Kritik der reinen Vernunft: [Hauptband] [5th fully rev. ed.] 9783111406855, 9783111043388


202 77 96MB

German Pages 620 [624] Year 1900

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort des Herausgebers
Vorrede (zur ersten Auflage)
Inhalt (zur ersten Auflage)
Vorrede zur zweiten Auflage
Einleitung
I. Von dem Unterschiede der reinen und empirischen Erkenntniss
II. Wir sind im Besitze gewisser Erkenntnisse a priori, und selbst der gemeine Verstand ist niemals ohne solche
III. Die Philosophie bedarf einer Wissenschaft, welche die Möglichkeit, die Principien und den Umfang aller Erkenntnisse a priori bestimme
IV. Von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urtheile
V. In allen theoretischen Wissenschaften der Vernunft sind synthetische Urtheile a priori als Principien enthalten
VI. Allgemeine Aufgabe der reinen Vernunft
VII. Idee und Eintheilung einer besonderen Wissenschaft, unter dem Namen einer Kritik der reinen Vernunft
I. Transscendentale Elementarlehre
Erster Theil. Die transscendentale Aesthetik
Einleitung. § 1
1. Abschn. Von dem Raume. § 2, 3
2. Abschn. Von der Zeit. § 4–7
Allgemeine Anmerkungen zur transscendentalen Aesthetik. § 8
Zweiter Theil. Die transscendentale Logik
Einleitung. Idee einer transscendentalen Logik
I. Von der Logik überhaupt
II. Von der transscendentalen Logik
III. Von der Eintheilung der allgemeinen Logik in Analytik und Dialectik
IV. Von der Eintheilung der transscendentalen Logik in die transscendentale Analytik und Dialectik
Erste Abtheilung. Die transscendentale Analytik
Erstes Buch. Die Analytik der Begriffe
1. Hauptst. Von dem Leitfaden der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe
1. Abschn. Von dem logischen Verstandesgebrauche überhaupt
2. Abschn. Von der logischen Function des Verstandes in Urtheilen. § 9
3. Abschn. Von den reinen Vorstandesbegriffen oder Categorien. § 10–12
2. Hauptst. Von der Deduction der reinen Verstandesbegriffe
1. Abschn. Von den Principien einer transscendentalen Deduction überhaupt. § 13
Uebergang zur transscendentalen Deduction der Categorien. § 14
2. Abschn. Transscendentale Deduction der reinen Verstandesbegriffe. § 15–27
Zweites Buch. Die Analytik der Grundsätze (transscendentale Doctrin der Urtheilskraft)
Einleitung. Von der transscendentalen Urtheilskraft überhaupt
1. Hauptst. Von dem Schematismus der reinen Verstandesbegriffe
2. Hauptst. System aller Grundsätze des reineu Verstandes
1. Abschn. Von dem obersten Grundsatze aller analytischen Urtheile
2. Abschn. Von dem obersten Grundsatze aller synthetischen Urtheile
3. Abschn. Systematische Vorstellung aller synthetischen Grundsätze des reinen Verstandes
1. Axiomen der Anschauung
2. Anticipationen der Wahrnehmung
3. Analogien der Erfahrung
Erste Analogie. Grundsatz der Beharrlichkeit der Substanz
Zweite Analogie. Grundsatz der Zeitfolge nach dem Gesetze der Causalität
Dritte Analogie. Grundsatz des Zugleichseins nach dem Gesetze der Wechselwirkung
Allgemeines zu den Analogien
4. Postulate des empirischen Denkens überhaupt
Allgemeine Anmerkung zum Systeme der Grundsätze
3. Hauptst. Von dem Grunde der Unterscheidung aller Gegenstände überhaupt in Phaenomena und Noumena
Anhang. Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe
Zweite Abtheilung. Die transscendentale Dialectik
Einleitung
I. Vom transscendentalen Scheine
II. Von der reinen Vernunft als dem Sitze des transscendentalen Scheines
A. Von der Vernunft überhaupt
B. Vom logischen Gebrauche der Vernunft
C. Von dem reinen Gebrauche der Vernunft
Erstes Buch. Von den Begriffen der reinen Vernunft
1. Abschn. Von den Ideen überhaupt
2. Abschn. Von den transscendentalen Ideen
3. Abschn. System der transscendentalen Ideen
Zweites Buch. Von den dialectischen Schlüssen der reinen Vernunft
1. Hauptst. Von den Paralogismen der reinen Vernunft
Allgemeine Anmerkung, den Uebergang von der rationalen Psychologie zur Cosmologie betreffend
2. Hauptst. Die Antinomie der reinen Vernunft
1. Abschn. System der cosmologischen Ideen
2. Abschn. Antithetik der reinen Vernunft
Erste Antinomie
Zweite Antinomie
Dritte Antinomie
Vierte Antinomie
3. Abschn. Von dem Interesse der Vernunft bei diesem ihrem Widerstreite
4. Abschn. Von den transscendeulalen Aufgaben der reinen Vernunft, in so fern sie schlechterdings müssen aufgelöset werden können
5. Abschn. Sceptische Vorstellung der cosmologischen Fragen durch alle vier transscendentalen Ideen
6. Abschn. Der transscendentale Idealismus, als der Schlüssel zu Auflösung der cosmologischen Dialectik
7. Abschn. Kritische Entscheidung des cosmologisehen Streites der Vernunft mit sich selbst
8. Abschn. Regulatives Princip der reinen Vernunft in Ansehung der cosmologisehen Ideen
9. Abschn. Von dem empirischen (iebrauche des regulativen Princips der Vernunft in Ansehung aller cosmologisehen Ideen
I. Auflösung der cosmologisehen Idee von der Totalität der Zusammensetzung der Erscheinungen zu einem Weltganzen
II. Auflösung der cosmologisehen Idee von der Totalität der Theilung eines gegebenen Ganzen in der Anschauung
Schlussanmerkung und Vorerinnerung
III. Auflösung der cosmologisehen Idee von der Totalität der Ableitung der Weltbegebenheiten aus ihren Ursachen
Möglichkeit der Causalität durch Freiheit
Erläuterung der cosmologisehen Idee einer Freiheit
IV. Auflösung der cosmologisehen Ideen von der Totalität der Abhängigkeit der Erscheinungen ihrem Dasein nach überhaupt
Schlussanmerkung zur ganzen Antinomie der reinen Vernunft
3. Hauptst. Das Ideal der reinen Vernunft
1. Abschn. Von dem Ideal überhaupt
2. Abschn. Von dem transscendentalen Ideal
3. Abschn. Von den Beweisgründen der speculativen Vernunft, auf das Dasein eines höchsten Wesens zu schließen
4. Abschn. Von der Unmöglichkeit eines ontolologischen Beweises vom Dasein Gottes
5. Abschn. Von der Unmöglichkeit eines cosmologischen Beweises vom Dasein Gottes
Entdeckung des dialectischen Scheines in allen transscendentalen Beweisen vom Dasein eines notwendigen Wesens
6. Absch. Von der Unmöglichkeit des physicotheologischen Beweises
7. Abschn. Kritik aller Theologie aus speculativen Principien der Vernunft
Anhang zur transscendentalen Dialectik
Von dem regulativen Gebrauche der Ideen der reinen Vernunft
Von der Endabsicht der natürlichen Dialectik der menschlichen Vernunft
II. Transscendentale Methodenlehre
Einleitung
Erstes Hauptst. Die Disciplin der reinen Vernunft
1. Abschn. Die Disciplin der reinen Vernunft im dogmatischen Gebrauche
2. Abschn. Die Disciplin der reinen Vernunft in Ansehung ihres polemischen Gebrauchs
Von der Unmöglichkeit einer sceptischen Befriedigung der mit sich selbst veruneinigten reinen Vernunft
3. Abschn. Die Disciplin der reinen Vernunft in Ansehung der Hypothesen
4. Abschn. Die Disciplin der reinen Vernunft in Ansehung ihrer Beweise
Zweites Hauptst. Der Canon der reinen Vernunft
1. Abschn. Von dem letzten Zwecke des reinen Gebrauchs unserer Vernunft
2. Abschn. Von dem Ideal des höchsten Guts
3. Abschn. Vom Meinen, Wissen und Glauben
Drittes Hauptst. Die Architectonik der reinen Vernunft
Viertes Hauptst. Die Geschichte der reinen Vernunft
Recommend Papers

Kritik der reinen Vernunft: [Hauptband] [5th fully rev. ed.]
 9783111406855, 9783111043388

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

IMMANÜEL KANT' S KRITIK DE R REINE N VERNUNF T HERAUSGEGEBEN VON

BENNO ERDMAN N

FÜNFTE, DURCHGÄNGI G REVIDIRT E AUFLAG E

BERLIN DRÜCK UN D VERLA G VO N GEOR G R E I M E R 1900.

Vorwort de s Herausgeber s Die vorliegend e fünft e Auflag e meine r Ausgab e de r Kriti k de r reinen Vernunf t beruh t au f eine r neue n durchgängige n Collation de r beiden erste n Originalauflagen , eine r vollständige n Collatio n de r /weiten Auflag e (A 3) mi t A 3, A 4 un d A 5 i n einige n Abschnitten , sowie au f eine m Vergleich vo n A 2 mit A 3, A 4 un d A 5 a n alle n de n Stellen, i n dene n de r Textbestan d de r Ausgabe n sei t 183 8 Grun d bot, de n Wortlau t vo n A 2 sicherzustellen . Den Grun d z u de r neue n Collatio n vo n A 1 un d A 2 ga b di e Ueberzeugung, das s di e Herausgebe r un d Emendatore n bishe r i n zwei nich t unwesentliche n Punkte n ihr e Aufgab e verfehl t haben . Jeder Herausgebe r sei t Rosenkran z hat für s erst e de n Textbestan d der abgedruckte n Auflage n meh r ode r weniger modernisir t (un d fas t alle habe n die s ohn e speziell e Charakteristi k de r vorgenommene n Aenderungen diese r Ar t gethan) ; jede r natürlic h anders , sowi e nich t selten willkürlich , un d zwa r nich t blo ß i n interpunktionelle r un d orthographischer, sonder n auc h i n lautsprachliche r Hinsicht . J e mehr Ausgabe n entstande n sind , un d j e wenige r di e Herausgebe r in diese n Punkte n peinlich e Sorgfal t geüb t haben , dest o krause r ist de r Textbestan d geworden , de r al s Kant s Wer k de n Leser n geboten wird . Di e Herausgeber sowie di e Emendatoren sin d ferner , letztere sei t Melli n un d Grill o i n steigende m Maß e bi s au f Will e und Vaihinger , be i de n zahlreichen Stellen , a n dene n sic h di e Text-

IV Vorwor

t de s Herausgeber s

kritik versuch t hat , davo n ausgegangen, einzustellen , wa s Kan t nac h ihrer Meinun g gesag t habe n sollte , nich t davon , festzustellen , wa s Kant nac h de r ih m eigene n Darstellungsweis e gesag t habe n kann . AVer sic h i n di e Stilführun g Kant s hineingelese n hat , un d nu r einigermaßen de n Sprachgebrauc h de r Zei t kennt , au s de r dies e stammt, wir d finden , clas s be i jenem Wechse l de r Gesichtspunkt e fü r die Feststellun g de s Texte s seh r viel e „Verbesserungen" , di e jetz t teils i n allen , teil s bun t i n diese m ode r jene m Tex t stehen , al s ungehörig auszumerze n sind . Diese Feststellun g de s ursprüngliche n Texte s gewähr t di e einzige Befriedigun g be i de r kleinliche n Kärrnerarbeit , z u de r ein e solche Ausgab e verurteilt . Noch ei n andere r Umstan d ha t au f di e meiste n Ausgabe n ver hängnisvoll eingewirkt . E s besteh t sei t Jacob i un d Schopenhaue r die ungepruft e Ueberlieferung , das s di e dritt e bi s siebent e (letzte ) Originalauflage de r zweite n Wor t fü r Wor t nachgedruck t seien . Eine Prüfun g diese r nirgend s begründete n Behauptun g ergab , das s sie irri g ist . E s is t vielmeh r jede r de r Auflage n sei t A 3 lediglic h die unmittelba r vorhergehend e z u Grund e geleg t worden , de r sechsten di e fünft e Auflag e so , das s di e A 5 kritiklo s angehängten Correcturen Grille s ebens o kritiklo s i n de n Tex t diese r Auflage , und vo n ih r au s i n A 7 aufgenomme n worden sind . Au f Grun d des weiteren Irrtums , das s A 5 al s de r letzte n z u Kant s Lebzeite n er schienenen Auflag e ein e besonder e Bedeutun g zuzuschreibe n sei , haben Rosenkran z un d H artenstein absichtlic h fü r A 2 de n Tex t von A 5 z u Grund e gelegt , i n de n sic h übe r A 3 un d A 4 zahl reiche, wen n auc h kleiner e Mänge l cingeschliche n haben . Diesem Vorgang e is t v . Kirchmann , de r Hartcnstcin s letzt e Aufgabe lediglic h nachgedruck t hat , thatsächlic h gefolgt ; that sächlich gieb t auc h Adickc s zumeist , Vorlände r mehrfac h de n Tex t von A & . Die letzt e Consequen t eine r conservative! ! Textkriti k is t ei n diplomatischer Abdruck . Au s welche n Gründe n vo n eine m solche n bei eine r Ausgab e de s vorliegende n Werk s abgesehe n werde n muss , ist i n de m Anhan g zu r Textrevisio n dargeleg t worden . Dass zu m Grundtex t jede r wissenschaftliche n Ausgab e de r

Vorwort de s Jlenm.sycber s V

Kritik de r reine n Vernunf t de r Textbestan d vo n A 2 z u nehmen , das entgegengesetzt e Verfahre n vo n Rosenkran z un d de m Heraus geber i n de r Reclamsche n Universalbibliothe k als o z u verwerfe n ist, bedar f keine r andere n Begründan g mehr , al s derjenigen , di e sich au s de r Textgeschicht e de s Anhang s ergiebt . Vo n mi r unbe achtete sachlich e Differenze n de r beide n erste n Auflage n ha t di e neue Collatio n nich t ergeben . Di e sprachliche n Einzeldifferenze n beider Auflage n hab e ic h vollständi g verzeichnet : unte r de m Tex t nur diejenigen , di e ei n sachliche s Momen t mitenthalte n ode r zu r Charakteristik de r GesamtdilYeren z beide r Auflage n beitragen ; di e übrigen teil s i n einige n Vorbemerkungen , teil s i m Spezial verzeichnis de s Anhangs . Dies e Differenze n nac h de m Vorbil d der übrige n Herausgebe r einfac h unerwähn t z u lassen , wa r natür lich nich t angezeigt . Die unerfreulich e Arbeit , di e vo n de n Herausgeber n i n de n Text aufgenommene n un d vo n de n Emendatore n vorgeschlagene n Acnderungen z u verzeichnen , hab e ic h geglaub t au f mic h nehme n zu sollen ; nu r di e gänzlic h gegenstandslose n hab e ic h be i Seit e gelassen. Da s einzig e Interesse , da s mic h dabe i leitete , entspran g dem Wunsche , di e bisherige n Ausgaben , speziel l i n de n Gesamt ausgaben, auc h fü r de n kritische n Lese r nutzba r z u erhalten . Die spätere n Herausgebe r sin d de m Beispie l Hartenstein s gefolgt, di e umfangreichen , i m Einzelne n nich t meh r vergleichbare n Bearbeitungen de r Deductio n de r reine n Verstandesbegriffe , sowie der Kriti k de r psychologische n Paralogisme n vo n A 1 i n For m vo n Beilagen de m Grundtcx t nachzustellen . Ic h hab e i m eigene n Studium, sowi e be i Gelegenhei t von philosophische n Hebunge n übe r das Wer k di e Erfahrun g gemacht , das s die s unzweckmäßi g ist . Es is t unerlässlich , di e reichere n Erörterunge n vo n A 1 i n beide n Abschnitten zu r Interpretatio n heranzuziehen ; un d die s is t vie l besser möglich , wen n si e unmittelba r be i de n entsprechende n Aus führungen vo n A 2 stehen . Ic h hab e si e deshal b unte r de m Tex t der Abschnitt e vo n A 2 zu m Abdruc k gebracht . Der Umfang, der dem Anhan g de s Herausgebers zu r Textrevision gegeben werde n musste , ha t e s au s äußere n Gründe n zweckmäßi g erscheinen lassen , diese n Anhan g selbständi g z u veröffentlichen .

VI Vorwor

t de s Herausgeber s

Die Charakteristi k de r Forschungsreise , sowi e de r hässliche n Polemik de s hegelianisirende u Historiker s Kim o Fische r wiede r be drucken z u lassen , z u de r ic h i m Vorwor t de r dritte n Auflag e genötigt war , is t überflüssi g geworden . Zurückzunehme n hab e ic h von ih r z u meine m Bedauer n nichts . B o n n , de n 25 . Februa r 190 0

Beimo Erdman n

Inhaltsverzeichnis Seiten de r Seite n de r Original- vorliegende n ausgäbe. Ausgabe .

V o r w o r t de s H e r a u s g e b e r s III-V V o r r e d e (zu r e r s t e n A u f l a g e ) VII-XXI I n h a l t ( z u r e r s t e n A u f l a g e ) (XXIII V o r r e d e zu r z w e i t e n A u f l a g e YI1-XH E i n l e i t u n g 1-3 I. Vo n de m Unterschied e de r reine n un d empirische n Erkenntniss l II. Wi r sin d i m Besitze gewisser Erkenntnisse a priori., und selbst de r gemein e Verstan d is t niemal s ohn e solch e 3 III. Di e Philosophie bedar f eine r Wissenschaft , welch e di e Möglichkeit, di e Principie n un d de n Umfan g alle r Er kenntnisse a priori bestimm e 6 IV. Vo n de m Unterschiede analytische r un d synthetische r ürtheile 1 V. I n allen theoretische n Wissenschafte n de r Vernunf t sin d synthetische Ürtheil e priori al s Priucipie n enthalte n 1 VI. Allgemein e Aufgab e de r reine n Vernunf t 1 VII. Ide e un d Eintheilun g eine r besondere n Wissenschaft, unter de m Name n eine r Kriti k de r reine n Vernunf t . 2 I. T r a n s s c e n d e n t a l e E l e m e n t a r l e h r e 31-73 Erster Theil . Di e transscendental e Aestheti k 33-7 Einleitung. § l 3 1. A b s c h n . Vo n de m Raums . § 2 , 3 3 2. A b s c h n . Vo n de r Zeit . §4— 7 4 Allgemeine Anmerkungen zur transscendentalen Aesthetik. § 8 5

I 5-1 )1 V 1C-4 0 41-6

I 4 5 0 2

4

1

4

3

4

5

04

8

45 95

1 5

45 2 G3-52 3G 536 76 67

8 4 89 5 8 4

98

1

VIII Inhaltsverzeichni

s Seiten de r Seite n de r Origiual- vorliegende n ausgäbe. Axisgabe .

Zweiter Theil . Di e trausscendeutal e Logi k 74-73 E i n l e i t u n g . Ide e eine r transscendentale n Logi k . . 74-8 I. Vo n de r Logi k überhaup t 7 II. Vo n de r transscendentale u Logi k 7 III. Vo n de r Eintheihm g de r allgemeine n Logi k i n Analytik un d üialecti k 8 IV. Vo n de r Eintheilun g de r transscendentale n Logi k in di e transscendental e Analyti k un d Dialecti k . 8 E r s t e A b t h e i l u n g . Di e transscendentale Analyti k . 89-34 E r s t e s Buch . Di e Analyti k de r Begriff e 90-16 1. H a u p t s t. Vo n de m Leitfade n de r Entdeckun g aller reine n Verstaudesbegriff e 91-11 1. A b s c h n . Vo n de m logische n Verstandesge brauche überhaup t 9 2. A b s c h n . Vo n der logischen Functio n de s \ rerstandes i n Urtheileu . § 9 9 3. A b s c h n . Vo n de n reine n Vorstandesbegriffe n oder Categorien . § 10—1 2 10 2. H a u p t s t. Vo n de r Deductio n de r reine n Ver standesbegriffe 116-1G 1. Abschn . Vo n de n Principien eine r transsceu dentalen Deductio n überhaupt . § 1 3 H U e b e r g a n g zu r trausscendentalen Deductio n de r Categorien. § 1 4 12 2. A b s c h n . Transscendental e Deductio n de r reinen Verstandesbegriffe . § 15—2 7 . . . . 12 Z w e i t e s Buch . Di e Analytik de r Grundsätze (trans scendeutale Doctri u de r Urtheilskraft ) 1G9-34 E i n l e i t u n g . Vo n der transscendeutalenUrtheilskraft überhaupt 17 1. H a u p t s t . Vo n de m Schematismu s de r reine n Verstandesbegriffe 17 2. H a u p t s t . Syste m alle r Grundsätz e de s reine n Verstandes 18 1. A b s c h n . Vo n de m oberste n Grundsätz e alle r analytischen Urtheil e 18 2. A b s c h n . Vo n de m oberste n Grundsatz e alle r synthetischen Urtheil e 19 3. A b s c h n . Systematisch e Vorstellun g alle r syn thetischen Grundsätz e de s reine n Verstande s . 197-29 1. Axiome n de r Anschauun g 20

2 90-52 8 90-9 49 99

4 8 0 3

29

4

79 9 98-2G 9 99-1G

7 8 5

G 99-11

3

2 10

0

5 10

1

2 10

5

9 113-16 5 G 11

3

4 11

7

9 12

1

9 165-2G 8 1 16

6

Ü 16

8

7 17

4

9 17

5

3 17

7

4 180-23 4 2 18 3

Inhaltsverzeichnis I

X Seiten de r Seite n de r Original- vorliegende n ausgäbe. Ausgabe .

~2. Anlicipatione n de r Wahrnehmun g . . . . 20 3. Analogie n de r Erfahrun g 218-26 Erste Analogie . Grundsat z de r Beharrlich keit de r Substan z 22 Zweite Analogie . Grundsat z de r Zeitfolg e nach de m Gesetze de r Causalitä t . . . 23 Dritte Analogie. Grundsat z des Zugleichseins nach de m Gesetz e de r Wechselwirkun g 25 Allgemeines z u de n Analogie n 26 4. Postulat e des empirischen Denkens überhaupt 26 Allgemeine Anmerkun g zu m System e de r Grundsätze 28 3. H a u p t s t . Vo n de m Grund e de r Unterscheidung aller Gegenständ e überhaup t i n Phuenomena un d Noumena 294-31 A n h a n g . Vo n de r Amphiboli c de r Kcflexionsbegriff e 316-34 Z w e i t e A b t h e i l u n g . Di e transscendcntal c Dialedi k 349-73 E i n l e i t u n g 349-36 1. Vo m transscendentale n Schein e 34 II. Vo n der reine n Vernunf t al s de m Sitze de s trans scendentalen Scheine s 35 A. Vo n de r Vernunf t überhaup t 35 B. Vo m logische n Gebrauch e de r Vernunf t . 35 G. Vo n de m reine n Gebrauch e de r Vernunf t 36 E r s t e s Buch . Vo n den Begriffe n de r reine n Vernunf t 366-39 1. Abschn. Vo n den Ideen überhaup t . . . . 36 2. Abschn . Vo n den transscendentale n Idee n . 37 3. Abschn . Syste m de r transscendentale n Idee n 39 Z w e i t e s Buch . Vo n de n dialectischen Schlüsse n de r reinen Vernunf t 396-73 1. H a u p t s t . Vo n den Paralogisrne n de r reine n Vernunft 399-42 Allgemeine Anmerkung, den He b ergang vo n de r ratio nalen Psychologi e zu r Cosmologi e betreffen d . . 42 2. H a u p t s t . Di e Antinomi e de r reine n Vernunf t 432-59 1. A b s c h n . Syste m de r cosrnologische n Idee n 43 2. A b s c h n . Antitheti k de r reinen Vernunf t . . 44 Erste Antinomi e 45 Zweite Antinomi e 46 Dritte Antinomi e 47 Vierte Antinomi e 48 Eant's Kriti k de r reine n Vernunft . *

7 18 G 5 192-21 8 4 19

6

2 20

0

6 21 2 21 5 21

3 6 8

8 23

0

5 230-25 9 251-26 2 269-524 6 269-27 9 27

0 8 . 8 0

5 27 5 27 9 27 2 27 6 279-29 8 28 7 28 0 29

2 2 5 6 4 0 5 1

2 295-52 4 8 296-34 2 8 34 5 348-44 5 35 8 35 4 36 2 36 2 37 0 38

3 4 0 7 0 6 4 0

Inhaltsverzeichnis Seilen 9 (?. A l i s ch n. De r transsi'cndental e Idealismus , al s der Schlüsse l z u Auflösun g de r cosmologische u Diuiectik 51 8 40 2 7. A h s ch n. Kritisch e Entscheidung de s cosmolo gischen Streite s de r Vernunf t mi t sic h seihs t 52 5 40( ! 8. A b s c h n . Regulative s J'rinci p de r reine n Ver nunft i n Ansehun g de r eosmologische n Idee n 53 6 41 2 9. A b s c h n . ' dei n empirische n (iehrauch c de s regulativen Prinoip s de r N'crnunf t i n Ansehun g aller cosmologische n Idee n 54 3 41 6 1. Auflösun g de r cosmologische n Ide e vo n der Totalitä t de r Zusammensetzun g de r Er scheinungen z u eine m Weltganze n . . . 54 5 41 7 II. A u f l ö s u n g de r cosmologische n Ide e vo n de r Totalität de r Thcilun g eine s gegebene n Ganzen i n de r Anschauun g o n l 42 0 r Schlussanmerkung· un d Vorerinnerung . . . , )5fi 42 3 III. Auflösun g de r cosmologische n Ide e vo n de r Totalität de r Ableitun g de r Weltbegeben hciteu au s ihre n Ursache n 56 0 42 5 Möglichkeit de r Causalitä t durc h Freihei t . . 56 6 42 8 Erläuterung der cosmologischen Idee einer Freiheit 57 0 43 1 IV. Auflösun g de r cosmologischeu Idee n von de r Totalität de r Abhängigkei t de r Erscheinun gen ihre m Dasei n nac h überhaup t . . . 58 7 44 0 Schlussanmerlumg zu r ganze n Antinomi e de r reinen Vernunf t 5!) 3 44 3 3. Hiuiptst . Da s Ideal de r reinen Vernunf t . . . 595-67 0 444-48 6 1. A b s c h n . Vo n de m Ideal überhaup t . . . . 5!) 5 44 4 2. A b sehn. Vo n de m transscendentale n Idea l . 59 9 44 7 3. A b s c h n . Vo n de n Beweisgründen de r spccu lativen Vernunft , au f da s Dasei n eine s höchste n

Wesens z u schließe n .

· . . · 61

1 45

4

Inhaltsver/.eichD is X

I Seilen de r Seite n de r Original- vorliegende » ausgäbe. Ausgabe .

4. A b s c h n . Vo n de r l'mnüglichkei t eine s ontolo logisohcn Beweise s vo m Dasein Gotte s . . . 62 0 45 8 5. A h s eh n. Vo n de r rnrnöglirhkei t eine s cos mologischcn Beweise s vo m Dasei n Gotte s . . 63 1 46 4 Entdeckung de s dialec t ischcn Srheine s i n alle n trunsscejulcntalcii Beweise n vo m Dasei n eine s nothwendigen Wesen s 64 2 47 1 fi. A t i s c h. Vo n de r Unmöglichkei t de s physico theologisL'hen Beweise s 64 8 47 4 7. Alisclin. - Kriti k alle r Theologi e au s specula tivcn Principic n de r Vernunf t 60S ) 48 0 Anhang zu r transzendentale n Dialccli k . . . . 670- 7 48 ( -5 >0 \'on de m regulative n (.icliruuch c de r Idee n de r reinen Vcrnunf l 67 0 48 6 Von de r Enclul>sich t de r natürliche n Dialeeti k der mensehliehej i \'cniuuf t 6i> 7 50 1 II. T r a u s s c c n d e n t a l o M c t h o d c n l e h r e 7oo-8S 4 521-60 0 Hinleitung 73 0 52 3 K r s t c s l l i i u p t s t . Di e Diszipli n de r reine n Vernunf t 736-82 2 525-57 4 1. A h s c h n . Di e Discipli n de r reincj i Vernunf t i m dogmatischen Gebrauch e 74 0 52 7 2. A h s c h n . Di e Diseipli n de r reine n \"ernunf t i n Ansehung ilire s polemische n Gebrauch s . . . . 76 6 54 2 Von de r Unmöglichkei t eine r sccptischc n Befriedigung de r mi t sic h selbs t veruneinigte n reine n Vernunft 78 6 55 3 3. A h s c h n . Di e Diseipli n de r reine n Vernunf t i n Ansehung de r Hypothese n 79 7 55 9 4. A h s c h n . Di e Diseipli n de r reine n Vernunf t i n Ansehung ihre r Beweis e 81 0 56 6 Z w e i t e s l l a u p t s t . De r Cano n de r reine n Vernunf t 823-85 9 574-59 4 1. A h sehn. Vo n de m letzte n Zweck e de s reine n Gebrauchs unsere r Vernunf t 82 5 57 5 2. A b s c h n . Vo n dem Idea l de s höchste n Gut s . . 83 2 57 9 o. A b s c h n . Vo m Meinen, Wisse n un d Glaube n . 84 8 58 8 D r i t t e s H a u p t s t. Di e Architcctoni k de r reine n Ver nunft 860-87 9 595-606 V i e r t e s H a u p t s t. Di e Geschicht e de r reinen Vernunf t 880-88 4 607-60 9

Verbesserungen. S. 6 Z . 1 5 stau Anarchi e lies A n a r c h i e . S. 38 Z. 8 stuit Sinn e lies Sinne : S. 73 Anm.Z . 1 1 fehl t di e Randzahl : 2 9 vo n A 1. S. 113 Z. 7 stau T r a n s s c e n d e n t a l e n A n a l y t i k Hex A n a l y t i k de r Be griffe. S. 13 7 Z . 1 1 statt ( § 13 ) lies ( § 10) . S. 15 1 Anm . Z . 3 statt e i n e lies eine . S. 19 5 letzt e Zeil e statt erstere n l«) lies erstere n Nia) . S. 206 Z . 9 u. stau e s iies sie . S. 207 Z . 1 1 statt D e n n lies Denn . S. 21 7 Z . 6 s*u « Escheinunge n lies Erscheinungen . S. 264 Z . 1 8 s / « ihre r /ie s ihrer . S. 293 Z . 2 1 statt Bedingte n lies B e d i n g t e n . S. 306 Anm . Z . 2 sta u Begriff e lies B e g r i f f e . Einige Druckfehle r i n de n Randziffer n bedürfe n keine r Aufzählung .

Critik der

reinen Vernunf t VOU

Im m a n ue l K a n t ,

Professor i n Königsberg , [der König] . Academi e de r Wissenschafte n i n Berli n Mitglied.] !

[Zweyte hi n un d wiede r verbessert e Auflage. ]

Riga, bey Johan n Friedric h Hartknoc h 1787.« 1

Zusat z vo n A2. A 11 : verlegt e Jo Johan l n Friedric h Hartknoc h 178 Kant's Kriti k de r reine n Vernunft .

11 11

1

[B A C 0 D E V E R V L A M I 0 . Instauratio magna. Praefatio.

De nobi s ipsi s silemus : D e r e auteni , qna e agitur , petimus : v t homine s earn no n Opinionem , se d Opu s ess e cogitent ; a c pr o cert o habeant , no n Secta e nos alicuius , au t Placiti , se d vtilitati s e t amplitudini s huraana e fundament a moliri. Deind e v t sui s comuiodi s aequ i — i n commun e consulan t — e t ips i in parte m veniant . Praetere a v t beu e spereut , nequ e Instauratione m uostra m A~t quidda m infinitun i e t vltr a niortal e fingant , e t auiui o concipiant : quuu i revera si t infinit i errori s fini s e t terminu s legitimus.] 1 1

Da s Mott o is t ei n Zusat z vo u A 2.

Sr. Excellenz ; dem Konig l Staatsministe r

FREJHERRN VO N ZEDLITZ .

Gnädiger Herr ! V Den Wachsthu m de r Wissenschafte n a n seine m Theil e be fördern, heiß t a n Ew . E x c e l l e n z eigene m Interesse arbeiten ; den n dieses is t mi t jene n nich t blo ß durc h de n erhabene n Poste n eine s Beschützers, sonder n durc h da s vie l vertrauter e Verhältnis s eine s Liebhabers un d erleuchtete n Kenners innigst verbunden . Deswege n bediene ic h mic h auc h de s einige n Mittels , da s gewissermaße n i n meinem Vermögen ist , mein e Dankbarkeit fü r da s gnädige Zutraue n zu bezeigen , womi t Ew . E x c e l l e n z mic h beehren , al s könne 1 ic h zu diese r Absich t etwa s beitragen. 11 1

A 1: könnt e : I n A 1 folg t de r Absatz :

11

Wen da s speculativ e Lebe n vergnügt , de m ist , unte r mäßige n v Wünschen, de r Beifal l eine s aufgeklärten , gültige n Richter s ein e kräftige Aufmunterun g z u Bemühungen , deren Nutze n groß , obzwa r entfernt ist , un d dahe r von gemeine n Auge n gänzlic h verkannt wird . l*

Zuei a , d . i . da s Ganze ist größe r al s sei n Theil . Un d doch auc h dies e selbst , o b si e gleich nac h bloße n Begriffe n gelten , werde n in de r Mathemati k nu r daru m zugelassen , wei l si e i n de r Anschauun g können dargestelle t werden . Wa s un s hier 7 gemeiniglic h glaube n macht , als läg e da s Prädica t solche r apodictische n Urtheil e scho n i n unser m Begriffe, un d da s Urthei l se i als o analytisch , is t blo ß di e Zweideutigkei t i Di e eingeklammerte n Wort e ersetze n di e lediglic h zusammenfassend e Consequenz de r Prolegomen a S. 29 , 8—12 : Man erweiter t als o wirklic h seine n Begriff durc h diese n Satz 7 ·+· = 12, und thu t z u de m erstere n Begrif f eine n neue n hinzu , de r i n jene m ga r nich t gedacht war , d . i . de r arithmetisch e Sat z is t n Proleg.: unser n Begrif f in Proleg. : ander e !V auch : Zusat z vo n A 2.

54 Einleitung

.

des Ausdrucks . Wi r s o l l e n nemlic h z u eine m gegebene n Begriff e ei n gewisses Prädicat hinzudenken , nnd dies e Notwendigkei t hafte t scho n a n den Begriffen . Abe r di e Frag e is t nicht , wa s wi r z u de m gegebene n Begriffe hinz u d e n k e n s o l l e n , sonder n wa s wi r w i r k l i c h i n ihm , obzwar nu r dunkel , d e n k e n ; un d d a zeig t sich , das s da s Prädicat jene n Begriffen zwa r nothwendig , abe r nich t al s i m Begriff e selbs t gedacht 1, sondern vermittels t eine r Anschauung , die z u de m Begriffe 11 hinzukomme n muss, anhänge. 111 2. N a t u r w i s s e n s c h a f t (physica) e n t h ä l t s y n t h e t i s c h e U r t h e i l e a priori al s P r i n c i p i e n i n s i c h . Ic h wil l nu r ei n Paar Sätz e zum Beispie l anführen , al s de n Satz : das s i n alle n Veränderunge n de r körperlichen Wel t di e Quantitä t de r Materi e unveränder t bleibe , ode r das s in alle r Mittheilun g de r Bewegun g Wirkun g un d Gegenwirkun g jederzei t einander gleic h sei n müssen . A n beide n is t nich t allei n di e Nothwendigkeit, mithi n ih r Ursprun g a priori, sonder n auch , das s si e synthetisch e 18 Sätz e sind , klar . Den n i n de m Begriff e de r Materi e denk e ic h mi r nich t die Beharrlichkeit , sonder n blo ß ihr e Gegenwar t i m Räum e durc h di e Erfüllung desselben . Als o geh e ic h wirklic h übe r de n Begrif f vo n de r Materie hinaus , u m etwa s a priori z u ih m hinzuzudenken , wa s ic h i n ihm nich t dachte . De r Sat z is t als o nich t analytisch , sonder n synthetisch , und dennoc h a priori gedacht ; un d s o i n de n übrige n Sätzen de s reine n Theils de r Naturwissenschaft. 3. I n de r M e t a p h y s i k , wen n ma n si e auc h nu r fü r ein e bishe r bloß versuchte , dennoc h abe r durc h di e Natu r de r menschliche n Vernunf t unentbehrliche Wissenschaf t ansieht , s o l l e n s y n t h e t i s c h e E r k e n n t n i s s e a priori e n t h a l t e n s e i n , un d e s is t ih r ga r nich t daru m z u thvin, Begriffe , di e wi r un s a priori vo n Dinge n machen , blo ß z u zergliedern un d dadurc h analytisch z u erläutern ; sonder n wi r wolle n unser e Erkenntniss a priori erweitern , woz u wi r un s solche r Grundsätz e bedienen müssen, di e übe r de n gegebene n Begrif f etwa s hinzuthun , wa s i n ih m nicht enthalte n war , und durc h synthetisch e Urtheil e a priori woh l ga r so wei t hinausgehen , das s un s di e Erfahrun g selbs t nich t s o wei t folge n kann, z . B . i n de m Satze : di e Wel t mus s eine n erste n Anfan g haben , u. a . m. ; un d s o besteh t Metaphysi k wenigsten s i h r e m Z \ v e c ke n a c h aus laute r synthetische n Sätze n a priori. lv I Proleg. : abe r nich t tmmittelba r z u de m Begriffe : Zusat z vo n A 2. m Ma n vgl . S . 5 1 Anm . V . iv Man vgl . S. 51 Anrn . V. 11

Einleitung. 5

VI.1 1

5

9

Allgemeine Aufgab e de r reine n Vernunft . Man gewinn t dadurc h scho n seh r viel , wen n ma n ein e Meng e vo n Untersuchungen unte r di e Forme l eine r einzige n Aufgab e bringe n kann . Denn dadurc h erleichter t ma n sic h nich t allei n selbs t sei n eigene s Ge schäfte, inde m ma n e s sic h gena u bestimmt, sonder n auch jedem anderen , der e s prüfe n will , da s Urtheil , o b wi r unsere m Vorhabe n ei n Genüg e gethan habe n ode r nicht . Di e eigentlich e Aufgab e de r reine n Vernunf t ist nu n i n de r Frag e enthalten : Wi e sin d synthetisch e TTrtheil e a priori möglich ? Dass di e Metaphysi k bishe r i n eine m s o schwankende n Zustande de r Unge\vissheit un d Widersprüch e gebliebe n ist , is t lediglic h de r Ursach e zuzuschreiben, das s ma n sic h dies e Aufgabe , un d vielleich t soga r de n Unterschied de r a n a l y t i s c h e n un d s y n t h e t i s c h e n Urtheil e nich t früher i n Gedanke n komme n ließ . Au f de r Auflösun g diese r Aufgabe , oder eine m genugthuende n Beweise , das s di e Möglichkeit , di e si e erklär t zu wisse n verlangt , i n de r Tha t ga r nich t stattfinde , beruh t nu n da s Stehen un d Falle n de r Metaphysik . D A V I D H U M E , de r diese r Aufgab e unter alle n Philosophe n noc h a m nächste n trat , si e abe r sic h be i weite m nicht bestimm t genu g un d i n ihre r Allgemeinhei t dachte , sonder n blo ß bei de m synthetische n Satz e de r Verknüpfun g de r Wirkun g mi t ihre n Ursachen (principium causalitatis) stehe n blieb, glaubt e herau s z u bringen , 2 0 dass ei n solche r Sat z a priori gänzlic h unmöglic h sei ; un d nac h seine n Schlüssen würd e alles , \va s wi r Metaphysi k nennen , au f eine n bloße n Wahn vo n vermeinte r Vernunfteinsich t desse n hinauslaufen , wa s i n de r That blo ß au s de r Erfahrun g erborgt , un d durc h Gewohnhei t de n Schein de r Nothwendigkei t überkomme n hat ; au f welche , all e rein e Philosophie zerstörend e Behauptun g e r niemal s gefalle n wäre , wen n e r unsere Aufgab e i n ihre r Allgemeinhei t vo r Auge n gehab t hätte , d a e r denn eingesehe n habe n würde , das s nac h seine m Argument e e s auc h keine rein e Mathematik gebe n könnte , wei l dies e gewis s synthetisch e Sätz e a priori enthält , fü r welche r Behauptun g ih n alsden n sei n gute r Verstan d wohl würd e bewahr t haben . In de r Auflösun g obige r Aufgab e is t zugleic h di e Möglichkei t de s reinen Vernunftgebrauch s i n Gründun g un d Ausführun g alle r Wissen schaften, di e ein e theoretisch e Erkenntnis s a priori vo n Gegenstände n enthalten, mi t begriffen , d . i . di e Beantwortun g de r Fragen : 1

Ma n vergl. S . 5 1 Anm . V .

56 Einleitung

.

Wie is t rein e Mathemati k möglich ? Wie is t rein e Naturwissenschaf t möglich ?

Von diese n Wissenschaften , d a si e wirklic h gegebe n sind , läss t sic h nu n wohl geziemen d fragen : wi e si e möglic h sind : den n das s si e möglic h sein müssen , wir d durc h ihr e \Virklichkei t bewiesen*) . Wa s abe r M e t a 21 p h y s i k betrifft , s o mus s ih r bisherige r schlechte r Fortgang , un d wei l man vo n keine r einzige n bishe r vorgetragenen , wa s ihre n wesentliche n Zweck angeht , sage n kann , si e se i wirklic h vorhanden , eine n jede n mi t Grunde a n ihre r Möglichkei t zweifel n lassen . Nun is t abe r dies e Ar t vo n E r k e n t n i s s i n gewisse m Sinn e doc h auch al s gegehe n anzusehen , un d Metaphysi k ist , wen n gleic h nich t al s Wissenschaft, doc h al s Naturanlag e (metapkysica naturalis) \virklich . Den n die menschlich e \ r ernunft geh t unaufhaltsam , ohn e das s bloß e Eitelkei t des Vielwissen s si e daz u bewegt , durc h eigene s Bedürfni s getrieben , bi s zu solche n Frage n fort , di e durc h keine n Erfahrungsgebrauc h de r Vernunft un d dahe r entlehnt e Principie n beantworte t werde n können ; und s o is t wirklic h i n alle n Menschen , s o bal d Vernunf t sic h i n ihne n bis zu r Speculatio n erweitert , irgen d ein e Metaphysi k z u alle r Zei t ge wesen, un d wir d auc h imme r dari n bleiben . Un d nu n is t auc h vo n diese r 22 di e Frage : Wi e is t Metaphysi k al s Naturanlag e möglich ? d . i . wi e entspringen di e Fragen , welch e rein e Vernunf t sic h au f wirft, un d di e sie, so gu t al s si e kann , z u beantworte n durc h ih r eigene s Bedürfnis s getriebe n wird, au s de r Natu r de r allgemeine n Menschenvernunft ? Da sic h abe r be i alle bisherige n Versuchen , dies e natürlich e Fragen , z. B . o h di e Wel t eine n Anfan g habe, ode r vo n Ewigkeit he r se i u. s . w. , zu beantworten , jederzei t unvermeidlich e Widersprüch e gefunde n haben , so kan n ma n e s nich t be i de r bloße n Naturanlag e zu r Metaphysik , d . i . dem reine n Vernunftvermöge n selbst , worau s zwa r imme r irgen d ein e Metaphysik (e s se i welch e e s wolle ) erwächst , bewende n lassen ; sonder n *) Vo n de r reine n Naturwissenschaf t könnt e manche r diese s letzter e noch bezweifeln . Allei n ma n dar f nu r di e verschiedene n Sätze , die i m Anfange der eigentliche n (empirischen ) Physi k vorkommen, nachsehen, al s de n vo n de r Beharrlichkei t derselbe n Quantitä t Materie, vo n de r Trägheit , de r Gleichhei t de r Wirkun g un d Gegenwirkung u . s . w. ; s o wir d ma n bal d überzeug t werden , dass si e ein e Physicam puram (ode r rationalem) ausmachen , di e es woh l verdient , al s eigen e Wissenschaf t i n ihre m enge n ode r weiten, abe r doc h ganze n Umfang e abgesonder t aufgestell t z u werden.

Einleitung. 5

7

es mus s möglic h sein , mi t ih r e s zu r Ge\visshei t z u bringen , entwede r i m Wissen, ode r Nicht-Wisse n de r Gegenstände , d . i . entwede r de r Ent scheidung übe r di e Gegenständ e ihre r Fragen , ode r übe r da s Vermöge n und Unvermöge n de r Vernunf t i n Ansehun g ihre r etwa s z u urtheileu , also entwede r unser e rein e Vernunf t mi t Zuverlässigkei t z u erweitern , oder ih r bestimmt e un d sicher e Schranken z u setzen . Dies e letzt e Frage , die au s de r obige n allgemeine n Aufgab e fließt , würd e mi t Rech t dies e sein: Wi e is t Metaphysi k al s Wissenschaf t möglich ? Die Kriti k de r Vernunf t führ t als o zuletz t nothwendi g zu r Wissen schaft; de r dogmatisch e Gebrauc h derselbe n ohn e Kriti k dagege n au f grundlose Behauptungen , dene n ma n ebe n s o scheinbar e entgegensetze n 2 3 kann, mithi n zu m S c e p t i c i s m u s. Auch kan n dies e Wissenschaf t nich t vo n großer , abschreckende r Weitläufigkeit sein , wei l si e e s nich t mi t Objecte n de r Vernunft , dere n Mannigfaltigkeit unendlic h ist , sonder n e s blo ß mi t sic h selbst , mi t Auf gaben, di e gan z au s ihre m Schöß e entspringen , un d ih r nich t durc h di e Natur de r Dinge , di e vo n ih r unterschiede n sind , sonder n durc h ihr e eigene vorgeleg t sind , z u thu n hat ; d a e s denn , wen n si e zuvo r ihr eige n Vermögen i n Ansehun g de r Gegenstände , di e ih r i n de r Erfahrun g vor kommen mögen , vollständi g ha t kenne n lernen , leich t werde n muss , de n Umfang un d di e Grenze n ihre s übe r all e Erfahrungsgrenze n versuchte n Gebrauchs vollständi g un d siche r z u bestimmen . Man kan n als o un d mus s all e bishe r gemacht e Versuche , ein e Meta physik d o g m a t i s c h z u Stande z u bringen , al s ungeschehe n ansehen ; den n was i n de r eine n ode r de r andere n Analytisches , nemlic h bloß e Zer gliederung de r Begriff e ist , di e unsere r Vernunf t a priori beiwohnen , is t noch ga r nich t de r Zweck , sonder n nu r ein e Veranstaltun g z u de r eigentlichen Metaphysik , nemlic h sein e Erkenntnis s a priori synthetisc h z u er .weitern, un d is t z u diese m untauglich , wei l si e blo ß zeigt , wa s i n diese n Begriffen enthalte n ist , nich t aber,"wi e wi r a priori z u solche n Begriffe n gelangen, u m darnac h auc h ihre n gültige n Gebrauc h i n Ansehun g de r Gegenstände alle r Erkenntniss überhaup t bestimme n z u können . E s gehör t 2 4 auch nu r weni g Selbstverleugnun g dazu , all e dies e Ansprüch e aufzugeben, da di e nich t abzuleugnende , un d i m dogmatische n Verfahre n auc h unver meidliche Widersprüch e de r Vernunf t mi t sic h selbs t jed e bisherig e Meta physik scho n längs t u m ih r Ansehe n gebrach t haben . Meh r Standhaftig keit wir d daz u nöthi g sein , sic h durc h di e Schwierigkei t innerlich , un d den Widerstan d äußerlic h nich t abhalte n z u lassen, ein e de r menschliche n Vernunft unentbehrlich e Wissenschaft , vo n de r ma n woh l jede n hervor -

58 Einleitung

.

geschossenen Stam m abhauen , di e Wurze l abe r nich t ausrotte n kann , durch ein e andere , de r bisherige n gan z entgegengesetzt e Behandlun g endlich einma l z u eine m gedeihliche n un d fruchtbare n Wüchs e z u befördern. 1

VII.11 Idee un d Eintheilun g eine r besondere n Wissenschaft , unte r dem Name n eine r Kriti k de r reine n Vernunft . Aus diese m alle m ergieb t sic h nu n di e Ide e eine r besonder n Wissenschaft, di e K r i t i k de r r e i n e n V e r n u n f t heiße n kann. 111 Den n Ver nunft is t da s Vermögen , welches di e P r i n c i p i en de r Erkeuntnis s a priori an di e Han d giebt . Dahe r is t rein e Vernunf t diejenige , welch e di e Principien, etwa s schlechthi n a priori z u erkennen , enthält . Ei n Or gan o n de r reine n Vernunf t würd e ei n Inbegrif f derjenige n Principie n 25 sein , nac h dene n all e rein e Erkenntniss e a priori könne n erworbe n un d wirklich z u Stand e gebrach t werden . Di e ausführlich e Anwendung eine s solchen Organe n würd e ei n Syste m de r reine n Vernunf t verschaffen . D a dieses abe r seh r vie l verlang t ist , un d e s noch dahi n steht , o b auc h hie r überhaupt eine lv Erweiterun g unsere r Erkenntniss, un d i n welche n Fälle n sie möglic h sei ; s o könne n wi r ein e Wissenschaf t de r bloße n Beur theilung de r reine n Vernunft , ihre r Quelle n un d Grenzen , al s di e P r o p ä d e u t i k zu m Syste m de r reine n Vernunf t ansehen . Ein e solch e würde nich t ein e D o et r i n, sonder n nu r K r i t i k de r reine n Vernunf t heißen müssen , un d ih r Nutze n würd e i n Ansehun g de r Speculation ^ 1

Ma n vergl. S . 51 Anrn . VI . De r nachstehend e Abschnit t fass t de n letzte n Absat z de s Abschnitt s „Von de m Unterschiede . . ." i n A 1, de r sic h a n de 1n S . 51 Anm. V abgedruck ten Absat z anschließt , mi t de m Abschnit t II vo n A (vergl . S . 4 1 Anm . I) zu sammen. 111 A 1 : di e zu r Kriti k de r reine n Vernunf t diene n könn e Es folge n i n A 1 di e i n de m Schlus s de s Abschnitt s I vo n A 2 a n ihre n systematischen Or t gestellte n Bestimmungen : Es heiß t abe r jed e Erkenntnis s r e i n , di e mi t nicht s Fremdartige n vermischt ist . Besonder s abe r wir d ein e Erkenntnis s schlechthi n rei n ge nannt, i n di e sic h überhaup t kein e Erfahrun g ode r Empfindung einmischt , welche mithi n völli g a priori möglic h ist . Nu n is t Vernunf t . . . lv A 1: o b auch überhaup t ein e solch e v i n Ansehun g de r Speculation : Zusat z A 2. 11

Einleitung. 5

9

wirklich nu r negati v sein , nich t zu r Erweiterung , sonder n nu r zu r Läuterung unsere r Vernunf t dienen , un d si e vo n Irrthümer n fre i halten , welches scho n seh r vie l gewonne n ist . Ic h nenn e all e Erkenntnis s t r a n s s c e n d e n t a l . di e sic h nicht sowoh l mi t Gegenständen , sonder n mi t unserer Erkenntnissar t vo n Gegenständen , s o fer n dies e a priori möglic h sein soll 1, überhaupt 8 beschäftigt . Ei n S y s t e m solche r Begriff e würd e T r a n s s c e n d e n t a l - P h i lo s o p h ie heißen . Dies e is t abe r wiederu m für de n Anfan g noch 11 z u viel . Denn , wei l ein e solch e "Wissenschaf t so wohl di e analytisch e Erkenntniss, al s di e synthetische a priori vollständi g enthalten müsste , s o is t sie , s o weit 111 e s unser e Absicht betrifft , vo n z u weitem Umfange , inde m wi r di e Analysi s nu r s o wei t treibe n dürfen , al s sie unentbehrlic h noth\vendig lv ist , u m di e Principie n de r Synthesi s a priori, al s waru m e s un s nu r z u thu n ist , i n ihre m ganze n Umfang e 26 einzusehen. Dies e Untersuchung , di e \vi r eigentlic h nich t Doctrin, sonder n nur transscendental e Kriti k nenne n können , wei l si e nicht di e Erweiterun g der Erkenntniss e selbst , sonder n nu r di e Berichtigun g derselbe n zu r Ab sicht hat , un d de n Probirstei n de s Werth s ode r Unwerth s alle r Erkennt nisse a priori abgebe n soll , is t das , womi t wi r un s jetz t beschäftigen . Eine solch e Kriti k is t demnac h ein e Vorbereitung , womöglic h z u eine m Organen, und , wen n diese s nich t gelinge n sollte , wenigsten s z u eine m Canon derselben , nac h welche m allenfall s dereins t da s vollständige System der Philosophi e de r reine n Vernunft , e s ma g nu n i n Erweiterun g ode r bloßer Begrenzun g ihre r Erkenntnis s bestehen , sowoh l analytisc h al s synthetisch dargestell t werde n könnte . Den n das s diese s möglic h sei , j a class ei n solche s Syste m vo n nich t ga r große m Umfang e sei n könne , u m zu hoffen , e s gan z z u vollenden , läss t sic h scho n zu m vorau s darau s er messen, das s hie r nich t di e Natu r de r Dinge , welch e unerschöpflic h ist , sondern de r Verstand , de r übe r di e Natu r de r Ding e urtheilt , un d auc h dieser wiederu m nu r i n Ansehung seine r Erkenntnis s a priori de n Gegen stand ausmacht , desse n Vorrath , wei l wi r ih n doc h nicht auswärti g suche n dürfen, un s nich t verborge n bleibe n kann , un d alle m Vermuthe n nac h klein genu g ist , u m vollständi g aufgenommen , nac h seine m Werth e ode r Unwerthe beurtheil t un d unte r richtig e Schätzun g gebrach t z u werden . 2 7 [Noch wenige r dar f ma n hie r ein e Kriti k de r Büche r un d System e de r I II

III

A 1 : sonder n mi t unser n Begriffe n a priori vo n Gegenstände n noch : Ziisat z vo n A 3.

A 1: i n s o fer n IV A 1: notin g

60 Einleitung

.

reinen Vernunf t erwarten , sonder n di e de s reine n Vernunftvermögen s selbst. Nu r allein , wen n dies e zu m Grund e liegt , ha t ma n eine n sichere n Probirstein, de n philosophischen Gehalt alte r un d neue r Werk e i n diese m Fache z u schätzen; widrigenfall s beurteil t de r unbefugte Geschichtschreibe r und Richte r grundlos e Behauptunge n andere r durc h sein e eigene , di e eben s o grundlo s sind.] 1 Die Transscendental-Philosophi e is t di e Idee eine r Wissenschaft 11, wo zu di e Kriti k de r reine n Vernunf t de n ganze n Pla n a r c h i t e c t o n i s c h . d. i . au s Principie n entwerfe n soll , mi t völlige r Gewährleistun g der Voll ständigkeit un d Sicherhei t alle r Stücke , di e diese s Gebäud e ausmachen. [Sie is t da s Syste m alle r Principie n de r reine n \ r ernunft.] m Das s dies e Kritik nich t scho n selbs t Transscendental-Philosophi e heißt , beruhe t lediglich darauf , das s sie , u m ei n vollständi g Syste m z u sein , auc h ein e ausführliche Analysi s de r ganze n menschliche n Erkenntniss a priori ent halten müsste . Nu n mus s zwa r unser e Kriti k allerding s auc h ein e voll ständige Herzählun g alle r Stammbegriffe , welch e di e gedacht e rein e Er kenntniss ausmachen , vo r Augen legen . Allei n de r ausführliche n Analysis dieser Begriff e selbst , wi e auc h de r vollständige n Recensio n de r darau s abgeleiteten enthäl t si e sic h billig , theil s wei l diese . Zergliederun g nich t 28 zweckmäßi g wäre , inde m si e di e Bedenklichkei t nich t hat , welch e be i der Synthesi s angetroffe n wird , u m dere n willen , eigentlic h di e ganz e Kritik d a ist , theil s wei l e s de r Einhei t de s Plan s zuwide r wäre , sic h mit de r Verantwortun g de r Vollständigkei t eine r solche n Analysi s un d Ableitung z u befassen, dere n ma n i n Ansehun g seiner Absich t doc h über hoben sei n konnte . Dies e Vollständigkei t de r Zergliederun g sowohl , al s der Ableitun g au s de n künfti g zu liefernde n Begriffen a priori is t indesse n leicht z u ergänzen , wen n si e nu r allerers t al s ausführlich e Principie n de r Synthesis dasind , un d in iv Ansehun g diese r wesentliche n Absich t nicht s ermangelt. Zur Kriti k de r reine n Vernunf t gehört demnac h alles , wa s di e Trans scendental-Philosophie ausmacht , un d si e is t di e vollständig e Ide e de r Transscendental-Philosophie, abe r dies e Wissenschaf t noc h nich t selbst ; i Di e eingeklammerte n Sätz e sin d ei n Zusatz vo1 n A 2. Ma n vgl . A 1. XII . Mit de m nächstfolgende n Absat z beginn t i n A de r Abschnit t II : E i n t h e i l u n g de r T r a n s s c e n d e n t a l - P h i l o s o p h i e . 11 A 1 : is t hie r nu r ein e Ide e ni De r eingeklammert e Sat z is t ei n Zusat z vo n A 2. Iv

A 1: un d ihne n i n

Einleituug. 6

l

weil si e i n de r Analysi s nu r s o wei t geht , al s e s zu r vollständige n Beur theilung de r synthetische n Erkenntnis s a priori erforderlic h ist . Das vornehmst e Augenmerk bei de r Eintheilung eine r solche n Wissenschaft ist : das s ga r kein e Begriff e hineinkomme n müssen , di e irgen d etwas Empirische s i n sic h enthalten , ode r das s di e Erkenntnis s a priori völlig rei n sei . Daher , obzwa r di e oberste n Grundsätz e de r Mofalitä t un d die Grundbegriff e derselbe n Erkenntniss e a priori sind , s o gehöre n si e doch nich t i n di e Transscendental-Philosophie , wei l si e di e Begriffe 1 de r 2 9 Lust un d Unlust , de r Begierde n un d Neigunge n u . s . w. , di e insgesam t empirischen Ursprung s sin d [ , zwa r selbs t nich t zu m Grund e ihre r Vor schriften legen , abe r doc h i m Begriff e de r Pflich t al s Hinderniss , da s überwunden, ode r al s Anreitz , de r nich t zum Be\vegungsgrund e gemach t werden soll, nothwendi g i n di e Abfassun g de s System s de r reine n Sittlichkei t mi t hineinziehen müssen] 11. Dahe r is t di e Transscendental-Philosophi e ein e Weltweisheit de r reinen , bloß speculative!! Vernunft. Den n alles Practische, so fer n e s Triebfedern 111 enthält , bezieh t sic h au f Gefühle , welch e z u empirischen Erkenntnissquelle n gehören . Wenn ma n nu n di e Eintheilun g diese r Wissenschaf t au s de m allge meinen Gesichtspunkt e eines System s überhaup t anstelle n will , s o mus s die, welch e wi r jetz t vortragen , erstlic h ein e E l e m e n t a r - L e h r e , zweitens ein e M e t h o d e n - L e h re de r reine n Vernunf t enthalten . Jede r dieser Haupttheil e würd e sein e Unterabtheilung haben, dere n Gründ e sic h gleichwohl hie r noc h nicht vortrage n lassen . Nu r s o vie l schein t zu r Ein leitung ode r Vorerinnerun g nöthi g z u sein , das s e s zwe i Stamm e de r menschlichen Erkenntnis s gebe , di e vielleicht au s eine r gemeinschaftlichen , aber un s unbekannte n Wurze l entspringen , nemlic h S i n n l i c h k e i t un d V e r s t a n d , durc h dere n erstere n un s Gegenständ e g e g e b e n , durc h de n zweiten abe r g e d a c h t werden . S o fer n nu n di e Sinnlichkei t Vor stellungen a priori enthalte n sollte , welch e di e Bedingun g ausmachen , unter de r un s Gegenständ e gegebe n werden , s o würd e si e zu r Trans - 3 0 scendental-Philosophie gehören . Di e transscendental e Sinnenlehr e würd e zum e r s t e n Theil e de r Elementar-Wissenschaf t gehöre n müssen , wei l di e Bedingungen, worunte r allei n di e Gegenständ e de r menschliche n ErkenntI

A 1: wei l di e Begriff e Stat t de s eingeklammerte n Schlußtheil s vo m Satz e steh t i n A 1: dabei vorausgesetz t werde n müssten . 111 A 1 : Bewegungsgründe II

62 Einleitung

.

niss gegebe n werden , denjenige n vorgehen , unte r welche n selbig e gedacht : werden.1

1

Die Einleitun g z u A 1 läß t sic h au s de m Vorstehenden folgendermaße n herstellen: I. I d e e de r T r a n s s c e n d e u t a l - P h i l o s o p h i e . S. 4 1 Anm . II . — A 2 : Abschn . III , Abs . 1 ; Abs . 2 , Z . 1-9 ; Abs . 3 . Von de m Unterschied e analytische r un d synthetische r U r t h eile. A 2 : Abschn. IV, Abs. 1 . — S2 . 49 , Anm . V. — A 2: Abschn. IV, Abs. 2, Z. 11-21. — S . 50 , Anm . III . — A : Abschn . IV , Abs . 3 . — S . 51 , Anm . VI . — A 2 : Abschn. VII, Abs . l, Z . 1-2; S . 58 Anm . III. — Abschn . VII, Abs . l , Z . 2-49 . II. E i n t h e i l u ng de r T r a n s s c e n d e n t a l - P h i l o s o p h i e . A 2 : Abschn . VII , Abs . 2 , Z . 1-4 . — Abs . 2 , Z . 5-2 3 — A 2: Abschn . VII , Abs. 3 ; Abs . 4 , Z . 1- 8 un d Z . 12-15 ; Abs . 5 .

Kritik der

reinen Vernunft , L

Transscendentale Elementarlehre .

Der 3

Transscendentalen Elementarlehr e Erster Theil .

Die Transscendental e Aesthetik. 1 [§ i·] «

Auf welch e Ar t un d durc h welch e Mitte l sic h auc h imme r ein e Er kenntniss au f Gegenständ e beziehen mag, s o ist doc h diejenige, wodurch sie sich auf dieselbe n unmittelbar bezieht, und worauf alles Denken als Mittel abzweckt, die A n s c h a u u n g. Dies e findet aber nur statt, so fern un s der Gegenstand gegebe n wird ; diese s abe r ist wiederum , uns Mensche n wenigstens111, nur dadurc h möglich , das s e r da s Gemüt h auf gewiss e Weise afficire . Di e Fähigkeit (Receptivität ) Vorstellunge n durch di e Art, wie wi r vo n Gegenständen afficir t werden , z u bekommen , heiß t Sinnlichkeit . Vermittels t der Sinnlichkei t als o werde n un s Gegenständ e g e g e b e n , un d si e allei n liefert un s A n s c h a u u n g e n ; durc h de n Verstan d abe r werde n si e ge 1 Kant s Umarbeitun g de r transscendentale n Aestheti k triff t wesentlic h zwei Punkte . Für s erst e sin d i n Rücksich t au f di e Einschiebun g de r analyti schen Fragestellun g de r Prolegomene n i n di e Einleitun g (vgl . S . 4 1 Anm . I und S . 4 8 Anm . ) di e Abschnitt e i n A 1 „Vo n de m Räume " un d „Vo n de r Zeit" i n j e ein e „Metaphysische " un d ein e „Transscendental e Erörterung " dieser Begriff e getheilt , un d de r Abschnitt „Vo n de m Räume " (nu r dieser ) is t dementsprechend umgestaltet . Sodan n sin d de n „Allgemeine n Anmerkungen 1' mehrere (II—IV ) hinzugefügt , dere n erst e (II ) insbesonder e di e Erörterung vo n A1 übe r de n innere n Sin n ergänzt , währen d di e zweit e (III ) de r Abweh r vo n Missverständnissen dient , welch e Kan t bereit s i n de n Prolegomenen (Anm . III , S. 64—7 1 de r Proleg. ) ausführlic h besproche n hat . n Di e Eintheilun g i n Paragraphe n (vgl . A2 169 ) ist Zusat z vo n A 2, ims Mensche n wenigstens : Zusat z vo n A 2.

Kant's Kriti k de r reine n Vernunft . O

3

66 Elementarlehre

. I . Theil .

d a c h t , un d vo n ih m entspringe n B e g r i f f e . Alle s Denke n abe r mus s sich, e s se i geradez u (directe) ode r i m Umschweif e (indirecte), vermittels t gewisser Merkmale 1 zuletz t au f Anschauungen , mithi n be i un s au f Sinn lichkeit beziehen , wei l un s au f ander e Weis e kei n Gegenstan d gegebe n werden kann . 34 Di e Wirkun g eine s Gegenstande s auf di e Vorstellungsfähigkeit , s o fern wir vo n demselbe n afficir t werden , is t E m p f i n d u n g. Diejenig e Anschauung, welch e sic h au f de n Gegenstan d durc h Empfindun g bezieht , heiß t e m p i r i s c h . De r unbestimmt e Gegenstan d eine r empirische n Anschauung heißt E r s c h e i n u n g . In de r Erscheinun g nenn e ic h das . wa s de r Empfindun g correspondirt , die M a t e r i e derselben , dasjenig e aber, welche s macht , das s da s Mannigfaltige de r Erscheinung i n gewisse n Verhältnisse n geordne t werde n kann 11, nenne ic h di e F o r m de r Erscheinung . D a das , workme n sic h di e Em pfindungen allei n ordnen , un d i n gewiss e For m gestelle t werde n können , nicht selbs t wiederu m Empfindung sei n kann , s o is t un s zwa r di e Materie aller Erscheinung nu r a posteriori gegeben , di e Form derselbe n abe r mus s zu ihne n insgesam t i m Gemüth e 'a priori berei t liegen , un d daher o ab gesondert vo n alle r Empfindun g könne n betrachte t werden . Ich nenn e all e Vorstellunge n r e i n (i m transscendentale n Verstande) , in dene n nichts , wa s zu r Empfindun g gehört , angetroffe n wird . Demnac h wird di e rein e For m sinnliche r Anschauunge n überhaup t i m Gemüth e a priori angetroffe n werden , worinne n alle s Mannigfaltig e de r Erscheinunge n in gewisse n Verhältnisse n angeschaue t wird . Dies e rein e For m de r Sinn lichkeit wir d auc h selber r e i n e A n s c h a u u n g heißen . So , wen n ich von 35 de r Vorstellun g eine s Körper s das , wa s de r Verstan d davo n denkt , al s Substanz, Kraft , Theilbarkei t u . s . w. , imgleiche n wa s davo n zu r Empfin dung gehört , al s Undurchdringlichkeit , Härte , Farb e u . s . w . absondere , so bleib t mi r au s diese r empirische n Anschauun g noch et\va s übrig , nern lich Ausdehnun g un d Gestalt . Dies e gehöre n zu r reine n Anschauung , di e a priori, auc h ohn e eine n wirkliche n Gegenstan d de r Sinn e ode r Empfindung, al s ein e bloß e For m de r Sinnlichkei t i m Gemüth e stattfindet . Eine Wissenschaf t vo n alle n Principie n de r Sinnlichkei t a priori 1

vermittels t gewisser Merkmale : Zusat z von A 3. 11 A 1 : Erscheinung , i n gewisse n Verhältnisse n geordnet , angeschaue t wird

Die Transsceuclentai l Aesthetik . 6

7

nenne ic h di e t r a n s s c e n d e n t a l e Aesthetik*) . E s mu ß als o ein e solche Wissenschaf t geben , di e de n erste n Thei l de r transscendentale n 3 6 Elementarlehre ausmacht , i m Gegensat z derjenigen , welch e di e Principie n des reine n Denken s enthält , un d transscendental e Logi k genann t wird . In de r transscendentale n Aestheti k als o werde n wi r zuers t di e Sinn lichkeit i s o l i r e n , dadurch , das s wi r alle s absondern , wa s de r Verstan d durch sein e Begriff e dabe i denkt , dami t nicht s al s empirisch e Anschauun g übrig bleibe . Zweiten s werde n wi r vo n diese r noc h alles , wa s zu r Em pfindung gehört , abtrennen , dami t nicht s al s rein e Anschauun g und di e bloße For m de r Erscheinunge n übri g bleibe , welche s da s Einzig e ist , da s die Sinnlichkei t a priori liefer n kann . Be i dieser Untersuchun g wird sic h finden, das s e s zwe i rein e Forme n sinnliche r Anschauun g al s Principie n der Erkenntnis s a priori gebe , nemlic h Rau m un d Zeit , mi t dere n Er wägung wi r un s jetz t beschäftige n werden. *) Di e Deutsche n sin d di e einzigen , welch e sic h jetz t de s Wort s A e s t h e t i k bedienen , u m dadurc h da s zu bezeichnen , wa s andr e Kritik de s Geschmack s heißen . E s lieg t hie r ein e verfehlt e Hoffnung zu m Grunde , di e de r vortrefflich e Analys t BAUMGARTE N fasste, di e kritisch e Beurtheilun g de s Schöne n unte r Vernunft principien z u bringen , un d di e Regel n derselbe n zu r Wissenschaf t zu erheben . Allei n dies e Bemühun g is t vergeblich . Den n ge dachte Regel n ode r Kriterie n sin d ihre n vornehmsten 1 Quelle n nach blo ß empirisch , un d könne n als o niemal s z u bestimmten 11 Gesetzen a priori dienen , wornac h sic h unse r Geschmacksurthei l richten müsste ; vielmeh r mach t da s letzter e de n eigentliche n • Probirstei n de r Richtigkei t de r erstere n aus . U m deswille n is t es rathsam , dies e Benennun g entweder 111 wiederu m eingehe n z u lassen un d si e derjenige n Lehr e aufzubehalten , di e wahre Wissen schaft is t (wodurc h ma n auc h de r Sprach e un d de m Sinn e de r Alten nähe r trete n würde , be i dene n di e Eintheilun g de r Er kenntniss i n seh r berühm t war) , oder sich i n di e Benennung mi t de r speculative n Philosophi e z u theilen , un d di e Aesthetik theils i m transscendentale n Sinne , theil s i n psychologi scher Bedeutun g z u nehmen. IV i vornehmsten : Zusat z vo n A 2. bestimmten : Zusat z vo n A 2. III entweder : Zusat z vo n A 2. IV ode r sic h — z u nehmen : Zusat z vo n A 2 ; ebens o di e vorhergehenden Klammerzeichen. 11

5*

68 Elementarlehre

37 De

. I . Theil . Transsc . Aesthetik .

r Transscendentalen Aestheti k Erster Abschnitt .

Von de m Räume . [§ 2 .

Metaphysische Erörterun g diese s Begriffs.]

1

\Termittelst de s äußere n Sinne s (eine r Eigenschaf t unsre s Gemüths ) stellen wi r un s Gegenständ e al s auße r uns , un d dies e insgesam t i m Räume vor . Darinne n is t ihr e Gestalt , Größ e un d Verhältnis s gege n einander bestimm t ode r bestimmbar . De r inner e Sinn , vermittels t desse n das Gemüt h sic h selbs t ode r seinen inneren Zustand anschauet , gieb t zwa r keine Anschauung vo n de r Seel e selbs t al s eine m Object; allei n e s ist doc h eine bestimmte Form, unte r de r die Anschauung ihres innern Zustandes allei n möglich ist , s o das s alles , wa s z u de n inner n Bestimmunge n gehört , i n Verhältnissen de r Zeit vorgestell t wird . Aeußerlic h kann die Zeit nicht angeschaut werden, s o wenig wie der Raum als etwas in uns. Wa s sind nun Raum und Zeit ? Sin d e s wirkliche Wese n ? Sin d es/wa r nu r Bestimmunge n oder auch Verhältnisse de r Dinge, abe r doc h solche, welche ihne n auch an sich zu kommen würden , wen n si e auc h nich t angeschau t würden ; ode r sin d si e solche, di e nu r a n de r For m de r Anschauun g allei n haften , un d mithi n 38 a n de r subjective n Beschaffenhei t unsere s Gemüths , ohn e welch e dies e Prädicate ga r keine m Ding e beigeleg t werde n können ? U m un s hierübe r zu belehren , wolle n wi r zuers t de n Begrif f de s Raume s erörtern 11. [Ic h verstehe abe r unte r E r ö r t e r u n g (expositio) di e deutlich e (wen n gleic h nicht ausführliche ) Vorstellun g dessen , wa s z u eine m Begriff e gehört ; metaphysisch abe r is t di e Erörterung , wen n si e dasjenig e enthält , wa s den Begrif f al s a priori g e g e b e n darstellt.] 111 1) De r Rau m is t kei n empirische r Begriff , de r vo n äußere n Erfah rungen abgezoge n worden . Denn , dami t gewiss e Empfindungen au f etwa s außer mi r bezoge n werde n (d . i . au f etwa s i n eine m änder n Ort e de s Raumes, als darinne n ich mic h befinde) , imgleiche n dami t ich sie als 1

Die Ueberschrif t is t wi e die Paragraphen-Bezeichnun g ei n Zusat z von A . Ma n vgl . S . 6 5 Anm . I tm d S . 7 0 Anm . III . II A 1: zuers t de n Rau m betrachte n III Ic h verstehe . . . darstellt : Zusat z vo n A2. 2

I. Abschnitt . Vo n de m Räume . 6

9

außer un d n e b e n 1 einander , mithi n nich t blo ß verschieden , sonder n al s in verschiedene n Orte n vorstelle n könne , daz u mus s di e Vorstellun g de s Raumes scho n zu m Grund e liegen . Demnac h kan n di e Vorstellun g de s Raumes nich t au s de n Verhältnisse n de r äußer n Erscheinun g durc h Er fahrung erborg t sein , sonder n dies e äußer e Erfahrun g is t selbs t nu r durc h gedachte Vorstellun g allerers t möglich . 2) De r Rau m is t ein e notwendig e Vorstellun g a priori, di e alle n äußeren Anschauunge n zu m Grund e liegt . Ma n kan n sic h niemal s ein e Vorstellung davo n machen , das s kei n Rau m sei , o b ma n sic h gleic h gan z wohl denke n kann , das s kein e Gegenstände dari n angetroffe n werden . E r 3 9 wird als o al s di e Bedingim g de r Möglichkeit de r Erscheinungen , un d nich t als ein e vo n ihne n abhängend e Bestimmung angesehen , un d is t ein e Vor stellung a priori, di e notwendige r "Weis e äußere n Erscheinunge n zu m Grunde liegt 11. 3)m De r Rau m is t kei n discursive r oder , wi e ma n sagt , allgemeine r Begriff vo n Verhältnisse n de r Ding e überhaupt , sonder n ein e rein e An schauung. Den n erstlic h kan n ma n sic h nu r eine n einige n Rau m vor stellen, un d wen n ma n vo n viele n Räume n redet , s o verstehe t ma n dar unter nu r Theil e eine s un d desselbe n alleinige n Raumes . Dies e Theil e können auc h nich t vo r de m einige n allbefassende n Räume, gleichsa m al s dessen Bestandtheil e (darau s sein e Zusammensetzun g möglich sei) , vorher gehen, sonder n nu r i n ih m gedach t werden . E r is t wesentlic h einig ; das Mannigfaltig e in ihm , mithi n auc h de r allgemein e Begriff vo n Räumen 1

un d n e b e n : Zusat z vo n A2. 11 I n A 1 folg t al s 3 ) da s nachstehend e Argument , das in A 2 z u de r transscendentalen Erörterun g de s Begriff s vo m Räum e ( § 3 ) umgearbeite t ist : 3) Auf dies e Nothwendigkei t a priori gründe t sic h die apodictisch e 24 = Gewissheit alle r geometrische n Grundsätze , un d di e Möglichkeit ihre r Con structionen a priori. Wär e nemlic h dies e Vorstellun g de s Raum s ei n a posteriori erworbene r Begriff , de r au s de r allgemei n äußere n Erfahrun g geschöpft wäre , s o würde n di e erste n Grundsätz e de r mathematische n Bestimmung nicht s al s "Wahrnehmunge n sein . Si e hätte n als o all e Zu fälligkeit de r "Wahrnehmung , un d e s wär e ebe n nich t nothwendig , das s zwischen zwee n Punkten nu r ein e gerad e Lini e sei , sonder n di e Erfahrun g würde e s s o jederzei t lehren . Wa s vo n de r Erfahrun g entlehn t ist , ha t auch nu r comparativ e Allgemeinheit, nemlic h durc h Induction . Ma n würde also nu r sage n können : s o vie l zu r Zei t noc h bemerk t worden , is t kei n Raum gefunde n worden , de r meh r al s dre i Abmessunge n hätte . m A 1: 4)

70 Elementarlehre

. I . Theil . Transsc . Aesthetik .

überhaupt, beruh t lediglic h au f Einschränkungen . Hierau s folgt , das s i n Ansehung seine r ein e Anschauung a priori (di e nich t empirisc h ist ) alle n Begriffen vo n demselbe n zu m Grund e liegt 1. S o werde n auc h all e geo metrische Grundsätze , z . E. das s i n eine m Triangel zwe i Seite n zusamme n größer sein , al s di e dritte , niemal s au s allgemeine n Begriffe n vo n Lini e und Triangel , sonder n au s de r Anschauung , un d zwa r a priori mi t apo dictischer Gewisshei t abgeleitet . 4) De r Rau m wir d al s ein e unendlich e g e g e b e n e Größ e vorgestellt . 40 Nu n mus s ma n zwa r eine n jede n Begrif f al s ein e Vorstellung denken , di e in eine r unendliche n Meng e vo n verschiedene n mögliche n Vorstellunge n (als ih r gemeinschaftliche s Merkmal ) enthalte n ist , mithi n dies e u n t e r sich enthält ; abe r kei n Begrif f al s ei n solche r kan n s o gedach t werden , als o b e r ein e unendlich e Meng e vo n Vorstellunge n i n sic h enthielte . Gleichwohl wir d de r Rau m s o gedach t (den n all e Theil e de s Raume s ins Unendlich e sin d zugleich) . Als o is t di e ursprünglich e Vorstellun g vom Räum e A n s c h a u u n g a priori, un d nich t Begriff 11 ..

[§ 3." i Transscendentale Erörterun g de s Begriff s vo m Räume . Ich versteh e unte r eine r t r a n s s c e n d e n t a l e n E r ö r t e r u n g di e Erklärung eine s Begriff s al s eine s Princips, worau s di e Möglichkeit andere r synthetischer Erkenntniss e a priori eingesehe n werde n kann . Z u diese r Absicht wir d erfordert : 1 ) das s wirklic h dergleiche n Erkenntniss e au s dem gegebenen Begriffe herfließen , 2 ) das s diese Erkenntniss e nu r unte r de r Voraussetzung eine r gegebene n Erklärungsar t diese s Begriff s möglic h sind . Geometrie is t ein e Wissenschaft , welch e di e Eigenschaften de s Raums synthetisch, un d doc h a priori bestimmt . Wa s mus s di e Vorstellun g de s Raumes den n sein , dami t ein e solch e Erkenntnis s vo n ih m möglic h sei ? 41 E r mus s ursprünglic h Anschauun g sein ; den n au s eine m bloße n Begriff e I II

A 1 : lieg e

A 1 stat t de s obige n Argument s 4) :

25 5 ) De r Rau m wir d al s ein e unendlich e Größ e gegebe n vorgestellt . Ein allgemeine r Begrif f vo m Räum e (de r sowoh l eine m Fuße , al s eine r Elle gemei n ist ) kan n i n Ansehun g de r Größ e nicht s bestimmen . Wär e es nich t di e Grenzenlosigkei t i m Fortgang e de r Anschauung , s o würd e kein Begrif f 'vo n Verhältnissen ei n Principium de r Unendlichkei t derselbe n bei sic h führen . "i De r § 3 is t ei n Zusat z vo n A 2. Ma n vgl. S . 6 5 Anm . I un d S . 69 Anm. II .

I. Abschnitt . Vo n dem Räume . 7

1

lassen sic h kein e Sätze , di e übe r de n Begrif f hinausgehen , ziehen , welche s doch i n de r Geometri e geschieh t (Einleitung V.) . Abe r dies e Anschauung muss a priori, d . i . vo r alle r Wahrnehmun g eine s Gegenstande s i n un s angetroffen werden , mithi n reine , nich t empirisch e Anschauun g sein . Denn di e geometrische n Sätz e sin d insgesam t apodictisch , d . i . mi t de m Bewusstsein ihre r Notwendigkei t verbunden , z. B . de r Rau m ha t nu r dre i Abmessungen; dergleiche n Sätz e abe r könne n nich t empirisch e ode r Erfahrungsurtheile sein , noc h au s ihne n geschlosse n werde n (Einleit . II.) . Wie kan n nu n ein e äußer e Anschauun g de m Gemüth e beiwohnen , die vo r de n Objecte n selbs t vorhergeht , un d i n welche r de r Begrif f de r letzteren a priori bestimm t werde n kann ? Offenba r nich t anders , al s so fern si e blo ß i m Subjecte , al s di e formal e Beschaffenhei t desselbe n vo n Objecten afficir t z u werden , un d dadurc h u n m i t t e l b a r e Vorstellun g derselben, d . i. A n s c h a u u ng z u bekommen , ihre n Sit z hat , als o nu r al s Form de s äußere n S i n n e s überhaupt . Also mach t allei n unser e Erklärun g di e M ö g l i c h k e i t de r G e o m e t r i e al s eine r synthetische n Erkenntnis s a priori begreiflich . Eine jed e Erklärungsart , di e diese s nich t liefert , wen n si e gleich de m Anscheine nac h mi t ih r einig e Aehnlichkei t hätte , kan n a n diese n Kenn zeichen a m sicherste n vo n ih r unterschiede n werden.]

Schlüsse au s obige n Begriffen . 4

a) De r Rau m stelle t ga r kein e Eigenschaf t irgen d einige r Ding e a n sich, ode r si e in ihre m Verhältniss au f einande r vor, d . i. keine Bestimmung derselben, di e a n Gegenstände n selbs t haftete , un d welch e bliebe , wen n man auc h vo n alle n subjective n Bedingunge n der Anschauun g abstrahirte. Denn wede r absolute , noc h relativ e Bestimmunge n könne n vo r de m Dasein de r Dinge , welche n si e zukommen , mithi n nich t a priori ange schaut werden . h) De r Rau m is t nicht s ander s al s nu r di e Form aller Erscheinunge n äusserer Sinne, d . i. die subjective Bedingung der Sinnlichkeit, unter der allein uns äussere Anschauung möglich ist . Wei l nun di e Receptivität de s Subjects, von Gegenstände n afficir t z u werden , notwendige r Weis e vo r alle n An schauungen diese r Object e vorhergeht , s o läss t sic h verstehen , wi e di e Form alle r Erscheinunge n vo r alle n wirkliche n Wahrnehmungen , mithi n a priori i m Gemüth e gegebe n sei n könne , un d wi e si e al s ein e rein e Anschauung, i n de r all e Gegenständ e bestimmt werde n müssen , Principie n der Verhältniss e derselbe n vo r alle r Erfahrun g enthalte n könne . Wir könne n demnac h nu r au s de m Standpunkt e eine s Mensche n vom Raum , vo n ausgedehnte n Wese n u . s . w. reden . Gehe n wi r vo n de r

2

72 Elementarlehre

. L Theü . Transsc . Aesthetik .

subjcctiven Bedingun g ab, unte r welche r wi r allei n äusser e Anschauun g bekommen können , s o wi e wi r nemlic h vo n de n Gegenstände n afficir t 43 werde n mögen , s o bedeute t di e Vorstellun g vo m Räum e ga r nichts . Dieses Prädica t wir d de n Dinge n nu r i n s o fer n beigelegt , al s si e un s erscheinen, d . i . Gegenständ e de r Sinnlichkei t sind . Di e beständig e Form dieser Receptivität , welch e wi r Sinnlichkei t nennen , is t ein e nothwendig e Bedingung alle r Verhältnisse , darinne n Gegenständ e al s auße r un s ange schauet werden , un d wen n ma n vo n diese n Gegenstände n abstrahirt , ein e reine Auschauung , welch e de n Name n Rau m führet . Wei l wi r di e be sonderen Bedingunge n de r Sinnlichkei t nich t z u Bedingunge n de r Mög lichkeit de r Sachen , sonder n nu r ihre r Erscheinunge n inache n können , s o können wi r woh l sagen , das s de r Rau m all e Ding e befasse , di e un s äußerlich erscheine n mögen , abe r nich t all e Ding e a n sic h selbst , si e mögen nu n angeschau t werde n ode r nicht , ode r auc h vo n welche m Sub ject ma n wolle . Den n wi r könne n vo n de n Anschauunge n andere r denkenden Wesen gar nich t urtheilen , o b sie an die nemliche n Bedingungen gebunden sein , welch e unser e Anschauung einschränken un d fü r un s all gemein gülti g sind . Wen n wi r di e Einschränkun g eine s Urtheil s zu m Begriff de s Subject s hinzufügen , s o gil t da s Urthei l alsden n unbedingt . Der Satz : all e Ding e sin d nebe n einande r i m Raum, gil t unter 1 de r Ein schränkung, wen n dies e Ding e al s Gegenständ e unsere r sinnliche n An schauung genomme n werden. Füg e ic h hie r di e Bedingun g zum Begriffe , und sage : all e Dinge, al s äusser e Erscheinungen , sin d nebe n einande r i m 44 Raum , s o gil t dies e Rege l allgemei n un d ohn e Einschränkung . Unser e Erörterungen lehre n demnac h di e R e a l i t ä t (d . i . 'di e objectiv e Gültig keit) de s Raume s i n Ansehun g alle s dessen , wa s äußerlic h al s Gegen stand un s vorkomme n kann , abe r zugleic h di e I d e a l i t ä t de s Raum s i n Ansehung de r Dinge , wen n si e durc h di e Vernunft a n sic h selbs t erwoge n werden, d . i . ohn e Rücksich t au f di e Beschaffenhei t unserer Sinnlichkei t zu nehmen . Wi r behaupten als o di e e m p i r i s c h e R e a l i t ät de s Raumes (in Ansehun g alle r mögliche n äußere n Erfahrung) , obzwa r die 11 tran s s c e n d e n t a l e I d e a l i t ä t desselben , d . i . das s e r Nichts sei , sobal d wi r die Bedingun g de r Möglichkei t alle r Erfahrun g weglassen , un d ih n al s etwas, wa s de n Dinge n a n sic h selbs t zu m Grund e liegt , annehmen . Es gieb t abe r auc h auße r de m Raum kein e ander e subjectiv e un d au f etwas A e u ß e r e s bezogen e Vorstellung, di e a priori objecti v heiße n könnte. [Denn ma n kan n vo n keine r derselbe n synthetisch e Sätz e a priori, wi e 1 11

A 1: gil t nu r unte r A 1: o b zwa r zugleic h di e

I. Abschnitt . Vo n de m Räume . 7

3

von de r Anschauun g i m Räume , herleite n ( § 3) . Dahe r ihnen , gena u z u reden, ga r kein e Idealitä t zukommt , o b si e gleic h dari n mi t de r Vor stellung de s Raume s ühereinkommen , das s si e blo ß zu r subjective n Be schaffenheit de r Sinnesar t gehören , z . B . de s Gesichts , Gehörs , Gefühl s durch di e Empfindunge n de r Farben , Tön e un d "Wärme , di e aber , wei l sie blo ß Empfindungen, un d nich t Anschauunge n sind, a n sic h kei n Object , am wenigste n a priori erkenne n lassen.] 1 Die Absich t diese r Anmerkun g geh t nu r dahin : z u verhüten , das s 4 5 man di e behauptet e Idealitä t de s Raume s nich t durc h be i weite m unzu längliche Beispiel e z u erläuter n sic h einfalle n lasse , d a nämlic h etw a Farben, Geschmac k u. s . w . mi t Rech t nicht al s Beschaffenheiten de r Dinge, sondern blo ß al s Veränderunge n unsere s Subjects , di e soga r be i ver schiedenen Mensche n verschiede n sei n können, betrachte t werden . Den n in diese m Fall e gil t das , wa s ursprünglic h selbs t nu r Erscheinun g ist , z. B . ein e Rose , i m empirische n Verstande fü r ei n Din g a n sic h selbst , i Stat t de r eingeklammerten Sätz e steh t i n A 1: | Daher dies e subjectiv e Bedingun g alle r äußere n Erscheinunge n mi t keiner änder n kan n vergliche n werden . De r "Wohlgeschmac k eines "Weine s gehört nich t z u de n objective n Bestimmunge n de s Weines , mithi n eines Object s soga r al s Erscheinun g betrachtet , sonder n z u de r be sondern Beschaffenhei t de s Sinne s a n de m Subjecte , wa s ih n genießt . Di e Farben sin d nich t Beschaffenheite n der Körper, dere n Anschauun g si e an hängen, sonder n auc h nu r Modificatione n de s Sinnes de s Gesichts , welche s vom Licht e au f gewiss e "Weis e afficir t wird . Dagege n gehör t de r Rau m als Bedingun g äußere r Object e notwendige r Weis e zu r Erscheinun g ode r Anschauung derselben . Geschmac k un d jFarbe n sin d ga r nich t noth wendige Bedingungen , unte r welche n di e Gegenständ e allei n fü r un s Ob jecte de r Sinne werden können . Si e sind nur als zufällig beigefügte Wirkungen der besonder n Organisatio n mi t de r Erscheinun g verbunden . Dahe r sin d sie auc h kein e Vorstellunge n a priori, sonder n au f Empfindung , de r Wohlgeschmack abe r soga r au f Gefüh l (de r Lus t un d Unlust ) al s eine r Wirkung de r Empfindun g gegründet. Auc h kan n nieman d a priori wede r eine Vorstellun g eine r Farbe , noc h irgen d eine s Geschmack s haben : de r Raum abe r betriff t nu r di e rein e For m de r Anschauung , schließ t als o ga r keine Empfindun g (nicht s Empirisches ) i n sich , un d all e Arte n un d Be stimmungen de s Raume s könne n un d müsse n soga r priori vorgestell t werden können , wen n Begriff e de r Gestalte n sowohl , al s Verhältniss e ent stehen sollen . Durc h denselbe n is t e s allei n möglich , das s Dinge fü r un s äußere Gegenständ e sein .

74 Elementarlehre

. I . Theil . Transsc . Aesthetik .

welches doc h jede m Aug e i n Ansehung de r Farb e ander s erscheine n kann . Dagegen is t de r transscendental e Begrif f de r Erscheinunge n i m Räum e eine kritisch e Erinnerung , das s überhaup t nichts , wa s i m Saum e ange schaut wird , ein e Sach e a n sich , noc h das s de r Rau m ein e For m de r Dinge sei , di e ihne n etw a a n sic h selbs t eige n wäre , sonder n das s un s die Gegenständ e a n sic h ga r nich t bekann t sein , und , wa s wi r äußer e Gegenstände nennen , nicht s ander s al s bloß e Vorstellunge n unsere r Sinn lichkeit sein , dere n For m de r Rau m ist , dere n wahre s Correlatu m aber , d. i . da s Din g a n sic h selbst , dadurc h ga r nich t erkann t wird , noc h erkannt werde n kann , nac h welche m abe r auc h i n de r Erfahrun g niemal s gefragt wird .

46 De

r

Tr a n s s c en d e n t a l en A e s t h e t i k Zweiter Abschnitt . Von de r Zeit .

[§ *· ] Metaphysische Erörterun g de s Begriff s de r Zeit.

1

Die Zei t is t 1 ) kei n empirische r Begriff , de r irgen d vo n eine r Er fahrung abgezoge n worden. Den n da s Zugleichsei n ode r Aufeinanderfolge n würde selbs t nich t i n di e Wahrnehmun g kommen , wen n di e Vorstellun g der Zei t nich t a priori zu m Grunde läge, Nu r unte r dere n Voraussetzung kann ma n sic h vorstellen , das s einige s z u eine r un d derselben Zei t (zu gleich) ode r i n verschiedene n Zeite n (nac h einander ) sei . 2) Di e Zeit is t ein e nothwendige Vorstellung , di e allen Anschauunge n zum Grund e liegt . Ma n kan n i n Ansehun g de r Erscheinungen überhaup t die Zeit selbsten nich t aufheben, ob man zwa r gan z woh l die Erscheinungen aus de r Zei t wegnehme n kann . Di e Zei t is t als o a priori gegeben . I n ihr allei n is t all e Wirklichkei t de r Erscheinunge n möglich . Dies e könne n insgesamt wegfallen , abe r si e selbs t (al s di e allgemein e Bedingun g ihre r Möglichkeit) kan n nich t aufgehobe n werden . 1

Di e Ueberschrift is t wi e die Paragraphen-Bezeichnung ei n Zusatz vo n A2.

II. Abschnitt . To n de r Zeit . 7

5

3) An f dies e ?soth\vendigkei t a priori gründe t sic h auc h di e Mög - 4 7 lichkeit apodictische r Grundsätz e vo n de n \ Terhältnissen de r Zei t ode r Axiomen vo n de r Zei t überhaupt . Si e ha t nu r Ein e Dimension : ver schiedene Zeite n sin d nich t zugleich , sondern nac h einande r (s o wi e ver schiedene Räum e nich t nac h einander , sonder n zugleic h sind) . Dies e Grundsätze könne n au s de r Erfahrun g nich t gezoge n werden , den n dies e würde wede r streng e Allgemeinheit , noc h apodictisch e Gewisshei t geben . "Wir würde n nu r sage n können : s o lehr t e s di e gemein e Wahrnehmung ; nicht aber : s o mus s e s sic h verhalten . Dies e Grundsätz e gelte n al s Regeln, unte r dene n überhaup t Erfahrunge n möglic h sind , un d belehre n uns vo r derselben , un d nich t durc h dieselbe . 4) Di e Zei t is t kei n discursive r oder , wi e ma n ih n nennt , allge meiner Begriff , sonder n ein e rein e For m de r sinnliche n Anschauung . Verschiedene Zeite n sin d nu r Theil e ebe n derselbe n Zeit . Di e Vorstellung , die nu r durc h eine n einzige n Gegenstan d gegebe n werde n kann , is t abe r Anschauung. Auc h würd e sic h de r Satz , das s verschieden e Zeite n nich t zugleich sei n können , au s eine m allgemeine n Begrif f nich t herleite n lassen . Der Sat z is t synthetisch , un d kan n au s Begriffe n allei n nich t entspringen. Er is t als o i n de r Anschauun g un d Vorstellun g de r Zei t unmittelba r enthalten. 5) Di e Unendlichkei t de r Zei t bedeute t nicht s weiter , al s das s all e bestimmte Groß e de r Zei t nu r durc h Einschränkunge n eine r einige n zu m 4 8 Grunde liegende n Zei t möglic h sei . Dahe r mus s di e ursprünglich e Vor stellung Zei t al s uneingeschränk t gegebe n seiu . Wovo n abe r di e Theile selbst, un d jed e Größ e eine s Gegenstandes , nu r durc h Einschränkun g bestimmt vorgestell t werde n können , d a mus s di e ganz e Vorstellung nich t durch Begriff e gegebe n sei n (den n di e enthalte n nu r Theilvorstellungen) 1, sondern e s mu ß ihnen 11 unmittelbar e Anschauun g zu m Grund e liegen .

[§ 5."i Transscendentale Erörterun g de s Begriff s de r Zeit . Ich kan n mic h deshal b au f Nr . 3 berufen , w o ich , u m kur z z u sein , das, wa s eigentlic h transscendenta l ist , unte r di e Artikel der metaphysische n Erörterung gesetz t habe . Hie r füg e ic h noc h hinzu : das s de r Begrif f de r Veränderung, un d mi t ih m de r Begrif f de r Bewegun g (al s Veränderun g des 1

A 1 : den n d a gehe n di e Theilvorstellunge n vorhe r n A' : ihr e 111 De r § 5 is t ei n Zxisat z vo n A 2, Ma n vgl . S . 7 0 Anm . III .

76 Elementarlehre

. I . Theil . Transsc . Aesthetik .

Orts), nu r durch und i n derZeitvovstellun g möglich ist; dass , wenn diese Vorstellung nich t Anschauung (innere) a priori wäre , kei n Begriff , welche r e s auch sei , di e Möglichkeit eine r Veränderung , d . i . eine r Verbindun g contra dictorisch entgegengesetzte r Prädicat e (z . B . da s Sei n a n eine m Ort e un d •das Nichtsei n ebe n desselbe n Dinges a n demselbe n Orte) i n eine m un d dem selben Object e begreiflic h mache n könnte . Nu r i n de r Zei t können beide 49 contradictorisc h entgegengesetzt e Bestimmunge n i n eine m Dinge , nämlic h n a c h e i n a n d e r anzutreffe n sein . Als o erklär t unse r Zeitbegrif f di e Möglichkeit s o viele r synthetische r Erkenntnis s a priori, al s di e allgemeine Bewegungslehre, di e nich t weni g fruchtba r ist , darlegt. ]

[§ 6- 1

Schlüsse au s diese n Begriffen . a) Di e Zei t is t nich t etwas , wa s fü r sic h selbs t bestünd e ode r de n Dingen al s objectiv e Bestimmung anhinge , mithi n übrig bliebe, wen n ma n von alle n subjective n Bedingunge n der Anschauun g derselbe n abstrahirt ; denn i m erste n Fal l würd e si e etwa s sein , wa s ohn e wirkliche n Gegen stand dennoc h wirklic h wäre . Wa s abe r da s zweit e betrifft , s o könnt e sie al s ein e de n Dinge n selbs t anbangend e Bestimmun g ode r Ordnun g nicht vo r de n Gegenstände n al s ihr e Bedingun g vorhergehen , un d a priori durc h synthetisch e Sätz e erkann t un d angeschau t werden. Diese s letztere finde t dagege n seh r woh l statt , wen n di e Zeit nicht s al s di e sub jective Bedingun g ist , unte r de r all e Anschauunge n i n un s stattfinde n können. Den n d a kan n dies e For m de r inner n Anschauun g vo r de n Gegenständen, mithi n a priori vorgestell t werden . b) Di e Zei t is t nicht s ander s al s di e For m de s inner n Sinnes , d . i . des Anschauen s unsere r selbs t un d unsere s inner n Zustandes . Den n di e Zeit kan n kein e Bestimmun g äußere r Erscheinunge n sein : si e gehöre t 50 wede r z u eine r Gestalt , ode r Lage u . s . w. ; dagege n bestimm t si e das Verhältniss de r Vorstellunge n i n unser m inner n Zustande . Un d ebe n wei l diese innre Anschauun g kein e Gestal t giebt , suche n wi r auc h diese n Mange l durch Analogie n z u ersetzen , un d stelle n di e Zeitfolg e durc h ein e in s Unendliche fortgehend e Lini e vor, i n welche r da s Mannigfaltige ein e Reihe ausmacht, di e nu r vo n eine r Dimensio n ist , un d schließe n au s de n Eigen schaften diese r Lini e au f all e Eigenschafte n de r Zeit , auße r de m Einigen , dass di e Theil e de r erste n zugleich , di e de r letzter n abe r jederzei t nac h einander sind . Hierau s erhelle t auch , das s di e Vorstellun g de r Zei t selbs t Anschauung sei , wei l all e ihr e Verhältniss e sic h a n eine r äußer n An schauung ausdrücke n lassen .

II. Abschnitt . Vo n de r Zeit . 7

7

c) Di e Zei t is t di e formal e Bedingun g a priori alle r Erscheinunge n überhaupt. De r Raum, al s di e rein e For m alle r äußere n Anschauung , is t als Bedingun g prior i blo ß au f äußer e Erscheinunge n eingeschränkt . Dagegen, wei l all e Vorstellungen , :si e möge n nu n äußer e Ding e zu m Gegenstande habe n ode r nicht , doc h a n sic h selbst , al s Bestimmungen des Gemüths, zu m innern Zustand e gehören ; diese r inner e Zustand abe r unte r der formale n Bedingun g de r inner n Anschauung, mithin de r Zeit gehöret : so is t di e Zei t ein e Bedingun g a priori vo n alle r Erscheinung überhaupt, und zwa r di e unmittelbar e Bedingun g de r innere n (unsere r Seelen) , un d eben dadurc h mittelba r auc h de r äußer n Erscheinungen . Wen n ic h 5 1 a priori sage n kann : all e äußer e Erscheinunge n sin d i m Räume un d nach den Verhältnisse n de s Raume s a priori bestimmt , s o kan n ic h au s de m Princip de s inner n Sinne s gan z allgemei n sagen : all e Erscheinunge n überhaupt, d . i . all e Gegenständ e der , Sinne , sin d i n de r Zei t un d stehe n nothwendiger "Weis e i n Verhältnisse n de r Zeit . Wenn wi r vo n u n s r e r Art , un s selbs t innerlic h anzuschauen , un d vermittelst diese r Anschauun g auc h all e äußer e Anschauunge n i n de r Vorstellungs-Kraft z u befassen , abstrahiren , un d mithi n di e Gegenständ e nehmen, s o wi e si e a n sic h selbs t sei n mögen , s o is t di e Zei t nichts . Sie is t nu r vo n objective r Gültigkei t i n Ansehun g de r Erscheinungen , weil diese s scho n Ding e sind , di e wi r al s G e g e n s t ä n d e u n s e r e r Sinne annehmen ; abe r si e is t nich t meh r objectiv , wen n ma n vo n de r Sinnlichkeit unsere r Anschauung , mithin derjenige n Vorstellungsart , welch e uns eigentümlic h ist , abstrahirt , un d vo n D i n g e n ü b e r h a u p t redet . Die Zei t is t als o lediglic h ein e subjectiv e Bedingun g unsere r (mensch lichen) Anschauun g (welch e jederzei t sinnlic h ist , d . i . s o fer n wi r vo n Gegenständen afficir t werden) , un d a n sich , auße r de m Subjecte , nichts . Nichts dest o wenige r is t si e i n Ansehun g alle r Erscheinungen , mithi n auch alle r Dinge , di e un s i n de r Erfahrun g vorkomme n können , noth wendiger Weis e objectiv . Wi r könne n nich t sagen : all e Ding e sin d i n der Zeit , wei l be i de m Begrif f de r Ding e überhaup t vo n alle r Ar t de r 5 2 Anschauung derselbe n abstrahir t wird , dies e abe r di e eigentlich e Be dingung ist , unte r de r di e Zei t i n di e Vorstellun g de r Gegenständ e ge hört. Wir d nu n di e Bedingun g zum Begriff e hinzugefügt , un d e s heißt : alle Dinge , al s Erscheinunge n (Gegenständ e de r sinnliche n Anschauung) , sind i n de r Zeit ; s o ha t de r Grundsat z sein e gut e objectiv e Richtigkei t und Allgemeinhei t a priori. unsere Behauptunge n lehre n demnac h e m p i r i s c h e Realitä t de r Zeit, d . i . objectiv e Gültigkei t i n Ansehun g alle r Gegenstände , di e jemal s

78 Elemeiitarlehre

. I . Theil . Transsc . Aesthetik .

unsern Sinne n gegebe n werde n mögen . Un d d a unser e Anschauun g jeder zeit sinnlic h ist , s o kan n un s i n de r Erfahrun g niemal s ei n Gegenstan d gegeben werden , de r nich t unte r di e Bedingun g der Zei t gehörete . Da gegen bestreitei i wi r de r Zei t alle n Anspruch au f absolut e Realität , d a sie nemlich, auc h ohn e au f di e Form unsere r sinnlichen Anschauung Rücksicht zu nehmen , schlechthi n de n Dinge n al s Bedingun g ode r Eigenschaf t an hinge. Solch e Eigenschaften, di e de n Dinge n a n sic h zukommen , können uns durc h di e Sinn e auc h niemal s gegebe n werden . Hieri n besteh t als o die t r a n s s c e u d e n t a l e I d e a l i t ä t de r Zeit , nac h welche r sie , wen n man vo n de n subjectiven Bedingungen der sinnliche n Anschauung abstrahirt, gar nicht s ist , un d de n Gegenstände n an sic h selbs t (ohn e ih r Verhältnis s auf unser e Anschauung ) wede r subsistiren d noc h inhäriren d beigezähl t 53 werde n kann . Doc h is t dies e Idealität, ebe n so weni g wie di e de s Raumes, mit de n Subreptione n de r Empfindunge n in Vergleichun g z u stellen , \vei l man doc h dabe i vo n de r Erscheinung selbst , de r dies e Prädicat e inhäriren . voraussetzt, das s si e objectiv e Realitä t habe , di e hie r gänzlic h wegfällt , außer s o fer n si e blo ß empirisc h ist , d . i . de n Gegenstan d selbs t blo ß al s Erscheinung ansieht : wovo n di e obige Anmerkun g de s erstere n Abschnitts nachzusehen ist . [§ 7· ]

Erläuterung. Wider dies e Theorie , welch e de r Zei t empirisch e Realitä t zugestehet , aber di e absolut e un d transscendental e bestreitet , hab e ic h vo n ein sehenden Männer n eine n Einwur f s o einstimmi g vernommen , das s ic h daraus abnehme , e r müss e sic h natürliche r Weis e be i jede m Leser , de m diese Betrachtunge n ungewohn t sind , vorfinden . E r laute t also : Ver änderungen sin d wirklic h (die s beweise t de r Wechse l unsere r eigene n Vorstellungen, wen n ma n gleic h all e äußer e Erscheinunge n sam t dere n Veränderungen leugne n wollte) . Nu n sin d Veränderunge n nu r i n de r Zeit möglich : folglic h is t di e Zei t etwa s Wirkliches . Di e Beantwortung hat kein e Schwierigkeit . Ic h geb e da s ganz e Argumen t zu . Di e Zeit is t allerdings etwa s Wirkliches , nämlic h di e wirklich e For m de r inner n An schauung. Si e ha t als o subjectiv e Realitä t i n Ansehun g de r inner n Er 54 fahrung , d . i . ic h hab e wirklic h di e Vorstellun g vo n der Zei t un d meine n Bestimmungen i n ihr . Si e is t als o wirklich , nich t al s Object , sonder n als die Vorstellungsar t meine r selbs t al s Object s anzusehen . Wen n abe r ic h selbst ode r ein ande r Wese n mic h ohn e dies e Bedingung der Sinnlichkei t anschauen könnte , s o würde n ebe n dieselbe n Bestimmungen , di e wi r un s jetzt al s Veränderungen vorstellen, ein e Erkenntniss geben , i n welche r di e

II. Abschnitt . Erläuterungen . 7

9

Vorstellung de r Zeit , mithi n auc h de r Veränderun g ga r nich t vorkäme . Es bleib t als o ihr e empirisch e Realitä t al s Bedingun g alle r unsre r Er fahrungen. Nu r di e absolut e Realitä t kan n ih r nac h dei n obe n Ange führten nich t zugestande n werden . Si e is t nicht s al s di e For m unsre r inneren Anschauung*) . Wen n ma n vo n ih r di e besonder e Bedingun g unserer Sinnlichkei t wegnimmt , s o schwinde t auc h de r Begrif f de r Zeit , und si e häng t nich t a n de n Gegenstände n selbst , sonder n blo ß a m Sub jecte, welche s si e anschauet . Die Ursach e aber , weswege n diese r Einwar f s o einstimmi g gemach t wird, un d zwa r vo n denen , di e gleichwoh l gege n di e Lehr e vo n de r Idealität de s Raume s nicht s Einleuchtende s einzuwenden wissen , is t diese . 5 5 Die absolut e Realitä t de s Raume s hoffete n si e nich t apodictisc h darthu n zu können , wei l ihne n de r Idealismu s entgegensteht , nac h welche m di e Wirklichkeit äußere r Gegenständ e keine s strenge n Beweise s fähi g ist : dagegen di e de s Gegenstande s unsere r inner n Sinne n (meine r selbs t un d meines Zustaudes ) unmittelbar durch s Bewusstsein kla r ist . Jen e konnte n ein bloße r Schei n sein , diese r abe r is t ihre r Meinun g nac h unleugba r etwas Wirkliches . Si e bedachte n abe r nicht , das s beide , ohn e das s ma n ihre \Virklichkei t al s Vorstellunge n bestreite n darf , gleichwoh l nu r zu r Erscheinung gehören , welch e jederzei t zwe i Seite n hat , di e eine , d a da s Object a n sic h selbs t betrachte t wir d (unangesehe n de r Art , dasselb e an zuschauen, desse n Beschaffenhei t abe r ebe n daru m jederzeit problematisc h bleibt), di e andere , d a au f di e For m de r Anschauun g diese s Gegenstande s gesehen wird , welch e nich t i n de m Gegenstand e a n sic h selbst , sonder n im Subjecte , de m derselb e erscheint , gesuch t werde n muss , gleichwoh l aber de r Erscheinun g diese s Gegenstande s wirklic h un d nothwendi g zukommt. Zeit un d Rau m sin d demnac h zwe i Erkenntnissquellen , au s dene n a priori verschieden e synthetisch e Erkenntniss e geschöpf t werde n können , wie vornehmlic h di e rein e Mathemati k i n Ansehung de r Erkenntnisse vo m Räume un d desse n Verhältnisse n ei n glänzende s Beispie l giebt . Si e sin d 5 6 nerulich beid e zusammengenomme n reine Forme n alle r sinnliche n Anschau ung, un d mache n dadurc h synthetisch e Sätz e a priori möglich . Abe r diese Erkenntnissquelle n a priori bestimme n sic h ebe n dadurc h (das s si e *) Ic h kan n zwa r sagen : mein e Vorstellunge n folge n einander ; abe r das heiß t nur , wi r sin d un s ihre r al s i n eine r Zeitfolge , d . i . nach de r For m de s inner n Sinne s bewusst . Di e Zei t is t daru m nicht etwa s a n sic h selbst , auc h kein e de n Dinge n objecti v an hängende Bestimmung .

80 Elementarlehre

. I . Theil . Transsc . Aesthetik .

bloß Bedingunge n de r Sinnlichkei t sein ) ihr e Grenzen , nemlic h das s si e bloß au f Gegenständ e gehen , s o fer n si e al s Erscheinunge n betrachte t \verden, nich t abe r Ding e a n sic h selbs t darstellen . Jen e allei n sin d da s Feld ihre r Gültigkeit , worau s wen n ma n hinausgehet , weite r kei n objec tiver Gebrauc h derselbe n stattfindet . Dies e Realitä t de s Raumes un d de r Zeit läss t übrigen s di e Sicherhei t de r Erfahrungserkenntnis s unangetastet : denn wi r sin d derselbe n ebe n s o gewiss , o b dies e Forme n de n Dingen a n sich selbst , ode r nu r unsre r Anschauun g diese r Ding e nothwendige r Weis e anhängen. Dagege n die , s o di e absolut e Realitä t de s Raume s un d de r Zeit behaupten , si e möge n si e nu n al s subsistiren d ode r nu r inhäriren d annehmen, mi t de n Principie n de r Erfahrun g selbs t uneini g sei n müssen . Denn entschließe n si e sic h zu m erstere n (welche s gemeiniglic h di e Partei der mathematische n Naturforsche r ist) , s o müsse n si e zwei ewig e und un endliche, fü r sic h bestehend e Unding e (Raum un d Zeit ) annehmen , welch e dasind (ohn e das s doc h etwa s Wirkliche s ist) , nu r u m alle s \Virklich e i n sich z u befassen . Nehme n si e di e zweit e Parte i (vo n de r einig e meta physische Naturlehrer sind) , un d Rau m un d Zei t gelte n ihne n al s vo n de r 57 Erfahrun g abstrahirte , obzwa r i n de r Absonderun g verworren vorgestellt e Verhältnisse de r Erscheinunge n (nebe n ode r nac h einander) ; s o müsse n sie de n mathematische n Lehre n a priori i n Ansehun g wirkliche r Ding e (z. E . i m Räume ) ihr e Gültigkeit , wenigsten s di e apodictisch e Gewisshei t bestreiten, inde m dies e a posteriori ga r nich t stattfindet , un d di e Bogriff e a priori vo n Rau m un d Zei t diese r Meinun g nac h nu r Geschöpf e de r Einbildungskraft sind , dere n Quel l wirklic h i n de r Erfahrun g gesuch t werden muss , au s dere n abstrahirte n Verhältnisse n di e Einbildun g etwa s gemacht hat , wa s zwa r da s Allgemein e derselbe n enthält , abe r ohn e di e Restrictionen, \velch e di e Natu r mi t denselbe n verknüpf t hat , nich t statt finden kann . Di e erstere n gewinne n s o viel , das s si e fü r di e mathemati schen Behauptunge n sic h da s Fel d de r Erscheinunge n fre i machen . Da gegen verwirre n si e sic h seh r durc h ebe n dies e Bedingungen , wen n de r Verstand übe r diese s Fel d hinausgehe n will . Di e zweiten gewinne n zwa r in Ansehung de s letzteren , nämlic h das s di e Vorstellungen vo n Raum un d Zeit ihne n nich t i n de n We g kommen , wen n si e vo n Gegenstände n nich t als Erscheinungen, sonder n blo ß i m Verhältniss auf de n Verstan d urtheile n wollen; könne n abe r wede r vo n de r Möglichkei t mathematische r Erkennt nisse a priori (inde m ihne n ein e wahr e un d objecti v gültig e Anschauun g a priori fehlt ) Grun d angeben , noc h di e Erfahrungssätz e mi t jene n Be 58 hauptunge n i n nothwendig e Einstimmun g bringen . I n unsere r Theori e von de r wahre n Beschaffenhei t diese r zwe i ursprüngliche n Forme n de r Sinnlichkeit is t beide n Schwierigkeite n abgeholfen .

II. Abschnitt . Anmerkungen . 8

1

Dass schließlic h di e transscendental e Aestheti k nich t meh r al s dies e zwei Elemente , nämlic h Rau m un d Zei t enthalte n könne , is t darau s klar , weil all e andr e zu r Sinnlichkeit gehörig e Begriffe, selbs t de r de r Bewegung, welcher heid e Stück e vereiniget , etwa s Empirische s voraussetzen . Den n diese setz t di e Wahrnehmun g von etwa s Bewegliche m voraus . I m Raum, an sic h selbs t betrachtet , is t abe r nicht s Bewegliches : dahe r da s Beweg liche etwa s sei n muss , wa s i m R ä u m e nu r d u r c h E r f a h r u ng gefunde n wird, mithi n ei n empirische s Datum . Ebe n s o kan n di e transscendental e Aesthetik nich t de n Begrif f de r Veränderun g unte r ihr e Dat a a priori zählen: den n di e Zei t selbs t veränder t sic h nicht , sonder n etwas , da s i n der Zei t ist . Als o wir d daz u di e Wahrnehmun g von irgen d eine m Dasein und de r Successio n seine r Bestimmungen , mithin Erfahrun g erfordert .

[§ 8. ] 0

9

Allgemeine Anmerkunge n zur

Transscendentalen Aesthetik . I.1 Zuers t \vir d e s nöthi g sein , un s s o deutlic h al s möglic h z u er klären, wa s in Ansehung der Grundbeschaffenheit de r sinnliche n Erkenntniss überhaupt unsr e Meinun g sei , u m alle r Missdeutun g derselben vorzubeugen . Wir habe n als o sage n wollen : das s all e unsr e Anschauung nicht s al s die Vorstellun g vo n Erscheinun g sei ; das s di e Dinge , di e wi r anschauen , nicht da s a n sic h selbs t sind , wofü r wi r si e anschauen , noc h ihr e Ver hältnisse s o a n sic h selbs t beschaffe n sind , al s si e un s erscheinen , un d dass, wen n wi r unse r Subjec t ode r auc h nu r di e subjectiv e Beschaffenhei t der Sinn e überhaup t aufheben , all e di e Beschaffenheit , all e Verhältniss e der Object e i m Rau m un d Zeit , j a selbs t Rau m un d Zei t verschwinde n würden, un d al s Erscheinunge n nich t a n sic h selbst , sonder n nu r i n un s existiren können . Wa s e s fü r ein e Bewandtnis s mi t de n Gegenstände n a n sich un d abgesonder t vo n alle r diese r Receptivitä t unsere r Sinnlichkei t haben möge , bleib t un s gänzlic h unbekannt . Wi r kenne n nicht s al s unser e Art si e wahrzunehmen , di e un s eigenthümlic h ist , di e auc h nich t noth wendig jedem Wesen , obzwa r jedem Menschen zukommen muss . Mi t dieser haben wi r e s lediglic h z u thun . Rau m un d Zei t sin d di e reine n Forme n 6 0 derselben, Empfindun g überhaup t di e Materie . Jen e könne n wi r allei n a priori d . i. vo r alle r wirkliche n Wahrnehmung erkennen , un d si e heiße t Die Ziffe r I. : Zusat z vo n A 3. Ma n vgl . S . 65 Anm . I un d S . 85 Anm . I. Kant's Kriti k de r reine n Vernunft . O

82 Elementarlehre

. I . Theil . Traussc . Aesthetik .

darum rein e Anschauung ; dies e abe r is t da s i n unserr o Erkenntniss , wa s da macht , das s e s Erkenntnis s a poste?-iori, d . i . empirisch e Anschauun g heißt. Jen e hängen unsre r Sinnlichkei t schlechthin nothwendig an. welche r Art auc h unsere Empfindungen sei n mögen ; dies e könne n seh r verschiede n sein. Wen n wi r dies e unsr e Anschauun g auc h zu m höchste n Grad e de r Deutlichkeit bringe n könnten , s o würde n wi r dadurc h de r Beschaffenhei t der Gegenständ e a n sic h selbs t nich t nähe r kommen . Den n wi r würde n auf alle n Fal l doc h nu r unsr e Ar t de r Anschauung , d . i . unser e Sinnlichkeit vollständi g erkennen , un d dies e imme r nu r unte r de n de m Subjec t ursprünglich anhängende n Bedingunge n vo n Rau m un d Zeit ; wa s di e Gegenstände a n sic h selbs t sei n mögen , würd e uns durc h di e aufgeklärteste Erkenntniss de r Erscheinun g derselben , di e un s allei n gegebe n ist , doc h niemals bekann t werden . Dass dahe r unser e ganz e Sinnlichkei t nicht s al s di e verworren e Vor stellung de r Ding e sei , welch e lediglic h da s enthält , wa s ihne n a n sic h selbst zukömmt , abe r nu r unte r eine r Zusammenhäufun g von Merkmale n und Theilvorstellungen . di e wi r nich t mi t Bewusstsei n auseinande r setzen , ist ein e Verfälschun g de s Begriff s vo n Sinnlichkei t un d vo n Erscheinung, welche di e ganz e Lehr e derselbe n unnüt z un d lee r macht . De r Unter 61 schie d eine r undeutliche n vo n de r deutliche n Vorstellung is t blo ß logisch , und betriff t nich t de n Inhalt. Ohn e Zweifel enthäl t de r Begrif f vo n R e c h t, dessen sic h de r gesund e Verstan d bedient , ebe n dasselbe , wa s di e sub tileste Speculatio n au s ih m entwickel n kann , nu r das s i m gemeine n un d practischen Gebrauch e ma n sic h diese r mannigfaltige n Vorstellunge n i n diesem Gedanke n nich t bewuss t ist . Daru m kan n ma n nich t sagen , das s der gemein e Begrif f sinnlic h se i un d ein e bloß e Erscheinun g enthalte ; den n das Rech t kan n ga r nich t erscheinen ; sonder n sei n Begrif f lieg t i m Ver stande, un d stelle t ein e Beschaffenhei t (di e moralische ) de r Handlunge n vor, di e ihne n a n sic h selbs t zukommt . Dagege n enthäl t di e Vorstellung eines K ö r p e r s i n de r Anschauung gar nichts , wa s eine m Gegonstande a n sich selbs t zukomme n könnte , sonder n blo ß di e Erscheinun g vo n etwa s und di e Art , wi e wi r dadurc h afficir t werden ; un d dies e Receptivitä l unserer Erkenntnissfähigkeit heißtSinnlichkeit , und bleibt von der Erkenntniss des Gegenstande s a n sic h selbst , o b ma n jen e (di e Erscheinung ) gleic h bis au f de n Grund durchschauen möchte, dennoch himmelweit unterschieden . Die LEIBNITZ-WOLPISCH E Philosophi e ha t dahe r alle n Untersuchungen über di e Natu r un d de n Ursprun g unsere r Erkenntniss e eine n gan z un rechten Gesichtspunk t angewiesen , inde m si e de n Unterschie d de r Sinn lichkeit vo m Intellectuelle n blo ß al s logisc h betrachtete , d a e r offenba r 6 2 transscendenta l ist , un d nich t blo ß di e For m de r Deutlichkei t ode r Un -

II. Abschnitt . Anmerkungen . 8

3

deutlichkeit, sonder n de n Ursprun g un d de n Inhal t derselbe n betrifft , s o dass wi r durc h di e erster e di e Beschaffenheit de r Ding e an sic h selbs t nich t bloß undeutlich , sonder n ga r nich t erkennen , und , s o bald wi r unser e sub jective Beschaffenhei t wegnehmen , da s vorgestellt e Objec t mi t de n Eigen schaften, di e ih m di e sinnlich e Anschauun g beilegte, überal l nirgen d an zutreffen ist , noc h angetroffe n werde n kann , inde m ebe n dies e subjectiv e Beschaffenheit di e For m desselbe n al s Erscheinun g bestimmt . Wir unterscheide n sons t woh l unte r Erscheinungen das , wa s de r An schauung derselbe n wesentlic h anhäng t un d fü r jede n menschliche n Sin n überhaupt gilt , vo n demjenigen , wa s derselbe n nu r zufällige r Weis e zu kommt, inde m e s nich t au f di e Beziehun g de r Sinnlichkei t überhaupt , sondern nu r au f ein e besondr e Stellun g ode r Organisatio n diese s ode r jenes Sinne s gülti g ist . Un d d a nenn t ma n di e erster e Erkenntnis s eine solche , di e de n Gegenstan d a n sic h selbs t vorstellt , di e zweit e abe r nur di e Erscheinung desselben . Diese r Unterschie d is t abe r nu r empirisch . Bleibt ma n dabe i stehe n (wi e e s gemeiniglic h geschieht) , un d sieh t jen e empirische Anschauun g nicht wiederu m (wi e e s geschehe n sollte ) al s bloße Erscheinung an , s o das s dari n ga r nichts , wa s irgen d ein e Sach e a n sic h selbst anginge , anzutreffe n ist , s o is t unse r transscendentale r Unterschie d verloren, un d wi r glaube n alsden n doch , Ding e a n sic h z u erkennen , o b wir e s gleic h überal l (i n de r Sinnenwelt) , selbs t bi s z u de r tiefste n Er forschung ihre r Gegenstände , mi t nicht s al s Erscheinungen z u thu n haben . 6 3 So werde n wi r zwa r de n Regenboge n ein e bloß e Erscheinun g be i eine m Sonnregen nennen , diese n Rege n abe r di e Sach e a n sic h selbst , welche s auch richti g ist , s o fer n wi r de n letzter n Begrif f nu r physisc h verstehen : als das , wa s i n de r allgemeine n Erfahrung, unte r alle n verschiedene n Lage n zu de n Sinnen , doc h i n de r Anschauun g so un d nich t ander s bestimm t ist. Nehme n wi r abe r diese s Empirisch e überhaup t un d fragen , ohn e un s an di e Einstimmun g desselbe n mi t jede m Menschensinn e z u kehren , o b auch diese s eine n Gegenstan d a n sic h selbs t (nich t di e Regentropfen, denn die sin d den n schon , al s Erscheinungen , empirisch e Objecte ) vorstelle ; s o ist di e Frag e vo n de r Beziehun g de r Vorstellun g au f de n Gegenstan d transscendental, un d nich t allei n dies e Tropfe n sin d bloß e Erscheinungen, sondern selbs t ihr e rund e Gestalt , j a soga r de r Raum , i n welche m si e fallen, sin d nicht s a n sic h selbst , sonder n bloße Modificatione n ode r Grund lagen unsere r sinnliche n Anschauung , da s transscendental e Objec t abe r bleibt un s unbekannt . 'Die zweit e wichtig e Angelegenhei t unserer transscendentale n Aestheti k ist, das s si e nich t blo ß al s scheinbar e Hypothes e einig e Guns t erwerbe , sondern s o gewis s un d ungezweifel t sei , al s jemal s vo n eine r Theorie ge -

6*

84 Eleinentarlehre

. I . Theil . Transsc . Ae.stlietik .

fordert werde n kann , di e zu m Organe n diene n soll . U m dies e Gewisshei t völlig einleuchten d z u machen , wolle n wi r irgen d eine n Fal l wählen , 64 wora n desse n Gültigkei t augenscheinlic h werden [un d z u m ehre r Klarhei t dessen, wa s § 3 angeführ t worden , dienen] 1 kann . Setzet demnach , Rau m un d Zei t seie n a n sic h selbs t objecti v un d Bedingungen de r Möglichkei t de r Ding e a n sic h selbst , s o zeig t sic h erst lich: clas s vo n beide n a priori apodictisch e un d synthetisch e Sätz e i n großer Zahl , vornehmlic h vo m Raum vorkommen , welche n wir daru m vor züglich hie r zu m Beispie l untersuche n wollen . D a die Sätz e de r Geometrie synthetisch a priori un d mi t apodictische r Gewisshei t erkann t werden , s o frage ich : wohe r nehm t ih r dergleiche n Sätze , un d worau f stütz t sic h unser Verstand , u m z u dergleiche n schlechthi n notwendige n un d all gemein gültige n Wahrheite n z u gelange n ? E s is t kei n andere r Weg , al s durch Begriff e ode r durc h Anschauungen ; beid e abe r al s solche , di e ent weder a priori ode r a posteriori gege b en sind . Di e letztern, nemlic h em pirische Begriffe , inigleiche n das , worau f si e sic h gründen , di e empirisch e Anschauung, könne n keine n synthetische n Sat z geben , al s nu r eine n solchen, de r auc h blo ß empirisch , d . i. ei n Erfahrungssat z ist , mithi n nie mals Notwendigkei t un d absolut e Allgemeinhei t enthalte n kann , der gleichen doc h da s Characteristisch e alle r Sätz e de r Geometri e ist . Wa s aber da s erster e un d einzig e Mitte l sei n würde , nemlic h durc h bloß e Be griffe ode r durc h Anschauunge n a priori z u dergleiche n Erkenntnisse n z u gelangen, s o is t klar , clas s au s bloße n Begriffen ga r kein e synthetisch e Er 65 kenntniss , sonder n lediglic h analytisch e erlang t werde n kann . Nehme t nu r den Satz: das s durc h zwe i gerad e Linie n sic h ga r kei n Rau m einschließe n lasse, mithi n kein e Figu r möglic h sei , un d versucht , ih n au s de m Begrif f von gerade n Linie n un d de r Zah l Zwe i abzuleiten ; ode r auch , dais s au s dreien gerade n Linie n ein e Figu r möglic h sei , un d versuch t e s ebe n s o bloß au s diese n Begriffen . All e eur e Bemühun g is t vergeblich , un d ih r seht euc h genöthiget , zu r Anschauun g eur e Zufluch t z u nehmen , wi e e s die Geometri e auc h jederzei t thut . Ih r geb t euc h als o eine n Gegenstan d in de r Anschauung ; vo n welche r Ar t abe r is t diese , is t e s ein e rein e An schauung a priori ode r ein e empirische ? Wär e da s letzte , s o könnt e niemals ei n allgemei n gültiger , noc h wenige r ei n apodictische r Sat z darau s werden: den n Erfahrun g kan n dergleiche n niemal s liefern . Ih r müss t als o euren Gegenstan d a priori i n de r Anschauun g geben , un d au f diese n euren synthetische n Sat z gründen . Läg e nu n i n euc h nich t ei n Vermöge n 1

un d — dienen : Zusat z vo n A 2.

. Abschnitt . Anmerkungen . 8

5

a priori anzuschauen ; \var e dies e subjectiv e Bedingun g de r For m nac h nicht zugleic h di e allgemein e Bedingun g a priori, unte r de r allei n da s Object diese r (äußeren ) Anschauun g selbs t möglic h ist ; wär e de r Gegen stand (de r Triangel ) etwa s a n sic h selbs t ohn e Beziehun g auf eue r Subject : wie könnte t ih r sagen , dass , wa s i n eure n subjective n Bedingunge n eine n Triangel z u construire n nothwendig liegt , auc h de m Triange l a n sic h selbs t nothwendig zukomme n müsse ? den n ih r könnte t doc h z u eure n Begriffe n (von dre i Linien ) nicht s Neue s (di e Figur ) hinzufügen , welche s daru m 6 6 nothwendig a n de m Gegenständ e angetroffe n werden müsste , d a diese r vo r eurer Erkenntniss , un d nich t durc h dieselb e gegebe n ist . Wär e als o nich t der Rau m (un d s o auc h di e Zeit ) ein e bloß e For m eure r Anschauung , welche Bedingunge n a priori enthält , unte r dene n allei n Ding e fü r euc h äußere Gegenständ e sei n können , di e ohn e dies e subjectiv e Bedingunge n an sic h nicht s sind ; s o könnte t ih r a priori gan z un d ga r nicht s übe r äußere Object e synthetisc h ausmachen . E s is t als o ungezweifel t gewiss , und nich t blo ß möglic h ode r auc h wahrscheinlich , das s Rau m un d Zeit , als di e notwendige n Bedingunge n alle r (äußer n un d innern ) Erfahrung , bloß subjectiv e Bedingunge n alle r unsre r Anschauun g sind , i m Verhältniss auf welch e dahe r all e Gegenständ e bloße Erscheinungen , un d nich t fü r sic h in diese r Ar t gegeben e Ding e sind , vo n dene n sic h auc h u m deswillen , was di e For m derselbe n betrifft , viele s a priori sage n lässt , niemal s abe r das Mindest e vo n de m Ding e a n sic h selbst , da s diese n Erscheinunge n zum Grund e liege n mag . [II.1 Zu r Bestätigun g diese r Theori e vo n de r Idealitä t de s äußere n sowohl al s innere n Sinnes , mithi n alle r Object e de r Sinn e al s bloße r Er scheinungen, kan n vorzüglic h di e Bemerkun g dienen : das s alles , wa s i n unserem Erkenntnis s zu r Anschauun g gehör t (als o Gefüh l de r Lus t un d Unlust un d de n Willen , di e ga r nich t Erkenntniss e sind , ausgenommen) , nichts al s bloß e Verhältniss e enthalte , de r Oerte r i n eine r Anschauun g (Ausdehnung), Veränderun g de r Oerte r (Bewegung ) un d Gesetze , nac h 6 7 denen dies e Veränderun g bestimm t wir d (bewegend e Kräfte) . Wa s abe r in de m Orte gegenwärtig sei , ode r was e s auße r de r Ortveränderun g i n de n Dingen selbs t wirke , wir d dadurc h nich t gegeben . Nu n wir d durc h bloß e Verhältnisse doc h nich t ein e Sach e a n sic h erkannt : als o is t woh l z u urtheilen, dass , d a un s durc h de n äußere n Sin n nicht s al s bloß e Verhältniss vorstellungen gegebe n werden , diese r auc h nu r da s Verhältnis s eine s Gegenstandes au f da s Subjec t i n seine r Vorstellun g enthalte n könne , un d 1

Di e „Anmerkungen " II—IV , sowi e de r Schlussabschnit t S . 89 : Zusat z von A 2. Ma n vgl . S . 6 5 Anm . I .

86 Elementarlehre

. L Theil . Transsc . Aesthetik .

nicht da s Innere , wa s de m Object e a n sic h zukommt . Mi t de r innere n Anschauung is t e s ebe n s o bewandt . Nich t allein , das s dari n di e Vor stellungen ä u ß e r e r S i n n e de n eigentliche n Stof f ausmachen , womi t wi r unser Gemüt h besetzen ; sonder n di e Zeit , i n di e wi r dies e Vorstellungen setzen, di e selbs t de m Bewusstsei n derselbe n i n de r Erfahrun g vorhergeht , und al s formal e Bedingun g der Art , wi e wi r si e i m Gemüthe setzen , zu m Grunde liegt , enthäl t scho n Verhältniss e de s Nacheinander-, de s Zugleich seins, un d dessen , wa s mi t de m Nacheinandersei n zugleic h is t (de s Be harrlichen). Nu n is t das , wa s al s Vorstellun g vo r alle r Handlun g irgen d etwas z u denke n vorhergehe n kann , di e Anschauung, und , wen n si e nichts als Verhältniss e enthält , di e For m de r Anschauung , welche , d a si e nicht s vorstellt, auße r s o fer n etwa s i m Gemüth e gesetz t wird , nicht s ander s sein kann , al s di e Art , wi e da s Gemüt h durc h eigen e Thätigkeit , nemlic h 68 diese s Setze n seine r Vorstellung , mithi n durc h sic h selbs t afficir t wird , d. i . ei n innere r Sin n seine r For m nach . Alles , wa s durc h eine n Sin n vorgestellt wird , is t s o fer n jederzei t Erscheinung ; un d ei n innere r Sin n würde als o entwede r ga r nich t eingeräum t werde n müssen , ode r da s Subject, welche s de r Gegenstan d desselbe n ist , würd e durc h denselbe n nur al s Erscheinun g vorgestell t werde n können , nich t wi e e s vo n sic h selbst urtheile n würde , wen n sein e Anschauun g bloß e Selbstthätigkeit , d. i . intellectuel l wäre . Hiebe i beruh t all e Schwierigkei t nu r darauf , wie ei n Subjec t sic h selbs t innerlic h anschaue n könne ; allei n dies e Schwierigkeit is t jede r Theori e gemein . Da s Bewusstsei n seine r selbs t (Apperception) is t di e einfach e Vorstellun g de s Ich ; un d wen n dadurc h allein alle s Mannigfaltig e i m Subjec t s e l b s t t h ä t i g gegebe n wäre , s o würde di e inner e Anschauun g intellectuel l sein . I m Mensche n erfoder t dieses Bewusstsei n inner e Wahrnehmun g vo n de m Mannigfaltigen , wa s i m Subjecte vorhe r gegebe n wird ; un d di e Art, wi e diese s ohn e Spontaneitä t im Gemüth e gegebe n wird , mus s u m diese s Unterschiede s wille n Sinnlich keit heißen . Wen n da s Vermöge n sic h bewuss t z u werde n das , wa s i m Gemüthe liegt , aufsuche n (apprehendiren ) soll, s o muss e s dasselbe affieiren , und kan n allei n au f solch e Ar t ein e Anschauun g seine r selbs t hervor bringen, dere n For m aber , di e vorhe r i m Gemüth e zu m Grund e liegt , di e Art, wi e da s Mannigfaltige i m Gemüthe beisamme n ist , i n de r Vorstellun g 69 de r Zei t bestimmt ; d a e s den n sic h selbs t anschauet , nich t wi e e s sic h unmittelbar selbstthäti g vorstelle n würde , sonder n nac h de r Art , wi e e s von inne n afflcir t wird , folglic h wi e e s sic h erscheint , nich t wi e e s ist. III. Wen n ic h sage : i m Rau m un d de r Zei t stell t di e Anschauun g sowohl de r äußere n Objecte , al s auc h di e Selbstanschauun g de s Gemüth s beides vor , s o wi e e s unser e Sinn e afficirt , d . i . wi e e s e r s c h e i n t ; s o

II. Abschnitt . Anmerkungen . 8

7

will da s nich t sagen , clas s dies e Gegenständ e ei n bloße r S c h e i n wären . Denn i n de r Erscheinun g werden jederzei t di e Objecte , j a selbs t di e Be schaffenheiten, di e wi r ihne n beilegen , al s etwa s wirklic h Gegebene s angesehen, nu r class , s o fern dies e Beschaffenhei t nu r vo n de r Anschauungsart de s Subject s i n de r Relatio n de s gegebene n Gegenstande s z u ih m abhängt, diese r Gegenstan d al s E r s c h e i n u n g vo n ih m selbe r al s Object an sic h unterschiede n wird . S o sag e ic h nicht : di e Körpe r scheine n bloß auße r mir z u sein , ode r mein e Seel e s c h e i n t nu r i n meine m Selbstbewusstsein gegeben zu sein , wenn ich behaupte, dass di e Qualität des Raums und de r Zeit , welche r al s Bedingun g ihres Dasein s gemä ß ic h beide setze , in meine r Anschauungsart , un d nich t i n diese n Objecte n a n sic h liege . Es wäre meine eigen e Schuld, wen n ic h au s dem , wa s ic h zur Erscheinung zählen sollte , bloße n Schei n machte*) . Diese s geschieh t abe r nich t nac h 7 0 unserm Princi p de r Idealitä t alle r unsere r sinnliche n Anschauungen ; vielmehr, wen n ma n jenen Vorstellungsforme n o b j e c t i v e R e a l i t ä t beilegt , so kan n ma n nich t vermeiden, das s nich t alle s dadurc h i n bloße n Schei n verwandelt werde . Denn , wen n ma n de n Rau m un d di e Zei t al s Be schaffenheiten ansieht , di e ihre r Möglichkei t nac h i n Sache n a n sic h an getroffen werde n müssten , un d überdenk t di e Ungereimtheiten, i n di e ma n sich alsden n verwickelt , inde m zwe i unendlich e Dinge , di e nich t Sub stanzen, auc h nich t etwa s wirklic h de n Substanze n Inhärirendes , dennoc h *) Di e Prädicat e de r Erscheinun g könne n de m Object e selbs t bei gelegt werden , i n Verhältnis s au f unsere n Sinn , z . B . de r Ros e die roth e Farb e ode r de r Geruch ; abe r de r Schei n kan n niemals als Prädica t de m Gegenstand e beigeleg t werden , ebe n darum , weil er , wa s diese m nu r i n Verhältnis s au f di e Sinn e ode r über haupt auf s Subjec t zukommt , de m Objec t fü r sic h beilegt , z. B . di e zwe i Henkel , di e ma n anfänglic h de m Satur n beilegte . Was ga r nich t a m Object e a n sic h selbst , jederzei t abe r i m Ver hältnisse desselbe n zu m Subjec t anzutreffe n un d vo n de r Vor stellung de s ersteren unzertrennlic h ist , is t Erscheinung ; un d s o werden di e Prädicat e de s Raume s un d de r Zei t mi t Rech t de n Gegenständen de r Sinn e al s solche n beigelegt , un d bieri n is t kein Schein . Dagegen , wen n ic h de r Ros e a n sic h di e Röthe, dem Satur n di e Henkel , ode r alle n äußere n Gegenstände n di e Ausdehnung a n sic h beilege , ohn e au f ei n bestimmte s Ver hältniss diese r Gegenständ e zu m Subjec t z u sehe n un d mei n Urtheil darau f einzuschränken : alsden n allerers t entspring t de r Schein.

88 Elementarlehre

. I . Theil . Traussc . Aesthetik .

71 abe r Existirendes , j a di e nothwendige Bedingun g de r Existen z alle r Ding e sein müssen , auc h übri g bleiben , wen n gleic h all e existirend e Ding e auf gehoben werden : s o kan n ma n e s de m gute n BERKELE Y woh l nich t ver denken, wen n e r di e Körper z u bloße m Schei n herabsetzte ; j a e s müsst e sogar unser e eigen e Existenz , di e au f solch e Ar t vo n de r fü r sic h be stehenden Realitä t eine s Undinges , wi e di e Zeit , abhängi g gemach t wäre , mit diese r i n laute r Schei n verwandel t werden ; ein e Ungereimtheit , di e sich bishe r noc h nieman d ha t z u Schulde n komme n lassen . IV. I n |de r natürliche n Theologie , d a ma n sic h eine n Gegenstan d denkt, de r nich t allei n fü r un s ga r kei n Gegenstan d de r Anschauung , sondern de r ih m selbs t durchau s kei n Gegenstan d de r sinnliche n An schauung sei n kann , is t ma n sorgfälti g darau f bedacht , vo n alle r seine r Anschauung (den n dergleiche n mus s alle s sei n Erkenntnis s sein , un d nich t D e n k e n , welche s jederzei t Schranke n beweiset ) di e Bedingunge n de r Zeit un d de s Raume s wegzuschaffen . Abe r mi t welche m Recht e kan n man diese s thun , wen n ma n beid e vorhe r z u Forme n de r Ding e a n sic h selbst gemach t hat , un d zwa r solchen , di e al s Bedingunge n der Existen z der Ding e a priori übri g bleiben , wen n ma n gleic h di e Ding e selbs t auf gehoben hätte ; den n al s Bedingunge n alle s Dasein s überhaup t müsste n sie e s auc h vo m Dasei n Gotte s sein . E s bleib t nicht s übrig , wen n ma n 72 si e nich t z u objective n Formen alle r Ding e mache n will , al s das s ma n si e zu subjective n Formen unsere r äußeren sowoh l al s innere n Anschauungsar t macht, di e daru m sinnlic h heißt , wei l si e n i c h t u r s p r ü n g l i c h , d . i . eine solch e ist , durc h di e selbs t da s Dasei n de s Object s de r Anschauun g gegeben wir d (un d die , s o vie l wi r einsehen , nu r de m Urwesen zukommen kann), sonder n vo n de m Dasei n de s Object s abhängig , mithi n nu f da durch, das s di e Vorstellungsfähigkei t de s Subject s durc h dasselb e afficir t wird, möglic h ist . Es is t auc h nich t noting , das s wi r di e Anschauungsar t i n Rau m un d Zeit au f di e Sinnlichkei t de s Menschen einschränken ; e s ma g sein , das s alles endlich e denkend e "Wese n hieri n mi t de m Mensche n nothwendi g übereinkommen müss e (wiewoh l wi r diese s nich t entscheide n können) , so hör t si e u m diese r Allgemeingültigkei t wille n doc h nich t au f Sinnlichkeit z u sein , ebe n darum , wei l si e abgeleite t (intuitus derivativus), nich t ursprünglich (intuitus originarius), mithi n nich t intellectuell e Anschauun g ist, al s welch e au s de m ebe n angeführte n Grund e allei n de m Urwesen , niemals abe r eine m seinem Dasei n sowoh l al s nac h seine r Anschauun g nac h (die sei n Dasei n i n Beziehun g au f gegeben e Object e bestimmt) abhängige n "Wesen zuzukomme n scheint ; wiewoh l di e letzter e Bemerkun g z u unsere r

II. Abschnitt . Beschluss . 8

9

ästhetischen Theori e nu r al s Erläuterung , nich t al s Beweisgrun d gezähl t werden muss .

Beschluss de r transscendentale n Aesthetik . 7 Hier hahe n wi r nu n eine s vo n de n erforderliche n Stücke n zu r Auf lösung de r allgemeine n Aufgab e de r Transscendentalphilosophie : wi e s i n d s y n t h e t i s c h e S ä t z e a priori m ö g l i c h ? nerolic h rein e Anschauungen a priori, Rau m un d Zeit , i n welche n wir , wen n wi r i m Urtheile a priori übe r de n gegebene n Begrif f hinausgehe n wollen , das jenige antreffen , wa s nich t i m Begriffe , woh l abe r i n de r Anschauung , die ih m entspricht , a priori entdeck t werde n un d mi t jene m synthetisc h verbunden werde n kann , welch e Urtheil e abe r au s diese m Grund e ni e weiter, al s au f Gegenständ e de r Sinn e reichen , un d nu r fü r Object e mög licher Erfahrun g gelte n können 1. 1

Ma n vgl. S . S o AULU . I .

3

90 Elementarlehre

74 De

, II . Theil . Transsc . Logik .

r

Transscendentalen Elementarlehr e Zweiter Theil .

Die Transscendental e Logik . Einleitung. Idee einer transscendentale n Logik . I. Von de r Logi k überhaupt . Unsere Erkenntnis s entspring t au s zwe i Grundquelle n de s Gemiiths , deren di e erst e ist , di e Vorstellungen z u empfange n (di e Receptivitä t de r Eindrücke), di e zweit e da s Vermögen , durc h dies e Vorstellunge n eine n Gegenstand z u erkenne n (Spontaneitä t de r Begriffe) ; durc h di e erster e wird uns ei n Gegenstan d g e g e b e n , durc h di e zweite wir d diese r i m Verhiiltuiss auf jene Vorstellung (al s bloß e Bestimmun g des Gemüths ) g e d a c h t . An schauung un d Begriff e mache n als o di e Elemente alle r unsere r Erkenntnis s aus, s o das s wede r Begriff e ohn e ihne n au f einig e Ar t correspondirend e Anschauung, noc h Anschauun g ohn e Begriff e ei n Erkenntnis s abgebe n können1. Beid e sin d entwede r rei n ode r empirisch . E m p i r i s c h , wen n Empfindung (di e di e wirklich e Gegenwar t de s Gegenstande s voraussetzt ) darin enthalte n ist ; r e i n aber , wen n de r Vorstellun g kein e Empfindun g beigemischt ist . Ma n kan n di e letzter e di e Materi e de r sinnliche n Er 75 kenntnis s nennen . Dahe r enthäl t rein e Anschauun g lediglic h di e Form , unter welche r etwa s angeschau t wird , un d reine r Begrif f allei n di e For m des Denken s eine s Gegenstande s überhaupt . Nu r allei n rein e An schauungen ode r Begriffe sin d a priori möglich , empirisch e nu r a posteriori. Wollen wi r di e R e c e p t i v i t ä t unsere s Gemüths , Vorstellunge n z u empfangen, s o fer n e s au f irgen d ein e Weise afficir t wird , S i n n l i c h k e i t nennen, s o is t dagege n da s Vermögen , Vorstellunge n selbs t hervorzu bringen, ode r di e S p o n t a n e i t ä t de s Erkenntnisses , de r V e r s t a n d . Unsere Natu r bring t e s s o mi t sich , das s di e A n s c h a u u n g niemal s anders al s s i n n l i c h sei n kann , d . i . nu r di e Ar t enthält , wi e wi r vo n Gegenständen afficir t werden . Dagege n is t da s Vermögen , de n Gegen stand sinnliche r Anschauun g z u d e n k e n , de r V e r s t a n d . Kein e diese r 1

A 1: kann .

Einleitimg. L Vo n de r Logi k überhaupt . 9

1

Eigenschaften is t de r änder n vorzuziehen . Ohn e Sinnlichkei t würd e un s kein Gegenstan d gegeben , un d ohn e Verstan d keine r gedach t werden . Gedanken ohn e Inhal t sin d leer , Anschauunge n ohne Begriff e sin d blind . Daher is t e s ebe n s o nothwendig , sein e Begriff e sinnlic h z u mache n (d. i . ihne n de n Gegenstan d i n de r Anschauun g beizufügen) , al s sein e Anschauungen sic h verständlic h z u mache n (d . i . si e unte r Begriff e z u bringen). Beid e Vermögen ode r Fähigkeite n könne n auc h ihr e Functione n nicht vertauschen . De r Verstan d verma g nicht s anzuschauen , un d di e Sinne nicht s z u denken . Nu r daraus , das s si e sic h vereinigen , kan n Er kenntniss entspringen . Deswege n dar f ma n abe r doc h nich t ihre n Anthei l 7 6 vermischen, sonder n ma n ha t groß e Ursache , jede s vo n de m änder n sorg fältig abzusonder n un d z u unterscheiden . Dahe r unterscheide n wi r di e Wissenschaft de r Regel n de r Sinnlichkei t überhaupt , d . i . Aesthetik , vo n der "Wissenschaf t de r Verstandesregel n überhaupt , d . i . de r Logik . Die Logi k kan n nu n wiederu m i n zwiefache r Absich t unternomme n werden, entwede r als Logik des allgemeinen, oder des besonderen Verstandes gebrauchs. Di e erst e enthäl t di e schlechthi n nothwendige n Regel n de s Denkens, ohn e welch e ga r kei n Gebrauc h de s Verstande s stattfindet , un d geht als o au f diese n unangesehe n de r Verschiedenhei t de r Gegenstände , auf welch e e r gerichte t sei n mag . Di e Logi k de s besonder n Verstandes gebrauchs enthäl t di e Regeln , übe r ein e gewiss e Ar t vo n Gegenstände n richtig z u denken . Jen e kan n ma n di e Elementarlogik nennen, dies e abe r das Organe n diese r ode r jene r "Wissenschaft . Di e letzter e wir d mehren theils i n de n Schule n al s Propädeuti k de r Wissenschaften vorangeschickt , ob si e zwa r nac h de m Gang e de r menschliche n Vernunf t da s spätest e ist, woz u si e allerers t gelangt , wen n di e Wissenschaf t scho n lang e ferti g ist, un d nu r di e letzt e Han d z u ihre r Berichtigun g un d Vollkommenhei t bedarf. Den n ma n mus s di e Gegenständ e scho n i n ziemlic h hohe m Grad e kennen, wen n ma n di e Regel n angebe n will , wi e sic h ein e Wissenschaf t 7 7 von ihne n z u Stand e bringe n lasse . Die allgemeine Logik is t nu n entweder di e reine, ode r di e angewandt e Logik. I n de r erstere n abstrahire n wi r vo n alle n empirische n Bedingungen, unter dene n unse r Verstan d ausgeübe t wird , z . B. vo m Einfluss de r Sinne , vom Spiel e de r Einbildung , de n Gesetze n de s Gedächtnisses , de r Mach t der Gewohnheit , de r Neigun g u. s. w., mithi n auc h de n Quelle n de r Vorurtheile, j a ga r überhaup t vo n alle n Ursachen , darau s un s gewiss e Erkennt nisse entspringe n ode r untergeschobe n werde n mögen ; wei l si e blo ß de n Verstand unte r gewisse n Umstände n seine r Anwendun g betreffen , und u m dies e z u erkenne n Erfahrun g erforder t wird . Ein e all gemeine, abe r r e i n e L o g i k ha t e s also mi t laute r Principie n a priori

92 Elementarlehre

. Tl . Theil . Transse . Logik .

zu thun , un d is t ei n C a n o n de s V er st an de s un d de r Vernunft , abe r nur i n Ansehun g de s Formale n ihre s Gebrauchs , de r Inhal t ma g sein , welcher e r woll e (empirisc h ode r transscendental) . Ein e a l l g e m e i n e L o g i k heiß t abe r alsden n a n g e w a n d t , wen n si e au f di e Regel n de s Gebrauchs de s Verstande s unte r de n subjective n empirische n Bedingungen , die un s di e Psychologi e lehrt , gerichte t ist . Si e ha t als o empirisch e Principien, o b si e zwa r i n s o fer n allgemei n ist , das s si e au f de n Ver standesgebrauch ohn e Unterschie d de r Gegenständ e geht . U m deswillen ist sie auc h wede r ei n Cano n de s Verstande s überhaupt , noc h ei n Organe n 78 besondere r Wissenschaften , sonder n lediglic h ei n Cathartico n de s gemeine n Verstandes. In de r allgemeine n Logi k mus s als o de r Theil , de r di e rein e Ver nunftlehre ausmache n soll , vo n demjenige n gänzlic h abgesonder t werden , welcher di e angewandt e (obzwa r noc h imme r allgemeine ) Logi k ausmacht . Der erster e is t eigentlic h nu r allei n Wissenschaft, obzwa r kur z und trocken , und wi e e s di e schulgerecht e Darstellun g eine r Elementarlehr e de s Ver standes erfordert . I n diese r müsse n als o di e Logike r jederzeit zwe i Regel n vor Auge n haben : 1) Al s allgemein e Logi k abstrahir t si e vo n alle m Inhal t de r Ver standeserkenntniss un d de r Verschiedenheit ihre r Gegenstände , un d ha t mi t nichts al s de r bloße n For m de s Denken s z u thun . 2) Al s rein e Logi k ha t si e kein e empirisch e Principien ; mithi n schöpf t sie nicht s (wi e ma n sic h bisweile n überrede t hat ) au s de r Psychologie , die als o au f de n Cano n de s Verstande s ga r keine n Einflus s hat . Si e ist ein e demonstrirt e Doctrin , un d alle s mus s i n ih r völli g a priori gewiss sein . Was ic h di e angewandt e Logi k nenn e (wide r di e gemein e Bedeutung dieses Wortes , nac h de r si e gewiss e Exereitien , daz u di e rein e Logi k di e Regel giebt , enthalte n soll) , s o is t si e ein e Vorstellun g de s Verstande s und de r Regel n seine s nothwendige n Gebrauch s i n concreto, nemlic h unte r 79 de n zufällige n Bedingungen " des Subjects , di e diese n Gebrauc h hinder n oder beförder n können , un d di e insgesam t nu r empirisc h gegebe n werden . Sie handel t vo n de r Aufmerksamkeit , dere n Hindernis s un d Folgen , de m Ursprünge de s Irrthums , de m Zustand e de s Zweifels , de s Scrupels , de r Ueberzeugung u . s . w. ; un d z u ih r verhäl t sic h di e allgemein e un d rein e Logik, wi e di e rein e Moral, welch e blo ß di e nothwendige n sittliche n Gesetz e eines freie n Willen s überhaup t enthält , z u de r eigentliche n Tugendlehre , welche dies e Gesetz e unte r de n Hindernisse n de r Gefühle , Neigunge n un d Leidenschaften, dene n di e Menschen meh r ode r wenige r unterworfe n sin d erwägt, un d welch e niemal s ein e wahr e un d demonstrirt e Wissenschaf t

Einleitung. II . Vo n de r transsc . Logik . 9

3

abgeben kann , wei l si e ebe n sowoh l al s jene angewandt e Logik empirisch e and psychologisch e Principien bedarf .

II. Von de r transsceridentale n Logik . Die allgemein e Logik abstrahiret , wi e \vi r gewiesen , vo n alle m Inhal t der Erkenntniss , d . i . vo n alle r Beziehun g derselbe n au f da s Object , un d betrachtet nu r di e logisch e For m i m Verhältniss e de r Erkenntniss e au f ein ander, d . i . di e For m de s Denken s überhaupt . Wei l e s nu n abe r sowoh l reine al s empirisch e Anschauunge n gieb t (Vi e di e transscendental e Aesthetik darthut) , s o könnte auc h woh l ei n Unterschie d zwischen reine m und empirische m Denke n de r Gegenständ e angetroffe n werden . I n diese m 8 0 Falle würd e e s ein e Logi k geben , i n de r ma n nich t vo n alle m Inhalt de r Erkenntniss abstrahirte ; den n diejenige , welch e bloß di e Regeln de s reine n Denkens eine s Gegenstande s enthielte , würd e all e diejenige n Erkenntniss e ausschließen, welch e vo n empirische m Inhalt e wären . Si e würd e auc h auf de n Ursprun g unserer Erkenntniss e vo n Gegenstände n gehen , s o fer n er nich t de n Gegenstände n zugeschriebe n werde n kann ; d a hingege n di e allgemeine Logik mi t diese m Ursprünge der Erkenntnis s nicht s zu thu n hat , sondern di e Vorstellungen , si e möge n uranfänglic h a priori i n un s selbst , oder nu r empirisc h gegebe n sein , blo ß nac h de n Gesetze n betrachtet , nach welche n de r Verstan d si e i m Verhältnis s gege n einande r braucht , wenn e r denkt , un d als o nu r vo n de r Verstandesfor m handelt , di e de n Vorstellungen verschaff t werde n kann , wohe r si e auc h sons t entsprunge n sein mögen . Uud hie r mach e ic h ein e Anmerkung , di e ihren Einflus s au f all e nach folgende Betrachtunge n erstreckt , un d di e ma n woh l vo r Auge n habe n muss, nemlic h das s nich t ein e jed e Erkenntnis s a priori, sonder n nu r die , dadurch wi r erkennen, das s un d wi e gewiss e Vorstellunge n (Anschauungen oder Begriffe ) lediglic h a priori angewand t werden , ode r möglic h sein , transscendental (d . i . di e Möglichkeit de r Erkenntnis s ode r de r Gebrauc h derselben a priori} heiße n müsse . Dahe r is t wede r de r Raum, noc h irgend 8 1 eine geometrisch e Bestimmun g desselbe n a priori ein e transscendental e Vorstellung; sonder n nu r di e Erkenntniss , das s dies e Vorstellunge n ga r nicht empirische n Ursprung s sein , un d di e Möglichkeit , wi e si e sic h gleichwohl a priori au f Gegenständ e de r Erfahrun g beziehe n können , kann transscendenta l heißen . Imgleiche n würde de r Gebrauc h des Raumes von Gegenstände n überhaup t auc h transscendenta l sein ; abe r is t e r ledig lich au f Gegenständ e de r Sinne eingeschränkt , s o heiß t e r empirisch . De r

94 Elementarlehre

. II . Theil . Transsc . Logik .

Unterschied de s Transscendentale n un d Empirische n gehör t als o nu r zu r Kritik de r Erkenntnisse , un d betriff t nich t di e Beziehun g derselbe n au f ihren Gegenstand . In de r Erwartun g also , das s e s vielleich t Begriff e gebe n könne , di e sich a priori au f Gegenständ e beziehe n mögen , nich t al s rein e ode r sinn liche Anschauungen , sonder n blo ß 'al s Handlunge n de s reine n Denkens , die mithi n Begriffe , abe r wede r empirische n noc h ästhetische n Ursprung s sind, s o mache n wi r un s zu m vorau s di e Ide e vo n eine r Wissenschaf t des reine n Verstande s un d Vernunfterkenntnisses , dadurc h wi r Gegen stände völli g a priori denken . Ein e solch e Wissenschaft , welch e de n Ursprung, de n Umfan g un d di e objectiv e Gültigkei t solche r Erkenntniss e bestimmete. würd e t r a n s s c e n d e n t a l e Logi k heiße n müssen , wei l si e es blo ß mi t de n Gesetze n de s Verstande s un d de r \ T ernunft z u thu n hat . 82 abe r lediglich , s o fer n si e au f Gegenständ e a priori bezoge n wird , un d nicht, wi e di e allgemein e Logik , au f di e empirische n sowoh l al s reine n Vernunftserkenntnisse ohn e Unterschied .

III. Von de r Eintheilun g de r allgemeine n Logi k in

Analytik un d Dialectik . Die alt e un d berühmt e Frage , womi t ma n di e Logike r i n di e Eng e zu treibe n vermeinte , un d si e dahi n z u bringe n suchte , das s si e sic h ent weder auf einer elende n Diallele mussten betreffen lassen , oder ihreUnwisseiiheit, mithi n di e Eitelkeit ihre r ganze n Kuns t bekenne n sollten , is t diese : Was is t W a h r h e i t ? Di e Namenerklärung· de r Wahrheit, das s si e nemlich die Uebereinstimmun g de r Erkenntnis s mi t ihre m Gegenstand e so,i , wir d hier geschenk t un d vorausgesetzt ; ma n verlang t abe r z u wissen , welche s das allgemein e un d sicher e Criteriu m de r Wahrhei t eine r jede n Er kenntniss sei . Es is t scho n ei n große r un d nöthige r Bewei s de r Klughei t ode r Ein sicht, z u wissen , wa s ma n vernünftige r Weis e frage n solle . Denn , wen n die Frag e a n sic h ungereim t ist , un d unnöthig e Antworte n verlangt , s o hat si e auße r de r Beschämun g dessen , de r si e aufwirft , bisweile n noc h den Nachtheil , de n unbehutsame n Anhöre r derselbe n z u ungereimte n Ant worten z u verleiten , un d de n belachenswerthe n Anblic k z u geben , das s 83 eine r (wi e di e Alte n sagten ) de n Boc k melkt , de r ander e ei n Sie b unterhält.

Einleitung. III . Analyti k un d Dialectik . 9

5

"Wenn Wahrhei t i n de r Uebereinstimmun g eine r Erkenntnis s mi t ihrem Gegenstand e besteht, s o muss dadurc h dieser Gegenstan d von änder n unterschieden werden ; den n ein e Erkenntnis s is t falsch , wen n si e mi t dem Gegenstande , worau f si e bezoge n wird , nich t übereinstimmt , o b si e gleich etwa s enthält , wa s woh l vo n änder n Gegenstände n gelte n könnte . Nun würd e ei n allgemeine s Criteriu m de r "Wahrhei t dasjenig e sein , welche s von alle n Erkenntnisse n ohn e Unterschie d ihre r Gegenständ e gülti g wäre . Es ist a b er klar, dass , da man bei demselben von allem Inhalt de r Erkenntnis s (Beziehung au f ih r Subject ) abstrahirt , un d Wahrhei t gerad e diese n Inhal t angeht, e s gan z unmöglic h und ungereim t sei , nac h eine m Merkmal e de r Wahrheit diese s Inhalt s de r Erkenntniss e z u fragen , un d das s als o ei n hinreichendes, un d doc h zugleic h allgemeine s Kennzeiche n de r Wahrhei t unmöglich angegebe n werde n könne . D a wi r obe n scho n den Inhal t eine r Erkenntniss di e Materi e derselbe n genann t haben , s o wir d ma n sage n müssen: vo n de r Wahrhei t de r Erkenntnis s de r Materi e nac h läss t sic h kein allgemeine s Kennzeiche n verlangen , \vei l e s i n sic h selbs t wider sprechend ist . Was abe r da s Erkenntniss de r bloße n Form nac h (mi t Beiseitesetzun g alles Inhalts) betrifft , s o is t ebe n s o klar, das s ein e Logik , s o fer n si e di e allgemeinen un d nothwendige n Kegel n de s Verstande s vorträgt , ebe n i n 8 4 •diesen Regel n Criterio n de r Wahrhei t darlege n müsse . Den n wa s diese n widerspricht, is t falsch , wei l de r Verstan d dabe i seine n allgemeine n Regel n des Denkens , mithi n sic h selbs t widerstreitet . Dies e Criterio n abe r be treffen nu r di e For m de r Wahrheit , d . i . de s Denken s überhaupt , un d sind s o fer n gan z richtig , abe r nich t hinreichend . Denn , obgleic h ein e Erkenntniss de r logische n For m völlig gemä ß sei n möchte , d . i . sic h selbs t flicht widerspräche , s o kan n si e doc h noc h imme r de m Gegenstand e widersprechen. Als o is t da s blo ß logisch e Criteriu m de r Wahrheit , nem lich di e Uebereinstimmun g eine r Erkenntnis s mi t de n allgemeine n un d formalen Gesetze n de s Verstande s un d de r Vernunft , zwa r di e conditio sine qu a non, mithi n di e negativ e Bedingun g alle r Wahrheit ; weite r abe r kann di e Logi k nich t gehen , un d de n Irrthum , de r nich t di e Form, sonder n den Inhal t trifft , kan n di e Logi k durc h keine n Probirstei n entdecken . Die allgemein e Logi k löse t nu n da s ganz e formal e Geschäft e de s Verstandes un d de r Vernunf t i n sein e Element e auf , un d stelle t si e al s Prineipien alle r logische n Beurtheilun g unsere r Erkenntnis s dar . Diese r Theil de r Logi k kan n dahe r Analyti k heißen , un d is t ebe n daru m de r •wenigstens negativ e Probirstei n de r Wahrheit , inde m ma n zuvörders t alle Erkenntnis s ihre r For m nac h a n diese n Regel n prüfe n un d schätzen muss , eh e ma n si e selbs t ihre m Inhal t nac h unter -

96 Elementarlehre

. II . Theil . Transsc . Logik .

85 sucht , u m auszumachen , o b si e i n Ansehun g de s Gegenstande s positiv e Wahrheit enthalten . Wei l abe r di e bloß e For m de s Erkenntnisses , s o sehr si e auc h mi t logische n Gesetze n übereinstimme n mag , noc h lang e nicht hinreicht , materiell e (objective ) Wahrhei t de m Erkenntniss e daru m auszumachen, s o kan n sic h nieman d blo ß mi t de r Logi k wagen , übe r Gegenstände z u urtheile n un d irgen d etwa s z u behaupten , ohn e vo n ihnen vorhe r gegründet e Erkundigun g auße r de r Logi k eingezoge n z u haben, u m hernac h blo ß di e Benutzung un d di e Verknüpfun g derselbe n in eine m zusammenhangende n Ganze n nac h logische n Gesetze n z u ver suchen, noc h besse r aber , si e lediglic h darnac h z u prüfen . Gleichwoh l liegt s o etwa s Verleitende s i n de m Besitz e eine r s o scheinbare n Kunst , allen unsere n Erkenntnisse n di e For m de s Verstande s z u geben , o b ma n gleich i n Ansehun g de s Inhalt s derselbe n noc h seh r lee r un d ar m sei n mag, das s jen e allgemein e Logik , di e blo ß ei n C a n o n zu r Beurtheilun g ist, gleichsa m wi e ei n O r g a n o n zu r wirkliche n Hervorbringung , wenigsten s zum Blendwer k vo n objective n Behauptunge n gebraucht , un d mithi n i n der Tha t dadurc h gemissbrauch t worden . Di e allgemein e Logi k nun , al s vermeintes Organon , heiß t D i a l e c t i k . So verschiede n auc h di e Bedeutun g ist , i n de r di e Alte n diese r Be nennung eine r Wissenschaf t ode r Kunst sic h bedienten , s o kann ma n doc h aus de m wirkliche n Gebrauch e derselbe n siche r abnehmen , das s si e be i 86 ihne n nicht s ander s war , al s di e L o g i k de s S c h e i n s . Ein e sophistisch e Kunst, seine r Unwissenheit , j a auc h seine n vorsätzliche n Blendwerke n den Anstric h de r \Vahrhei t z u geben , das s ma n di e Method e de r Gründ lichkeit, welch e di e Logi k überhaup t vorschreibt , nachahmete , un d ihr e Topik z u Beschönigun g jedes leere n Vorgeben s benutzte . Nu n kan n ma n es al s ein e sicher e un d brauchbar e Warnun g anmerken : das s di e allge meine Logik, al s O r g a n o n b e t r a c h t e t, jederzeit ein e Logi k de s Scheins, d. i . dialectisc h sei . Denn , d a si e un s ga r nicht s übe r de n Inhal t de r Erkenntniss lehret , sonder n nu r blo ß di e formale n Bedingunge n der Uel»er einstimmung mi t de m Verstande , welch e übrigen s i n Ansehun g der Gegen stände gänzlic h gleichgülti g sein ; s o mus s di e Zumuthung , sic h derselben · als eine s Werkzeuge s (Organon ) z u bedienen , u m sein e Kenntnisse, , wenigstens de m Vorgeben nach , auszubreite n un d z u erweitern , au f nichts als Geschwätzigkei t hinauslaufen , alles , wa s ma n will , mi t einige m Schei n zu behaupten , ode r auc h nac h Beliebe n anzufechten . Eine solch e Unterweisun g is t de r Würd e de r Philosophi e au f kein e Weise gemäß . U m deswille n ha t ma n dies e Benennun g de r Dialecti k lieber, al s ein e K r i t i k de s d i a l e k t i s c h e n S c h e i n s , de r Logi k bei gezählt, un d al s ein e solch e wolle n wi r si e auc h hie r verstande n wissen .

Einleitung. IV . Transsc . Analyti k un d Dialectik . 9 IV. S

7 7

Von de r Eintheilun g de r transscendentale n Logi k in di e

Traiisscendentale Analyti k un d Dialectik . t/ In eine r transscendentale n Logi k isolire n wi r de n Verstan d (s o wi e oben i n de r transsceudentale n Aestheti k di e Sinnlichkeit) , un d hebe n bloß de n Thei l de s Denken s au s unser m Erkenntniss e heraus , de r ledig lich seine n Ursprun g i n de m Verstand e hat . De r Gebrauc h diese r reine n Erkenntniss abe r beruhe t darau f al s ihre r Bedingung , das s un s Gegen stände i n de r Anschauun g gegeben sein , worau f jen e angewand t \verde n könne. Den n ohn e Anschauung fehlt e s alle r unsere r Erkenntnis s a n Ob jecten, un d si e bleib t alsden n völli g leer . De r Thei l de r transscenden talen Logi k also , de r di e Element e de r reine n Verstandeserkenntni s vor trägt, un d di e Principien , ohn e \velch e überal l kei n Gegenstan d gedach t werden kann , is t di e transscendental e Analytik , un d zugleic h ein e Logi k der AYahrheit . Den n ih r kan n kein e Erkenntnis s widersprechen , ohn e dass si e zugleic h alle n Inhal t verlöre , d . i . all e Beziehun g au f irgen d ei n Object, mithi n all e "Wahrheit . "Wei l e s abe r seh r anlocken d un d ver leitend ist , sic h diese r reine n Verstandeserkenntniss e un d Grundsätz e allein, un d selbs t übe r di e Grenze n de r Erfahrun g hinau s z u bedienen , welche doc h einzi g un d allei n un s di e Materi e (Objecte ) a n di e Han d geben kann , worau f jen e rein e Verstandesbegriff e angewand t werde n 8 8 können: s o gerät h de r Verstan d i n Gefahr , durc h leer e Vernünfteleie n von de n bloße n formale n Principien de s reinen Verstande s eine n materiale n Gebrauch z u machen , un d übe r Gegenständ e ohne Unterschied z u urtheilen, die un s doc h nich t gegebe n sind , j a vielleich t au f keinerlei Weis e gegeben werden können . D a si e als o eigentlic h nu r ei n Cano n de r Beurtheilun g des empirischen Gebrauch s sein sollte , s o wird si e gemissbraucht, wenn man sie al s da s Organon eines allgemeinen und unbeschränkten Gebrauchs gelten lässt, un d sic h mi t dem reinen Verstande allein wagt , synthetisc h über Gegenstände überhaupt z u urtheilen, z u behaupten und zu entscheiden. Als o würde der Gebrauc h de s reine n Verstandes alsden n dialectisc h sein . De r zweit e Theil der transscendentale n Logi k mus s als o ein e Kritik diese s dialectische n Scheines sein, und heiß t transscendental e Dialectik , nicht al s eine Kunst, der gleichen Schein dogmatisch zu erregen (eine leider sehr gangbar e Kunst mannigfaltiger metaphysische r Gaukelwerke), sondern als ein e Kriti k de s Verstande s und de r Vernunf t i n Ansehun g ihre s hyperphysische n Gebrauchs , u m de n falschen Schei n ihre r grundlose n Anmaßungen aufzudecken , un d ihr e An Kant's Kriti k de r reine n Vernunft . 7

98 Elemeutarlehre

. II . Theil . Transsc . Logik .

spräche au f Erfindun g un d Erweiterung , di e si e bloß durc h transscenden tale Grundsätz e z u erreiche n vermeinet , zu r bloße n Beurtlieilun g un d Verwahrung de s reine n Verstande s vo r sophistische m Blendwerk e herab zusetzen.

89 De

r

Transscendentalen Logi k Erste Abtheilung . Die Transscendental e Analytik .

Diese Analyti k is t di e Zergliederun g unsere s gesamte n Erkenntnisse s a priori i n di e Element e de r reine n Verstandeserkenntniss . E s komm t hiebei au f folgend e Stück e an . 1 . Das s di e Begriff e reine , un d nich t em pirische Begriff e sein . 2 . Das s si e nich t zu r Anschauun g un d zu r Sinn lichkeit, sonder n zu m Denke n un d Verstand e gehören . 3 . Das s si e Elementarbegriffe sein , un d vo n de n abgeleiteten , ode r darau s zusammen gesetzten woh ! unterschiede n werden . 4 . Das s ihr e Tafe l vollständi g sei . und si e da s ganz e Fel d de s reine n Verstande s gänzlic h ausfüllen . Nu n kann dies e Vollständigkei t eine r Wissenschaf t nich t au f de n Ueberschla g eines blo ß durc h Versuch e z u Stand e gebrachte n Aggregat s mi t Zuver lässigkeit angenomme n werden ; dahe r is t si e nu r vermittels t eine r I d e e des G a n z e n de r Verstandeserkenntnis s a priori un d durc h di e darau s bestimmte Abtheilun g de r Begriffe , welch e si e ausmachen , mithi n nu r durch ihre n Z u s a m m e n h a n g i n e i n e m S y s t e m möglich . De r rein e Verstand sonder t sic h nich t allei n vo n alle m Empirischen , sonder n soga r von alle r Sinnlichkei t völli g aus . E r is t als o ein e fü r sic h selbs t be 90 ständige , sic h selbs t genügsame , und durc h kein e äußerlic h hinzukommend e Zusätze z u vermehrend e Einheit . Dahe r wir d de r Inbegrif f seine r Er kenntniss ei n unte r eine r Ide e z u befassende s un d z u bestimmende s Syste m ausmachen, desse n Vollständigkei t un d Articulatio n zugleic h eine n Probir stein de r Richtigkeit un d Aechtheit alle r hineinpassende n Erkeimtnissstücke abgeben kann . E s besteh t abe r diese r ganz e Thei l de r transscendentale n Logik au s zwe i B ü c h e r n , dere n da s ein e di e B e g r i f f e , da s ander e di e G r u n d s ä t z e de s reine n Verstande s enthält .

Der transscendentale n Analyti k Erstes Buch .

Die Analyti k de r Begriffe .

Ich versteh e unte r Analyti k de r Begriff e nich t di e Analysi s derselbe n oder da s gewöhnlich e Verfahre n i n philosophische n Untersuchungen , Be -

I. Buch . I . Hauptst . Leitfade n de r Entdeckung . 9

9

griffe, di e sic h darbieten , ihre m Inhalt e nac h z u zerglieder n un d zu r Deut lichkeit z u bringen , sonder n di e noc h weni g versucht e Z e r g l i e d e r u n g des V e r s t a u des v e r m ö ge n s selbst , u m di e Möglichkei t de r Begriff e a priori dadurc h z u erforschen , das s wi r si e i m Verstande allei n al s ihre m Geburtsorte aufsuchen , un d desse n reine n Gebrauc h überhaup t analysiren j denn diese s is t da s eigentümlich e Geschäft e eine r Transscendental - 9 1 Philosophie; da s übrig e is t di e logisch e Behandlun g de r Begriff e i n de r Philosophie überhaupt . "Wi r werde n als o di e reine n Begriff e bi s z u ihre n ersten Keime n un d Anlage n i m menschliche n Verstand e verfolgen , i n denen si e vorbereite t liegen , bi s si e endlic h bei Gelegenhei t der Erfahrung entwickelt un d durc h ebe n denselbe n Verstand, vo n de n ihne n anhängen den empirische n Bedingunge n befreiet , i n ihre r Lauterkei t dargestell t werden.

Der Analyti k de r Begriff e Erstes Hauptstück . Von de m Leitfade n de r Entdeckun g alle r reine n Verstandesbegriffe. AVenn ma n ei n Erkenntnissvermöge n in s Spie l setzt , s o thu n sic h nach de n mancherle i Anlässe n verschieden e Begriff e hervor , di e diese s Vermögen kennba r machen , un d sic h i n eine m meh r ode r wenige r aus führlichen Aufsat z sammel n lassen , nachde m di e Beobachtun g derselbe n längere Zei t ode r mi t größere r Scharfsinnigkei t angestell t worden . W o diese Untersuchung werd e vollende t sein , läss t sic h nac h diese m gleichsa m mechanischen Verfahre n niemal s mi t Sicherhei t bestimmen . Auc h ent decken sic h di e Begriffe , di e ma n nu r s o be i Gelegenhei t auffindet , i n keiner Ordnun g un d systematische n Einheit , sonder n werde n zuletz t nu r 9 2 nach Aehnlichkeite n gepaar t un d nac h de r Größ e ihre s Inhalts , vo n de n einfachen a n z u de n meh r zusammengesetzten , i n Reihe n gestellt , di e nichts wenige r al s systematisch , obgleic h au f gewiss e Weis e methodisc h zu Stand e gebrach t werden . Die Transscendental-Philosophie ha t de n Vortheil , abe r auc h di e Verbindlichkeit, ihr e Begriff e nac h eine m Princi p aufzusuchen ; wei l si e au s dem Verstand e al s absolute r Einhei t rei n un d unvermisch t entspringen , und dahe r selbs t nac h eine m Begriff e ode r Ide e unte r sic h zusammen hängen müssen . Ei n solche r Zusammenhang aber gieb t ein e Rege l a n die Hand, nac h welche r jede m reine n Verstandsbegrif f sein e Stelle , un d alle n

7*

100 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . L Buch . I . Ilauptst .

insgesamt ihr e Vollständigkei t a priori bestimm t werde n kann , welche s alles sons t vo m Beliebe n ode r vo m Zufal l abhänge n würde .

Des transscendentale n Leitfaden s de r Entdeckun g alle r reinen Verstandesbegriff e

Erster Abschnitt . Von de m logische n Verstandesgebrauch e überhaupt . Der Verstan d wurd e obe n blo ß negati v erklärt : durc h ei n nicht sinnliches Erkenntnissvermögen . Nu n könne n wi r unabhängi g vo n de r Sinnlichkeit keine r Anschauun g theilhaftig werden . Als o is t de r Verstan d 93 kei n Vermöge n de r Anschauung . E s gieb t abe r auße r de r Anschauung keine ander e Ar t z u erkennen , al s durc h Begriffe . Als o is t di e Erkenntniss eines jeden , wenigsten s de s menschliche n Verstandes ein e Erkenntnis s durch Begriffe , nich t intuitiv , sonder n discursiv . All e Anschauungen , al s sinnlich, beruhe n au f Affectionen , di e Begriff e als o au f Functionen . Ic h verstehe abe r unte r Functio n di e Einhei t de r Handlung , verschieden e Vorstellungen unte r eine r gemeinschaftliche n z u ordnen . Begriff e gründe n sich als o au f de r Spontaneitä t de s Denkens , wi e sinnlich e Anschauunge n auf de r Receptivitä t de r Eindrücke . Vo n diese n Begriffe n kan n nu n de r Verstand keine n änder n Gebrauc h machen , al s das s e r dadurc h urtheilt . Da kein e Vorstellun g unmittelba r au f de n Gegenstan d geht , al s blo ß di e Anschauung, s o wir d ei n Begrif f niemal s au f eine n Gegenstan d unmittelbar, , sondern au f irgen d ein e andr e Vorstellun g von demselbe n (si e SC I Allschauung ode r selbs t scho n Begriff ) bezogen . Da s Urthei l is t als o di e mittelbare Erkenntnis s eine s Gegenstandes , mithi n di e Vorstellun g eine r Vorstellung desselben . I n jede m Urthei l is t ei n Begriff , de r fü r viel e gilt , und unte r diese m Viele n auc h ein e gegeben e Vorstellun g begreift , welch e letztere den n au f de n Gegenstan d unmittelba r bezoge n wird . S o bezieh t sich z . B . i n de m Urtheile : all e K ö r p e r sin d t h e i l b a r , de r Begrif f des Theilbare n au f verschieden e ander e Begriffe ; unte r diese n abe r wir d er hie r besonder s au f de n Begrif f de s Körper s bezogen ; diese r abe r au f 94 ge\viss e un s vorkommend e Erscheinungen. Als o werden dies e Gegenständ e durch de n Begrif f de r Theilbarkei t mittelba r vorgestellt . All e Urtheil e sind demnac h Functione n de r Einhei t unte r unser n Vorstellungen , da , nemlich stat t eine r unmittelbare n Vorstellun g ein e höhere , di e dies e un d mehrere unte r sic h begreift , zu r Erkenntnis s de s Gegenstande s gebraucht , und vie l möglich e Erkenntnisse dadurc h i n eine r zusammengezoge n werden .

I. Abschn . Vo m log. Vevstandesgebrauch e überhaupt . 10

1

Wir könne n abe r all e Handlunge n de s Verstande s au f Urtheil e zurück führen, s o das s de r V e r s t a n d überhaup t al s ei n Vermöge n z u ur t h eilen vorgestell t werde n kann . Den n e r is t nach dem Obige n ein Vermögen z u denken . Denke n is t da s Erkenntnis s durc h Begriffe . Begriff e aber beziehe n sich , al s Eradicat e mögliche r Urtheile , au f irgen d ein e Vor stellung vo n eine m noc h unbestimmte n Gegenstande . S o bedeute t de r Begriff de s Körper s etwas , z . B . Metall , wa s durc h jene n Begrif f erkann t werden kann . E r is t als o nu r dadurc h Begriff , das s unte r ih m ander e Vorstellungen enthalte n sind , vermittels t dere n e r sic h au f Gegenständ e beziehen kann . E r is t als o da s Prädica t z u eine m mögliche n Urtheile , z. B . ei n jede s Metal l is t ei n Körper . Di e Funktione n de s Verstande s können als o insgesam t gefunde n werden , wen n ma n di e Functione n de r Einheit i n de n Urtheile n vollständi g darstelle n kann . Das s die s abe r sic h ganz woh l bewerkstellige n lasse , wir d de r folgend e Abschnit t vo r Auge n stellen.

Des Leitfaden s de r Entdeckun g alle r reine n 9 Verstandesbegriffe

Zweiter Abschnitt . [§ 9.] '

Von de r logische n Functio n de s Verstande s i n Urtheilen . "Wenn wi r vo n alle m Inhalt e eine s Urtheil s überhaup t abstrahiren , und nu r au f di e bloß e Verstandesfor m dari n Ach t geben , s o finde n wir , dass di e Functio n de s Denken s i n demselbe n unte r vie r Tite l gebrach t werden könne , dere n jede r dre i Moment e i n sic h enthält . Si e könne n füglich i n folgende r Tafe l vorgestell t werden . 1. Quantität de r Urtheile . Allgemeine Besondere Einzelne 2. 3 . Qualität. Relation . Bejahende Categorisch e Verneinende Hypothetisch e Unendliche Disjunctiv e Man vgl . S . 6 5 Anm . II .

5

102 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . T . Hauptst. 4.

Modalität. Problematische Assertorische Apodictische 96 D a dies e Eintheilun g i n einigen , obgleic h nich t wesentliche n Stücke n von de r gewohnte n Techni k de r Logike r abzuweiche n scheint , s o werde n folgende Verwahrunge n wide r de n besorgliche n Missverstan d nich t un nöthig sein . 1. Di e Logike r sage n mi t Recht , das s ma n bei m Gebrauc h de r Ur theile i n Vernunftschlüsse n die einzelne n Urtheile gleic h de n allgemeine n behandeln könne . Den n ebe n darum , wei l si e ga r keine n Umfan g haben , kann da s Prädicat derselbe n nich t blo ß au f einige s dessen , wa s unte r de m Begriff de s Subjects enthalte n ist , gezogen , vo n einige m abe r ausgenommen werden. E s gil t als o vo n jene m Begriff e ohn e Ausnahme, gleic h al s wen n derselbe ei n gemeingültige r Begrif f wäre , de r eine n Umfan g hätte , vo n dessen ganze r Bedeutun g da s Prädica t gelte . Vergleiche n wi r dagege n ein einzelne s Urthei l mi t eine m gemeingültige n blo ß al s Erkenntnis s de r Größe nach , s o verhäl t si e sic h z u diese m wi e Einhei t zu r Unendlichkeit, und is t als o a n sic h selbs t davo n wesentlic h unterschieden . Also , wen n ich ei n einzelne s Urthei l (judicium singulare) nich t blo ß nac h seine r innern Gültigkeit , sonder n auc h al s Erkenntnis s überhaupt , nac h de r Größe, di e e s i n Vergleichun g mi t änder n Erkenntnisse n hat , schätze , so is t e s allerdings vo n gemeingültige n Urtheile n (judicia communia) unter schieden, un d verdien t i n eine r vollständige n Tafe l de r Moment e de s 97 Denken s überhaup t (obzwar freilich nich t i n de r blo ß au f de n Gebrauc h de r Urtheile unte r einande r eingeschränkte n Logik ) ein e besonder e Stelle . 2. Eben s o müssen i n eine r transscendentale n Logik u n e n d l i c h e Ur t h e i l e vo n b e j a h e n d e n noc h unterschiede n werden , wen n si e gleich i n der allgemeine n Logi k jene n mi t Rech t beigezähl t sin d un d kei n be sonderes Glie d de r Eintheilun g ausmachen . Dies e nemlic h abstrahle t von alle m Inhal t de s Prädicat s (o b e s gleic h verneinen d ist ) un d sieh t nur darauf , o b dasselb e de m Subjec t beigelegt , ode r ih m entgegengesetz t werde. Jen e abe r betrachte t da s Urthei l auc h nac h de m "Werth e oder Inhal t diese r logische n Bejahun g vermittels t eine s blo ß verneinende n Prädicats, un d wa s dies e i n Ansehun g de s gesamte n Erkenntnisse s fü r einen Gewin n verschafft . Hätt e ic h vo n de r Seel e gesagt : si e is t nich t sterblich, s o hätt e ic h durc h ei n verneinende s Urthei l wenigsten s eine n Irrthum abgehalten . Nu n hab e ic h durc h de n Satz : di e Seel e is t nicht sterblich, zwa r de r logische n For m nac h bejahet , inde m ic h di e Seel e i n

II. Abschn . Vo n de r log . Functio n in Urtheilen . 10

3

den unbeschränkte n Umfan g de r nichtsterbende n Wese n setze . Wei l nu n von de m ganze n Umfang e mögliche r Wese n da s Sterblich e eine n Thei l enthält, da s Nichtsterblich e abe r de n ändern , s o is t durc h meine n Sat z nichts ander s gesagt , al s das s di e Seel e eine s vo n de r unendliche n Meng e Dinge sei , di e übri g bleiben , wen n ic h da s Sterblich e insgesam t weg nehme. Dadurc h abe r wir d nu r di e unendlich e Sphär e alle s Mögliche n in s o wei t beschränkt , das s da s Sterblich e davo n abgetrennt , un d i n de m 9 8 übrigen Rau m ihre s Umfang s di e Seel e gesetz t wird . Diese r Raum bleib t aber be i diese r Ausnahm e noc h imme r unendlich , un d könne n noc h mehrere Theil e desselbe n weggenomme n werden , ohn e das s daru m de r Begriff vo n de r Seel e i m mindeste n wächs t nn d bejahen d bestimm t wird. Dies e unendlich e Urtheile als o i n Ansehun g de s logische n Um fanges sin d wirklic h blo ß beschränkend in Ausdehnun g des Inhalt s de r Erkenntniss überhaupt , un d i n s o fer n müsse n si e i n de r transscendentale n Tafel alle r Moment e de s Denken s i n de n Urtheile n nich t übergange n werden, wei l di e hierbe i ausgeübt e Functio n de s Verstande s vielleich t i n in de m Feld e seine r reine n Erkenntniss a priori wichti g sei n kann . 3. All e Verhältniss e de s Denken s i n Urtheile n sin d di e a ) de s Prädicats zu m Subject, b ) de s Grunde s zu r Folge , c ) de r eingetheilte n Er kenntniss un d de r gesammlete n Gliede r de r Eintheilun g unte r einander . In de r erstere n Ar t de r Urtheil e sin d nu r zwe i Begriffe , i n de r zweite n zweene Urtheile , i n de r dritte n mehrer e Urthei l i m Verhältniss gege n ein ander betrachtet . De r hypothetisch e Satz : wen n ein e vollkommen e Gerechtigkeit d a ist , so . wird de r beharrlic h Bös e bestraft , enthäl t eigent lich da s Verhältnis s zweie r Sätze : e s is t ein e vollkommen e Gerechtigkeit da, und : de r beharrlic h Bös e wir d bestraft . O b beid e diese r Sätz e a n sich wah r sein , bleib t hie r unausgemacht . E s is t nu r di e Consequenz , die durc h diese s Urthei l gedach t wird . Endlic h enthäl t da s disjunctiv e Urtheil ei n Verhältnis s zweene r ode r mehrere r Sätz e gege n einander , abe r 9 9 nicht de r Abfolge , sonder n de r logische n Entgegensetzung , s o fer n di e Sphäre de s eine n di e de s änder n ausschließt , abe r doc h zugleic h de r Gemeinschaft, i n s o fer n si e zusamme n di e Sphär e de r eigentliche n Er kenntniss ausfüllen , als o ei n Verhältnis s de r Theil e de r Sphär e eine s Er kenntnisses, d a di e Sphär e eine s jede n Theil s ei n Ergänzungsstüc k de r Sphäre de s änder n z u de m ganze n Inbegriff de r eingetheilte n Erkenntnis s ist; z . E . di e Wel t is t entwede r durc h eine n blinde n Zufal l da , ode r durch innr e Nothwendigkeit , ode r durc h ein e äußer e Ursache . Jede r dieser Sätz e nimm t eine n Thei l de r Sphär e de s mögliche n Erkenntnisse s über da s Dasei n eine r Wel t überhaup t ein , all e zusamme n überhaup t di e ganze Sphäre . Da s Erkenntnis s au s eine r diese r Sphäre n wegnehme n

104 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . I . Ilauptst .

heißt, si e i n ein e de r übrige n setzen , un d dagege n si e i n ein e Sphär e setzen heißt , si e au s de n übrige n wegnehmen . E s is t als o i n eine m disjunctiven Urtheil e ein e gewiss e Gemeinschaf t de r Erkenntnisse , di e darin besteht , das s si e sic h wechselseiti g einande r ausschließen , abe r dadurch doc h i m G a n z e n di e wahr e Erkenntnis s bestimmen , inde m si e zusammengenommen den ganzen Inhalt eine r einzige n gegebenen Erkenntnis s ausmachen. Un d diese s is t e s auc h nur , wa s ic h de s Folgende n wege n hiebei anzumerke n nöthi g finde . 4. Di e Modalitä t de r Urtheil e is t ein e gan z besonder e Functio n der 100 selben, di e da s Unterscheidend e a n sic h hat , das s si e nicht s zu m Inhalt e des Urtheil s beiträg t (den n auße r Größe , Qualitä t un d Verhältnis s is t nichts mehr , wa s de n Inhal t eine s Urtheil s ausmachte) , sonder n nu r de n Werth de r Copul a i n Beziehun g au f da s Denke n überhaup t angeht . P r o b l e m a t i s c h e Urtheil e sin d solche , w o ma n da s Bejahe n ode r Ver neinen al s bloß m ö g l i c h (beliebig ) annimmt . A s s e r t o r i s c h e , d a e s al s w i r k l i c h (wahr ) betrachte t wird . A p o d i c t i s c h e , i n dene n ma n e s als n o t h w e n d i g ansieht*) . S o sin d di e beide n Urtheile , dere n Ver hältniss da s hypothetisch e Urthei l ausmach t (antecedens un d consequens), imgleichen i n dere n Wechselwirkun g da s disjunctiv e besteh t (Gliede r der Eintheilung ) insgesam t nu r problematisch . I n de m obige n Beispie l wird de r Satz: e s is t ein e vollkommen e Gerechtigkeit da , nich t assertorisc h gesagt, sonder n nu r al s ei n beliebige s Urtheil, wovo n e s möglic h ist , das s jemand e s annehme , gedacht ; un d nu r di e Cousequen z is t assertorisch . Daher könne n solch e Urtheil e auc h offenba r falsc h sein , un d doch , proble matisch genommen , Bedingunge n de r Erkenntnis s de r Wahrhei t sein . So is t da s Urtheil : di e W e l t is t d u r c h b l i n d e n Z u f a l l da , i n dem disjunctiven Urthei l nu r vo n problematische r Bedeutung , nemlic h das s 101 jemand diese n Sat z etw a au f eine n Augenblic k annehme n möge , un d dien t doch (wi e di e Verzeichnun g de s falsche n Wege s unte r de r Zah l alle r derer, di e ma n nehme n kann) , de n wahre n z u finden . De r problematische Satz is t als o derjenige , de r nu r logisch e Möglichkei t (di e nich t objecti v ist) ausdrückt , d . i . ein e frei e Wah l eine n solche n Sat z gelte n z u lassen , eine blo ß willkürlich e Aufnehmun g desselbe n i n de n Verstand . De r assertorische sag t vo n logische r Wirklichkei t ode r \Vahrheit , wi e etw a i n einem hypothetische n Vernunftschlus s da s Anteceden s i m Obersatz e *) Gleic h al s wen n da s Denke n i m erste n Fal l ein e Functio n de s V e r s t a n d e s , i m zweite n de r U r t h e i l s k r a f t , i m dritte n de r V e r n u n f t wäre . Ein e Bemerkung , di e ers t i n de r Folg e ihr e Aufklärung erwartet .

III. Abschn . Vo n de n veine n Verstandesbegriffen . 10

5

problematisch, i m Untersatz e assertorisc h vorkommt , un d zeig t an , das s der Sat z mi t de m Verstand e nac h desse n Gesetze n scho n verbunde n sei . Der apodictisch e Sat z denk t sic h de n assertorische n durc h dies e Gesetz e des Verstande s selbs t bestimmt , un d dahe r a priori behauptend , un d drückt au f solch e Weis e logisch e Notwendigkei t aus . "Wei l nu n hie r alles sic h gradweis e de m Verstand e einverleibt , s o das s ma n zuvo r etwa s problematisch urtheilt , darau f auc h woh l e s assertorisc h al s wah r annimmt, endlich al s unzertrennlic h mi t de m Verstand e verbunden , d . i . al s noth wendig un d apodictisc h behauptet , s o kan n ma n dies e dre i Functione n de r Modaliät auc h s o vie l Moment e de s Denken s überhaup t nennen .

Des Leitfaden s de r Entdeckun g alle r reine n 10 Verstandesbegriffe

2

Dritter Abschnitt . [§ 10. ] Von de n reine n Versta n desbegriffen ode r Cätegorien . Die allgemein e Logi k abstrahirt , wi e mehrmale n scho n gesag t worden , von alle m Inhal t de r Erkenntniss, un d erwartet , das s ih r anderwärts, wohe r es auc h sei , Vorstellunge n gegebe n werden , u m dies e zuers t i n Begriff e zu verwandeln , welche s analytisc h zugehet . Dagege n ha t di e transscen dentale Logi k ei n Mannigfaltiges de r Sinnlichkei t a priori vo r sic h liege n welches di e transscendental e Aestheti k ih r darbietet , u m z u de n reinen , Verstandesbegriffen eine n Stof f z u geben , ohn e de n si e ohn e alle n Inhalt , mithin völli g lee r sei n würde . Rau m un d Zei t enthalte n nu n ei n Mannigfaltiges de r reine n Anschauun g a priori, gehöre n abe r gleichwoh l z u de n Bedingungen de r Receptivitä t unsere s Gemüths , unte r dene n e s allei n Vorstellungen vo n Gegenstände n empfange n kann , di e mithi n auc h de n Begriff derselbe n jederzei t afficire n müssen . Allei n di e Spontaneitä t unseres Denken s erforder t es , das s diese s Mannigfaltig e zuers t au f gewiss e Weise durchgegangen , aufgenomme n un d verbunde n werde , u m darau s eine Erkenntnis s z u machen . Dies e Handlun g nenn e ic h Synthesis . Ich versteh e abe r unte r S y n t h e s i s i n de r allgemeinste n Bedeutun g 103 die Handlung , verschieden e Vorstellunge n z u einande r hinzuzuthun , un d ihre Mannigfaltigkei t i n eine r Erkenntnis s z u begreifen . Ein e solch e Synthesis is t r e i n , wen n da s Mannigfaltig e nich t empirisch , sonder n a priori gegebe n is t (wi e da s i m Raum un d de r Zeit) . Vo r aller Analysi s unserer Vorstellunge n müsse n dies e zuvo r gegebe n sein , un d e s könne n

106 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . I . Hauptst .

keine Begriff e de m I n h a l t e n a c h analytisc h entspringen . Di e Synthesis eines Mannigfaltige n aber (e s se i empirisc h ode r a priori gegeben ) bring t zuerst ein e Erkenntnis s hervor , di e zwa r anfänglic h noc h ro h un d ver worren sei n kann , un d als o de r Analysi s bedarf ; allei n di e Synthesi s is t doch dasjenige , wa s eigentlic h di e Element e z u Erkenntnisse n sammle t und z u eine m gewisse n Inhalt e vereinigt ; si e is t als o da s erste , \vorau f wir Ach t z u gebe u haben , wen n wi r übe r de n erste n Ursprun g unserer Erkenntniss urtheile n w Tollen. Die Synthesi s überhaup t ist , wi e wi r künfti g sehe n werden , di e bloße Wirkung de r Einbildungskraft , eine r blinden , obgleic h unentbehrliche n Function de r Seele , ohn e di e wi r überal l ga r kein e Erkenntnis s habe n würden, de r wi r un s abe r selte n nu r einma l bewuss t sind . Allei n dies e Synthesis au f B e g r i f f e z u bringen , da s is t ein e Function , di e de m Ver stande zukommt , un d wodurc h e r un s allerers t di e Erkenntniss i n eigent licher Bedeutun g verschaffet . 104 Di e reine Synthesis , a l l g e m e i n v o r g e s t e l l t , gieb t nu n de n reinen Verstandesbegriff . Ic h versteh e abe r unte r diese r Synthesi s die jenige, welch e au f eine m Grund e de r synthetische n Einhei t a priori beruht: s o is t unse r Zähle n (vornehmlic h is t e s i n größere n Zahle n merk licher) ein e Synthesi s n a c h B e g r i f f e n , wei l si e nac h eine m gemein schaftlichen Grund e de r Einhei t geschieh t (z . E . de r Decadik) . Unte r diesem Begriff e wir d als o di e Einhei t i n de r Synthesi s de s Mannig faltigen nothwendig . Analytisch werde n verschieden e Vorstellunge n u n t e r eine n Begrif f gebracht (ei n Geschäfte , wovo n di e allgemein e Logi k handelt) . Abe r nicht di e Vorstellungen, sonder n di e r e i n e S y n t h e s i s de r Vorstellungen auf Begriff e z u bringen , lehr t di e transscendental e Logik . Da s erste , was un s zu m Behu f de r Erkenntnis s alle r Gegenständ e a priori gegebe n sein muss , is t da s M a n n i g f a l t i g e de r reine n Anschauung ; di e Synthesis diese s Mannigfaltige n durc h di e Einbildungskraf t is t da s zweite, gieb t abe r noc h kein e Erkenntniss . Di e Begriffe , welch e diese r reinen Synthesi s E i n h e i t geben , un d lediglic h i n de r Vorstellun g diese r notwendigen synthetische n Einhei t bestehen , thu n da s dritt e zu m Er kenntnisse eine s vorkommende n Gegenstandes , un d beruhe n au f de m Verstande. Dieselbe Function, welch e de n verschiedenen Vorstellunge n i n e i n e m 105 U r t h e i l e Einhei t giebt , di e giebt auch de r bloße n Synthesi s verschiedener Vorstellungen i n e i n e r A n s c h a u u n g Einheit , welche , allgemei n aus gedrückt, de r rein e Verstandesbegrif f heißt . Derselb e Verstan d also , un d

III. Abschn . Vo n de n reine n Verstandesbegriffen .

107

zwar durc h ebe n dieselbe n Handlungen , wodurc h e r i n Begriffe n ver mittelst de r analytische n Einhei t di e logisch e For m eine s Urtheil s z u Stande brachte , bring t auc h vermittels t de r synthetische n Einhei t de s Mannigfaltigen i n de r Anschauung überhaup t i n sein e Vorstellunge n eine n transscendentalen Inhalt , weswege n si e rein e Verstandesbegriff e heißen , die a priori au f Object e gehen , welche s di e allgemein e Logi k nich t leisten kann . Auf solch e Weis e entspringe n gerad e s o vie l rein e Verstandesbegriffe, welche a priori au f Gegenständ e de r Anschauun g überhaup t gehen , al s es i n de r vorige n Tafe l logisch e Functione n i n alle n mögliche n Urtheile n gab; den n de r Verstan d is t durc h gedacht e Functione n völli g erschöpft , und sei n Vermöge n dadurc h gänzlic h ausgemessen . Wi r wolle n dies e Begriffe nac h de m ARISTOTELE S C a t e g o r i e n nennen , inde m unser e Absicht uranfänglic h mi t de r seinige n zwa r einerle i ist , o b sie sic h gleic h davon i n de r Ausführun g ga r seh r entfernet . Tafel de r Categorien .

1. Der Quantität : Einheit Vielheit Allheit. Der Qualität : Realität Negation Limitation.

3. Der Relation : der I n h ä r e n z un d Subsisten z (substantia et accidens) der C a u s a l i t ä t un d Dependen z (Ursach e und Wirkung ) der G e m e i n s c h a f t (Wechselwirkun g zwischen de m Handelnden un d Leidenden).

4. Der Modalität :

M ö g l i c h k e i t — Unmöglichkei t D a s e i n — Nichtsei n N o t w e n d i g k e i t — Zufälligkeit . Dieses is t nu n di e Verzeichnun g alle r ursprünglic h reine n Begriff e

106

108 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . L Buch . I . Hauptst .

der Synthesis , di e de r Verstan d a p-iori i n sic h enthält , un d u m dere n willen e r auc h nu r ei n reine r Verstan d ist ; inde m e r durc h si e allei n etwas be i de m Mannigfaltige n der Anschauun g verstehen , d . i . ei n Objec t derselben denke n kann . Dies e Eintheilun g is t systematisc h au s eine m gemeinschaftlichen Princip , nemlic h de m Vermöge n z u u r t h e i l e n (welches ebe n s o vie l ist , al s da s Vermöge n z u denken ) erzeugt , un d nicht rhapsodistisc h au s eine r au f gu t Glüc k unternommene n Auf107 suchun g reine r Begriff e entstanden , vo n dere n Vollzähligkei t ma n niemal s gewiss sei n kann , d a si e nu r durc h Inductio n geschlosse n wird , ohn e z u gedenken, das s ma n noc h au f di e letzter e Ar t niemal s einsieht , waru m denn gerad e diese , un d nich t ander e Begriff e dei n reine n Verstand e bei wohnen. E s wa r ei n eine s scharfsinnige n Manne s würdige r Anschla g de s A R I S T O T E L E S , dies e Grundbegriff e aufzusuchen . D a e r abe r kei n Principium hatte , s o rafft e e r si e auf , wi e si e ih m aufstießen , un d trie b deren zuers t zeh n auf , di e e r C a t e g o r i e n (Prädicamente ) nannte . I n der Folg e glaubt e e r noc h ihre r fünf e aufgefunde n z u haben , di e e r unte r dem Name n de r Postprädiearaent e hinzufügte . Allei n sein e Tafe l blie b noch imme r mangelhaft . Außerde m finde n sic h auc h einig e modi de r reinen Sinnlichkei t darunte r (quando, ubi, süus, imgleiche n prius, simul), auch ei n empirische r (motus), di e i n diese s Stammregiste r de s Verstandes gar nich t gehören ; ode r e s sin d auc h di e abgeleitete n Begriff e mi t unte r die Urbegriff e gezähl t (actio, passio), un d a n einige n de r letzter n fehl t e s gänzlich. Um de r letzter n wille n is t als o noc h z u bemerken : das s di e Cate gorien, al s di e wahre n S t a m m b e g r i f f e de s reine n Verstandes , auc h ihre ebe n s o a b g e l e i t e t e B e g r i f f e haben , di e i n eine m vollständige n System de r Transscendental-Philosophi e keinesweg s übergange n werde n können, mi t dere n bloße r Erwähnun g abe r ic h i n eine m blo ß kritischen Versuch zufriede n sei n kann . 108 E s se i mi r erlaubt , dies e reine , abe r abgeleitet e Verstandesbegriff e die P r ä d i c a b i l i e n de s reine n Verstande s (i m Gegensat z de r Prädica mente) z u nennen . Wen n ma n di e ursprünglich e un d primitiv e Begriff e hat, s o lasse n sic h di e abgeleitete n un d subalterne n leich t hinzufügen , und de r Stammbau m de s reine n Verstande s völli g ausmalen . D a e s mi r hier nich t u m di e Vollständigkeit de s Systems , sonder n nu r der Principien zu eine m Syste m z u thu n ist , s o verspar e ic h dies e Ergänzun g au f ein e andere Beschäftigung . Ma n kan n abe r dies e Absich t ziemlic h erreichen , wenn ma n di e ontologische n Lehrbüche r zu r Han d nimmt , un d z . B . der Categorie de r Causalitä t di e Prädicabilie n de r Kraft , de r Handlung , de s Leidens; de r de r Gemeinschaf t di e de r Gegenwart , de s "Widerstandes; de n

III. Abschn . Yo n de n reinei l Verstandesbegriffen . 10

9

Prädicamenten de r Modalitä t di e de s Entstehens , Vergehens , de r Ver änderung u . s. w. unterordnet . Di e Categorien , mi t de n modis de r reine n Sinnlichkeit ode r auc h unte r einande r verbunden , gebe n ein e groß e Menge abgeleitete r Begriff e a priori, di e z u bemerke n un d w o möglic h bis zu r Vollständigkei t z u verzeichne n ein e nützlich e un d nich t unan genehme, hie r abe r enthehrlich e Bemühun g sei n \vurde . Der Definitione n diese r Categorie n überheb e ic h mic h i n diese r Ab handlung geflissentlich , o b ic h gleic h i m Besit z derselbe n sei n möchte . Ich werd e dies e Begriff e i n de r Folg e bi s au f de n Gra d zergliedern , welcher i n Beziehun g au f di e Methodenlebre , di e ic h bearbeite , hin reichend ist . I n eine m Syste m de r reine n Vernunf t würd e ma n si e mi t 10 9 Recht vo n mi r forder n können ; abe r hie r würde n si e nu r de n Haupt punct de r Untersuchun g au s de n Auge n bringen , inde m si e Zweife l un d Angriffe erregten , di e man , ohn e de r wesentliche n Absicht etwa s z u ent ziehen, ga r woh l au f ein e andr e Beschäftigun g verweise n kann . Indesse n leuchtet doc h au s de m "Wenigen , wa s ic h hievo n augeführ t habe , deutlic h hervor, das s ei n vollständige s Wörterbuc h mi t alle n daz u erforderliche n Erklärungen nich t allei n möglich , sonder n auc h auc h leich t se i z u Stand e zu bringen . Di e Fäche r sin d einma l da ; e s is t nu r nöthi g si e auszu füllen, un d ein e systematisch e Topik , wi e di e gegenwärtige , läss t nich t leicht di e Stell e verfehlen , dahi n ei n jede r Begrif f eigenthümlic h gehört , und zugleic h diejenig e leich t bemerken , di e noc h lee r ist .

[§ H· 1 Ueber dies e Tafe l de r Categorie n lasse n sic h artig e Betrachtunge n anstellen, di e vielleich t erheblich e Folge n i n Ansehun g de r wissenschaft lichen For m alle r Vernunfterkenntniss e habe n könnten . Den n das s dies e Tafel i m theoretische n Theil e de r Philosophi e ungemei n dienlich , j a unentbehrlich sei , de n P l a n zu m G a n z e n e i n e r W i s s e n s c h a f t , s o fern si e au f Begriffe n a priori beruht , vollständi g z u entwerfen , un d si e mathematisch n a c h b e s t i m m t e n P r i n c i p i e n a b z u t h e i l e n , erhelle t schon vo n selbs t daraus , das s gedacht e Tafe l all e Elementarbegriff e de s Verstandes vollständig , j a selbs t di e For m eine s System s derselbe n i m 11 0 menschlichen Verstand e enthält , folglic h au f all e M o m e n t e eine r vor habenden speculative n Wissenschaft , j a soga r ihr e O r d n u n g Anweisun g giebt, wi e ic h den n auc h davo n anderwärts* ) ein e Prob e gegebe n habe . Hier sin d nu n einig e diese r Anmerkungen . *) Metaphysisch e Anfangsgründ e de r Naturwissenschaft . Der § 11 ist ei n Zusat z vo n A 2. Ma n vgl. Prolegomena § 39 Anm. , S. 122 f.

HO Elementarlehre

..

Theil . I . Abth . I . Buch . I . Hauptst .

Die erst e ist : das s sic h dies e Tafel , welch e vie r Classe n vo n Ver standesbegriffen enthält , zuers t i n zwe i Abtheilunge n zerfalle n lasse , deren erster e au f Gegenständ e de r Anschauun g (de r reine n sowoh l al s empirischen), di e zweit e abe r au f di e Existen z diese r Gegenständ e (entweder i n Beziehun g au f einande r ode r au f de n Verstand ) gerichte t sind . Die erste Class e würd e ich di e de r m a t h e m a t i s c h e n , di e zweite de r d y n a m i s c h e n Categorie n nennen . Di e erst e Class e hat , wie ma n sieht , keine Correlate , di e allei n i n de r zweite n Class e angetroffe n werden . Dieser Unterschie d mus s doc h eine n Grun d i n de r Natu r de s Ver standes haben . 2te A n m e r k u n g . Das s allerwärt s ein e gleich e Zah l de r Categorien jeder Classe , uemlic h dre i sind , welche s ebe n sowoh l zu m Nachdenke n auffordert, d a sons t all e Eintheilun g a priori durc h Begriff e Dichotomi e sein muss . Daz u komm t abe r noch , das s di e dritt e Categori e allent halben au s de r Verbindun g de r zweite n mi t de r erste n ihre r Class e entspringt. 111 S o is t di e A l l h e i t (Totalität ) nicht s ander s al s di e Vielhei t al s Einheit betrachtet , di e E i n s c h r ä n k u n g nicht s ander s al s Realitä t mi t Negation verbunden , di e G e m e i n s c h a f t is t di e Causalität eine r Substan z in Bestimmun g de r änder n wechselseitig , endlic h di e N o t w e n d i g k e i t nichts ander s al s di e Existenz , di e durc h di e Möglichkei t selbs t gegebe n ist. Ma n denk e abe r j a nicht , das s daru m di e dritt e Categori e ei n blo ß abgeleiteter, un d kei n Stammbegrif f de s reine n Verstande s sei . Den n di e Verbindung de r erste n un d zweiten , u m de n dritte n Begrif f hervorzu bringen, erfoder t eine n besondere n Actu s de s Verstandes , de r nich t mi t dem einerle i ist , de r bei m erste n un d zweite n ausgeüb t wird . S o is t de r Begriff eine r Zah l (di e zu r Categori e de r Allhei t gehört ) nich t imme r möglich, w o di e Begriff e de r Meng e un d de r Einhei t sin d (z . B. i n de r Vorstellung de s Unendlichen) , ode r daraus , das s ic h de n Begrif f eine r Ursache un d den eine r S u b s t a n z beid e verbinde, noc h nich t sofor t de r Einfluss, d . i . wi e ein e Substan z Ursach e vo n etwa s i n eine r andere n Substanz werde n könne , z u verstehen . Darau s erhellet , das s daz u ei n besonderer Actu s de s Verstande s erforderlic h sei ; un d s o bei de n übrigen . 3te A n m e r k u n g . Vo n eine r einzige n Categorie , nemlic h de r de r G e m e i n s c h a f t , di e unte r de m dritte n Tite l befindlic h ist , is t di e Ueber einstimmung mi t de r i n de r Tafe l de r logische n Functione n ih m corre 112 spondirende n For m eine s disjunctive n Urtheil s nich t s o i n di e Auge n fallend, al s be i de n übrigen . Um sic h diese r Uebereinstimmun g z u versichern, mus s man bemerken : dass i n alle n disjunctive n Urtheile n di e Sphär e (di e Menge alle s dessen ,

III. Abschii . Yo u de n reine n Verstandesbegriffen . \V\. was unte r ih m enthalte n ist ) al s ei n Ganze s i n Theil e (di e untergeordneten Begriffe ) getheil t vorgestell t wird , und , weil eine r nich t unte r de m ändern enthalte n sei n kann , si e al s einande r c o o r d i n i r t , nich t subo r d i n i r t , s o das s si e einande r nich t e i n s e i t i g wi e i n eine r R e i h e , sondern w e c h s e l s e i t i g al s i n eine m A g g r e g a t bestimme n (wen n ei n Glied de r Eintheiluu g gesetz t wird , all e übrig e ausgeschlosse n werden , und s o umgekehrt) , gedach t werden . Nun wir d ein e ähnlich e Verknüpfun g i n eine m G a n z e n de r Ding e gedacht, d a nich t eine s al s "Wirkun g de m änder n al s Ursach e seine s Daseins u n t e r g e o r d n e t , sonder n zugleic h un d wechselseiti g al s Ur sache i n Ansehun g de r Bestimmun g de r änder n b e i g e o r d n e t wir d (z. B . i n eine m Körper , desse n Theil e einande r wechselseiti g ziehen , un d auch widerstehen) ; welche s ein e gan z ander e Ar t de r Verknüpfi.r.gis t als die , so i m bloße n Verhältniss de r Ursach e zu r "Wirkun g (de s Grundes , zur Folge ) angetroffe n wird , i n welche m di e Folg e nich t wechselseiti g wiederum de n Grun d bestimmt , un d daru m mi t diese m (wi e der Welt schöpfer mi t de r Welt ) nich t ei n Ganze s ausmacht . Dasselb e Verfahre n des Verstandes , wen n e r sic h di e Sphär e eine s eingetheilte n Begriff s vor - 11 3 stellt, beobachte t e r auch , wen n e r ei n Din g al s theilba r denkt ; un d wi e die Gliede r de r Eintheilun g i m erstere n einande r ausschliessen , un d doc h in eine r Sphär e verbunde n sind , s o stell t e r sic h di e Theil e de s letzteren als solche , dere n Existen z (al s Substanzen) jede m auc h ausschliesslic h von de n übrige n zukommt , doc h al s i n eine m Ganze n verbunde n vor. ]

[§ 12· 1 Es finde t sic h abe r i n de r Transscendental-Philosophi e de r Alte n noch ei n Hauptstüc k vor , welches rein e Verstandesbegriff e enthält , die , ob si e gleic h nich t unte r di e Categorie n gezähl t werden , dennoc h nac h ihnen al s Begriff e a priori vo n Gegenstände n gelte n sollten , i n welche m Falle si e abe r di e Zah l de r Categorie n vermehren würden , welche s nich t sein kann . Dies e träg t de r unte r de n Scholastiker n s o berufen e Sat z vor: quodlibet en s est unum, verum, bonum. O b nun,zwar de r Gebrauc h dieses Princip s i n Absich t au f di e Folgerunge n (di e lauter tautologisch e Sätze gaben ) seh r kümmerlic h ausfiel , s o das s ma n e s auc h i n neuere n Zeiten beinah e nu r ehrenhalbe r i n de r Metaphysi k aufzustelle n pflegt , s o verdient doc h ei n Gedanke , de r sic h s o lang e erhalte n hat , s o lee r e r auch z u sei n scheint , imme r ein e Untersuchun g seine s Ursprungs , un d berechtigt zu r Vermuthung , das s e r i n irgen d eine r Verstandesrege l seine n Der § 1 2 is t wi e § 1 1 ei n Zusat z vo n A 2.

112 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . I . Hauptst .

Grund habe , de r nur , wi e e s of t geschieht , falsc h gedolmetsch t \vorder u 114 Diese vermeintlic h transscendental e Eradicat e de r D i n g e sin d nicht s anders al s logisch e Erforderniss e un d Criterie n alle r E r k e n n t n i ss de r D i n g e überhaupt , un d lege n ih r di e Categorie n de r Quantität , nemlic h der E i n h e i t , V i e l h e i t un d A l l h e i t zu m Grunde , nu r das s si e diese , welche eigentlic h material , al s zu r Möglichkei t de r Ding e selbs t gehörig , genommen werde n müssten , i n de r Tha t nu r i n formale r Bedeutung , al s zur logische n Forderung i n Ansehun g jeder Erkenntnis s gehöri g brauchten , und doc h dies e Criterie n de s Denken s unbehutsame r Weis e z u Eigen schaften de r Ding e a n sic h selbs t machten . I n jede m Erkenntniss e eine s Objects is t nemlic h E i n h e i t de s Begriffs , welch e ma n q u a l i t a t i v e E i n h e i t nenne n kann , s o fer n darunte r nu r di e Einhei t de r Zusammen fassung de s Mannigfaltige n de r Erkenntniss e gedach t wird , wi e etw a di e Einheit de s Them a i n eine m Schauspiel , eine r Rede , eine r Fabel . Zweitens Wahrhei t i n Ansehun g de r Folgen . J e meh r wahr e Folge n aus eine m gegebene n Begriffe , dest o meh r Kennzeiche n seine r objective n Realität. Diese s könnt e ma n di e q u a l i t a t i v e V i e l h e i t de r Merkmale , die z u eine m Begriff e al s eine m gemeinschaftliche n Grund e gehören , (nicht i n ih m al s Größ e gedach t werden ) nennen . Endlic h dritten s V o l l k o m m e n h e i t , di e dari n besteht , das s umgekehr t dies e Vielhei t zu sammen au f di e Einhei t de s Begriffe s zurückführt , un d z u diese m un d keinem andere n völli g zusammenstimmt , welche s ma n di e q u a l i t a t i v e llo V o l l s t ä n d i g k e i t (Totalität ) nenne n kann . Worau s erhellet , das s dies e logische Criterie n de r Möglichkei t de r Erkenntnis s überhaup t di e dre i Categorien de r Größe , i n dene n di e Einhei t i n de r Erzeugun g de s Quantum durchgängi g gleichartig angenomme n werde n muss , hie r nu r in · Absicht au f di e Verknüpfun g auc h u n g l e i c h a r t i g e r Erkenntnissstiicke in eine m Bewusstsei n durc h di e Qualitä t eine s Erkenntnisse s al s Princip s verwandeln. S o is t da s Criteriu m de r Möglichkei t eine s Begriff s (nich t des Object s derselben ) di e Definition , i n de r di e E i n h e i t de s Begriffs , die W a h r h e i t alle s dessen , wa s zunächst , au s ih m abgeleite t werde n mag, endlic h die V o l l s t ä n d i g k e i t dessen , wa s aus ihm gezoge n worden, zur Herstellun g de s ganze n Begriff s da s Erforderliche desselbe n ausmacht ; oder s o is t auch da s C r i t e r i um eine r H y p o t h e s e di e Verständlichkeit des angenommene n E r k l ä r u n g s g r u n d e s ode r desse n E i n h e i t (ohn e Hülfshypothese), di e W a h r h e i t (Uebereinstimmung unte r sic h selbs t und . mit de r Erfahrung ) de r darau s abzuleitende n Folgen , un d endlic h di & V o l l s t ä n d i g k e i t de s Erklärungsgrundes z u ihnen , di e au f nicht s mehr, , noch wenige r zurückweisen , al s i n de r Hypothes e angenomme n worden , und das , wa s a priori synthetisc h gedach t war , a posteriori analytisc h

III. Abschn . Yo n de n reine n Verstanclesbegriffen . H

3

wieder liefer n un d daz u zusammenstimmen . — Als o wir d durc h di e Be griffe vo n Einheit . Wahrhei t un d Vollkommenhei t di e transscendental e Tafel de r Categorie n ga r nicht , al s wär e si e etw a mangelhaft , ergänzt , sondern nur , inde m da s Verhältnis s diese r Begriff e au f Object e gänzlic h 11 6 bei Seit e gesetz t wird , da s Verfahren mi t ihne n unte r allgemein e logische Regeln de r Uebereinstimmun g de r Erkenntnis s mi t sic h selbs t gebracht.] 1

Der Transscendentale n Analyti k

Zweites Hauptstück . Von de r Deductio n de r reine n Verstandesbegriffe . Erster Abschnitt . [§ 13· ] Von de n Principie n eine r transscendentale n Deductio n überhaupt.

Die Rechtslehrer , wen n si e vo n Befugnisse n un d Anmaßunge n reden , unterscheiden i n eine m Rechtshande l di e Frag e übe r das , wa s Rechten s ist (quid iuris), vo n der , di e di e Thatsach e angeh t (quidfacti); un d in dem si e vo n beide n Bewei s fordern , s o nenne n si e de n erstem , de r di e Befugniss ode r auc h de n Rechtsanspruc h darthu n soll , di e D e d u c t i o n . Wir bediene n un s eine r Meng e empirische r Begriff e ohn e jemande s Wider rede, un d halte n un s auc h ohn e Deductio n berechtigt , ihne n eine n Sin n und eingebildet e Bedeutun g zuzueignen , wei l wi r jederzei t di e Erfahrun g bei de r Han d haben , ihr e objectiv e Realitä t z u beweisen . E s gieb t in - 11 7 dessen auc h usurpirt e Begriffe , wi e etw a G l ü c k , S c h i c k s a l , di e zwa r mit fas t allgemeine r Nachsich t herumlaufen , abe r doc h bisweile n durc h die Frage : quid iuris? i n Anspruc h genomme n werden ; d a ma n alsden n wegen de r Deductio n derselben in nich t gering e Verlegenhei t geräth , inde m man keine n deutliche n Rechtsgrund , wede r au s de r Erfahrung , noc h de r Vernunft anführe n kann , dadurc h di e Befugnis s ihre s Gebrauch s deutlic h würde. Unter de n mancherle i Begriffe n aber , di e das seh r vermischt e Geweb e der menschliche n Erkenntnis s ausmachen , gieb t e s einige , di e auc h zu m reinen Gebrauc h a priori (völli g unabhängi g von alle r Erfahrung ) bestimm t sind, un d diese r ihr e Befugnis s bedar f jederzei t eine r Deduction ; wei l Man vgl . S . 11 1 Anm . 1 . Kant's Kriti k de r reine n Vernunft .

114 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . L Buch . II . Kauptst .

zu de r Rechtmäßigkei t eine s solche n Gebrauch s Beweis e au s de r Erfahrun g nicht hinreichen d sind , ma n abe r doc h wisse n muss , wi e dies e Begriff e sich au f Object e beziehe n können , di e si e doc h au s keine r Erfahrun g hernehmen. Ic h nenn e dahe r di e Erklärun g de r Art . wi e sic h Begriff e a priori au f Gegenständ e beziehe n können , di e t r a n s s c e n d e n t a l e De d u c t i o n derselben , un d unterscheid e si e von der e m p i r i s c h e n Deduction , welche di e Ar t anzeigt , wi e ei n Begrif f durc h Erfahrun g un d Reflexio n über dieselb e erworbe n \vorden , un d dahe r nich t di e Rechtmäßigkeit , sondern da s Factu m betrifft , wodurc h de r Besit z entsprungen . 118 "Wi r habe n jetz t scho n zweierle i Begriff e vo n gan z verschiedene r Art , die doc h dari n mi t einande r übereinkommen , das s si e beiderseit s völli g a priori sic h au f Gegenständ e beziehen , nemlic h di e Begriff e de s Raume s und de r Zei t al s Forme n de r Sinnlichkeit , un d di e Categorie n al s Begriff e des Verstandes . Vo n ihne n ein e empirisch e Deduction versuche n wollen , würde gan z vergeblich e Arbei t sein ; wei l ebe n dari n da s Unterscheidend e ihrer Natu r liegt , das s si e sic h au f ihr e Gegenständ e beziehen , ohn e etwa s zu dere n Vorstellun g au s de r Erfahrun g entlehn t z u haben . Wen n als o eine Deductio n derselbe n nöthi g ist . s o wir d si e jederzei t transscendenta l sein müssen . Indessen kan n ma n vo n diese n Begriffen, wi e vo n alle m Erkenntniss , wo nich t da s Principiu m ihre r Möglichkeit , doc h di e Gelegenheitsursachen ihrer Erzeugun g i n de r Erfahrun g aufsuchen ; w o alsden n di e Eindrück e der Sinn e de n erste n Anlas s geben , di e ganz e Erkenntnisskraf t i n An sehung ihre r z u eröffnen , un d Erfahrun g z u Stand e z u bringen , di e zwe i sehr ungleichartig e Elemente enthält , nemlic h ein e M a t e r ie zu r Erkenntniss aus de n Sinnen , un d ein e gewiss e F o r m si e z u ordne n au s de m inner n Quell de s reinen Anschauen s un d Denkens , di e bei Gelegenhei t de r erstere n zuerst i n Ausübun g gebrach t werden , un d Begriff e hervorbringen . Ei n solches Nachspüre n de r erste n Bestrebunge n unsere r Erkenntriisskraft , u m 119 vo n einzelne n Wahrnehmunge n z u allgemeine n Begriffe n z u steigen , ha t ohne Zweife l seine n große n Nutzen , un d ma n ha t e s de m berühmte n L O C K E z u verdanken , das s e r daz u zuers t de n We g eröffne t hat . Allei n eine D e d u c t i o n de r reine n Begriff e a priori komm t dadurc h niemal s z u Stande, den n si e lieg t gan z un d ga r nich t au f diese m \Vege, wei l i n An sehung ihre s künftige n Gebrauchs , de r vo n de r Erfahrun g gänzlic h unab hängig sei n soll , si e eine n gan z änder n Geburtsbrie f al s de n de r Ab stammung vo n Erfahrunge n müsse n aufzuzeige n haben . Dies e versucht e physiologische Ableitung , di e eigentlic h ga r nich t Deductio n heiße n kann , weil si e ein e quaestionem facti betrifft , wil l ic h dahe r di e Erklärun g de s B e s i t z e s eine r reine n Erkenntnis s nennen . E s is t als o klar , das s vo n

I. Abschn . Vo n de n Principie n einer transsc . Deduction . H

5

diesen allei n e s ein e transscendental e Deduction , un d keineswege s ein e empirische gebe n könne , un d das s letzter e i n Ansehun g de r reine n Be griffe a priori nicht s al s eitel e Versuch e sind , womi t sic h nu r derjenig e beschäftigen kann , welche r di e gan z eigenthümlich e Natur dieser Erkennt nisse nich t begriffe n hat . Ob nu n abe r gleic h di e einzig e Ar t eine r mögliche n Deductio n de r reinen Erkenntniss a priori, nemlic h di e au f de m transscendentale n Weg e eingeräumet wird , s o erhelle t dadurc h doc h ebe n nicht , das s si e s o un umgänglich nothwendi g sei . Wi r habe n obe n di e Begriff e de s Raume s und de r Zei t vermittels t eine r transscendentale n Deductio n z u ihre n Quellen verfolgt , un d ihr e objectiv e Gültigkei t a priori erklär t un d be - 12 0 stimmt. Gleichwoh l geh t di e Geometri e ihre n sicher n Schrit t durc h lauter Erkenntniss e a priori, ohn e das s si e sic h wege n de r reine n un d gesetzmäßigen Abkunf t ihre s Grundbegriff s vo m Räume vo n de r Philosophi e einen Beglaubigungsschein efbitte n darf . Allei n de r Gebrauc h des 1 Begriff s geht i n diese r Wissenschaf t auc h nu r au f di e äußer e Sinneuwelt , vo n welcher de r Rau m di e rein e For m ihre r Anschauun g ist , i n welche r als o alle geometrisch e Erkenntniss , wei l si e sic h au f Anschauun g a priori gründet, unmittelbar e Eviden z hat , un d di e Gegenständ e durc h di e Er kenntniss selbs t a priori (de r For m nach ) i n de r Anschauun g gegebe n werden. Dagege n fäng t mi t de n r e i n e n V e r s t a n d e s b e g r i f f e n di e unumgängliche Bedürfnis s an, nich t allei n vo n ihne n selbst , sonder n auc h vom Rau m di e transscendental e Deductio n z u suchen , weil , d a si e vo n Gegenständen nich t durc h Eradicate de r Anschauun g und de r Sinnlichkeit , sondern de s reine n Denken s a priori reden , si e sic h au f Gegenstände ohn e alle Bedingunge n de r Sinnlichkei t allgemei n beziehen , un d die , d a si e nicht au f Erfahrun g gegründe t sind , auc h i n de r Anschauun g a priori kein Objec t vorzeige n können , worau f si e vo r alle r Erfahrun g ihr e Syn thesis gründete n 9 ), un d dahe r nich t allei n wege n de r objective n Gültigkei t und Schranke n ihre s Gebrauch s Verdach t erregen , sonder n auc h jene n B e g r i f f de s R a u m e s zweideuti g machen , dadurch , das s si e ih n übe r die Bedingunge n de r sinnliche n Anschauun g z u gebrauche n geneig t sind , 12 1 weshalb auc h obe n vo n ih m ein e transscendental e Deductio n vo n nöthe n war. S o mus s den n de r Lese r vo n de r unumgängliche n Notwendigkei t einer solche n transscendentale n Deduction , eh e e r eine n einzige n Schrit t im Feld e de r reine n Vernunf t getha n hat , überzeug t werden ; wei l e r sons t blind verfährt , und , nachde m e r mannigfalti g umhe r geirr t hat , doc h wiede r 1

A 1: diese s

8*

116 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . II . Hauptst .

zu de r Unwissenhei t zurückkehre n muss, vo n de r e r ausgegange n Avar . E r muss abe r auc h di e unvermeidlich e Schwierigkei t zu m vorau s deutlic h einsehen, dami t e r nich t übe r Dunkelhei t klage , w o di e Sach e selbs t tie f eingehüllt ist , ode r übe r di e Wegräumun g de r Hinderniss e z u frü h ver drossen werde , wei l e s darau f ankommt , entwede r all e Ansprüch e z u Einsichten de r reine n Vernunf t al s da s beliebtest e Feld . nemlic h dasjenige übe r di e Grenze n alle r mögliche n Erfahrun g hinaus , völli g auf zugeben, ode r diese kritische Untersuchun g zur Vollkommenheit zu bringen . Wir habe n obe n a n de n Begriffe n de s Raume s un d de r Zei t mi t leichter Müh e begreiflic h mache n können , wi e dies e al s Erkenntniss e a priori sic h gleichwoh l au f Gegenständ e nothwendi g beziehe n müssen , und ein e synthetisch e Erkenntnis s derselbe n unabhängi g vo n alle r Er fahrung möglic h macheten. Den n d a nu r vermittels t solche r reine n Formen der Sinnlichkei t un s ei n Gegenstan d erscheinen , d . i . ei n Objec t de r em pirischen Anschauun g sein kann , s o sin d Rau m un d Zei t rein e Anschau 122 ungen , welch e di e Bedingun g de r Möglichkei t de r Gegenständ e al s Er scheinungen a priori enthalten , un d di e Synthesi s i n denselbe n ha t objective Gültigkeit . Die Categorie n de s Verstande s dagege n stelle n un s ga r nich t di e Be dingungen vor , unte r dene n Gegenständ e i n de r Anschauun g gegebe n werden; mithi n könne n un s allerding s Gegenständ e erscheinen, ohn e das s sie sic h nothwendi g au f Functione n de s Verstande s beziehe n müssen , un d dieser als o di e Bedingunge n derselbe n a priori enthielte . Dahe r zeig t sich hie r ein e Schwierigkeit , di e wi r i m Feld e de r Sinnlichkei t nich t an trafen: wi e nemlic h s u b j e c t i v e B e d i n g u n g e n de s D e n k e n s sollte n o b j e c t i v e G ü l t i g k e i t haben , d . i . Bedingunge n de r Möglichkei t alle r Erkenntniss de r Gegenständ e abgeben ; den n ohn e Functione n de s Ver standes könne n allerding s Erscheinunge n i n de r Anschauun g gegebe n werden. Ic h nehm e z . B . den Begrif f de r Ursache , welche r ein e besonder e Art de r Synthesi s bedeutet , d a au f etwas , A , wa s gan z Verschiedenes , B , nach eine r Rege l gesetz t wird . E s is t a priori nich t klar , waru m Er scheinungen etwa s dergleiche n enthalte n sollte n (den n Erfahrunge n kan n mau nich t zu m Beweis e anführen , wei l di e objectiv e Gültigkei t diese s Begriffs a priori mus s dargetha n werde n können) ; un d e s is t dahe r a priori zweifelhaft , o b ei n solche r Begrif f nich t etw a ga r lee r se i un d überall unte r de n Erscheinunge n keine n Gegenstan d antreffe . Den n das s Gegenstände de r sinnliche n Anschauun g dene n i m Gemüt h a priori 123 liegende n formale n Bedingunge n de r Sinnlichkei t gemä ß sei n müssen , is t daraus klar , wei l si e sons t nich t Gegenständ e fü r un s sei n würden ; das s sie abe r auc h überde m de n Bedingungen , dere n de r Verstan d zu r syn -

I. Abschn . Vo n de n Principie u eine r transsc . Deduction . H

7

tketischen Einhei t de s Denkens bedarf , gemä ß sei n müssen , davo n is t di e Schlussfolge nich t s o leich t einzusehen . Den n e s könnte n wohl allenfall s Erscheinungen s o beschaffe n sein , das s de r Verstan d si e den Bedingungen seiner Einhei t ga r nich t gemä ß fände , un d alle s s o i n Verwirrun g läge , dass z . B . i n de r Reihenfolg e de r Erscheinunge n sic h nicht s darböte , wa s eine Rege l de r Synthesi s a n di e Han d gäbe , un d als o de m Begriff e de r Ursache un d Wirkun g entspräche , s o clas s diese r Begrif f als o gan z leer , nichtig un d ohn e Bedeutun g \väre . Erscheinunge n würde n nicht s desto weniger unsere r Anschauun g Gegenstände darbieten , den n di e Anschauun g hedarf de r Functione n de s Denken s au f kein e Weise . Gedächte ma n sic h vo n de r Mühsamkeit diese r Untersuchungen dadurch loszuwickeln, das s ma n sagte : di e Erfahrun g böt e unablässi g Beispiel e einer solche n Regelmäßigkeit der Erscheinunge n dar , di e genugsam Anlas s geben, de n Begrif f de r Ursache davo n abzusondern, und dadurc h zugleich di e objective Gültigkei t eines solchen Begriffs z u bewähren; so bemerkt man nicht , dass au f dies e Weis e de r Begrif f de r Ursach e ga r nich t entspringe n kann , sondern das s e r entwede r völli g a priori i m Verstand e müss e gegründe t sein, ode r al s ei n bloße s Hirngespinnst gänzlic h aufgegeben werde n müsse . Denn diese r Begrif f erforder t durchaus , das s etwas , A , vo n de r Ar t sei, das s ei n anderes, B , daraus n o t h w e n d ig un d n a c h e i n e r s c h l e c h t hin a l l g e m e i n e n R e g e l folge . Erscheinunge n geben ga r wohl Fälle an die Hand , au s dene n ein e Rege l möglic h ist , nac h de r etwa s gewöhn licher Maße n geschieht , abe r niemals , das s de r Erfol g n o t h w e n d i g sei : daher de r Synthesi s de r Ursache un d Wirkun g auc h ein e Dignität anhängt , die ma n ga r nich t empirisc h ausdrücke n kann , nemlic h das s di e Wirkun g nicht blo ß z u de r Ursache hinz u komme , sonder n d u r c h dieselb e gesetz t sei, un d au s ih r erfolge . Di e streng e Allgemeinhei t de r Rege l is t auc h gar kein e Eigenschaf t empirische r Regeln , di e durc h Inductio n kein e andere al s comparativ e Allgemeinheit , d . i . ausgebreitet e Brauchbarkei t bekommen können . Nu n würd e sic h abe r de r Gebrauc h de r reine n Ver standesbegriffe gänzlic h ändern , wen n ma n si e nur al s empirisch e Product e behandeln wollte .

[§ 14. ]

Uebergang zur Transscendentalen Deductio n de r Categorien . Es sin d nu r zwe i Fälle möglich , unte r dene n synthetisch e Vorstellun g und ihr e Gegenständ e zusammentreffen , sic h au f einande r notwendige r

118 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . L ITauptst .

"Weise beziehen , un d gleichsa m einande r begegne n können . Entwede r 125 wen n de r Gegenstan d di e Vorstellung , ode r dies e de n Gegenstan d allei n möglich macht . Is t da s erstere . s o is t dies e Beziehun g nu r empirisch , und di e Vorstellun g ist niemal s a priori möglich . Un d die s is t de r Fal l mit Erscheinun g i n Ansehun g dessen , wa s a n ihne n zu r Empfindun g gehört. Is t abe r da s zweite , wei l Vorstellun g a n sic h selbs t (den n vo n deren Causalitä t vermittels t de s Willen s is t hie r ga r nich t di e Rede ) ihren Gegenstan d de m D a s e i n n a c h nich t hervorbringt , s o is t doc h di e Vorstellung i n Ansehun g de s Gegenstande s alsden n a priori bestimmend , wenn durc h si e allei n e s möglic h ist , etwa s al s e i n e n G e g e n s t a nd z u e r k e n n e n . E s sin d abe r zwe i Bedingungen , unte r dene n allei n di e Er kenntniss eine s Gegenstande s möglic h ist : erstlic h A n s c h a u u n g , dadurc h derselbe, abe r nu r al s Erscheinung , gegebe n \vird ; zweiten s B e g r i f f , dadurch ei n Gegenstan d gedach t wird , de r diese r Anschauun g entspricht . Es is t abe r au s de m Obige n klar , das s di e erst e Bedingung , nemlic h die , unter de r allei n Gegenständ e angeschau t werde n können , i n de r Tha i de n Objecten de r For m nac h a priori i m Gemüt h zu m Grund e liege . Mi t dieser formale n Bedingun g de r Sinnlichkeit stimme n also all e Erscheinunge n nothwendig überein , wei l si e nur durc h dieselb e erscheinen , d . i. empirisc h angeschauet un d gegebe n werde n können . Nu n frag t e s sich , o b nich t auch Begriff e a priori vorausgehen , al s Bedingungen , unte r dene n allei n etwas, wenngleic h nich t angeschauet , dennoc h al s Gegenstan d überhaup t 126 gedach t wird ; den n alsden n is t all e empirisch e Erkenntnis s de r Gegen stände solche n Begriffe n nothwendige r Weis e gemäß , wei l ohn e dere n Voraussetzung nicht s al s O b j e c t de r E r f a h r u n g möglic h ist . Nu n enthält abe r all e Erfahrun g auße r de r Anschauun g de r Sinne , wodurc h etwas gegebe n wird , noc h eine n B e g r i f f vo n eine m Gegenstande , de r i n der Anschauun g gegebe n wir d ode r erseheint : demnac h werde n Begriff e von Gegenstände n überhaup t al s Bedingunge n a priori alle r Erfahrungs erkenntniss zu m Grunde liegen : folglic h wir d di e objectiv e Gültigkei t de r Categorien al s Begriff e a priori darau f beruhen , das s durc h si e allei n Er fahrung (de r For m de s Denken s nach ) möglic h sei . Den n alsden n be ziehen si e sic h nothwendige r Weis e un d a priori au f Gegenständ e de r Erfahrung, wei l nu r vermittels t ihre r überhaup t irgen d ei n Gegenstan d der Erfahrun g gedach t werde n kann . Die transscendental e Deductio n alle r Begriff e a priori ha t als o ei n Principium, worau f di e ganz e Nachforschun g gerichte t werde n muss , nemlich dieses : das s si e al s Bedingunge n a priori de r Möglichkei t de r Erfahrung erkann t werde n müsse n (e s se i de r Anschauung , di e i n ih r angetroffen wird , ode r de s Denkens) . Begriffe , di e de n objective n Gruu d

I. Abschn . Uebergan g zu r transsc . Deduction . 11

9

der Möglichkei t de r Erfahrun g abgeben , sin d eben daru m nothwendig . Di e Entwickelung de r Erfahrung aber , wori n si e angetroffe n werden , is t nich t ihre Deductio n (sondern Illustration) , wei l si e dabe i doc h nu r zufälli g sein würden . Ohn e dies e ursprünglich e Beziehung auf möglich e Erfahrung, 127 in welche r all e Gegenständ e de r Erkenntnis s vorkommen , würd e di e Be ziehung derselbe n au f irgen d ei n Objec t ga r nich t begriffe n werde n können 1 . [Der berühmt e L O C K E hatt e au s Ermangelun g diese r Betrachtung , und wei l e r rein e Begriff e de s Verstande s i n de r Erfahrun g antraf , si e auch vo n de r Erfahrun g abgeleitet , un d verfuh r doc h s o i n c o n s e q u e n t , dass e r dami t Versuch e z u Erkenntnisse n wagte , di e wei t übe r all e Er fahrungsgrenze hinausgehen . D A V I D H u n E erkannte , u m da s letzter e thun z u können , se i e s nothwendig , das s dies e Begriff e ihre n Ursprun g a priori habe n müssten . D a e r sic h abe r ga r nich t erkläre n konnte , wi e es möglic h sei , das s de r Verstan d Begriffe , di e a n sic h i m Verstand e nicht verbunde n sind , doc h al s i m Gegenstand e nothwendi g verbunde n denken müsse , un d darau f nich t verfiel , das s vielleich t de r Verstan d durch dies e Begriff e selbs t Urhebe r de r Erfahrung , wori n sein e Gegen stände angetroffe n werden , sei n könne : s o leitet e e r sie , durc h Not h ge drungen, vo n de r Erfahrung ab (nemlic h vo n eine r durc h öfter e Associatio n in de r Erfahrung entsprungenen subjective n Notwendigkeit , welch e zuletzt fälschlich fü r objecti v gehalten wird , d . i . de r G e w o h n h e i t ) , verfuh r aber hernac h seh r c o n s e q u e n t darin , das s e r e s fü r unmöglich erklärte, mit diese n Begriffe n un d de n Grundsätzen , di e si e veranlassen , übe r di e Erfahrungsgrenze hinauszugehen . Di e e m p i r i s c h e Ableitun g aber , 12 8 worauf beid e verfielen , lässt sic h mi t de r Wirklichkei t de r wissenschaft lichen Erkenntniss e a priori, di e wi r haben , nemlic h de r r e i n e n M a t h e m a t i k un d a l l g e m e i n e n N a t u r w i s s e n s c h a f t , nich t vereinigen , un d wird als o durc h da s Factu m widerlegt . Der erst e diese r beide n berühmte n Männer öffnet e de r S c h w ä r m e r e i 1

Stat t de r folgende n dre i Absätze , bi s zu m Schlus s de s § 14 , steh t i n A de r Absatz : 1

Es sin d abe r dre i ursprünglich e Quellen (Fähigkeite n ode r Vermögen der Seele) , di e di e Bedingunge n der Möglichkeit aller Erfahrun g enthalten , und selbs t au s keine m änder n Vermöge n de s Gemüth s abgeleite t werde n können, nemlic h Sinn , E i n b i l d u n g s k r a f t un d A p p e r c e p t i o n . Darauf gründe t sich : 1 ) di e S y n o p s i s de s Mannigfaltigen a priori AuTch den Sinn ; 2 ) di e S y n t h e s is diese s Mannigfaltige n durch die Einbildungs-

120 Elementarlehre

. II. Theil . I, Abth . L Buch . II. Hauptst .

Thür un d Thor , wei l di e Vernunft , wen n si e einma l Befugniss e au f ihre r Seite hat , sic h nich t meh r durc h unbestimmte Anpreisungen de r Mäßigung in Schranken halte n lässt ; de r zweit e ergab sic h gänzlic h dem Scepticism, da e r einma l eine so allgemeine, fü r Vernunf t gehalten e Täuschung unseres Erkenntnissvermögens glaubt e entdeck t z u haben . — "Wi r sin d jetz t i m Begriffe, eine n Versuc h z u machen, o b ma n nich t die menschliche Vernunft zwischen diese n beide n Klippe n glücklic h durchbringen , ih r bestimmt e Grenzen anweisen , un d dennoc h da s ganz e Fel d ihre r zweckmäßige n Thatigkeit fü r si e geöffne t erhalte n könne . Vorher "wil l ic h nu r noc h di e E r k l ä r u n g de r Categorie n voran schicken. Si e sin d Begriff e vo n eine m Gegenstand e überhaupt, dadurc h dessen Anschauun g in Ansehun g eine r de r l o g i s c h e n F u n c t i o n e n z u Urtheilen al s b e s t i m m t angesehe n wird . S o wa r di e Functio n de s c a t e g o r i s c h e n Urtheil s di e de s Verhältnisses de s Subjects zu m Prädicat, z. B . all e Körpe r sin d theilbar . Allei n i n Ansehun g de s blo ß logische n Gebrauchs de s Verstande s blie b e s unbestimmt , welche m vo n beide n Be 129 griffe n di e Functio n de s Subjects , un d welche m di e de s Prädicat s ma n geben wolle . Den n ma n kan n auc h sagen : einige s Theilbar e is t ei n Körper. Durc h di e Categori e de r Substan z aber , wen n ic h de n Begrif f eines Körper s darunte r bringe , wir d e s bestimmt , das s sein e empirisch e Anschauung i n de r Erfahrun g imme r nu r al s Subject , niemal s al s bloße s Prädicat betrachte t werde n müsse ; un d s o i n alle n übrige n Categorien.] 1 kraft; endlic h 3 ) di e Einhei t diese r Synthesi s durc h ursprünglich e Apperception. All e dies e Vermöge n habe n auße r de m empirische n Ge brauch noc h eine n transscendentalen , de r lediglic h au f di e For m geht , und a priori möglic h ist . Vo n diese m habe n wi r i n A n s e h u n g de r S i n n e obe n i m erste n Theil e geredet , di e zwe i andr e abe r wolle n wi r jetzt ihre r Natu r nac h einzusehe n trachten , i Ma u vgl . S . 11 9 Anm. I .

II. Abschu . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 12

1

Der Deductio n de r reine n Verstandesbegriff e Zweiter Abschnitt .

[ T r a n s s c e n d e n t a l e D e d u c t i o n d e r reine n Verstandesbegriffe.1 § 15 .

Von de r Möglichkei t eine r Verbindun g überhaupt . Das Mannigfaltig e de r Vorstellunge n kan n i n eine r Anschauun g gegeben werden , di e blo ß sinnlich , d . i . nicht s al s Empfänglichkeit ist , un d die For m diese r Anschauun g kan n a priori i n unsere m Vorstellungs vermögen liegen , ohn e doc h etwa s andre s al s di e Ar t z u sein , wi e da s Subject afficir t wird . Allei n di e V e r b i n d u n g (conjunctio) eine s Mannig faltigen überhaup t kan n niemal s durc h Sinn e i n un s kommen , un d kan n also auc h nich t i n de r reine n For m de r sinnliche n Anschauun g zugleic h 13 0 mit enthalte n sein ; den n si e is t ei n Actu s de r Spontaneitä t de r Vorstellungskraft, un d d a ma n diese , zu m Unterschied e vo n de r Sinnlichkeit , Verstand nenne n muss , s o is t all e Verbindung , wi r möge n un s ihre r 1

De r obe n stehend e zweit e Abschnit t is t ein e vollständig e Umarbeitung des unte n folgende n zweite n un d dritte n Abschnitt s de r Deductio n vo n A 1. 1 Man vgl . auße r de n Bemerkunge n A XV I f . sowi e de n Ausführunge n de r Prolegomenen 1 4 f. die Anmerkung Kants in de r Vorrede z u de n metaphysischen Anfangsgründen de r Naturwissenschaf t vo n 1786.

Der Deductio n de r reine n Yerstandesbegriff e 9 Zweiter Abschnitt. Von de n Gründe n a priori zu r Möglichkei t de r Erfahrung . Dass ei n Begrif f völli g priori erzeug t werden , un d sic h au f eine n Gegenstand beziehe n solle , obgleic h e r wede r selbs t i n de n Begrif f mög licher Erfahrun g gehöret , noc h au s Elemente n eine r mögliche n Erfahrun g besteht, is t gänzlic h widersprechen d un d unmöglich . Den n e r würd e alsdenn keine n Inhal t haben , darum , weil ihm kein e Anschauun g correspondiite, inde m Anschauungen überhaupt, wodurc h un s Gegenständ e gegebe n werden können , da s Fel d ode r de n gesamte n Gegenstan d mögliche r Er fahrung ausmachen . Ei n Begrif f a priori, de r sic h nich t au f dies e bezöge , würde nu r di e logisch e For m z u eine m Begriff , abe r nich t de r Begrif f selbst sein , wodurc h etwa s gedach t würde .

5

122 Elementarlehre

..

Theil . I . Abth . I . Buch . II . Hauptst .

be\vusst werde n ode r nicht , e s ma g ein e Verbindun g de s Mannigfaltige n der Anschauun g ode r mancherle i Begriffe , un d a n de r erstere n de r sinn lichen ode r nichtsinuliche n Anschauung 10 sein , ein e Verstandeshandlung, die wi r mi t de r allgemeine n Benennung S y n t h e s i s belege n würden , u m dadurch zugleic h bemerklic h z u machen , das s wi r un s nicht s al s i m Object verbunde n vorstelle n können , ohn e e s vorhe r selbs t verbunde n z u haben, un d unte r alle n Vorstellunge n di e V e r b i n d u n g di e einzig e ist , die nich t durc h Object e gegeben , sonder n nu r vo m Subject e selbs t ver richtet werde n kann , wei l si e ei n Actu s seine r Selbstthätigkei t ist . Ma n wird hie r leich t gewahr , das s dies e Handlun g ursprünglic h eini g un d fü r alle Verbindun g gleichgelten d sei n müsse , un d das s di e Auflösung , A n a l y s i s , di e ih r Gegenthei l z u sei n scheint , si e doc h jederzei t voraus setze; den n w o de r Verstan d vorhe r nicht s verbunde n hat . d a kan n e r auch nicht s auflösen , wei l e s nu r d u r c h ih n al s verbunde n de r Vor stellungskraft ha t gegebe n werde n können . Aber de r Begrif f de r Verbindun g führ t auße r de m Begriff e de s Mannigfaltigen un d de r Synthesis desselbe n noc h de n de r Einheit desselbe n bei sich . Verbindun g is t Vorstellun g de r s y n t h e t i s c h e n Einhei t de s Wenn e s als o rein e Begriff e a priori giebt , s o könne n dies e zwa r freilich nicht s Empirische s enthalten ; si e müsse n abe r gleichwoh l laute r Bedingungen a priori z u eine r mögliche n Erfahrung sein , al s worau f allei n ihre objectiv e Realitä t beruhe n kann . Will ma n dahe r wissen , wi e reine Verstandesbegriff e möglic h sein , s o 96 muss ma n untersuchen , welche s di e Bedingunge n a priori sein , worau f die Möglichkei t de r Erfahrun g ankommt , un d di e ih r zu m Grund e liegen , wenn ma n gleic h vo n alle m Empirische n de r Erscheinunge n abstrahiret . Ein Begriff , de r dies e formal e un d objectiv e Bedingun g de r Erfahrun g allgemein un d zureichen d ausdrückt , würd e ei n reine r Verstandesbegrif f heißen. Hab e ic h einma l rein e Verstandesbegriffe , s o kan n ic h auc h woh l Gegenstände erdenken , di e vielleich t unmöglich , vielleich t zwa r a n sic h möglich, abe r i n keine r Erfahrun g gegebe n werde n können , inde m i n de r Verknüpfung jene r Begriff e etwa s weggelasse n sei n kann , wa s doc h zu r Bedingung eine r mögliche n Erfahrun g nothwendi g gehöre t (Begrif f eine s Geistes), ode r etw a rein e Verstandesbegriff e weite r ausgedehne t werden , als Erfahrun g fasse n kan n (Begrif f vo n Gott) . Di e E l e m e n t e abe r z u allen Erkenntnisse n a priori, selbs t z u willkührliche n un d ungereimte n Erdichtungen, könne n zwa r nich t vo n de r Erfahrun g entlehn t sei n (den n

II. Abschn . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 12

3

Mannigfaltigen*). Di e Vorstellung diese r Einhei t kan n als o nich t au s de r 13 1 Verbindung entstehen ; si e mach t vielmeh r dadurch , das s si e zu r Vor stellung de s Mannigfaltige n hinzukommt , de n Begrif f de r Verbindun g allererst möglich . Dies e Einheit , di e a priori vo r alle n Begriffe n de r Verbindung vorhergeht , is t nich t etw a jen e Categori e de r Einhei t ( § 10) ; denn all e Categorie n gründe n sic h au f logisch e Functione n i n Urtheilen , in diese n abe r is t scho n Verbindung , mithi n Einhei t gegebene r Begriff e gedacht. Di e Categorie setz t als o scho n Verbindun g voraus . Als o müsse n wir dies e Einhei t (al s qualitativ e § 12 ) noc h höhe r suchen , nemlic h i n demjenigen, wa s selbs t de n Grun d de r Einhei t verschiedene r Begriff e i n Urtheilen, mithi n de r Möglichkei t de s Verstandes, soga r i n seine m logische n Gebrauche enthält . *) O b di e Vorstellunge n selbs t identisc h sind , un d als o ein e durch di e ander e "analytisc h könn e gedach t werden , da s komm t hier nich t i n Betrachtung . Da s B e w u s s t s e i n de r eine n ist, s o fer n vo m Mannigfaltige n di e Red e ist , vo m Be wusstsein de r andere n doc h imme r z u unterscheiden , un d au f die Synthesi s diese s (möglichen ) Bewusstsein s komm t e s hie r allein an . sonst wäre n si e nich t Erkenntniss e a priori); si e müsse n abe r jederzei t die rein e Bedingunge n a priori eine r mögliche n Erfahrun g un d eine s Gegenstandes derselbe n enthalten , den n sons t würd e nich t allei n durc h sie ga r nicht s gedach t werden , sonder n si e selbe r würde n ohn e Dat a auc h nicht einma l i m Denke n entstehe n können . Diese Begriff e nun , welch e a priori da s rein e Denke n be i jede r Er fahrung enthalten , finde n wi r a n de n Categorien ; un d e s is t scho n ein e hinreichende Deductio n derselbe n un d Rechtfertigun g ihre r objective n Gültigkeit, wen n wi r beweise n können , das s vermittels t ihre r allei n ei n 97 Gegenstand gedach t werde n kann . Wei l abe r i n eine m solche n Gedanke n mehr al s da s einzig e Vermöge n z u denken , nemlic h de r Verstand , be schäftiget ist , un d diese r selbs t al s ei n Erkenntnissvermögen , da s sic h au f Objecte beziehe n soll , ebe n sowoh l eine r Erläuterun g wege n de r Möglich keit diese r Beziehun g bedarf: s o müsse n wi r di e sujectiv e Quellen , welch e die Grundlag e a priori z u de r Möglichkei t de r Erfahrun g ausmachen , nicht nac h ihre r empirischen , sonder n transscendentale n Beschaffenhei t zuvor erwägen . Wenn ein e jed e einzeln e Vorstellun g de r änder n gan z fremd , gleich -

124 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . II . Hauptst . § 16 .

Von de r ursprünglic h synthetische n Einhei t de r Apperception. Das: Ic h d e n k e mus s all e mein e Vorstellungen begleite n k ö n n e n ; 132 denn sons t würd e etwa s i n mi r vorgestell t werden , wa s ga r nich t gedacht werden könnte , welche s ebe n s o vie l heißt , al s di e Vorstellun g würde entweder unmöglich , ode r wenigsten s fü r mic h nicht s sein . Diejenig e Vorstellung, di e vo r alle m Denke n gegebe n sei n kann , heiß t A n s c h a u ung. Als o ha t alle s Mannigfaltig e de r Anschauun g ein e nothwendig e Beziehung au f das : leb . d e n k e i n demselbe n Subject , dari n diese s Mannigfaltige angetroffe n wird . Dies e Vorstellun g aber is t ei n Actu s de r S p o n t a n e i t ä t , d . i . si e kan n nich t al s zu r Sinnlichkei t gehöri g an gesehen werden . Ic h nenn e si e di e r e i n e A p p e r c e p t i o n , u m si e vo n der e m p i r i s c h e n z u unterscheiden , ode r auc h di e u r s p r ü n g l i c h e A p p e r c e p t i o n , wei l si e dasjenig e Selbstbewusstsei n ist , was , inde m e s die Vorstellung: Ic h d e n k e hervorbringt , di e alle andere n muss begleiten können, un d i n alle m Bewusstsein ei n un d dasselb e ist , vo n keine r weite r begleitet werde n kann . Ic h nenn e auc h di e Einhei t derselbe n di e sam isolirt , un d vo n diese r getrenn t wäre, s o würd e niemals s o etwas, al s Erkenntniss ist , entspringen , welch e ei n Ganze s verglichene r un d ver knüpfter Vorstellunge n ist . "Wen n ic h als o de m Sinn e deswegen , wei l e r in seine r Anschauun g Mannigfaltigkei t enthält , ein e Synopsi s beilege , s o correspondirt diese r jederzeit ein e Synthesis, un d di e R e c e p t i v i t ä t kan n nur mi t S p o n t a n e i t ä t verbunde n Erkenntniss e möglic h machen . Dies e ist nu n de r Grun d eine r dreifache n Synthesis , di e nothwendige r Weise i n allem Erkenntnis s vorkommt : neinlic h de r A p p r e h e n s i o n de r Vor stellungen al s Modificatione n de s Gemüth s i n de r Anschauung , de r Re p r o d u c t i o n derselbe n i n de r Einbildun g un d ihre r R e c o g n i t i o n i m Begriffe. Dies e gebe n nu n ein e Leitun g au f dre i subjectiv e Erkenntniss 98 quellen, welch e selbs t de n Verstand , un d durc h diese n all e Erfahrun g als ei n empirische s Produc t de s Verstande s möglic h machen .

Vorläufige Erinnerung . Die Deductio n de r Categorie n is t mi t s o vie l Schwierigkeite n ver bunden, un d nöthigt , s o tie f i n di e erst e Gründ e de r Möglichkei t unsre r Erkenntnis überhaup t einzudringen , das s ich , u m die Weitläuftigkeit eine r vollständigen Theori e z u vermeiden , un d dennoc h be i eine r s o noth -

II. Abschu . Transsc . Deductio n de r reine n Yerst.-Begr . 12

5

t r a n s s c e n d e n t a l e Einhei t de s Selbstbewusstseins , u m di e Möglichkei t der Erkenntnis s a priori au s ih r z u bezeichnen . Den n die mannigfaltigen Vorstellungen, di e i n eine r gewisse n Anschauun g gegeben werden , würde n nicht insgesam t m e i n e Vorstellunge n sein , wen n si e nich t insgesam t z u einem Selbstbewusstsei n gehöreten ; d . i . al s mein e Vorstellungen (o b ic h mich ihre r gleic h nich t al s solche r bewuss t bin ) müsse n si e doc h de r Bedingung nothwendi g gemä ß sein , unte r de r si e allei n i n eine m all gemeinen Selbstbewusstsei n zusammenstehe n k ö n n e n , wei l si e sons t nicht durchgängi g mi r angehöre n würden . Au s diese r ursprüngliche n 133 Verbindung läss t sic h viele s folgern . Nemlich dies e durchgängig e Identitä t de r Apperceptio n eine s i n de r Anschauung gegebene n Mannigfaltige n enthäl t ein e Synthesi s de r Vor stellungen, un d is t nu r durc h da s Bewusstsei n diese r Synthesi s möglich . Denn da s empirisch e Bewusstsein , welche s verschieden e Vorstellunge n begleitet, is t a n sic h zerstreu t un d ohn e Beziehun g au f di e Identitä t de s Subjects. Dies e Beziehun g geschieh t als o dadurc h noc h nicht , das s ic h jede Vorstellun g mi t Bewusstsei n begleite , sonder n das s ic h ein e z u de r ändern h i n z u s e t z e un d mi r de r Synthesi s derselbe n bewuss t bin . Als o nur dadurch , das s ic h ei n Mannigfaltige s gegebene r Vorstellunge n i n wendigen Untersuchun g nicht s z u versäumen , e s rathsame r gefunde n habe, durc h folgend e vie r Nummer n de n Lese r meh r vorzubereiten , al s zu unterrichten , un d i m nächstfolgende n dritte n Abschnitt e di e Erörterun g dieser Element e de s Verstande s allerers t systematisc h vorzustellen . Um . deswillen wir d sic h de r Lese r bi s dahi n durc h di e Dunkelhei t nich t ab wendig mache n lassen , di e au f eine m "Wege , de r noc h gan z unbetrete n ist, anfänglic h unvermeidlic h ist , sic h aber , wi e ic h hoffe , i n gedachte m Abschnitte zu r vollständige n Einsich t aufkläre n soll .

1. Ton de r Synthesi s der Apprehension i n de r Anschauung . Unsere Vorstellunge n möge n entspringen , wohe r si e wollen , o b si e durch de n Einflus s äußere r Dinge , ode r durc h inner e Ursache n gewirk t sein; si e möge n a priori, ode r empirisc h al s Erscheinunge n entstande n sein: s o gehöre n si e doc h al s Modificatione n de s Gemüth s zu m inner n 99 Sinn, un d al s solch e sin d all e unser e Erkenntniss e zuletz t doc h de r formalen Bedingun g de s inner n Sinnes , nemlic h de r Zei t unterworfen , al s

126 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . II . Hauptst .

ei'nein B e w u s s t s e i n verbinde n kann , is t e s möglich , das s ic h mi r di e I d e n t i t ä t de s B e w u s s t s e i n s i n d i e s e n \ ? r o r s t e l l u n g e n selbs t vorstelle, d.i . di e a n a l y t i s c h e Einhei t de r Apperception is t nu r unte r de r 134 Voraussetzun g irgen d eine r s y n t h e t i s c h e n möglich*) . De r Gedanke : diese i n de r Anschauun g gegeben e Vorstellunge n gehöre n mi r insgesam t zu, heiß t demnac h s o viel , al s ic h vereinig e si e i n eine m Selbstbewusst sein, ode r kan n si e wenigsten s dari n vereinigen ; un d ü b e r gleic h selbs t noch nich t da s Bewusstsei n de r S y n t h e s i s de r Vorstellunge n ist , s o setzt e r doc h di e Möglichkeit de r letztere n voraus , d . i. nu r dadurch , das s ich da s Mannigfaltig e derselbe n i n eine m Bewusstsei n begreife n kann . *) Di e analytisch e Einhei t de s Bewusstsein s häng t alle n gemein samen Begriffe n al s solche n an ; z . B . wen n ic h mi r r o t h über haupt denke , s o stell e ic h mi r dadurc h ein e Beschaffenhei t vor, die (al s Merkmal ) irgen d wora n angetroffen , ode r mi t andere n Vorstellungen verbunde n sei n kann ; als o nu r vermög e eine r vorausgedachten mögliche n synthetische n Einhei t kan n ic h mi r die analytisch e vorstellen . Ein e Vorstellung , di e al s v e r s c h i e d e n e n gemei n gedach t werde n soll , wir d al s z u solche n gehörig angesehen , di e auße r ih r noc h etwa s V e r s c h i e d e n e s in welche r si e insgesam t geordnet , verknüpf t un d i n Verhältniss e gebrach t werden müssen . Diese s is t ein e allgemein e Anmerkung , di e ma n be i de m Folgenden durchau s zu m Grund e lege n muss . Jede Anschauun g enthäl t ei n Mannigfaltige s i n sich , welche s doc h nicht al s ei n solche s vorgestell t werde n würde , wen n da s Gemüt h Dich t die Zei t i n de r Folg e de r Eindrück e au f einande r unterschiede : den n al s in e i n e m A u g e n b l i c k e n t h a l t e n kan n jed e Vorstellun g niemal s etwa s anderes al s absolut e Einhei t sein . Dami t nu n au s diese m Mannigfaltige n Einheit de r Anschauun g werd e (wi e etw a i n de r Vorstellun g de s Raumes), so is t erstlic h da s Durchlaufe n de r Mannigfaltigkeit , un d den n di e Zu sammennehmung desselbe n nothwendig , welch e Handlun g ic h di e S y n t h e s i s de r A p p r e h e n s i o n nenne , wei l si e geradez u au f di e Anschauung gerichte t ist , di e zwa r ei n Mannigfaltige s darbietet , diese s abe r al s ein solches , un d zwa r i n e i n e r V o r s t e l l u n g enthalten , niemal s ohn e eine dabe i vorkommend e Synthesi s bewirke n kann . Diese Synthesi s de r Apprehensio n mus s nu n auc h a priori, d . i . i n Ansehung de r Vorstellungen , di e nich t empirisc h sein , ausgeübe t werden . Denn ohn e si e würde n wi r wede r di e Vorstellunge n de s Raumes , noc h

II. Abschn . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 12

7

nenne ic h dieselb e insgesam t m e i n e Vorstellungen ; denn sons t würde ich ein s o vielfarbige s verschiedenes Selbs t haben , al s ic h Vorstellunge n habe , deren ic h mi r bewuss t bin . Synthetisch e Einhei t de s Mannigfaltige n de r Anschauungen, al s a priori gegeben , is t als o de r Grund de r Identitä t de r Apperception selbst , di e a priori alle m m e i n e m bestimmte n Denke n vorhergeht. Verbindun g lieg t abe r nich t i n de n Gegenständen, un d kan n von ihne n nich t etw a durc h Wahrnehmun g entlehnt un d i n de n Verstand dadurch allerers t aufgenomme n werden, sonder n ist allei n ein e Verrichtung 13 5 des Verstandes , de r selbs t nicht s weite r ist , al s da s Vermöge n a priori zu verbinde n un d da s Mannigfaltig e gegebene r Vorstellungen unter Einhei t an sic h haben ; folglic h mus s si e i n synthetische r Einhei t mi t anderen (wen n gleic h nu r mögliche n Vorstellungen ) vorhe r gedacht werden , eh e ic h di e analytisch e Einhei t de s Be wusstseins, welch e si e zu m conceptus communis macht , a n ihr denke n kann . Un d s o is t di e synthetisch e Einhei t de r Apperception de r höchst e Punct , a n de m ma n alle n Verstandes gebrauch, selbs t di e ganz e Logik , un d nac h ih r di e Trans scendental-Phüosophie hefte n muss , j a diese s Vermöge n is t de r Verstand selbst . der Zei t a priori habe n können ; d a dies e nu r durc h di e Synthesi s de s 10 0 Mannigfaltigen, welche s di e Sinnlichkei t i n ihre r ursprüngliche n Recep tivität darbietet , erzeug t werde n können . Als o habe n wi r ein e rein e Synthesis de r Apprehension .

2. Yon de r Synthesi s der

Reproduction i n de r Einbildung . Es is t zwa r ei n bloß empirische s Gesetz , nac h welchem Vorstellungen, die sic h of t gefolg t ode r begleite t haben , sic h mi t einande r endlic h ver gesellschaften, un d dadurc h i n ein e Verknüpfun g setzen , nac h welche r auch ohn e di e Gegenwar t de s Gegenstande s ein e diese r Vorstellunge n einen Uebergan g de s Gemüth s zu de r änder n nac h eine r beständige n Regel hervorbringt. Diese s Geset z de r Reproduction setz t abe r voraus , das s di e Erscheinungen selbs t wirklic h eine r solche n Rege l unterworfe n sein , un d dass i n de m Mannigfaltige n ihre r Vorstellunge n ein e gewisse n Regel n gemäße Begleitun g ode r Folg e stattfinde ; den n ohn e da s würd e unser e

128 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . II . Hauptst .

der Apperceptio n zu bringen , welche r Grundsat z de r oberst e i m ganze n menschlichen Erkenntnis s ist . Dieser Grundsat z de r notwendige n Einhei t de r Apperception is t nu n zwar selbs t identisch , mithi n ei n analytische r Satz , erklär t abe r doc h ein e Synthesis de s i n eine r Anschauun g gegebene n Mannigfaltige n al s noth wendig, ohn e Avelch e jen e durchgängig e Identitä t de s Selbstbewusstsein s nicht gedach t werde n kann . Den n durch das Ich, al s einfach e Vorstellung , ist nicht s Mannigfaltige s gegeben ; i n de r Anschauung , di e davo n unter schieden ist , kan n e s nu r gegeben , un d durc h V e r b i n d u n g i n eine m Bewusstsein gedach t werden . Ei n Verstand , i n welche m durc h da s Selbst bewusstsein zugleic h alle s Mannigfaltig e gegebe n würde , würd e an s c h a u e n ; de r unser e kan n nu r d e n k e n , un d mus s i n de n Sinne n di e Anschauung suchen . Ic h bi n mi r als o de s identische n Selbs t bewuss t i n Ansehung de s Mannigfaltige n de r mi r i n eine r Anschauun g gegebene n Vorstellungen, wei l ic h si e insgesam t m e i n e Verstellunge n nenne , die e i n e ausmachen . Da s is t abe r s o viel , al s das s ic h mi r eine r nothwendigen Synthesi s derselbe n a priori bewuss t bin , welch e di e ur sprüngliche synthetisch e Einhei t de r Apperceptio n heißt , unte r de r all e 136 mi r gegeben e Vorstellunge n stehen , abe r unte r di e si e auc h durc h ein e Synthesis gebrach t werde n müssen . empirische Einbildungskraf t niemal s etwa s ihre m Vermöge n Gemäße s zu thun bekommen , als o wi e ein todtes un d un s selbs t unbekannte s Vermöge n im Innere n de s Gemüth s verborge n bleiben . Würd e de r Zinnobe r bal d roth, bal d schwarz , bal d leicht , bal d schwe r sein , ei n Mensc h bal d i n diese, bal d i n jen e thierisch e Gestal t veränder t werden , a m längste n Tag e 101 bald da s Lan d mi t Früchten , bal d mi t Ei s un d Schne e bedeck t sein , s o könnte mein e empirisch e Einbildungskraf t nich t einma l Gelegenhei t be kommen, be i de r Vorstellun g de r rothe n Farb e de n sclnvere n Zinnobe r in di e Gedanke n z u bekommen ; ode r würd e ei n gewisse s "Wor t balc l diesem, bal d jene m Ding e beigeleget , ode r auc h ebe n dasselb e Din g bal d so, bal d ander s benannt , ohn e das s hieri n ein e gewiss e Regel , de r di o Erscheinungen scho n vo n selbs t unterworfe n sind , herrschete , s o könnt e keine empirisch e Synthesi s de r Reproductio n stattfinden. Es mus s als o etwa s sein , wa s selbs t dies e Reproductio n de r Er scheinungen möglic h macht , dadurc h das s e s de r Grun d a priori eine r nothwendigen synthetische n Einhei t derselbe n ist . Hierau f abe r komm t man bald , wen n ma n sic h besinnt , das s Erscheinunge n nich t Ding e a n sich selbst , sonder n da s bloß e Spie l unsere r Vorstellunge n sind , di e a m

II. Abschn . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 12

9

§ I? ·

Der Grundsatz de r synthetische n Einhei t de r Apperceptio n ist da s oberst e Princi p alle s Verstandesgebrauchs . Der oberst e Grundsat z de r Möglichkei t alle r Anschauun g i n Be ziehung auf di e Sinnlichkeit wa r laut de r tränsscendentalen Aesthetik: das s alles Mannigfaltig e derselbe n unte r de n formale n Bedingungen de s Raums und de r Zeit stehe. De r oberst e Grundsat z ebe n derselbe n i n Beziehun g au f den Verstan d ist : das s alle s Mannigfaltig e de r Anschauun g unte r Be dingungen de r ursprünglich-synthetischen Einheit de r Apperception stehe *). *) De r Rau m un d di e Zei t un d all e Theil e derselbe n sin d An s c h a u u n g e n , mithi n einzeln e Vorstellunge n mi t de m Mannig faltigen, da s si e i n sic h enthalte n (sieh e di e traDsscendental e Aesthetik), mithi n nich t bloß e Begriffe , durc h di e ebe n dasselb e Bewusstsein als in vielen Vorstellungen, sondern viel Vorstellungen als i n eine r un d dere n Bewusstsei n enthalten , mithi n al s zu sammengesetzt, folglic h di e Einhei t de s Bewusstsein s al s syn t h e t i s c h , aber doc h ursprünglich angetroffen wird . Dies e Einzelheit derselbe n is t wichti g i n de r Anwendun g (sieh e § 25) . Ende au f Bestimmunge n de s innere n Sinne s auslaufen . "Wen n wi r nu n darthun können , das s selbs t unser e reinest e Anschauunge n a priori kein e Erkenntniss verschaffen , auße r s o fer n si e ein e solch e Verbindun g de s Mannigfaltigen enthalten , di e eine durchgängig e Synthesis de r Reproductio n möglich macht , s o is t dies e Synthesi s de r Einbildungskraft auc h vo r alle r Erfahrung au f Principie n a priori gegründet , un d ma n mus s ein e rein e transscendentale Synthesi s derselbe n annehmen , di e selbs t de r Möglichkei t aller Erfahrun g (al s welch e di e Reproducibilitä t de r Erscheinunge n noth-10 3 wendig voraussetzt ) zu m Grund e liegt . Nu n is t offenbar , dass , wen n ic h eine Lini e i n Gedanke n ziehe , ode r di e Zei t vo n eine m Mitta g zu m ändern denken , ode r auc h nu r ein e gewiss e Zah l mi r verstelle n wili , ic h erstlich nothwendi g ein e diese r mannigfaltige n Vorstellunge n nac h de r ändern i n Gedanke n fasse n müsse . Würd e ic h abe r di e vorhergehend e (die erst e Theil e do r Linie , di e vorhergehend e Theil e de r Zeit , ode r di e nach einande r vorgestellt e Einheiten ) imme r au s de n Gedanke n verlieren , und si e nich t reproduciren , inde m ic h z u de n folgende n fortgehe , s o würde niemal s ein e ganz e Vorstellung , un d keine r alle r yorgenannte n Gedanken, j a ga r nich t einma l di e reinest e un d erst e Grundvorstellunge n von Rau m un d Zei t entspringe n können . Kant's Kriti k de r reine n Vernunft . 9

130 Elemeniarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Bucli . JI . Hauptst .

Unter de m erstere n stehe n all e mannigfaltig e Vorstellunge n de r An schauung, s o fer n si e un s g e g e b e n werden , unte r de m zweiten , s o fer n 137 si e i n eine m Bewusstsei n müsse n v e r b u n d e n werde n können ; den n ohne da s kan n nicht s dadurc h gedach t ode r erkann t werden , wei l die gegeben e Vorstellunge n de n Actu s de r Apperception : I c h d e n k e nicht gemei n haben , un d dadurc h nich t i n eine m Selbstbewusstsei n zu sammengefasst sei n würden . V e r s t a n d ist , allgemei n z u reden , da s Vermöge n de r E r k e n n t nisse. Dies e bestehe n i n de r bestimmte n Beziehun g gegebene r Vor stellungen au f ei n Object . O b j e c t abe r is t das , i n desse n Begrif f da s Mannigfaltige eine r gegebene n Anschauun g v e r e i n i g t ist . Nu n erfoder t aber all e Vereinigun g de r Vorstellunge n Einhei t de s Be\vusstsein s i n de r Synthesis derselben . Folglic h is t di e Einhei t de s Bewusstsein s dasjenige , was allei n di e Beziehun g de r Vorstellungen au f eine n Gegenstand , mithi n ihre objectiv e Gültigkeit , folglic h das s si e Erkenntniss e werde n ausmacht , und worau f folglic h selbs t di e Möglichkei t de s Verstande s beruht . Das erst e rein e Verstandeserkenntnis s also , worau f sei n ganze r übriger Gebrauc h sic h gründet , welche s auc h zugleic h vo n alle n Be dingungen de r sinnliche n Anschauun g gan z unabhängi g ist , is t nu n de r Grundsatz de r ursprüngliche n s y n t h e t i s c h e n Einhei t de r Apperception. Die Synthesi s de r Apprehensio n is t als o mi t de r Synthesi s de r Re production unzertrennlic h verbunden . Un d d a jen e de n transscendentale n Grund de r Möglichkei t alle r Erkenntniss e überhaup t (nich t blo ß de r empirischen, sonder n auc h de r reine n a priori} ausmacht , s o gehör t di e reproductive Synthesi s de r Einbildungskraf t z u de n transscendentale n Handlungen de s Gemüths , un d i n Rücksich t au f dieselbe n wolle n wi r dieses Vermöge n auc h da s transscendental e Vermöge n de r Einbildungs kraft nennen . 103 3

.

Ton de r Synthesi s der Recognition i m Begriffe .

Ohne Bewusstsein , das s das , wa s wi r denken , ebe n dasselb e sei , wa s wir eine n Augenblic k zuvo r dachten , würd e all e Reproductio n i n de r Reihe de r Vorstellunge n vergeblic h sein . Den n e s wär e ein e neu e Vor stellung i m jetzige n Zustande , di e z u de m Actus , wodurc h si e nac h un d nach ha t erzeug t werde n sollen , ga r nich t gehörete , un d da s Mannigfaltig e

II. Abschn . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 13

1

So is t di e bloß e For m de r äußere n sinnliche n Anschauung , de r Raum , noch ga r kein e Erkenntniss; e r gieb t nu r da s Mannigfaltig e de r Anschau ung a priori z u eine m mögliche n Erkenntniss . U m abe r irgen d etwa s im Räum e z u erkennen , z . B. ein e Linie , mus s ic h si e z i e h e n , un d als o eine bestimmt e Verbindun g de s gegebene n Mannigfaltige n synthetisc h z u 13 8 Stande bringen , s o das s di e Einhei t diese r Handlun g zugleic h di e Einhei t des Bewusstsein s (i m Begriff e eine r Linie ) ist , un d dadurc h allerers t ei n Object (ei n bestimmte r Raum ) erkann t wird . Di e synthetisch e Einhei t des Bewusstsein s ist als o ein e objectiv e Bedingun g aller Erkenntniss, nicht deren ic h blo ß selbs t bedarf , u m ei n Objec t z u erkennen , sonder n unte r der jed e Anschauun g stehe n muss , u m fü r m i c h O b j e c t z u w e r d e n , weil au f ander e Art , un d ohn e dies e Synthesis , da s Mannigfaltig e sic h nicht i n eine m Bewusstsei n vereinige n würde . Dieser letzter e Sat z ist , wi e gesagt , selbs t analytisch , o b e r zwa r die synthetische Einhei t zu r Bedingun g alle s Denken s macht ; den n e r sag t nichts weiter , al s das s all e m e i n e Vorstellungen i n irgen d eine r gegebene n Anschauung unte r de r Bedingun g stehe n müssen , unte r de r ic h si e allei n als m e i n e Vorstellunge n z u de m identische n Selbs t rechnen , un d als o als i n eine r Apperceptio n synthetisc h verbunden , durc h de n allgemeine n Ausdruck: Ic h d e n k e zusammenfasse n kann. derselben würd e imme r kei n Ganze s ausmachen , wei l e s de r Einhei t er mangelte, di e ih m nu r da s Bewusstsei n verschaffe n kann . Vergess e ic h im Zählen , das s di e Einheiten , di e mi r jetz t vo r Sinne n schweben , nac h und nac h z u einande r vo n mi r hinzugetha n worde n sind , s o würd e ic h die Erzeugun g de r Meng e durc h dies e successiv e Hinzuthuun g vo n Einem zu Einem , mithi n auc h nich t di e Zah l u) erkennen ; den n diese r Begrif f besteht lediglic h i n de m Bewusstsei n diese r Einhei t de r Synthesis . Das "Wor t Begrif f könnt e un s scho n vo n selbs t z u diese r Bemerkun g Anleitung geben . Den n diese s ein e Bewusstsein . is t es , wa s da s Mannigfaltige, nac h un d nac h Angeschaute , un d den n auc h Reproducirt e i n ein e Vorstellung vereinigt . Diese s Bewusstsei n kan n of t nu r schwac h sein , s o dass wi r e s nu r i n de r Wirkung , nich t abe r i n de m Actu s selbst , d . i . unmittelbar, mi t de r Erzeugun g de r Vorstellun g verknüpfen ; abe r un - 10 4 erachtet diese r Unterschied e mus s doc h imme r ei n Bewusstsei n angetroffe n werden, wen n ih m gleic h di e hervorstechend e Klarhei t mangelt , uu d ohn e dasselbe sin d Begriffe , un d mi t ihne n Erkenntnis s vo n Gegenstände n gan z unmöglich. Und hie r is t den n nothwendig , sic h darübe r verständlic h z u machen,

9*

132 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . II . Hauptst .

Aber diese r Grundsat z is t doc h nich t ei n Princip fü r jede n überhaupt möglichen Verstand, sonder n nur fü r den , durc h desse n rein e Apperceptio n in de r \ 7 orstellung: Ic h bi n noc h ga r nicht s Mannigfaltige s gegeben ist . Derjenige Verstand , durc h desse n Selbstbewusstsei n zugleic h da s Mannig 139 faltige de r Anschauun g gegeben würde , ei n Verstand , durc h desse n Vor stellung zugleic h di e Object e diese r Vorstellun g existirten , würd e eine n besondern Actu s de r Synthesi s de s Mannigfaltige n z u de r Einhei t de s Bewusstseins nich t bedürfen , dere n de r menschlich e Verstand , de r blo ß denkt, nich t anschaut , bedarf . Abe r fü r de n menschliche n Verstan d is t er doc h unvermeidlic h der erst e Grundsatz , s o das s e r sic h soga r vo n einem andere n mögliche n Verstande , entwede r eine m solchen , de r selbs t anschauete, oder , wen n gleic h ein e sinnlich e Anschauung , abe r doc h vo n anderer Ar t al s di e i m Räum e un d de r Zeit , zu m Grund e liegen d besäße , sich nich t de n mindeste n Begrif f mache n kann .

§ 18 .

Was objectiv e Einhei t de s Selbstbewußtsein s sei . Die t r a n s s c e n d e n t a l e E i n h e i t de r Apperceptio n is t diejenige , durch welch e alle s i n eine r Anschauun g gegebene Mannigfaltig e i n eine n Begriff vo m Object vereinig t wird . Si e heiß t daru m o b j e c t i v , un d mus s was ma n den n unte r de m Ausdruc k eine s Gegenstande s de r Vorstellungen meine. "Wi r habe n obe n gesagt : das s Erscheinunge n selbs t nicht s al s sinnliche Vorstellunge n sind , di e a n sic h i n ebe n derselbe n Ar t nich t als Gegenständ e (auße r de r Vorstellungskraft ) müsse n angesehe n werden . Was versteh t ma n denn , wen n ma n vo n eine m de r Erkenntnis s corre spondirenden. mithi n auc h davo n unterschiedenen Gegenstande redet ? E s ist leich t einzusehen , das s diese r Gegenstan d nu r al s etwa s überhaup t = X müss e gedach t werden , wei l wi r auße r unsere r Erkenntnis s doc h nichts haben , welche s wi r diese r Erkenntnis s al s correspondiren d gegen über setze n könnten . Wir finde n aber , das s unse r Gedank e vo n de r Beziehun g alle r Er kenntuiss au f ihre n Gegenstan d etwa s vo n Nothwendigkei t be i sic h führe , da nemlic h diese r al s dasjenig e angesehe n wird , wa s dawide r ist . das s unsere Erkenntniss e nich t auf s Gerathewoh l ode r beliebig , sonder n a priori auf gewiss e Weis e bestimm t sein ; weil , inde m si e sic h au f eine n Gegen stand beziehe n sollen , si e auc h notwendige r Weis e i n Beziehun g au f 105 diesen unter einande r übereinstimmen , d . i. diejenige Einhei t habe n müssen , welche de n Begrif f vo n eine m Gegenstand e ausmacht .

II. Abschu . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 13

3

von de r s u b j e c t i v e n E i n h e i t de s Bewusstseiu s unterschiede n werden , die ein e B e s t i m m u n g de s i n n e r e n S i n n e s ist , dadurc h jenes Mannigfaltige de r Anschauun g z u eine r solche n Verbindun g empirisc h gegebe n wird. O b ic h mi r de s Mannigfaltige n al s zugleic h ode r nac h einande r e m p i r i s c h bewuss t sei n könne , komm t au f Umständ e ode r empirisch e Bedingungen an . Dahe r di e empirisch e Einhei t de s Bewusstseins , durc h 14 0 Association de r Vorstellungen , selbs t ein e Erscheinun g betrifft , un d gan z zufällig ist . Dagege n steh t di e rein e For m de r Anschauun g i n de r Zeit , bloß al s Anschauun g überhaupt , di e ei n gegebene s Mannigfaltiges enthält , unter de r ursprüngliche n Einhei t de s Bewusstsein s lediglic h durc h di e noth\vendige Beziehun g de s Mannigfaltige n de r Anschauun g zu m Einen : Ich denke , als o durc h di e rein e Synthesi s de s Verstandes , welch e a priori de r empirische n zu m Grund e liegt . Jen e Einhei t is t allei n objectiv gültig ; di e empirisch e Einhei t de r Apperception , di e wi r hie r nicht erwägen , un d di e auc h nu r vo n de r erstere n unte r gegebene n Be dingungen i n concreto abgeleite t ist , ha t nu r subjectiv e Gültigkeit . Eine r verbindet di e Vorstellun g eine s gewisse n Wort s mi t eine r Sache , de r andere mi t eine r andere n Sache ; un d di e Einhei t de s Bewusstsein s i n dem, wa s empirisc h ist , is t i n Ansehun g dessen , wa s gegebe n ist , nich t nothwendig un d allgemei n geltend . Es is t abe r klar , dass , d a wi r e s nu r mi t de m Mannigfaltigen unserer Vorstellungen z u thu n haben , un d jene s X , wa s ihne n correspondir t (de r Gegenstand), wei l e r etwa s vo n allen unser n Vorstellungen Unterschiedenes sein soll , fü r un s nicht s ist , di e Einheit , welch e de r Gegenstan d noth wendig macht , niqht s ander s sei n könne , al s di e formal e Einhei t de s Be wusstseins i n de r Synthesis de s Mannigfaltigen der Vorstellungen. Alsden n sagen wir : wi r erkenne n de n Gegenstand , wen n wi r i n de m Mannig faltigen de r Anschauun g synthetisch e Einhei t bewirk t haben . Dies e is t aber unmöglich , wen n di e Anschauun g nich t durc h ein e solch e Functio n der Synthesis nac h eine r Regel ha t hervorgebrach t werde n können , welch e die Reproduction de s Mannigfaltigen a priori nothwendig , un d eine n Begriff , in welche m diese s sic h vereinigt , möglic h macht . S o denke n wi r un s einen Triange l al s Gegenstand , inde m wi r un s de r Zusammensetzun g vo n drei gerade n Linie n nac h eine r Rege l bewuss t sind , nac h welche r ein e solche Anschauun g jederzei t dargestell t werde n kann . Dies e E i n h e i t der R e g e l bestimm t nu n alle s Mannigfaltige , un d schränk t e s auf Bedingunge n ein , welch e di e Einhei t de r Apperceptio n möglic h machen; un d de r Begrif f diese r Einhei t is t di e Vorstellun g vo m Gegen -

134 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . II . Hauptst . § 19 .

Die logisch e For m alle r Urtheil e besteh t i n de r objective n Einheit de r Apperceptio n de r dari n enthaltene n Begriffe . Ich hab e mic h niemal s durc h di e Erklärung, welch e di e Logike r von einem Urtheil e überhaup t geben , befriedige n können : e s ist, wi e sie sagen, die Vorstellun g eine s Verhältnisse s zwische n zwe i Begriffen . Ohn e nu n 141 hier übe r da s Fehlerhaft e de r Erklärung , das s si e allenfall s nu r au f c a t e g o r i s c h e , abe r nich t hypothetisch e un d disjunctiv e Urtheil e pass t (als welch e letzter e nich t ei n Verhältnis s vo n Begriffen , sonder n selbs t von Urtheile n enthalten) , mi t ihne n z u zanke n (ohnerachte t au s diese m Versehen de r Logi k manch e lästig e Folge n erwachse n sind*) , merk e ic h nur an , das s wori n diese s V e r h ä l t n i s s bestehe , hie r nich t bestimm t ist . Wenn ic h abe r di e Beziehun g gegebene r Erkenntniss e i n jede m *) Di e weitläuftig e Lehr e vo n de n vie r syllogistische n Figure n betrifft nu r di e categorische n Vernunftschlüsse ; un d o b si e zwa r nichts weite r ist , al s ein e Kunst , durc h Versteckun g unmittel barer Schlüss e (consequentiae immediaiae) unte r di e Prämisse n eines reine n Vernunftschlusse s de n Schei n mehrere r Schlussarten , stände = X , de n ic h durc h di e gedacht e Prädicat e eine s Triangel s denke. 106 Alle s Erkenntnis s erforder t eine n Begriff , diese r ma g nu n s o unvoll kommen ode r s o dunke l sein , wi e e r wolle ; diese r abe r is t seine r For m nach jederzei t etwa s Allgemeines , un d wa s zu r Rege l dient . S o dient de r Begriff vo m Körpe r nac h de r Einhei t de s Mannigfaltigen , welche s durc h ihn gedach t wird , unsere r Erkenntnis s äußere r Erscheinunge n zu r Regel . Eine Rege l de r Anschauunge n kan n e r abe r nu r dadurc h sein , das s e r bei gegebene n Erscheinunge n di e nothwendig e Reproductio n de s Mannigfaltigen derselben , mithi n di e synthetisch e Einhei t i n ihre m Bewusstsei n vorstellt. S o mach t de r Begrif f de s Körper s be i de r "Wahrnehmun g vo n Etwas auße r un s di e Vorstellun g de r Ausdehnung , un d mi t ih r di e de r Undurchdringlichkeit, de r Gestal t u . s . w . nothwendig . Aller Notwendigkei t lieg t jederzei t ein e transscendental e Bedingun g zum Grunde . Als o mus s ei n transscendentale r Grun d de r Einhei t de s Bewusstseins i n de r Synthesi s de s Mannigfaltige n alle r unsere r Anschau ungen, mithi n auc h de r Begriff e de r Object e überhaupt , folglic h auc h alle r Gegenstände de r Erfahrun g angetroffe n werden , ohn e welche n e s unmöglich

II. Abschn . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 13

5

Urtheile genaue r untersuche , un d si e al s de m Verstand e angehörig e vo n dem Verhältniss e nac h Gesetze n de r reproductive n Einbildungskraf t (welches nu r subjectiv e Gültigkei t hat ) unterscheide , s o find e ich , das s ein Urthei l nicht s andre s sei , al s di e Art , gegeben e Erkenntniss e zu r o b j e c t i v e n Einhei t de r Apperceptio n z u bringen . Darau f ziel t da s Ver hältnisswörtchen is t i n denselben , u m di e objectiv e Einhei t gegebene r 14 2 Vorstellungen vo n de r subjective n z u unterscheiden . Den n diese s be zeichnet di e Beziehun g derselbe n au f di e ursprünglich e Apperceptio n un d die n o t h w e n d i g e E i n h e i t derselben , wen n gleic h da s Urthei l selbs t empirisch, mithi n zufälli g ist , z . B . di e Körpe r sin d schwer . Dami t ic h zwar nich t sage n will , dies e Vorstellunge n gehöre n i n de r empirische n Anschauung n o t h w e n d i g z u e i n a n d e r , sonder n si e gehören v e r m ö g e der n o t h w e n d i g e n E i n h e i t de r Apperceptio n i n de r Synthesi s de r Anschauungen z u einander , d . i . nac h Principie n de r objective n Be als de s i n de r erste n Figur , z u erschleichen , s o würd e si e doc h dadurch allei n kei n sonderliche s Glüc k gemach t haben , wen n e s ihr nich t gelunge n wäre , di e categorische n Urtheil e al s die , worauf sic h all e ander e müsse n beziehe n lassen , in ausschließliche s Ansehen z u bringen , welche s abe r nac h § 9 falsc h ist . wäre, z u unser n Anschauunge n irgend eine n Gegenstan d z u denken : den n dieser is t nicht s meh r al s da s Etwas, davo n de r Begrif f ein e solch e Nothwendigkeit de r Synthesi s ausdrückt . Diese ursprünglich e un d transscendental e Bedingun g is t nu n kein e andere al s di e t r a n s s c e n d e n t a l e A p p e r c e p t i o n . Da s Bewusstsei n 107 seiner selbs t nac h de n Bestimmunge n unsere s Zustande s be i de r inner n Wahrnehmung is t blo ß empirisch , jederzei t wandelbar , e s kan n kei n stehendes ode r bleibende s Selbs t i n diese m Fluss e innre r Erscheinunge n geben, un d wir d gewöhnlic h de r i n n r e Sin n genann t ode r di e empi rische A p p e r c e p t i o n . Das , was n o t h w e n d i g al s numerisch identisc h vorgestellt werde n soll , kan n nich t al s ei n solche s durc h empirisch e Dat a gedacht werden . E s mus s ein e Bedingun g sein , di e vo r alle r Erfahrun g vorhergeht un d dies e selbs t möglic h macht , welch e ein e solch e trans scendentale Voraussetzun g gelten d mache n soll . Nun könne n kein e Erkenntniss e i n un s stattfinden , kein e Verknüpfung und Einhei t derselbe n unte r einander , ohn e diejenig e Einhei t de s Be wusstseins, welch e vo r alle n Datis de r Anschauunge n vorhergeht , un d worauf i n Beziehun g all e Vorstellun g vo n Gegenständen allei n möglic h ist .

136 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Buch . .

Hauptst .

Stimmung alle r Vorstellungen , s o fer n darau s Erkenntnis s \verde n kann , welche Principie n all e au s de m Grundsatz e de r transscendentale n Einhei t der Apperceptio n abgeleite t sind . Dadurc h allei n \vir d au s diese m Ver bältnisse ei n U r t h e i l , d . i . ei n Verhältniss , da s o b j e c t i v g ü l t i g ist , und sie b vo n de m Verhältniss e ebe n derselbe n Verstellungen , wori n blo ß subjective Gültigkeit wäre, z . B. nac h Gesetze n der Association, hinreichen d unterscheidet. Nac h de n letztere n würd e ic h nu r sage n können : wen n ich eine n Körpe r trage , s o fühl e ic h eine n Druck de r Schwere ; abe r nicht : er, de r Körper , is t schwer ; welche s s o vie l sage n wil l als : dies e beid e Vorstellungen sin d i m Object , d . i . ohn e Unterschie d de s Zustande s de s Subjects verbunden , un d nich t blo ß i n de r "Wahrnehmun g (s o of t sie auc h wiederholt sei n mag ) beisammen .

143 §

20 .

Alle sinnlich e Anschauunge n stehe n unte r de n Categorien , als Bedingungen , unte r dene n allei n da s Mannigfaltig e derselben i n ei n Bewusstsei n zusammenkomme n kann . Das mannigfaltig e i n eine r sinnliche n Anschauun g Gegeben e gehör t Dieses reine , ursprüngliche , unwandelbar e Bewusstsei n wil l ic h nu n di e t r a n s s c e n d e n t a l e A p p e r c e p t i o n nennen . Das s si e diese n Name n verdiene, erhelle t scho n daraus : das s selbs t di e reinest e objectiv e Einheit , nemlich di e de r Begriff e a priori (Rau m un d Zeit) , nu r durc h Beziehun g der Anschauunge n au f si e möglic h sei . Di e numerisch e Einhei t diese r Apperception lieg t als o a priori alle n Begriffe n ebe n so\voh l zu m Grunde, als di e Mannigfaltigkei t de s Raume s un d de r Zei t de n Anschauunge n de r Sinnlichkeit. Eben dies e transscendental e Einhei t de r Apperceptio n mach t abe r 108 aus alle n mögliche n Erscheinungen , di e imme r i n eine r Erfahrun g bei sammen sei n können , eine n Zusammenhan g alle r diese r Vorstellunge n nach Gesetzen . Den n dies e Einhei t de s Bewusstsein s wär e unmöglich , wenn^, nicht da s Gemüt h i n de r Erkenntnis s de s Mannigfaltige n sic h de r Identität de r Functio n bewuss t werde n könnte , wodurc h si e dasselb e synthetisch i n eine r Erkenntnis s verbindet . Als o is t da s ursprünglich e und nothwendig e Bewusstsei n de r Identitä t seine r selbs t zugleic h ei n Bewusstsein eine r ebe n s o nothwendige n Einhei t de r Synthesi s alle r Er scheinungen nac h Begriffen , d . i . nac h Regeln , di e si e nich t allei n noth wendig reproducibe l machen , sonder n dadurc h auc h ihre r Anschauun g

II. Abschn . Transsc . Deductio n de r reine n Verst.-Begr . 13

7

nothwendig unte r di e ursprünglich e synthetisch e Einhei t de r Apperception, weil durc h dies e di e E i n h e i t de r Anschauun g allei n möglic h is t ( § 17) . Diejenige Handlun g de s Verstande s aber , durc h di e da s Mannigfaltig e ge gebener Vorstellunge n (si e möge n Anschauungen ode r Begriff e sein ) unte r eine Apperceptio n überhaup t gebrach t wird , is t di e logisch e Functio n de r Urtheile ( § 19) . Als o is t alle s Mannigfaltige , s o fer n e s i n Eine r empirischen Anschauun g gegebe n ist , i n Ansehun g eine r de r logische n Funktionen z u urtheile n bestimmt , durc h di e e s nemlic h z u eine m Be wusstsein überhaup t gebrach t wird . Nu n sin d abe r di e C a t e g o r i e n nichts andre s al s ebe n dies e Functione n z u urtheilen , s o fern da s Mannigfaltige i n einer gegebenen Anschauung in Ansehung ihrer bestimm t is t (§ 13) . Also steh t auc h da s Mannigfaltig e i n eine r gegebene n Anschauun g noth wendig unte r Categorien .

§ 21 . 14

4

Anmerkung. Ein Mannigfaltiges , da s i n eine r Anschauung , di e ic b di e meinig e nenne, enthalte n ist , wir d durc h di e Synthesi s de s Verstande s al s zu r n o t h w e n d i g e n Einhei t de s Selbstbewusstsein s gehöri g vorgestellt , un d einen Gegenstan d bestimmen , d . i . de n Begrif f vo n Etwas, dari n si e noth wendig zusammenhängen ; den n da s Gemüt h könnt e sic h unmöglic h di e Identität seine r selbs t i n de r Mannigfaltigkei t seine r Vorstellungen , un d zwar a priori denken , wen n e s nich t di e Identitä t seine r Handlun g vo r Augen hätte , welch e all e Synthesi s de r Apprehensio n (di e empirisc h ist ) einer transscendentale n Einhei t unterwirft , un d ihre n Zusammenban g nac h Regeln a priori zuers t möglic h macht . Nunmehr o werde n wi r auc h unsere Begriff e vo n einem G e g e n s t a n de ü b e r h a u p t richtige r bestimme n können. All e Vorstellunge n habe n al s Vorstellunge n ihre n Gegenstand , und könne n selbs t wiederu m Gegenständ e andere r Vorstellunge n sein . Erscheinungen sin d di e einzige n Gegenstände , di e un s unmittelba r gegebe n 109 werden können , un d das , wa s sic h dari n unmittelba r au f de n Gegenstan d bezieht, heiß t Anschauung . Nu n sin d abe r dies e Erscheinunge n nich t Dinge a n sic h selbst , sonder n selbs t nu r Vorstellungen , di e wiederu m ihren Gegenstan d haben , de r als o vo n un s nich t meh r angeschau t werde n kann, un d dahe r de r nichtempirische , d . i . transscendental e Gegenstan d = X genann t werde n mag . Der rein e Begrif f vo n diese m transscendentale n Gegenstand e (de r wirklich be i alle n unser n Erkenntnisse n imme r einerle i = X ist) , is t das ,

138 Elementarlehre

. II . Theil . I . Abth . I . Bucli . II . Hauptst .

dieses geschieb t durc h di e Categorie*) . Dies e zeig t als o an : das s da s empirische Be\vusstsei n eine s gegebene n Mannigfaltige n Eine r Anschauun g eben sowoh l unte r eine m reine n Selbstbewusstsei n a priori, wie empirisch e Anschauung unte r eine r reine n sinnlichen , di e gleichfall s a priori Stat t hat, stehe . — I m obige n Satz e is t als o de r Anfan g eine r D e d u c t i o n der reine n Verstandesbegriff e gemacht, i n welche r ich , d a di e Categorie n u n a b h ä n g i g vo n S i n n l i c h k e i t , blo ß i m Verstand e entspringen , noc h von de r Art . wi e da s Mannigfaltig e z u eine r empirische n Anschauun g ge geben werde , abstrahire n muss , u m nu r au f di e Einheit , di e i n di e An schauung vermittels t de r Categori e durc h de n Verstan d hinzukommt , z u sehen. I n de r Folg e ( § 26 ) wir d au s de r Art . wi e i n de r Sinnlichkei t 145 di e empirisch e Anschauung gegebe n wird , gezeig t werden , das s di e Einheit derselben kein e ander e sei. al s welch e di e Categori e nac h de m vorige n § 2 0 de m Mannigfaltige n eine r gegebene n Anschauun g überhaup t vor schreibt, un d dadurc h also , das s ihr e Gültigkei t a priori i n Ansehun g *) De r Beweisgrund beruht au f de r vorgestellten E i n h e i t de r An s c h a u u n g , dadurc h ei n Gegenstan d gegebe n wird , welch e jederzeit ein e Synthesi s de s mannigfaltige n z u eine r Anschauung Gegebenen i n sic h schließt , un d scho n di e Beziehun g diese s letzteren au f Einhei t de r Apperceptio n enthält . was alle n unser n empirische n Begriffe n überhaup t Beziehun g au f eine n Gegenstand, d . i . objectiv e Realität verschaffe n kann. Diese r Begrif f kan n nun ga r kein e bestimmt e Anschauun g enthalten , un d wir d als o nicht s anders al s diejenig e Einhei t betreffen , di e i n eine m Mannigfaltige n de r Erkenntniss angetroffe n werde n muss , s o fer n e s i n Beziehun g au f einen Gegenstan d steht . Dies e Beziehun g abe r is t nicht s ander s als di e nothwendig e Einhei t de s Bewusstseins , mithi n auc h de r Syn thesis de s Mannigfaltige n durc h gemeinschaftlich e Functio n de s Gemüths , es i n eine r Vorstellun g z u verbinden . D a nu n dies e Einhei t al s a priori nothwendig angesehe n werde n mus s (wei l di e Erkenntnis s sons t ohn e Gegenstand sei n würde) , s o wir d di e Beziehun g au f eine n transscenden talen Gegenstand , cl . i . di e objectiv e Realitä t unsere r empirische n Kr 110 kenntniss, au f de m transscendentale n Gesetz e beruhen , das s all e Er scheinungen, s o fer n un s dadurc h Gegenständ e gegebe n werde n sollen , unter Regel n a priori de r synthetische n Einhei t derselbe n stehe n müssen , nach welche n ihr Verhältnis s i n de r empirische n Anschauun g allein möglich ist, d . i . das s si e ebe n sowoh l i n de r Erfahrun g unte r Bedingunge n de r nothwendigen Einhei t de r Apperception , al s i n de r bloße n Anschauun g

II. Abschn . Transsc . Deductio n de r reine n Yerst.-Begr . 13

9

aller Gegenständ e unsere r Sinn e erklär t wird , di e Absich t de r Deductio n allererst völli g erreich t werden . Allein vo n eine m Stück e konnt e ic h i m obige n Beweis e doc h nich t abstrahiren, nemlic h davon , das s da s Mannigfaltig e fü r di e Anschauun g noch vo r de r Synthesi s de s Verstandes un d unabhängi g vo n ih r g e g e b e n sein müsse ; wi e aber , bleib t hie r unbestimmt . Den n wollt e ic h mir eine n Verstand denken , de r selbs t anschauet e (wi e etw a eine n göttlichen , de r nicht gegeben e Gegenständ e sic h vorstellete , sonder n durc h desse n Vor stellung di e Gegenständ e selbs t zugleic h gegeben , ode r hervorgebrach t würden), s o würde n di e Categorie n i n Ansehun g eine s solche n Erkennt nisses ga r kein e Bedeutun g haben . Si e sin d nu r Regel n fü r eine n Verstand, desse n ganze s Vermöge n i m Denke n besteht , d . i . i n de r Hand lung, di e Synthesi s de s Mannigfaltigen , welche s ih m anderweiti g i n de r Anschauung gegebe n worden , zu r Einhei t de r Apperceptio n z u bringen , der als o fü r sic h ga r nicht s e r k e n n t , sonder n nu r de n Stof f zu m Er kenntniss, di e Anschauung , di e ih m durch s Objec t gegebe n werde n muss , verbindet un d ordnet . Vo n de r Eigentümlichkei t unser e Verstande s aber, nu r vermittels t de r Categorien , un d nu r gerad e durc h dies e Ar t un d 14 6 Zahl derselbe n Einhei t de r Apperceptio n a priori z u Stand e z u bringen , lässt sic h ebe n s o weni g ferne r ei n Grun d angeben , al s waru m wi r gerad e unter de n formale n Bedingunge n de s Raumes un d de r Zei t stehe n müssen , ja