.2 b/1/21 - St 221, juris. 6 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 27 und 52; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 10.
Stangl
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73
§ 8a Rz. 73–75
Zinsschranke
für den Erwerb der Anteile häufig zunächst auf der Ebene der Erwerber-(Holding-)Gesellschaft erfolgt, droht somit ein Eingreifen der Zinsschranke. Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma können Debt-push-down-Strukturen sein, die die Fremdfinanzierung von der „EBITDA-armen“ Holdinggesellschaft auf die Ebene der operativen Gesellschaft verlegen, die über das reguläre EBITDA verfügt. Insoweit wirkt es verschärfend, dass Debt-pushdown-Strukturen in jüngerer Zeit häufiger Diskussionsgegenstand von (möglichen) gesetzlichen Verschärfungen gewesen sind. Es verbleibt aber jedenfalls die Möglichkeit der Begründung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zwischen der Holdinggesellschaft und der operativen Beteiligungsgesellschaft, um die Zinsaufwendungen der Holdinggesellschaft mit dem verrechenbaren EBITDA der operativen Beteiligungsgesellschaft zusammenzuführen. 74
Mit der Maßgeblichkeit des „Einkommens“ erfasst die Definition des § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG auch Bestandteile, die bei einer natürlichen Person nicht Gegenstand der Gewinnermittlung sind. Um insoweit eine Vergleichbarkeit von natürlichen Personen und Körperschaften sicherzustellen, korrigiert § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG das Einkommen um zwei Größen, die bei einer natürlichen Person nicht iRd. Gewinnermittlung, sondern erst auf der Ebene nach der Gewinnermittlung abzugsfähig sind: –
Verlustabzüge nach § 10d EStG. Bei Einkommensteuerpflichtigen ist der Verlustabzug keine Größe der Gewinnermittlung, er ist erst nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) auf dem Weg zur Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 4 EStG) vorrangig vor den Sonderausgaben abzuziehen (s. § 10d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG).1 Durch die Verwendung des Einkommens bezieht sich § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG hingegen auf eine Größe, die durch den Verlustabzug bereits gemindert ist.2 Um insoweit einen Gleichlauf mit der ESt herzustellen, ordnet § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG an, dass der Verlustabzug dem Einkommen bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens wieder hinzuzurechnen ist, mithin das verrechenbare EBITDA auch für Zwecke der Körperschaftsteuer nicht mindert.
–
Spendenabzüge nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG. Bei Einkommensteuerpflichtigen ist auch der Spendenabzug keine Größe der Gewinnermittlung; er ist nach § 10b EStG den Sonderausgaben zuzurechnen und ist damit ebenfalls erst nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte zur Ermittlung des Einkommens abzuziehen.3 Daher verringern Spenden bei Einkommensteuerpflichtigen nicht das sich am Gewinn orientierende verrechenbare EBITDA. Da § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG auf das Einkommen abstellt, ist diese Größe hingegen bereits um die Spendenabzüge nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG gemindert.4 Durch die Eliminierung dieser Kürzung bei der Ermittlung des maßgebenden Einkommens stellt § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG auch insoweit einen Gleichlauf mit der ESt her. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG abziehbare Spenden führen daher auch bei Körperschaften nicht zu einer Verringerung des verrechenbaren EBITDA.
75 Die Maßgeblichkeit des „Einkommens“ führt zu zwei weiteren Ungereimtheiten:5 –
Der Gewinn ist als Größe des Betriebsvermögensvergleichs (s. nur § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) grds. ebenso betriebsbezogen wie die Zinsschranke. Insoweit liegt der Gewinnermittlung und der Zinsschranke aus personeller Sicht eine vergleichbare Bezugsgröße (der „Betrieb“) zugrunde. Das Einkommen ist dagegen nicht betriebsbezogen, sondern eine Größe, die sich an den Körperschaftsteuerpflichtigen als solchen wendet. Sofern das Subjekt der Körperschaftsteuerpflicht nicht deckungsgleich mit dem Betrieb ist – was ua. bei Körperschaften der Fall sein kann, die keine KapGes. sind –, fallen aus personeller Sicht die Bezugsgrößen der Zinsschranke (der Betrieb) und des Einkommens (der Körperschaftsteuerpflichtige) auseinander. Hier ist die Maßgeblichkeit des Einkommens dann letztlich so zu verstehen, dass bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens nur dasjenige einzubeziehen ist, das dem Betrieb zuzurechnen ist.
–
Der Gewinn ist eine Größe, die nach Maßgabe von Wj. zu ermitteln ist. Auch die Zinsschranke ist als Gewinnermittlungsnorm nach der Maßgabe von Wj. anzuwenden. Das Einkommen ist hingegen für den VZ zu ermitteln. So kann es sein, dass in dem Einkom-
1 2 3 4 5
Vgl. nur R 2 EStR 2012 (und dort Nr. 8). Vgl. nur R 29 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004 (und dort Nr. 19). Vgl. nur R 2 EStR 2012 (und dort Nr. 9). Vgl. nur R 29 Abs. 1 Satz 2 KStR 2004 (und dort Nr. 15). Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (490 ff.).
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C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 75–80 § 8a
men eines VZ die Gewinne zweier Wj. zu erfassen sind (zB bei Umstellung eines vom Kj. abweichenden Wj. auf ein kalenderjahrgleiches Wj.). Daher kommt es aus zeitlicher Sicht zu einem Auseinanderfallen der für die Zinsschranke generell maßgeblichen Periode (Wj.) und der für das Einkommen maßgeblichen Periode (VZ/Kj.). Auch insoweit dürfte die Maßgeblichkeit des Einkommens letztlich so zu verstehen sein, dass bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens nur dasjenige zu berücksichtigen ist, das dem jeweiligen Wj. zuzurechnen ist, für das die Zinsschranke zu prüfen ist.
III. Entsprechende Anwendung des § 8c KStG (Abs. 1 Satz 3) 1. Situationen des Untergangs von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG erklärt den gesamten § 8c KStG als für den Zinsvortrag ent- 76 sprechend anwendbar, wobei § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KStG für Zwecke der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel eine Reihenfolge zwischen dem (vorrangigen) Verlustvortrag und dem (nachrangigen) Zinsvortrag vorsieht. Die entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf den Zinsvortrag wird flankiert durch § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG, der den Untergang des Zinsvortrags entsprechend § 8c KStG auch auf der Ebene von Mitunternehmerschaften anordnet, soweit an der Mitunternehmerschaft KapGes. beteiligt sind (insoweit ist die Situation mit derjenigen des § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG vergleichbar). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG und des § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG bezieht sich die entsprechende Anwendung des § 8c KStG nur auf den Zinsvortrag. Nach zutreffender Auffassung ist der EBITDA-Vortrag von der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG nicht betroffen.1 Neben den in § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG bzw. § 4h Abs. 4 Satz 3 EStG iVm. § 8c 77 KStG angesprochenen Situationen kann ein Zinsvortrag auch bei einer Betriebsaufgabe/ -veräußerung (§ 4h Abs. 5 Satz 1 EStG), einem Ausscheiden aus einer Mitunternehmerschaft (§ 4h Abs. 5 Satz 2 EStG) und in Umwandlungsfällen (§§ 4 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 3 Halbs. 2, 20 Abs. 9, 24 Abs. 6 UmwStG) untergehen. Diese Regelungen betreffen – anders als die entsprechende Anwendung des § 8c KStG – nicht nur den Zinsvortrag, sondern auch den EBITDA-Vortrag.2 Die vorgenannten Regelungen zum Untergang des Zinsvortrags (und in den Fällen der Rz. 77 auch des EBITDA-Vortrags) werden flankiert durch § 2 Abs. 4 Satz 1 und 3 UmwStG. Diese Regelungen enthalten Einschränkungen im Hinblick auf die umwandlungssteuerliche Rückwirkung des Übertragungsgewinns und die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers beim übernehmenden Rechtsträger.3
78
2. Untergang von Zinsvortrag in entsprechender Anwendung des § 8c KStG a) Entsprechende Anwendung des § 8c KStG (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1) Nach dem Generalverweis in § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG gilt § 8c KStG für den Zinsvortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG entsprechend. Damit wird im Grundsatz4 die gesamte Regelung des § 8c KStG für Zwecke (des Untergangs) des Zinsvortrags in die Zinsschranke importiert. Hierbei handelt es sich um einen dynamischen Verweis auf den jeweils gültigen § 8c KStG.5 Dies gilt auch für die Zwecke der Gewerbesteuer.6
79
Der Generalverweis führt zunächst dazu, dass bei einem schädlichen Beteiligungserwerb (unmittelbare oder mittelbare Übertragung des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber, diesem nahestehenden Personen oder an eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen und bei vergleichbaren Sachverhalten sowie bei quotenverändernden Kapitalerhöhungen)7 innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 % der Zinsvortrag grds. anteilig untergeht. Beläuft sich der schädliche Beteiligungserwerb innerhalb von fünf Jahren auf mehr als 50 %, so kommt es grds. zum vollständigen Untergang des Zinsvortrags.
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Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243 mwN; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 15 mwN. Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 244. Vgl. näher hierzu zB van Lishaut in R/H/vL2, § 2 UmwStG Rz. 111 ff. Zu den Besonderheiten bezüglich der Stille-Reserven-Klausel gem. § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KStG s. Rz. 87 ff. 5 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 572; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 13. 6 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 576; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 13. 7 Vgl. näher hierzu § 8c KStG Rz. 66 ff.
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§ 8a Rz. 81–86 81
Zinsschranke
§ 8c KStG erfasst nicht nur den Verlustvortrag, sondern bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb auch die Verluste des laufenden Jahres bis zum schädlichen Beteiligungserwerb (vgl. zu dieser besonders streitanfälligen Frage § 8c KStG Rz. 172 ff.). Daraus leitet sich die Frage ab, ob die entsprechende Anwendung des § 8c KStG für Zwecke des Zinsvortrags auch zur Nichtabzugsfähigkeit von laufenden Zinsaufwendungen für das Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs führen kann. Nach zutreffender Auffassung ist dies zu verneinen.1 Dies ergibt sich daraus, dass die entsprechende Anwendung des § 8c KStG in § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG nur für den Zinsvortrag angeordnet wird. Soweit § 8c KStG sich auch auf laufende („nicht ausgeglichene“) Verluste bezieht, fehlt es in § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG an einer Anordnung der entsprechenden Anwendung auf laufende Zinsaufwendungen. Diese Auffassung wird auch von der FinVerw. geteilt, die hierfür das folgende Beispiel bildet:2 Beispiel: Zinsvortrag einer GmbH bei kalendergleichem Wj. zum 31.12.2010: 10 Mio. ¤. Schädlicher Anteilserwerb zum 30.6.2011 iHv. 100 % der Anteile an der GmbH; die Voraussetzungen des § 8c KStG liegen vor. Nicht abziehbarer Zinsaufwand des Wj. 2011: 5 Mio. ¤ (ohne Berücksichtigung des Anteilserwerbs). Lösung: Der auf den 31.12.2010 festgestellte Zinsvortrag geht in entsprechender Anwendung des § 8c KStG unter, während der laufende Zinsaufwand 2011 von der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG nicht erfasst wird. Daher ist auf den 31.12.2011 ein Zinsvortrag von 5 Mio. ¤ festzustellen.
82
Die entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf den Zinsvortrag schlägt auch auf Organschaften durch. Zwar können OG wegen § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG während der Dauer der Organschaft keinen eigenen Zinsvortrag bilden; sie können aber vororganschaftliche Zinsvorträge haben, die während der Dauer der Organschaft nach Auffassung der FinVerw. „eingefroren“ sind (vgl. näher hierzu § 15 KStG Rz. 106 ff., 108). Diese können in entsprechender Anwendung des § 8c KStG untergehen.3
83
Wegen des Generalverweises findet auch die sog. Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG (vgl. näher hierzu § 8c KStG Rz. 187 ff.) bei der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG für den Zinsvortrag Anwendung.4 Wegen des dynamischen Verweises des § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG auf § 8c KStG (vgl. Rz. 79) wirken sich Änderungen der Konzernklausel des § 8c KStG auch auf die Zinsschranke aus.
84
Im Grundsatz ist auch das Sanierungsprivileg5 iSd. § 8c Abs. 1a KStG für Zwecke des Zinsvortrags anwendbar,6 wobei dieses derzeit wegen europarechtlichen Bedenken nicht angewendet wird7 (was ebenfalls auf die Zinsschranke durchschlägt).
85
Nach § 14 Abs. 3 FMStFG ist § 8c KStG bei Beteiligungserwerben durch bzw. über den Finanzmarktstabilisierungsfonds nicht anzuwenden. Obwohl der Wortlaut dieser Norm die Zinsschranke nicht anspricht, ist die dort geregelte Nichtanwendung des § 8c KStG auch für Zwecke des Zinsvortrags zu beachten.8 Denn der Generalverweis in § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG verweist auf die entsprechende Anwendung des § 8c KStG. Wenn letztere Norm iRd. § 14 Abs. 3 FMStFG nicht anwendbar ist, so muss dies auch für die entsprechende Anwendung für Zwecke des Zinsvortrags gelten.
86
Der Zinsvortrag ist grds. zur Bildung von aktiven latenten Steuern geeignet. Geht der Zinsvortrag in entsprechender Anwendung des § 8c KStG unter, so sind diese aktiven latenten Steuern aufzulösen.9 1 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 29; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 12; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 574; Liekenbrock, DB 2012, 2488 (2491); Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 13; Schwedhelm in Streck8, § 8a KStG Rz. 26; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (492 f.). 2 Vgl. FinMin Schl.-Holst. v. 27.6.2012 – VI 3011 - S 2741 - 109, DB 2012, 1897; vgl. kritisch zu den übrigen Aussagen dieser Verfügung Liekenbrock, DB 2012, 2488 (2488 ff.). 3 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 575. 4 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 571; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243a. 5 Vgl. näher hierzu § 8c KStG Rz. 292 ff. 6 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 571; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243a. 7 Vgl. näher hierzu § 8c KStG Rz. 295. 8 Zutreffend Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 28; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 571; aA Goksch/Gröger/Schuck, DB 2008, 2670; Eilers/Bühring, DStR 2009, 137 (138); offenlassend Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243d. 9 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 577; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 13; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (493).
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C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 87–92 § 8a
b) Besonderheiten bei der Stille-Reserven-Klausel (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2) Nach dem Regelungskomplex des § 8c Abs. 1 Satz 6 bis 9 KStG gehen Verluste im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs nicht unter, soweit die verlusterleidende Körperschaft über im Inland steuerpflichtige stille Reserven verfügt (sog. Stille-Reserven-Klausel; vgl. näher hierzu § 8c KStG Rz. 231 ff.). Über den Generalverweis des § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG findet diese Stille-Reserven-Klausel auch für Zwecke des Zinsvortrags Anwendung.
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§ 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KStG enthält für die Zwecke der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel auf den Zinsvortrag eine spezielle Reihenfolgeregelung. Demnach sind stille Reserven iSd. § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG nur zu berücksichtigen, soweit sie die nach § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG abziehbaren, nicht genutzten Verluste übersteigen. Ein und dieselben stillen Reserven können somit nicht gleichzeitig Verluste und Zinsvortrag retten.1 Es besteht auch kein Zuordnungswahlrecht.2 Vielmehr sind die stillen Reserven zwingend primär zur Verlustrettung zu verwenden; nur soweit die stillen Reserven hierbei nicht „verbraucht“ sind, können sie für die Rettung eines Zinsvortrags verwendet werden (nachrangige Verwendung).3 Zum zeitlichen Anwendungsbereich s. Rz. 29.
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c) Anwendung des § 8c KStG bei zwischengeschalteter Mitunternehmerschaft (§ 4h Abs. 5 Satz 3 EStG) Nach § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG ist § 8c KStG auf den Zinsvortrag einer Gesellschaft entsprechend anzuwenden, soweit an dieser unmittelbar oder mittelbar eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist. Die Regel ist zunächst vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine Mitunternehmerschaft für Zwecke der Zinsschranke einen eigenen Betrieb hat4 und demzufolge eigenständiges „Zinsschrankensubjekt“ ist. Für die Mitunternehmerschaft wird somit auch ein „eigener“ Zinsvortrag festgestellt.5 Die entsprechende Anwendung des § 8c KStG nach § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG schlägt daher nicht automatisch auf diesen Zinsvortrag der Mitunternehmerschaft durch.6 Deswegen bedarf es hierfür der besonderen Regelung des § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG. Insoweit ergibt sich eine vergleichbare Situation wie für den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag, bei dem § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG zu einer entsprechenden Anwendung des § 8c KStG auf der Ebene der Mitunternehmerschaft führt.7
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§ 4h Abs. 5 Satz 3 EStG beschränkt die entsprechende Anwendung des § 8c KStG – wie 90 auch § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG (s. Rz. 76) – auf den Zinsvortrag. Damit geht ein EBITDA-Vortrag einer Mitunternehmerschaft im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs nicht unter (s. bereits Rz. 76).8 Da die Regelung nur den Zinsvortrag betrifft, kommt es bei einem unterjährigen Beteiligungserwerb nicht zum Untergang laufender Zinsaufwendungen des Jahres des Beteiligungserwerbs9 (vgl. zur vergleichbaren Problematik bei § 8c Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG Rz. 81). Der Verweis des § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG auf § 8c KStG ist – wie der Verweis des § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG (vgl. Rz. 79) – ein Generalverweis. Er ist ebenfalls dynamisch zu verstehen und schlägt auch auf die Gewerbesteuer durch.
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Die Frage, ob ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, ist nach zutreffender Auffassung ausschließlich auf der Ebene der an der Mitunternehmerschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Körperschaft zu prüfen.10 Kommt es bei dieser Körperschaft zu einem schädlichen Beteiligungserwerb, fallen die Zinsvorträge auf der Ebene der nachgelagerten
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1 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243a. 2 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 14; kritisch hierzu Kessler/Dietrich, DB 2010, 240 (242). 3 Vgl. BT-Drucks. 17/15, 19; Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a Rz. 25; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 12; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 573; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243a; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 14. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 6 und Rz. 50 f. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 49. 6 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. 7 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 606 (dort auch zu dem Gestaltungsmodell, das den Hintergrund der gesetzlichen Regelung bildet, s.a. BT-Drucks. 16/11108, 12). 8 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 117; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. 9 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. 10 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 117; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 609; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c; Suchanek, Ubg 2009, 178 (180); zur vergleichbaren Technik bei § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG vgl. H 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009 „Anwendung des § 8c KStG …“. AA Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 25, der fordert, dass es sowohl auf der Ebene der beteiligten Körper-
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§ 8a Rz. 92
Zinsschranke
Mitunternehmerschaft nach der – nicht unumstrittenen – wohl hM dem Grunde nach unabhängig davon weg, ob bei der Personengesellschaft (mittelbar) selbst die 25 %-Grenze des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG oder die 50 %-Grenze des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG überschritten wird.1 Die FinVerw. scheint ebenfalls zu dieser Auffassung zu tendieren, da sie für Zwecke des – insoweit systematisch vergleichbaren (s. Rz. 89) – § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG zu einem vergleichbaren Ergebnis gelangt.2 Ist hiernach ein Wegfall des Zinsvortrags dem Grunde nach gegeben, ist eine hiervon zu unterscheidende Frage, in welchem Umfang es bei der nachgelagerten Mitunternehmerschaft zu einem Wegfall des Verlustvortrags kommt. Hierbei ist danach zu unterscheiden, ob die 25 %-Grenze oder die 50 %-Grenze auf der Ebene der KapGes. überschritten wird. Bei einem Überschreiten der 25 %-Grenze kommt es zu einem Wegfall der anteiligen Zinsvorträge der Mitunternehmerschaft iHd. durchgerechneten Beteiligungsquote; bei einem Überschreiten der 50 %-Grenze kommt es zu einem Wegfall des Zinsvortrags iHd. durchgerechneten Beteiligungsquote, dann allerdings bezogen auf den gesamten Zinsvortrag.3 Beispiel:4 Es besteht die folgende Beteiligungsstruktur:
A 100 %
A-GmbH
Veräußerung von: Alt. a) 30 % Alt. b) 60 % an B.
80 %
X-OHG
Zinsvortrag = 450 000 Euro
60 %
Y-OHG
Zinsvortrag = 250 000 Euro
Alternative a): Auf der Ebene der A-GmbH kommt es zur Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG (Überschreiten der 25 %-Grenze). Nach der oben erwähnten wohl hM kommt es damit zu einem anteiligen Wegfall der Zinsvorträge bei der X-OHG und der Y-OHG,5 obwohl durchgerechnet nur 24 % (X-OHG = 30 % × 80 %) bzw. 14,4 % (Y-OHG = 30 % × 80 % × 60 %) übertragen werden.6 Die Berechnung des Umfangs der wegfallenden Zinsvorträge ergibt sich nach der durchgerechneten Beteiligungsquote auf Basis der Quote des anteiligen schädlichen Beteiligungserwerbs. Somit fallen bei der X-OHG 24 % (= 30 % × 80 %) des
1
2 3 4 5 6
schaft als auch (mittelbar) auf der Ebene der Mitunternehmerschaft zu einem schädlichen Beteiligungserwerb kommt. Vgl. Beinert/Benecke, Ubg 2009, 169 (173); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 610; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c mwN; nach aA ist auch auf der Ebene der Verlust-Mitunternehmerschaft ein Überschreiten der 25 %- bzw. 50 %-Grenze erforderlich; vgl. Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 25. Vgl. das Beispiel bei H 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009 „Anwendung des § 8c KStG …“. Vgl. Beinert/Benecke, Ubg 2009, 169 (173); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 613; glA wohl Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c; aA wohl Hoffmann, DStR 2009, 257 (258). Angelehnt an das Beispiel zu § 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG in H 10a.3 Abs. 3 GewStH 2009 „Anwendung des § 8c KStG …“; vgl. auch das Beispiel bei Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 613. Zu der Frage des Vorgehens bei doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaften s. Rz. 93. Nach der oben erwähnten aA würde es hingegen zu keinem Wegfall von Zinsvorträgen kommen, da durchgerechnet jeweils die 25 %-Grenze nicht überschritten wird.
874
Stangl
C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 92–97 § 8a
Zinsvortrags von 450 000 ¤ weg, während bei der Y-OHG 14,4 % (= 30 % × 80 % × 60 %) des Zinsvortrags von 250 000 ¤ untergehen. Alternative b): Auf der Ebene der A-GmbH kommt es zur Anwendung des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG (Überschreiten der 50 %-Grenze). Nach der oben erwähnten wohl hM kommt es damit zu einem durchgerechneten Wegfall der „vollen“ Zinsvorträge bei der X-OHG und der Y-OHG, obwohl durchgerechnet nur 48 % (X-OHG = 60 % × 80 %) bzw. 28,8 % (Y-OHG = 60 % × 80 % × 60 %) untergehen. Die Berechnung des Umfangs der wegfallenden Zinsvorträge ergibt sich nach der durchgerechneten Beteiligungsquote auf Basis des vollumfänglich schädlichen Beteiligungserwerbs. Somit fallen bei der X-OHG 80 % (= 100 % × 80 %) des Zinsvortrags von 450 000 ¤ weg, während bei der Y-OHG 48 % (= 100 % × 80 % × 60 %) des Zinsvortrags von 250 000 ¤ untergehen.
Bei mehrstöckigen Personengesellschaften ist umstritten, ob ein schädlicher Beteili- 93 gungserwerb auf der Ebene einer an der Oberpersonengesellschaft beteiligten Körperschaft ungehindert auf einen Zinsvortrag der Unterpersonengesellschaft durchschlägt. Teile des Schrifttums bejahen dies mit dem Hinweis, dass die Unterpersonengesellschaft nur einen einheitlichen Zinsvortrag hat und somit ein schädlicher Beteiligungserwerb auf der Kapitalgesellschaftsebene oberhalb der Oberpersonengesellschaft zu der Ziehung der regulären Rechtsfolgen des § 8c KStG auf der Ebene der Unterpersonengesellschaft führt.1 Nach aA ist der Wortlaut des § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG – der die entsprechende Anwendung des § 8c KStG nur anspricht, soweit die Körperschaft unmittelbar oder mittelbar „als Mitunternehmer beteiligt“ ist – so auszulegen, dass § 8c KStG nur im mittelbaren SBV der KapGes. bei der Unterpersonengesellschaft greift.2 UE ist der erstgenannten Ansicht zu folgen, da der Begriff der mittelbaren Beteiligung für Veräußerungszwecke auch den Durchgriff durch die Oberpersonengesellschaft ermöglicht. Durch die Technik des Generalverweises sind iRd. § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG auch die Konzernklausel und (grds., derzeit allerdings nicht anwendbar, s. § 8c KStG Rz. 295) auch die Sanierungsklausel anzuwenden.3 Wie für die Zwecke des schädlichen Beteiligungserwerbs (s. Rz. 92) sollen auch die Voraussetzungen der Konzernklausel ausschließlich auf der Ebene der an der Mitunternehmerschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Körperschaft zu prüfen sein.4 Für die Sanierungsklausel wird sich hingegen für eine Prüfung auf der Ebene der Mitunternehmerschaft ausgesprochen.5
94
Der Generalverweis führt auch zur entsprechenden Anwendung der Stille-ReservenKlausel.6 Hierbei sollen jedoch nur die stillen Reserven in der Mitunternehmerschaft zu beachten sein.7 Es fehlt in § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG eine mit § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 KStG (vgl. hierzu Rz. 87 f.) vergleichbare „Verwendungsreihenfolge“. Nach der wohl überwiegenden Auffassung ist jedoch die Reihenfolge des § 8a Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 KStG innerhalb des § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG entsprechend anzuwenden.8 Danach sind stille Reserven primär zur „Rettung“ von gewerbesteuerlichen Verlustvorträgen der Mitunternehmerschaft zu verwenden (§ 10a Satz 10 Halbs. 2 GewStG iVm. § 8c Abs. 1 Satz 6 bis 9 KStG) und nur die danach verbleibenden stillen Reserven können zur Rettung eines Zinsvortrags der Mitunternehmerschaft herangezogen werden.
95
96
Zur zeitlichen Anwendung des § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG vgl. Rz. 10. 3. Exkurs: Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag in anderen Fällen a) Betriebsaufgabe und -veräußerung (§ 4h Abs. 5 Satz 1 EStG) Nach § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG geht ein nicht verbrauchter EBITDA-Vortrag und ein nicht verbrauchter Zinsvortrag bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs unter. Im Gegensatz zu der entsprechenden Anwendung des § 8c KStG (§ 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG und § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG) betrifft dieser Untergang somit nicht nur den Zinsvortrag, sondern auch den EBITDA-Vortrag (s. Rz. 76). Bezüglich des Zinsvortrags betrifft der Untergang nur den Zinsertrag des Vorjahres, nicht den etwaigen Zinsaufwand des laufenden Jahres des nach § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG schädlichen Ereignisses.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. Vgl. Suchanek, Ubg 2009, 178 (181). Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c. Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 243c; Prinz, DB 2012, 2367 (2370). Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 588.
Stangl
875
97
§ 8a Rz. 98–102
Zinsschranke
98
Nach wohl überwiegender Auffassung1 fallen unter § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG auch unentgeltliche Betriebsübertragungen, wonach eine Betriebsübertragung im Wege der (vorweggenommenen) Erbfolge zu einem Untergang des Zinsvortrags führt. Dies wird zu Recht als widersprüchlich kritisiert. Denn für Zwecke des § 8c KStG gewährt das BMF für die Erbfolge und die vorweggenommene Erbfolge zutreffend eine Bereichsausnahme.2 Es wäre sachgerecht, diese auch auf § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG auszudehnen.3
99
KapGes. haben grundsätzlich nur einen Betrieb iSd. Zinsschranke.4 Aus diesem Grund kann nach zutreffender Auffassung § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG für KapGes. mit einem Betrieb – mit Ausnahme für die Liquidation (Vollbeendigung) – nicht angewendet werden, womit es auch dann zu keinem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag kommen kann, wenn die KapGes. ihre betrieblichen Aktivitäten faktisch einstellt oder strukturell vollständig ändert.5 Es ist allerdings zu beachten, dass bei KapGes. die in Rz. 100 f. dargestellte Verwaltungsauffassung zu Teilbetrieben und Organkreisen greifen kann. Das Vorstehende gilt entsprechend für Mitunternehmerschaften, die für Zwecke der Zinsschranke ebenfalls nur einen Betrieb haben können6.7
100
Die FinVerw. wendet diese Regelung auch auf die Aufgabe oder Übertragung eines Teilbetriebs an und will in diesen Fällen den Zinsvortrag anteilig untergehen lassen.8 Dies ist abzulehnen.9 Der Wortlaut des § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG stellt ausschließlich auf den Betrieb und gerade nicht auch auf den Teilbetrieb ab. Dort, wo der Gesetzgeber neben Betrieben auch Teilbetriebe in eine Norm aufnehmen will, spricht er diese explizit an (vgl. zB § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 20 Abs. 1 UmwStG, § 24 Abs. 1 UmwStG). Da der Fortbestand eines Zinsvortrags – im Gegensatz zum Fortbestand des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags – nicht von einer Unternehmensidentität abhängt, kann die Verwaltungsauffassung auch nicht mit der Rspr. des BFH10 zum anteiligen Wegfall gewerbesteuerlicher Verlustvorträge im Falle einer Teilbetriebsaufgabe/-veräußerung gerechtfertigt werden.11
101
Als Aufgabe eines Teilbetriebs iSd. Rz. 100 gilt nach Verwaltungsauffassung auch das Ausscheiden einer OG aus dem Organkreis.12 Auch dies ist abzulehnen.13 Da sich die FinVerw. auf ihre Auffassung zur Teilbetriebsaufgabe bezieht, gilt zum einen die diesbezüglich in Rz. 100 geäußerte Kritik entsprechend. Zum anderen bieten weder § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG noch § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG eine Rechtsgrundlage für die von der FinVerw. vertretene Gleichstellung einer OG mit einem Teilbetrieb. b) Ausscheiden aus einer Mitunternehmerschaft (§ 4h Abs. 5 Satz 2 EStG)
102
Scheidet ein Mitunternehmer aus einer Gesellschaft aus, gehen der EBITDA-Vortrag und der Zinsvortrag nach § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG anteilig mit der Quote unter, mit der der ausgeschiedene Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt war. Insoweit besteht eine weitere
1 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 581; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 244. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 736 Rz. 4; vgl. hierzu § 8c KStG Rz. 68 ff. 3 So zutreffend Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 182; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 112. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 7. 5 Vgl. Beußer, FR 2009, 49 (52); Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 184; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 111; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 583; Schaden/Käshammer, BB 2007, 2317 (2319). Nach aA kann hingegen auch bei einer KapGes. eine schädliche Betriebsaufgabe/-veräußerung vorliegen, wenn der betriebliche Organismus in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Sicht geändert wird; vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 244. 6 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 736 Rz. 6. 7 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 584. 8 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 47. 9 GlA zB Dörfler, Ubg 2008, 693 (700); Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 72a; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 113; Kleinheisterkamp, FR 2009, 522 (523); Köhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1512); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 586; Schmidt-Fehrenbacher, Ubg 2008, 471 (476). 10 Vgl. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, GmbHR 2008, 1283 = FR 2009, 243 m. Anm. Wendt = DStR 2008, 2014. 11 Zutreffend Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 113. 12 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 47. 13 Vgl. Beußer, FR 2009, 49 (54); Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1875); Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2391); Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 183; Dörfler, Ubg 2008, 693 (700); Hierstätter, DB 2009, 79 (83); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 587.
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Stangl
C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 102–107 § 8a
sachliche Parallele zum gewerbesteuerlichen Verlustvortrag und dessen Untergang anlässlich des Wegfalls der Unternehmeridentität.1 Das Ausscheiden des Mitunternehmers kann durch entgeltliche und unentgeltliche Übertragung erfolgen,2 wobei es aber auch insoweit sachgerecht wäre, die Bereichsausnahme der FinVerw. zur vorweggenommenen Erbfolge und zur Erbfolge bei § 8c KStG auch für Zwecke des § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG anzuwenden (vgl. hierzu Rz. 98). Umstritten ist, ob auch eine Übertragung zwischen Altgesellschaftern zum Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag führen kann.3
103
Die FinVerw. vertritt die Auffassung, dass Zinsaufwendungen auch bei Mitunternehmer- 104 schaften nicht mitunternehmerindividuell, sondern betriebsbezogen zu berechnen sind.4 Gleiches gilt für den Zinsvortrag. Insoweit besteht ein bedeutender Unterschied zwischen dem betriebsbezogen zu ermittelnden Zinsvortrag und dem unternehmerindividuell festzuhaltenden gewerbesteuerlichen Verlustvortrag. Der Zinsvortrag ist bei Mitunternehmerschaften somit nicht verursachungsgerecht den Mitunternehmern zuzurechnen,5 er wird vielmehr „solidarisiert“. Für Zwecke des § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG hat dies zur Folge, dass bei einem Ausscheiden des Mitunternehmers der betriebsbezogen ermittelte Zinsvortrag nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zum Zeitpunkt des Ausscheidens untergeht,6 wobei nach hM7 auch etwaige Vorabgewinnzurechnungen nicht zu berücksichtigen sind. Nach dem Wortlaut der Norm kommt es nur dann zu einem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag, wenn der Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet. Nach diesem klaren Wortlaut kommt es bei einer Veräußerung nur eines Teils eines Mitunternehmeranteils zu keinem Verlust von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag, da der Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft nicht ausscheidet.8 Dies ist allerdings nicht unumstritten.9 Aus dem gleichen Grund führt nach zutreffender Auffassung auch der Eintritt eines Mitunternehmers in eine Mitunternehmerschaft zu keinem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag, wenn anlässlich des Eintritts keiner der bisherigen Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet.10
105
Bei doppelstöckigen Mitunternehmerschaften führt das Ausscheiden eines Mitunterneh- 106 mers der Oberpersonengesellschaft aus dieser nur zu einem Verlust von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag auf Ebene der Oberpersonengesellschaft, die entsprechenden Vorträge auf der Ebene der Unterpersonengesellschaften gehen dagegen nicht nach § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG unter.11 Die hM subsumiert eine Anwachsung zutreffend unter § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG, was richtigerweise dazu führt, dass Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag der anwachsenden Mitunternehmerschaft mangels Ausscheidens des Mitunternehmers, auf den die Mitunternehmer1 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 50; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 591. 2 Vgl. Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 185; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 245; Schwedhelm/Finke, GmbHR 2009, 281 (284). 3 Für einen Untergang Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 597; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 245; aA Feldgen, NWB 2009, 998 (1002) und 3574 (3576); Köhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1512); Schwedhelm/Finke, GmbHR 2009, 281 (284); van Lishaut/Schumacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2344). 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 51. 5 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 594. 6 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 594; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 245; Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (465). Nach aA ist auf den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel im Zeitpunkt des Entstehens des Zinsvortrags abzustellen; vgl. Förster in Gosch2, § 4h EStG Rz. 185; vgl. hierzu auch das Beispiel bei BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 52. 7 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 115; Hierstetter, DB 2009, 79 (80); Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 245; zur aA s. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (701). 8 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, Anh. 1 zu § 4h EStG Rz. 334; Hierstetter, DB 2009, 79 (81); Hoffmann, GmbHR 2008, 113 (118); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 596; van Lishaut/Schumacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2344). 9 Für einen anteiligen Untergang bei Teilanteilsveräußerungen Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 73a; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 115; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 245. 10 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 599. 11 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 116; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 598; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 245.
Stangl
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107
§ 8a Rz. 107–114
Zinsschranke
schaft anwächst,1 nicht untergeht, sondern vielmehr auf diesen übergeht.2 Nach aA ist die Anwachsung hingegen unter § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG zu subsumieren und führt wegen einer Betriebsaufgabe zu einem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag der anwachsenden Mitunternehmerschaft.3 c) Umwandlungen im Sinne des UmwStG aa) Schicksal von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag 108 Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG geht ein Zinsvortrag ebenso wie ein EBITDA-Vortrag bei einer Umwandlung einer KapGes. auf eine Personengesellschaft bzw. ein Einzelunternehmen unter. 109
Die §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG – und damit auch § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG – sind über § 9 Satz 1 UmwStG bei einem Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft entsprechend anzuwenden. Damit kommt es auch bei einem Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft zu einem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag der KapGes.
110
§ 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ist nach dem Verweis in § 12 Abs. 3 Halbs. 2 UmwStG iRd. §§ 11 ff. UmwStG entsprechend anwendbar. Daher gehen bei einer Verschmelzung von KapGes. auf eine KapGes. die Zinsvorträge und die EBITDA-Vorträge des übertragenden Rechtsträgers unter.
111
Über den Verweis auf die §§ 11 bis 13 UmwStG in § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gilt § 12 Abs. 3 Halbs. 2 UmwStG und damit letztlich auch § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG entsprechend für die Aufspaltung und Abspaltung zwischen KapGes. Eine Aufspaltung führt zu einem vollständigen Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag des übertragenden Rechtsträgers. Bei einer Abspaltung mindert sich der Zinsvortrag und der EBITDA-Vortrag des übertragenden Rechtsträgers in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht (§ 15 Abs. 3 UmwStG).
112
Über den Verweis von § 16 Satz 1 UmwStG auf die §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG ist § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG auch bei einer Aufspaltung bzw. Abspaltung von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft entsprechend anzuwenden. Bei einer Aufspaltung geht der Zinsvortrag und der EBITDA-Vortrag des übertragenden Rechtsträgers vollumfänglich unter. Bei einer Aufspaltung mindern sich diese Vorträge in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht (§§ 16 Satz 1 iVm. 15 Abs. 3 UmwStG).
113
Bei Einbringungen iSd. § 20 UmwStG geht der Zinsvortrag und der EBITDA-Vortrag des Einbringenden nach § 20 Abs. 9 UmwStG nicht auf die übernehmende Gesellschaft über. Auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers kommt es bei einer Betriebseinbringung nach § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG zu einem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag.4 Bei einer Teilbetriebseinbringung dürfte es nach – umstrittener und abzulehnender (vgl. Rz. 100) – Verwaltungsauffassung zu einem anteiligen Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag des übertragenden Rechtsträgers nach § 4h Abs. 5 Satz 1 EStG kommen. Auch eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 3 UmwStG ist abzulehnen.5 Bei der Einbringung eines Mitunternehmeranteils kann es nach § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG zu einem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag der Mitunternehmerschaft kommen, deren Anteile eingebracht werden. Unter Beachtung der Ausführungen in Rz. 105 gilt dies uE aber nur, wenn der gesamte Mitunternehmeranteil eingebracht wird und der Einbringende nach der Einbringung nicht mehr Mitunternehmer ist. Wird lediglich ein Teil eines Mitunternehmeranteils eingebracht, kommt es hingegen zu einem Vortragsuntergang, da der Einbringende Mitunternehmer bleibt.
114
Bei einem Anteilstausch iSd. § 21 UmwStG kann es im Hinblick auf die Ebene der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht werden, zu einem schädlichen Beteiligungserwerb iSd. § 8c 1 Für den die Anwachsung auslösenden ausscheidenden Mitunternehmer kann es hingegen in Höhe von dessen Beteiligungsquote zum Untergang nach § 4h Abs. 5 Satz 2 EStG kommen. 2 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, Anh. 1 zu § 4h EStG Rz. 337; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 116; Hierstetter, DB 2009, 79 (80); Hoffmann, GmbHR 2008, 113 (118); Huken, DB 2008, 544 (546); Mattern in Schnitger/ Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 600. 3 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 246 mwN zum Diskussionsstand. 4 Vgl. Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 250. 5 Vgl. Herlinghaus in R/H/vL2, § 20 UmwStG Rz. 250.
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Stangl
C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 114–117 § 8a
KStG kommen, womit es nach § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG auch zu einem Untergang von Zinsvortrag (nicht EBITDA-Vortrag, s. Rz. 76) kommen kann. Nach § 24 Abs. 6 UmwStG gilt § 20 Abs. 9 UmwStG bei der Einbringung von BV in eine Personengesellschaft entsprechend. Insoweit kann auf die Ausführungen in Rz. 113 verwiesen werden.
115
bb) Besonderheiten der umwandlungssteuerlichen Rückwirkung Im Hinblick auf die Zinsschranke ist die Verrechnung eines Übertragungsgewinns mit einem 116 Zinsvortrag und einem EBITDA-Vortrag des übertragenden Rechtsträgers nach § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG nur zulässig, wenn dem übertragenden Rechtsträger diese Verrechnung auch ohne Anwendung des § 2 Abs. 1 und 2 UmwStG möglich gewesen wäre. Die Norm des § 2 Abs. 4 Satz 1 (und Satz 2) UmwStG ist mit einer Vielzahl von gravierenden und ungelösten Auslegungsfragen verbunden.1 Nach zutreffender Ansicht ist die Norm im engen sachlichen Zusammenhang mit § 8c KStG zu sehen und setzt als (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal voraus, dass es im Hinblick auf die Verluste zu einem Verlustausschluss nach § 8c KStG kommt.2 Übertragen auf die Zinsschranke bedeutet dies, dass die Norm nur dann zur Anwendung kommt, wenn es anlässlich der Umwandlung grds. zu einem Ausschluss von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag kommt. Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in denen die Umwandlung nach § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG bzw. § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG (jeweils iVm. § 8c KStG) zu einem Untergang des Zinsvortrags führt.3 Rechtsfolge des § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG ist, dass ein anlässlich der Umwandlung (rückwirkend) angesetzter Übertragungsgewinn nicht den maßgeblichen Gewinn bzw. das maßgebliche Einkommen und damit das Verrechnungsvolumen des anlässlich der Umwandlung „untergangsbedrohten“ Zinsvortrags erhöht.4 Diese Rechtsfolge kann technisch beim EBITDA-Vortrag nicht eintreten (dessen Nutzung wird anlässlich der Rückwirkung nicht gesteigert), womit die Bezugnahme des § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG (zumindest) rechtsfolgenseitig ins Leere geht.5 Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ist die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit einem Zinsvortrag des übernehmenden Rechtsträgers nicht zulässig. Die Regelung – deren Hauptaugenmerk sicherlich auf der dort ebenfalls geregelten Verlustverrechnungsbeschränkung liegt – ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf Gestaltungen zur sog. „Monetarisierung von Verlusten“. Hierbei erzielt der übertragende Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum einen hohen laufenden Gewinn. Anschließend werden die Anteile an dem übertragenden Rechtsträger an Gesellschaften verkauft, die über Verlustvorträge verfügen. Sodann wird der übertragende Rechtsträger rückwirkend auf einen Zeitpunkt vor der Entstehung des hohen laufenden Gewinns auf die über Verlustvorträge verfügende kaufende Gesellschaft mit dem Ziel verschmolzen, den hohen laufenden Gewinn mit den Verlusten zu verrechnen. § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG will diese Gestaltungen verhindern, indem er die rückwirkende Zurechnung des hohen laufenden Gewinns zum übertragenden Rechtsträger vermeiden will.6 Bezogen auf die Zinsschranke würde das zuvor beschriebene Vorgehen ohne § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG beim übernehmenden Rechtsträger dazu führen, dass der rückwirkend übergehende hohe laufende Gewinn beim übernehmenden Rechtsträger zu einem höheren maßgeblichen Gewinn/Einkommen führen und damit das verrechenbare EBITDA erhöht werden würde, welches dann ggf. für einen Verbrauch des Zinsvortrags verwendet werden könnte. Diesen Effekt will § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG vermeiden, indem er einen Verbrauch des Zinsvortrags insoweit nicht gestattet. Die Norm richtet sich dabei nach ihrem Wortlaut nur gegen den Zinsvortrag, nicht gegen den EBITDA-Vortrag.7 Die Beschränkung auf den Zinsvortrag bedeutet uE auch, dass et1 Vgl. hierzu zB van Lishaut in R/H/vL2, § 2 UmwStG Rz. 111 ff. 2 Vgl. zB van Lishaut in R/H/vL2, § 2 UmwStG Rz. 116. 3 Fraglich ist, ob § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG auch für Fälle gilt, in denen die Umwandlung über § 4h Abs. 5 Satz 1 oder 2 EStG bzw. über die in Rz. 108 ff. erläuterten Spezialregelungen zu einem Untergang von Zinsvortrag und EBITDA-Vortrag führt. Hierfür spricht einerseits, dass anderenfalls die Erwähnung des EBITDA-Vortrags in § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG sinnlos wäre, da § 8a Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 KStG und § 4h Abs. 5 Satz 3 EStG (jeweils iVm. § 8c KStG) nur den Zinsvortrag betreffen (vgl. Rz. 76). Andererseits ist die Rechtsfolge des § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG ohnehin nur im Hinblick auf den Zinsvortrag ausgerichtet, sodass dies nicht zwingend zu einer Anwendung des § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwStG auch auf die Fälle des § 4h Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG führt. 4 Vgl. zB van Lishaut in R/H/vL2, § 2 UmwStG Rz. 120. 5 Vgl. zB van Lishaut in R/H/vL2, § 2 UmwStG Rz. 120. 6 Zu den Unzulänglichkeiten im Wortlaut der Norm s. zB Dötsch in D/P/M, § 2 UmwStG Rz. 116. 7 Vgl. Dötsch in D/P/M, § 2 UmwStG Rz. 119.
Stangl
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117
§ 8a Rz. 117–121
Zinsschranke
waige Zinsaufwendungen und -erträge des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum nach den regulären Grundsätzen der Rückwirkung als Zinsaufwendungen und -erträge des übernehmenden Rechtsträgers anzusehen sind. Gleiches sollte dann auch für den im Rückwirkungszeitraum anfallenden Gewinn des übertragenden Rechtsträgers gelten, der dann nach den regulären Rückwirkungsgrundsätzen den maßgeblichen Gewinn/das maßgebliche Einkommen und damit das verrechenbare EBITDA des übernehmenden Rechtsträgers erhöht. Diese Erhöhung wird nach dem Wortlaut der Norm nur für die Zinsvortragsnutzung negiert. Laufende Zinsaufwendungen sollten hingegen zinsschrankentechnisch auf dieses verrechenbare EBITDA zugreifen können. 118
§ 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG wird durch die nachfolgenden Sätze 4 bis 6 flankiert. Satz 4 erstreckt das Verrechnungsverbot auf einen OT. Satz 5 dehnt das Verrechnungsverbot auf Gesellschafter einer Personengesellschaft aus. Satz 6 enthält eine – bedeutende – Ausnahme, nach der die Verrechnungsbeschränkungen des § 2 Abs. 3 Satz 3 bis 5 UmwStG nicht anzuwenden sind, wenn übertragender und übernehmender Rechtsträger vor Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags verbundene Unternehmen iSd. § 271 Abs. 2 HGB sind.
IV. Anwendung bei beschränkt Steuerpflichtigen (Abs. 1 Satz 4) 1. Überblick 119 Nach § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG ist § 4h EStG auf KapGes. sinngemäß anzuwenden, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermitteln. Die Norm ist auf beschränkt steuerpflichtige KapGes. ausgerichtet, die ihre Einkünfte als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermitteln.1 Sie ist vor allem unter Geltung des § 49 EStG idF vor JStG 2009 (dh. zur Zeit der Einführung der Zinsschranke) zu erklären und hat seit der Änderung des § 49 EStG mit dem JStG 2009 an praktischer Bedeutung verloren. 2. Hintergrund und Bedeutung im Zeitablauf 120 Nach der Systematik des § 49 EStG idF vor dem JStG 20092 – also der bei Einführung der Zinsschranke geltenden Rechtslage – waren Einkünfte aus Vermietung von im Inland belegenem unbeweglichem Vermögen auch dann den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zuzuordnen, wenn diese von einer ausländischen KapGes. erzielt wurden.3 Dies hatte zur Folge, dass die solchermaßen beschränkt steuerpflichtige KapGes. über keinen inländischen Betrieb verfügte. Mangels Betrieb konnte es dann auch nicht zur Anwendung der Zinsschranke kommen. Ziel des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG war es, dieses Ergebnis zu vermeiden und auch in diesen Fällen die Zinsschranke zur sinngemäßen Anwendung zu bringen.4 121
Mit § 49 EStG idF des JStG 2009 wurde die og. Systematik geändert. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 1 Doppelbuchst. aa EStG werden von der Norm seitdem auch die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erfasst. Für diese greift dann im Fall einer Körperschaft iSd. § 2 Nr. 1 KStG (beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Körperschaften) die Gewerblichkeitsfiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG. Demnach haben diese Gesellschaften qua gewerblicher Einkünfte nach zutreffender Auffassung auch einen Betrieb iSd. Zinsschranke.5 Auf diesen ist die Zinsschranke bereits regulär anzuwenden, sodass es hierfür der Sonderregelung des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG nicht mehr bedarf.6 Gleiches gilt für 1 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16. 2 G v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 3 Die Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG lag mangels unbeschränkter Steuerpflicht nicht vor. Es lagen auch keine beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor, da weder eine Betriebsstätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) noch Einkünfte iSd. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG idF vor JStG 2009 vorlagen. Die Einkünfte waren daher gemäß der isolierenden Betrachtungsweise (§ 49 Abs. 2 EStG) unter § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu subsumieren. 4 Vgl. BT-Drucks. 16/5491, 22; FG München v. 14.12.2011 – 7 V 2442/11, FR 2012, 354 m. Anm. Töben = EFG 2012, 453 (rkr.); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 84; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 62; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16; vgl. auch OFD Münster v. 24.7.2008 – S 1300 - 169 - St 45-32, GmbHR 2008, 1007 (1008). 5 Vgl. Fischer/Wagner, BB 2008, 1972; Kröner/Bolik, DStR 2008, 1309 (1314); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 86; Schaden/Käshammer, BB 2007, 2317 (2319); van Lishaut/Schumacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2342); weitere Nachweise zum Diskussionsstand (auch zur aA) bei Möhlenbrock/ Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 63. 6 Vgl. OFD Rheinland v. 5.9.2011 – S 1300 - 2010/0007 - St 121, juris (Tz. 3.2); Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 38; Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 30; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16.
880
Stangl
C. Zinsschranke in der Kçrperschaftsteuer (Abs. 1)
Rz. 121–125 § 8a
Einkünfte, die über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft erzielt werden.1 § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG behält seinen Anwendungsbereich demnach nur noch für solche Einkünfte, die nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Gewerblichkeit unterliegen (zB beschränkt körperschaftsteuerpflichtige KapGes. mit inländischen Kapitalvermögenseinkünften).2 Die Norm hat somit derzeit nur noch einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich.3 3. Voraussetzungen § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG erfasst nur „Kapitalgesellschaften“. Bei ausländischen Gesellschaften hat insoweit eine Prüfung nach den allgemeinen Kriterien des Typusvergleichs (vgl. hierzu § 1 KStG Rz. 67 ff.) zu erfolgen.4 Andere Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen sind von der Norm ebenso wenig erfasst5 wie gewerbliche Personengesellschaften.6 Bei der Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zwischen der ausländischen KapGes. und der inländischen Einkunftsquelle ist die Anwendung des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG umstritten (zur auch insoweit seit dem JStG 2009 eingeschränkten Bedeutung dieser Frage s. aber Rz. 121).7
122
§ 8a Abs. 1 Satz 4 KStG setzt voraus, dass die KapGes. ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermittelt. Damit erfasst die Norm ausschließlich beschränkt körperschaftsteuerpflichtige KapGes., denn unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige KapGes. erzielen ihre Einkünfte wegen § 8 Abs. 2 KStG nicht als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.8
123
4. Rechtsfolgen Rechtsfolge des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG ist die sinngemäße Anwendung der Zinsschranke. Sie bezieht sich dann auf die gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermittelten Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten. Für diese Gesellschaft ist nach zutreffender hM von einem Betrieb iSd. Zinsschranke auszugehen.9 Bezugsgröße hierbei ist das Kj.10 Stammen die Überschusseinkünfte aus mehreren inländischen Quellen, so sollten diese nach zutreffender Ansicht als ein Betrieb iSd. Zinsschranke zu qualifizieren sein.11 Erzielt die ausländische KapGes. neben den Überschusseinkünften auch gewerbliche Einkünfte, so soll nach sachgerechten Kriterien einkunftsartbezogen aufzuteilen sein.12
124
IRd. sinngemäßen Anwendung des § 4h EStG kommt es auch zur sinngemäßen Anwendung des Eigenkapital-Escape nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG. Nach zutreffender hM soll in den Eigenkapitalquotenvergleich nicht nur das inländische Vermögen, sondern das gesamte Weltvermögen der ausländischen KapGes. einzubeziehen sein.13
125
1 Vgl. Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 30; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 86; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16. 2 Vgl. Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 30; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 13; Mattern in Schnitger/ Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 84; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16. 3 Vgl. Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 30. 4 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 62; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16; vgl. auch Stangl/ Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (493). 5 Vgl. Bron, IStR 2008, 14 (16); Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 29; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16; Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259. 6 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 62. 7 Eine Anwendung des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG bejahend Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 31; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 27c; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 62; zweifelnd hingegen Meining/Telg, IStR 2008, 507 (508); Kröner/Bolik, DStR 2008, 1209 (1312); aA Geißelmeier/Bargenda, NWB Fach 4, 5329 (5338); Töben/Fischer, Ubg 2008, 149 (153). 8 Vgl. Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 29; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 84. 9 Vgl. Kröner/Bolik, DStR 2008, 1309 (1312); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 85; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 63; Töben/Fischer, Ubg 2008, 149 (152); aA Köster-Böckenförde/ Clauss, DB 2008, 2213 (2215). 10 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16; dies auch für die Prüfung des § 8a Abs. 2 und 3 KStG. 11 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16. Nach aA von Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 84 iVm. Rz. 86, ist es hingegen vertretbar, je Einkunftsquelle von einem eigenständigen „quasi-Betrieb“ auszugehen, wenn die Quellen für sich betrachtet nicht schon nach allgemeinen Grundsätzen einen einheitlichen Betrieb darstellen. 12 Vgl. näher hierzu Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 63; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16. 13 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 63; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 16.
Stangl
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§ 8a Rz. 126–130
Zinsschranke
D. Einschränkungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG (Stand-alone-Escape) (Abs. 2) I. Überblick über § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG 1. Allgemeines 126 Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG kommt die Zinsschranke iSd. § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht zur Anwendung, wenn der Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört (sog. Stand-alone-Escape)1. Nach § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG gehört ein Betrieb zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte. Durch § 4h Abs. 5 Satz 6 EStG wird dieser Konzernbegriff auf sog. Gleichordnungskonzerne erweitert. Demnach gehört ein Betrieb auch dann zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann. Liegt auf Basis dieser Vorschriften keine oder nur eine anteilsmäßige Konzernzugehörigkeit vor, so ist die Zinsschranke nicht anzuwenden. 127
§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG ist grds. auch im Bereich der KSt anzuwenden, wobei seine Anwendung über § 8a Abs. 2 KStG bedeutende Ausnahmen erfährt (vgl. bereits Rz. 2).
128
Der Stand-alone-Escape beruht auf dem Gedanken, dass eine „missbräuchliche“ Finanzierung vor allem innerhalb von Konzernen stattfinden kann.2 Aus diesem Grund ist die Zinsschranke grds. nicht anzuwenden, wenn keine Konzernzugehörigkeit in diesem Sinne vorliegt. Über die Suspendierung des Stand-alone-Escape bei einer Gesellschafterfremdfinanzierung iSd. § 8a Abs. 2 KStG wird von diesem Grundsatz eine gewichtige Ausnahme im Bereich der KSt statuiert, womit zum Ausdruck kommt, dass der Gesetzgeber auch bei Fällen ohne Konzernzugehörigkeit im Falle einer „überbordenden“ Gesellschafterfremdfinanzierung eine „Missbrauchsgefahr“ sieht.3 So verständlich es einerseits ist, dass aus fiskalischer Sicht einer „missbräuchlichen“ Finanzierung begegnet werden soll, ist es andererseits aber deutlich zu kritisieren, dass der Stand-alone-Escape viel zu pauschalierend ausgestaltet ist.4 Denn zum einen unterzieht er jegliche Finanzierung innerhalb eines Konzerns einem Missbrauchsverdacht, was vor dem Hintergrund, dass auch in Konzernen normale Fremdfinanzierungsstrukturen vorherrschen können, deutlich über das Ziel hinausgeht. Zum anderen wird auch in konzernfreien Situationen bei KapGes. die Gesellschafterfremdfinanzierung einem generellen Missbrauchsverdacht unterworfen, was ebenfalls zu weitgehend ist, da es durchaus Situationen gibt, in denen die Gesellschafterfremdfinanzierung eine normale Alternative zu einer Bankenfinanzierung ist (einen entlastenden Drittvergleich sieht § 8a Abs. 2 KStG hierfür nicht vor)5. 2. Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG
129 Voraussetzung des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG ist, dass der Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört. Damit erhält die anzuwendende Konzerndefinition eine maßgebliche Bedeutung. Für Zwecke der Zinsschranke wird der Konzern grds. in § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG definiert und diese Definition wird für den sog. Gleichordnungskonzern in § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG erweitert. Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG liegt beim Stpfl.6 130
Nach § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG gehört ein Betrieb zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte. Rechnungslegungsstandard in diesem Sinne sind primär die IFRS (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 8 EStG). Sekundär ist auf die lokalen Handelsrechte der Mitgliedstaa1 Alternativ auch „Stand-alone-Klausel“; vgl. BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611 = FR 2012, 573 = GmbHR 2012, 646 m. Anm. Wiese; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17. 2 Vgl. zB Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42; vgl. zu dem Umstand, dass der Stand-alone-Escape nicht ausreichend den vermeintlichen Zweck einer Vermeidung einer Gewinnverlagerung bzw. einer Stärkung der Eigenkapitalausstattung zum Ausdruck bringt, die entsprechende verfassungsrechtliche Diskussion in Rz. 21. 3 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17 („besondere Missbrauchsanfälligkeit unterstellt“). 4 Vgl. auch Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17 („sehr grob ausgestaltet“). 5 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17. 6 Vgl. Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 67; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42.
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Stangl
D. Einschrnkungen des Stand-alone-Escape (Abs. 2)
Rz. 130–132 § 8a
ten der EU (zB das deutsche HGB) zurückzugreifen (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 9 EStG). Ist kein Konzernabschluss nach den IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der EU zu erstellen und offenzulegen, so ist auf die US-GAAP abzustellen (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 10 EStG).1 Bezogen auf den Stand-alone-Escape bedeutet dies, dass eine Konzernfreiheit erfordert, dass weder nach IFRS noch nach einem local-GAAP der EU noch nach US-GAAP eine Konsolidierung erfolgt. Wie in Rz. 133 näher erläutert, ist hierbei maßgeblich auf die jeweiligen Regelungen zur Vollkonsolidierung abzustellen.2 Nach § 4h Abs. 5 Satz 6 EStG gehört ein Betrieb auch dann zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann (sog. Gleichordnungskonzern). Damit wird der Konzernbegriff der Zinsschranke über die Orientierung an den Rechnungslegungsstandards hinaus im Rahmen einer eigenständigen Definition erweitert.3 Diese Definition ist mit erheblichen Auslegungsschwierigkeiten verbunden.4 Ein Gleichordnungskonzern iSd. § 4h Abs. 5 Satz 6 EStG kann nach Ansicht der FinVerw. zB vorliegen, wenn eine natürliche Person Anteile an mehreren KapGes. hält, deren Finanz- und Geschäftspolitik sie einheitlich bestimmt; der Umstand, dass sich diese Anteile in einem einkommensteuerlichen PV – oder ggf. auch in einer vermögensverwaltend tätigen Gesellschaft – befinden, soll hierbei unerheblich sein.5 Das FG München hat im Rahmen eines AdV-Verfahrens zutreffend ernstliche Zweifel an dieser Verwaltungsauffassung zumindest dahingehend geäußert, dass die Personenidentität des Anteilseigners von mehreren KapGes. nicht automatisch zu einem Gleichordnungskonzern führt; vielmehr muss eine Beherrschung dieser KapGes. durch eine Konzernspitze vorliegen.6
131
Eine fehlende Konzernzugehörigkeit iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b Alt. 1 EStG liegt vor, wenn der Betrieb weder mit anderen Betrieben iSd. § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG konsolidiert wird (bzw. werden könnte) noch mit anderen Betrieben einem Gleichordnungskonzern iSd. § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG zugehört. Während die Anknüpfung an Rechnungslegungsstandards eine zunächst rechtsträgerbezogene Sichtweise erfordert, stellt die Konzerndefinition nach § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG begrifflich auf Betriebe ab,7 wobei dieser Betriebsbegriff – zumindest im Grundsatz (zu möglichen Ausnahmen im Hinblick auf „andere Betriebe“ s. weiter unten) – mit dem allgemeinen Betriebsbegriff der Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG identisch ist.8 Es ist insoweit zunächst zu prüfen, ob der zinsschrankentechnisch zu prüfende „Betrieb“ mittels des Rechtsträgers, dem er zuzuordnen ist, von der (Voll-)Konsolidierung bzw. vom Gleichordnungskonzern erfasst ist. Anschließend ist zu prüfen, ob ein oder mehrere „andere Betriebe“ hierbei mitkonsolidiert werden können (§ 4h Abs. 5 Satz 5 EStG) bzw. zum gleichen Gleichordnungskonzern gehören (§ 4h Abs. 5 Satz 6 EStG). Aus dieser Technik ist zunächst ersichtlich, dass ein zinsschrankenrelevanter Konzern zunächst mindestens zwei Betriebe voraussetzt.9 Nach wohl überwiegender Auffassung ist es für die Bejahung einer Konzernzugehörigkeit unerheblich, ob sich dieser andere Betrieb in einem anderen – mit (voll) zu konsolidierenden – Rechtsträger befindet oder ob er im In- oder Ausland belegen ist.10 Speziell bei einem ausländischen Rechtsträger stellt sich die Frage, ob der Begriff des „anderen Betriebs“ ggf. abweichend vom allgemeinen Betriebsbegriff der Zinsschranke auszulegen ist. Mattern11 bildet hierfür ein Beispiel, in dem eine ausländische Mutterkapitalgesellschaft ausschließlich Anteile an einer inländischen Tochterkapitalgesellschaft hält. Hier stellt sich die Frage, ob der Betrieb der Tochterkapitalgesellschaft zusammen mit einem „anderen Betrieb“ der Mutterkapitalgesellschaft (voll) konsolidiert wird.
132
1 Vgl. näher hierzu zB Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 60. 2 Vgl. näher zu den verschiedenen Konstellationen gemäß HGB, IFRS und US-GAAP zB Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 291 ff. 3 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 347. 4 Vgl. FG München v. 14.12.2011, – 7 V 2442/11, FR 2012, 354 m. Anm. Töben = EFG 2012, 453; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 18. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 60. 6 Vgl. FG München v. 14.12.2011, – 7 V 2442/11, FR 2012, 354 m. Anm. Töben = EFG 2012, 453; zustimmend Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 18. 7 Vgl. zu diesen zu differenzierenden Begrifflichkeiten Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 296; Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (468). 8 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 294. 9 Vgl. Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 161; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 294. 10 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 295 mwN. 11 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 296 f.; vgl. auch das Beispiel bei Winkler/Käshammer, Ubg 2008, 478 (478).
Stangl
883
§ 8a Rz. 132–134
Zinsschranke
Nach den Maßstäben des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG verfügt die ausländische Mutterkapitalgesellschaft jedoch über keinen Betrieb, da sie wegen der nur beschränkten Körperschaftsteuerpflicht nicht unter § 8 Abs. 2 KStG fällt und die vermögensverwaltende Holdingtätigkeit auch nicht über § 49 EStG zu einem Gewerbebetrieb führt. Dem Wortlaut des § 4h Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG nach liegt somit wegen des Fehlens eines anderen Betriebs kein Konzern vor. In dieser Situation sprechen sich Teile des Schrifttums dafür aus, den Begriff des „anderen Betriebs“ abweichend von § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG erweiternd auszulegen und auch die reine Holdingtätigkeit als „anderen Betrieb“ iSd. § 4h Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG anzuerkennen.1 Diese weite Auslegung ist uE abzulehnen,2 denn der Wortlaut des § 4h Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG fordert zumindest einen anderen Betrieb und die Norm bietet keinen Anlass dafür, den Betriebsbegriff in § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG einerseits und in § 4h Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG andererseits divergierend auszulegen. Insoweit kann auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers ausgegangen werden. Der Umstand, dass ausländische KapGes. nicht über § 8 Abs. 2 KStG zu einem zinsschrankenrelevanten Betrieb kommen, war dem Gesetzgeber durchaus bewusst und hat ihn gerade (und nur) dazu bewogen, die Sonderregelung in § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG aufzunehmen (s. hierzu Rz. 119 ff.). Diese Sonderregelung führt aber nur dazu, dass die ausländische KapGes. selbst im Ergebnis so behandelt wird, als ob sie einen zinsschrankenrelevanten Betrieb hat, sie fingiert hingegen keinen „anderen Betrieb“ im Hinblick auf die Konzernzugehörigkeit anderer zinsschrankenrelevanter Betriebe. Die Auffassung der FinVerw. zu dieser Frage ist nicht eindeutig aus dem Anwendungserlass zur Zinsschranke abzuleiten.3 133
Eine nur anteilsmäßige Konzernzugehörigkeit iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b Alt. 2 EStG führt ebenfalls zum Greifen des Stand-alone-Escape. Daraus wird deutlich, dass alle nicht voll konsolidierten Betriebe in den Anwendungsbereich des Stand-alone-Escape fallen.4 Betriebe, deren Rechtsträger lediglich der Quotenkonsolidierung (IAS 31, § 310 HGB) unterliegen oder die nur als assoziierte Unternehmen der Equity-Methode (IAS 28, § 311 HGB) unterliegen, können sich somit auf den Stand-alone-Escape berufen.5
134
Die FinVerw. nimmt im Anwendungserlass zur Zinsschranke zum Teil eine Negativabgrenzung vor, bei der sie für bestimmte Fälle ausdrücklich eine Konzernzugehörigkeit verneint (und damit eine Anwendbarkeit des Stand-alone-Escape bejaht): –
Ein Einzelunternehmen mit mehreren Betrieben begründet für sich noch keinen Konzern iSd. Zinsschranke.6
–
Ergibt sich die Gewerblichkeit eines Besitzunternehmens nur aufgrund einer personellen und sachlichen Verflechtung mit dem Betriebsunternehmen (Betriebsaufspaltung), liegt ebenfalls kein Konzern iSd. Zinsschranke vor.7
–
Ein Einzelunternehmer oder eine Gesellschaft begründet nicht bereits deshalb einen Konzern, weil er oder sie eine oder mehrere Betriebsstätten im Ausland hat.8
–
Eine typische GmbH & Co. KG führt für sich gesehen im Hinblick auf die KomplementärGmbH und die KG noch nicht zu einem Konzern, wenn sich die Tätigkeit der GmbH –
1 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 296. 2 Im Ergebnis glA Winkler/Käshammer, Ubg 2008, 478 (478 ff.). 3 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 59 Satz 3 formuliert lediglich, dass ein Betrieb zu einem Konzern gehört, wenn er nach dem einschlägigen Rechnungslegungsstandard in einen Konzernabschluss einzubeziehen ist oder einbezogen werden könnte. Die FinVerw. geht nicht auf das gesetzliche Merkmal des anderen Betriebs ein. Dies wird zum Teil dahingehend interpretiert, dass die FinVerw. bewusst auf dieses Merkmal verzichtet hat (vgl. Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 [1876]). Richtiger dürfte es sein, dass es sich bei der von der FinVerw. gewählten Formulierung nur um eine technisch verkürzte und damit missverständliche Wiedergabe des Gesetzeswortlauts handelt (vgl. Winkler/Käshammer, Ubg 2008, 478 [480]). Hieraus ist nicht abzuleiten, dass die FinVerw. dem Kriterium des anderen Betriebs keine Bedeutung zukommen lassen will. 4 Vgl. zB Hennrichs, DB 2007, 2101 (2102); Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 18. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 61; Hageböke/ Stangl, DB 2008, 200 (201 f.); Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 172; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 18. 6 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 62. 7 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 63. 8 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 64.
884
Stangl
D. Einschrnkungen des Stand-alone-Escape (Abs. 2)
Rz. 134–140 § 8a
neben ihrer Vertretungsbefugnis – in der Übernahme der Haftung und Geschäftsführung für die KG erschöpft.1 –
Ebenfalls keinen Konzern bilden Verbriefungszweckgesellschaften im Rahmen von Asset-backed-securities-Gestaltungen (unter bestimmten Voraussetzungen).2
Nach § 15 Satz 1 Nr. 3 EStG gilt ein Organkreis für Zwecke der Zinsschranke als ein Betrieb. Daher bildet nach zutreffender Ansicht der FinVerw. der Organkreis für sich betrachtet keinen Konzern iSd. Zinsschranke.3 Mit Begründung eines Organschaftsverhältnisses kann somit ein Konzern wegfallen bzw. mit dessen Beendigung ein Konzern begründet werden.4 In zeitlicher Hinsicht sind hier die besonderen zeitlichen Regelungen der Organschaft zu beachten. Entsteht die Organschaft nach § 14 Abs. 1 Satz 2 KStG rückwirkend zum Beginn eines Wj. bzw. endet diese wegen § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG rückwirkend, so ist dies auch für Zwecke des Stand-alone-Escape zu beachten.5
135
Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG ist darauf abzustellen, ob der Betrieb „konsolidiert wird oder werden könnte“. Damit wird nicht auf die tatsächliche Einbeziehung in einen Konzernabschluss, sondern auf die theoretische Einbezugsmöglichkeit abgestellt.6
136
Nach Ansicht der FinVerw. ist in zeitlicher Hinsicht für die Frage, ob und zu welchem Konzern ein Betrieb gehört, grds. (eine Ausnahme soll für Neugründungen gelten) auf die Verhältnisse am vorangegangenen Abschlussstichtag abzustellen, wobei dies auch für die Fälle des unterjährigen Erwerbs oder unterjährigen Veräußerung von Gesellschaften gelten soll.7 Dies stellt einen Gleichlauf mit dem Eigenkapital-Escape dar, der nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG ebenfalls auf den vorangegangenen Abschlussstichtag abstellt. Berücksichtigt man zusätzlich Praktikabilitätsgesichtspunkte, kann der vorstehenden Auffassung der FinVerw. gefolgt werden.8
137
3. Rechtsfolgen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG Rechtsfolge des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG ist die Nichtanwendung des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG. Zinsaufwendungen eines Betriebs sind dann ohne Grenzen der Zinsschranke abzugsfähig.9
138
Der Zinsvortrag erhöht nach § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG die Zinsaufwendungen der folgenden Jahre. Wird in einem dieser folgenden Jahre seitens des Betriebs erstmals die Voraussetzung des Stand-alone-Escape erfüllt, hat diese Technik zur Folge, dass der gesamte Zinsaufwand in diesem Jahr abzugsfähig wird.10
139
II. Grundaussage und Rechtsfolge des § 8a Abs. 2 KStG Für den Fall einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung sieht § 8a Abs. 2 KStG eine Suspendierung des Stand-alone-Escape vor. Die Norm wählt dazu eine Technik, nach der der Stand-alone-Escape nur greift, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Demnach ist der Stand-alone-Escape dem Grunde nach nur anwendbar, wenn:11 –
die Vergütungen für FK (vgl. Rz. 142 ff.) an –
einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner (vgl. Rz. 145 ff.),
1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 66; zustimmend Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 18. 2 Vgl. näher hierzu BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 67; kritisch zu dieser Verwaltungsauffassung zB Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 329 iVm. Rz. 170. 3 Vgl. näher hierzu BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 65. 4 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42 (mit Hinweis auf entsprechende Gestaltungsüberlegungen). 5 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 309. 6 Vgl. zur Kritik hieran Hageböke/Stangl, DB 2008, 200 (200). 7 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 68. 8 Ebenso Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42; im Ergebnis glA Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 303; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 84 (zeitraumbezogene Betrachtungsweise). 9 Vgl. zB Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42. 10 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 42; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 71; Schmidt-Fehrenbacher, Ubg 2008, 469 (474). 11 Vgl. ähnlich zB auch Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 41; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17.
Stangl
885
140
§ 8a Rz. 140–144
141
Zinsschranke
–
eine diesem nahestehende Person (§ 1 Abs. 2 AStG1; vgl. Rz. 154 ff.) oder
–
einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person zurückgreifen kann (vgl. Rz. 157 ff.), gezahlt werden;
–
die Vergütungen für FK nicht mehr als 10 % der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft iSd. § 4h Abs. 3 EStG betragen (vgl. Rz. 169 ff.) und
–
die Körperschaft dies nachweist (vgl. Rz. 184 ff.).
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann heißt dies zunächst nur, dass bei der Körperschaft § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG dem Grunde nach anwendbar ist (Öffnungsklausel)2. Daran anschließend muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG für einen Stand-alone-Escape (vgl. zu diesen Rz. 126 ff.) erfüllt sind. Die Befreiung von Zinsschranke greift demnach insoweit nur, wenn die Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 KStG und des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG kumulativ erfüllt sind.
III. Vergütungen für Fremdkapital (Person des Leistenden und Begriffsbestimmung) 142 Der Begriff der „Vergütungen für Fremdkapital“ ist anhand der allgemeinen Zinsaufwandsdefinition der Zinsschranke iSd. § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG auszulegen. Demnach sind Zinsaufwendungen Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben, wobei die Größe des maßgeblichen Gewinns für Zwecke des KStG durch das maßgebliche Einkommen nach § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG (s. hierzu Rz. 72 ff.) zu substituieren ist. 143
144
Aus dem Gesetz ist nicht klar erkennbar, wer Leistender dieser Vergütungen für FK ist. Es bestehen teilweise konträre Anknüpfungspunkte: –
§ 8a Abs. 2 erster Satzteil KStG spricht lediglich von „Vergütungen für Fremdkapital“, ohne die Person des Leistenden näher zu definieren.
–
Bezugsobjekt der Zinsschranke ist allgemein der Betrieb (s. § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG).
–
Personell setzt § 8a Abs. 2 KStG uE einen wesentlich beteiligten Gesellschafter im Sinne eines zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der leistenden Gesellschaft beteiligten Anteilseigner voraus.3 Hieraus ist ersichtlich, dass die die Vergütung für FK leistende Gesellschaft über ein Grund- oder Stammkapital verfügen muss. Dies ist nur bei KapGes. (AG, SE, KGaA und GmbH), nicht jedoch bei Körperschaften ohne Mitgliedschaftsrechte (zB Verein, Stiftung) der Fall.4
–
Im Hinblick auf die 10 %-Grenze spricht § 8a Abs. 2 KStG von „Zinsaufwendungen der Körperschaft“, was begrifflich auch Körperschaften ohne Mitgliedschaftsrechte umfasst.
–
§ 8a Abs. 3 Satz 1 KStG spricht die Person des Leistungsempfängers explizit an. Dies sind Körperschaften oder ein anderer demselben Konzern zugehöriger Rechtsträger (vgl. näher hierzu Rz. 231 ff.).
Die Person des Leistenden bestimmt zugleich den personellen Anwendungsbereich des § 8a Abs. 2 KStG, denn die Norm ist nur für solche Leistenden anwendbar, die unter den Wortlaut des § 8a Abs. 2 KStG fallen. Rechtsträger, die nicht Leistende iSd. § 8a Abs. 2 KStG sind, fallen mit ihrem Betrieb nicht unter die Einschränkung des § 8a Abs. 2 KStG und können demzufolge über § 8 Abs. 1 KStG den Stand-alone-Escape des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG ohne weitere Einschränkungen nutzen. Daher kommt der Bestimmung des Leistenden eine beachtliche Bedeutung zu. Hierbei ist zwischen einem objektbezogenen Verständnis (Betrieb) und einem rechtsträgerbezogenen Verständnis (KapGes. oder Körperschaft) zu unterscheiden.5 1 G v. 8.9.1972 (BGBl. I 1972, 1713), zuletzt geändert durch Art. 3 des G v. 28.5.2007 (BGBl. I 2007, 914), in der jeweils geltenden Fassung. 2 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17. 3 Dies gilt auch für die Alternative des Nahestehenden (dieser muss dem wesentlich beteiligten Anteilseigner nahestehen) und des Rückgriffsberechtigten (dieser muss auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder auf den dem Anteilseigner Nahestehenden Rückgriff nehmen können); vgl. Rz. 154 und 158. 4 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 43; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 15; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 181 ff.; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20; Schwedhelm in Streck8, § 8a KStG Rz. 40. 5 S. auch Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17 („betriebsbezogen oder körperschaftsbezogen auszulegen“).
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Stangl
D. Einschrnkungen des Stand-alone-Escape (Abs. 2)
Rz. 144–145 § 8a
–
UE sprechen die besseren Gründe für ein rechtsträgerbezogenes Verständnis (also dritter bzw. vierter Spiegelstrich in der obigen Aufzählung). Denn nur dies fügt sich problemlos in die übrigen Regelungen des § 8a Abs. 2 KStG – zB in die Bestimmung des wesentlich beteiligten Anteilseigners und in die Definition der 10 %-Grenze, die die Körperschaft anspricht – ein. Innerhalb des rechtsträgerbezogenen Verständnisses ist es umstritten, ob die Einschränkung des Stand-alone-Escape in § 8a Abs. 2 KStG nur für KapGes.1 oder für alle Körperschaften2 gilt. UE sprechen die besseren Gründe für eine Beschränkung auf KapGes. Denn nur diese Auslegung ist innerhalb des § 8a Abs. 2 KStG im Ergebnis widerspruchs- und überschneidungsfrei (alle KapGes. sind Körperschaften, aber nicht alle Körperschaften sind KapGes.). Letztlich deckt sich das rechtsträgerbezogene Verständnis auch mit der grds. von § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG gewählten Technik, die ebenfalls rechtsträgerbezogen ist (vgl. hierzu Rz. 231). Während § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG den Leistenden direkt definiert („Körperschaft“, anderer konzernzugehöriger „Rechtsträger“), verzichtet § 8a Abs. 2 KStG auf eine vergleichbare Definition. Wenn der Gesetzgeber Körperschaften ansprechen will, dann kann er dies – wie eben in § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG geschehen – direkt im Wortlaut festschreiben. Gerade dies ist aber in § 8a Abs. 2 KStG nicht geschehen, was ebenfalls für die Maßgeblichkeit von KapGes. spricht. Des Weiteren ist zu beachten, dass § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG mit seinem (weltweiten) rechtsträgerbezogenen Ansatz ohnehin einen viel weiteren Anwendungsbereich als § 8a Abs. 2 KStG hat (vgl. Rz. 233 f.). Er spricht neben der Körperschaft auch andere Rechtsträger an, weshalb aus dem weiten Anwendungsbereich des § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG nicht auf einen weit angelegten Anwendungsbereich des § 8a Abs. 2 KStG geschlossen werden kann.
–
Das auf den Betrieb bezogene objektbezogene Verständnis (zweiter Spiegelstrich) steht uE in keinem Konkurrenzverhältnis zum rechtsträgerbezogenen Verständnis (in dem Sinne, dass nur einer dieser beiden Ansätze richtig sein könnte). Das rechtsträgerbezogene Verständnis dient der Ausfüllung des Tatbestands des § 8a Abs. 2 KStG, also der Frage, ob eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt oder nicht.3 Das objektbezogene Verständnis dient hingegen der Rechtsfolgenbestimmung. Ist § 8a Abs. 2 KStG tatbestandsmäßig (rechtsträgerbezogen) anzuwenden, so kann sich für den diesem Rechtsträger zuzuordnenden Betrieb nur unter den (rechtsträgerbezogenen) Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 KStG auf den Stand-alone-Escape des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG berufen werden (vgl. allgemein zum Verhältnis der rechtsträgerbezogenen Bestimmung des Konzerns iSd. Stand-alone-Escape und der entsprechenden objektbezogenen Rechtsfolgen Rz. 132).
IV. Empfänger der Vergütung für Fremdkapital 1. Überblick § 8a Abs. 2 KStG verwendet für den Kreis der Fremdkapitalgeber im Hinblick auf die Gesellschafterfremdfinanzierung einen „Dreiklang“, der dem Grunde nach schon aus § 8a KStG aF bekannt ist.4 Schädlicher Fremdkapitalgeber kann demnach5 –
ein zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligter Anteilseigner (sog. „wesentlich beteiligter Anteilseigner“, § 8a Abs. 2 Alt. 1 KStG; s. hierzu Rz. 146 ff.),
–
eine dem wesentlich beteiligten Anteilseigner nahestehende Person (§ 1 Abs. 2 AStG in der jeweils geltenden Fassung) (sog. „Nahestehender“, § 8a Abs. 2 Alt. 2 KStG; s. hierzu Rz. 154 ff.) oder
–
ein Dritter mit Rückgriffsmöglichkeit auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder den Nahestehenden (sog. „Rückgriffsberechtigter“, § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG; s. hierzu Rz. 157 ff.)
sein.
1 So zB Schwedhelm in Streck8, § 8a KStG Rz. 40 und zumindest tendenziell auch Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 2 So zB Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 106 mwN zum Diskussionsstand. 3 Demzufolge ist die 10 %-Grenze bezogen auf den Rechtsträger – also nicht bezogen auf den Betrieb – zu prüfen; glA Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 4 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17 und 19. 5 Vgl. auch Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 17.
Stangl
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145
§ 8a Rz. 146–153
Zinsschranke
2. Unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel beteiligter Anteilseigner 146 In seiner Grundkonstellation spricht § 8a Abs. 2 KStG als Fremdkapitalgeber den zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner an. Auch wenn die Norm – anders als noch § 8a KStG aF – insoweit nicht mehr unmittelbar von einem wesentlich beteiligten Anteilseigner spricht, ist diese Bezeichnung nach wie vor geläufig.1 147
Personell spricht der Wortlaut des § 8a Abs. 2 KStG von einem „Anteilseigner“, ohne weitere Einschränkungen in Bezug auf dessen Person vorzunehmen. Daher ist der Begriff weit zu verstehen. „Anteilseigner“ in diesem Sinne können daher sowohl natürliche als auch juristische Personen sein und es ist unerheblich, ob diese Steuerinländer oder Steuerausländer sind.2 Zu dem Umstand, dass es nach Ansicht der FinVerw. auch Anteilseigner gibt, die ausschließlich mittelbar beteiligt sind, s. Rz. 150.
148
Der Wortlaut der Norm spricht von einer Beteiligung am „Grund- oder Stammkapital“. Maßgeblich ist demnach die vermögensmäßige Beteiligung und nicht etwa die Höhe der Stimmrechte.3 Bereits in Rz. 143 wurde diesbezüglich darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Beteiligung begrifflich nur bei KapGes. (AG, SE, KGaA und GmbH), nicht hingegen bei Körperschaften ohne Mitgliedschaftsrechte (zB Verein, Stiftung) möglich ist. Dennoch ist umstritten, ob auch Körperschaften ohne Mitgliedschaftsrechte von der Norm erfasst sind (das ist uE abzulehnen, s. Rz. 144).
149
Der Anteilseigner muss am Grund- oder Stammkapital „beteiligt“ sein. Nach zutreffender Auffassung ist dies nicht streng zivilrechtlich zu verstehen, maßgebend ist vielmehr das wirtschaftliche Eigentum.4
150
Die Beteiligung kann nach § 8a Abs. 2 KStG „unmittelbar oder mittelbar“ sein. Eine Beteiligung kann in diesem Sinne über eine (oder mehrere) zwischengeschaltete Kapital- oder Personengesellschaft(en) vermittelt werden.5 Unmittelbare und mittelbare Beteiligungen sind zusammenzurechnen.6 Unter Geltung des § 8a KStG aF hat die FinVerw. aus dem Begriff „Anteilseigner“ allerdings abgeleitet, dass eine ausschließlich mittelbare Stellung nicht genüge, dass hierfür also immer (auch) eine unmittelbare Beteiligung erforderlich sei.7 Für § 8a Abs. 2 KStG vertritt sie hingegen die Auffassung, dass auch eine ausschließlich mittelbare Beteiligung ausreichend ist.8
151
§ 8a Abs. 2 KStG fordert eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von „mehr als einem Viertel“. Hierbei ist – wie bereits erwähnt – die vermögensmäßige Beteiligung maßgeblich (s. Rz. 148). Eigene Anteile der KapGes. sind bei der Ermittlung der Beteiligungsquote zu kürzen.9
152
In Fällen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft gilt der Organkreis als ein Betrieb (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG; vgl. hierzu § 15 KStG Rz. 106 ff.). Nach zutreffender Ansicht muss deshalb die wesentliche Beteiligung iSd. § 8a Abs. 2 KStG im Verhältnis zum OT bestehen.10 Organkreisinterne Finanzierungen sind für Zwecke des § 8a Abs. 2 KStG unbeachtlich.11
153
Die Stellung als wesentlich beteiligter Anteilseigner kann unterjährig begründet werden bzw. unterjährig wegfallen. In diesen Fällen sind die Zinsaufwendungen für Zwecke des § 8a Abs. 2 KStG nur zeitanteilig insoweit zu berücksichtigen, als sie auf einen Zeitraum entfallen, in dem die Stellung als wesentlich beteiligter Anteilseigner vorliegt.12 1 Hinweis zB auf die entsprechende Wortwahl bei BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 79; s. auch Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 2 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 3 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 4 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 5 Vgl. für zwischengeschaltete Personengesellschaften Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20 (unter Hinweis darauf, dass dies in § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG aF klarer gefasst war). 6 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 81; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 19; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20; aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 100 (keine Zusammenrechnung). 7 Vgl. BMF v. 15.7.2004 – IV A 2 - S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593 Rz. 8. 8 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 81. 9 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 10 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 11 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20. 12 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 53; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 105; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 20; Schwedhelm in Streck8, § 8a KStG Rz. 44.
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D. Einschrnkungen des Stand-alone-Escape (Abs. 2)
Rz. 154–158 § 8a
3. Nahestehende Person Der Wortlaut des § 8a Abs. 2 Alt. 2 KStG stellt auf eine „diesem“ nahestehende Person ab. Dieses Wort bezieht sich uE (nur) auf den unmittelbar voranstehenden Fall des wesentlich beteiligten Anteilseigners. Das Nahestehen iSd. § 8a Abs. 2 Alt. 2 KStG ist somit ausschließlich im Verhältnis zwischen dem Fremdkapitalgeber und dem wesentlich beteiligten Anteilseigner zu prüfen. Ein Nahestehen zwischen Fremdkapitalgeber und Rückgriffsberechtigtem reicht hingegen nach zutreffender Auffassung nicht aus.1 Dies zeigt auch ein Blick in § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG, wo der rückgriffsberechtigte Fremdkapitalgeber ausdrücklich in Beziehung zu den beiden vorangehenden Alternativen (wesentlich beteiligter Anteilseigner und Nahestehender) gesetzt wird. Für die Alt. 2 (des Nahestehenden) wählt § 8a Abs. 2 KStG gerade keine Bezugnahme auf die beiden anderen Alternativen. Aus der gesetzlichen Aufzählung folgt zugleich, dass Nahestehender nur diejenige Person sein kann, die selbst nicht wesentlich beteiligter Anteilseigner iSd. § 8a Abs. 2 Alt. 1 KStG ist.2
154
Bezogen auf den Rechtsbegriff der „nahestehende(n) Person“ verweist § 8a Abs. 2 Alt. 2 155 KStG auf die entsprechende Definition in § 1 Abs. 2 AStG. Dieser Verweis ist dynamisch ausgestaltet, verweist also auf § 1 Abs. 2 AStG in der jeweils geltenden Fassung. Der Begriff „Person“ wird hierbei ohne weitere personelle Einschränkungen verwendet und dürfte somit – wie auch generell in § 1 Abs. 2 AStG3 – weit zu verstehen sein und damit zB natürliche und juristische Personen unabhängig davon erfassen, ob sie Steuerinländer oder -ausländer sind. Das „Nahestehen“ ergibt sich ebenfalls (ausschließlich) aus den Vorgaben des § 1 Abs. 2 AStG.4 Aus der Maßgeblichkeit des § 1 Abs. 2 AStG ergibt sich zB, dass Angehörige iSd. § 15 AO nicht automatisch Nahestehende iSd. § 8a Abs. 2 Alt. 2 KStG iVm. § 1 Abs. 2 AStG sind.5 Das Abstellen auf § 1 Abs. 2 AStG führt auch dazu, dass das Upstream-Darlehen einer Tochtergesellschaft als Darlehen einer nahestehenden Person zu qualifizieren ist.6 Bei einer unterjährigen Begründung bzw. einem unterjährigen Wegfall des Nahestehens sind die Zinsaufwendungen für Zwecke des § 8a Abs. 2 KStG zeitanteilig zu berücksichtigen.7
156
4. Rückgriffsberechtigter Dritter § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG bezieht sich personell auf einen „Dritten“. Auch insoweit enthält die 157 Norm keine personellen Einschränkungen. Dritter in diesem Sinne können daher sowohl natürliche als auch juristische Personen8 unabhängig davon sein, ob sie Steuerinländer oder -ausländer sind. „Dritter“ kann jedenfalls nicht derjenige sein, der bereits unter § 8a Abs. 2 Alt. 1 oder 2 KStG zu fassen ist. Nach wohl überwiegender Auffassung schließt die Anteilseignerstellung eine Qualifizierung als „Dritter“ aber nur dann aus, wenn dieser wesentlich beteiligt ist (maW kann Dritter auch der nicht wesentlich beteiligte Anteilseigner sein).9 Nach dem Wortlaut des § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG muss dieser Dritte auf „den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person“ zurückgreifen können. Hiernach muss sich der Rückgriff auf die in der 1. und 2. Alt. des § 8a Abs. 2 KStG genannten Personen beziehen.10 Ein Rückgriff auf eine Person, die lediglich dem Darlehensgeber nahesteht, ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht erfasst.11 Fraglich ist, ob ein mittelbarer Rückgriff von § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG erfasst wird. Dies betrifft Situationen, wo der Darlehensgeber auf eine andere dritte Person zurückgreifen kann, die ihrerseits auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder eine diesem na-
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11
Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 21. Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 21. Vgl. zur Person iSd. § 1 Abs. 2 AStG zB Wassermeyer in F/W/B, § 1 AStG Rz. 826. Vgl. ausführlich hierzu zB Wassermeyer in F/W/B, § 1 AStG Rz. 826 ff. Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 21. Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 56; Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 114; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 24. Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 59; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 21. Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 247. Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 116 mwN; aA Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 22. Auch hier ist aus der gesetzlichen Reihenfolge der Aufzählung ein Subsidiaritätsverhältnis abzuleiten. Demnach kann rückgriffsberechtigter Dritter nur derjenige sein, der nicht schon wesentlich beteiligter Anteilseigner (§ 8a Abs. 2 Alt. 1 KStG) oder Nahestehender (§ 8a Abs. 2 Alt. 2 KStG) ist; vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 247. Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 248.
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§ 8a Rz. 158–159
Zinsschranke
hestehende Person zurückgreifen kann. Nach im Ergebnis zutreffender Ansicht1 sind solche mittelbaren Rückgriffsfälle vom Wortlaut des Gesetzes nicht erfasst, denn dieses erfordert einen Rückgriff auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person. Begrifflich könnte auch die darlehensnehmende Körperschaft als dem wesentlich beteiligten Anteilseigner nahestehende Person anzusehen sein. Der darlehensgebende Dritte hat auf diese darlehensnehmende Gesellschaft einen originären Zugriff aus dem Darlehensverhältnis und es stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um einen Rückgriff iSd. § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG handelt. Wäre dies zu bejahen, so wäre jegliche Fremdfinanzierung durch Dritte zugleich eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung iSd. § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG mit der Folge, dass der Stand-alone-Escape im Bereich des KStG leerlaufen würde. Dieses Ergebnis widerspräche zumindest dem Normtelos, indem unterstellt würde, dass § 8a Abs. 2 KStG jegliche Drittfinanzierung erfassen wolle. Dies ist uE auch nicht aus dem Wortlaut der Norm abzuleiten. Der Dritte hat aus dem Darlehensverhältnis einen unmittelbaren Anspruch und nicht lediglich einen Anspruch, auf den man „zurückgreifen“ kann (maW: der unmittelbare Anspruch macht kein „Zurückgreifen“ erforderlich). Somit ist der wohl hM2 im Ergebnis zuzustimmen, wonach die darlehensnehmende Körperschaft allein nicht dazu führt, dass deren Fremdkapitalgeber zwangsläufig als rückgriffsberechtigter Dritter zu qualifizieren ist. Eine Tochterkapitalgesellschaft der darlehensnehmenden Körperschaft ist begrifflich ebenfalls eine dem wesentlich beteiligten Anteilseigner nahestehende Person. Kann der Darlehensgeber auf diese zurückgreifen, so wird dies vom Wortlaut des § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG – uE teloswidrig – erfasst.3 159
Das wichtigste, zugleich aber auch am wenigsten bestimmte Merkmal des § 8a Abs. 2 KStG ist das Erfordernis, dass der Dritte auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder den Nahestehenden „zurückgreifen kann“. Das Gesetz bietet für die Auslegung dieses Kriteriums keine weitergehenden Anhaltspunkte. Es wurde im Wesentlichen bereits in § 8a KStG aF verwendet. Hierbei hat sich die Auslegung durch die FinVerw. im Zeitablauf mehrfach geändert. –
Bereits § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG idF des StandOG v. 13.9.1993 (vgl. Rz. 28) wies nur auf das Merkmal hin, dass der Dritte „zurückgreifen kann“. Die FinVerw.4 legte dies wie folgt sehr weit aus: „Ein konkreter rechtlich durchsetzbarer Anspruch (zB aufgrund einer Garantieerklärung oder einer Bürgschaft), eine Vermerkpflicht in der Bilanz, eine dingliche Sicherheit (zB Sicherungseigentum, Grundschuld) oder eine harte oder weiche Patronatserklärung reichen für die Anwendung des § 8a KStG aus, sind aber nicht erforderlich. Es genügt bereits, wenn der Anteilseigner oder die ihm nahestehende Person dem Dritten gegenüber faktisch für die Erfüllung der Schuld einsteht. Insbesondere werden auch Gestaltungen erfasst, bei denen eine Bank der KapGes. ein Darlehen gewährt und der Anteilseigner seinerseits bei der Bank eine Einlage unterhält (sog. back-to-back-Finanzierung). Die Anwendung des § 8a KStG setzt eine Abtretung der Einlageforderung gegen die Bank nicht voraus. In Konzernfällen ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft einstehen muss, es sei denn, die Muttergesellschaft widerlegt diese Vermutung.“
–
§ 8a Abs. 1 Satz 2 KStG idF des Korb II-Gesetzes v. 22.12.2003 (vgl. Rz. 28) verwendete den vorgenannten Topos unverändert. Wahrscheinlich vor dem Hintergrund der mit der Ausdehnung des § 8a KStG aF auf reine Inlandssachverhalte verbundenen extremen Erweiterung des Anwendungsbereichs der Norm hat die FinVerw.5 das „zurückgreifen kann“ jedoch einschränkend ausgelegt: „Vergütungen für Fremdkapital, die die KapGes. an einen Dritten zahlt, sind unter den Voraussetzungen der §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 8a KStG verdeckte Gewinnausschüttungen, soweit der Dritte (zB als Sicherungsnehmer) auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person zurückgreifen kann, weil ein rechtlicher Anspruch (zB aufgrund einer Garantieerklärung, Patronatserklärung oder einer Bürgschaft) oder eine dingliche Sicherheit (zB Sicherungseigentum, Grundschuld) besteht.“
1 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 249. 2 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 250; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 22. 3 Für eine Schädlichkeit des Rückgriffs auf eine Tochterkapitalgesellschaft des Darlehensnehmers vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 251. 4 BMF v. 15.12.1994 – IV B 7 - S 2742a - 63/94, BStBl. I 1995, 25 Rz. 21 f. 5 BMF v. 15.7.2004 – IV A 2 - S 2742a - 20/04, BStBl. I 2004, 593.
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D. Einschrnkungen des Stand-alone-Escape (Abs. 2)
Rz. 159–161 § 8a
Diese verglichen mit der Vorgängerregelung schon engere Auslegung wurde von der FinVerw.1 noch weiter eingeengt: „§ 8a Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 KStG ist grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte gerichtet, in denen der Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person eine Kapitalforderung besitzt und über diese aus Anlass der Darlehensgewährung eine Verfügungsbeschränkung zugunsten des rückgriffsberechtigten Darlehensgebers getroffen wird.“
–
Zum geltenden § 8a Abs. 2 (und Abs. 3) KStG vollzieht die FinVerw.2 nun wieder eine „Rolle rückwärts“ zu einer sehr weiten Auslegung des Passus „zurückgreifen kann“: „Ein konkreter rechtlich durchsetzbarer Anspruch (zB aufgrund einer Garantieerklärung oder einer Bürgschaft), eine Vermerkpflicht in der Bilanz, eine dingliche Sicherheit (zB Sicherungseigentum, Grundschuld) oder eine harte bzw. weiche Patronatserklärung vermögen einen Rückgriff im Sinne der Tz. 79 f. zu begründen, sind hierfür aber nicht erforderlich. Es genügt bereits, wenn der Anteilseigner oder die ihm nahestehende Person dem Dritten gegenüber faktisch für die Erfüllung der Schuld einsteht. Insbesondere werden auch Gestaltungen erfasst, bei denen eine Bank der KapGes. ein Darlehen gewährt und der Anteilseigner seinerseits bei der Bank eine Einlage unterhält (sog. Back-to-back-Finanzierung); die Abtretung der Einlageforderung an die Bank ist nicht Voraussetzung. Auch die Verpfändung der Anteile an der fremdfinanzierten Gesellschaft begründet einen Rückgriff.“
Eine gewisse Renaissance erlebt die enge Rückgriffsdefinition der FinVerw. zu § 8a KStG idF des Korb II-Gesetzes derzeit auch insoweit, als die FinVerw. auf verfassungsrechtliche Zweifel gestützte AdV-Anträge nur in Rückgriffsfällen, in denen keine Back-to-back-Finanzierung vorliegt, positiv bescheiden will. Hierbei definiert die FinVerw. die Back-to-back-Finanzierung anhand der Rückgriffsdefinition zu § 8a KStG idF des Korb II-Gesetzes.3 In diesem Zusammenhang sei zunächst der Hinweis erlaubt, dass es wenig überzeugend ist, wenn die FinVerw. Normen mit vergleichbarer Zielsetzung, eng verknüpfter Historie (s. Rz. 28) und demselben Wortlaut („zurückgreifen kann“) im Zeitablauf mäanderhaft auslegt (zunächst weit, dann eng und nunmehr wieder weit).4 Zwar können für ein solches Vorgehen gewiss Praktikabilitätserwägungen ins Feld geführt werden.5 Rechtstechnisch gibt es aber keinen Grund für eine sich ändernde Auslegung (es wäre demgegenüber überzeugender, wenn der Gesetzgeber klarere Vorgaben in das Gesetz aufnehmen würde).6
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Vergleicht man die Auslegung des Passus „zurückgreifen kann“ im Zeitablauf (s. Rz. 159), so zeigt sich, dass es im Wesentlichen eine faktische und eine rechtliche Sichtweise gibt. Die faktische Sichtweise wurde von der FinVerw. zu § 8a KStG idF des StandOG 1993 und wird von ihr nunmehr auch zum geltenden § 8a Abs. 2 (und Abs. 3) KStG vertreten. Demnach muss der Rückgriffsberechtigte nicht die rechtliche Möglichkeit eines Rückgriffs auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder den Nahestehenden haben. Es ist vielmehr ausreichend, wenn ein solcher Rückgriff faktisch gegeben ist. Für § 8a KStG idF des Korb II-Gesetzes hat sich die FinVerw. hingegen für eine rechtliche Sichtweise entschieden. Danach erfordert der Passus „zurückgreifen kann“, dass der potenziell Rückgriffsberechtigte einen rechtlichen Rückgriff auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner vornehmen kann. Ein lediglich faktischer Rückgriff ist dabei nicht ausreichend.
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BMF v. 22.7.2005 – IV B 7 - S 2742a - 31/05, BStBl. I 2005, 829 Rz. 1. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 83. OFD NRW v. 11.7.2013 – S 2742a - 2003 - St 137, DB 2013, 1580. UE handelt es sich bei den og. Verwaltungsverlautbarungen um Auslegungen des jeweils geltenden § 8a KStG (glA zB Rödder/Schumacher, DStR 2004, 1449 [1453]; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/ Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 [498]). Soweit hingegen die Verwaltungsauffassung zu § 8a KStG idF des Korb II-Gesetzes als Billigkeitsregelung verstanden wurde (so zB Neumann/Stimpel, GmbHR 2004, 1443 [1444]), ist dem nicht zu folgen. Die Verlautbarungen enthalten keinerlei Hinweise darauf, dass es sich um eine Billigkeitsmaßnahme nach den §§ 163, 227 AO handelt. Es ist auch zu vermuten, dass die FinVerw. selbst diese Verlautbarungen als Ergebnis einer Auslegung iRd. regulären Steuerfestsetzung und nicht über hiervon verfahrensrechtlich zu trennende Billigkeitsmaßnahmen umgesetzt hat (zu den verfahrensrechtlichen Besonderheiten bei Billigkeitsverfahren – zB kein Vorbehalt der Nachprüfung, grds. keine Entscheidungsbefugnis der Finanzbehörden für Billigkeitsmaßnahmen in der GewSt, behördeninterne Verpflichtung zur Vorlage an Oberbehörden bzw. BMF ab einer bestimmten Größenordnung – s. zB Stangl in R/H/vL, § 22 UmwStG Rz. 57a ff.). 5 § 8a KStG idF des StandOG 1993 hatte wegen der Beschränkung auf grenzüberschreitende Fälle bezogen auf die Anzahl der betroffenen Stpfl. einen volumenmäßig begrenzten Anwendungsbereich. Gleiches dürfte vor dem Hintergrund der Freigrenze auch für die Zinsschranke gelten. § 8a KStG idF des Korb IIGesetzes hatte durch seinen Einbezug von reinen Inlandsfällen und einer vergleichsweise geringen DeMinimis-Grenze (Vergütungen für Fremdkapital bis 250 000 Euro; vgl. § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG idF des Korb II-Gesetzes) einen volumenmäßig erheblich erweiterten Anwendungsbereich. 6 Vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (497).
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§ 8a Rz. 162–164
Zinsschranke
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UE ist iRd. § 8a Abs. 2 (und Abs. 3) KStG de lege lata1 der rechtlichen Sichtweise zu folgen.2 Zwar geht die Gesetzesbegründung von einer weiten faktischen Rückgriffsdefinition aus.3 Der Wortlaut des Gesetzes spricht hingegen nicht zwingend für eine solche faktische Rückgriffsdefinition, sondern kann durchaus – wie auch die Finanzverwaltungsauffassung zum Rückgriff iSd. § 8a KStG idF des Korb II-Gesetzes (s. hierzu Rz. 159) zeigt – iSd. rechtlichen Sichtweise ausgelegt werden.4 Teleologisch schießt eine faktische Rückgriffsdefinition zudem über den mit § 8a Abs. 2 KStG verfolgten Zweck (Missbrauchsvermeidung, vgl. Rz. 3 ff.) hinaus.5 Eine rechtliche Rückgriffsdefinition erscheint hier zielkonformer und treffgenauer. Auch die historischen Wurzeln des Rückgriffsbegriffs im Wertpapier- und Kreditsicherungsrecht sprechen für eine rechtliche Sichtweise.6
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Zu den von § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG erfassten rechtlichen Rückgriffsmöglichkeiten gehören schuldrechtliche Ansprüche, wie zB die Garantieerklärung, die Bürgschaft7 oder die harte Patronatserklärung.8 Ebenfalls erfasst sind dingliche Sicherheiten wie Sicherungseigentum und Grundschuld.9 Von der rechtlichen Rückgriffsmöglichkeit wird – uE teloswidrig, da nicht missbrauchsaffin – auch die Verpfändung der Anteile an der darlehensnehmenden KapGes. durch den an ihr wesentlich beteiligten Anteilseigner erfasst.10 Die allgemeine Verlustausgleichsverpflichtung aus einem Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag sollte hingegen nicht als Rückgriff zu werten sein, weil sie nicht dem Darlehensgeber, sondern der darlehensnehmenden KapGes. einen rechtlichen Anspruch gewährt.11
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Zu den nach Ansicht der FinVerw. ebenfalls von § 8a Abs. 2 Alt. 3 KStG erfassten faktischen Rückgriffsmöglichkeiten gehören zB die weiche Patronatserklärung und Situationen, in denen der wesentlich beteiligte Anteilseigner bei der darlehensgebenden Bank ein Einlagekonto unterhält (auch wenn dieses nicht verpfändet oÄ ist).12 Nach Ansicht der FinVerw. reicht selbst der sog. Konzernrückhalt aus, also Situationen, in denen der darlehensgebende Dritte schlicht die Erwartung (Hoffnung) hat, dass der wesentlich beteiligte Anteilseigner „im Falle eines Falles“ für die darlehensnehmende KapGes. auch ohne rechtliche Verpflichtung einspringen wird.13
1 De lege ferenda ist auch die rechtliche Sichtweise abzulehnen. Denn selbst unter Verwendung dieser Sichtweise führt § 8a Abs. 2 KStG dazu, dass Fälle aus dem Stand-alone-Escape ausgeschlossen werden, die nicht „missbrauchsaffin“ oÄ sind. Exemplarisch sei nur auf den Sachverhalt hingewiesen, der dem Beschluss des BFH v. 13.3.2012 (I B 111/11, BStBl. II 2012, 611 = FR 2012, 573 = GmbHR 2012, 646 m. Anm. Wiese) zugrunde lag. Die stark überschießende Tendenz des Rückgriffstatbestands ist ein Punkt, der gerade zu verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Zinsschranke führt (vgl. hierzu Rz. 21 ff.). 2 Im Ergebnis glA bzw. ähnlich Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 64; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 254; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 22; Töben, FR 2007, 739 (744). Nach aA ist ein faktischer Rückgriff ausreichend; vgl. Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 25 f. 3 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 75: „Ein Rückgriff in diesem Sinne ist bereits dann möglich, wenn der Anteilseigner oder die ihm nahestehende Person dem Dritten gegenüber faktisch für die Erfüllung der Schuld einsteht. Insbesondere werden auch Gestaltungen erfasst, bei denen eine Bank der KapGes. ein Darlehen gewährt und der Anteilseigner seinerseits bei der Bank eine Einlage unterhält (sog. Back-to-backFinanzierung). Die Annahme einer Gesellschafterfremdfinanzierung setzt die Abtretung einer Einlageforderung gegen die Bank nicht voraus. Für die Bejahung des Rückgriffs reichen ein konkreter, rechtlich durchsetzbarer Anspruch (zB aufgrund einer Garantieerklärung oder einer Bürgschaft), eine Vermerkpflicht in der Bilanz, eine dingliche Sicherheit (zB Sicherungseigentum, Grundschuld) oder eine harte oder weiche Patronatserklärung zwar aus, sie sind aber nicht erforderlich.“ 4 UE sprechen darüber hinaus gute Gründe dafür, dass entsprechend der Verwaltungsauffassung zu § 8a KStG idF des Korb II-Gesetzes neben dem rechtlichen Rückgriff auch das Unterhalten von Einlagen etc. bei dem darlehensgebenden Dritten gefordert wird, vgl. Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 37 und 53; Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259 (2261); Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (498); aA Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 126; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 256. 5 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (497 f.). 6 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 22. 7 Vgl. hierzu auch den Sachverhalt bei BFH v. 13.3.2012 – I B 111/11, BStBl. II 2012, 611 = FR 2012, 573 = GmbHR 2012, 646 m. Anm. Wiese. 8 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 252. 9 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 252. 10 Vgl. zur Erfassung als Rückgriff Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 253. 11 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 22. 12 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 254 f. 13 AA – aus den in Rz. 162 genannten Gründen zu Recht – zB Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 257.
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Rz. 165–170 § 8a
D. Einschrnkungen des Stand-alone-Escape (Abs. 2)
Für die Gewährträgerhaftung enthält § 34 Abs. 4 KStG eine Sonderregelung. Danach ist § 8a Abs. 2 (und Abs. 3) KStG nicht anzuwenden, wenn die Rückgriffsmöglichkeit des Dritten allein auf der Gewährträgerhaftung einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Einrichtung des öffentlichen Rechts gegenüber den Gläubigern eines Kreditinstituts für Verbindlichkeiten beruht, die bis zum 18.7.2001 vereinbart waren; Gleiches gilt für bis zum 18.7.2005 vereinbarte Verbindlichkeiten, wenn deren Laufzeit nicht über den 31.12.2015 hinausgeht.
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Nach Auffassung der FinVerw.1 erfüllen Körperschaften des öffentlichen Rechts und steuerbefreite Einrichtungen iSd. § 5 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch die Gewährung von Bürgschaften und anderen Sicherheiten bei der Finanzierung von Gesellschaften, an denen sie zu mindestens 50 % unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligt sind, nicht die Voraussetzungen einer Gesellschafterfremdfinanzierung nach § 8a KStG, es sei denn, es handelt sich um eine Gestaltung, bei der der rückgriffsberechtigte Dritte der KapGes. ein Darlehen gewährt und die Körperschaft des öffentlichen Rechts ihrerseits gegen den Dritten oder eine diesem nahestehende Person eine Forderung hat, auf die der Dritte zurückgreifen kann. Entsprechendes soll im Fall einer gesamtschuldnerischen Mithaftung der öffentlichen Hand gelten. Die FinVerw. beruft sich darauf, dass die öffentliche Hand mit ihren wirtschaftlichen Betätigungen regelmäßig Aufgaben der Daseinsvorsorge im Rahmen gesetzlicher Vorgaben erfüllt und regelmäßig einer Aufsicht unterliegt.
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Bei einer unterjährigen Begründung oder einem unterjährigen Wegfall der Rückgriffsmöglichkeit sind die entsprechenden Vergütungen für FK nur zeitanteilig zu berücksichtigen, soweit sie auf den Zeitraum entfallen, in dem die Rückgriffsmöglichkeit bestand.2
167
Bezieht sich die Rückgriffsmöglichkeit nur auf einen Teil des Darlehens, so sollte nach zutreffender Auffassung auch nur ein Teil der Vergütungen für FK iSd. 10 %-Grenze zu beachten sein.3 Während hierfür auf Basis des rechtlichen Rückgriffsverständnisses (vgl. hierzu Rz. 162) eine klare Unterscheidung möglich ist, fällt dies auf Basis eines faktischen Rückgriffsverständnisses (vor allem im Hinblick auf den Konzernrückhalt; vgl. Rz. 164) schwerer.
168
V. 10 %-Grenze 1. Überblick IRd. 10 %-Grenze ist zu prüfen, ob die Vergütungen für FK an den in Rz. 145 ff. näher erläuterten Personenkreis (Vergleichsgröße I) nicht mehr als 10 % der „die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft iSd. § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes“ (Vergleichsgröße II) betragen. Dieser Vergleich lässt sich wie folgt darstellen:4
Vergütung für FK an schädliche FK-Geber (Vergleichsgröße I)
L
169
die Zinserträge übersteigende Zinsaufwendungen der Körperschaft (Vergleichsgröße II) 10
Die Vergleichsgröße I ist als Bruttogröße ausgestaltet (s. Rz. 174), während die Vergleichsgröße II eine Nettogröße ist (s. Rz. 180), dh., nur Letztere wird um die Zinserträge gekürzt. Dies führt dazu, dass die 10 %-Grenze schneller überschritten wird.5 Dieser Vergleich wird zu Recht kritisiert. Es wäre sachgerechter, wenn beide Größen als Bruttogrößen ausgestaltet wären.6 Denn soweit generell Zinserträge vorhanden sind, sollte nicht von einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung auszugehen sein. Wenn man schon nicht einheitlich Bruttogrößen verwenden will, so wäre es zumindest angebracht, auch bei der Vergleichsgröße I die Zinserträge, die mit dem wesentlich beteiligten Anteilseigner, Naheste-
1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 93. 2 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 67; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 261; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23. 3 Vgl. OFD Koblenz v. 27.4.2009 – S 2742a A - St 33 1, DB 2009, 1964; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 261; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (498). 4 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (498); vgl. ähnlich zB auch Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 70; Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 28. 5 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (498). 6 Vgl. Förster, Stbg 2007, 559 (567); Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 58; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 177; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23.
Stangl
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170
§ 8a Rz. 170–175
Zinsschranke
henden bzw. Rückgriffsberechtigten erzielt werden, von den Vergütungen für FK abzuziehen (Vergleich von Nettogrößen). Denn zumindest soweit sich bei diesem Personenkreis Zinsaufwendungen und Zinserträge gegenüberstehen, besteht kein Verdacht auf eine missbräuchliche Finanzierung. 171
Die 10 %-Grenze ist grds. wirtschaftsjahrbezogen zu prüfen.1 2. Vergütung für Fremdkapital (Vergleichsgröße I)
172 Die Vergütungen für FK iSd. Vergleichsgröße I bestimmen sich nach zutreffender Auffassung anhand der Zinsaufwandsdefinition des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG.2 Zwar ist dies aus dem Wortlaut der Norm nicht klar ersichtlich.3 Es ist aber nicht ersichtlich, dass für die Vergütungen für FK eine andere Definition als die allgemeine Zinsaufwandsdefinition der Zinsschranke gelten sollte, die auch bei der Vergleichsgröße II einschlägig ist (s. hierzu Rz. 178; vgl. zur Besonderheit bei Auslandszinsen Rz. 173). Insoweit kann auf die entsprechenden Ausführungen in Rz. 60 f. verwiesen werden. Der Wortlaut des § 8a Abs. 2 KStG stellt auf „Vergütungen auf Fremdkapital“ ab und orientiert sich dabei an der Wortwahl des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG („Zinsaufwendungen sind Vergütungen für Fremdkapital …“). Damit ist die Erweiterung der Zinsaufwandsdefinition in § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG („Auf- und Abzinsung … führen ebenfalls zu Zinserträgen oder Zinsaufwendungen“) iRd. Vergleichsgröße I nicht anzuwenden4 (anderenfalls müsste § 8a Abs. 2 KStG bei der Vergleichsgröße I – wie bei der Vergleichsgröße II – von Zinsaufwendungen iSd. § 4h Abs. 3 EStG und nicht von Vergütungen für FK sprechen). 173
Nach vermutlicher Ansicht der FinVerw. sind iRd. Vergleichsgröße I Zinsaufwendungen unabhängig davon zu betrachten, ob sie sich auf den inländischen oder ausländischen Gewinn der Körperschaft auswirken.5 Diese Auffassung ist kritikwürdig.6 Unter teleologischen Gesichtspunkten sind Zinsaufwendungen, die den inländischen Gewinn nicht mindern, nicht „missbrauchsaffin“ und sollten demzufolge nicht als Bestandteil einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung zu sehen sein. Unter systematischen Gesichtspunkten ist außerdem zu beachten, dass bei der Vergleichsgröße II nur diejenigen Zinsaufwendungen und -erträge zu erfassen sind, die den Gewinn (bzw. das Einkommen) gemindert bzw. erhöht haben (vgl. Rz. 179). Dann ist es aber auch geboten, bei der Vergleichsgröße I entsprechend zu verfahren.
174
Die Vergleichsgröße I ist – im Gegensatz zur Vergleichsgröße II (s. Rz. 180) – als Bruttogröße ausgestaltet, da sie nur auf Zinsaufwendungen abstellt, ohne diese mit Zinserträgen zu saldieren (zur Kritik hieran vgl. Rz. 170).
175
Aus dem Wortlaut der Norm ist nicht klar erkennbar, ob die Vergleichsgröße I für die gesamte Körperschaft oder für den einzelnen Betrieb zu ermitteln ist. Teile des Schrifttums sprechen sich hierbei für die Maßgeblichkeit der Körperschaft aus.7 Dies hat zur Folge, dass bei einem ertragsteuerlichen Organkreis – der als ein Betrieb gilt (§ 15 Satz 1 Nr. 3 KStG) – OT und OG isoliert zu betrachten sind. Unter teleologischen und systematischen Gesichts-
1 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 77; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 198 und 212; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 103a; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23. In den Fällen des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG ist ausnahmsweise auf das Kj. (VZ) abzustellen; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 103a (vgl. allgemein auch Rz. 124). 2 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 71; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 193; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (498); weiter hingegen Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 16. 3 § 8a Abs. 2 KStG verweist zwar auf § 4h Abs. 3 EStG. Es ist aber nicht klar ersichtlich, ob sich dieser Verweis auf die vorgenannte „Körperschaft“ oder auf die davor genannten, die „Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen“ und/oder auch auf die davorstehenden „Vergütungen für Fremdkapital“ beziehen. 4 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 71; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 196; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (498 f.); aA Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 103. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 82; vgl. dazu, dass aus der Rz. 82 des BMF-Schr. nicht klar hervorgeht, ob es sich nur um Aussagen zu § 8a Abs. 3 KStG und nicht auch um Aussagen zu § 8a Abs. 2 KStG handelt, Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 208. 6 Vgl. zB auch Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 72; aA im Ergebnis zB Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 16; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 102. 7 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 199; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23.
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Stangl
D. Einschrnkungen des Stand-alone-Escape (Abs. 2)
Rz. 175–178 § 8a
punkten wäre eine betriebsbezogene Auslegung uE angemessener,1 denn damit würde eine Homogenität des Bezugsobjekts der Zinsschranke mit dem Bezugsobjekt des § 8a Abs. 2 KStG erreicht. Folge einer solchen betriebsbezogenen Auslegung wäre, dass die Gesellschafterfremdfinanzierung für den Organkreis einheitlich zu prüfen wäre und organkreisinterne Finanzierungen ebenso wie organkreisinterne Sicherheiten nicht zu einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung führen könnten.2 Die Vergleichsgröße I stellt nur auf die Zinsaufwendungen ab, die an den in Rz. 145 ff. näher erläuterten Empfängerkreis – also wesentlich beteiligte Anteilseigner, Nahestehende oder Rückgriffsberechtigte – geleistet werden. Nach zutreffender Auffassung hat hierbei eine periodengerechte Zuordnung zu erfolgen, dh., es sind nur diejenigen Zinsaufwendungen zu erfassen, die aufwandsmäßig auf den Zeitraum entfallen, in dem der Empfänger die Voraussetzungen an einen wesentlich beteiligten Anteilseigner, einen Nahestehenden oder einen Rückgriffsberechtigten erfüllt (vgl. Rz. 145 ff.).3 Fraglich ist, ob hierbei sämtliche Zinsaufwendungen an wesentlich beteiligte Anteilseigner, Nahestehende oder Rückgriffsberechtigte zusammenzuzählen sind (Gesamtbetrachtung) oder ob hierbei jeder wesentlich beteiligte Anteilseigner (ggf. mit dem ihm Nahestehenden und die entsprechenden Rückgriffsberechtigten) isoliert zu betrachten ist (isolierte Betrachtung). Die FinVerw. spricht sich für eine Gesamtbetrachtung aus.4 Die gleiche Frage stellt sich auch bei § 8a Abs. 3 KStG, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen in Rz. 253 verwiesen wird, die bei § 8a Abs. 2 KStG entsprechend gelten.
176
Kommt es in einem Jahr zur Anwendung der Zinsschranke und sind hiervon auch Ver- 177 gütungen für FK iSd. Vergleichsgröße I betroffen, so gehen diese in den Zinsvortrag ein. Im nächsten Jahr stellt dieser Zinsvortrag wieder Zinsaufwand dar (vgl. § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG) und es stellt sich die Frage, ob die so temporal verschobenen Vergütungen für FK der Vorjahre im Vortragsjahr erneut bei der Bestimmung der Vergleichsgröße I zu beachten sind. Dafür fehlt uE eine Rechtsgrundlage (§ 8a Abs. 2 KStG spricht im Hinblick auf die Vergleichsgröße I ausdrücklich nur von den Vergütungen für Fremdkapital; § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG erklärt hingegen nur, dass der Zinsvortrag die Zinsaufwendungen der Folgejahre erhöht, die Fiktion erfasst ihrem Wortlaut nach nicht die Vergütungen für Fremdkapital).5 Nach aA6 sind hingegen solchermaßen vorgetragene Vergütungen für FK bei der Vergleichsgröße I in den Vortragsjahren zu beachten. Kommt es zu einem anteiligen Verbrauch des Zinsvortrags, stellt sich nach dieser Auffassung die Frage, inwieweit hierbei die Vergütungen für FK iSd. Vergleichsgröße I oder andere Zinsaufwendungen verbraucht wurden (Reihenfolgeproblem).7 3. Die die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen (Vergleichsgröße II) Nach zutreffender Auffassung8 bezieht sich der – in seiner technischen Ausgestaltung unglückliche9 – Verweis des § 8a Abs. 2 KStG auf § 4h Abs. 3 EStG auf die dortige Definition der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen nach § 4h Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG (s. hierzu Rz. 60 f.). Da auf den gesamten § 4h Abs. 3 EStG verwiesen wird, gilt bei der Vergleichsgröße II – im Gegensatz zur Vergleichsgröße I (s. Rz. 172) – auch die Erweiterung der Definition auf Auf- und Abzinsungen nach § 4h Abs. 3 Satz 4 EStG.10
1 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (512). Im Ergebnis würde dies auch nach Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 78 und Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 188 und 201, zumindest für Organschaftsfälle ein sachgerechteres Ergebnis sein. 2 Vgl. Köhler, DStR 2007, 597 (599); Töben/Fischer, BB 2007, 974 (976); vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (512). 3 Ebenso zB Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 103 mwN. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 82. Für eine isolierte Betrachtung hingegen zB Heuermann in Blümich, § 8a KStG Rz. 28. 5 Im Ergebnis glA Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 77; Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 50; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 197. 6 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23; Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259 (2262). 7 Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23, der sich für eine Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips ausspricht. 8 Vgl. Heuermann, DStR 2013, 1 (4); Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 23. 9 Der Verweis könnte für sich betrachtet auch darauf hindeuten, dass die unmittelbar vor dem Verweis erwähnte „Körperschaft“ anhand des § 4h Abs. 3 EStG zu bestimmen ist (vgl. Shou, Die Zinsschranke im Unternehmensteuerreformgesetz 2008, 2010, 93 f.). Dies wäre jedoch nicht sinnvoll, da der Begriff der „Körperschaft“ in § 4h Abs. 3 EStG nicht definiert ist. 10 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 73; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 209.
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§ 8a Rz. 179–183
Zinsschranke
179
Aus dem Verweis auf § 4h Abs. 3 EStG geht hervor, dass es sich bei Zinsaufwendungen nur um diejenigen Vergütungen für FK handelt, die den maßgeblichen Gewinn (bzw. das maßgebliche Einkommen) gemindert haben. Umgekehrt sind Zinserträge dann auch nur solche, die den maßgeblichen Gewinn (bzw. das maßgebliche Einkommen) erhöht haben. Dies bedeutet, dass in die Vergleichsgröße II dem Wortlaut nach nur Größen der inländischen Gewinnermittlung – und damit zB nicht Zinserträge/-aufwendungen einer Betriebsstätte in einem DBAFreistellungsstaat – eingehen. Bezieht man demgegenüber – wie wohl die FinVerw. – in- und ausländische Zinsen in die Vergleichsgröße I mit ein, führt dies dazu, dass die 10 %-Grenze (noch) schneller überschritten wird.1 Die FinVerw. geht aber wohl davon aus, dass unter Hinweis auf eine Folgerichtigkeit sowohl in der Vergleichsgröße I als auch in der Vergleichsgröße II sämtliche in- und ausländischen Zinsaufwendungen und -erträge zu erfassen sind.2 Sachgerechter wäre es demgegenüber, mit der hier vertretenen Auffassung in die Vergleichsgröße II und auch in die Vergleichsgröße I nur die bei der inländischen Gewinnermittlung abgezogenen Vergütungen für FK einzubeziehen (vgl. Rz. 173).
180
Die Vergleichsgröße II ist – im Gegensatz zur Vergleichsgröße I (s. Rz. 174) – als Nettogröße ausgestaltet, da sie nur auf den Saldo von Zinsaufwendungen und Zinserträgen abstellt. Zur Kritik hieran vgl. Rz. 170.
181
Der Wortlaut des § 8a Abs. 2 KStG stellt im Grundsatz auf eine Situation ab, in der die Zinsaufwendungen die Zinserträge übersteigen („die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen“). Fraglich ist, wie mit Situationen umzugehen ist, in denen umgekehrt die Zinserträge die Zinsaufwendungen übersteigen (Zinsertragssaldo).3 Diese Konstellation ist sowohl im Hinblick auf den Wortlaut der Norm als auch die dort angeordnete Vergleichsrechnung problematisch. Denkbar ist, dass in diesem Fall keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegt oder dass zwangsläufig eine solche zu bejahen ist.4 Letzteres wäre allerdings überschießend und nicht mit den grundsätzlichen Wertungen der Zinsschranke – die das Vorliegen von Zinserträgen positiv wertet und insoweit einen uneingeschränkten Zinsaufwandsabzug zulässt – vereinbar. Daher sollte uE im Falle eines Zinsertragssaldos keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorliegen können.5
182
Auch bei der Vergleichsgröße II ist unklar, ob sie bezogen auf die Körperschaft oder auf den Betrieb zu ermitteln ist (zum vergleichbaren Problem bei der Vergleichsgröße I s. Rz. 175). Jedenfalls sollte das Bezugsobjekt bei der Vergleichsgröße I und der Vergleichsgröße II identisch ausgelegt werden, um einen Vergleich von „Äpfeln mit Birnen“ zu vermeiden. Wenn also bei der Vergleichsgröße I auf die Körperschaft abgestellt wird (s. Rz. 175), so sollte bei der Vergleichsgröße II entsprechend verfahren werden.6 Dazu, dass uE eine betriebsbezogene Auffassung sachgerechter wäre, und zu den Problemen bei Organschaften kann auf die Ausführungen zur Vergleichsgröße I verwiesen werden (s. Rz. 175), die bei der Vergleichsgröße II entsprechend gelten.
183
Fraglich ist, ob ein Zinsvortrag – der nach § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG zu den Zinsaufwendungen des Vortragsjahrs zählt – im Vortragsjahr zu der Vergleichsgröße II zählt. Während es uE bei der Vergleichsgröße I an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehlt (vgl. Rz. 177), könnte dies bei der Vergleichsgröße II anders sein. Grund hierfür ist, dass § 8a Abs. 2 KStG bei der Vergleichsgröße II auf „Zinsaufwendungen“ abstellt und sich damit terminologisch mit § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG deckt. Dagegen spricht aber, dass nur Zinsaufwendungen iSd. § 4h Abs. 3 EStG angesprochen sind, was verweisungstechnisch § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG nicht umfasst. Daher spricht sich die wohl überwiegende Auffassung7 gegen eine Einbeziehung des Zinsvortrags in die Vergleichsgröße II aus.
1 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 208. 2 Vgl. den entsprechenden Hinweis bei Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 102. 3 Grundsätzlich stellt sich in diesen Situationen bereits dem Grunde nach kein Zinsschrankenproblem. Dies kann aber ausnahmsweise anders sein, wenn zB ein Zinsvortrag über § 4h Abs. 1 Satz 6 EStG im Vortragsjahr zu Zinsaufwendungen führt und der Zinsvortrag bei der Vergleichsgröße II nicht zu beachten ist (s. hierzu Rz. 183); vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 211. 4 Für die letztere Alternative wohl tendenziell Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 102 (allerdings mit Hinweis auf eine „[zugegebenermaßen ungewöhnlichen] Systematik des § 8a KStG“). 5 In diesem Sinne wohl auch Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 211. 6 Im Ergebnis ebenso Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 213. 7 Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 77; Förster in Gosch2, § 8a KStG Rz. 50; Mattern in Schnitger/ Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 210.
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E. Einschrnkungen des Eigenkapital-Escape (Abs. 3)
Rz. 184–190 § 8a
4. Beweislast der Körperschaft Da § 8a Abs. 2 KStG eine für den Stpfl. belastende Norm ist, müssten deren Voraussetzungen 184 grds. von der FinVerw. nachgewiesen werden. Hier sorgt der letzte Satzteil des § 8a Abs. 2 KStG aber für eine Beweislastumkehr:1 Der Stpfl. muss das Nichtvorliegen einer schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung nachweisen. Gelingt ihm dies nicht, kann er sich nicht auf den Stand-alone-Escape des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG berufen. Die Nachweisverpflichtung bezieht sich auf alle personellen und sachlichen Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 KStG.2 Liegen keine wesentlich beteiligten Anteilseigner vor, muss es ausreichend sein, dies nachzuweisen. Denn wenn es keine wesentlich beteiligten Anteilseigner gibt, kann es auch keine Nahestehenden und Rückgriffsberechtigten geben und eine Berechnung der 10 %-Grenze erübrigt sich.
185
Für den Nachweis gelten die allgemeinen Grundsätze für Beweismittel (§§ 92 ff. AO).3 Hierbei wäre es überzogen, einen Negativnachweis in dem Sinne zu fordern, dass für sämtliche Vergütungen für FK nachgewiesen werden müsste, dass sie keine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung sind. Ausreichend sollte nach zutreffender, wohl hM4 sein, wenn positiv nachgewiesen wird, dass beim Vorliegen eines wesentlich beteiligten Anteilseigners in Bezug auf diesen keine schädliche Fremdfinanzierung vorliegt.
186
Der Beweis wird regelmäßig mit Einreichung der Steuererklärung erbracht. Er kann aber auch bis zur Bestandskraft des einschlägigen Steuerbescheids nachgeholt werden (ggf. auch Änderung über § 173 AO)5.6
187
Die Beweiserbringung kann faktisch problembehaftet sein. So ist es der von der Zins- 188 schranke betroffenen Körperschaft nicht ohne Weiteres möglich, den Kreis der wesentlich beteiligten Anteilseigner zu bestimmen (insbesondere unter Berücksichtigung der mittelbaren Beteiligungsverhältnisse). Noch schwieriger wird es, ausreichende Informationen über Nahestehende und Rückgriffsberechtigte zu bekommen. Hier empfiehlt es sich, schon bei der Darlehensaufnahme entsprechende Regelungen zu treffen, die sodann der darlehensnehmenden Körperschaft die Beweisführung ermöglichen. Zu dem Umstand, dass eine fehlende Beweiserbringung in den Fällen eines den negativen Zinssaldo übersteigenden verrechenbaren EBITDA trotz des § 4h Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 EStG uE – wohl entgegen der Auffassung der FinVerw. – zum Entstehen eines EBITDA-Vortrags führt, s. Rz. 40.
189
E. Einschränkungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG (Eigenkapital-Escape) (Abs. 3) I. Überblick über § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG 1. Allgemeines Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG ist die Grundregel der Zinsschranke in § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht anzuwenden, wenn der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich). Gem. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG ist eine EK-Differenz von bis zu 2 % unschädlich (sog. Toleranzgrenze). Sätze 3 bis 7 des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG enthalten genauere Regelungen zur Durchführung des Eigenkapital-Escape. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 8 bis 13 EStG definieren dann näher, nach welchen Rechnungslegungsstandards der Eigenkapital-Escape durchzuführen ist und wie die entsprechenden Ergebnisse dieser Standards in den EigenkapitalEscape zu übernehmen sind. Die Sätze 14 bis 16 des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG enthalten schließlich Regelungen für einen Zuschlag in den Fällen unrichtiger Abschlüsse.
1 2 3 4 5 6
Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 79; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 24. Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 24. Vgl. Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 24. Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 264; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 24. Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 264. Vgl. Dörfler in Erle/Sauter3, § 8a KStG Rz. 81; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 264; Prinz in H/H/R, § 8a KStG Rz. 24; Schwedhelm in Streck8, § 8a KStG Rz. 45.
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§ 8a Rz. 191–194
Zinsschranke
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§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG ist grds. auch im Bereich der KSt anzuwenden, wobei dessen Anwendung über § 8a Abs. 3 KStG bedeutende Ausnahmen erfährt (vgl. bereits Rz. 69).
192
Buchst. c des § 4h Abs. 2 Satz 1 EStG ist – ebenfalls wie dessen Buchst. b (s. Rz. 128) – ein Ausdruck der mit der Zinsschranke (auch, vgl. Rz. 3 ff.) verfolgten Zielsetzung der Missbrauchsvermeidung.1 Dem Eigenkapital-Escape liegt der – im Grundsatz einleuchtende – Kerngedanke zugrunde, dass die Fremdfinanzierung eines konzernzugehörigen Betriebs dann nicht missbräuchlich ist, wenn er eine (annähernd, vgl. Rz. 197 f.) gleich gute oder eine bessere Eigenkapitalquote als der gesamte Konzern ausweist. Mit der Umsetzung dieses Kerngedankens sind aber im Detail viele komplexe Fragen verbunden, wie allein schon ein Blick auf die umfangreichen Regelungen der Sätze 3 bis 15 des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG zeigt. Diese Komplexität nimmt noch erheblich zu, wenn man beachtet, dass damit sämtliche (Auslegungs-)Fragen der maßgeblichen in- bzw. ausländischen Rechnungslegungsstandards (IFRS, local GAAP, US-GAAP) Einzug in den Eigenkapital-Escape finden.2 Auch dem Grunde nach gibt es Kritikpunkte an dem Kerngedanken des Eigenkapital-Escape: Befindet sich der Konzern nicht in einem homogenen Marktumfeld, ist nämlich zu beachten, dass die einzelnen Bereiche (Betriebe) des Konzerns heterogenen Finanzierungsumgebungen unterliegen. Dies kann zB regional bedingt sein (unterschiedliche Kreditbedingungen und Möglichkeiten der Eigenkapitalbeschaffung in verschiedenen Volkswirtschaften). Es können aber bspw. auch branchenspezifische Besonderheiten vorliegen.3 So ist ein Teilkonzern in der Immobilienbranche regelmäßig (und branchenüblich) mit einer geringeren Eigenkapitalquote ausgestattet als zB weniger kapitalintensive andere Teilkonzerne desselben Konzerns (Hinweis auch auf die andere Sicherheitenlage). Dies allein ist noch kein Grund, einen Missbrauch oÄ anzunehmen. Somit stellt der Kerngedanke des Eigenkapital-Escape nur unter „Laborbedingungen“, in denen die Finanzausstattung innerhalb eines Konzerns durch die Konzernleitung beliebig gestaltet werden kann, einen überzeugenden Ansatz dar. In der Realität ist dies aber häufig nicht der Fall, da bei der Finanzierung eines Betriebs auch seitens eines Konzerns viele exogenen Einflussgrößen zu beachten sind, die der Konzern nicht ohne Weiteres nach seinem Belieben verändern kann.4 2. Voraussetzungen des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG a) Grundregel (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG)
193 Grundvoraussetzung des Eigenkapital-Escape ist nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 Halbs. 1 EStG, dass „der Betrieb zu einem Konzern gehört“. Dieses Kriterium dient der Abgrenzung zu § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG. Gehört der Betrieb zu keinem Konzern, so kann er sich – von den Ausnahmen nach § 8a Abs. 2 KStG abgesehen – bereits auf den Stand-alone-Escape berufen. Die Nutzung des Eigenkapital-Escape ist dann nicht mehr notwendig. Wegen der engen systematischen Verknüpfung zwischen den beiden Escape-Möglichkeiten ist innerhalb des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG der Passus „zu einem Konzern gehört“ invers zu demjenigen des „nicht zu einem Konzern gehörenden Betriebs“ iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG auszulegen. Daher kann auf die entsprechenden Ausführungen in Rz. 129 ff. verwiesen werden. Während die nur anteilsmäßige Zugehörigkeit zu einem Konzern nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG zu einer Inanspruchnahme des Stand-alone-Escape berechtigt (vgl. hierzu Rz. 133), stellt § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG nur auf die fehlende Konzernzugehörigkeit ab. Dies bedeutet uE, dass ein nur anteilig zu einem Konzern gehörender Betrieb sowohl in den Anwendungsbereich des Stand-alone-Escape als auch in den des Eigenkapital-Escape fällt. Greift – ggf. unter Beachtung des Abs. 2 bzw. des Abs. 3 des § 8a KStG – eine oder greifen beide dieser Escape-Möglichkeiten, so findet die Zinsschrankengrundregel des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG auf diesen Betrieb keine Anwendung. 194
§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 Halbs. 2 EStG formuliert die Grundregel des Eigenkapital-Escape. Es ist zu prüfen, ob die Eigenkapitalquote des Betriebs „gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich)“. Für den Eigenkapitalvergleich ge-
1 2 3 4
Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 121. Vgl. zB auch Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 45 („kaum handhabbare Regelung“). Vgl. auch Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 45. Insoweit ist auch zu beachten, dass die Zinsschranke für sich in Anspruch nimmt, auch in reinen Inlandsfällen und dabei auch über die externe Bankenfinanzierung und nicht nur über die – mehr im Einflussbereich der Konzernleitung stehende – Gesellschafterfremdfinanzierung zu entscheiden.
898
Stangl
E. Einschrnkungen des Eigenkapital-Escape (Abs. 3)
Rz. 194–198 § 8a
nügt es somit, wenn die Quote des Betriebs der des Konzerns entspricht. Unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG kann die Eigenkapitalquote des Betriebs auch 2 % unter der des Konzerns liegen (vgl. hierzu Rz. 197 f.). Bezugssubjekt des Eigenkapitalvergleichs ist zum einen der „Betrieb“ und zum anderen der „Konzern“. Die Auslegung des Konzernbegriffs richtet sich nach § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG,1 weshalb auf die entsprechenden Ausführungen in Rz. 129 ff. verwiesen werden kann. Der Betriebsbegriff des Eigenkapital-Escape ist entsprechend des allgemeinen Betriebsbegriffs der Zinsschranke (vgl. zu diesem Rz. 34) auszulegen. Durch die Fokussierung auf den Betrieb ergibt sich zugleich, dass der Eigenkapital-Escape betriebsbezogen – also für jeden Betrieb gesondert – durchzuführen ist.2 Dabei ist im Falle einer ertragsteuerlichen Organschaft auch § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG zu beachten, wonach der Organkreis als ein Betrieb iSd. Zinsschranke gilt. Somit ist für Zwecke des Eigenkapital-Escape im Rahmen eines entsprechenden Teilkonzernabschlusses die Eigenkapitalquote für diesen „Betrieb“ (= Organkreis) zu ermitteln und mit der Eigenkapitalquote des gesamten Konzerns zu vergleichen.3 Im Ergebnis ist somit das Bezugssubjekt des Eigenkapital-Escape nicht mit dem Bezugsobjekt der Konzernrechnungslegung identisch.
195
Als maßgeblichen Prüfzeitpunkt nennt § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 1 Halbs. 2 EStG den „Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags“ (stichtagsbezogene Quotenermittlung)4. Divergiert der Abschlussstichtag des Betriebs vom Abschlussstichtag des Konzerns, so ist auf den Abschluss abzustellen, der Eingang in den Konzernabschluss gefunden hat; dabei kann es sich auch um einen Zwischenabschluss handeln.5 Nach zutreffender Ansicht bleibt es bei der Prüfung auf den Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtags auch in den Fällen, in denen unterjährig ein Betriebserwerb stattfindet, was zur Folge hat, das der Betriebserwerber im Erwerbsjahr noch auf die Eigenkapitalquoten des Betriebsveräußerers abzustellen hat.6 Bei einer Neugründung eines Betriebs ist abweichend hiervon auf dessen EK in der Eröffnungsbilanz abzustellen, dieses ist mit dem EK im Konzernabschluss des vorangegangenen Abschlussstichtags zu vergleichen, der nicht um den neu gegründeten Betrieb zu erweitern ist.7 Vergleichbares sollte bei Umwandlungen gelten.8
196
b) Toleranzgrenze von 2 % (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG) Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG ist es für den Eigenkapital-Escape unschädlich, wenn die Eigenkapitalquote des Konzerns um bis zu zwei Prozentpunkte unterschritten wird. MaW kann der Eigenkapital-Escape dann genutzt werden, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs mindestens 98 % der Eigenkapitalquote des Konzerns beträgt.
197
Die Toleranzgrenze wurde mit dem WaBeschG9 von ursprünglich 1 % auf nunmehr 2 % erhöht, wobei diese Erhöhung erstmals für Wj. gilt, die nach dem 31.12.2009 enden (vgl. § 52 Abs. 12d Satz 4 EStG). Aber selbst unter Berücksichtigung dieser Erhöhung ist die Toleranzgrenze als zu gering einzuschätzen.10 Die genaue Berechnung der Eigenkapitalquoten ist schon steuerlich mit einer erheblichen Komplexität ausgestattet. Dazu kommt die mit der Anknüpfung an IFRS, local GAAP oder US-GAAP verbundene Unschärfe. Dies erschwert den
198
1 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (480). 2 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 122. 3 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 77; Heintges/Kamphaus/Loitz, DB 2007, 1261 (1263); Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387 (2389); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 417; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 124 und 131; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (481 f.); vgl. zu den Problemen bei mittelbaren Organschaften Ganssauge/Mattern, DStR 2008, 267 (267 ff.) und zu den Fragen bei Veränderungen des Organkreises Herzig/Liekenbrock, Ubg 2009, 750 (752 ff.). 4 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 132. 5 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 70. 6 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 49; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 134. Nach Auffassungen von Huken, DB 2008, 544 (547), soll sich der Betriebserwerber im Erwerbsjahr generell auf den Eigenkapital-Escape berufen können. 7 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 70; glA zB Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 75; aA wohl Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 133 (diese wollen den Konzernabschluss wohl um den im Folgejahr neu gegründeten Betrieb erweitern) und Frotscher in Frotscher/Maas, § 8a KStG Rz. 136 (der in den Fällen der Neugründung den Eigenkapital-Escape generell für nicht anwendbar hält). 8 Vgl. Möhlenbrock in D/P/M, § 8a KStG Rz. 133. 9 Vgl. G v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, 3950. 10 Im Ergebnis ebenso Gemmel/Loose, NWB 2010, 262 (264); Schneider/Roderburg, FR 2010, 58 (64).
Stangl
899
§ 8a Rz. 198–201
Zinsschranke
Betrieben die Beantwortung der Frage, ob sie von dem Eigenkapital-Escape Gebrauch machen können oder nicht. c) Definition der Eigenkapitalquote (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 3 EStG) 199 Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 3 Halbs. 1 EStG ist die Eigenkapitalquote das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme. Für den Eigenkapital-Escape sind somit sachlich jeweils zwei Größen (EK und Bilanzsumme) für je zwei Bezugssubjekte (Betrieb und Konzern; s. Rz. 195) zu ermitteln. Formell lässt sich die Voraussetzung für die Erfüllung der Anforderung des Eigenkapital-Escape unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze (vgl. hierzu Rz. 197 f.) wie folgt darstellen: Eigenkapital Betrieb Bilanzsumme Betrieb 200
M 0,98 ×
Eigenkapital Konzern Bilanzsumme Konzern
Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 3 Halbs. 2 Satzteil 1 EStG ist die Eigenkapitalquote nach dem Konzernabschluss zu ermitteln, der den Betrieb umfasst. Der Zinsschranke liegt zwar grds. ein weiter Konzernbegriff zugrunde, der nicht mit dem Konsolidierungskreis eines Konzernabschlusses übereinstimmen muss (vgl. Rz. 129 ff.). Dieser weite Konzernbegriff schlägt aber nicht auf den Eigenkapitalquotenvergleich durch, wobei zwischen Konzernen nach § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG und Konzernen nach § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG zu unterscheiden ist. –
Konzern iSd. § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG. Zu einem Konzern iSd. § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG gehören auch Betriebe, die mit anderen Betrieben konsolidiert werden oder werden könnten (vgl. Rz. 129 ff.). Abweichend hiervon ist für den Eigenkapitalquotenvergleich grds. die konkrete Abgrenzung des Konsolidierungskreises entscheidend.1 Somit gehören zB Tochtergesellschaften mit untergeordneter Bedeutung zu einem Konzern iSd. § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG; sind die Tochtergesellschaften aber zB wegen § 296 HGB nicht in den Konzernabschluss einbezogen, so sind sie für die Zwecke der Eigenkapitalquote des Konzerns nicht im Wege der Konsolidierung zu beachten (also lediglich regulärer Ansatz der Beteiligung).2 Der Konzernabschluss ist auch insoweit maßgebend, als in ihn ggf. auch vermögensverwaltende Gesellschaften einbezogen werden.3
–
Konzern iSd. § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG. In den Fällen des § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG liegt vielfach kein Konzernabschluss vor, der alle nach dieser Norm Konzernzugehörigen umfasst. Dies gilt zB dann, wenn an der Spitze eines solchen Konzerns eine natürliche Person oder eine vermögensverwaltende Personengesellschaft steht. In diesen Fällen ist die keinen Betrieb iSd. Zinsschranke darstellende4 Konzernspitze nicht für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs in den Konzernabschluss einzubeziehen.5 In den Konzernabschluss gehen nur die beherrschten Betriebe ein.6 Zwischen diesen ist dann zu konsolidieren (Schuldenkonsolidierung und Zwischenergebniskonsolidierung).7
201 Nach Auffassung der FinVerw. können Verbriefungszweckgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen nicht konzernzugehörig sein (vgl. Rz. 134). Sind diese Gesellschaften iRd. Konzernabschlusses enthalten, sind sie nach Auffassung der FinVerw. für Zwecke des Eigen-
1 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 48. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 72; Fischer/ Wagner, BB 2008, 1872 (1877); Ganssauge/Mattern, DStR 2008, 213 (217); Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 48; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 382; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 130; Schulz, DB 2008, 2043 (2048); vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (480 f.). 3 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 130; aA Köhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1514); Winkler/ Käshammer, Ubg 2008, 478 (479). 4 Stellt die Konzernspitze hingegen einen Betrieb iSd. Zinsschranke dar, so sollte dieser Betrieb für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs in den Konzernabschluss einbezogen werden; vgl. Möhlenbrock/ Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 130; Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (481). 5 Vgl. Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 130; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 394. 6 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 60; genauer: die Tochtergesellschaften, zu denen die beherrschten Betriebe gehören; vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 402. 7 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 49 („Querkonsolidierung“); Köhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1514); Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 402.
900
Stangl
E. Einschrnkungen des Eigenkapital-Escape (Abs. 3)
Rz. 201–203 § 8a
kapitalquotenvergleichs grds. aus dem Konzernabschluss herauszurechnen.1 Im Ergebnis Vergleichbares gilt für quotenkonsolidierte Gesellschaften. Sie gehören nicht zu einem Konzern iSd. Zinsschranke (vgl. Rz. 133), womit sie nach Auffassung der FinVerw. für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs grds. aus dem Konzernabschluss herauszurechnen sind.2 Der vorstehende Grundsatz der Eliminierung nicht konzernzugehöriger Verbriefungszweckgesellschaften und quotenkonsolidierter Gesellschaften für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs3 gilt nach Auffassung der FinVerw. allerdings nur, sofern sich durch die Einbeziehung dieser Gesellschaften in den Konzernabschluss keine erheblichen Veränderungen der Konzerneigenkapitalquote ergäben.4 Die FinVerw. umschreibt allerdings nicht näher, was unter „erheblichen Veränderungen“ zu verstehen ist. In Anlehnung an § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG sprechen sich Teile der Literatur hierbei für eine Toleranzgrenze von 2 % aus.5 UE ist diese Auffassung zu restriktiv, da auch bei einer Abweichung von knapp über 2 % noch nicht von einer „erheblichen“ Veränderung gesprochen werden kann. Angemessener erscheint deshalb eine Toleranzgrenze von mindestens 5 %. Die FinVerw. nimmt auch nicht dazu Stellung, wie mit Unternehmen zu verfahren ist, die nach der Equity-Methode in den Konzernabschluss Eingang gefunden haben. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist bei diesen Unternehmen der Equity-Ansatz zu eliminieren und durch einen regulären Beteiligungsansatz zu substituieren.6 Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 3 Halbs. 2 Satzteil 2 EStG ist die Eigenkapital- 202 quote für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln. Die Eigenkapitalquote des Betriebs ist somit anhand eines Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln, der nach dem Rechnungslegungssystem des Konzernabschlusses aufzustellen ist. Liegt ein solcher nicht vor, so ist er eigens für Zwecke des Eigenkapital-Escape aufzustellen bzw. im Rahmen einer Überleitungsrechnung zu entwickeln.7 In den Jahresabschluss bzw. Einzelabschluss ist das gesamte Vermögen des Betriebs aufzunehmen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Inlands- oder Auslandsvermögen handelt.8 In den Fällen eines Organkreises als Betrieb ist für diesen ein Teilkonzernabschluss zu erstellen, der dann als Jahresabschluss bzw. Einzelabschluss iSd. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 3 Halbs. 2 EStG gilt. d) Modifikationen bei der Berechnung der Eigenkapitalquote (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 4 bis 7 EStG) aa) Modifikationen für den Betrieb § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 4 bis 7 EStG enthalten Modifikationen des EK und der Bilanzsumme des Betriebs. Teilweise werden diese Modifikationen nur für das EK ausgesprochen (s. vor allem § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 5 EStG). In diesen Fällen kann aber eine entsprechende Kürzung der Bilanzsumme ebenfalls angebracht sein, um einen Vergleich von „Äpfeln mit Birnen“ zu verhindern. Die FinVerw.9 fasst die vorzunehmenden Änderungen wie folgt zusammen:
1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 72; vgl. auch BT-Drucks. 16/4841, 50; gegen die Auffassung der FinVerw. zB Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 385. 2 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 72; vgl. auch BT-Drucks. 16/4841, 50; tendenziell glA Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 101; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 49; aA Ganssauge/Mattern, DStR 2008, 218 (218 ff.); Hennrichs, DB 2007, 2101 (2104); Hoffmann in L/B/P, § 4h EStG Rz. 208; Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 386; vgl. hierzu auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (481). 3 Vgl. zur Umsetzung dieser Eliminierung Heintges/Kamphaus/Loitz, DB 2007, 1263 (1263 ff.); Köster, BB 2007, 2281 (2281 ff.); Schulz, DB 2008, 2048 (2048 ff.). 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 72. 5 Vgl. Mattern in Schnitger/Fehrenbacher, § 8a KStG Rz. 387. 6 Vgl. Förster in Gosch2, Exkurs § 4h EStG Rz. 101 (Ausnahme, falls die Equity-Methode nicht zu einer erheblichen Veränderung der Eigenkapitalquote führt); Köster, BB 2007, 2281 (2281 ff.); aA Ganssauge/Mattern, DStR 2008, 218 (218 ff.); vgl. hierzu auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (481). 7 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (481). 8 Vgl. Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 46; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 130; vgl. auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (481). 9 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 75 f. (Nummer [1] nicht in der Aufzählung des BMF-Schreibens enthalten).
Stangl
901
203
§ 8a Rz. 203–205
Zinsschranke
Berechnung Eigenkapital des Betriebs
Berechnung Bilanzsumme des Betriebs
Eigenkapital des Betriebs lt. Jahres-/Einzelabschluss
Bilanzsumme des Betriebs lt. Jahres-/Einzelabschluss
[1]
+
Fremdkapital aufgrund gesellschaftsrechtlicher Kündigungsmöglichkeiten
[keine Auswirkung auf die Bilanzsumme]
[2]
+
im Konzernabschluss enthaltener Firmen- + wert, soweit er auf den Betrieb entfällt
im Konzernabschluss enthaltener Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt
[3]
+/– Korrektur der Wertansätze der Vermögens- +/– Korrektur der Wertansätze der Vermögensgegenstände und Schulden gegenstände und Schulden
[4]
+
Hälfte des Sonderpostens mit Rücklageanteil
[keine Auswirkung auf die Bilanzsumme]
[5]
–
Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt
[keine Auswirkung auf die Bilanzsumme]
[6]
–
Anteile an anderen Konzerngesellschaften
[7]
–
Einlagen der letzten sechs Monate vor dem – maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen
Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen oder Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen
–
Kapitalforderungen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten iSd. § 4h Abs. 3 EStG in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen
[8]
[9]
[keine Auswirkung auf das Eigenkapital]
+/– Sonderbetriebsvermögen =
–
Anteile an anderen Konzerngesellschaften
+/– Sonderbetriebsvermögen
Eigenkapital des Betriebs für den Eigen- = kapitalquotenvergleich
Bilanzsumme des Betriebs für den Eigenkapitalquotenvergleich
204
Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 4 Halbs. 1 EStG sind Wahlrechte im Konzernabschluss und im Jahresabschluss oder Einzelabschluss einheitlich auszuüben (dies dürfte – ua. [vgl. Rz. 206] – Ausdruck der Nummer [3] im Berechnungsschema in Rz. 203 sein). Nach Auffassung der FinVerw. sind demnach Vermögenswerte und Schulden inklusive Rückstellungen, Bilanzierungshilfen, RAP uÄ im Jahresabschluss bzw. Einzelabschluss mit den Werten anzusetzen, mit denen sie im Konzernabschluss ausgewiesen sind.1 Besteht ein Wahlrecht nur im Jahresabschluss bzw. Einzelabschluss, nicht dagegen im Konzernabschluss, so sollte der Betrieb bei der Wahlrechtsausübung im Jahresabschluss bzw. Einzelabschluss allerdings frei sein.2 Die einheitliche Wahlrechtsausübung ist sowohl auf der Ebene des EK als auch bei der Bilanzsumme zu beachten.
205
§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 4 Halbs. 2 EStG legt fest, dass bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten insoweit mindestens das EK anzusetzen ist, das sich nach den Vorschriften des HGB ergeben würde (Nummer [1] im Berechnungsschema in Rz. 203). Zu modifizieren ist hierbei jeweils nur das EK (die Höhe der Bilanzsumme ist von der Ausweisung als Fremd- oder EK nicht betroffen [Passivtausch]). Die Regelung ist vor dem Hintergrund des IAS 32.18b in der ab 2005 geltenden Fassung zu sehen, der nach überwiegender Auffassung dazu führt, dass die Möglichkeit eines Gesellschafters einer Personengesellschaft zur Anteilsrückgabe gegen Abfindung dazu führt, dass das diesbezügliche, gesellschaftsrechtliche EK bilanziell als FK auszuweisen ist.3 § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 4 Halbs. 2 EStG soll hierbei sicherstellen, dass dieses gesellschaftsrechtliche EK trotz seiner bilanziel1 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2742 - a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718 Rz. 73; glA BTDrucks. 16/4841, 49; Möhlenbrock/Pung in D/P/M, § 8a KStG Rz. 143; Seiler in Kirchhof14, § 4h EStG Rz. 45; kritisch hingegen Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1877 f.); Geißelmeier/Bargenda, NWB Fach 4, 5329 (5330); Köhler/Hahne, DStR 2008, 1505 (1515); Loschelder in Schmidt33, § 4h EStG Rz. 17. 2 Vgl. Hick in H/H/R § 4h EStG Rz. 51; Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (481). 3 Vgl. BT-Drucks. 16/5491, 17; Hick in H/H/R, § 4h EStG Rz. 51; Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636 (640); Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, 2007, 447 (480).
902
Stangl
E. Einschrnkungen des Eigenkapital-Escape (Abs. 3)
Rz. 205–207 § 8a
len Qualifikation als FK für Zwecke des Eigenkapitalquotenvergleichs als EK1 behandelt wird. Das vorstehende Problem hat sich mit IAS 32 (rev. 2008) zwar entschärft, weil hiernach die Situationen, in denen das gesellschaftsrechtliche EK bilanziell als FK zu erfassen sind, reduziert wurden2. Da es solche Situationen aber auch unter IAS 32 (rev. 2008) noch geben kann, verbleibt für § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 4 Halbs. 2 EStG auch unter Geltung des IAS 32 (rev. 2008) ein Anwendungsbereich.3 Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 5 EStG ist bei der Ermittlung der Eigenkapitalquo- 206 te des Betriebs das EK um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert, soweit er auf den Betrieb entfällt, zu erhöhen (Nummer [2] im Berechnungsschema in Rz. 203). Diese Erhöhung ist notwendig, um eine Vergleichbarkeit mit